5 ^ ^ <^, Reist d e r englischen Gesandtschaft an den Kaiser von China, in den Jahren 1792 und 1793. Aus den Papieren des Grafen von Macartney, des Ritter ErasmuS Gowee und andrer Herren zusammengetragen Sir George Staunton Baronet, Königl. Selrcme bey der chinesischen Gesandtschaft. Aus dem Englischen übersetzt von Johann Christian Hütt Mltgch'hrten dieser Gesandtschastsrei Erster Band. Mit Charten und Kupfern. Zürich bey Heinrich G e ß n e r. H 7 9 s. lHie z« diesem Vcnids stthvMen Kupfer und flirten ««rdtN mit » Vteise nach Teneriffa und St. Iago. Bemerkungen über diese Inseln S. y» — 150. Fünftes Capitel. sahrt durch die Linie, quer über das atlan-tisthe Meer. Hafen, Stadt und Gegend pon Nw he Ianeirp S. i»; — 201. Inhale. Sechstes Capitel. Fchtt nach dem südlichen Theile des Atlantischen und dcs Indischen Meeres. Ansicht der Insel Tristan d'Acunha im erstem, und der Inseln St. Paul «nd Amsterdam im letztern S. 202 ->> -zy, Siebentes Capitel. Eintl'it in die Strasse von Sunda. Aufenthalt in Vatavia und Vantam aus der Insel Java. Ansicht dos südlichen Theils der Insel Sumatra. Fahrt durch die Meerenge von Vanta nach Pnlo Condore S. 239 — 337. Achtes Capitel. Cochinchina S. 337 —- 4^4' Neuntes Capitel. Fahrt nach den Diebsinseln bep Macao und nach Tschußan. Verrichtungen und Beobachtungen daselbst S. 404 ^- 464» Zehntes Capitel. Fahrt durch die gelbe See. Eintrit des Gesandten in den Fluß, ans dem man nach Tienslng gelangt S. 464 — 550, Erstes Capitel. Veranlassung der Gesandtschaft. ^)rosbrittannien hat in allen seinen Besitzungen eine betrachtliche Anzahl sthr thätiger und wohlhabender EilU wohner, welche den Handcl zu ihrem Hauptgeschäfte machen : man behauptet daher mit Necht, daß die Regierung nicht nnr die Entwürfe derselben zn unterstützen und ihre Vottheile zu vermehren, beständig bemüht sey, sondern sich auch, wie es die Gesetze der achten Staatöklugheit einer handelnden Nation erfordern, in ihren Verfügungen sehr oft nach dieser Classe von Bürgern richte. Sobald man nun hörte, daß eine Englische Gesandtschaft nach China abgehen sollte, wurde natürlich vermuthet, ihr Zweck scy die Anobrcitung des Handels; weil dieser zwischen beyden Landern auf eine Art getrieben wurde, welche in der That Adandermig bedürfte. Denn wie die Engländer ihren Verkehr mit China anfingen, hatten sie eben so wei «ig Gelegenheit ihn vorthcilhaft für sich einzurichten, als NlderFolge, nachdem er schon im Gange war; dahingegelt andere dorthin handelnde Europaer hierin meistens mehr Glück hatten. 2 Veranlassung der Gesandtschaft. Es ist nun über zwey hundert Jahre, daß die Pom,-giescn, die ersten Europaer, welche an dcn Chinesischen Küsten Handel trieben, sich durch ihre glänzenden Siege in Asien weltberühmt machten. Sie leisteten auch dem Chinesischen Reiche so ausgezeichnete Dunste, daß ihnen aus Dankbarkeit, unweit der mittäglichen Küste von China .Die Königin Elisabeth, sagt die Geschichte des HandclS *), schickte im lezlen Jahre des i5ten Jahrhunderts einen gewissen Johann Mildenhall, von Constants «opel über Land an den Hof des grossen Moguls, um einigen Englischen Kaufieulen, denen sie ein Privilegium zu geben gedachte, gewisse Freyheiten zu verschaffen. Die Kunstgriffe und Geschenke dcr Spanischen und Portugiesischen Jesuiten an diesem Hofe, legten ihnen viele Hindernisse in den Weg, und es dauerte einige Jahre, ehe er dieselben gänzlich überwand.« Aus alten Urkunden sieht man, daß eben dieftlde weise Königin Schisse nach China abschickte^ und denen, welche an dcr Spitze der Untern uehmuug waren, nachdrückliche Empfehlungsschreiben an den Kaiser mitgab. Aber da die Schisse zur See verunglückte»,, konnten sie nie den Ort ihrer Bestimmung crrei-chtn. Auch findet man „icht, daß in der Folge ein regelmäßiger Handel von England aus nach China getrieben worden ftp, indem die Portugiesen sich lange Zeit das ausschliesliche Recht, dorthin zu handeln, angemaßt zu haben scheinen, bis endlich im Jahre 1634 die gegenseitigen Feindseligkeiten darüber aufhörten, und der Unter, löln'.a von Goa mit verschiedenen Englischen Kaufleuten Veranlassung der Gesandtschaft- 5 übereinkam, daß sie nach allen Oertern Indiens, wo sich die Portugiesen niedergelassen hatten, Freyheit zu handeln haben sollten, zu welchem Behufe auch letzteren von Karl I. die Erlaubnis, nach Ostindien zu handeln, gegeben wurde, ungeachtet des ausschlieslichen Priviles giums, welches die Königin Elisabeth andern vorher zugestanden hatte. Diejenigen, welche Karl I. dazu berechtigte, rüsteten verschiedene Schisse, unter dem Con,mando des Capita« Weddcll aus. Vermöge des Vertrags von Goa glaubte dieser, daß es hinreichend Ware, sich mit Briefen au den Befehlshaber von Macao zu verschen, mn seine Absichten auf einen Haudclsverkehr mit den Chinesischen Einwoh« ucru von Canlon ins Werk zu richten, und uon ihnen dabey kraftig unterstützt zu werden. Aber zufolge cmcr handschriftlichen Nachricht von dieser Uutcruchmuug, wcl-cye ganz kunstlos abgefaßt zu seyn scheint ''), „kam der Procurador von Macao bald an Bord des Hauptschiffes der Engländer und sagte, daß er sie gern mit Lebcnomit-tcln versehen wolle, aber wenn sie hier einen Handel anzufangen gedächten, so lagen ihnen uuübelstcigliche Him dernissc im Weqe, indem die Chincser, welche auch die Portugiesische Nation in einer sehr demüthigenden Unterwürfigkeit hielten, ihncn gcwis dic Erlaubnis dazn versa- ") Das alttnMsche Gewand dcr fol^nden Sttlle im Dcutt Ichen zn lrpiicn, würde für den Leser ohne Nutzen gewesen, und dcui llcbc.seßer schwerlich gelungen seyn. 6 Veranlassung der Gesandtschaft. gen würden. Dcmlingeachtet beschlossen die Engländer den Flus von Canton aufzusuchen, nnd rüsteten eine Barke und cm kleines Boot mit etwa 50 Mann aus, welche, in einer Zeit von zwcy Tagen, die Mündung des Flusses zu Gesicht bekamen, durch die man schr bequem schissen k,nm. Jedoch haben die Eingebohrnen den Portugiesen diesen Weg strenge ve, boten, und suchen sogar zu verhüten, daß Aus.andcr die Mündung je