^x. 41. Mach den 15. Vctober 1864. 8. Jahrgang. Nläller au8 Rrain. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Die^Blättcr ans Krain" erscheinen jeden Samstag, und ist dcr Prännmerationöprcis ganzjährig 2 fl. österr. Währung. Ionntag. Ei, bin ich in schattigen Laubwalds Zelt Schon drci der Stunden gesessen? Hab' ich doch draußen den Rest der Welt Schier ganz und gar vergessen! O dn leise brütender Mittagsglanz, Wie liegst du so golden gebreitet Um Hügel und An'n! Nur den Athemzng Paus Vernimmt, wer die Gründe bcschrcitct. Nun schlmdr' ich gemächlich zur Stadt zurück: Es glänzen im Sonnenscheine Die Straßen, eö blinken die Fenster, cs glüh'n Sogar die Pflastersteine. Entgegen wogt mir der Leute Schwärm Aus der Kirche; von scid'ucn Gewändern Ranscht es, es wandeln die Inngfräulcin Mit flatternden Schleifen und Bändern. Sie trippeln neben der Mutter her, Wie neben der Henne die Küchlciu, Sie blicken rechts,, sie blickcu links, In Händen das glitzernde Büchlein. O Sonntansfrcudc, du grüßtest mich hold In dcö Laubwalds spielenden Lichtern: Nuu find ich dich wieder, Gott sci Dank, Ans diesen frischen Gesichtern. Nach vielen Jahren. Skizze von L. I. Es ist etwas Herrliches um einen schönen, warmen Sommerabend ! Wenn so die Sonne ihre rothen Glutstrahlen über die Höhen und über die Gefilden streut, während in den Buchten und Thälern schon das Dämmerlicht beginnt; wenn durch die Schwüle schon leise kühle Lüftchen wehen und den balsamischen Duft der Bäume und Blüten mit sich forttragen — man braucht lein Schwärmer, kein Hyperscntimentaler zu sein , um ein solches HochcntzückM zu fühlen, daß man die Welt mit den Armen umfangen möchte, wie ein süßes Vräutchcn. Es war an einem solchen Abende, als ein Wanderer die Straße herkam, die von einem Berge ins Thal hcrabführte. Wo sie um die Ecke eines Fclsenvorsprungcs bog, hatte der Blick die schönste Aussicht in das liebliche Thal, und hier blich der Wanderer sieben und schaute lange hinab auf das Städtchen, dessen Häuserreihen zu sciueu Füßen lagen. Die Sonne schien nickt mehr, sie hanchte nur einen wunderbaren , rosigen Nebel über die Gegend, in den sie dann und wann einen Goldstrahl wob, der die Bergesgipfel und Baum-spitzen vergoldete und sich in der blinkenden Kugel mit dem I ! Kreuze auf der Kirchthurmspitze brach. Die Häuser des Etädt- ! chens, die Bäume, die Hügel, die Wiesen, alles schien wie > trunken in dem Dufte zu tanzen. Die Wogen des Flusses ! spiegelten mit Lust das entzückende Bild. Der Wanderer konnte nicht aufhören zu schauen. Er schien das Thal genau zu kennen, denn seine Augen suchten einzelne Punkte auf, und wenn er einen gefunden, so zuckte die Er-i innerung bald freudig, bald wehmüthig über sein Gesicht. Nun ! begauu auch das Abendgeläutc. Wie wohlbekannt waren ibm ! die Klänge. Es ist etwas Eigenes um den Glockcnklang. Er ! läßt sich nie vergessen. Er dringt tief in die Seele und zittert I ewig darin fort. Ein Erbliudeter wird den Ort seiner Kind-! hcit wieder erkennen und wenn er die größte Zeit seines Lebens ^ von ihm entfernt war, sobald er die Glocke wieder hört, die ^ ihn einst zum Gebete rief. Als der letzte Nachhall verkluugen war, stieg der Wanderer herab ins Thal. Rechts und links die Gärten, die Häuser, die Brücken — Alles war ihm noch wohlbekannt, obgleich es wohl an fünfzehn Jahre war, daß er die Stadt nicht j wieder betreten