SAECLO FELICI, EN! POPULIS LAETANTIBUS UN A CARNIOLAE FACH HAEC VOTA SODALICIUM: „SALVETO CAESAR, SALVETO TERRA PATERNA, AUSTRIA, ERISQUE IN HOC ORBE VEL VLTIMA TU Volkskunst in Krain Von Johannes Kronfus, diplomiertem Architekten in Bamberg (Mit 2 Abbildungen im Texte, 26 Abbildungen auf 7 Tafeln und 3 farbigen Tafeln als Beilage) [Hiezu Tafel V bis XIV] Wo einst Landstraßen den Verkehr zwischen Städten und Ländern vermittelten, da zieht sich nun auf erhöhter Böschung der Schienenstrang der Eisenbahn hin und Kohlenstaub und feine Asche bedeckt die Köpfchen der Blumen, die ein ungünstiger Wind als Same an den Damm geweht. Die Kapelle am Weg steht geschlossen und kein Glöcklein ruft Menschen ihren Abendgruß zu, kein Gläubiger lüftet im Vorübergehen andachtsvoll den Hut, kein Mensch hat da oben auf dem dahinrasenden Zug einen Blick für die einsame Kapelle. Der Mörtel fällt von der Mauer und die Sparren lugen neugierig durch die morschen Schindeln, durch die zerbrochenen Scheiben der Fenster fliegen Vögel ein und aus zu ihren Nestern, die sie in einem gotischen Kapital aufschlugen. Keine behäbige Postkutsche überholt den einsam Wandernden, noch steht eine Extrapost vor der Wirtschaft an der Straßenkreuzung, um Pferde zu wechseln. Verlassen trauert am Wegrand ein Marterl; die Lampe ist erloschen, kein öl gibt Nahrung dem trockenen Dochte. — Die Poesie der Landstraße ist tot und über sie rollt der Zug, wo Hunderte bei Baedecker und Generalstabskarte sich Mühe geben, eine Bergspitze zu benennen, während der Zug schon längst in einer anderen Gegend ist. - Man sah früher weniger und man sah doch mehr; von einer kleinen Reise konnte man mehr berichten als jeßt von einer großen; man hatte den Genuß, Land und Leute, Sitten und Gebräuche kennen zu lernen, konnte sich in ihre Kunst vertiefen und mußte sich nicht mit dem oberflächlichen Eindruck eines kine-matographischen Bildes im Rahmen des Kupeefensters begnügen. Der große Zug der Reisenden, die über den Brenner nach Pontafel zu streben, wird bei Villach und Tarvis von den schneegekrönten Gipfeln der Ostalpen begrüßt, hinter welchen das Ländchen liegt, von dessen Volkskunst ich berichten möchte, es ist Krain, speziell Oberkrain in Österreich. Die Abbildungen verdankt die Redaktion dem Entgegenkommen des Vereins für Volkskunde und Volkskunst und der Süddeutschen Verlagsanstalt in München. Carnlolu 1908 III u. IV 10 Schon von der Eisenbahn aus sieht man da die im Lande herum auf den Bergesgipfeln gebauten Kapellen und Kirchen, die mit ihrem blendenden Weiß in der Sonne weit in die Täler hineinleuchten und von einer langen Vergangenheit erzählen. Da sie zumeist abseits von jedem Wege, auf einsamer Höhe stehen, so sind sie in der Regel so erhalten, wie sie die Zeit des absterbenden Kunstsinnes uns überlassen hat. In grauer Vorzeit standen an ihrer Stelle Hochwarten, straža genannt, höchstwahrscheinlich auch Kultstätten. Unterhalb dieser war die befestigte Ansiedelung, ebenfalls auf einem Hügel, von Erdwällen, Gräben und Böschungen umringt, vom Volke »gradišče" geheißen. Diese Kultstätten der Ureinwohner mußten vor dem Kreuze weichen und an deren Statt wurden gotische Kapellen erbaut, bei vollständiger Erhaltung des Bollwerksystems. Die Kirchen und Kapellen zeigen heute noch mit Schießscharten versehene Ummauerungen, wie sie bei dem mittelalterlichen Verteidigungssystem üblich waren. Da die Kunst eines Volkes mit dessen Geschichte zusammenhängt, so sei mir gestattet — auch der späteren Verständlichkeit halber —, kurz die Geschichte Krains zu berühren. Ich übergehe die prähistorische Zeit und beginne mit der Völkerwanderung, welche die römische Herrschaft in Krain vernichtete, mit dem Einzug der Longobarden im Jahre 568. Nach Abgang derselben gegen Italien kommen von der unteren Donau mit den Avaren die Slovenen und siedeln sich längs der Save und der Donau an. Ihr weiteres Vordringen wurde im 6. Jahrhundert von den Bayern verhindert, welche sie auf dem Toblacher Felde schlugen und zurückdrängten. Doch nicht als freies Volk konnten sich die Slovenen ansiedeln, schwer lastete auf ihnen der Druck des Reiterstammes der Avaren. Gegen sie ruft der Slovenenfürst die benachbarten Bayern zu Hilfe. Die Hilfe geschieht in ausgiebiger Weise, und Bayern gewinnt Oberhoheit über Karantanien, das Kernland der Slovenen, und sofort wurde auch die Christianisierung der Slovenen durch die Bayern angebahnt. Als das bayerische Stammesherzogtum unter Thassilo 788 zugrunde ging, fiel Karantanien an die Frankenmacht. Das Slovenenvolk nahm Verfassung und Gebräuche der Franken an und büßte ganz seine politische Freiheit ein. Mit dem Siege Otto I im Jahre 955 am Lechfelde über die Magyaren beginnt die Kolonisation der Deutschen, und das Bistum Freising erhält einen Güter-komplex in „Craina marcha". Da wird Krain zum erstenmal als „Mark Krain" genannt und verschiedene Markgrafen verwalteten sie in den folgenden Jahren. Die damaligen Grenzen Krains sind nicht nachweisbar. Die Kolonisierung und Christianisierung wurde von den Freisinger Bischöfen ganz besonders gefördert und von ihrem Ernst zeigen die noch heute in München aufbewahrten, in slovenischer Sprache verfaßten „Homilien des Bischofs Abraham" (994), in denen die Slovenen ihr ältestes Sprachdenkmal verehren. Die Deutschen zogen dann den Rest der Selbständigkeit der Slovenen an sich; als Lehensgut wandert nun Krain von Hand zu Hand, aber blüht und gedeiht. Mit 1396 beginnen die Türkeneinfälle und die Städte werden dem Boden gleichgemacht. Krain wurde ganz verwüstet, von der vergangenen Kulturarbeit der Deutschen blieben nur die Fundamente der Kirchen. Dieser Plünderung folgten Bauernaufstände infolge der schweren Steuern und der Religionskampf gab den Rest. Nochmals kam die schwere Türkennot — durch die Niederlage der Ungarn bei Mohäcs heraufbeschworen — auf Krain, bis Prinz Eugen von Savoyen die Türken längs der Donau und Save vertrieb. Das anbrechende 17. und 18. Jahrhundert sollte das wieder gut machen, was die schwere Zeit der Türkennot an Elend brachte. Die Kultur entwickelte sich von neuem und auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft herrschte unter Maria Theresia und Josef II reges Leben, bis der 200jährige Frieden durch Napoleon gebrochen wird. Dieser 200jährige Frieden ist die Epoche, wo ein durch schwere Prüfungen gegangenes Volk in treuer Hingabe an Gott seine Gefühle in Werke umseht und - mit tastender Hand unbewußt das Schöne suchend, um es dem Höchsten zu widmen — das schafft, was wir heute wieder zu erringen suchen, die Volkskunst. Alles, was das Gefühl innigster Dankbarkeit zu Gott, was die Freude an einem wiedergewonnenen Heim erwecken konnte, all das finden wir, wenn auch heute teils ganz verkommen, teils ganz verwahrlost, in Krain als Reste einer gewesenen, leider allzuschnell verblühten Volkskunst. Will man die Volkskunst in Krain verfolgen, so muß man die Schaffensfreude, die seelische Erregung der Bevölkerung, ihre Kunst, ihr Volkslied, jede Phase ihrer Kulturentwicklung beobachten. Jedes einzelne, was man herausgreift, wird des Interesses, des liebevollen Studiums lohnen und ermutigen, weiter zu dringen, zu forschen und nach Neuem zu suchen — nach Neuem in unserem Sinne. Wie der Archäologe, den Spaten in der Hand, auf fremdem Boden nach Schagen eines Volkes sucht und unentmutigt durch Arbeit, Mühe und Plage in Vorahnung der Freude des zu findenden Kunst-schaßes über jede Enttäuschung siegt, so gruben viele von uns in dem achtlos weggeworfenen Schaß der Volkskunst nach Neuem, nach Verwertbarem, nach dem legten Glied der zerrissenen Kette, 10* die das Volk durch die Kunst verband. Seit ungefähr zwanzig Jahren sucht man in dem Schaß und er zeigt sich unerschöpflich, wenn auch noch so viele Motive gefunden und populär werden. Seit die Kluft, die uns durch Material, Klima, Auffassung und Lebensbedürfnis von der antiken Welt trennt, seit wir zur Erkenntnis dessen gekommen sind, dag wir für soziale Bedürfnisse keine Palazzi bauen können, daß unsere hohe Begeisterung für klassische Kunst keinen Widerhall fand in der engsten Heimat, seit wir wissen, daß die Keime, die seinerzeit gesät wurden, kranke Früchte tragen, seit dieser Zeit sind wir emsig bestrebt, die alten erstarrten, hohlen Formen abzuschütteln und den Anschluß an die Wirklichkeit, an unsere Gegenwart, an unser Leben zu finden. Und wir fanden das legte Glied der goldenen Kette und schmiedeten eifrig neue Glieder hinzu. Doch wie schauten die neuen Glieder aus in der alten schönen Kette? Der Naturalismus wollte und konnte sich nicht recht einfügen. Die genaue Wiedergabe des Notwendigen, des Wirklichen und wieder das Überfliegen der Wirklichkeit, um in romantischen Träumereien der Schloß- und Burgenaufbauten sich zu gefallen, zeigten sich als Ausschreitungen, als Ausartungen des künstlerischen Schaffens. Das wirklich künstlerische Schaffen liegt zwischen den beiden. Und eine neue Richtung wies immer nachdrücklicher auf den Nährboden dieses Schaffens, wie auf die Stammeseigenart, die Heimat, auf die Landschaft und Umgebung. Die Geburtsstätte unseres Naturalismus ist die Stadt - Gegenwart und Verwertung der Errungenschaften der modernen Technik waren ihre Schlagworte. Die Heimatkunst kam vom Lande; ihre Quelle war die Phantasie und Überlieferung. In der Entwicklungsgeschichte unserer Technik, unserer Eisen- und Betonkonstruktionen spielt das Suchen nach naturalistischen Ausdrucksformen eine wichtige Rolle. Die Heimatkunst erschließt uns den Jungbrunnen zu den Schagen des Volkstums, sie baut auf von innen heraus. Die naturalistisch angehauchte neue Richtung war international, weltbürgerlich, fashio-nabel, die Heimatkunst blieb national, volkstümlich; jene war kritisch, diese idealistisch. Sie konnte ein Ideal aufstellen, auf das man lossteuern konnte und ward dadurch der anderen Richtung überlegen und wird mit ihr siegen. Eine Kunst ohne ein Ideal gibt es nicht. Es gilt nun, jenen grogen Gedanken, den eine neue Welt und Lebensanschauung schuf, der jungen Welt einzuimpfen und in neue Formen zu bilden, die das Volk versteht und in sich noch aufnehmen kann. Mit der Konsequenz, mit der die alte Bauernkunst an dem Vererbten, Hergebrachten hing, mit diesem toten Konservatismus haftet es an dem Falschen. Die Naturanschauung, das empfundene Sehen fehlen hier überhaupt in der ersten Entwicklung. Ein perspektivisch gebrachtes Bild wird von einem geometrischen nicht unterschieden, die Möglichkeit, mit Anschauungsunterricht etwas zu erreichen, weicht immer mehr und mehr zurück. Das sehend, wird man kleinmütig und dringt immer tiefer und tiefer, um Formen zu finden, die irgendwo sich anlehnen, und man sucht eine Formensprache zu erlernen, die dem primitivsten Geist als einfach, selbstverständlich erscheinen muß. Uns erscheint es unfaßlich, unbegreiflich, daß ein mit allen Mitteln der Farbe und Zeichnung wiedergegebenes Bild nicht als solches empfunden und erkannt wird. Während man in der Großstadt in den großen Farbflecken der dekorativen Gebilde ganz unbewußt Formen hineinträgt, sieht das Volk nur einen unregelmäßig geformten farbigen Pieck, den es mit seiner Vorstellungsgabe nicht zu einer Figur vereinigen kann. Wahrlich, es ist die höchste Zeit, an die alte Kette neue Glieder zu schmieden und hiezu das notwendige Studium unserer Heimat- und Bauernkunst energisch zu beginnen. Wir wollen heute das Volk zur Kunst erziehen und können nur dort einseßen, wo die Bauernkunst es einst tat. Sie begann beim Zweckmäßigen und veredelte es durch die Schönheit. Nur eine der vielen Tugenden der Bauernkunst herausgegriffen, sehen wir schon den ungemein praktischen Sinn, der uns in jeder Kleinigkeit entgegentritt. Überall sieht man den Einfluß des Stammes und der Heimatart, aus dem unscheinbarsten Gegenstand spricht zu uns das Gemüt, die Unbefangenheit, die Formenfreude und Farbenlust. Die große Verschiedenartigkeit bei der Lösung ein und desselben Themas, der sichere ornamentale Sinn, die Abwechslungslust sind Vorteile, die wir heute empfinden, aber davon noch nicht unbewußt geleitet werden. Was nüßt es, daß wir malerisch bauen wollen, es sieht ein jeder Sehende das Gewollte in unserem malerischen Schaffen. Das Gesuchte zerstört den Eindruck der Unbefangenheit, vernichtet das ungetrübte Bild des Schönen. Das unbekümmerte fröhliche Verfolgen der eigenen Idee ist uns noch nicht gegeben, das war wohl der höchste Reiz dieser Bauernkunst. Wenn wir heute in Erkenntnis der ungemein wichtigen Anschauung der Bauernkunst uns hinreißen lassen, um dieselbe als Beispiel hinzuseßen, so meinen wir nicht, daß man Bauernhäuser geistlos imitieren oder in Städte hinein bauen soll, sondern bloß das eine, daß es gut und notwendig wäre, wenn viele Erbauer moderner Häuser sich von den Grundprinzipien und der Denkungsart der heimatlichen Bauern aus einer kunstreifen Zeit leiten ließen. Denn jeder Gipskopf der Fassade, unlogisch und falsch angebracht, gebärt Hunderte von Gipsköpfen auf dem Lande und in der Kleinstadt, wo dieselben vorurteilslos in Anbetung der städtischen Kunst und Mißachtung der eigenen alten Kunst nachgeformt werden. Dagegen ist der Kampf erfolglos. Man muß weiter vorgreifen, um ein Ziel erreichen zu können. Man wird zum Vergleiche gezwungen, wenn man zurückschaut und das Heute dem Einst gegenüberstellt. Der Vergleich fällt in vielen Fragen nicht zugunsten der Gegenwart aus und die Ursachen hiezu habe ich kurz angedeutet. Jeder, der es mit der Kunst ernst meint, wird nicht müde werden, das Alte mit dem Neuen zu vergleichen und einen unparteiischen Maßstab dabei anzulegen. Und stets wird man zurückgreifend etwas finden, was der Mühe lohnte, indem man neue Anregungen, vertiefte Prinzipien zum Schaffen sich holt. Auch ich fand eine solche Anregung, die mich zum Schaffen zwang und über dessen Ergebnisse in diesen Zeilen die Rede sein soll. Unter dem ewigen Schnee des hohen Triglav findet man die ältesten Typen der Oberkrainer Bauernhäuser in ihrer typischsten Eigenart. Der Wohnraum klein, die Fenster klein, die Küche klein, das Häuschen aus Holz — 6 auf 8 m groß — und wenn am Abend die Herdfeuer aus den kleinen Türöffnungen leuchten, meint man, den Märchenzauber des Zlatorog, den Baumbach so poesievoll geschildert hat, neu aufleben zu sehen. Das malerische Holzhäuschen des Oberkrainer Bauern mit dem lebenden Hintergrund, mit den kleinen, hübsch und einfach vergitterten Fenstern und dem blumengeschmückten Giebel, wie mit den steinumrandeten Portalen, geben uns ein Bild, wie die Zeit wohl ausgesehen haben mochte, als in der Seele des Volkes Freude an Kunst, am Schaffen, am Schönen in der einfachsten Hütte daheim war. Noch ist es mir gelungen, an einzelnen ganz alten Häusern Spuren der einfachen Bemalung zu entdecken, indem Sockel und Hauptgesims farbig behandelt wurden und Fensterläden wie Gitter mit rot-weißem Farbenschmuck versehen worden sind. Doch betrachten wir vorerst die Grundrißgestaltung des Oberkrainer Bauernhauses. Der praktische Sinn leuchtet sofort heraus. Das Zweckerfüllen ist im Vordergrund. Das Schöne wird durch das Praktische geschaffen. Klarheit, Einheit, Übersichtlichkeit zeichnen diese Grundrisse am meisten aus. Ein Beispiel — welches so ziemlich als Typus für Hunderte von Häuschen gelten darf - ohne daß nur zwei der Häuser gleich sein würden, sehen wir abgebildet auf der Tafel XIII. Von der Straße führt über einige Stufen der Weg zu der etwas schräg gestellten Haustüre, welche in einen Vorraum mündet. Dieser Vorraum wird durch einen Bogen in zwei Teile geteilt. Den rückwärtigen Teil bildet die Küche. Von der Küche aus lägt sich einfacherweise der groge Ofen in dem Wohnräume heizen. Ein Korridor, der aber als Vorratskammer ausgebildet ist, führt gedeckt zu den Stallungen, welche durch einen kleinen Wirtschaftshof von der Wohnung getrennt sind. Zurückkehrend in den Vorraum sehen wir, dag rechts und links Türen in zwei angrenzende Zimmer münden, und zwar nach rechts in die Wohnstube, links in den Schlaf räum. Die kleine Treppe, die im Vorraum nach oben und nach dem Keller führt, ist mehr eine Diensttreppe, denn oben sind gewöhnlich keine Wohnräume - ausgenommen die Häuser der reicheren Bauern, die einen ganzen Stockaufbau haben. Das Hauptmotiv des Oberkrainer Bauernhauses bildet der ausladende Giebel mit der einseitig vorspringenden Altane. Wenn am Häuschen ein Schmuck angewendet ist, so ist es da oben. Wenn Säulchen den Giebel tragen, so sind sie stets aus einem Langholz geschnitten, indem man blog die Ecken desselben in balustradenartigen Linien abschrägte. Sind in den Formen dieser Säulchen auch nur geringe Variationen zu finden, so zeigen die ausgeschnittenen Geländerbretter stets die mannigfachsten Zeichnungen. Die Abwechslungslust ist auffallend, immer ist man bemüht, ein neues Motiv herbeizuschaffen und dem Material anzupassen. Ganz frappierende Formen zeigen die Giebelausschnitte, man meint, den modernsten Linienführungen gegenüberzustehen. Blumenschmuck in alten dienstunfähig gewordenen Kochtöpfen fehlt nie, und zumeist ist es die tiefrote Hängenelke, die hier speziell gut gedeiht und ihre herrlichen Blüten über das Geländer fallen lägt. Der Giebel selbst ist oben abgeschrägt — ein Anklang an deutsche Bauernhäuser. Eine sehr interessante Färbung zeigt das angewendete Holz. Das Dach glänzt wie Silber, während die dem Wetter seitlich ausgesegten Holzteile in den wärmsten, leuchtendsten, rotbraun-goldig-samtartigen Farben glänzen. Die Reflexlichter im Sonnenschein sind kaum wiederzugeben. Die Häuschen sind stets mit breiten, langen Holzschindeln gedeckt. Die Entstehungszeit der Häuser lägt sich ohne weiteres feststellen, denn trog ihrer Einheitlichkeit sind sie Kinder ihrer Zeit, und zwar einer Zeit, welche die herrlichsten und ausgereiftesten Kunstblüten zu schaffen vermochte. Die ersten Häuschen - einräumig — waren ganz aus Holz (Blockhäuser), das Erdgeschog mit hineingerechnet und sehr klein. Es stehen nur eines bis zwei und sind unbewohnt und baufällig. Sie bieten mit ihrem ehrwürdigen Aussehen, ganz kleinen Fenstern ein Bild, wie man sie in Märchenschilderungen als Wohnung der Waldhexe öfters beschrieben sieht. Später, im Entwicklungsstadium, kommen einzelne Teile aus Stein hinzu. Gewöhnlich ist es die Küche, seltener der Wohnraum. Es scheint, dag die Feuersgefahr die Leute zwang, ihre Küche massiv zuzuwölben und den offenen Schornstein auf das Gewölbe auf-zusegen. Die so entstandene weige Fläche in der umgebenden Holzumrahmung gibt einen erfrischenden Kontrast, um so mehr, da die weige Hache stets durch ein Fensterchen belebt ist. Dies Fenster ist stets sehr liebevoll behandelt. Die Steinumrahmung mit Kalkfarbenanstrich, matt hellgrün gestrichen, trennt das Fenster von dem weigen Hintergrund. Bemerkenswert ist diese gebrochene matte Farbe, da die Bauern stets Neigung haben, die grelleren Farben zu Bauernhaus bei Hcrmagor in (Kärnten verwenden, wie man das in Österreich gegen Ungarn zu oft findet. Zumeist ist in anderen Kronländern Österreich-Ungarns das helle Kobalt die Lieblingsfarbe für Sockel und Fensterumrahmungen. Zu diesem matten Grün passen dann die weigen Fensterläden, die mit zinnoberroten geschweiften Barocklinien (zumeist vertieft) belebt werden. Das stets einfache, jedoch zumeist geschmackvolle Gitter zeigt immer Farbenschmuck. Das Hauptmotiv ist weig, Spangen und Schliegen rot. - Mit welcher Liebe gerade das Fenstermotiv behandelt wurde, zeigen hauptsächlich die Stallfenster. Wenn auch noch so klein in den Dimensionen, die Steinumrahmung fehlt nie und das Gitter zeigt mit Vorliebe das Herzmotiv, bald gerade, bald schief in die hübsch geführten Linien der Eisenstäbe eingefügt. Da Blumen an den Fenstern nie fehlen, so bildet dies einfache, liebevoll behandelte Fenstermotiv einen steten Schmuck des Häuschens. Wie schon früher erwähnt, bildet das Charakteristische an dem Oberkrainer Bauernhaus die unsymmetrisch angebrachte Altane; während im nahen Kärnten die Altane symmetrisch angebracht ist und den Übergang an die Tiroler Bauernhäuser recht deutlich aufweist, ist hier eine ganz individuelle Ausbildung des Bauernhauses zu bemerken. Die Häuser zeigen im Dachgeschoß eine stets einseitig ausladende, durch Holzstütjen abgegrenzte Altane, um welche stets ein hübsch geschnittenes Geländer führt. Nirgends ein stärkerer Anklang an ein schon ausgeführtes Motiv, überall Abweichungen, bald um etwas Neues zu versuchen, bald um ein Häuschen zu charakterisieren, zum Beispiel das Geländer am Mesnerhaus, wo der Kelch mit der Hostie als Motiv dient. Ein Blick auf die Giebelausschnitte überrascht vollends, denn diese Linienführung ist ganz unbekannt und unverwandt mit den Schill-gemäßen Stilarten. Während wir am Papier nach einer passenden, schwungvollen Linie suchen, nimmt der Bauer seine Säge und schneidet aus der verschalten Giebelwand eine Öffnung heraus, skrupellos, ohne viel zu probieren, und die Linie wird nett und schwungvoll und paßt zu dem ganzen. Diese soeben geschilderten Hauptmotive charakterisieren das Oberkrainer Bauernhaus dermaßen deutlich, daß man es mit keinem anderen Bauernhaus verwechseln kann. Die Krainer Bauernhäuser zeigen nie Pfettenverzierungen, verzierte Sparrenköpfe oder geschnißte Balkenuntersichten auf. Das rein Konstruktive bleibt ungeschmückt. Der Schmuck tritt selbständig als solcher in der Farbe auf. Alle die Häuschen zeigen Spuren von Farbenschmuck. Der Sockel zumeist schwarzgrau, die Ecken mit rot-schwarz linierten Quadern, während unter dem Gesimse ein einfacher Quastenfries herumgemalt ist. Selbstverständlich versäumte es der Bauer nie, wenn es halbwegs gehen wollte, sein Haus mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament schmücken zu lassen. Diese Malerei war deutlich verständlich in ihrer Naivität. Es war eine Farbensprache, die keinen Text mehr beanspruchte. Flüchtig hingeschrieben mit dem Pinsel, in einigen Linien kurz und bündig charakterisiert — das war der Zweck dieser Malerei. Und gar viele Häuser wurden von den herumziehenden deutschen Malern bemalt. Wie weit nun bei all diesen Details der deutsche Einfluß nachweisbar ist, hier zu erörtern, würde ungemein weit führen. Immerhin sagt ein Blick auf die Sakralbauten, auf die Bildstöckerln, Marterln, Wegkapellen, daß eine slavische Eigenart darauf nicht zu erkennen ist, nicht einmal eine Vermengung damit (mit einigen sehr geringen Ausnahmen). Das ist unverkennbar deutscher Einfluß, ebenso die Malerei an den Häusern. Ganz unverkennbar tritt der deutsche Einfluß beim Oberkrainer Bauernhaus bei der Ausbildung der guten Stube hervor. In der Ecke steht der große gemauerte Ofen, zugleich Backofen und, wie schon erwähnt, von der Küche aus zu heizen. Er ist mit Kacheln verkleidet und mit einer Bank eingefaßt, welche in ihrer Fortsegung um das Zimmer läuft. Im Pfeiler neben dem Kamin ist die kleine Nische (Leuchte, leva), in welcher man abends im Winter Späne anzündete, um den kleinen Raum zu beleuchten. Der Mittagtisch steht in der Ecke und darüber hängt, wie in Tirol, oft ein Kruzifix mit grünem Laub und Reisig geschmückt nebst einfachen Heiligenbildern aus den sechziger Jahren. Die Decke zeigt ihre Balkenkonstruktion unverziert und unverhüllt. Sucht man nach weiteren Möbeln, so findet man im Verhältnis sehr wenige, denn auch hier wurde alles weggegeben, nachdem der Kunstsinn, die Freude am Schönen, die Erkenntnis desselben verloren gingen. Alte Mütterchen erzählten von hübschen bemalten Truhen, die sie einst besaßen, doch heute findet man nichts mehr. Es ist das um so mehr zu bedauern, da es nirgends notiert, nirgends angegeben und in keinem Werk angeführt ist. Leider ist es ja so spät geworden, bis die jeßige Erkenntnis des ungemein gesunden Kernes, der in der Bauernkunst steckt, durchgedrungen ist, daß vieles für uns für immer verloren ist. Eine Kunstreife, wie sie damals erzielt wurde, kann nur bei vorherigem Säen von gutem Kern erwartet werden. Bis jeßt wurde es versäumt und wenn ein Körnchen wo aufblühte, so mußte es verderben. Ein Baum macht noch keinen Wald. Wenn man auch in der Stadt, im Fachverein viel von dieser Frage hört, sie auch sehr oft erläutert, so ist das Echo am Lande ein sehr geringes — wenn man überhaupt noch von einem Echo sprechen darf. Noch muß Zwang angewendet werden, um die Leute zur Wahrung ihrer Kunstschäße zu veranlassen — und ist die Überzeugung, die Erkenntnis des Schönen nicht vorhanden. Man fragt sich dann oft, ob diese große Bewegung und immense Arbeit, diese reiche Erfindungsgabe, die vielen Prämien im Auslande, diese neuen Formen, die vielen Hände wie tüchtigen Köpfe, die im Dienst der guten Sache stehen, haben sie wirklich nichts anderes erreicht, als eine kleine Schar begeisterungsfähiger Menschen mit sich fortgerissen? Hat der Stein, der in das Wasser der Kultur geworfen wurde, so kleine Dimensionen gehabt, daß die Wellen nicht einmal an das Land, an die Ufer schlugen ? Man merkt nichts — es ist alles still. Nur wenn am Ruder ein hellerer Kopf von einem Baurat sißt, dann siegen die neuen Ideen - siegen aber auch nicht aus der Überzeugung, aus ihrer inneren Kraft heraus, sondern siegen infolge der Zwangsmittel, die zur Erreichung des Schöneren angewendet werden. Das ist noch kein Sieg. Man fragt sich dann gar oft, ob man im wilden Drange nach der gewonnenen Erkenntnis nicht zu weit vorwärts gestürmt ist und auf einem Boden steht, der zwar schön, aber für viele fremd, unbekannt, nicht mehr heimisch ist, wohin die Menge nicht mehr mitkann. Gewig mug es Stürmer geben, die ihrer Zeit voraneilen, Beispiele und Anregungen schaffen, doch mug das, was sie errangen, auch ausgenügt werden — es mug populär werden. Doch von dem sieht man nichts, hört man nichts - nur das Kranke, das Schlechte wird empfunden, aufgefangen —, weil es der Masse mit der heutigen Kunstanschauung verständlicher ist. Sieht man all diese Irrwege, so kehrt man zurück zu dem Jungbrunnen, aus welchem jede echte Kunst hervordrang, zur Volkskunst. Rein und unbefangen, frisch und gesund, munter und voll von nationaler Eigenart ist echte Kunst. Heimatluft mug jedes Werk durchwehen und naive, harmlose — keine gequälte — Sinnlichkeit daraus hervorleuchten, wie auch der technische Wig und Geschick unsere Bewunderung hervorrufen müssen. Das lehrt die Bauernkunst, sei es, welche immer wir herausgreifen; jede wird in ihrer Eigenart schön sein, jede den Kern gesündester Kunstanschauung verraten. Es stecken in dem Kerne noch viele Schönheiten, die wir erst lernen müssen, die wir erst verstehen müssen. Und ist erst dieser Kern herausgeschält und in alle Winde zerstreut, sind die darin enthaltenen Anschauungen populär und selbstverständlich, dann wollen wir von einer neuen Zeit sprechen, von einem Sieg über das als schlecht Erkannte. Doch bis dahin ist es weit, sehr, sehr weit! Verlassen wir nun das Oberkrainer Bauernhäuschen und steigen auf der Landstrage einen Berghügel hinan, so kann man oft von einer Stelle aus 10 bis 14 Kirchen und Kapellen sehen. Eigentümlich berührt es dabei den Beschauer, dag meist kein Dorf in der Nähe derselben ist. Die Kirchen und Kapellen stehen fast durchwegs fern von jedem Ort mitten in der Wiese oder am Waldesrand. Durch diese Lage möchte man sie als „Kapellen" bezeichnen, doch der groge Turm, das Schiff, lägt diesen Ausdruck nicht recht zu. Fast immer sind sie geschlossen und man hat manchmal den ganzen Tag hindurch nichts anderes zu tun, als die weit umliegenden Dörfer abzulaufen, um irgendwo einen Schlüssel ausfindig zu machen, der dann an Gröge unsere Taschenform weit übertrifft und zu dem ebenfalls sehr kräftigen originellen Schlogmechanismus der Kirchentüre pagt. Allerdings lohnt dann in der Regel das Innere die gehabte Mühe, denn viele der Kapellen und Kirchen sind durch die Neuzeit inhaltlich unberührt geblieben. Alles, was da steht, auf und um den Altar, zeigt die naive Unschuld der Auffassung, die vom Innersten heraus schafft, ihrem Gott zu dienen, die hehre Reinheit der Gedanken, den steten Versuch, das Schönste zu geben, worüber man verfügt. Aber hie und da ist der Geschmack der Neuzeit doch in ein solches kleines Heiligtum eingedrungen. Das belehrt einen eine mit vergilbten Stickereien, Perlen und bunten Glassteinen geschmückte Madonna, die hinter dem Altar in einer Ecke steht. Und den Blick gegen den schönen, reichgeschnitjten und buntbemalten Altar wendend, bemerkt man an der Stelle, wo diese ehrwürdige, mit der Liebe eines kunstsinnigen Volkes geschmückte und gezierte Madonna sich ehedem befand, eine bekannte Madonna in Weift mit blauer Schleife um die Taille, wie sie neuerdings so oft zu finden ist! In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts traten Bildschnißer und Maler auf, die die Kästen, Truhen und Laden mit ihrer Arbeit schmückten. Die hievon bis auf unsere Tage erhaltenen Exemplare der reliefgezierten Hochzeitstruhen wanderten in leßter Zeit zumeist nach Paris. Diese von Ort zu Ort wandernden Maler waren es auch, die an den Kirchen und an Bauernhäusern Szenen aus dem Alten und Neuen Testament anbrachten. Mafigebend hiebei blieben stets die Fresken aus dem 15. Jahrhundert, die in ihrer flüchtigen, wie geschriebenen Manier sich für sie ganz vortrefflich eigneten. Es wurde dabei hauptsächlich die möglichst leicht faßbare Wiedergabe des behandelten Themas angestrebt. In der Einteilung der ganzen Flächen nahmen sich diese Maler volle Freiheit; sie nahmen es auch nicht genau mit den Personengrößen in den verschiedenen Bildern. Das Nackte ist mit Lokalfarbe angelegt, nur die Gesichter zeigen eine sorgsamere Behandlung. Die Bekleidung ist fließend. Eine leidenschaftliche Erregung ist fast nie vorhanden, hingegen stets eine gewisse Würde, heitere Ruhe und seelisches Gleichgewicht. Das beliebteste Motiv war der hl. Christoph; er ist fast auf den meisten Kirchen zu finden. Die naivste Darstellung findet sich darüber bei Veldes in Vodešče, wo er als junger blonder Mann im Brustharnisch und rotgeblümtem Unterkleid abgebildet ist. Die Namen der Maler kann man nur in den seltensten Fällen ermitteln, nur diejenigen, denen etwas größere Aufgaben gestellt waren, haben ihre Namen der Nachwelt erhalten, und wären hier Elias Wolf, Gerhard Chrön, Andreas Trost zu nennen. Mit der Liebe, mit welcher der Krainer sein Haus und seine Kirche schmückte, mit dieser Liebe behandelte er auch das Kleid, mit welchem er zur Kirche ging oder bei Festen sich schmückte. Hauptsächlich ist es die Bekleidung der Krainerin, die in jeder Beziehung als geschmackvoll und malerisch bezeichnet werden mug. Die grögte Zierde bildete die Haube, die vorne eine schwere Goldstickerei aufweist, während die hintere glatte Fläche einen Rosagrund bildet, welcher durch einen feinen Mull mit eigenartigen Wellungen überzogen wird. Bezeichnend ist, dag diese Technik, wie auch sonst viele der Frauenkünste auf dem Gebiet der Handarbeit ganz in Vergessenheit geraten ist. Mit den neuen Webestoffen aus anderen Ländern kam auch der neue Kleiderschnitt nach Krain und verdrängte das Alte. Das bischen, was noch blieb, fegte die allgemein eingebrochene Armut der Bevölkerung hinweg und auch die Schönheit zog von dannen. Die heutige Tracht ist keiner besonderen Erwähnung wert. So ging mit der Kunst im Hausbau und in der Kirche auch die Kunst der Frauen dahin. Der heutigen Generation fehlt schon das Verständnis für das verlorene Schöne und keine Sehnsucht wird nach ihm laut. Das typisch Slovenische kommt meist nur bei den Stickereien zum Vorschein. Auch die Form der Haube zeigt slavische Anklänge, während die Art der Befestigung des herunterfallenden Hüftengürtels an die mittelalterliche deutsche Frauentracht erinnert. Der deutsche Einflug in der Volkskunst Krains ist auch hier wieder zu erkennen. Überblickt man die so 200jährige Epoche der blühendsten Volkskunst in Krain, vergegenwärtigt man sich die blumengeschmückten Häuschen, die hübschen Gestalten in ihren schönen Trachten, zu denen Stoffe und Stickereien im Hause angefertigt wurden, besucht man die einsamen, jegt so stillen Kapellen mit ihren stimmungsvollen Räumen, so sieht man erst, was das Volk verlor, welch köstliches Juwel da in den Staub getreten wurde. Doch nicht nur in dem malerischen, mit allen Vorzügen einer heutigen Gebirgsnatur ausgestatteten Oberkrain ist das Bild ein so trauriges, sondern rings um uns selbst herum steht es nicht anders um die Volkskunst. Umsonst bilden sich Vereine zur Erhaltung der Trachten, wenn der Geist fehlt, der diese Trachten und diese Volkskunst schuf. Diesen Geist zu wecken und mit ihr die Freude am Schönen in das Volk hineinzutragen, dem Volke zeigen, was seine Kunst einst vermochte, welch innere Genugtuung, welch schöne Schaffensfreude daraus emporblühte, anerkennen, dag das Schöne, was sie gefunden, schöner ist als unsere heutige arme, so oft auf Irrwege geratene Kunst, dag der gesunde Kern einer gesunden Kunstanschauung darin liegt, den man von neuem zu pflegen und von neuem zu bringen alle Ursache hat, das sei die Aufgabe derjenigen, die der Überzeugung sind, dag aus veredelter Volkskunst der höchste Kunst- begriff entstehen mug. Erst auf diesem Wege angelangt, wird die Kunst ein allgemeines Gut der Menschheit, welches Ideal alle die anstreben, welche die Kunst und die Menschheit lieben — und zu welcher auch wir, die Freunde wahrer Volkskunst, gehören wollen. Weit hinter dem schneegekrönten Triglav gligern die Spigen des Glasberges, der wie ein Kristall gegen den Himmel ragt und die Menschen vom „See des Paradieses" trennt, dessen silberschillernde Wellen ein Land voller Glück und Freude umspülen. Dahin zu gelangen strebt ein jeder, der hier auf Erden die Last des Lebens trägt, denn am Grunde des Sees ruht der Schlüssel zum Himmelstor. Goldene Schwäne durchqueren stolz die gligernden Wellen des Sees, folgend dem schönsten, mit Brillantdiadem geschmückten Schwan, der allein befugt ist, den Schlüssel der Himmelspforte vom Seegrund zu holen und die Menschen zu beglücken. Einst tauchte der Schwan wieder nach dem Schlüssel, allein er war verschwunden, denn Unwürdige begehrten nach ihm. Der Schwan kam nicht mehr herauf und alle Schwäne starben mit ihm vor Trauer. Der See verschwand und der Berg aus Glas und Kristall stürzte ein, verging unter dem eisigen Hauch des Winters wie ein Schlog aus Sonnenstrahlen gewoben, zerbrach und verschwand mit der reichen Phantasie eines Volkes, die dies Märchen erschuf. Lange blieben die schimmernden Trümmer unberührt, denn niemand erkannte den reichen Schag, den man mit Fügen trat. Jahrhunderte vergingen und es lagerte sich Staub und Moder darauf. Bewaffnete Menschenscharen zogen über sie hinweg und färbten sie rot. Und als Friede ward, da kamen Menschen aus weiter Ferne und gruben neue Wege. Junges Grün schimmerte unter den Trümmern und sehnte sich nach der Sonne. Es reckte und streckte sich, hob Staub und Trümmer empor und Blümchen lachten der Sonne zu. In ihrem Kelche spiegelte sich ein Rest, ein Splitter des reichen, gewesenen Schages. Wie auf einem Stern spielten die Sonnenstrahlen darauf, dag es funkelte und schimmerte wie einst, als noch die Goldschwäne an seiner Seite ruhten. Der Menschenstrom saust auf fliegenden Rädern vorbei und merkt nicht das Funkeln des kleinen Splitters, der, durch jugendliche Kraft getragen, sich in der Sonne spiegelt und von der Zeit träumt, wo er allen Menschen angehört hat und allen ein Ziel, eine Freude war. - - Die Kraft der spriegenden Blüten hob viele der Splitter und eifrige Hände suchen nun, sie zu sammeln und zusammenzufügen, uns ein Bild ihrer alten Herrlichkeit zu geben, als glorreiches Ziel einer keimenden Jugend. So sammelte auch ich auf einsamen Wald-und Wiesenwegen einige Splitter und trage sie zu jenen, die alle bemüht sind, den alten Bau in neuer Pracht entstehen zu lassen. Die Frucht einiger Arbeitswochen liegt den Lesern vor als Beweis, daß es nicht schwer war, sie zu finden. Sie sind nicht alle vollzählig da, die