Zur Kritik Geschichte der aiteren sudslawischen Litteraturen. An die Leser des „Archivs fur wslawische Philologie“. Von Dr. M. Murko, o. Professor an der Universitat G raz. Laibach. Kommissionsverlag L. Schvventner. Zur Kritik der Geschichte der alteren siidslawischen Litteraturen. An die Leser des „Archivs fiir slawische Philologie“. Von Dr. M. Murko, o. Professor an der Universitat Graz. Laibach. Kommissionsverlag L. Schvventner. Es kann der FrSmmste nicht im Frieden bleiben, Wenn es dem b,”>sen Nachbar nicht gefallt. Schiller, Tell, IV. 3. Am 15. Oktober 1908 gelangte in Leipzig meine „Geschichte der alteren siidslawischen Litteraturen" als Band V, 2 der Samm-lung „Die Litteraturen des Ostens“ (G. F. Amelangs Verlag) zur Ausgabe und bereits am 1. Jiinner 1909 (a. St.) erschien in der Belgrader Revne „Srpski književni Glasnik” (S. 50—57) eine verhaltnismafiig ausfuhrliche Besprechung von Dr. Vladimir C. o r o v i č, der nach allgemeinen Bemerkungen und mit Auftvand eines grdfieren, scheinbar sehr gelehrten Materials zu dem Schlusse gelangte, dafi das Werk des Herrn Murko fiir die Wissenschaft nicht viel bedeutet und auch fiir das breitere Publikum schwerlich von wahrem (Kursiv im Original) Nutzen sein wird“. Zur Ehre der Redaktion sei ervvahnt, dafi ich von einem Mitglied derselben schon am 24. Dezember (a. St.) 1908 aufmerksam gemacht wurde, dafi die Rezension, tvelche nicht ernst (neozbiljna) sei, aus ge-\vissen Riicksichten aufgenommen vverden mufite, und dafi die Redaktion selbst in derselben Nummer (S. 76—77) in einer Er-klarung feststellte, dafi sie das Buch „fdr eine der \vichtigeren Erscheinungen in unserer Wissenschaft“ halte, dafi gewisse Vor-tviirfe, z. B. wegen der bibliographischen Angaben, nicht dem Verfasser zur Last gelegt vverden konnen und dafi sie behufs einer »vollstdndigen und allseitigen Wurdigung des Werkes“ noch ein Referat bringen vverde. Als ich sodann gelegentlich dem Re-dakteur, Prof. J. Skerlič, die Mitteilung machte, dafi mich nament-lich die ganz ungerechtfertigten Vorvviirfe C.s vvegen der bibliographischen Angaben kranken, trug er mir auch eine Ervviderung in der Zeitschrift an. Ich machte jedoch gemafi einer zvvanzig-jahrigen Gevvohnheit keinen Gebrauch davon, um so mehr, als ich unterdessen erfahren hatte, daft Herr Corovič erst im Er-scheinungsjahre meines Werkes in Wien das Doktorat abgelegt hat und es mir dann auch klar gevvorden war, vvie er dasselbe vor dem Erscheinen kennen lernen und sich manche offenkundige In-spiration holen konnte. Von einer Polemik in jener Zeit hielten mich daher ganz besonders auch Griinde delikater Natur ab. Aufierdem glaubte ich, das Urteil iiber mein Buch ruhig den kompetenteren slawistischen und weiteren vvissenschaftlichen Kreisen Uberlassen zu konnen. In der Tat ist der Erfolg ein ganz anderer gewesen als der von Herrn Čorovič prophezeite. Trotz-dem oder vielleicht gerade desvvegen erblickte seine Rezension zu meinem Erstaunen das Licht der Welt auch in dem im September 1910 herausgegebenen Doppelheft x/a des XXXII. Bd. des „Archivs fiir slawische P hi 1 o 1 o gi e“, S. 275 — 281, ge-zeichnet: Sarajevo, VI. Corovič. Das Material ist wesentlich das-selbe geblieben. Nur einige allzu schwache Behauptungen (wie die iiber das griechische Original der Vita Constantini und die Mdnche in der Dynastie Nemanjič), die Ansicht: „von eigenen Bemerkungen bringt M. sehr wenig, von seiner eigenen Auffassung ge\vift nichts“ (gotovo ni malo) sowie das Schlufiurteil iiber den Wert des Buches wurden fallen gelassen. Dafilr kamen aber, abgesehen von Details, neue allgemeine Bemerkungen hinzu und die alten wurden in einer auffalligen Weise weiter ausgesponnen und zurecht gedrechselt; ob oder wie \veit diese Zutaten geistiges Eigentum des Herrn C. sind, sei einer Untersuchung der sich dafiir interessierenden Leser anheimgestellt. Nach einer guten Einleitung iiber die Rtickstandigkeit und die Sch\vierigkeiten der stldslawischen Litteraturgeschichte wird nicht gesagt, wie vveit der Verfasser des neuesten Werkes iiber seine Vorganger hinausgegangen ist und worin seine Eigenart besteht, son-dern es beginnt sofort ein Poltem und Donnern gegen „das Werk eines angesehenen Universitatsprofessors11, der neine neue breit (!) ange-legte Litteraturgeschichte versprochen“, sie „als ein wissenschaftliches Kompendium (!) aufgefafit (!) und bezeichnet (!) hatte“, auf dem Ge-biete der iilteren Litteratur zwar „sehr \venig eigenes geleistet hatu (im SkGl. hiefi es gar: nur eine Sache, eine Studie iiber die sieben Weisen!), naber doch genug AnlaiS zum Glauben geben konnte, daft man von ihm vvenigstens eine streng methodische Arbeit envarten durfte“. Diese „Erwartungen sind leider nicht in vollem MaiJe in Erfiillung gegangen", denn man vermifit in dem Werke „eine gleichartige und vollstiindige Beherrschung des Ge-genstandes, eine s t r e n g e und s i c h e r e p h i 1 o 1 o g i s c h e A k r i h i e, d e n d u r c h d r i n g e n d e n B1 i c k des E a c h m a n n e s“, es „ m a c h t den E i n d r u c k eines N o t i z h u c h e s m it m e h r zufalligen und haufig o h e r fl ii ch 1 i ch e n Bemerkungen und B e o b a c h t u n g e n, die a 11 e s e h e r als zutreffend s i n d, einer \venig selbstandigen und wenig tief durchdachten Dar- 4 stellung; iiberhaupt findet man in dem Buche hauptsachlich einen ge w and ten Causeur [wie vertragt sich das mit dem Notizen-kramer?], der viel spricht ohne eigentlich viel zu sagen, hi n ter dem der Mann der stre n ge n Wissenschaft stark zu-• riickbleibt4' (275—276). Ahnliche Bemerkungen findet man unter den Eimvendungen zerstreut, darunter folgende (280): ,,Das Ganze macht den Eindruck, als ob es in der grofiten Eile ge-schrieben worden ware und als ob die Darstellung von einem Dilettanten herriihrte.“ Wie man sieht, Bescheidenheit ziert nicht einen der jiingsten sla\vistischen Doktoren der Wiener Universitat. Immerhin ist in einem wichtigen Punkte aueh er sehr bescheiden: von einigen nichts- sagenden Bemerkungen abgesehen, beziehen sich seine Eimvendungen nur auf die Serben, wahrend ich in meinem Buche die Litteratur ali er Sudslawen vom 9. bis 15. Jahrh. behandle. Ich hielt aber Herrn Č, fiir einen „Fachmann“ wenigstens auf dem Gebiete der altserbischen Litteratur (vom 13. bis 15. Jahrh.!); dank dem Umstande, dafi Jagič in seiner Istorija slavjanskoj filologii auch Dissertationen (in Osterreich besteht kein Druckzwang) seiner Schiller anfiihrt, erfahre ich jedoch (356), dafi von VI. Gorovič eine Dissertation liber L. Mušicki, also einen Dichter des 19. Jahrh., in den Publikationen der „Matica Srpska“ in Neusatz erscheinen wird. Da mir aufierdem von ihm nur kleinere Artikel auf dem Gebiete der Volkskunde und Erganzungen und Berichtigungen zu einer Abhandlung von Milas iiber den Dialekt von Mostar1) bekannt geworden sind, so geht daraus hervor, dafi er mit Leistungen auf dem Gebiete der iilteren Litteratur nicht einmal mich iiberragt. Da ich ihn als ^angesehener Universitatsprofessor11 so enttauscht habe, so mufi auch ich seine Generalien hervorheben, nicht um ihn zu belasten, sondern um ihn bis zu einem gewissen Grade zu entschuldigen. Man kdnnte einwenden: einen solchen Kritiker, der bisher nicht den geringsten Bevveis erbracht hat, dafi er zu einem Urteil iiber eine synthetische Gesamtdarstellung der siidslawischen Litte-raturen berechtigt sei, beachtet man doch nicht, sondern versetzt ihm hOchstens einige wohlverdiente Hiehe und erkliirt, dafi man *) Im soeben ausgegebenen Hefte 2/3 des Glasnik zemaljskog muzeja u Bosni i Hercegovini, XXII (1910), S. 489 (T., druckt er cyrillische kirchliche Akten des 17. und 18. Jahrh. aus Sarajevo mit Verbesserungen wieder ab, im B. XXI (1909), S. 479 ti'., verttffentlichte er gleichalterige Urkunden aus Fojnica nach Photographien von C. Trubelka. es unter seiner Wiirde halte, mit ihm zu polemisieren, um so mehr, als man ihm in dem Ton, den er anschlagt, doch nicht fol-gen kanti. Wir haben es aber leider nicht blofi mit Herrn Čorovič zu tun; sein Pamphlet erschien im »Archivfiir slawische Philologie", in einer der am meisten gelesenen slaivistischen Zeitschriften, in der einzigen, die dem westeuropaischen Gelehrten-publikum tiberhaupt zuganglich ist. Dazu kommt das bobe Ansehen des Herausgebers, der noch unlangst behauptete (Archiv XXX., 320), die Redaktion seiner Zeitschrift sei wahrend der schon mehr als dreifiigjahrigen Dauer „immer ebrlicb bestrebt gewesen, sellist in dem kritiscben Teil der Zeitschrift mir sachlicli vorzugeben und alles fernzubalten, was als eine personliche Beleidigung biitte auf-gefalit werden konnen“. Sind Vorwiirfe wie die, daft der Verfasser Mangel an Methode und philologischer Akribie beiviesen babe und man sebe ihm an, dafi er kein Fachmann, ein Causeur, kein Mann der strengen Wissenschaft, ein Dilettant u. s. w. sei, namentlich von Seite eines Anfangers sachlicli und nicht beleidigend? Hat Herr Hofrat v. Jagič nicht bedacht, in welchen Gegensatz er mit sicb selbst geraten ist, da er zahlreiehe lieitriige eines solcben Mitarbeiters seit dem 12. Bande gebracht und noch tur den 31. Bd. im Jahre 1909 eine Rezension von P. Popovič’ Pregled srpske književnosti, also speziell eines Werkes iiber die iiltere serbische Litteratur, bestellt und ftir den 32. Band noch im Jahre 1910 urgiert bat? Herr Hofrat v. Jagič weift auch am allerbesten, dafi ich speziell ein Schiller von Miklosich und Heinzel war, eine litterarhistorische und grammatische Dissertation liber ein althoch-deutsches Glossar schrieb, noch seine Vorlesungen horte, andert-halb Jahre in Ruftland hauptsachlich mit dem Studium der alteren Litteratur 1) in den Bibliotheken zubrachte, aufter den Arbeiten iiber die Geschichte von den sieben Weisen bei den Slawen in der Wiener und Agramer Akademie und in der Zeitschrift fiir vergl. Litteraturgeschichte noch Beitriige zur alteren russischen Litteratur-geschichte (Arch. XII. 221—268, 526—571) und speziell noch eine Abhandlung iiber die russische Ubersetzung des Appolonius von Tyrus und der Gesta Romanorum (Arch. XIV.) in seiner Zeitschrift veroffentlicht und auch in meinem deutsch und sloivenisch gedruckten Habilitationsvortrage „Die ersten Schritte des russischen Romans“ die altere Erzahlungslitteratur behandelt habe. Herr Hof- ') Auch Herr C. konnte das aus meiner Biographie und dem Ver-zeichnis meiner Schriften im Godišnjak der serbischen kOn, Akademie, XVIII (1904), S. 360—367, erfahren. rat v. Jagič mufi auch wissen, dafi mir diese Arbeiten offentliche Anerkennungen von Mannern, vvie Gaston Pariš *), Nehring2), Briickner 3), Chmielowski 4), Sumcov 5), vom Giornale istorico della letteratura italiana XVII (1891), S. 172, Atheneum (Prag) VIII (1891), S. 278 (J. Polivka), Litterar. Zentralblatt 1892, 155, u. a.3), ein-getragen haben, und konnte sich tiber seine Brauchbarkeit auch aus Pypins Istorija russkoj literatury (II. 530, 531, 557—559) orientieren. Welcher Wertschatzung sich meine beiden deutsch geschriebenen Arbeiten liber die sieben Weisen in der Wissen-schaft erfreuen, bezeugt auch Augusto Cesari7), der mich sogar zu einem — tedesco befordert hat, so dafi ich also mehr erreichte als jener russische liolie Wurdentrager, der sich von seinem Kaiser das Avancement zu einem Nemec erbat. Wie komme ich nun (.lazu, dafi mir gerade in Jagič’ Organ Mangel an Kompetenz auf dem Gebiete der alteren Litteratur vorgeworfen und auch ange-deutet vvird (278), dafi ich von Handschriften und Abschreibern nichts verstelie? Evangelien und derartige Werke, die fiir die Litte-raturgeschichte nur einen beschrankten Wert besitzen, habe ich zwar nicht herausgegeben — ich will jedoch diese Tatigkeit durch-aus nicht herabsetzen — aber Herr Hofrat v. Jagič weifi auch gut, dafi ich eine grofic Ausgabe der russischen Historia septem sapien-tum fiir die Petersburger Akademie (auf Grund von 35 Handschriften) liegen liefi, weil ich friiher als ich wollte, von ih m auf das Gebiet der neuerenLitteratur gedriingt wurde, um mich habilitieren zu kflnnen. So ist meine Habilitationsschrift „Deutsche Einfliisse auf die Anfiinge der bohmischen Romantik* (Graz, 1896) entstanden, die mir allerdings nicht schlecht angeschlagen hat. Wenn ich nun nach Arbeiten auf dem Gebiete der neueren Litteratur, der Geschichte der sla\vischen Philologie (besonders der Linguistik) und der Volks-kunde, sozusagen zu einer alten Liebe zuriickgekehrt bin, so miifite ‘) Romania XX (1891), 373, XXI (1892), 335. 