-»torn der Heger. Katholische IWssions-Zeitschrlft. « « hersusgegeven von Ser desellscbaft der „Söhne des hiss. Herzens 3e$ti“. « « Erscheint monatlich 32 Zeiten stark. — Preis ganzjährig 3 K == 3 Mk. —4 Frcs. Wr. 9. September 1902. V. Iahr.q. Inhalt: Kardinal Wiecislaus Kcdochowski t. . Zu unserer Gffcktcn-Latterie. ■ . - Wissiousfakrten auf dem weißen Ml. Von P. Banhozcr, ©. b. 1). H. . . . Kur, unseren Missionsstationcn. . . • Wuselmäiinische Hatengcöräuche. Bon A. Stoppani......................... Der scl. Wctrr s Kanifius.............. Mission und Kultur..................... Verschiedenes. Kurzgefaßter Jahresbericht ' der St. Petrus Claver-Sodalität 1901. — Seite 256 257 258 265 272 275 280 6eite Aus unserem Mutterhause in Verona. — Der neue Kardinnlprüfert der Propaganda. — Um was Schambala-Kindcr die Mutter Gottes gebeten haben....................286 Abbildungen; Schilluk-Familie. — Viehhof der Schilluk mit dem Stier des Königs. — Schilluk-Krieger. — Im Hafen von Omderman. — Heluau. — Der selige Petrus Kanifius. — Der hl. Magnus stiftet die Abtei Füssen. — Das Mutterhaus in Verona. z<> jttITTTTiTITII I 1 I I I IIIiTTilTTTI mi$$ion$baw$ ttliibland bei Brim (Tirol). Wrckefkcrsterr. Iti. J. in Bf., Böhmen. Der Betrag für Jahrgang 1901 ist noch ausstehend. R. v. in Tirol. Besten Dank! Krave, gesunde Jünglinge im Alter von 20—34 Jahren, welche Beruf zum Ordens und Itiissionsstande als Eaienbrüder haben, wollen sich behufs Aufnahme vertrauensvoll an die Uorstebung des Missionshauses der Söhne des bist. Herzens Jesu in Mühland. Post Brisen in Tirol, wenden. Verlag non Wlistan Ranch, Innsbruck. Betrachtungs- und Gebetbuch. Nach P. Hartmanu Strele O. P. M. f, herausgegeben von P. MHrkiKert SeeooeK O. F. M. Dritte vermehrte Auflage. Mit fürstbischöflicher Approbation. 583 Seiten in 24° mit Farbendrucktitelbild. Broschiert K 1.20 M. 1.20, in Leinwandband Rotschnitt K 1.80 M. 1.80, in Lederband Goldschnitt K 2.40 M. 2.40. Das liebliche Büchlein, welches jungfräuliche Seelen durch die Liebe, Lehre und Übung dem göttlichen Herzen Jesu, dem himmlischen Bräutigam, zuführen will, hat zum ursprünglichen Verfasser den seligen P. Hartmann Strele, Franziskaner-Ordcnspricster, j 1877 zu Telfs (Tirol), dessen Manuscript der selige -P. Franz Regis Liebich, weiland Sonntagsprediger in der Hofkirche zu Innsbruck, mit einigen Verbesserungen herausgab. Das Werklcin erhielt die Gutheißung und Anempfehlung des F. E. B. Konsistoriums von Salzburg und erfreute sich großer Verbreitung. Die dritte Auflage wurde durch passende, neuestens approbierte Gebete vermehrt, der Text des belehrenden Inhaltes blieb unverändert. Möge das Reich des göttlichen Herzens immer weiter sich ausbreiten in den jungfräulichen Seelen und dies Büchlein dazu beitragen! Betrachtungen und Gebete zu Ehren des hlst. Herzens Jesu für die Tage der monatlichen Geistessammlung und die ersten Freitage eines jeden Monates zum Gebrauche für Ordenspersonen und fromme Weltleute. — 2. Auflage, herausgegeben von P. Lorenz Leitgeb aus dem Redemptoristenorden. Mit fürftbischöflicher Approbation. Innsbruck, Druck und Verlag von Fel. Rauch 1902. — XV. und 482 Seiten mit Titelbild. Broschiert k 2.50, in Leinwandband Rotschnitt K 3.30. Korrespondent der @xpeditton. Eingegangene Geldsendungen. (Vom 26. Juli bis 26. August 1902.) Unsern geehrten Abonnenten zur gesl. Kenntnisnahme, daß wir der Einfachheit halber milde Gaben rc. für unser Missionshaus nur mehr an dieser Stelle quittieren werden. Jür das Missionshaus; Kronen Eduard Kunkel, Mannheim.................11.70 G. Korell, Stift Melk, Nieder-Österreich . 12.— Kornelia Mittersackschmöller, Oberin, Wien 103.— Von der fb. Ordinariats-Kanzlei in Brixen 500.— G. Caldini, Bozen....................... 1,— Matthäus Brandlmapr, Grieskirchen . . 100.— F. Zanol, Bozen....................... 1.— Aus dem Pustertal.......................83.20 Kath. Gruber, Sandbach.................. 2.— G. Poth, Eschbach..................... 5.82 P. Bernard Grüner, O. S. B. Lambach . 20.— Aus Mariatrost.......................... —.80 Jos. Gruber, Regensburg................. 5.85 Magdalena Rinna, Predages .... 1.— Rühl, Winklern.......................... 4.— Durch Dr. I. Chr. Mitterrutzner, Neustift ein Legat f. d. arm. Heidenkinder von einer verstorbenen Jungfrau...................... 400.— Kronen Durch Dr. I. Eh. Mitterrutzner, Neustift 9.46 Sebastian Franges, Cirkowitz .... 400.— Aus dem Tauferertale....................... 420.— Jür heilige Messen: E. Fröhlich, Ahrweiler . . . . . 93.01 F. Weiß, Landshut............................. 5.85 Joh. Godec, Pfarrer Lipoglav .... 8.— Anna Rühl, Winklern........................ 6.— A. Weckert, Oppeln............................. 57.91 „Von mehreren Orten"............................49.20 M. u. E. Bicringer, Zimmern . . . . 23.40 Direktor Michael Stadler, Sarns bei Brixen, sandte Bücher. Frau Bering, Brixen, sandte Bücher, 2 große Bilder, 1 Schreibtisch rc. M. Ambrosia, Ursulinerin, Wien, sandte ein schönes Pluviale und Kirchenwäsche. Allen unseren Wohlthätern sagen wir ein herzliches „Vergelts Gott" und bitten um weitere Unterstützung dieses Missionshauses. Um Soll«!»!»! erbittet das Gefertigte von seinen Jreimden und Sönnern Bücher, besonders ascetischen und theologischen Inhaltes. «««««« Missionshaus rttübland bei Brixen. Aeltere Jahrgänge 5e§ „Sem 6er Neger" sind noch erhältlich unö zwar: Zweiter Jahrgang (1899), 5as zweite für sich abgeschlossene Halbjahr ä 1 K„ dritter Jahrgang (1908) ä 2 K, vierter Jahrgang (1901) ä 2M K. Alle Jahrgange zusammen bezogen Kosten nur 5 Kronen Z Mark. lllSllllESa® dEllsll Behufs Erleichterung in der Versendung ersuchen wir die verehrlichen Ab-nehmer höflichst, bei allen Anfragen, Geldsendungen u. s. w. stets die gedruckte Bchleifnummer und Adressenänderungen etc. stets bis zum 20. des Abonats angeben zu wollen. M m € I n € 3&ci zrntt Besten der afrikanischen Missionen. ! !i per Vi Tlasche I Algerischer muskatwein Malvoisie mi-sec (ITiesswein) malvoisie Plane doux malvoisie üoux rouge Cognac de Samos Quina-Samos (Hrankenwein) 1 Probekistche» m. 4 per 'U Flasche: tue stawm m. Porto u Borpsfg. | smtT 5.50 3.60 4,— 4;— 8.80 6.20 K Mk. i K ' Mk. K 2.50 2.30 1.35 1.20 7,— 1.80 1.50 1.- -.80 ! 5 - 2 20 1 70 1.20 —.80 ! 6,— 2.20 1.70 1.20 —.90 1 6,- 6,— 4.— 3 — a— 14.- 3.60 2.80 1.90 1.45 8.80 Sämmtliche Weine zu beziehen durch die Wein-Abteilung der $t. Petrus LiavcrSodalitst, Salzburg, NreisaMgkeitsgasse 12. Verkaufsstellen für Loko-Bedarf: Wien, I., .Liliengasse 2. — Krakau, Starowislna 3. -bruck, Universitatsstraße 3 — Prag, IV., 33. Malvoisie-Weine, Cognac und Quina-Samos auch Breslau, Hirschstr. 33. Ausführliche Prospekte für Österreich und Deutschland stehen zu Diensten. m Adressen der St. Petrus ßlaver-Sodalität woselbst Abonnementsanmeldungen und Spenden in Geld und Gegenständen angenommen werden: Salzburg, Dreisaltigkeitsg. 12. — Wien» T., Bäckerstr. 20. — Kein, via Giov. Lanza 129. — Triest, via Santtä 9. — Innsbruck, Universitütsstr. 3. — Krakau, Starowislna 3. — Breslau. Hirschstr. 33. — München, Türkenstr. 15/11. — Paris, rue de Fleurus 31. Ausgabestellen: Bozen, Obstmarkt 16. — Haltern, Marktplatz. — St. Itfichael-Gppan, Lindenheim. ----- 6ries. Pension Wenter. — Prag, IV., 33. — Gmunden, Ob. Deft. — Schluderns, Tirol. — Ischl, Grazerstr. 25. — HIagcnfurt, Elisabethenkloster. — Gemesvar-Jabrik, (Ungarnh Pfaugasse 15. II. — Augsburg, Frauenthorstraße. — Düren (Rheinland), Hohenzollernstraße 36. — Darmstadt (Hessen), Sandstraße 1. — Allotting, Kapellplatz 8. — Solothurn, Börsenplatz 67. — Luzern, Zürichstr. 53. — Grient, via larga 15 — Padua, via S. Gaestano, Palazzo Camerini. — Ucnedig, Campo S. Polo 2121. — Genua, via Serra 2, vials Majon. P|i^B;p||i^Bi^ii^BiiaircnE!ngiicnEirg|ignariailcnMpjJicna!gJiä|iigMraigiBigJisiMBii5igigi[@Mi)[§iiilltsiBiall H Kürzlich erschienen = I 3ahres-@ericht I der St. Petrus ßlaver-Sodalität I für die afrik. Missionen für das Jahr lyoi. [i 40 Seiten ßross-Oktav mit drei Illustrationen. W 2u beziehen von der Geschäfts-Zentrale in Salzburg und allen bekannten Sodalitäts-Adressen. W Alle Mitglieder erhalten denselben auf Verlangen gratis. I Jiir Bicbtntitglieder Preist 40 Beller (so Pfg„ 45 Lent.). pqisr^{nirölcijptrnGi|[pjI5Igligiil511BliI51l^iBl5iiaiäl5115111515151 IBlBl51ISIöl511Blal511SiH(51EM511Bifäl5lii ^ ^ Katholische missions-Zeitscbrift. Ur. 9, September 1902. Y. Iahrg. Kardinal I11ieci$lau$ Qdockowrk! t. m Morgen des 22. Juli starb in Rom unerwartet Se. Eminenz Kardinal M- Ledochowski, Präfekt der hl. Kongregation der Propaganda. Sein Hingang bedeutet einen schweren Verlust für das ganze große Missionswcrk der katholischen Kirche. In Nr. 3 des Jahrgangs 1901 unserer Zeitschrift brachten wir das Bild mit Lebensbeschreibung des hohen Kirchenfürsten und schlossen dort mit dem Wunsche, der Herr möge den greifen, heldenmütigen Kardinal zu seiner Ehre und zum Nutzen des katholischen Missionswerkes noch lange erhalten. Indes hat ihn Gott schon heuer abberufen zum Empfange des ewigen Lohnes für seine unberechenbaren Verdienste um die wahre Kirche Christi. Die ganz außergewöhnliche Bedeutung des Heimgegangenen Kardinals rechtfertigt es, daß wir die Hauptdaten seines Lebens hier nochmals kurz zusammenfassen. Geboren am 29. Oktober 1829 in Gorki bei Sandomir in Russisch-Polen entschied sich Graf M. Ledochowski mit 18 Jahren für den geistlichen Stand. Schon früh kam der feingebildete, vornehme junge Pole nach Rom, wo er 1845 die heilige Priesterweihe erhielt und dann in die Academia dei nobili ecclesiastic! eintrat. 1847 ging er als Uditore der Nuntiatur nach Lissabon, dann als päpstlicher Delegat nach Kolumbien. Im Jahre 1861 wurde er in Rom zum Erzbischof von Theben konsekriert und ging als Nuntius nach Brüssel. Im Jahre 1865 von den Domkapiteln von ©liefen und Posen zum Erzbischof gewählt, nahm er 1866 von diesem bischöflichen Stuhle Besitz. Es kam der sogenannte Kulturkampf, in dem Erzbischof Ledochowski wiederholt mit hohen Geldstrafen belegt und endlich am 3. Februar 1874 verhaftet und zu zweijährigem Gefängnis nach Ostrowo abgeführt wurde. Noch . im Gefängnis wurde er am 15. März 1875 von Pius IX. zum Kardinal ernannt. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnisse 1876 weilte er in Rom in unmittelbarer Nähe des Hl. Vaters. Im Jahre 1885 erfolgte seine Ernennung züm Sekretär der Breven und dann seine Resignation auf das Erzbistum Gnescn-Posen. In den verschiedenen Kongregationen, denen er angehörte 258 Au unseres GšffefteivSottmc. entfaltete er eine so unermüdliche Arbeitskraft, daß Leo XIII. ihn 1892 znm Präfekten der Propaganda ernannte. In dieser hohen Stellung, eine der wichtigsten und schwierigsten unserer hl. Kirche, zeigte sieh seine Weisheit und Tatkraft im hellsten Lichte. Schwierige Fragen löste er in befriedigender Weise, das Kolleg der Propaganda .wurde reorganisiert und sein erleuchteter Eifer bewirkte glänzende Fortschritte der Christianisierung bis an die äußersten Grenzen der Erde. Alle katholischen Missionen verdanken ihm Erfolge und Fortschritte. Unsere Kongregation insbesondere ist ihm zu ewigem Danke verpflichtet. Ihm verdankt sie es, daß ihr endgiltig die große Mission von Zentralafrika anvertraut und daß sie int Jahre 1895 vom hl. Water approbiert wurde. Die „Söhne des hlst. Herzens Jesu" neigen sich ehrerbietig und dankerfüllt über dem Grabe des großen Kardinalpräfekten. Wir müssen noch ausdrücklich hervor eben, daß Kardinal Ledochowski den kathol Missionen Afrikas eine besondere Fürsorge widmete. Als Gott seiner Nichte Gräfin Maria Theresia L e d o ch v w s.k a eingab, eine eigene Propaganda-Gesellschaft für die afrikanischen Missionen unter dem Titel „St. Pe.tr u s Kl a v er - S o d a l i tä t" zu gründen; da war es der Kardinalpräfekt, der dieses providentielle Werk, das für die Missionen Afrikas schon so Großes leistete und noch viel Größeres zu leisten berufen ist, stützte und förderte. Kardinal Ledochowski war eine der hervorragendsten Erscheinungen der kirchlichen Gegen-wart, einer der meist verfolgten, aber auch meist verehrten und geliebten Streiter für die unveräußerlichen Rechte der Kirche Gottes. Die Betrachtung des reichbewegten Lebens dieses Fürsten der Kirche muß jeden treuen Sohn derselben mit freudiger Begeisterung erfüllen. Sein Name leuchtet auf betn ganzen katholischen Erdenrund und bleibt mit goldenen Buchstaben in die Welt- und Kirchen-I geschichte eingetragen. R. I. P. G. Su unserer Lffekten-Lolterie. SiJiüf)laub, am Feste Maria Himmelfahrt. Lieber Leser! f^rie die letzte Nummer des „Stern der Neger" sp ganz unverhofft mitteilt, soll im nächsten Jahre zugunsten unseres Missionshauses eine große Effekten-Lotterie stattfinden. Wir konnten uns die Überraschung ob dieser Ankündigung bei vielen der geehrten Leser wohl int voraus denken, können aber heute schon mit unverkennbarer Freude darauf hinweisen, daß sich bereits hie und da der „gute Wille" gezeigt hat. Andererseits haben sich aber auch Fragen aufgedrängt, die jetzt schon eine Beantwortung erheischen. Der eine oder andere Leser hat wohl bei sich gedacht: „Ich will vorerst eine abwartende Stellung einnehmen, um zu sehen, wie die Sache eigentlich zugeht." Das sieht ganz vernünftig ans und ist darum nicht im mindesten zu tadeln. Aber dennoch möchten wir im Interesse der guten Sache von ganzem Herzen den verehrten Leser bitten, nicht gar zulange eine so „abwartende Stellung" einzunehmen, zumal der Lotteriemann eigentlich nur mit einer „einnehmenden Stellung" zufrieden sein kann. Es hängt zudem gerade von den ersten Gaben sehr viel ab und der Trost, daß es ja noch lange an der Zeit sei, hat immerhin auch für den Geber etwas Mißliches, btt bekanntlich „zweimal0 gibt, wer rasch gibt". Einem großen Leserkreise fühlen wir uns ferner verpflichtet, aus christlicher Nächstenliebe in seiner Ratlosigkeit beizuspringen. Es sind damit alle jene guten Seelen gemeint, welche schon beizeiten geben wollen und auch können, aber nicht wissen, wie sie es anstellen sollen. Da möchten wir darauf hinweisen, daß man auch einen bestimmten Geldbetrag einsenden kann mit dem Bemerken: „Für die Lotterie!" Wir werden dann schon einen Gegenstand mit dem Gelde ankaufen. Dieser Vermerk „Für die Lotterie" ist aber notwendig, da andernfalls das Geld direkt in die Missionskasse fallen würde; findet sich bei diesem Vermerk noch die nähere Bestimmung, was für ein Gegenstand mit diesem Gelde angekauft werden solle, so ist das uns noch 9 Wir haben selbstverständlich nichts dagegen, meint man das Wort „zweimal" auch int eigentlichen Sinne auffassen will. Missionsfährten auf dem weißen Nil. 259 lieber, weil wir uns dann nicht mehr lange den Kopf zerbrechen müssen. Wem also Geld zur Verfügung steht, mit dem er mit Gottes Willen ein gutes Werk vollbringen will, könnte daraus schon abnehmen, wie er es mit hohem Zinsfüße anlegen kann. Unser Herrgott ist ja unzweifelhaft der pünktlichste und beste Bezahlet'. Wer ein Gewerbe betreibt, kann sich üherhaupt leicht helfen, wenn er uns ein Almosen zur Lotterie geben will, da wir ja alle Gegenstände des Gewerbes verwenden können. Nur der Bauersmann ist auch dabei wie überall scheinbar am schlechtesten daran. Geld gibt er zwar nicht gern heraus. Eine übrigens unwahre Redensart sagt: „Der Bauer läßt eher einen alten Ochsen als einen neuen Taler". Aber bei einer Effektenlotterie ist der Bauersmann, so er guten Willen hat, doch besser daran als alle andern, weil er, angefangen von den Hühnern, die im Hofe herumlaufen, bis hinauf zu den Fruchtgarben auf der Obertenne der Scheuer, jedes beliebige als „Effekt" verwenden kann. Was übrigens an und für sich nicht als „Effekt" bezeichnet werden darf, kann ohne Mühe in einen solchen umgewandelt werden, falls es nur einen Wert besitzt. Zu einer dritten Gruppe gehören alle jene, welche von ganzem Herzen geben möchten, aber auch beim besten Willen nichts oder nur wenig geben können. Und diese sind es vor allem — man verwundere sich nicht auf welche wir unsere Hoffnung setzen. Wir brauchen ja nicht ausführlich darzulegen, welche Bedeutung das Almosen des Armen habe, ■ -------I--- selbst wenn es ausschließlich in Gebet besteht. Der göttliche Heiland hat es getan, indem er den Wert des Pfennigs hervorhob, den die Witwe in den Opferstock des Tempels legte. Alle, welche unsere Lotterie mit der ärmsten Gabe oder mit Gebet unterstützen, können sagen: Wir baben die Lotterie gemacht. Ein König baute eine Kirche. Nach ihrer Vollendung ließ er die Inschrift anbringen: Der König hat diese Kirche allein gebaut. Statt dieser Worte stand aber am nächsten Morgen über der Kirchenpforte: Eine Witwe hat allein die Kirche gebaut. Der König ließ diese Aufschrift löschen und wieder die frühere anbringen Abermals erschienen am nächsten Tage die früheren Worte: Eine Witwe hat die Kirche allein gebaut. Die Witwe gefragt, warum sie des Königs Inschrift getilgt und die ihrige an deren Stelle gesetzt habe, erwiderte: Unvermögend auf andere Weise zu helfen, habe sie Gras für die Pferde gesammelt, welche Bausteine zum Tempelbau herbeigeführt hätten; sie wäre aber des Willens, die ganze Kirche allein, ja noch tausend Kirchen zu bauen. So bringt auch unsere Lotterie jeder zustande, der die geringste Gabe dafür widmet. Wir sehen mit großem Vertrauen dem Verlaufe des großen Unternehmens entgegen, wenn wir gewahren, wie diejenigen, welche von ihrem eigenen L e b e n s u nt e r h alte geben, die Gnade Gottes bestimmen, sodaß sie doppelt in j.uen wirkt, welche von ihrem Überfluß geben können. — Mit nächster Nummer werden wir eine eigene Liste der zum Zwecke der Lotterie bereits eingegangenen und noch eingehenden Effekten eröffnen. 