Die Brille UND IHRE GESCHICHTE. VON EMIL BOCK. Mit einem Titelbilde und 32 Abbildungen. - J#-- *-----» r> -WIEN 1903. - Verlag von Josef Šafar. Ohne diese Schutzhiilse wird kein Exemplar zuriickgenommen. Z) Belehnung Friedrichs des Burggrafen von Niirnberg mit der Mark Brandenburg. 17. April 1417. Der Kanzler tragt einen Nasenklemmer. Nach dem farbigen Bilde in der gleiclizeitigen Handschrift des Ulrich Richenthal iiber das Konzil zu Konstanz in der Universitatsbibliothek in Prag. Siehe Seite 18, Anhang, Z. 1. Lichtbild von Bellmann in Prag. L Die Brille UND IHRE GESCHICHTE. VON D R : Emil Bo c k. Mit einem Titelbilde und 32 Abbildungen. WlEN. VERLAG VON JOSEF ŠafAr. 1903 . Alle Rechte vorbehalten. enn man in unserer Zeit eine groBere Menge von Menschen betrachtet, findet man darunter nicht wenige, welche sich eines Olases bedienen, um in der Nahe oder in die Ferne besser zu sehen. Dies fallt uns gar nicht mehr auf, wir sind gewohnt, dieses wichtige Hilfsmittel in allgemeinem Oebrauche zu finden, wir denken gar nicht daran, daB es einer Jahrhunderte vvahrenden Arbeit der Wissenschaft und der ge- werblichen Kunst bedurfte, um die Brille auf die gegenvvartige Stufe der Entvvicklung und Verbreitung zu bringen. Es sind Stunden gedankenreichen Genusses, wenn man die Spuren des Werdens bedeutender Dinge rucklaufig verfolgt, besonders, wenn man dabei auch noch nicht gekannte Pfade betritt. Die Geschichte der Brille kann in hervorragendem Grade Anspruch machen hieher gereclmet zu werden und ich war seit Jahren bemiiht, beim Besuche von Sammlungen verschiedener Art diesbeziiglich meine Kenntnisse zu ervveitern. So habe ich mit der Zeit redit zahlreiche Angaben gewonnen, aus denen — vermehrt durch die Friichte des Lesens alter Biicher und des Durchsehens von Bilderwerken u. dgl. — ich mir ein ziemlich abgerundetes Bild der Ge¬ schichte der Brille machen komite. Es tut mir leid, nicht gleicli vom An- fange an die Veroffentlichung gedacht zu liaben, denn so habe ich mir nicht immer fiir jeden Beleg auch die Urquelle aufgezeichnet, welchen Mangel genauer Anfiihrung mancher Stelle man mit dem erwahnten Umstande entschuldigen moge. In den vvenigen Schriften, welche sich in den letzten Jahren mit dem gleichen Gegenstande beschaftigten oder ihn meistens nur streiften, begegnete ich immer guten Bekannten, erfuhr aber auch manches, was mich wieder auf neue Wege fiihrte. Der Gegenstand der vorliegenden Arbeit bringt es mit sich, daB eine planmaBige Suche nur bis zu einem gewissen Grade moglich war; der von Spiirsinn unterstutzte Zufall spielte nicht selten eine groBe Rolle. Ich bin mir dalier selbst am besten bewu8t, daB ich nicht eine liicken- lose »Geschichte der Brille«, sondern nur einen Beitrag zu dieser gebe. 4 Ich muB dies umsomehr betonen, weil meine Forschungen aus auBeren Oriinden nur die Volker des Westens betreffen konnten, nicht auch die des Ostens, und es leicht moglich ist, daB gerade die letzteren auch in Bezug auf die Brille einen Vorsprung hatten. Ich erinnere nur an die schon in alleraltesten Zeiten kunstgevverblich so hochstehenden Chinesen. Diese bedienen sich heute meist Brillen, welche den unseren gleichen und der Mehrzahl nach aus Europa stammen sollen. Noch zu Anfang des 19. jahrhunderts war dies anders. Ferrario 1 ) biidet eine Menschengruppe von der Insel Tsou-Ming ab, in welcher sich auch ein alter Mann mit einer Brille befindet. Diese hat sehr groBe, durch einen Nasenbiigel ver- bundene runde Glaser und ist mit einer Schnur befestigt, welche unter den Ohren nach riickvvarts gespannt ist (Bild 1). Auch Davis, 2 ) der beste Kenner Chinas seiner Zeit, gibt uns ein hiehergehoriges Bild, auf vvelchem ein Chinese die Brillen durch um die Ohren geschlungene, an den Enden beschwerte Schnure im Gleichgewicht erhalt (Bild 2). Auch andere Reisebeschreibungen aus derselben Zeit ervvahnen, daB in China fast ausnalnnslos auffallende Brillen getragen werden, deren groBe runde Scheiben aus einem braunlichen Stein geschliffen sind, den die Chinesen Scha-chi nennen, Theestein, weil seine Farbe dem eines Thee- aufgusses gleicht, also wohl ein Rauchtopas. Tatsachlich sind in einigen Sammlungen sehr alte chinesische Brillen aus einer hellen Abart dieses Steines aufbevvahrt. Unter den Zeichnungen von Wereschtschagin befindet sich das Bild einer Tungusin aus dem Stamme der Solonen. Die mit groBen runden Glasern versehene Brille ist durch Faden- schlingen hinter den Ohren befestigt und ein am Nasenbiigel ange- ‘) Dr. Q. Ferrario, II costume antico e moderno. Milano, 1817. Asia. 2 ) J. F. Davis, The Chinese. London, 1836. Bild 1. Chinese von der Insel Tsou-Ming. Nach einem gemalten Stiche in FerhrVio, II costume u. s. w. 1817. Anliang, Z. 87. Bild 2. Chinese mit Brille. Aus Davis, The Chinese, 1836. Anhang, Z. 92. 5 brachter gebogener Draht ruht mit verbreitertem Ende auf der Štirne und sorgt so fiir Widerhalt (Bild 3). Soviel ich aus Nachrichten an anderen Orten weiB, findet sich in den Schriften der alten Juden nichts, was auf eine Kenntnis der Brille zu deuten ware. Von den Griechen und Romern des Altertums konnen wir mit Bestimmtheit sagen, daB sie unsere Brille, d. h. Glaslinsen von groBer Brennweite, nicht gekannt haben, denn kein Schriftsteller ervvahnt etwas davon, noch haben Ausgrabungen od. dgl. diesbeziigliches ergeben. Die groBen Sammlungen Europas besitzen meines Wissens nichts, was in diesem Sinne in Anspruch genommen werden konnte, wohl aber fanden sich — verschiedenen zerstreuten Mitteilungen zufolge — Sammellinsen von kurzer Brennvveite aus Glas oder Bergkristall an mehreren Orten, so in einem Grabe in Nola ein plankonvexes, in Gold gefaBtes Stuck Glas von 4‘5 cm Durchmesser, in Mainz eines von 55 cm Durchmesser, etvvas ahnliches in Pompeji, ein bikonvexes in England, endlich eine plankonvexe Linse in Niniveh mit einem Durchmesser von 3 cm und einem Brechungsvverte von 10 Dioptrien. Es ist auffallend, daB dies alles Sammellinsen sind. Die groBe Seltenheit der Funde, die Goldfassung der einen Linse gestattet wohl die Annahme, daB es sich hier um den kostbaren und seltenen Besitz reicher sowie vornehmer Leute handle. Das in Tyrus gefundene und in Athen aufbewahrte Stuck Bergkristall, welches seinerzeit als Lupe oder gar als Brille gedeutet wurde, ist ein Knopf. 1 ) Wir konnen zwar mit Bestimmtheit sagen, daB die oben ervvalmten Sammellinsen keine Brillen in unserem Sinne sind, weil sie nur geringe Brennweite haben, bezuglich ihrer Verwendung kommen wir aber doch iiber Vermutungen nicht hinaus, wobei wir in den Kreis anderweitiger Kenntnisse aus dem Leben der Alten gelangen, welche uns aber wieder zur Brillenfrage zuruckfuhren werden. Wir miissen annehmen, daB diese Sammellinsen als VergroBerungs- und als Brennglaser gedient haben. Stellen bei Pii ni us und Seneca zeigen uns, dafi die Griechen und Romer die vergroBernde Wirkung eiuer mit Wasser gefiillten Kugel (unsere »Schusterkugel«) gut kannten, jedoch hielten sie das Wasser, nicht aber die gekrumnite Flache fiir das Bild 3. Tungusin aus dem Stamin der Solonen. Nach einer Zeichnung von Wereschtscliagin. (Knackfuss, Kiinstler- monographien. XLVII.) Anliang, Z. 94. 0 H irscli berg, Gescliichte der Augenheilkunde, Handbuch von Graefe-Saemisch, 2. Auflage. 6 wirksame und ruhmien, daB man mit Hilfe einer solchen Vorrichtung kleine und undeutliche Schrift besser entziffern konne. Wenn wir be- riicksichtigen, wie klein und fein manches Wunderwerk alter Stein- schneidekunst ist, vvelches erhalten blieb, so muB sich uns der Gedanke aufdrangen, daB die Arbeiter vergroBernde Hilfsmittel beniitzt haben, worauf auch eine Stelle bei Seneca hindeutet, welche Johann Porta anfuhrt. 1 ) Nebenbei bemerkt, ist man in neuester Zeit auch geneigt an- zunehmen, daB die so uberaus zierlichen Erzeugnisse der agyptischen Gold- und Edelsteinarbeiter um 2000 v. Chr. Geb. auch nur mit Hilfe von VergroBerungsglasern gemacht werden konnten. Fiir die Beniitzung solcher bei den Alten, haben wir also nur Vermutungen zur Verfiigung, fiir die der Sammellinse als Brennglas, mangelt es uns aber nicht an unmittel- baren Beweisen. Bei Plinius erfahren wir, daB mit Wasser gefullte Kugeln von den Arzten zum Brennen vervvendet wurden und bei den Arznei- handlern kauflich waren. Vielleicht bildeten die oben angefOhrten Sammel- linsen einen Teil der Werkzeuge von Arzten. Bei der Ervvahnung der Brennwirkung einer »Schusterkugel« wird der Vervvunderung Ausdruck gegeben, daB sie trotz der Fullung mit kaltem Wasser brenne. In dem Lustspiele des Aristophanes, »Die Wolken«, kommt eine Stelle vor, vvelche uns zeigt, daB die \varmeerhohende Wirkung von Glasern all- gernein bekannt war, denn Strepsiades, der. schlaue Landmann, der bei Sokrates den Schvvindel lernen will, ervvagt die Moglichkeit, die vom Gerichtsschreiber verfaBte Klage mit einem Glase fortzuschmelzen, also durch VerflOBigung des Wachses der Schreibetafel, die Schrift zu ver- nichten. 2 ) Die Behauptung, daB die Alten die Bril le nicht gekannt haben, wird scheinbar liber den Haufen geworfen durch die Tatsache, daB Kaiser N er o sich im Zirkus eines Smaragdes bediente. Gelegentlich einiger allgemeinen Bemerkungen iiber den Smaragd sagt Plinius: »Nero betrachtete die Kdmpfe der Gladiatoren in einem Smaragde .«») Durch Uberlieferung und Ervvahnung an manchen Orten hat sich dies auch vveiteren Kreisen mitgeteilt, nicht zum geringsten durch Lessing, der sich in seinem 45. Briefe antiquarischen Inhaltes 4 ) sehr eingehend mit den diesbezuglichen Stellen alter Schriftsteller beschaftigt und zum Schlusse kommt, Nero sei vveitsichtig gewesen. Andere vvieder sprechen von Kurz- >) De Porta, refractione optices parte. Neapoli, 1593. s ) Strepsiades: »Gefunden hab’ ich die schlaueste Nichtigmachung der Klage, daB du selbst es zugestehen mulit.« Sokrates: Welche denn?« Str.: Hast du schon bei den Arzneihandlern diesen Stein gesehen, den schonen, den durchsichtigen, mit dem sie Feuer anziinden?« Sokr.: »Du meinst das Glas?« Str.: »Natiirlich. Nun, wie \viirs denn, wenn ich den nahme, wann gerade der Gerichtsschreiber die Klage nieder- schreibt, so ein bischen abseits (mit ihm) gegen die Sonne trate und die Schrift der gegen mich gerichteten Klage fortschmelze?« (Ubersetzung von Hirschberg.) 3 ) »Nero princeps gladiatorum pugnas spectabat in zmaragdo.« Lib. 37. Cap. V. *) Ausgabe von Richard Goseh e, Berlin, 1875. V. S. 496. 7 sichtigkeit. Beide Behauptungen sind falsch und sind durch unrichtige und willkurliche Deutungen entstanden. Nero war schwachsichtig, denn alles, was wir iiber die Augen dieses Kaisers wissen, gibt uns das Bild der Schwachsichtigkeit. Plinius und Suetonius sprechen von blaugrauen und stumpfen Augen, 1 ) sowie weiters, daB Nero der Schwache seiner Augen fur die Nahe nur begegnen konnte, wenn er blinzelte. 2 ) Nero hatte also entweder eine regelwidrig gekriimmte Hornhaut, oder an Farb- stoff arine (albinotische), aber keine kurzsichtigen Augen. Wir mussen aber doch aucli in Ervvagung ziehen, ob seine Schwachsichtigkeit wirklich mit den oben erwahnten — angeborenen Augenfehlern zusammenliing, oder nicht vielleicht doch die Folge ervvorbener Leiden war, was mit den ubrigen Nachrichten von seinem zerriitteten und venviisteten Korper ganz gut in Einklang zn bringen ware. Gegen die Kurzsichtigkeit spricht mittelbar auch sein leidenschaftlich betriebenes Wagenfahren bei Wett- kampfen im Zirkus und bis zu einem gewissen Grade — auch seine Gesichtsbildung, welche wir ja auf seinen Bildnissen aus Stein und auf Miinzen sehen. Wie wir weiter unten horen werden, haben die Alten die Kurzsichtigkeit gut gekannt, aber nirgends finden wir auch nur eine Andeutung von einem Konkavglas, dem Glase der Kurzsichtigen. Weiters ist in der oben angefiihrten Stelle kein Wort enthalten, vvelches uns veranlassen konnte zu meinen, daB der Smaragd des Kaisers nach irgend einer Kriimmung geschliffen gevvesen ware, nicht einmal die Art, wie sich Nero dieses Steines bediente, laBt sich feststellen, d. h. ob er durch ihn, oder in ihn, wie in einen Spiegel geschaut habe. Wichtig ware es auch, etwas iiber die GroBe des Edelsteines zu erfahren, die doch nicht unbedeutend gewesen sein kann, so daB hier wohl eine Ausnahme vor- liegt, denn man hatte damals in Rom schon viele Smaragde, und zwar aus Skythien, dem Gebiete des heutigen Ural, jedoch waren diese meist klein. Wir mussen daher zur Erklarung der unbestreitbaren Tatsache, daB Nero bei Betrachtung der Kampfe im Zirkus sich eines Smaragdes be¬ diente, noch anderes herbeiholen, und zwar, daB der Smaragd bei den Alten den Ruf eines »augenstarkenden« Mittels hatte, so z. B. wurde den Steinschneidern empfohlen, den zu bearbeitenden Stein auf oder neben einen Smaragd zu legen. Es scheint, daB man die seit jelier bekannte angenehme Wirkung der griinen Farbe auf das Auge auch bei dieser Gelegenheit verwerten wollte. Der Smaragd des Kaisers mag also als vermeintliches Heilmittel gegen Schwachsichtigkeit angewendet worden sein oder war in Wirklichkeit fur Nero ein Schutzglas, mit dem er sich seine Lichtscheu ertraglicher machte. Es scheint mir aber auch nicht weit herbeigeholt, den Gebrauch eines griinen Steines mit einer politischen Neigung des Kaisers in Zusammenhang zu bringen, vvelcher bekanntlich *) »oculi caesii et hebetes.