2) Deutsche Litteraturzeitung XII (1891), 1304—1306; XVIII. (1897), 653-656. 8) Archiv f. slavv. Pliil. XVI, 603. *) Atheneum (Warschau), 1891, Juni, 177—179. 5) Enciklopedičeskij slovar’, izd. Brockhaus i Efron, St. Petersburg, B. XX (1897), S. 213. e) Noch im XXX. Bde. (1909), des Archivs f. slavv. Phil., S. 58, vverden meine genannten Schriften von A. C. Croiset v. d. Kop in der Abhand-lung „Die russischen JJbersetzungen polnischer Litteraturwerke“ aufgezahlt! 7) Amabile di continentia, Collezione di opere inedite o rare di scrittori italiani dal XIII al XVI secolo, B. 76, Bologna 1896, S. XXI— XXII, XXIX, XXXIV. eine objektive Kritik, die man im Archiv fttr slawische Philologie doch voraussetzt, ein solches Festhalten an der Einheit der slawischen Philologie und namentlich den Umstand begrtifien, daft jemand, der sich auf dem Gebiete der neueren Litteratur bewahrt bat, mit ihrer Methode und den gesammelten Erfahrungen an die alte herantritt. Besonders stark talit -vveiter die Tatsache ins Gewicht, dati in der ganzen Slawistenwelt vor allem Jagič berufen ware, iiber meine Geschichte der alteren sudslawischen Litteraturen zu urteilen und er dazu an verantwortungsvollen Stellen auch reichlich Ge-legenheit gehabt bat. Unkenntnis oder eine verzeihliche Unter-lassungssiinde konnen also in diesem Falle dem Herausgeber des „Archivs ftir slawische Philologie“ nicht zugebilligt werden, viel-mehr mufi man annehmen, dafi er sich mit Herrn Gorovič identifiziert und dafiir auch die Verantwortung zu tragen hat. Unter solchen Umstanden wird man es auch begreiflich finden, dafi ich nach lilngerer Uberlegung von dem Versuche, eine Erwi-derung ins „ Archiv fiir slawische Philologieu einzurilcken, Abstand nahm, denn die Erfahrungen, die erst vor kurzem H. Ulaszyn1) mit dem Herausgeber gemacht hat, laden nicht dazu ein, er kann auch schvver Richter in eigener Sache sein und ich selbst mochte mir die Wohltat einer grofieren Bewegungsfreiheit vvahren. Selbst dem nachgiebigsten Menschen mufi einmal die Geduld reifien, wenn gegen ihn unter der Maske der VVissenschaft ein derartiges Pamphlet verbreitet wird. II. Bevor ich auf die tatsachlichen Eimvendungen der Rezension im „ Archiv fiir slawische Philologie11 eingehe, mufi ich einiges iiber die Entstehung und den Charakter meines Werkes vorausschicken, ob\vohl ich mich in der Vorrede desselben dariiber zwar kurz und btindig, aber immerhin klar geiiufiert babe. Am 7. April 1900 schlofi ich mit C. F. Amelangs Verlag in Leipzig einen Vertrag ab, in dem ich mich verpflichtete, eine ..Geschichte der siidslawischen Litteratur” als Halb band der Sammlung ,,Die Litteraturen des Ostens in Einzeldarstellungen11 im Umfange von 18 bis 20 Bogen zu schreiben. Als H alb ban d wurde das Werk auch auf allen Prospekten und auf den Umschlagen der friiher er-schienenen Bande angekiindigt, es wurde also „keine breit an- ') Vgl. dessen Broschiire: An die Leser des Archivs ftir slawische Philologie. Leipzig 1909. Kommissionsverlag von Otto Harrasovvitz. gelegte Litteraturgeschichte versprochen“ (275), namentlich \venn man bedenkt, daft sie ali e Siidslawen und ihre Litteratur vom 9. bis zum 20. Jahrh. umfassen solite. Dem Charakter der ganzen Sammlung entsprechend war auch in diesem Werke das Hauptge-wicht „auf den kulturhistorischen, ethnographischen, geographischen Hintergrund, auf die historischen Zusammenhange, auf die Ideen und Tendenzen“ zu legen; es solite „sich nicht an die gelehrten Kreise, sondern an die Gebildeten der Nation“ wenden, die Darstellung hatte keine Fachkenntnisse vorauszusetzen. Wie bei den iibrigen europaischen Litteraturen der Sammlung solite auch bei den s(klslawischen die neue und neueste Periode im Vorder-grunde steben. Die Schwierigkeiten der Arbeit stellten sich, abgesehen von ungiinstigen Nebenumstanden, als vici grofier heraus, als ich urspriinglich dachte, da die Litteraturgeschichte, wie bekannt, bei den Sudslawen noch besonders im argen liegt. Aufierdem wurde ich am Programm irre. Die neueren sudslawischen Litteraturen konnen, obgleich sie nicht unterschatzt vverden sollen, fiir vveitere Kreise noch kein besonderes Interesse beanspruchen, dagegen bat ihre iiltere Periode tatsachlich eine \velthistorische Bedeutung; ilire Darstellung solite daher sehr zahlreichen Gelehrtenkreisen und als Einleitung zur Geschichte der russischen und rumanischen Litteratur in derselben Sammlung auch vielen anderen r.esern, die sich fiir die Sudskuven interessieren, zu gute kommen. Wenn ich nun speziell auch fiir die Bediirfnisse der Byzantinisten und iiberhaupt der Theologen, Philologen und Historiker „aller Arten“') Sorge zu tragen suchte, so konnte und durfte ich noch immer kein „wissen-schaftliches Kompendium" schreiben, wie es mir unterscho-ben wird (275, 276, 281), sondern ich versprach (Vorrede V) „einen kleinen Ftihrer zum Verstandnis des iilteren siidslawi-schen Kulturlebens“. Darauf mache ich allerdings Anspruch, dafi dieser „Ftihrer“ vollstandig auf vvissenschaftlicher Grundlage beruht, nichts Wesentliches iibersieht und Vertrautheit mit der vorhandenen Litteratur voraussetzt. Nattirlich ware mir nichts leichter gewesen, als auch die ein-schlagigen Litteraturangaben, wenigstens die wichtigsten, zu bringen, denn man braucht nur seine Zettel auszukramen, zu ordnen und abschreiben zu lassen. Man er\veist dadurch, wie Bonwetsch in ') Weil auch dieser Ausdruck bemiingelt wurde, so bemerke ich, dafi er sprachlich korrekt und sachlich richtig ist, denn ich dachte an Vertreter der politischen, Kirchen-, Rechts-, Kultur-, Kunst- und Litteraturgeschichte. seiner Rezension (Theologische Litteraturzeitung 1909, S. 110) nchtig liervorgehoben hat, nicht nur de n Leseni, „die docli nicht bloli Fach-leute sind“, einen grofica Dienst, sondern gibt auch seiner Arbeit in den Augen gewisser ^Fachmanner1 einen gelebrten Anstrich. Leider war die Verlagsbuchhandlung trotz meiner Vorstellungen und trotz der Berufung auf die Autoritiit K. Jirečeks fiir dieses Vorhaben nicht zu gewinnen, weil solehe bibliographische Angaben vom Cbarakter der ganzen Sammlung abweichen vviirden (man vergleiche die Werke von BrUckner und Jakubec-Novak), der mir zugewiesene Raum ohnehin schon iiberschritten war und „weil die Gelebrten, namentlich die Byzantinisten, Ibre ausfUhrliche Bibliographie in der Fachlitteratur zu finden wissen werden“. Diesen Erwagungen mufite ich mich um so mehr fiigen, als die Verlagsbuchhandlung meinen vielen vom Vertrag und von dem Cbarakter der ganzen Sammlung abweichenden Wunschen ohnehin aufierst liberal entgegen-gekommen war und vor allem fiir die iiltere Litteratur allein einen tast so umfangreichen Halbband (x6 Bogen) zugestanden hat, wie er urspriinglich fiir die ganze Geschichte der siidsla\vi-schen Litteratur in Aussicht genommen war. Zu welchen unquali-iizierbaren Angriffen dieser in der Vorrede klar angedeutete Sach-verhalt in der Rezension des „Archivs fiir slavvische Philologie" (S. 280—281) gefiihrt hat, soli noch besonders erortert werden. Die Geduld der Verlagsbuchhandlung stellte ich allerdings auf eine harte Probe: „Bis spatestens 1. Janner 1903“ hiitte das Manu-skript der ganzen Litteraturgeschichte abgeliefert werden sollen, ich komite aber nach wiederholten Fristerstreckungen und Urgenzen erst zum Neujahr 1908, als es bereits zu einer Losung des Ver-trages gekommen war, nur die altere Litteratur1) als zum Druck fertig anbieten. Ich brauche wohl nicht zu betonen, dafi ich wah-rend dieser langen Zeit mein Ziel ehrlich im Auge behielt, aber den grofien, sproden und undankbaren Stoff nicht bewaltigen und die Resultate meiner Studien lange nicht in die entsprechende Form bringen komite, denn leider bin ich kein ge\vandter Causeur" (276), sondern danke Gott, wenn meine Arbeiten trotz dem schweren Material, das ich gewohnlich biete, \virklich nicht nach der Ol-lampe riechen. Ich hebe das alles hervor, um den Vonvurf niedriger zu hangen: ,, Das ganze macht den Eindruck, als ob es in der grofiten Eile geschrieben \vorden ware“ (280). ’) Beztiglich der neueren Litteratur vvurde der Vertrag nicht wieder-hergestellt. 