sehen möchten; Wcil ihre besien Kriegs- und Kauffarthey/nncken hierdurch in einen siche'i, Hasen laufen. Daher wird der Portugiesische Handel nach Canton blos mit unbedeutenden Fahrzeugen durch verschiedene enge Arme des Flusses, die wegen der Sandbänke schr gefährlich sind, und zwischen vielen abgerissene» kleinen Inseln, unweit des fcsien Landes getrieben. Da die Barke ihre Anker auswarf und wartete bis sie mit der Fluth und mit gutem Winde einlaufen könnte, erblickte sie ain frühen Morgen ein Fischerboot, welchcin Thomas Robinson folgte, obwohl mit großer Schwierigkeit, wcil die Chincscr sehr viele Ruderer haben; er hoffte nehmlich unter ihnen jemand zu finden, den er zumLootsmann oder Dollmerscher brauchen könnte: da er abcr Niemanden fand, der dazu tüchtig gewesen ware, nahm er höflich von ihnen Abschied und entließ sie, ganz wider die Erwarlung der armen erschrockenen Wichte. Er sprach in cblN dcr Absicht mit einem andern Boote, abcr mit gleichem Erfolge, bis sich endlich, nach Verlauf verschiedener Tage, ein Chinesisches Boot dem kleinerm Veranlassung der Gesandtschaft. 7 Fahrzeuge der Engländer näherte, m,d ihm einige Erfrischungen verkaufte. Lcztere fragten die Chinesen durch Zeichen, ob sie einige von ihnm nach Canton mitnehmen, und ihnen Gelegenheit verschaffen wollten, mit den Mau-dalinen zu sprechen? die Bootsleute machten sich da;u anheischig, und das kleinere Fahrzeu.7 der Engländer folgte ihnen. Den Tag darauf, als sie mit der Fluth und mit gutem Winde den Flus hina,f segelten, und bey eincm verfallenen Schlosse vmbeygekommen waren, siicstcn sie auf eine Flotte ungefehr von zwanzig großen Schiffen, unter dem Commando der Deputirtcn des Großadmirals, welche von C^mon herunter kamen. Die Engländer wurs den höflich ersucht, zu ankern, welches sie ohne Umstände thaten. Hierauf gicngen Johann Momucney „nd Thü^ mas Robinson an Bord des ersten Mandariuschlsses, rco sie einige Negern fanden/ die uon dcn Portugiesen weg^ gelaufen waren, und nun dcn Eüglm'.d^".: zu Dollmctt schern dienten. »Sie wurden anfanglich von den 'Chinesen etwas unsanft zur Rede gesetzt, warum sie snchcr gclommcn waren, und was sie bewogen hatte, die vcrbolcncn Güter und die heimlichen Zugänge in die Staaten cincs so großen Fürs sicn auszuspähen? desgleichen wcr ihre Lootsmanmr wa-ren? Thomas Robinson antwortclc, daß sie aus Europa kamen, um mit ihnen einen Verttag zn machen, der ihren bcyderscitigcn Obcrhen'n u:i5 Nationen nuzlich scyn könnte; und sie hossten, man wmdc ihncn, cbrn so wic z BerMasslMh der Gesandtschaft. den Einwohnern von Macao, freyen Handelsverkehr erlauben, wenn sie, wie jene, den gewöhnlichen Zoll erlegten; übrigens, ob sie gleich selbst keine kootsmanncr zur sichern Echissarth in diesen Gewissen hatten, so besäße doch jeder von ihnen die Geschicklichkeit, gefährlichere Ocrter zu beschissen, als diese hier wären. „Hierauf funden die Chinescr an freundlicher zn wer- -den, und erklärten endlich, daß ein kleines Fahrzeug ab-gcfcrtntt, und mit Cavitau Carter, Johann Mountency und Thomas Robinson, oder mit wen, sie sonst wollten, nach Cai'ton abgeschickt werden sollte, wofern die Englander versprachen mit ihrem Boote nicht weiter zu rudern: denn obgleich jedes dieser Schiffe wohl mit Kanonen versehen, und dreyfach bemannt war, so wagten sie es doch nicht, das englische Boot auf irgend eine Art feindselig zu behandeln. Dieses verliessen Capita« Carter, Thomas Robinson und Johann Mounteney noch am nehmlichen Abend, und befahlen ihren Leuten, bis auf ihre Rückkunft zu verziehen. Sie schifften sich nun auf ein kleines Fahrzeug von dreyßig Tonnen ein, und verfügten sich nach Camon, i» der Absicht, dem Unterkönig dieser Stadt eine Bittschrift zu überreichen, daß er ihnen erlauben möchte, künftighin an der Küste Handel zu treiben. Den Tag daraufhatten sie nur noch fünf Meilen bis nach Canton, al'cr da das Gerücht ihrer Ankunft, welches die Einwohücr ii: große Besilnznng versetzt hatte, wirklich schon bis in die Stadt gedrungen war, so bat Veranlassung der Gesandtschaft. 9 man sie sehr freundschaftlich, sie möchten nicht weiter, sondern zurück am Bord ihrer Schisse gehen. Es wurde zugleich versprochen, daß man ihnen bchülflich seyn wollte, die Erlaubnis eines freyen Handels auszuwürteu, wofern sie von Macao aus durch die Vorsprache gewisser Leute, die sie dort finden würden, darum ansuchen, und unver, züglich den Flus verlassen wollten. Da die Engländer nun genug zu wissen glaubten, und ihre zurückgelassenen Schisse aus der Besorgnis reissen wollten, welche ihre lange Abwesenheit leicht erregen konnte, so gicngen sie diesen Vorschlag ein. Kurz darauf segelte eine Portugiesische Flotte von sechs kleinen Schiffen nach Japan, nach deren Abreist sie, wegen der ausgezeichneten Achtung mit welcher sie von den Chinesen behandelt wurden, hofften, man würde ihnen nun freyen Handel zugestehen. Indes-sen, da die Mandarinen glaubten, sie hätten Nun keine Ursache mehr zu befürchten, daß Wcddell mit semen Lcul tcn ihre Schisse überfallen würde, so verlachten sie die Englische Leichtgläubigkeit (das Zeichen der Thorheit) und schickten ihnen, nach vorher gehaltener Verathschlagmig, geradezu eine abschlägige Antwort. Am nehmlichen Tage skateten Capita» Carter, Johann Mountcncy und Thomas Robinson dem Admiral Wcddcll einen allgemeinen Bericht über ihre neuliche Unternehmung, ihren Erfolg und ihre Hofmlngen ab, und überreichten zugleich einen Plan des Flusses. Wcddcll hatte deswegen eine Versammlung auf seinem Schiffe bc^fen, und nachdcm allcs reiflich übcr, io Veranlasslillg der Gesandtschaft. legt worden war, beschlossen sie cinmüthig, mit allen ihren Schissen in den Flus von Camon einzulaufen. Sie kamen in wenigen Tagen vor dem obenerwähnten verfallenen Schlosse an, und da sie nun einige Leute bcy sich hatten, die etwas Chinesisch verstanden, so hielten sie bald darauf eine Unterredung mit einigen Mandarins! der Kai? serlichcn Schisse, denen sie die Ursache ihrer Ankunft bekannt machten, nehmlich, dasi sie