3-~rir--------- Mssionssahrten auf dem weißen Nil. Von P. With. Ban Holzer, „Sohn des hlst. Herzens". ■ (Fortsetzung.) ierzchn Meilen südlich von Gos-Abn-Guma kommt Abu-Jeiel, dadurch bekannt, weil hier der Nil zur Trockenzeit barfuß passiert werden kann, die Regierungsdampser haben da immer ihre liebe Not hinüberzukommen. Unser Dampfer passiert mit Leichtigkeit und hält dann bei Gebelein (= zwei Berge), einem kleinen Schillukdorf, so genannt, weil zwei voneinander geschiedene Bergmassen dahinterstehen und es beherrschen. — Der Nordwind, der den Tag über geweht hatte, hinterließ uns eine recht frische Nacht-temperatur. Das Thermometer in der Kabine zeigte 13 Grad Celsius, draußen 9 Grad. Zitternd gingen die Schiffslente am folgenden Morgen ans Holzhauen. Ich machte mich auch bald aus der Kabine, um mit Bewegung mir ein wenig Wärme zu verschaffen. Ich war ebenfalls neugierig, mir den Wald und die Savanne anzusehen, in denen seit ein paar Jahren reiche Touristen Treibjagden zu veranstalten pflegen in den Wintermonaten. Die 260 Missionsfahtten auf hem weißen Sftit. Leser des „Stern d. N." haben vielleicht einen hohen Begriff von den Wäldern im Sudan und stellen sich dieselben nach Art unserer Wälder als majestätisch und endlos vor. Dem ist nicht so. Wir haben int Sudan keine geschlossenen, dichten Wälde vor uns, in denen Baum an Baum steht. Derartige Baumarten — Mimosen und Akazien — von nur mäßiger Höhe bilden das Hauptelement der lichten mit viel Strauchwerk besetzten Wälder. Vornehmere Baumarten wie die Tantarinde, Sykomore und andere Likusarten sind sehr selten darin. Ein etwas wildes Aussehen geben dem Ganzen mächtige Lianen, die durch Baum und Strauchwerk auf- und nieder sich schwingen. — Das ist, was man im Sudan Wald heißt. — Nach einem Waldgürtel von 800—400 Meter Dicke hat man gewöhnlich die Steppe vor sich, das heißt, ungeheure Grasflächen, mehr oder weniger mit mageren Bäumen oder Sträuchern besetzt. Die Gräser sind oft so hoch, daß Roß und Reiter sich darin verstecken können. Siehe da, die teueren Jagdfelder der Touristen, die wochenlang im Geleit von schwarzen Treibern herumstreichen, sich dem Fieber und Sonnenstich aussetzend, um ein Löwen-, Tiger- oder Zebrafell als Trophäe mit nach Hause zu bringen oder sich rühmen zu können, so und soviele Elefanten, Büffel oder Antilopen erlegt zu haben. Wieviel könnte mit dem Gelde, das. solche Jagden kosten, zur Ehre Gottes getan werden! Ich begnüge mich, auf pharaonische Hühner Jagd zu machen, deren es viele gibt. Gibelein ist noch dadurch bekannt, daß ein unwillkommener Gast, in Fornr der Scrutflicge, zum erstenmal sich ungeladen auf dem Schiffe präsentiert. Die Scrutflicge hat die Größe einer Wespe. Sie hat einen langen, starken Rüssel, mit dem sie, wenn nicht gleich'nach ihrem Erscheinen vertrieben, Blut zieht. Gebelein stromaufwärts ist’S wieder eintönig und langweilig. Das ewige Einerlei der Gegend erregt nicht das mindeste Interesse. Das Sichtbarwerden einer ägyptischen Fahne nach einer Fahrt von 60 Meilen ist daher ein kleines Ereignis. Als sich bei unserer Annäherung noch ein schwarzer Polizist neben das Halbmondbanner stellte, war uns die richtige Tatsache klar gemacht, daß hier irgend eine RcgierungSgewalt ihr notwendiges Dasein führe. In der Tat — wir haben es mit dem Verwaltungssitz des Distriktes Dar Fungi zu tun. Um die neue Gründung mit etwas Ansehen zu umgeben, hat eine Anzahl ausgedienter Askari (Soldaten) sich entschlossen, mit Weib und Kind sich hier niederzulassen. Man sieht es ihren Hütten an, daß sie nagelneu sind. Im Hinterland beginnen hier die Dinka. Gebe Gott, daß wir mit der Zeit auch sie aufsuchen können. Sie gelten alz die begabtesten Neger. Wieder 60 Meilen stromaufwärts und wir begegnen einem einsamen Hügel etwa 200 Meter vom Flusse entfernt; er heißt A ch m e d Aga. Am Ufer steht ein kleines Fischerdörfchen. Auf den ungeheuren Grasfluren im Hintergründe soll viel Wild zu finden sein. Eine andere Kleinigkeit von 66 Meilen und wir sind in Kaka. Zum Glück liegt dort Holz zum Verkauf bereit und wir können ohne viel Zeitverlust wieder abfahren. Kaka selbst ist ein elendes Nest. Südlich davon beginnen auf dem Westufer die Dörfer der Schilluk, bald in doppelten, bald in einfachen Linien, eines hinter dem anderen, in geringen Abständen. Sie liegen etwa 2 Meilen im Lande drin, immer dem Ufer entlang und haben gewöhnlich ein oder zwei Dompalmen in ihrer Mitte. — Merkwürdigerweise ist das Landgebiet der Schilluk auf der linken Seite des Flußusers nicht mehr als 12 Meilen breit, reicht aber von Kaka bis zum Bachr el Gazar und ist mit Dörfern ununterbrochen besetzt. Die Baggara sollen die Schilluk auf der ganzen Linie am Vordringen nach Westen hindern. Wenn man die Schilluk fragt, warum sie nicht gegen die nubanischen Berge hin ihre Dörfer ausdehnen, schützen sie das spärliche Wasser im Innern vor. — Von Fasch od a bis Tompa sind Schillukdörfer auch auf dem Ostufer, allerdings nicht in so regelmäßiger Aufeinanderfolge wie auf dem Westufer. Am 7. Dezember abends langten wir in Faschoda berühmten Angedenkens an, das uns vor ein paar Jahren ums Haar einen Weltkrieg gebracht hätte. Es heißt bei den Schilluk Kodak; Faschoda ist bei ihnen die Residenz des Red Kur (gegenwärtigen Königs der Schilluk), die etwa 20 Meilen südlich vom Regierungsfaschoda gelegen ist. Faschoda ist der Sitz eines Mudirs (Verwalters) und bestimmt, nach Chartum vielleicht der zweitwichtigste Punkt auf dem weißen Nil zu werden. — Obwohl schon vor dem Mahdi seines ungesunden Klimas wegen berüchtigt, ist es nun doch wieder van der Negierung aufgenommen worden. Manche «persona ingrata» hat vor 1880 dort ihre Seele ausgehaucht. Die Leute, die man lieber im Jenseits als auf der Mutter Erde wünschte, wurden mit Vorliebe dorthin versetzt; mehr als 4—5 Jahre hielten sie nicht aus. Faschoda besteht aus einem Konglomerat von 200—300 kegelförmigen Hütten. Die nun beginnenden Arbeiten zur Gesündermachung des Platzes Missionsfahrleu mis dem weißen 'Jfil. 261 und zum Ausbau der Regierungsgebttude haben viel Volk angezogen, das sich jene Hütten gebaut hat. Nördlich davon, auf dem Grund des „Forts Marchand" und darumherum, sollen die Beamten und die Garnison in einstöckigen langen Häusern aus gebrannten Ziegeln untergebracht werden. Das Hospital, das Verwaltungsgebäude und ein paar Offiziersstuben sind bereits fertiggestellt. In der Gegend des Forts Marchand würde also Neu-Faschoda entstehen. Alt- und Neu-Faschoda sind nicht gerade hach gelegen, daher zur Regenzeit fast ganz mit Wasser umgeben. Sie haben zwe sehr tiefe Erd cinscnkungen vor sich, die noch lange nach der Regenzeit Wasser enthalten und der Geburtsort von unzähligen Moskitos sind. Der Nil selbst ist hier sehr langsam fließend und beherbergt eine große Insel in seinem Bette. Im Hinterland sind viele Sümpfe. Kein Baum, keine Pflanzung' ist Stbiüuk-Jamilie. in der Umgegend sichtbar. Nur bei kleine, von Marchand angelegte Gemüsegarten ist weitergcpflegt. Als Residenz des Mudir wird Faschoda den Handel und Verkehr ringsum und neue Ansiedler an sich ziehen. Für die Eingeborenen ist das Klima nicht schlecht. Besonders die nahen Schilluk dürften, wenn man alten Erfahrungen glauben kann, in nicht geringer Anzahl in Zukunft vertreten sein, eine harte Ar beit (mit 2 >/g Piaster —50 Pfennig bezahlt) ihrer heimatlichen Freiheit und Genügsamkeit vorziehend. Die Residenz des Red Kur besuchten wir nicht, da der König der Schilluk sich gerade in Chartum befand, um vor dem Khediven seine Ehrenbezeugung zu machen. 10 Meilen südlich ist die letztes Jahr gegründete Missionsstation Lul. Wir erreichten es am Morgen des Festes der Unbefleckten Empfängnis, zu einer Zeit, wo das Missionspersonal die geistlichen Exerzitien machte und gerade in die Hölle sich begeben hatte, um die Oualen derselben zu betrachten. Es wurde das Signal unseres Daseins schon in einiger Entfernung gegeben, um unsere Mitbrüder bei der Landung schon am Ufer begrüßen zu können. Sie hatten den Ort ihrer Betrachtung auf das wohlbekannte Signal schleunigst verlassen und waren froh des Wiedersehens. Auch zahlreichHEingeborene waren herbeigeeilt und gaben Zeichen einer schon tief gcwurzelten Anhänglichkeit. Ja, nach und nach wuchs ihre Zahl derart, daß gleich ein paar Kisten Tuch, Eisen, Perlen bei auch nur bescheidener Freigebigkeit ihre Empfänger gefunden hätten. Keiner ging leer aus. Nachdem die Begrüßungen vorbei waren, verließen wir das Schiff und begaben uns nach der etwa 10 Minuten entfernten Station, die ihr erstes Prüfungsjahr wohl bestanden hat. Alles war gesund und wohl. Die Patres und Brüder haben inzwischen die Sprache deS Landes studiert und verkehren darin ziemlich gut mit den Eingeborenen, die ihrerseits häufig die Mission besuchen und Eier, Milch, Geflügel u. s. w. zum Austausch gegen Zucker, Salz, Tuch, Eisen, Glas und Perlen bringen. Es herrschte da immer ein reges Leben im Hofe. Von der Ehrlichkeit und unseren guten Absichten sind sie bereits so überzeugt, daß sie bereits ihre Kranken, Kinder und Erwachsene, zur Mission führen. Verschiedene Schilluk arbeiten im Dienste der Mission. Wenn die Zuneigung der Leute fortdauert und das Klima, das nicht so schlecht ist, als man anfangs 263 Missions fahrten auf dein weißen Nil. glaubte, durch eine unkluge Lebensweise nicht mißbraucht wird, kaun man im Laufe der Jahre auf eine Ernte hoffen. Die Schilluk sind der einzige Stamm, der den Derwischen die Stirne zu bieten wagte und denselben durch verschiedene erfolgreiche Kämpfe das Eindringen in ihr Land verleidete. Die Derivische kamen bis nach Wadelai und raubten und plünderten auf beiden Seiten des Nils, aber au den Schilluk haben sie so ziemlich zahm vorbeizufahren gelernt. Gegen die Araber haben sich die Schilluk immer abgeschlossen und fest au ihrem Kulte gehalten, enb gegen anderen Stämmen in der Nähe der Wasser-und Landwege, die mit dem Islam immer ein wenig sympathisierten. Diese Abgeschlossenheit mag ihren Grund haben einmal in dem Wohlstand, den ihre Hände auf einem allerdings sehr fruchtbaren Boden gründeten, dann in der Regierungsform ihres Landes, die von hoher geistiger Entwicklung zeugt. Jedes Dörfchen hat seinen Scheich; 200—300 Dörfer machen einen Distrikt aus und unterstehen einem vom König ernannten großen Scheich. Über allen Dörfern, deren gegen 2000 gezählt werden, steht der König, der ein strammes Regiment führt und ebenso geachtet als gefürchtet ist. Mit der Regierung sind die Schilluk immer Hand in Hand gegangen. Wenn es gelingt, auf diese Einheit einen günstigen Einfluß zu gewinnen, wenn einmal in dieses Ganze, wie man sagt, ein Loch gemacht ist, dann dürfte vielleicht alles gewonnen sein. Wenn ein Distrikt sich bekehren würde, wären alle gewonnen, weil ohne das Einverständnis aller eine Abweichung von der alten Sitte nicht gut denkbar ist. Die Schilluk sind ein schön gewachsenes Volk. Krankheiten sollen unter ihnen selten sein. Die Männer tragen ein Stück Tuch, daS wie eine Toga um den Körper geworfen und auf der rechten Schulter zusammengeknotet wird. Die Frauen und Mädchen tragen Felle, die Bube» gehen nackt. Männer und Frauen schminken sich. Die Frauen haben Arm- und Beinringe sowie Halsbänder aus Glasperlen. Das Haar scheereu sie ganz kurz. Zum Unterschied von den Frauen tragen die Männer prachtvolle, eigenartige Haar-formen. Ein Teil hat quer über den Scheitel einen hohen Kamm mit weißen, eingeflochtenen Federn, der wie ein Heiligenschein von einem Ohr zum nuderu geht, andere tragen das Haar wie zu einer Art Raupe, wie sie auf den „seligen" bayrischen Helmen glänzte, zusammengekünstelt, mit oder ohne eingeschuittenen Zacken. Die älteren Leute haben kurz geschorene Köpfe. Knaben sind entweder ganz geschoren oder bis auf einen kleinen Kamm vorn auf dem Kopfe. Die mit dem rotbraunen Heiligenschein Geschminkten müssen sich daran gewöhnen, ihren Hals auf ein niederes eigens geformtes Holzstühlchen aufzulegen und so zu schlafen. Der Schmuck der Männer sind vielfache Armringe und Halsbänder aus Glasperlen. Jeder Schilluk vom 15. Jahre an, der gehen kann, trägt seine Lanze in der Rechten, wenn er seine Hütte verläßt, die älteren haben noch einen Knotenstock. Die Hütten sind hierzulande kegelförmig, im Innern herrscht große Reinlichkeit. Wo Kinder oder verschiedene Frauen sind, schafft ein von Strohmatten geformter Zaun einen Raum, wo das Familienleben den Tag über sich abspielt. Die Hütten sind meistens eng und im Kreise zusammengebaut und durch Dornengehege oder Zäune aus Strohmatten und Sorghumstengel miteinander verbunden. Aus dem freien Platze des Dorfes ist gewöhnlich eine oder mehrere Dompalmen, an der die Pauken hängen zum Tanze und zum Aufruf in Zeiten der Gefahr. — Die Schilluk treiben Viehzucht und Ackerbau. N. Z. Nach dreitägigem Aufenthalte in Lul, der unserem hochw. Herrn Bischof zu großem Troste gereichte und uns mit neuem Mute erfüllte, dampften wir weiter nach Süden. Noch an demselben Tage (12. Dezember) erreichten wir die hohen Ufer von Taufikia, das jetzt die Versorgungsstation für die südlichen Regierungsniederlassungen ist, vor drei Monaten aber noch der Sitz des Mudir war. Faschoda ist mit Taufikia vertauscht worden, weil letzteres zur Regenzeit mit Ausnahme eines schmalen Uferstreifens ganz unter Wasser zu stehen kommt. Ein schwarzer Offizier ist nun der Kommandant des Platzes. Einige Meilen südlich von Taufikia fließt der Sobat mit seinem gelblichen Wasser in den Nil. Vier Meilen südlich von der Sobatmündung bekommt der Nil einen Zufluß von Westen, den Lolo-river, der seine Wasser aus den Bergen Nubas bringen soll. Ob und wie weit der Lolo schiffbar ist, ist noch nicht in Erfahrung gebracht. Mit ihm beginnt der reichbevölkerte Tongadistrikt, die bevölkertste Gegend von vielleicht ganz Afrika. Die Dörfer folgen in geringen Abstünden, eins hinter dem andern. Zahlreiche prachtvolle Rinder- und Schafherden preisen den Wohlstand derselben. Halb im Wasser, halb im Schilf liegen zahlreiche Kanoes (ausgehöhlte Baumstämme). Die Jugend ist zahlreich am Ufer vertreten. Überall wird man freundlich begrüßt. Die niaffertragenden Frauen und Mädchen halten sich in respektvoller Entfernung vom Ufer beim Vorbeifahren des Dampfers. Gegen Abend halten wir au einem waldreichen Missionsfahrten auf dem weißen Nil 263 User zur Rechten, die Schiffsleute machen sich aus Holzhauen. Ich begab mich, um mein Blut etwas in Bewegung zu bringen, mit einem Schwarzen, unserem Koch, auf die Hühnerjagd. Nur wenige ließen sich sehen — und doch hatte die Küche deren nötig. Wir gingen daher munter vorwärts, immer tiefer und tiefer, durchs hohe Gras ins Innere. Die Sonne stand schon tief, als wir in der Hitze der Jagd gewahrten, daß es Zeit zum Umkehren, sei. Wir kehrten augenblicklich um, hoffend in etwa s/4 Stunden am Schiffe zu sein. Inzwischen wurde es dunkel und dunkler und noch kein Rauschen des nun doch nahe sein sollenden Flusses war vernehmbar. Wir fingen an zu springen und tarnen an einen Wald von Mimosen, wie wir sie bisher noch nicht zu Gesicht bekommen hatten. Wir hatten uns verirrt. Was tun. ES rvar schon Nacht. Ich gab die Hoffnung ares, jene Nacht noch das Schiff zu erreichen ttitb dachte schon darüber nach, wie man sich nächtlich einrichten könnte. Es blieb nichts anderes übrig, als die Nacht über ein Feuer zu unterhalten. Wie wir uns so nach einem geeigneten Platz umsahen, entdeckte mein Begleiter in nächster Nähe ein paar Hütten. Eine Anzahl lanzenbewaffneter Schilluk saßen im Hofraum dazwischen. Bei unserem Eintritt standen sie auf und begrüßten uns nach Schillukart. Zrnu Glück verstand mein Schwarzer die Schilluksprache. Er setzte in kurzem unsere Verlegenheit auseinander und versprach jedem, der uns das Geleite zum Fluß gebe, ein Stück Tuch bei der Ankunft nm Schiffe. Nach einigem Besprechen unter sich entschlossen sich drei Männer, mit doppelten Lanzen bewaffnet, uns zum Flusse zu führen. Einer ging voran, 2 folgten hinter uns. Es begann ein entsetzliches Rennen und Stolpern in der tiefen Nacht. Schon nach ein paar Minuten vernahmen wir einen Pfiff aus der Signalpfeife vom Ufer her, ein Zeichen, daß wir auf dem rechten Weg waren. Mau hatte also unseretwegen den Dampfkessel geheizt. Die Pfeife arbeitete lustig weiter — wir rannten weiter. Auf die Signale mit der Pfeife folgten solche aus der Trompete eines unserer Laienbrüder, dann hörte man Flintenschüsse, auf welche ich antwortete mit zwei Schüssen. Nach diesem Zeichen unseres Naheseius legten Pfeifer, Schützen und Trompeter ihre Instrumente nieder und gaben sich zufrieden. Nach etiva ciustündigem, kolossalem Marsche langten wir am Schiffe an. Wir hatten dort alles in eine heillose Angst versetzt, was mir auch das unliebsamste an der Sache war. Ich hätte gern einmal eine Nacht am Feuer zugebracht. Die drei wackeren Neger erhielten ihre Stoffe und traten zufrieden den Rückweg an. WaS ich heute lernte, war, nicht mehr ohne Kompaß auszugehen. Die Küche war auch ohne den „Koch" bereitet. Nachdem wir nun an Bord waren, konnte man am andern Morgen in der Frühe ohne Sorge weiterfahren. Ich konnte ruhig ausschlafen. Nach der Karte war ja heute nichts außerordentliches zu erwarten. Der schmale Bachr el Zeraf (Gazelleu-sluß), dem wir mittags begegneten, erinnerte uns, daß wir nun 560 Meilen von Chartum weg waren. Es haben einige probiert, den Bachr el Zeraf — ein Seitcnfluß des Bachr el Gebet — hinaufzufahren, haben ihn aber nach kurzer Fahrt Dom Sett blockiert gefunden. Au seinen Usern wohnen die kriegerischen Nuer, die nebst den Schilluk die stärksten Nilbcwohner sind. Wenn die Nuer etwas Hunger und Raublust verspüren, kommen sie aber aus dem Junnern und stehlen den Schilluk an den Ufern ihre Ernte weg. Gegen Abend trafen wir eine Flotille von gegen Uiebbof der Schilluk mit dem Stiere des Königs. Mlssicmsfahrten auf bcm mcifjcn 'Jiil 264 150 Kanons, jedes mit 2—3 Mann Besatzung und dicken Stricken und Ambntschbündcln an Bard. Sic kamen von der Nilpferd- und Fischjagd. Bei der Ansicht unseres Dampfers teilten sich die Kanoes in die beiden Ufer, an