10 Ich gestehe offen, dafi ich wahrend der Arbeit oft viel lieber Abhandlungen, durch die man „Fachmann“ bleibt und litterarisch fruchtbarer1) erscheint, geschrieben hatte, als eine synthetische Dar-stellung der gesamten alteren, iibervviegend kirchlichen Litteratur der Siidslawen, wo es so viele vvenig und schlecht bearbeitete Partien gibt, die einem wirklich keine Freude bereiten, wahrend man bei den ansprechenderen mit seiner Persttnlichkeit zurticktreten mufi. Es war jedoch schon hochste Zeit, die Litteraturgeschichte auch bei den Siidslavven auf moderne Grundlage zu stellen, Uber die bibliographisch-biographische Methode hinauszugehen, mit den ro-mantischen Anscbauungen vom Volkstum (die besten einheimischen Litteraturgeschichten beginnen noch immer mit den Erzeugnissen des Volksgeistes) aufzuraumen, \venigstens die iiltere Litteratur der Siidslavven als ein grofies Ganzes aufzufassen, nicht nach heutigen natio-nalen Begriffen zu zersplittern, dafiir aber der Entvvicklung der gesamten Kultur nach Perioden und Landschaften gehorige Aufmerksamkeit zu schenken und dabei auch den historischen Hintergrund besonders stark zu berticksichtigen. Es vvar hautig durchaus nicht leicht, mit der Tradition zu brechen; z. B. ist mir die Notvvendigkeit der Aus-scheidung Bosniens aus der Litteraturgeschichte Serbiens erst im Laufe der Arbeit zum Bevvufitsein gekommen. Wie viele Mono-graphien und Abhandlungen mufite ich uberhaupt lesen, um z. B. mir den historischen Hintergrund fiirdie serbische Litteratur zu gevvinnen, da mir eine „Geschichte des serbischen Volkes", vvie sie jetzt von • St. Stanojevič (serbisch) vorliegt, oder eine Geschichte Serbiens, vvie sie demnachst ftir die iiltere Periode von K. Jireček erscheinen vvird, noch nicht zur Verftlgung stand. Einen gevvissen Gegensatz gegen mehi Werk verstehe ich allerdings. Ich komme nicht von der klassischen Philologie einer veralteten Richtung her, sehe auch in der alteren Litteratur nicht blofi Codices und ihre Schreiber, ein Evangelium bleibt fiir mich ein Evangelium, mag es grammatisch oder palaographisch noch so interessant sein; ich halte allerdings an den linguistischen und philologischen Grundlagen fest, vertrete aber auch sonst prinzipiell den Standpunkt, dafi vvir von der Geschichte des Buch-stabens zur Geschichte des Geistes fortschreiten miissen. Wie verhangnisvoll in dieser Hinsicht die alte philo-logische Methode gevvirkt hat, kann man noch heute an den Schul- J) Man vergleiche z. B. nur mehi Buch mit meiner seither geschrie-benen, zehn Bogen umfassenden Abhandhmg »Das Grab als Tisch* in »WOrter und Sachen« II. I. II buchern der Siidslawen beobachten. Um mir ein Beispiel anzu-fiihren, envahne ich J. Skets »Staroslovenska čitanka“, \vorin ftir die Schiller der beiden obersten Gymnasialklassen die Codices aufierlich so oder noch genauer beschrieben vverden wie in den gelehrten Handbiichern des Altkirchenslavvischen. Der Erfolg ist auch danach, so dafi die Beseitigung des Altkirchenslawischen aus den Gymnasien nieht blofi bei den Slowenen, sondern sogar bei Kroaten und Serben auf der Tagesordnung steht, obwohl das, \venn es durchgefuhrt wiirde, meiner Oberzeugung nach sehr zn bedauern ware. III. Doch priifen wir ohne alle Riicksichten das Material, auf welches Herr C. seine anmafienden Urteile griindet. Diese Auf-gabe wird uns allerdings sehr erschvvert, denn der Kritiker zitiert haufig die aus dem Text und aus den Anmerkungen zusammen-getragenen inkriminierten Stellen gar nieht (stereotyp: e i n m a 1 sagt der Verfasser), reifit sie aus dem Zusammenhang heraus, ver-dreht ihren Simi oder versteht sie auch nieht, ja er versteigt sich sogar zu Falschungen, vveshalb man iiberall mein Werk selbst einsehen soli. Haufig vergifit er, dali es Aufgabe eines solehen Handbuches ist, mir sichere Resultate zu bringen, nieht aber Hypothesen und strittige Fragen zu behandeln, namentlieh \venn sie belanglos sind; manchmal stiiRt er sich an geringfiigigen Aufierlichkeiten. Ich ziehe es jedoch vor, sein Material nieht nach diesen Kategorien zu sichten, sondern bei seiner eigenen Gruppierung zu bleiben, um schon dadurch seine Argumentation zu beleuchten, hauptsachlich aber, um zu zeigen, dafi ich der Besprechung k e i n e s Punktes aus-weichen will. An der Spitze steht „eine ziemlich grofic Zahl von tatsach-lichen Einwendungen und V or\v ur fen”, die sich, wie man erst aus dem Material ersieht, auf die Auffassung und Darstellung griifierer Fragen beziehen. Hier mufi ich es einfach dem Urteil kompetenter und unbefangener I.eser iiberlassen, ob in den einleitenden Partien „die Behandlung allgemeiner Begriffe und Verhaltnisse der Siid-sla\ven kaum viel besser ausgefallen, als \vir sie in den gewohn-lichen Tagesblattern dem Tone und der Begriindung nach zu finden gewohnt sind1'. Ich verweise nur auf die im IV. Kap. an-gefuhrten Kritikenund erwahne noch, dafi so verschiedenartige Rezen-senten, wie der angesehene deutsche Litterarhistoriker A. Sauer (Osterr. Rundschau XXV, 2, 15. Okt. 1910, S. 154) oder die Slowenen 12 Dr. Lokar (Carniola II. 66) und Dr. L. Lenard (Dom in Svet, 1908, 573) auf die Bedeutung meines Werkes fur die Politiker hingewiesen haben. Auch ist die Tatsache auffallig, dati siidsla-wische Blatter, die zuerst bemerken sollten, dafi ich nicht mehr zu sagen \veifi wie sie, meinen Ausfiihrungen eine ganz besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben. So wurde mein in der Oster-reichischen Rundschau IX, Heft 4 (1906, 15. Dez.) ver-»ffentlichter Artikel „Kroaten und Serben“ von dem Esseger Tag-blatt „Narodna Obrana11 vollinhaltlich ilbersetzt und als Bro-schttre (Hrvati i Srbi, Osiek 1907, ki. 8°, 24 S.) herausgegeben, die einschlagigen Ausftihrungen meines Werkes brachte aber das fuhrende Organ der Kroaten „Obzor“ 1908, Nr. 310, als Feuilleton ganz, das der kroatischenSerben ,,S r b o b r a n“ 1909, Nr. 234, 235, mit geringen Ktirzungen. Lber die nationalen Grenzen in Mazedonien \vei6 ich angeblich „nichts besseres zu sagen“, als dafi sie bei einer Teilung nicht Philologen, sondern Diplomaten und Strategen abstecken ■\verden, wahrend ich doch die Prage an dem Beispiel der Pro-vinzialkroaten eriirtere und alle in Betracht kommenden Momente anftihre (10—12). Č. und namentlich der Herausgeber des Archivs sollten doch wissen, wie sehr die Philologen in der Tat haufig nicht zur Aufklarung, sondern zur Vervvirrung dieser Fragen bei-getragen haben, weil sie von ganz falschen Auffassungen eng ver-\vandter benachbarter Sprachen oder gar Dialekte ausgingen, die sie namentlich unter dem Einfluft der Stammbaumtheorie als in sich abgeschlossene Einheiten betrachteten und sich dabei um historische, politische, religiose und kulturelle Verhaltnisse nicht kiimmerten. ‘) MiLbraucht man nicht in der Tat noch heute die Philologie in solchen Fragen, gibt es nicht grofte und kleine Philologen, die sich da unberufen oder sogar ungerufen hin-einmengen? Es war also am Platze, dati ein „Universitatsprofessor‘‘, den G. auf das Niveau „der unintelligentesten Korrespondenten“ herabdrticken mochte, dagegen Stellung nimmt. In demselben Geiste wird sogar eine Anmerkung ausge-nUtzt (S. 276): „Es ist ferner charakteristisch, dafi ein Mann der 1) Zum besseren Verstilndnisse mochte ich auf eine naheliegende Parallele hinweisen. Es ist unverfanglich von Franken und Schvvaben in Bayern zu sprechen, bei den Siidslawen werden aber selbst Manner wie Šafank, Kopitar und Miklosich geradezu verdammt, weil sie die Bewohner der drei nordvvestlichen Komitate Kroatiens sprachlich zu den Slowenen schlugen, obwohl es keinem Slowenen einfiel, sie desvvegen politisch zu reklamieren. In vvelches Wespennest man da bei den unfertigen Zustanden auf dem Balkan sticht, kann man sich leicht denken. VVissenschaft folgende Behauptung aufstellt: ,In den gemischten Ge-bieten sind in der Anziehung fremder Elemente die Serben wegen ihrer religios-sozialen Exklusivitat im Nachteil' (S. 207, als Bemerkung [richtig: Anmerkung zur Behauptung im Text, dafi die Prage, ob Serbe oder Kroate, u. a. auch „von der grbfieren Assimilationskraft der Gesellschaft“ abhangig ist]), fiir die doch kein Beweis erbracht wird und die wir Serben alle als auffallend unrichtig empfinden“ u. s. w. Mir ist das zuerst an einem viel grbfieren Volke aufgefallen, dafi die nationalen Kirchen neben Vorteilen auch Nachteile haben. VVie haufig trifft man in Rufiland „Deutsche<<, die nicht mehr (\venigstens richtig) deutsch sprechen konnen, aber noch nicht als Russen gelten, weil eben russisch und orthodox identische Begriffe sind? Wie ganz anders stehen die Polen trotz ihrer Anhanglich-keit an den Katholizismus da, weil man zu ihrer nationalen Ge-meinschaft doch auch als Lutheraner, Kalviner und Jude gehoren kann. Das alles war in dem von Č. unterdriickten Zušatz „wie die Russen gegentiber den Polen“ angedeutet! So ist es auch im Siiden. Herr G. moge sich z. B. unterrichten, mit welchen Gefuhlen eine „Šokica“ (Katholikin) in Slawonien in die Familie aufgenommen wird, und kann speziell bei sich in Bosnien beobachten, dafi nicht blofi die grofic Anzahl der eingewanderten Slawen, sondern auch der Deutschen, Magyaren und Italiener naturgemiifi in den Kroaten aufgehen \vird, wofiir er Beispiele sogar schon miter den Mit-gliedern der kroatischen Parteien des bosnischen Landtages bat. Ein klassisches Beispiel fiir meine Behauptung lieferten beim letzten grofien Ausbruche der traurigen Parteikampfe zwischen Kroaten und Serben in Kroatien die serbischen Blatter im Jahre 1902, denn es gab nichts Verkehrteres, als wenn sie hbhnisch darauf himviesen, dafi beim Pest der kroatischen Gesangvereine in Agram als Preistriiger meist Leute mit nichtslawischen Namen her-vorgegangen sind. Ich hatte also fur meine Behauptung ,,gut erwogene GrUnde“, kann aber nicht ganze Abhandlungen tiber solche Anmerkungen in einer kurzen Litteraturgeschichte schreiben. Ubrigens sieht sie Č. auch dort nicht, wo sie angefiihrt werden, wie seine nichts-sagende Bemerkung tiber die Rolle der slawischen Kirchensprache im Kulturleben der orthodoxen Slawen beweist, denn dariiber habe ich mich nicht blofi auf S. 45, sondern in einem ganzen Kapitel (S. 108—m) geaufiert. Ich gab auch geniigend zu verstehen, dafi die Antwort auf diese Prage sehr von religiosen und nationalen Momenten und von philologischer Liebhaberei beeinflufit wird, und habe auch Verstandnis fiir verschiedene Auffassungen. Der kulturelle Ruckstand der orthodoxen Slawen bat gewifi viele Ursachen, aber Tatsache ist und bleibt, dafi die Kirchensprache allmahlich zu einem Organ desselben geworden ist. Einfach lacherlich und gar nicht zur Sache gehdrig ist die Behauptung C.s (277), daft es eine „starke Beeinflussung seitens des reinen Kle-rikalismus auf das offentliche Leben der Serben nur unter dem Metropoliten St. Stratimirovič“ (zu Anfang des 19. Jabrh.) gegeben habe. Ubrigens bemerke ich, dafi bj^zantinischem Klerikalismus nicht blofi Hierarchen und Geistliche, sondern auch weltliche Libe-rale und Radikale der orthodoxen Slawen huldigen konnen, ja so-gar westslawische katholische und protestantische Politiker, Schrift-steller und Gelehrte, die zu Hause den romischen Klerikalismus bekiimpfen. Betrachten \vir Č.s Einwendungen »gegen die Argumentation des Verfassers“. In vollstandig einwandfreier Weise schildere ich (hauptsachlich nach K. Jireček) die kirchlichen Verhaltnisse in Kroatien und Dalmatien und bemerke, dali daraus „die heftigen Kampfe um die slawische Liturgie im 10. und 11. Jabrh. begreiflich41 werden. C. \vill das, \vas in den „Historischen Notizen41 voraus-geschickt wird (S. 32!), nicht verstehen und ubersieht, dali das ganze VI. Kapitel (S. 100—108) dieser Frage gewidmet ist. Die Charakteristik des Šestodnev des Joann Exarch, „ein grolies Ori-ginalvverk, richtiger eine Kompilation14, ist trotz ihrer Kurze doch verstandlich, denn das Werk ist keine direkte Ubersetzung aus dem Griechischen, wie das meist der Fali ist, sondern eine Kompilation verschiedener Exzerpte. Die auch von anderen Litterarhistorikern1) konstatierte und als mttglich hingestellte Venvechslung dreier Konstantine (S. 63) ist doch begreiflich, denn in allen Litteraturen gibt es Beispiele dafttr, dali Artikel gleieh benannter Autoren in den Hand-schriften und auch Biichern verwechselt und mitVorliebe dem be-riihmteren zugeschrieben werden. Das ist doch ein „wissenschat't-licher Grund“ ! Zu scheinbar ganz plausiblen, wenn auch fiir jene Zeiten nicht vollkommen richtigen Bemerkungen gibt folgender Satz Anlali (278, fehlt im BSkGl.