hatte. Nur die Menschen — die Menschen waren ihm fremd geworden. Es war eine neue Geucration, lauter unbekannte Gesichter! Er fühlte recht, daß er älter geworden, daß ein junges Geschlecht den Platz einnahm, den das ältere früher inne batte. Das verstimmte ihn fast. Er ging träumeud weiter und bog fast mechanisch in einen Fußweg ein, der zwischen den Gärten sich hinzog. Nun stand ^ er vor einem großen Garten mit eiserner Gitterthüre und cincm l kleinen, runden, halb zwischen Gcisblatt und Evhcu versteckten ! Pavillon. Er legte die Hand ans den Drücker — die Thür ! war offen. Noch eine Weile zauderte er, dann trat er rasch ! ein und ging zwischen den Blumenbeeten dem Pavillon zu. An einer Rosenhecke brach er eine halbentfaltetc Knospe. Dabei zuckte es wieder über sein Gesicht wie Erinnerung: dann ging ! er weiter und stand plötzlich in der Pavillonthürc einer Frau ! gegenüber, die mit Verwunderung den fremden Eindringling beobachtet hatte. Die Sonne batte das kleine Gemach mit ihrem rosigen Hauche erfüllt, und da sie schräg durch die Fenster herein blendete, so war die Gestalt eines 12jährigen Mädchens, das mehr im Hintergründe saß, im ersten Augenblicke nicht gcuau zu erkennen. Der Fremde scdrack beim ersten Anblick der Dame sichtlich zusammen. Doch bald brachte c». die Entschuldigung wegen seines kecken Eindringens in einer solchen Art und Weise vor, daß man sofort erkannte, er sei gewohnt, sich in hochgebildeten 162 Kreisen zu bewegen. Diesem Eindrucke hatte er auch die Einladung, sich niederzulassen, zu verdanken. Louise — so hieß das Mädchen — wurde nach dem nur wenige Schritte ent- i ferntcn Wohnhause gesendet, um den Vater zu holen, und kam im Augenblicke wieder mit der Nachricht, Papa werde bald erscheinen. Hierauf begann sie einen Blumenstrauß zu winden ' und lies; den Fremden mit der Mutter im Pavillon allein. > „Verehrte Frau," begann der Fremde nach einer kleinen Weile ! stummen Vcrharrcns, „Eie scheinen sich meiner nicht mchr zu , erinnern, und doch versichere ich Ihnen, daß Eie einen alten j Bekannten vor sich haben." Die Dame schaute ihn forschend an, aber wie ihr Blick über ihn hinglitt, gab sie zu erkennen, daß cr ihr ganz fremd sei. „Das glaube ich wohl," sagte schmerzlich der Fremde, „ein Dutzend Jahre und mchr können den Menschen schon verändern." „Würden Eie mir Ihren werthen Namen nennen," erwiederte sie, „so würde ich mich schon erinnern." „Nein," sagte er, „lassen Eie mir das Incognito, ich bitte, lassen Sie es mir, vielleicht kommt doch etwas Ihrem Gedächtnisse zu Hilfe." „Sie waren also schon früher hier?" „Ja, und habe hier wohl die seligste Zeit meines Lebens verträumt." Immer neugieriger, schaute sie ihn jetzt genauer an und bemerkte, daß er schon ziemlich an Jahren vorgerückt war. Tas Haar lag in dünnen Locken um die Schläfe, von den Augen- ! winkeln liefen tiefe Falten aus. und hätte der dichte Vollbart! nicht die Züge verhüllt, man hätte von einem tiefbewegten Leben darinnen lesen können. Vergebens strengte sie ihr Gedächtniß an, in diesen Zügen die „alte" Bekanntschaft aufzufinden. Wohl war es ihr, als ob seine Stimme sie auf die Spur leite, allein sie konnte sich nicht erinnern. Es trat eine kleine Panse in der Unterhaltung ein, während welcher der Fremde sein Auge anf ihr ruhen ließ, und wieder jenes Zucken über sein Gesicht glitt, das andeutete, daß sein Geist mit