wünschten, mit ihnen in Friede und Freundschaft zu lebcn, einen ficycn Handcl Wie die Portugiesen, mit ihnen zu treiben, und alsbald für baares Gcld ihre Schisse mit Mundvorrathe zu versehen. Wegen dieses Gesuchs versprachen die Mandarinen sich für sie bey ihren Obern in Canton zu verwenden, unterdessen aber baten sie um sechs Tage Verzug, welcher zugestanden wurde. Bis dahin lagen die Englischen Schisse vor Anker und liessen wcisse Flaggen von ihrcn Achttrschissen wchcn. Aber ihre treulosen Freunde, die Portugiesen, hatten sic seit der Rückkehr des Englischen Boots als Schurken, Diebe, Bettler und dergleichen, bcy dcn Chinesen vcrläumdct, so dasi diese von Stund an großes Mißtrauen in die guten Absichten der Engländer ftzlen, und sogar zur Nachtzeit 46 aus Eisen gegossene Kanonen in die Festung, welche nahe an dcr Mündung dcs Flusses liegt, schaftcn; jedes Stück war 6 bis 7 Ccntncr schwer ui:d von gutem Kaliber. Nach Verlauf von vier Tagen, als sie sich, ihrer Meynung nach, hinlänglich 5c-5?simt ft.itti'n. und die Englischen Barken, welche ein».'!, Veranlassung der Gesandtschaft. 11 bequemen Ort, süsses Wasser einzunehmen aufsuchen soll-ten/ bey ihncn vorbeyruderten, so feuerten sie verschiede nem^.l auf eines derselben, doch ohne Bcschadignng. Dic ganze Flotte erzürnt hierüber, hicng sogleich ihre blutig gen Flaggen aus, lichtete die Anker nnd gicng mit der Fluth gerade vor die Festung. Man feuerte häufig auf sie, aber die Kugeln trafen nicht einmal den Rumpf oder das Thanwerk. Jedoch konnten die Engländer unmögL lich länger diese übermüthige Vechöhmmg ertragen, und ficngen daher an mit dem vollen Feuer ganzer Schisssseis ten auf die Festung zu stürmen. Nach zwey bis drey Stunden, als dic Besatzung schien nntthlos zu werden^ schickte dic Flotte etwa hundert Mann in Boocen ans Laud. Ueber diesen Anblick wurden die Chinesen so bestürzt, daß sie augenblicklich die Festung verließen und die Flucht ergriffen, woraus die Bootsleute ohne Hinderung Ncsttz davon nahmen, uud Sr. Grosbrittannischen Majestät Flagge auf die Mauern steckte::. Noch in der nehmlichen Nacht schaftcn sie alles Geschütz daraus auf ihre Schisse, sezten t^.s Nachhans in Feuer, und zerstörten alles mögliche. Ueöerdies nahmen die Voote der Flotte eine Iuncke mit Vretcm und Zimmerhol;, und eine andre mit Salz beladen. 9k,ch holten sie ein unbedeutendes Fahrzeug ein, mit dch'en Boote sie ein Schreiben an die Hauptmandaritlcn in Canton schickten, in welchem sie ihnen die Verletzung des Waffenstillstandes vorwarfen, n-id cn Angvif der Fcsi-mg ;>., entschuldigen suchten, dcmlütt 12 Veranlassung der Gesandtschaft. geachtet aber auch in schr gemäßigten und anständigen Ausdrücken, versicherten, daß es ihnen um wcitcr nichts, als um freyen Handelsverkehr zu thun sey. Dieser Brief mußte richtig abgegeben worden scyu, denn am folgenden Tags kam ein Boot umcr wcisscr Flagge mit einem Untermandarin, Nahmens Paulo Noretty, welcher ein ge-bohrncr Portugiese und ehedem ein Christ gewesen war, zu ihnen. Gegen diesen beklagten sie sich über das ihnen angethane Unrecht, und betheuerten, d^ß sie in der redlichsten Absicht Hieher gckommcn wären, Handel mit den Chinesen zu treiben, aber im geringsten nicht ihnen Leid zuzufügen, sie müßten denn dazu gezwungen werden. End, lich beschenkten sie ihn znm Abschiede. Die Obern dieses Mandarins ritten nicht weit von den Schissen auf einer kleinen Landzunge umher, und nachdem sie seine Antwort erwogen hatten, schickten sie ihn noch an selbigem Abend «uf einer kleinen Iuncke mit der Vollmacht zu den Cngli, schen Schissen zurück, diejenigen Personen welche man dort dazu auswählen würde, nach Canton zu führen, wo sie, eine Bittschrift überreichen, und um die Vcrstattung eines künftigen Handelsverkehrs anhalten tomttcn. Diesem zufolge gicngen Johann Mountcney und Thomas Robinson mit ihm den Flus hinauf, und kamen am folgenden Abende vor der Stadt an, wo sie gerade untcr der Mauer, dem Pallasie des Tschampins oocr Grosadmirals gegenüber, ankerten. Sie hatten sich durch Noretty eine förmliche Bittschrift aufsetzen lasscn, und am solgcndcn Tage, als Veranlassnng der Gesandtschaft. i? ma^ ihnen ans Land zu kommen erlaubte, wurden sie durch eine neyfache Wache in die Versammlung der Mandat rinen geführt, wo sie, nach Landes Sitte, auf ihre Knie medcch.llcn mußten. Thomas Robinson hielt dann die Bittschr.ft mit beyden Händen über sein Harpt cmpor, und übergab sie so an Noretty, welcher sie dem Tstham-pin überreichte. D<«.sem leuchtete die BilliMt ihres Aw suchens sogleich ein, welches er bewilligte, lind mit allen seinen Kräften zu unterstützen versprach. Ucbrigens war er sthr aufgebracht über das verräthcrische Betragen der Portugiesen, deren Vcrlaumdungen er alle vorige Mis-Helligkeiten zuschrieb. Mountcncy und Robinson, höchst zufrieden über ihre Aufnahme in Canton, kehrten nun zuz rück. Das genommene Geschütz wurde hierauf sogleich wieder ans Land gebracht, und den Chinesen zurückgege? ben, und ihre Iuncken freygelassen. Friede schien jezt auf allen Seiten wieder hergestellt zu seyn." Diese ganze Erzählung bezeichnet die Mäßigung der Chinesen gegen Fremde, oder auch vielleicht die schwache und wankclhafte Regierung einer sinkenden Dynastie; zw gleicher Zeit aber sicht man daraus unter welchen un-günstigen Vorbedeutungen dic Engländer China betraten. Man sollte glauben diese kühnen Äbenthcurer hätten zu keiner Nation gehört, uud wären von keiner Macht ancrs lannt gewesen; ja sie wurden sogar von denen, auf die sic sich verlassen hatten, sehr nachtheilig abgeschildert; mid weder Frömmigkeit noch Msbegierd? hatte jc vorher '4 Veranlassung der Gesandtschaft. einen ihrer reisenden Landslcute hicher geführt, der die Eingcbohrncn wenigstens mit dem Nahmen seines Varcr-landcs auf eine vorthcilhafte Weise hätte bekannt machen können. Und auch nachdem die Englander schcn angefangen hatten nach Canton zu handeln, kannte man sie lange blos unter dem verächtlichen Nahmen llun^-mau-MIiin, d. i. rothhärige Leute, Ruchköpfe. Als