MITTHEILUNGEN d e s historischen Vereines für Krain im Juni t 8SS> Nedigirt vom ISr. V. F. Mira, Vereins- Secretär und Gcschäftslciter ic. je. Lur Frage über die ältesten Bewohner -er innerösterreichifchen Länder- Von P. Hitzinger. (Fortsetzung-) Zuletzt ist noch das Volk der Earner zu erwähnen; ihre Sitze waren zwischen den Venetern, Jstricrn und Norikern, begräuzt durch den Tilavcntus und Timavus, später durch den Formio, dann durch die carnischen und julischen Alpen. Rücksichtlich ihrer Abstammung ist die gewöhnliche Meinung, daß sic von den Galliern hergekommen sind; dafür sprechen einige Angaben bei den Alten, dann das späte Auftreten der Earner zwischen den Venetern und Jstriern. Unter den Neuern behaupten doch Einige, daß auch die Earner ursprünglich nicht-ccltischer Abstammung waren, da eben die Angaben der Alten darüber zu wenig bestimmt lauten, obgleich man nicht umhin kann, wenigstens ein theil-Mises Vordringen der Gallier in diese Gegend anzunehmen. Wenn die Earner aber auch zu den Galliern gehörten, so ist nicht anzunehmen, daß unter ihnen keine Reste der früheren Bewohner geblieben wären 31). ”) Das Land der Earner beschreibt Plin in S: „Flmnina etportus: Rnmatiimm, 'Tilaventum majus minusque, Natiso cum Turn-, practerduentcs Aquilcjam coloniam. Carno r u m h a e c regio, jimctaque Japydum , amnis Timavus, colonia Tergestc," (Plin. 1. III. c 22.) Für die keltische Nbknnft der Earner führt man an die Meldung der Fasti triumphales : „M. Aemilius M. F. M. N. Skaurus Cos. de Gaileis Karneis." (Gruter Thesaurus inscr.) Auch stillt man die Earner mit den Carnutcn zusammen, welche mit Bellovcs auS Gallien über die Alpen gekommen sind. (Vergleiche Schönt eben Apparatus , S. 30 und 37.) Wie schon oben bemerkt, sind auch in der heutigen furlanischcn Sprache Spuren vom Ccltenthum vorhanden. Dagegen behauptet namentlich Terstenjak int Aufsätze über die Gottheit Bclinus (Novice 1853, S. 214), daß für das Dasein von Celten im Lande der Earner keine genügenden Beweise vorliegen, und mit Nück-Ücht auf andere gewichtige Gründe dieses Volk einem ganz verschiedenen Stamme angehöre. Aus allem hier Vorgebrachten leuchtet es zur Genüge ein, daß die innerösterreichischen Länder bereits tu sehr früher Zeit von Völkern bewohnt waren, welche mit den Celten in keiner nahen Verwandtschaft standen, und daß diese Völker auch nach Ankunft der Celten neben diesen ihre Selbstständigkeit behielten. l>) Können unter den alten Bewohnern Jnner-österreichs auch welche slavischen Stammes gewesen sein? Diese Frage erscheint Manchen im Voraus ungereimt, da sie die Vorgeschichte dieser Gegenden für abgeschlossen halten; allein bei dem neuesten Stande der Geschichtsforschung darf sie ihre Stelle eben so gut behaupten, wie die Frage um die Völkerschaften celtischer und germanischer Abkunft. Die Geschichte fragt nicht um bloße Machtsprüchc oder um nationale Gelüste, sondern sie geht der Wahrheit des Geschehenen auf den Grund, und nimmt Thatsachen nach ihrer Wirklichkeit. Zuerst ist hier das frühzeitige Dasein der Slaven in Europa zu erörtern. Der häufig vorkommende Ausspruch, daß die Slaven in der Geschichte ein neues Volk seien, gilt nur zum Theile dem Namen, nicht aber dem Volke selbst. Die slavischen Völkerschaften werden nämlich in den alten Schriften erst nach dem Ende des fünften Jahrhunderts n. Chr. ausdrücklich mit dem Namen der Slaven oder Slav inen angeführt, obgleich derselbe nicht erst damals aufgekommen sein kann; denn theils weisen diese Meldungen selbst auf eine frühere Zeit zurück, theils lassen sich nach ihnen auch andere ältere Spuren verfolgen 32). Dagegen 32) Die erste Nennung der Slaven unter diesem Namen kommt bei Agathias c. 530 n. Chr. vor, in der Form: JZxkaßoi. Ebenso bei Jornandes: „Nam 1111, ut initio expositions vel catalogo gentis coepimus, ab una stirpe exorti tria nunc nomina reddiderc, scilicet Veneti, Antes et S c 1 a v i." (Jornacd. de reb. get. 1. II. e. 22.) Die verlängerte Form findet sich bei dem Nämlichen, so wie bei Procopius um'S I. 550: „Quorum nomina licet, nunc per varias familias et loca mutentur, principaliter tarnen Sclavini et antes nominantur." (Jornand. 1. I c. 4.) „Sclavini {^Zxlc(.ßriV0l) kommen dieselben als Wen eden oder Wenden, sowohl bei römischen als griechischen Schriftstellern, schon im ersten nnd zweiten Jahrhunderte n. Chr. mehrfach angeführt vor, und ihre Wohnsitze werden im Osten von der Weichsel längs des vcnedischcn Meerbusens oder der Ostsee angegeben. Mit geringer Aenderung des Namens findet man dieselben im sechs? ten Jahrhunderte als Winiden oder Veneter von der Ostsee bis zum schwarzen Meere nnd zur Donau ausgebreitet, und zwar allhicr unter dem besondern Namen der Anten3S). in (lemocratia ab antique vivuut “ iProcop. de bell, goth. 1. III. c, 14.) Doch des (Vornanbc8 Zusah zur obigen Stelle beulet auf bereits früheres Bekamitseiii des Namens, wo um'6 3.350 alle slavischen Völker dein gothischen Könige Er m a narich gehorchten; er schreibt nämlich: „Veneti, antes et Sela vi j hae gentes etiamsi nunc, peccatis nostris merentibus, ubique saviant , onines tarnen tune Errnanarici jussis parehant." (Jornand. 1. c.) Und da später auch die Form JE&Xaßrivoi, 81b 1 avtni vorkommt, so ist man versucht, die bei Ptolemaus (Geogr. 1. I. c. 5.) vorkommenden Stlav ani (JSrXaßccvoi) nur für eine unrichtige Schreibung desselben Namens zu nehmen, wornach das Alter desselben »och weiter gerückt würde. 