“!): „Einmal sagt Prof. M. von dem Žaren Dušan, dali unter ih m die Loslosung von der ortho-doxen Kirchengemeinschaft stattgefunden habe.“ Wo steht das aber in meinem Werke?! Auf den Seiten 138 und 162, wo *) A. Teodorov, Blgarska literatura, 91; A. I. Sobolevskij, Izvestija otd. russk. jaz. VI. 2. 178; E. Petuchov, Žurnal min. nar. prosv. 1893, April, 321; D. Cuhlev, Sbornik za nar. umotvorenija XII, 569. von der eigenmachtigen Grundung des serbischen Patriarchats durch Dušan die Rede ist, gewifi nicht, aber auch sonst nirgends, wo Dušan envahnt wird (vgl. Index). Das leere Gesclnviitz ilber meine woluberlegten Vorwtirfe gegen die alten Abschreiber weise ich um so entschiedener zuruck, als icb von Herrn G. keine Lehren ilber Handschriftenfragen entgegenzunehmen brauche (vgl. S. 5—6). Die letzte Stelle dieser Kategorie mufi icb \vortlich hersetzen, so sehr es um das Papier und die Druckersclnvarze schade ist: Ein anderes Mal sagt der Verf.: „ Nicht umsonst schweigen die serbischen Quellen von der Vergangenheit Serbiens vor Stefan Nemanja, die ihnen als heidnisch und haretisch erschien.“ Im Gegenteil! Die Serben gingen sogar so weit, dafi sie den Kaiser Konstantin den Grofien und Likinius als Stammvater ihrer Dynastie herausgekramt haben und wenn sie nichts Nabereš als die erdichtete Genealogie zu liefern im stande \varen, so geschah das nur deswegen, weil sie (wie auch wir) nicht viel oder gar nichts dariiber wufiten, und keinesfalls desvvegen, weil ihnen die Vergangenheit „heidnisch und haretisch erschien“. Zuerst mufi ich verraten, dafi diese ver-dammenswerte Auffassung gar nicht von mir herrtihrt, sondern von den Russen P. Kačanovskij (Istorija Serbii s poloviny XIV. v. do konca XV. v.1) und seinem Kritiker P. Rovinskij,2) dem Verfasser des klassischen Werkes ilber Montenegro, der also auf dem Ge-biete der in Betracht kommenden westserbischen Geschichte be-sonders kompetent ist. Ubrigens sprechen Stefan der Erstgekrttnte, Domentijan und Theodosij dhekt von dieser „haretischen“ Vergangenheit ihres Vaterlandes3) vor und unter Nemanja. Die erdichtete Genealogie ist alles eher als ein Bevveis dagegen, demi solche rbmische Herkunft legten sich auch in Westeuropa trotz einer reichhaltigen historischen Litteratur nicht blofi Herrscher-, sondern auch Adelsgeschlechter zurecht. Die Biographen und Annalisten des 13. und 14. Jahrhunderts konnten noch mancherlei von der iibervviegend katholischen, zum Teil auch bogomilischen Vergangenheit der ersten serbischen Staatengebilde bis zum Ende des 12. Jahrhunderts wissen, verschwiegen sie aber ebenso \vie schon Domentijan die katholische Taufe des Begriinders der Dynastie Nemanja, obvvohl daran noch seine Sohne, der hi. Sava und Stefan der Erstgekronte, keinen Anstofi genommen hatten (mehi Werk, *) Obrigens schon im „Vestnik slavjanstva", 1893, S. 72—84, s. Vizent. Vrem. L, 238. !) Izvestij a otd. russk. jaz. IV. 3, S. II14. 3) Vgl. die Stellen ebendort, XIII, 4, S. 128. i6 159). Charakteristisch ist auch die von mir hervorgehobene (S. 218) Zurechtlegung dieser Tatsache durch einen Annalisten des I7.jahr-hunderts, dem zufolge Nemanja „ein Orthodoxer, aber noch nicht getauft war“. Nicht minder grofiartig sind die Eimvendungen gegen „manche Detailangabcn“. Beim Monch Hrabr „ wird nicht envahnt die plau-sible Hypothese, dafi das moglichenveise nur ein Pseudonym war“. In einem Handbuche kann man doch derartige geringfugige Hypo-thesen bei Seite lassen; Jagič selbst stellt sie in seiner Ausgabe Hrabrs (Codex slovenicus rerum grammaticarum, 22) noch niedri-ger: „man kflnnte sogar vermuten, dafi sein Name ein — Pseu-donym sei“. Wenn icli weiter sage, dafi Hrabr „mit dem Riist-zeug der damaligen byzantinischen Gelehrsamkeit“ die griechischen Gegner der slawischen Schrift bekampfte, so mufi jeder Fachmann wissen, dafi ich mich dabei nur auf Jagič’ Untersuchungen stiitzen, aber ihn (vgl. Ubrigens sonst den Index) wie manchen anderen Porscher nicht zitieren kann, da mir bibliographische Angaben vom Verleger (s. S. 7—8und22) nicht zugestanden worden sind; ubrigens hat Jagič von den Quellen nur Pseudo-Theodosius ausfindig ge-macht, andere sind aber noch zu suchen. Was liber Serbien als neuen Mittelpunkt der kirchenslawischen Litteratur gesagt wird, ist einfache Silbenstecherei, denn aus meinen eigenen VVorten und aus der ganzen Darstellung ist genau dasselbe ersichtlich. Was soli man zum Vorvvurf sagen, dafi beztiglich des Typikons des hi. Sava filr Kareja jede Bemerkung unterlassen wurde, in welcher Sprache es geschrieben sei, um so mehr als ich ervvahnt habe (156): „das wahrscheinlich eine Ubersetzung ist“ ? Jeder vernUnftige Mensch denkt dabei doch an Kirchenslawisch und Griechisch. Der Kritiker hatte sich aber ein Verdienst envorben und ware einem allge-meinen vvissenschaftlichen Brauche in Europa gefolgt, wenn er gesagt hatte, wo der griechische Text gedruckt ist und was filr das „wirkliche serbische Original“ spricht, denn von allen dem steht nichts bei Lj. Stojanovič im Spomenik III, 162—164, in A. Gavri-lovič’ Monographie Sv. Sava (S. 76—80, 103) und in P. Popovič’ Pregled srpske književnosti (40, 391), der nach meinem Buche erschienen ist und die Bibliographie in erwiinschter Weise bringt. Von den grofien historischen Kenntnissen in den Kardinalfragen der serbischen Geschichte zeigt folgende Bemerkung im „SkGl.“ (54): „M. behauptet, dafi 1217 ein papstlicher Legat Stefan den Erstgekronten gekront habe; unterdessen vvissen wir, dafi dies der hi. Sava getan hat“. Der zweite von der „patriotischen“ Geschicht- i7 schreibung vertretene, aberganz unhaltbare Teil wurde im „Archiv“ ('278) also geandert: „aber nirgends wird erwabnt, ob der Verf. sicli in dieser Frage vollstandig mit Ruvarac identifiziert, ob und \vie er die serbischen Angaben (Domentijans) deuten und recht-fertigen mochte‘\ Bei mir steht jedoch ausdrttcklich (134—135): „spatere Nachrichten und Kombinationen iiber eine nochmalige Kronung durch Sava [d. i. Domentijan!] sind wenig wahrschein-lich, namentlich kann aber von einer aus Nikaea gesandten Krone keine Rede sein“, d. h. ich sage dariiber viel mehr, als es heute St. Stanojevič in seiner ausschliefilich politischen »Istorija srpskoga naroda“ (Gr. 8°, 385 S.!) auf Seite 111 ftlr notwendig hait. Lehr-reicb ist weiter folgende Gegeniiberstellung: Mein Buch, S. 44 : Nach der unlangst aufge-fundenen Legende des bi. Naum wurden einige Jiinger Methods sogar gemartert, andere an Juden als Sklaven verkauft und nach Venedig geschleppt; hier befreite sie der Gesandte Basilios I. und brachte sie nach Konstantinopel, \vo ihnen die Priester\vtlrde \viedergegeben \vurde (also vor Ende August 886). Gorovič „Arch.“ 278—279 (tehlt im „SkGl.“): Der Verf. scheint die kurze Vita Naums, die im Jahre 1885 von Ljubomir Kovačevič im „Glasnik srp. učenog društva Bd. 63, veroffentlicht wurde, nicht gekannt zu haben, sonst ware es unerklarlich, wanim er sie nicht mit der T.avrovischen „un-langst aufgefundenen “ verglichen hatte. Hier haben wir das Beispiel einer scheinbar sehr gelehrten, aber der mutwilligsten Anflegelung vor uns, denn da gibt es nichts zu vergleichen, weil ich bisher unbekannte Tatsachen nach einer alten, ins 10. Jahrhundert verlegten Legende erzahle, von denen es in der genannten jungen und kurzen keine Špur gibt, denn diese folgt der Vita Clementis und lafit auch Naum langs der Donau iiber Belgrad nach Myn’sija (Moesien!) kommen. Obri-gens mufi ich G. belehren, dafi die Vita Naumi eigentlich nicht Lavrov, sondern Jordan Ivanov entdeckt ‘) und ebenfalls heraus-gegeben hat (Blgarski starini iz Makedonija, Sofija 1908, S. 51—58). Wenn ich iiber das Verhiiltnis Domentijans zu Theodosij eine der bisherigen Anschauung entgegengesetzte vortrage, so hat das ein ordentlicher Kritiker ohne gehiissige Bemerkmigen pflichtgemSfi ------------ ‘ !i r. ') Das konstatiert ausdriicklich Lavrov selbst im.den „Izvčstija otd. russk. jaz.“ XII, d, S. 2. Murko, Z111 ICritik d. Gesch. d. Xlt. stldsl;iw, Lltteraturen. 2 zu konstatieren und ist natitrlich herechtigt, auch nach den Griin-den zu fragen, die ich in einer kurzen Litteraturgeschichte nicht vortragen konnte, vveil dazu ansfiihrliche Vergleichungen der Texte heider Schriftsteller notwendig sind. Obrigens ist die Ansicht \veder ganz neu noch von mir. Zuerst aufierte sie P. Srečkovič (Spomenik der serb. Akad. XXXIII, 30), ohne sie bewiesen zu haben, im Wintersemester 1902/03 lieferte mir aber Nikola Radojčič (Dr. der Phil. und Gymnasialprofessor in Karlowitz) eine Seminar-arbeit, in welcher er Theodosij und Domentijan verglich und zu demselben Resultat kam; seine iiberzeugende Beweisfuhrung regte mich selbst zu rveiterem Studium ') an. Das hatte ich in einer An-merkung erwahnen sollen, konnte aber nicht mehr rechtzeitig in Erfahrung bringen, ob Dr. N. Radojeič, der spater bei H. Gelzer und K. Krumbacher weiter studiert hat, noch an seiner An-schauung festhalt; nun bin ich zu dieser Erklarung autorisiert und kann auch die Veroffentlichung einer entsprechenden Studie von ihm in Aussicht stellen. Dafi die serbischen und auch die griechischen Athosmdnche am Žaren Dušan, der sie mit allen Mitteln zu gervinnen suchte, ihre Freude hatten, ist mir aus rvichtigeren Quellen als der ange-ftthrten zeitgenttssischen Notiz wohl bekannt,2) aber das andert nichts an der von mir erwahnten (161) Tatsache, dafi der Biograph Grigorij Camblak lange nach seinem Tode gegen ihn entschieden Stellung nahm und dafi Serbiens grofiter Herrscher nicht einmal einen Lobredner fand (162), was doch nur dadurch zu erklaren ist, dali die MOnchswelt namentlich nach Dušans Tode seine Patriarchatsgrtlndung nicht billigte; Ubrigenš besitzen \vir ausdriickliche Bewei.se, dali sie serbische Chronisten (natilrlich Monche) als „nicht ordnungs-maliig“ und „ungesetzlichu bezeichneten.8) Dali das Athoskloster Philoteu wirklich „unter dem Einflusse und in der Machtsphare“ des Žaren Dušan stand, ist der erste p os it ve Gewinn, den ich aus den „Einwendungen“ des Herrn C. ziehe, doch sprach ich (142) v) Ich mOchte nur hervorheben, dali schon V. Jagič (Archiv f.sl.Ph. TI, 35—37) viele Vorziige Theodosijs gegeniiber Domentijan angeftihrt, aber in seiner Rhrenrettung Theodosijs keinen Schluli aus der Tatsache gezogen hat, dali ein Schrittsteller, der so vieles natUrlicher und rvahrheitsgemfilier schildert, auch das Ursprttngliehe bietet und nicht umgekehrt. I.ehrreich ist in dieser Hinsicht das Verhaltnis Stefans zu Sava und namentlich Do-mentijans selbst zu Stefan. a) T. Florinskij, fužnye Slavjane i Vizantija, II, 117 11. •'1) Ib. 128. I() von der allmahlichen S e r b i s i e ru n g der griechischen Kloster „de.s hi. Paulus, Dochiariu und Grigoriu (n ac h mane h en auch P h i-1 o t eu)“ und weifi nicht, ob serbische Machtsphare und Serbisierung schon identische Begriffe sind. So recht bezeichnend fiir die Kritik des Herrn Č. ist der mir gemachte Vorwurf, dafi ich Dušans Bei-name Silni falsch mit nder Starkeu statt „der Machtige11 (in Be-tracht kame noch: ,.der Gewaltige“ !