die ungewöhnlich anwachsende Zahl der jährlich von England nach Canton segelnden Schisse, ferner der Ruhm der Englischen Siege in Hindostan und ihlc- Eroberung der Philippinischen Inseln in der Chinesi chcn Sce, die Aufmerksamkeit des Hofes von Peking auf sich zu ziehen anfieng, und man dort fragte, wer und wo de-m dieses Volk sey: so ist es leicht möglich, daß die Miss" näre, als die cm;igcn Europäer, bey denen man sich Raths erholen konnte, in ihren Antworten jene Vorurs theile ihrer Nation und Religion durchblicken ließen, welche Leuten ihres Standes nur noch vor kurzen wider die Englander von Jugend auf eingeflößt wurden. Die Vnt-ten müßten sich lange Zeit hindurch sehr gcsezt und vors sichtig betragen haben, um die ungünstigen Eindrücke, welche von ihnen durch andere Europäer den Chinesen mitgetheilt worden waren, zll vertilgen: indessen war es manchmal schwer, ein solches Betragen mit dem Gcisie der Unabhängigkeit und Freyheit, welchen die Englische Nt'g.'l'l'lmgsverfassung erzeugt, zu vereinigen.- wenigstens lomttcn Aeuscrungen desselben, was man auch immer da/ Vc'Mlassung der Gesandtschaft. '5 fur saaen kami, in den Augen der hochmnth.'gcn und ges biete'l''chell Mandarmcn, den Anschein von Uebcrmuth ha-ben, besonders wenn man sic bey Haudclslcutcn bemerkte, welcher Stand dort just am wenigsten geachtet wird. Dieser Geist auserte sich am Haufigsien und nachfheiligsten bey den Englischen Morosen und andern Leuten ans den niedern Classe,,, welche aus Rohheit und Unwissenheit, jene Freiheit mißbrauchten. Dcnn da ihren Leidenschaften und tollen Einfallen mehrentheils der Zügcl gelass.u wurde, so begicngcn sie Ullgezogcnheitcn und Ausschweis fungm, welche besonders einem Volke, wo die unbedcns tcndsicn Dinge nach eignen Vorschriften gethan werden, ärgerlich uud miöfallig seyn mußten. Aus diesen Gründen wurden ohne Zweifel die Vril-tcn unter allen Ausländern, die in die Hafen von Cans ton kamen bey der Landesregierung mit den nachthciligs sien Farben abgeschildert, und wahrscheinlich am strengsten behandelt. Eben deswegen hatten die Kaiserlichen Amtsbedientcn, unter deren Aufsicht sie unmittelbar stunden, nicht große Ursache sich vor Verweisen wegen schlechter Behandlung, odcr Ucbervorthcilung der Englander in Zöllen, zu fürchten. Ihre Klagen wurden für unerheblich odcr ungegrilndct gehalten, und auf ihren unruhigen, lU'lüiegsamen Charaltcr geschoben. Man ergrif auch die wirksamsten Maasrcgeln, die Wiederholung ihrer Vorstellungen zn verhindern, indem man die Emgcdohrncn, lrcl,» che in dem Verdachte standen, ihnen bey ttcberschung der 26 Veranlassung der Gesandtschaft. eingereichten Schreiben behülflich gewesen zu seyn, bestrafte. Die wenigen unter ihnen, welche einige Kenntnis des Chinesischen besassen, wurden nothwendigerweise dazu gebraucht, die Klagen der Engländer abzubringen, und deswegen bey den Chinesen außerordentlich verhaßt, ein Umstand, welcher andre abschreckte, die Landessprache zu lernen, so wie auf der andern Seite die Gefälligkeit darin Unterricht zu geben, mit einiger Gefahr verknüpft war. Solchergestalt mußten sie sich gänzlich auf die Chi? ncsischen. Kausseute, mit denen sie handelten, verlassen, und diese fanden ihre Rechnung dabey, wenigstens soviel Englisch zu lernen, als ihr Handel erforderte. Uebrigeus verhinderte der ungeheure Abstand des Ranges, welchen sich Kaiserliche Bediente oder Mandarinen über Kaufleute an« maßen, alle gesellschaftliche oder freundschaftliche Verbindung zwischen jenen und den Engländern, die dorchin tamcn. Und obgleich eine Brittische Faktorey seit mehr als hundert Jahren errichtet worden war, so hatte mai» doch nicht den kleinsten Schritt gethan, sich in Sitten, Kleidung, Urtheilen oder Lebensart den Emgebohrnen des Landes zu nahern, wodurch in ähnlichen Lagen und in andern Landern nicht nur der Handel erleichtert, sondcrir auch die Zufriedenheit und Bequemlichkeit derer, die sich damit beschäftigen, befördert wird. Ulltcr solchen Umstanden konnten die alten Vorurthcilc gcgc,, alle Men von Fremden nicht leicht etwas von ihrer Veranlassung der Gesandtschaft. i? rer Starke verlieren, Vorurthcile, welche umso tiefer haft ten, je weniger man mit den Ausländern in Verbindung kommt, und welche nicht blos auf das Betragen der Chk nescn Einflus hatten,'sondern in ein völliges System von ihnen gebracht, und auf die festeste Ueberzeugung ron der Vollkommenheit ihrer eignen Cnlmr, und die verhaltmss maßige Barbarcy aller übrigen Völker gegründet waren. Sie hielten es daher der Klugheit gemäß, die Aufführung der Europaer, welche ihre Küsten besuchten, besondern Vorschriften zu unterwerfen, gleichsam als ob sie es für nothwendig erachttt hätten, zu verhüten, daß nicht etwa ihr eignes Volk dnrch böse Beyspiele verführt weide. Die ausländischen Schiffe durften blos in einen einzigen Hafen einlaufen, und sobald die gewöhnliche Zeit ihrer Rückkehr da war, mußte sich auch jeder Europäer auf dies selben einschiffen, oder wenigstens Chinesischen Grund un) Boden räumen, und mithin seine Faklorey im Stiche, und seine Geschäfte unvollendet lassen, bis im künftigen Jahre wieder andre Schiffe ankamen. Die Chinesen trugen kein Bedenken, den auswärtigen Handel aus diese Art einzuschränken, da die Landesregierung glaubt, daß derselbe von keiner Wichtigkeit für ein Land ist, das sich unter so viele Himmelsstriche ausdehnt, und, wo nicht alle Bequemlichkeiten, jedoch alle Bedürfnisse des Lebens in sich selbst hervorbringt. Obgleich die Chinesen, welche unmittelbar mit den Ausländern handcln, außerordentlich dadurch gewonnen Crsicr V^:d. . V ?s Veranlassung der Gesandtschaft. haben; so sagt man doch der großen Menge vor, daß, um den Vorschriften der berühmten Sitknlehrer des Reichs nachzukommen, Fremden der Zugang des Landes blos aus Menschenliebe und Wohlwollen gegen andre Völker, welche der Produkte von China nöthig hatten, erlaubt werde; sie selbst aber wünschten keinen Vortheil von ihnen zu ziehe«/ und waren dessen auch nicht be-nöthigt. In der