3) So schreibt Plin ius: „Quidam liaec babitari ad Vistulam usque fluvium a Sarmatis Vene dis, Scyrris , Hyrris tradunt." (Plin. 1 IV. c. 13.) So nennt dieselben auch Tacitu s, obgleich er geneigt ist, sie den Germanen beizuzählen: „Peucino-rnm, Venedorum que et Fennorum nationes Ger-manisan Särmalis adscribam dubito , quamquarn Peücini, quus quiclam Bastarnas vocant, sermoue, eullu , sede ac Welcher Volksstamm mit diesem Namen bezeichnet werde, darüber ist kein Zweifel, da sich noch bis zum heutigen Tage der Name der Wenden bei den Slaven in Norddeutsche land, und jener der Winden bei denen in Jnnerösterreich erhalten hat. Ein anderer Name, welcher in Schriften zwar erst später vorkommt, aber im besprochenen Volke selbst schon früh gebräuchlich war, ist jener der Sporen, welchen neuere slavische Geschichtsforscher mit jenem der Serben in Verbindung bringen. Auch dieser Name hat sich bei einzelnen slavischen Stämmen noch erhalten, nämlich bei den Sorben in Obersachsen und bei den Serben int österreichischen und türkischen Serbien S4). Selbst mit den Römern sind die Slave» bereits in älterer Zeit unter dem Namen der Veneden in Berührung gekommen; abgesehen davon, daß sie int Kampfe mit denselben unter dem Namen der Sarmaten mithegriffe» sein mögen, sind sie int Kriege mit Kaiser Volnsiauus um die Mitte des dritten Jahrhunderts ausdrücklich als Veneden genannt, wie dieß aus einer Münze dieses Kaisers mit lateinischem und griechischem Gepräge zu ersehen ist 35). Von diesen bestimmten Angaben, daß die Slaven als ein zahlreiches Volk bereits zur Zeit des römischen Kaiserreiches in Europa ansässig waren, wird, da ältere bestimmte Zeugnisse nicht vorhanden sind, auf ein viel früheres Dasei» derselben folgendermaßen geschlossen.. Die Einwanderung eines so zahlreichen Volksstammes, als die Slaven waren, konnte in einer solchen Zeit nicht mehr unvermerkt geschehen domiciliis ul. Germani agunt. V e n e d i mul tum ex moribus traxerunt. Nam quidquid inter Peucinos Fennosque sil-varuin ac moutium erigitur, latrociniis peierrant. Hi tarnen inter Germanos potuis referuntur, quia et domes fig mit, et scuta gestaut , et 'pedum usu ac pcruicilate gaudent, quae omni a divers a a Sarmatis suni , in plaustro equis-que viveutibus." (Tacit. Germ, c 45.) Deßgleichen kommen sie bei Ptolcmäns in seiner Geografie vor, wo zugleich die Ostsee nach ihncit der venetische Meerbusen heißt: „In Sar-matia gentes rnaximae Qs&Vtj fisyigd') iucoluut; Veiiedi (’ OvBV'edcil) circa to turn sinu m V e n e t u m , et supra Dači a m Peucini et Bastarnae. Slin >res vero geutes et quidem ad Vistulam sub Venedis sunt Gythones, dein ad dextram post hos Phynui, orient aliores vero bis omnibus et iterum sub Venedis sunt Galindac et Sudini, Stlavani usque ad Alauuos." (Ptolern. 1. I. c, 5 ) Eine etwas veränderte Form kommt später vor bei Jornand cs: „Ermanaricus , Gothonnn rex, diversis gentibus ditioni sune subactis , in Venetos anna convert!t., qui magna multitudine freti primi resistere ausi sunt." (Jornan. 1. II. c. 22.) Noch eine andere Benennung kommt bei dem Nämlichen vor: „Introrsus illi (Danubio) Dacia est, ad coronae speciem arduis Älpibus cumihucita, juxta quorum sinis-trum latus, quod in aquilonem vergit, et ab ortu Vistulae flu minis per immensa spatia venit, V i n i d a r u m n a ti o p o p u 1 o s a consedit. Quorum n o mina licet nunc per vari as fa milt as et loca mulentur, principalitcr tarnen Sela vini et Antes noniinantur. S cl a-v ini a civi-tate Nova et Sclavinorum Unnense , et lacu, qui appel-latur Musi an us, usque ad Danubium et Boream Viscla-tenus commorantur. Hi paludes et silvas pro civitatibus habent. Antes vero , qui eorum sunt fortissimi, qui ad Pontic urn mare curvantur, a Danaslro extenduntur usque ad Danubium, quae llumina mult is mansiouibus ab in vicem absuut." (Jornandes 1. I. c 4.) Endlich findet man dieses Volk auch auf der Tabula Peutingeriana, ein Mal als V en e di, das andere Mal als Vena di zwischen dcn Lygiern, Sarmaten und Geten verzeichnet. Vergleiche Schön-leben Apparatus S. 204, Valvasor B. V. S. 196, vorzüglich aber Sch afa rzik's slavische Alterthümer B. I. S.49ff. 34) Ueber den Namen der Sporen schreibt Procopius: „Selavini in demoeratia vivunt, et nomen quidem Sclavinorum et Antarum illis ab olim est, Sporos (^TTOOOVg) ver0 ambos antiquitus appellabant, ut opinor, quia sparsim (^GTlOQddri'V') taberuaculis positis region em ubtineiit." (Procop 1. III. c. 14.) Ueber die Vergleichung der Spori mit Serbi siehe Sch a sarzik 1. c. S. 152. 35) Von Kriegen der Römer gegen die Sarmaten sprechen Tacitus, Flo rus und Suetonius: „Coortae in nos Sarma tax’um a c Suevorum gentes ; nobilitatus cladibus mutuis Dacus." (Tacit hist. 1. I. c. 2.) „Sarma fe a s quo que per e lindem Len tu luni ultra Danubium pepulit (Augustus), qui nihil praeter nives , p ruin as et silvas habent, tanta* que illis barbaries est, ut nec intelligant pacem," (Florus 1. IV. c. 12.) „ Armenia m a Parthis occ upari, Aloesiam a Da eis Sarmatis que nuntiatum est. (Sue ton. in berio 41.) Die Münze über den Kampf Volufian's mit dtN Veneden hat tin Lateinischen die Umschrift: „Imp. C. Va F-Gal. Vend. Volusiano Aug. (Imp era tori Caesari, Vanih* lico, Finnico, Galindico, V c n di c o , Volusiano Auguste)i und im Griechischen: „Jvr. K. ra. (Jhv. 1Val. Oviv^ Ovlovaiavog(Siehe Schafarzik jlvv. Alterth. Bd. -Seite 70.) fein, als sich den südlichen Europäern, namentlich den Griechen, bereits ein freierer Blick in den Nordosten Enropa's geöffnet hatte, und dieß war der Zeitraum seit den Perscr-kricgen, als König Darius mit einem zahlreichen Heere im 3, 513 v. Chr. einen Zug über den Jster in das Land der Scythen unternommen, und einen bedeutenden Landstrich nördlich vom schwarzen Meere durchzogen hatte, und seitdem sich allda selbst mehrere griechische Niederlassungen befanden. Nun erwähnt der älteste Geschichtschreiber der Griechen, Herodot, welcher bald nach jenem Zuge lebte, und eben über die Gegenden nördlich vom schwarzen Meere Manches ausgezeichnet hinterließ, nichts von der Einwanderung eines neuen Volkes in jene Gegenden, und eben so thun es andere Schriftsteller nach ihm bis zum Beginne des römischen Kaiserreiches nicht. Die slavischen Völkerschaften mußten daher ftüher, in einer der Geschichte noch nicht aufgeschlossenen Periode, im Nordosten Enropa's eingezogen sein, zumal sie nicht am äußersten Rande dieses Wclttheils ihre Sitze hatten, sondern durch