denen sie hart entlang fuhren. Ein prächtiger Anblick war der Vorbcizug dieser leichten, originellen Fahrzeuge und der darin plazierten schön gewachsenen Schilluk mit ihren kühnen, durch weiße Federn mehr hervortretenden Haarsormen. Die Jüngeren ruderten mit einer leichten Schaufel abwechselnd, bald zur Rechten, bald zur Linken einsetzend. Die Schifflein flogen schnell an uns vorbei, dank der Gewandtheit der Ruderer und der Schmalheit der Bote, die ausgehöhlte Dompalmstämmc darstellen. Die schönsten Kanoes find die aus einem Stück, die längsten sind aus zwei oder drei Stücken zusammengeflickt und immer mit Kot ausgemauert. Auf einigen steht ein Mann aufrecht, der mit seiner langen Lanze fortwährend in das dichte Ufergras sticht, wo Fische ihre Schlupfwinkel haben. Alt und Jung grüßen im Vorbeigehen, die rechte Handfläche nach vorn erhebend. Nirgends sah man Furcht oder Mißtrauen. Am 14. Dezember fuhren wir in den Bachr el Gebe! ein, den See No zur Rechten lassend. Der See No ist ein Teil des Bachr el Gazal, der, sein Wasser nicht zu fassen vermögend, dasselbe über die sehr flachen Ufer fließen läßt und so einen See darstellt, der mit Inseln übersät ist. Der Bachr el Gebet ist viel enger als der weiße Nil, aber viel reißender als der letztere. Er ist es, der in das aus dem Bachr el Gazal kommende faule Wasser wieder etwas Leben bringt. Der Bachr el Gazal und der Bachr el Gebet heißen nach ihrer Vereinigung der weiße Nil. Mit der Einfahrt in den Bachr el Gebet tritt man in das Reich des Papyrus ein, der zu beiden Seiten nun unausgesetzt den Fluß wie eine Mauer einsäumt, die 4—6 Meter hoch sich weiter erstreckt als das Auge reicht. Er schließt den Fluß so ein, daß man wie in einem Hohlwege fährt. Außer Papyrus, Wasser und Himmel ist nun auf 250 Meilen hin nichts zu sehen. Der Bachr el Gebet macht mit seinem Pnpyrus-geftaude, das regelrecht gestutzt und künstlich geordnet scheint, den Eindruck eines jener bewunderten Kanäle in gewissen großen Gartenanlagen Europas. Auf die Dauer wird man aber auch der Papyrus-szenerie satt. Einen Einsiedler in dieser einsamen Welt möchte ich nicht unerwähnt lassen, den Plolus, der vom See No bis nach Gondokoro anzutreffen ist, ja bis nach dem Kap der guten Hoffnung sich finden soll. Dieser merkwürdige Vogel, der auch an den traurigsten Stellen am oberen Nil zu leben hat, ist meistens allein. Sein langer, gräulicher Schnabel, die weißlich-grauen Flügel und der schlangenähnliche Hals machen ihn eher zu einem Unikum als zu einer Schönheit. Er scheint der Arbeit nie müde zu werden. Bald sieht man ihn auf grasreichen Jnselchen und am Ufer Jagd machen, bald im Wässer, wo er bis zum Hals untergetaucht ist, fischen. Mit dem langen Hals über dem Wasser hält man ihn für eine Schlange. Wenn er auf einen Fisch losstürzt, geschieht cs mit der Heftigkeit und Beweglichkeit einer Schlange. Beim Herannahen des Dampfers versteckt er sich im Gras, wenn gerade am Ufer sich befindend, wenn im Wasser, taucht er ganz unter und bleibt unter Wasser, bis die Gefahr vorüber ist. Selten sieht man ihn davonfliegen. Berühmt und auch ganz hübsch sind die Nebenoder Seitenseen deS oberen Nil. Sie sind sehr zahlreich; bald zur Rechten, bald zur Linken eröffnen schmale Kanäle, die vom Hauptstrom ausgehen, Einblick in mächtige Seen. Nicht uninteressant ist ihre Geschichte. Durch das alljährlich wiederkehrende Steigen des Nils infolge des Regens und der Tropen werden bekanntlich die flachen, niederen Ufer überschwemmt, weil das Gefälle des Nil genug ist und er die nachkommenden Wasser nicht dienstgemäß in seinem Bette fortzuschaffen imstande ist. Das überfließende Wasser geht viele Meilen ins flache Land hinein, von wo es, nach dem Rückgang des Hochwassers teils wieder ins Hauptbett abfließt, teils in großen Niederungen zurückbehalten wird. Diese mit Wasser aufgefüllten Niederungen sind die Nebenseen oder Nebenwasser des Nil. Sie stehen oft in Verbindung mit dem Hauptstrom durch Filtration oder vermitlels der obenerwähnten kleinen Kanäle auch noch bei sehr niederem Wasserstand oder sie sind ohne Verbindung, und verwandeln sich in der Trockenzeit zu abgeschlossenen Sümpfen, welche erst beim nächsten Steige» des Nil ihre Kommunikation mit demselben wieder aufnehmen und je nach der Regenmenge in den Tropen verschiedene Gestalt annehmen. Diese periodisch ab- und zunehmenden Seitenwasser fördern natürlich in großartigem Stile das Wachstum von Wasserpflanzen aller Art, deren Wurzeln nach und nach ineinander verwachsen. Bei jeder wiederkehrenden Überschwemmung werden diese Pflanzenmassen mitsamt der Erde, die an ihren unzähligen Würzelchcn hängt, an die Oberfläche gebracht und treiben dann, wenn nicht von entgegengesetzten Winden festgehalten, dem Hauptstrom zu. Dort Aus unseren Missionsstationcri. 26o häufen sie sich namentlich in den Biegungen. Aber auch, starke Winde allein vermögen die schwimmenden Pflanzenbarren auf- und zusammenhalten, bis sie wahre Dämme bilden, die den Fluß nach Breite und' Tiefe versperren in einer Weise, daß der überwachsene Nil vom angrenzenden sumpfigen Festland nicht zu unterscheiden ist. Das nun nachkommende Wasser muß nach den Seiten hin Abfluß suchen; die unter dem Damm fortdauernde Strömung vermag i ja nicht daS ungeheure Volumen Wasser, das hinten fomml, fortzuschaffen. Die Festigkeit und Dichte dieser Grasbarren ist verschieden. Einige vermag der Dampfer zu durchbrechen, andere widerstehen. Einige sind so stark, daß Elefanten darüber gehen können, andere sind schwächer und sich darüberwagende Nilpferde sanken in dieselben und kamen nicht wieder heraus. Wie wir gesehen, gehen Teile dieser Pflanzenbarren bis nach Dnem und weiter, wo aber die starke Strömung ihre Anhäufung verhindert. Sie bleiben meistens in den Uferbuchtungen, wohin sie Wind oder Strömung getragen. Ändere Pflanzcn-stücke verfaulen im Wasser und zersetzen sich. Am 16. Dezember fanden wir in der Nähe von Hellet Nuer eine Holzstation. Der Regiernngs-dampfer „Hanek" lag davor. Wir hielten an und wurden von einem arabischen Offizier und dem Doktor (ein katholischer Syrianer) des Platzes begrüßt. Sic gaben uns Aufschluß über alles: Zur Aufsuchung und Freilegung des alten Flußbettes, das von hier auf 30—40 Meilen vom Sett verwachsen ist, ist vorübergehend eine kleine Kolonie angelegt worden. Sie besteht aus etwa achtzig Derwifchgefangencn und anderen noblen Gesellen, welche die Scttarbeit vollbringen, sowie aus 25 ! ägyptischen Soldaten zur Bewachung der guten | Leute, von denen übrigens noch keiner Lust verspürt haben soll, auszureißen, da sie wissen, auf einer Insel blockiert zu sein. Über das allgemeine Wohlbefinden wacht der erwähnte Herr Doktor. Die Leitung des Unternehmens hat ein englischer Offizier, der auf einem der arbeitenden Dampfer seine dauernde Wohnung hat. Er war bei unserer Ankunft noch an der Arbeit mit seinen Leuten im neuzuschaffenden i Flußbett, etwa eine halbe Stunde voin Holzplatz. Von unserem Dasein informiert, sandte er seine Grüße nebst einer Einladung an uns zum Abendessen. Wir hatten eine schöne Gelegenheit gefunden, von kompetenter Seite etwas über den Zweck des Settnnternehmens zu hören: Der Fluß ist derart versperrt, daß eS bis jetzt noch nicht gelungen ist, eine unterirdische Strömung festzustellen. Äußerlich ist ebenfalls kein Anhaltspunkt für die Auffindung des alten Flußbettes gegeben. Man hat nun begonnen, den Sett zu heben in der Richtung, wo nach sorgfältigen Studien die größte Wahrscheinlichkeit für das Vorhandensein der Strömung ist. Bei unserer Ankunft war ein Kanal von 5 Meilen Länge freigelegt und noch keine Spur einer nahen Strömung hatte sich gezeigt. Aus dem Unternehmen verspricht man sich keinen besonderen Wasserzuschuß für Ägypten. Politisch sei die Freilegung des alten BettcS von Wichtigkeit. Der Weg, den die Schiffe jetzt machen müssen, auf einem Nebensee fahrend bis zur Stelle, wo das regelrechte Flußbett wieder anfängt, ist nicht größer als der zu bahnende alte, aber er ist unsicher. Der 51t benützende Nebensee ist von unglaublicher Größe und hat viele Auswege, ! die wieder neue Seen eröffnen. (Fortsetzung folgt.) Aus unseren Mssionsfkaüonen. Iftissionsstatiei! Eul. °^Ton unserer Missionsstation Lnl, 21. Juni, schreibt der hochw. P. W. Banholzer: Danke Ihnen für die beiden Bücher, die Sie mir gesandt, kann beide sehr wohl brauchen; auch die Barigrammatik ist mir von Nutzen. Hie und da findet sich eine Ähnlichkeit mit der Schilluksprache vor. Weit mehr könnte ich aber nun die Denka-sprache gebrauchen, sehr viele Schilluk verstehen Dcnka, das dem Schilluk sehr verwandt zu sein scheint. Bei der Anordnung des Stoffes für eine Schillukgrammatik würde mir die Denkagrammatik von Dr. Mitterrutzner viel helfen. Bitte schicken Sie mir ein oder zwei Exemplare bald. Habe einen Reisebericht geschrieben über unsere Expedition nach Gondokoro. Weiß nicht, ob Sie nun selben zuhanden haben. Der Reisebericht ist lang, mir scheint er aber noch mehr langweilig. Ich habe mir viele Mühe damit gegeben und ihn in einer Zeit 266 Aus unseren MissionsstatwneU. geschrieben, wo ich noch schwach war: ich lag dort oben in Gondokor ozirka einen Monat krank. Wir haben den „Stern" noch nie in Lul bekommen; bitte schicken Sie ihn auch. Bin nun ganz in der Schillnksprache brin; das schwerste ist nun überwunden, kann nun ordentlich sprechen. Werde deshalb bald imstande sein, neues Material für den „Stern" zu senden. Auch Bruder Heinrich wird bald etwas senden. Wir haben hier vollauf zu tun. Viel Leute kommen zu uns, alles ist freundlich. Wollen sehen, ob wir das Vertrauen der Schilluk bekommen können. Es sind sonst harte Köpfe und die alten Traditionen i sind stark in ihnen gewurzelt. Der Schöpfer des Weltalls ist den Schilluk bekannt. Einen Kult für Ihn haben sie aber nicht: sie entrichten eine Art „Zehnten" ihrem Stammvater Njakong, der Fürbitter für sie bei Gott ist. Vor und nach dem Regen j finden Tänze zu Ehren Njakongs statt: zuvor, damit der Regen kommt, nachher, damit er aufhöre. Die j Tänze sind sehr anständig und alle Altersklassen j nehmen daran teil. Muselmänner gibt es nichts ein paar ausgediente Derwische wollen mehr als ihre Brüder, die Schilluk, sein und kauderwelschen etwas Sudan-Arabisch; im im übrigen haben sie kerne muselmännische Praxis. . Die Schilluk lachen den Muselmann aus, wenn er betet: alte Soldaten haben es probiert die Erde zu küssen und nach des Propheten Ritus zu beten, liehen aber bald nach unter dem Gelächter von Alt und Jung: Liebst du die Erde oder willst du uns oder der Sonne deinen Rücken zeigen? So hieß es. Wollen abwarten, wie sie sich uns gegenüber betragen. Man heißt uns bonjo-Fremde, doch sind wir nicht angefeindet und wir können ungestört überall einkehren. Menschenwerk kann es nie zuwege bringen diese Schilluk innerlich umzustimmen und sie etwas mehr nach oben als nach unten blicken zu machen. Unser Unternehmen ist aber Gotteswerk und Anordnung; wir dürfen doch wohl vertrauen, das; er uns helfe in unserer harten Arbeit. Das Klima ist wie überall am Nil: zur Trockenzeit muß man sich vor der Sonne hüten, zur Regenzeit vor dem Regen. Mit etwas Klugheit kann man, glaube ich, lange aushalten. * * * Bericht über die mission der „Jrommen Mütter des Sudan“ in Omdeman. (Von einer Missionsschwester.i gleich, von dem der liebe Heiland im Evangelium spricht, ist unser An- fang hier in Omderman gewesen. Am 30. Nov. ließen wir — 2 Schwestern nur — uns hier nieder, um eine Mädchenschule zu gründen. Von den christlichen Einwohnern wurden wir mit größtem Jubel empfangen; denn schon lange hatten sich die Ärmsten nach den Schwestern gesehnt. In welch schrecklichem Elende diese Leute geschmachtet haben, ist schwer zu beschreiben. Die Mahdistemvirtschaft hatte die wenigen Christen, die noch geblieben waren, nicht nur körperlich, sondern auch moralisch ganz untergehen lassen. Von Religion war sehr wenig zu finden. Die Armen unterschieden sich von den Mohammedanern nur dem Namen nach. Wie die letzteren, trieben auch die sogenannten Christen Vielweiberei und wie verderblich solch ein Beispiel auf die jungen Kinderherzen einwirken mußte, ist leicht begreiflich Mit Ungeduld sahen wir die Zeit herannahen, daß wir die Schule eröffnen konnten, um die armen Kleinen solchem Elende zu entreißen. Denn wenn auch die Patres, die ein Jahr vor uns hierhergekommen waren, schon viel zur Aufbesserung der Sitten beigetragen hatten, so war der Einfluß der Mohammedaner zu stark und das Uebel zu weit gedrungen, um es so schnell beseitigen zu können. Nachdem wir uns ein wenig eingerichtet hatten, eröffneten wir am 1. Dezember die Schule. Tränen kamen uns in die Augen, als wir die Kinder zum erstenmale in der Klasse hatten und sie so unwissend in Bezug auf die hl. Religion sahen. Den Namen Gottes hatten sie zwar oft genug ausgesprochen und aussprechen hören, denn „Allah, Allah" gebrauchen die Mohammedaner fast in jedem Satze; doch das war alles, was die armen Kinder von Gott gelernt hatten. Sie wußten weder das heilige Kreuzzeiehen zu machen, noch ein Gebet zu sagen. Wer sollte es sie auch gelehrt haben, da die Mütter, von denen die meisten während der Mahdistenherrschaft geboren waren, ebenso unwissend wie ihre Kinder waren. Die Patres hatten in der kurzen Zeit nicht alles machen können und sich zunächst die Eltern gewinnen müssen, um sie ein wenig zu unterrichten. Arme Kinder! Da gab es viel zu tun; doch der liebe Gott half uns und gab uns auch die Gnade, in diesem für Europäer so ungesunden Klima gesund zu bleiben. Auch so manche Freuden wurden uns zuteil und welcher Art dieselben waren, kann man sich leicht denken; denn was liegt uns mehr am Herzen, als dem lieben Gott Seelen zuführen zu können! Eine von den Konkubinen, die wir unterrichtet hatten, sahen wir nach kurzer Zeit die hl. Taufe empfangen und gleich darauf mit ihrem Herrn durch das hl. Sakrament der Ehe vereinigt, ein Beispiel, das auch auf andere heilsam einwirkte. Unsere Kinder haben gute, mitleidige Herzen und sind auch ganz intelligent. Als wir zum erstenmal in der Fastenzeit den hl. Kreuzweg machten, sahen wir eins von unseren Kleinen ganz bitterlich meinen. Nach der Ursache ihres Kummers gefragt, antwortete sie schluchzend: „Jetzt töten sie den lieben Heiland." Diese Kleine war eins non unseren unartigsten Mädchen, der wir so eine Antwort garnicht zugetraut hätten. Die Kinder sind uns alle sehr zugetan, ebenso ihre Eltern. Doch wenn man ihre Freundschaft nicht durch häufige Besuche unterhält, so schicken sie ihre Kinder weder zur Kirche noch in die Schule und ebensowenig kommen die Eltern hin: man muß sich daher die häufigen Besuche nicht verdrießen lassen und sie immer von neuem auffordern,Sonntags dem Gottesdienste beizuwohnen. Da sieht man wohl ein, was es hier noch zu tun gibt und wieviel mehr man könnte, wenn mehr Mittel vorhanden wären. Die Leute leben hier in bitterster Armut. Diejenigen, die einst etwas übrig hatten, waren vom Mahdi beraubt worden: fast überall trifft man arme Leute an, sowohl unter den Weißen als unter" den Schwarzen. Viele sind hier aus anderen Ländern hergekommen. Sie hatten ihre Heimat verlassen, um hier leichter ihr Brot zu verdienen und finden kaum Arbeit genug, um sieh das Nötigste zu verschaffen. Da gilt es, diesen Unglückliehen beizustehen. Oft halten auch die Mütter ihre Kinder zuhause zurück, wo sie ihnen helfen müssen und so vergessen sie in den Zwischenpausen das, was sie in der Sehule gelernt hatten. Da ist es dann schwierig, die Kinder auf die hl. Kommunion vorzubereiten und immer wieder heißt es: Besuehe machen, Besuche machen. Auch den Aberglauben haben die Christen hier von den Mohammedanern geerbt und der ist schwer auszurotten. Stirbt jemand von ihnen, so bleiben die Angehörigen 40 Tage lang zu Hause und lassen sich weder in der Kirche noch anderswo sehen. Und wehe dem, der dieser Gewohnheit zuwiderhandelt! Man ergeht sich gleich in üblen Nachreden über ihn und aus Furcht davor bleibt man der alten Gewohnheit treu. Da gibt es noch viel zu bekämpfen. Doch der liebe Gott hat uns bisher geholfen, er wird auch fernerhin für uns sorgen. Wir haben doch jetzt das Glück, unsere kleine Kirche am Sonntag gefüllt und den lieben Gott auch hier verehrt zu sehen. Gegenwärtig sind wir hier vier Schwestern: denn die Arbeit hat sich vermehrt. Wir haben nicht nur die Schule zu halten, sondern auch ziemlich oft außerhalb des Hauses Krankenpflege zu üben. Die Leute hier verstehen sehr wenig davon und rufen uns sogleich, wenn jemand von ihnen erkrankt ist. Oft haben wir schon die Nächte bei diesen Armen zugebracht. Auch nach Chartum hat man uns zur Pflege gerufen. Eine von unsern Schwestern weilte mehrere Wochen dort. Unsere Wohnung hier besteht ähnlich denen der übrigen Einwohner in einer aus Lehm gebauten Hütte. Wir haben zwei Zimmer für uns und außer diesen zwei Schulzimmer. In Chartum hat die Mission auch schon das Terrain zu einem neuen Kloster erworben: doch kann mit dem Bauen noch I nicht angefangen werden, da die Mittel noch nicht vorhanden sind. Das Material ist hier sehr teuer und der Arbeitslohn hoch. Doch hoffen wir, daß die Freunde der Mission reichlich beisteuern werden, um uns zum Bauen zu verhelfen. Es ist in Chartum weder eine katholische Kirche noch eine katholische Schule und wenn wir nicht bald anfangen, so schickt man die Kinder in die Regierungsschule, dann bleibt wenig für uns übrig, d. h. der katholische Glaube, der schon schwach genug ist in den Familien, stirbt zuletzt ganz aus, wenn die Kinder eine andere Schule besuchen. Wer helfen will, verliere keine Zeit, Gott hat ja die fröhlichen Geber lieb. Wie viele gibt es, die viel Geld für Theaterbesuche, Reisen usw. ausgeben, ohne sich auch nur im Ge- Stbilluk-Krieger. ringsten um ihre armen Mitmenschen zn bekümmern! Sind sie glücklich? Sicherlich nicht. Glücklich ist, wer den lieben Gott liebt und das geschieht, wenn