Nr. 52. Laibach den 31. December 1864. 8. Jahrgang. Nliiller aus Rrain. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Die „Blätter aus ^rain" erscheinen jeden Samstag, und ist der Pränumcrationsprcis ganzjährig 2 fl. östcrr. Währung. In der Nelrjahrsnacht. Wcnn übcr's Schnecfeld mit Gebrausc Des Neujahrs rauhe Stürme zich'n, Wie lieblich ist's im sichern Hanse Die Glut zn schüren im Kamin! Nnn darf das Her; sich frei gehören, In seine Tiefen lehrt es ein, Und Geister lernt's cmporbcschwörcn, Genossen seiner Nast zn sein. Kommt denn mit nuhörbarcn Tritten, Ihr Helden längst vcrscholl'ncr Zeit! In falt'ger Toga kmmnt geschritten Im blntbcströintcn Panzcrklcid! Ich seh' auf euren uarb'gen Zügen, Im Auge, das verfinstert droht, Die Spnr von hohen Thatcnfliigcn, Von wildem Glück und jähem Tod. Und wcnn mir eure Kränze sagen. Daß Ruhm und Sieg euch einst gelabt, Ahn' ich zugleich, was ihr getragen Und stolz der Welt verschwiegen habt. Vielleicht, daß durch der Muse Walten, Wie ihr mir ernst vorüber schwebt, Vor Einer Plötzlich der Gestalten Mein schweigend Vaitcnspiel erbebt. > Und wie sich Klang gesellt dem Klänge, Nie Bild um Bild sich reich enthüllt, Ein groß Geschick mir mit Gesänge Die lange Nacht des Winters füllt. Ein Courierritt. Episode aus dem amerikanischen Bürgerkriege. (Schluß.) Bisher ging Alles ganz uatürlich zu. Aber ein eigenthümlich banges Gefühl bemächtigte sich des Offiziers, als er plötzlich nebenan in dem Gemache ein Fenster klirrend öffnen und zugleich unten die Thüre gehen hörte. Gekommen war noch Niemand,- er warf einen raschen Vlick hinab: vor dem Hause stand ein großer Mann, in der gewöhnlichen Tracht der virginischen Besitzer, wenn sie zu einem weiteren Nitte gekleidet sind; in der hellen Mondbelcuchtung war auch zu sehen, daß der Mann wohl bewaffnet war, mit 2^bel, Revolver und Nifflebüchse; er war augenscheinlich die Ankommenden erwartend. Also war die Dame doch nicht allein gewesen, wie sie gesagt? In der jungen Mannesseele stieg ein böser Veidacht auf, und dieser wurde zur Gewißheit, als er den Mann den Neitern entgegeneilen sah und folgendes Gespräch hörte. „Was gibt's, William?" ^ „Sir, es ist ein Ossizier da zu Nacht, einer von den Yankee's!" „Ein Offizier? Von den Föderalen? Nur Einer?" „Ja, nur Einer: hat Depeschen in einer ledernen Tasche ! mit sich, nennt sich einen Courier, er schlaft— hat getrunken!" ! Letzteres war in spöttischem Tone gesprochen. , Der junge Offizier am Fenster lauschte mit stockenden Pulsen, er hatte keine Zeit, über diese Sottise in Wuth zu gerathen, denn war er auch wein- und liebegliihend, so fühlte er doch gut genug, nicht betrunken zu sein. „Gut, gut, halte mein Pferd, Sam, und Du, William, öffne die kleine Thüre!" sagte der Herr, vom Pferde springend, und verschwand, von William begleitet, hinter dem Hause. Ein rascher Entschluß blitzte in der Seele des Adjutanten auf; er warf sich bastig in seine Uniform, hing Depeschentasche und Mantelsack um, und verließ mit leisen Tritten, in jeder Hand eine Pistole, das Gemach. Er schritt über den hellen Gang und die Stiege, ohne auf Jemanden zu stoßen; die Hauptthüre stand offen und vor derselben hielt der Mann mit den beiden Pferden. Mit vieler Gewandtheit und Schnelle war er an der Seite des Mannes und setzte ihm die Pistole an die Brust: „Keinen Laut, Mann, sonst bist Du des Todes! Willst Du mich zur Armee der Föderalen bringen?" Der Mann anf dem Gaule konnte nicht blaß werden, denn er war ein Schwarzer: aber die Augen