der Erinnerung rang. Sicher wäre sein Auge zum Verrüther geworden, wenn nicht eine grüne Brille den Ausdruck desselben undeutlich gemacht hätte, und wenn sie sich nicht gescheut hätte, ihm frei ins Auge zu schauen. Ein auf dem Tische liegendes Buch gab neuen Anlaß zum Gespräch, indem es der Fremde nahm, und sagte: „Sich da, da lebt ja noch ein Exemplar der Gedichtsammlung. Der Verfasser hat sie, glaube ich, wicdcr vernichten lassen. Freilich, es waren ja auch nur Anfänge und Versuche, und halten gar das Nccht nicht, öffentlich zu erscheinen." Bei diesen Worten war es, als zöge ein Strahl Erinnerung dnrch ihre Seele. Sie blickte ihn von der Seite an. „Kennen Sie den Dichter?" fragte sie erröthcnd, „oder kannten Sie ihn damals?" „Sehr gut," sagte der Fremde, indem cr daö Buch durchblätterte. ! „Sonderbare Achnlichkcit," dachte sie im Stillen. ! „Es muß dem Dichter doch seltsam zu Muthe sein," fuhr , er darauf fort, „wenn er nach vielen Jahren wieder einmal ganz unerwartet auf die Gedanken stößt, die ihn in früheren Zeiten beseelten, und der Gegenstände gedenkt, die ihm Stoss ^ zu solchen Liedern gaben." ^ „Es muß eine recht selige Erinnerung sein," entgeg- ! nete sie. , „Und eine recht schmerzliche," fügte er hinzu, „wenn er ! die Hoffnungen liest, die alle zu Wasser wurden; wenn er seine Träume, seine Luftschlösser sieht. Ich will nur Eins nehmen. Dieß da: Hast Dn einmal in einen Strom gcseh'n, Wo sich vorüber drängte Well' anf Wcllc? Scch'st Du darin dcö Mondes Bildniß stch'n In steter Klarheit, mild und wundcrhclle? So ist mein Herz! so ungestüm und wild, Wie StromcSflnt im regen Wogentanze; Allein, Drin Bild, Dein liebes, schönes Bild Steht unverändert d'rin im milden Glänze. „Glauben Sie wohl, daß dieß immer der Fall gewesen?" „Warum fragen Sie so?" erwiederte sie verlegen. „Weil ich weiß, daß der Verfasser dieser Verse ein liebenswürdiges Mädchen heiratete, das cr zu der Zeit, als er dieß schrieb, noch nicht gekannt hat." „Also er ist verheiratet?" ^a " „Liebt er seine Frau?" „Sicher." „Und ist cr glücklich?" Die Reihe des. Vcrlegenseins war nun an ihm. Diese inquisitorischen Fragen verwirrten ihn. Er erwiederte: „Und warum sollte er nickt?" „Dann," sagte sie,, wie zn sich selbst, „dann freilich — hat er vergessen." Das Gespräch war im Begriff, eine recht peinliche Wendung zu nehmen, als zum Glück der Herr Gemal, einer der ersten Fabrikanten des Städtchens, ankam. Es war ein geschäftig und wieder behäbig gut aussehender Mann. Sein Gesicht verrieth weder große, geistige Anlagen, noch große Leidenschaften — es war wie ein wohlgeordnetes Eontobuch, das einen reellen Gewinn nachzuweisen im Stande ist. „Bin sehr erfreut, einen alten Bekannten meiner Frau vor mir zu sehen. Bitte nur um Entschuldigung, daß ich nicht sogleich gekommen, hatte gerade noch ein Geschäft abzuschließen." „Es soll mir leid thun, wenn Sie sich meinetwegen stören ließen." „Durchaus nickt — durchaus nicht! Hab' erst ruhig abgeschlossen, ehe ich hierher ging: dachte mir aber gleich, eine Flasche Wcin mitzunehmen ist gut, denn Louise denkt an dergleichen nicht. Sehe, daß ich Nccht habe." Er entkorkte die Flasche, schenkte ein und war bald mit dem Fremden in ein Gespräch verwickelt, an dem seine Ge-malin keinen Antheil nahm. Sie saß nachdenkend. Ihre Augen weilten oft sinnend auf dem Gaste. Ihre Tochter hatte wieder Platz neben ihr