Feldkapellen, Bildstöcke, Häuschen usw., welche ich fand und sah, denn die Bescheidenen mußten den Schöneren weichen. Die ausgewählten sind Typen ganzer Gruppen und sollen für sich sprechen. Die kleinen Szenerien um die Feldkapellen und Bildstöcke herum sind nicht von mir erdacht, sie sind die Rahmen, in welchen ich sie fand und die ich getreu wiedergab, versuchend, die Empfindung, die sie schuf, hineinzulegen. Sei es, daß das Bildstöckl befestigt ist an einem Baum oder an einem Haus oder eine Getreideharfe es trägt, sei es mitten auf der Heide oder am Hang lehnend, selbst schattige Bäume oder sonnenheller Himmel der Hintergrund, sei es eine Landstraße oder ein einsamer Feldweg, den sie beleben, — immer passen diese Kapellen und Bildstöcke in ihre Umgebung, immer ist die Farbe entsprechend gewählt, stets ist die Größe im Verhältnis zum Hintergrund. So spielend, so selbstverständlich sißen sie auf ihren Stellen, daß man unwillkürlich an die durch Generationen veredelte analoge deutsche Volkskunst denken muß, sobald man sie sieht. Vergleichen wir nun zunächst die so phantasievollen schönen Sagen Krains mit deutschen Sagen, so ist der Einfluß unverkennbar. In Krain haust und tobt in Quatemberzeiten der wilde Mann mit seiner wilden Jagd. Die Sagen vom Lindwurm, der Kampf des Ritters um die schöne Königstochter, die versunkene Glocke, der Mann im Mond, welcher zur Strafe, daß er sich von Christus dem Herrn unter den drei gestatteten Wünschen nicht den Himmel ausbat, sich zwölfmal verjüngen muß, der Schmied, der den Tod überlistet und weder in den Himmel noch in die Hölle kann, die versteinerten Menschen, zu Tieren verzauberte Helden, die Rojenice, Schicksalsgöttinnen, die von den saugen Frauen der Deutschen entlehnt sind, das rauhhaarige Wichtelmännchen mit grünem Rock und roter Kappe, der škrat als Waldbewohner, der Wassermann, der sich vom Tanz weg das schönste Mädchen raubte, um sie in sein Waldschloß zu bringen — sie alle sind Gestalten, die in etwas veränderter Form sich auch im deutschen Märchen finden. Ebenso zeigt in einzelnen Fällen das Volkslied deutschen Einfluß, ohne aber den slavischen Charakter ganz zu verlieren. Sehen wir dann unsere kleine Sammlung von Marterln, Bildstöcken und Feldkapellen an, so ist auch hier der vorwiegende Eindruck nicht slavisch. Überall deutsche Anklänge, manchmal auf- fallende Ähnlichkeit mit Kärntner oder Tiroler Arbeiten. Überall ist die farbige Behandlung der Holzschnitzerei das Hauptelement. Der Grund ist zumeist blau, die Einfassungen rot oder weig. Unter den Marterln fand ich vielleicht zwei bis drei, deren einzelne Formen slovenischen Einflug verraten. Ein einzelnes hohes Kreuz mit dem eigenartigen Abschlug, der einer umgekehrten Birne ähnelt und oben das dreimal geteilte Kreuz trägt, wäre dafür das charakteristische (siehe die farbige Tafel VI). Obzwar die Krainer der römisch-katholischen Kirche angehören und stets angehört haben, ist die groge Anzahl der griechischen Kreuze sehr auffallend; wahrscheinlich werden sie Wetterkreuze gewesen sein. Während nun das rückwärtige Kreuz des angeführten Marterls diese eigenartigen Formen aufweist, ist das darauf befestigte Bildtäfeichen ganz deutsch. Wie originell das so entstandene Kreuz in der Mitte eines Stoppelfeldes aussieht, zeigt das Bildchen. Betrachtet man eines dieser Kreuze oder Bildstöcke an dem Ort, wo sie frommer Sinn und Geschmack hinsegte, so wird man das Empfinden haben, dag es dort allein recht steht, dag es, in ein Museum verpflanzt, seiner keuschen Schönheit, des Naturrahmens, beraubt würde. Die verdorrten Feldblumen, die diese Kreuze fast immer schmücken, bald in Sträugchen, bald in Kränzen geflochten, der leuchtende Abendhimmel als Hintergrund, bergen Stimmungen in sich, die ein Museum nicht bringen kann. Die Kapellen und Bildstöcke stehen meist einsam und verlassen entfernt von jedem Wege. Der Ackerpflug umkreist sie; selten, dag ein Baum ihnen Schatten spendet. Sie sind dem Wetter und Sonnenschein ausgesegt, und was das breit ausladende Dach nicht schügt, wird ein Opfer der Zeit. Der Mörtel am Sockel ist teilweise abgefallen, das leuchtende Rot der Ziegel kommt zum Vorschein. Windlinge ranken in den Fugen hinauf und hohes Gras umringt sie. Von oben bis unten bemalt, innen und äugen Farbenschmuck tragend, ragen sie in den einsamen Heiden auf in die Natur, sie verschönernd noch in ihrem Sterben. Denn sie müssen zugrunde gehen, müssen dem Neuen weichen und in Vergessenheit geraten, da der Sinn, der sie schuf, schon vor Jahrzehnten gestorben ist. Ein einzigesmal kam ein alter Bauer — er mag an siebzig Jahre gewesen sein - zu mir gehinkt, lieg seine Ochsen und den Pflug stehen und bat mich, dem Christus am Bilde die Füge zu ersegen, er wolle es gerne bezahlen, im Dorfe könne es niemand machen und sein Vater habe so viel auf das Bildstöckel gehalten. Es tat ihm weh, dag es nun verkommt, und er schaute das Bildstöckel so wehmütig an und nickte mit dem Kopfe, während er lange stumm blieb. Dann nahm er den Hut vom Kopf und betete. Troto dieser freien Lage der Feldkapellen und Bildstöcke sind die Farben an den überdeckten Stellen noch verhältnismäßig gut erhalten. Die dargestellten Szenen sind aus dem Alten wie aus dem Neuen Testament und zeigen eine rührende Einfalt in der Auffassung. Doch nicht so in der Darstellung. Stets verrät sich ein tüchtiges Können, nie hat man den Eindruck ungelernter Arbeit und der Marterlmaler der Tiroler Berge kann hier sehr oft nicht mehr in Vergleich gezogen werden. Die kleinen Wegkreuze zeigen durchwegs, daß sie daheim entstanden sind, daß sie von den Bauern selbst zusammengezimmert und bemalt wurden. Bei den großen Bildstöcken aber stehen wir berufsmäßigen Malern gegenüber, die wahrscheinlich in Klöstern und Schulen ihre Kunst erlernten. Denn durch alle die Bildstöckel geht ein Zug, eine Auffassung. Daß hier Aufgaben gelöst wurden, die nicht zu den leichtesten gehören, zeigen diejenigen Bilder, wo der blendende Himmel den einzigen Hintergrund bildet. Die mäßige und überaus korrekte Anwendung der Architektur, gepaart mit bewegter Umrißlinie des Daches und den besonderen Farbenstimmungen an den Hachen der Bildstöcke weisen auf ein hochentwickeltes Kunstverständnis. Wo die Malerei der Bildstöckel verwitterte, da zeigt die moderne Zeit ihre Geschmacklosigkeit, indem die fürchterlichsten Zimmermalerpatronen zur „Renovierung" benußt wurden. Bei den Figuren half man sich über die Unfähigkeit weg, indem man einfach darüber patronierte. Die Wirkung, die so entstand, muß man sehen, um zu begreifen, wie tief, wie ungemein tief Kunstsinn und Kunstpflege gesunken sind. Lieber sollten diese Wegkapellen und Feldkreuze in malerischem Verfall zugrunde gehen, lieber in ihrer Schönheit sterben und im Absterben noch viele in ihrer Schönheit erfreuen, als so wiederhergestellt erhalten werden! Selbst für die Hausnummertäf eichen hatte man in jener Zeit das Bedürfnis nach künstlerischer Form. Heute Eisenblech und Email — damals Holz und Farbe; dahier ein Abspringen des Emails - dort ein bewiesener Bestand von über 100 Jahren - Carnlola 1008 III u. IV dahier Geschmacklosigkeit, welcher das Mäntelchen, praktisch und klug sein zu wollen, umgehängt wird, dort die Folge eines eingewurzelten Schönheitssinnes (siehe Abb.). Unsere Emailnummer läßt sich nicht verteidigen gegenüber diesem Vertreter alter Volkskunst, welcher bisher keine Spur einer benötigten zweiten Bemalung aufweist. Dieses Zeitalter war so harmonisch in allem, in der farbenreichen malerischen Bekleidung, in den Profanbauten, im Bildstöckel und der Wegkapelle wie in jedem kleinsten Gegenstand, ebenso sehr, wie heute unsere Anschauungen über Kunst zerstückelt und unharmonisch sind. Die Namen derer sind verschollen, die diese Werke schufen, wie auch derjenigen, die mit ihrer Erziehung ihren Sinn bildeten und den Keim der Schönheit zur vollen Blüte entwickelten. Sie gaben damit dem Volke einen Schaß, der sie selbst beglückte, der dem kindischen Tasten ihrer Seele ein Ziel seßte, der ihnen eine Beschäftigung für die langen Winterabende gab, worin sie sich auf der Stufe der Menschlichkeit weiter hinaufarbeiteten. — Dann kam der Rückstoß! — Allmählich schwand die Farbenfreude und mit den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts starb aller Kunstsinn ab. Ich will zum Gegensaß ein nach einem Brande neu aufgebautes Dorf schildern. Es sind neun Jahre her, da läuteten am Veldeser See die Feuerglocken und alle Bewohner der Gegend eilten herbei, um zu retten. Doch das Element war stärker als der Mensch und das Dorf Unter-görjach lag bald in Asche. Nun galt es, wieder aufzubauen. Gar viele Hände rührten sich, Häuschen um Häuschen wuchs aus dem Boden heraus, doch vom Krainer Bauernhaus erzählte nichts mehr. Die kleinen Zimmer mit mäßiger Höhe wurden beibehalten, aber dazu fertige Fenster und Fenstergitter aus der Stadt bezogen. Der Erker blieb weg, der Dachaufbau wurde nüchtern. Es entstand ein Machwerk, das man leider nur zu oft sieht. Es ist immer das eine charakterlose Haus, das bald als Arbeiterwohnhaus, bald als Bahnwärterhaus, zur Abwechslung auch Villa genannt wird und immer dieselbe Gestalt zeigt. Hier soll es ein Krainer Bauernhaus sein ! - Eines durfte nicht fehlen im neu erbauten Dorfe - das Bildstöckel. Auch das ist neu geworden. Ich konnte es im Bilde nicht mitbringen - das kann nur ein gefühlloser photographischer Apparat. Und wenn man vor einem solch neuem Bildstöckel steht, da lernt man das Händefalten und Insichgehen! ?! ? - Dort aus der Ferne grüßt ein schindelbedeckter, schön geformter Kirchturm und ein gotisch sein wollender Turm ödet uns in nächster Nähe an; man sieht sehnsüchtig hinüber. War es möglich, daß es eine Zeit gab, wo die Kunst ein Volk glücklich machte, da jeder Freude am Schaffen des Schönen hatte, dag gebildeter Sinn stets das Schöne fand, dann soll und mug es doch auch in dieser großen Zeit möglich sein es zu erreichen, in welcher die Wissenschaft die höchsten Ziele sich segt und die Kunst zu pflegen der Wille besteht. - „Die hohe Kultur" der heutigen Menschheit machte diesen rasenden Rücklauf möglich. Noch vor einigen Jahren kämpfte der Klassizismus, die falsche Renaissance, das Barock, Empire und Louis XVI um ihre Existenz, um dann im Kunstgewerbe eiligst englisch und japanisch zu werden. Dann fiel man in das Extreme und mied allen Schmuck. Und zulegt wies uns der Weg von einer falschen Kunstanschauung dahin, wo wir jegt stehen, wo wir jegt kämpfen: vor der grogen Aufgabe, diese uns schwer erkämpften Erkenntnisse auch dem Volke wiederzugeben, damit es gesunde und wieder Freude am Schönen erhalte. Noch grügen in der Morgensonne aus lieblichem Grün uns Kunstwerke des Volkes, noch können wir hoffen, dag das Volk die Kunst, die Kunst das Volk erobert, dag es bald wieder eine Volkskunst gibt und sich die Getrennten wieder vereinen wie in einer Ballade aus Gottschee, welche den Schlug unserer Mitteilungen bilden soll: Der Hans sehnt sich in Liebe nach einem schönen Dirnlein. Er klagt seiner Mutter sein Leid. Sie beruhigt ihn: „Lag sein, mein Lieber, wir wollen eine Mühle bauen; wenn alle werden mahlen kommen, wird das schöne Dirnlein auch kommen." - Alle Leute sind mahlen gekommen, schönes Dirnlein ist gleichwohl nicht gekommen. - „Lag sein, mein Sohn, wir wollen bauen ein Kirchlein weig; wenn alle Leute werden zur Messe kommen, wird das Dirnlein auch kommen." — Alle Leute sind zur Messe gekommen, schönes Dirnlein ist gleichwohl nicht gekommen. - „Lag sein, mein Sohn, wir werden herrichten eine schneeweiße Leiche; wenn alle Leute besprengen kommen, wird das schöne Dirnlein auch kommen." — Und sie kam. - Natürlich ist Hans der Scheintote. „Was ist das für eine wunderbare Leiche?" „Sie hält die Füge wie auf den Sprung, die Äuglein wollen sich öffnen, die Hände sind im Begriffe zu haschen." Kaum sprach sie das, sprang die Leiche auf und umarmte sie. Sie sinkt aber entseelt dahin und er stirbt ihr nach. Man begrub sie, an jeder Seite der Kirche eines. Aus dem einen Grabe ersprog eine Rebe, aus dem andern eine Rose. Die wuchsen über der Kirche hoch und wie sie oben zusammen kamen, umarmten sie sich wie zwei Liebende. Warum soll ich nicht von dieser Rose, von unserer Kunst träumen, wenn ich in stiller Einsamkeit Kirchlein und Bildstöckel male, warum sollen wir nicht daran denken, dag Rose und Rebe, Kunst und Volk sich wieder liebend vereinen? - Ii* Zur Biographie des Nikolaus Jurišič Von Dr. Oskar Freiherrn von M i tis Der berühmte Held von Güns, über dessen Aufkommen und Tod — wie zum Zeidien, daß ihm das Gesdück nur eine große Episodenrolle gegönnt habe — keine sidieren Nadirichten vorliegen, lebt in dem Andenken aller Nationen. Gleichwohl ist diesem Manne, einem Typus der ausgezeidineten serbischen Kriegsmänner in ungarischen und deutschen Diensten, noch keine erschöpfende selbständige Lebensbeschreibung gewidmet worden. Viele, die seiner gedenken, verwechseln ihn sogar bisweilen mit einem gleichnamigen Verwandten.1 Das Verdienst, der Tätigkeit und den Sdiicksalen des Jurišič zuerst gerecht geworden zu sein, gebührt unstreitig Geza von Csergheö, der in versdiiedenen Aufsäßen, besonders 1887 in der „Ungarischen Revue", ein reichhaltiges Material zur Biographie des Günser Helden zusam-mengebradit und verwertet hat.2 Seither ist, wenn idi nidit etwa fremdspradiige Beiträge übersehen habe,5 über Jurišič keine wesentlich ergänzende Mitteilung erfolgt, so dag es vielleicht nidit unerwünscht erscheinen könnte, wenn ich hier einige von Csergheö nicht verwertete Nadirichten veröffentlidie, die mir gelegentlidi amtlicher Nadiforsdning über den bekannten Zeitgenossen und Gefährten 1 So z. B. die Allgemeine Deutsche Biographie, Bd. 14 (1881) S 743. 2 Jahrbuch „Adler" 1873 S. 136- 138 und 155- 157: Über die persön-lidien Verhältnisse und das Wappen des Freiherrn Nikolaus von Jurischitz. — „Turul" Jahrg. V, VI, VII (von mir nidit benützt). — „Ungarisdie Revue" Jahrg. 7 (1887) S. 368 -383 und 454-470: Die erloschenen Linien des Hauses Jurišič. — Für diejenigen, denen die „Ungarische Revue" nicht leicht zugänglidi ist, seien die Hauptpunkte der Cserpeösehen Darstellung wiederholt: Jurišič wurde um 1490 in Zengy geboren, ist 1522 unter Ferdinand I. bei der Verteidigung der kroatischen Meergrenze tätig, wird 1523 Feldhauptmann an der kroatischen Meergrenze, 1527 königlicher Statthalter in Kroatien, übernimmt und befestigt Güns 1528 - 1529; erste Sendung an Sultan Soleiman 1529, zweite 1530- 1531; heldenmütige Verteidigung von Güns 1532; oberster Feldhauptmann der windischen Lande 1537; Landeshauptmann von Krain 1538; dritte Sendung nach Konstantinopel 1540; Abschied von der Landeshauptmannschaft 23. Oktober 1543. - Jurišič starb sdion Ende des Jahres 1543; seine Begräbnisstätte ist unbekannt. 3 Die Literatur zitiert — worauf mich Kollege Dr. Roderich Gooss freundlichst aufmerksam machte - zuletzt: Sandor Szilägyis „A Magyar Nemzet Törtenete" Bd. 5 (1897) S. 92. des Günser Verteidigers, Josef von Lamberg1, begegneten. Manche derselben unterrichten uns über die engen Beziehungen des Nikolaus Jurišič zum Lande Krain, als dessen Landeshauptmann er bekanntlich sein reich bewegtes Lebenswerk beschlog. Gleich das älteste der hier zu besprechenden Stücke ist ein sehr interessanter Revers des Nikolaus Jurišid vom 21. März 1528, in welchem er sich durch Siegel und Unterschrift verpflichtet, die Bestimmungen einer - wortwörtlich eingesdialteten - Urkunde König Ferdinands I, ddo. Wien, 20. März 1528, getreulich zu beachten. Der König ernennt in dieser Urkunde seinen getreuen lieben Niclasen Jurischig „unsern Rat, zu unnserm Haubtmann zu sannd Veitt am Phlawm", also zuFiume, und erwähnt zugleich, dag der Genannte „in seiner Verwaltung unnserer Veldhaubtmannschafft wider die Tur-khen auf unnser genedig Beger und Bevelh und auf Bezallung und Unnderhaltung unnserer Diennstlewt an den Gränigen ain Summa Gellts dargestregkht und gelidien, auch er Jurisdiig bede unnser Slösser A dl spe rg und Neuhawss auf die Versdireibung, so er darumben von unns hat, eingenomen und ain zeitther von unnsern wegen innengehabt"; da aber zugleich die beiden Schlösser einem andern, Bernhardin de Menesis, verpfändet worden waren, hatte nun der König den Feldhauptmann veranlagt, sich mit jenem auszugleichen. Jurišič hat nun tatsächlich die beiden Schlösser alsbald an Menesis abgetreten: ein Protokoll über diese Handlung, zu Adelsberg am 23. April 1528 ausgefertigt, liegt noch im Original vor;5 es ist von Hans Rauber, Wolfgang von Oberburg, Sigmund von Duerr, Kaspar Waldcrstein und Hans Rizschan ausgestellt und besiegelt und von Menesis eigenhändig unterschrieben. Menesis sollte dafür die fiskalische Schuld an Jurišič übernehmen und in jährlichen Raten aus den Einkünften der beiden Schlösser tilgen. Laut eines Schuldbriefes des Königs Ferdinand, ddo. Prag, 30. Juli 1528, betrug diese damals nicht weniger als 5348 Pfund Pfennige. Um nun Menesis zu entlasten, entschlog sich der König, für jene Schuld dem Jurišič den Pfandbesitz von Schlog und Stadt Güns samt der Vogtei von St. Mariaberg zu verleihen. Die königliche Urkunde ist aus Augsburg, vom 27. Juni 1530 datiert und gleichfalls in dem Originalreverse des neuen 4 Eleonore Gräfin von Lamberg, geb. Prinzessin Schwarzenberg, wird demnächst in einem Aufsatz ein bisher nicht publiziertes, auf Schlog Ottenstein verwahrtes Manuskript der bekannten Reisebesdireibung des Kuripeschitz besprechen. B K. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien; allgemeine Urkundenreihe (bei 1530, Juni 28). Pfandinhabers, der tags darauf ausgestellt wurde, überliefert. Wir ersehen daraus, dag Jurišid kurz vor Antritt seiner durch Kuripesdiitz beschriebenen Mission nach Konstantinopel0 auf dem Reichstag zu Augsburg bei Kaiser Karl V und König Ferdinand weilte. Damals, am 26. Juni 1530, erhielt er auch von dem Kaiser ein Diplom, in welchem ihm das Redit verliehen wurde, mit rotem Wachs zu siegeln,7 und noch am 28. Juli 1530 stellt König Ferdinand zu Augsburg ein Privileg aus, durch welches Jurišid die Erlaubnis erteilt wird, seine in Güns gefechsten Weine in Böhmen und Mähren zu verkaufen.8 Mit den nächsten Stücken gelangen wir bereits in die Zeit, da Jurišid für die heldenmütige Verteidigung von Güns von dem König reich belohnt wird. Nachdem er ddo. Linz 20. Februar 1533 ein Freiherrenstandsdiplom empfangen hatte, erhält er ebenda am 22. Februar zwei augerordentlich inhaltsreiche Privilegien, die uns wieder durch den tags darauf ausgestellten Originalrevers überliefert sind. Beide königlichen Diplome sprechen ausführlichst und mit anerkennendsten Worten von der Günser Verteidigung. Das erste zählt genauest die versdiiedenen Schuldposten des Fiskus auf, darunter die schon früher besprodienen 5348 Gulden, wofür seinerzeit eben Güns verpfändet worden war, 1000 Gulden für Bauten im Schlog Güns, ebensoviel für den Zug gegen Gran, 2000 Gulden für Schäden, die durch die Belagerung entstanden, dann einen Rückstand von 406 Dukaten für die Zehrung auf der Botschaftsreise in die Türkei und endlich andere Besoldungsrückstände, durch welche die Gesamtschuld auf 13.000 Gulden gestiegen war; für die Zinsen dieses Kapitals wird an Jurišid nunmehr das Ungeld zu Mistelbach in Niederösterreich verpfändet. Die zweite Urkunde betrifft einzig und allein die materielle Belohnung der Günser Heldentat: der König schenkt Jurišid ein Kapital von nicht weniger als 8000 Gulden und verpfändet ihm, da er nicht über den Barbetrag verfügt, für die Zinsen des Kapitals die Einkünfte der Maut zu Popetsch in Krain." Während uns weitere Nachrichten darüber unterrichten, wie Jurišid die Hauptmannschaft von Fiume abgetreten,10 dag er in Güns neuer- 6 Vgl. Hormayrs Taschenbuch 1827 S. 179. 7 Bisher unbekannt. Überliefert in der Reichsregistratur Kaiser Karls V, Band 14 Fol. 73'-74, Wiener Staatsarchiv. 8 Abschrift im Hofkammerbuch 1, Fol. 53' des Wiener Staatsarchivs. " Diese ist erst zwei Jahre vorher, gleichfalls für hervorragende Kriegsdienste, an Siegmund Hermann Franzos verpfändet worden. Originalrevers vom 21. April 1531 im Wiener Staatsarchiv. 10 König Ferdinand bewilligt der Kammer ddo. Leoben, 10. Oktober 1531, mit Jurišid zu verhandeln, dag er St. Veit am Pflaum an Hieronymus dings Befestigungen eingebaut hat,11 sich dagegen anderen Besitzes entäußerte,12 gewinnt er durch seine Ernennung zum obersten Feldhauptmann der niederösterreichischen und windischen Lande am 19. Oktober 1537 als Nachfolger Katzianers einen neuen Wirkungskreis. In diesem Kommando — sein Sold war unterdessen zu hoch befunden worden13 - erhielt nun Jurišič am 21. April 1538 eine neue Instruktion. Diese sowie die drei Tage später ausgefertigte Instruktion als Landeshauptmann von Krain enthalten so zahlreiches Material für die Geschichte des Helden wie für die des Landes, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte, daß es wohl gerechtfertigt erscheinen mag, wenn diese beiden Aktenstücke im Anhange vollständig publiziert werden. Über die Nationalität des Jurišič hat Csergheö gleichfalls ausführlich gehandelt und er hat sich im Streit mit verschiedenen Auffassungen dahin ausgesprochen, daß der berühmte Kriegsmann ein geborener Kroate war. Mangels anderer Quellen mußten bei diesem Anlasse die eigenhändigen Untersdiriften als willkommene Anhaltspunkte herangezogen werden. Gegenüber Lopašič, der behauptete, daß sich Jurišič ausschließlich in kyrillischen Lettern zu unterschreiben pflegte,14 betonte Csergheö gleichwohl auch das Vorhandensein deutscher Unterschriften, wobei er insbesondere auf einen im k. u. k. Kriegsarchiv verwahrten Originalbericht aus dem Jahre 1537 verwies, der die eigenhändige Signatur „Niklas Jurischicz" tragen soll. Ich möchte hiezu die Bemerkung anreihen, daß einerseits schon ein Bericht an die Wiener Regierung, ddo. Güns, 30. November 1529, de Sara abtrete (Staatsarchiv, Hofkammerbuch 1, 179). Am 26. Jänner 1535 wird dem letztgenannten der Befehl erteilt, die von Jurišič in Fiume zurüdcgelassenen, ihm persönlich gehörigen Geschütze und die Munition behufs Ablösung zu sdiätzen (ebenda, Hofkammerbuch 23, 212). 11 Er erhält ddo. Wien, 18. September 1534, die Erlaubnis, hierauf 1500 Gulden zu verwenden (ebenda, Hof kammerbuch 1, 286). 12 Befehl an die Hofkammer, wegen Abtretung von Sichelburg und des Hauses Nassenfuß mit der von Robaschitz und Nikolaus Jurišič zu verhandeln, 20. Jänner 1541 (ebenda, Hofkammerbuch 1, 268). 13 Ddo. Prag, 1. April 1538, erhält der Zahlmeister Spiller ein Mandat, daß die Monatsbesoldung des Jurišič als oberster Feldhauptmann per 840 Gulden zu hoch erscheine, „angesehen, das ein zeitherr unnd noch ditsmals khain Veldtzug oder Hör vorhanden" (ebenda, Hofkammerbudi 3, 36'). — Daß Jurišič übrigens ein guter Rechner war, ersieht man daraus, daß er sich mit der Hofkammer wegen Umrechnung des ungarischen Goldguldens herumschlug. Vgl. Weisung an Spiller vom 8. August 1538 (ebenda, 3, 92). 14 Danica 1884 S. 104. mit „Niklas Jurischiczsdi Ritter" gezeidinet sein soll,1" anderseits aber noch in einer Relation, die Jurišid als Landeshauptmann von Krain am 28. Juni 1542 erstattete," die deutsche Unterschrift bestimmt von Kanzleihand herrührt. In dieser Frage ist nun der an erster Stelle besprodiene, bisher nicht beachtete Revers über Fiume aus dem Jahre 1528 von aussdilaggebender Bedeutung: denn hier unterschreibt sich Jurišid unzweifelhaft eigenhändig in serbokroatischer Sprache und in kyrillischen Lettern. Ich und Siegel des Nikolaus Jurišič auf seinem kroatische die Mutter-Revers über die Hauptmannschaft von spräche des Günser Helden Fiume ddo. (Wien) 21. März 1528. ist. Sehr wahrscheinlich, ja Original im k. u. k. Haus-, Hof- und Staats- geradezu gewiß ist es ferner, 16 Abgedruckt in Hormayrs Taschenbuch 1827 S. 227- 230. 18 Wiener Staatsarchiv, österr. Akten, Krain, Fasz. 1. 17 Schreiben vom 19. Juni 1908. „Die Unterschrift auf dem Pfandrevers des Jurišič von 1528 ist serbokroatisch in cyrillischer Sdirift, und zwar in der in Bosnien und den benadibarten Gebieten im 15. bis 16. Jahrhundert üblichen, etwas nach rechts geneigten Cursiva. Die cyrillische Schrift war damals audi in Dalmatien (Ragusa, Poljica bei Almisa usw.) verbreitet, ebenso in Kroatien (neben der glagolitisdien Schrift), wie Eigenhändige Unterschrift verdanke, wie ich gleich bemerken will, diese Charakteristik der hier in Faksimile beigegebenen Unterschrift keiner geringeren Autorität, als J. C. Jireček, weldier audi so gütig war, einige Hinweise über die Verbreitung dieser Schrift hinzuzufügen.17 Die Unterschrift ist hier „Mikula Jurišič moje ruke pismo", deutsdi „Mikula Jurischitsdi meiner Hand Schrift" zu lesen. Da der Revers zweifellos in Wien ausgestellt und daher nidit anzunehmen ist, Jurišič hätte etwa mit Rücksidit auf seine Umgebung Sprache und Lettern gewählt, bleibt nunmehr jeder Zweifel ausgeschlossen, dag das Serbo- archiv, Wien. dag Jurišič des Deutschen damals in Schrift und Sprache noch nicht völlig mächtig war, sonst hätte er jene Urkunde - die wie alle von ihm ausgestellten Reverse durchwegs in deutsdier Sprache verfaßt ist — in der Textsprache unterzeichnet. Der Revers von 1528 ist aber auch wegen des daran hängenden Siegels außerordentlich interessant. Offenbar ist bisher überhaupt kein Siegel des Jurišič aus der Zeit vor seiner Erhebung in den Freiherrenstand bekanntgeworden, sonst hätte sich Csergheö nicht auf Vermutungen darüber beschränken müssen, wie das S t am m-wappen der Familie zusammengeseßt gewesen sei.18 Hier haben wir nun einen prächtigen, in grünem Wadise - die Rotwadisfreiheit erhielt Jurišič erst im Jahre 1530 - ausgedrückten Abdrudt eines im Jahre 1527 angefertigten Stempels. Die Technik des Siegelschnittcs läßt es außerordentlich wahrscheinlich werden, daß der Stempel in Wien hergestellt worden ist. Wenigstens weist die Mode, die Um-sdirift auf einem fliegenden Bande anzubringen, sehr deutlich auf gleidizeitige Wiener Beispiele hin.1'-' Hier zeigt sie sich übrigens bereits in ihrer letzten, manierierten Entwicklungsform: das Flattern des Bandes ist so übertrieben zum Ausdruck gebradit, daß man sich die einzelnen Buchstaben der Umschrift nur mit Mühe aus dieser und jener Falte zusammenzustellen vermag. Die Legende beginnt links in der Mitte und lautet folgendermaßen: NICLAS IVRESCHITCH • RITER • 1527. Der Schild ist geteilt, oben ein Rabe, unten ein Skorpion; auf dem gekrönten Helm kehren beide Wappentiere wieder. Interessant ist, daß Jurišič diesen Stempel nadimals offenbar verloren hat, denn sowohl in seinem 1530 zu Augsburg als in dem 1533 zu Linz ausgestellten Revers heißt es im Texte ausdrücklich, daß er sein eigenes „Insiegel nicht bei Händen" habe und beidemal siegelt für ihn Ritter Hans Hofmann zum Gruenpühl. Durch die Erhebung in den PYeiherrenstand und die gleichzeitig erfolgte Wappenvermehrung - mit dem Symbol der Feste Güns - ist überhaupt die Anfertigung eines neuen Stempels zur Notwendigkeit geworden. Idi kenne aber nur einen einzigen, leider schwachen Abdruck eines späteren Stempels, der sich auf einem Berichte des an zahlreidien Stüdcen bei Kukuljevič, Monumenta bistorica Slavorum meridionalium, Acta croatica (Agram 1863) zu sehen ist (z. B. S. 147 von 1492, S. 235 c. 1530). Einiges über diese Fragen ist zusammengestellt in meiner Abhandlung: ,Die mittelalterlidie Kanzlei der Ragusaner', Archiv für slav. Philologie, herausgegeben vonV.Jagič, Bd. 26 (Berlin 1904) S. 161 f." "Ungarische Revue 1887 S. 467. 10 Vergleidic die instruktiven Beispiele der Wiener Münzmeister-Siegel in Zimmermanns Geschichte der Stadt Wien II/2 (1905) Tafel 35 Nr. 37- 39. Jurišič als Landeshauptmann von Krain an die Regierung der nieder-österreichischen Lande vom 12. Juli 1539 befindet.20 Dieser kleine, wahrscheinlich an einem Ringe angebrachte Stempel zeigt das vierteilige Wappen und die Initialen: N[iklas] I [uritschich] F[rey] II[err]. Auch über die Ehe des berühmten Kriegsmannes konnte Csergheö zahlreiche Daten mitteilen. Jurišič verheiratete sich — wie verschiedene Quellen angeben - mit Potentiana Derzsffy de Zerdahely, nachdem diese ihren ersten Gatten Anton Bänffy von Also-Lindwa durch Tod verloren hatte. Da uns aber nicht überliefert ist, wann dieser starb, bleiben einige Fragen ungelöst, vor allem die, ob die Kinder Anna und Adam, denen bekanntlich 1538 vom Vater in der St. Jakobskirche zu Güns ein Grabstein gesetzt wurde, aus dieser Ehe stammen?31 Auf Grund einer absolut zuverlässigen Quelle will ich nun wohl die Ehe mit der Ungarin Potentiana nicht bezweifeln, darf aber behaupten, daß Jurišič vorher mit einer Deutschen, nämlich mit Katharina von Puchheim zu Raabs vermählt gewesen ist; da in deren Familie der weibliche Name Anna sehr verbreitet war und der Name Adam nachher wiederholt begegnet, ist es auch keineswegs unwahrsdieinlidi, daft jene Kinder aus dieser Ehe stammen und Katharina 1538 bereits verstorben war. Ich entnehme meine Kenntnis einer 1620 angelegten, offenbar halbamtlichen Stammbaumsammlung der niederösterreichischen Geschlechter,22 die in der Familie Puchheim folgende Generation verzeichnet: Georg IV von Pucheimb zu Raabs, Polyxena von Wolkenstein Es folgen noch : Andreas I, -Felix-Weidiard-Wilhelm, -Ferdinand-Balthasar, -Catharina, - Salome-Regina -Freih. zu Raabs, Margaretha von Genovefa Nikolaus Marusdi, monialis f 1558, Zelking und von Hoff- Jurischiz in Gös Praxedis von Sibylla Fuggerin kirchen zu Güns Eberstein Zu dem, was Csergheö über die Todeszeit und die Erben, des Jurišič sagt, ist nur wenig beizufügen. Zweifellos ist er zu Ende des Jahres 1543 gestorben, also kurz, nachdem er die Landeshauptmannschaft von Krain niedergelegt hatte.23 Auch das ist schon anderwärts bekannt, daß „seine negste Freund und Erben Niclas und Hans die Jurischiz Gevettern" waren, wie uns ein Aktenstüd* der 20 Wiener Staatsarchiv, österr. Akten, Krain, Fasz. 2. 21 Csergheö, Ungarische Revue 1887 S. 454 ff. 22 Handsdirift 360 im Hausarchiv der regierenden Fürsten von Liechtenstein, Wien. Fol. 16. 28 Ungarische Revue 1887 S. 459. Hofkammer vom 22. Februar 1547 neuerdings bestätigt.24 Von Hans wäre nur noch zu berichten, dag 1550 mit ihm wegen eines Darlehens an den Fiskus in der Höhe von 3000 ungarischen Gulden unterhandelt wurde.25 Interessanter scheint dagegen ein bisher nicht besprochenes Schriftstück, welches den Kampf der Erben um den Besitz der Herrschaft Güns20 beleuchtet: es ist dies ein erst kürzlidi zum Vorschein gekommenes, sprachlich recht unbeholfenes Gesuch des jüngeren Nikolaus an Kaiser Karl V,27 worin er sich unter Erinnerung an die Verdienste seines vor zwei Jahren verstorbenen Vetters (diese Zeitangabe ist etwas ungenau) in demütigstem Tone darüber beklagt, dag ihm und seinem Vetter Hans die Herrschaft Güns abgenommen worden sei, weshalb er um ein Empfehlungsschreiben des Kaisers an dessen Bruder, König Ferdinand, bittet. Dieser Bitte hat Karl V tatsächlidi durch eine „Fürschrift", ddo. Rothenburg a. d. Tauber, 7. Dezember 1546, entsprochen. Fürwahr ein schmerzlicher Nachklang an die kaum verwichene Zeit, da der berühmte Verteidiger von Güns diese Stadt stolz sein Eigen nennen durfte! 1538 April 21, Prag. 1 Juritschitz Bestallung über die oberist Veldha übt m anschafft der fünff niederösterreichischen L an n de. Wir Ferdinand etc. Bekhennen, als wir hievor den edln unnsern lieben getrewen Niclass Juritschitz Freyherrn zu Günss, unnsern Rat und Camrcr, zu obristem Veldthaubtman unnsrer fünff niderösterreidiischen und der windischen Lannde bestellt unnd aufgenomben, so haben wir unns doch yetzo von newen ainer Bestallung der öberisten Veldthaubtmansehafft halben unnsrer fünff niderösterreidiischen Lannde mit ime verglichen. Also wann wir oder unnser Lanndtsehafften ainen Veldtzug in oder aus unnsern niderösterreidiischen Lannden mitsambt denselben unnsern Lanndtsehafften oder anndern unnserm Kriegsfolgkh zu thuen fürnemen, das er sidi dann auf unnser Erforderung als öbrister Veldthaubtman berürter unnser niderösterreidiischen Lannde an die Ort, dahin es von Nötn sein wirdet, wider menigclich, niemanndt ausgenomen, gehorsamlich und guetwillig brauchen lassen soll, unnsern und unsrer Lanndt unnd Leute Nuz, Eer unnd Pesstes treulichen bedenckhen, ratn und fürdern, Schaden unnd Naehtaill warnnen unnd fürkummen nadi seinem höchsten Verstanndt und Vermügen, wie unnser genedig Vertrawen zu im steet. Unnd auf solhe Bestallung haben 24 Wiener Staatsarchiv, Hofkammerbuch 12, Fol. 13'. 25 Ebenda, Reichsregisterbuch Ferdinands I, 7, Fol. 123. 28 Vgl. Csergheö, Ungarische Revue 1887 S. 462-463. 27 Wiener Staatsarchiv, Abt. Hungarica. - Die Mitteilung dieses Stückes verdanke ich Herrn Hofrat Arpad von Kärolyi. wir ime zu Diennst unnd Wartgelt für alles jarlidi zwayhundert Gulden reinisdi, in Müntz zu raiten, aus unnserm Hofzalmaisterambt raichen und bezallen ze lassen bestimbt unnd bewilligt. Unnd wann er aber auf unnser Erforderung in das Veldt mit den Lannden unnd unnserm zugeordentem Kriegsfolckh zu ziehen besdiiden und gebraucht wirdet, so solle ime nadi-volgunde Bestallung angeen: nemlieh auf sein Person zwayhundert Gulden reinisdi für Tafflgelt, item auf sedizehen gerüsste Pherdt, auf yedes zehen Gulden, auf vier Trumetter ain yeden zweliff Gulden, adit Trabannten ycden acht Gulden, zwen Wägen unnd bey aincm yeden vier Wagenpherdt, auf ain Pherdt fünff Gulden, ain Caplan zehen Gulden unnd ain Tul-metsdien auch zehen Gulden, alles reinisdi in Müntz, thuet fünfhundert zwenunddreissig Gulden reinisdi monatlich, durch unnsern verordenten Kriegszalmaister bezallt werden unnd das Wartgelt der zwayhundert Gulden mitler Zeit solhes Veldtzugs still steen. Das alles wir ime durch unnser sonnder Bevelh zu bezallen verordnen wellen. Unnd wann wir sein Person in solher obristen Veldthaubtmansdiaft veränndern wolten oder sonnst zu hallten lennger nit von Nöten war, so wellen wir ime das alzeit ain Quottcmber zuvor verkhünden. Dergleichen wo ime solhe Veldthaubtman-sdiafft lennger zu verwesen aus eehafften Ursachen ungelegen oder er Krannckhait halben nit lennger dabey beleiben oder diennen möchte, solle er unns des auch ain Quottcmber zuvor anzaigen. Ongeverdc mit Urkhundt dits Briefs. Geben Prag am xxi Tag Apprillis anno etc. im xxxviii. Eingetragen im Hofkammerbuch (Hs. suppl. 384 des k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsardiivs in Wien) Bd. 3, fol. 45' —4(5. 