‘) \viedergegeben babe, denn philologisch ist diese Prage nicht zu entscheiden, “) historisch babe icb aber eine lange Tradition fiir mich, denn schon J. Ch. Engel (Geschichte von Senvien und Bosnien, Halle 1801, S. 268) schreibt: St. D. genannt der Starke. Uber die Biographien Nemanjas von Stefan dem Erstgekronten und Sava sage ich alles Wissens-werte und Sichere. Was der Kritiker unter zwei sich gegenuber-stehenden Ansichten meint, verstehe ich nicht: die lange strittige Prage, \vessen Schrift alter sei, ist bei mir durch deren Datierung (S. 157, 158) angedeutet; Vulovič’ Meinung, dafi Stefan Sava be-niitzt habe, ist von St. Stanojevič (Glas XLIX, 9—10) zuriickge-wiesen worden, braucht also nicht erwahnt zu werden; oder hatte ich erzahlen sollen, wie Jagič Stefan liber alle Mafien hochgestellt, dann starken Widerspruch und endlich bei A. Gavrilovič \vieder Anklang gefunden hat? Belokurovs Werk iiber den Panslavisten Križanič ist mir wohl bekannt und bei seiriem Verfasser konnte in Moskau ein Brief von mir gefunden \verden, in dem ich ihm aus-einandersetzte, dafi sein Nachweis der Propagandamission Križanič’ in Ruliland sehr wertvoll, die Beurteilung seiner Person-lichkeit aber damit nicht erschopft ist, denn gerade fiir Križanič gelte nicht die Regel: quod non est in actis non est in mundo. Obrigens forderte auch der Petersburger Akademiker A. Šachmatov bffentlich zum weiteren Studium dieser interessanten Persiin-lichkeit auf. Nachdem der Kritiker mehr als drei eng gedruckte Seiten mit solehen Eimvendungen vollgestopft hatte, kommt er selbst zu einem Uberraschenden Schlufi: „Diese Liicken oder U n ge- li auigkeiten im e i n z e 1 n e n h a 11 e n dem W e r k e a 11 e r-dings keinen bedeutenden Abbruch ge ta 11“, und fahrt dann fort: „wenn nur eine neue, sichere und intime Charakteri-sierung verschiedener literarischer und kultureller Strftmungen, ') Wurde in der Tat von Talvj, Volkslieder der Serben, 1. (Halle 1825), S. XIX, gebraucht. -j Nadi D. Sanders WOrterbuch der deutschen Sprache wird stark gebraucht: b) von grofi er Macht, Oberlegenheit. 2* 20 eine abgerundete und weitblickende Gruppierung und Darstellung des Materials, wenn iiberhaupt ein ebenmafiiges und einheitliches Entwicklungsbild — denn nur darauf kommt es bei einer Littera-turgeschichte an — geleistet worden ware. Doch eben daran fehlt es dem Werke in auffallender Weise.“ Nach diesen grofien Worten, die erst im „Archiv“ in die Kezension Č.s gekommen sind, solite man eine Polemik gegen meine Gesamtauffassung, Periodisierung und Gruppierung der sudslawischen Litteraturgeschichte, oder Vor-wiirfe erwarten, dali ich kulturelle Zusammenhange nicht beachtet oder die groben Stromungen nicht richtig erfalit und dargestelll babe u. s. \v. Die groben Worte stellen sich aber nur als ein Ein-schiebsel heraus, das Material blieb das aus dem „SkG.“ und nimmt sich \vahrhaft klaglich aus, wie gleich das erste Beispiel zeigt. In der Geschichte einer so umfangreichen Litteratur, dab sie \virklich Bibliotheken fiillen kdnnte, sagte ich „kein Wort“ liber Schreibernotizen und Inschriften des spat en serbischen Mittel-alters. Alle Achtung vor den Schreibern und Besitzern alter Bii-cher, die uns manche aubert wertvolle bibliographische und histo-rische Nachricht iiberliefert haben, und nattirlich auch vor der ehrvvttrdigen „Monachin“ Euphemie (im „SkG.“ heibt sie Evdokija!), die ihren frommen Gefiihlen auf einem Vorhang der „Kaisertur“ vor dem Altar der Chilafdarkirche auf dem Athos (im J. 1399) und ant der Hiille einer Reliquienkiste in Prosa lyrischen Ausdruck gegeben bat, aber ein Gegenstand der Litteraturgeschichte konnen sie nicht sein, zumal der Kritiker selbst gesteht, dab sie die iibliche skla-vische Abhangigkeit von den byzantinischen Mustern verraten. Auberdem tut mir der RezenSent wie in den meisten derartigen Fallen auch offenkundiges Unrecht an, denn ich verwende die alt-serbischen Schreibernotizen und Inschriften sehr haufig im Text (z. B. 136 liber Nikodim, 187) und zitiere ungemein oft die Aus-gabe derselben von Lj. Stojanovič, Stari srpski zapisi i natpisi, so in den Anm. 97, 114, 115, 116, 144 161, 170, manchmal aber nur stillschweigend; dazu werden die bosniscben Inschriften, die sti-listisch und sprachlich wirklich bemerkenssvert sind, von mir ge-nligend besprochen (S. 173). Was babe ich Wesentliches in der „zu kurz gehaltenen” Darstellung des Bogomilismus iibcrsehen, speziell des slawischen? Aus Fickers Werk liber die Phundagia-giten, bei dem der Kritiker selbst envžihnt, dab ich es noch nicht kennen komite, ist filr den letzteren sehr wenig zu bolen. Welche Erscheinungen bei der bosniscben Sekte, „auf die einige jiingere Sla\visten aufmerksam gemacht haben11, \verden von mir nicht be- 21 achtet? Wo haben sich diese „jungeren Slawistenu gemeldet? Ich konnte von den am meisten kompetenten Ilistorikern dariiber nichts erfahren, halte es aber trotz allem Mifitrauen gegen Herrn C. bei der elenden Berichterstattung tiber die Erscheinungen der slawi-schen Philologie nicht tur ausgeschlossen, daft in irgend einer \venig zuganglichen Zeitschrift immerhin beachtenswerte neuere Beitrage erschienen sind. Die Ansicht Syrkus, daft der Ursprung der Reformtendenzen des Euthjmij auf dem Athos zu suchen sei, babe ich in den Text nicht aufgenommen, \veil man bei diesem fleiCigen Arbeiter, aber konfusen Forscher — darin wird auch Jagič ') mit mir iibereinstim-men — vorsichtig sein mufi, aber es ist einfach umvahr, dafi ich diese Frage „gar nicht in nahere Diskussion gezogen“ habe, denn auf Seite 215, Anm. 97, fiihre ieh sogar allerlei Momente an, die dafiir sprechen konnten. Ob ich uber die slawische Monchsgemeinde auf dem Athos wirklich nur „ein paar nichtssagende Phrasen“ ge-sagt habe, konnen unbefangene Leser durch Nachpriifung der nach dem Index unter Athos, Chilandar und Zographukloster (hier ist noch eine wichtige Stelle auf Seite 114 nachzutragen) leicht auf-findbaren zahlreichen Stellen entscheiden. Sind das Phrasen, wenn ich die Rolle des bulgarischen und der serbischen Athoskloster entsprechend charakterisiert und auf Grund sprachlicher Tatsachen sogar auf die Herkunft der russischen Monche aus dem Siiden hin-gewiesen habe? Es fallt einem wirklich schwer, ruhiges Blut zu be\vahren, wenn \veiter auch gesagt wird, ich hatte fiir die „serbisch-bulgarische Hagiographie im engeren Sinne“ ,, nicht einmal zehn WorteK, wahrend den altesten buigarisch-serbischen Heiligen allein eine gute Seite (75—76) gewidmet wird. Und wie oft ist in der mittelbulgarischen und serbischen Periode von der einheimischen Hagiographie die Rede? Von den Heiligen, die jetzt P. Popovič in seinem ,Pregled srpske književnosti", Seite 34—38, 390 — 391, anfiihrt, sind bei mir a 11 e (vgl. Index) genannt bis auf Georg von Kratovo, den ich, wie ich mich gut erinnere, nirgends passend unterbringen konnte. Die Darstellung der serbischen Chronographie mag trotz der von mir darauf venvendeten Muhe ungeniigend aus-gefallen sein (das glaiibe ich aber nur einem Historiker wie J. Ra-donič im „Letopis Matice Srpske" 1909, sv. 1, 84), aber welche Litte- ‘) Vgl. seinen Nekrolog im „Archiv f. slaw. Phil.“ XXVII., 636. Jagič selbst schreibt bezuglich der Arbeiten S. iiber die Reformen des Euthymius: „Die zwei erschienenen Teile erschbpfen den Gegenstand nicht, haben auch keine Lbsung gebracht.14 raturgeschichte der Welt kann mannigfach verzweigte Prosachroniken und Annalen aut nicht einmal zwei Seiten (164—166) zur Zufrieden-heit der Historiker behandeln, namentlich wenn sich diese selbst dariiber noch nicht im klaren sind ? St. Stanojevič’ Hypothese be-treffs der Biographie Nemanjas von Stefan d. E. erwahne ich nicht, weil sie nicht blofi A. Gavrilovič, sondern auch mich nicht iiberzeugt hat. Domentijan hat Savas Arbeiten nicht benutzt (Vidovič, Godišnjica N. Oupiča VII. 99, St. Stanojevič, Glas XLIX, 9—11), wozu also etwas Negatives oder zum mindesten Unsicheres in eine Litteraturgeschichte hineintragen ? Dafi Domentijan den Kiewer Metropoliten Ilarion gekannt und benutzt hat, wurde erst nach dem Erscheinen meines Buches in den „Izvestija otd. russkago jaz.“, XIII, 4 (der Separatabdruck zeigt das Datum der Druckbe-vvilligung der Petersburger Akademie Marž 1909), 106 ff., von M. P. P(etrovsk)ij nachge\viesen. Daraus erfahre ich (S. 129), dafi schon in der russischen Ubersetzung der serbo-kroatischen Litteraturgeschichte von V. Jagič dieses Verhaltnis in einer An-merkung (des Ubersetzers !) angedeutet \vurde, aber im Original, das ich selbstverstandlich beniitzte, steht nichts davon. Und zu-letzt: iiber den Patriarchen Pajsij, einen Biographen des I7.jahrh., schreibe ich Brund in sechs (8!) Zeilen“. Sieht denn C. nicht, dati mein Buch mit der Unterbindung des siidslawischen Kulturlebens durch die Ttirkenherrschaft endet und dafi ich ihre Folgen nur an den wichtigsten Tatsachen illustriere? Uberdies ist meine Darstel-lung der Litteratur synchronistisch, so dafi das 17. Jabrhundert als Hintergrund der neuen StrOmungen unter den Serben auch in der Geschichte der neueren Litteratur Platz tinden mulite. Doch abge-sehen davon ist bei dem mir zur VerfUgung stehenden Raum das Gesagte v o 11 k o m m e n ausreichend. So sieht das Material aus, das als Beweis dienen soli, dali ich kein Litteraturhistoriker, sondern ein „in der groliten Eile“ schreibender „Dilettant“ sei! Die Krone setzt aber der ganzen Rezension der Schluli auf. Seite 280 heilit es: „Prof. Murko stellt die Behauptung auf: er habe die ganze Bibliographie nicht geben konnen, aber „die wichtigsten bibliographischen Hilfsmittel" werden doch angeftihrt. Leider hat auch Prof. Jireček diese Behauptung un-notigeriveise wiederholt (Byz. Zs. XVIII., S. 601). Alles ist inzvvischen eher wahr, als das. Ich werde nur einige der wich-tigsten Werke und Forschungen anfiihren, die in dem Buche Murkos unsrwahnt geblieben sind . . .