That brauchte man viele Jahre lang nur we-nig Europäische Waaren in China; mithin mußte der Ueberschus des Werthes ihrer eignen Güter mit baarem Gelde bezahlt werden. Dieser Umstand, welcher andern Völkern, die häufige Sendungen klingender Münze ins Ausland zu machen haben, so erwünscht ist, brachte bey den Chinesen, wo dieses selten der Fall war, keine andre Wirkung hervor, als daß es das verhältnismäßige Gewicht des Metalls, wodurch Eigenthum bezeichnet wird, vermehrte, welches man, unter solchen Umstanden, mehr für einen Nachtheil als Vortheil hielt. Da sich nun die, welche die Aufsicht über den ausländischen Handel hatten, solche Begriffe davon machten, ganz gleichgültig über die Ausbreitung desselben waren, und ihn mehr zu dulden als zn wünschen schienen, so konnte man nicht wohl erwarten, daß sie den fremden Kaufmann mit zuvorkommender Aufmerksamkeit, oder auch nur mit alltäglicher Billigkeit behandeln würden, am wenigsten die Engländer in Canton, die außer Stand Veranlassung der Gesandtschaft. iD gesetzt waren, sich auf der Stelle Recht zu verschaffen, und überdies in der Hauptstadt des Reichs niemanden hatten, der sich ihrer hätte annehmen, und ihren Btt schwerden Gehör verschaffen wollen. Und doch muß'en sie sich in ihrem Handel und Wandel mannigfaltige B^drüs ckungen, ja sogar persönliche Beleidigungen gefallen lassen. Indessen glaubten sie, daß der Kaiser von China so ein Betragen nicht billige, und nicht einmal Kenntnis davon habe. Deswegen waren verschiedene Faktoren der Ostin-dischen Compagnie in China der Meynung, daß es nützlich ftyn würde die Mislichkeit ihrer Lage seiner Kaisers lichen Majestät durch eme Gesandtschaft vorzustellen, weil zu hoffen stünde, daß er den Beschwerden, unter welchen . sie seufzten, würde abhelfen lassen. Verständige Leute, die, wahrend ihres Auffenthalts zu Pecking, im Diensie des Hofes als Astronomen oder Künstler gestanden, und Gelegenheit gehabt hatten, die Gesinnungen der Hoflcute kennen zu lernen, glaubten, daß ein solcher Schritt, wenn mau ihn mit Anstand thäte, unfehlbar von gutem Erfolge seyn würde; man wissc bis jezt dort nichts weiter von den Englandern, als was ihre Feinde oder Nebenbuhler fälschlich von ihnen ausgestreut hatten; und da diejenil gen Engländer, welche sich in Canton aufhielten, von il)5 rkn Landesherrn weder empfohlen, noch ausdrücklich aiu erkannt wären, so glaubte man nicht, daß sie aus bcson, ' dem Schutz Anspruch machen könnten. Man behauptete auch, daß ein Englischer Gesandter etwas neues scy, 22 Veranlassung der Gesandtschaft. , daß seine Sendung als ein Zeichen der Wfincrksmukeit betrachtet/ und ohne Zweifel wohl aufgenommen werden würde. Ausserdem, da man Englische Minister an fremden Europaischen Höfen, und selbst am Türkischen, aus Staats!, und Haudelsinteresse, unterhielte, so war es einleuchtend, wenn man die Sache an sich und im Allgemeinen betrachtete, daß man, wo möglich, in eine ähnli-che Verbindung mit Peking, aus eben diesen Gründen, treten müßte. Das Capital des Handels, welchen die Einwohner beyder Lander mit einander trieben, belief sich jahrlich auf einige Millionen Pfund Sterling, und ob? gleich Grosbrittannien einige tausend Meilen von der Hauptstadt des Chinesischen Reichs entfernt ist, so übers legte man doch, daß beyde Gebiete, gegen Hindostan zu, nur zwey hundert Meilen von einander getrennt sind, und daß der größte Theil der Ländereyen, zwischen der östli-chcn Gränze des brittischcn Bengalcns, und dem westlichen Ende der Chinesischen Provinz Schensi, kleinen Fürsien zugehören, welche in häufige Zwistigkeiten mit einander verwickelt, aber dem einen oder dem andern ihrer mächtigen Nachbarn entweder sehr ergeben oder unter-than sind. Mall sah, daß ein solches Verhältnis, in dem natürlichen Laufe der Dinge, wic die Erfahrung wirklich gelehrt hat, Uneinigkeiten und Gährungen veranlassen müßte, welche, ohne Zuziehung gewisser Personen, deren öffentlicher Charakter anerkannt ware, und Zutrauen heischte, den Grund zu gefährlichen Miohelligkeiten zwischen beyden Höfen legen könnten. Veranlassung der Gesandtschaft. 2« In dem ausgebreiteten Handelsverkehr, welcher an einem andern Ende von China getrieben wird, hat man eben dieses zu befürchten; wie sich denn wirklich vor wes nigcn Jahren ein Vorfall in Canton ereignete, welcher die Unterbrechung des Handels der Englander in diesem Hafen gedroht haben soll. Eines der zwischen den Englischen Besitzungen in Indien und zwischen China ab- und zusegelnden Scl.isse, welches aber weder von derEnglisch--Ostindlschen Compagnie gedungen war, noch unter dent Befehle derselben stand, feuerte, bey einer Ehren- oder Frcudenbezeugung, seine Kanonen ad, und zwey Chinesen wurden, vermuthlich aus Mangel gehöriger Behutsamkeit von Seiten derer, die die Aufsicht darübcr hatten, auf einem Voote getödtet/ das im Fluße von Canton, neben einem Fahrzeuge lag. Da man in China Mordthaten nie verzeiht, so werden sie nicht nur seltner, als in vielen Theilen von Europa begangen, sondern sie erfüllen auch die Gemüther mit tieferm Abscheu. Der Unterkönig der Provinz, ausersi aufgebracht über die vermcynte Grausamkeit oder den Muthwillen einer That, durch welche ein Europäer zwey Chinesen das Leben nahm, forderte äugen? blicklich die Auslieferung des Consiabcls, welcher den Mord begangen, oder des Officicrs, welcher den Befehl dazu gegeben hatte: dieser aber war bereits entflohen, und da ersterer blos dem Befehle seines Obern gehorcht hatte, so erkannte ihn die Englische Faktorey für unschuldig, und bcmühtte sich, ihn zu schützen. Man stellte vor, daß je- 2H Vcranlassul,g der Gesandtschaft, nes Unglück ein bloßer Zufall gewesen fty. Aber der rw tcrkönig, welcher eine üble Meynung von den Engländern hatte, und glaubte, daß sie zu aller Art von Ruchlosigkeit geneigt wärcn, wollte sich, ohne die Auslieferung eis nes Sühnopfers zur Büßung des zugefügten Unheils, Nicht zufrieden stellen, und bestand darauf, daß man ihm den Constabel herausgeben sollte; ja, um seinen Endzweck nicht