« 2 ) »Oculi Neroni, nisi cum conniveret, ad prope adinota hebetes.« B o c k, Die Brille und ihre Oeschichte. 2 8 die Partei der »Griinen« begiinstigte und dies durch Tragen griiner Ge- vvander und Bestreuen der Arena mit griinem Sand, gepulvertem Malachit (Chrysokolla), auch auBerlich betatigted) Auch im friihen Mittelalter ist die Suche nach Spuren der Brille, d. h. nach geschliffenen Glasern mit groBer Brennweite, fruchtlos. Wir finden eben zu dieser Zeit dieselben Verhaltnisse wie am Schlusse des Altertums, was uns nicht Wunder nehmen kann, weil die Volker der ersten christlichen Zeitrcchnung nur von der Bildung der Griechen und Romer zehrten. Die wenigen Stellen aus verschiedenen Schriften sprechen nur von VergroBerungsglasern, niemals aber von Brillen: Der groBe Schotte Winfried, den die Kirche den hi. B o n if azi u s nennt (680 —755), kannte die Wirkung der VergroBerungsglaser ebensogut, wie unser deutscher Dichter Konrad von Wiirzburg (gestorben 1287); der spanische Araber Al bazen im 11. Jahrhundert spricht von der ver- groBernden Wirkung eines glasernen Kugelabschnittes; der Erklarer seiner Schriften, Vitellio, wtinscht sich noch 1270 ein glasernes Kugelstiick, um kleine Gegenstande besser sehen zu konnen. Erst Roger Bacon (1240 — 1292), der alle seine Zeitgenossen nicht nur in auBergewohnlicher Gelehrsamkeit, sondern auch in groBer Kenntnis der damals noch vielfach geheimnisvollen Naturkrafte ubertraf, ervvahnt 1276 die Brille. * 2 ) Anknilpfend an die Eigenschaften der Glaslinsen, von denen er eine mit groBen Geld- summen erworbene Sammlung besaB, bemerkt er, wie niitzlich sie sein miiBten fiir jene, welche alt sind und ein schwaches Gesicht haben. Zu derselben Zeit aber waren die Brillen in Deutschland schon bekannt, denn in der Sammlung der Minnesanger sagt der MiBner (MeiBner) (1260—1280) ausdriicklich, daB alte Leute sich der Brille bedient hatten. Um das Jahr 1300 wurde die »Berylle« in Flandern schon vielfach beniitzt. Alexander von Humboldt ervvahnt dies besonders fiir Haarlem. 3 ) Eine Aufzeichnung in der friiheren Abtei Saint Bavon lez Gand erzahlt uns, daB 1282 ein Geistlicher, namens Nikolaus Bullet eine Brille gebrauchte, um einen Vertrag zu unterzeichnen. Bei Pan si er 4 5 ) finde ich auch eine Bemerkung aus einem mir nicht zuganglichen Buche, 6 ) daB man auf bildlichen Darstellungen aus der Mitte des 14. Jahrhunderts biblische Personen mit Brillen ausgestattet finde. Die groBte Zahl von ‘) Nachtraglich fand ich, daB Roetger in einem Aufsatze iiber diesen Gegen- stand zu denselben Schliissen kam. Diese Arbeit ist in einem Jahrbuche des Padagogiums in Magdeburg 1803 veroffentlicht, also an einem Orte, der dem Suchen nach QueIIen allzu terne lag, als daB er gleich gefunden werden konnte. ! ) Bacon Rogeri, fratris ordinis minorum opus maior ad Clementem IV. Pontificem Romanum. Ex Ms. codice Dublinensi cum aliis quibusdam collato nune primum edidit S. Jebb. M. D. London, 1738. Weiters: G. S. Kliigel, Geschichte und gegenvvartiger Zustand der Optik. Aus dem Englischen des J. Pristley. 1776. 3 ) Alexander von Humboldt, Kosmos, II. 508. 4 ) Pansier, Histoire des lunettes. Pariš, 1901. 5 ) De Laborde, Notice sur les emaux du Louvre. Pariš, 1853- 9 unmittelbaren Nachrichten iiber die Erfindung und die Erfinder der Brille treffen in Italien zusammen. Zwei Namen werden genannt, als die jener Bilci 4. Ausschnitt (hi. Georg und Stifter) aus der Kopie „ ach Jan van Eyck « M adonna mit dem hi. Georg und dem 1,1. Donatus.« Museum in A„twerpe„. Nach einem Kohledruck von Braun, Clement & Cie. in Dornach ,. Els., Pariš und New-York. Ani,ang, Z. 2. Soline dieses Landes, denen die gevvaltige, Millionen begliickende Tat ^,e ang, und zwar wird sie jedem fur sich zugestanden, obgleich manches c a ur spricht, dali beide Manner durch enge Beziehungen mit einander 2 « 10 verbunden waren.‘) Es ist dies Salvino d’Armato degli Armati und Alessandro della Spina. 2 ) Fiir Armati, dem Sprossen einer vornehmen Familie, versetzt man die Erfindung der Brille in das Jahr 1285; sein Tod fiel zweifellos in das Jahr 1317. Der Florentiner Altertums- forscher Leopoldo del Migliore entdeckte in der Kirche S. Maria Maggiore in Florenz eine Grabschrift, von welcher Volkmann 3 ) sagt: »Man las sonst in der Kirche S. M. M. die jetzo weggenommene Orab- schrift.« Sie lautete: » Hier liegt Salvino d'Arrnato degli Armati aus Florenz, der Erfinder der Brillen. Oott vergebe ihm seine Siinden. f 1. J. d. H. 1317.'!*) Spina war Dominikaner im Kloster der hi. Katharina in Piša. 5 ) In der Biicherei dieses Klosters wurde eine alte, vom Frater Domenico da Peccioli, einem Pisaner, verfaBte Chronik aufbevvahrt, in welcher das Todesjahr des Spina mit 1313 angegeben und folgendes erzahlt wird: » Bruder Alexander della Spina, ein bescheidener und guter Mann, verstand es, alle Erzeugnisse, welche er sah oder von denen er horte, auch auszufiihren. Er verfertigte Brillen, vvelche zuerst von jemandem gemacht wurden, der dariiber aber nichts mitteilen vvollte, selbst und verbreitete sie frohlichen und bereitvvilligen Merzens. U. s. iv.« 6 ) Wir haben aber auch noch andere Nachrichten, welche zeigen, daB die Geburt der Brille in das Ende des 13. Jahrhunderts fallt: Die in Florenz 1584 (nach andern 1582) gegriindete Academia della crusca, genannt Regina e moderatrice della lingua Italiana, eine gelehrte Gesellschaft, welche sich die Reinigung der italienischen Sprache zur Aufgabe gestellt hatte (daher der Name, denn »crusca« bedeutet soviel wie Kleie, Spreu), hat ein Worterbuch herausgegeben (Vocabulario degli Academici della crusca, beste und kostbarste Ausgabe desselben sechs Foliobande, Florenz, 1729), in vvelchem wir unter dem Schlagworte »occhiale« die Bemerkung finden, daB der im August 1311 im Kloster der hi. Katharina zu Piša verstorbene Mitbruder des Spina, der ausgezeichnete Prediger und Gottes- gelehrte Giordano da Rivalto aus Piacenza in einer am 23. Februar 1305 *) Degli occhiali di našo, inventati da Salvino Armati, gentiluomo florentino, trattato istorico di Domenico Maria Manni, academico florentino. In Firenze, 1738. — Manni war ein italienischer Gelehrter, der sich auch auf anderen Gebieten schrift- stellerisch betatigte. (Zedler, GroBes, vollstandiges Universallexikon. Halle und Leipzig, 1739.) 2 ) Auch de Sp. und da Sp. s) Dr. Johann Jakob Volkmann, Historisch kritische Nachrichten von Italien u. s. w. Leipzig, 1770/71. L S. 542. Goethe hat dieses Buch auf seiner italieni¬ schen Reise beniitzt. 4 ) Qui diace — — — - di Firenze, inventore degli occhiali. Dio gli perdoni la peccata. f A. D. 1317. 6 ) Allgemeines historisches Lexikon. Leipzig, 1709. 6 ) »Frater Alexander della Spina, vir modestus et bonus, quaecunque vidit et audivit facta, scivit et facere. Ocularia ab aliquo primo facta et communicare nolente ipse fecit et communicavit corde hylari et volente. Ingeniosus in corporalibus in Domo Regis Aeterni fecit suo ingenio mansionem. 11 auf der Piazza di S. Maria novelia gehaltenen Predigt sagte: »Es ist noch nicht zwanzig Jalire her, dafi die Kunst der Verfertigung der Britten, welche besser Sehen verniitteln, etne der niitzlichsten Kunste Bild 5. Der Tod der Maria. Nad, einem Stiche von Martin Schongauer (1450- 1491). Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Anhang, Z. 6 . auf der Welt, 'žrfunden ist. — — — [ c h habe selbst denjenigen gesehen, der sie erfunden und zuerst machte, und rnicti mit ihm unterhalten.« 1 ) ‘) »Non e ancora vente anni, che si trovo l’arte di fare gli occhiali, che fanno vedeie bene, che una delle migliori arti et delie piu necessarie. — — — Jo vidi colui, che primo l a trove, e fece, e favellaigli.« 12 Ob er damit Armati oder Spina meinte, oder eine dritte Person, welche, wie wir sehen werden, auch noch in Betracht kommt, laBt sich aus den zur Verfiigung stehenden Quellen nicht entscheiden. Weiters schreibt Dr. Franciscu s Redi, ein »medicus und philosophus«, ati seinen Freund Paul Falconieri, 1 ) daB er eine Handschrift aus dem Jahre 1299 besitze, 2 * ) in welcher sich folgende, in der Urschrift auch wegen Sprache und Rechtschreibung bemerkenswerte Stelle findet: »Ich biti von den Jahren so gedriickt, dafi ich oline die Gldser, genannt Brillen, nicht die Kmft hatte zn lesen oder zu schreiben. Diese situl neuestens erfunden worden zur Bequemlichkeit fiir die armen Alten, wenn sie schwach- sichtig werden.«' i ) SchlieBlich noch eine sehr merkvvurdige Begebenheit: Bei der Hochzeitsfeier der Herzogin Juta von Osterreich, einer Schvvester Herzog Friedrichs, mit dem Grafen Ludvvig von Oettingen zu Wien (1319) erschien als Hochzeitsgast der Trevisaner Pietro Buonaparte, Podesta von Padua, Gesandter am osterreichischen Hofe, und erregte ungeheures Aufsehen, »da derselbe mit der vor nicht langer Zeit von dem Florentiner Salvino degli Armati erfundenen Brille (so genannt von »beryllus«, durchsichtiger Stein) auf der Nase erschien.« 4 ) Wir sehen also, daB die iiberwiegende Mehrzahl von Mit- teiiungen uns sagt, die Brille sei zu Ende des 13. Jahrhunderts in Italien erfunden vvorden, und zwar von Armati und von Spina, entvveder gemeinsam oder unabhangig voneinander. Wir lesen aber auch, daB zu derselben Zeit die alten Leute in Deutschland sich der Brille bedient haben, zu ebenderselben Zeit wurde die »Berylle« vielfach beniitzt in Flandern. Also ubereinstimmende Nachrichten iiber denselben Gegenstand aus gleicher Zeit, aber aus voneinander entlegenen Gegenden. Bei der Schvvierigkeit und Schvverfalligkeit des damaligen Verkehres, also auch der gegenseitigen Mitteilungen, ist die raumlich nicht geringe Entfernung der genannten Lander gewiB von desto groBerer Bedeutung, so daB man berechtigt ist, die Frage in Ervvagung zu ziehen, ob sich die Er- findung der Brille wirklich nur in Italien allein abgespielt, oder ob sie nicht vielleicht doch auch noch irgendwo anders stattgefunden habe. Die groBe Zahl von Mitteilungen, welche auf Armati und Spina hin- 9 Ein Romer, gestorben 1676. 2 ) Trattato intitolato di governo della fainiglia de Sandro di Pipozzo, di Sandro Cittadino Fiorentino, fatto nel 1299. s ) »Mi trnovo cosi gravoso di anni, che non avei valenza di leggere et scrivere senza vetri appellati okiali trovati novellamente per la commodita delli poveri veki, quando affieboilano del vedere.« — Dieser Brief des Redi hat allem Anscheine nach besonderes Aufsehen gemacht. denn wir finden ihn nicht nur fiir sich veroffentlicht (Lettera sopra 1 ’invenzione degli occhiali di nazo. Firenze, 1648), sondern auch auf- genommen in »Recherches curieuses d’antiquite u. s. w. Par Monsieur Spon docteur u. s. w. A Lyon, chez Thomas Amaulry, rue Merciere, au Mercure galant, 1683. S. 213. 4 ) B e rman n, Alt- und Neu-Wien, S. 319, ohne Jahreszahl erschienen in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts, ohne Angabe der Urquelle. 13 weisen, haben andere Uberlieferungen in den Hintergrund gedrangt, vor allem jene, welche Roger Bacon den Erfinder der Brille nennen. Caese- maker 1 ) entscheidet sich fiir den gelehrten Oxforder Monch, und wenn man auf Grund der uns aus der allgemeinen Geschichte iiber die dabei beteiligten Manner bekannten Dinge in Ervvagung zielit, so kann man ein Bild erhalten, in welchem vieles fiir diese Ansicht spridit. Caese- maker beniitzt als Verbindungsglied zwischen England, beziehungsweise Flandern und Italien einen in der Weltgeschichte wohlbekannten Mann, Heinrich Goethals. 2 ) Als enger Freund Bacons mag er mit dessen Studien iiber VergroBerungsglaser und mit der Erfindung, beziehungs- weise dem Gebrauche der Brillen schon vertraut gewesen sein, als er beauftragt wurde, nach Rom zu reisen, um dort eine Sache seines Ordens beim Papste Martin IV. zu vertreten. Auf der Fahrt durcli Italien ereilt ihn die Nachricht von dem Tode des Kirchenoberhauptes (1285) und um die weite Reise nicht vergeblich gemacht zu haben, bleibt er in Florenz oder in Piša, wo er die Wahl des neuen Papstes abwartet. Hier lernt er Spina kennen, den Mann, »der alles nachzumachen imstande war« und nun auf Grund von Mitteilungen des Freundes Bacons Brillen verfertigte. DaB damals Bacons Name nicht genannt wurde, kann man mit dem traurigen Schicksal erklaren, vvelches den iiberaus gescheiten Franziskaner Ox- fords verfolgte: Seinen Zeitgenossen in Bildung und Wissenschaft, vor allem in der Erkenntnis der Natur weit voraus, wurden seine Erfindungen als Werke der Zauberei, ja des Teufels verschrieen, sein Name hatte besonders in Italien einen schlechten Klang, denn er tadelte die Sittenverderbnis der Geistlichkeit oft und laut. Die Kraft der Widersacher Bacons erreichte ihren Hohepunkt, als sie ihn, nachdem er einen diesbeziiglichen Brief an den Papst gerichtet hatte, in den Kerker warfen, wo er bis fast zu seinem Tode (1294) schmachtete. Diese Um- 1) Caesemaker, Notice historique sur les lunettes et les verres optiques. Oand, 1845. — Der Verfasser dieser Schrift sagt darin auch unter anderem, dali Bacon kein Englander gewesen, sondern in Aznin in Belgien geboren worden sei. 2 ) Henricus ‘ Gandavensis oder de Gandava, mit seinem Geschlechtsnamen Goethals oder Bonicollis, auch genannt Mudanus, von seinem mutmafilichen Geburts- ort Mud bei Gent. Er war lange Jahre Lehrer der Theologie und Philosophie im Collegium Sorbonicum in Pariš, daher sein Beiname doctor solennis, und starb als Diakonus 76 Jahre alt in Tournay 1295. Gianini rechnet ihn zu den Serviten, was aber fraglich ist. Nach Z e d 1 e r (siehe oben). Bild 6. Statue mit Brille. Aus dem 15 Jahrhundert. Museum zu Vienne, Isere. Nach Pansier. Anhang, Z. 15. 