genommen. „Du bist ja ganz tiefsinnig, Louise," unterbrach sich der ^ Kaufmann mit cinemmale. „Aha, Du hast wieder geschwärmt. ! Sehen Sie, meine Frau ist einmal befungen worden, und wenn ! sie daran denkt, wird sie allemal melancholisch," sagte er lachend, indem er auf das Buch zeigte. Die arme Frau kam in die grüßte Verlegenheit. Theils, um diese Situation zu enden, theils aber auch, weil es schon spät war, schickte sich der Gast zum Fortgehen an. „Dieß ist wohl Ihr Töchterchen?" fragte er den Kaufmann. Er hätte nicht gefragt, wenn er geahnt hätte, daß es noch ein längeres Gespräch herbeiführte. Der Kaufmann erging sich im Lobe seines Kindes. Er zählte Alles auf, was Louise, die jüngere, konnte; vom Stickrahmen bis zum Clavierspiel. Man sah, es war sein Liebling. „Leben Sie wohl," sagte der Fremde endlich, „verzeihen Sie mir, daß ich so ohne Weiteres hier eindrang." Er beugte sich und drückte seine Lippen auf ihre Hand. Sie zitterte. „Louise," flüsterte er leise, „er hat nicht vergessen." Der Kaufmann begleitete ihn bis an die Gitterthürc. Als er zurückkehrte, fand er seine Frau noch auf derselben Stelle stehend. „Wer war es denn, Louise?" Sie fuhr zusammen. „Sein Name ist mir entfallen." Es war eine Lüge. Sie hatte ihn erkannt. Volksmärchen aus Krain. 3. Die verwunschene Stadt. Es war einmal ein König und eine Königin, und diese hatten einen Sohn, welchem die Parccn bei seiner Geburt ge-wcissagt hatten, daß er im siebenten Jahre des Lebens vom Blitze erschlagen würde. Der König war um dessentwillen sehr traurig und berief alle Weisen und Gelehrten an seinen Hof, damit sie ihm ein Mittel angäben, die Gefahr von seinem Kinde abzuwenden. ANein Keiner vermochte etwas zu thun. Da machte sich der König selbst auf, reiste in allen Landen umher, bis er auf einem ungeheuern Berge in der Wüste einen Einsiedler fand, der dem König profczeite, sein Sohn würde, sieben Jahre alt, zur See gehen. Bei einem Sturme würde der Blitz in das Schiff schlagen und alles vernichten. Darauf händigte ihm der Alte ein Buch ein, daraus sollte der Königssohn zu Schiffe fortwährend beten, und so würde er allein gerettet werden. Der König dankte dem Greise und ging in sein Reich zurück. In seinem siebenten Jahre ging aber der Königssohn zu Schisse und betete nach der Ermahnung des Einsiedlers beständig in dem gchcimnißvollen Buche. Da eines Tages entstand ein furchtbarer Sturm, Blitze durchzuckten den Himmel und es schlug s» gewaltig in das Schiff ein, daß es in drei Theile zerbrach und alles Lebende ertrank: der Königssohn aber rettete sich auf einem der umherschwimmendcn Balken. Nach langem Umherirren kroch er müde und matt aus einer Insel 163 ans trockene Land. Als er sich näher umsah, bemerkte er, die ganze Insel sei wüst und leer, kein Baum und keine Frucht darauf. Nur schwarze, wunderlich durch und übereinander ge-^ schobcne Felsmasscn bildeten das Eiland. Die Nacht brach ein ^ und er mußte sich entschließen, zwischen dem Steingerölle in einer Höhle ein Lager zu suchen. In der vernahm er eine Stimme, die ihn aufforderte, höher hinaufzusteigen. Er aber, ! durchaus nicht furchtsam, rief keck hinein, wenn Jemand etwas ! an ihn hätte, möge er herunterkommen, es sei der gleiche ! Weg. Da erschien auf dem Gipfel des Felsens ein schwarzes, ! häßliches Wcib, das ihm erzählte, wie da eine gar große und ! prächtige Stadt gestanden, und in