man ihm mit reinem Herzen Opfer barDringt; denn der größte Ausdruck der Liebe zeigt sich in den Opfern, von denen cs so viele Arten gibt. Auch das Almosengeben gehört hierzu und besonders das Almoscngeben für die Missionen. „Ah, nun haben wir verstanden," wird man sagen, „das heißt, wir sollen unsere Börsen auftun für Khartum." — „Ganz sicherlich, sehr gut begriffen: Börsen und Herzen auftun für die Sache Gottes, für ihn." — „Aber wir haben selber so viele Arme hier und müssen zunächst an diese denken." — Auch das ist wahr, doch wenn alle so denken würden, so könnten die Missionen keine großen Fortschritte machen; denn woher sollten sie die Mittel gewinnen, um für die Armen zu sorgen? Das Geld ist an sich zwar eine elende Sache; doch wieviel Gutes kann man damit stiften? Bitte, bitte, gebe ein jeder, was er geben kann, sei cs viel oder wenig; Gott wird ein reichlicher Belohner fein. * -l- -i- Die Grsfliiigsfröebte aus der Mädchenschule in Assuan. (Von einer Missionsschwester.) s sind ungefähr zwei Jahre her, als ich von meiner Oberin in diese Station geschickt wurde, um mich mit der Erziehung der weiblichen Jugend zn befassen. Bei meiner Ankunft fand ich die hiesige Mädchenschule nicht gerade in der besten Lage, der Schülerinnen mochten etwa achtzehn gewesen sein, im Vergleich zur hiesigen Bevölkerung wirklich eine kleine Zahl. Warum so wenig? wird mancher Leser fragen. Damit hatte es folgende Bewandtnis. Als Monsignor A. M. Roveggio, unser unermüdlicher Apost. Vikar sel. Andenkens diese Station gründete, versuchte er alles Mögliche, um ungefähr in der Mitte der Stadt ein Grundstück als Bauplatz zu erwerben. Er hatte dabei die Absicht, den hiesigen Christen die größtmögliche Bequemlichkeit im Kirchen-bcsuch zu verschaffen, sodann auch, was ihm nicht weniger am Herzen lag, um der Jugend den Besuch unserer Schule möglichst zu erleichtern. Es galt ja vor allem, das junge Volk an uns zu ziehen, um ihm eine entsprechende religiöse und intellektuelle Bildung zu vermitteln. Trotz aller Bemühungen aber von seiten unseres hochwürdigstcn Bischofes konnte kein Grundstück in der Stadt erworben werden, sondern man war gezwungen, ein am Ende der Stadt gelegenes anzukaufen. Dieser Umstand beeinflußte später, als das Missionshaus fertig da- stand, sehr nachteilig den Schulbesuch seitens der hiesigen Jugend. Von den Mädchen hieße es geradezu ein großes Opfer fordern, wenn man von ihnen verlangte, jeden Morgen den langen Weg vom Süd-cnde bis zum Nordende der Stadt zu machen. Da entschloß sich der hochwürdigste Bischof, ganz eigens in der Mitte der Stadt eine kleine Nebenschule zu errichten. Diese kam zustande und die Leitung derselben übernahm eine unverheiratete syrianische Katholikin, welche von der Mission besoldet wurde. Da aber das Wissen dieser Lehrerin sich nur auf die ersten Anfangsgründe des Arabischen erstreckte, so mußte ihr noch eine Missionsschwester beigegeben werden, um den Religionsunterricht zu geben und noch dazu englisch zu lehren, das heutzutage in Aegypten immer notwendiger wird. So vergingen zwei Jahre; da sah sich die syrianische Lehrerin wegen Familienverhältnissen genötigt, den Unterricht _ in unserer Schule aufzugeben, worauf die Missionsschwestern vollends die Leitung derselben übernahmen. Die Schuldisziplin und die Lehrfächer wurden jetzt besser geregelt, was dazu beitrug, daß die Zahl der Schülerinnen sich vermehrte. Gegenwärtig sind ihrer mehr als -sechzig. Diese sind beinahe alle einheimische Kinder und haben besonders an den häuslichen Arbeiten wie Stricken, Sticken und Häkeln große Freude. Im allgemeinen sind diese Araberinnen und Koptinnen ziemlich intelligent und fleißig. Wenn man hier und da auf eine Ausnahme stößt, so heißt cs Geduld Üben und emsig und unverdrossen weiterarbeiten, umsomehr, als die Mühen des Unterrichts dadurch versüßt werden, daß man zuweilen Herzen trifft, welche die katholische Lehre gierig aufnehmen. Ein solcher Fall war der folgende. Zwei von unseren größeren Schülerinnen zeigten während des Religionsunterrichtes eine besondere Aufmerksamkeit; mit offenem Munde, wie man zu sagen pflegt, saßen sie da und hörten die Erklärungen der Schwester an, wie wenn es Märchen oder andere für die Jugend spannende Geschichtchen wären. Der Heiland ließ nicht lange auf sich warten und kündigte sich in diesen jungen, für das Gute so empfänglichen Herzen an als der Weg, die Wahrheit und das Leben. Eines Tages sprach die ältere von ihnen der Schwester gegenüber den Wunsch aus, katholisch zu werden, worauf ihr diese entgegncte, daß sie dazu der Einwilligung ihrer Eltern bedürfe, daß diese aber, da sie schismatisch seien, sich ganz gewiß ihrem Wunsche widersetzen würden. Nur in der Hoffnung auf die göttliche Hilfe rückte die Kleine ihrem Vater gegenüber mit ihrem Herzenswünsche heraus. Der Vater war keineswegs geneigt, seiner Tochter die Erlaubnis zum Übertritt zum Katholizis- Aus unseren Missionsstationen 269 »ms zu erteilen. Als aber einige Zeit nachher auch die jüngere Schwester mit der nämlichen Bitte an ihn herantrat, lehnte sie der Vater nicht mehr so schroff ab und sagte endlich zu, als seine beiden Töchter von ihrem Ansturm nicht mehr abließen. Nun konnte nichts mehr ihren Eifer hemmen, um sich der Aufnahme in die katholische Kirche würdig zu machen. Mit doppeltem Eifer lernten sie den Katechismus, mit staunenswerter Beharrlichkeit beteiligten sie sich an allen Religionsübungen, so daß über die Aufrichtigkeit ihres Entschlusses kein Zweifel mehr bestehen konnte. Nach einiger Zeit waren die Oberen der Ansicht, daß diese Katechumeuen mehr als hinreichend in den Lehren unseres heiligen Glaubens, sowie in den Pflichten, welche dieser auferlegt, unterrichtet seien. Am Feste Allerheiligen letzten. Jahres widersagten sie den Irrtümern des Schisma und empfingen dann die heilige Taufe, in der die eine den Namen Maria, die andere den Siarnen Rosa erhielt. Einige Tage später empfingen die Neugeborenen die erste heilige Kommunion. Ich war ganz in ihrer Nähe und höchst erbaut von ihrem lebendigen Glauben und ihrer rührenden Andacht. Ich dachte bei mir, wie gerne der göttliche Heiland in diese heilsbegierigen Kinderherzen eingekehrt sein mag, was ich von mir selbst nicht zu sagen getraue, trotzdem ich schon so viele Jahre im Schatten des Tabernakels weile. Auch jetzt fahren sie fort, die heiligen Sakramente mit Eifer und Sammlung zu empfangen. Hoffentlich wird auch ihr ganzes ferneres Leben ein echt katholisches sein zu ihrem eigenen Heile und zur Erbauung aller jener, in deren Mitte sie später leben werden. Im Rasen von Omderman. Seelsorgerlicbos aus der missionsstation ijehian. eluan ist ein Kurort, mitten in der Wüste gelegen, der mit dem nahen Kairo durch eine Eisenbahnlinie verbunden ist und alljährlich zur Winterzeit von zahlreichen Fremden besucht wird. Die reine, trockene Wüstenluft macht es zu einem vorzüglichen Luftkurort, besonders für Lungen- und Nierenkranke, während die reichhaltigen Schwefelquellen eine vortreffliche Badekur ermöglichen. Die Bevölkerung Heluaus ist sehr gemischt. Die Ortseingesessenen bestehen aus ägyptischen Fellachen, Spriaueru, Kopten, Negern und einer nicht unbeträchtlichen Anzahl von Europäern, welche letztere meist Inhaber von Hotels, Pensionen oder Geschäftsläden sind. Der Fremdenverkehr beschränkt sich ausschließlich auf die Saison, welche von November bis Ende März dauert. Während in der heißen Jahreszeit in Heluan eine auffallende Ruhe herrscht, sind in den Wintermonaten die zahlreichen Hotels und Pensionen sowohl als auch die breiten Straßen dieser Wüstenstadt von Europäern wie Engländern, Deutschen und Franzosen belebt, so daß man sich an einen europäischen Kurort versetzt glaubt, wenn nicht der sandige, vegetationslose Wüstenboden, die orientalische Bauart der Häuser und die ganze Umgebung zu deutlich an Afrika erinnerte. Dies ist in kurzen Zügen das Feld, auf welchem unsere Missionäre in Hcluau ihre seelsorgerliche Tätigkeit ausüben. Der Schwerpunkt der Seelsorge in Heluan liegt zweifellos in der Erziehung der Jugend, welche durch die Knaben- und Mädchenschule vermittelt werden soll. Beide Schulen erfreuen sich nach wie vor eines regen Besuches. Gegen achtzig Knaben wurden im letzten Halbjahre von den Missionären unterridftet; die Zahl der weiblichen Schulkinder, deren Erziehung den Missionsschwestern obliegt, beläuft sich gegenwärtig auf siebzig. Ihr Alter beläuft sich zwischen deni fünften und achtzehnten Lebensjahre. Was die Schulfächer angeht, so spielt der Unterricht in den modernen Sprachen eine wichtige 270 Aus unseren Missionsstationen. Rolle. Sprachenkenntnis ist in der mit Bezug auf Nationalität so gemischten Bevölkerung Ägyptens in jeder Lebenslage von praktischem Nutzen: für die Geschäfts- und Handelsleute, zum Teil auch für den Beamtenstand, ist die Kenntnis mehrerer Sprachen geradezu unentbehrlich. Diesem Bedürfnisse des praktischen Lebens muß natürlich in der Schule Rechnung getragen werden, weshalb auch in der Missionsschule in Heluan sowohl in der arabischen als auch in der französischen und englischen Sprache Unterricht erteilt wird. Obendrein ist noch Gelegenheit zur Erlernung der italienischen Sprache geboten. Der Religionsunterricht, der natürlich unter den Lehrfächern den ersten Platz einnimmt, wird mehreremal wöchentlich erteilt. An den Sonntagen wird regemäßig eine Christenlehre in französischer Sprache erteilt, der auch die Erwachsenen beiwohnen. ES liegt auf der Hand, daß in einem Lande, wo, wie hier in Ägypten, wegen eines förmlichen Misch-maschs von Religionen dem Glauben und der Sittlichkeit der Katholiken so mannigfache Gefahren drohen, eine gründliche Religionskenntnis besonders not tut und daher für die religiöse Ausbildung der Jugend nie zuviel geschehen kann. Als die schönste und trostreichste Frucht des Religionsunterrichtes darf wohl die Bekehrung von drei Knaben griechisch-schismatischer Konfession angesehen werden, welche das Schisma abschwuren und bedingungsweise wiedergetauft wurden, doch erst, nachdem sie unter Überwindung großer Schwierigkeiten von ihren widerstrebenden Eltern die Einwilligung zum Übertritt in die katholische Kirche erlangt hatten. Dasselbe war bei zwei Mädchen der Fall, welche beide in großjährigem Alter stehen und vor kurzer Zeit ebenfalls das Schisma abschwuren. Diese von Zeit zu Zeit erfolgenden Bekehrungen zur katholischen Religion zeigen besser als alles andere, wie sehr letztere in Heluan in Achtung steht und daß das Missionswerk, wenn auch langsam, doch stetig fortschreitet. Schon lange trug sich der Ortspfarrer, Hochw. P. Giacomelli, mit dem Gedanken herum, ein Knabenpensionat zu gründen, da schon manche auswärtige Katholiken den Wunsch geäußert hatten, daß ihre Söhne im Hause der Missionäre ein Unterkommen erlangen möchten. Doch wie ließen sich die dazu notwendigen Geldmittel beschaffen? Im letzten Winter wurde auch diese heikle Frage in glücklicher Weise gelöst. Es wurde nämlich, wie dies schon früher bei ähnlichen Anlässen geschehen, eine Lotterie zum Besten der Missionsschule ausgeschrieben. Die Gemahlin des österreichisch-ungarischen diplomatischen Agenten Herrn L. von Vclics erklärte sich freundlichst bereit, den Vorsitz bei der im Kasinosaale in Heluan vorzunehmenden Ziehung der Lotterielose zu führen; ferner wurde ein musikalisches Konzert damit verbunden — dies mußte geschehen, um unter der ver-möglichcn Klasse der Bevölkerung Kairos und He-luans eine möglichst große Teilnahme an der Lotterie zu erzielen. Der Erfolg blieb nicht aus, ja übertraf alle Erwartungen. Die Beisteuer zum Besten der Missionsschule betrug über hundert englische Pfund. Nun stand der Errichtung eines Pensionates kein Hindernis mehr im Wege. Nach langem Hin-und Herwägen erschien es am zweckmäßigsten, zunächst im Spielhofe hinter dem Missionshause eine neue Schule zu bauen; dies konnte ohne großen Aufwand von Zeit und Geld geschehen, da die den untern Teil des Hauses umgebende Mauer für den Neubau benützt werden konnte. In der Tat stand bereits nach wenigen Wochen die neue Schule mit vier luftigen, geräumigen Lokalen stx und fertig da. -Wenige bauliche Veränderungen genügten, um die früheren Schulräume des Missionshauses in ein Pensionat umzuwandeln, ohne dadurch die Wohnungen der Missionäre irgendwie einzuschränken. Nun zählt das Pensionat bereits 30 Zöglinge, welche unter fortwährender Aufsicht eines Laienbruders unserer Mission stehen, gegen Zahlung eines entsprechenden Pensionspreises verpflegt und in echt christlichem Geiste erzogen werden. Die schön bemalte, mit einem hohen, in der Wüste weithin sichtbaren Glockenturm versehene Pfarrkirche besitzt nun auch eine Kanzel, von welcher das Wort Gottes regelmäßig an Sonn- und Feiertagen abwechselnd von den beiden dortigen Patres in italienischer Sprache verkündigt wird. Neuerdings wurde die Kirche noch um eine andere Zierde bereichert, indem die hinter dem Hochaltare befindliche Apsis neu bemalt wurde, so daß das ans Leinwand gemalte und der Apsis eingefügte Bild der heiligen Familie, der die Kirche geweiht ist, sich nun in schöner, wirkungsvoller Harmonie dem Auge des Beschauers darstellt. Auch den letzten Winter hindurch war die Kirche regelmäßig an Sonn- und Feiertagen mit Andächtigen gefüllt, besonders an den Sonntagen der Fastenzeit, wo von einem auswärtigen Prediger ein Zyklus von Fastenpredigten in französischer Sprache gehalten wurde. Die diesjährige Fronlcichnamsfeicr nahm in gewohnter Weise ihren glänzenden Verlauf. Viel Volk war aus Kairo und Umgebung zur Beteiligung an der Prozession herbeigeeilt, darunter auch die Neger-knaben unserer Kolonie in Gesira, welchen der OrtS-pfarrer Freibillete für die Eifcnbahnfahrt nach Heluan erwirkt hatte. Dieselben schritten in ihren weißen, mit einem roten Gürtel befestigten Kaftanen an der Aus innren Misswasstatioueu. 271 Spitze der Prozession, dicht hinter dein Kreuzträgcr einher und sangen abwechselnd mit den Schulkindern lateinische Lieder zu Ehren bcS heiligsten Sakramentes. Ihnen folgte die Herz Jesu-Brud erschuft und der Verein der Marienkinder, deren Mitglieder an den Skapulieren, die sie offen über ihren Kleidern zur Schau trugen, schon von weitem erkennbar waren. Auch war der Welt- und Ordensklerus von Kairo zahlreich erschienen. Die stattliche Reihe der vor dem Baldachin einherschreitenden und mit kost- baren Paramenten bekleideten Priester machte einen imposanten Eindruck. Eineu lieblichen Anblick gewährte eine Abteilung kleiner Mädchen, welche, in blendendes Weis; gekleidet, ihre mit Blumenblättern gefüllten Körbchen trugen und damit den Weg bestreuten, auf dem der göttliche Kinderfreund einherzog. Durch ihre freudestrahlenden Gesichter gaben sie jedem zu erkennen, wie sie sich glücklich schätzten, denselben in dieser Weise ehren zu können. Das Allerheiligste wurde vom Obern der Lyoner Missions- Tkluan. gesellschaft in Kairo, der zugleich das Amt des Apostol. Präfekten von Unterügypten bekleidet, getragen, während zwei Priester demselben assistierten und vier angesehene Katholiken der Pfarrei, welche in Schwarz gekleidet und mit hellfarbigen, um die Schulter geschlungenen Schärpen versehen waren, den Baldachin trugen. Hinter diesem schritt der österreichisch-ungarische Generalkonsul und diplomatische Agent Sr. Apostol. Majestät, Herr 'L. von Belies, mit dem Konsulatspersonal in Uniform. Den Schluß bildete eine Stenge von Andächtigen, welche den Rosenkranz beteten. Zu beiden Seiten der schön geschmückten und reich beflaggten Straßen welche die Prozession passierte, drängte sich auf dem Trottoir eine Menge von Mohammedanern und Andersgläubigen, welche die Prozession von Anfang bis zu Ende begleiteten und mit wachsender Neugierde jede Abteilung betrachteten, ohne jedoch die Feier in irgend einer Weise zu stören. Eine Schar von Polizisten ging zur Aufrechterhaltung der Ordnung neben der Volksmenge auf und ab. Die Sonne strahlte unterdessen am hellblauen Himmel und küßte ohne Unterlaß die Wüstenerde, auf welcher der in Brotsgestalt verborgene Welterlöscr im 272 Muselmännische Totcngebräuche Triumphe einherzog. Der Segen mit dem hoch-würdigsten Gute wurde an drei außerhalb der Kirche errichteten und würdig geschmückten Altären erteilt und jedesmal ertönten die Glocken und trugen mit ihren hellen Stimmen die Kunde von der Feier roc it in die Wüste hinein. Die Prozession schloß mit einem feierlichen Te Deum und Segen in der Kirche. Wir dürfen gewiß hoffen, daß diese erhebende Feierlichkeit die Katholiken in ihrer Anhänglichkeit an die Kirche gefestigt habe und auch den Nicht-katholikcn in heilsamer Erinnerung bleiben werde. Muselmännische Totengebräuche. Bon P. Anten Eleppoui, S. b. Ij. H. ’Sterni sich unter den Gebräuchen und Seltsam-ketten eines so berühniten Landes, wie es Ägypten ist — cs darf ja nunmehr das arabischeLand mit Vorzug genannt werden — sehr viele befinden, die in besonderer Weise die lebhafte Neugierde des Europäers erregen, so gilt dies unstreitig doch am meisten von lenen Eigentümlichkeiten, welche zusammen die Zeremonien dieser Araber hinsichtlich ihrer Toten ausmachen und zwar vom Augenblicke des Hiuschcidcns an bis zum Ende der vierzigtägigen Trauerzeit. Da die Verehrung und Zuneigung für die Dahin- j geschiedenen eines der lebhaftesten Gefühle ist bei allen Völkern, mögen sie nun zivilisiert oder Barbaren sein und da ferner der Totenkult seine hervorragende Bedeutung erlangt, wenn man ein Volk nach seinem Charakter und seiner Religion auffassen will, so bin ich mehr als überzeugt, daß einige Worte über diesen Gegenstand nicht ohne Interesse für unsere freundlichen und geneigten Leser sein werden, wenn ich auch nicht die psychologische Auseinandersetzung der einzelnen Vorgänge anfüge. Sie werden auch so immer besser das kennen lernen, was davon in diesem muselmännischen Lande umgeht, sowie die törichte Religion, welche dieses Land der Heiligen besudelt und herabgebracht hat, nachdem ihnen unglücklicherweise das kostbare und edle Erbe des christlichen Glaubens entrissen war. Um nun ein wenig weiter nuszugreifcu, so muß mau wissen, daß hinsichtlich der Krankheiten, mögen sie einen tötlichen Ausgang nehmen oder nicht, ein starker fatalistischer Glaube herrscht — das eigentümliche Gepräge all derer, die kein anderes Licht haben als jenes, welches der Koran um sich verbreitet. Kommt eine Krankheit, so ist es Gott, welcher sie schickt. Soweit sind wir einig. Die zweiten Ursachen sind abhängig von Gott, dem höchsten Lenker und Erhalter der natürlichen Ordnung. Es fällt ja kein Blatt vom Baume, wenn es Gott nicht will. Der Muselmann sagt nun aber: „Kommt die Krankheit von Gott, so rede man auch nicht von einem Arzte Gott ist der große Arzt. Wenn er will, so wird der Kranke wiederum gesunden, wenn nicht, dann wird er eben in den Schoß des Propheten gehen, um sich der Schönheit des Paradieses zu cr-freucn." Es steht unzweifelhaft fest, daß der Einfluß des europäischen Elementes, der schon tausenderlei Dinge geändert hat und noch fortwährend ändert, bereits auch das Vertrauen in die Ärzte und deren Kunst aufkommen ließ, zumal in den gebildeteren Klassen des Volkes, aber es ist ebenso sicher, daß es noch gar viele gibt, die sich lieber lebendig verbrennen ließen, als daß sie einen Arzt rufen würden. Gott ist der große Arzt. Er hat die Krankheit geschickt. Er wird sie auch heilen. Geradeso verhält es sich auch, wenn an dem Feste, das auf den Ramadan folgt oder an den übrigen während des Jahres nicht wenige durch die schauderhaften Unmassen Fleisches oder gewisser eigenartiger Süßigkeiten, die viclleichft für den Magen einer Eule taugen, sich (listigerweise) starke Verdauuugs-beschwerden zuziehen. Die bemitleidenswerten Menschen setzen dann ihre ganze Hoffnung auf Muhammed, der ihre Krankheit gewollt hat und wenn sie daran sterben, so werden sie als Märtyrer des Festes gelten, große Heilige und einer Moschee würdig sein. Welch ein hübsches System, die Heiligen in den Himmel zu schicken auf die Sonnenhöhe des Ruhmes! Wenn jene wenigen und elementaren Heilmittel, Muselmännische Totengebräuche. 