14 stande konnen zweifel!os einen so groBen EinfluB gehabt haben, daB ein Monch es vorziehen mochte den Namen eines so schlecht angeschriebenen Erfinders nicht zu nennen. Auch der hi. Hieronymus (geboren 331 zu Stridon in Dalmatien gestorben 420 in Bethlehem) galt friiher als Erfinder der Brille, aus Griinden, welche heute nicht inelir bekannt sind. Mit Rucksicht auf diese alte Uberlieferung, ist es auffallend, daB er nur auf vvenigen seiner zahlreichen Bilder aus verscliiedenen Schulen mit diesem Wahrzeichen ausgestattet ist. Ein Brillenhandler in Venedig stellte sich nocli 1660 unter den Schutz des Heiligen, indem er dessen Bild auf seinem Ge- schaftsschilde hatte, wo geschrieben stand: S. Girolamo inventore degl’ occhiali. In seinem, der hi. Luzia, der Schiitzerin der Augenkranken, gevvidmeten Buche, 1 ) sagt Man zini, daB er sich vergeblich bemuht babe, den Er¬ finder der Brille festzustellen. Heute, mehr denn zwei Jahrhunderte spater, sind wir von der Zeit der Erfindung noch weiter entfernt, die streng geschichtliche Beantwortung dieser Frage ist daher noch schwerer geworden, und zu den schon von Manzini benutzten Quellen und Nach- richten sind nur wenig neue hinzugekommen. Manche an verschiedenen Orten zerstreute Andeutungen gestatten den SchluB, daB zu Ende des 13. Jahrhunderts auch noch andere als die genannten Monche in die Kunst des Brillenschleifens eingeweiht waren. Vom arztlichen Standpunkte aus geschieht der Brille zuerst Er- vvahnung von Bernhard von Gordon (1305), welcher, in Salerno herangebildet, in Montpellier als Professor vvirkte. Er sagt, daB die Brillen iiberflussig seien, dank seines Augenmittels; dasselbe sei so ausgezeichnet, daB es den Gebrechlichen fahig mache, kleine Buchstaben ohne Augen- glaser zu lesen. 2 ) Ehrlicher spridit sein jiingerer Zeitgenosse, der noch vor 1300 geborene Guido de Chauliac, nach seinem Geburtsorte in der Auvergne auch genannt de Cauliaco. Er war Schiller der Heilkunde in Montpellier und Bologna und verdient auch in der Weltgeschichte genannt zu werden als der Leibarzt der in Avignon residierenden Papste Clemens VI., Innozenz VI. und Urban V. Er preist seine Augenvvasser an, fiigt aber hinzu, »vvenn diese nichts helfen, dann muB man zu den Augenglasern oder Brillen greifen«. 3 ) Zu dieser Zeit vvuBte man eben noch nichts iiber die Lichtbrechung im Auge, daher diese sinnlose An- ‘) L’occhiale all’occhio. Dioptrica practica del Co. Carlo Antonio Manzini u. s. w. Dove in oitre si spiegano le Regole pratiche di fabbricare Occhiali a tutte le viste u. s. w. In Bologna per 1’Herede del Benacci. 1660. 2 ) Lilium medicinae. De passionibus oculorum. Parisiis, 1542. Est tantae virtutis, quod decrepitum faceret Iegere letteras minutas absque ocularibus.« 3 ) Chirurgia magna (1363) Venetiis, 1553. Tractatus VI. »et si ista non valent ad ocularios vitri aut berillorum est recurrendmn.« 15 preisung von Heilmitteln. Die Gesetze der Optik, beziehungsvveise der Glaslinsen kennt man erst seit Franciscus Maurolycus von Messina (1494 —1575) und Johannes Kepler (1571—1630). 1 ) Schon bei Bild 7. Der hi. Hieronymus. Nach dem Wandgemalde von Ghirlandajo (1449—1494) in der Kirche Ognissanti in Florenz. Nach einem Lichlbilde von Alinari in Florenz. Anhang, Z. 4. den Alten waren eine Salbe aus Honig und dem Saft der Granatkerne, sowie Fenchel und Raute als •»augenstarkende« Mittel beliebt. In alten Krauter- ‘) Ad Vitellionem paralipomena, quibus astronomiae pars optica traditur u. s. w. autore Joanne K epi ero. Francofurti, 1604. Bock, Die Brille und ihre Oeschichte. 3 16 biichern ] ) findet man auch empfohlen Augentrost, Schollkraut und Ritter- sporn. Die gleiche Wirkung sclirieb man, wie schon oben ervvahnt, dem Smaragde zu. Hieher gehort wohl auch der Rat des Montanus, Kurz- sichtige mogen ofters in eine Pyramide von grtinem Glas sehen. Der- artige Glaser mit holzernem Handgriff befinden sich im Germanischen Museum in Nurnberg. Soweit ich unterrichtet bin, war derselbe Montanus (1498 — 1551) als Lehrer an der Hochschule in Padua der erste, vvelcher eine Brille arztlich verordnete, und zwar eine Lesebrille, ein Schutzglas und eine Glaspyramide. * 2 ) Obgleich Chauliac von den Brillen wie von gut bekannten Dingen spricht, so wurden sie im allgemeinen doch wenig gebraucht. Die Brille konnte sich nur schvver breite Volksschichten erobern, weil die damaligen Arzte das Tragen einer solchen nicht nur nicht empfahlen, sondern sogar davon abrieten, so besonders George Bartisch von Konigsbriick »Burger, Oculist, Schnitt- und Wundarzt« in Dresden, der Herausgeber der ersten deutschen Augenheilkunde. 3 ) Die Arzte kiimmerten sich gar nicht um die Brille, die wenigsten kannten sie in ihrer Wirkung genauer, noch bis ins 19. Jahrhundert hinein scheinen die Arzte die Auswahl einer passenden Brille als etwas ihres Standes Unvvtirdiges betrachtet zu haben, denn sie uberlieBen dies den Handlern, von vvelchen einige noch in einer uns naheliegenden Zeit es verstanden, die Sehproben fiir das Aussuchen einer Brille mit geheimnisvollem Schein zu umgeben. Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts kamen fiir Arzte bestimmte gedruckte Leseproben in den Verkehr. Nachdem man die Gesetze der Optik erst lange nach der Erfindung der Brillen entdeckte (Maurolycus und Kepler), so waren bishin die Brillen und ihre Wirkung Dinge der Zauberei, man schrieb den Glas- linsen eine geheime Kraft zu, mit deren Hilfe man lesen und schreiben konnte. Vom hi. Franz de Paula (gestorben 1507) wird erzahlt, daB er — seines Augenlichtes beraubt — mit einer aus Frankreich gesendeten Brille seine Gesundheit wieder erlangte. 4 ) Theophrastus Bombastus Paracelsus (1493 — 1541), der beriihmte Wunderdoktor und Chemiker, der seine unbestreitbar bedeutenden Leistungen durch Marktschreiereien selbst verdunkelte, spricht von einer ars berillistica und nennt die ') Krauterbuch weyland des u. s. w. Hieronymi Tragi, genannt Bo eku. s. w. Strafiburg, 1630. — Freiwillig aufgesprungener Granatapfel u. s. w. von Eleonora Maria Rosalia, geborene Fiirstin Liechtenstein. Wien, 1697. 2 ) Stilling, Untersuchungen iiber die Entstehung der Kurzsichtigkeit. Wies- baden, 1887. 3 ) Bartisch, Augendienst, 1583. 4 ) Acta sanetorum, collecta, digesta, illustrata a Godefrido Henschenio et Daniele Papebrochio c societate Jesu. Aprilis. Antwerpiae, 1675. »Cum D. Angelus visu oculorum privatus esset, habuit par oculariorum, quae fuerant missa e Gallia manu B. Francisci, quam primum autem illa šibi apposuit illico pristinam recuperavit sanitatem.« 17 Brille ein geweihtes Kristallglas, worin man zukiinftige Dinge sehen konne, 1 ) und noch 1551 erzahlt Record, daB Roger Bacon ein Glas ge- schliffen habe, bei dessen Wirkung der Teufel im Spiele gewesen sei, denn man habe durch dieses Glas vvunderbare und unbekannte Dinge gesehen. Ja sogar noch aus dem Jahre 1823 (!) ist eine Wundergeschichte verbreitet worden, in der die Brille eine groBe Rolle gespielt hat. 2 * 4 ) Der Prophet der Mormonen, Josef Smith, kam im genannten Jahre unter Fiihrung eines Engels nach Palmyra, wo er am FuBe des Hiigels Cumorah eine Kiste fand. In dieser lag eine Platte aus Gold, deren Schriftzeichen er mit Hilfe einer Brille, Urim und Thummim, 8 )als eine in neuagyptischen Hiero- glyphen geschriebene Offen- barung lesen und so das Buch der Mormonen verfassen konnte! Diese Brille, welche entweder schon in der Kiste lag oder erst spater in den Besitz des Propheten kam, wird in allen Mitteilungen tiber die Entstehung der Mormonen- sekte beschrieben als eine groBe, schvverfallige, in Silber gefaBte, unschone Arbeit des 18.Jahrhunderts! Hans Sachs (1494 — 1576) sagt: »In der Chrystall und der Parili kanu icli auch sehen viel Gesicht «; und andersvvo: »So will Ich beschwern durch die Prillen den Teufel.«*) »Parillenseher« nannte man im Mittelalter jene Leute, vvelche in eine Glaskugel schauten, um wahrzusagen; desselben Mittels bedienten sich auch Schatzgraber und Alchymisten. 5 ) Bild 8. Nach dem Holzschnitt in »Augendienst« von Bartisch, 1583. Anhang, Z. 28. ‘) »Berillistica est ars ipsa visiones in berillis et cristallis videndi.«-»Berillus speculum cristallinum consecratum.« Nach Carolus Dufresne, dorainus du Cange, Glossarium ad scriptores mediae et infimae latinitatis. Parisiis, 1733. 2 ) Busch, Geschichte der Mormonen. 1870. ’) Johannes Scherr, Geschichte der Religion, 1857, sagt, daB Urim und Thummim die heiligen Lose seien, vermittels welcher der Hohepriester den Jahve befragte, wenn jemand ein Orakel einholen wollte. Diese Lose trug er in einer mit Edelsteinen besetzten Tasche auf dem Bruststiick seines Uberwurfes. 4 ) und 5 ) Jakob und Wilheim Grimm, Deutsches Worterbuch. 1854. 3 * 18 Es ist unschvver zu erklaren, warum unsere Kenntnisse iiber die ersten Anfange der Brille so sparlich und liickenhaft sind. Zur Zeit als die uns beschaftigenden Tatsachen sich abspielten, waren die Mittel der Uberlieferung auf die Nachwelt sehr gering, zur Verfugung stand eigentlich nur die Schrift auf Pergament und Stein. Der letztere hat uns wenigstens den Namen des einen Brillenerfinders gerettet. Die Unmoglichkeit, das durchsichtige Glas mit dem undurchsichtigen Stein darzustellen, mag wohl der Grund sein, daB es keine derartigen Bildvverke aus Stein gibt; mir ist vvenigstens keines aus eigener Anschauung erinnerlich und ich kenne nur die von Pansier abgebildete, im Bilde 6 vviedergegebene Statue. Von den kostbaren Handschriften gab es zur Zeit ihrer Entstehung tiberhaupt nur wenige, nur ein kleiner Teil davon hat der unerbittlichen Zerstorung durch die Zeit getrotzt und ist bis auf uns gekommen, und wie wenige von diesen haben sich in Schrift und Bild mit einem Dinge beschaftigt, welches nur selten gebraucht wurde, und zwar aus Griinden, welche vveiter unten erortert werden sollen. Aber auch vervvandte Handschriften unter- scheiden sich in dieser Beziehung ganz bedeutend: Die das Konzil zu Konstanz (1414 —1418) behandelnde zeitgenossische des Ulrich Richen- t h a I in der Prager Universitatsbibliothek enthalt einen Mann mit Brille (siehe Titelbild), vvahrend der an Figuren iiberaus reiche Teil derselben Handschrift, welcher sich in der Bibliothek der kaiserlichen Akademie der Kunste in Petersburg befindet, 1 ) vergeblich nach derartigem suchen laBt. Als wichtige Quelle der Uberlieferung kommen Gemalde in Betracht. Aus der ersten Zeit der Brille sind nicht viele erhalten und die Mehrzahl behandeln Vorvvtirfe, bei denen auch ein Meister mit noch soweit aus- holendem Gedankenfluge schwerlich darauf verfallt, eine Brille, beziehungs- weise ihre Anvvendung in den Bereich seiner Darstellung zu ziehen. Dies wird bis zu einem gevvissen Grade anders im 15. Jahrhundert, als groBe Kiinstler gestaltenreiche Tafelgemalde schufen, als die Verviel- faltigung von Zeichnungen durch Kupferstich oder Holzschnitt begann und als die Buchdruckerkunst in unvergleichlichem Siegessturme das ganze Leben der Menschheit umvvandelte. In den nun folgenden Zeiten wird die Ausbeute reicher. So kenne ich aus Sammlungen von Ge- malden, Kupferstichen und Holzschnitten, sovvie aus manchem alten Buche eine Anzahl von Bildern, auf vvelchen die Brille vorkommt, sei es als Gerate, sei es in augenblicklichem Gebrauche oder als Mittel die Spottlust anzuregen; wir vverden vveiter unten sehen, daB gerade die Karikaturen-Zeichnungen ein reiches Feld fur unseren Gegenstand sind. Manches, was auf diesem Wege gefunden vvurde, ist wertvoll fiir Form, Vervvendung u. s. w. der Brille, ebenso auch vvertvoll fiir Zeitbestimmungen iiber die Brille, natiirlich immer nur mit Riicksicht auf die Zeit der Ent¬ stehung des Bildes und nicht auf die, in vvelcher die Begebenheit des ‘) Herausgegeben vom Fiirsten Gagarin, 1874. 