andere Volksstämme mehr gegen Westen geschoben wurden. Wenn übrigens auch Herodot über die Slaven nichts Bestimmtes schreibt, so fehlt es bei ihm doch nicht an Angaben, welche mit ziemlicher Sicherheit auf die Slaven bezogen werden; so ist es namentlich die Erwähnung der Budinen, deren Name schon etwas mit den Wencdcn Achnliches hat, und bereit Wohnsitze und Lebensweise jener Schriftstellcr ähnlich schildert, wie sie später von diesem Volke angegeben werden 3Ö). Sonst muß wohl dieses bemerkt werden, daß die alten Slaven sehr häufig unter dem Namen der Scythen und Sarmaten mitbegriffen werden, daher ihr besonderer Name so oft verschwiegen wird. Der Name Scythen bedeutet eigentlich die finnisch-uralischen Völkerschaften, sonst auch Tschudeu genannt; der Name Sarmaten bezeichnet dagegen zunächst die hunnisch-mongolischen Stämme. Aber theils aus Unkenntniß, theils aus Unachtsamkeit wurden beide Namen sehr oft allgemein gebraucht, um die nordischen Völker von Europa und Asien überhaupt zu bezeichnen 37). ss) Ueber bic Subiimt schreibt Herodot: „Budini (Bovdivcn) supra Sarmatas terrain iiicolunt , vari is silvis repletam. Gens est ainpla et numerosa , caeruleos Habens oculos et capillos suhriifos. Urbein habent de ligiiis confectam, cui uonieii Gelouus. GeJoni origmetenus Hellenes era nt, qui ex emporiis emigrant.es ad Budinos concesserant. Geloni lingua utuntur partim seythica, partim hellcnica. Budini ali am loquuntur linguam , imo vitae ratio ipsa a Geloiiis est diversa ; nam Budini aborigines sunt, et no-.. Nadicam vilam colunt. (Herodot. Mein. c. 108,) Vergleiche ailc6 Schafarzik's slavische Alterthümer Bd. II., wo er von den Budinen spricht. ) Wie unbestimmt die Meinungen der Alten über die Scythen nnd Sarmaten waren, ersteht man aus Mela: „Scytharum 8ens> baud procui Th raci a vita, ab Oriente ad septem-trionem verlit, Sa r mat. arum quo , ut quid am credi-f^ere> ,,on fini tim a sed pars est. Recta deinde regionem etiam ultra Is trum jacentem colit, ultima Asiae , quae Bactra su“t stringit." (Mela 1. VII. c. 7.) Die scythischcn I Nun kommt es auf die Frage, zu welcher Zeit und auf welchem Wege die Slaven in Europa eingewandert seien. Von einer Seite wird behauptet, daß die Slaven nicht früher als 500 bis 600 Jahre v. Chr. aus Asien nach Europa eingezogen seien, und zwar auf der großen Wander straße nördlich vom schwarzen Meere. Mau beruft sich zum Beweise dessen eines Theils darauf, daß eben jenes Eindringen der Scythen aus Asien, durch welches die Cimmerier, cm Hunnenstamm, um das Jahr 600 v. Chr., von der Nordküste des schwarzen Meeres vertrieben wurden, auch die Slaven nach Europa vorgeschoben habe. Andcrntheils hebt man den Umstand hervor, daß die Mythologie der Slaven gleich jener der Perser den Gegensatz eines guten und bösen Princips enthalte; daß daher die Slaven nicht früher aus Asien fortgezogen sein können, als sich jener Gegensatz in Persien ausgebildet hatte, das ist nach dem Zeitalter Zoroastcrs, welches man gewöhnlich auf das Jahr 600 v. Chr. versetzt 3S). Von der andern Seite wird dagegen zuerst bemerkt, daß nach der Erzählung Herodot's bei jenem Vordringen nur nomadische Scythen betheiliget waren, die schon vorher ihre Weideplätze um den Tanais time hatten; daß ferner, wenn es auch wirklich ein neues Eindringen der Scythen aus Asien war, die mehr westwärts wohnenden slavischen Völkerschaften davon wenig berührt morden sein können, indem der sonst genaue Geschichtschreiber außer den Cimmericrn kein anderes Volk nennt, welches den Scythen hätte weichen müssen. Rückstchtlich der slavischen Mythologie wird ferner hervorgehoben, daß diese nicht so sehr mit der persischen als vielmehr mit der indischen gleichkomme, und mit jener mehren-theils nur das gemein habe, was derselben von dieser geblieben sei. Aus eben dieser Eigenschaft der slavischen Mythologie wird nun weiter geschlossen, daß die Slaven sich von dem eigentlichen Aricrvolke früher getrennt haben müssen, als sich dasselbe in das Sanscrit- und Zcndvolk, jedes mit eigenem Religioussystcm getheilt hatte. Da nun die neuesten Forschungen über die Perser und Inder dahin führen, daß beide Völker in grauer Vorzeit einen gemeinschaftlichen Sitz in der an den Quellen des Oxus gelegenen Landschaft (Aria, eigentlich Airjana) hatten, und sich auch in nicht genau zu bestimmender Zeit von dort theils südwest-wärts, theils südostwärts gezogen haben: so ist hiermit auch für die Wanderung der Slaven nach Europa eine vorhistorische Zeit gegeben, nur daß diese Wanderung nach jener der Celten und Germanen vor sich gegangen ist. Ueber die Richtung, dieses Zuges befestiget sich auf dieser Seite die Ansicht, daß er einen mehr südlichen Weg, wahrscheinlich über den und sarmatischen Völkerschaften unterscheidet Schafarzik tut angeführten Werke, Baud I., genau von einander und von den Slaven. Diese Ansicht verfechten unter andern Muchar in seiner Geschichte der Steiermark Bd. II. S. 20 ff., und Knabl in seiner Schrift „Der angebliche Güttcrdualismus" ff. S. 45. Das Eindringen der Scythen ins Land der Cimmerier erzählt Herodot (Melp. c. 100.) Hellespont, jedenfalls aber nach dem Donauthale genommen habe; denn in diesen Gegenden findet man viele Spuren und Denkmäler eines sehr frühen Daseins der Slaven (wie cs in der Folge dieser Abhandlung auch angeführt werden wird); von hier aus ging auch die weitere Verbreitung der Slaven nach Norden, da der Süden und Westen bereits von andern Völkcrstämmcn besetzt war 39). Von Jenen, welche eine frühzeitige Bewohnung der innerösterreichischen Länder durch slavische Stammgenossen nicht zulassen, wird als ein Hauptbcwcis für ihre Ansicht eben die angenommene spate Einwanderung der Slaven nach Europa angeführt. Erwägt man alle vorstehenden Erläuterungen, so wird man eher für die Meinung von einer vorzeitlichen Ankunft der Slaven nach Europa gestimmt, und ist diese die richtige, so hindert nichts, die Möglichkeit anzunehmen, daß