1538 April 24, Prag. Niclasen Juritschitz Bestallung über die Lanndshaubtmanschafft in C r a i n. Wir Ferdinandt etc. Bekhennen offenlidi mit dem Brieve, das wir den edln unnsern lieben getrewen Niclasen Juritsdiitz Freyherrn zu Gynns, unnsern Rat, Camrer und obristen Veldthaubtman unnserer fünff nider-österreidiisdien Lannde, in Ansehung seiner Redlidiait unnd Sehicklidiait, darinn wir ine bisheer erkhendt, unnd aus sondern Gnaden, so wir zu ime tragen, zu unnserm Lanndshaubtnian in Crain aufgenomen unnd bestellt haben. Thuen das auch hiemit wissentlich und in Chrafft diz Briefs also: das er von dem ersten Tag negstkhunfftigs Monats May an ze raiten hinfüran biss auf unnser Wolgefallen unnser Lanndshaubtnian in Crain sein, durch ein ersame unnser Lanndtschaft daselbst unnd sonnst von menigclidi darfür gehalten unnd geert werden [solle]. Weihern Ambt er audi nach seinem pessten Verstandt und Vermügen treulich unnd vleissig vorsein, unnsern und gemaines Lannds Nutz unnd Frummen fürdern, Schaden unnd Naditaill warnen und wennden und alles annders handln, thuen unnd lassen solle, das ain getrewer Lanndshaubtnian seinem Herrn unnd gemainem Lanndt zu thun sdiuldig ist. Er solle auch khain lutherische noch annder new verfürlich Secten in seiner Verwaltung berürter Lanndshaubtmanschafft in Crain bey Vermeydung unnserer Ungnad unnd Straff nicht gestattn, noch gedulden, sonnder, wo aine oder mer Personnen selbiger Secten anhengig befunden, gegen der oder denselben vermüg unserer ausgangen Generali mit Straff verfarn. Wo ime aber hierinn idites zu swär fürfiell, unns desselben berichten, so wollen wir yederzeit darinn nach Gelegenhait nottürfftige Einsehung unnd Verordnung thuen. Unnd wann gemelter Juritsdiitz aines Veldtzugs oder annderer eraischennder eehafften Notturfftcn halben ain Zeitlang aus unnserm Lanndt Crain abwessenlidi sein muesste, soll er vor seinem Wegtzug die Lanndshaubt-mansdiafft mit ainem tauglichen Verwalter besetzen unnd versehen, der alles das wie obensteet unnd hernach begriffen wirdet (als er Juritschitz selbst, wo er gegenwurtig were) zu thun schuldig nachkhumen unnd geloben, unnd unns denselben Verwalter anzaigen. Wir wellen auch gemelten Freyherrn zu Günns als unnserm Lanndshaubtnian in Crain insonderhait hiemit eingepunden unnd aufgelegt haben, unnsere krabatisdien Ortflegkhen gegen dem Türkhen nach seinem pessten Verstanndt unnd Vermügen in gueter Fürsehung unnd Warnung ze halten, also, wo ain eillenndt Not fürfiell, das solhe Fleckhen vor Uberfall unnd der Veindt Eroberung verhüet werden. Was ime aber darinn zu swär sein unnd, solhes an unns gelanngen zu lassen, die Eill erleiden wollte, das solle er unns albegen zeitlich unnd förderlich beriditen, darauf wir alsdann Beschaid geben unnd notdürfftige Verordnung thuen wollen. Unnd damit er solh Ambt unnd Bevelh dest statlicher verrichten unnd demselben vor sein müge, so haben wir ime unnser Sloss Laybach zu seiner Wohnung mitsambt dem Einkhumen unnd Zuestennden, wie solhs Hanns Catzianner als negstgewesner unnser Lanndshaubtnian genossen und innengehabt (doch unnserm Vitzthumb in Crain zwen Visdier auf der Saw unnd zwen Vischer auf der Laybach vorbehalten unnd ausserhalb des hundertisten Ochsen von den frembten unnd aus-lenndischen Kaufleuten, so vormalls in die Haubtmanschafft gehört - welhes gemelter Catzianer audi nit gehabt hat unnd geen Görtz eingenomen wirdet, dafür wir gemeltem unnserm Lanndshaubtnian zwayhundert Gulden reinisdi aus den Gefeilen unnscrs Vitzthumbambt in Crain oder aus der Urbarsteuer, so daselbst angslagen wirdet, jerlich raichen zelassen) unnd auch noch über das alles für Haubtmanbesoldung adithundert Gulden reinisdi aus unnserm Aufslag zu Laybach audi järlieh zu bezallen hiemit bewilligt. Weihes alles wie obsteet ime auch riditigclich unnd an Irrung geraicht unnd bezallt werden solle. Doch solle gemelter Juritschiz Freyherr etc. von bestimbter Besoldung unnd Zuestanndt unnsern Lanndver-weser in Crain, wer der yederzeit sein wirdet, versolden auch unnser Sehloss Laybach nottürfftigclich bewarn, dasselb wesenlidi unnd unwüestlidi innenhallten, unnser Obrigkhait, Herligkhait, Gerechtigkhait unnd Gwaltsam zu solhem Sloss unnd der Haubtmanschafft gehörig vesstigclich hanndthaben unnd unns dy nit entziehen lassen nodi das selbst auch nit thuen. Was im aber yezuzeiten zu swär sein würde, dasselb alzeit an unns oder unnser Stathalter, Regenndtn und Chamerräte der niderösterreidiischen Lannde gelanngen lassen, auch unnsere Underthanen bey iren Freyhaiten, alten Heerkhomen unnd Gewonhaiten hanndthaben, beleiben lassen und sy darüber nicht dringen noch beschwern, auch gleiche Gericht halten gegen dem Armen als dem Reichen unnd dem Reichen als dem Armen, auch berürts unnser Sloss Laybach unns und unnsern Erben zu allen unnsern Geschafften und Notturfften offen halten, unns unnd die unnsern, so wir darzue schaffen, so off t das Not thuen unnd begert wirdet, darein, daraus und darinn enthallten lassen, wider menigcliche nyemandts ausgenomen, doch auf unnser selbst Cossten unnd on iren sondern Sdiaden. Sy sollen auch aus demselben unnserm Sloss und der Lannds-haubtmansdiafft on unnser sonnder Erlauben unnd Bevelh khainen Krieg, Vehde noch Angriff thuen, nodi sich gegen den Veindtn ob wir die yezu-zeiten haben würden damit befriden noch ainidi fridlich Anstanndt an-nemben in kainerlay Weisse inmassen unnd das alles wie obsteet mer-gemelter Freyherr zu Günns gelobt unnd gesworn unnd sich des insonder-hait gegen unns verschriben hat. Wo sidi aber ain solhe Kriegsnott zuetragen also das über die gewondlich Behuet unnsers Sloss Laybach ain merere Besetzung zu thun von Nötten sein würde, dieselb merere Be-sezung solle nadi Gelegenhait der Notturft auf unnsere Cossten bescheen. Ongeverlich mit Urkhundt diz Brieffs. Geben Prag am xxiiii den Tag Apprillis anno etc. im xxxviii. Eingetragen im Hofkammerbuch (Hs. suppl. 384 des k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien), Bd. 3, fol. 43' - 44'. Das Stragenwesen in Krain im 18. Jahrh. Nach den Beständen des Musealarchivs in Laibach bearbeitet von Dr. Josef Ivanic Das Land Krain war seit jeher ein wichtiger Faktor im Verkehre zwischen dem Meere und dem weiteren Inlande. Schon zu Beginn des ersten christlichen Jahrhunderts zog eine römische Heerstraße von Aquileja durdi das Wippachtal über das Emporium Nauportus (Oberlaibach) weiter in der Richtung gegen Celeia und zu den Donauprovinzen. Bald um diese Zeit bestand jedenfalls auch eine sekundäre Verbindung aus Tergeste über Präwald-Landol nach Oberlaibach, also ungefähr in der Richtung der späteren Hauptkommerzialstrafje Kaiser Karl VI. Es kamen dann andere Zeiten. Der Schauplag der Gesdüchte wurde über Mitteleuropa und in der Richtung zur Nord- und Ostsee erweitert, wodurch die östlichen und nördlidien Adrialänder allmählich in den Hintergrund traten. Damit schwand auch die Bedeutung dieser Länder für den Verkehr, weshalb die römische Heerstrage derart vernachlässigt wurde, dag sich nur Spuren derselben im Mittelalter erhalten haben. Erst die Bildung der österreichisdi- ungarischen Monarchie brachte in die nördlidien Adrialänder regeres Leben und dadurch die alten Wegspuren zu grögerer Geltung. Um den Verkehr der innerösterreichischen Länder mit dem Meere zu heben, lieg Erzherzog-Karl im Jahre 1576 die bereits vorhandenen Wege verbessern und neue anlegen. Auger der vom Erzherzog Karl unter Mitwirkung der Görzer Stände über den Predil nach Tarvis angelegten Kommerzial-strage hatte das ganze Stragenneg von Görz, Triest und Fiume nach den Erblanden seinen Brennpunkt in Laibach. In ihrer Sorge um diese Stragen zeigten die österreichischen Herrscher das Bestreben, den Handel vom Adriatischen Meere direkt durdi die Erblande zu lenken und dadurch mit der Beherrscherin des Meeres, der stolzen venetianischen Republik, die auf sorgfältig gepflegten Stragen über Pontafel und Bozen für ihre überseeischen Handelswaren lebhaften Abflug unterhielt, zu rivalisieren. So wurde allmählich für die grogzügige Handelsaktion Kaiser Karl VI die Grundlage gesdiaffen. Am Anfang des 18. Jahrhunderts bestanden in Krain folgende Verkehrswege: a. von Görz aus die auf den Spuren der alten Römerstrage vom Erzherzog Karl durch den Birnbaumer Wald angelegte Strage; b. von Triest aus der Weg über Bazovica und Präwald sowie ein anderer holperiger Weg von dem berühmten Pferdemarkte S. Giovanni in Duino quer über den Karst ebenfalls nach Präwald ;1 c. von Fiume aus ein kaum fahrbarer Weg über Škalnica-Dornegg nadi Oberlaibach; d. in der Richtung gegen Kärnten die Strage über Würzen nach Villach sowie über den vom Erzherzog Karl in den Jahren 1569 und 1570 mittelst eines Tunnels wegsam gemachten Loibel nach Klagenfurt; e. in der Riditung nach Graz und Wien die Strage über Podpeč-St. Oswald-Trojana-Franz. Dieser war der Hauptzweig und bildete in seiner Verlängerung nach Triest die Riditschnur für die groge Kommerzialstrage Kaiser Karl VI, den Gegenstand besonderer Fürsorge der österreichischen Herrscher des 18. Jahrhunderts. 1 cfr. S. Rutar in den Mitteilungen des Museal Vereins 1890. Diese Stragen waren zu Beginn des 18. Jahrhunderts keineswegs in gutem Zustand; sie genügten offenbar für den damaligen kargen Verkehr, welchen fast ausschließlich der krainische Untertan auf ein-und zweispännigen engen Karren und auf Saumtieren vermittelte. Wichtiger wurden die krainisdien Stragen während des Spanischen Erbfolgekrieges für das in Italien operierende kaiserliche Heer, weshalb sich der damalige General-Proviantkommissär von Sartori zur Drohung hinreigen lieg, dag er über die gräßliche Vernachlässigung der Wege dem Kaiser Anzeige erstatten werde. Der Mauteinnehmer in Alben, Franz Georg von Morschonitsch, beriditet unterm 12. Juni 1702 an den Landeshauptmann in Krain, Grafen Franz Anton Lanthieri, daß die Strecke von Oberlaibach bis Triest jahrelang nicht ausgebessert wurde und verspridit die baldige Einsendung eines Verzeichnisses der landvizedomischen und anderen Mautinhaber, denen ganz oder teilweise die Reparierung oblag. Streckenweise wurde nun tatsächlich eine Reparation zu militärischen Zwecken, so von Adelsberg und Landol nach Präwald vorgenommen, wonadi der Straßenkommissär Franz von Kreuzberg bei der innerösterreidiischen Hofkammer um eine Remuneration für seine besondere Leistung einschritt. Der eigentliche tedinische Ausbau der krainisdien Verkehrsstraßen steht jedoch mit den Vorbereitungen zu der im Jahre 1719 erfolgten Erklärung der Städte Triest und Fiume zu Freihäfen und mit den späteren vielfadien Privilegierungen derselben, somit mit der Begründung des österreidiischen Seehandels in ursächlichem Zusammenhange. Während das Straßenpatent Kaiser Karl VI vom Jahre 1724 für Niederösterreich als Zweck der Anlegung von Straßen die Beförderung des Handels, die Bequemlichkeit der Untertanen, den Nußen der Städte, Märkte und Mauten, die Verhinderung von „Rauf- und Schlägereien" angibt, ging die in zahlreichen Patenten dieses Herrschers betreffs der Kommerzialstraßen zur Adria ausgesprochene Absicht noch weiter; auf diesen sollte im Sinne der damals allgemein verbreiteten merkantilistischen Ansdiauungen in möglichst großem Maße fremdes Geld eingeführt, die Einkünfte des Staates vermehrt und die Bevölkerung reich und glücklich gemadit werden. Um diesen Absdinitt in der Geschichte des krainisdien Straßenwesens in eine möglichst übersichtliche Darstellung zu bringen, empfiehlt es sich, in demselben zwei Perioden zu unterscheiden, und zwar: I. die Periode der ständisdien Leitung des Straßenwesens (1717 bis 1747) und II. die Periode der Verpaditung (von 1751 an), während die Zeit von 1747 bis 1751 einen Ausnahmszustand einsdiließt und den Übergang von der einen Periode in die andere unmittelbar einleitet. I. Periode (1717 bis 1747). Wenn den Ständen in Kärnten rühmend nachgesagt wird, daß sie der kaiserlichen Resolution vom Jahre 1712 gemäß mit der Regulierung der Straßen sofort angefangen und dieselben im ganzen Lande für zweispännige Wägen „ohne merkliche Belastung des Ärars" gleidi nadi 1717 hergestellt haben, so dürfte dies kaum im Sinne der in den kaiserlidien Patenten vom Jahre 1717 an gemeinten Kommerzialstraßen aufzufassen sein, da sich eben daselbst bis in das dritte Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts hinein die Inhaber der engen Achsenwagen mit der Ausrede weigern, dieselben abzustellen, weil die Strafjen „noch nicht hergestellt seien". Es handelte sich offenbar um eine Verbesserung der Straßen, nicht aber um deren Adaptierung zu kommerziellen Zwecken. Tatsache ist aber dennoch, daß in Kärnten stets bessere Straßen vorhanden waren als in Krain, und daß in Steiermark das Straßenwerk viel früher und ohne so unerfreulidie sozialökonomische Erscheinungen durchgeführt wurde als in Krain. Es wäre unbillig, die ganze Schuld an der langsamen Regulierung der krainisdien Kommerzialstraßen und an den infolgedessen bis in das sechste Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts anhaltenden Klagen und Beschwerden den krainisdien Ständen allein zusdireiben zu wollen. Die krainisdien Stände betrachteten zwar auch wie die Stände anderer Länder jede von ihnen verlangte Leistung, somit audi die Straßenaufwände als drückende Last, und weil sie gewohnt waren, überall der Regierung gegenüber die eigenen Vorteile in den Vordergrund zu rücken, suchten sie auch beim Straßenwerke die an sie gestellten Forderungen möglidist abzuschwädien und anderseits die gemaditen Leistungen mit siditlidier Überhebung zu betonen. Billiger und gerediter ist es jedenfalls, die Schuld der langen Wegmisere in Krain dem System überhaupt, mit weldiem man zu Werke ging, sowie den besonderen Terrainschwierigkeiten an einzelnen Strecken zuzuweisen. Während beispielsweise in Steiermark aus den Straßengefällen und anderen Beiträgen allmählich ein Straßenbaufonds gebildet und dessen Höhe nadi vollendetem Straßenwerke auf über 400.000 fl.2 geschaßt wurde, ferner aus diesem Baufonds die Arbeiter jeder Kategorie entlohnt wurden, hatte man in Krain vom Anfang an an dem Prinzip der unbesoldeten Landesrobot und der Mautdistrikte unausgeseßt festgehalten. Indem nämlich einerseits von den krainisdien Landständen die Beistellung der Robot verlangt wurde, mußten anderseits die Inhaber der kameralischen, " Der rheinische Gulden = 60 Kreuzer. Carnlola 1908 III u. IV ständischen und privatherrschaftlichen Mauten die Reparationsarbeiten im eigenen Mautdistrikte entweder selbst durchführen (bis zum Jahre 1726 durchwegs) oder gegen einen jährlichen Beitrag durch die Wegdirektion vornehmen lassen. Dieser Standpunkt war übrigens nicht neu. Sdion Erzherzog Karl operierte mit Hilfe der Stände und der Robot. Das Patent des Erzherzogs Ferdinand vom 17. Mai 1617 und jenes Kaiser Leopold I vom 14. August 1684 halten an dem Grundsätze der Einteilung in Mautdistrikte fest und bestimmen ferner, daß dort, wo kein Mautdistrikt vorhanden war, die Gemeinde und die am Wege liegenden Jurisdicenten die Wegreparation vornehmen sollen. Diese Anschauung vertreten auch die kaiserlichen Resolutionen vom 14. und 30. März 1716 an die krainisdien Stände und parzellieren demnach die kommerzielle Adaptierung der krainisdien Straßen unter vier konkurrenzpflichtige Parteien: unter die Hofkammer, die Mitteldinggefälle, die Privatmautinhaber und unter die Gemeinden und Jurisdicenten an mautdistriktlosen Strecken. Darnach oblag in dieser Zeit die Erweiterung der Straße von der steirisdien Grenze, von Franz weiter über den Trojanaberg bis auf Podpeč, also bis zur Save, der innerösterreichischen Hofkammer aus der in Franz und Podpeč eingenommenen Wegmaut. Da ferner die innerösterreichische Hofkammer die Wassermaut und die Aufschlagsgefälle in Laibach sowie die Wegmaut in Oberlaibach und Alben innehatte, wurde ihr audi die Instandsetzung des fast ungangbaren Weges von Laibach nach Oberlaibach und weiter über Oberloitsch bis Alben (Planina) samt den Brücken zugeteilt. Für die Strecke von Alben bis Präwald hatte die Landschaft aufzukommen. Der Fürst Portiasdien Herrschaft Senožeč oblag als Mautinhaberin die Reparierung und Instandhaltung der Straße von Präwald gegen das Triester Gebiet, ferner aus demselben Grunde der Fürst Portiasdien Herrschaft Premb sowie der Graf Petazzischen Herrschaft Schwarzenegg die Adaptierung der Strecke gegen Fiume. Von den beiden Strafienzweigen gegen Kärnten war die Strecke Laibach bis Würzen, beziehungsweise bis Neumarktl, der Landschaft, jene hingegen von Würzen an die Höhe des Krainberges und von Neumarktl an die Höhe des Loibel der innerösterreichischen Hofkammer zugewiesen. Nadidem diese Einteilung fixiert worden war, wurden mit kaiser-lidier Resolution vom 26. September 1716 an den Landeshauptmann in Krain, Grafen Johann Kaspar Cobenzl, die konkurrenzpflichtigen Parteien zu einer „Hauptkonferenz" nach Laibach behufs genauerer Detaillierung und Feststellung weiterer Modalitäten eingeladen und gleichzeitig angewiesen, die Beschlüsse dem Kaiser vorzulegen und ferner von Monat zu Monat über das Geschehene zu beriditen. Zu den Beratungen dieser Konferenz steht jedenfalls das kaiserliche Patent vom 17. Juni 1719 in Beziehung. Es betont nämlich die Einhaltung der Mautdistrikte und normiert die Art und Weise, wie die Parteien zum Strafjenwerke zu konkurrieren hatten. Darnach hatte die Landschaft Robot beizustellen, die Mautinhaber hingegen die Werkzeuge, Pulver und Meisterschaften (Professionisten), also die Barauslagen zu bestreiten. Wo die Maut- und Urbargefälle zur Wegreparation nidit ausreichten oder wo kein Mautdistrikt vorhanden war, sollten die anliegenden Gemeinden und Jurisdicenten hiezu behilflich sein. Es scheint jedodi noch keine genügende Einigkeit vorhanden gewesen zu sein, da das allerdings kollektiv gehaltene und an die Hauptleute in Kärnten, Krain, Görz, in Triest und Fiume geriditete Patent vom 15. Mai 1720 nicht bloß eine neuerliche Aufzählung der Mautdistrikte und der konkurrenzpflichtigen Kommunitäten und Jurisdicenten, sondern auch die genaue Bezeichnung der Grenzen derselben an Dörfern, Brücken, Marksteinen und Häusern verlangt und befiehlt, daß bei strittigen Strecken unverzüglich im Kommissionswege der Tatbestand festgestellt und dann das ganze sdiriftliche Operat dem Kaiser zur Sanktion vorgelegt werde. Die vorgenommene Revision ergab im großen und ganzen die frühere Einteilung der Mautdistrikte, die noch im Jahre 1725 als „alte Observanz" bezeichnet wurde, nur traf ferner der Ausbau der Stredce Alben-Adelsberg-Präwald neben der Stredce Alben-Landol-Präwald die Landsdiaft auf Grund der Mitteldinggefälle zu Landol und zu Adelsberg sowie der Wegmaut zu Adelsberg. Ferner hatte die Landschaft die Strecke von Adelsberg gegen Dornegg bis zur Brüdie unterhalb Rakitnik, von da weiter gegen Škalnica die Herrsdiaft Premb zu reparieren. Dem Grafen Petazzi wurde wegen der Maut zu Rupa und Corgnale die weitere Strecke von Škalnica gegen Fiume und von der krainisdien, Grenze am Berge Gabrig bis zur Triester Grenze bei Bazovica zugewiesen. Übrigens war die Verteilung der Distrikte auf der Stredte Adelsberg-Fiume infolge von Gültenübertragungen sehr schwankend. Bis zum Jahre 1726 war die Leitung und Verwaltung der Arbeiten in den kameralischen Distrikten von jener in den landschaft-lidien getrennt, weshalb auch die Berichte der kameralischen Straßen-kommissäre, die von der Hauptkommission in Graz abhingen, an den Vizedom, jene der landschaftlichen an den Landeshauptmann gerichtet wurden. Dieses System bewährte sich jedodi nidit. Das langsame Fortschreiten des Straßenwerkes, die häufigen Robot-Renitenzfälle 12* und die heftigen Streitigkeiten unter den konkurrenzpflichtigen Parteien veranlagten die Regierung, größere Einheitlichkeit in der Leitung des ganzen Stragenwerkes durchzuführen. So kam es, dag der Kaiser im Jahre 1726 dem krainisdien Landeshauptmann, welcher bis damals blog als oberster Weginspektor fungierte, die Leitung über den ganzen Straßenbau übertrug und ihn zum „Ober-Weg-Reparations- und Conservations-Director" im ganzen Lande bis inklusive Fiume ernannte. Auch die kameralischen Straßendistrikte im Lande wurden ihm zugeteilt und das Laibacher Obersdilagamt angewiesen, die von den kameralischen Straßenkommissären ausgestellten und vom Ober-Wegdirektor vidimierten Rechnungen zu begleichen. Der Ober-Wegdirektor teilte nun im Einvernehmen mit der Landschaft das ganze Land in Reparationsdistrikte; die Anzahl derselben wechselte und betrug im Jahre 1729 zweiundsiebzig, in der Übergangsperiode von 1747 bis 1751 bloß zwölf. Auch einheitliche untergeordnete Aufsichtsbehörden wurden organisiert, zu denen die Straßenkommissäre, die Wegmeister und die Straßenschreiber gehörten. Das Institut der Straßenkommissäre war bereits am Anfang des 18. Jahrhunderts vorhanden, während jenes der Straßenmeister mit kaiserlichem Patent vom 17. Juni 1719 und jenes der Stragenschreiber von der Landschaft robothalber im Jahre 1724 eingeführt wurde. Alle diese Funktionäre unterstanden nun in organischer Angliederung dem Ober-Wegdirektor und wurde von ihm grögtenteils aus den Stragengefällen besoldet. Die Stragenkommissäre, auch Strageninspektoren genannt, hatten die Stredten ihres Rayons periodisch zu besichtigen, über die Beschaffenheit derselben der Ober-Wegdirektion zu berichten und die erhaltenen Weisungen durchzuführen. Da es ihrer früher wegen der getrennten Verwaltung mehrere gab, wurde die alte Einteilung vorläufig bis zum Jahre 1729, in welchem die Stragen in Konser-vation übernommen wurden, beibehalten, um dann einem einzelnen, dem früheren kameralischen Stragenkommissär in Oberkrain, Bonaventura von Werttenthal, Platz zu madien. Von diesen Straßeninspektoren sind die der Robot zugeteilt gewesenen Arbeitsleiter, die ab und zu auch Kommissäre genannt wurden und einen beschränkteren Wirkungskreis hatten, zu unterscheiden. Die Wegmeister („Wegmacher" im Patent vom 17. Juni 1719) bestanden bis zum Jahre 1729 nur in kameralischen Distrikten, waren von Dorf zu Dorf aufgestellt und hatten alle Samstage ihre Strecken zu visitieren und kleinere Verbesserungen selbständig vorzunehmen. Später, nach der Einführung der Reparationsdistrikte, wurden sie besser organisiert und direkt dem Straßenkommissär unterstellt. Als sie im Jahre 1729 auch in den landschaftlichen Reparationsdistrikten eingeführt wurden, gab es deren im ganzen Lande 72, wovon 21 auf die kameralischen, 43 auf die landschaftlichen und acht auf die Privatmautdistrikte entfielen. Sie bezogen einen fixen Gehalt, weldier je nach der Größe des Distriktes zwischen 14 und 36 fl. schwankte, in vierteljährigen Raten und hafteten damit für jede verschuldete Unordnung. Damit sie von ihrer Verpflichtung nicht abgelenkt werden und zu Hause bleiben, war den Grundherrschaften verboten, sie anderweitig zu beschäftigen. Das Amt eines Straßenmeisters war kein beneidenswertes, nicht so sehr wegen der geringen Besoldung, als vielmehr deshalb, weil man bei aufgekommenen Mängeln auf der Straße (und deren gab es viele) die Verantwortung mit Vorliebe auf sie zu wälzen pflegte, weshalb sie häufig auch vor die Ober-Wegdirektion zitiert wurden. Der größere Aufschwung des Verkehres bradite ihnen ferner oft sehr unliebsame Begegnungen mit den Fuhrleuten, wozu namentlich die Nichtbeachtung der Vorschriften über den Sperrschuh Anlaß gab. Die Institution der Straßenmeister hat sidi bis zur Verpachtung der Straßen unverändert erhalten. Während die Einführung der Straßeninspektoren und der Straßenmeister eine rasche Ausführung der erlassenen Aufträge sowie eine genaue Kontrolle über die Beschaffenheit der Straßen ermöglichte, bezweckte die Institution der Straßensdireiber eine möglichst große Ausnützung der jeweiligen bei der Straßenarbeit tätigen Kräfte. Die Hauptaufgabe der Straßensdireiber bestand nämlidi darin, die Meisterschaft und die Robot zu beständigem Fleiß anzuhalten. Sie mußten ferner Personalregister führen, die Robotausstände notieren und die sogenannten Wodienausstandzettel den herrschaftlichen Parteien, beziehungsweise dem Landeshauptmann, zustellen. Es war ihnen deshalb strenge verboten, unter was immer für einem Vorwande statt der Robot Geld oder Geldeswert anzunehmen oder mit irgend jemand zu paktieren; aus eben diesem Grunde durften sie weder Pferde halten noch mit Pferden Robotfuhren leisten. Sie mußten endlich ein genaues Verzeichnis der Straßenwerkzeuge führen, die Übernahme derselben mit ihrer Unterschrift bestätigen und für dieselben haften. Die beschädigten Werkzeuge waren monatweise unter Beilage einer genauen stückweisen Detaillierung nach Laibach zur Reparatur einzusenden. Nur kleinere Reparaturen durften an Ort und Stelle durdi kundige Schmiede vorgenommen werden; den Ausweis darüber sollte ein „Geistlicher oder sonst ehrlicher Mann" mitunterschreiben. Die Straßenschreiber wurden beim Dienstantritt beeidet und unterstanden dem Straßeninspektor. Ihre Besoldung war mit 34 kr. pro Tag festgesetzt. Die genaue Verteilung von Rechten und Pflichten der Konkurrenten, ferner die einheitliche Organisation der Strafjenbehörden waren imstande, den Anschein zu erwecken, daß das Straßenwerk rasch und gründlich werde durdigeführt werden. Die Tatsachen entsprachen jedoch nicht der Erwartung. Das Werk, welches nadi allen Regeln der damaligen Straßentechnik zustande gebracht werden sollte, stellte namhafte Anforderungen an alle Beteiligten und hatte anderseits mit vielfachen Schwierigkeiten und Hindernissen zu kämpfen. Vor allem war es die Geldfrage. Beim Ausbau der krainisdien Kommerzialstraßen war man außer der Robot fast ausschließlich auf die Straßengefälle angewiesen, einen sicheren Fonds gab es nicht. Bis zum Jahre 1726 bestritten direkt die Mautinhaber die Auslagen für ihre Distrikte, seitdem geschah es durch die Straßendirektion. Diese Unkosten waren nicht gering. Die Besoldung der vielen Funktionäre, der Straßenkommissäre, der Straßenmeister, Straßensdireiber, ferner die Liedlöhne der Professionisten (Maurer 18 kr. pro Tag, Poliere 30 kr. pro Tag usw.), die Beschaffung der Werkzeuge, des Pulvers u. dgl. verursachten bedeutende jährlidie Auslagen. Die Hofkammer allein beziffert beispielsweise ihre Beiträge innerhalb zweier Jahre (vom 1. Mai 1726 bis Ende Oktober 1728) auf 15.111 fl. 28 kr.; ihre Ausgaben für die Straße über den Morast, für die Brücken im Lande, für die Straße über den Krainberg betrugen in dieser ersten Periode viele Tausend Gulden. Bei aller Dringlidikeit des Straßenwerkes ließ sich übrigens die Hofkammer mandnnal auch von anderen Interessen beeinflussen. Als z. B. im Jahre 1730 die Landschaft für die Strecke von Laibadi nach Oberlaibach bereits die Robot bewilligt hatte und die Hofkammer sidi entschließen sollte, für die Barauslagen zu sorgen, trug sie ungeachtet der großen Wichtigkeit dieser Landstraße für die Kavallerie große Bedenken, weil dadurdi die Wassermaut3 gefährdet werden würde. Die Landschaft ihrerseits berechnete unter beständigen Klagen über Mangel an Geldmitteln ihre Barauslagen vom Jahre 1719 bis 1729 mit 84.968 fl., dazu extra für 190 Zentner Pulver (ä 40 fl.) 7600 fl.; ferner vom Jahre 1729 bis 1737 für die Konservation 11.505 fl. und für die Straßenmeister 12.484 fl., zusammen vom Jahre 1719 bis 1737 auf 116.557 fl. Schlimmer stand es mit den Distrikten des Fürsten Portia und des Grafen Petazzi. Diese beiden hatten ihre Gefälle in Bestand gegeben und kümmerten sich wenig um die Straßen. Die Bestand- 3 Diese betrug jährlich an 3000 fl., dazu kamen noch beträchtliche Einnahmen von den vom Oberschlagamt in Laibach erhaltenen vier großen Transportschiffen, inhaber hingegen pflegten die Reparationsunkosten zu hoch anzuschlagen und weigerten sich, die Arbeit überhaupt in Angriff zu nehmen. So hatten Daniel Garzarolli, Pächter der Herrschaft Premb, und Josef Jurschinovitsch, Pächter der Herrschaft Senožeč;, bis zum Jahre 1723 jede Reparation in ihren Mautdistrikten verweigert; nach vielfacher vergeblicher Intervention der Behörden mußte man endlidi zur Exekution schreiten, damit die Straßen repariert werden. Im Jahre 1728 mußte dem Jurschinovitsch mit einer Strafe von 100 Dukaten in Gold gedroht werden, damit er die Straße in seinem Distrikt repariere. Ebenso nachlässig war audi der Fürst Portiasche Päditer gegen Fiume Daniel von Lazarini. — Graf Petazzi hatte seine Maut in Corgnale an Johann Mucha, jene in Rupa an Zuane Iffsehitsdi verpachtet. Audi bei diesen war die Exekution notwendig, und als es sich herausstellte, dag diese mit Beschlag belegten Mauten unzulänglich waren, mugte den Ständen die Errichtung von Wegsdiranken zu Oberlaibach und Dornegg bewilligt werden. Die Landschaft hatte augerdem ihre Mitteldinggefälle in Adelsberg und Landol, ferner eine Wegmaut zu Adelsberg und seit 1724 den Brüdtenpfennig an der in Podpeč auf eigene Unkosten errichteten Brücke. Die Stände klagten aber noch immer über Mangel an Mitteln. Als ihnen im Jahre 1735 nodi drei Wegschranken (je eine gegen Steiermark, Kärnten und Triest) unter der Bedingung bewilligt wurden, dag die Untertanen davon gänzlich eximiert werden und dag der Handelsverkehr möglichst wenig darunter leide, proponierte die landschaftliche Konferenz nodi mehrere und verlangte von jedem beladenen Wagen 32 Groschen ohne Rücksicht auf die schon bisher laut gewordenen Rekriminationen gegen das für den Handelsverkehr so lästige und sdiädliche Sdirankenunwesen. Diese erneuerten Forderungen deutete die Regierung auf Mangel von Opferwilligkeit und wollte auf die Bitten der Stände auch dann nicht eingehen, als diese entsdilossen waren, alle drei neuen Sdiranken in Laibadi zu errichten. Dies war übrigens nidit die einzige Veranlassung zu dem allmählich auftaudienden Zwiste mit den Ständen. Bekanntlidi pflegte die Regierung Kaiser Karl VI wegen der beständigen ungünstigen Finanzlage unter anderen auch mit den Ständen der Erblande Kreditoperationen in versdiiedener Form (als Landesdarlehen, als Darlehen auf den Kontributionsfonds, auf die Kameralgefälle u. dgl.)4 einzugehen. Die Realisierung dieser Operationen fand gewöhnlich in Raten statt, wobei die systemisierten kameralischen Beiträge zu Landeszwecken einfach in Abrechnung gebracht wurden. Zögerte die Landschaft mit * cfr. Freiherr v. Mensi: Die Finanzen Österreichs von 1701 1740. der Abführung der Raten, so blieb auch der kameralische Beitrag im Rüdestande. Dies gab zunächst zu buchhalterischen Differenzen Anlaß, welche wiederum nicht ohne Rückwirkung auf das Strafjenwerk blieben. Dazu gesellte sich nodi ein anderer Umstand. Da die ständisdien Ausgaben als ein dem Ärar gemachter Vorschufj, der refundiert werden sollte, galten, hatte das Oberschlagamt in Laibach nicht nur die kameralischen Strafjenausgaben zu prüfen, sondern auch jene der Landschaft. In Ermangelung des kameralisdien Beitrages sträubte sich nun die Landschaft, die Straßenrechnungen vorzulegen. Dies kam in hartnäckiger Weise namentlich, in der ersten Hälfte des dritten und vierten Jahrzehntes dieses Jahrhunderts zum Vorschein und gab zu ernsten Auftritten Anlaß. Als z. B. die Stände für die Jahre 1731 und 1732 keine Rechnungen gelegt und auch die für das Jahr 1733 bewilligten Beträge nicht abgeführt hatten, bemängelte dies der innerösterreichische geheime Rat und weigerte sich, irgend welche Beiträge so lange flüssig zu madien, bis die Landschaft ihre Schuld getilgt, Rechnungen gelegt und Quittungen vorgewiesen haben würde. Dafür machten die innerösterreichischen Räte den Landesverweser und Leiter der Ober-Wegdirektion, Grafen Josef Anton Auersperg, verantwortlich und drohten ihm, daß er bei weiterer Renitenz der Stände selbst exekutiert werden würde. Daß bei solchen Umständen das Amt eines Wegdirektors nicht angenehm war, braucht nicht erst betont zu werden; solche Zustände waren aber auch für das Straßenwerk schädlidi und verlangten energisch nadi Remedur, die im Jahre 1737, wenn auch erfolglos, angebahnt werden sollte. Eine weitere Schwierigkeit boten die häufigen Robotrenitenzfälle, die übrigens gar oft durch ungeredite Verteilung und Verschiebung der Robot sowie durch allzuharte Behandlung des robotleistenden Untertans veranlaßt waren. Die Beischaffung der Robot stand den Landständen zu; ihre Bewilligung erfolgte im Landtage von Fall zu Fall und über Ersuchen des Ober-Wegdirektors. Nadi-dem die Repartierung unter die Herrschaften und Güter vorgenommen worden war, verkündete der Landeshauptmann in seiner doppelten Eigensdiaft beides mittelst Patente, die anfangs in feierlicher Form, später aber nach einem ganz einfachen Formular verfaßt waren. In der Eingangsformel nannte der Landeshauptmann seinen vollen Titel und unter Entbietung des Grußes forderte er die Adressaten auf, zu der genau angegebenen Reparationsarbeit die in der Repartitions-liste festgesetzte Anzahl Handlanger und Fuhren zur bestimmten Zeit und Dauer zu stellen. Am Schlüsse befand sich die gewöhnliche Bekräftigung: „Denn an dem beschicht allerhöchster kaiserlichen Majestät und Ihro löblichen Landschaft ernstlicher Wille und Meinung." Immer häufiger wurde die Sanctio (Androhung von Strafen und Exekution). Das kaiserliche Patent vom Jahre 1719 verlangte ausdrücklich, dafj die Landesrobot abwechslungsweise und nach billiger Einteilung bemessen werde, damit der Untertan hiedurch weder zu hart betroffen, noch in der Einbringung seiner Felderzeugnisse „merklich" gehindert werde. In diesem Sinne lauteten alle späteren kaiserlichen Patente, so lange die Robotpflidit bestand. Überhaupt sollte bei der Strafjenregulierung der Untertan möglichst geschont werden; Steine z.B., Holz und Faschinen sollten nahe an den Strafjen, wo möglich „von gemeinen Hölzern", wo es dem Untertan keinen so empfindlichen Schaden bringt, genommen werden. Und doch wurde die Robot so hart empfunden! Es gibt kaum ein Land, dessen Bevölkerung so viel Robotarbeit auf der Strafte geleistet hätte wie Krain. Es bestand wohl auch anderswo die Verpflichtung zur Strafjenarbeit, in Steiermark geschah dies jedoch gegen Entlohnung, in Niederösterreich z. B. wurden unter anderen auch „valide" Bettler gegen Besoldung herangezogen, in Krain aber mußte der Untertan durdi mehr als 36 Jahre (von 1717 bis 1753) ununterbrochen jahraus, jahrein, den größten Teil des Jahres, ohne die geringste Entlohnung mit Handlangern und Fuhren Robot leisten. Es gab Jahre, in welchen der Untertan die größte und beste Zeit auf der Straße zubringen mußte, während ihm nur eine kleine mittelst Patente publizierte, für ver-sdiiedene Gegenden versdiieden bemessene, 14 bis 30 Tage dauernde Unterbrechung als Schnitt- oder Weinferien gewährt wurde. Für den krainisdien Untertan, namentlich in Innerkrain, war diese langwierige Robot noch halbwegs und insoweit erträglich, als er mit seinem Ochsenwagen als der wichtigste Vermittler des Handelsverkehres von Triest und Fiume doch einen Verdienst hatte; geradezu vernichtend wirkte aber der anhaltende Robotzwang auf den istrianisdien Bauer/' 5 Zur Illustration mögen einige Belege angeführt werden. Auf die Aufforderung im Jahre 1725, Robot nach Krain zu schicken, meldete der Capitano (luogotenente) von Pisino, Josef Anton Diminich, er habe mit Not und Mühe die Untertanen zur Robot veranlaßt; diese werden auch bald erscheinen: „ma mezzi morti, per non aver che mangiare e che portare per loro sostentamento". Also brotlos in der Heimat und brotlos bei der Robotleistung! Ein Jahr darauf, unterm 31. Juli 1726 erging an denselben Capitano folgendes Robotpatent: „Unsern Gruß und guetter Wille zuvor, Edlgestrenger Herr, lieber Freund! Das ist in der röm. kais. Majestät, unseres Allergnädigsten Herrn und Erblandesfürsten Namben, dann von Landeshauptmann in Krain, wie auch Die Härte, mit welcher die Robot gehandhabt wurde, war neben der langen Dauer derselben der zweite Grund, weshalb man sie als eine so drüdtende Last empfand, und eben diese Härte gab am häufigsten Anlag zur Renitenz. Zunächst war es die Art der Verteilung, welche den Eindrudt der Ungerechtigkeit erweckte, da oft Herrschaften ausgelassen, anderseits große und kleine Güter ganz gleidi taxiert wurden. Klagen darüber finden sich in dieser ganzen ersten Periode. Ferner geschah häufig die Repartierung ohne Rüdc-sidit auf die Entfernung, wodurch dem Untertan viel Zeitverlust, größere Mühe und Besdiwerden der Reise verursadit wurden. So allda tagenden Praesident und Verordneten Amtswegen unser ganz ernst-lidier Befehl an Eudi hiemit, daß ihr alsobald bei Erhaltung dieses, die Euch zu geben betreffende und der Grafschaft Mitterburg zu repartirte Landstraßen Reparations Robott in mehrer Anzahl als sonst, damit das Verabsäumte erseßt werde, ordentlidi von Wodie zu Woche nach Adelsberg so gewiß absdiicken und solche daselbst den in Sachen geordneten Straßen-reparations Commissario Franz Josef Troyes auf dessen Disposition stellen sollet, als in widrigen gegen Euch mit scharfen Eingehen fürge-gangen werden solle. Darnach ihr euch zu richten. Denn etc. Datum." Der Capitano erließ nun einen entsprechenden Aufruf an die Orts-župane und begleitete dann unter 7. Juni 1726 ein Denkschreiben der Untertanen an den Landeshauptmann mit folgenden Worten ein: „Non ho mancato far eorrere rintimazione per la riparazione delle strade nel Cragno, come graziosamente dali' Ecc. Va mi fü commandato ut A, ma da quelle communitä mi fü poretto il qui annesso memoriale, quall all' Ecca Va umilio sub B et se bene io quäle sono nel loco