19 betreffenden Bildes spielte; denn ebenso wie es der eine oder der andere Maler liebte, in einer Darstellung aus dem aiten Testamente die Menschen in die Gevvander des Mittelalters zu kleiden, ebenso finden wir auf biblischen Bildern Leute mit einer Brille bevvaffnet. Ich verweise auf die Ehebrecherin von Lukas Kranach dem -Alteren im Germanischen Museum in Niirnberg und den Zinsgroschen von Tizian im Louvre in Pariš. Auf beiden Bildern sieht ein alter Jude durch eine Brille. Bei den Karikaturen-Zeichnungen wieder mufi man immer beriicksichtigen, daB es sich hier um Uber- treibungen handelt (ca- ricare, beladen, be- lasten). Es ist selbstver- standlich,daB meinVer- zeichnis von solchen Bildern, besonders in- soweit das 17. und 18. Jahrhundert in Be- tracht komrnt, weit da- von entfernt ist, An- spruch auf Vollstandig- keit machen zu konnen. Meist sind es zufallige Funde beim Besuche von Sammlnngen.Auch von den mirbekannten habe ich nur jene auf- genommen, vvelcheaus einem oder dem an- deren Grunde fur die Geschichte der Brille bezeichnend sind. Ob- wohl wir nun mit Sicherheit sagen kon¬ nen, daB die Zahl hie- her gehoriger Bilder vielfach groBer ist, so steht die Menge der auf diese Weise dargestellten Menschen dennoch in grellem MiBverhaltnis zu der riesigen Menge von Bildern, auf denen wir vergeblich nach einem mit der Brille ausgestatteten Menschen suchen. Dies fallt besonders bei Bildern auf, welche eine groBere Anzahl von Menschen verschiedener Stande u. s . w . vorfiihren. Ich will gar nicht die Miniaturen mit ihren Geistlichen, Gelehrten u. s. w. beriicksichtigen, sondern will nur an grofie Wand- und Tafelgemalde erinnern. Ich greife ohne Regel und Ordnung ins Volle und denke an die Bilder dieser Art des Paolo Veronese Bild 9 . Nach einem Stiche von Bartliolomaus Sprangers (1546—1625 oder 1627). Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Anhang, Z. 29. 20 in Venedig, an die Stanzen des Raffael in Rom, Triumph des Todes und Jiingstes Gericht am Čampo santo in Piša, die Wandgemalde des Pinturichio in der Libreria in Siena, vveiters die zahlreichen, mit Menschen bedeckten Bilder der Niederlander des 17. und 18. Jahr- hunderts, ebenso die Gruppenbilder derselben Schulen, welche uns Portrats zeigen, ebenso die Radierungen, wie z. B. die des Franz Terzi (1560), das Bankett bei Kaiser Ferdinand I. Also hunderte von Bildern mit tausenden von Menschen, aber niemand mit einer Brille, wahrend anderen Geraten, z. B. Tabakspfeifen, eine liebevolle, ja bisweilen selbst aufdringliche Aufmerksamkeit gewidmet ist. Die Gelegenheit vergeblichen Suchens nach der Darstellung eines brillentragenden Menschen kann ich noch vermehren, wenn ich auf die Reihen von Portrats bekannter und unbekannter Personen aller Stande von verschiedenen Meistern dieser Zeiten hinweise; aber nirgends eine Brille! Dasselbe gilt von den nicht seltenen Darstellungen von Schulen, Versammlungen von Geistlichen, Arzten, Gelehrten u. s. w. Dies wird noch auffallender bei den Einzel- bildern in Stich oder Holzschnitt von Mannern der genannten Berufe, auf denen wir zahlreiche Abzeichen u. dgl. aber niemals eine Brille sehen. Endlich vvill ich noch auf jene Bilder, besonders des 18. Jahrhunderts, hinvveisen, welche den Zuschauerraum eines Theaters zeigen; unter den Besuchern dieses bemiihen wir uns vergeblich irgend jemanden zu finden, der eine Brille od. dgl. beniitzte. Nur auf dem zeitgenossischen groben Stich »Hoftheater des Kaisers Leopold I. 1668« (an Stelle des heutigen Kaisergartens in Wien) halten zwei Damen ein Gerate in der Hand, welches als zusammengeklappter Stecher mit langem Stiel gedeutet werden konnte. Vergleicht man diesbeziiglich Gruppenbilder aus dem 19. Jahrhundert, so verhalten sich diese ganz anders, denn auf ihnen sieht man regel- maBig Menschen, welche mit einem Augenglase ausgeriistet sind. Auf allgemein gehaltenen Bildern wird der Arzt, der Gelehrte heute — man mochte sagen der Uberlieferung gemaB immer mit einer Brille dar- gestellt, um ihn dadurch vor anderen Personen zu kennzeichnen. Wir sehen also, daB in grellem Unterschiede zur neuesten Zeit, in frilheren Jahrhunderten nur wenige Menschen Brillen beniitzten und noch vveniger sie regelmaBig trugen. Dieser Unterschied wird desto auffallender, wenn wir — gestiitzt auf anderweitige Kenntnis — sagen miissen, daB die Augen der Menschen — abgesehen von einer verhaltnismaBig geringen Vermehrung der Kurzsichtigen — sich in den letzten Jahrhunderten nicht geandert haben. Es miissen also die Bedingungen des Gebrauches der Brillen andere gevvorden sein, es miissen friiher Griinde im Spiele gewesen sein, welche die Menschen abhielten und hinderten, Brillen zu gebrauchen. Und tatsachlich gibt es solcher Grtinde mehrere. Flieher gehort, worauf ich schon oben hinwies, daB die Arzte sich gegen den Gebrauch der Brillen nicht nur ablehnend verhielten, sondern sogar 21 davon abrieten, weiters, daB es bei der Mangelhaftigkeit des Verkehrs- wesens des Mittelalters und der friihen Neuzeit natiirlicherweise einer geraumen Zeit bedurfte, bis die Brille in weiteren Kreisen bekannt vvurde und schlieBlich habe ich auseinandergesetzt, daB die Brille lange als Bild 10. Theriakhandler. Nach einem Stiche von Curti (1634 1718). Aus Peters, Der Arzt und die Heilkunde. Anhang, Z. 52. Werk der Zauberei angesehen vvurde, vveil man erst spater die Gesetze der Wirkung der Glaslinsen fand. Zu diesen Griinden kommen noch andere. In erster Reihe muB man berucksichtigen, daB das Leben in friiheren Jahrhunderten seltener Veranlassung gab, Brillen zu beniitzen, vveil nur 22 vvenige Menschen Berufsarten oblagen, welche sehr genaues Sehen er- forderten. Uhrmacher, Goldarbeiter, Kupferstecher, weiters Arzte, Gelehrte, Lehrer waren nicht so haufig vertreten wie heute. Aber auch Mitglieder dieser Stande vverden nur selten mit Brillen abgebildet, wohl aber fehlt beim Arzte nie das Uringlas. Wer keine guten Augen hatte, widmete sich einfach keinem Berufe, der an das Sehvermogen groBe Anforderungen stellt. Die Erde war damals noch nicht so uberfullt wie heute; die Wahl des Berufes, die Erwerbung des Lebensunterhaltes war noch nicht so schwer. Auch von den Monchen wissen wir, daB mit der Ausfiihrung von Handschriften nur solche betraut wurden, denen das andauernde Schreiben und Malen keine Schvvierigkeiten bereitete. Die Oberlieferung erzahlt uns wohl von Krampfen in den Armen und Handen der Monche infolge zu vielen Schreibens, aber von keinen Sehstorungen. Der Bayer Wikterb, der im 10. Jahrhunderte Abt von Tours war und sich durch Anfertigung von Handschriften ganz besonders auszeichnete, schrieb die letzte in seinem 90. Lebensjahre mit zitternder Hand und halbblind. Wie wenige Menschen konnten damals iiberhaupt lesen und schreiben! Auch die Erfindung der Buchdruckerkunst, vvelche das Lesen von Biichern in vveitere Kreise brachte, verschob diese Verhaltnisse anfanglich nur um Geringes zu Gunsten der Verbreitung der Brille, denn damals waren die meisten Biicher so groB, daB der Leser sie auf einem Pulte vor sich aufgeschlagen hatte und die fetten Buchstaben miihelos entziffern konnte. Die Zahl derjenigen, vvelche Brillen trugen, beziehungsvveise derselben bedurften, wird noch vermindert durch die Mangel der Erziehung und die geringe gesellschaftliche Stellung der Frau jener Zeit. Frauen und Madchen, vvelche damals des Lesens und Schreibens in nennensvvertem MaBe kundig vvaren, bildeten solche Ausnahmen, daB diese Kenntnis ofters riihmend betont vvird. Die vveiblichen Handarbeiten vvaren auf gevvohnliches Nahen u. dgl. beschrankt, das Einziehen farbiger oder gar goldener Faden in das meist grobe Hausgevvebe vvar schon selten und galt viel; auch Prunkgevvander vvaren nur mit Verzierungen in groBem Zuge versehen, auBer sie kamen aus dem Morgenlande, vvie die Kleider mancher deutschen Kaiser und deren GroBen. AuBerst selten sind Bilder, auf denen eine brillentragende Frau zu sehen ist, und es ist mir kein einziges bekannt mit einem so ausgestatteten Kinde oder eines jugend- lichen Wesens; auch alle Miinner, vvelche mit Brillen dargestellt sind, haben die Zeichen vorgeriickten Alters an sich. Es darf uns nicht Wunder nehmen, daB in der ersten Zeit die Menschen sich straubten, Brillen zu tragen, denn diese vvaren — vvie vvir vveiter unten sehen vverden — anfanglich hochst unformliche Vor- richtungen, vvelche unangenehm auffielen und so noch desto rnehr die Aufmerksamkeit auf ein korperliches Gebrechen lenkten. Die Brillen- tragenden vvurden lacherlich gemacht, aber nicht nur aus diesem Grunde, sondern iiberhaupt, und in der Regel in nicht sehr zarter Weise. So 23 sieht man auf dem Titelblatte einer Spottschrift auf die Schneider aus dem 16. Jalirhunderte »Befelil und Landesordnungdes Hermann Sartorius« zwei aufrecht stehende Ziegenbocke, von denen der linksseitige eine Cmffltcfesilatpitt/Sfo m Wib ČatibsOrbinma Hermanni 6arfw tii/lC . beg tf^raUtnMli rfom @cfr oetbeKb Orbeng?/ &efter ^ocfsfeuftf/bott tmbžu &ci& ffng«n/©anorifcfjen ©ecmarfutn. Bilci 11. Nadi dem Titelblatt von »Hermann Sartorius, Befehl und Landesordnung u. s. w.« 16. Jalirhundert. Nach Mummenhoff, Der Handwerker. Anhang, Z. 18. grobe Brille auf der Nase hat und sich recht unanstandig auffiihrt. (Siehe Bild 11.) Im »Narrenschiff« von Sebastian Brant, we!ches 1494 in Basel erscliien, ist der Buchernarr mit einem unformlich groBen Nasen- quetseher i n einem Holzsclmitt verewigt (sielie Bild 12). Eine Mode- B ° c k ' D «e Brille und ihre Oeschichte. 4 24 karikatur von Jacques Callot aus dem Jahre 1615zeigtzwei abenteuerlich angezogene tanzende Manner mit auffallend groben Nasenreitern. Die Ietzte Schrift des P. Abraham a Santa Clara war eine Art Todten- tanz in 68 Abschnitten, welclie 1710, also ein Jahr nach seinem Tode, als »Die gemahlte Todenkapellen« in Wien herauskam. Der 48. Abschnitt hat als Grundlage den Text: »In onmes homines mors pertransit.« Dazu die deutsche Bemerkung: »Ich thu auslachen das Possen machen« und dabei ein Kupfer: Dem Todtengerippe gegeniiber steht ein Pierrot mit bekanntem Hut und hol- zernem Sabel an der Seite, eine Maske in der rechten Hand und Klemmer mit groBen rurtden Glasern auf der Nase (siehe Bild 13). In demselben Abschnitt sagt der beruhmte Kanzelredner: »Es gibt allerley Narren, Kleider- Na rren , Panuqueti- Narren — — — Brillen- Narren — — —.« Unter den 50 Karikaturenbildern, welche 1715 unter dem Namen »II Callotto resus- citato oderNeueingerichtetes Zwerchen Kabinet« er- schienen, befindet sich eines, auf welcher ein Zwerg in Narrentracht einen Purzel- baum schlagt. Auf dem dem Beschauer zugekehrten Ge- saBteil des Beinkleides ist eine Brille aufgezeichnet. (Siehe Bild 14, Seite 24.) Der Schatten der Lacherlich- keit begleitete die Brille noch lange und diese muBte noch viel spater bei Karikaturen herhalten; so finden vvir in den Dusseldorfer Monatsheften 1847 von A. Schrodter eine soziale Karikatur: Ein Vogel mit groBer Brille auf dem machtigen Schnabel spricht mit einem Fuchs liber Getreidepreise und Ludwig Richter fiihrt uns in seinen Holzschnitten zu den »Deutschen Volksbiichern« den Schneider Kilian Meck mit Nasen- quetscher vor. Statt PossenreiBer sagte man zu Anfang des 17. Jahrhunderts und auch noch spater BrillenreiBer. Bei der Anfiihrung von Redensarten, vvelche sich an die Brille anknupfend entwickelt haben, werde ich weiter 25 unten noch manches erwahnen, als Beweis, wie wenig schmeichelhaft die Brille im Sprachgebrauche des Volkes behandelt und wie sie in manchen Redewendungen mit unehrlichen Dingen verkntipft wurde. ..Bilci 13.' Aus »Die gemahlte Todenkapellen« von P. Abraham a Santa Clara. 1710. Seite 24. Lyzealbibliothek, Laibach. Anhang, Z. 55. Die Fehde zwischen Geiler von Kaysersberg und Reuchlin zeitigte einige meist unter falschem Namen herausgegebene Streitschriften, von denen manche, satyrischen Inhalts, mit Hieben gegen den Feind gewiirzt sind. In einer derselben, welche wahrscheinlich von Reuchlin 4 » 26 selbst verfaBt ist, liest man, daB freclie Angreifer in ihrer sclivvarzen Tasche am Riicken (Kapuze) eine vveiBe Brille tragen muBten. 1 ) Ein Hindernis fiir die weitere Verbreitung der Brillen war der an- fanglich hohe Preis derselben. Ende des 16. Jahrhunderts kostete eine Brille auf heutiges Geld umgerechnet 100 — 200 Kronen und noch um die Mitte des 19. Jahrhunderts bezahlte man in Berlin fiir eine Brille aus Flintglas 4 Taler. 2 ) Daher komint es, daB Brillen mit ihren oft kunst- reichen und kostbaren Fassungen nur selten und nur im Besitze reicher sowie vornehmer Leute gefunden wurden. Pater Abraham a Santa Clara spricht von Brillen »wo man sie nur zum Staat tragt«, also gewiBer- maBen nur bei festlichen Gelegenheiten, nur dann, wenn man die besten Kleider angezogen hat, und dann will man auch mit dem Besitze einer Brille prunken. So werden auch Brillen in Verzeichnissen des Besitz- standes, sowie in letztwilligen Verfiigungen besonders erwahnt, z. B. 1372 in dem der Konigin Johanna von Frankreich, 3 ) in dem des Konigs Aus eincm Stiche in II Callotto resuscitato u. s. w.