irgendwelche slavische Völkerschaft bereits im Alterthum das Land zwischen der Donau und dem adria-tischen Meere besetzt habe. Demi, wenn die Einwanderung nach dem Donauthale geschehe» ist. so sind die inncrösterr. Gegenden ohnehin in der betreffenden Richtung gelegen; sollte aber der Zug auch eine nördliche Richtung gewählt haben, so ist cs nicht undenkbar, daß dasselbe Volk schon früher theilwcisc südlich über die Donau gezogen sei, welches später mit den Römern an demselben Strome kämpfte. Von den Gegnern dieser Meinung wird ferner als anderer Hauptbcwcis die frühe und vollständige Besetzung der Alpen - und Donaugcgcnden durch ccltischc und germanische Völker vorgebracht. Nachdem auch hierüber bereits oben das Gegentheil als wahrscheinlicher gezeigt und zugleich begründet worden, daß vor und neben den Celten auch andere nicht-ccltische Völkerschaften gewohnt haben, wie die Veneter, Jstrcr und vorzüglich die Sigynnen, deren Abkunft ausdrücklich aus näherem und fernerem Asien hergeleitet wird: so ist die Möglichkeit um so gewisser, daß eben unter diesen Völkerschaften mehr oder weniger siavische Ansiedler mitbcgriffen gewesen seien. Die Wahrscheinlichkeit, wo nicht Gewißheit darüber, wird das Folgende zeigen. “) Siefen Beweis führen besonders durch Schasarzik in seinem Werke „Slavische Alterthümer" 1. Band, und ncuestcns Tcr-stcnjak in verschiedenen Aufsätzen der Zeitschrift „Novice", vorzüglich in jenem: „Kakšna je sorodnost Slovenou 7. In-dianci" (Novice !853 S. 230 ff.) und im andern „O Noriku in Noreji" (Novice 1854 S. 42 ff.); ersterer berücksichtiget besonders die geschichtlichen Zeugnisse, letzterer betrachtet vorzügl ch die Verwandtschaft der slavischen Mvthologic mit der indischen, mit Bezugnahme auf Lassen's „Indische AltcrthumS-knnde", Eichhoff's „Europa und Indien", und andere. — Die EntwickclungSpcriodc des indischen N ei ig ionS syste m ö wird durch das Zeitalter der Vedas, des hl. Buches der Inder bestimmt, welches nicht über das 15. Jahrhundert v. Chr. hinaufreicht; jene des persischen R elig i on ösp sie INS ist be-gränzt durch die Zeit dessen Stifters Zoroaster, welcher nach Einigen nmS I. 600 ». Christo, nach Andern etwas später, oder auch viel früher gelebt haben soll. Vergleiche Card. Wiseman's „Ergebnisse" S. 323 und 481 ff. 6) Welche Gründe sprechen für das vorzeitliche Dasein der Slaven in den innerösterreichischen Ländern? Wenn in der Beant-wortung dieser Frage manches bisher Unbeachtete an dm Tag tritt, so wolle man darüber nicht sagen, die Slave» spielten Verstecken, sondern nur berücksichtigen, daß die neuere Geschichtsforschung bei den meisten Völkern schon Vieles aii's Licht gebracht hat, was bisher im Dunkel gelegen 10). Um das Ganze besser zu ordnen, und das Einzelne ersichtlicher zu machen, werden hier die verschiedenen Beweise für das frühzeitige Dasein slavischer Völkerschaften in Jnncr-östcrrcich unter besondere Rubriken gebracht. a) Zeugnisse alter Schriftsteller. Ein ausdrückliches Zeugniß, daß Slaven in frühester Zeit an der Donau und im Süden von diesem (Strome gewohnt haben, findet man wohl erst in späterer Zeit, und zwar bei dem ältesten slavischen Chronisten, Nestor. Dieser schreibt im Anfange seiner Jahrbücher, daß das slavische Volk einst Noriker geheißen worden, und dich hiemit Slaven gewesen seien; ferner, daß die Slaven vor Zeiten an der Donau gesessen seien, daß sich das slavische Volk von dort aus nach andern Ländern verbreitet, und dann nach den neuen Sitzen mit besondern Name» genannt habe 41). Nestor lebte in den Jahren 1056—1116 als Mönch zu Kiew, und obgleich sein Zeugniß spät kommt, so ist cs doch als Beweis für die bei seinem Volke erbostem Tradition richtig, und umsomehr zu beachten, als aus dm nächst vorhergegangenen Zeitalter der Völkerwanderung bei den Slaven nur der Zug von Norden nach Süden bekannt ist. Die nämliche Tradition, nach welcher auch die Czechen md Polen ihre Stammväter Čoh, Loh itnbKrok südlich von der Donau suchen, bestätiget Nestor in der Folge, wo er spricht, daß die Mährer, Czechcn, Polen und dieveu schiedenen russischen Völkerschaften theils eben wegen des Andranges der Gallier von der Donau in die nördlichen Gegenden übersiedelt seien * *2). *°) Hcrr X et stenj af, nach dessen Aufsätzen Vieles in Börstel!» dem vorgebracht wird, wolle cs dem Schreiber dieses zu Wi halten, wenn dieser seine Ansichten nicht immer so tief erfaßt hat, oder in etwas von denselben abgewichen ist. *') Es heißt bei Nestor! Ot sihže LXX i dvu jazyku bjd j a 7 y k slovj enesk ot plemeuiže Jafetova naricajemi Norci , ježe sut’ S lov jen e. Po muozjehže vrerueneh s j e I i sut’ S 1 o v j e n i po Dunajevi, gde jest uysit Ugorskaja zemlja i Bolgorskaja. O tjeh Slovjen razydo-šas po zemlji , i prozvašasja imeni svojimi, gde sjedši na kotorom uijesti, tako i prozvašasja (Nestor Letopis von Schlötzer Bd. II S. 74). *!) Nestor schreibt nämlich ferner: „Jako prišedše sjedoša ”a reeje imenom Morava, i prosvašas M o r a v a n i, a or -J C e s i uarekošas , a se tiže Slovj ene Horvati bjehi Serb, Horutane. V o 1 o It o m bo našedštm 113 jetty na Duuajskyji, i sjedšiin v njih i nasilijajuščim j'1"' Slovjenieže ovi prišedše i sjedoša na Visite reeje, i Pru zvašasja L i a h o v j e , a iuii o tjeh Liahov prozvas* I Diese einheimischen Angaben stehen übrigens nicht so eillsam, als man vermuthen könnte; denn auch bei den Classi-kerii findet man Beweise von einer Sprachen - und Stammes-vcrschivandtschast zwischen Völkerschaften im Süden der Donau mid im Norden der Karpathen, und zwar zwischen Völkerschaften, die weder celtisch noch germanisch waren. So schreibt Tacitns von den Ösen, einer Völkerschaft im Rücken der Markomannen und Quadcn, daß bei ihnen die pannonische Sprache im Gebrauche sei, wcßhalb sie für keine Germanen anzusehen seien; während ihre Nachbarn, die Burier und Marsigner, sich vermöge der Sprache als deutsche Sucvcn und die Gothincn als Gallier zeigen; ferner spricht