273 welche das einfache Volk in Anwendung bringt, wie geivöhnlichcs in Wasser aufgelöstes Salz oder irgend eine von einem groß»: Heiligen abgekochte Brühe ihre Wirkungen nicht mehr tun und der Kranke dadurch in die höchste Todesgefahr kommt, so beginnt man die Totenklage. Geht man dann nahe an: Hause des Kranken vorüber, so kann man leicht ein gewisses ganz eigentümliches Seufzen hören. - Es ist so ganz ohne Lärm, ohne Seltsamkeit, so bezeichnend und ausdrucksvoll, int Tone der zärtlichsten Klage, daß cs in Wirklichkeit die lebhafteste Teilnahme erweckt. Pocht dann der Tod immer ungestümer an die Pforte, so macht der Kranke, falls er ein Familienoberhaupt ist, unter Einhaltung der gesetzlichen For-malitäten sein Testament. Er gibt seine letzten Ermahnungen besonders der Frau. Sind auch kleine Kinder vorhanden, so bittet er die Mutter, doch nicht eher einen andern Mann zu heiraten, als bis sie die Kleinen großgezogen hätte. Es ist hier nicht ohne Interesse zu bemerken, daß auch bei den Muselmännern Frauen sich finden, die sich nach dem Tode des Mannes nicht mehr verheiraten. Solche hüten sich dann mit einer: wahren Ängstlichkeit davor, daß sic ja keinen: andern Manne in das Gesicht schauen, aus Furcht, sie möchten das Mißfallen des Toten erregen, der unter der Erde ruht und den „bösen Blick"') sich zuziehen mit all seinen traurigen Folgen. Ist nun der gute Mann gestorben, gerufen von Muhamined zum Genusse des Paradieses, so erscheint ans der Bildfläche auch der Vertreter der Religion. Es ist dies ein Mann aus dem Kollegium derjenigen, welche in der Moschee die Lehre des Koran auseinandersetzen. Arabisch heißt er Saicdna, was ungefähr soviel bedeutet, wie unser Herr. Nachdem der Arzt von der Polizei seine Aufnahmen gemacht hat, bringt sodann der Saicdna den Leichnam auf ein Gestell, das aus einfachen Holzbrettern besteht und wäscht ihn von Kopf bis zu Fuß mit allder Sorgfalt, welche eine Handlung erfordert, der die Muselmänner die größte Wichtigkeit beilegen. In Wirklichkeit reinigt man mit einer solchen Waschung die Seele des Verstorbenen, woraus der geneigte Leser wohl sich einbilden kann, welch gute Bürsten und noch bessere Seifen notwendig sind, um bestimmte Arten von Gewissen wenn auch mit der größten Mühe noch einigermaßen anständigzu machen! Für den Muselman, der mit einem dreifachen Untertauchen soviel Sünden wegspült, hat das Wasser eine außerordentliche Macht und wer sich ') Vgl. „Stern der Neger", Jahrg. 1.1898, S. 128 ff. gut die Haut wäscht, bekommt ein umso reineres Gewissen. Wenn man mit dieser frommen Waschung zu Ende ist, so werden den: Toten die Ohren verstopft, um dadurch den widrigen Ausdünstungen vorzubeugen. Dann zieht ihm der Saicdna das Totengewand an, oder sagen wir besser, er umwickelt ihn mit eigens zu diesem Zweck vorhergesehenen Zeugstücken — und dies ein-, zwei-, drei-, ja sogar viermal; je nach dem Wohlstand der Familie, auch mit einem Aufwand von Seide und Samt in demselben Verhältnisse. Ein jedes Stück des Stoffes ist in einfacher Weise auf der Vorderseite von oben bis unten zusammengenäht und hat so das Aussehen eines Sackes. Man läßt ihn über Kopf und Füße etwa 20 Zentimeter hervorstehen und bindet jedes der beiden Enden mit einer Schnur zusammen. Das ganze sieht aus wie ein Sack, der keinen Boden hat und oben und unten zusammengebunden ist. Drinnen steckt der Tote. Damit das Gesicht frcilicge, macht man in den Sack eine kleine Öffnung. Im Fall einer Notwendigkeit läßt man den Toten durch Mund und Nase ausdünsten. Der Leichnam wird sodann auf eine zweite Tragbahre aufgestellt, sodaß er von Freunden und Bekannten besucht werden kann. Zur gelegenen Stunde wird er hernach auf den Friedhof gebracht. Während alle diese Verrichtungen vorgenommen werden, erhebt sich draußen vor den: Hause das feierliche Wehklagen run den Heimgegangenen. Gewöhnlich errichtet man eine Art Zelt mit Vorhängen oder man schichtet eine Reihe Bänke aufeinander, die eine über die andere gleich einer Mauer. Diese Vorrichtung ist aber immer in: Begriff, auf den nächstbesten Unglücklichen, der etwa vorübergeht, herabzustürzen, falls er durch irgendwelchen Zufall an der entgegenstehenden Seite anstoßen sollte. In diesem so hergestellten Zelte, das, so gut es eben geht, Schutz bietet vor Sonne und profanen Augen, laufen die Weiber aus der Nachbarschaft zusammen und wetteifern förmlich darin, ihr Beileid mit allen nur möglichen Auffälligkeiten an den Tag zu legen. Ich verschwende nicht viel Worte, um darauf hinzuweisen, daß diese Trauer-Kundgebungen der Frauen, vielleicht die den: Toten am nächststehenden ausgenommen, nur leere Erdichtungen sind, indem Lachen, Scherzen und manchmal sogar Raufereien mit. den: Wehklagen und Jammern abwechseln. In einem Kreise auf die Erde niedergekauert, sucht sich eine Jede das bequemste Plätzchen und die angenehmste Stellung aus und strengt sich nun an, mit dem Aufwand aller Kraft zu heulen, zu lärmen, zu seufzen mit den leidensvollsten Tönen, ja läßt sogar die eine ober andere Tränen auf den Wimpern erglänzen. In einem bestimmten Augenblicke erhebt sich eine der Klagefrauen — eS ist dies eine nahe Verwandte des Dahingeschiedenen — und begibt sich in die Mitte des Kreises. Sie beginnt zu tanzen, indem sie sich beständig ans derselben Stelle um sich selbst dreht und dabei den ganzen Körper konvulsivisch verzerrt. Bei jeder Wendung schlägt sie die Hände zuerst auf die Wangen und dann zwischen sie in einem Schlage und zwar so, daß sie die Hände mit einem zischenden Geräusch auf den Wangen vorwärtsgleiten läßt, bis sie aneinander schlagen. Nunmehr wird von der Tänzerin ein Refrain angestimmt, worauf alle die andern sich erheben und im Chor auf den Refrain antworten, indem sie nun ebenfalls sich im Kreise herumdrehen, um die Furie in der Mitte, welche in einemfort tanzend sich wie besessen herumwirbelt. Ich sage Furie, denn oft schlägt man mit solcher Heftigkeit auf die armen Wangen, daß diese davon ganz blau werden und eine ziemliche Menge Blut herausfließt. Ein solch unsinniges Benehmen soll nämlich den besten Beweis des höchsten Beileids an den Tag legen und versetzt die Rasende unter die Heldinnen der Nächstenliebe. Während sie sich dann herumdreht und singt, beschmiert sie mit Erde und Schmutz das Gesicht, indem sie wirklich in vollem Ernste das ganze Antlitz einreibt, ebenso den Kopf und die wirr aufgelösten Haare, welche sie wie wütend zerzaust und herausreißt. So macht sie mit ihren schnaubenden und von den wilden Umdrehungen des Tanzes betäubten Ge- fährtinnen einen wahren Höllenlärm, bis die Hexe in der Mitte nicht mehr weiter kann, da die Lunge, die Kehle, die Arme und die Beine den Dienst versagen und sie auf ihren alten Platz zurückkehrt. Nun beginnen wiederum die Triller, das Geseufze, die Klagen, welche durch den Tanz unterbrochen wurden. Anrufungen, Jammern, Ausrufe folgen aufeinander. Da gibt es etwelche für jeden Geschmack. „Warum verläßt du mich, meine Liebe? Du warst gut; du tröstetest uns! Du warst geliebt; du besaßest viel Geld und gabst es den Armen; du warst unser rechter Arm und jetzt gehst du von hinnen und lässest uns allein. Wir werden die Tür des Hauses öffnen und du wirst nicht mehr eintreten; wir werden dich suchen, aber du wirst nicht darin sein; wir werden in die Höhe schauen, aber wir werden dich nicht mehr sehen. Wie werden wir ohne dich leben können? Wer wird unsere Freude, unser Trost sein?" — „Warum verlässest du mich, o Auge meines Hauptes, o Seele meiner Seele? Bleibe hier, o mein Bruder und ich werde mit dir wandeln. Ach, warum bin nicht ich gestorben, auf daß du lebtest und alle glücklich wären über dich!" Haben sie sich ein wenig ausgeschnauft und ausgeruht, so begibt sich eine andere aus der Gruppe in die Mitte und das oben beschriebene Schauspiel beginnt von neuern. Inzwischen kommt die Stunde, wo die Leiche auf den Totenacker übertragen wird. Aber um den geehrten Leser nicht zu ermüden, halte ich hier ein, indem ich es mir auf das nächstemal verspare, ihn bei jenen Vorgängen zu begleiten, welche auch interessanter und komischer sind und die im eigentlichen Sinne Leichenbegängnis heißen. Der selige Petrus Ramflus. ine der ersten Früchte der traurigen, religiösen Wirren der lutherischen Zeit war der allmähliche Verfall der Schulen. Überall suchten die Jrrlehrer Eingang zu finden und da es in jener Zeit eben gar manche Lehrer gab, die nur auf einen günstigen Augenblick zu warten schienen, um den Schafspelz abzuwerfen und offen gegen die alte, heilige Religion aufzutreten, so sanken in ganz kurzer Zeit manche früher blühende Bildungsstätten in geistige Ruinen nieder. Und so auch die blühende Hochschule von Ingolstadt. Herzog Wilhelm IV. von Bayern hatte dies mit Schmerzen wahrgenommen. Umsonst jedoch hatte er sich bemüht, tüchtige Lehrkräfte von anderen berühmten Universitäten zu gewinnen. So wandte er sich an den Papst und den General der Gesellschaft Jesu, um von ihr einige Professoren zu bekommen. Zugleich stellte er die Gründung eines vollständigen Kollegiums in Aussicht, das erste Anerbieten dieser Art auf deutschem Boden. Das wirkte. P. Salmcron und P. Le Jap wurden für Ingolstadt bestimmt. An ihrer Seite sollte auch Kamsins wirken, der schon nach einem Jahre von Sizilien zurückberufen worden war. „Die Seele des P. Kamsins durchzog cs wie eine Ahnung von der Bedeutung dieser Sendung. Erfühlte sich mächtig ergriffen." Am 2. September 1549 lag er zu Füßen des Papstes Paul III., um sich für die so wichtige Sendung nach Deutschland den Segen zu erbitten. Zwei Tage darauf legte er in die Hände des heiligen Jgnazius die Profeß-gclübde ab. Bei dieser Gelegenheit war es, daß ihm das hlst. Herz Jesu erschien und ihn aufforderte, aus dieser Quelle Kraft und Mut zu schöpfen. So reiste Kanis gestärkt und ermutigt ab. Wie wir schon gesehen, hatte er in Köln die (Schluß.) Studien nicht vollenden können,- mitten in der Vorbereitung auf Erlangung der akademischen Grade roar er abberufen worden. Daher wünschte Jgnazius, daß sich die drei jungen Gelehrten in Bologna den Doktorgrad erwerben, sollten. Am 2. Oktober 1549 . fand das Examen statt. Anr 24. Oktober erfolgte die Kreirung der neuen Doktoren durch den Kardinal-legaten de Monte, den nachmaligen Papst Julius III., worauf sie nach Bayern abreisten. Nachdem sie zuerst beim Herzog und dem Kardinal Truchseß ihre Aufwartung gemacht, langten sie am 23. November in Ingolstadt an, wo sie von der Universität ehrenvoll aufgenommen wurden. Sie machten sich gleich an die Vorlesungen. Kanisius hielt außerdem regelmäßige Predigten für das Volk und lateinische Vorträge für Studenten und Professoren. Auch suchte er die besseren Schüler durch unentgeltlichen Privatunterricht zu gewinnen und so gelang es allmählich, die ganze Anstalt zu erneuern. Es war eine schwierige Arbeit. Die Zucht war arg gesunken, Kirchcnbesnchc und Empfang der Sakramente äußerst selten, über das Fasten spottete man nur. Die drei Patres meinten schon, es sei unmöglich, ans diesem schlechten Boden etwas Gutes herauszubringen. Aber aufopfernde Geduld vermag alles. Allmählich wuchs auch das Vertrauen der Professoren und Schüler zu den Patres und so ließ sich schon etwas machen. Noch mehr konnte Kanis ausrichten, als er im Jahr 1550 zum Rektor der Universität ernannt wurde. Unterdessen aber starb der Herzog. Sein guter Kanzler folgte ihm rasch ins Grab. Die Ratgeber des neuen Herzogs schienen von den früheren Versprechungen nichts wissen zu wollen. Dagegen stand König Ferdinand I. eben im Begriff, der Gesellschaft in Wien ein großes Kollegium zu gründen. So wurde denn am 28. Februar 1552 Kanis Befehl 276 Der selige Petrus Kanisius. erteilt, Ingolstadt mit Wien zu vertauschen?) Die Abberufung war für Ingolstadt ein bedeutender Schaden, aber es tat auch in Wien recht not, das katholische Lebe» wieder soweit als möglich herzustellen. Der Geist der Auflehnung gegen die Kirche hatte auch hier völlig die Herrschaft gewonnen. Die Verachtung des Glaubens und der Kirchengebote waren die Losung des Tages. Manche der angesehensten Professoren hingen offen der neuen Lehre an. Im übrigen Oesterreich stand es kaum besser. 1551 wurde das neue Kolleg eröffnet. Drei Patres begannen die Vorlesungen; Kamsins hatte die Aufsicht über einige Gymnasialklassen. Nebenbei hielt er regelmäßige Predigten und Ka-techismusunterrichk und besuchte eifrig die Armen und Kranken. Besondere Sorgfalt wendete er den Gefängnissen zu. Wenige Monate nach feiner Ankunft mußte Kants die Leitung des Kollegs und einen Lehrstuhl an der Universität übernehmen. Das hinderte jedoch feine seelsorglichen Arbeiten nicht. Während der Fastenzeit durcheilte er als apostolischer Prediger die ganze Provinz und schaffte in den zahlreichen verwaisten Pfarreien ungemein viel Gutes. Unterdessen wurde Kanis zum Visitator der Universität ernannt. Auf feinen Vorschlag erließ jetzt Kaiser Ferdinand I. neue UniversitätSstatuten. Überhaupt kam der Kaiser Kanis immer mit großem Vertrauen entgegen und manches Gute kam so auf den Rat des unermüdlichen Paters zustande. „Er bestärkte den Kaiser im Guten, ermutigte ihn bei Schwierigkeiten und öffnete ihm über manches die Augen. Insbesondere ist es ihm zu verdanken, daß Ferdinand auf die Gefahr aufmerksam wurde, in welcher sich sein Thronerbe Maximilian II. befand, in die neue Lehre verstrickt zu werden. Ein irrgläubiger Prediger hatte die Gunst des Prinzen gewonnen und weilte als Hofprediger in dessen unmittelbarer Nähe. Dieser wurde entlassen und dem Sohne machte der Kaiser ernste Vorstellungen." Nachdem Kanis noch in zwei anderen Kollegien unter Professoren und Schüler Ordnung und Zucht hergestellt hatte, wollte ihn Ferdinand mit aller Entschiedenheit auf den bischöflichen Stuhl von Wien erheben lassen. Kanis war darüber ganz unglücklich; alles was er konnte, wandte er an, diesen „Schlag" von sich abzuwenden. Aber es war ves Kaisers fester Wille. Dreimal griff dieser die Sache wieder auf, jedoch umsonst. Nur das eine erreichte er, daß *) Zu gleicher Zeit wollte der Bischof von Eichstätt Kanis als Vertreter zum Konzil schicken; das Domkapitel von Straßburg wollte ihn als Domprediger; der treffliche Bischof Julius Pflug von Naumburg wollte ihn für seine Diözese haben. Kanis aus ein Jahr zum Administrator der weiten Diözese ernannt wurde. All diese Anliegen genügten aber Kanis Eifer noch immer nicht. „Ganz Deutschland" zu retten war fein begeistertes Streben. In Köln betrieb er die Errichtung eines Gymnasiums unter Leitung der Jesuiten, zu Nymwegen die Gründung eines Kollegs. Auch in Schlesien, Üngarn, Böhmen und namentlich in Polen plante er schon Kollegien. Als er im Jahre 1558 im Aufträge des Papstes nach Polen reifen mußte, erhielt er dort recht günstige Eindrücke vom Volke, was ihn in feinem Plane nur noch bestärken mußte. Während so Kanis in Sehnsucht sich aufzehrte, seine und der Mitbrüder Kräfte zu vertausendfachen, hatte die Vorsehung selbst ein Mittel hiezu erfunden. Kanis sollte sich vertausendfachen, um in ganz Deutschland, ja in der ganzen Welt die reine Lehre zu verkünden und dies durch seinen Katechismus. Ein kurzes Handbuch der katholischen Religion, in welchem jedermann das Notwendige finden könne, war in jener Zeit ein dringendes Bedürfnis, zumal da die Irrgläubigen selbst in noch katholischen Ländern massenhaft ihre Flugschriften verbreiteten, die im Volke nicht wenig Verwirrung anrichteten. Der Katechismus war daher allen treuen Katholiken sehr willkommen Der Kaiser schrieb ihn als einzig zulässig für alle feine Länder vor. So wurde er bald ein Volksbuch und blieb das auf Jahrhunderte. Zwar war er für Kanis eine Quelle endloser Schmähungen vonseiten der Neuerer, aber der Nutzen, der daraus erwuchs, war ihm überreiche Genugtuung. Über die Verbreitung des Buches schrieb' 25 Jahre nach des Seligen Tode dessen Ordensbruder P. Roder: „Kamsins hat begonnen, in fast aller Völker Sprachen zu reden, in der deutschen, slavischen, italienischen, französischen, spanischen, polnischen, griechischen, böhmischen, englischen, schottischen, äthiopischen und, wie ich von meinen Mitbrüdern erfahren habe, auch in der indischen und japanischen, so daß man nicht mit Unrecht sagen konnte und noch heutzutag sagen kann, Kanifius sei der Lehrer fast aller Völker." Ein Jahr nach der Abfassung dieses Katechismus traf Kanis ein schwerer Schlag. Das Vertrauen, das er überall genoß, fein persönliches Ansehen, sowie seine Erfahrung und Geschäftsgewandtheit brachten es mit sich, daß man ihn bei allen wichtigen Angelegenheiten seines Ordens in Deutschland zurate-zog. Auch die Gründung der Kollegien von Prag und Ingolstadt war das Werk feiner Sorgen und Mühen. Monatelang weilte er in Ingolstadt und Prag. Da war es auch, wo einst ein fanatischer Der selige Petrus Kamsins. 