« 1715. Fuchs, Die Karikatur der europaischen Volker. Berlin, 1902. Seite 24. Anhang, Z. 56. Karl V. von Frankreich (1364 —1380,) 4 * ) weiters in dem Besitzstande des hi. Antonius, vvelcher 1446 als Erzbischof von Florenz starb, 6 ) endlich in dem des Herzogs von Bourgogne. 6 ) Aber auch fiir viel Geld konnte man nicht immer Brillen kauflich erwerben. Es ist uns die Nachricht erhalten geblieben, daB der Kurfurst von Sachsen, August (1553 1586), in seinem 48. Febensjahre einen ') »quod Fratres Ordinis Praedicatorum debelit, propter suam protervitatem, portare unum album brillum sive perspicillum in sua nigra cappa in dorso.« Epistolarum obscurorum virorum ad perpetuam memoriam, et scandaium, quod fecerunt iniuriam Speculo oculari Domini Joannis Reuchlin u. s. w. ad Dom. M. Ortuinum gratium volumina II. Londini 1742. S. 76. 2 ) Himly, Die Krankheiten und MiBbildungen des menschlichen Auges. Berlin 1843. s ) »pour un vericic encerne en maniere de iunettes, prise 20 francs.« 4 ) »deux bericles, dont un a le manche de bois, et un bericle ront, plat, environne de corne noir.« 6 ) »Quandoque linteamina et alia utensilia familiae suae, quandoque sua ocularia praestabat.« Acta sanctorum u. s. w. (siehc oben) Maji. Venetiis 1737. o) »ung bericle en une queue d’or.« 27 Diener nach Augsburg um eine Brille schickte, dieser sie aber dort nicht bekam, sondern sich deshalb bis nach Venedig vvenden muBte. 1 ) Brillen wurden uberhaupt nur an wenigen Orten verfertigt und hier hiitete man die Herstellungsart als kostbares Geheiinnis. Gutes Glas wurde lange uberhaupt nur in Venedig gemacht, beziehungsweise in Murano, vvohin die Glaswerkstatten wegen Feuersgefahr aus der Stadt verlegt wurden. 2 ) Das Geheimnis wurde bis ins 16. Jahrhundert bevvahrt. Durch Verrat vvanderte auch dieses, wie z. B. das der Verfertigung kiinstlicher Augen, in andere Lander. Gerade in Venedig aber fanden die Brillen lange Bild 15. Nach einem Holzschnitte aus 'ug — u. s. w.« Bei dem freigeistigen Volksscbriftsteller Frank (1601) finden wir die launig dargestellte Begegnung eines Abenteurers mit dem Bischof von Trier, wobei der erstere sagt, er sei ein »Barillen- macher«, konne aber keine Arbeit finden, »denn die alten M dneh und Pfaffen, so der Barillen be¬ do rf ten, konnen jr Gebet aufien«}) Zur Herstellung der Brillenglaser vervvendete man »ordinares«, feines und venezianisebes Glas, sowie Crownglas und Flintglas. Wenn wir lesen, daB auch Beryll den Rohstoff geliefert hat, so miissen wir beriicksichtigen, daB unter diesem Namen heute noch in der Steinkunde eine An- zahl von Abarten zusammengefaBt wird, von triiben oder durchscheinenden, verschieden ge- farbten Kristallen angefangen, bis zur kostbaren blauen Abart, dem Aquamarin, und der ge- schatztesten, dem Smaragd. Im Mittelalter nannte man zwar jeden durchsichtigen Stein, sowie auch das Glas Beryll, es liegt aber gar kein Grund vor zu bezvveifeln, daB man Kristalle von Beryll zu Brillenglasern geschliffen hat, eben nicht die edlen Abarten, sondern die geringeren, durch keine schone Farbe und Reinheit ausgezeichneten, von denen man Fundorte in Frankreich und England kennt mit Kristallen von 1—2 Meter Lange und 1500 Kilogramm Schvvere, meist von grauer oder braunlicher Farbe. Hier denkt man wohl gleich an die alten chinesischen Brillen aus Topas, dessen Abarten auch so verschiedenwertig sind, je nach der Farbe, Durchsichtigkeit und Zeichnung. Um die Mitte des 19 . Jahrhunders waren die gesuchtesten, aber auch teuersten Brillen jene aus brasilianischem Etergkristall, der sich durch besondere Klarheit auszeichnete. hn Jahre 1691 machte Christian Porschinen in Konigsberg in PreuBen Brillen aus Bernstein, indem er geschliffenen Bernstein in Leinol sott, wodurch Wappen der Zunft der Brillen¬ macher in Frankreich. 1581. Nach Pansier. ‘) S c h m e 11 e r, Bayerisches Worterbuch. 1827—37. Bock, Die Brille und ilire Oescliichte. 5 32 dieser seine gelbe Farbe verlor und durchsichtig wurde. 1 ) Dies ist die einzige diesbezijgliche mir bekannte Angabe und es laBt sich daher nicht beurteilen, ob diese Art von Brillen Anklang gefunden haben und ob sie nicht vielleicht nur den Zweck von Schutzbrillen zu erfiillen hatten, wie solche aus Olimmer oder Marienglas in spaterer Zeit. Die Glaser der Brillen machte man kreisrund, eirund, viereckig oder achteckig. In der ersten Zeit, vvahrscheinlich schon zu der des Armati, hatten die Glaser Zahlen eingeritzt, welche das Alter angaben, fur vvelches die Brille bestimmt war, eine ganz willkurliche Bezeichnung und Einteilung, welche im besten Falle auf in der Regel nur geringer Erfahrung beruhte. Es wird weiter unten Gelegenheit sein, diese Art der Brillenbezeichnung noch naher anzufuhren (altes Gesicht, junges Gesicht, Gesicht zu 50 Jahren u. s. w.). Aus Griinden, welche man nicht kennt, hat man diese ganz unzulangliche Bezeichnung der Brillen aufgegeben, olme dafiir etwas besseres einzufiihren, woruber sich Maurolycus von Messina beklagt. Die Bezeichnung der Brillenglaser nach ihrer Brennweite greift erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts durch und wenn wir auch in der zvveiten Halfte des 13. Jahrhunderts die Glaser nach Zollen eingereiht finden, so gab es zu dieser Zeit doch noch manchen Brillenverkaufer, der seine eigene Einteilung hatte. Manzini spricht von sechs verschiedenen Sammellinsen fur alte Leute, welche er nach einer besonderen Reihen- folge bezeichnete. Ausfiihrliche Regeln fur die Bestimmung von Brillen gibt 1623 der Spanier Dazum groben Brili«, »zum Engel«, »zur goldenen Brille«; oder »zu den zwei goldenen Bild 25. Brillenhandler. Nach dem Kupferstiche von J. Collaert (1520 1567) nach Stradanus. Munchen, Kupferstichkabinet. Anhang, Z. 25. Lowen«, so lautete um die Mitte des 18. Jahrhundertes das Schild des Optikers Steiner in Wien am Graben, des Stammhauses der heutigen optischen Anstalt F. Fritsch in Wien. In den soeben durchgefiihrten Erorterungen habe ich immer nur von der Brille im allgemeinen gesprochen, ohne Rucksicht, ob konvex, Saminellinse fiir Weitsichtige, oder konkav, Zerstreuungslinse fiir Kurz- sichtige. Die geschichtliche Entwicklung dieser beiden Arten ist insoferne verschieden, als die Konkavbrille viel spater in Gebrauch gekommen ist. Wir finden bei den Alten keine Špur von irgend einer Ervvahnung der 6 * 42 Zerstreuungslinse, obwohl die Kurzsichtigkeit im Altertume ganz gut bekannt war, wohl nicht in ihrer optischen Bedeutung, sondern als Augenfehler. Theophrastu s erzahlt bei dem griechischen Rhetor Athenaeus (2.-3. Jahrhundert n. Chr.), daB der Tyrann Dionysios (460 v. Chr.) kurzsichtig gewesen sei, und daB seine Hoflinge, um ihm zu schmeicheln, Kurzsichtigkeit vortauschten. Aristoteles (384 -322 v. Chr.) erortert die Orunde des Blinzelns und der kleinen Handschrift der Kurzsichtigen. Aus einigen Bemerkungen des Pii ni us, der in den ersten Jahrzehnten un- serer Zeitrechnung lebte, kann man schlieBen, daB Kurzsichtige damals hau- figwaren. Umeinvveniges spater machte man im romischen Rechtsleben den Unterschiedzwischen angeborener und ervvor- bener Kurzsichtigkeit, be- ziehungsvveise Schwach- sichtigkeit mit Riicksicht auf allfallige Ungiltigkeit eines Sklavenkaufes, ein Oegenstand, welcher Rechtsgelehrte, darunter auch den groBen Ulpia- nus beschaftigte. Diesen Angaben aus dem Alter¬ tume 1 ) kann man gleich- bedeutende aus dem Mittelalter anschlieBen. Der arabische Arzt Avi- cenna (980 -1037), der gelehrte Dominikaner Al- bertus Magnus (1193 bis 1280), der als Graf von Bolištatt in Sclnvaben zur Welt kam, und andere Schriftsteller vom 12. bis zum 17. Jahrhundert machen Angaben, daB es damals in Europa nicht nur Kurzsichtige gegeben hat, sondern daB sie in Italien sogar recht zahlreich vvaren, was wohl mit der groBen Menge der Studenten an seinen damals so bltihenden Hochschulen zusammenhing. Die Kurzsichtigkeit beschaftigte damals die Gelehrten bereits derart, daB Cardanus (1501 — 1576), der Mathematiker, Philosoph und Mediziner Biki 26. Der Brillenhandler. Nach dem Stiche von Nikolaus Gabriel Dupuis (1696 1770), nach einem Gemalde von Franz Eisen d. V., geb. 1700. Sanimlung Dr. Brettauer, Triest. Anhang, Z. 63. ') nach Stilling (siehe oben). 43 in Pavia, sogar den Geist und das Gemiit eines Kurzsichtigen zn m Gegenstand einer Beschreibung machte, ohne daB damals jemand Wesen Bi Id 27. Papst Leo X. mit den Kardinalen Oiulio Medici und Lodovico Rossi. Olgemalde von Raffael im Palazzo Pitti in Florenz. Nach einem Lichtbilde von Alinari in Florenz. Anhang, Z. 21. und Ursache der Kurzsichtigkeit gekannt hatte. Wir wissen auch von einer Reihe beruhmter Manner, daB sie kurzsichtig waren, ich nenne nur 44 Papst Leo X., Zwingli, Lionardo da Vinci, Konig Gustav Adolph, Voltaire, Friedrich der GroBe, Napoleon I. u. s. w. Auch mit Bezug auf die Konkav- brille ist es Roger Bacon, der zuerst von ihr spricht (1276), dann aber ist es lange stili davon, bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, denn die erste deutliche Ervvahnung finden wir beijoannes, Archiepiscopus Cantuarensis 1 ) (Canterbury) und erst 1593 erklart Porta die Wirkung des Konkavglases auf das kurzsichtige Auge. Das Wesen der Kurzsichtig- keit in optischer Beziehung erorterten erst MauroIycus und Kepler (siehe oben). Etwas weniger als ein Jahrhundert spater bespricht Zah n 2 ) unter anderem auch das Schleifen konkaver Glaser. In der Pinakothek in Miinchen befindet sich ein Bild, »Die Ehebrecherin vor Christus«, gemalt von Lukas Muller, genannt Cranach der Altere, geboren 1472. Auf diesem schaut ein Mann durch einen Nasenreiter, dessen eirunde Glaser die Spiegelung von Konkavlinsen haben. Im Vergleiche zum Konvexglas brauchte das Konkavglas noch viel langer, um in allgemeinen Gebrauch zu kommen. Ihm standen noch groBere Hindernisse im Weg als dem Leseglase. Vor allem straubte man sich dagegen, eine so plumpe Brille immer zu tragen. Das Leben der damaligen Zeit war aber auch gar nicht darnach angetan, Verlangen und Bediirfnis nach Verbesserung des Sehens in die Ferne hervorzurufen: Innerhalb Wall und Graben waren die Hauser auf engem Raume zusammengedrangt, daher die Gassen schmal und dunkel; man kam nur wenig ins Freie; der Kurzsichtige vermied Berufsarten und Vergniigungen, welche ein deutliches Sehen in die Ferne erfordern, z. B. Soldat, Jager. In dieser Beziehung machte ein beriihmter Kurzsichtigereine Ausnahme, Leo X., welchertrotzseiner hohen Kurzichtig- keit am See von Bolsena jagde und sich hiebei eines Konkavglases bediente, »mit dem er besser sah, als seine Begleiter«. 3 ) Wir bediirfen fur diesen Papst gar nicht der geschichtlichen Uberlieferung seiner Kurzsichtigkeit, denn wir besitzen sein Bild von Raffaels Meisterhand zvvischen 1517 und 1519 gemalt, welches im Palazzo Pitti in Florenz aufbevvahrt, uns den Papst sitzend zeigt, zwischen den beiden Kardinalen Giulio Medici und Lodovico Rossi, im Bau seines Antlitzes mit allen Zeichen des Kurzsichtigen, in der Hand ein gestieltes Einglas, dessen Spiegelung es als hohlgeschliffen erkennen laBt (siehe Bild 27). Die Regensburger Brillenmacherordnung erwahnt auch SchieBbrillen fiir Kurzsichtige. Man kann daher mit Sicherheit annehmen, daB Konkavbrillen um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Gebrauch gekommen sind. Stilling weiB mit Geist und Scharfsinn auch noch andere Kenntnisse in dieser Richtung zu ver- werten. Er fand in einem Buche tiber den Zvveikampf 4 ) auch Regeln fur die mit Kurzsichtigkeit (vista corta) Behafteten, um sie dem regelrecht h Perspectiva communis. Niirnberg, 1542. (Nach Stilling, siehe oben.) 2 ) Z a h n, Oculus artificialis teledioptricus sive telescopium u. s. w. 1685. 3 ) W. Ro sco e, Leben Leo X. 1808. 4 ) Stilling (siehe oben). Fausto da Longiano, Del duello. Venezia, 1551. 45 Sehenden gegeniiber nicht in Nachteil zu setzen. Hier erfahren wir auch, daB es eigene Helme fur Kurzsichtige gab, welche zu tragen nur im Kriege gestattet vvar; sie hatten namlich auf dem Visir besonders ge- Vos Cveiilis.ah eiiuftlcl. rjiioljcrihitur vomrfjoctor la lujiblte Cordaaion. 11cwfertjcincn-John cUrvcm■. Cadave raJucJi t cr ^jafnfbcn ^Icich ivic dcr Corvus auf JaMtfc Jih Credltc . zibct nicht le rt hm Iojuv ROJTUC romat lic SRcfhn,. aurum definaavit vil/um. ^(etJtung tv iifctb enčob z uJCČnrt. {fetno »-v V _ m Jf: : t - rt ttrtnrtffat ■Jrifc J g<[)aibit.V oChorcs Medici iuffet }u Ctonv, tmrotftt bif cm&iČčTt fbruSifxfu£f)cn fEivucurireii£uu>fraqcrt,fid}a?tifcml-9tfft.*aiuf}£rT t ''4 l fl l tP^ t5 4l;i'r~ tvdrtetvf&žct) lijtirigcfu.+jt (ft vafant. faCKnStUMntiaiaifu groficErpftaOm« Hrtfitttmtrt (angmScf)nAičCm(lrmCnutimta 'Sočani). irtiti0 die Karikatur der europiiischeii Volker. P . . 1,1 i Berlin, 1902. Anhang, Z. 74. aufsetzen «. In einer belehrenden Schrift des 15. Jahrhunderts steht der Reim: » Kurze lehr und warnung finstu hie, allein setz brillen auf und sih .