er, daß umil nicht wissen könne, ob die germanischen Ösen nach Pan-iioitint, oder die pannonischen Araviskcr nach Germanien gezogen seien. In letzterem Satze scheint dieser Schriftsteller die Osen zwar zn den Germanen zn zählen, aber sein früherer Ausspruch ist zn bestimmt, als daß man hier mehr denn die bloße Bezeichnung der Wohnsitze suchen würde; denn der Lage hinter den Markomanen und Quadcn nach zu schließen, scheinen diese Ösen eben an der Gränze Germaniens, nahe an der Weichsel, gewohnt zu haben, und ihr Name ist vielleicht eben im heutigen Osviccim (Auschwiz) erhalten Wenn diese Zeugnisse etwas gelten, so findet man bei Herodot selbst eine Bestätigung über den Zug der Slaven aus Asien nach Europa. Denn wenn dieser Historiker von dm Sigynnen schreibt, daß sie aus Medien gekommen wären und an den Ufern der Donau wohnten, so wird man kaum umhin können, in diesen Sigynnen eben Slaven zuerkennen; der Name Medien ist hier nicht für das bekannte Land am kaspischcn Meere, sondern überhaupt für eine entfernte Landschaft Asiens anzunehmen, wcßhalb er recht gut auf jene Gegend paßt, wo beide arische Völker, Inder und Perser, noch vereint ihre Wohnsitze hatten, und von wo eben die Slaven, als die letzten unter den indo-europäischen Völkern, ausgezogen waren. Die weitere Angabe Hero dot's, Poljane, a Liahove druzji L utici, iuii M a z o v -Sane, iuii Pomorjanc, Takože i tježe Slovjciic prišedše, sjedoša po Duiepru. narekošasja Poljane, a druzji Drevljaue, a druzji Dregoviči, i inii na-rekosasja Polo cane." (9! c flor Doll Schlötzer II. 93b. S. 75 ff.) Diesen Bug der Slaven von der Donau über die Karpathen nimmt auch Schasarzik für gewiß an, und sagt schließlich : „Bn »kältester Zeit, vom 4. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert n. Chr. war der Zug der slavischen Ausbreitung nach Norden gerichtet." (Schasarzik Slav, Altcrth. 93b. II. Seite 5.) "1 TacituS schreibt: „Nee minus valent retro Harsigni, Gothi ni , Osi, Burii, terga Marcomanurum Quadumque clauduut; c quibus Marsigni et Burii sermone eultuque Suevos referuut. Gotliiuos gallica , O s os p a n o n i c a lingua coarguit, nou esse Germanos — „Utrurn Ara-visci in Paimuniain ab Osis, Germuuorum natione, au Osi ab A r a v i s c i s in Germanium comniigravc-rint, cum code m a d h n c sermone, in stilu tis, moribus ulantur, inccrtum est " (Tanit. germ, c, 41.) daß die Sigynnen modische Tracht im Gebrauche hätten, gibt einen weitern Beleg für das Slaventhum derselben; denn die medische Tracht war weit und fliegend, zum Unterschiede von der eng anschließenden ecltischen und germanischen, und eine solche war die alte, und ist zum Theile noch die heutige Kleidung der Slaven; eine gleiche drücken aber auch im ehemaligen Noricum und Pannonien gefundene Abbildungen auf Stein ans M). Geht man weiter zurück, so gibt selbst die Sage von den Argonauten, welche, ans Colchis zurückkehrend, nach ver Donau und Save gegen das adriatische Meer zogen, vann von den Colchcrn, welche, den Argonauten folgend, sich endlich in Istrien niederließen, etwas zur Beleuchtung der vorstehenden Frage. Die Volkssngcn enthalten wohl häufig viel Dichterisches, jedoch nicht immer bloß Erdichtetes, und so mag cs auch mit dieser Sage sich verhalten. Jedenfalls deutet die Erzählung von der Flucht der Argonauten und von ihrer Verfolgung durch die Colcher auf die Ankunft einer neuen Bevölkerung an die Ufer der Save und des abriatischcn Meeres; ausdrücklich wird nämlich die Erbauung der Stadt Amona durch die Argonauten und die Niederlassung der Colcher in Istrien erwähnt. Und der Weg, dm die neuen Einwanderer genommen haben, ist der nämliche, den auch slavische Völkerschaften bei ihrer Auswanderung aus dem tiefern Asien durch Medien zunächst nehmen konnten, nämlich über Colchis, dann zur Sec oder zu Lande längs des schwarzen Meeres und des Jstcr, dann theils gegen die Alpen, theils gegen das adriatische Meer 4S). ") Die Worte Herodvt's mögen hier wiederholt werben: „Solos exquirere possum Lahitautes in transitu Istri homines, quibus nomen est S igynn os, qui utuntur li a b i t u Medico. Pertinguut vero usque ad monies Vene t i s proximos, qui sunt ad Adria m. Ipsi Med or um propaginem se esse dicunt." (Herodot Terps. c. 9.) Den Unterschied der ecltischen und germanischen Kleidung von der parthischen und medischen gibt Tacitus: „Locupletissimi (Germannrum veste distinguuntur, non fluituute sinnt Sar mat a e et P art hi, sed stricla et singulos actus exprimente " (Tacit, germ c. 17.) Bei den Slaven sind »och heutige» Tages zum Theile, wie bei bot Polen, einigen Slovene» weite Beinkleider und mehr flits flnibc Oberkleider oder Oberhemden gebräuchlich; so war es bei den Czcchcn, so bei den Slovene» in Krain vor Zeiten überhaupt üblich. (Vergleiche Juiigmauii hist. lit. deske S. 17, Valvasor Buch VI. @. 277 ff.) Aehnliches findet man in Abbildungen aus Stein aus der Römcrzeit im ehemaligen Noricum und Pannonien, wie zu MooSkircheu, zu Seckau bei Leibniz. (Vergleiche Muchar's Geschichte der Steiermark Bd. I. Abbildungen, auch T c r st e u j a k'S Abhandlungen übet Brahma, Novice 1853 S. 150.) Die Sigynnen hat letztens auch Männert (Germanien S. 499—501), nur von solche» historischen Daten geleitet, als Slaven erkannt. 