zu verfehlen, lies er sogar einen der vors «ehmsten Englischen Faktoren in Verhaft nehmen. Dieser außerordentliche Schritt machte die andern Faktoreycn bestürzt, und vereinigte sie zu dem Entschlüsse, mit den Englandern gemeinschaftliche Sache zu machen. Es lagen damals viele und stark bewafnetc Europaische Schiffe im Flusse von Canton, deren Capitane sich mit den sammtlis chen Faktoren dcr verschiedenen Nationen zu sammeln, und Miene zum Widerstand zu machen schienen, falls dcr Vtzckölüg auf seinem Entschlüsse bestehen sollte: worauf dieser unverzüglich die Uftr des Flusses mit einer beträchtlichen Anzahl rcgelmasiger Truppen besetzen lies, und sich anschickte seine Absichten durch Gewalt ins Werk zu richten. Er machte sich vielleicht um so» weniger ein Gewissen daraus, zu diesem Zwangsmittel seine Zuflucht zu nehmen, da die Rechtfertigung desselben auf seiner Vorstellung bey dem Kaiser beruhete, den man solchem, nach leicht gegen die Englander aufbringen, und zur Gut-heissung dcr genommenen Rache überreden konnte, indem sie am Kaiserlichen Hofe seine Vorstellung auf keine Att entt Veranlassung der Gesandtschaft. 2; kräften, oder die Ausführung seiner Absichten verhindern konnten. Thätlichkeiten wurden blos durch die Auslieferung des unglücklichcn Const^bels verhindert, und durch die vergebliche Hofnung, daß man seines Lebens schonen würde. Wenn es wirklich zu Feindseligkeiten gekommen Ware, so würde der Verlust derer, die auf beydcn Seiten hatten fallen können, nicht die einzige üble Folge davon gewesen seyn. M.m war schr besorgt daß der Chinesische Hos, welcher sich leicht in Furcht treiben laßt, und auf die Möglichkeit der entferntesten Unfälle im Voraus denkt, sich entschließen möchte, durch das wirksamste Mittel ahns liche Vorfälle zu verhüten, und allen Handel mit Aus-landern ganz und gar zu verbieten, weil dann weder das Leben, noch die Ruhe der Unterthanen dadurch je wieder in Gefahr gerathen könnte. Wenn der Handel mit China aufgehoben werden soll-, te, so würden der Verlust des damit verknüpften Gewinns der Ostindischcn Compagnie, die Aufhörung der Zölle, welche dieselbe dem Staate davon bezahlt, und eine Stockung im Absätze Englischer Manufakturen in China, den die Ostindische Compagnie durch Aufopferungen, welche Privatleute nicht machen konnten, über alle Erwartung ausgedehnt hat, dieses, sag. ich, würden nicht die einzi-gen Folgen davon seyn, denn obgleich der Stoß, den eine solche Hemmung verursachen würde, sehr heftig seyn müßte, so könnte man doch nach und nach dem Vertriebe 24 Veranlassung der Gesandtschaft. der Waaren andere Wege öffnen, da man insgemein sin» det, daß der Handel unter dem Schutze einer guten Regierung fortkommt, und endlich fast nach Maasgabe des Capitals, der Betriebsamkeit und Geschicklichkeit derer blüht, die sich die Führung desselben angelegen seyn lassen. Aber, ohne den Gewinn in Anschlag zu bringen, eine der vorzüglichsten Waaren, die ans China eingeführt wurden, und nirgends anders woher gezogen werden konnten, war wirklich durch vcrschicdne Umstände, fast unter allen Alten von Einwohnern in England, ein tagliches Bedürfnis gcivordcn. So lange man nicht Thee in gleicher Menge und von eben der Güte und Wohlftilhcit, als man >:«'5 China zog, aus andern Landern bekommen konnte, oulfte man keine Vorsicht verabsäumen, sich die gewöhn-!üi e Einfuhr dieses Bedürfnisses aus jenem Lande zuzu-sl>!>cri', indem der tägliche Gebrauch desselben in Gross dl.ttanmci! mwcningcrt fortdauerte. Min siiXt, daß dcr Thee, vor dem Anfange des leztcn Jahrhundert in keinem Theile von Europa bekannt war. Einige Hollander, welche die Chinesischen Meere auf gut Glück bcschissten, sahen sich just um diese Zeit nach einer Waare um, durch die sie in China etwas gewinnen könnten, und da sie hörten, daß man dort ein gewisses Getränke aus einer einheimischen Pflanze zube« reite, und allgemein gebrauche, so geriethen sie auf den Einfall zu versuchen, ob nicht auch eine Europaische Pfianze Veranlassung der Gesandtschaft. 25 der man große Vorzüge zuschrieb, dcm Gaumc der Chi-scn gefallen, und dadurch ein Handelszweig bey ihnen werden möchte. Daher führten sie Salbcy bey ihnen ein, welche einst von der Salernitischen Schule der Heilkunde, als ein kräftiges Stärkungsmittel empfohlen, wurde, wofür die Holländer den Chinesischen Thee nahmen und nach Europa brachten. Die Salbey war in China nicht von langer Dauer, da hingegen der Gebrauch des Thees in Europa, von jener Zeit an, immer mehr und mehr zugenommen hat. Etwa um die Mitte des vorigen Jahrs hundert fieng man bereits an, auf Thee gegossenes Wast ser in öffentlichen Wirthshäusern zu verkaufen, wofür sich die Negierung eine Abgabe bezahlen lies' Indessen belief sich zu Anfange des jetzigen Jahrhunderts der öffentliche Absatz des Thees, den die Ostindischc Compagnie einfuhr-te, jahrlich an Gewicht nicht viel über fünfzig tausend Pfund, abgerechnet die unbeträchtliche Einfuhr, die etwa durch Schleichhandel geschah. Iczt verkauft die Compagnie jahrlich beynahe an zwanzig Millionen Pfunde, welches in noch nicht völlig hundert Jahren, eine vier-hundertfache Vermehrung ist, wobey, wenn man so rechnen will, das Jahr durch mehr als ein Pfund Thee auf jeden Kopf in jedem Stande, Alter und Geschlechte durch alle unter Grosbrittannischer Botmäßigkeit siehende Lander in Europa und Amerika kommt. Die plötzliche Beraubung eines Getränkes, das mm allgemeines Bedürfnis geworden ist, würdc, troß aller 56 Veranlassung der Gesandtschaft. Versucht/ an dessen Stelle irgend etwas anders zu setze», für ein Unglück gehalten werden. Man hat zwar angefangen den Thee in' denen Theilen des Brittischen Hin-dosians anzubauen, wo Boden und Himmelssirich die gehörigen Erforderniße zum Wachsthume desselben haben, und auf der Insel Corsica, welche neulich unter Englische Botmäßigkeit gekommen ist, soll jezt eine kleine Theepfianzung sehr gut sichen; obgleich an beyden Oer-tern der Ertrag di? aufgewandten Unkosten nicht bezahlt. Dcmungeachtet vermuthet man