Folge der Laster und Ver-! brechen ihrer Einwohner zu Stein geworden wäre. Sie allein sei übrig geblieben, da sie an jenen Sünden nicht Theil genommen, doch nicht ganz rein von Schuld, weil sie ihre Mitbürger nicht gewarnt, büße sie in dieser Gestalt; sie, die zuvor eine schöne Jungfrau gewesen. „Du aber," scbloß sie, „Du kannst diese Stadt erlösen, wenn Tu muthig ausharrst, denn drei Nichte mußt Du die scheußlichsten Bilder und Fratzen schauen, so sich die Phantasie erdenken kann. Die werden auf Dich herabfallen, jedoch Dich nicht beschädigen, so Du Dich ruhig verhältst, wie Du aber die Flucht ergreifen solltest, reißen sie Deinen Leib in tausend Fetzen." Dem Künigssohn lief es bei dieser Eröffnung etwas kalt über den Nucken, er versprach aber doch treu auszuhalten, sollte kommen, was da wolle. Und nun setzte ihm das Weib alles näher auseinander, und wie er, falls er die Stadt erlösetc, König darin würde. Sogleich dicsclbe Nacht setzte er sich in Vereitschaft und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Und sie kamen auch — denn gegen Mitternacht erhellte plötzlich ein grelles Licht die ganze Umgegend und solche furchtbare Gebilde, Gestalten und Fratzen, die mörderischesten Waffen und grimmigsten Tcufclsgcsichter tanzten, sprangen, sielen und rollten durch einander, daß dem armen Prinzen die Haare zu Berge standen ob dieser tollen Wirthschaft, denn die ganze Hölle schien ihm Geister zu diesem Hexensabbat!) ausgeschickt zu haben. Dennoch hielt unser Held muthig aus, bis nach einer Stunde Alles mit Donner und Blitz verschwand. Noch gräulicher ging es die zweite, am meisten aber die dritte Nacht zu, denn da schienen die höllischen Geister alle Kräfte aufbieten zu wollen. Aber der Königssohn bestand alle Abenteuer. Wie mächtig aber wunderte er sich, als er am Morgen nach der dritten Nacht erwachte und eine große und schöne Stadt erblickte und festlich angekleidete Leute, die ihn mit Jubel durch alle Straßen führten und als ihren Erlöser und König begrüßten, denn jene verzauberte Jungfrau, jetzt in ihrer wahren Gestalt, hatte ihnen alles erzählt und er ward König über die Stadt, nahm jenes Mädchen zur Gcmalin und regierte weise und glücklich. Darauf siel es dcr Königin ein, aNein zu herrschen und sie ging hin, belauschte den König und erfuhr, er habe einen Zaubcrring, dessen Geister alle Vcschle des Besitzers vom Ringe erfüllten. Als nun ein^s Tages der König mit seiner Gcmalin im Garten im traulichen Gespräche saß und ihre Hand gefaßt hielt, streifte sie ihm den Ning vom Finger und wünschte ihn 164 über alle Verge bei seinen Eltern in der Heimat. Und äugen- ! blicklich befand sich der junge König beim Vater im Königs-Paläste. Dieser und die Mutter freuten sich herzlich übcr die glückliche Ankunft ihres Sohnes und priesen den Nath des alten Einsiedlers, daß er nicht vom Vlilze erschlagen worden. Der junge König aber konnte dcn Vcrlnst seines Nciches ! nicht verschmerzen, und ungeachtet der Bitten des alten Königs und der Thränen der Mutter machte er sich aus den Weg. Er durchstreifte alle Lande, durchfuhr alle Meere und nach jahrelangem Umherirren stieg er auf einer öden Insel ans Land. Als er darauf herumforschte, traf er in einer Höhle einen ungeheuer großen Mann an, der ihm in Sachen seines verloren gegangenen Königreiches die beste Auskunft geben zu können schien. Er trat daher in die