comprendo le calamitä dei medemi, non ostante se quelle descrivessi in questo foglio, sarei forse stimato parziale, quando per veritä posso dirlo, che Ii megliori sudditi del contado giä mesi sono, non hanno che porre in bocca a causa che l'anno passato tre volte ha tempestato Ii grani e vini che, se detti casali non sarebbero stati agiutati con grani per sostentare la vita, moltissimi sarebbero morti di fame; ne alli medemi s' b dato quanto domandovano, ma quanto si poteva per non lasciarli perire, con tutto die dallc sudditi miserabili mai si haveva il pagamento. Io informo l'Ecea Va con tutta la ingenuitä et postposta qualsi sia affezione, giadie al presente maggior numero di questi sudditi fuori del paese di quello se ne ritrovano nel contado, essendo una fame universale tanto nell' Istria imperiale die Veneta. Mentre Ii sudditi Veneti ancora ricorrono a questi casali, prendendo grani a credito, per Ii quali fanno sigurtä Ii nostri, et quelli poi che non ardiscono piü venire domandar grani, per essere molto debitori, pigliano Ii speghi di segalle ed orzi, che a pena hanno terminato a fiorire, e quelli seccano nelli forni, poi pestano e si mantengono vivi, defraudondo con cio le dccime al Padrone, dalli quali quest' anno ne avrä pochissimo tanto piü, die seguita la siccitä, che non so come quest' wurden z. B. im Jahre 1728 die Grundherrschaften und Dörfer von Gottschee aufgefordert, Robot ins Castuanische zu senden; die Bewohner aus Inneristrien wurden seit Beginn der Strafjenregulierung periodisdi auf die Stredten Präwald-Loitsch und Adelsberg-Fiume entsendet. Die Renitenz sowohl der Herrsdiaften als auch der Untertanen kam zunächst in der Weise zum Vorschein, dafj sie arbeitsunfähige Kinder und Frauen zur Robot stellten. Als dann die Robotpatente dies ausdrüdc-lich verboten und starke und erwachsene Männer verlangten, wuchs die Zahl der Ausständler trotz der harten Strafen, wie Verdoppelung der versäumten Tage oder das Relutum von 17 kr. für Handlanger und inverno prossimo potran susistere, se Iddio non manda presto una pioggia. Io non dico d'avantaggio, na mi sottometterö sempre con ubbi-dienza quanto ulteriormente poträ essermi commandato da Va Ecca." Infolge dieser Vorstellung wurde zuvor die Robot vom Mai bis Juli suspendiert und den Istrianern dafür die Weisung gegeben, in größerer Anzahl zu erscheinen. Im Jahre 1728 meldeten die Bewohner von Gimino, daß sie infolge großer Sterblichkeit, die daselbst in einem Jahre mehr als 100 Personen hingerafft hatte, nidit mehr als 100 Mann absenden können und baten um Nachsicht von Robotrückständen. „Non fa mestieri", sagt der Capitano, „di rappresentare all' Ecca Va le miserie di questo povero popolo, perche gia sarä informato e tanto piü, che 1' entrata pendente e cosi tenua e scarsa, che non servirä per allimento per Ii poveri sudditi ne meno per medio anno", und erklärt die Bittsteller: „incapaci di far alcun pagamento". Hauptmann Diminich war wegen der beständigen Robotforderung derart verdrossen, daß er im Jahre 1730 in einem ungewöhnlich scharfen Ton an den Landeshauptmann in Krain klagte, wie in den vielen Jahren dem Distrikt von Pisino allein die Straßenreparation an 60.000 fl. gekostet habe, wovon jene Untertanen gar keinen Nußen hätten; robothalber hätten sie ihre eigene Ökonomie vernadilässigt, vielen sei die Robot Ursache des Todes geworden und viele gehen dem gleichen Schicksal entgegen, wenn die Robot nidit aufhöre. Dazu kommt noch, daß sie auf den Straßen, wo sie sich verblutet haben, zahlen müssen, als ob sie Fremde wären. Von den für Robotrelutum binnen acht Tagen abverlangten 300 fl. habe er mit großer Mühe 206 fl. zusammengebracht, das übrige möge den armen Leuten nachgelassen werden. Die Klagen der Istrianer wurden indes immer häufiger. Die Bewohner von Gallignana, Lindaro und anderer Ortsdiaften brachten eine Beschwerdeschrift vor, die fast unglaublich klingt; es wäre übrigens genug, wenn bloß der Kern derselben der Wahrheit entspräche. Sie erzählen, wie sie auf Robot nach Innerkrain gekommen und sich dem Straßenschreiber Lorenz Mikulitsch vorgestellt hätten. Dieser habe sie in den Fiumaner Distrikt geschadet, weil er sie nicht benötige. Der Schreiber im Distrikt von Fiume, Matthias Kramar, wollte sie indes auch nicht aufnehmen, 34 kr. für die Fuhr pro Tag. Wie hart die Strafe des Relutums war, kann man daraus entnehmen, daß z. B. nodi im sechsten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts die guten Arbeitslöhne in Triest, die gar nicht höher waren, gerühmt wurden. Bei Renitenz der Herrschaften vermittelte die Ober-Wegdirektion über Anzeige des Straßenschreibers; weigerte sich aber der Untertan, so mußte der Grundherr das Relutum prästieren und hatte das Redit, den Untertan zu pfänden und sidi zu regressieren. Wieviel Sdireiberei war bei den häufigen Renitenzfällen notwendig und wieviel dringende Arbeit mußte oft deshalb im Rückstände bleiben! weshalb sie zum Mikulitsdi, zu dem sie ursprünglich bestellt waren, zurückkehrten. Umsonst! Um nidit als Ausständler bestraft zu werden, gingen sie von selbst an die Arbeit, bekamen aber am Ende der Wodie keine Bestätigung über die geleistete Robot und nach einiger Zeit wären sie wirklich gepfändet worden, als ob sie nicht erschienen wären; sie mußten das Vieh verkaufen und zahlen. Unterm 13. März 1740 baten die Bewohner des Distriktes Mitterburg-Pisino, daß sie endlidi von der krainisdien Straßenrobot ein für allemal befreit werden; sie verpfliditeten sieh dafür, die Straße über den Monte Maggiore auszubauen, um dadurch eine Verbindung mit Fiume herzustellen und dorthin lieber als nach der venetianisdien Küste ihre wenigen Produkte transitieren zu können. Eine Antwort bekamen sie erst im Jahre 1742; darnach stehe es ihnen frei, den Weg über den Monte Maggiore zu eröffnen, auf ihre weitere Mitwirkung bei den krainisdien Kommerzialstraßen könne jedoch nidit verzichtet werden. Als sich darauf die Istrianer weigerten, der Robotaufforderung Folge zu leisten, wurden die krainisdien Stände bei der Straßen-Hauptkonferenz in Graz vorstellig, daß man die Straßen in Krain ohne Mithilfe der istrianisdien Robot nidit reparieren könne und daß infolge ihres Ausbleibens das Straßenwerk namentlich zu Dornegg und Škalnica ins Stocken geraten sei. Die Stände bedauerten zugleidi, diese Renitenten wegen Mangel an Militär nidit exekutieren zu können. Die Istrianer verharrten indes in ihrer Renitenz noch im Jahre 1744. Als sie in diesem Jahre neuerdings zur Robotleistung, und zwar zwischen Škalnica und Dornegg, sowie zur Rcluierung der seit drei Jahren rückständigen Robot aufgefordert wurden, erklärten sie durch den Hauptmann von Pisino, Martin de Terzi, sie seien entschlossen, die Strecke zwischen Škalnica und Castua nidit nur zu reparieren, sondern audi dauernd in gutem Zustand zu erhalten, unter der Bedingung jedodi, daß man sie nidit mehr in entferntere Gegenden verschicke und daß man daselbst den ihrer Landessprache kundigen und sonst sachverständigen Matthias Kramar als Wegmeister anstelle und aus dem krainisdien Wegfonds entlohne; sie werden in der übrigen Zeit an der Straße über den Monte Maggiore arbeiten, um so die einzige Verbindung mit den österreichischen Ländern herzustellen. Um das gewonnene Bild von der Härte des Robotzwanges zu vervollständigen, möge noch folgendes angeführt werden. Da die Strafjenwerkzeuge nur für die Meisterschaften beigestellt wurden, mußten die zur Robot Erscheinenden die Werkzeuge selbst mitbringen. Hier standen sie unter fortwährender Aufsicht des Straßensdireibers oder anderer gewöhnlicher und von der Landsdiaft besoldeter Aufseher. Die Arbeiter ohne Untersdiied durften nidit über zwei Stunden im Tage rasten und hatten die Arbeit erst mit Sonnenuntergang zu beschließen. Nur bei starken Regengüssen wurde ihnen gestattet, sich „auf kurze Zeit" unter das schügende Dach (wo eines vorhanden war) zu flüchten, bei „ordinari" Regen mußte sowohl in Steinbrüchen als auch auf der Straße der „alten Ordnung gemäß" gearbeitet werden. Kein Wunder, wenn eine so strenge Arbeit, dazu eine Gratisarbeit, fern vom heimatlichen Herde, unter Vernachlässigung der eigenen Familieninteressen und unter mancherlei Entbehrungen tief verhaßt war. Die Robot jedoch, diese drückende Last der Untertanen, war eine starke Madit in den Händen der Stände gegenüber dem Ober-Wegdirektor und auch der Regierung gegenüber, und als diese leßtere anfing, mit ihren Forderungen an der Gewalt der Stände zu rütteln, da verweigerten sie die weitere Bewilligung derselben. Es ist unleugbar, daß man beim Bau der krainisdien Kommerzialstraßen auch mit großen Terrainschwierigkeiten zu tun hatte. Der Trojanaberg an der steirisdien Grenze gab bis zum Jahre 1751 viel zu schaffen; die über diese Anhöhe führende schöne Straße ist für ein schweres Fuhrwerk noch gegenwärtig eine Plage. Der Laibacher Morast hat ferner Unsummen verschlungen und es darf nicht wundernehmen, wenn im Jahre 1737 die Stände klagen, daß sich auf dieser Strecke der krainisdie Untertan verblutet und seine besten Kräfte in bloßer Flidterei verwendet habe. Noch vor neun Jahren, im Jahre 1728, hatte der Landeshauptmann an die innerösterreichische geh. Stelle berichtet, dieser namentlich für die Kavallerie so wichtige Weg sei so weit hergestellt, daß er bald nicht bloß mit Pferden und kleinen Wägen, sondern auch mit „mittelmäßigen" Wägen werde befahren werden können. Dieses Werk verfiel jedoch, wie denn auch alles, was nicht mit besonderem Fleiß und Sorge gemacht wurde, spurlos im Moraste versank. Die Materialien mußten von weitem zugeführt werden, denn der Stein, der daselbst hie und da mit Hilfe des Pulvers dem Erdboden abgerungen wurde, war unbrauchbar und zerging in Sand. Es wurde deshalb im Jahre 1737 der Plan gefaßt, daß aus der Gegend von St. Anna Granitsteine auf den vier großen Lastschiffen des Laibadier Oberamtes nadi Laibach und von da mittelst Robot an Ort und Stelle befördert werden. Außer dem Trojanaberg und dem Morast verursachten ferner der Loibel und der Krainberg teils infolge der Schneefälle, teils infolge der Wasserstürze viele und beständige Sorgen. Es waren aber auch Schwierigkeiten anderer Art, gegen weldie, und zwar auf bereits fertiggestellten Strecken gekämpft werden mußte. Alte Gewohnheiten können nicht leicht beseitigt werden. So konnte sich audi der krainische Bauer nidit abgewöhnen, Holz und Kohle auf zweirädrigen Schleif wägen zu befördern, ja er pflegte auch Bäume und anderes Gehölz auf den neuangelegten Straßen zu ziehen oder zu sdileifen. Im ganzen dritten Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts mußte gegen diese Unsitte mit schärfsten Mitteln (Arrest, Konfiskation der Zugtiere) gekämpft werden; noch im Jahre 1737 findet sich der Ober-Wegdirektor veranlaßt, Schleifwägen zu verbieten. Einen anderen Feind der Kommerzialstraßen hatte namentlidi Oberkrain. Es waren dies die Änzen0-Wagen, das sind enge, meist zweirädrige Karren mit krummer Achse und mit einer Gabeldeichsel, die sonst hauptsächlich im Gebirge im Gebrauch waren. Von diesen sdimalen Wagen erzählen die Patente und Berichte, daß sie die für weite Wagen mit weitem Geleise angelegten Kommerzialstraßen wegen der ungleichen Verteilung der Last gänzlich durchschneiden, aufwühlen und gleichsam durchackern und „in 14 Tagen bis längstens einem Monat die Straßen so unpraktikabel madicn, als wenn nie eine Erweiterung geschehen wäre". In Innerkrain waren zwar die dort gebräuchlidien zweispännigen Änzen-Wagen nicht gefährlidi, denn sie hatten, wie aus einem Bericht7 vom 23. August 1720 zu entnehmen ist, breite und unbeschlagene Radfelgen und konnten demnadi bloß wegen der engen Adise auf dem steinigen Karstboden keinen großen Sdiaden anrichten, desto gefährlidier waren aber die engen Wagen auf weicherem Terrain und wenn die Räder besdilagen waren. Gegen diese Verkehrsmittel wendete sich schon das kaiser-lidie Patent vom 17. Juni 1719 mit großer Sdiärfe, indem einspännige Änzen bei Strafe der Ausspannung der Pferde an der ersten Mautstation verboten wurden und nur noch bei den kameralischen Salz-, Eisen- und Kohlenfuhren sowie bei Untertanen, die nicht mehr als ein Pferd halten konnten, und zwar nur bis die Straßen durchgehends repariert und erweitert wurden, zu tolerieren waren. Die enge Achse wurde jedoch ausnahmslos in allen innerösterreichisdien Ländern 0 Änz (ans) = der Balken, die Gabeldeichsel. Fr. Schindlers Wb. 7 Gallenbergsches Ardiiv. verboten und für alle Fuhren gleiche Wagenweite zu 5 Fuß 2 Zoll (1 "60 m) vorgeschrieben; zu diesem Zwecke wurde eine Maßschnur an alle Wagner zur strikten Darnachhaltung übermittelt. Das kaiserliche Patent vom 15. Juni 1720 seßte eine Strafe von 1 bis 2 fl. zugunsten des Straßenfonds auf alle Wagen mit engen Achsen und gebot, daß sie bei den Mauten zerbrochen und zerhackt werden; die Änzen-Wagen wollte es noch dulden, bis sie allmählich abgesdiafft werden, wenn die Adise verlängert und nach vorgesdiriebenem Maß eingeriditet wurde. Dies geschah jedoch nicht durchwegs, troßdem die betreffenden Patente wie überhaupt alle widitigen Erlässe an Sonn- und Feiertagen in den Kirchen verlesen und dem Volke in der Landesspradie erklärt werden mußten. Noch im Jahre 1727, ja sogar im Jahre 1740 mußten enge Wagen verboten und die bezüglichen Strafen auf Konfiskation der Pferde und Arretierung des Inhabers verschärft werden.8 Der Sperrschuh wurde audi nicht immer angewendet. Dessen allgemeine Einführung wurde mit kaiserlichem Patent vom 3. Dezember 1735 anbefohlen, als seit dem ersten großen Jahrmarkt in Triest (1730) neben den leiditen krainisdien Bauernfuhren auch schwere Wagen aus Böhmen, Mähren, Schlesien und anderen Gegenden die krainisdien Kommerzialstraßen häufiger durchzogen. Einen anderen Unfug wollte das Patent des Ober-Wegdirektors Grafen Auersperg vom 3. Juli 1737 hintanhalten; es wendete sich nämlich mit aller Schärfe gegen Leute, die von den Äckern Steine auf die Straße werfen, durch lebende oder andere Umzäunung sowie durch Anpflanzung von Bäumen die Straßen schmälern, die Wasserableitung hindern u. dgl. 8 Übrigens könnten diese so oft wiederholten Verbote auch als Zeugnis für den bisherigen schlechten Bau der Straßen angeführt werden. Es ließe sich auch hier das Votum des Referenten der böhmischen und österreichischen Hofkanzlei im Jahre 1763, als zur Schonung der Straßen das Verbot des Jahres 1747, der Überladung nämlich der größeren Frachtwägen, wiederholt werden sollte, anführen; es lautet folgendermaßen: „Obzwar eine schlechte Straße einem schweren Wagen gewiß mehr als ein sdiwerer Wagen der guten Straße sdiaden könne und es natürlidier zu sein scheine, daß der Weg so viel als der Wagen zu tragen imstande sein sollte, so wird es doch nötig sein, den Wegdirektoren jenen Vorwand zu benehmen, auf welchem sie immer sißen, wenn sie ihre Nachlässigkeit in Unterhaltung der Straße sonst nicht zu entschuldigen wissen, als mit dem, daß die schweren Ladungen die Wege zugrunde richten, und so ist die Verordnung zu erneuern, daß kein Wagen mit mehr als 60 Zentner beladen sein sollte." (Hofkammer-Archiv.) Faßt man alle die Hindernisse, die den Bau der krainisdien Kommerzialstraßen vom Anfang an begleiteten, zusammen, so wird man nidit ohne Befremden die Aussage der Stände vernehmen, mit der sie im Jahre 1729 erklärten, daß die Straßen vorsdiriftsmäßig erweitert seien und das Reparationswerk abgesdilossen sei, daß somit die Straßen in Konservation übernommen werden können. Die Straßen sollten doch nicht nur nach Maß erweitert, sondern auch, wo kein harter Boden vorhanden war, mit neugebrochenen und herbeigeführten Steinen fest ausgebaut werden. Dies letztere war eben nicht regelmäßig geschehen, man hatte vielmehr häufig ohne Fundament und ohne genügende Subsistenz für schweres Fuhrwerk gearbeitet. Bei der damaligen Schwerfälligkeit der Behörden, beim Mangel an Barmitteln, bei den großen Opfern, die vom Untertan verlangt wurden, konnte eben ein so gewaltiges Werk nidit gut gedeihen; dies sowie der Drude auf Beschleunigung infolge der Durdireise des Kaisers im Jahre 1728 erzeugte nur Flickwerk und Oberflächlichkeit, so daß die Konservation kostspieliger gestaltet wurde, als der eigentliche angebliche Ausbau selbst. Hätte die Regierung Kaiser Karl VI Mittel gehabt, um die schönen Pläne selbständig durchzuführen, so wäre die Herstellung der kommerziellen Straßen überhaupt auch in Krain rascher und gründlicher und ohne die unsäglidie Belastung des Untertans durchgeführt worden. Das Jahr 1737 brachte einen Wendepunkt in der Geschichte des Ausbaues der krainisdien Kommerzialstraßen und leitet den zweiten Absdinitt der ersten Periode ein. Dieser Abschnitt bietet audi vom verfassungsreditlichen Standpunkte einiges Interesse, weil er den Kampf zwischen der ständischen Privilegierung und der aufwärts strebenden absoluten Staatsgewalt auch auf dem Gebiete des Straßenwesens widerspiegelt. Bis zum Jahre 1737 herrschten noch in der Leitung des wirtschaftlich und kulturell hochbedeutenden krainisdien Straßenwerkes Zustände, weldie die Stände mit Befriedigung hervorheben. Sie erwähnen während der nun folgenden Kämpfe um die verletzte Landesverfassung immer wieder das gute Einvernehmen mit den Landeshauptleuten Cobenzl, Gailenberg und Saurau. Seit 1737 sind sie mit dem Ober-Wegdirektor nicht zufrieden. Nach dem im Jahre 1733 erfolgten Ableben des Landeshauptmannes Grafen Gallenberg war nämlidi Graf Jos. Anton Auersperg Landesverweser und als solcher audi Leiter der Ober-Wegdirektion. Als dann im Jahre 1735 Graf Korbinian Saurau zum Landeshauptmann ernannt wurde, behielt Graf Auersperg den Titel eines Landesverwesers und wurde zugleidi dem neuen Landeshauptmann als Adlatus in der Ober-Wegdirektion beigegeben, da dieser mit verschiedenen anderen Verwaltungsgeschäften überbürdet sei und Graf Auersperg anderseits in Wegsachen bereits eine Übung hatte. Da sich nun im Jahre 1737 die Stände mit den ihnen vor zwei Jahren bewilligten drei neuen Wegschranken nicht begnügen wollten und anderseits die ganze Gebarung mit den Straßengeldern wegen vernachlässigter Rechnungslegung sehr unklar war, da ferner nicht nur die Privatmautinhaber, sondern auch die Hofkammer ihre Beiträge entweder gar nicht oder nur unregelmäßig leisteten und die Straßen infolgedessen schlecht und stredtenweise unbrauchbar geworden waren, entschloß sich die Regierung, die sogenannte steirische Art auch in Krain einzuführen. Graf Auersperg wurde zum Ober-Wegdirektor definitiv .ernannt und somit die Straßendirektion von den Geschäften des Landeshauptmannes exscindiert. Dies bedeutete zwar noch keinen Vorstoß gegen die ständische Verfassung, da der Ober-Wegdirektor an die ständische Konferenz bezüglich der Robotbewilligung und Ernennung von Straßenbeamten gebunden war und Patente im Namen des Ober-Wegdirektors und der Verordneten erlassen werden sollten, er übernahm jedoch die ausschließliche Führung der Kassagebarung und somit auch die Verwaltung der Straßengefälle. Die Stände fühlten sich trotzdem in ihrem Bewußtsein, bisher vieles für die Straßen getan zu haben, gekränkt, wurden mißtrauisch und betrachteten den neuen Ober-Wegdirektor als bloßen Regierungsbeamten, der vor allem die Interessen der Regierung, nicht aber jene des Landes zu wahren und zu vertreten hatte. Dies trat schon im Jahre 1738 zum Vorschein, als Auersperg nach dem Ableben des um die krainisdien Straßen hochverdienten v. Werttenthal einen neuen Straßeninspektor in der Person des k. k. Baurates Lorenz Daniel v. Mollwiz eigenmächtig, „ohne Konferenzbeschluß und ohne Wartung des Landtages", ernannt hatte. Das gespannte Verhältnis charakterisiert auch der Vorgang des Jahres 1742, als der Ober-Wegdirektor eine von der landschaftlichen Konferenz an die Straßenbeamten erlassene Verordnung ohne weiteres kassierte. Im Interesse des gerade damals sehr wichtigen Straßenwerkes suchte die Regierung jeden Konflikt in der Leitung desselben hintanzuhalten und gab demnach die Weisung, daß künftighin alle Straßenangelegenheiten im Sinne der kaiserlichen Verordnungen und der Landesstatuten conferentialiter oder im Landtage behandelt werden und daß weder Verordnete noch der Ober-Wegdirektor eigenmächtig vorgehen dürfen. Die Stände mochten schon früher den langwierigen Bau der krainisdien Kommerzialstraßen als eine große dem Lande auferlegte Last betrachtet haben, bis zum Jahre 1737 hatten sie sich jedoch CnrnlolR V.»W III 11. IV 13 gefügt. Seit diesem Jahre aber bekunden sie offen den Gedanken, dag die mit so grogem Aufwände hergestellten Kommerzialstragen eigentlich nur den Interessen der Regierung dienen, dag das Land wenig Nutzen davon habe und durch deren Bau verarmt sei. Wenn die Regierung auf das Wohl des Landes bedacht gewesen wäre, hätte sie auch für die Anlegung von Seitenstragen Vorkehrungen getroffen und namentlich dafür gesorgt, dag die Unterkrainer Strage, der Weg zur Kornkammer des Landes, ausgebaut werde. Sie fingen deshalb an, sich um die bestehenden Kommerzialstragen weniger zu kümmern und vor allem den Ausbau der Unterkrainer Strage zu verlangen. Die Regierung hingegen hielt an dem Prinzip fest, dag weder Landrobot noch öffentlidie Mittel auf Seitenstragen verwendet werden dürfen und hielt im Jahre 1740 den Ständen vor, dem Ober-Wegdirektor keine Hindernisse zu bereiten; erst wenn die Hauptstragen vollkommen und dauernd repariert sein werden, werde man aus öffentlichen Mitteln und unter Mitwirkung des Ober-Wegdirektors auch zum Bau der Seitenstragen beitragen dürfen. Die Stände ruhten aber nicht und tatsächlich errangen sie im Jahre 1742 insoweit einen Sieg, als ihnen erlaubt wurde, auf eigene Faust und aus eigenen Mitteln die Unterkrainer Strage zu bauen. Bereits im Jahre 1735 hatte der Kaiser an die Stände die Frage gerichtet, ob es nicht zweckmägig wäre, die Landrobot künftighin in Geld statt in natura zu verlangen. Die Stände meinten, ein Teil der Untertanen würde gerne die Robot reluieren, während der weit grögere Teil nicht imstande wäre, es zu tun. Es möge also beim alten bleiben, ohne jedoch den einzelnen zu hindern, bar zu reluieren; für das Relutum wie für die Ausstände müssen jedoch die bisherigen Ansätze von 34 kr. pro Fuhr und 17 kr. pro Handlanger zugunsten des Reparationsfonds aufrecht erhalten werden. Auch gegen die angeregte Frage der Verpachtung äugerten sich damals die Stände, höchstens wären sie für die Verpachtung einzelner Distrikte; einem einzelnen Unternehmer, wenn er sich überhaupt melden würde, das ganze Land anzuvertrauen, hätten die Stände groge Bedenken. So sprachen die Stände vor dem Jahre 1737, also solange sie die Verwaltung in den Händen hatten. Nach dem Jahre 1737 reden sie anders und führen eine Sprache, die nur Mitleid kennt mit dem „armen" Untertan. Dies pagte der Regierung um so weniger, als die Mängel der voreiligen Reparationsarbeit immer mehr zum Vorsdiein kamen und auch die Folgen der Streitigkeiten mit dem Ärar nicht ausblieben. Hiezu kam, dag sich der Verkehr aus Triest und Fiume immer lebhafter gestaltete und im Jahre 1741 der Rücktransport der Maroden von der italienischen Kriegsmacht sowie des ganzen Kriegsmaterials über Triest durch Krain bewerkstelligt wurde. Zu dieser größeren Inanspruchnahme der Kommerzialstraßen gesellten sich noch regnerisdie Herbste und Viehseuchen. Das Bild, weldies um diese Zeit der Straßenkommissär in Oberkrain v. Mollwitz und jener in Innerkrain Baron Neuhaus von den krainischen Kommerzialstraßen entwerfen, war kein erfreuliches. Ganze Strecken waren wegen schlechter Bauanlage ruiniert. Die ausgehobene Robot und die aufgestellte Meisterschaft wurden größtenteils von den bereits erwähnten Anhöhen an der steirischen und kärntnerischen Grenze in Anspruch genommen. Dazu kamen noch viele Robotausstände. Bloß Innerkrain erweist im Jahre 1739 an vier Reparationsstrecken (Loitsch, Präwald-Adelsberg, Präwald-Senozec und gegen Fiume) einen Ausstand von 758 Fuhren und 2701 Handlangern, daneben die Herrschaft Tybein (Graf Thum) allein 190 Fuhren, 1045 Handlanger; im Jahre 1740 dieselben 1309 Fuhren und 10.682 Handlanger, welche Ausstände einen Reluitionswert von ungefähr 5500 fl. darstellten. Ohne die Nebenabsicht zu verhehlen, dem verarmten Untertan zu helfen, stellte Baron Neuhaus wohl angesichts der schlechten Beschaffenheit der Straßen den Antrag, daß die schweren „deutschen" Wagen abgeschafft, in Laibach eine Niederlage errichtet und von dort aus die Waren mit kleinen Bauernwägen befördert werden. Dieser traurige Zustand der krainischen Kommerzialstraßen ver-anlaßte die Kaiserin, im Jahre 1743 die dringende Frage an die Stände zu richten, wann denn endlich die Verpachtung des Straßenwerkes durchgeführt werden würde; sie wolle diese Angelegenheit weder fallen noch verziehen lassen. Dieser kaiserliche Befehl kam in einer Zeit, in welcher es zwischen dem nach dem Tode des Grafen Saurau zum Landeshauptmann ernannten Wegdirektor Grafen Auersperg und den Ständen zu einer Annäherung gekommen sein dürfte und wo bereits neue Unregelmäßigkeiten in der Verwaltung der Straßengelder zum Vorsdiein gekommen waren. Auf die Weigerung des Obereinnehmers in Laibach, die Straßenrechnungen zu überprüfen, wurde ein Fremder, der Gegenschreiber zu Franz, Josef Pototsdinigg, damit betraut, und ein Streit zwischen den Ständen und dem Landeshauptmann einerseits und dem Vizedom anderseits über den Vorsiß bei gemeinschaftlichen Zusammenkünften war von der Kaiserin entgegen den kaiserlichen Resolutionen vom 15. Mai und 14. Juni 1738 zugunsten des Vizedoms entschieden. Alle diese Umstände dürften dazu beigetragen haben, daß die Stände am 27. November 1743 die Naturalrobot landtäglich deprezierten, ohne betreffs des Ersaßes in Geld irgend welche Erklärung abzugeben. Als nun im März des folgenden Jahres die Kaiserin verlangte, dag die Frage bezüglidi der Reluierung der Robot neuerdings dem Landtage vorgelegt werde, begnügten sich die Stände im Wege der Verordnetenstelle, die Robot einfach zu verweigern. Erst die innerösterreichisdie geh. Stelle brachte die Stände zur klaren Aussprache. Diese hielt den Ständen energisch vor, dag die Angelegenheit nicht im Wege der Verordneten, sondern im Landtage zu verhandeln sei; es liege ferner im Interesse des Landes, bei den herrschenden Umständen die Robot nicht zu verweigern, auger wenn die Stände mit einem jährlidien Geldbeitrag, dessen Höhe aber unverzüglich anzugeben wäre, aufkommen. Geschehe dies nicht, so werde die Regierung zu anderen Mitteln greifen und Fonds in Mitleidensdiaft ziehen, unbekümmert darum, ob es den Ständen angenehm sei oder nicht. Diese Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht. Unterm 1. August 1744 gingen zwei Berichte nach Graz sowie eine Deputation nach Wien ab. In dem einen der Berichte stellte die in dieser Zeit wegen des dringenden Stragenwerkes ins Leben gerufene Stragen-Hof-kommission im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann an die Hauptkonferenz in Graz den Antrag, dag im Interesse des Ärars, der besseren Reparierung der Wege und zum Vorteile des Untertans, der durch die Robot so viel in Anspruch genommen wurde, die ganze Wegoperation der Landschaft unter der Direktion des Landeshauptmannes übergeben und cum onere et commodo (auf Verlust und Gewinn) anvertraut werde. Viel klarer als die Hofkommission sprachen die Stände in ihrem Berichte an die innerösterreichische geh. Stelle sowie durch Deputierte an das kaiserliche Hoflager. Sie hätten, sagten sie, die Robot nur bis zur Erweiterung und Fertigstellung der Kommerzialstragen bewilligt; indes habe diese beständig von Jahr zu Jahr bis spät in den Winter prästiert werden müssen. Sie haben um Befreiung von der Landrobot sowohl in natura als auch im Geldrelutum depreziert, da sie den gänzlich verarmten Untertan oder dessen Huben mit einem weiteren onus nidit belasten können, nachdem er bereits seit 1717 die Landrobot gratis geleistet habe. Sie, die Stände, seien auch nicht in der Lage, zur Stragenreparation ferner beizutragen. Vom Jahre 1719 bis 1737, also bis zur Übernahme der Stragen durch die Oberdirektion und bis zur Schrankenaufstellung, hätten sie auger der Landrobot aus eigenem 116.557 fl. bar ausgelegt. Über diesen Betrag hinaus könne die Landschaft wegen stets wachsender Kontribution, Vorspann-, Rekrutenstellung u. dgl. nichts mehr für die Kommerzialstragen beitragen, auch kein „aequivalens pecuniale" für Robot leisten. Hätte man in Krain vom Anfang an die steirische Art eingeführt, so wären die Strafjen viel früher in guten Zustand gesefjt worden und der Untertan hätte Gelegenheit gehabt, sich bei der Strafjenarbeit etwas zu verdienen, so sei er in die größte Armut geraten. Die Stände geben zu, daß sich die Kommerzialstraßen in sdilechtem Zustand befinden, schuld daran seien jedoch die nicht zulänglichen Mittel. Bei ihnen fehle es nicht an gutem Willen; es sei eben von der Ober-Wegdirektion und der Hofkommission mit Zustimmung der Stände ein Aufschlagtarif nach steirisdiem Muster sowie ein Projekt zu dem Zwecke ausgearbeitet worden, damit das Straßenwerk ohne weitere Belastung des Ärars durchgeführt und die Straßen beständig in gutem Zustand erhalten werden können. Die Stände bitten, daß beides genehmigt und ihnen, beziehungsweise der jeweiligen Konferenz, unter der Oberdirektion des Landeshauptmannes die Straßen sowie alle Straßengefälle ständig überlassen werden; sie werden ohne größere als die im Projekt angegebene Belastung der Huben die Handlanger und Fuhren entlohnen und den etwaigen Überschuß der Einnahmen zur Deckung der Schulden aus der bisherigen Straßenarbeit verwenden. Das erwähnte Projekt war vom Landesbuchhalter Leopold von Rosten ausgearbeitet. Darnach wären die Dorfschaften zu verhalten, den angrenzenden Distrikt gegen eine Entlohnung zu konservieren, die beiläufig ein Drittel des bisherigen Robotstrafrelutums gleich käme. Bauern, die weit wohnen, müßten mit 1 fl. 36 kr. pro Hube zugunsten derjenigen, welche den Distrikt zu konservieren haben, konkurrieren. Jeder Distrikt würde mit Straßenzeug und Eisenwerk versorgt werden und bekäme je einen Kommissär, der alle Wochen den ganzen Distrikt begehen, kleinere Gebrechen sofort reparieren, gründliche Arbeiten aber im Frühjahr vornehmen lassen müßte. Wenn man das Projekt mit obiger Äußerung der Stände in Zusammenhang bringt, ersieht man, wohin die Stände gravitieren. Das ganze Straßenwerk samt den Gefällen sollte ein Monopol der Stände werden; die Robot sollte in gemilderter Form beibehalten werden und dies alles ohne weitere Bürgschaft für die Straßen als bisher. Es lag demnach nahe, daß die Regierung nach der bisher gemachten Erfahrung auf die Vorschläge der Stände nicht eingehen konnte. Der Standpunkt der Regierung fand in der kaiserlichen Verordnung vom 10. Juli 1745 deutlichen Ausdruck. Die Kaiserin sei nicht abgeneigt, das Straßenwerk der ständischen Konferenz unter der Oberdirektion des Landeshauptmannes anzuvertrauen, dies jedoch in der Weise, daß die Robot gänzlich aufgehoben und die Straßen in Bestand gegeben werden. Dies leßtere müßte, da ein Pächter allein für das ganze Werk nicht zu finden wäre, an mehrere Parteien erfolgen, und zwar möglichst an solche, die daran interessiert sind, wie anliegende Gemeinden, Herrsdiaften, Fuhrleute, Postmeister u. dgl.; diese würden sich als Anwohner mit einem geringeren Betrag zufriedenstellen. Die Kaiserin hält aber auch den Ständen vor, daß die ohne besonderen Fonds zum Ruhme und Nußen des Landes erweiterten Straßen derart verfallen seien, daß sie gründlidi hergestellt werden müssen; in den leßten Jahren sei nichts geschehen, nicht einmal die Seitengräben seien offen gehalten worden. Den Wegmeistern sei in drei Jahren nichts bezahlt worden, obwohl die Mautgefälle erwiesenermaßen 7363 fl. jährlich betragen haben, ohne die kameralischen, Portiaschen und Petazzischen Beiträge zu erwähnen und troßdem die Landrobot bis zum Ruin des Untertans mißbraucht wurde. Falls alle diese Gefälle und Beiträge zur notwendigen gründlichen Reparation nicht ausreichen, könnten auf 1 oder 2 Jahre 5 Groschen auf die Hube aufgelegt werden; dies würde der Untertan mit Rüdesicht auf die zukünftige Befreiung von der Robot gerne leisten; billig sei es aber auch, daß die Landschaft, wie jene in Steiermark und Kärnten, jährlich etwas beitrage. Zur Erleichterung der Last wäre es vielleicht zweckmäßig, den Fürsten Portia, Grafen Petazzi und die Stadt Triest zu verhalten, daß sie unter angemessener Oberaufsicht ihre Distrikte selbst reparieren. Dies alles sollen die Stände beherzigen und unverzüglich ans Werk schreiten, widrigenfalls werde die Kaiserin veranlaßt sein, die Interimal-Direktion dem Franz Karl von Leuchtenberg zu übergeben. Indes sei demnächst ein Lizitationstag auszuschreiben, damit ersehen werden könne, wie hoch sich die distriktweise Verpachtung belaufen würde; bis dahin sollen alle Straßendistrikte gegen Triest, Kärnten und Steiermark auf die Klafter ausgemessen und beschrieben werden, ob repariert und wie, ob und wie weit sumpfig, steinig, gebirgig, wie weit die Materialien herzuholen, ob und wie viele Brücken nötig seien u. dgl. Infolge dieses kaiserlichen Entgegenkommens wurde der 22. November als Lizitationstag bestimmt und öffentlich bekanntgegeben. Es erschienen nur wenige Personen und auch Anträge0 waren in sehr 0 Der Postmeister in Wippadi z. B., Peter Anton Abramsperg, machte sich erbötig, den Distrikt Präwald-Haidenschaft um 1000 fl. zu reparieren und dann um jährliche 800 fl. zu konservieren; der landesfürstliche Baumeister in Triest Johann Fusconi verlangte für die Reparation in den Distrikten Triest-Oberlaibach und Adelsberg-Sapiane 45.000 fl. und für deren Konservation 6500 fl. jährlich. geringer Anzahl eingelaufen. Angesichts dieser schwachen Beteiligung wurde für den 14. Dezember desselben Jahres eine abermalige Lizitationstagsaßung anberaumt. Obwohl auch diesmal die Beteiligung sehr schwach war, erging dennoch an die Stände der Auftrag, die eingelaufenen Projekte zu prüfen und unterdessen die Reparation nach altem System fortzusetzen. Es vergingen neun Monate, ohne daß es „bei aller Mühe der unter Praesidio des Landeshauptmannes stehenden Conferenz" gelungen wäre, eine Verpachtung zu erzielen. Es geschah aber auch nichts für die Straßen; ausreichende Reparationen wurden nicht vorgenommen, so daß sich auch die benachbarten Länder unausgeseßt über die krainischen Straßen beschwerten. Die Versuche der Regierung seit dem Jahre 1737 erwiesen sich also als erfolglos. Damit nun dem Übel abgeholfen und die Straßenreparation nach den Intentionen der Kaiserin besorgt werde, war es an der Zeit, daß energische Mittel, die den Ständen bereits angedroht wurden, ergriffen werden. So wurde im Juni des Jahres 1746 der Landeshauptmann Graf Auersperg „wegen vieler wichtiger Amtsgeschäfte von der Bürde der beschwerlichen Kommerzialstraßen-Oberdirektion" entbunden und damit der energische Graf Leopold Lambert betraut und angewiesen, alle Straßenakten und die Kasse zu übernehmen und künftighin alle Straßeneinnahmen gegen Rechnungslegung selbständig zu verwalten. Hievon wurden der Laibacher Stadtmagistrat sowie die Straßenbeamten verständigt. Aus dem Berichte des Oberschreibers Lorenz Mikulitsch, weldier im Sinne des oberwähnten kaiserlichen Erlasses mit der Untersuchung und Beschreibung der krainischen Kommerzialstraßen betraut worden war, sowie aus dem Einblicke in die Akten der Straßenverwaltung ersah Graf Lambert die vielseitige Unordnung, die da geherrscht hatte : mangelhafte Verrechnung der Straßengefälle, Rückstände beim Fürsten Portia, Grafen Petazzi, ja auch im kameralischen Beitrag; ferner die anhaltende Nichtbeachtung der kaiserlichen Resolutionen betreffs der Breite der Straßen, der Gräben, Zäune, Bäume, Sperrschuhe, übermäßiger Ladung u. dgl., woran vielfach die Straßenaufseher schuld waren. Infolge seines Berichtes an die Kaiserin erging nun ein