riß er groß auf und den gewaltigen Mund riß er auch weit auf und sprachlos starrte er seinen vom Himmel gefallenen Angreifet an — endlich Kickte er stumm. Der Adjutant war im Augenblicke im Sattel und packte seinen unfreiwilligen Führer an dem Arme,, während er ihm zuraunte: „Hüthe Dich, ein Gedanke an Verrath bringt Dir diese Kugel! Vorwärts im Gallopp!" Der erschreckte Neger brachte kein Wort über die wulstigen Lippen, bloß einen kurzen, um Verzeihung stehenden Blick warf er zu den hcllerlcuchtetcn Fenstern empor, hinter deren Vorhängen einige Schatten sich bewegten, dann knurrte er cm trotziges ,,I)—ä!" zwischen den Zähnen,, hieb dem Pferde die Absätze in die Flanken und hallo! ging es über die Fläcke hin ?ift sausendem Galopp. Daß Kicö und Funken stoben Und Roß und Reiter schnoben! 206 Nun von Kies und Funken war auf virgmisckem Boden ! freilich nicht die Rede, aber vorwärts ging es doch, und das ^ schnell genug. ! Nachdem sie eine gute Weile über Feld und Wiese, durch ^ Sümpfe und Waldland geritten waren, der Offizier stets an ! der Seite des Negers, mit der Pistole'in der Hand, fragte ! der Erstere: „Weißt Du, wo die Armee der Föderalen steht?" ! „O, ich thu' wissen," war die Antwort. „Wie weit haben wir noch zu reiten?" „O, sechs Meilen, Sir!" ^ ! „Dann können wir in einer Stunde dort sein!" j „Das können sein, — aber nicht heut —" „Nicht heule? Warum?" „Pferde sind, müde, — waren den ganzen Tag in der l Schlacht!" ! „So — in der Schlacht — Du auch?" „Eicher — Master hat mich mitgenommen..." ^ „Charmant," sagte der Offizier, aber dann schwieg er, z sich seinen Gedanken überlassend, eigentlich war cr über sich ^ selbst recht ärgerlich — er hatte sich von der schönen Seces-sionislin dupiren lassen, und die Geschichte hätte einen schlimmen Ausgang nehmen können; als aber nach einem scharfen Ritte von etwas mehr als einer Stunde der Neger sein Pferd anhielt und nach einer Gegend hinzeigtc, wo in der That, hüw 4m Walde verborgen, einige Feuer zu bemerken waren, fühlte cr sein Gemüth fehr erleichtert. „Und wie weißt Du, daß dort die Iödcralcn stehen?" fragte er. „O, wir wissen Alles," lachte der Neger mit vollem Munde. „Du gehst jedenfalls mit mir in unser Lager," sagte er, „möchte nicht gerne durch eine Spitzbüberei von Dir in eine Falle geführt worden sein." ' „Oh, ich gehe nicht zurück;, Master würde mich prügeln." Und so ritt der Adjutant auf seinem schaumbedeckten Beute-Pferde in dem Lager der Vorposten seiner Armee ein, ufid brachte mit sich einen „intelligenten Kontreband," der wichtig Aufschlüsse gab, und noch ein MchrcreZ dazu log. Der Drecheischrecken und die Vrechelbraut in S'teiermark. Von I. A. Huscha k. Sobald im Herbste dcr selbstgesäcte und gcerntetc Flachs geröstet und gebrcchelt ist, so veranstaltet, nach altem Arauch, der Hausvater ein Fest. Dazu werden die Dirnen dcr Nachbarschaft, die Frcundinen der Haustöchter geladen; die Bu55 schen bedürfen keiner Einladung und finden sich schon von selbst ein. Die Stube ist säuberlichst geordnet, und ein Tisch trägt die Lasten von Fleisch, Krapfen, und je nach der Gegend, Vier, Wein oder Branntwein. Unter den Flaschen befinden sich zwei durch Blumensträuße und Vuntheiten aller Art herausgeputzte — die Preise, die heute zu erringen sind. DieVrechel-braut, die Königin des Festes, wird nämlich nicht so wohlfeilen Kaufes zuerkannt, sondern cs gilt, sie theils durch Ge-scbicklichlcit, tbcils durch Gegengaben zu erringen. Wäre em Bursche so glücklich , durch Kraft alle zwei