277 Häretiker durch ein Fenster einen großen Stein nach Kanis schleuderte, als dieser gerade die hl. Messe las. Unter den angegebenen Umständen nun war es nicht zu verwundern, das; der Ordensgeneral Kanis zum Provinzial für Österreich, Böhmen, Bayern und ganz Oberdeutschland ernannte. Kanis war sehr bestürzt, aber gehorsam wie er war, nahm er die Würde cm; die Bürde des Amtes hatte er ohnedies schon jahrelang getragen. Kaum 2 Wochen darauf starb der hl. Ignatius. Kanis war sein letztes Vermächtnis an Deutschland. Kanis gab sich mit ganzein Herzen dem ivich-tigeu Amte hin. 14 Jahre verwaltete er dasselbe mit unermüdlichem Eifer: Alle Jahre durchreiste er die ganze Provinz. Wo immer es irgendwelche Schwierigkeit, innere oder lokale, gab, war der gute Vater-gleich bei der Hand, seinen Brüdern nach Kräften beizuspringen. Selbst mit Novizen und Scholastikern (Studierenden) blieb er beständig im Verkehr, um sie immer mehr und mehr in den Geist der Gesellschaft einzuführen. Er verlangte von jedem Sohne seines Ordens, daß er sich ganz und rückhaltlos für die Sache Gottes und der Kirche einsetze mit dem ganzen Aufgebot der Kräfte und vollem Verzicht auf sich selbst. Zum Provinzialat kam noch ein „Nebenamt", wie er cs nannte, das ihm oft wie ein Felsblock vorkam, an dem er festgeschmiedet war. Er wurde nämlich zum Domprediger für Augsburg bestimmt. Einem Manne aber wie Kanis war es nicht genug, alle Sonn- und Feiertage zu predigen. „Ihm galt es, die Stadt zu erneuern." Was er für diese Stadt, die auch sein gewöhnlicher Sitz als Provinzial war, alles tat, zeigen die herrlichen Erfolge. Zu Anfang war die Stadt kaum noch zu '/10 katholisch und nach 7 Jahren standen sich die beiden Konfessionen an Zahl und Einfluß gleich. Der hl. Vater ließ ihm deshalb ein eigenes Breve zugehen, um ihm seine Freude und Anerkennung auszudrücken. Kleinere Missionen hielt Kanis während dieser Zeit auch in Zabern, Straubing, im Stifte Ellwangen und in Würzburg. Zur vollen Würdigung seines unermüdlichen Amtseifers mögen noch die Worte folgen, mit denen der Ordensgeneral Kanis die langersehnte Enthebung ankündigte: „Eine so große Geduld wie die, mit der Sie diese Bürde 14 Jahre getragen, ohne je unter den unausgesetzten Mühen der Ordcnsleitung die übrigen berufsmäßigen Arbeiten zu vernachlässigen, eilt solcher Grad von Eifer, Sittenstrenge und Klugheit konnte wie meine Vorgänger so auch mich nur in überreichem Maße befriedigen und erbauen . . ." Ju die Zeit dieser gesegneten Amtsführung füllt auch ein für Kanis bedeutsames Ereignis, der Abschluß der großen Tri-enter Kirchenversammlung. Der glückliche Abschluß mußte aber erst schwer erkämpft werden. Der Kaiser, sonst ein gut katholischer Fürst, mischte sich in die kirchlichen Angelegenheiten ein und wollte den ver-sammelten Vätern sogar Vorschriften machen, was sie zu Beschlüssen erheben sollten. So bestand schon große Gefahr, daß das Konzil abermals unverrichteter Sache auseinandcr-gehen müsse. Indessen schickte der Papst zwei tüchtige Vertreter zum Kaiser nach Innsbruck. Kanis, der schon früher dort gewesen war, leistete diesen Männern die wichtigsten Dienste und bewirkte durch seinen Einfluß beim Kaiser, daß sich dieser in eine Besprechung mit betn Kardinal-Legaten Morone einließ. Es kam eine glückliche Einigung zustande und das Konzil konnte auch zu Ende geführt werden. Der Papst ließ sogleich den Generalvikar der Gesellschaft Jesu rufen, um den außerordentlichen Dienst, den Kanis der Kirche dadurch geleistet hat, rühmend anzuerkennen. Was half aber das Konzil, wenn die deutschen Fürsten dessen Beschlüsse nicht annahmen? Der sei. Hanisius. Es war eine große Frage, wer am geeignetsten sei, dieselben zur Annahme umzustimmen. Der Papst jedoch fand den rechten Manni sein Blick fiel auf Kanis. War es doch Kanis, der mit den Fürsten im regsten Verkehr stand. An ihm hatten sie in den schwierigsten Angelegenheiten einen klarblickenden, offenen Ratgeber, wo es not tat, einen entschiedenen Mahner. Und getraute er sich etivas dem Kaiser oder dem Herzog von Bayern, den wichtigsten Stützen der Kirche in jener Zeit nicht persönlich zu sagen, so brachte er es durch Kardinal Truchseß an sie. Den geistlichen Fürsten aber sagte Kanis die Wahrheit immer ganz entschieden. Auch ist es seinem gewichtigen Worte zuzuschreiben, daß Papst Gregor XIII. nach dein Mißlingen des Türkenunternehmens der Hebung der katholischen Kollegien und besonders des Kollegium Germanicum sein Hauptaugenmerk zuwendete. Selbst im höchsten Senate der Kirche nannte man in den Angelegenheiten, die Deutschland betrafen, den Namen Kanisius mit unbedingtem Vertrauen. So glückte ihm auch diese Sendung, soweit er sie ausführen konnte. Denn als der Papst starb, erlosch auch für Kanis die Sendung. Der folgende Papst wollte sie zwar erneuern, Kanis gelang cs aber, derselben zu entkommen. Die theologischen Wortführer der Neugläubigen wollten natürlich die Konzilsbeschlüsse nicht anerkennen. Sie gerieten aber mit ihrem Lehrgezänke in heillose Verwirrung. Daher versammelte sich in Magdeburg ein Bund von solchen Gelehrten, um im Vereine ein großes Geschichtswerk herauszugeben. Dasselbe sollte das von Anfang an stets wachsende Verderben der Kirche nachweisen und so ihre Lehre als die reine erscheinen lassen. Das Werk war nicht ohne ein gewisses Aufgebot von Wissenschaft geschrieben, dabei aber voll leidenschaftlicher Entstellung und Schmähungen und voll der albernsten Fabeln. Es erregte großes Aufsehen und drohte viel zu schaden. Daher wünschte Papst Pius V., diese Angriffe sollten zurückgewiesen werden. Wiederum fiel der Blick des hl. Vaters auf Kanis. Dieser hatte sich schon vom Anfang an nebenbei mit der Schriftstellerei befaßt; so manche praktische, zeitgemäße Broschüre ging aus seiner Hand hervor; er schrieb zumeist für das Volk. Auch diesmal machte er sich gleich an die Arbeit. In 3 Bänden wollte er die Fälschungen der „Magdeburger Zen-turiatoren", wie sich jene Gelehrten nannten, nachweisen. Der erste handelt von der Person des hl. Johannes des Täufers, der zweite von der aller-seligsten Jungfrau Maria. Beide Werke wurden mit großem Beifall aufgenommen. Kardinal Hosius meinte sogar, „noch nie habe jemand Maria mehr verherrlicht". Das dritte Buch sollte über den hl. Petrus, den Grundstein der Kirche, handeln. Kanis hatte sich gerade recht in dasselbe hineingearbeitet, — er wohnte damals als Prediger in Innsbruck — als der Befehl kam, er solle das Werk lassen und sich der Seelsorge widmen. Das Opfer war schwer, aber ans Opfer war Kanisius immer gefaßt! Bald darauf (Sommer 1580) rief ihn der Gehorsam nach Freiburg in der Schweiz, wo seiner eine schwere Arbeit harrte. Wie überall begann er auch hier mit Predigten und Christenlehren, besuchte die Spitäler und Gefängnisse und suchte besonders die Kinder und die studierende Jugend an sich zu ziehen. Auch errichtete er nach und nach mehrere marianische Kongregationen, die in kurzem recht erfreuliche Früchte brachten. So sah er bald sein apostolisches Wirken durch einen mächtigen Aufschwung des religiösen Lebens unter der Bevölkerung reich gelohnt. Immer mehr jedoch begannen ihn Krankheiten und Schwächen heimzusuchen. Er war zum gebückten Greis geworden, der mühsam auf seinen Stab gestützt dem Grabe entgegenwankt. Einmal noch sollte Kanis ganz als der apostolische Mann in den Vordergrund treten. Er setzte es nämlich durch, daß die gesamte Bürgerschaft der Stadt unter großer Feierlichkeit für sich und ihre Nachkommen das Gelöbnis ablegte, unverbrüchlich an der katholischen Kirche festzuhalten. Es war eine großartige und hinreißende katholische Kundgebung. Damit noch nicht zufrieden, durcheilte der greise Priester alle 80 Ortschaften des Kantons und bewog sie, dem schönen Beispiel der Stadt zu folgen. Im Frühjahr 1597 bezog Kanis das Krankenzimmer. Er hatte an einer schmerzlichen Wassersucht viel zu leiden. Der Greis nahm aber alles, was mit ihm geschah, mit Geduld und Ergebung hin und mit derselben Ruhe und Ergebung entschlief er am 21. Dezember 1597. Auf die Kunde vom Hinscheiden des ehrwürdigen Paters eilte das Volk in Scharen herbei. Es ehrte ihn unzweideutig als einen Auserwählten Gottes. Sein Grab in Freiburg verherrlichte Gott durch Wunder. Schon nach 25 Jahren begannen die Voruntersuchungen in Betreff der Seligsprechung, die im Jahr 1864 feierlich vollzogen wurde. Ein Dreifaches verehren wir im seligen Kanisius: einen heiligen Apostel Deutschlands. Ja, Kanis war fürwahr ein Apostel. Unermüdlich war er in seinen Arbeiten und im Streben, alles st r e n g katholisch zu machen. Rast und Ruhe schien er nicht zu kennen. 56 große Reisen hatte er unter nommen; siebenmal war er im Dienste der Kirche nach Rom, zweimal nach Trient gepilgert. Und die einzige Begünstigung, die er sich in den alten Tagen erbat, war die, daß er täglich einige Stunden mehr betn Gebete widmen durfte. Da machte er daun immer, auf seinen Stab gestützt, eine kleine Wallfahrt zu einer nahegelegenen Liebfrauenkapelle und schön war es zu sehen, wie ihm da die Mütter ihre Kleinen brachten, auf daß er sie segne. Kanis war aber auch ein heiliger Apostel: Sein ganzes Denken und Streben war geleitet vom glühendsten Seeleneifer. Wie kindlich war sein Gehorsam, wie heroisch sein Opfermut! P. Salmeron, dem er sich als einen „groben, ungeschlachten, schwerfälligen Deutschen" vorgestellt hatte, nannte ihn vielmehr einen „wahren Germanen, einen Mann vom Scheitel bis zur Ferse mit vollendeter Tapferkeit ausgerüstet." Ein anderer schöner Zug an Kanis ist seine Liebe zu den Heiligen Gottes, besonders zur jungfräulichen Goitesmutter. Dafür hatte er aber auch das besondere Glück, mitten unter Heiligen zu leben. Kanisius ging bei Heiligen in die Schule, arbeitete Hand in Hand mit Heiligen nnb ist Führer geworden auf dem Heilswege für Heilige. Der selige Faber nimmt ihn in die Gesellschaft Jesu auf; der hl. Ignatius führt ihn weiter in den Geist ein und bürdet ihm später das Pro-vinzialat auf, das ihm später wieder ein Heiliger, der hl. Franz Borgias abnimmt. So manches hat Kanis mit dem hl. Papst Pius V. in Rom zu tun, wo er im letzten Jahre auch mit dem liebenswürdigen Apostel der Stadt, dem hl. Philipp Neri Bekanntschaft macht. So denn auch ganz natürlich mit dessen Schüler, dem heiligmäßigen Kardinal Baronius. Ferner sehen wir Kanis in regem Briefwechsel mit dem hl. Kardinal Karl Borro-mäus und dem hl. Bischof Franz v. Sales. Kauisius wiederum ist es, der den Beruf des jugendlichen hl. Stanislaus Kostka prüft und diesen nach Rom sendet, wo er ein Jahr darauf auch bei dessen erbaulichem Tode weilt. Einem Auszuge des Katechismus fügte Kauis heilsame Belehrungen bei. Durch dieses und ein ähnliches Buch nun fühlt sich der junge Markgraf von Caftiglione mächtig angeregt, in die Gesellschaft Jesu einzutreten; er folgt dem Ruf und wir verehren ihn jetzt als unseren hl. Aloisius v. Gonzaga. So lebte und wirkte Kauisius und dies alles für Deutschland. Es wird schwer sein, es gebührend zu schätzen, was Kanis, „der Apostel Deutfchlands, der Hammer der Ketzer", wie ihn die Kirche nennt, für sein deutsches Vaterland getan, sowohl durch seinen Einfluß bei den Großen der Länder, als insbesondere durch sein Einwirken auf das gewöhnliche Volk. Kanisius war eben mit Herz und Sinn „ein Manu des Volkes". Die Dienstboten, die Landleute, die Kinder, die Taglöhuer und Arbeiter, das waren die Bevorzugten seines apostolischen Wirkens. Dem Volke vor allem hat er wieder katholischen Sinn eingeflößt. Er liebte dieses Volk und rieb sich in seinem Dienste auf. Und gerade dadurch hat er zum guten Teil die katholische Sache in den Teilen Deutschlands, wo er wirkte, gerettet. Und seien wir versichert, was Kauisius einst beim hl. Stuhle und seinen Obern war, das wird er auch jetzt in diesen trüben Zeiten beim Throne Gottes sein, der A n iv a l t der Deutschen. Mission unö Kultur. uchet vor allem das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, das übrige wird euch dann zugegeben werden. Dies ist der leitende Gedanke bei der Ausführung des christlichen Missionsprogrammes. Hat nun diese Mission überhaupt Beziehung zur Kunst, — wir fassen hier besonders die bildende ins Auge — so muß auch ihr günstiger oder nachteiliger Einfluß auf dieselbe nachzuweisen sein. Klar scheint wenigstens soviel zu sein, daß das Wirken der ersten Missionäre sich bei dem (Fortsetzung.) damaligen Stand der Dinge besonders gegen die Kunst hätte richten müssen, wenn eben der von ihnen der Welt verkündete Geist an und für sich mit den Forderungen der Kunst im Widerstreite läge. Wenn aber das gegenseitige Band von Mission und Kunst nur schlaff und locker oder völlig lofe verknüpft gewesen wäre, so möchten sich auch später nicht so leicht engere Beziehungen herausgebildet haben. Da aber die Kirchen- und Welt-Geschichte den Beweis erbringt, daß die Entwicklung der Kunst mit der des religiös- 280 Mission und Stotin-. gläubigen Bewußtseins der Völker Hand in Hand geht, so liegt offenbar hier der Schluß nahe, daß zwischen beiden nicht nur ein rein äußerlicher sondern auch notwendiger innerer Wechselvcrband vorhanden sein muß. Die heidnische Kunst kann hier trotz ihrer formellen Vollendung wenig in Betracht kommen, brachen doch die edelsten Geister des Altertums selbst über ihr den Stab. Dem wahren Christentum kann man allerdings nicht zur Last legen, daß es durch seine Kunst den Menschen in den Kot gezogen habe, dafür wurde ihm aber schon oft eine feindselige Stellung gegen die Kunst zugeschrieben. Ist dieser Vorwurf begründet? Haben die Apostel und alle die. anderen Missionäre, welche in kulturlosen Ländern das Reich Jesu Christi verkündet, haben, der Kunstentwicklung einen Hemmschuh angelegt oder den im Volke ruhenden Kunstsinn geweckt und gefördert? Theoretische Aufstellungen helfen uns wenig. Man muß auch den Weg der Geschichte gehen. Wir haben, wie angedeutet, so gute Mittel, uns darüber zu vergewissern. Wir suchen uns klar zu werden über das Verhältnis der ersten Christen, die in kultivierten Ländern lebten, wo die Kunst ihre höchste Entfaltung erreicht hatte. Wir forschen nach dem Bestreben der Missionäre bei so genannten wilden Völkern, die von Kunstwerken überhaupt. noch nichts besaßen. Für den ersten Fall wählen wir Rom und Griechenland, für den zweiten unser eigenes Vaterland. Schon der alte griechische Philosoph Plato hat den notwendigen Zusammenhang der Wahrheit, Güte und Schönheit ausreichend klargelcgt. „Das Schöne", sagt er, „ist nur der Glanz des Wahren und Guten." Wir haben in der Skizze über Mission und Wissenschaft gesagt, bei wem die Wahrheit in ihrem ganzen Umfang zu finden ist. Wir dürften daher jetzt schon schließen, daß die Apostel und Missionäre jener einzigartigen Anstalt den inneren Trieb nach dem Genuß der Schönheit nicht verdammen konnten. Freilich wer in der Kunst lediglich die Nachahmung der Natur sieht, insbesondere jener, deren eigentliches Wesen man mit der vornehm klingenden Phrase einer „gesunden Sinnlichkeit" verschleiern möchte, das Christentum nur dagegen als jene Macht kennt welche mit der Lehre der irdischen Vergänglichkeit und dem Gebote der Ab-tödtung der Natur den Krieg erklärt, der wird sich leicht einen unlösbaren Widerspruch herausdüftelnkönnen. Aber die Kunst ist eben mehr als Sklavenarbeit und Jesus Christus mehr als ein Sattia-Muni. Der Künstler will ein Ideal verwirklichen, er will die Unendlichkeit mit der Endlichkeit versöhnen, indem er in dieser den Schimmer des Göttlichen durchleuchten läßt. Der Christ soll allerdings der Natur absterben, aber dabei nicht die Weisheit des Lebens vergessen, denn der Natur absterben heißt nicht die Natur vernichten, sondern vernünftig gebrauchen.. Sich abtödten heißt nicht einen geistigen Selbstmord verüben, sondern alle Triebe dcS Herzens unter die Leitung der Vernunft stellen. Es ist also geradezu töricht, in diesem Punkte einen Gegensatz zwischen Kunst und Christentum finden zu wollen. Im Gegenteil. Gerade hierin liegt der tiefste Grund, warum die Kunst des Christentums am nächsten ihrem Ziele kam. Oder sagen wir lieber und richtiger die katholische Kunst, denn die reformatorische Lehre über die Erbsünde muß in ihren Forderungen auch alle wissenschaftlichen und künstlerischen Bestrebungen als Teufelswerk verdammen. Daß dies Gott Lob nicht immer geschehen ist, haben wir ihrer inneren Prinzipienlosigkeit zu verdanken. „Die Lehre der alten Kirche über den Urzustand des Menschen, über den Sündenfall und dessen Folgen konnten niemals zu ähnlichen Vorstellungen führen. So lehrt die Kirche, daß die Erbsünde das Ebenbild des Schöpfers in der Kreatur geschädigt und verdunkelt hat- sie hielt aber andererseits stets daran fest, daß auch dem Gefallenen die Anlage zum Guten und zum Göttlichen geblieben und Gottes Ebenbild im Menschengeiste keineswegs völlig zerstört worden sei!') Die Ausbildung derselben in Kunst und Wissenschaft hatte darum ihren Platz im Rahmen des kirchlichen Dogmas. Was die Natur Gutes und Edles in den Herzen der Menschen bietet, was sie glänzendes und ideales in seinen Geist hineingelegt hat, das braucht nicht im Namen des christlichen Gesetzes niedergedrückt, verkümmert, geschwächt werden. Der Satz des großen scholastischen Lehrers, daß die Gnade die Natur nicht aufhebe, sondern erhebe und vollende (gratia non destruit naturam, sed ele-vat et perficit) ist die Überzeugung der gesamten alten Kirche und derjenigen des Katholizismus bis auf den heutigen Tag. DaS ist der eigentliche und tiefste Grund, weshalb der Katholizismus auch ein positives Verhältnis zur bildenden Kunst haben kann, was dem Protestantismus, solange er der alte Sym-bolikgläubige blieb, nicht möglich war; erst dem durch Lessing begründeten, die Fesseln der symbolikgläubigen Theologie zersprengenden modernen Protestantismus war es gegeben, das „christliche Kunstwerk als etwas aus dem Geiste der Kirche notwendig hervorgehendes" *) Es sei an dieser Stelle mit Nachdruck auch auf die Lehre großer katholischer Lehrer der Theologie aufmerksam gemacht, welche besagt, daß die Sünden den Menschen zwar seiner übernatürlichen Gaben beraubt und seiner Natur tiefe Wunden ge.chlageu haben, damit abernoch lauge nicht behauptet werden wolle, es sei seine Natiir in sich selber zum Guten schwächer geworden, als sie es vor dem Sündenfalle gewesen. Hingewiesen sei nur auf Bcllarmin de gratia primi hominis c. 5. Anmerkung des Verfassers. Mission und Kultur. 