kaiserlicher Erlaß an die Stände, in welchem verlangt wurde, daß die Straßenaufseher wegen ihrer Schuldigkeit zur Verantwortung gezogen werden. Graf Lambert nahm sich nun vor, binnen drei Jahren die Straßen in guten und dauerhaften Zustand zu bringen. Die Kosten dazu veranschlagte er auf rund 30.000 fl. jährlich. Da er von den Schrankengefällen und systemisierten Beiträgen 13.000 fl. erhoffte, wendete er sich betreffs der fehlenden 17.000 fl. im Februar 1747 an die Stände, indem er ihnen auf Grund bereits früher angeregter Pläne zwei Vorschläge unterbreitete. Der eine Vorschlag bezweckte die Beibehaltung der Naturalrobot auf Grund billiger und gerechter Repartierung, und zwar nach Huben. Darnach verlangte er in ganz Ober- und Innerkrain auf drei Jahre pro Jahr und ganze Hube nicht mehr als eine Woche Robot, sei es mit einer Fuhr oder mit zwei Handlangern und gewährte dabei den abseits wohnenden Untertanen die Möglichkeit, die Naturalrobot im Wege der Herrschaften mit 1 fl. 40 kr. pro Jahr in zwei Raten bis Ende März jedes Jahres zu reluieren. Der zweite Vorschlag lautete auf Reluierung nadi Huben so, daß die 13.385 Huben in Ober- und Innerkrain mit 1 fl., die 11.701 dagegen in Unter- und Mittelkrain (mit Rücksicht auf die den Ständen zum Bau der Unterkrainer Straße bereits bewilligte teilweise Ablösung) mit 20 kr. pro Hube reluieren. So hoffte Lambert, die fehlenden 17.000 fl. zusammenzubringen. Bei der Annahme dieses zweiten Vorschlages beabsichtigte er freiwillige Arbeiter anzuwerben und den Handlanger mit 9 kr., die Fuhr dagegen mit 20 kr. zu entlohnen. Diese Anträge des Grafen Lambert hatten indes keinen Erfolg. Damit künftighin das Straßenwerk „durdi die krainisdie Landesverfassung nicht das geringste mehr" verhindert werde, wurde Graf Lambert unterm 1. März 1747 zum Ober-Wegdirektor „cum derogatione aller Landes-Instanzien", somit mit unumschränkter Befugnis ernannt, die Straßenpatente und Robotrepartitionen im Lande zu erlassen und zu vollziehen und die Renitenten ohne Assistenz einer anderen Instanz sowohl zur Prästierung der Naturalrobot als auch zur Abführung des Relutums nötigenfalls auch mit Exekution und Personalarrest zu verhalten. Dabei wurde ihm nahegelegt, in seinem Vorgehen nur den kaiserlichen Dienst und das Interesse des Landes vor Augen zu halten, keinen „casus pro amico" zu machen, niemanden zu verschonen, sondern überall „pro aequitate et justitia" zu verfahren, und wenn „ein oder anderer der potentiores sich hievon zu eximieren versuchen würde, ihn nicht allein zur Befolgung der allerhöchsten Verordnung anzuhalten, sondern der Kaiserin anzuzeigen". Graf Lambert wurde also in seiner Eigenschaft als Ober-Wegdirektor ein rein kaiserlicher Beamter mit besonderen Vollmachten; seine Ernennung wurde den Ständen zu ihrer eigenen Kenntnis und zur Bekanntmachung im Lande mitgeteilt. Die Stände versammelten sich im Landtag und remonstrierten. Die Landesverfassung und die Beibehaltung der rechtmäßigen Instanten sei ein hauptsächlicher Teil der Landesfreiheit. Die Land- robot wäre immer von den Landständen, beziehungsweise von der Verordneten-Stelle abhängig gewesen, die oktroyierte Neuerung müsse den Gülteninhabern um so schwerer fallen, als sie in ihren begründeten Rechten arg geschmälert werden. Die Landeshauptleute Grafen Cobenzl, Gallenberg und Saurau hätten als Ober-Wegdirektoren bei der unverändert gebliebenen Landesverfassung nie Anlag gehabt, der Robot halber sich zu beschweren. Auch habe seit dem Jahre 1737, in welchem Graf Auersperg die Ober-Wegdirektion übernommen, die Robot immer von der Landschaft, beziehungsweise von der landschaftlichen Konferenz ohne „einich wegen derselben entstandenen Irrung oder Beschwerde dependiert". Es sei deshalb billig zu hoffen, dag die Kaiserin die Stände, die sich mit Robot und Geld so viele Verdienste um das Stragenwesen erworben haben, „bei der neuen Wegdirektion nicht betrüben, sondern nach Vorgang Kaiser Friedrichs die Landesverfassung als eine gemeine Gewohnheit nicht aufheben" werde. Die Landstände erkennen, dag die Absichten der Kaiserin auf das allgemeine Wohl gerichtet sind; die Kaiserin habe bei der legten Erbhuldigung die bisherige Leitung gelobt, so möge denn die weitere Reparation und Konservation der Stragen ohne Verstog gegen die Landesverfassung in guter Eintracht bewerkstelligt werden. Auch sei es unklug, dag die Stragendirektion bei den schweren Kriegszeiten gegen den bestürzten und kleinmütigen Untertan mit strenger Exekutionssdiärfe vorgehe, da dieser leidit Haus und Hof verlassen und den Gülteninhabern den leeren Grund zurücklassen könnte. Darum bitten die Landstände, Prälaten, Herren, Ritter, Städte und Märkte, die Kaiserin möge die Instantien-Derogation aufheben und es bei der alten Landesverfassung belassen. Die Kaiserin beachtete indes die Beschwerden der Stände nicht, sondern erlieg mit Rücksicht auf die Ausnahmsstellung des Grafen Lambert an die Kreishauptleute die Aufforderung, dem neuen Wegdirektor, so oft er Arbeitsleute und Fuhren benötigen und nicht genug freiwillige Leute finden könnte, auf schriftliche oder mündliche Anmeldung von den Herrschaften solche zu verschaffen, und zwar gegen einen Taglohn von 9 kr. in Oberkrain und 10 kr. in Innerkrain für den Handlanger, und gegen 18, beziehungsweise 20 kr. für die Fuhr. Der Ausständige soll das Doppelte bezahlen gegen exekutive Einforderung. Die Entlohnung der Arbeiter soll übrigens wöchentlich geschehen; auch sollen die Leute ihre Raststunden haben und dürfen sich nicht überarbeiten; das schwache Vieh dürfe nicht überladen werden; bei weiter Beförderung soll der Weg vergütet werden und denjenigen, die aus wichtiger Ursache nicht persönlich erscheinen können, gestattet sein, sidi vertreten zu lassen. Diese Vorgänge blieben nicht ohne Rückwirkung auf alle Kreise der Gesellschaft. Die große Erregung, welche sich der Gemüter bemächtigt hatte, fand ihren Ausdruck in dem Prozesse, der nun entstand und mehrere Jahre dauerte. Graf Lambert hatte, wie bereits erwähnt, bei der Übernahme der Straßenakten und der Straßenkasse mancherlei Mißstände unter der früheren Direktion aufgedeckt. Nun wurden zunächst gegen den früheren Straßendirektor und Landeshauptmann Grafen Auersperg gar schwere Anschuldigungen erhoben, so daß er bei der Robotrepartierung einzelne „potentiores" gänzlich eximiert hätte, daß er die Professionisten durch mehrere Jahre nidit entlohnt hätte, ja sogar, daß durch seine Schuld die Straßenkasse geschmälert worden wäre. Es muß übrigens gleich hier betont werden, daß bei diesen Anschuldigungen vielfach auch persönliche Animosität gegen den Grafen Auersperg mit im Spiel war. Durdi Patente wurden nun die Leute aufgefordert, ihr Guthaben bei der zur Prüfung dieser Angelegenheit eingeseßten Kommission anzumelden. Es meldeten sich tatsächlich an 155 Ausständler, die einzeln 3 bis 300 fl. beanspruchen zu können vorgaben, so daß die Gesamtschuld an Wegmeister, Maurer, Zimmermeister, Straßenschreiber usw. ursprünglidi auf 10.951 fl. beziffert, später aber auf Grund der beschworenen Aussage der Beteiligten auf rund 6000 fl. richtiggestellt wurde. Graf Auersperg wurde zur Rechtfertigung vorgeladen, sogar nach Wien zur Kaiserin beschieden und sein Gehalt gegen Regreßnahme an den subalternen Beamten zur Hälfte mit Beschlag belegt; er verlangte jedoch eine neue Kommission, da die eingesetzte ihm feindlich gesinnt sei. Dies geschah auch, während indes getrachtet wurde, daß die verdienten Liedlöhne möglichst bald bezahlt würden. Da die vorige Wegarbeit unter ständischer Direktion geschehen und diese für alles mitverantwortlich war, da ferner im ausgewiesenen Domestikalstatus ein zulänglicher Überschuß vorhanden war, wurde von den Ständen verlangt, daß sie oberwähnten Betrag abzüglich der Fürst Portiaschen und Graf Petazzischen Rüdestände per 2784 fl., also den Rest per 3216 fl. bezahlen, und zwar aus dem systemisierten und seit mehreren Jahren ausgebliebenen ständischen Beitrage jähr-lidier 500 fl. Die Regierung drang um so mehr darauf, als sie sich auf einen mit den Ständen gelegentlich der Einwilligung zum Ausbau der Unterkrainer Straße abgeschlossenen Rezeß berufen konnte. Die Stände weigerten sidi jedoch, irgend etwas zu zahlen, da sie den Ausstand weder „causiert noch occasioniert" und auch dazu keinen Fonds hätten. Sie hätten sich zwar verpflichtet, die Unterkrainer Straße zur Verbindung mit Kroatien und mit dem Karlstädter Generalate gegen Exscindierung eines Teiles der Landrobot zu erbauen, das angeführte Strafjenkontingent jährlicher 500 fl. sei aber unter den Rezessualbedingungen gar nicht enthalten, sondern sei auf Konferen-tialantrag für Strafjenkommissäre bestimmt gewesen, seit 1760 auf Bitten der Stände fallen gelassen und seit sieben Jahren in keinem kaiserlichen Erlasse erwähnt worden. Die Stände hätten sich in die Schrankengelder, als die wahren Wegfonds, gar nicht eingemischt. Übrigens habe der neue Wegdirektor teils in der Strafjenkasse bar vorgefunden, teils an Rückständen einkassiert im ganzen 5879 fl., Geld genug also, um die alten Ausstände zu befriedigen. Solche Repliken dauerten lange, bis am 2. Juli 1754 an die Stände das Ultimatum gestellt wurde, bis 5 Uhr nachmittags des folgenden Tages den verlangten Betrag abzuführen, widrigenfalls die landschaftliche Domestikalkasse inventarisiert und dem Zahlamtskontrollor der Repräsentation und Kammer, v. Bottoni, in Administration übergeben werden würde. Dazu kam es vorläufig nicht und die Stände hatten noch am 5. Juli Gelegenheit, gegen die angedrohte Exekution eine Be-schwerdeschrift einzureichen und die Einsetzung einer Kommission zur Überprüfung der vom Grafen Lambert gelegten Rechnungen zu verlangen. Erst als die Repräsentation und Kammer den Ständen den Bescheid zukommen lieg, dag die verlangte Kommission eingesetzt wurde, die Landschaft aber vorläufig zahlen müsse und eventuell gegen Grafen Lambert den Betrag als indebite solutum zurückfordern könne, führten die Stände den verlangten Betrag als Depositum ab. II. Periode Während dieser Verhandlungen, die so viel Staub aufgewirbelt hatten, schritt die Regierung an die Durchführung ihrer seit 1734 häufig geäugerten Wünsche - zur Verpachtung der krainischen Kommerzialstragen. Die Verpachtung hatte sich in anderen Ländern bewährt, sie verursachte am wenigsten Sorgen und bot bei gehöriger Wadisamkeit hinreichende Gewähr für den guten Zustand der Stragen. Dazu glaubte die Kaiserin im Grafen Lambert einen energischen und tatkräftigen Mann gefunden zu haben. Die Bedingungen, unter welchen Graf Lambert die krainischen Kommerzialstragen in Pacht übernahm, waren annehmbar; durch seine Ausnahmsstellung, ferner durdi seine Unabhängigkeit von den Ständen befand er sich in einer viel günstigeren Lage, als irgend einer seiner Vorgänger in der krainischen Wegdirektion. Dazu hatte Graf Lambert einen sicheren Rückhalt in der Regierung und vermodite deshalb manches durch- zusetzen, was unter anderen Umständen kaum geglückt wäre. Graf Lambert hat aber auch das in ihn gesetzte Vertrauen vollauf gerechtfertigt; er schied von den krainischen Stragen nach vollbrachtem Werke, als sie dem Militär anvertraut werden sollten und vollendete seine Laufbahn als Landeshauptmann von Görz und als letzter Präses der im Jahre 1776 aufgehobenen Triester Intendenza. Der Pachtvertrag mit dem Grafen Lambert wurde von der Kaiserin unterm 13. März 1751 sanktioniert. Darin verpflichtete sich Graf Lambert, alle krainischen Kommerzialstragen, wie sie in der Zeit angelegt waren, binnen drei Jahren (bis 1753) in tadellosen Zustand zu bringen und sie dann zu konservieren. Speziell übernahm nodi Graf Lambert die Verpflichtung, einen neuen Weg über den Laibacher Morast sowie über den Trojanaberg anzulegen und ferner zur Umgehung des Unzflusses und des Berges Maškovec eine Strage über die Dörfer Maunitz (Unec) und Laze durchzubrechen. Dafür wurde dem Grafen Lambert die Naturalrobot von den ober- und innerkrainisdien Huben bis 1753 mit der ausdrücklichen Bestimmung belassen, dag mit Ende dieses Jahres die Naturalrobot für den krainisdien Untertan für immer aufzuhören habe und diesem fernerhin jede Arbeit auf der Strage vergütet werden mügte. Für die Dauer des Vertrages wurden ferner dem Grafen Lambert alle Schrankengefälle nach dem bestehenden Tarif zugewiesen, ebenso der jährliche Beitrag der krainischen Banko-Deputation im Ausmage von 1700 fl., sowie der Fürst Portia-sdie Beitrag von 200 fl. und der Graf Petazzisdie von 56 fl. jährlich. Endlich durfte er nadi Fertigstellung der bezüglichen neuen Stragen unter dem Trojanaberge und auf dem Morast gegen Oberlaibadi eine Sdirankenmaut (3 kr. für jedes bespannte Pferd) aufrichten; ferner von den Weinfuhren aus Unter- nach Oberkrain (eine Begünstigung, um die sich die Stände seit 1740 bewarben) das Weggeld abfordern und schlieglidi von jedem Lastwagen auf der Kommerzial-strage vom 1. April bis Mitte November die Aufladung von einer kleinen Menge Steine oder Schotter verlangen, und zwar bei einer Bespannung mit vier Pferden Ys Metzen, bei einer Bespannung mit zwei Pferden Vi Metzen und bei einer Bespannung mit einem Pferd Ys Metzen. Der Vertrag war auf 13 Jahre (bis 1. Jänner 1763) abgeschlossen; der vom Grafen Lambert bei der Stadtbanko-Hauptkasse hinterlegte Betrag von 16.000 fl. hatte als Kaution zu dienen. Der Pächter hatte zwar mit diesem Vertrage eine groge Verantwortung übernommen, er hatte aber auch die Genugtuung, dag die von ihm gestellten Bedingungen angesichts der obwaltenden Verhältnisse ohneweiters angenommen wurden. Graf Lambert war auch nicht mügig. Der Präsident der in den Jahren 1749 und 1752 nadi dem Litorale abgesendeten Hofkommission, Graf Chotek, hebt in seinem Berichte vom Jahre 1752 die angelegentlichste Sorge des Grafen Lambert um die Kommerzialstragen in Krain hervor. Er habe, sagt er, bald nach der Übernahme der Straßenadministration ein neues Stück Weges von Franz bis Oswald (über den Trojana-berg) gemacht und durch die Umgehung dieser größten und gefährlichsten Anhöhe den Fuhrleuten eine wesentliche Erleichterung verschafft ; ferner habe er durdi Instandsegung eines sicheren und guten Weges über den sonst ungangbaren Morast den Verkehr zwischen Laibach und Oberlaibach um eine halbe Stunde verkürzt. Nun werde für das Fortkommen in Krain weniger Vorspann gebraucht, ja es wäre gar keiner notwendig, „wenn nicht die Fuhr- und Postbeförderer aus Vorteil und Eigennuß solchen den Leuten aufzudringen sidi anmaßten". Graf Chotek bezeidinet diese Leistungen als ein „neues Probestück der Graf Lambertsdien Gesdiicklidikeit im Wegmachen". Auch den Seitenweg von Planina nach Loitsch hat Lambert vertragsmäßig hergestellt. Dieser Weg entsprach einem lang gefühlten Bedürfnis. Es gab nämlich dort zwei große Verkehrshindernisse: den Unzfluß10 und den „hudi klanec" über den Maškovec. Der Unzfluß pflegte auf der Kommerzialstraße bei Planina, und zwar auf der dem Grafen Cobenzl gehörigen Herrschaft Haasberg, die herumliegenden kesseiförmigen Täler zu überschwemmen, die Straßen zu ruinieren und dadurch Fracht- und Postfuhren oft tagelang aufzuhalten. Die beständigen Klagen und Beschwerden der Fuhrleute bradite die Triester Intendenza bereits in der Sißung der Hofkommission des Jahres 1749 in Anregung, ohne zu verhehlen, daß von den Fuhrleuten der Grund zur häufigen Anschwellung der Unz den Beamten der Herrsdiaft 10 Bereits im Jahre 1717 und 1720 hatte der landschaftliche Straßenkommissär, der spätere innerösterreichisdie Hofkammerrat und Verfasser des Werkes: „Gründliche Nadiricht von dem in Innerkrain gelegenen Cirknizer See, Laibach 1758", Franz Anton von Steinberg, das Vizedomamt und die Hofkammer auf die Gefahr des Unzflusses und die Notwendigkeit eines Weges über Mauniß nach Adelsberg aufmerksam gemacht. Gelegentlidi der bevorstehenden Kaiserreise im Jahre 1728 hatte wiederum die inner-österreidiisdie Hofkammer den Wunsch geäußert, daß daselbst zur Verhinderung einer eventuellen Verzögerung der Reise eine Anzahl Schiffe bereitgehalten oder aber die oberhalb des Schlosses Haasberg über den Berg gehende Straße gangbar gemacht werde. Der Landeshauptmann meinte darauf, daß diese Straße nicht vor 1 l/, Jahren und nicht unter 1000 fl. repariert werden könnte; er machte deshalb den Vorschlag, daß im Falle einer Überschwemmung des Unzflusses von Oberlaibach aus, wo der Kaiser übernachten sollte, Schiffe auf Wägen dahin transportiert werden. Haasberg zugeschrieben werde, angeblich um den teueren Überfuhrlohn an sich zu ziehen. Auf die Vorstellung der Hofkommission erging dann sowohl im Wege der Intendenza als auch durch die krainische Repräsentation und Kammer an die Herrschaft Haasberg unter Androhung von Strafen der Auftrag, die Abflüsse („Seelöcher") des Unzflusses periodisdi zu säubern und offenzuhalten. Unter dem Eindrucke dieser Verhandlungen wurde Graf Lambert vertragsmäßig verpflichtet, zur Umgehung dieses Hindernisses sowie jenes weiter über den „hudi klanec" einen Seitenweg zu bauen. Graf Lambert hat denn auch wirklich eine neue, um 900 Klafter längere, aber bequemere Straße über Mauniß und Laze angelegt. Diese neue Straße hatte den Vorteil, daß sie meist in der Ebene lief und einen einzigen Hügel hatte, den man jedoch fast ohne Sperrung der Räder und bei nicht schwer beladenem Wagen ohne Vorspann befahren konnte. Infolge einer lebhaften Diskussion, die dann die Behörden in Wien, Laibach und Triest beschäftigte, ob beide Straßen zu behalten oder ob zur Ersparung zweifacher Reparationskosten der alte Weg über Planina, obwohl kürzer und wegen besserer Unterkunft angenehmer, gänzlich aufzulassen wäre, entschied man sich dahin, daß die alte Kommerzialstraße von Loitsch nach Adelsberg über Planina vollständig erhalten, die neue über Mauniß und Laze aber nur als Notstraße bei Überschwemmungen betrachtet werde. Graf Lambert hat dann die Graf Cobenzlsdien Wälder, durch welche die neue Straße zog, auf beiden Seiten zur Sicherheit gegen die darin häufig auflauernden Räuber gegen eine dem Grafen Cobenzl naditräglich erwirkte Entschädigung von 700 fl. aushauen sowie die Durchfahrt in einigen Ortschaften für die schweren Lastwagen bequemer machen lassen. So hat Lambert auch diese Vertragsbestimmung erfüllt und die dafür angeseßte Entschädigung von 4000 fl. erhalten. Während so die Verdienste des Grafen Lambert von der Hofkommission gerühmt wurden, fand seine Tätigkeit nicht denselben ungeteilten Beifall bei den krainischen Ständen. Mit diesen kam er nämlich Ende des Jahres 1753 und namentlich im Jahre 1754 in scharfen Konflikt. Nachdem er mit Ende 1753 kontraktmäßig auf die unbesoldete Robotaushilfe verzichten mußte, wendete er sich unterm 10. Dezember dieses Jahres an den Landtag mit der Bitte, ihm auch nach der Instandseßung der Straßen zu deren Konservation auf drei Jahre gegen billige Besoldung eine Anzahl Fuhren und Handlanger zu bewilligen. Graf Lambert hatte sich nämlich in seinen Berechnungen getäuscht, indem er die Löhne der Arbeiter zu tief (9 kr. für Handlanger und 18 kr. für die Fuhr) angeseßt hatte und erkannte nun, daß er um diesen Lohn freiwillige Arbeiter nicht werde finden können; bei höherer Entlohnung hätten sich Leute genug gemeldet, Lambert wollte aber bei seinen Ansähen bleiben. Sein Ansuchen erregte eine lebhafte Debatte im Landtage; unter heftigen Gegenvorstellungen wurde endlich durch ein Majoritätsvotum die Angelegenheit der landschaftlichen Konferenz überlassen. Entscheidend für diesen Ausgang war eine mittlerweile herabgelangte kaiserliche Resolution (13. Februar 1754), welche im Interesse der Strafjen den Ständen nahelegte, dem Grafen Lambert in Ermangelung freiwilliger Arbeiter und Fuhren solche gegen geringe Entlohnung zu beschaffen. Troß heftiger Proteste im Lande erhielt Lambert auf drei Jahre für die Monate April, Mai und Juni gegen die von ihm beabsichtigte Entlohnung die zwangsweise Beistellung der Leute bewilligt, so daß alle drei Jahre eine Hube durch sechs Tage mit je einer Fuhr oder durch 12 Tage mit einem Handlanger an die Reihe kam. Noch größer war die Aufregung der Stände aus einem andern Anlaß. Graf Lambert hatte sich nämlich an die Kaiserin gewendet mit der Bitte, daß ihm wegen der Aufhebung der unentgeltlichen Naturalrobot sowie wegen der Unzulänglichkeit der Straßenfonds die Einhebung der Schrankenmaut von allen im Lande verkehrenden, also auch von krainischen Pferden, wie es in Österreich und Steiermark üblich war, bewilligt werde. Auf die Kunde davon ging ein wahrer Sturm der Entrüstung durch das ganze Land; die Stände protestierten und beriefen sich auf den Wortlaut des Pachtvertrages. Graf Lambert habe beim Vertragsabschluß die Höhe der Einkünfte der Straßenkasse genau gewußt und habe sich damit bis zum Ablauf des Vertrages, also bis zum Jahre 1763 zufrieden erklärt. Diese Einkünfte haben seither nicht nur keine Einbuße, sondern vielmehr durch die erfolgte Aktivierung der ihm kontraktmäßig in Aussicht gestellten Schrankenmaut unter dem Trojanaberge und auf dem Morast eher eine Vergrößerung erhalten. Das Land Krain müsse vom Wegkreuzer verschont bleiben, da hier die Straßen nicht wie in den Vorlanden aus dem dazu bestimmten Wegfonds mit barem Geld gebaut wurden. Der Protest half jedoch nichts; dem Grafen Lambert wurde die vollste Unter-stüßung der Regierung zuteil, so daß ihm sogar das Lieblingswerk der Stände, die Unterkrainer Straße, im Jahre 1764 anvertraut wurde. Dieses Werk hatten die Stände im Jahre 1750 angefangen und mußten es laut kaiserlichen Auftrages im Jahre 1754 fertigstellen. Die Hofkommission des Jahres 1752, die ihren Weg über Unterkrain und Karlstadt nach Fiume genommen hatte, fand, daß der Weg über Weixelburg, Treffen, Hönigstein und Rudolfswert in „ziemlich fahrbarem Zustand", weiter aber nach Möttling noch „ungemacht und beschwerlich" war. Der Bau geschah vorschußweise aus den Mitteln der Stände und mit Hilfe eines Teiles der Robot. Zu diesem Zwecke wurde den Ständen im Jahre 1752 auch die Errichtung von acht Wegsdiranken, darunter in Weixelburg, Rudolfswert, Möttling, Tscher-nembel und Landstraß bewilligt. Die Robot wurde in Unterkrain längere Zeit in Anspruch genommen; mit Patent z. B. vom 22. Mai 1754 wurden anläßlich der geplanten Reise der Kaiserin nach dem Süden die Unterkrainer Obrigkeiten aufgefordert, anzugeben, wie viel sie an Fuhren und Handlangern auf die nächste Straßenstation zu stellen gedächten. Die Auslagen für diese Straße berechneten die Stände bis zum Jahre 1759 mit 55.453 fl. Als ihnen in den Jahren 1757 bis 1759 von der Regierung 107.838 fl. refundiert wurden, bezogen sie davon 92.847 fl. auf andere Vorschüsse, so daß sie im Jahre 1759 nach Abrechnung der eingehobenen Schrankengefälle noch ein Guthaben von 39.333 fl. angaben. Nach dem Beispiel der krainischen Kommerzialstraßen verpachteten im Jahre 1757 auch die Stände diese Straße, und zwar an den bisherigen Leiter beim Bau derselben, Josef Gabriel v. Buset, gegen jährliche 1500 fl. Dies geschah zunächst auf drei Jahre, nach deren Ablauf wurde der Vertrag auf weitere drei Jahre erneuert. Als aber gegen Ende des Jahres 1763 die Kaiserin daran ging, dem Grafen Lambert die krainischen Kommerzialstraßen auch weiter anzuvertrauen, übertrug sie ihm „in Anbetracht seiner Erfahrung und besonderen Fleißes" gegen Bezug der Straßengefälle und des ständischen Beitrages auch die Unterkrainer Straßen. So waren seit 1. Jänner 1764 alle krainischen Straßen verpachtet und standen unter einer Direktion. Der Wirkungskreis des Grafen Lambert erstreckte sich nodi weiter. Wiederholt wurden die Behörden in Triest aufgefordert, die Straßen in ihrem Stadtgebiet zu reparieren; es geschah jedoch zu wenig. Nachdem Graf Lambert zum Straßendirektor in Krain ernannt worden war, wurde ihm, offenbar auf Betreiben der Intendenza, „weil die Stadt Triest keinen in Wegsachen verständigen Mann" hatte, auch die Erhaltung der Straßen im Triester Stadtgebiet gegen jährliche 800 fl. aus der Triester Stadtkasse, und zwar zunächst auf zehn Jahre (1749 bis 1759) übertragen. Es entsprach ferner der alten Tradition, wenn dem Grafen Lambert auch die Sorge um die Straßen im Fiumaner Gebiet übertragen wurde. Diese standen seit Beginn 1727 unter der Aufsicht des krainischen Wegdirektors. Anlaß dazu bot das Jahr 1726. In diesem Jahre hatte es nämlich den Anschein, daß der Verkehr über Fiume größere Dimensionen als über Triest annehmen werde; man nahm sich deshalb damals dieser Stadt mehr an als irgend jemals später und ließ die Karlstädter Straße sowie jene von Fiume nach Laibach herstellen. Durch kaiserliche Resolution vom 29. November 1727 wurden dann dem Landeshauptmann in Krain als Ober-Wegdirektor 200 fl. aus den für krainische Kommerzialstraßen verrechneten Geldern behufs besonderer Pflege der Straßen im Fiumaner Gebiet zur Verfügung gestellt. So kam es auch, daß die Fiumaner Straßen von der krainischen Landrobot, jedoch „aus Willfährigkeit und keiner Schuldigkeit" repariert wurden. Im 4. Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts beanspruditen die Fiumaner das Honorar des krainischen Wegdirektors für sich, angeblich, weil sie selbst für ihre Straßen sorgen wollen. Als es sich jedoch herausstellte, daß sie mehr auf den Schuß ihrer Weinberge, als auf den guten Zustand der Straßen bedacht wären, erneuerte eine kaiserliche Verordnung des Jahres 1737 die bereits getroffene Bestimmung und wies den Hauptmann von Fiume an, darauf zu achten, daß die im Interesse des Verkehrs durch die Weinberge angelegten Wasserableitungskanäle offen erhalten blieben. Den systemisierten Betrag von 200 fl. bezog Graf Lambert aus der Fiumaner Obermautamtskasse. Der Vertrag mit Grafen Lambert wurde im Jahre 1767 zum zweitenmal erneuert. Wie weit das Vertrauen der Regierung in seine Tätigkeit ging, zeigt die in diesem Jahre von der böhmischen und österreichisdien Hofkanzlei getroffene Verfügung, daß bei Unzulänglichkeit der krainischen Straßengefälle der Abgang aus der Universal-Kameralkasse bestritten werden sollte. Persönlich wurde dem Grafen Lambert statt der früheren Reise- und Liefergelder ein jährlicher Gehalt von 2000 fl. angewiesen und wenn er das gesamte Straßenwerk bis Ende 1773 in Ordnung gebradit haben würde, eine Remuneration von 400 fl. in Aussicht gestellt. Erwähnenswert erscheint diese Bestimmung nach der mehr als 25jährigen, von der Regierung mit allem Nachdruck unterstüßten selbständigen Arbeit Lamberts deshalb, weil man daraus die Schwierigkeit des Straßenwerkes ersieht und deswegen die Straßenzustände in Krain vor der Verpaditungs-periode milder beurteilen muß. In der josephinischen Periode erflossen zahlreidie Patente bezüglich der Verwaltung und Pflege der Kommerzialstraßen, die auch auf diesem Gebiete das reformatorische Talent Kaiser Josefs II bekunden. Wie früher die Untertanen, so wurde in der Zeit von 1780 bis 1790 bei den Straßenbauten das Militär, das aktive wie auch die im Lande befindlidien Beurlaubten, verwendet; die Leitung des Straßenwesens aber war den in versdiiedenen Ländern befindlidien Kommandos, beziehungsweise dem Hofkriegsrate, unterstellt. Zum Schluß sei noch der Ausbau der im krainischen Gebiet gelegenen, zu kommerziellen Zwecken gedaditen Stredce zwischen Carnloln li)0S III u. IV 14 Triest und Fiume über Castelnuovo erwähnt. Der Verkehr zu Lande zwischen diesen Freihäfen geschah durch die ganze erste Hälfte des 18. Jahrhunderts auf dem langen Umwege über Adelsberg und nahm zwei Tage in Anspruch." Der Gedanke, eine kürzere Verbindung zwischen diesen Handelsstädten herzustellen, wurde schon frühzeitig angeregt. Die Strecke von Castelnuovo nach Triest war nämlich zur Beförderung des Schiffbauholzes nach Triest wichtig, anderseits bezog auch Fiume das nötige Holz zu Fortifikationsbauten meist vom Karste über Castelnuovo. Und dennodi wurden diese Straften sehr spät ausgebaut. Die Hofkommission des Jahres 1752 fand, dag diese Strecke erst so weit durchbrochen war, dag man sie mit guter Bespannung, „wovon es aber dort gebricht", in einem Tage zurücklegen könnte. In besseren Zustand wurde diese Strage, die bei Lipa auf der Fiumaner Seite und bei Bazovica auf der Triester Seite auf den alten Umweg über Adelsberg anschlog, erst nach der Errichtung der Poststation in Materia (1765) gebracht. Abgesehen vom Personenverkehr hat übrigens diese Stredee nie eine hervorragende wirtschaftliche Bedeutung erreichen können. Nidit einmal die von Maria Theresia audi für diese Strage erlassene Befreiung von der Transitomaut vermochte den Frachtverkehr auf derselben zu heben. Nach den Aufzeidinungen des Triester Güterbestatters bestand der ganze Güterverkehr auf dieser Strage im Jahre 1776/77 in 66 mit je zwei Ochsen und einem mit drei Pferden bespannten Wagen; die Verfraditung zur See war offenbar wirtschaftlicher. Deswegen war audi diese Strage den Triester Kaufleuten ganz gleichgültig; einigen Nutzen bot sie der Zuckerraffinerie in Fiume und weit gröger waren ihre Vorteile für die an derselben liegenden krainischen Ortschaften. * * * Das krainische Stragennetz mit seinem Knotenpunkte in Laibadi berührte am Ende des 18. Jahrhunderts das Meer zu beiden Seiten der istrianischen Halbinsel, Görz, Kärnten, Steiermark und Kroatien. Das Bild desselben erscheint ganz verjüngt und bezeugt, dag man in dem einen Jahrhundert das Versäumnis einer Reihe früherer mit gespannter Tätigkeit gutmachen wollte. Die Ära, die mit dem 18. Jahrhundert für Österreich angebrochen war, hat wohl ähnliches in der ganzen österreichisch-ungarischen Monarchie gefördert, so dag das Lob, welches in den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts namentlich im Reiche12 den österreidiischen Stragen gespendet wurde, völlig 11 cfr. Mayer, Die Anfänge des Handels und Industrie in Österreich; Anh. 12 cfr. ii. a. Justi, System des Finanzwesens. Halle 1766. gerechtfertigt erscheint. Es ist aber auch die Behauptung nicht übertrieben, dag die Bewohner des Herzogtums Krain in seiner ganzen politischen Ausdehnung des 18. Jahrhunderts durch ihre fast ein halbes Jahrhundert währende anstrengende Arbeit bei der Adaptierung der Kommerzialstragen dieses Landes für die Hebung des österreichisdien Seeverkehrs sich groge Verdienste erworben und in diesem auf kaiserliche Anordnung und im Schweige ihres Angesidites vollbrachten Werke unvergängliche Spuren ihres Opfersinnes, ihres Fleißes und ihrer Ausdauer hinterlassen haben. Anastasius Grüns Briefe an Prešeren und Bleiweis Ein Beitrag zu Grüns „Volksliedern aus Krain" Mitgeteilt von Dr. Janko Lokar Anastasius Grüns „Volkslieder aus Krain" waren im Oktober 1850 bei Weidmann in Leipzig erschienen. Um diese Zeit wurde dem südslawischen Volksgesange auf deutschem Gebiete ziemlich groge Beachtung zugewendet. Ich verweise hier nur auf L. A. Frankls, eines Freundes und Herausgebers Grüns, „Gusle. Serbische Nationallieder. Wien 1852 (Verlag von Albert A. Wenedikt)".1 Dem Beispiele Goethes, Herders und anderer folgte nun auch Anastasius Grün-Auersperg, der Herrschaf tsbesiger zu Thum am Hart in Unterkrain. Er spürte Volksliedern seiner Landsleute nach und veröffentlichte Übersegungen solcher Lieder in verschiedenen Zeit-sdiriften, z. B. in Sdiwab-Chamissos „Musenalmanach" für 1838, in Hormayrs „Taschenbuch für die vaterländische Geschichte" in den Jahrgängen 28, 34, 35, 36, 37 oder in L. A. Frankls „Sonntagsblättern", woselbst er sie schon mit einer literarhistorischen, von der Zensur gekürzten Einleitung versehen hatte. Um aber seiner Arbeit besser und leichter gerecht zu werden, segte er sich mit slawisdien Dichtern oder literarischen Grögen in Verbindung und erbat sich von diesen Auskünfte und Unterstügung für seine Übersegungstätigkeit. Dag er sich in dergleichen Angelegenheiten vor allem an Prešeren, seinen Lehrer im Klinkowströmschen Institute gewandt hat, liegt an der Hand. Der slowenisdie Dichterfürst ist ja derjenige, welcher für eine gewisse Richtung der poetischen Tätigkeit Anastasius Grüns von Bedeutung ist. Er machte 1 Herausgegeben mit Unterstügung Vuks. den jungen gräflidien Landsmann mit der Gesdiidite und Volkskunde Krains, mit den Natursdiönheiten ihres Heimatlandes und mit der Eigenart der Krainer bekannt. Er war vielleicht audi sein Lehrer in der slowenischen Sprache, die dem jungen Grafen ohnedies schon von Haus aus bekannt war. Das grofje Vertrauen, das der Schüler Auersperg im Klinkowströmschen Institute zu seinem Lehrer Prešeren gefaßt hatte, bewahrte Anastasius Grün treu dem um sechs Jahre älteren Freunde, der ihn .....aus dumpfen Hallen .... zu Tiburs Musenfeste, zum Wunderstrand, wo Maros Helden wallen, zur Laube, wo der Tejer Trauben preßte, zum Kap Sigeums, dran die Wogen prallen wie Waffentosen, bis zu Priams Feste - entführt hat (Nachruf an Presdiern). Die Laibadier Lyzealbibliothek besißt folgende drei Briefe Grüns an seinen Berater Prešeren: I Im Beischluße erhalten Sie, liebenswürdigster Doctor, zur gefälligen Ablieferung an Herrn Koritko die mir von diesem geliehenen „Nordlichter" und eine Parthie der mir mitgetheilten Volkslieder, welcher ich die mir von Herrn Kopitar überlassenen „Vishe"8 zu Ihrer Benützung beifüge, mit der Bitte Herrn Koritko meinen Dank u. Gruß zu melden. In alter Freundschaft Ihr A. Auersperg. Thum am Hart 23/VII 1838. II Mein sehr verehrungswürdiger Doctor und insonderheit geehrter Freund! Idi bitte um eine nur ganz kurze, aber baldigste Antwort auf diesen ganz kurzen Brief. In den Blasnik'schen Pesmi (V. Bd. S. 101 u. ff.) sind ein paar mir unverständliche Stellen; nämlich: Od modrofti pije niti jede Svakojake fhegofobriafhe. a Vishe (Vize) = Weisen; vierzeilige Lieder. Vgl. das Vorwort zu den „Volksliedern aus Krain". und Skozhil fe je mudri Latinjane, Pervu jim je fhegu podavao. Bitte recht sehr meiner Unwissenheit durch gefällige Mittheilung zu Hülfe zu kommen, wie Sie diese Stellen übertragen würden ? Mit den herzlichsten Grüßen Undankbar ergebener Freund A. Auersperg. Thum am Hart 15/XII 1844. III3 Verehrter Doctor! Liebenswürdiger Freund! Sie wissen, daß ich midi mit Sammlung und Übertragung unserer Volkslieder besdiäftigt habe. Meine Sammlung ist - bei aller Strenge in der Auswahl - ziemlich reich und beinahe reif zur Herausgabe, die ich mit einem übersiditlichen Vorwort einleiten möchte. Hiezu fehlt mir, ehrlich gestanden, die Kenntniß des musikalischen Theiles. Hier in meiner Gegend wird wenig gesungen und was gesungen wird, ist meistens der Art, daß es in meine Sammlung nicht aufgenommen werden kann. Ich bitte Sie daher recht dringend, mir über die Sangweise unserer Lieder, deren Tonart, allfällige Instrumentalbegleitung u. s. w. mitzutheilen, was Sie mir entweder aus eigenen Erfahrungen geben oder aus Mittheilungen irgend eines Ihnen gewiß bekannten Musikkenners ergänzen können. Was die Sammlung selbst betrifft, so will ich sie jedenfalls noch vor der Herausgabe Ihrem prüfenden Kennerblicke vorlegen und seiner Zeit Ihre gefällige Theilnahme dafür in Anspruch nehmen. Indem ich midi in Ihr freundschaftliches Andenken empfehle, verharre ich mit den herzlichsten Grüßen aufrichtiger Hochachtung Ihr treu ergebener Freund A. Auersperg. Thum am Hart 8/XII 1845. 