mit der größten Wahrscheinlichkeit, daß dieser Artikel ins künftige um billigen Preis zu haben seyn werde, ohne von dem Willen eincr andern Macht abhängen zu dürfen. Unterdessen abcr erforderte die Klugheit, dem Mangel desselben dadurch vorzubeugen, daß man mit dem Hofe zu Peking in eine Vers bindung zu treten suchte, vermöge welcher mit der Zeit der Englische Handel nach China auf einen gewisser« und vortheilhaftcrn Fus, als bisher, gestellt, die Schwierigkeiten dabey aufgehoben, und der Argwohn vermindert werden möchte, welche sehr leicht durch die Ranke und falschen Vorstellungen der Unterthanen oder Bundesges nossen von China und Grosbrittannien an den Gränzen von Hindostan, erregt werden könnte. Es war nicht zu erwarten, daß eine solche Verbiw dnng sehr geschwind geknüpft, oder die Absichten dersels ben auf einmal erreicht werden könnten. Man wußte sehr wohl daß der Hof zu Peking nach ganz eignen Grundsätzen Veranlassung der Gesandtschaft. 37 zu handeln pficgc, wenig geneigt sey/ sich in unbedingte Verbindungen mit fremden Höfen einzulassen, und'seine Unterthanen sehr gerne als gewissermaßen mitten im Thale der Wonne wohnend betrachte, wo es weist sey/ sie von einer unheiligcn Vermischung mit andern Menschen gee trennt und eingeschlossen zu halten. Man hatte nicht Ursache zu erwarten/ daß, einer Nation zu gefallen, deren Reichthum, Unternehmungsgeist und Macht die Kaiser-und die Mandarinen hinlänglich kannten, aber von deren Tugenden sie wenig gehört hatten, eine Ausnahme von dleser Regel auf einmal gemacht werden würde. Man hielt nun dafür, wenn verschiedene Vrittische Unterthanen nach einander, in cincm ehrenvollen Charakter, an den Chinesischen Hof gesendet würden, und sich durch ihr behutsames Betragen und feine Sitten Ansehn bey den höhern und Hochachtung bey den niedern Standen in China zu erwerben wüßten, daß man dadurch die Vorurtheile der Eingebohrnen mildern, und sie zur Freundschaft geneigter machen könnte, wodurch sodann das gegen, seitige Zutrauen, welches zu der gewünschten Verbindung so nothwendig ware, befördert werden würde. Fwap dürfte man bey dem ersten Versuche, sich dieser Wege zu benehmen, mit verschiedenen Schwierigkeiten zu kämpfen haben, und einige Gefahr laufen, besonders da ehedem ein Engländer, im Dienste der Ostindischen Compagnie, welcher in seiner frühen Jugend nach Canton war ges schickt worden, und durch langen Aufenthalt im Lande 28 Veranlassung der Gesandtschaft. die Sprache erlernt hatte, als er es versuchte, bis nach der Hauptstadt vorzudringen, um, aufVefchl seiner,Obern, gewisse Beschwerden dcr Brittischen Faktorey schriftlich zu überreichen, auf ausdrücklichen Befehl von Peking, dafür bestraft worden war. Man glaubte aber, daß ein Gesandter von Rang und Ansehn, mit königlicher Vollmacht verschen, welcher man unter allen gebildeten Völkern Achtung bezeigt, glücklicher seyn würde; und ein Mann, von edler Geburt und ausgezeichnete» Verdiensten unternahm es, den Versuch zu machen. Er wurde von einem talentvollen und geschickten Manne begleitet; aber sein frühzeitiger Tod auf dcr Reise verhinderte die Vollendung des Unternehmens. Durch diesen Zufall wurde die Ausführung dcr Plane welche nlan vom Aufange gemacht hatte, zwar verzögert, aber deswegen nicht aufgegeben, und es ereigneten sich neue Umstände die eine Beschleunigung derselben forderten. Man betrachtete nun die Sache auch aus einem mehr umfassenden Gesichtspunkte. Vcym ersten Versuch nahm man blos auf Staatsintereße und Handel Rücksicht; dies-mal hatte man überdies das Beste dcr Menschheit und die Erweiterung der Wissenschaften zum Zwecke. Unter die denkwürdigsten Verhandlungen, welche die gegenwar-tige Regierung glanzend machen, gehören einige der Reisen, die man auf unmittelbaren Befehl des Monarchen unternahm, und auf welchen, ohne die geringste Absicht auf Gewinn oder Eroberungen, die Gränzen der Wissen- Veranlassung der Gesandtschaft. 29 schasien erweitert und die Wllt umschift wurde. Aber man erlangte auch Vortheile dadurch, die weit dauerhaft ter und erhabner Seelen würdig waren. Ein M.nin, den die Regierung wählte/ weil er Muth, Geistesgegenwart m,d ausgebreitete Kenntnisse zu den mühsamsten und schwoften Unternehmungen hatte, wurde in Stand gcsczt, die Schiffarth und Erdbeschreibung beträchtlich zu verbessern, und nach verschiedenen Versuchen gewisse Punkte zu bestimmen, die vorher höchst zweifelhaft, der Gegenstand vieler Untersuchungen, und von allgemeiner Wichtigkeit waren: zur nehmlichen Zeit opferte ein andrer, ausgerüstet mit der Kenntnis alk'r von vorhergehenden Näturkcuncrn gemachten Bemerkungen, >^us Eifer neue Untersuchungen anzustellen, frcywilll'g und noch jung, den Genus seiues Vermögens auf, und setzte sich den mannigs faltigsten Wechseln der verschiedenen Himmelsstriche, und den Gcsahren unbekannter Schissatthen aus, war aber so glücklich, die Naturgeschichte in allen ihren Theilen zu bereichern. Solche Unternehmungen weichen so sehr von dem gewöhnlichen Laufe der Dinge ab, und erheben sich so weit über die Vewegungsgründe alltaglicher Handlungen, daß der bewundernde Fcind sie mitten im Kriege für heilig hielt, und ohne ersucht zu werden, sie von der Furcht kriegerischer Angriffe.befrcyctc, dcncn alle andre Englische Schiffe und Mannschaften blosgestcllt waren. So wie reich gewordene Privatleute gerechtes Lob verdienen, wenn sie sich grosmüthig um die Beförderung 3» Veranlassung der Gesandtschaft. des allgemeinen Besten bemühen; so können mächtige Könige und gesegnete Länder keinen ruhmvollern Gebrauch von ihrer vorzüglichen Lage machen, als wenn sie einen Theil ihrer Aufmerksamkeit der Aufklärung und allgemeinen Beglückung des menschlichen Geschlechts widmen. Hieraus stießen auch unmittelbare Vortheile für die, well che so handeln. Kein Staat kann sich schmcichcln so viele Naturreichthümcr zu besitzen, oder die Künste, im gemeinen Leben davon Gebrauch zu machen, bis zu einer so großen Vollkommenheit gebracht zu haben, düß wedcr Vermehrung noch Verbesserung