1S) Ueber den Argonautenzug berichtet Plin ins kurz: Deccptos credo, quoniam Argo navis flumine in in are Adriaticu in dcsccndil , non procul Tergeste , ncc constat quo flumine. Humcris trausvectam Alpes diligenliures tra-dunt, Subiissc autem Istro, dein S a o , dein Nau- Dcm lassen sich die Berichte über die Herkunft der Veneter am adrintischen Meere anreihen, wornach dieselben Nachkömmlinge von Henetern, aus Paphlagoniern mit Trojanern vermischt, gewesen wären. Hier ist nämlich einerseits die Gegend zu beachten, aus welcher die neuen Einwanderer anlangten; denn in Paphlagonien, an der Südküsle des schwarzen Meeres, konnte beim Durchzüge leicht eine slavische Völkerschaft geblieben sein, die später auch von dort wegzog. Anderseits ist es der Name, welcher mit dem später von den Slaven im Norden gebräuchlichen Namen der Veneden oder Veneter ganz übereinstimmend ist. Es hatten wohl auch die Veneter an der Westküste von Gallien ganz gleichen Namen, und Strabo, welcher außer andern Schriftstellern auch über die Abstammung der Veneter ant adriatischen Meere berichtet, ist im Zweifel, ob nicht diese von jenen hergekommen seien; doch ist dieß nur Vermuthung von seiner Seite wegen Ähnlichkeit des Namens, und es ließe sich dagegen bemerken, daß die Veneter in Gallien leicht eine Pflanzung der Veneter von der Ostsee sein konnten, da die phönicische Schifffahrt, die von Spanien atts nach jenem Meere ging, den Weg hiezu anzuzeigen vermochte 4S). Solchen Erläuterungen der. alten Geschichte jener Landschaften zwischen der Donau und der Adria stellt man zunächst entgegen, daß die Pannonier, welche mit den Sigynnen für ein Volk zu halten sind, doch von Strabo als von den Illyriern abstammend angesehen werden. Dagegen gilt die porto, tun nomen ex ea causa est inter Aemonam Al-pesque exorienti." (Plin. 1. III. c. 2.5.) Weitläufiger ist Sozo menus: „A rgonautae Aeeten declinantes, non eundem in reditu curs um tenuerunt, sed trausmisso mart, quod super S c y t h a s est, per f 1 u m i n a , quae per i 11 a s partes labuntur, ad 11 a 1 o • r n m per venerunt fines, atque ibi hiemantes urbem condiderunt nomine Aemonam. Sequent! vero aes-late opera incolarum adjuti Argo navim quadringenta circiter stadia per terrain macliina quadam tractam, de-duxerunt ill Aquilim fluvium , qui in Eridanum infinit; Eridanus autem m mare Italicum exit." (Sozom. hist, eul. 1. I. c 6.) Aehnlich schreibt Zosimus (hist. I. V ) Dr Čižman erklärt (im Ghmnasiat-Progreimm vom J. 1854 zu Triest) die Sage vom Argouautenzuge für einen Beweis frühzeitiger Handelsverbindung zwischen den Anwohnern des schwarzen Meeres und denen der Donau, Save und adriatischen Seeküste; neben dieser Erklärung kann die oben angedeutete immer bestehen, denn dem Handclszuge ging die Einwanderung von Bewohnern voraus ,e) Strabo äußert sich über die Abstammung der Veneter: „De Venetis duplex fertur sententia ; qui dam enim hos quoque faciuut Gallorum progeniem, eodem nomine Oceanum adcolentium , alii e bello Trojano duce Antenore hue evasisse Henetoriim ex Pap hla gonia quo 's dam." Achnlich spricht er sich an einer andern Stelle aus. (Strabo lib. V.) Ueber die Schifffahrt der Phönizier nach der Bernsteinküste, das ist eben nach den Küsten der Ostsee, sind wohl die Meinungen getheilt, weil sich auch die Alten, namentlich Strabo, darüber zwcisclhast anssprcche»; aber das Zweifelhafte kommt eben von dem Geheimhalten der Handelswcge durch die betreffenden Kaufleute her. einfache Bemerkung, daß dieser Schriftsteller sich selbst mir zweifelnd ausspricht; dann, daß der Ausdruck Illyrier oft mehr allgemeine Bedeutung hat, und hier namentlich mir zum Unterschiede von Celten gebraucht ist 47). Vorzüglich aber pflegt man der Ansicht von einem frühzeitigen Dasein der Slaven in Jnnerösterreich mit der Behauptung entgegen zu treten, daß die geschichtlichen Zeugnisse slavische Bewohner in diese Gegenden erst nach der Mitte des sechsten Jahrhunderts kommen lassen, entweder zu gleicher Zeit mit dcm Zuge der Longobarden nach Italien nm's I. 568, oder noch später run's I. 595. Man leitet den erstem Zeitpunct aus dem Umstande her, daß nach dem Berichte des Chronisten Fredegar die südlicheren Slaven schon von früherer Zeit den Avaren, einem hunnischen Volke, unterwürfig waren, und von denselben im Kampfe gewöhnlich vorgeschoben wurden, daß sie nun auf gleiche Weise auch bei der Besetzung von Pannonien nach dcm Abzüge der Longobarden vorausgedrängt worden, und sodann Noricum mit einem Theile Pannoniens besetzt haben. Den zweiten Zeitpunct gründet man aus die Geschichte Paul Warnefrid's, wornach die Slaven im nämlichen Jahre zuerst im Kampfe mit dem bojoarischen HcrzogcThassilo angeführt werden4'). Allein aus diesen Angaben läßt sich wohl der späteste Zeitpunct der neuen Einwanderung slavischer Völkerschaften, iii die innerösterreichischen Lande bestimmen, aber der Annahme einer fr üHern Ankun ft derselben sind sie nicht streng hinderlich. Denn es finden sich bei andern Geschichtsschreibern aus derselben Zeit Berichte, wornach slavische Stämme schon index *7) Strabo drückt sich jedenfalls zweifelnd aus, trenn er schreibt: „Panonii ab Illyriis descendisse videntur." (Strabo 1. VII.) ") it red eg ar berichtet über die Dienstbarkeit der Slave» lmfer avarischer Gewalt: „Eraut ab antique Vinidi biiulci Ch unis sive Hunnis, sive Ava ribus (eadem quippe gens suit saepius vari a to nomine), quasi bifaria illos fulcientes. Nam in proeliis prävsto esse debebant Slavi sen Vinidi. et praeliari pro Hunnis, Himni vero c astra servabant spectatores praeliorum, neque accurebant nisi periclitan-tibus Slaviš. Praeter haec auxilia magnis onerabantur tribu-tis Vi nidi et venientibus ad se Hunnis ad hyemandum, cogebantur illis filias suas prostituere, quo barbaro agendi ritu effecerunt Hunni, ut ipsimet filii, quos apud Slaves genuerant, contra ipsos arma arriperent." (Fredegar ehren, c. 48.) Daß die Avaren nach den Longobarden Pannonien w Besitz erhielten, schreibt Paulus Diaconus: „ A 1 b o i n u s r ex sedes proprias, hoc est Pannouiam, amicis suis Hu n n is con tribuit. I git ur Longobardi relicta Pannonia cum uxoribus et natis omnique suppellectili Italian) properarunt possessuri." (Paulus D« de gest. Lon-gob. 1. 