3 Ohne Schlußworte im Letopis Matice slovenske za leto 1875. auf S. 157 abgedruckt, dergleichen bei P. v. Radics, Anastasius Grün. Verschollenes und Vergilbtes aus dessen Leben und Wirken (Leipzig, 1879) S. GO und bei Anton Schlossar, Anastasius Grüns sämtliche Werke in zehn Bänden (Leipzig, Max Hesses Verlag), Bd. VIII S. 4 - 5. Grün hatte bereits im Juli 1837 seinen Verlegern „Weidmann" die ersten Proben der „Volkslieder" zugeschickt. Er scheint über ihren Wert nicht ganz im klaren gewesen zu sein, denn er schrieb: „anfangs mögen mich Lokalinteressen bestochen haben, sie (diese Lieder) interessant zu finden, jegt kommen sie mir ziemlich gewöhnlich vor. Lassen Sie mich darüber Ihre aufrichtige unumwundene Meinung hören."4 Da sie Aufmerksamkeit erweckten, beschäftigte er sich eingehender mit dem Gegenstande und dachte an eine Sammlung des ganzen Liedermaterials. In diese Zeit fallen die drei Briefe Grüns an Prešeren. Korytkos »Slovenske pesmi krajnskiga naroda" waren bei Blaz-nik in Laibach in den Jahren 1839 — 1844 in fünf Heften erschienen. Grün kannte und benüßte sie. Jedoch die Übertragung der im 5. Hefte S. 101 f. vorkommenden „Shenitva Jankota vajevoda" (bei Grün „Des Woiwoden Janko Hochzeit") bereitete ihm Schwierigkeiten. Er ersuchte daher Prešeren um Aufklärung der vier im zweiten Briefe angeführten Zeilen. Sie sind in der Tat nicht leicht und dürften nodi heutzutage manchen Slawisten in arge Verlegenheit bringen. Wie Prešeren die Anfrage beantwortet hat, wissen wir leider nicht, da uns seine Briefe an Grün unbekannt sind. Die beiden fraglichen Stellen lauten in Grüns Übersetzung folgendermaßen: Der nicht ißt, nicht trinkt vor Überklugheit, der ein Schalk voll List und Schelmereien — und Trat vor sie der schelmische Lateiner, gab das erste Probestück zu lösen. Grün und Prešeren haben aller Wahrscheinlichkeit nach den Ausdruck „sobriase" (= macht nüchtern mit) nicht verstanden. Daher hat ihn Grün unterdrückt und das ganze Gewicht auf „svakojake šege" verlegt. Davon zeugt wenigstens die Überseßung „der ein Schalk voll List und Schelmereien".6 Interessant wäre auch Prešerens Urteil über die Überseßungs-tätigkeit Grüns, da er höchstwahrscheinlich ein solches — wie ich aus dem dritten Briefe schließe — abgegeben hat. Aber es fehlen uns wiederum die Briefe Prešerens an Grün. Daß leßterer bei der Auswahl von Volksliedern mit Strenge vorgegangen ist, bestätigt uns auch ein Brief Prešerens an Vraz, 4 Diesen und ähnliche Belege aus Grüns Briefen habe ich der Schlossar-sehen Gesamtausgabe der Werke Auerspergs entnommen. 6 Vgl. darüber L. Pintars „Knjizevne drobtinice" im Zbornik Slovenske Matice, Heft IV und J. Milčetie' „Sitnije priloži" im Zbornik za narodni život i običaje Južnih Slavena, Buch IX. worin er ihm schreibt: „Die von Dir überschickten Volkslieder habe idi erhalten und dem Herrn Grafen Auersperg übergeben, dem sie nidit besonders zu gefallen scheinen" (s. Letopis Matice Slovenske 1877., S. 158). Es nimmt sich allerdings etwas wunderlich aus, daß Grün die nach deutschem Vorbilde, namentlich nach deutsch-kärntnerischen Schnadahüpfln gebildeten slowenischen Vierzeilen ins Deutsche zurückzuüberseßen versucht hat, wenn auch nur als Proben einer Gattung, die außerhalb der enggezogenen Grenzen seiner Sammlung stand. (Vgl. das Vorwort zu den „Volksliedern aus Krain".) Nach dem dritten Briefe war somit die Sammlung Grüns beinahe druckreif. Es fehlte ihm nur noch ein passendes Vorwort. Nun hat aber Auersperg im Jänner 1845 der Weidmannsdien Buchhandlung, die sich 1844 mit Vergnügen zum Verlage angeboten hat, folgendes mitgeteilt: „,Die Volkslieder aus Krain' liegen geordnet, mit Vorrede und Noten versehen, zum Drucke bereit, und ich nehme in bezug auf dieselben Ihren Verlagsantrag dankbar an; doch will idi sie aus vielfältigen Gründen nicht allein und keineswegs früher erscheinen lassen, als bis ich mit meinem eigenen selbstgeschaffenen Werke, das ich unter der Feder habe, fertig geworden sein werde."0 Es muß also Grün während des Jahres 1845 die im Jänner fertig vorliegende Vorrede verworfen haben, da er im Dezember desselben Jahres Prešeren um Mitteilungen über die Sangweise, Tonart und allfällige Instrumentalbegleitung der Lieder zum Zwecke eines übersichtlichen Vorwortes angegangen war. Nun lenkte die Aufmerksamkeit Grüns ein anderer Mann auf sich. Dr. Bleiweis, der Herausgeber der „Novice", veröffentlidite nämlich am 21. Jänner 1846 in seinem Blatte in der Nr. 3, S. 12 folgende Zeilen: Nar veljavniši razsodba (kritika) narodnih slovenskih pesem. Cel svet čisla slavniga pesnika, ki se Anastazi Grün imenuje, in ki se je s svojimi nemškimi pesmami toliko čast pridobil, de po pravici za perviga nemškiga pesnika sedanjiga časa velja. Ponosno jo zamoremo reči, de je ta preslavni pesnik - naš domorodec! Z veseljem pa perstavimo, de on neprenehama narodne pesme nabera, in nar pripravniši zmed njih v nemški jezik prestavlja, kar je gotovo nar veljavniši razsodba lepote naših pesem. Po ti poti se bodo one Nemcam in po teh tudi drugim narodam soznanile. Kdor jih ima kaj tacih, ki so morebiti menj znane, naj jih razglasi v ta lep namen. Dr. Bleiweis. " Dieses Werk war der „Pfaff vom Kahlenberg" Grün war selbst ein Besteller der „Novice". Er las also die schmeichelnden Worte des Bleiweis und dankte für dieselben im folgenden Schreiben:7 Euer Wohlgeboren! Bei Durchsicht der während meines Winteraufenthaltes in Gratz hier eingelaufenen Nummern Ihrer sehr geschaßten und von mir eifrig gelesenen „Novize" finde ich einen für mich überaus ehren- und schmeichelhaften Artikel aus Ihrer Feder, meinen Antheil an Sammlung und Übersetzung krainischer Volkslieder betreffend. Empfangen Sie meinen wärmsten und herzlichsten Dank nicht nur für den mir dort gezollten, unverdienten Beifall, sondern auch für Ihre an die Besißer von Volksliedern gleichzeitig ergangene Aufforderung zur Mittheilung derselben. Ich erlaube mir zugleich die Bitte, daß es Ihnen gefällig sein wolle, wenn diese Ihre Aufforderung Früchte bringen sollte, auch mir den Genuß derselben zu gestatten und derartige an Sie erfolgende Einsendungen audi mir zu kurzem Gebrauche und gegen schleunigste Rückstellung mittheilen zu wollen. Ich habe bereits ein bedeutendes Materiale durchgesehen und darunter manchen Edelstein gefunden, allein ich glaube noch immer, daß so manche Sdiäße vergessen und ungehoben unter dem Volke liegen. Es lohnt sich der Mühe, hier Schaßgräber zu sein, denn das Volk ist immer höchst poetisch, wenn es selbst diditet; die Anläße dazu sucht es nicht erst mühsam, sondern findet sie reif und fertig in den Tiefen seines Herzens. Für einen Sammler von Volksliedern gibt es aber in Krain nicht unbedeutende Schwierigkeiten zu überwinden. Das Volk ist, in dieser Zeitperiode wenigstens, kein vorherrschend gesanglustiges und überdieß gegen alle „Befrackten" wenig mittheilsam; es mag die Reste seiner altern Liederpoesie entweder in allzugroßer Besdieidenheit für minder werthvoll und mittheilenswürdig halten, oder, was mir im Volksherzen begründeter sdieint, ihren Werth erkennend, sie sorgsam als Heilig-thümer des geheimnißvollen Familienherdes hüten und ihre Entweihung durch Mittheilung an Fremde befürchten. Bei Ihren vielverzweigten Verbindungen wird die mittelbare oder unmittelbare Beseitigung solcher Hinderniße Ihnen jedenfalls leichter werden als jedem Andern und hoffentlich eine Ausbeute geben reichster Art, bei deren Gewinnung Sie freundlichst und gefälligst meiner oben angebrachten Bitte gedenken wollen. Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung Euer Wohlgeboren ergebenster Thum am Hart 19/111 1846. B A Auersperg. 7 Die hier zum Abdrucke gelangenden Briefe Grüns an Bleiweis habe ich im literarischen Nachlasse des lefeteren gefunden. Für die freundliche Überlassung des Nachlasses statte ich an dieser Stelle dem Herrn städt. Präsidialsekretär Janko Ritter v. Bleiweis-Trsteniski den gebührenden Dank ab. Grüns Bitte um Zusendung von neuen Liederschätzen blieb nidit unerhört,8 wie folgender Brief zeigt: Euer Wohlgeboren! Indem ich Ihnen im Anschlüge die mir gefälligst mitgetheilten Volkslieder mit dem verbindlichsten Danke übersende, füge ich auch für die weitere Zukunft die Bitte bei, Sie wollen sich gütigst meiner erinnern, wenn Zufall oder gut Geschick Ähnliches wieder in Ihre Hände führen sollte. Herr Bold würde jederzeit Sendungen für mich übernehmen und auf das Pünktlichste besorgen. Der gewigenhaftesten Rückstellung können Sie immer versichert sein. Mit der ausgezeichnetsten Hochachtung und herzlichem Gruge Euer Wohlgeboren aufrichtig ergebener A. Auersperg. Thum am Hart 24/V 1847. Zum Danke für die Förderung seiner Arbeit schickte Grün, nachdem seine „Volkslieder aus Krain" erschienen waren, ein Exemplar" derselben an Bleiweis mit folgendem Begleitschreiben: Euer Wohlgeboren! Verehrter Herr Doctor! Die freundliche Theilnahme und Aufmerksamkeit, welche Sie dem Inhalt und dem Herausgeber der beifolgenden Schrift schon so vielfältig bewiesen haben, wird Sie in dem Büchlein nur einen alten Bekannten erblicken lagen, der in dem neuen Gewände hoffentlich seine eigenthümliche Physiognomie beibehalten hat und Sie daher mit befreundeten Zügen begrügt. Ein paar kleine Verunzierungen (Druckfehler in slavisdien Wörtern, die durch die Entfernung des Druckortes erklärbar und entschuldbar erscheinen) mögen Sie nicht 8 In der Nr. 2 vom Jahre 1847 (13. I.) veröffentlichte die Schriftleitung der „Novice" in einer Anmerkung zu M. Majers »Slovenske misli" einen kleinen Aufruf, worin slowenische Vaterlandsfreunde aufgefordert werden, ihre etwaigen Sammlungen von slowenischen Volksliedern an den Schriftleiter der „Novice" einzusenden, der sie dann an den unter angenommenem Namen Anastasius Grün dichtenden ruhmreichen Dichter („glava vsih sedanjih nemških pesnikov") weiter leiten wird. 9 „Als ein kleines Zeichen der Dankbarkeit und Hochachtung" hatte auch Vraz ein Exemplar erhalten. Dieser suchte die Aufmerksamkeit Grüns vorzüglich auf die Lieder der Provinziakroaten zu lenken (vgl. seinen Brief an Grün vom 24. VI. 1846, bezw. 9. V. 1847, s. Döla Stanka Vraza V S. 391 f.). zu sehr stören und auch nicht dem Herausgeber zur Last gerechnet werden. Und so möge das Büchlein bei Ihnen gütige An- und Aufnahme finden, als ein kleines Zeichen der vorzüglichen Hochachtung, womit ich die Ehre habe zu sein Euer Wohlgeboren aufrichtig ergebener A. Auersperg. Thum am Hart 20/X 1850. Ein Verzeichnis der Druckfehler, die er hier erwähnt, hat Grün selbst angelegt und an den Verleger übersendet. Es hat sich aber nicht erhalten. Eben diese Drudefehler trübten ihm die Freude an der Sammlung, denn er bedauert nur, „dag die ... . wirklich ganz nette und geschmackvolle Ausgabe in meinen Augen durch eine Menge fataler Druckfehler verleidet wird". Er hat sich überhaupt den Satz der Lieder, namentlich mit Rüdesicht auf die slawischen Namen, die Einrichtung der Anmerkungen u. dgl., sehr angelegen sein lassen und hat eine Reihe von diesbezüglichen Briefen an die Verleger nach Leipzig geschickt. Und als er im Sommer 1850 über Leipzig nadi Helgoland in das vom Arzte empfohlene Seebad reiste, benützte er die Gelegenheit, um den Druck der meisten Bogen persönlich durchzusehen. Um die Aufnahme des Büchleins war Auersperg eigentlich besorgt. Die Verleger wollten nämlich von dem Buche eine Miniaturausgabe veranstalten. Grün trat jedoch ihrer Ansicht mit dem Bemerken entgegen: „Miniaturausgaben sollen, denke ich, erst durch eine grögere Teilnahme des Publikums an dem betreffenden Werke motiviert sein .... Von den Volksliedern aber, deren Herausgabe mir mehr von patriotischer Rücksicht für mein eigenes Heimatland als von poetischem Interesse geboten scheint, erwarte ich eben keinen grogen Erfolg, namentlich nicht in weiteren Kreisen." Er hielt die Lieder eben für interessant genug, um mitgeteilt zu werden, an groge Anziehungskraft derselben glaubte er jedoch nicht. Aber Grün irrte. Schon am 10. Dezember 1850 konnte er nach Leipzig schreiben: „Auf einen reigenden Absatz der „Volkslieder" habe ich nie gerechnet, doch übertrifft der Anteil, den sie im Publikum finden, weit meine Erwartung . . . ." Zu denjenigen, die Grüns „Volkslieder" mit Begeisterung aufnahmen, gehörte auch Bleiweis. „Der Vater des slowenischen Volkes" fühlte sich durch den Briefwechsel mit dem Grafen Anton Alexander Auersperg und durdi die Übersendung eines Dankexemplares seiner „Volkslieder" geschmeichelt. In einem Briefe vom 23. November 1850 dankte er für das zugeschickte Exemplar und brachte seine Grüns „bescheidenes Verdienst weit überschreitende Anerkennung" zum Ausdrucke. Zugleidi brachten die „Novice" in den Nummern 44, 45, 46, 47, 48, 50 eine ausführliche Anzeige der „Volkslieder aus Krain" aus der Feder Dežmans. Bleiweis fügte noch einige Zeilen aus der Kritik der Wiener „Ostdeutschen Post" über Grüns Übersetzungen hinzu. Er und Dežman fühlen sich überaus glücklich, dag ein so berühmter deutsdier Dichter wie Grün seine Kräfte der Übertragung slowenischer Volkslieder gewidmet hat, denn durch sein Werk würden die Slowenen bei anderen Völkern als ein Kulturvolk bekannt werden.10 Von Mängeln der „Volkslieder" weig keiner etwas zu sagen, denn die Art und Weise der Übertragung sei musterhaft. Dežman bedauert nur das eine, dag Grün bei der Auswahl von Volksliedern nicht das 5. Heft der „Krajnska Čbelica" berücksichtigt und das reizende, beinahe einzeln dastehende Lied von der „Mlada Breda" nicht übersetzt hat. Grün dankte beiden in einem hochinteressanten Schreiben. Denn der deutsche Staatsmann Graf Anton Alexander Auersperg bringt darin sein Verhältnis zu seinen slowenischen Landsleuten zur Sprache. Den Brief drudee ich hier ab: Euer Wohlgeboren! Sehr verehrter Herr Profegor! Empfangen sie zuerst meinen wärmsten herzlichsten Dank für die freundliche Gesinnung, für die mein bescheidenes Verdienst weit überschreitende Anerkennung, welche aus Ihrem werthen Schreiben vom 23. v. M. so deutlich spricht. Durch die „Volkslieder aus Krain" wollte ich zunächst nur eine Sohnespflicht gegen mein Geburtsland erfüllen und degen weniggekannte Liederschäge auch dem ihnen fernstehenden Deutschen zugänglich machen. Ich rechnete hiebei weniger auf äugeren Erfolg, als ich vielmehr einem innern Rufe Genüge thun wollte. Wenn die Sammlung aber dennoch in ihrer engeren Heimath den Beifall der Kenner, in der Ferne aber manches Zeichen warmer Theilnahme sich erworben hat, so ernte 10 Vgl. damit folgende Äußerung Frankls über die „Volkslieder aus Krain": „Die Slawen können ihrem Gotte für einen solchen Apostel, die Deutschen für solchen trefflichen Dolmetsch danken" (s. Frankls Brief an Grün vom 3. I. 1851, abgedruckt in „Aus dem neunzehnten Jahrhundert. Briefe und Aufzeichnungen". Herausgegeben von Karl Emil Franzos. Bd. I. Briefwechsel zwischen Anastasius Grün und Ludwig August Franki [1845- 1876]. Herausgegeben von Dr. Bruno von Frankl-Hochwart. Berlin 1897, S. 33). ich einen überreichen Lohn, den ich kaum erhoffen durfte, für eine Arbeit, deren größtes Verdienst in der gewissenhaften Sorgfalt und ängstlichen Pietät besteht, mit welcher ich bemüht war, die slovenische Liedesblume, ohne daß ihr Farbenschmelz leide oder ihr ein Staubfaden beschädigt werde, in deutschen Grund zu verpflanzen. Erlauben Sie mir auch meinen wärmsten Dank gegen Herrn Dr. Dežman auszusprechen und Sie um defjen gefällige Vermittlung zu ersuchen, eines Dankes, den ich ihm nicht nur für das tiefe liebevolle Eingehen und gründliche Prüfen meiner Arbeit, sondern auch dafür schulde, daß er mich mit einem kleinen Schaße slovenischer Volkspoesie bekannt gemacht hat, ich meine mit den im 5. Heft der Čebelica enthaltenen Stücken. Ich kann mich vor mir selbst nicht rechtfertigen, diesen Schaß ganz übersehen zu haben, nachdem ich mich durch ein Decennium mit der Sammlung, Sichtung und Auswahl unserer Volkspoesie aus gedruckten sowohl als ungedruckten Quellen besdiäftigt und meine Sammlung erst ans Tageslicht befördert hatte, als ich den ganzen populär-nationalen Liederhort zu überblicken glaubte. Doch Eines entsdiuldigt mich! Das 5. Heft der Čebelica (deren frühere 4 Hefte ich besiße und theilweise auch benüßt habe) trägt als Erscheinungsjahr die Zahl 1 84 8 an der Stirne! Nur in dem Nebelgewirre dieses Jahres war es möglich, jene liebliche Erscheinung zu übersehen und so kam idi, durch Dr. Dežman aufmerksam gemacht, erst jeßt in die Kenntniß und den Besiß dieses köstlichen 5. Heftes. Hoffentlidi wird eine neue Auflage der „Volkslieder" mir über kurz oder lang Gelegenheit bieten, das Übersehene nachzutragen und meine Sammlung mit neuen Zierden zu bereichern. Erlauben Sie mir hier auch die Bitte an Sie und Herrn Dr. Dežmann um freundliche Mittheilung allfälliger neuern Funde, die Ihnen auf dem Felde unserer Volkspoesie vorkommen sollten. Mit einem Manne, der so thätig und vielseitig für die wahre Hebung unseres Volkes durch Bildung wirkt, wie Sie, wird es auch bei sdieinbar verschiedenen Standpunkten leicht sein, sich über das anzustrebende Ziel zu verständigen. Wie jedem einzelnen Individuum, so stehe jeder Nationalität das unverkümmerte Recht zu, sich auf dem Boden der Gesittung und Bildung frei zu entwickeln und jenen Standpunkt zu erringen, der ihrer Begabung, ihrer inneren Lebensfähigkeit und ihrem Bedürfniße angemeßen ist. Das wahrhaft lebenskräftige Element (und ich glaube, daß dieses den Slaven in hohem Grade innewohnt) muß und wird durchdringen, aller gegentheiligen Parteihemmniße ungeachtet; dodi Mangel an Lebenskraft wird und muß aller künstlichen Belebungsversuche ungeaditet zum Auflösungs- prozeße führen. Wenn ich jedoch die Ansicht ausspreche, daß unser Volk noch ein, vielleicht kurzes Lernstadium durchzumachen habe und daß es hiebei der deutschen Bildung nicht werde entbehren können, so trete ich der schönen Zukunft desselben eben so wenig zu nahe, als ich die Lebensaussichten eines hoffnungsvollen Jünglings dadurch beeinträchtige, wenn idi ihn auf einige nachzuholende Studienlücken aufmerksam madie. Idi kann nicht umhin, im Germanismus (in dessen edlerem Sinne) noch ein Element der Bildung für unser Volk zu erkennen und gerade das Jahr 1848, deßen ursprünglidi so reine schöne Bewegung durch den Unverstand und Bildungsmangel der Maßen, sowie durch das kopflose Gewährenlaßen von oben, in eine Wildheit und Rohheit ausartete, welche mit den Märzerrungenschaften im Munde die tausendjährigen Errungenschaften der Mensdi-heit an Kunst und Wissenschaft, Cultur und Gesittung ernstlich gefährdete, weist uns doppelt strenge darauf an, auf dem Standpunkte der Bildung und Sitte, als dem kräftigsten Anker, mit aller Hingebung und Treue auszuharren und festzustehen. Dieß ist mein Standpunkt und ich glaube, er ist nidit allzuferne von dem Ihrigen. Von jenem Gesiditspunkte aufgefaßt erscheint die Mißion des Germanenthums auf slavischem Boden als eine zwar unabwendbare, aber ersprießlidie, jedenfalls aber als eine vorübergehende, deren erfüllter Zweck zugleich ihre Auflösung bedingt. Diese wird ihrer Zeit und auf soldiem Wege für das Deutschthum in slavischen Landen eben so wenig unehrenhaft sein, als der Tod schimpflidi ist für einen Greis, der eine schöne Lebensaufgabe würdig gelöst hat und im natürlichen Gange der Dinge seinem Ende entgegenreifte. Übrigens bin ich, so wie Sie, weit entfernt davon, in unserem Büreaukratenthum die Repräsentanten des edleren Deutschthums zu erblicken. Keine Nation ist in dem Maße kosmopolitisch gesinnt und so bereit, sich fremde Sprachen, Sitten und Kenntniße geläufig zu machen, wie eben die deutsche, vielleicht zum Schaden des eigenen nationalen Gepräges. Drum empört es mich nicht weniger, als Sie, zu sehen, wie manche dieser Herren sich hinter den angeblichen Bildungsmangel unserer Volkssprache verstecken, um die eigene Bequemlidikeit zu bemänteln, wie sie das Idiom eines Landes für so unsdnnaddiaft erklären, deßen Brot sie doch so schmackhaft finden! Was sidi in neuerer Zeit in diesen Regionen vorbereitet, ist noch viel unerquicklicher, als alle die vormärzlichen Dinge, die dodi von oben wenigstens an eine gewiße Norm gebunden waren. Abhülfe und Beßerung ist aber nidit früher zu hoffen, bis das Land durch sein öffentliches Organ sich aussprechen kann, was ihm noth selbst thut! Sdieint es doch fast bis jeßt, die Welt sei im J. 1848 nur darum in's Kreißen gekommen, um - Büreaukraten zu gebären! Mit dem Ausdrucke der vorzüglichsten Hochachtung und mit den herzlichsten Grüßen Euer Wohlgeboren aufrichtig ergebener A. Auersperg. Thum am Hart 12/XII 1850. Die Anzeige der „Volkslieder aus Krain" in den „Novice" bestand im wesentlichen aus einzelnen aus Grüns Vorwort zu denselben abgedruckten Stellen. Dežman und Bleiweis könnten zwar trotz ihrer mangelhaften Anlage für die Kritik und ihrer geringen ästhetischen Bildung sehen und sagen, daß bei der Verpflanzung der slowenischen Liedesblume auf deutschen Grund ihr Farbenschmelz gelitten hat und ihre Staubfäden beschädigt worden sind, aber sie wollten es nicht. Vom „tiefen Eingehen und gründlichen Prüfen" der Arbeit Grüns durch Dežman kann somit keine Rede sein. Es ist zwar nicht meine Absicht, midi hier näher über die Übersetzungstätigkeit Grüns auszulassen, aber wenigstens dies will ich hervorheben, daß Grün der slowenischen Sprache zu wenig mächtig war, um der unternommenen Arbeit vollkommen gewachsen su sein. Zur Bekräftigung meiner Ansicht will idi an dieser Stelle ein einziges Beispiel anführen. In dem „kleinen Schatze" slowenischer Volkspoesie, mit dem Grün durch die Anzeige Dežmans bekannt wurde, ist auf Seite 76 f. „Mlada Breda" abgedruckt. Grün kam dem Wunsche Dežmans nach, übertrug das Stück und veröffentlichte es im Triester „Illustrirten Familienbudie" (zur Unterhaltung und Belehrung häuslicher Kreise herausgegeben vom österreichischen Lloyd).11 In den Nummern 6, 7, 8 des Jahres 1853 druckte Bleiweis in den „Novice" die Übersetzung zugleich mit dem slowenischen Texte und mit Worten voll Lobes für die Übertragung ab. Nun hat aber gerade bei diesem Liede das Glück Grün ganz im Stidie gelassen. Er hat nämlich den sehr üblichen Ausdrude ščene = Hündchen nidit verstanden und hat ihn durch „Freier" übersetzt. Was uns aber verblüfft, ist der Umstand, daß er den dadurch 11 Siehe Bd. I S. 254-55. Unter der Aufschrift „Volkslieder aus Krain", übersefet von Anast. Grün (als Nachlese und Nachtrag zu der im vorigen Jahre unter dem gleichen Titel — Leipzig bei Weidmann - erschienenen Sammlung sloveniseher Volkslieder) erschien in demselben Bande (S. 255 - 56) des „Illustrirten Familienbuches" neben der „Breda" Grüns „Morgenstern", eine Übertragung des im 5. Hefte (S. 59-60) der „Krajnska Čbelica" mitgeteilten slowenisdien Volksliedes „Danica". entstandenen Unsinn nicht wahrgenommen hat. Nadi seiner Auffassung des „sene" hat er die Verse: Ko ti bode kruha ponujala, ga šenetu mladimu boš dala — und In pogače da šenetu jesti, al razpoči šene se na mesti! richtig überseßt durch: Winkt sie mit dem Brote dir entgegen, sollst du's in des Freiers Hände legen - und Reicht den Kuchen dann dem Freier schnelle, ihm zersprengt's die Brust an ihrer Stelle. Aber er hat nicht bedacht, daß derselbe Freier einige Zeilen tiefer die junge Breda in ihr Schlafgemadi führt.12 Mit der neuen Auflage, von der er im Briefe spricht, meinte es Grün ernst. In dem bereits erwähnten Briefe vom 10. Dezember 1850 schreibt er an die Inhaber des Verlagsgesdiäftes unter anderem: „ ... Ich wünschte im Interesse des Buches selbst, daß eine neue Auflage mit der Zeit ermöglidit werde, wobei ich auf Ihr ursprüngliches Projekt, das Buch in einer Miniaturausgabe erscheinen zu lassen, zurückzukommen mir erlauben würde . . . Weshalb mir eine neue Auflage des Buches so wünschenswert wäre, beantwortet sidi durch den Umstand, daß idi derselben Ergänzungen beizufügen hätte, die der Sammlung eine neue Zierde brächten. Nachdem ich nämlich seit Jahren die Produkte slowenischer Volkspoesie gesammelt und endlidi den ganzen vorhandenen Liederschaß zu überblicken mit Sicherheit 14 An dieser Stelle muß ich erwähnen, daß der unter dem Einflüsse des moralisierenden Jeran stehende Bleiweis sowohl den slowenischen Text der „Mlada Breda" in der „Krajnska Cbelica" als auch denjenigen der Grünsehen Übertragung im „Illustrirten Familienbuche" für seine „Novice" willkürlich geändert hat. Er hat z. B. den slowenischen Vers: Kdor kušval bo Bredo drev in davi — folgendermaßen umgewandelt: Kdor imel bo Bredo drev in davi — Um aber diese eigenmächtige Änderung, wodurch Blei weis eher das Gegenteil als seinen Zweck erreicht hat, zu verdecken, rüttelte er auch an der wortgetreuen Übersefeung Grüns und seßte für „wer sie küßt am Abend und am Morgen" diese Zeile ein: „wer sie hat am Abend und am Morgen". zählte, zeigt es sidi, dag ein mutwilliger boshafter Gnom mir leuchtende Schäge, die er brachte, bis zu dem Augenblicke verborgen hatte, als meine Sammlung schon zutage getreten war. Der neue Fund ist so köstlich, dag ich ihn nur mit schwerem Herzen in der Sammlung vermisse." Zu dieser Neuauflage ist es nidit gekommen und so kennen die wenigsten Leser der „Volkslieder aus Krain" Grüns Übertragung der „Mlada Breda" und der „Danica". Weder L. A. Franki noch Anton Schlossar scheinen um sie gewugt zu haben, denn sie fehlen in ihren Ausgaben der Werke Grüns. Das politische Verhältnis Grüns zu den Slowenen, das er ebenfalls im Briefe berührt, übergehe idi hien. Wer sich darüber näher unterrichten will, findet viel Interessantes in „Anton Auerspergs (Anastasius Grüns) politischen Reden und Sdiriften. In Auswahl herausgegeben und eingeleitet von Stefan Hodt. Verlag des literarischen Vereins in Wien", 1906. Im literarischen Nachlasse des Dr. Bleiweis befindet sich nodi ein Brief Grüns an Bleiweis vom 3. Oktober 1853 (Thum am Hart). Er ist jedodi von keinem literarischen Interesse. Auersperg bittet darin Bleiweis, unter dessen Einflüsse die Ackerbausdiulen des Landes standen, um Namensnennung eines „wirklidi empfehlenswerthen Individuums", das als Unterbeamter seinem Verwalter unterstehen und hauptsächlich in Ökonomie, nebenbei aber auch im Sdireibfadie verwendet werden würde. Zugleich bittet er ihn um Übersendung eines beigesdilossenen Billets an L. Tomann, dessen damaliger Aufenthaltsort Grün unbekannt war. Zum Schlüsse führe ich noch ein Sdireiben des oben erwähnten L. A. Franki an Bleiweis an. Franki madite sich nidit nur durch eigene Dichtungen, sondern auch durch Ausgaben und biographische Arbeiten zu Anastasius Grün, Grillparzer, Hebbel, Raimund, Lenau und anderen um die Mitte des verflossenen Jahrhunderts einen Namen. Geboren wurde er am 3. Februar 1810 zu Chrast in Böhmen. Dem Berufe nadi war er ein Arzt, doch freute ihn mehr die Schriftstellerei. Die Sdiriftleitung der oben genannten „Sonntagsblätter für Literatur und bildende Kunst" (Wien 1842-48), eines ausgezeichneten Blattes Österreidis in der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts, führte er mit Geist, Takt und Geschmack. Er war Generalsekretär und Archivdirektor der Israelitengemeinde in Wien und Professor der Ästhetik am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde des österreichisdien Kaiserstaates. Gestorben ist er in Wien am 12. März 1894. Bleiweis hatte er für den »Koledarček slovenski za leto 1855" „Dorota. Narodna igra iz Hane na Marskem" überlassen. Das Original war in böhmischer Sprache abgefaßt. Frankls Brief an Bleiweis bezieht sidi ebenfalls auf slowenische Volkslieder. Er lautet: Geehrter Herr! Zurückgekehrt aus dem Lande der steierisdien Winden (Rohitsch, Tüffer, Neuhaus), finde ich Ihre geehrten Zeilen vor und beehre mich, Ihrem Wunsdie zu entspredien, indem idi Ihnen die Comödie „Dorota" im Originale einsende und um deren gefällige Rücksendung ich wieder bitte. Gestatten Sie nun — Sie sehen, wie rasch idi egoistisch genug eine Gegenbitte mir erlaube — die Mittheilung, daß ich f. d. „Unterh. am häusl. Heerd" einen ähnlichen Artikel wie „aus dem Hannakenlande" schreiben will: „Bei den steierischen Winden". Ich habe manches interessante Material gesammelt, war aber nidit so glücklidi, irgend ein bisher unübersetztes interessantes Volkslied aufzufinden. Was gebildete Dichter sdireiben, wie z. B. Orožen, dessen sdiönes Lied „Bratovska" ich in Absdirift erhielt, ist nicht das, was ich sudie. Sie befinden sich gewiß im Besitze von Liedern, die noch ungedruckt oder wenigstens unübersetzt sind, d. h. ins Deutsche. Dürfte ich Sie, geehrter Herr Doktor! wohl um die Mittheilung bitten? Das Charakteristische, vielleicht auf irgend einen Gebrauch, auf eine eigen-thümlidie Sitte sich beziehende, wenn es zugleidi poetischen Werth hat, wäre mir das willkommene, um es meiner Ansdiauung des Windenlandes einzureihen. Wenn die Musik eine nazionale ist, würde idi audi um diese bitten und zugleidi um Ihre gütige Ansidit über den Stand des slovenisdien Volksliedes in der Gegenwart. Grüns „Volkslieder in Krain" kenne ich und die vorgedrudrte Abhandlung war zuerst in meinen „Sonntagsblättern" abgedrudd. Indem ich Ihrem Almanadi das frisdieste Gedeihen wünsche und mich Ihrem Wohlwollen empfehle, zeichne ich mit dem Ausdrucke vorzüglicher Hochaditung ergeben Med. Dr. Franki. Wien, 1. Sept. 1854. Stadt, N. 494. Carnloln 1908 III II. IV 15 Tumulif orschungen Von Dr. phil. Wal ter Š m i d 1. Tumulus bei Rudolfswert in Unterkrain [Hiezu Tafel XV] Im Frühling des Jahres 1905 lieft der Bauer Peter Malenšek aus Kandija bei Rudolfswert durch Zigeuner eine etwas erhöhte Stelle seines zehn Minuten von Rudolfswert entfernten Ackers von Bruchsteinen reinigen, an denen der Pflug beim Ackern immer anstieg. Als der ziemlich regelmägig gesegte Steinhaufen fast entfernt A2°° \ ■■ 200. ADD. 1 Gci. von Oberin j. M. PrelovSek war, stiegen die Arbeiter auf Bronzegegenstände und eiserne Lanzen. Der Augenschein bestätigte das Vorhandensein eines durch das Pflügen ziemlich abgeflachten Tumulus, der im folgenden Herbste vollständig aufgedeckt wurde. Der Tumulus mag beiläufig 12 m im Durchmesser (siehe den Plan, Abb. 1). Von den zum Vorschein gekommenen Beigaben waren die Tongefäge fast vollständig zerdrückt, die Objekte aus Bronze infolge der Einwirkung der eisenhaltigen Roterde, in der sie lagen, stark beschädigt und zermürbt. Es wurden folgende Gegenstände gefunden: 1. Am Nordwestrande des Tumulus lagen 1'28 m tief - dies ist die grögte Tiefe des Grabhügels — eine groge vollständig zertrümmerte graphitierte schwarze Urne, mit einem rötlichen Deckel zugedeckt, und ein kleineres rötliches, mit einem Fug versehenes Gefäg. Der Deckel konnte zusammengestellt werden. 2. Beim Weitergraben in der südlichen Richtung traf man den Schädel eines Pferdes, dessen Fugknochen bei 6 lagen. In der Nähe des Pferdeschädels waren 1'02 m tief 3. verschiedene Geräte zusammengehäuft: a. eine gerippte Ciste; b. eine sehr schadhafte Situla, in deren Nähe c. ein kleiner Bronzehenkel lag; d. östlich von der Situla lagen ein Gürtelblech und westlich davon in nächster Nähe der Situla zwei Eisenlanzen; e. neben den beiden Speeren befand sich ein eisernes Pferde-gebig, ein gekrümmtes eisernes Messer sowie ein zerdrücktes Tongefäg; f. 4 eigentümlich geformte viereckige hohle, mit Öffnungen und einem Haken versehene Bronzegegenstände, 2 Bronzeringe, 1 Bronzeknopf, 1 Gürtelbeschlag, 1 eisernes Beil, 14 eiserne Pfeilspigen und 2 schlechterhaltene Tierfibeln. 