“ In der Vorrede meines Werkes ist dagegen nach Betonung der Schwierigkeiten zu lesen (S. V.): „Leider mufite ich so- gar von den wichtigsten Litteraturangaben, die ich im An h ang brin ge n wollte, Abstand nehmen; sie hatten namentlich deshalb Bedeutung, weil selbst solchen Forschern, die schon bestrebt sind, mit russischen Publikationen vertraut zu werden, die stidslawischen mehr oder weniger unbekannt bleiben. Die wichtigsten bibliographischen Hilfsmittel wer-den jedoch am Schlusse genannt. Die in den Anhang ver-wiesenen Anmerkungen waren grofitenteils als F u fi n o t e n gedacht. “ Auf Seite 220—225 sind in der Tat „die vvichtigsten bibliographischen Hilfsmittel* angeftihrt: 1. Litteratur-geschichte, 2. Kataloge der Handschriften und alten Drucke, 3. Bibliographie, periodische Publikationen und Zeitschriften. Das habe ich versprochen und nicht mehr. Hier hat mir der Rezensent auch keine Lučke nachweisen kbnnen. Die angeblich von mir uber-sehenen Werke wollte ich in einer Litteraturangabe am Schlusse des Buches anbringen, aber ich habe schon gezeigt (S. 7—8), dafi und warum die Verlagsbuchhandlung dafiir nicht zu haben war. Von meinem Vorhaben, die Bibliographie auf eigene Kosten hinzuzufiigen, mulite ich Abstand nehmen, weil eine solche Beigabe nur in den „in Ihrem Namen und Ihrem Interesse versandten Exemplaren“ (aus einem Schreiben des Verlegers vom 21. Mai 1908) untergebracht worden ware. Ich war also sogar zu materiellen Opfern bereit, um der Sache zu dienen und solcher Kritik wie der des Herrn C. vorzubeugen. Daraus kanti man ersehen, was von den Vonvtirfen (S. 281), dafi ich nicht eine „solide Bibliographie* wie Krumbacher oder Pypin oder P. Popovič gebracht habe, zu halten ist. Wenn ich gewisse Werke zitiere, so geschieht es nur in den Anmerkungen, die ursprtinglich „grofttenteils als Fufinoten“ gedacht waren und in den Anhang verwiesen tv u rde n (auch vom Verleger, \vas aus dem ganzen Kontext hervorgeht), weil ich sie zur Be-griindung oder auch Berichtigung meiner im Texte geaufierten An-sichten oder zur eventuellen naheren Aufklarung des Lesers brauchte. Aus diesen Griinden habe ich mir auch folgenden Vonvurf (S. 281) zugezogen: „ Dafiir aber zitierte der Verfasser getvissenhaft alle (!) seine Werke (!), ja sogar jene uber das Haus und iiber den Tisch bei den Siidslavven, ebenso seine Kritik auf das Werk Čurčins: „Das serbische Volkslied in der deutschen Literaturi Er ging darin so weit, dali er an einer Stelle, wo er eine Ansicht Oblaks iiber diemazedonischen Dialekte (! s.S. 24) anfuhren solite, nicht das schone Werk Oblaks: nMazedonische Studien“ zitierte, sondern (seine) eigene Monographie liber Oblak! Das ist keine eimvandfreie Anfiihrung der Litteratur." Auf einem so kleinen Kaume konnen kaum mehr und argere Entstellungen vorgebracht werden, wie es hier geschieht. Ich soli ,alle“ meine „Werke“ zitiert haben, in Wirklichkeit envahne ich (S. 214, Anm. 80) aber aulier den inkriminierten nur nocb „Die Geschichte von den sieben Weisen bei den Slawen“. Weiter hatte Herr Čorovič trotz seiner Jugend wissen konnen und mussen,‘) dali ich noch manches andere auf verschiedenen Gebieten der Slawistik geschrieben babe, namentlich wenn man zu den BWerken“ auch Rezensionen recbnet, wie er es mit meiner „Die serbische Volkspoesie in der deutschen Litteratur“ tut. Doch wie verhalt es sich mit den „ja sogar“ zitierten Schriften? In meiner ethnographischen Einleitung (S. 8) behaupte ich, dali mit Ausnahme der adriatischen Kiiste „in alle iibrigen Ge-biete der Kroaten und Serben, bis in die siidostliche Spitze von Montenegro, das ,oberdeutsche‘ zvveifeurige Kiicbenstubenbaus der Alpenlander vorgedrungen ist.“ Werden nicht die meisten Leser, namentlich aber gewisse „Patrioten“, ftir eine so unglaublich klingende Behauptung Bevveise verlangen ? Findet man so etwas in den vorziiglichen Arbeiten des Balkangeographen Cvijič und seiner Schule? Ich weili es aus eigener Erfahrung am besten, in welches Staunen mich die Arbeiten R. Meringers liber das bosnische Haus versetzten, und kann auch verraten, dali dieselben durchaus nicht den Envartungen gevvisser Kreise, die ein besonderes bosnisches-) Volkstum schaffen wollten, entsprachen, denn der russische Haus-forscher Al. Charuzin, welcher meinte (Žilišče Slovinca verchnej Krajny, St. Petersburg 1903, S. 81—82, 98), dali in Bosnien vvie in Oberkrain das illjrrische Element auf die Wohngebaude der Slawen einen machtigen Einfluli ausgeubt babe, hiitte sich auf niemanden geringeren als den Minister von Kallay berufen konnen. ') Er brauchte ja nur in dem Biicherkatalog des Wiener slawischen Seminars Einsicht zu nehmen, wenn ihm schon der Almanach der serb. Akademie (vgl. S. 4, Anm.) oder Ottos Slovnik Naueny mit meiner Bio-graphie unbekannt geblieben sind. ‘) Es war jene Zeit, als auch Hofrat V. Jagič in der Osterreichischen Delegation den Ausdruck „bosnische Sprache“ (vgl. dariiber mein Werk, S. 5) verteidigt bat. S. Stenographische Sitzungsprotokolle der Delegation des Reichsrates, 32. Session, 1896, S. 156 —157- War ich also nicht blofi berechtigt, sondern geradezu verpflichtet, in einer Antnerkung (S. 207) auf meine Arbeit „Zur Geschichte des volkstiimlichen Hauses bei den Stidslawen“ hinzuweisen? Wo bleibt da „etwas zu viel Eigenliebe" des Verfassers? Auf S. 206 hebe ich hervor, dab die weiteren Schicksale der stidslawischen Volksepik ,,nur in der neueren Geschichte der siidslawischen Litteratur zur Sprache kommen konnen", und verweise auf die Anmerkung (S. 219): „Die wichtigsten in Betracht kommenden Fragen sind beriihrt in des Verfassers Rezension „Die serbo-kroatische Volkspoesie in der deutschen Litteratur". Erweise ich damit nicht manchem Leser einen Dienst, um so mehr als ich die Geschichte der neueren Litteratur kaum so bald schreiben diirfte, sind in der Arbeit nicht meine Ansichten und Resultate m einer Forschungen niedergelegt ? Das Unglaublichste leistet Herr VI. G. beziiglich der „Maze-donischen Studien" Oblaks. In meinen Ausfuhrungen iiber die Heimat der kirchenslawischen Sprache schreibe ich (S. 50): Oblak glaubte in der Tat „alle charakteristischen phone-tischen Ztige des Altslowenischen gerade in dem Dialekt der ost-lichen Umgebung von Saloniki" gefunden zu haben. In der Anmerkung (S. 211) venveise ich auf ^Ljubljanski Zvon 1895, S. 309“, wo Oblak seinen Anschauungen in dieser Frage (nicht „iiber die m a z e d o n i s c h e n Dialekte" !) in einem wenig zuganglichen Organ und slowenisch zuletzt Ausdruck gegeben hat, weshalh ich weiter zitiere: Vgl. die Darstellung der ganzen Frage in des Verfassers Monographie „Vatroslav Oblak", 41—54. Dort habe ich die \verdenden Ansichten Oblaks tiher die Heimat der ki r c h e n s 1 a \v is c h e n Sprache aktenmabig verfolgt und dort hatte sich auch Herr G. die Belehrung holen konnen, dab Oblak in seinen „ Mazedonischen Studien" ni e von der Herkunft des Altslowenischen (Kirchensla\vischen) gesprochen hat, was auch dem beschreibenden Charakter dieser Arbeit und seinem niichternen wissenschaftlichen Sinne entspricht. Selbst in den im Anhange veroffentlichten Briefen an Jagič beriihrt er die strittige Hypothese nur ironisch (S. 135) oder nur mit der Be-merkung (S. 141): ,, Die Sprache Cyrills und Methods ist umvieder-bringlich dahin". Man sieht, Herr G. hat die Arbeit Oblaks nicht gelesen, was man noch begreiflich findet, aber \vie kommt der Herausgeber des „Archivs f. slav. Phil." dazu, dab er nicht weib, was in einem postumen Werke steht, dessen Korrektur er besorgt hat (Maz. Studien, S. 128)! Wenn mir entgegengehalten wurde, „das ist keine einwandfreie Anfiihrung der Litteratur", so ware ich vvohl berechtigt, die allerscharfsten Ausdrticke za gebrauchen, um eine derartige Entstellung und Brunnenvergiftung nach Gebiihr zu brandmarken. Zum mindesten kann man \vohl den Rezensenten und seinen Patron in ihrem Jargon fragen: Wo bleibt da der „Fachmann“ und „der Mann der strengen Wissenschaft“ ? Diese unqualifizierbaren Vorwiirfe wegen der ,,Mazedonischen Studien“ V. Oblaks haben fur mich noch etwas besonders Verletzendes, weil der Anschein erweckt werden soli, dafi ich mich auf Kosten meines allzufrtih der Wissenschaft entrissenen Freundes erhebe, dem ich doch eine von warmer Pietat getragene ausfiihrliche Mo-nographie in slowenischer und eine abgektirzte in deutscher Sprache gewidmet habe. Es liegt System in dieser Mache, denn V. Jagič verdreht in seiner „Istorija slavjanskoj filologii1* (Petersburg 1910), S. 837—838, meine Darstellung des Verhaltnisses Oblaks zu ihm in das gerade Gegenteil und lafit sich diese Entstellung auch schon im nArchiv fiir sla\v. Philologie“, XXXII, 303, als richtig be-scheinigen, wofur ich ihn noch anderswo zur Rede stellen will. Als besonders erschwerend mufi ich die Tatsache hervorheben, dafi sich Herr G. und der Herausgeber des Archivs nicht darauf ausreden kdnnen, sie hiitten meine Worte bezuglich der biblio-graphischen Hilfsmittel und der Litteraturangaben in der Vorrede nicht richtig verstanden, denn die loyale Redaktionsnote des „Srpski književni Glasnik* (S. 1) und namentlich die ihnen genau be-kannte Bemerkung Jirečeks in der „Byzant. Zeitsch.* (vgl. S. 21) konnten sie eines Besseren belehren; doch sie gingen so weit, dafi sie selbst einem Manne wie K. Jireček, einem der altesten Mit-arbeiter des Archivs, ausdrtlcklich zumuten, er habe meine Behauptung beziiglich der bibliographischen Hilfsmittel „unnotigerweise wieder-holt“, wohlgemerkt jener K. Jireček, von dem sie wufiten, dafi er von meinem Buche „die Korrektur jedes Bogens zweimal, mancher sogar ofters* (s. Vorr. VI.) las und mit demselben daher besonders vertraut \var. So gibt es in G.s Einvvendungen keinen einzigen Punkt, der halbwegs die Kritik bestehen konnte. Dafiir haben wir aber in Herrn G. einen Rezensenten kennen gelernt, der mit einer un-erhorten Anmafiung auftritt und es dabei mit dem in Europa iib-lichen wissenschaftlichen Brauch (vgl. sein Zitieren, bezvv. Nicht-zitieren), mit der wissenschaftlichen Genauigkeit, ja sogar Ehrlich-keit nicht streng nimmt. IV. Wenn man in einem wissenschaftlichen Organ in der ge-schilderten Art angegriffen wird, so ist man wohl berechtigt, auch auf das Urteil anderer Kritiker und Referenten hinzuvveisen, ohne der „Eigenliebe“ beschuldigt zu \verden. Lassen wir vor allem einige Vertreter solcher Disziplinen sprechen, denen ich einen „Filhrer“ zum Verstiindnis des Kultur-lebens der Siidslawen liefern wollte. K. Jireček nennt das Werk in der y z a n ti n i s c h e n Zeitschrift", XVIII, S. 601, ein „treffliches Handbuch“; der Pariser Historiker E. Denis, bekannt durch seine Monographien iiber bedeutende Epochen slavviscber Ge-schicbte, schlieftt seine ausfiihrliche Besprechung in der„Revue critique“, 1909, 1, S. 412—415, mit den Worten: Cela prouve une fois de plus qu’il n’est pas commode de rčdiger im manuel qui satisfasse toutes les exigences. Tel qu’il est du moins, čelni de M. M. est un des meilleurs que nous possedions et il rendra de longs et precieux Services a tous ceux qui s’ interessent k ces questions. In der „H is torišč h en Zeitschrift“ (begr. von H. v. Sybel), B. 103 (1909), S. 638, schreibt W. Christiani: „Seine Absicht, Theologen, Philologen und Historikern einen kleinen Fiihrer zum Verstiindnis des iilteren siidslawischen Kulturlebens zu liefern, bat der Verf. jedenfalls erreicht.“ Mein Bestreben, alles Wissensvverte nacb MOglichkeit zusammenzudrangen und auch auf die beniitzten Autoren hinzuvveisen, bat mir folgenden nicht unge-rechtfertigten Vorvvurf zugezogen: ,, Der Text hiitte indessen an Lesbarkeit viel gevvonnen, vvenn Verfasser nicht immer vvieder, in manchen Kapitelu auf jeder Seite, nicht blofi einzelne Worte, son-dern sehr oft auch ganze Siitze in Klammern gesetzt hiitte [also kein „gewandter Causeur11 !]. Vieles davon gehort in die Anmer-kungen, so die Namen von Forschern.