Preise und Getränke flaschcn zu erwerben, so gäbe es natürlich nur eine Brecht braut, da aber mehrere Aufgaben sind und zwei Preisftafchcn, so gibt es auch zwei Hanfttstücke und zwei Hauptsiege, und der nächste Preis gilt also einer sogenannten Handels- odev Ranfbraut. Der Hausvater nimmt den obersten Platz am Tische cm und läßt die werbenden Bursche mit allem Ernst an sich heran kommen. Jeder derselben bittet nun. daß ihm die Braut zugesagt werde. Der Vater verlangt aber allerlei witzige Aufgaben, wie sie bcim Pfänderspiele auch vorkommen, und namentlich lebendige Wesen als ordentlichen Kaufpreis odcrG^ gengaben. So z. B. möge ihm ein schönes Pferd vorgeführt werden, oder auch eine Kuh mit recht großen Hörnern, eui Zicgcnbock, oder derlei. Die Burschen gehen nun gehorsamst hinaus, und da ist cs ihre Aufgabe, vereint mit vicr FüM ein Pferd vorzustellen, oder einen Einzelnen als Zicgcnbock nut Hörnern einzutreiben. Wenn nnn also das sonderbare Thier, durch Bett- und Tischtücher gehörig verhüllt und möglichst natur getreu, in der Stube erscheint und die Befehle des Reiter« ausführt, oder seine Sprünge, seine Stimmnachahmungen zufriedenstellend producirt, geht natürlich ein erschütterndes Ge lächter los und der Vater muß sein Wort halten und die groß? buntgeputzte erste Flasche zum Besten geben — was unter Juchhe vor sich geht! i Mitten in der Freude abcr erscheint ein ernster Mahner — ein wandernder Predikant, meist ein gereifter Handwerker des Torfes, welcher die Welt gesehen, betreffende Bildung und ! Späße erworben. Er erscheint in gehöriger Verstellung, dazu ! einen Buckel, auch hinkend und das Gcsickt bepflastert, oder ! mit einem langen Barte versehen, ein großes schweres Buch unter dem Arme. Entweder er bittet, da einkehren zu dürfen und um cin klein wenig Stärkung, verschlingt daher sofort dic größten Bissen und thut die stärksten Züge an3 Gläsern, Flaschen und Krugen, oder er donnert gleich gegcn dic sündige Luft' ! barkeit, muß sich aber jedenfalls nach den ersten Worten Labung und Stärkung kolen. Nachdem ihm die Bursche z'^go ! rufen, er möge sich den Hals doch nicht ganz und gar zlcn: ^ Rcdcn verstopfen, oder cr möge doch nicht die Nacht über in ! Kruge dlcibcn, verfügt er sich an einen Tisch, vdcr stellt sich auf elne Bank, einen Stuhl, zwängt eine ungeheuere Brille auf seine Nase und beginnt. Natürlich liegen dem ländlichen Sinne die kirchlichen Formen am nächsten und er modelt feine Rednerischen Späße darnach, ohne im Geringsten die Absicht zu ^ haben, das erhabene Religiöse zu erniedrigen! „Geliebte Zuhörer!" beginnt der Moralredner. „Vevor wir über dies; etwas Weiteres vornehmen, wollen wir den scheckigen Schneidergeist um seinen Beistand anrufen!" Nach« dem er dies; mit allerlei komischen Grimassen gethan und mit einem „Ammeln!" geschlossen, beginnt er wieder, und zwar die Worte, die der Nede zu Grunde gelegt sind, vorzulesen. „Es gingen einmal drei schadhafte Schneider über einen sehr hohen Berg, da begegnete ihnen eine alte Gais mit zwei Gais-kitzeln (Jungen). Als die gebrcsthaften Schneider die alte GaiZ erblickten, da fielen sie auf ihr Angesicht nieder und sprachen: „O, Tu Mutter unseres Stammhauses, hilf uns, daß wir von unserer Elcndigkeit errettet werden." Da beschaute die alte Gais die drei Schneider sehr genau. Der Eine war lahm, der Andere war einäugig und der Tritte stocktaub. Die GaiZ aber sprach zu ibnen: „Seid getrost, meine Söhne, Euch soll geholfen werden!" Da lief; die GaiZ etwas fallen, stampfte