Höhle, wo ihn der Niese knurrend empfing. „Wer bist Du?" fragte ihn der Königssohn. — „Ich bin der König der Winde!" donnerte es ihm entgegen. — „Da bist Du mein Mann!" erwiderte Jener: „Du wirst mir sagen können, wo die verzauberte Stadt liegt." — „Ich selbst weiß es nicht," sagte der Windkönig, „doch will ich meine Diener rufen." Und ein gellender Pfiff erscholl. Sogleich rauschten eine Menge Winde zur Höhle hinein. Der Niese fragte sie alle um die Stadt, keiner jedoch wußte etwas davon, und alle flogen weg. Ein zweiter Pfiff hallte durch den Naum. Doch auch jetzt keine Auskunft. Ebenso das dritte Mal. Da stand der König der Winde auf und ließ einen solchen Pfiff hören, daß dem Königssohn dabci Hören und Sehen verging. Auf diesen Nuf zogen sich drei grünliche Nebel am Eingänge in dic Höhle hinein. „Weiß Einer von Euch um die verzauberte Stadt?" Nur Einer wußte es. „Schaffe diesen Prinzen dahin. Fort!" befahl der Niese und augenblicklich sah sich der KönigZsohn in seiner Stadt. Die Leute kamen ihm jubelnd entgegen, ebenso seine Gemalin, der er alles verzieh: das Volk sehte ihn wieder zu seinem Könige und cr herrschte glücklich bis an sein Lebensende. ^s. 8. Der Jucker und die Jähne. Bekanntlich sind die Untersuchungen übcr die Schädlichkeit des Zuckers für das menschliche Gebiß so alt, wie die Klage über das zunehmende Verderben der Zähne durch den Zucker. Endgiltig entschied die Ehemie dahin, daß derselbe nur eine schädliche Wirkung übe, wenn cr in Essig- oder Milchsäure übergegangen sei, wodurch der Kalk der Zähne zu cssig- oder milch-sanrem Kalke aufgelöst wird. Selbstverständlich kann aber auch .der Zucker dadurch schädlich wirken, daß cr, in seinem härtesten Zustande gekaut, durch seine feinen Krystalle die Emaille der Zähne abnuht und, so die innere Masse des Schuhes gegen allerlei feindliche Einwirkungen beraubt. Der Italiener M an-tegazza, ein Arzt, der sich durch eine beobachtungsrcichc Reise nach den argentinischen Staaten bekannt gemacht hat, ließ nun durch seinen Schüler Labro neuerdings die Frage nach der Schädlichkeit des Zuckers für die Zähne prüfen, und natürlich konnte derselbe die ebenerwähnten Einwirkungen nur bestätigen. Das Neue seiner Untersuchungen liegt darin, daß er zeigte, wie eine zu saure Beschaffenheit der Mundflüssigkeitcn eine der gewöhnlichsten und wesentlichsten Ursachen dcr Zahnfäulniß sei, weshalb er den Nutzen alkalinischer Zahnpulver, die besonders mit doppeltkohlensaurem Natron gemischt sind, als höchst werth-voll anempfiehlt. Bei dcr großen Verbreitung schlechter Zähne halten wir es nicht für überflüssig, Alle, denen dies noch nicht bekannt sein sollte, darauf hinzuweisen. Statt des Natrons, jedoch möchten wir die kohlensaure Magnesia, mit Wasser vermischt getrunken oder auch nur zum Ausspülen des Mundes ! verwendet, empfehlen, sofern man einen Widerwillen gegen - jenes Salz haben sollte. Es ist eines der vortrefflichsten Mittel, die Magensäure abzustumpfen. Literatur. Schade's Schulatlas. Verlag von A. H. Paync in Leipzig. Es ist ein sauberes Werk dcr Kartographie, das, aus dcr rühmlichst bekannten Kunstanstalt Pahnc'ö hervorgegangen, uns vorliegt. Bei dcr großen Menge von Schnlzweckcu gewidmeten Atlanten, die ^ es gibt, muß man aber fragcn, was berechtigte dcn Herausgeber dcu Kartcurcichthum ivicdcr um ein Wcrk zu vermehren? In dcr Vorrede werden die Grundsätze