“ Der Gottinger Theologe Bonvvetsch, der sich durch Arbeiten auf dem Gebiete der kirchenslavvischen Litteratur bemerkbar gemacht hat, empfiehlt das Werk in der „T h e o 1 o gi s c h en Litteraturzeitung“, 1909, Sp. 109—11 o, „denn bei dem vorvviegend theologischen Charakter jener Litteraturen wird gerade die kirchengeschichtliche Forschung Gevvinn aus dieser Darstellung ihrer Geschichte ziehen konnen . . . Sehr anzuerkennen ist das unbefangene Urteil des Verfassers in Fragen, wo sonst nationale oder konfessionelle Vorurteile leicht den Blick triiben.“ Zufolge der „T h e o 1 o g i s c h e n R u n d s c h au“, XIII, 4, 3, deren Referent sich sonst kein Urteil anmafit, gevvinnt der Theologe iiber die ihn interessierenden Fragen daraus „vortreffliche Auskunft“. Von dem Prager deutschen Litterarhistoriker A u g u s t Sauer wird in der „Osterr. Rundschau", B. XXV, 2 (15. Okt. 1910), darauf hingewiesen, dafi meine Darstellung der siidslavvischen Litteraturen „im schroffsten WidersprucheM mit der bisherigen Be-handlung derselben steht, und „das Studium des hochst anregenden Werkes unseren Politikern aufs dringendste empfohlen". „Studi di filologia moderna" (Catania), III (1910), fasc. 3—4, notieren „un eccelente manualew. Den bekannten Staatsrechtslehrer und Soziologen L. Gumploivicz, der sich in Graz fUr die Siidslawen liesonders interessierte, veranlalite das Bausgezeichnet orientierende^ Buch zu einem 19 Seiten langen Essai iiber das Siidslawentum in dem Warschauer BPrzeglqd h i s t o ry c z ny“, VIII, H. 1. Ich venveise noch auf die beifalligen Besprechungen in der Leipziger „Illustrierten Zeitung", 1909, 8. April, von K(arl) D(ietrich), in der Beilage der „Miinchener Neuesten Nachrichten" 1909, 1. Jan., und auf den Abdruck des Kapitels »Die Tiirken-herrschaft und ihre Folgen" in den „Grenzb oten“, IV, 1908, S. 58—65. Dali ich mich in meiner Envartung, »eine Art Einleitung zur Geschichte der russischen und rumanischen Litteratur" (Vorr. V) in der Sammlung der „ Litteraturen des Ostens" geschrieben zu haben, nicht getauscht habe, beweist das Urteil Arthur Luther s, des Verf. der »Russischen Briefe" im Litterarischen Echo“, der in der »S t. P e t er s b u r g e r Z ei t u n g", 1908, 5./18. Dez., schreibt: »Man hat seine Freude an den klaren, lichtvollen Darlegungen. F2ine gewisse Trockenheit des Toneš [also kein »Causeur41!] er-kliirt sich durch den Stofif. Asthetisch ist ihm heim besten Willen kaum etwas abzugevvinnen, der Schiverpunkt fallt auf das Kultur-historische und die engen Beziehungen zvvischen Sudslaiven und Russen in der iiltesten Zeit machen aus dem Buche auch eine vor-ziigliche Einleitung zu jeder Geschichte der russischen Litteratur." Ich hatte aber bei meinem Buche »immer auch die Interessen weiterer slavvistischer Kreise im Auge" (Vorr. V.). Ich glaube, dafi ich mich bescheidener \vohl nicht ausdrilcken konnte, denn ich war mir bewufit, dafi auch jeder Fachmann darin manches Neue und Beachtensvverte finden wird. Natiirlicherweise sind mir auch die Urteile der Fachleute in erster Linie mafigebend. Prof. E. Karskij, der Herausgeber des »Russkij Filo-logičeskij Vestnik", 1908,8.460, schreibt: „Das vorliegende Buch ver ra t einen erfahrenen Verfasser, der mit der Litteratur des Gegenstandes vertraut ist und in kurzen Worten das Wesen der Sache darzustellen versteht.11 Aus der zustimmenden Besprechung des Prof. J. Machal im „Česky Časopis historicky“ XV. (1909), S. 356—360, stelle ich speziell das Urteil iiber die Kap. VIII (Mittelbul-garische Periode) und IX (Serbien !) hieher: „ das sind die interessan-testen Partien des ganzen Buches, geschrieben mit aufierge\vohnlichem Fachwissen, ausgestattet mit reichhaltigem historischen und kulturellen Material und viele neue Ansichten bringend. “ Das Urteil des Prof. St. D o b r z y c k i (Freiburg in Schw.) in der L i 11 e r a r i s c h e n R u n d-schau fiir das katholische Deutschland, 1910, Sp. 79, ist audi nichtsla\vistischen Kreisen zuganglich, aber immerhin mochte icb daraus hervorheben: „Was die Darstellung selbst anbelangt, so ist sie (abgesehen von einer gewissen Trockenheit) die denkbar beste und die dem Gegenstand am treflflichsten angepafite [also schon \vieder kein ,Causeur“!]. Das vollkommene Beherrschen des grofien Stoffes, die bis in die kleinsten Einzelheiten eingehende Erudition verbindet sicb mit einer streng \vissenschaftlichen, ruhigen, die tlauptsaehen hervorhebenden Darstellungs\veise. “ Als die besten Partien erscheinen diejenigen, ,, die sich nicht mit einzelnen Werken oder Schriftstellern, sondern mit den litterarischen grofi e n Stromungen befassen; in dem mehr historischen Teil der Litteraturgeschichte ist der Verfasser ein \vahrer Meister. Durch die „Gesch. d. ti. siidsl. Lit.“ hat sich M. in die erste Reihe der slawischen Litteratur-historiker gestellt." Der Krakauer Privatdozent Tad. Stan. Grabo w s k i, dessen Spezialitat die Litteratur der Siidslavven bildet, \vidmete dem Buche eine Besprechung in der Revue „Swiat sto-wiahski“, 1909, H. 5, S. 396—403, und machte dasselbe sowie meine gesamte Ttitigkeit zum Gegenstande einer ausfilhrlichen .kritischen Studie" im jPrzegl^d powszechny“, die auch in Buchformerschien: Najnowsza historya literatur poiudnio-w o - s 1 o w i a n s k i c h i d z i a 1 a 1 n o š č Prof. M. Murki,1) Krakow 1910. Der Gerechtigkeit willen mufi ich nur eine prinzipielle Ein-wendung machen: der Verfasser Uefi sich zu viel von der Rezension Čorovičs im „Srpski književni Glasnik" leiten und meint, dafi meine teihveise stark ablehnende Wiirdigung des byzantinischen Einflusses bei den Slawen auf Widerstand der orthodoxen Kreise gestofien sei. Herr Čorovič ist jedoch bisher unter den Russen, Bulgaren und Serben vereinzelt geblieben. Ich vervveise speziell auf ein solches russisches Organ wie „Slavj anskija Izvfistija" *) Vgl. dariiber M. Hysek, Listy tilologicke, XXXVII (i9io), 391—392. 3° 1909, Nr. 2, S. 285, wo mein Werk eine »herrliche Arbeit“ (prekrasnaja rabota), die eine fiihlbare Lučke ausfdlle, genannt wird. Erwahnt seien noch die Referate im Wiener „Allgemeinen Litteraturblatt", 1910, Sp. 432— 433, von Prof. V. Vondrak, in der „Wiener Zeitung", 1908, 31. Dezember, von Dr. Josef Karasek, dem Verfasser der Sla\vischen Litteraturgeschichte I.—II. in der Sammlung Goschen. Eine nicht eimvandfreie Rezension lieferte J. Franko in den „Zapiski“ der Lemberger Sevčenko-Ge-sellschaft, 1901, 1. B., S. 171 —178. Zuletzt lasse icli die SOdslawen selbst zu Worte kommen. Natur-gemaC mufi das Werk am meisten die Bulgaren interessieren. Im „Ueilišten Prfigled“, 1808, S. 925—928, bemangelt der Rezensent (B. A.) nicht ohne Grund, dafi der Plan des Buches zu eng sei, da die altere Litteratur als Werk der Slavvenapostel Cyrill und Method auch zu den Cechen, Polen und Russen kam; doch ich hatte eben die Litteraturgeschichte der Sudslawen zu schreiben und vernachlassigte auch die angedeuteten Zusammenhange nicht, die bei den Cechen und Polen allerdings nur eine Episode bildeten. Sonst wird aber dem „interessanten und wertvollen“ Buche nach-gerilhmt, dafi es die auf dem Gebiete der sudslawischen Litteraturgeschichte erzielten Residtate zusammenfafit, und speziell die alt-und mittelbulgarische Periode bei aller Ktirze erschopfend und lehrreich behandelt. Das Schlufiurteil lautet: „Uberhaupt ist Prof. M.s Buch wegen der knappen und pragnanten Darstellung, die seiner Voll-standigkeit durchaus nicht geschadet hat, aufierst brauchbar und be-lehrend fiir alle, die sich hinlanglich genaue und vollstandige Kennt-nisse von den alten Litteraturen der SUdsla\ven erwerben wollen. “ Auf das warmste wird es den bulgarischen Lehrern der Litteraturgeschichte empfohlen. „Blgarska Sbirka“, XV, 9. H., S. 608—609, schliefit ihreAnzeige: „Der Verf. hat seine Aufgabe vortrefflich gelost, das Buch ist in einem aufierordentlich zusammengedržingten und klaren Stil geschrieben, “ weshalb es nicht blofi den bulgarischen Liebhabern der Litteraturgeschichte, sondern auch Theologen, Philologen und Historikern empfohlen wird. Bei den Serben brachte ihr hervorragendstes kritisches Organ, »Letopis Matice Srpske8, 1909, H. I, S. 81—85, eine Be-sprechung von J. R(adonič), einem anerkannten Historiker der Belgrader Universitiit, der die Art und Weise der Bearbeitung und Darstellung der alteren Litteratur vollkommen billigt; von anderen zustimmenden Bemerkungen hebe ich hervor, dafi die Litteraturperiode Serbiens »mit einer schOnen und recht bequemen historischen Ober- 3i sicht“ eingeleitet wird. Uberraschend wirkt cine Rezension im »Nastavni k“ (1909, S. 132—135), dem Organ des Professorenvereins fiir Serbien, von Jer. Živanovič, dem Redakteurdesselben. Der Kritiker war mit meiner Ubersicht der sudsla\vischen Litteraturen in der „Kultur der Gegenwart“, I. 9, nicht zufrieden1) (ebendort, S. 53—55), findet aber, daft mein Buch ilber die altere Litteratur viel besser sei, \veil ich mehr Platz hatte und weil mir die Litteratur w er k e dieser Periode besser bekannt seien als die der mittleren und neuesten (132). Also das gerade Gegenteil der Rezension im „ Arciiiv f. slaw. PhiIologie“ ! Nach einer stillschweigend zustimmenden Berichterstattung gerade iiber die einleitenden Kapitel ist zu lesen, daft ich die Griinde fiir und \vider das Alter der glagolitischen und cyrillischen Schrift nicht hatte anzuftihren gebraucht, weil es in einem derartigen Buche ,,keine Behandlung strittiger Fragen, sondern nur eine Darstellung und Erklarung festgestellter Tatsachen geben soll“. Also etwas, woran ich Herrn C. so oft bei viel geringeren Fragen erinnern mufi te. Eigentliche Vorwurfe werden mir, meist mit Unrecht, nur beztiglich \veniger „veralteter“ Daten tiber die serbische Litteraturperiode gemacht, doch erklart (S. 134) auch dieser Kritiker, der besonders streng sein will (S. 132), aus-driicklich: „I)ieses Kapitel ist genug erschbpft und es wird die Aufmerksamkeit auch auf andere Seiten des Lebens gelenkt, nicht blofi auf die Litteratur. “ .Schlufi: Die Lehrer der Litteraturgeschichte sollen nicht ohne das Buch sein. Natiirlich war beiden serbischen Rezensenten die Kritik Č.s im »Srpski književni Glasnik" ebenso bekannt wie dem direkt dagegen Stellung nehmenden Kroaten Dr. B. Drechsler, der im Agramer „Savremenik“, 1910, Nr. 1, S. 46—49, dem „modernen“ Werke nachrtihmt, dafi es „ nicht analytisch, sondern eminent synthetisch ist, aber dennoch iiberall zur Analyse, zu weiterem genauen Studium *) Damit stimmen allerdings andere Urteile nicht uberein. So bat einer der kompetentesten und strengsten Kritiker, der Russe N. Petrovskij, im „Žurnal ministerstva narodnago pro s v žš čenij a“, 1909, Mai, S. 195, von den Darstellungen der slavvischen Litteraturen in dem Bande »Die osteuropaischen Litteraturen und die slawischen Sprachen“ der »Kultur der Gegenwart“ meine als die am meisten gelungene erklart; besonders interessant ist im Vergleich dazu sein Urteil tiber jagičs Beitrag „Die sla-wischen Sprachen11 in derselben Rezension. Der Kritiker im »Glas Matice Hrvatske" (Agram), 1908, S. 16, wiinschte eine Obersetzung meiner Ubersicht in den Publikationen der genannten kroatischen litterarischen Gesellschaft und die »Matica Dalmatinska" in Žara erbat sich von mir eine ahnliche Arbeit. der Fragen, wo der Veri', einen Damm oder eine Lučke bemerkt, anregt. Seine Arbeiten sind wegen ihres soliden und immer gewilA allzureichen Materials bekannt, so dafi vor lauter Tatsachen die Schliisse nicht genug plastisch hervortreten, doch in diesem Werke pafit sich das Material auf das schonste den Gedanken, Ideen und Bildern an, denen es untergeordnet ist. Manche seiner Gedanken sind Themen fiir neue, interessante Studien, wenn sie jemand in Angriff nahme.