« Luther sagt mehrmals: »auch ohne brili und laterne ersehen «; oder »setz die brillen auf die nasen und siehe darauf« ; oder »t venn wir gleich alle brili, die in der welt situl, aufsetzten u. s. w.«, oder » lieber herr setzet die brillen auf die nasen und sehet den text recht an.« Endlich an einer andern Stelle: » Wenn ich Pirkheimer vedre, wollt ich Ekolampad eine brille schicken. « Dies bezieht sich auf die beiden bedeutenden Zeitgenossen Luthers, den Schweizer Reformator Oekolampadius (Johannes Heussgen oder Hiissgen, 1482—1531) und den als Humanisten hervorragenden ') Dieser Absclinitt enthalt die meist zufalligen Friichte des Lesens zahlreicher alter Biicher, sowie auch Angaben aus Grimm (siehe oben), Schmeller (siehe oben) und Sanders, Worterbuch der deutschen Sprache, 1860. Bock, Die Brille und ihre Geschichte. 7 48 Niirnberger Patrizier Wilibald Pirkheimer (1470—1530). Der letztere trug Brillen, grobe runde in Leder gefaBte Glaser, welche seinerzeit auf der Wartburg den Besuchern gezeigt wurden. Geiler von Kaysersberg, der Zeit- und Ortsgenosse Sebastian Brants (Anfang des 16. Jahr- hunderts) sagt: »Ja, lieber, setze brillen auf und kere es umb, ist eben das widerspiel.« Auf dem Titelblatte eines Buches 1 ) steht: » Wer mich nicht lesen kann im Kauf, der setz der Naseti ein Sattel auf '« (siehe Bild 30). Der groBe deutsche Satyriker des 16. Jahrhunderts, Fischart, genannt Mentzer, wiinscht, » daj} es ein blinder mit hdnden soli tasten und ohne licht und brili vernehmen konnen .« Ausfiihrlicher behandelt ahnliche Gedanken P. Abraham a Santa Clara in seiner »Todenkapellen« (siehe oben) in Nr. 50, Coecus sedebat juxta viam mendicans. Marcus X. 46. »Ich find, ob ich kein Aug mehr hab, bei blinden Tritten doch mein Grab.« - — — So fiihrt der Tod sowol die Scharff-sehenden als Stockblinden zu Grab ohne Latern und Brillen, ob er zwar selbst die Augen verlohren. Doch haben die Blinden in vielen Stiicken einen grossen Vorteil vor allen sehenden Menschen, sowohl im Leben als auch im Sterben. — — — Er kann alle Brillen ersparen, welches sonderlich in Spanien gar profitable fiir einen Blinden seyn mag, da die grof ten Herren die grof ten Brillen tragen und was Grosses dafiir bezalen miifien. Es ist selten ein Schad, es ist ein Nutz dabey. Und sind die Brillen, absonderlich, wo man sie nur zum Staat trdgt, ein Uberfluf, dessen man leicht entbehren konnte. Desvegen jener lustige Advokat, als sein Gegenpart in seiner Oration versprochen, alles Uberfluf ige abzuschneiden, denselben nicht unbillig einer Unvvahrheit beschuldiget, weil derselbe eine Brille mit zweyen Glasern auf der Nasen und doch nur ein Aug im Kopfe hatte, und sagte, wenn er allen Uberfluf hatte abschneiden wollen, so solite er auch das eine Glas aus der Brillen gleichfalls weggetan haben, weil es ihm nichts nutz und iiberfliissig gevesen. Aber hier war die Antwort: Superjlua haec non nocent, besser zu viel als zu wenig, u. s. w.« Der groBe Prediger sagt an einer anderen Stelle: »Herbey, ihr Alte, ihr seyd die allererste in der Todten- Bruderschaft, der Todt fiihrt Euch schon an der Handt und dennoch ihr sambt den Brillen auff der Nasen sehet nit, wie nahe euch der Todt ist« Oder an einem zvveiten Orte: »Sie schauen der Ndchsten ihre Fehler durch die Microscopia — — — an — —, wo sie doch bei Betrachtung ihrer eigenen grofi-kopfeien M angel die Brillen hinweg legeti und solche fiir vintzige Miicken halten.« Bei verschiedenen Schriftstellern findet man schon friihzeitig treffende Bemerkungen, wie »Etwas durch seine eigene Brille ansehen «, »durch einen falschen brili kucken«; »du siehst durch eine fremde Brille, ich sehe ‘) Neu ausgelegter curioser Tandelmarkt der jetzigen Welt in allerhand Waaren und Wahrheiten vorgestellt u. s. w. Von Herrn Johann Valentin N ein er, vveltlichen Priester Austriaco-Vienensi — — —. Wien und Briinn, 1734. 49 besser und kanil die Brille wieder ablegen«; »er bedarf keiner Brille, der wol durch die Finger sieht«; »je hoher einer im Oliicke steigt, desto grofier lafit er sich seine Brillen machen « u. s. w. Der Epigrammendichter Freiherr von Logau (1604- 1655) kennzeichnet sehr richiig das Urteil der Weli, wenn er schreibt: » Was wir sehen in derWelt, sehen alles wir Bild 30. Titelkupfer zu Neiner, Neu ausgelegter kurioser Tandelmarkt, 1734. Im Besitze des Herrn von Radics, Laibach. Anhang, Z. 60. durch Brillen .« Aus der Reihe der zu Ende des 18. Jahrhunderts aus guten Oriinden namenlos und audi mit falscher Angabe des Druckortes herausgegebenen Biicher kenne ich eines, welches hier angefuhrt zu werden verdient. Sein Name lautet: »Die Brille der Erkenntnis fur blode Augen der Konige. Ein Marchen in zwey Theilen. London 1787« und 7 * 50 hat den Sinnspruch: » Wir tragen Nosen, damit wir Britten darauj setzen konnen. Voltar .« Im Verlaufe des Marchens fiihrt eine Fee einen morgenlandischen alten Weisen in ein kleines Zimmer, wo eine hagere, ernsie, tiefsinnige Figur sitzt, welche Brillen macht. Diese sagt dann unter anderem: »Diese Brillen sind mein grofiter Schatz. Es sind Augenglaser fiir moralisch blode Konige, durch deren Kroft gekronte Hdupter jedes Gegenstandes inneren Wert erkennen, wogegen weder Kobale noch Heuchelei bestehen. Wer sich dieser Brillen bedient, handelt weise und menschlich. Es sind Brillen der Erkenntnis, wer sie besitzt, deni dienen sie trefflich, wer sie nicht besitzt, der vermifit sie auch nicht .« Jene Redevvendungen sind besonders auffallend, in denen der Sprachgebrauch des Volkes die Brille mit unehrlichen oder vvenigstens zvveifelhaft anstandigem Vorgehen und Benehmen in Verbindung bringt. Vielleicht hangt dies noch mit der Vorstellung aus jener Zeit zusammen, da man bei Mangel an optischen Kenntnissen die Brillen fiir Zauberdinge hielt, die etwas vorspiegeln und -tauschen. Jemandem Brillen aufsetzen oder verkaufen, hieB soviel, wie ihn betrflgen. Statt zu sagen, das ist Betrug, sagte man, das sind Brillen. »PrillenreiBen« war gleichbedeutend mit »ein maul machen« oder »eine wachsin nase traen.« Hans Sachs nennt einen PossenreiBer einen » selzamen prillenreiszer .« Einmal las ich auch »briillenreiszer« als Bezeichnung fiir einen Schreier oder GroBsprecher. Der groBe Volksschriftsteller Frank von Word (1499- 1543) spricht von » schalksnarren und singer, welche unziichtige lieder singen, prillen reiszen, grobe zotten und possen treiben.« Eine andere Stelle aus derselben Zeit kann ich nur teilweise vviedergeben, aber schon die erste Zeile lautet vielversprechend: »jiiden, spitzbuben, brttlenreiszer « u. s. w. Dagegen versteht es ein Schalksnarr in »Gargantoa« von Fischart (siehe oben) seine Beschaftigung mit Selbstgefuhl und Laune zu schildern: »Derhalben schetz ich es noch einmal fiir ein ehr, wenn man mich fiir einen guten prillenreiszer und grillensch . ausschreit, ich biti darumb nicht gescholten, sondern des willkommener in allen meinen pantagruelistischen ganz durstigen gesellschaften und ziinften.a Wenig oder eigentlich gar nicht bekannt sind die Beziehungen zvvischen Brille und Mtinzenkunde. DaB es mir iiberhaupt moglich isti darauf beziigliches zu bringen, verdanke ich der Freundlichkeit meines geehrten Fachgenossen, des Herrn Dr. Brettauer, Primararzt in Triest, der mir zu diesem Zwecke die Beniitzung seiner einzig dastehenden Sammlung von Miinzen und Medaillen gestattete, eine Sammlung von tausenden und tausenden Stiicken von Erzeugnissen der Pragekunst, welche mit Medizin in irgend einem Zusammenhange stehen, wahrhaftig eine Medicina in nummis. Die Zahl jener Miinzen dieser Sammlung, vvelche eine Brille aufvveisen, ist so groB, daB ich nur die hervorragendsten Stticke anfiihren kann, fast jede derselben besitzt eine Anzahl von Ab- arten, deren Beschreibung zu weitlaufig ware. 51 Ich will mit jener Miinze anfangen, welche eine der groBten Selten- heiten unter Munzen iiberhaupt ist, mit dem Brillendukaten des Konigs Christian IV. von Danemark (siehe Bild 31 a). Er ist Gegenstand einer besonderen Begebenheit. 1644 wurde bei Kongsberg in Norvvegen gold- haltiges Erz entdeckt, aus welchem einige Dukaten gepragt werden konnten. Die Nachricht von diesem Funde begegnete aber MiBtrauen, und so sagten Zweifler, man hatte diese neuen Dukaten aus umgeschmolzenen alten gepragt. Uberraschenderweise wurde bald darauf auch noch an einem anderen Orte Norvvegens Gold gefunden. Um die Zweifler zu verspotten, lies nun der Konig 1647 neue Dukaten pragen, auf deren Rtickseite unter einer Brille zu lesen war: »Siehe die Wunder des Herrn« ( Vide mira Domini). 1 ) Auf der Vorderseite sieht man die Gestah des Konigs mit Namensumschrift. Das miinzreiche Braunschweig des 16. Jahrhunderts gibt uns einen reichen Beitrag zu unserem Gegenstand in Talern, viertel, halbe, ganze b Bild 31. a Brillendukaten des Konigs Christian IV. von Danemark. b Braunschweig’scher Brillentaler. c Freimaurerdukaten. Aus der Sammlung Dr. Brettauer, Triest. und doppelte. Alle haben auf der Vorderseite einen wilden Mann. Dieser halt in der rechten eine Leuchte, in der linken — untereinander an- geordnet — einen Todtenkopf, eine Sanduhr und eine Brille (siehe Bild 31 b). Die ringsherumstehenden Anfangsbuchstaben sollen heiBen: »Was Hilft Dem Alten Licht Vnd Brili, Der Sich Selbst Nicht Hilft Vnd Kennen Will,« Man meint, daB der Stecher mit der Brille das beginnende Alter, mit der Sanduhr den Obergang zum Lebensende und mit dem Todtenkopfe dieses selbst andeuten wollte. Die Riickseite hat das Landeswappen. Die Stadt Oudenaarde (Audenarde) in Belgien gab 1582 Notklippen heraus in schlechtem Silber und einer bleiartigen Metallmischung. Das Wappen der Stadt, in \velcher die Herstellung von Brillen fleiBig betrieben wurde, zeigt uns eine Brille. ') Johann David Kohler, Historische Munzbelustigung, Nurnberg. 1739. 52 Den Obergang von Miinzen als Geldart zn den nur zu besonderen Zwecken gepragten, vermitteln die Tokens, kleine englische Kupfer- miinzen, im Werte von einem Farthing, welche znr Zeit der Konigin Elisabeth (1558 1603) von Privaten gemunzt, einen geduldeten Kurs hatten. Die Brettauer’sche Sammlung enthalt davon drei Stiicke aus dem 17. Jahr- hundert, von denen zwei einen Nasenquetscher, eines einen Nasen- quetscher und eine Scheere zeigen. Es waren dies Miinzen, mit denen Brillenverkaufer Namens R. Litord, Th. und R. Williams, die Auf- merksamkeit auf ihre Ware lenken wollten. Der eine mag, der Schere nach zu urteilen, auch noch mit anderen Dingen gehandelt liaben. Eine Reihe fur sich bilden Spielmiinzen, auf denen die Brille ab- gebildet ist und in einem bestimmten Zusammenhang steht mit der Inschrift dieser Munzen. Ich will die Reihe mit einem fein und zierlich ausgefiihrten Stiick eroffnen, welches der Grafin Cosel, oder wie sie selbst ihren Namen schrieb, Cossel (1680 — 1765), der Geliebten August des Starken gehorte: Auf der einen Seite halt eine mit der Brille be- waffnete Eule ein Doppelglas im linken Fang, auf der anderen Seite stehen die Worte: »Versehen ist verspielt .« Auf einem zvveiten Stiick lesen wir: » Wagen gewinnt, wageti verliert « und auf der anderen Seite unter einem Nasenquetscher » doch Versehen ist verspielt .« Ein sehr weiser Spruch befindet sich auch auf einer ahnlichen Miinze unter einer Brille: »Zusehen ist das Beste im Spiel ’.« Eine bemerkensvverte Klippe aus Silber wird mit Michael Servet in Zusammenhang gebracht. 1511 in Aragonien geboren, beschaf- tigte er sich zuerst mit Rechtsvvissenschaft und Heilkunde, dann spater mit Fragen der Gottesgelehrsamkeit. Dies brachte ihn in Gegensatz zu Calvin, auf dessen Drangen er 1553 als Ketzer verbrannt wurde. Auf diesen Streit soli sich die Klippe beziehen: Auf der Vorderseite sieht man eine Eule mit einer Brille im rechten Fange und ein Licht, sovvie die Inschrift: » Was niitzt die Brille dem, der nicht sehen will.<.< Auf der Riickseite stehen zwei Manner, von denen einem aus dem Auge ein Balken hervorragt, in Erinnerung an den Bibelspruch vom Splitter im Auge des Nachsten und dem Balken im eigenen. Es gibt auch satyrische Brillenmiinzen, deren Bedeutung man aber nicht kennt. Dr. Brettauer besitzt mehrere derartige aus Silber und Blei aus dem Jahre 1688, auf der Vorderseite eine Eule mit Brille und auf der Riickseite die Inschrift: »Nog even blind.qui s’attachent autour de la tete«, eine Erinnerung an die Brille der alten Deutschen und Chinesen, welche mit einer Schnur nach ruckvvarts gebunden wurde. Lunette, die Einzahl, bezeichnet ein Augenglas, daher une paire de lunette unsere Brille, eine Vorrichtung fiir beide Augen. In Zusammenhang mit dem Gedanken, dafi die Brillen die Augen schonen, findet man auch das Wort conserve. 1 ) In alteren deutschen Buchern iiber Befestigungskunst liest man auch von Brille in dem Sinne von Lunette der spateren Schriftsteller, vvelche Festungsbauten schildern.-) ’) Dictionaire complet. Cotta, Stuttgart und Tiibingen, 1811. 