mit den Klauen darein und bestrich mit dieser Salbe die drei seligen Schneider und alsobald wurden sie gesund. Zur würdigsten Dankbarkeit küßten sie der alten Zunftmutter das Angesicht und gingen dann getrost heim!" Eine zweite beliebte Grundlage zur Sittenrede ist folgende:^ „In der Zeit gingen drei Jungfrauen durch einen Wald spazieren und es begegneten ihnen drei Schützen; der Eine batte keine Büchse, der Andere kein Pulver und der Dritte kein Blei, und sie sahen Alle aus wie vacirende Schneider. Dann schritten sie weiter und sie sahen ein großes Schloß mit einem Thurm, das aber ohne Grund war, und da kamen drei Leute heraus. Der Eine war blind, der Andere war hinkend und der Tritte ohne Kleider. Der Blinde zeigte auf einen Hasen im weiten Feld, der Lahme lief ihm nach, erwischte ihn auch und der letzte hat ihn in seinen Nocksack geschoben!" „Das sind die Worte," fährt nun der Spaßmacher fort, „über die ich heute zn Euch reden will. Und ich will gleich anfangen über die Weibsbilder, vorerst über die ledigen. Sie schauen kaum heraus aus den Fatschen (Wickeln), so soll man ihnen schon von einem Buben vorquatschen, und es will ihnen kaum das Nockerl passen, suchen sie schon einen Liebhaber in allen Gassen! Mich wundern nur die Alten, sie sein schon voll Kröpf' und Falten und voller Runzel und Zahnlücken, und doch thut 's Herzel jnckcn und zucken! Es ist ihnen leiner zu jung und Keiner zu alt und Keiner zu warm und Keiner zu kalt! Ist einer trump oder kröpfet, tahlschädlig oder roth-fchopfct, hohlwangig oder ohne Zahn', schiech oder schön, so beißt's. Du kannst mit mir geh'n! Und kommt Einer von Schlampampen, so pflegen sie ihm den Wampen. Dann ist's gar schlimm gethan, und es heißt, was fang' ich an? Sie glauben an keinen Himmel und keine Höll' und kommen vor lauter Liebeln nit von der Ctcll'.- sie hören auf keine Wort' und keine Lehr', außer sie kommen von lustigen Buben daher! Sie haben alle Ehr' verlassen, auf Wegen und auf Straßen, sie schäckern im Stall, im Heu, und ist wo nur ein Plätzlein dabei! Vernehmt es mit Geduld und Aufmerksamkeit, meine ^ lieben Zuhörer, Drahtzieher und Kohlcnstörcr! Kommt ein ' Sonn- oder Feiertag heran, da ziehen sie sich recht sauber an, da krampeln und schmieren sie das Haar, der Spiegel ist der Hochaltar, und kommen sie in die Kirchen, o Graus im Beten richten sie nickt viel aus, die größte Andacht haben sie bei Pfeifen und Geigen, da möchten sie die ganze Zcit sich zeigen: Tanzen, Liebeln und die Anbcn verführen , das sind die Haupt- ^ lugenden, die sie g'spüren; Falschheit und Heuchelei, die treiben ' sie dabei, und sobald sie merken, daß Kirtag ist, da wissen sie schon allerhand List, mit Schönthun und mit Velüqen den ^ Burschen um's Andenken zu betrügen: die Laster und Sünden, ! die sie begehen, kann nicht einmal der Teufel alle sehen! Ja ^ alles Schlechte, das sich gar nicht läßt ergründen, kann man! 2tt5 allzusammen bei den Mädeln finden! Ein schlechtes Lied ist ihr Morgengebct und bis in die Nacht so fort es geht! — Jetzt will ich aber aufhör'n, Sie möchten verdrießlich wer'n und ich hätt's doch nicht gern! — Von den Buben will ich - dahero sagen, die haben gar oft eine schwere Leiter zu tragen, > nachher haben sie noch keine Rub' — es kommt oft der Bauer ^ dazu! Der schlagt den Buckel voll dem Schwiegersohn und das j ist für Alles sein ganzer Lohn! — Es ist ein neues Patent ! herausgekommen, daß sich kein Bub' untersteht, und in die ! Menscherkammcr schauen geht! Und wenn er