“ Am gelungensten sei die bulgarische und serbische Litteratur dargestellt, die kroatische biete Liicken, an denen die Kroaten selbst Schuld tragen, \veil sie diese Periode ihrer Litteratur noch nicht genilgend erforsclit haben. M.s Werk „ beden tet in der Konzeption und Methode einen schbnen Fortschritt in unserer Litteraturgeschichte, was besonders hervortritt, weiin man es mit anderen Arbeiten in unserer jungen Wissenschaft verglcicbt14. Der beifalligen Besprechungen im ^Hrvatsko Kolo“, IV, 460—462, und in den slowenischen Zeitschriften nC as opis za zgodovino", V, 195 —199, ,Ljubljanski Zvou“, 1909, S. 186—187, »Dom in Svet“, 1908, S. 573—574, „S 1 o v a n“, 1909, S. 63, sowie der in deutscher Sprache zugangliehen in der „Carniola“, II. (1909), S. 66—67 (Dr. Lokar), sei blofi gedacht, obgleich sie meist von jilngeren Slawi sten und, von einem abge-sehen, nicht von meinen Schiilern herriihren. Die Besprechungen des Werkes sind hiemit nicht erschopft; so werden z. B. Rezensionen in solchen Fachorganen, wie ,,V i-ztintijskij Vremennik" (Petersburg) und »Nastavni Vjes-nikl)“ (Agram) der Verlagsbuchhandlung in Aussicht gestellt. Ich habe schon envahnt, daB das wissenschaftliche Organ des bulgarischen Schuhvesens mein Buch besonders den bulgarischen Lehrern der Litteraturgeschichte empfohlen hat. Was die Serben ’) Ist unterdessen in diesem Organ tur das kroatische Mittelschul-wesen erschienen in Bd. XIX, Nr. 4, S. 284—286 (D. Bogdanovič). Das „schOne Werk“, in dem der Verlasser „seine grofje Fachkenntnis bewiesen hat“, wird nicht blofJ den Fachleuten, sondern jedermann, der sich fiir die kul-turelle und litterarische Vergangenheit derSiidslavven interessiert, empfohlen. Speziell Uber das einleitende Kapitel (vgl. o. S. 10—12) wird gesagt: „Wir kbnnen nicht umhin zu gestehen, dafJ der Verfasser in der Schilderung dieser kulturellen und politischen Verhaltnisse zwischen Kroaten und Serben es verstanden hat, die strengste Objektivitiit zu bcv ahren, -vvas gerade nicht so leicht ist. Bekannt ist die grofje Empfindlichkeit in diesen Fragen auf beiden Seiten! Deshalb glaube ich, dafJ es keinen verniinftigen Kroaten oder Serben geben wird, der dem geehrten Verf. in dieser Dar-stellung etwas iibel nehmen kOnnte.“ [K. N.] anbelangt, so tat das gleiche das Professorenorgan in Serbien; aufierdem weifi icb, dafi die Litteraturgeschichte bereits an ver-schiedenen Punkten von Siidungarn bis nach Montenegro im Sinne meines Buches vorgetragen wird. Gymnasialprofessor Pera Bogdanovič in Cetinje begann seine an mein Buch methodisch und inhaltlich sich anlehnende „Istorija srpske književnosti1' bereits zu drucken. Wie meine Litteraturgeschichte auf das kroatische Schul-\vesen wirkt, zeigt Br. Mate Ten tor s Kritik der serbischen Litte-raturgeschiclite von Pavle Popovič im „Nastavni Vjesnik“, XVIII (1910), S. 526—536, meine methodische Auffassung der Litteraturgeschichte der Kroaten und Serben deckt sich aber mit den Vorschlagen fur neue Lehrbiicher von Dr. B. Drechsler in demselben Organ fur das Mittelschuhvesen, XIX, S. 54 ff. Meine Ausfuhrungen und die Urteile unbefangener Kritiker haben gezeigt, was fiir ein wissenschaftlich und moralisch minder-wertiges Produkt in den ,,Kritischen Anzeiger41 des „Archivs fiir slawische Philologie44 geraten ist. Uber dieses elende Mach\verk komite noch sehr viel gesagt werden, doch ich will auch zum Schlusse nicht von den offenkundigen Tatsachen abweichen und iiberlasse den Leseni Vermutungen dariiber, wie die Rezension ent-standen und warum sie nach fast z\vei Jahren in \venig ver-besserter, grofitenteils sogar vergroberter Auflage im „ Archiv fiir slaw. Philologie44 verewigt worden ist. Auf jeden Fali steht es sehr schlecht um eine Sache, fiir die kein anderer Mann ins Feld ge-stellt werden komite. Am betriibendsten bleibt aber fiir mich der Umstand, dafi Hofrat V. v. Jagič eine seiner verdienstvollsten Schflpfungen, das „Archiv fiir slawische Philologie44, das nament-lich im informativen und kritischen Teile schon lange nicht mehr auf der Hohe steht, auf solche Weise erniedrigt und zu Grunde richtet. Seine haufige Klage, dafi sich viele Slawisten in seinem Organ mir die ersten Sporen verdienen, wird endlich auch mir begreiflich. Es ist sehr bezeichnend, daft im Laufe von zwei Jahren schon die zweite Broschiire an die Leser seines Organs gerichtet werden mul.i. G raz, Ende Oktober I910. Mu r k o, Zur Kritik d. Gesch. d. alt. sUdslaw. Litteraturen. 3 Nachtrag zu S. 14—15. Wie viel Miihe und Verdrufi man mit einer inkriminierten Stelle ohne Seitenzitat haben kann, lehrten mich folgende Satze des Herrn Č. (Archiv, 278): „Einmal sagt Prof. Murko von dem Žaren Dušan, daft unter ihm die Loslosung von der orthodoxen Kirchengemeinscliaft stattgefunden babe. Sind denn die orthodoxe Kirchengemeinschaft und das griechiscbe Patriarchat zwei iden-tische Begriffe und bedeutet die Loslosung von dem letzteren eben dasselbe, was die Loslosung von der orthodoxen Kircbengemein-schaft ? Hat die heutige bulgarische Kirche keine ortbodoxe Kirchengemeinschaft, weil sie mit dem Patriarchat zerfallen ist?u Nach oft wiederholtem Suchen fand ich endlich in dem Kapitel uber die „mittelbulgarische Periode14 meines Buches (S. 1x8) die Stelle, welche Č. zu seinen, wie schon ervviihnt, urhaltbaren Aufie-rungen Anlafi gegeben hat. Ich spreche davon, wie der unnachgie-bige, herrschsiichtige Patriarch Kallistos die alte Prage des Ver-haltnisses des Patriarchats von Trnovo zu dem von Konstantinopel aufwarf, im bulgarischen Monche Theodosij 1356 ein passendes Werkzeug fand, aber vorsichtig zu Werke gehen mufite, „um in der Zeit des Kampfes mit Serbien nicht den Žaren Joann Alexan-der zu verletzen und um eine Loslosung des bulgarischen Patriarchats von der orthodoxen Kirchengemeinschaft zu verhiiten, w i e eine solche der Serben gerade unter ihm stattgefunden hat.44 Herr Č. hatte in jeder Hinsicht besser getan, wenn er sich an die Stellen gehalten hatte, vvo ich direkt von Dušans eigen-machtiger Patriarchatsgriindung (S. 138, s. auch o. S. 17) spreche, denn daraus ware auch ersichtlich, dali sich zwar Bulgarien noch von Konstantinopel loslosen komite, Dušan, sein Patriarch und natiirlich auch ihre Kirche aber vom Patriarchen von Konstantinopel mit dem Bann belegt, d. h. aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen w or d en ivaren. Im Sinne einer volligen Ausschlieliung aus der Kirche fassen den Bann, Kirchen-bann, die Exkommunikation, das Anathema, katholische, orthodoxe und protestantische Kanonisten ^ auf. Der vom kompetenten Obern *) Vgl. Wetzer u. Weltes, Kirchenlexikon, I2, S. 1933 ff; Herzog-Hauck, Realenzyklopadie f. prot. Theol. II8, 381; F. Kober, Der Kirchen-hann nach den Grundsiitzen des kanonischen Rechtes, 2. Aufl. (Tiibingen 1863), besonders S. 17, 33, 35, 37, 108, no. verhangte Bann hatte von jeher fiir die gesamte Kirche verbin-dende Kraft ‘) und die Exkommunikation wurde auch iiber ganze Kirchena) verhiingt, wobei der den Bann verhangende Bischof „jede Verbindung mit demjenigen, iiber \velchen derselbe ausge-sprochen vvorden war, giinzlich abbrach, namentlich aber weder litteras communicatorias, noch litteras commendatitias von ihm an-nahm oder ihm solche zusendete“. Fiir uns ist am wicbtigsten die Tatsache, dafi der serbiscbe Kanonist Nikodim Mil as, ortbodox-orientaliselier Bischof in Žara, das Anathema als vollstiindige Aus-schlieEung aus der Kirche auffafit •1 * *) und ausdrticklich lehrt4 5): „Die Einheit der allgemeinen Kirche besteht in der Einheit des Glaubens unter den Partikularkirchen, in der Einheit des Geistes unter ihnen, in ihrem durch die Gesetze und die kirchliche Praxis festgesetzten wechselseitigen Ver-kehre, in der einigen Tatigkeit derselben in der ka-nonisch vorgeschriebenen Richtung.“ Diesen Anforde-rungen entsprach das serbische Patriarchat von 1346—1375 aller-dings nicht und es ist begreiflich, dali N. Milaš ®) iiber seine Entstehung vorsichtig hinvveggleitet, nicht einmal die angegebenen Daten bringt und auch aus dem Umstande nicht Kapital schliigt, dali seiner Griindung doch gleich zu Anfang die Patriarchen von Trnovo und Ochrida zugestimmt hatten, wahrend ihm beziiglich des bulgarischen Exarchats zu geniigen scheint, dali die Erklarung der Bulgaren als Abtriinnige durch die Synode von Konstantinopel nicht von allen autokephalen Kirchen anerkannt worden ist.6) In dieser Hinsicht ist jedoch fiir mich maligebend das Urteil eines so bedeutenden und unbefangenen Kenners der morgenlitndischen Kirche wie H. Gelzer,7) der der „Geschichte des bulgarischen S c h i s m al< ein ganzes Kapitel widmet, die Synode von Konstantinopel im Jahre 1872 zwar als einen grolien Fehlgriff bezeichnet,8) ') Wetzer u. Weltes, o. c. I937- -) Bruno Schilling, Der Kirchenbann nach kanonischem Rechte, Leipzig 1859, S. 127. “) Pravila (Canones) pravoslavne crkve, I. (Novi Sad, 1895), 239—242. 4) Das Kirchenrecht der morgenliindischen Kirche, von Dr. Nikode-mus Milasch, Ubersetzt von Dr. R. v. Pessič, 2. Aufl. (Mostar 1905), S. 211 bis 212. 5) Ebendort, 307, Anm. 22. 6) Ebendort, 313. ’) Geistliches und Weltliches aus.dem ttlrkisch-griechischen Orient, 116 ft. “) Ebendort, 129. aber nicht umhin kann zu erklaren 1), daft die Nichtanerkennung ihres Beschlusses durch die heil. Synode in Petersburg „die Ver-wirrung iinmer grofter“ macht. Man kann sich iiber das bulgari-sche „Schisma“ verschiedene Gedanken machen und mit H. Gelzer iiber den Jammer der autokephalen Kirchen des Orients klagen, aber k a n o n i s c h kommt man liber seinen Standpunkt nicht hin-weg: auch das Verhiiltnis des bulgarischen Exarchats zum Pa-triarchat von Konstantinopel und einigen anderen Partikularkirchen des Orients entspricht nicht den von N. Milaš formulierten Grund-slitzen von der Einheit der orthodoxen Kirche! Aus dem Ganzen ersieht man nochmals, was fiir leichtsinnige Behauptungen im „ Archiv fiir slav. Philologieu vorgetragen verden kčinnen. *) Ebendort, 131. Druckfehler. Da nach der Korrektur das Titelblatt als Seite 1 gezahlt vurde, so sind Verveise auf die Seiten dieser Broschtire entsprechend um 1 zu erhohen; so auf Seite 16, Zeile 18, Seite 23, Zeile 19, Seite 26, Zeile 23 und 24, Seite 34, Zeile 24. tk.. a. K. Hofbuchdrockerei Karl Procliaska in Teachen. Domoznanski oddelek MURKO M. Zur Kritik 14615 0619956 COBISS o Teschen. K. u. K. Mofbuchdruckerei Karl Prochitskn.