21. c. 7.) Ueber den ersten Zusammenstoß der SlaM mit den Bojoariern berichtet ders.lbe: „His diebus T h assd° a Childeberto rege Francorum apud Bojoariam dux ordi-natur. Qui mox cum exercitu in Sclavorum pr °' Vinci am trajiciens p a trata victoria ad solum proprium cum maxima praeda remeavit." (Paulus D. 1. IV. c. 7.) Auf Letzteren bezieht sich Schafarzik im 2. Band der slav-Alterthümer, ans ersteren Jun g mann, dann Much ar in sti' ner Geschichte der Einwanderung der Slaven. erden Halste des sechsten Jahrhunderts über die Donau gedrungen, und sich in Jllyricn und Pannonien wenigstens teilweise niedergelassen haben; daher läßt sich schon für damals eine Besetzung der östlichen Gegenden JnnerösterreichS durch neue slavische Ansiedler annehmen, wenn auch das Vorrücken derselben bis über den Jsonzo und an die Quellen der Drau und Mur einem spätern Zeitpuncte angehört. Ans dem Umstande, daß sich nach dem Falle des ostgotbischen Königs Hcrmanarich im 3.375 auch ein Theil der Slaven den Hunnen unterwerfen mußte, kann man mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, daß diese Slaven, so wie die Gothen chrcu Siegern nach Dacicn und Pannonien folgen mußten; dieser Schluß gewinnt an stärkerer Begründung durch die Betrachtung, daß seit der Auflösung des Hunnenreiches im 3, 433 häufig Slaven unter den römischen Micthtruppen angetroffen werden, selbst daß ein Mann slavischen Ursprungs, wie Justinian, im I. 527 auf den byzantinischen Kaiserthron gelaugt49). Auch der Name Suavia, unter des Ostgothcn-königs Theodorich Herrschaft gebräuchlich für die frühere Provinz Savia, und die Benennung Snahi für die Bewohner derselben, dürste wahrscheinlich nicht ohne Grund in der slavischen Abstammung der neuen Ankömmlinge seine Erklä-vttiig suchen. Ucbrigens ist zu bemerken, daß die Slaven, welche Pannonien und Noricum besetzt hatten, der Sprache »ach von jenen nicht verschieden waren, welche sich in Mösicn, Thracicn, Maccdonien und Jllyrien bis nach Griechenland verbreitet hatten, ivic eine Vergleichung des Kirchcnslavischen mit den altcarcntanischen Sprachresten zur Genüge zeigt; mir durch die dazwischen gedrungenen Croaten und Serben, dann durch die mit Uebermacht eingebrochenen fremdartigen Bulgaren würde eine Trennung in die große, sich zunächst verwandte Masse eingeführt 50). *') Auf tint solche frühe» Niederlassung der ©laben am rechte» Donau-Ufer dcutet Procopius, da er vom 3. 548 schreibt: „Sclavini vero, q ui Imperii ante has terras invase rant, et gen I is ejns alii subsccuti transmisso Istro, cum suis statiiu se jungunt." (Procop. 1 III. c. 30. Bcreseiche Schv nleben Annal. S. 305.) Sonst deu-tot derselbe auf frühest Einfällt der ©laben im Byzantincrreiche: „Ex quo tempore return potitus est Justinian ns, Sclav ini et A u t a e pene quotannis depopulati sunt lllyricum." (Procop. 1. I. c. 18.) — Ueber slavische Micthtrup-pe» im byzaniinischen Heere schreibt der Nämliche: „Advcuere Martinus et Valerianus cum milic sexcentis equitibus, quorum plerique Hunni crant. et Sclav! ni e t Antat, recreatus eorum praesentia Bulisarius." (Proctip. 1. I, c. 27.) Der lateinische Name des Kaisers Justin ianus ist nur eine Uebersrtzung seines früheren slavischen U p r a v d a. - Eine inchere Ankunft der ©laben auf das rechte Ufer der Donau nimmt eben Palacky an in seiner Geschichte Von Böhmen I. Band. ch Der Name Suavia für Savia kommt bei Cassiodor mehr-nr I Vor: „Univcrsis provincialibus et capillatis desenso-ribus et curialibus Suaviae cbnsistculibus Theodorus rex." (Cassiodor. ep. IV. c. 49.) „Severianos judex in S u a -viain missus ad moderanda tribute." (Cassiodor. ep. 1. Doch abgesehen davon, ob die Ankunft neuer slavischer Ansiedler ein Jahrhundert früher oder später vor sich gegangen, was hier nur der Vollständigkeit wegen weiter ausgeführt worden, so hat die spätere Einwanderung slavischer Völkerschaften in die innerösterreichischen Lande keinen Bezug auf das Dasein älterer slavischer Bewohner daselbst, außer etwa den, daß dadurch das slavische Element in diesen Gegenden neu belebt und gestärkt worden ist. Ob Slaven int Mittel-alter hicber gekommen mären oder nicht, so konnten doch Die im Alterthum daselbst ansässigen Bewohner immerhin auch Slaven gewesen sein; gleichwie Niemand läugnen wird, daß in Preußen im Alterthum Deutsche, Burgunder und Gothen gewohnt haben, obgleich er liest, daß im Mittelalter neue deutsche Ansiedler dort eingezogen sind. Wenn übrigens die alten Schriftsteller die frühesten Bewohner Jnnerösterreichs nicht ausdrücklich mit den Slaven zusammen thun, so ist das erklärlich, da ihnen die nordischen Slaven erst spät näher bekannt worden sind, wo nach dem Gcwirre der Völkerwanderung ein Vergleich weniger leicht anzustellen war. Die neuesten Forschungen, welche gegenwärtig Professor Terstenjak auf eigenem Wege zum Erweise der slavischen Abstammung der alten Einwohner Jnnerösterreichs macht, werden dagegen von Gelehrten dieses Faches mit Anerkennung aufgenommen 51). b) Geografische Benenn u n g e n von Bergen, Flüssen und Orten. Auf bloße Etymologien von irgend einem Namen läßt sich wohl keine Geschichte bauen, allein wenn eine besondere Sprach-Eigenthümlichkeit in mehreren verschiedenartigen Namen gewissermaßen an der Hand liegt, so kann dieselbe wohl auch als ein Beweisgrund gelten. Denn jedes Volk prägt seinen besondern Nationalcharakter eben den Eigennamen ein; dieß erkennen auch Jene an, welche für lauteres celtischcs Element in der Vorzeit Jnnerösterreichs streiten, da sie manche ccltischc Etymologie an den Tag bringen; sie können daher auch slavische Etymologien, sobald dieselben nicht mit Gewalt und von Weitem hergezogen sind, nicht geradenwegs als ungereimt verwerfen. Und hier bieten sich zunächst viele geografische Namen ans dem Alterthum Jnner-österreichs an, welche man theils schon seit längerer Zeit für slavisch zu erklären sich bewogen gefunden hat, theils in neuester Zeit als solche anzuerkennen veranlaßt worden ist. V. c. 14.) Ueber die Suabi ober Suavi schreibt Procopius „Sequitur cui Dalmatine nomen est, proxima Liburniae^ lerne Istria, duinde regio Veuetorum, Atque hi suut rnaris acculae, supra quos Siscii et Suabi, non illi qui Francis parent, sed ab bis divers i, inferiores tractus ob I incut. Ultra hos Čarni siti sunt Noricique, ad quorum dextram Dacae Pannenesque habitant." (Procop. 