schon glaubt, er l muß kommen, so sei es stets mit großer Vorsicbt unternommen! ! EZ wollen sich auch zwei verchlichen. Der Bräutigam heißt ^ Johann Einsirn, hat a Nasen wie a Faustbirn, zwäFüß' wie ! a Nnßheher, hah' mein Lebtag kein solchen Menschen g'sehcr! Die Braut ist die tugendsame Genovefer, hat eine Gestalt wie ! ein Kuchelkäfer, er ist von Loiben und ste von der Mur, er ! ist ein Lump und sie — da hab' ich schon g'nur! (genug.') ! Vorn ist das Hausstübl und hinten der Kuhstall, solche Leut' werden verkünd't zum ersten und letzten Mal!" Nach dieser Nede, welche zeigt, daß die sogenannten „Capu- cinaden" tief in's Volk gedrungen oder aus demselben hcraus- ! wuchsen, bis auf die heutigen Tage (leider fehlt das Unsäuber- ! liche auch nicht und haben wir es vermieden) werden von dem i Possenreißer die Gemeinden des ganzen Bezirkes mit ihren Spott- ! uamen litanciartig aufgeführt. EZ heißt z. V. die kropfigen ...er: die blaunaseten ... er; die plutzerschädligcn . . . er;' die zugehackten . . . er,' und nach jeder Benennung antwortet ^ die Gesellschaft: „Nir für uns!" Hierauf kommen die einzelnen ! Bauern der eigenen Gemeinde an die Ncih?, und diese Auf- ! führungcn haben das einzige Gute, daß deren bittere und ! schonungslose Wahrheiten gefürchtet oder zu vermeiden gesucht ^ werden. So heißt es: „Beim. . ., wo die Knecht so mal- ! traitirt werden! Beim . . ., wo sie die Kleien unter's Brod ! mischen! Beim . . ., wo das Vestgeben nicht zum Fressen ist! ! — „Nir für uns!" tönt es immer entgegen, jedoch antwortet ! das Volksgericht etwa auf: Beim . . ., wo die Bäuerin so ! gute Specktnödel macht! — „Necht für uns!" — Bei der ^ schönen . . ., wo's so gut zu hausen ist! „Necht für uns!" u. s. w. Hat d^r Spaßmacher nun seine Rolle erschöpft, so kommt ^ der zweite Theil des Abendfestes, das Erringen des zweiten ^ Preises, der sogenannten „Raufbraut." ! Der Hausvater hat zu diese»! Zwecke den Wipfel eines ! jungen Fichtenstammcs vorräthig und verborgen. Die Bursche ! bilden einen Kreis — und unversehens, plötzlich, wirft der ! Hausvater den Fichtenwipfel in ihre Mitte. Sie stürzen sofort ! Alle auf diesen los, und die Aufgabe der Tapfersten und Geschicktesten ist es, ihn zu erringen und zu behalten. Keiner weicht vorerst, schon ist die Rinde des Väumchens, durch das Entreißen von Hand zu Hand, losgcschält, manch? kleine Wunde wird im Kampfe geholt, die Schaar der Unermüdlichen wird dock immer kleiner, und je kleiner sie wird, desto interessanter gestaltet sich der Einzelkampf, der oft lange, sehr lange währt, bis endlich Einer entschieden die Raufbraut gewonnen, oder der Hausvater einen Stillstand gebietet und dem augenblicklichen Bescher den Preis zuerkennt, die blumengeschmückte, inhaltsreiche Flasche, die abermals unter Jauchzen geleert wird. Mag auch die Schale rauh sein — bintcr derselben verbirgt sich doch ein ländlich-sittlicher Kern, und das ist zuletzt die Hauptsache, das unsichtbare Herz spricht weit besser, wenn auch 'stiller als die laute Zunge und die sichtbare Geberde, und darum die Erquickung nach des Tages Mühen und Lasten! (Ocstcrr. Volkskalendcr.) 