4. Ungefähr in der Mitte des Tumulus lag (0*95 m tief) in einem rundlichen, 40 bis 50 cm mächtigen Steinsag, der in der ganzen Breite von dem bereits eingangs erwähnten, regelmägig gesegten Steinhaufen bedeckt war, der von den Zigeunern gefundene Pferdeschmuck aus Bronze, zu dem beim Durchgraben des Tumulus noch einige Teile gefunden wurden, und zwei eiserne Lanzen. Da vor der planmägigen Untersuchung der westliche und südlidie Rand des Tumulus von Unberufenen heimlich durchforscht worden war, konnten von den Gefägen bei 5, 7, 9 und 10 nur vereinzelte, durcheinander geworfene Scherben aufgesammelt werden. Bei 5 fand man Reste eines roten Gefäges, bei 7 solche eines roten, am äugeren Mundrand mit schwarzen Streifen gezierten Gefäges, das augenscheinlich mit einem Fug versehen war. Am südöstlichen Rande des mittleren Steinkreises fand man 8. eine eiserne Axt und mehrere Eisenteile. Die Funde A. Die Tongefäße konnten leider infolge des schlechten Zustandes und ihrer Durch-einandermengung bei der Raubgräberei nicht hergestellt werden, da von einzelnen nur Scherben gerettet werden konnten. Die schwarze graphitierte Urne [1] war allem Anschein nach weitmündig; der Bauch ging ohne eigentlichen Hals in den nach innen gekehrten Mundsaum über. Die einzige Verzierung dieses wie auch der übrigen aus fein geschlämmtem Ton bestehenden Gefäge (Dicke 6 mm) bilden an der größten Bauchweite angesetzte Warzen. Der die Öffnung der Urne verschließende rotgebrannte Deckel aus 6 mm dickem braunen Ton mißt in der Breite 18cm, in der Höhe 4 cm und geht in einen 1 cm breiten, vom Hauptteil durch eine Hohlrinne deutlich getrennten Rand über; der runde Knauf des Deckels ist 2'5 cm hoch. Das rötliche runde, mit einem Fug versehene Gefäg, das neben der Urne niedergestellt war, war am Bauche mit mäanderartig gestellten vertieften Punktreihen verziert; aus den wenigen vorhandenen Scherben konnten mehrere übereinanderlaufende Punktreihen festgestellt werden (siehe die gleiche Verzierung am Bruchstück des Tongefäges in Hoernes, Urgeschichte des Menschen S. 574 Fig. 236). Das bei 3e gefundene Gefäg scheint am reichsten profiliert gewesen zu sein. Es war ein rötliches, bauchiges und weitmündiges Gefäg mit einem glatten, 6 cm hohen Fug, dessen Rinne mit einer in deren Mitte rundum ziehenden Erhöhung versehen ist. Den Übergang des Bauches zum stark eingezogenen Halse vermittelt eine deutlich abgesegte horizontale Leiste und eine kleine Hohlrinne, die auch beim Beginne des nach äugen gebogenen Mundsaumes auftritt. Soweit sich die Mage aus den Scherben ermitteln lassen, betrug der untere Durchmesser des Fuges ungefähr 12 cm, der des Mundsaumes 25 bis 30 cm. Von den übrigen Gefägen konnte nur das bei 10 gefundene Tongefäg einigermagen festgestellt werden. Es ist ein roter, schwarz gebänderter Eimer, in der Form und Farbe sehr ähnlich dem von Hrastje (Hoernes, Urgeschichte der bildenden Kunst Tafel XXII Fig. 3) und war höchstwahrscheinlich wie legterer am äugeren ausladenden Mundsaum mit einem schwarzen Bande und am Bauche mit zwei ebensolchen, von schmalen Reifen begrenzten schwarzen Bändern geschmückt. Der Fug unseres Gefäges ist jedoch nicht schwarz wie jener; auch ist er ausladender geformt (unterer Durchmesser 18 cm) und glatt (Höhe 4'5 cm). B. Waffen und Werkzeuge aus Eisen Die beiden bei 3 d gefundenen Lanzen zeigen den blattförmigen Typus mit breiter, starker, eckiger Mittelrippe; die Gesamtlänge der größeren beträgt 39 cm (Länge der Schafttülle 14 cm), jene der kleineren 29 cm (Länge der Schafttülle 1T5 cm). Dieselbe blattartige Form ist auch einem der beiden beim Pferdeschmuck [4] beigelegten eisernen Speere eigen, dessen Gesamtlänge 34 "5 cm, die Länge der Schafttülle 12"5 cm beträgt; nur ist bei ihm die Mittelrippe nicht so stark ausgeprägt, ebenso bei dem anderen, dessen Blatt sehr schmal ist (Gesamtlänge 34*5 cm, Länge der Schafttülle 8"5 cm). Die Pfeilspitzen variieren in der Größe von 2'3 cm bis 4'5 cm. Einige sind mit Hülsen für den 4 mm dicken Schaft versehen; andere sind mit Stiften in den Schaft hineingesteckt und mit Bindschnur, deren Reste vorhanden sind, festgebunden worden. Am Griffende des geschwungenen eisernen Messers [3 e] sind Spuren der hölzernen Griffschale sichtbar (Gesamtlänge 13"5 cm, Griff länge 2" 5 cm). Von den beiden mit hohler Tülle versehenen Äxten, die als Beigaben gefunden worden sind, weist eine [3f] gestreckte Seiten und eine ziemlich flache Schneide auf (Länge 18 cm, Breite der Schneide 5'5cm); die andere, 15'5 cm lang, ist von geschweifter Form (Breite der Schneide 6'5 cm). Neben den beiden Speeren [3e] lag ein eisernes Pferdegebiß [Taf. XV Fig. 4], dessen Querstange in zwei zusammenhängende Teile zerlegt ist; sonst sind die beiden Seitenteile aus einem Stück gearbeitet. Die Form dieser Trense gleicht vollkommen dem bei S. Müller, Urgeschichte Europas S. 106 Fig. 87 abgebildeten Bronzegebiß, obwohl sie sonst größer ist (Länge und Breite 20 cm). Am Knebel und der Querstange waren Stoffreste angerostet. C. Bronzegegenstände Die beiden Bronzegefäße, die in diesem Tumulus gefunden worden sind, kamen in sehr schadhaftem Zustande zum Vorschein. Die Höhe der gerippten Ciste mit zwei gut erhaltenen Henkeln [Taf. XV Fig. 2] beträgt 18 cm, ihre Breite 22 cm. Die in ihrer Nähe niedergestellte Situla (Höhe 23 cm, Breite 21 cm, Breite des Bodens 16 cm [Taf. XV Fig. 1]) weicht in der Art und Weise der Verzierung nur in Einzelheiten von der in St. Magdalenen in Krain [Taf. XV Fig. 3] gefundenen ab. Der obere Rand ist mit einer horizontalen, dreifachen getriebenen Punktreihe geschmückt, deren mittlere Reihe bedeutend größere Punkte aufweist. Unterhalb läuft ein mit konzentrischen Kreisen und Vogelfiguren geschmückter Streifen; zwischen zwei getriebenen konzentrischen Kreisen mit einem Buckel als Mittelpunkt befinden sich je zwei Vögel mit geschwungenem Halse, geteiltem Schwänze und einem Schopf. Ein Ornament, das nicht allein auf der oben erwähnten Situla von St. Magdalenen und dem Gürtelbleche von Watsch vorkommt, sondern mit geringfügigen Änderungen öfter auf Bronzegefäßen der Hallstätter Periode erscheint (Sacken, Das Grabfeld von Hallstatt Tafel XXII Fig. 2 und 3; Marchesetti, Scavi nella necropoli di S. Lucia im Bolletino della Socicta Adriatica 1893 tav. III fig. 4). Die Punktreihen des oberen Randes wiederholen sich ungefähr in der Mitte der Situla und unter diesem horizontalen Streifen noch einmal in girlandenförmiger Anordnung. Der Randreifen der Situla ist mit einer Bleieinlage verstärkt, nach Marchesetti (Castel-lieri S. 174) und Hoernes (Hallstattperiode im Archiv für Anthropologie N. F. III S. 255) ein Zeichen, daß die Situla heimisches Fabrikat sei. Die beiden Tierfibeln [3f] gehören den auch in einigen anderen Gräberfeldern Krains (Podzemelj, Zagorje, St. Magdalenen, St. Margarethen) vorkommenden Fibeln mit unterer Sehne an, deren Bügel zu einem kaßenähnlichen Tier umgestaltet ist, das einen Vogel fängt, der auf dem Nadelhalter sißt [Taf. XV Fig. 25]. Der Bronzehenkel [3 c] hat einen ziemlich schmalen Bügel, der an den Rändern mit einer doppelten Kerbung versehen ist und in eine durchbohrte, am oberen Rande hahnenkammförmig verzierte Rundung übergeht, in deren Durchbohrung ein Ringelchen steckt [Taf. XV Fig. 23]. Neben dem Henkel lag ein nadelartiger, gleichmäßig dicker Gegenstand aus Bronze; an seinen drei Bruchstücken kann man Anfang und Ende nicht absehen. Unter den Gürtelbestandteilen [3 d] ist vor allem zu erwähnen ein Gürtelblech mit Schließhaken, aus zwei in der Mitte mit vier flachgehämmerten Bronzenägeln zusammengenieteten Bronzeblechen. Das Leder war ebenfalls mit vier Nieten angeheftet. Die oberhalb angenietete Hälfte des Gürtelbleches ist am mittleren Rande schwach gekerbt (Länge des Gürtelbleches 20"5 cm, Breite 5'7 cm, Dicke 1 "5 mm). Dieselbe gewöhnliche Form, wie sie in den meisten Gräberfeldern Krains vorkommt, haben auch die übrigen Gürtelbeschlagteile. An einem schmalen, am Rande mit Punktreihen, in der Mitte mit getriebenen Buckeln und in bestimmten Abständen mit angenieteten Knöpfen verzierten Bronzebande ist als Abschluß des Gürtels ein Gürtelring, mit fünf Knöpfchen speichenförmig beseßt, befestigt; in seiner Befestigung sieht man noch Lederspuren [Taf. XV Fig. 24 und 26]. Zum Gürtel gehören wahrscheinlich auch ein übereck gestellter, in der Mitte durchlöcherter viereckiger Bronzebeschlag mit Knöpfen an den Ecken [Taf. XV Fig. 18], ein kleines mit Rillen geziertes Anhängsel und ein Knopf (Taf. XV Fig. 17). Unerklärt bleibt die Bestimmung vier eigentümlich geformter, mit einem Haken versehener Bronzegegenstände, die oben, unten und an beiden Seiten durchbrochen, auf der Hakenseite am oberen Rande mit zwei Rillen verziert sind [Taf. XV Fig. 13 bis 15]. Vielleicht gehören sie zur eisernen Pferdetrense [3 e], in deren Nähe sie nebst zwei Bronzeringen (Durchmesser 2'5 cm) gelegen waren. Den eigentümlichsten Bestand des ganzen Fundes bildet unstreitig der Pferdeschmuck, dessen Rekonstruktion [Taf. XV Fig. 19] sehr erschwert wird durch den Umstand, dag einige Stücke fehlen und dag er bei der Auffindung auseinandergerissen worden ist. Es lassen sich mehrere Teile auseinanderhalten. Ein Halsband, bestehend aus runden, an leicht beweglichen Ringen ineinander hängenden Scheibchen, die mit einem am schmäleren mehrteiligen Bande befindlichen Schlieghaken zusammengehalten wurden [Taf. XV Fig. 9]. Die nächst diesem schmäleren Schliegbande angebrachten Scheiben sind in der Mitte durchbrochen (Breite des Loches 3'1 cm) und um 1 cm breiter als die übrigen, deren Durchmesser 8'5 cm beträgt. Die Scheiben selbst sind in der Mitte mit einem getriebenen grögeren Buckel verziert, der von zwei konzentrischen, aus immer kleiner werdenden Buckelchen bestehenden Reihen eingerahmt wird. Zwischen dem äugeren Kreise und dem Rande wie auch zwischen den beiden Kreisen laufen zwei konzentrische Kreise in erhabenem Tremolierstich, während ein Kreis in vertieftem Tremolierstich den Mittelbuckel einfagt und ebenso auch die einzelnen Buckelchen mit dem Ornament der laufenden Spirale miteinander verbunden sind [Taf. XV Fig. 6]. Bei den durchbrochenen Scheiben fehlt die innere Buckelreihe; der Durchbruch wird von einem Kreis in vertieftem Tremolierstich eingefagt. Eine ebensolche Randeinfassung und Verbindung der Buckelreihe mittelst des Ornamentes der laufenden Spirale haben auch die schmalen Schliegenbänder. Das Halsband stand mittelst weiterer an der Wange des Pferdekopfes anliegender und an leicht beweglichen Ringen mit dem Halsbande verbundener Scheiben [Taf. XV Fig. 8] mit dem Stirnkreuze in Verbindung, das aus vier an einem Ringe hängenden, gebogenen Bronzestangen besteht [Taf. XV Fig. 7]. Zwei in Ringen zusammenhängende durchbrochene Scheiben scheinen mittelst eines Lederriemens, der auch durch die übrigen durchbrochenen Scheiben durchgezogen werden mugte, mit dem Halsbande verbunden gewesen zu sein [Taf. XV Fig. 12]. Mit den Backenscheiben wurde augenscheinlich durch kürzere dünne Bronzestangen [Taf. XV Fig. 5], an denen auch der runde Zügelriemenhalter angebracht ist, die eiserne Trense zusammengehalten, von der sich nur Bruchstücke erhielten. Die Trense hatte an der Seite je drei bewegliche Knüppelchen aus Bronze als Verzierung, die in Ringen an einer an der Trense befestigten, mit verschieden gestellten Strichelreihen verzierten Bronzeröhre hängen [Taf. XV Fig. 10]. Daneben, wie überhaupt an allen beweglichen Ringen des Halsbandes und der Scheiben, hängen paarweise dreieckige Klapperbleche, mit zarten Rillenstreifen verziert, die im oberen Teile von einer dreifachen Rille quer abgeschnitten werden. Um ein Hin- und Herrutschen der Trense zu verhindern, waren beiderseits zwei halbkreisförmige, an den Enden verdickte und in runde Vertiefungen auslaufende hohle Reifen angebracht, die überquer mit abwechselnden Rillenstreifen verziert sind [Taf. XV Fig. 11]. Jeder Knebel weist im mittleren Teile vier durch den Reifen durchgehende Löcher auf, in denen kurze, verrostete Elisenzapfen stecken. Die Zartheit des Pferdeschmuckes weist darauf hin, dag er jedenfalls nur als Festzierde diente, und es ist nicht unwahrscheinlich, dag zugleich mit ihm die starke eiserne Trense (3 e), die allein gebrauchsfähig war, getragen worden ist. Ein Vergleich mit ähnlichem Pferdeschmuck aus Gräbern derselben Periode zeigt, dag der Fund aus dem Rudolfswerter Tumulus bisher der vollständigste und reidiste ist. Trensen, bei denen sich eine gebogene oder halbkreisförmige Seitenstange in einfacher Ausschmückung vorfindet, kommen ziemlich häufig vor, vom Pferdegeschirr jedoch hat man bisher meist nur einzelne Teile gefunden. Eine Zusammenstellung der bedeutenderen Funde gibt Reinecke gelegentlich der Besprechung eines eisernen späthallstättischen Pferdegeschirres aus dem Haidforst bei Traunstein (Zu älteren Funden vor- und frühgeschichtlicher Zeiten aus Altbayern in der Altbayerischen Monatsschrift 5. Jahrg. 1905 S. 137 ff.). In der Anordnung nähert sich dem Rudolfswerter am meisten der Pferdeschmuck von S. Lucia (vgl. darüber Marchesetti, Scavi S. 175 f. tav. XXX), dessen Ausführung und Schmuck jedoch wesentlich einfacher gestaltet ist. Die reiche Gliederung und geschmackvolle Verzierung unseres Pferdeschmuckes ist ein deutliches Zeichen des Luxus und der hohen kunstgewerblichen Entwicklung damaliger Zeit. Wie die meisten Grabfunde mit Pferdegeschirr, gehört auch der Grabinhalt des Tumulus von Rudolfswert der jüngsten Hallstattperiode an. Einen charakteristischen Beleg dafür bieten die Tierfibeln und die typischen roten, schwarz gebänderten Gefäge, die auf die dritte Gräberstufe von Este hinweisen. 2. Tumulus in der Smölova hosta bei Rudolfswert Im Forste des Gutsbesitzers Rudolf Smola (Smölova hosta), ungefähr eine Viertelstunde von Rudolfswert entfernt, wurde im Herbste 1905 ein der jüngeren Hallstattperiode angehöriger Tumulus von ungefähr 9 m Durchmesser durchforscht (siehe den Plan Abb. 2). Am Ostrande desselben (1" 15 m tief) traf man Spuren eines nach Osten orientierten Skelettes [2]. In der Halsgegend lag in zwei nicht vollständig erhaltenen Bruchstük-ken eine bronzene Arm-brustfibel mit schmalem Bügel, der in der Längsrichtung von vier Rillen durchzogen war, die wiederum in der Nähe des Nadelhalters von vier Querrillen abgeschnitten wurden. Den Hals des Skelettes schmückte noch eine aus neunzehn blauen, mit weißer Wellenlinie verzierten Glasperlen bestehende Perlenreihe. Hände und Füße zierten je zwei Ringe aus Bronze. Die kleineren und massiveren Armringe [Taf. XV Fig. 21] weisen dieselbe Kerbung auf wie die zarteren Fußringe [Taf. XV Fig. 20], deren Enden übereinandergreifen und zum Dehnen gerichtet waren (äußerer Durchmesser der Armringe 7'5 cm, der Fußringe 9"7 cm). In der Nähe der linken Hüfte lagen drei Spinnwirtel [Taf. XV Fig. 16] mit deutlichen Zeichen des Gebrauches und am Fußende ruhte ein kleines rohgebranntes Gefäß (Höhe 7 cm) mit ziemlich schmalem Boden und breit ausladendem Bauche [3], der nach einer schwachen Einziehung des Halses fast senkrecht in den Mundsaum endet (Durchmesser 10 cm). In der Nähe [5] befanden sich noch eine schlanke eiserne Axt (Länge 17 cm) mit offener Tülle (Durchmesser 4 cm) und ziemlich schmaler Schneide (5 cm), eine sehr schlecht erhaltene eiserne Lanze (35 cm Länge) mit schmalem Blatt und starker Mittelrippe und ein geschwungenes eisernes Messer, dessen Gesamtlänge 12 cm, die Länge der Klinge 9 cm beträgt. 1 ■ 2oq> Abb. 2 CcI- von ObeHng. M. Prcloväek Ungefähr in der Mitte des Tumulus [4] lagen noch beisammen eine mit jenen des Halsschmuckes identische Perle, ein Bruchstück eines gekrümmten eisernen Messers, ein spitj zulaufender schmaler, vierkantiger eiserner Gegenstand von 11 cm Länge, davon 3 cm auf den mit Holz verkleideten Schaft abgerechnet werden müssen, und eine Schnalle aus Bronze (Durchmesser 3 cm). Am Nordrande [6] befanden sich vereinzelte Scherben aus rohgebranntem Ton. Am Westrande des Tumulus [1] lagen Bruchstücke einer Schlangenfibel aus Bronze, deren Bügel ein schmales, längliches Plättchen mit drei eingedrehten Würfelaugen trägt. Neben der Schlangenfibel lagen noch 135 sehr kleine Perlen aus blauem Glase. Eine Flugmuschelart mit Perlenbildung aus Krain Von Dr. Gvidon Sajovic Am Karstboden, zwischen den Dörfern Borovnica und Ohanica befindet sich längs des Wiesenweges ein mägigtiefer Graben mit langsam fliegendem Wasser. Der sandige Unterboden ist mit einer Schlammschidite überzogen, in weldier sich vereinzelt verschieden groge, mit Moos und anderen Wasserpflanzen bedeckte Steine befinden. Die Grabenränder sind grögtenteils frei, hin und wieder auch mit Erlen und Weidengebüsch bewachsen, dessen Wurzeln in das Wasser hineinragen. Diesen Ort hat sich, das langsame Geschlecht der schwarzbraunen Flugmuschel zum Aufenthalte gewählt. Hier leben sie teils vereinzelt, teils zu mehreren zusammen im kühlen Sdiat-ten unter den Wurzeln oder frei an den Ecken und Winkeln, eingegraben in den schlammigen Boden; man findet sie auch inmitten des Wassergrabens. Gesellschaft leistet ihnen die hier augerordentlich zahlreich vorkommende Melaniaart, mit welcher die moosbedeckten Stellen direkt besät erscheinen. In diesem Wassergraben hat Simon Robič eine Muschel mit der seltenen Perlenbildung gefunden. Dieses Stück wird jetjt im Landesmuseum Rudolfinum aufbewahrt. Robič erkannte die Muschelart als „reniformis Schmidt" und Clessin bezeichnet die Form als „unio batavus v. ater", deren nierenförmig abgeänderte Varietät sie ist. Bekanntlich passen sich die Flußmuscheln ihrem Standorte in hervorragendem Maße an und diese Eigenheit bedingt auch ihre starke Formveränderlichkeit. Vergleichen wir einzelne Stücke aus verschiedenen Flüssen, Wassergräben, Seen oder Teichen, so bemerken wir, daß beinahe jeder Standort seine eigene Form derselben Art aufweist. Diese Erscheinung ist abhängig von der Beschaffenheit des Standortes, vor allem vom Boden und von der Geschwindigkeit des Wasserlaufes. Oft wirken diese Faktoren an einer Stelle derart, daß die Musdieln derselben Art in der Beschaffenheit und Form der Schale stark abweichen. Selbst Roßmässler, welcher die Art „reniformis Schmidt" aufredit erhält, schreibt in seiner Ikonographie: „Idi habe jeßt gegen 100 Exemplare vor mir, die ein so buntes Gemisdi von unzweifelhaften und zweifelhaften reniformis und pisci-nalis sind, daß ich nicht weiß, wo die eine aufhört und die andere anfängt, . . . unter vielen jungen Exemplaren kann ich keines mit nur einiger Sicherheit zu reniformis, sondern muß sie alle zu piscinalis, also batavus rechnen." Aus diesen Worten ist wohl ersichtlich, daß wir reniformis nidit als eine gute Art, ja nicht einmal als eine gute Varietät auffassen können. Die Sdiale der Flußmuschel, die Robič gefunden hat und weldie wir als eine lokale Abänderung der braunschwarzen Flußmusdiel (unio batavus v. ater) bezeichnen wollen, ist ziemlich dick, breitnäbelig und nierenförmig gebogen (daher reniformis = nierenförmig). Die Ursache der nierenförmigen Krümmung ist nach Clessin in der schlammigen Bodenbeschaffenheit und dem trägen Wasserlaufe zu suchen; diese beide Faktoren treffen audi in unserem Falle zu. Die Sdialenlänge beträgt 58 mm, die Breite in der Mitte gemessen 41 mm, der Durchmesser 35 mm. Die Epidermis der Schale ist schwarzbraun, wonach die Varietät auch ihren Namen erhielt. Das Innere der Muschel ist perlmuttergrau, erscheint jedoch gegen die Mitte fleischfarbig gefärbt. Die Perle wurde zwischen der Perlmutterschichte und dem Mantel gefunden, an der Stelle, an welcher sie in der Figur erscheint. Wir müssen jedoch bemerken, daß die Perle freiliegend und nicht der inneren Schalenschichte angewadisen war. Sie ist rötlich, von Erbsengroße, besißt einen sanften silberhellen Glanz und wiegt 0*13 g. An jener Stelle der Perlmutterschichte, wo die Perle lag, bemerkt man hirsengroße und noch kleinere Wucherungen der Epidermis, welche infolge Reizwirkungen entstanden sind. Die Perlen bilden sich bekanntlich folgendermaßen: Kommt beim Offenstehen der Schale ein fremder Gegenstand in diese hinein, so übt er einen ungewohnten Reiz auf den Organismus aus, verursacht eine übermäßige Absonderung von Perlmutter und gibt dadurch Veranlassung zu einer Perlenbildung. Die Perlen gleichen daher der Perlmutter, welche die innere Schidite der Schale bildet und enthalten mithin in ihrem Innern den ihre Bildung veranlassenden Gegenstand, wenn oft auch schwer kenntlich. Wie die Perlen entstehen, war lange Zeit unbekannt und gab Anlaß zu Fabeleien. Eine altindische Sage erzählt, daß in milden, hellen Nächten des Monates Nisan (März) aus dem Himmel zarte Tautropfen fallen, um in dem Busen der klaffenden Muschel von den Strahlen der alles hervorbringenden Sonne befruchtet zu werden. Die „Edelsteine" (Perlen) findet man erst im Monate Tisoi (September) darin. Unter den dortigen Eingeborenen herrscht noch heutzutage dieser Glaube. In unseren Gegenden trifft man die perlbildenden Flußmuscheln sehr selten und mir ist bisher außer dem soeben beschriebenen Falle kein einziger noch bekannt. Die Seltenheit wird noch gesteigert, da die ziemlich große, schön glänzende Perle bei einer schwarzbraunen Flußmuschel gefunden worden ist. Gewöhnlich findet man die Perlenbildung nur bei der Flußperlmuschel (Margaritana margaritifera Linne), welche in unserer Monarchie vorzugsweise in Böhmen in der Otava, Moldau und in den Bächen des Böhmerwaldgebietes vorkommt. Im übrigen ist diese Art ein zirkumpolar verbreitetes Tier, welches weidies Wasser liebt und daher in kalkarmen Bächen und Flüßchen der nördlichen Alten und Neuen Welt zu finden ist. Das Wasser in dem Weggraben zwischen Borovnica und Ohanica ist kalkhaltig, wie die Analyse zeigt, welche ich der Güte des Herrn Vorstandes der landwirtschaftlich-chemischen Versudisstation Ing. ehem. J. Türk zu verdanken habe. In 1 Liter Wasser ist der Prozentsaß folgender: Trockensubstanz (getrodenet bei 120° C.) 0'2944%, von dieser verteilen sich 0'0836% auf den Glühverlust und 0'2108% auf den Glührückstand, Kieselsäure (SiO,) 0-0010%, Eisenoxyd und Tonerde (FetO, + A1,03) 0-0010%, Kalk (CaO) 0-0914%, Magnesia (MgO) 0-0473%, Schwefelsäure (SOa) 0'0070%, Chloride (als Natriumchlorid berechnet) 0'0087%. In deutschen Härtegraden ausgerechnet, weist es 15"84° auf; es ist daher ein hartes Wasser. Abweidiend von den Lebensverhältnissen der perlbildenden Art, die sonst weiches Wasser bevorzugt, wurde diesmal bei der Flußmuschel eine Perlenbildung auch im harten Wasser wahr- genommen; jedenfalls ein sehr seltenes Vorkommen, da Robič bei zirka 100 geöffneten Tieren keine Andeutung einer Perlenbildung gefunden hat. Audi idi hatte die Gelegenheit, ungefähr 50 Exemplare aus dieser Gegend zu untersudien, konnte jedodi in keinem die oben erwähnte Bildung bemerken. Kleine Mitteilungen Funde der älteren Hullstuttperiode in Knünburg. Im Monate Juli 1. J. stießen Schotterarbeiter auf dem Pfarrgrundc südlich von der Umfassungsmauer des Krainburger Friedhofes auf ein Brandgrab, welches über Einladung des Herrn Deehanten von Krainburg, A. Koblar, der Gefertigte am 21. Juli öffnete. Es lag etwa sechs Schritte südlidi vom Reihersdien Grabdenkmal (in der südlichen Friedhofsmauer) und hatte eine Tiefe von zirka 1' 20 m, in der Höhenmitte einen Durchmesser von zirka 95 cm, am Boden einen solchen von zirka 70 cm. Rings war es von größeren Steinen umgeben, unter welchen eine Imitation des Pferdekopfes besonders auffiel (zwar nur zum Teil erhalten, doch auf den ersten Blick als Pferdekopf zu erkennen). Unter dem Steinmantel befand sich ringsum, besonders am Boden, eine dicke Brandstoffschichte. Funde: 1. eine Sudpyramide aus Ton, am oberen Grabesrande; 2. im Grabe selbst befanden sidi mehrere Tongefäße, die jedoch unter der Last der darüber lagernden Stein- und Erdmasse so zusammengedrückt und zerbröckelt waren, daß weder ihre Zahl nodi ihre Form mit Sicherheit festzustellen war. Allem Anscheine nach waren im Grabe drei größere Töpfe, und zwar zwei im südlichen, einer im nördlichen Teile desselben. Leßterer ist besonders deswegen bemerkenswert, weil seine Oberfläche durdi Kannelierungsstreifen, die vom oberen Rande bis zum Boden gingen, in mehrere Teile (drei oder vier?) geteilt war. Der Bauchdurdimesser dürfte zirka 32 cm betragen haben. Seinen Inhalt bildete im oberen Teile reiner Lehm, unter dem sich gebrannte Knochen mit Asche befanden. Audi in dem südöstlichen Topfe waren gebrannte Knochen, doch stark vermengt mit verschiedenen anderen Brandstoffen. Unter diesen wurden auch 3. drei ineinander gelagerte Bronzeringe (mit sich kreuzenden Enden) gefunden, weiter eine kleine Kahnfibel und ein Ohrgehänge aus Bronzedraht. Ein zweites Grab, das am 6. August geöffnet werden sollte, war bereits ausgeraubt und nur an den Aschenresten, Tonscherben und Bronzedraht als solches kenntlich. Doch erfuhr der Gefertigte bei dieser Gelegenheit, daß inzwisdien von den Arbeitern ein drittes Brandgrab aufgedeckt worden war, in welchem ein etwa 14 cm langes, gebogenes Eisenmesser (oder Sichel?), ein Spinnwirtel aus Ton und zwei Stücke eines Bronzebeschlages von 4*5 cm Breite, eine Öse und ein 4 cm langes Stück eines flachen, auf der Rundfläche gerillten Stäbchens aus Bronze gefunden wurden. Alle Fundstüdee bewahrt der Herr Dechant A. Koblar in Krainburg.1 Diese Gräber und die Funde, die bereits im Jahre 1893 bei Gelegenheit der Grundaushebung für den Mayrschen Bierkeller, der etwa 150 Sdiritte weiter westwärts liegt, gemacht und in den „Izvestja Muzejskega društva za Kranjsko" 1893 S. 80, ferner im XX. Jahrgange der Mitteilungen der k. k. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale 1894 S. 184 kurz erwähnt wurden, beweisen im Zusammenhange mit der Aussage des Totengräbers, daß sein Vorgänger auf dem Friedhofe selbst „viele alte Sachen" gefunden habe, das Vorhandensein eines ausgedehnten prähistorischen Gräberfeldes, welches einen großen Teil des heutigen Krainburger Friedhofes und den südlich und westlich daranstoßenden Acker- und Wiesengrund umfaßt haben, aber heute allem Anscheine nach größtenteils bereits zerstört sein dürfte. Dr. J. Žmavc Eine halbmondförmige Fibel der älteren Hallstattperiode aus Krain bewahrt das königl. Antiquarium in München. Es ist eine massive Silberfibel, deren halbkreisförmiger Bogen zu einer Mondsichel verbreitert worden ist. Der Bügel ist mit getriebenen Buckeln verziert, die durch Linien in Tremolierstich abgegrenzt sind; die Buckel sind überdies von Kreisen in Tremolierstich umgeben. Der innere Rand der Fibel ist mit einem gravierten Zickzackbande belebt. Die innere Biegung des Halbmondes füllen zwei einander gegenüberstehende rohe Tiergebilde, die, mit dem Halbmonde aus einem Stücke gearbeitet, mehr eine Andeutung der Gestalt als ihre Nachbildung geben. Die Klapperbleche sind mit dreireihigen getriebenen Buckelchen verziert. (Siehe Taf. XVI; die Abbildung wurde vom G. Hirths Kunstverlag in München in liebenswürdiger Weise der Redaktion zur Verfügung gestellt.) Ihrer Grundform nach gehört die Fibel zu den einschleifigen Bogen-fibeln. In Hallstatt wurden bei zwanzig ähnliche Fibeln gefunden (Sacken, Grabfeld von Hallstatt Taf. XIV Fig. 15 bis 17 und Taf. XV Fig. 1). Besonders die bei Sacken Taf. XIV Fig. 16 abgebildete Fibel gleicht am meisten unserer Fibel, die sich von jener nur durch die stärker ausgeprägten Buckel und kürzere Kettchen unterscheidet. Bei ihrem häufigen Vorkommen ist die Fibel jedenfalls in Hallstatt selbst gearbeitet worden; sie ist demnach eine Lokalform. Etwas Genaueres über die näheren Fundumstände sowie die örtlichkeit des Fundes konnte mir weder die Vorstehung des Antiquariums, die die Fibel im Jahre 1905 vom Maler und Antiquar Emanuel Kohn in München erworben hatte, noch der Antiquar selbst mitteilen. Der Verkauf der Fibel in eine fremde Sammlung ist eine gute Illustration des Treibens gewissenloser Raubgräber in Krain, die die vorgeschichtlichen Gräber planlos nach Schagen durchwühlen und oft die besten Gegenstände ins Ausland verkaufen, zum unermeßlichen Schaden der wissenschaftlichen Forschung. Aus ihrem Zusammenhange gerissen sind die zerstörten 1 Die Funde überwies inzwischen Herr Dechant Koblar gesdienkweise dem Rudolfinum. Schäße nur stumme Zeugen der Urgeschichte und nur an der Hand der Analogie kann man sich ein Urteil über sie bilden. Was frommt ein Museum wüst zusammengetragener Objekte, wenn die Verbindung zwischen den einzelnen vernichtet ist! rjr. Walter Šmid Springer und Geißler. Im letzten Hefte der Izvestja XVIII 60 ff. erschien ein Aufsaß von Professor Gruden über die mystischen Sekten zur Zeit der Reformation. Wenn ich seine Ausführungen richtig verstanden habe, so ist erder Anschauung, daß diese anderwärtig schon im 13. Jahrhundert entstandenen Sekten bei uns erst im 16. Jahrhundert aufgetaucht sind, und zwar als eine Art Reaktion des gemeinen Volkes gegen den zerstörenden Protestantismus. Ich teile diese Ansieht nicht, da es mir sehr wahrscheinlich vorkommt, daß unsere Leute schon bedeutend früher bei ihren Pilgerfahrten nach Köln am Rhein mit dieser Schwindelkrankheit Bekanntschaft gemacht haben dürften. Erstens bezeugt uns eine Notiz in den Chroniken der deutschen Städte, die ich unten anführen will, ausdrücklich, daß die Springer und drehkranken Schwindler in Köln zwischen Groß- und Kleinfrauentag des Jahres 1374 ihre Orgien feierten. Eben in dieses Jahr fällt aber auch die Stiftung der ungarischen Kapelle in Münster - und mit den ungarischen Pilgerfahrern vereint erschienen gewöhnlich am Niederrhein, solange sie keinen eigenen Altar hatten, auch die südslavischen Pilger, die Slovenen aus Steiermark und Krain. (NB. Der sogenannte Slavenaltar, nach den vier Kirchenvätern Augustinus, Hieronymus, Gregorius und Ambrosius, denen er geweiht war, auch der Vierdoktorenaltar genannt - soll nach Professor Luschin (Schumi Archiv II 72) gegen Ende des 14. oder zu Anfang des 15. Jahrhunderts errichtet worden sein). Wenn wir nun annehmen, daß unsere Leute schon im Heiltumsjahre 1374 in Köln bei jenen tollen Aufführungen zugegen gewesen, so ist es kaum glaublich, daß sie nicht schon damals von der Wirbelsucht wären angesteckt worden. Die erwähnte Notiz lautet: ao dni 1374. In dem selven jair stonde ein groiffe krankheit Up under den minschen, ind was doch niet vil me gesien dese selve krankheit vur of nae, ind quam van naturlichen Ursachen, as die meister fchriven, ind noemen fi m an i am, dat is raserie of unsinnicheit, ind vil lüde, beide man ind frauwen, junk ind alt hadden die krancheit, ind gingen uis huis ind hof. dat deden auch junge meide, die verlieffen ir alderen, vrunde ind maege ind lantschaf. disse vurß minschen, zo eßlichen ■ziden as si die krancheit anftieffe, so hadden si ein wonderlich bewegung irre lichamen: si gaven uis krischende und grusame stimme, ind mit dem wurpen sie sich haestlich up die erden und gingen liggen up iren rugge, ind beide man ind vrauwen moist men umb iren buich ind umb lenden gurdelen und knevelen mit twelen und mit starken breiden benden, asso stif und harte als men mochte. Item asso gegurt mit den twelen danßten fi . . . ind riefen: „here sent Johan so so vrisch ind fro, here sent Johann." Item die ghene, die die krancheit hadden, wurden gemeinlichen gesunt binnen 15 dagen. zom lesten geschiede vil boverie und droch daemit: eindeil naemen sich an, dat si krank weren, up dat si mochten gelt daedurch bedelen, die anderen vinsden sich krank, up dat si mochten unkuischeit bedriven mit den vrauwen, ind gingen durch alle lant ind dreven vil boverie. doch zolesten brach it uis ind wurden verdreven uis den landen, die selve denßer quamen ouch zo Co eilen tuschen zwen unser Heven vrauwen missen assumptionis ind nativitatis. L. P. Ein Winterrück fall. Valvasor erwähnt (XV 505) beim Jahre 1578 nur die in Unterkrain grassierende Pest. Eine handschriftlidie, auf einem Buchdeckel erhaltene Glosse aber weiß uns noch von einem anderen Mißfall dieses Notjahres zu erzählen. Nach dieser Glosse soll 1578 ein beispiellos strenges Frostjahr gewesen sein, da die Verfrühung des Frühlings durch plötzlich eingetretenen Schneefall und darauf folgende grimmigste Kälte wieder zurückgedrängt wurde. Anno 1578 die decima Mensis Aprilis post subitas niues spirantibus ventis frigidissimis repentina vesperi facta serenitate totaque nocte durante intensissimum frigus sequenti die undecima Aprilis invaluit. Et algore illo omnia iam virentia non solum surculi, folia vel gemmae, sed etiam vites bimulae, trimulae, ramique omni genarum (?) arbores frutices et dumi, sed et praecipue alni et salices ad crassitiem pali maximi miserabiliter perierunt. Item sata hortensia omnia exaruerunt. Cuculi vox quae antea audiebatur, silet, — turturis nusquam auditur; reliquae aves hiemem sonant. Vernum florentissimum hiems hirsuta et squalida occupauit. — Pecora nequiquam foris pabuli inuenientia fame iam peritura tristissimum sonum edebant. Miraculum algoris verni nullo seculo auditum. Ab illa die vsque ad exitium — Sebastianus Tischlerus. Anni illius Lud. rector Tyberiae. Anm. Der südsteirische Lokalhistoriker Ignaz Orožen hat (Das Dekanat Tüffer S. 235) die Ansicht geäußert, daß vor dem Jahre 1774 zu Tüffer wahrscheinlich der Schulmeister, d. i. Organist und Kantor, im Auftrage und unter Aufsicht der Kirche einen Schulunterricht in seiner Wohnung, Erdgeschoß des jetzigen Kaplanei-Gebäudes, erteilt haben wird. Ich glaube, die Unterschrift bei obiger Glosse richtig dahin verstehen zu müssen, daß sie als Bestätigung der Ansicht Orožens bezüglich des Bestandes einer Schulmeistert in Tüffer angesehen werden kann, d. h. daß bereits im XVI. Jahrhundert (anno 1578) ein gewisser Sebastian Tischler Schulleiter in Tüffer gewesen. L. P. Eine typographische Rarität des XVI. Jahrhunderts. Ein seltenes Druckwerk aus dem XVI. Jahrhunderte, das wenigstens in der Hinsicht als Carniolicum zu betrachten ist, daß sich das darin geschilderte Ereignis in Krain abspielte, führt den Titel: Seisenbergensis tumultus ad reverendissimum in Christo patrem d. d. Volfgangum Naevium mona-sterii Sithicensis abbatem amplissimum, Joanne Faitano Regiensi autore. Viennae Austriae excudebat Michael Zimmerman, anno M.D.LX. kl. 4°. Dieses 557 Hexameter umfassende Gedicht des Faitanus behandelt die auch von Valvasor (Ehre des Herzogtums Krain XI 520) erzählte Begebenheit aus dem Jahre 1559, nämlich den von Gregor, dem Bastardsohne des H. Georg von Auersperg, inszenierten Überfall auf das Schloß Seisenberg. Über die Person des Dichters wissen wir sehr wenig. Von Erberg wird er in seinem handschriftlieh erhaltenen, im Rudolfinum aufbewahrten „Versuch eines Entwurfes zu einer Literaturgeschichte für Crain nach den Quellen der Lusttaller Bibliothek und Archiv bearbeitet" - zu seinem (d. i. Erbergs) bloß eigenem Gebrauche im Jahre 1825 angelegt — in einer Randglosse auf S. 164 als „ex parentibus Carniolanis natus Regiae (Rugiae?) in Italia" bezeichnet. Ist dies vielleicht Reggio im Modenesischen (Regium Lepidi)? Faßten wir bloß den Namen Faitanus ins Auge und zögen wir die Parallele mit Caitanus (d. i. Caietanus = einer aus der Hafenstadt Caieta), so kämen wir in die Versuchung, seine Ahnen etwa im lombardischen Dorfe Faedis oder im neapolitanischen Flecken Faito oder in Faid a (Tirol) oder Faido (in der Schweiz) zu suchen. Der Schluß des Gedichtes sagt uns, daß es in Sittich entstanden ist. Faitanus sagt daselbst: Haec tibi dictabam, Volcane, amplissime praesul, Otia dum fugerem Sithici fl oren tis in agro____ Sollen wir nun annehmen, daß Faitanus ein Mönch des Sitticher Klosters gewesen oder daß er sich nur zeitweilig als Gast des Abtes Wolfgang Neff oder als Quiescent in bescheidener Zurückgezogenheit hier aufgehalten habe? Die zweite Annahme dürfte mehr Wahrscheinlichkeit haben. Wie so? An das erste Gedicht von der Überrumpelung Seisenbergs hat Faitanus noch ein zweites mit 73 Hexametern angeschlossen, betitelt: „Ad eundem reverendiss. d. d. Volcanum Neffium, Sithicensis monasterii abbatem amplissimum. Precatio pro podagra." In diesem sagt er: „Juppiter omnipotens .... Aspice quot lachrymis adeam tua templa, quibusque Muneribus decorem sancta haec altaria poscens Non ut me Italicis reddas nunc urbibus, aut me Accumules opibus rursum, rursumque relicta Commoda restituas iam deplorata, nec ut me Secernas Herum populo et primoribus addas, Quae mihi nunc ingrata forent, qui praepete cursu Exutus curis et ab omni labe remotus Exopto hanc animam supplex imponere Olympo, Sed solum .... nodosam ut solvas podagram .... Daraus ist zu entnehmen, Faitanus habe sich früher, von Glücksgütern überhäuft, in vornehmer Lebensstellung in den Städten Italiens aufgehalten, sei aber jetzt daran, frei von Sorgen und vor keinem Mißgriffe mehr in Angst, sein Leben in Ruhe zu beenden. Ich habe nicht vor, Faitanus' Schilderung des Überfalles von Seisen-berg ausführlich zu wiederholen, nur so viel will ich erwähnen, daß die stellenweise sehr poetisch gehaltene Erzählung nicht unpassend vor den weltgeschichtlichen Hintergrund der Türkeneinfälle aufgestellt und mit manchen psychologischen Motivierungen durchwoben erscheint. Valvasor meint, daß Gregor mit 18 angeworbenen Neapolitanern nach Seisen-berg gekommen, um sich des Schlosses zu bemächtigen, doch scheint die Darstellung des Faitanus glaubwürdiger zu sein, der erzählt, der von Gregor ausgeschickte Werber habe seinen Weg ins Venezianische Cnrnlnln 1W1X III u. IV 16 gerichtet, er habe Padua (Antenoris urbem) erreicht und sich von da in die Euganeischen Berge begeben. Hier in den Euganeischen Bergen zwischen Padua und Este (?), oder richtiger wohl in den südtirolischen Bergen, die das Tal Val Sugana (vallis Euganea) einschließen, sammelte Gregors Anwerber kernige handfeste Steinhauer, führte sie auf der Brenta zum Meere, übers Meer nach Triest, von da durch den Birnbaumer Wald und über die Berge zwischen Zirknitz und Franzdorf nach Igg. So beiläufig besehreibt unser Autor die Konskription der Helfershelfer und ihre Ankunft in Krain. Führen wir einige Verse an: Atque illinc latomos multos magno aere repertos Educit, iuvenes omnes validisque lacertis Insignes, qui saxa cavis et marmora ab altis Verticibus Vendae solcant evolvere fossa Et rapido vastis Meduaco imponere lembis .... Unter Venda dürften die zwischen Südtirol und Venezien gelagerten Dolomitalpen (Alpes Ven et ae) zu verstehen sein, Meduacus aber ist der Flug Brenta. Lembi sind niedrige Fahrzeuge mit vielen Rudern, Flösse. Auffallen muß es dem Leser, dag Faitanus, um seiner Darstellung einen klassischen Anstrich zu geben, unter den Helfershelfern Gregors, die im Seisenberger Schlosse dem Tode verfielen, einige geradezu mit Namen anführt, z. B. die Bildhauer und Steinmetzen Ruttilius, Phaedrus und Aegialus, ferner den Sänger und Zitherspieler Authumedon, dessen Name auffallend an den Namen des Wagenlenkers des Achilles erinnert. Der Pfleger oder Schloßverwalter wird einfach mit der Endung latinisiert und Phlegrus genannt (Loci custos, quem Phlegrum nomine dicunt). Die Latinisierung des Namens Wolfgang zu Volcanus (statt Volfgangus) basiert aber wahrscheinlich auf einer slavischen Namensform Volkan. L. Pintar Das Faust- oder Steppenhuhn in Krain. In der zweiten Hälfte des Monates April meldete man aus Rußland, daß sich dortselbst seltene Gäste aus Asien, in Scharen von 20 bis 40 Exemplaren, gezeigt haben. Das sandfarbige Steppenhuhn (Syrrhaptes paradoxus) bewohnt die zentralasiatischen Steppen und steht in der Größe zwischen Wachtel und Rebhuhn. Die silbergrauen Sdiwingen sind an der Spiße lang, ausgezogen und eigenartig verschmälert, die zwei Mittelfedern des Schwanzes schwarz und spießartig. Die Hinterzehe fehlt, die drei vorderen sind mit kurzen, zerschlissenen Federn dicht bedeckt und durch eine Haut der ganzen Länge nach verbunden. Daher bildet der Fuß, von unten gesehen, eine einzige Sohle (Fausthuhn); diese absonderliche Gestalt der Füße steht im Einklänge mit dem Aufenthaltsorte (sandiger Steppenboden). In ihrer Heimat brüten die Steppenhühner jährlich zweimal. In gewissen Zeitperioden (je 20 Jahre?) wird dieser Vogel von einem noch nicht aufgeklärten Wandertriebe gegen Westen ergriffen, welchen einige durch zu große Vermehrung, andere wieder durch klimatische Ursadien erklären wollen. Im Jahre 1863 wurde dieser Fremdling an mehreren Orten Europas beobachtet. In Krain erlegte am 24. Juli Baron Otto von Apfaltrern in der Nähe von Mannsburg einen Hahn dieser Hühnerart, weldier sich jegt im Landesmuseum Rudolfinum befindet. Beiläufig 20 Jahre darauf, im Jahre 1888, erschienen wieder die Steppenhühner in Europa und drangen bis an den Atlantischen Ozean, an den Fuß der Pyrenäen und auf die Faröer Inseln vor. Sie durchzogen auch unser Land, doch wurde kein Stück erbeutet. Heuer, gerade nach 20 Jahren, haben diese Flughühner wieder Europa besucht und auf ihrer Wanderung auch unser Land gestreift. In Krain gelang es dem k. u. k. Hofgestüts-Kontrollor Emil Finger, bei Pre-stranek (Innerkrain) ein Stück zu erbeuten. Sonntag den 1. Juni um 6 Uhr in der Früh sah er auf der Gestütsalpe Wille (561 m) unter dem Berge Kosmač (737 m) eine Kette von 5 Exemplaren, welche ihn auf eine Entfernung von 20 Schritten naheließen, dann aber sich erhoben und beiläufig 100 bis 150 Schritte weiter flogen. Von dieser Kette gelang es ihm ein altes Männchen wegzuschießen, welches der Musealassistent Ferd. Schulz für das Landesmuseum erwarb. Aus anderen Teilen Krains lief keine Mitteilung über eine Beobachtung dieses Flughuhnes ein. Die ersten Stücke wurden am 13. April 1. J. bei Charkow (Rußland) erlegt; Mitte und Ende Mai fand man einige an Telegraphenstangen ver-unglüdde Exemplare in Galizien und Ungarn. Dr. Gv. Sajovic Die Umkehrung der Pflanzenregionen in den Dolinen des Karstes. Dem Vortrage des Professors Dr. G. v. Bede über dieses Thema (Lotos, Jahrg. 