1 I , c. 15.) Suabi, Suavi ist nur die gröbere Aussprache für Slavi. —-Sonst hat über die Südslaven Kopitar im Glagolita dozianus viele wichtige Bemerkungen ■ »geführt. 5') Unter Andern hat fich Schafarzik über Terstenjak's Lei-stungen sehr beifällig ausgesprochen (Sich dessen Brief in der Zeitschrift „Kovice" 1853, ©. 218.) Unter brit alten Gebirgsnamcu, welche von den römischen und griechischen Schriftstellern in Noricum, Pannonien und den anstoßenden Theilen Italiens und Jllyriens angeführt werden, wurden bisher die meisten, wo nicht alle für ccltisch erklärt; auf slavischen Ursprung wurde gar nicht gedacht. Und doch liegt bei mehreren eine slavische Abstammung näher, als eine celtische. So wird Cetius, die Benennung des Gränzgebirges zwischen Noricum und Pannonien, gewöhnlich vom celtischen col, coet, coat, coil, euid, was ein Fels- oder Waldgebirge bedeutet, hergeleitet. Näher jedoch liegt die slavische Wurzel cct, čet, čret, welche in der nämlichen Bedeutung noch in mehreren Namen von Bergen oder ans Bergen gelegenen Ortschaften vorkommt 52). Der Name Carvancas für das Gränzgebirge von Pannonien und Noricum gegen Istrien, wohl derselbe mit dem altitalischen Namen Ocra, dann Carrusadius für das Karstgebirge, werden gewöhnlich mit der eeltischen Wurzel kam, Felsenspitze, in Verbindung gebracht ; doch auch int Slavischen kommt die Wurzel kar, ker oder čer, kor, ober verlängert koren, theils allgemein in der Bedeutung von Felsenspitze, theils in Eigennamen vor äS). Die alte Benennung der norischen Hochgebirge mit Tauer, wovon der Name der Taurisker stammt, wird meistens aus das celtische tanv, Berg oder Stier, bezogen; doch kann neben dem griechisch-lateinischen Taurus auch das slavische tur, welches ebenfalls in der Bedeutung von Stier und Berg vorkommt, in Vergleich gebracht werden, und zwar der Form nach viel entsprechender 54). Bei den Flußnamen in Noricum und Pannonien hat mau bisher eine celtische Ableitung kaum versucht, während die slavische Abstammung dieser Namen derart offen daliegt, daß sie sich selbst im Sprichwortc des Volkes kund gibt, was um so leichter Statt findet, als dieselben sich seit der Vorzeit nicht geändert haben 55). 52) Die Wurzel vom celtische» cot, slavische» cet und lateinischen cautcs liegt im sanscntischen kal, durchbohren, wovon kathus, Fels. Die slavische Wurzel cd liegt zu Grunde in deut Namen Cetinje, Hauptort von Montenegro; Čet in Čutenja rovau bei Bischoflack, Cemscnik, mit dem Rhinesmas für Češenik (für Celjeni k), a» der Gränze von Kram und Steiermark; čret i» (>etf"z, SchloßRiütenbnrg bci Naffcnsuß. VergleicheTerstenjak'S Schreiben in der Zeitschrift Novice 1855, S. 104. 53) Die Wurzel kar, kor bedeutet im Slavischen überhaupt etwas Erhabenes, Spitziges; daher kras Erhabenheit, Pracht, Kras Karst, die Koralpe, Koratan Kärnten, eigentl. Hochland, Bergland; ferner koren Pfahlwurzel, anderseits kören Bergspitze. Letzteres Wort kommt als Eigenname vor an dem Paffe zwischen dem obern Savethale und Villach, nämlich. Koren Wurzncrbcrg, dann an Bergen bei Oberlaibach in der Form Koren und Koreno. Vergl. Novice 1853, S. 142. “) Vergleiche T erstens ak'S Aufsatz: O Noriku in Koreji (Novice 1854, S. 82). S5) Ein bei den Slovenen bekannter Spruch lautet: Drava se je po dolini vderla , Sava je votlo po ravnini vsula ; d. i. die Dran hat sich ocn Weg nach dem Thale durchgerissen, die Save hat ihr Wasser nach der Ebene ergossen. Diese Namen bet innerösterreichischen Flusse drucken nach der slavischen Bedeutung theils die Art der Bewegung, theils eine andere Eigenschaft ihres Gewässers aus. So ist die Drau, Dravus, fl. Drava, eilt reißendes Wasser, von der Wurzel dreti, reißen; die Save, Savus, ff. Sava, ein sich breit ergießender Strom, von der Wurzel suli, ausschütten, ergießen, oder auch ein Helles, durchscheinendes Wasser, von der Wurzel sijati, sevali, scheinen; die Mur, Murus, fl, Mura, ein schwarzes, dunkles Wasser, vom Worte niiir, schwarz; der Jsouzo, Sontius, sl. Soča, gleichfalls ein Helles Wasser, von sijati, sevati, scheinen, wobei man das slavische soince, Sonne, zn vergleichen hat; die Gnrk, Corcoras, fl. Kerka, findet ihre Benennung in der Wurzel kark, schwarz, oder int Worte korak, Schritt, koračiti, schreiten; die Kutpa, Colapis, sl. Kolpa, hat ihr Stammwort im skr. kal, sl. kaliti, sich bewegen, herumgehen, vergleiche das fl. kolo, Nad. Nach einer besondern Darlegung von Pros. Tersteujak findet int Geiste des indo-slavischen Mythus auch eine gewisse Verbindung Statt zwischen den Benennungen der Begriffe von Wasser und Rind, von denen eines Stoff, das andere Bild der Zeugung, beides Attribut des zeugenden und zerstörenden Princips, der Gottheit Shhva, sl. Živa oder Šiva ist. Der Name Dravus steht daher in Verwandtschaft mit dar, tar, tur, lud. dliarma, Stier; ferner Savus mit savec, ein hellfarbiger Ochs; Murus mit mur, murcck, schwarzer Stier; Juvarus ober I varus mit uv, juv, ul, iv, il, vol Ochs; Igo nt a oder Isonta, ferner Is on tins oder Sontius mit ig Stier, igo Joch Ochsen, Int. jugum. Ein Gleiches findet sich in der Benennung der Berge, wie: Tauer, tur, Berg und Stier; Alpes Juliae selbst, vielleicht schon vor Julius Cäsar so genannt, nach ber Wurzel jul, ul, vol, Ochs 57). Auch bei vielen der alten Ortsnamen in Noricum und Pannonien läßt sich der slavische Ursprung derselbe» nachweisen, zumal bei jenen, welche sich noch im Munde der heutigen Slovenen erhalten haben. (Fortsetzung folgt.) '”) Vergleiche die Bemerkungen darüber in Terstensak's Aufsäht" in der Zeitschrift Novice 1853, S. 214; ferner Novice 1854, S. 366 ff., und 1855, S. 218. Vergleiche die Aufsätze von Ter stenja k: „O Noriku in Norcji. (Novice 1854, S. 10 und 14), dann: „O imenih rek Save, Drave, Mure (Novice 1854, S. 366 ff.). Berichtigung. In den „Mittheilungen" pro Mai d. J., S. 40, soll ks „Schluß folgt" — heißen: „Fortsetzung folgt." Druck von Jgn. v. Kleinmayr Fcdor Bamberg in Laibach.