2W Ein moderner Vcdipus. Aus Tan Ioau do Ney, in der brasilianischen Provinz MinhaZ Geräts, wird cm furchtbarer - Vorfall gemeldet, der sehr an den unfreiwilligen Vatermord des Ocdipus erinnert. Vin einigen Jahren bebauten Antonio Magclhaüus und seine Frau Margerida eine kleine Fazenda in der Nähe von Pilas de Taifta, am Parchibafluß. Ihr einziger Sohn, Melchior, ein junger, vortrefflicher Menfch uon 18 Jahren, half ihnen bei der Arbeit: die Ncine Familie lebte glücklich und einig. Eine entsetzliche Prophezeiung zerstörte dieses Glück. Melchior beging die Schwäche, eine alte Mulattin, welche sich mit Wahrsagen abgab, um seine Zukunft zu befragen. „Sie werden Ihren Vater und ihre Mutter todten," hatte die alte Frau ihm gesagt. Melchior betete seine Eltern an. Von diesem Augenblicke an hatte er nur noch die cinc Idee, weit fort über dcu Ocean zu gehen, um sie nie wieder zu sehen. Ohne Wissen seiner Eltern schiffte er sich ein, wurde Matrose, Arbcitsmann, Kaufmann', in keiner Unternehmung hatte er Glück, und wie durch eine unwiderstehliche Gewalt nach Brasilien zurückgezogen, kehrte er nach sechsjähriger Abwesenheit dorthin zurück, aber er ließ sich in einer entfernten Provinz nieder, zu Passagcm, bei San Jag» do Ney in der Provinz Minhas Geraiis. Er veränderte seinen Namen und wurde Fciros, d. h. Auffehcr der Feldarbciter in einer Fazeuda. Der Bescher der Fazenda war Witwer und hatte eine Tochter, welche für Melchior eine starke Zuneigung faßte; der junge Mann liebte sie auch und wurde ihr Gatte. Zwei Jahre lang ging Alles gnt; die Ehe war glücklich. Melchior hatte seine Eltern nicht vergessen, aber er zitterte schon bei dem Gedanken, sie wiederzusehen. Dieser Gedanke und eine Eifersucht, zu der seine Frau ihm durchaus keinen Grnnd gab , verliehen ihm einen etwas düsteren Charakter. Unterdes; führte der Zufall den alten Magclhiwns und seine Frau, welche icvon viele vergebliche Nachforschungen angestellt hatten, auf die Spur des verlorenen Sohnes. Ein Neger, der ihm ehemals angehört hatte, kam durch Verkauf nach der i Provinz Minhas Geratzs, wo er zufällig Melchior wieder traf. > Er sprach von seiner Entdeckung mit einem Kaufmann/ der ! von dem Verschwinden des Melchior Magclhaiws gehört hatte, ! und so kam die Nachricht auch zu den Eltern. Der verlorene ' Sohn war wiedergcfuuden. Die greisen Eltern machten sich ! auf den Weg und kämen nach Passagcm, ohne jemand davon ^ zu benachrichtigen. Sie hatten sich nach Allem genau crkun- ! digt und hofften ihren Sohn zu überraschen; derselbe war aber ^ nicht zu Hause, er war einige Meilen fortgegangen, um Vieh zu verkaufen. Antonio und Margcrida gaben sich ihrer Schwieget- ^ tochtcr zu erkennen. Die junge Frau nahm sie mit herzlichster ^ Gastlichkeit auf, und da sie müde waren, bot sie ihnen ihr ! eigenes Vctt an, bis ein passendes Zimmer zu ihrer Aufnahme hergerichtet wäre. Da Melchior am Abend zurückkommen sollte, ! ging sie ihm entgegen, um ihn zn benachrichtigen, und um ^ die Erste zu sein, welche ihm eine, wie sie meinte, so glück- ! liche Nachricht mittheilte. Melchior aber, um schucllcr heimzu- j lommen, nahm einen näheren Weg, und während seine Frau j ihn auf der großcu Straße fuchte, traf er fchon zu Hause ein. Er trat ein: die Nacht war plötzlich gekommen, wie das in jenen, tropischen Gegenden geschieht, wo es keine Dämmerung gibt. Er wendet sich nach der Schlafstube, und hört das regelmäßige Geräusch des Athmcns. Er glaubt, das; seine Frau sich niedergelegt habe und schlafe. Er streckt die Hand aus ! uud entdeckt zwei Menschen in dem Vett. Er fühlt einen Vart, , einen Männcrkops: cine Frau ruht an seiner Seite. Kein Zweifel mehr, er ist verrathen. Dcr Unglückliche ergreift sein Meffer und tödtct beide. Kaum hatte er seine Nache befriedigt, so kehrte seine Frau zmück. Sie zündet eine Lampe an, sie - sieht ihren Mann unbeweglich, bleich, mit verwirrten Blicken; sie sieht das Leinen blutig. Die Vorhcrsagung war erfüllt: ! Melchior hatte seinen Vater und seine Mutter ermordet! Mit ! einem Blick hatte er Alles begriffen. Die Gemüthsbewegung war zu groß, als das; sein Geist sie hätte ertragen können. Er ist wahnsinnig geworden. i - ! Literatur. Gedichte und G cd cn kblätter von Emanucl Gcibcl. Stuttgart. Cotta'schcr Verlag. 