2 ) Fosch, Kriegs-Ingenieur- und Artillerie-Lexikou. Dresden und Leipzig, 1735. »Brillen (franz. Lunettes) heiflen in der Fortifikation Werke, so aus zwei Facen be- stehen und zu beiden Seiten eines Ravelins gelegt werden.«. — »Brille nennt man zuvveilen die Zitadelle zu Miinster, sonst St. Paulusberg genannt.« B o c k, Die Brille und ihre Oeschichte. 8 Anhang. Als Anhang gebe ich ein Verzeichnis von bildlichen Darstellungen, auf denen die Brille vorkommt. Die weitaus ubervviegende MehrzahI der- selben habe ich im Urbild gesehen, die wenigen, bei denen dies nicht der Fali war, kenne ich aus guten Wiedergaben. Es ist selbstverstandlich, daB bei dieser Zusammenstellung schon aus auBeren Grunden von Voll- standigkeit keine Rede sein kann, auch von den mir bekannten Bildern fiihre ich nur jene an, auf vvelchen die Brille in besonders eigenartiger oder bezeichnender Gestah od. dgl. vorkommt. Dies gilt besonders fiir die Bilder des 18. und 19. Jahrhunderts. Trotz dieser Unvollstandigkeit erachte ich es aber doch fiir gerechtfertigt, diese Bilder aufzuzahlen, denn sie waren fiir mich oft unmittelbare Quellen. Vielleicht findet darunter auch der Kunstfreund oder Sammler von Stichen u. s. w. einiges, was ihm Freude bereitet. 1. Kaiser Sigismund belehnt den Burggrafen von Niirnberg, Friedrich, mit der Mark Brandenburg. 17. April 1417. Farbiges Bild aus der gleiclizeitigen Handschrift des Ulrich Richenthal iiber das Konzil zu Konstanz (1414—1418). Universitiitsbibliothek in Prag. Links oben steht der Kanzler mit einem plumpen, griin eingefafiten Nasenreiter. Titelbild. 2. Madonna mit Heiligen und Stifter. Olbild auf Holz von Jan van Eyck, Akademie zu Briigge und Kopie nach Jan van Eyck, Holz auf Lein- wand iibertragen, Museum zu Antvverpen. (La Sainte Vierge, Saint George et Saint Donatien, Nr. 412 des offiziellen Kataloges.) Zur Rechten der Mutter mit dem Kinde steht der hi. Donatian, links der hi. Georg. Zvvischen diesem und Maria lcniet der Stifter, Kanonikus Georg van der Pale und halt mit den Fingern der rechten Hand einen schvvarzgefaBten Nasenklemmer beim Biigel. — Das Original befand sich friiher in der Kirche Sankt Donatian in Briigge, wurde vvahrend der franzosischen Herrschaft Anfangs des 19. Jahr- hundertes nach Pariš geraubt und kam dann ins Museum nach Briigge. Die vom Original nicht zu unterscheidende Kopie stammt aus einer Kirche in dem zvvischen Gent und Briigge gelegenen Watervliet. Bild 4. 3. Anbetung des Kindes durch die drei Konige. Mehrere deutsche Holzschnitte aus dem Jahre 1466. Einer der Konige sieht durch ein Doppelglas. 57 4. Der hi. Hieronymus. Wandgemalde in der Kirche Ognissanti in Florenz von Domenico Ghirlandajo (1449—1494). Der Greis sitzt schreibend an einem Pulte, an dessen rechter Seitenwand neben Schere und TintenfaB ein Nasenklemmer hangt. Am Biigel ist das knopfformig vorspringende Gelenk zu sehen. Bild 7. 5. Exequiem des hi. Franziskus. Wandgemalde in der Cappella Sasetti in Florenz von demselben. Zu Haupten des toten Heiligen steht eine Gruppe von Geistlichen, in ihrer Mitte ein Bischof, vvelcher durch einen weit nach vorne aufgesetzten Nasenquetscher in ein Buch schaut. 6. Der Tod der Maria. Stich von Martin Schongauer (1450—1491). Sammlung Dr. Brettauer in Triest. An der rechten Seite des Bettes knien zwei Manner, von denen der eine ein Doppelglas unmittelbar auf einem Buche halt, wahrend der zweite mit dem Ausdrucke eines Kurzsichtigen sich heranbeugt. Bild 5. 7. Der Philosoph Pythagoras schreibt auf einer Pergamentrolle mit einer plumpen Brille bewaffnet. Holzschn. aus Rudimentum noviciorum. Liibeck, L. Brandis, 1475. 8. Der Biichernarr mit grofiem unformlichen Nasenquetscher. Holzschnitt aus »Narren- schiff« von Sebastjan Brant. Basel, 1494. Bild 12. 9. Die Ehebrecherin vor Christus. Tafelgemalde von Lukas Miiller, gen. Cranach d. A. (1472—1553). Miinchen, Pinakothek. Links steht ein Pharisaer, der sich mit Zeigefinger und Daumen der linken Hand die schvvarz gefaBten eirunden (konkaven?) Glaser einer Brille auf der Nase halt. Es wird von manchen Kunst- gelehrten behauptet, daB der durch seine auffallend grofie Gestah storende Mann eine Zutat spaterer Zeit ware. 10. Der Mann mit der Brille. Olgemalde von Quentin Messys, richtig Matsys (1460—1530). Museum in Frankfurt a/M. 11. Die Wucherer. Olgemalde von demselben. Windsor-Gallerie. Ein alter Mann schreibt, mit dem Klemmer auf der Nase. 12. Alchymistisches Laboratorium. Holzschnitt von Hans Burgkmair (1473—1531). Der Alchymist steht vor dem Herde und hat eine Brille mit stark gebogenem Biigel auf der kruinmen Nase. 13. Eine Schule im 15. Jahrhundert. Holzschnitt von demselben aus »Bilder zu Schimpf und Ernst«. Der Lehrer sitzt am Katheder und hat eine Brille mit groBen runden Glasern. 14. Tod der Maria. Olgemalde von Jan Jošt von Calcar, Niederlander, Ende des 15. Jahrhunderts, Hauptaltar der Kirche in Calcar. Zu Haupten der Sterbenden steht ein Mann mit einem vor das rechte Auge gehaltenen Einglas, zur Linken betet ein alter Mann mit weit vorne aufgesetztem Nasenklemmer aus einem Buche. 15. Statue mit Brille, 15. Jahrhundert. Museum zu Vienne, Isere, nach Pansier. Bild 6. 16. Fahrende Kleriker bei einem Sang auf die Schlemmerei. Holzschnitt, unbekannter Meister, beilaufig 1500. Berliner Kabinet. Ein Mann hat einen Nasenquetscher und auf dem Tisch liegt ein groBes Einglas mit Stiel. 17. Tod der Maria. Olgemalde vom »Meister des Todes der Maria« unbekannten Namens, Anfang des 16. Jahrhunderts, Museum in Kolu. Zu FiiBen der Sterbenden steht ein alterer Mann, der durch einen mit der rechten Hand auf der Nase gehaltenen zierlichen Klemmer von vveitem in ein groBes Buch schaut. 18. Titelblatt von »Hermann Sartorius, Befehl und Landesordnung u. s. w.« Spottschrift auf die Schneider. 16. Jahrhundert. Holzschnitt, Stadtbibliothek Nurnberg. Zwei Ziegenbocke stehen aufrecht neben einem Wappen, der rechtseitige tragt einen groBen Nasenquetscher und fiihrt sich unartig auf. Bild 11. 8 * 58 19. Titelblatt von »Johannes Pfefferkorn, Ein mitleydlische clag.« Oegen Reuchlin gerichtete Schrift. 1514. Holzschnitt. Eine am Boden knieende und die Hande ringende Gestalt hat einen weit nach vorne aufgesetzten Nasenquetscher. 20. Ein Gelehrter halt in der Hand ein Doppeiglas mit spitzgabelig geteiltem Stiel. Holzschnitt aus »Brosamlein«, 1517. Wahrscheinlich von Geiler von Kaysersberg (1445—1510). Bild 15. 21. Papst Leo X. mit den Kardinalen Giulio Medici und Lodovico Rossi. Olgemalde von Raffael Santi (1483—1520), Palazzo Pitti, Florenz. Gemalt zvvischcn 1517 und 1519. Der Papst halt mit der linken Hand ein hohlgeschliffenes rundes Einglas an einem Stiele. Bild 27. 22. Arztliche Besprechung. Farbige Glasscheibe von 1524 aus dem Gesellschaftshause der Bader und Scherer in Ziirich, im Besitze Professors Rudolf Rahn in Ziirich (nach Horner: Uber Brillen. Neujahrsblatt auf das Jahr 1885. Ziirich, 1885). Auf dem Tisch, an dem zwei Arzte sitzen, liegt neben Biichern und Schreibzeug ein Nasenklemmer. 23. Spottbild auf das Augsburger Interim, 15. Mai 1548. Stich aus demselben Jahre. Unter singenden Geistlichen sieht man den Kopf eines Schalksnarren, der eine weit nach vorne geschobene Brille auf der Nase tragt. 24. Am Boden knieender Arzt betrachtet durch seinen plumpen Nasenklemmer das ent- bloBte GesaB eines Mannes. Holzschnitt eines unbekannten Meisters, um 1550. Dresden, Kupferstichkabinet. 25. Brillenhandler. Kupferstich von J. Collaert (1520—1567) nach St rada n us. Miinchen, Kupferstichkabinet. In der StraBe einer Stadt werden in zwei offenen Buden Brillen verkauft. Mit Ausnahme von zwei Knaben sind alle hier abgebildeten Menschen mit Brillen versehen. Ein Mann sieht durch ein gestieltes Einglas. Bild 25. 26. Inneres einer Uhrmacherwerkstatt. Kupferstich von demselben. Miinchen, Kabinet. Ein alter Mann betrachtet ein Rad durch einen Nasenquetscher. 27. Goldmacher und Schvvarzkiinstler. Kupferstich von P h. G ali e nach Stradanus, beilaufig 1570. Miinchen, Kabinet. Ein alter Mann liest in einem Buche mit der Brille auf der Nase. 28. Alterer Mann liest in einem Buche mit Nasenklemmer, vor ihm liegt eine Leder- brille mit runden Glasern. Holzschnitt aus »Augendienst« von George Bartisch von Koenigsbriick. Dresden, 1583. Im Besitze des Verfassers. Bild 8. 29. Ein bocksfiiBiges vveibliches Wesen entfernt mit einem Nasenklemmer bevvaffnet, einen Fremdkorper aus dem FuBe eines Satyr. Stich von Bartholomaus Sprangers (1546-1625 oder 1627). Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Bild 9. 30. Die Ehebrecherin vor Christus. Olgemalde von Tiziano Vecellio (1477-1576). Louvre, Pariš. Ein alter Mann kniet und betrachtet durch ein weit von sich gehaltenes Doppeiglas die von Christus auf den Boden geschriebenen Zeichen. 31. Inneres einer Barbierstube. Stich von Von de Bry, beilaufig 1600. Koburg, Kabinet. Der hinter dem Kranken stehende zum Zahnziehen sich anschickende Bader tragt einen unformlichen Nasenquetscher. 32. Modekarikatur aus dem Jahre 1615 von Jacques Callot. Stich. Zwei abenteuerlich gekleidete Miinner tanzen mit auffallend groBen Quetschern auf der Nase. 33. Studierender Gelehrter mit groBem Nasenquetscher. Stich von G. van Vliet, 1634. Hamburg, Stadtbibliothek. 34. Wandernder Brillenverkaufer. Olbild vonjoost Corneliszoon Droochsloot (1586-1666), Utrechter Maler. Im Besitze des Verfassers. Ein auffallend gekleideter Hausierer steht einer alten Frau gegentiber, vvelche einen Klemmer auf der Nase halt und in einen Spiegel (?) schaut. Bild 23. 59 35. Hausierer. Schabkunstblatt von Peter Schenk (1645—1715).Samni!ungDr. Brettauer, Triest. Mit geringem Unterschiede dasselbe Bild wie 34. 36. Hausierer. Stich. Anderies Both (1609 — 1650) inventor, Jan Both (1610—1651) fecit. Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Dasselbe wie 35, aber mit umge- kehrter Anordnung der Gestalten. 37. Alte Frau liest mit einem Nasenquetscher, ihr gegeniiber ein Kriegsmann, der aus einer Flasche trinkt. Stich von Peter Nolpe (1601—1670). Sammlung Dr. Brettauer, Triest. 38. Christus vertreibt die Handler aus dem Tempel. Olgeinalde von Jordaens (1593—1678). Louvre, Pariš. Eine Frau mit einer Brille. 39. Wie die Alten sungen. Tafelgemalde von demselben. Gemaldegallerie in Dresden. An reich besetzter Tafel sitzt mit einer jungen Frau und Kindern ein altes Paar, vvelches gemeinschaftlich einen Brief liest, er mit Klemmer auf der Nase, sie mit Doppelglas, das sie sich mit der Hand halt. 40. Eine Knabenschule um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Stich von Abraham de Bosse (1605 — 1678). Der Lehrer tragt eine Brille mit runden Glasern. 41. Eine Madchenschule um die Mitte des 17. Jahrhunderts. Stich von demselben. Die Lehrerin tragt eine Brille. 42. Eine alte Frau ist iiber einem Buche eingeschlafen und halt den Nasenquetscher in der rechten Hand. Stich von Rembrandt van Rijn (1606—1669). Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Bild 32. 43. Die Hasplerin. Tafelgemalde von Gerard Dou (auch Dau) (1610—1675), Schiller Rembrandts. Dresden, Konigliche Gemaldegallerie. Eine alte Frau mit einem weit nach vorne aufgesetzten Nasenklemmer haspelt Zwirn. 44. Schulmeister mit der Brille auf der Nase schneidet eine Kielfeder. Olgeinalde von demselben, ebendaselbst. 45. Wandernder Brillenverkaufer bietet einer Frau ein Augenglas an. Stich von Adriaen van Ostade (1610—1685). Sammlung Dr. Brettauer, Triest. 46. Wirtshausszene. Zeichnung von demselben. Albertina, Wien. Ein glatzkopfiger Alter liest, am Wirtshaustisch sitzend, mit einem Klemmer auf der Nase; ihm gegeniiber ein Fiedler. 47. Der Leser. Tafelgemalde von demselben. Louvre, Pariš. Ein Mann sieht aus dem Fenster und halt in der rechten Hand ein Blatt, mit der linken ein schvvarz- gefaBtes Augenglas. 48. Doktor Wurmbrandt. Flugblatt, 1648. Holzschnitt. Germanisches Museum, Niirnberg. Der Wunderdoktor mit groBer Brille auf der Nase sitzt vor einem Ofen, mit vvelchem er einem Narren die Grillen aus dem Kopfe destilliert. 49. Pestarzt in seiner Tracht mit Brille. Stich von Paulus Fiirst nach J. Columbina. 1656. Miinchen, Kupferstichkabinet. Bild 28. 50. Wandernder Brillenverkaufer. Stich von Mathias Scheits (1640 bis beilaufig 1700). Sammlung Dr. Brettauer, Triest. 51. Pilatus, dem Christus vorgefiihrt wird, tragt einen Nasenreiter. 9. Blatt des Passions- biichleins »Dominicae Passionis leones« gezeichnet von Johann Wirier, gestochen von Andreas Trost, herausgegeben von Johann Weikhard Freiherm v. Val vašo r,Wagensperg 1679. Landschaftliches Museum Rudolfinum in Laibach. 52. Eremit mit Nasenquetscher. Stich aus Grimmelshausen, Simplicissimus. Niirnberg, 1684. 53. Theriakhandler bevveist die giftvvidrige Wirkung seines Theriaks durch das Vorzeigen einer Schlange. Stich von H. Curti nach G. M. Mittelli (1634 bis 1718). Alter Mann mit Sammellinsen von ungeheurer GroBe auf der Nase. Bild 10. 54. Hausierer, vvelcher in seinem Kasten neben anderem Kram auch Brillen feilbietet. Stich nach Bouchardon (1698—1762). 