281 (Otte) zu erkennen. Der moderne Protestantismus hat sich dadurch ohne cs zu wollen, der katholischen Auffassung ebenso genähert, ivie darin, daß er fast in allen seinen wissenschaftlichen Vertretern die Solafides-lehre seiner Begründer verlassen hat. (Kraus, Kunstgeschichte I. 60.) Noch auf einen Umstand ließe sich hier hinweisen. Man hat schon oft geglaubt, das Christentum als die Religion der Weiblichkeit charakterisieren zu sollen (Lecky, Vischer), weil es nicht nur eine Lehre für Verstand und Vernunft, sondert: vor allein für den Willen und das Herz ist. Wird die „echte Weiblichkeit" mit ihrer leuchtenden Seite des empfänglichen und fühlenden Gemütes nicht einseitig verstanden, so kann sich auch der Katholik eine solche Ansicht ganz gut gefallen lassen. Für uns zuinal hat es dann hier nochfden Vorteil, eine Eigenschaft der Kunst anzudeuten. Die Kunst und nämlich weniger zum Verstände sprechen als zum Herzen; Der hl. magnus stiftet die Abtei Füssen. (Fest am 6. Sept.) sucht, auf das Gemüt zu wirken und die geschaute Wahrheit dort festzuhalten, sie strebt darnach, den Menschen auch als Menschen zu behandeln, d. h. weil er nun einmal ein sinnliches Wesen ist, auch diese seine Sinne zu einem solchen Zwecke zu gebrauchen. Vernünftigerweise konnte nun vom Standpunkt der rein weltlichen Kunst, die doch fast ganz in reizende Form aufgegangen ist, nur der Vorwurf gegen die Kirche erhoben werden, daß sic die Bedeutung des sinnlichen für die Vollendung der sittlichen und religiösen Aufgabe des Menschen nicht erfaßt, und darum auch diese Seite der Kunst weniger berücksichtigt habe. Allein dieser Vorwurf darf sich angesichts der glänzenden Ausstattung der Kirche, der großartigen Feier der Liturgie und des ganzen prachtvollen Kultus der katholischen Religion überhaupt nicht ans Licht wagen. Im Gegenteil. Die Gegner der Kirche verkleiden sich in Engel des Lichtes und jammern nun über die schrankenlose Ausdehnung der Kunst innerhalb der Religion. „Die salbungsvollsten Seufzer über die Sinnlichkeit und Verweltlichung, welcher das Christentum unter den Händen der Kirche unterlegen sein soll, wechseln mit biblischklingenden Kraftsprüchen über den Geist des Mittelalters, der sich angeblich Gottes Fluch selber aufgeladen, weil er Fleisch zn seinem Arme gemacht." (Weiß, Apologie III. 814.) Nach all diesen Andeutungen kann aber jedenfalls die Annahme der Reformatoren, cs habe zwischen Kunst und Religion ein unversöhnlicher Haß statt, als völlig unhaltbar erscheinen, vielmehr muß selbst der ungläubige Philosoph Schelling' bekennen: „Der innige Bund, welcher Kunst und Religion vereint, die gänzliche Unmöglichkeit einerseits der ersten eine andere der Religion und poetische Welt als innerhalb durch die Religion zu geben, die Unmöglichkeit auf der anderen Seite, die letztere zu einer wahrhaft objektiven Erscheinung anders als durch die Kunst zu bringen, machen die wissenschaftliche Erkenntnis derselben im echt Religiösen auch schon in dieser Beziehung zur Notwendigkeit." Indeß haben sich im Schoße der Kirche von Ter-tulliau angefangen bis herauf zu Alban Stolz verschiedene Stimmen erhoben, welche eine mehr oder weniger günstige Stellung zur Kunst bekunden. Vor-nehmlich aber waren es die Äußerungen der frühesten Kirchenschriftsteller, die man aufgegriffen hat, um das bekannte Sprichwort des Kunst Hasses der ersten Christen zu erhärten. Ließe sich das beweisen, dann 282 Mission und Kultur. könnte man allerdings die großartige Pflege der Kunst auf dem Boden der Kirche als einen Abfall von der ursprünglichen Idee ansehen, dann könnte man allerdings schließen, daß die ersten christlichen Missionäre den Samen zu diesem Kunsthaß ausgestreut hätten. In Wirklichkeit lehrt jedoch die Geschichte das gerade Gegenteil. Kraus hat diesen Beweis in seiner meisterhaften Kunstgeschichte unanfechtbar gebracht. Ec zeigt, wie wenig cs mit den Aussetzungen eines Tertullian, Eusebius, Epiphanius, Asterius, Nilus und Augustinus auf sich hat; er zeigt, wie gerade diese Äußerungen die ausgedehnte Verwendung von Kunstgegenständen bei den ersten Christen voraussetzen. Er zeigt, wie anderseits die ersten Christen auch nicht planlos aus dem Heidentum die Kunst heMernahmen, sondern ihr nur eine vernünftige Anwendung zur Verehrung des allein wahren Gottes einräumten. Anderseits glaubte er aber schließen zu dürfen, „daß für die Christen der ältesten Zeit durchaus kein Grund vorlag, ihre Wohnungen, ihren Hausrat, ihren Schmuck, ihre Gräber nicht in derselben Weise künstlerisch auszugestalten und zu zieren, ivie sie das von Hause aus gewohnt waren und wie uns das die Reste römischen Altertums in Anlagen zeigen, welche der Entstehungszeit der ältesten Katakomben nahestehen: in den Ruinen von Pompeji und Herkulannm, in denjenigen der palatinischen Gärten, der Cestiuspyramioe, den Gräbern der Via Latina it. s. to. Die einzigen Rücksichten, welche sic hierbei leiten konnten und mußten, das waren einerseits die Fernhaltung all jener Darstellungen, welche mit der Lehre der Kirche und den guten Sitten der Gemeinde unvereinbar waren, und anderseits die Notwendigkeit in den dem Besucher der profanen heidnischen Bevölkerung und vielleicht auch der Inspektion des Pontifices und der Polizei hauptsächlich ausgesetzten Lokalitäten Bilder von positiv christlichem Inhalte zu vermeiden. Dementsprechend sehen wir z B. in dem Coemeterium der hl. Dontitilla die der Straße zugekehrte mit) Allen zugängliche Eingangshalle mit einer dekorativen Malerei versehen, welche sich in nichts von derjenigen profaner Gräber an der Via Latina unterscheidet; die Weinranken welche hier die Wände schmückten, konnten höchstens den Eingeweihten etwas mehr andeuten. Geht man aber aus diesem Vestibulum in die zu dem Innern der Nekropole führenden Gänge, so stößt man sofort auf Daniel zwischen den Löwen und andere symbolische Scenen, welche nur den Christen eigen waren. Man sieht aus dieser höchst lehrreichen Disposition, wie sich die christliche Kunst in ihrem frühesten Stadium entwickelt hat. Das dekorative System wird einfach so übernommen, wie man cs in ganz Rom gewohnt ivar. Sofort geht man aber da, wo es ohne große Gefahr geschehen kann, zu biblisch -symbolischen Darstellungen über, welche als die früheste Inkarnation des christlichen Geistes auf dem Gebiete der Kunst zu betrachten sind. Einige dieser Allegorien haben einen sepnlkralen Charakter, d. h. sie beziehen sich auf die Gedanken, welche diese Stätten des Todes und des Grabes nahelegen; andere dienen den einzelnen wie der Gemeinde als Aufmunterung und Erhebung im Kampfe dieses Lebens und unter dem Druck der Verfolgung; es treten allmählich Scenen hinzu, welche gewisse Lesestücke der Liturgi illustrieren. All diese Darstellungen sind zunächst rein symbolischallegorischen Charakters. Erst gegen Mitte des 3. Jahrhunderts scheinen biblische Scenen nach ihrem historischen Charakter aufgefaßt, und selbst Scenen aus der Geschichte der Kirche aufzukommen. Noch später erscheinen die ikonographischen Sujets. Mit dem Siege Konstantins und der Freigebnng der Kirche entfallen zum großen Teil die Gründe, welche dieser die Ar-candisciplin und ihrer Kunst den vorwaltend symbolischer Charakter aufgedrückt haben; die Darstellungen nehmen jetzt einen spezifisch historischen Charakter an, sie meinen das eigentlich, was sie vorstellen, und seit Ende des 4. Jahrhunderts entwickeln sich allmühlig die großen Bildercyklen, welche wie aufgeschlagene Bilder jenem Zweck der Erbauung und Belehrung dienen, welcher übrigens, wenn auch weniger klar heraustretend, zu keiner Zeit auch den vorkonstan-tinischen Katakomben gefehlt hat. Zu den Typen, welche die ersten Jahrhunderte geschaffen, treten neue Hinzu, der Bilderkreis erweitert sich zwischen dem 4. und 6. Jahrhundert wesentlich und gestaltet sich zu jener Grundlage christlicher Ikonographie, von der sich das Mittelalter nieinals gänzlich entfernt hat." Um diesen Forderungen auszuweichen, ließe sich allenfalls noch der Einwand erheben, die ersten Christen hätten eben nur mechanisch die heidnische Kunst in der neuen Religion mit herübergenommen unter Fort-lassung alles ihrem Religionssystem widersprechenden. Allein dem steht einmal die erwiesene Selbständigkeit auch der frühesten christlichen Künstler entgegen, sodann die Tatsache, daß ein leerer Mechanismus sich niemals zu einem lebensvollen Organismus hätte entfalten können, wie er (namentlich) in der späteren nationalen Kunst beS romanischen und gothischen Baustiles zutage trat. Vor allem aber wäre es rein undenkbar, wie die Mönche, welche in der ersten Hälfte des Mittelalters als Missionäre die kulturlosen Wälder unserer nordischen Heimat durchzogen, eine solche Sorgfalt und Mühe auf die Herstellung von Kunstgegenständen aller Art verwandten, wenn sie in der Kunst nicht eine große Förderin und Bundesgenossin ihrer religiösen Bestrebungen gesehen hätten. Mission und Kultur. 283 Es ist zwar im großen und ganzen richtig, daß der kräftige, lebensvolle und saftreiche Wildling, Germane genannt, der rechte Stack war, bem der göttliche Keim für die edelsten Früchte eingeimpft werden konnte!"(Arndt) Aber daß dieser neugepslanzte Stock selbständige, seinem innersten Mark entsprossene Blüten und Früchte künstlerischer Natur zu treiben vermochte, dazu bedurfte es jahrhundertelanger Vorbereitung. Die Jahre der Kindheit müssen vorüber sein, ehe unsere. Phantasie auf dem Gebiete des Schönen selbstständig zu schaffen und zu .gestalten im Stande ist." (Kraus.) Es liegt auf der Hand, daß diese Vorbereitung ein hartes Stück Arbeit erforderte. Man muß an die Vandalen, Gothen, Franken, Langobarden, Bavaren, Sachsen und die Horden eines Hengist und Horsa denken, um sich eine Vorstellung von diesen „Wildlingen" machen zu können. Und doch, kaum sind wenige Jahrhunderte vorüber, so marschieren — wenn es erlaubt ist, einen bekannten Ausdruck zu gebrauchen, — diese Germanen an der Spitze der Zivilisation Europas. Und iver hat diese Umwandlung vollzogen? Rom war es, das vielg eschm tthte Rom der Päpste. Wir sehen hier gänzlich ab von dem Umschwung der bei den Germanen links des Rheines und jenseits der Alpen vor sich gegangen ist, aber drüben in England erhielten jene wilden Angelsachsen, die nachmals Deutschland missionierten, ebenfalls von Rom aus Kultur und Kunst. Und wie wunderbar einten sich hier Glaube und Poesie, Religion und Kunst. „Das junge Volk der Angelsachsen hatte das Geheimnis des Kreuzes in sich aufgenommen, seine Phantasie ward davon rasch befruchtet, und sofort ergießt sich ein weites, doppeltes Rom poetischen Schaffens: den einen sehen wir in Kädmonsft Dichtung, den andern in dem plastischen Werke dessen, der das Ruth-wallft Kreuz auf die Höhen Northumbriens hingestellt hat." Freilich stand diese Kunst noch lange nicht auf der Sonnenhöhe; aber sie war, was sie damals überhaupt sein konnte. Und als die Missionäre der neubekehrten „Insel der Heiligen" in die dunklen Wälder des eigentlichen Germaniens das Siegeszeichen der Religion Jesu Christi trugen, sproßten auch hier unter ihren Füßen die lieblichen Blumen der Kunst hervor?) Wenn die Kunst, die wir eben kurz berührt, als Ausdruck einer idealen Schönheit, als Vermählung zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit an und für sich ft $rr erst- christliche Dichter des germanischen Volkes. ft Ein großes Feldkreuz, auf welchem Kädmons Ode in Runenschrift eingemeißelt ist. ft Wir haben schon zu verschiedeneumaleu darauf hingewiesen. Erinnert sei nur an den hl. Bonifazius, Gründung des Klosters „Fulda", I schon in einem innigen Verhältnis zur Religion steht, so müßte sich diese Eigenschaft bei diesen deutschen Missionären umsomehr offenbaren, da sie fast ausnahmslos dem Benediktinerorden angehörten. „Die Regel des hl. Benedikt spricht schon in ihrem 57. Kapitel von Künstlern im Orden, denen sie das Gebot äußerster Bescheidenheit und Selbstlosigkeit auferlegt. Die Stelle ist von der größten Wichtigkeit, weil sie die frühzeitige Beziehung des Ordens zur Kunstivelt bezeugt. Bald nach Benedikt sehen ivir Cnssiodor, den man fast den zweiten Begründer des Benediktinerordens nennen könnte, ohne daß er ihm selbst angehörte, in den oon ihm angelegten kalabrischen Klöstern Ateliers für das Kopieren und Ausmalen der Handschriften und.für Maler einrichten. Von da ab beginnt die unabsehbare Reihe von Kalligraphen, Illuminatoren, Malern, Sculptoren und Architekten, welche der Orden stellte, und deren Genie und Fleiß nicht blos dieser, sondern alle Kreise der Gesellschaft vom 7.—12. Jahrhundert den größten Teil ihres Kunstbesitzes danken. Die großen Zentren benedik-tinischen Lebens in Italien, Montccassino, im alle-manischen Gebiete St. Gallen und Reichenau, später Hirsau und Fulda, in Frankreich Cluny, in England Pork, Canterbury it. s. s. wuchsen auf zu Mittelpunkten der Kunst. Aber der Mönch arbeitete nicht bloß mit dem Kopf, auch seine Hand war im Dienste der Kunst mit unermüdlicher Aufopferung tätig. Der Mönch schuf den Plan eines Werkes, aber er führte ihn auch mit eigener Hand aus. Psalmen singend besorgte er die mühsamsten und herbsten Arbeiten und legte sein Werkzeug nur nieder um zum Altar zu treten, oder an dem Offizium des Chores teilzunehmen. Die vornehmsten Personen des Ordens, selbst die fürstlichen Äbte scheuten sich nicht, Steine herbeizuschleppen und Blöcke zu behauen. Als das Kloster zu Bcc 1033 erbaut wurde, welches der Kirche den Vater der Scholastik schenken sollte, trug der Gründer und Abt Hcrlnin Sand und Mörtel herbei wie der geringste Maurergeselle. Der reiche und vornehme Kanonikus von Lüttich, Hezelo ward Mönch in Cluny, um bei der von Hugo begründeten großen Kirche der Abtei Cömentarius — als Maurermeister zu arbeiten. Der Graf Friedrich von Verdun, welcher Mönch in S.