und Absichten entwickelt, welche Verfasser und Verleger dabei lcitctcu. Sie wollten vor Allem dem Bedürfnisse der Schulen abhelfen, und denselben ein, nicht durch eine erdrückende Menge von Gedächtnißmatcrial, also unwichtiger Namen, sondern durch genaue Angabc dessen, was einem Lande einen bestimmenden oder bestimmten Charakter verleiht, also durch Anschaulichkeit des Totalbildes dcu Lehrzwcckcn entsprcchcnocö Wert licfern. Und dicß > letztere wurde erreicht dadurch, daß anstatt der senkrechten, die schräge > Beleuchtung angewendet wurde. Zwar haben Italiener und Franzosen ! auch schon schräge Beleuchtung angewendet, aber unrichtig, indem sie ! den Schatten stets auf die steile Seite der Gebirge legten. Dicß wäre aber nur dann möglich gewesen, wmn jeder Gcbirgszug von einer andern Seite her beleuchtet wäre, was aber in Wirklichkeit uicht sein kann. Ein solches Kartenbild mußte nothwendig verworren erscheinen. „Indem ich alle diese Bestrebungen verfolgte," sagt Schade - in seiner Vorrede, „kam ich ans dcn Gedanken, den Versuch zu machen, ^ Karten so zu zeichnen, als ob sie von einer ^eitc her beleuchtete i Reliefs seien. Ich legte diese Versnche zuerst meinen näheren Freunden, dann, als diese mich aufmunterten, auch anderen Männern dcr Wissenschaft, Geographcu, Lehrern u. s, w. vor, nud hatte die Freude, daß ! allseitig anerkannt wnrdc, wie diese meine Zeichnungen das Terrain ! so plastisch erscheinen ließen, wie es bei anderen Karten uicht dcr z Fall ist. Diese Erfahrungen bestimmten mich auch, bci vorliegendem ! Werke dieselbe Methode anzuwenden, um cs zu cincm wirklichen An-! schaunngömittel zn machen. Es ist dnrch lange Erfahrung längst ! festgestellt, wie und nach welchen Gesetzen man Körper zeichnen müsse, , damit sie als Körper dem Auge sich darstellen, und es liegt ans der ! Hand, daß, wenn man will, daß die Unebenheiten dcr Erdoberfläche ! körperlich erscheinen sollen, man sic nach denselben Regeln zeichnen < müsse, nach denen überhaupt körperliche Gegenstände dargestellt werden ! müssen, vor Allem nntcr dcr richtigen Beleuchtung, nnd diese ist die schräge. Es ist auch gar uicht irgend ein Grnno vorhanden, warum das nicht geschehen könnte, warum da« Relief dcr Erdrinde nicht gc-! zeichnet werden könnte, wie jedes andere Relief. Für die Schnle aber kann nicht Plastisch genug gezeichnet werden. Je mehr in die ! Augen fallend, desto besser. Allerdings hatte die Herstellung eines ! solchen Wertes dnrch die Presse seine Schwierigkeit, weil cs eben ! etwas Neues war, dennoch glanbe ich, ohne Unbeschcidcnhcit, meine > Anfgabc als vollständig gelöst ansehen zu dürfen." ! Wir gestehen, dcr Verfasser hat uicht zn viel gesagt; die Karten ! sind anschaulich und klar, und dnrch die Darstellung dcr verschiedenen Theile in blan, brann und grün, sowie durch Fcrnhaltung alles Nebcrflüssigen zn Unterrichtszweckcn besonders geeignet. Die Beifügung ! dcr, Schnlatlantcn meist fehlenden wichtigen Physikalischen Karten machl, ! das Wcrk vorzüglich wcrthvoll. Die Ausstattung ist vortrefflich, dcr ! Stich dcr Kartcn — unter Lcitnug des Dirgicntcn W. Ißlcib anS- ^ geführt — ausgezeichnet, tnrz, der Atlas ist so cmpfchlcnswcrth, ^ daß wir uur wünschen können, ihn in allen Lehranstalten eingeführt ;n sehen. l^. I. Verantwortlicher Redacteur I. v. Meinmayr. — Druck und Verlag von Ign. v. Kleinmayr s5 F. Vamberg in Laibach.