60 55. Pierrot mit Brille. Stich aus »Die gemalte Todenkapellen« von Pater Abraham a Santa Clara. Wien, 1710. Lyzealbibliothek, Laibach. Bilci 13. 56. Ein Zwerg in Narrentracht mit einer Brille am GesaBteil seines Beinkleides. Aus >11 Callotto resuscitato oder Neueingerichtetes Zvverchen-Kabinet.« 50 Karikaturen. 1715. Bild 14. 57. Titelkupfer von »Der medizinische Bernhauter. Vorgestellet in einem lustigen Discours, u. s. w. durch Septimum Podagra M. D. Gedruckt im Jahre 1720.« Unter der emporgehobenen Dečke eines mit Instrumenten aller Art bedeckten Tisches sitzt der mit einem groBen Nasenquetscher bevvaffnete Charlatan und aus seinem Munde quellen die Worte: »Mundus decipitur opinonibus.« Im Besitze des Verfassers. 58. Jeune joueur dMnstrument. Stich von Wille (1715—1808) nach einem Gemalde von Sc h alken. Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Ein Knabe mit einer kleinen Drehorgel steht vor einem Fenster. Aus diesem sieht eine altere Frau mit einem ganz nach vorne aufgesetzten Nasenquetscher, vvelchen sie mit der linken Hand am linken Glase halt. 59. Beim Gemaldehandler. Die eine Halfte der von Antoine Watteau (1684—1721) fiir den Kunsthandler Gersaint in Pariš 1720 gemalte Firmatafel, vvelche spater zerschnitten wurde. Im Besitze des Deutschen Kaisers. Ein Mann und eine Frau betrachten ein Bild mit langstieligen Lorgnetten. 60. Titelblatt von »Neu ausgelegter kurioser Tandelmarkt u. s. w.« vonj. V. Neiner. Wien und Brunu, 1734. Stich. Im Besitze des Herrn von Radics, Laibach. Ein Mann besichtigt beim Trodler ein Buch mit einem groBen Nasenquetscher. Bild 30. 61. Wandernder Brillenverkaufer. Stich von Christian Wilhelm Ernst Die tri c h (oder Dietricy) (1702—1774) aus dem Jahre 1741. Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Eine Frau versucht die ihr vom Hausierer angebotene Brille an dem Gevvebe ihrer Schiirze. Bild 24. 62. Die Familie des Kiinstlers und er selbst mit weit vorgeschobener Brille mit runden Glasern und seitlichen Stangen. Radierung von Daniel Chodovviecki (1726-1801). Kabinet, Berlin. 63. Der Brillenhandler. Stich von Nicolaus Gabriel Dupuis (1696—1770) nach einem Gemalde von Franz Eisen dem Vater, geboren 1700 zu Briissel oder Pariš. Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Der Brillenhandler, mit einer abenteuerlichen Kopfbedeckung und einem groBen Nasenreiter, tragt ein mit Brillen gefiilltes Kastchen. Bild 26. 64—72. Samtlich Stiche von William Hogarth (1697—1764.) LyzeaIbibliothek, Laibach. Heirat nach der Mode. Ein junger Mann halt einen Nasenquetscher beim Biigel und liest eine groB gedruckte Schrift (1745). Schlafende Versammlung. Geistlicher auf der Kanzel mit gestieltem Einglas, unter ihm ein Mann mit Nasenquetscher. Der Chor. In einer Gruppe von funfzehn Personen lesen drei die Noten mit Glasern, und zwar zwei mit Nasenquetscher, einer durch ein groBes rundes gestieltes Einglas. Die Richterbank. Einer der Richter hat einen tief unten aufgesetzten Nasen- quetscher (1758). Collegium medicum. Unter funfzehn Arzten mit Allonge-Periicken, halten zwei je einen groBen Nasenquetscher und schauen durch die runden Glaser in ein von einem dritten gehaltenes Uringlas. Der Politiker. Ein altlicher Mann liest die Zeitung durch eine Brille, halt sich selbst die Kerze und brennt sich damit in die Krampe des Hutes ein Loch. Das BranntvveingaBchen. In einem Haustor steht ein altlicher Mann mit Nasen- quetscher. 61 Der erzurnte Musiker. Ein Mann mit weit nach vorne aufgesetztem Nasenquetscher. Der Hahnenkampf. Unter den Zuschauern befindet sich ein dicker Mann mit fest sitzendem Nasenklemmer. 73. Dem alten Tobias wird der Star gestochen. Stich von Johann Gottlieb Glume (1711—1778) nach Rembrandt. Sammlung Dr. Brettauer, Triest. Eine alte Frau sieht der Operation zu und hat einen Nasenquetscher weit nach vorne aufgesetzt. 74. Gibt es denn niemand, der unsere Fessel zerschneidet? Karikatur auf die Unmog- lichkeit der Ehescheidung von Francisco Goya (1746—1828), spanischer Zeichner. Ein groBer Raubvogel mit riesigem Nasenklemmer faBt das an einen Mann gebundene Weib mit seinen Fangen. Bild 29. 75. Der Arzt vertreibt den Tod. Farbige Zeichnung von Thomas Rawlandson (1782). Der den Tod mit einer groBen Spritze bedrohende Arzt hat eine Brille mit runden Glasern und Seitenstangen, vvelche der Periicke anliegen. 76. Italienische Bilderhandler betriigen englische Lords. Zeichnung von demselben. Zwei Lords betrachten ein Bild durch ihre gestielten Einglaser. (Nach Eduard Fuchs, Karikatur der europaischen Volker.) Berlin, 1902. 77. Die Gleichheit. Kupferstich, Flugblatt aus der Zeit der ersten franzosischen Revolution, 1789. Darstellung der Abschaffung der Orden. In einer Gruppe von Menschen steht ein alter dicker Mann mit einer Brille, vvelche Seitenstangen hat. 78. Die Moden seit 1789. Namenlose franzosische Modekarikatur. Ein Mann setzt sich eine unformliche grofie Brille mit Seitenstangen auf, ein zvveiter beniitzt ein gestieltes Einglas. 79. Franzosische Karikatur von Isabey (1798). Vestris lialt sich ein Doppeiglas vor mit Schutzplatte. (Eduard Fuchs, Karikatur.) 80. Deutsche galante Karikatur aus dem 18. Jahrhundert von J. G 6 z. Ein alterer Mann begafft mit dem Einglas ein junges Madchen. 81. Indiskretion des Spiegels. Galante franzosische Karikatur aus der Zeit des ersten franzosischen Kaiserreiches. Ein Mann mit Einglas und einer mit Brille betrachten eine auf den Boden gefallene Frau. (Eduard Fuchs, Karikatur.) 82. Vor Humphreys Laden in St. James Street. Zeichnung von James Gillray. Ein Herr betrachtet durch ein Einglas die Bilder in einer Auslage. 83. Farbiger Stich aus »Almanach der Liebe und Freundschaft fiir das Jahr 1809«, Wien. Im Besitze des Verfassers. Eine Modedame betrachtet die andere durch ein groBes rundes Einglas. Bild 22. 84. Englander in Pariš. Stich von Karl Ve met (1812). Ein Mann hat einen mit Schniirchen versehenen Nasenquetscher. 85. Das Original. Zeichnung von demselben. Ein junger Stutzer blickt durch eine vor- gehaltene gegabelte Brille. (Eduard Fuchs, Karikatur.) 86. Der Zeitungsfresser. Namenlose franzosische Zeichnung, 1815. Alterer Mann liest die Zeitung mit einem zierlichen Nasenquetscher. 87. Mann von der Insel Tsou-Ming mit Brille, welche durch eine unter den Ohren nach riickvvarts gefiihrte Schnur befestigt ist. Nach einem gemalten Stich aus Dr. Ferrario, 11 costume antico e moderno. Milano, 1817. Lyzeal- bibliothek, Laibach. Bild 1. 88. Die PreBfreiheit um 1819. Zeichnung von Johann M. VoIty. Eine alte Frau mit ge- bundenen Handen und Fliigeln blickt durch eine dunkle Brille zu Boden. 89. Konsilium von fiinf Arzten. Federzeichnung nach einer Karikatur von A. Boi 11 y 1823. Einer der Arzte halt ein Einglas vor sein iinkes Auge. 90. Die Macht der Beredsamkeit. Federzeichnung wie 88. 1824. Ein alter Mann liest mit einem Klemmer altester Art auf der Nase aus dem Heft, die vier ihm Zuhorenden schlafen entweder schon oder fangen an einzuschlafen. 62 91. Abonnements-Einladung des Pariser Witzblattes »Charivari«, in Form einer Karikatur auf Louis Philipp (1834). Dieser betrachtet durch ein Doppelglas mit gegabeltem Stiel seine eigenen Bilder. (Eduard Fuchs, Karikatur.) 92. Chinese mit Brille, welche durch um die Ohren geschlungene, am Ende beschwerte Schniire im Qleichgewicht gehalten wird. Nach einer Abbildung bei Davis, The Chinese (1836). Bild 2. 93. Der Zeitungsfresser. Namenlose Karikatur (1850). Ein Mann liest Zeitung durch ein gestieltes Einglas, eine Frau hat eine Brille mit grofien runden Glasern, ein Mann eine solche unformliche mit dicken Seitenstangen. 94. Tungusin aus dem Stamme der Solonen. Nach einer Zeichnung von Wereschtschagin. Die mit einer Fadenschlinge hinter den Ohren befestigte Brille findet mit einem Biigel Widerhalt an der Štirne. Bild 3. DRUCK VON LEOP. KARAFIAT & KUCHARZ INBRUNN Ophthalmologische Werke aus dem Verlage von JOSEF ŠAFAR in Wien. BOCK, Dr. Emil, Primararzt der Augenabteilung im Landesspitale zu Laibach. Anatomie des menschlichen Orbitalinhaltes nach Enukleation des Augapfels. Mit 3 lithogr. Tafeln. M. 1.60 K 1.80. Erfahrungen auf dem Gebiete der Augenheilkunde. Bericht tiber 1641 Augen- kranke und 70 Star-Extraktionen. Mit 11 Gesichtsfeldaufnahmen. M. 2.70 K 3.- . Die angeborenen Kolobome des Augapfels. Eine anatomische und klinische Studie. Mit 39 Abbildungen auf 6 Tafeln in Lichtdruck und 6 Figuren. M. 8. = K 9.-. Zur Kenntnis der gesunden und kranken Tranendruse. M. 2.50 = K 2.80. Uber Trachom. Mit besonderer Beriicksichtigung seines Vorkommens in Krain. Mit 1 Kartenskizze. M. 1.50 K 1.80. Das erste Jahrzehnt der Abteilung fiir Augenkranke im Landesspitale zu Laibach. Mit einer Tafel und 6 Figuren. M. 3.60 K 4.20. Im Vereine mit Hofrat Prof. Dr. Karl Wedl: Pathologische Anatomie des Auges. Mit einem Atlas von 196 Figuren auf 33 Lichtdrucktafeln in 4°. Preis statt M. 50.— nur M. 30.— = K 36.—. BONDI, Dr. Maximilian, em. I. Assistent an der I. Augenklinik in Wien. Anleitungzur Bestimmungder Refraktions- und Akkommodations-Anomalien des Auges. Fiir Rigorosanten und praktische Arzte. Mit 28 Figuren. M. 1.25 K 1.50, gebunden M. 1.80 = K 2.10. EBERT, Dr. Rudolf, weil. k. u. k. Regimentsarzt. Zur Trachomfrage in der k. u. k. osterreichisch-ungarischen Armee. Mit 2 graph. Darstellungen. M. 1.20 K 1.40. HOOR, Dr. Karl, Professor an der Universitat in Klausenburg. Prophylaxe und Beseitigung des Trachoms in der k. u. k. osterreichisch- ungarischen Armee. M. 2.20 = K 2.40. JAEGER RlTTER v. JAXTTHAL, Dr. Eduard, weil. Professor an der Universitat in Wien. Beitrage zur Pathologie des Auges. IV. Lieferung. Mit 56 Tafeln in Farben- druck. Imp. 4°. Preis statt M. 144,— nur M. 36.— = K 40.—. Leseproben fiir die Nahe, modifiziert von Prof. Dr. E. Fuchs. M. .70 = K —.80, groBe Ausgabe M. 1.— = K 1.20. Medizinisch-historische Werke aus dem Verlage von JOSEF ŠAFAR in Wien. ANATOMIA RICARDI ANGLICI (c. a. 1242 1252) AD FIIJEM C0DIC1S MS. N. 1634. IN BIBLIOTHECA PAL ATINA VINDOBONENSIASSERVATI PE1MDM EDIDIT ROBERTUS TOPLY EQUES IN UNIVERSITATE VINDOBONENSI MEDICINAE HISTORIAM PRIVATIM DOCENS, M. D. D. ACCEDIT TABULA PHOTOTYPA. — 4». Preis M. 8.- = K 9.60. Habart, Dr. Johann. Eduard Albert. Oedenkblatt. Dem Andenken des am 25. September 1900 ver- storbenen Meisters gevvidmet. M. Portrat. M. -.80 K .90. Habart, Dr. Johann, weil. k. u. k. Oberstabsarzt, Privatdozent, und DR. ROBERT RlTTER V. TOPLV, k. u. k. Stabsarzt, Privatdozent fiir Oeschichte der Medizin an der Universitat in Wien. Unser Militar-Sanitatsvvesen vor hundert Jahren. Ein urkundlicher Beitrag zur Sanitatsgeschichte des k. u. k. Heeres. Mit 2 Autogrammen. M. 3.— K 3.20. KlRCHENBERGER, Dr. S., k. u. k. Oberstabsarzt. Neue Beitrage zur Geschichte des k. u. k. osterr.-ungar. Militar-Sanitats- wesens. M. 4.30 = K 4.80. Poch, Dr. Rudolf. Hermann Franz Miiller. Worte des Gedachtnisses, gesprochen in der Trauerfeier der Arzte des Wiener Allgemeinen Krankenhauses am 20. November 1898. M. —.50 K -.60. Beitrage zur Kenntnis des Militar-Sanitatswesens der europaischen Grossmachte und des Sanitatsdienstes in den vvichtigsten Feldzugen der neuesten Zeit. Mit Beniitzung der Akten des k. und k. Hof-Archivs und unter Mitwirkung hervorragender Facligenossen herausgegeben von Dr. Paul Myrdaez, k. u. k. Oberstabsarzte 2. KI. und standigem Mitgliede des Militar-Sanitats-Komitee. Mit 72 Itartenskizzen und Abbildungen im Preis M. 32.— = K 36.—, in eleg. H i e i' a u s KlRCHENBERGER, Dr. S., k. u. k. Oberstabsarzt. (Jeschichte des k. u. k. iisterreichisch- ungarlselien Militar - Saiiitatsvveseiis. Mit Anliang hiezu: Chronologische Ta- bellen. — M. 8.40 = K 9.20. MVRDACZ, Dr. Paul, k. u. k. Oberstabsarzt. Das deutsche Militar-Sanitatsivesen. Ge¬ schichte und gegemvartige Gestaltung. — M. 2.70 = K 3.—. Das italienische Militiir-Sanitiitsivesen. Geschiclit.e und gegemviirt.ige Gestaltung. M. 1.80 = K 2.-. _ Das russisclie Militar - Sanitiitswesen. Geschichte und gegenwartige Gestaltung. M. 1.80 = K 2.-. Das franzdsische Militar-Saiiitiitswesen. Geschichte und gegenvvartige Gestaltung. Zweite. durchgeseliene Auflage. — M. 2.20 = K 2.40. Text.e und 4 Ubersichtskarten als Beilagen. Halbfranzband M. 34.50 = K 39.—. ein zeln: Sanitatsgeschichte des Feldzuges 1859 in Ilalien. Mit 3 Kartenskizzen. M. 2.20 = K 2.40. Sanitatsgeschichte der Feldziige 1864 und 1866 in Diinemark, Biihiuen u. ltalien. Mit Benutzung der Akten des k. u. k. Kriegsarchivs bearbeit.et. Mit 2 Karten¬ skizzen als Beilage und 2 Skizzen im Text.e. Preis M. 4.— = K 4.40. Sanitiitsgesehichte (les deutsch-franzosi- schen Krieges 1870 — 71 . Unter Mitwir- kung von Dr. .Johann Steiner^ k. u. k. Regiments- u. Gardearzt. Mit 17 Karten¬ skizzen und 6 Situationsplanen im Texte und 1 Ubersichtskarte als Beilage. — M. 4 50 = K o.—. Sanitatsgeschichte des russisch-turkisclien Krieges 1877 — 78. Mit 1 Kartenskizze als Beilage und 2 Skizzen im Texte. — M. 3.40 = K 3.80.