-Vannes geworden war, grub um 1000 die Fundamente des neuen Schlafhanses mit eigenen Händen aus. Dabei ist die Mannigfaltigkeit der Talente und der Ausbildung bewundernswert, welche vielen Künstlern unter diesen Mönchen nachzurühmen war. Von Tutilo van St. Gallen meldet Ekkehard, er sei als Maler, Bildhauer, Baumeister, dabei als Grammatiker, Dichter und Lehrer ausgezeichnet gewesen. Der Abt Mannins von Evensham in England wird ebenso als Maler, 284 Mission und Kultur. Musiker, Kalligraph und Goldschmied gerühmt. Fulco, der Präzentor im St. Hubertskloster in den Ardennen, war Architekt und Miniaturmaler, und cs wird ausdrücklich von ihm hervorgehoben, daß er sich ebenso auf die Kunst des Steinmetzen, als auf die des Zimmermanns verstand. Unser alamannischer Chronist, Herman der Lahme auf der Reichenau, glänzte nicht bloß als Schriftsteller, Dichter, Musiker, er kannte auch die Astronomie und Mechanik, die Fabrikation der musikalischen Instrumente und der Uhren, und fand dazwischen Zeit zu freundschaftlicher Korrespondenz (ad arnicas suas quasdam sanctimoniales feminas). Von der Tätigkeit Bernwards, der vom Mönch zum Bischof von Hildesheim emporstieg, reden noch heute die Denkmäler. Thiemon, Mönch von Altaich, und später Erzbischof von Salzburg, der in Palästina als Märtyrer starb, konnte seinen Peinigern auf die Frage nach seinem Stande mit Fug und Recht sagen, er sei Architekt, Goldschmied und Maler. In der Antwort liegt das stolze Bewußtsein, daß auch der Künstler neben und in dem Kirchenfürsten seinen Wert habe. Wir werden den Künstlern in der Klosterzelle noch 'manchmal begegnen und noch mehr als einmal Gelegenheit haben, an den innigen Bund zu erinnern, in welchem der Orden des hl. Benediktus mit der bildenden Kunst stand. Es gilt das gleiche von der tönenden.Kunst, von Gesang und Musik: von beiden gilt, was ein Schriftsteller des Mittelalters speziell von letzterer gesagt hat: dulcis cantilena divini Cultus, quae corda fidelium mitigat ac laetificat. In jenen langen Jahrhunderten barbarischer Roheit, welche auf den Untergang des römischen Reiches im Abcndlande folgten und welche die Wiederherstellung gesitteter Zustände vorausgingen, hat die Kunst in den Händen der Benediktiner eine unsäglich segensreiche Mission vollbracht. Die Vorsehung hatte freilich das Schicksal der Welt in die Herrschaft einer künstlerisch überaus reich angelegten Rasse gelegt; aber daß der Kunstbetrieb der Germanen geweckt, daß ihm der Darstellung würdige Ideale zugeführt, daß ihm, was Form und Typen anging, das Erbe der Antike als erste Vorschule künftiger Selbsttätigkeit vermittelt wurde, das dankt der Norden dem Benediktiner-Orden. Und als das Erbe der Benediktiner teilweise in andere Hände überging, als sich mit und neben ihnen zahlreiche Arbeiter an dem großen Kulturwerk der deutschen Nation erhoben, waren es lange noch nicht die Laien, welche Kunst und Wissenschaft pflegten, sondern die Vertreter der Kirchen. Die Bischöfe bauten die herrlichen Dome, die Pfaffen, — o nannte man damals die Geistlichen — brachten damals die Dichtkunst zur Blüte. Und wenn wir heute im 20. Jahrhundert alle jene unsterblichen Kunstwerke fragen, wessen Kind und Geistes sic sind, so blicken sie uns fast mitleidig an, als ob sie uns sagen wollten, „wie kann man denn überhaupt so etwas fragen? Wißt ihr denn nicht, wer überall und allezeit das Hohe, Edle und Schöne gefördert hat? Ja wer anders als das Christentum hat uns in das Dasein gerufen, aber nicht jenes Christentum der Montanisten und Arianer, nicht jenes Christentum der großen revolutionären „Los-von-Rom-Bewegung" des 16. Jahrhunderts, welches jede ästhetische Ausbildung als reines Teufclswerk brandmarkte, nicht das Christentum der neuesten Zeit, welches Glaube und Sittlichkeit, Sittlichkeit und Kunst auseinanderreißt: nein, ein solches Christentum hat uns nicht geschaffen, wir sind hervorgegangen aus dem katholischen Christentum, unsere Lebensquelle sprudelt in Rom!" In der Tat, wenn man die Geschichte nimmt, wie sie in Wirklichkeit verlaufen ist, so führt uns der Weg der Kunst, geradeso wie jen er de r Wissens ch aft ultra monies n ach Rom. Schon in der Edda heißt es: So singt der Skalde Skapti Thoroddson: „Die Macht des Herrn der Mönche ist groß, Der mächtige Christ schuf die ganze Welt Und baute Roms Halle." Und so singt der Skalde Eilif Gudrunarson: „Sie sagen, daß Christ seinen Sitz habe Gegen Süden bei Urds Brunnen. Sa befestigte der König Roms sein Reich. Mächtige Gewalt übend gegen die Bcrggötter." Und diese Bedeutung Roms macht sich bei den germanischen Stämmen in allen Zweigen des Lebens kund. Man möchte fast sagen, es war der „germanische Instinkt", welcher diese gemütstiefen und geistig hochvcranlagten Völker ahnen ließ, daß nur in der lebendigen Verbindung mit Rom Glück und Segen zu hoffen sei. Mochte auch die Politik rufen: Los von Rom! Die ganze Kultur protestierte gegen diesen Protest. Die Wissenschaft, die Gelehrsamkeit, die Literatur, die Geschichte, die Philologie, die Naturwissenschaften, vor allem die Künste, Architektur, Malerei und Plastik, Musik und Theater ließen sich nicht vom Stamme römischer Kultur trennen (Kralik). Darum hat auch Winkelmann, der Begründer der Kunstgeschichte als gründlichster Kenner der antiken Kultur in logischer Konsequenz Katholik werden müssen, ja er erklärt daß alle Kunstschätze Roms ihn nicht mehr locken würden, wenn die freiheitliche päpstliche Herrschaft Mission und Suiti»1. 285 etwa einmal dem damals modernen Staatendespotismus weichen sollte." (Derselbe.) Noch auf eine andere Erscheinung ist hier kurz hinzuweisen. Jedevon den d cuts ch e n Völkern künftiglich ins Werk gesetzte Los-von-Nombewegung — angefangen von der zweideutigen Politik der stausischcn Kaiser undder sogenannten Reformation des 16. Jahrhunderts" bis in die neueste Zeit — hat nachweislich nicht nur eine elende Kleinst a at'erei und ein lächerliches Spießbürgertum, sondern a u ch ei n e o fs c n e V er a ch t u n g d e s d e u t s ch e n Volkstums und unverzeihliche Nachäffn n g d e s A u s l a n d e s zur Folge gehabt. Ein vernünftiger Mensch hat wenn auch nicht die Pflicht, so doch wenigstens das Recht, darüber nachzudenken. Wenn also unsere ganze Kultur von Rom ausgegangen und dafür tatsächlich auch zurückweist, warum sollte man,, bann dieses Verhältnis hauptsächlich auf Mutterhaus der Rongregation der Sohne des bist, Berxens Jesu in Uerona, dem Gebiete der Kunst leugnen, wo cs am augenscheinlichsten zutage tritt? So kommen wir denn hier zu demselben Ergebnis wie bei der Wissenschaft: Die katholische Religion und nur sie allein hat schon an und für sich als allein wahre Religion auch allein eine engste Verwandtschaft zur Kunst. „Hier ist der Bund des Schönen, Guten und Wahren so eng, daß man kaum scheiden kann, was den einen und den andern zugehört. Die ganze Liturgie der Kirche ist ein Gesamtwert des hl. Geistes, wo Poesie, Musik, Architektur, Malerei, Plastik und Kleinkunst durch das gesamte Licht der Wahrheit, durch das glühende Feuer der himmlischen Liebe zu einer unzertrennbaren Einheit verschmolzen sind. Der Gedanke, alles was Kunst und Poesie ist, aus der Kirche auszuschließen, kann schon deshalb nicht zu Ende gedacht werden, weil er schon gegen die feste Grundlage der Kirche, gegen die hl. Schrift gerichtet wäre" (Kralik). Es darf als Beweis der ganzen christlichen Geschichte gelten, wenn der Protestant Böhmer sagt: „Zu de» Blüten des Gartens (der Kirche) gehören auch die Kunstwerke, die heutzutage auch von solchen geschätzt werden, welche den Stamm vertilgen möchten, derbste trug, an den: sie haften, mit dem sie welken. Es ist der bunte Rock Josefs, den die Brüder beneiden, 286 Verschiedenes. dessen Träger sie binden und verkaufen, unbekümmert um die Verheißung, die an sein Haupt geknüpft ist." Es ist wichtig, daß es hier ausgesprochen werde, daß cs kein noch so hohes Ideal der Bildung gibt, das dem Katholizismus fremd ist. Es ist wichtig, hier zu konstatieren, daß das, was wir auf diesem Gebiet (der gesamten Kultur) anstreben, nicht etwas minderwürtiges, etwas bescheideueres i st, sondern im Gegenteil, das Hoch st e und Kühnste. Es ist wichtig zu betonen, daß uns das landläufige Wissen der Welt aus ihrer Kunstübung zu niedrig und armselig vorkommen muß, wenn wir es vergleichen mit dem, was der Katholizismus schon geleistet hat und aus Grund dieser Leistungen zu fordern berechtigt ist. Wir stehen nicht da, um die Bildung und Kultur anzugreifen, wir fordern vielmehr das, was bereits durch die Sorglosigkeit und Unwissenheit unberufener Hüter verstreut worden ist, wieder zurück. Wir verlangen, daß der Bau der Kultur, der seit den Zeiten der Pyramiden und griechischen Tempel in ununterbrochener Tradition gefördert wurde, nicht stille stehe, abgebrochen werde und zur Ruine zerfalle. Nicht als Bettler fordern wir Beachtung. Nein die ganze Welt muß es bestätigen: Wissenschaft und Katholizismus, Katholizismus und Kunst sind untrennbar e B e g r i f f e. Unser Gott, nur unser Gott ist der Gott der 2Biffenfc^aft; unsere Kirche ist der Tempel aller Künste; sie ist in jeder Beziehung das einzig mögliche gesamte Kunstwerk." (Kralik.) Derschieöenes. Der neue Rardinalpräfeut der Propaganda. Zum Nachfolger des verstorbenen Kardinals Ledochowski als Präfekten der Propaganda ernannte Se. Heiligkeit Papst Leo XIII. Seine Eminenz den Kardinal Girolamo Maria Gotta. s * * * Jius unserem mutterhause üerona. In unserem Mutterhause, dessen schönen Bau das Bild auf Seite 285 unsern Lesern vorführt und das zugleich der Sitz unseres Generalobern Hochwürdigen P. Angelo Colombaroli ist, fand am Sonntag 3. August eine erhebende Feier statt. Seine Excellenz der Hochwürdigste Monsignor Gandenzio Bonfiglio, Erzbischof von Cabasa, Apost. Vikar von Egypten und Apostolischer Delegat für die Orientalen, erteilte drei Klerikern unserer Kongregation die hl. Priesterweihe. Am vorhergehenden Sonntag, 27. Juli hatte ein Kleriker vom Hochwllrdigsten Fürstbischof in Trient die hl. Priesterweihe erhalten. So Gott will, wird das Mutterhaus im nächsten Jahre eine noch bedeutend größere Zahl von Neupriestern liefern. Unsere Leser sehen, daß das in letzter Nummer veröffentlichte Schreiben der Propaganda an unseren Generalobern über die hoffnungsreiche Entwicklung unserer Kongregation gerechtfertigt ist. Möge dies immer zahlreichere Berufene ermuthigen, sich der Kongregation anzuschließen und ihr sowie der ihr anvertrauten Mission von Centralafrika alle ihre Kräfte zu weihen. * * * Hurzgefasster 3ahresherkht der St. Petrus Cäaver-Sodaütät, lyöl. Die St. Petrus Claver-Sodalität für die afrikanischen Missionen, bekanntlich am 29. April 1894 von Gräfin M. Th. Ledochowska, mit ausdrücklicher Erlaubnis des Hl. -Vaters gegründet, umfaßt ein weibliches, religiöses Institut, dessen Tätigkeit durch Externe und Förderer, resp. Förderinnen unterstützt wird. Zu Schluß nun des Jahres 1901 bezifferten sich die drei Mitgliederklassen der Sodalität wie folgt- Interne Mitglieder 50, externe Mitglieder (9 Priester und 51 Laien) 60, Förderer, resp. Förderinnen 1121. Von letzteren traten im Berichtsjahre bei: 453. Zu Schluß des Jahres 1901 besaß die Sodalität 3 Niederlassungen, nämlich Salzburg mit dem eine halbe Stunde entfernten Missionshause Maria-Sorg, sowie die Stationen Wien und Triest. Letztere wurden im Berichtsjahre gegründet, bezw. die daselbst schon bestehenden Filialen in Stationen umgewandelt. Außer- Verschiedenes. 287 dein besaß die Sodalität zu Schluß 1901 fünf Filialen, von externen Mitgliedern geleitet, und 21 Ausgabestellen. Dem Zwecke des Werkes entsprechend, beschäftigen sich die Mitglieder der Sodalitüt vielfach mit redaktionellen und anderen schriftlichen Arbeiten, sie unterhalten eine weitgehende Korrespondenz sowohl mit den afrikanischen Missionären, als auch mit den Missionsfreunden und Wohlthätern. Sie verrechnen und versenden die eingehenden Spenden an Geld und Gegenständen und führen Rechnung für mehr als zwanzig Missionsgesellschaften. Überdies widmen sie sich der weitgehendsten Propaganda im Dienste der Missionen. Letzterem Zwecke, sowie ferner zur unentgeltlichen Herstellung der den afrikanischen Missionären nötigen Bücher in den Negersprachen, wie Katechismen, Evangelien u. dgl., dient die int Missionshause Maria Sorg errichtete Missionsdruckerei. Unter den zahlreichen, von der Sodalität herausgegebenen Propagandaschriften ist besonders zu erwähnen unsere im Berichtsjahre bereits in fünf Sprachen (deutsch, französisch, italienisch, polnisch und böhmisch) erscheinende Monatsschrift „Echo aus Afrika", Gesamtauflage 30.000 Exemplare, ferner die alle zwei Monate erscheinende Jugendschrift: „Kleine Afrika-Bibliothek", bis Schluß 1901 nur in deutscher Sprache erscheinend, Auflage 15.000 Exemplare. An nicht periodischen Publikationen erschienen im Berichtsjahre: a) der Bericht über das Jahr 1900, welcher im Anschlüsse an die auch in den früheren Jahren veröffentlichten Jahresberichte einen genauen Einblick in die weitverzweigte Tätigkeit der Sodalität gewährt. b) Die von der General-Leiterin Gräfin M. Th. Ledochowska selbst verfaßte Broschüre: „Entstehung, Wirken und Verbreitung der St. Petrus Claver-Sodalität." 1894—1901. c) Bericht über den I. österreichischen Antisklaverei-Kongreß in Wien Eine ziemlich umfangreiche Broschüre. cl) Eine Neuauflage der kleinen Broschüre: „Das Skapulicr des Sklaven", Erzählung ans dem schwarzen Weltteile von A. Halka (Gräfin M. Th. Ledochowska). Außerdem publizierte die Sodalität nach eine große Anzahl von Flugblättern in verschiedenen Sprachen zu Propagandazwecken. An Werken in afrikanischen Sprachen zum Gebrauch der Missionäre erschienen: a) Afrikanisches Wörterbuch, in drei Sprachen: englisch-ibo-französisch. Fortsetzung des bereits im vorigen Jahre begonnen, umfangreichen Werkes, b) Inewadi Yokufundisa nkufunda isi Zulu, i Fibel in der Zulusprache, c. Lesetafeln, ebenfalls in der Znlusprache. d) KaLelcisimu katoliki, Katechismus in der Suahelisprnchc. Neben der schriftlichen wurde auch die mündliche Propaganda eifrig betrieben. Es fanden im Jahre 1901 auf Veranlassung und unter Mitwirkung der Sodalität 51 Missionsvorträge statt. Viele derselben wurden durch Projektionsbilder aus afrikanischen Missionsleben illustriert. Zu Schluß des Berichtsjahres besaß die Sodalität 4 größere, ständig geöffnete, afrikanische Museen. Ferner veranstaltete sie 4 Paramentenausstellungen, sowie mehrere Wohltätigkeitsfeste und Theateraufführungen. Unter letzteren sei besonders genannt die in Wien erfolgte Aufführung des Sklavendramas „Zaida, das Negermädchen" von A. Halka. Infolge dieser ausgedehnten Propagandatätigkeit konnte die Sodalität im Berichtjahre die ansehnliche Summe von 71,131.26 K. unter die verschiedenen, in Afrika wirkenden Missionsgesellschaften verteilen. Dazu kam noch eine Menge von Sendungen an Paramenten, Kirchengeräten, Devotionalicn, Kleidern 2c. 2c., im Gesamtwerte von K. 21, 506 —6231 bei der Sodalität eingegangene Mcßstipendien wurden den afrikanischen Missionären zur Persolvierung übcr-wiesen. Die Zahl der im Laufe des Jahres an die Missionäre vermittelten Taufen von Negerkindern betrug 209, die Zahl der Sklavcnloskäufe betrug 86. Ferner fanden statt 6 Adoptionen losgekaufter Sklavcnkinder und 3 Adoptionen van Negerseminaristen, ivelche zu Priestern herangebildet werden sollen. Durch Verbreitung bezüglicher Flugblätter wurde auch für das „Antoniusbrot für Afrika" eifrig Propaganda gemacht. Es gingen im Berichtsjahre ein, teils als Bittopfer K 19,650.12. Zur Gründung christlicher Negerdörser am Congo wurden viele Tausend Kilo gebrauchter Briefmarken gesammelt und verwertet. Die General-Leiterin der Sodalität, Gräfin M. Th. Ledochowska, empfing im Berichtsjahre zwei offizielle Schreiben von Seite der hl. Kongregation der Propaganda Fide in Rom. DaS erste, datiert vom 2. April, enthielt die Mitteilung, daß der hl. Vater der Sodalität einen Kardinal-Protektor in der Person Sr. Eminenz des Kardinal Ciasca zu ernennen geruht tjci&e; das zweite de dato 25. Juni brachte die für die weitere Entwicklung der Sodalität ebenfalls hochwichtige Entscheidung, daß die hl. Kongregation de Propaganda Fide die St. Petrus Claver-Sodalität unter eigene Abhängigkeit genommen habe. 288 Verschiedenes. Um was SebambaSa-Kinditr die Mutter Gottes gebeten haben. Nicht festen macht man die Erfahrung, daß Kinder gemeinschaftliche Novenen ohne jedwede Intentionen mitmachen, wenn nicht die Leiter der Novene selbst eine solche angegeben haben. Zur Vorbereitung aus das Fest Mariä Himmelfahrt hielt ich mit meinen Schülern auch eine neuntägige Andacht, ohne ein besonderes Anliegen zu nennen, wie ich sonst zu tun pflege. Um mich jedoch von dem Verständnisse meiner Kinder für solche Andachten zu überzeugen, redete ich zu denselben am Vorabend des genannten Festes also: „Liebe Kinder! Wir haben jetzt während 9 Tagen die Himmelskönigin mit Gebeten und Liedern geehrt. Nun dürfen wir auch hoffen, daß sie unsere Bitten erhören wird. Welche Gnade habt ihr euch durch die neuntägige Andacht bei der lieben Himmelmutter erbitten wollen?" Peter: „Daß ich recht bald zur hl. Kommunion gehen darf." Thomas: „Daß Maria mir zum einigen Leben verhelfen wolle." Paul: „Daß meine Mutter sich zum christlichen Glauben bekehren möge." Mbua: „Daß ich ein gehorsames Kind werde." Nyelo: „Daß ich gut lernen und später ein Lehrer werde." Kibulu: „Daß Maria mir zum ewigen Leben verhelfen möge." Basi: „Daß ich ein guter Christ werde." Kalapasi: „Daß ich in den Himmel komme." Alois: „Um die Gnade, Priester zu werden." Mgala: „Um die Gnade der hl. Taufe'" Franz Paver: „Um die Bekehrung aller Heiden." Kalage: „Um einen guten Tod." Stefan: „Um die Gnade, die erste hl. Beichte recht gut zu machen." Nkunde: „Um die Gnade der hl. Taufe." Anna: „Daß ich bald sterbe." Nur dieser hatte ich eine kleine Belehrung beizufügen: „Mein Kind, in rechter Weise ein Ver- langen nach dem Tode zu haben ist löblich; doch wirst du besser tun, um die Gnade zu Bitten, den Tod mit Ergebung hinzunehmen, wann und wie Gott will. Schw. M. Jnnozentia. xi) —_ «ja p1 Gilt* ssene des CUiederfindens. Daß in Uganda die Missionsarbeit trostreiche Erfolge erzielt, haben wir unseren Lesern schon öfters berichtet. In den dortigen Missionsstationen strömen Heils- und Lernbegierige zusammen. Dieses' Zusammenströmen von Leuten jeden Alters und jeder Gegend, von manchen, die sich vorher nie gesehen, bevor derselbe Glaube sie da vereinigte, führt auch öfters ein ganz unerwartetes, rührendes Zusammentreffen herbei. So ereignete sich in der Station Mitala Marie eine Szene des Wiedersehens, worüber also berichtet wird. Wir sehen z. B. hier vor uns eine Frau stehen. Es ist eine unglückliche Sklavin, die vor 15 Jahren von den arabischen Sklavenjäger aus ihrer Heimat entführt und gewaltsam den Ihrigen entrissen wurde. Von einem Ort nach dem andern verkauft, wohnt sie nunmehr in einer den Anglikanern zugewiesenen Provinz von Uganda. Obwohl sie noch bei einem Herrn als Sklavin dient, hat sie mit dessen Erlaubnis dem Unterricht des Katechisten beiwohnen dürfen, den wir dort stationiert haben, und dieser Katechist hat sie uns zugeführt, damit sie sich zur heiligen Taufe vorbereiten könne. Seit dem ersten Tage ihrer Ankunft bei uns fühlte sie sich besonders hingezogen zu einem erwachsenen jungen Manne, der demselben Unterricht anwohnt, wie sie, und jeden Tag wieder an demselben Platz sitzt. Stets mehr wuchs ihr Interesse an dem Unbekannten, ohne daß sie sich Rechenschaft davon geben konnte, weshalb. Endlich hielt sie es nicht länger mehr aus, sie redete den Mann an und fragte ihn schüchtern: „Sebo (d.i.Herr), aus welcher Gegend bist du?" — „Ich bin aus Kitabuya." — „Welches ist der Name deines Vaters?" — „Ich habe keinen Vater mehr; ich wurde noch ganz klein von den Arabern geraubt und als Sklave verkauft." So wurden noch einige Fragen und Antworten gewechselt und alsbald stellte es sich deutlich heraus, die arme Sklavin hatte ihren Sohn wiedergefunden, der übrigens ganz genau das Ebenbild ihres im Kriege getöteten Gatten war. Sie fliegt ihm an den Hals, schließt ihn in ihre Arme und vor Freude weinend kann sie nicht aufhören, zu wiederholen; „Mein Sohn, mein Sohn! Ich bin deine Mutter!" -o ca?___ Für die Schriftleituug: P. Paver Geyer F. 8. C. — Druck von A. Weger'S fb Hofbuchdruckerei, Vrixeu.