1904) entnehmen wir folgende interessante Notizen: Am Karstboden finden wir einzelne tiefe Trichter, welche noch im Sommer Schnee und Eis beherbergen. Eigentümlich gestalten sich nun die Pflanzenverhältnisse dieser Stellen; die Regionen folgen nämlich in der Weise nach abwärts aufeinander, wie sie in den Alpen bergaufwärts beobaditet werden. — Paradana im Trnowaner Walde und Smerekova draga bieten uns dafür ein besonders günstiges Beispiel. In der ersten folgt auf einen Fiditen- und Buchenwald absteigend eine Strauchformation (Erlen, Salix grandifolia, Lonicera alpigena, L. coerulea, Rosa alpina) mit einem Heideboden. Gegen die Tiefe verschwinden die Baum- und größeren Strauchformen gänzlich; die felsigen Gehänge werden bekleidet von Rhododendron hirsutum, welches in der Tiefe den Zwergweiden und verschiedenen Moosarten Plaß räumen muß. Ähnlich verhält sich die Vegetation der zweitgenannten Doline. Wir haben nach abwärts steigend folgendes Bild vor uns: Rotbuchenwald — schmaler Fiditenwald-gürtel — Legföhrenwald mit der obigen Strauchformation — Sphagnum-boden mit Krummholzgebüsdi — Torfmoor mit Vaccinium uliginosum. Diese beiden Bilder zeigen uns belehrend die Umkehrung der normalen Aufeinanderfolge der Pflanzenregionen in den Karsttrichtern. Dr. Gv. Sajovic Eine immergrüne Eichenart in Krain. In unseren Gegenden sind wir gewohnt, nur die Nadelbäume mit ihrem grünen Kleide dem Winter trotzen zu sehen. Nach den Angaben des Herrn Oberlehrers Justin und des Herrn Direktors R. Dolenc haben diese jedoch audi einen winter-grünen Gesellen aus dem Kreise der Laubbäume, die falsche Korkeiche (Quercus Pseudosuber Santi). Ihre ungeteilten stachelspitzig gesägten Blätter sind unterseits filzig. Die vorjährigen Laubblätter fallen kurz vor der Blütezeit ab, während die neuen bereits entwickelt sind. Daher auch der Beiname immergrün (zimzeleni cor). Die Rinde ist weißgrau, rissig-schwammig und korkig. Diese Eichenart bildet im südlichen Istrien den Hauptbestandteil der immergrünen Vegetation und die ersten Angaben über ihr Vorkommen in Krain haben wir Justin zu verdanken (Bericht über das Vorkommen einer immergrünen Eichenart in Innerkrain, in der österr. bot. Zeitschrift Jahrg. LVII p. 452, nachgedruckt in der Laibacher Zeitung 1908 Nr. 18). Sie kommt in Baum- und Buschform vor. Justin hat sie oberhalb der sogenannten Hohenwartstrafje am Berge Vremščica (Baumform, ein altes Exemplar) und oberhalb der Bahn bei Untervrem (Baumform, ein junges Exemplar) gefunden. Direktor Dolenc und ein ungenannter Naturbeobachter geben folgende Fundorte (Laibacher Zeitung 1908 Nr. 20 und 25) an: Im Wippacher Tale oberhalb der St. Nikolauskirche unter dem Nanosberge (ein Waldfleck aus Baum- und Buschformen), auf dem Nanos vereinzelte Sträucher, in den Waldungen um Laas und auf dem Oblaker Boden häufig vereinzelte Sträucher, bei St. Veit ob Zirknitz (Baumform, in größerer Anzahl). Ferner wäre noch der Krim zu erwähnen, von wo Zweige im Winter auf den Laibacher Markt gebracht werden. Der Standort erwies überall einen steinigen Boden. Ein Strauch dieser Eidienart ist im Garten der Laibacher Lehrerbildungsanstalt angepflanzt, wo er jedoch nur kümmerlich sein Dasein fristet. Eine Versdileppung dieser Eichenart durch Eichelhäher (garrulus glandarius) in unsere Gegenden möchten wir nicht annehmen. Viel wahrscheinlicher ist die Ansicht, daß die falsche Korkeiche ehemals einen stärkeren Teil unserer Vegetation bildete und die angegebenen Fundorte nur Überreste der einstigen Verbreitung sind. Dr. Gv. Sajovic Literaturbericht Dr. F. Kossmat, Geologie des Wodieinertunnels und der südlidien Ansdiluftlinie. Mit 7 Tafeln, 1 geologischen Karte, 15 Textfiguren und einem Beitrage von Ingenieur M. v. K 1 o d i č : Über die Wasser- und Temperaturverhältnisse des Tunnels. Denkschriften der math.-naturw. Klasse der Kaiserlidien Akademie der Wissenschaften. Wien 1907, 4°, 102 S. Zweierlei Interessen waren es, welche die vorliegende Studie angeregt hatten. Erstlich ist die Durchbohrung eines Alpenzuges durch einen 6334 m langen Eisenbahntunnel geeignet, reiche geologisch-technische Erfahrungen zu bieten und einen wertvollen Beitrag zu der Frage zu liefern: Inwiefern und inwieweit kann die Geologie bei technischen Fragen dieser Art eine richtige Voraussicht bieten? Anderseits aber ist die Lage dieses Tunnels am Südrand der ostwestlich streichenden Julischen Alpen, dort, wo sich von diesen die Dinarischen Gebirgsketten mit ihrem kennzeichnenden Nordwest-Südost-Streichen ablösen, eine derartige, daß sich an sie ein großes Interesse der tektonischen Geologie knüpft. Es wirft sich nämlich die Frage auf, in welcher Weise sich wohl die Aneinandcrgliederung der beiden Strukturgebiete vollzieht. Die ebenso bedeutsame wie schwierige Untersuchung der so gegebenen Fragen übernahm der Geologe der Geologischen Reichsanstalt in Wien, Professor Dr. F. Kossmat. Die Ergebnisse seiner Feststellungen sehen wir in der vorliegenden Studie niedergelegt, welche in die Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften aufgenommen erscheint und uns demgemäß in vornehmer Ausstattung entgegentritt. Die Erläuterung der geologischen Aufschlüsse der Tunnelregion des Wocheiner Gebirges umfaßt die Hälfte (52 S.) der Abhandlung. Der geologische Bau des Gebirges im Bereiche des Tunnels erweist sich als ein unverhofft verwickelter. Gesteine von sehr verschiedener physikalischer Beschaffenheit (Schiefer, Sandsteine, Kalksteine, Dolomite, Tone, Mergel, Konglomerate usw.) nehmen in reichem Wechsel daran teil, wobei sie ihrer geologischen Altersstellung nach einer langen Formationsreihe angehören, welche mit dem Silur beginnt und bis in die geologische Gegenwart reicht. Die Lagerung der Sedimente erscheint durch die gebirgsbildenden Kräfte in sehr hohem Grade gestört. Im Profil des Tunnels selbst treten die Gesteinsgruppen in schmalen Zonen auf, welche durch Brüche begrenzt erscheinen. Sie sind hiebei entweder in steiler, überschobener Schichtstellung oder in mehr oder weniger eng gepreßten und ebenfalls steil aufgerichteten Falten aufgestaut. Ein Vergleich des Profils, wie es sich nach der Beendigung des Tunnels auf Grund der obertägigen und unterirdischen Untersuchung darstellen ließ, zeigt mit den vor dem Tunnelbau in den Gutachten der Geologen vorgelegten Profilskizzen eine sehr befriedigende Übereinstimmung. Infolgedessen trafen auch die fachmännischen Prognosen, betreffend die Einflußnahme der physikalischen Beschaffenheit der Gesteine und der Wasserführung auf den Fortgang der Bohrarbeit in befriedigender Weise zu. Der Verfasser hat dem Walten der gebirgsbildenden Kräfte, welche die großen Züge im Aufbau der Tunnelregion geschaffen haben, mit ebenso großer Sorgfalt nachgeforscht, wie den ins einzelne gehenden Eigentümlichkeiten der Verfestigung und Klüftung der Gesteine, ihrer tektonischen und chemischen Veränderungen sowie der dem Bautechniker so wichtigen Verhältnisse der Wasserführung der Gesteine. Sehr interessant sind die Bemerkungen über die unerwünschten „Bergschläge", welche sich bei der Tunnelbohrung eingestellt hatten. Ohne wahrnehmbare Ursache — so berichtet Ing. v. Klodič — lösten sich oft Blöcke mit großer Gewalt von den Stollenwänden ab und wurden unter schußähnlichem Knall weggeschleudert. Die Erscheinung ist auf den großen Druck zurückzuführen, dem die Gesteinsmassen im Innern des Gebirgskörpers unterliegen. Durch die Stollenführung wird der Druck auf einer Seite aufgehoben, infolgedessen kommt der Gegendruck zur Wirkung. Die zweite Hälfte der Abhandlung widmet der Verfasser zunächst der Erörterung des geologischen Baues des Bačatales, welches die Südrampe des Wocheiner Tunnels bildet. In technischer Beziehung zog dieses Tal die Aufmerksamkeit auf sich, weil hier die Bauschwierigkeiten, die in den geologischen Verhältnissen begründet sind, ihren Höhepunkt erreichten. Im Anschlüsse an diesen Abschnitt werden die geologischen Verhältnisse der Nachbarschaft dargestellt, wobei die Natur der Sache es verlangt, daß einerseits bis Karfreit und Flitsch, anderseits bis zur Zeyer und gegen Idria hin Umschau gehalten wird. Es ist das jenes Gebiet, in welchem sich die Ketten des Karstes von jenen der Alpen abgliedern. Die Darstellung des Verfassers zeigt uns, daß es der Schau-plaß einer selten großartigen Betätigung der gebirgsbildenden Kräfte der Natur ist. Die mächtigen Gesteinsmassen sind durch zum Teil weithin streichende Brüche und sich zersplitternde Bündel von Brüchen in Zonen zerteilt, von denen einige dem Verlaufe der Julischen Alpen folgen, während andere bereits in die Richtung der Karstzüge einlenken. Entlang der Brüche sind die Gesteinsgruppen durch gewaltige vertikale und horizontale Verschiebungen in seltsame Lagerungsverhältnisse gebracht und gleichzeitig zum Teil in eng gepreßte Falten zusammengeschoben. Die Profile, welche der Verfasser entwirft, zeigen überraschende, großartige Strukturen des Südrandes der Julischen Alpen und des ihm vorgelagerten Mittelgebirges. Die Entwirrung und Durchblickung dieses überaus verwickelten, aber dennoch von Leitlinien beherrschten Baues verdient es, als eine Meisterleistung moderner geologischer Aufnahmstätigkeit hervorgehoben zu werden. Die sprachliche Darstellung des schwierigen Stoffes ist wirkungsvoll, da sie eine klare Disposition zur Grundlage hat und außer durch Profile noch durch eine schöne, polychrom ausgeführte, mit entsprechenden Strukturzeichen reichlich versehene geologische Karte im Maßstabe 1 : 75.000 gestüßt wird. F. Seidl Paul Deutsch, Die Niederschlagsverhältnisse im Mur-, Drau- und Savegebiete. (Für den Zeitraum 1891-1900.) Geographischer Jahresbericht aus Österreich, VI. Jahrgang, Wien, Deuticke, 1907. Seite 15-65, 1 Regenkarte und 1 Tafel Regenprofile usw. Die Abhandlung gliedert sich in sechs Abschnitte. Der erste hievon enthält Angaben über die einschlägige Literatur (für Krain insbesondere Ferd. Seidl, Klima von Krain, erschienen in den Mitteilungen des Musealvereines), über die Verwertung und die Vergleichbarkeit des Be-obachtungsmateriales und über die kartographische Darstellung der Ergebnisse. Der zweite Abschnitt behandelt die örtliche Verteilung des Niederschlages gesondert für jedes der drei Flußgebiete. Es wird gezeigt, wie im Savegebiete die Niederschlagsmenge durch die hiefür maßgebenden Faktoren beeinflußt wird. Die Wocheiner Save entspringt in einem Gebiete von rund 2000 mm Regenhöhe, es ist die den Regenwinden leicht zugängliche Seite des Triglavstockes. Der nördlidie Quellfluß, die Wurzener Save, entspringt im Regenschatten (Leeseite) desselben Hoehgebirgsstoekes und erhält demzufolge die kleinere jährliche Regenmenge von rund 1600 mm. Flußabwärts nehmen die Regenhöhen ab: Laibach war mit einer durchschnittlichen Jahressumme des Niedersdilages im Betrage von 1433 mm, Gurkfeld mit 1035 mm bedacht. In dieser Abnahme spiegelt sich nicht nur die geringere Seehöhe wieder, sondern auch die größere Entfernung vom Adriatischen Meere sowie die Lage in Lee des Karstgebirges. Letzteres selbst ist außerordentlich regenreich, da es die Richtung des Hauptregenwindes unter reditem Winkel schneidet. Hermsburg, am luvseitigen Südfuße des Schneeberges, erhält in 937 m Seehöhe über 3000 mm jährlichen Niederschlages. Von den besprochenen drei Flußgebieten ist das der Save am regenreichsten und das Murgebiet das trockenste, so daß das Draugebiet eine Mittelstellung einnimmt. Der dritte Abschnitt hat die Schwankungen der Niederschlagsmengen von Jahr zu Jahr zum Gegenstande, der darauf folgende vierte Abschnitt erörtert die jährliche Periode der Niederschläge. Es zeigt sich, daß man auf dem Wege vom Norden (Murgebiet) nach Süden (Krainer Schneeberg) aus dem mitteleuropäischen Gebiet mit vorwaltenden Sommerregen in das Gebiet der Herbstregen gelangt, wobei gleichzeitig die Menge der Winterniederschläge zunimmt. Hiedurch gelangt die Annäherung an das Bereich des mediterranen Winterregenregimes deutlich zum Ausdruck. Die Untersuchung des jährlichen Ganges der Niederschlagsverteilung von Monat zu Monat läßt Übergangsformen erkennen, wodurdi außer dem Hauptmaximum und Hauptminimum noch Wendepunkte zweiter und dritter Ordnung hervortreten. - Nicht wenig bemerkenswert ist der fünfte Abschnitt, da er eine Untersudiung der Höhenzone des maximalen Niederschlages in den Hohen Tauern darbietet. Es ist demnach kaum zu bezweifeln, daß am Nordabfall der Hohen Tauern in etwa 2300 bis 2400 m Meereshöhe eine Zone maximalen Niederschlages vorhanden ist. In jener Höhe liegen denn audi im Mittel die größeren Wolkenmassen. Im sechsten Abschnitt werden die mittleren Regenhöhen der einzelnen Flußgbiete und des Gesamtgebietes ermittelt. Die im Laufe eines Jahres fallende Wassermenge beträgt für das Savegebiet 1529 mm. Für Krain, das ungefähr dem Savegebiete entspricht, hat Seidl die mittlere Niederschlagsmenge schätzungsweise zu 1500 mm bestimmt, ein Wert, der mit dem in der vorliegenden Abhandlung auf dem Wege graphischen Rechnens ermittelten fast übereinstimmt. Der Anhang enthält das Beobachtungsmaterial in ausführliche Tabellen zusammengefaßt, weldie die Grundlage für den Anschluß und die Fortsetzung der Studie der Nieder-sdilagsverhältnisse in den folgenden Dezennien zu bilden berufen sind. S. Dr. Adolf A. Pascher, Zur Kenntnis des Phytoplanktons einiger Seen derJulischen Alpen. Lotos, Prag, Jahrgang 1905, pag. 102-108. Die unter dem Einflüsse des Sonnenlidites stehenden Wassersdiiditen beherbergen unzählige, winzig kleine Pflanzen, welche man unter dem Namen Phytoplankton vereinigt. Unsere Gewässer sind in dieser Hinsicht sehr wenig durdiforseht und wir können die oben erwähnte Abhandlung unter den Erstlingen ihrer Art begrüßen. Leider enthält sie die Daten einer nur gelegentlichen Durchforschung, welche Herr Prof. Dr. G. v. Beck bei seinem Aufenthalte in Oberkrain unternahm. Er überließ das gewonnene Material Dr. A. Pascher zur wissenschaftlidien Bearbeitung, welcher wir folgendes entnehmen: Der Raibier See, in welchem man zweimal fischte, scheint an Phytoplankton arm zu sein. Gefunden wurden: Oscil-laria, Microcystis, Asterionella formosa Haß. Die reichlichsten Stichproben erhielt man aus dem Wocheiner See, in welchem man auch nur zweimal die Suche nach den mikroskopisch kleinen Bewohnern des Wassers unternahm. Für diesen See werden folgende Phytoplanktons angegeben : Ceratium cornutum O. F. Muell., Ceratium hirundinella Chap. et Lach, (häufig), Ceratium hirundinella O. F. Muell., Sphaerocystis Sehroeteri Chod., Asterionella formosa Haß, Cheoococcus, Coelosphaerium, Gompho-sphaeria aponnina Kütz., einige Cyanophyceen, Oscillaria, Cosmarium tetraophthalmum Breb., Hyalotheca dissilienes Breb., Spirogyra, Mongeotia, Botryococcus (häufig), Raphidium Braunii Kütz. (sehr häufig), Oocystis lacustris Chod., Sphaerocystis Sehroeteri Chod. (häufig). Vorherrschend sind in der Probe vom Wocheiner See Ceratium hirundinella und Raphidium. Die Stichproben, welche im Veldeser See am 7. Juni 1904 gemacht wurden, ergaben folgendes Resultat: Peridinium, Merismopedium glaucum Näg., Staurastrum gracile Ralfs, Sphaerocystis Sehroeteri Chod. (häufig), Oocystis lacustris (häufig), Botryococcus Braunii Kütz. (reichlich), Coelastrum, Pedi-astrum Boryanum Men. Im Wocheiner See tritt Ceratium hirundinella in einer Form auf, weldie mit den drei von Zederbauer aufgestellten Formen gar nicht übereinstimmt. Für den Veldeser See ist der Mangel an Baccilariaceen auffallend. Viele Phytoplanktons konnten wegen ihrer Vereinzeltheit nicht bestimmt werden. Es wäre daher eine wissenschaftlich planmäßige Plankton-durdiforschung der Seen sowie des gesamten Gewässers Krains zu begrüßen. Dr. Gv. Sajovic F. Seidl, Die in Krain 1904 und 1905 beobachteten seismischen Ereignisse. Allgemeiner Bericht und Chronik der in Österreich beobachteten Erdbeben. Offizielle Publikation, herausgegeben von der Direktion der k. k. Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Nr. I (a. 1906) und Nr. II (a. 1907). In dem Beriditsjahre 1904 wurden in unserem Lande 68 Erschütterungen gezählt, darunter 35 sporadisdie, welche nur aus einem Orte gemeldet wurden. Das wichtigste seismisdie Ereignis war das Beben vom 10. März um 5 Uhr 23 Min., ein auswärtiges Beben mit dem Epizentrum bei Pontebba. Der Durchmesser der Schütterfläche wird beiläufig auf 350 km geschätzt. Die Intensität war am größten im Bezirke Radmannsdorf. Das stärkste autochthone Beben war das vom 10. November um 18 Uhr 9 Min., jedoch war es, wie alle übrigen, sdiwadier Natur. — Für das Solarjahr 1 905 werden 74 seismische Störungen angegeben, von welchen 38 sporadischer Natur waren. Ein starkes Beben war jenes vom 23. Mai um 14 Uhr 13 Min., welches in einem Umkreise von 90 km fühlbar war. Seiner Intensität nach war es am stärksten in den Ortsdiaften St. Kanzian, Bučka, Swur und St. Margarethen. Von den Dächern fielen Ziegel und Zimmerdecken bekamen Sprünge; sonst hat es keinen namhaften Schaden verursacht. Bemerkenswert ist der Umstand, daß in diesem Jahre einige Herdgebiete ihre Tätigkeit wiederholt aufnahmen, so z. B.: das Laibacher Savebeeken, das Triglavgebirge und das Mittelgebirge der Uskoken. In beiden Jahren ereigneten sich in der nächtlidien Zeit, d. i. von 8 Uhr abends bis 8 Uhr morgens, mehr Erschütterungen als in der hellen Tageshälfte. Die seismischen Ereignisse weisen ihr Minimum in den Sommermonaten auf, während das Maximum auf den Herbst und den Frühling entfällt. Dr. Gv. Sajovic Paul Hinneberg, Die Kultur der Gegenwart. Teil I. Abteilung IX. Die IX. Abteilung dieses Sammelwerkes bringt unter dem Titel: „Die osteuropäischen Literaturen und die slawischen Sprachen" zwei Arbeiten, die audi unsere Leser näher interessieren dürften. Die erste, übersdirieben „Die slawischen Sprachen", rührt von Vatroslav von Jagič her, die zweite führt den Titel: „Die südslawischen Literaturen" von Matthias Murko. Jagič entwirft in seinem Aufsäße zunächst ein Bild von der geographischen Gruppierung der Slawen, deren Gesamtzahl heute rund 125 Mil- Honen betragen dürfte. Sie zerfallen in die Nordwestslawen (die Sorben der Ober- und Niederlausiß, die Kasehuben und Slowinzen Westpreußens und Pommerns, die Polen, genannt auch Masuren, und die Cechen nebst den Slowaken Nordungarns), die Ostslawen (die Russen mit ihrer südrussischen Abzweigung der Ruthenen) und die Südslawen (Slowenen, Kroaten-Serben und Bulgaren). In ihrer ältesten Geschidite führten sie den Gesamtnamen „Venetae" oder „Venedae" und „Sclaveni" oder „Sclavi" (slawisch „Slovene"), der bei byzantinischen und fränkischen Chronisten audi dann sehr geläufig geblieben war, als die Einzelbenennungen nach den Stämmen (seit dem 8. und 9. Jahrhundert) schon aufgekommen waren. Die Individualisierung der heutigen slawischen Hauptsprachen fällt in das 4., 5. und 6. Jahrhundert n. Chr., somit in die Zeit der Völkerwanderung. Die slawische gemeinsame Vorgeschichte, innerhalb deren die Absonderung des slawisdien Sprachtypus aus der baltoslawisdien Gemeinsamkeit und durdi das allmähliche Anwachsen der Differenzen die Trennung in die slawischen Hauptsprachen zustande kam, dauerte viele Jahrhunderte. Die Trennung ist jedoch durdi räumliche Versdiiebung ohne innere Störung des Gesamtbildes geschehen, wofür die noch jeßt wahrnehmbare Harmonie zwischen der geographischen Gruppierung und den sprachlichen Verwandtschaftsverhältnissen der einzelnen slawischen Volksstämme spricht (Übergangs-dialekte!). Die Kette ist jedodi leider durdi die Magyaren und Rumänen durchbrochen. Nun sind aber die sprachlichen Vorgänge innerhalb der neuen Heimat bis ins 9., zum Teile bis ins 11., 12. und 13. Jahrhundert dunkel und die Gründe der sprachlichen Differenzierung sind uns unbekannt. Jagič bespricht sodann die Bekehrung der Slawen zum Christentum, die Entstehung der kirdienslawisdien Sprache, ihre weite Verbreitung und ihr allmähliches Zurüdcweichen mit der Besdiränkung auf das Gebiet der Kirche und geht hiemit zu den slawischen Einzelsprachen über. Da mißfällt uns im V. Abschnitte (Slowenische Sprache) der Ausdruck: „Nur noch in einigen Tälern" (erg. wohnen noch die Slowenen in Kärnten), der leicht zu falsdien Vorstellungen führen könnte, da die Slowenen nach der legten .staatlichen Zählung noch immer 25% der Gesamtbevölkerung Kärntens bilden. Audi möchte idi hervorheben, daß Bleiweis nur schweren Herzens den Anschluß an das Illyrische, so in der Rechtschreibung, namentlidi aber in vielen Punkten der grammatischen Formen, der Syntax und des Wort-sdiaßes befürwortete. Ebenso gibt es in neuerer Zeit nur wenige Anhänger einer stärkeren Rücksichtnahme auf das Böhmische oder Russische, wohl aber viele Neu-Illyrier (die Richtung des Dr. Ilešič!). Was die Arbeit des Jagič auszeichnet, ist der Umstand, daß er uns auf 36 Seiten auf alle Grundfragen der slawischen Philologie in übersichtlidier Weise genauen Bescheid zu tun weiß. Dabei drängt der graue Meister der Slawistik nirgends seine Person in den Vordergrund. Bei strittigen Punkten seßt er uns allerlei Ansichten auseinander und fügt dann sein über-besdieidenes „ignoramus" hinzu. Interessant ist die Schlußbetrachtung. Unter den neun slawischen Literatursprachen — man könnte deren sogar zwölf zählen — sieht Jagič in der russischen Spradie die einzige, die in nidit ferner Zukunft auf eine Rolle im internationalen Verkehr rechnen kann. Das Sorbische der Ober-und Niederlausiß ist dem Tode geweiht. In ihrer Existenz sind auch das Slowenische und Slowakisdie bedroht, während das Böhmisdie, Polnische, Ruthenische, Serbokroatisdie und Bulgarische dem Schicksale des Sorbischen entrinnen dürften. Troß des innigen gegenseitigen Verwandtschaftsverhältnisses unter den slawischen Sprachen können sich die gebildeten Slawen nur zur Not untereinander verständigen. Und da die allgemeine Kenntnis einer slawischen Sprache derzeit unter den Slawen noch nicht vorhanden ist, nimmt im Verkehre der Slawen den ersten Rang noch immer — die deutsdie Sprache ein. Die Abhandlung Matthias Murkos berührt anfangs zum Teile dieselben Fragen wie die des Jagic. Der Untersdiied besteht darin, daß Murko nur die Südslawen in den Kreis seiner Behandlung zieht. Demgemäß sind auch die Abschnitte über die Staatenbildungen und das geistige Leben der heidnischen Südslawen, über ihre Christianisierung oder über die altslawische Kirchensprache und ihr Schrifttum etwas breiter ausgefallen. Die unter dem Einflüsse des Abendlandes stehende Literatur in den südslawischen Nationalsprachen behandelt er in zwei Teilen. Die ältere Periode (bis zum Aufklärungszeitalter) beginnt er mit der Besprechung der dalmatinisch-ragusanischen Literatur, greift dann in die Zeit der Reformation und Gegenreformation bei den Slowenen, Kroaten und Serben über und schließt diesen Abschnitt mit den Anfängen des westeuropäischen Kulturlebens bei den leßteren. In derselben Reihenfolge der Völker zeigt er uns in Umrissen die moderne Periode der südslawischen Literatur. Eine abgesonderte Darstellung der neueren Literatur der Bulgaren, die mit ihrer kirchenslawischen Literatur an der Spiße der Slawen standen, schließt er hier an. Eine solche Darstellung erfordert nämlich die neuere bulgarisdie Literatur, da sie sehr jung ist und sich nicht organisch im Gefolge der europäischen Geistesströmungen entwik-kelt hat. Die Geburt der bulgarischen Kunstpoesie fällt ja erst in das Jahr 1845! Die Schlußbemerkungen sind der Zukunft der südslawischen Literaturen gewidmet. Diese werden sidi auf nationalen Grundlagen entwidceln müssen, sich aber von fremden Einflüssen nicht abschließen dürfen. Kulturell stehen unter allen Südslawen die Slowenen am hödisten, die Kroaten und Serben zeigen eine hohe künstlerische Begabung, die Bulgaren sind fleißig und arbeitsam. Namentlich empfiehlt Murko den Südslawen gegenseitiges Wirken auf dem Gebiete der Wissenschaft und das Schaffen eines kritischen Zentralorganes. Die politischen und religiös-nationalen Eifersüchteleien wird nach seiner Meinung die Ausbreitung und Vertiefung der modernen Kultur beseitigen. Die Abhandlung ist mit Liebe zum Gegenstande und mit einem tiefen Blicke in die kulturellen Strömungen der Gegenwart und der Vergangenheit geschrieben. Hie und da wird vielleidit jemand an einer Ansicht Anstoß nehmen, sicher wird aber jedermann, der sich mit den südslawischen Literaturen beschäftigt hat, das Buch mit Befriedigung durchlesen. Leider ist die Darstellung infolge des beschränkten Raumes (51 Seiten) so gedrungen, daß ein Neuling auf dem Gebiete der südslawischen Literaturen ein klares Bild über diese aus der besprochenen Arbeit kaum gewinnen dürfte. Ein solcher wird zu des Verfassers Gesamtdarstellung der südslawisdien Literaturen in der Sammlung „Die Literaturen des Ostens" (Leipzig, C. F. Amelangs Verlag) greifen müssen. Die den Aufsätzen Jagic' und Murkos angefügten Literaturnachweise werden jedem Lernbegierigen willkommen sein. Dr. Lokar Luschin v. Ebengreuth, Landstände in den alt Österreich i s dien Landen. Artikel im österr. Staatswörterbuch von Mischler und Ulbrich, Wien 1907, 2. Aufl. 3. Bd. S. 370-388. Die Anfänge der Landstände reichen in Steiermark ins 12. Jahrhundert zurück (Georgenberger Handfeste 1186), in Krain kam ihre Bildung jedenfalls im 13. Jahrhundert zustande; ihre bleibende Gestalt erhielten sie Anfang des 15. Jahrhunderts. Die Rechte der Landstände waren nicht allein in den Landesfreiheiten (Landhandfesten) niedergelegt, es behauptete sich daneben auch manches Vorrecht als Landesbrauch, als ungeschriebenes Gewohnheitsrecht. Ihre Macht war daher Schwankungen unterworfen, je nachdem ein kraftvoller Herrscher auf dem Throne saß. Geldnot sowie Kriegsläufte zwangen den Landesfürsten zu Zugeständnissen. So nüßten die Stände besonders die Steuerbewilligungen für die Türkenkriege des 16. Jahrhunderts zur Erlangung religiöser Freiheiten aus. Das 16. Jahrhundert zeigt überhaupt die Landstände in ihrer größten Machtentfaltung; sie bilden gleichsam das konstitutionelle Element, eine Mitregierung, zugleich aber auch ein Hindernis der damals beginnenden absolutistischen Bestrebungen. Dieser politische Gegensatz zwischen dem nach absoluter Regierung strebenden Herrscher und den Verfechtern der Autonomie, den Landständen, wirkte bestimmend auf den Kampf um die Glaubensfreiheit, der nicht so sehr einen religiösen Streit bedeutete, als vielmehr das Ringen der Stände um Behauptung ihrer Herrschaft verkörperte. Die Gegenreformation, deren Beweggründe mehr politisdiem Interesse als kirchlichem Zwecke entsprangen, lähmte die Macht der Stände derart, daß ihr Wirken im 17. und 18. Jahrhundert nur mehr einen Schatten gegen früher bedeutet. Und ruhmlos und klanglos war auch ihr Ende im Jahre 1848. In knappen Umrissen zeichnet der Altmeister der österreichisdien Reehts-geschiehte ein plastisch wirkendes Bild des Werdens und der Organisation der Ständeregierung, bei aller Betonung der hauptsächlichen Momente die Darstellung fortwährend durch Details und Hervorhebung abweichender Ent-wickelung in den einzelnen Ländern hervorhebend. Ein eigener Abschnitt ist der landschaftlichen Verwaltung gewidmet, deren Ausgestaltung ebenfalls im 16. Jahrhundert erfolgte. In diesem Jahrhundert errichteten auch die meisten Landsdiaften ein Landhaus; nur die Krainer hatten bereits im Jahre 1467 ein Haus in Laibach erworben und zum Landhaus umgebaut und diesem Beispiele waren die Steirer im Jahre 1494 gefolgt. Dr. Walter Šmid Ivic Aleksu Dr., Dolazak uskoka u Žumberak. Im Vjesnik kr. brv. slav. dalm. zemaljskoga arkiva S. 115-147, Zagreb 1907. Fournier A., Der Sichelburger Distrikt. Feuilleton der Neuen Freien Presse vom 27. Dezember 1907 Nr. 15571 S. 3 und 4. Ivic veröffentlicht eine größere Anzahl Urkunden über die Ansiedlung der Uskoken in Sichelburg in den Jahren 1533 bis 1550, die die bisherigen Forschungen Biedermanns in Einzelheiten vervollständigen, obwohl manchmal der geringfügige Inhalt der Akte eine Wiedergabe derselben in extenso nicht erfordert und ein ausführliches Regest denselben Dienst geleistet hätte; ebenso hätte eine größere Berücksichtigung der Grundsätze moderner Edition der äußeren Form nur zum Vorteile gereicht. Das wichtigste Ergebnis jedoch, das in den von Ivic veröffentlichten Akten neuerdings bestätigt wird, ist, daß Sichelburg ein zum Lande Krain gehöriges Gebiet ist. Dieser Beweisführung ist auch der Artikel Fourniers gewidmet, der durch die Anregung der österreichischen Quotendeputation nach Verhandlungen mit der ungarischen Regierung bezüglidi der Wiedervereinigung des ehemaligen Sichelburger Militärgrenzdistriktes und der Gemeinde Mariental mit Krain veranlaßt worden ist. Dieser Artikel erschien Wiener und Grazer Blättern so wichtig, daß sie sich in Leitartikeln mit ihm befaßten, während die öffentliche Meinung in Krain die Ausführungen Fourniers nur registrierend vermerkte. Sonderbarerweise, denn das Territorium von Sichelburg verfügt über 6001 Joch schöner Waldbestände, die nach der Reinkorporierung in Anbetracht der seinerzeitigen großen Opfer für die Festungen der einstigen Meergrenze und des späteren Militärgrenzdistriktes zum großen Teile dem Lande Krain als Eigentum zufallen würden, da die Rechtsansprüche des ungarischen Staates, von dem die Forste jeßt ausgenußt werden, nicht unanfeditbar sind. Universitätsprofessor Fournier faßt noch einmal in überzeugender Weise alle Beweisgründe für die staatsrechtliche Zugehörigkeit Sicheiburgs zu Krain zusammen, die er bereits im Jahre 1881 als Vorstand des Archivs des k. k. Ministeriums des Innern im umfangreichen „Memoriale über die Zugehörigkeit Sicheiburgs und Marientals zu Krain" in der Beilage 27 zur 3. Sitzung des Krainer Landtages vom 1. Oktober 1881 (Beridit über die Verhandlungen des krainischen Landtages 21. Bd. S. 464 ff.) veröffentlicht hat. Sein Nachweis über die Zugehörigkeit Sicheiburgs zu Krain deckt sidi mit den bereits erwähnten gediegenen Arbeiten Biedermanns (in Schumis Archiv Bd. 1 und besonders Bd. 2 S. 201 ff.). Kroatischen Gelehrten gereicht es nur zu traurigem Ruhm, daß sie, von Erwerbungsgelüsten kroatischer Politiker beeinflußt, auf Grund mangelhafter und unzuverlässiger Karten ein zweites in der Nachbarschaft des krainisdien gelegenes kroatisches Sichelburg suchten und fanden. Obwohl dieser von ernsthaften Historikern nie ernst genommenen Aufstellung nur das Leben einer Eintagsfliege beschieden war, wurde doch die Absicht, die Hintanhaltung der Verhandlungen, erreicht. Nun die Angelegenheit vor einem Jahre neuerdings zur Erörterung gelangt ist, ist Hoffnung vorhanden, daß mit energischerem Nachdruck als bisher das unzweifelhafte Recht Krains durchgeseßt und die Wiedervereinigung Sicheiburgs und Marientals mit Krain in absehbarer Zeit durchgeführt werden wird. , Dr. Walter Šmid Ludwig R. v. Kurz, Der akademische Maler Franz Seraph R. v. Kurz zu Thum und Goldenstein (1807 - 1878). S. 67 - 76 der von Dr. Johann Ranftl herausgegebenen Kunst-historischen Studien, Jahrbuch für 1907. Graz, Styria, 1908. Ein Epitaph, von dankbarer Sohneshand dem Andenken des Vaters geweiht. Ein an Arbeit reiches, vielseitiges Leben wird vor uns entrollt. Den im Jahre 1834 als Zeichenlehrer an die Mahrsche Handelsschule Berufenen lernte man in Laibach bald schäßen. Er war Mitglied der Philharmonischen Gesellschaft und des Domkirchenchores, daneben ein fruchtbarer Maler heiliger Gräber und Altarbilder (bei 1000), Kirchendecken und Theaterdekorationen. Historisch wertvoll sind ungefähr achtzig Bilder und Skizzen krainischer Orte und vor allem die im Auftrage des polnischen Emigranten Korytko angefertigte Sammlung südslawischer Trachtenbilder, die jeßt im Rudoll'inum verwahrt werden. Die Zurück-seßung, die ihm durch die inzwischen in Laibach entstandene Malerkolonie, in der sich der talentvolle Anton Karinger, Künl und Wolf hervortaten, und ihre Konkurrenz zuteil wurde, verleidete ihm den Aufenthalt in Laibach; im Jahre 1867 übersiedelte er nach Graz. Als Maler kein schöpferischer Geist, bevorzugte er besonders bei den Altarbildern die Malweise der Nazarener, vor allem Führichs. Doch konnte er dabei der Gefahr des Epigonentums nicht entrinnen und verfiel in die Schablone; die grofje Zahl der Aufträge trug das ihrige dazu bei. Ein Aufenthalt in München hatte einige unter Schwinds Einfluß entstandene Werke zur Folge. Sein gesunder Sinn wandte sich in den vierziger Jahren gegen die ungeeignete Restauration der Domkirche; leider verhallte sein Protest ebenso wirkungslos, wie das Abmahnen Kunstverständiger vor einer neuerlichen gründlichen Renovation, die vor zwei Jahren nicht besonders glücklich durchgeführt worden ist. Dr. Walter Smid Vereinschronik Neue Mitglieder seit dem 15. April 1908. Hans Berreitter, k. k. Universitätsquästor in Innsbruck; Bezirkslehrerbibliothek in Adelsberg; Bezirkslehrerbibliothek in Gurkfeld; Bezirkslehrerbibliothek in Rudolfswert; Josef Breznik, Supplent an der k. k. Oberrealschule in Laibaeh; Bürgerschule in Adelsberg; Graf Rudolf Chorinsky, k. k. Hof rat in Laibaeh; Nikolaus Ritter von Gutmansthal-Benvenuti, k. k. Legationssekretär und Gutsbesißer in Weixelstein bei Ratschach; Dr. Karl Hinter-lechner, Sektionsgeologe in Wien; Franz Jeraj, k. k. Gymnasialprofessor in Laibaeh; Josef Ivanič, Dr. theol., Präfekt im Theresianum in Wien; Max Jermann, Privatier in Laibach; Anton Jeršinovic, k. k. Gymnasialprofessor in Laibach; Kartäuserstift Pleterje; Josef Komljanec, Gymnasialprofessor in Pettau; Dr. Johann Evang. Krek, Reichsratsabgeordneter; Dr. Eugen Lampe, Landesausschußbeisißer in Laibach; Landwirtschaftlichchemische Versuchsanstalt in Laibach; „Ljudska knjižnica" in Bischofladt; Dr. Janko Lokar, Gymnasialprofessor in Laibaeh; Rudolf Mole, Supplent am Mädchenlyzeum; Dr. Eugen Müller, Freiherr von, Gutsbesißer in Strobel-hof bei Laibach; Exz. Eduard Gaston Pöttickh, Graf von Pettenegg, k. u. k. wirklicher Geheimer Rat und Kämmerer in Laibach; Cyrill Pirc, Kaufmann und Landtagsabgeordneter in Krainburg; Josef Nikolaus Sadnikar, k. k. Oberbezirkstierarzt in Stein; Josef Sajovic, k. u. k. Leutnant-Rechnungsführer in Laibach; Heinrich Schollmayer-Lichtenberg, Forstmeister und Landtagsabgeordneter in Schneeberg; Dr. Jakob Sket, k. k. Professor in Klagenfurt; Anton Smrdelj, städt. Lehrer in Laibadi; Viktor Skrabar, Korrespondent der k. k. Zentralkommission in Pettau; Hofrat Franz Suklje, Landeshauptmann von Krain; „Zarja", slowenischer kathol. akadem. Verein in Graz; Urban Züpanec, Kaufmann in Laibaeh; Franz Žvan, städtischer Kaplan in Laibaeh. Die Abbildungen auf den Tafeln XVII und XVIII verdankt die Redaktion dem Entgegenkommen des Christlichen Kunstvereines der Diözese Seckau. Buchdruckerei von Ig. v. Kleinmayr & Fed. Bamberg in Laibadi Bildstock im Felde bei Neumarktl Wegkreuz an der Strafte Krainburg - Stein Wegkreuz bei Mitterdorf in der Woehein Bildstock aus Vigaun Bildstock bei Lees Tafel VIII Bildstock bei Steinbüchel Bildstock bei Kropp-Steinbüchel Tafel IX Am Wege nach Brezje Wegkapelle bei Brezje Bildstock bei Krainburg Bauernhaus aus der Pokluka bei Veldes lumuiiiorscnungen Flg. 1—f. und 7—12 '/„• nnt. Grüße. Flg. (i, IS—18 und 20—25 I/, nnt. OHiUe. Halbmondfibel der älteren Hallstattperiode Plafond im Presbyterium der Wallfahrtskirche zu Maria Au bei Wippach AI fresco ausgeführt im Jahre 184:$