1864. Wir haben, als vor acht Jahren Gcibel's „neue Gedichte" erschienen, über die Eigenthümlichkeit des Dichters, seine Stellung in ! dcr poetischen Literatur, seine Entwicklung, unser Urtheil in diesen Blättern (Jahrgang 1856, Nr. 4) abgegeben. Wir halten cs im Ganzen auch dicscr neuesten Publikation gegenüber aufrecht. Nur das müssen wir hervorheben, daß die Reflexion, welche in den „neuen Gedichten" so sehr vorwaltete, wieder der Gcibcl besser kleidenden Natürlichkeit und Gemüthlichkeit Platz gemacht Hai. Nas ferner den Zauber dcr klangvollen, reinen Sprache, die glückliche Mischung von Sinnlichkeit, Gemüth und Geist, Stiminung und Bild betrifft, welche dem Dichter s« viele Freunde erworben "hat, so finden wir in dem vorliegenden Werke den Lyriker wieder, „dessen unvergänglich Wesen im Spiegel seiner Lieder zn schauen ist." Die neuesten Lieder klingen wieder wie seine ersten. War es aber früher die Licbesschnsncht, die alle seine Lieder erfüllte, so ist cs jetzt die Klage um Verlornes. Die Erinnerungen an seine früh verklärte Gattin klingen aus jcdcr Strophe dcs crstcn Abschnittes, der „Licdcr ans alter und neuer Zeit." Die „vermischten Gedichte" enthalten manche wcrthvollc Perle, wozu wir vor Allem die „Gedcutblättcr" zur Todtcnfeicr uon Schiller, Uhland und König Max II. rechnen. Die klar und rein ausgearbeiteten, stimmungsvollen „Erinnerungen aus Griechenland," von denen wir einzelne als Origiiiallicitrtlge brachte,,, bevor sie im Münchner- Dichter^ buch crschicnen, sind voll Harmonie uud Schönheit. Ilutcr dcu er-zäylcndcu Gcdichten ist das bedeutendste „die Blutrache." Die Handlung geht auf einer dcr gricchischcn Inseln vor sich; dcr Sohn, dcr dem vcrmcintlichen Mörder seines Vaters auflauert, rettet dessen Knaben ans dem Nachen cincs Wolfcs, wodurch dann die Familicn-siihuc herbeigeführt wird. Es geht ein echt epischer Zug durch das Gedicht. Die beste Ballade dünkt uns „Schön Ellen" zn sein; sie behandelt eine Episode aus dem indischen Ausstände. In dcr Stimmung vortrcfflich ist das „Märchcn;" allein cs bricht in dem Momente Plötzlich ab, da das Interessanteste kommen soll. Iu dcr Behandlung der Oden, sowie dcr antike» Versmaße ist Gcibcl ciu Mcistcr, wie dic im vorliegenden Werke cnthaltcuen Gedichte „Ugleyscc," „Seefahrt" u. A. zeigen. Dcr Reflexion begegnen wir im Sinngedichte am liebsten; wir lassen zum Schlüsse hier einige dcr poetischesten folgen. Weuu dic Stimme des Geistes, spricht, Horch' und folg' ihr freudigen Muthes, Nnr mit der Stimme des brausenden Blutes, Mit der thörichten Schwester vcrwechsl' sie nicht. Was ich wünschte vor manchem Jahr, Hat das Leben mir nicht bcscheert, Aber cs hat mich dafür belehrt, Daß mein Wunsch, ein thörichter war. Gilt's Frauen zur Vernunft zu bringen, So laß dcn allgemeinen Ton; Wie klug "sie reden vou deu Dingen, Sie meinen stets nur dic Person. Das Höchste bleibt cin freier Wille, Dcr, uuvcrwirrt von Fleisch nnd Blut, Sich selbst getreu in Sturm und Stille, DaS Gute, weil es gut ist. thut. Verantwortlicher Redacteur I. v. Hleinmayr. — Druck uud Verlag von Ign. v. Kleinmayr L5 F. Bamberg in Laibach.