statt, finden könnte. Wenn nun schon Lander, die in ihrer bürgerlichen Bildung ebm keine großen Fortschritte gemacht haben, zuweilen sehr schätzbare Quellen dcr Belehrung werden, so darf man vermuthen, daß man weit ergiebigere in den aufgezeichnc-ten und überlieferten Erfahrungen der alleraltesten burgers lichen Gesellschaft und des Reiches, welches unter den jetzt lebenden Menschen, das bevölkertsie ist, entdecken werde. Die Wenigen, denen es bisher gelungen war, ins Innere von China zu dringen, hatten mehr die Aufmerksamkeit anderer erregt, als die Wisbegi-rde derselben befriedigt. Die Beschreibungen davon waren theils wider-sprechend, theils verdächtig, aber alle versicherten einmüs thig, daß die Natur, und Kuusivrodukte dieses Landes, die Staatsklugheit und Ebenmäßigkeit dcr Regierung, die Sprache, Sitten und Meynung des Volkes, ihre Sitten-lehre und bürgerlichen Einrichtungen, und die allgemeine Veranlassung der Gesandtschaft. 51 Verfassung und Nuhe des Staats, ten größten und viel umfassenden Gegenstand bildeten, den man nur immer der menschlichen Betrachtung und Nachforschung darstelle« könnte. Ohne Zweifel würde man darüber genauere und tiefere Untersuchungen angestellt haben, wenn die Chinesische Regierung dies nicht zn verhindern suchte, welche sich einbildet, daß es gefährlich sey, sich mit Auslandern einzulassen, die leicht Unruhe stiften oderllnsittlichkcitcn bes gehen. Diese Meynung konnte blos dadurch geschwächt werden, daß man ihnen Auslander, von ganz entgegen^ gesetzten Sitten, zu zcigcn suchte. Aber man machte sich selbst den Einwurf, daß es nicht sicher seyn würde, sich blos auf die Wirkung eines gewöhnlich rechtschaffenen Betragens zn verlassen, ohne die anderen Triebfedern, in Bewegung zu setzen, die auf einem so ungewöhnlichen Schauplatze und unter dem Einflüsse so tief liegender Vorurthcile erforderlich seyn dürft ten. Wenn der Gesandte einmal angenommen ware, so würde gewis der Erfolg des allgemeinen Planes großem theils von dem Eindrucke abhängen, den er und sein Gefolge, auf der Reise durch das Reich, und bey seinem Aufenthalte am Hofe, machen würde. Sollte er wissen sich beym Volke beliebt zu machen, den Mandarinen eine gute Meynung von sich beyzubringen, und auf diese Art beyden Standen andere und bessere Begriffe von der Nation, die ihn sandte, einzufiösscn, und endlich, sollte es ihm gelingen, bey ihnen den Wunsch zu erregen, daß sich/ 32 VerMssssllng dcr Gesalldtscha'st. »vider die bisherige Sitte des Chinesischen Höfts, ordentliche Minister ohne Unterbrechung ins kün'tige dort auf-halttn möchten/ so würde die unmittcll'are Absicht dieses ersten Versuchs erfüllt, und ein guter Grund zur C'tcf-chung der^ Vortheile gelegt seyn, welche von cmen: uneingeschränkten Verkehr mit allen Theilen von China zu erwarten ware. Indessen würde sich dles blos mit der Zeit bewerkstelligen lassen, und könnte sehr leichr verzögert werden, wenn man gleich im Anfange zu viel ausrichten wollte. Einige der verständigsten Oberhäupter der Ostiu-dischen Compagnie, welche zwar die Beschwerlichkeit«« ihres Handels in Canton hinlänglich fühlten, aber bedachten, wie viel die Compagnie durch eine gänzliche Aufhö, rung desselben leiden würde, empfahlen die äußerste Bes hutsamkeit bey den ersten Unterhandlungen; damit, wenn man zu heftig auf die Abhelfung der Beschwerden dränge, . oder zu vorschnell nach mehrcrn Freyheiten sirebtc, die Chinesische Regierung nicht etwa furchtsam oder beleidigt werden, und es für hohe Zeit halten möchte, Emgrissc in ihre Macht, und Streitigkeiten auf das wirksamste dadurch zu verhüten, daß sie alle ihre Haftn den Ausländern ganzlich vcrschlöße. Daher mußten die Englischen Minister, zur Unter? nchmung eines so empfindlichen und schwierigen Geschäfts, cinen Mann von geprüfter Klugheit und langer, an aus? wartigen Höfen uud in fremden Landern eingesammelter Ersah- Vorbereitungen zur Gesandtschaft. 33 Erfahrung, wählen, welcher sich begnügen ließe, den Weg zu gewissem guten Erfolge für die Zukunft zu bahnen, ohne durch den Glanz unmittelbarer Vortheile blenden zu wollen. Es war eine Stelle, bey deren Vcschung allcr Verdacht von persönlicher Gunst oder Parlamentseinsius wcgs fallen mußte. Auch hatte der Minister bereits bey verschiedenen wichtigen mit Rcchcnschassenheit verknüpften Bestellungen, die mit der OstindiVchen Compaanie in Verbindung siandcn, gezeigt, daß cr bey Empfehlungen blos auf die erforderlichen Fahigkcitell sahe. Ei,lsra5cn. In der Folge hatte er zwar die Stelle eines Generals gouverncurs in Pcngalcn ausgcscklagcn, obgleich ohne Zweifel Macht und Gewinn dabei) grösser waren a^ btt) irgend einem aneern Posten den die Min»s>:'len, begleiteten den Ges^ndtschaftssekretar nacii England, wo er im May 1792 wieder eintraf, um sich bald danuif nach China einzuschiffen. Sie wußten und erinnerten sich noch an viclcs aus ihrem Vatcrlandc und gaben daher gleich vom Ansauge sehr nüzliche Winke über die schicklichsten Vorbcrcill,ngm die man zu einer Reise dorthin zu machen hatte. B'y der Wahl der Geschenke für den Kaiser und dessen Minis sier, welche nach dcr unabänderlichen morgenlaiidil'chcti Sitte erforderlich waren, schlugen sie solche vor, von lvelchen es ihnen schien, daß sie am angenehmsten ftyn würden. Und da man nun aus der Erfahrung w:<ßle/ welche Sachen die Chinesen in Canton am haufigsicu kauft ten und am besten bezahlten, so nahm man auch hierauf Rücksicht. Seltene Kunstwerke von einem sinnreichen und verwickelten Mechanismus, in goldnen oder silbernen Nahmen, mit Juwelen besezt, und die sich vermöge verborgener Federn und Räder von selbst zu bewegen schienen, lvaren oft sehr theuer bezahlt worden. Sie waren frey-lich im geringsten nicht zu etwas brauchbar, aber gefielen nun einmal den vornehmen Mandarinen, welche oft ihren Kaufieuten aufgetragen hatten, ihnen dergleichen zu verschaffen, es möchte kosten, was es wollte. Einem Vorbereitungen zur Gesandtschaft. 47 solchem Befehle nicht zu gehorchen , würde gefahrlich gewesen scyn und die Maschinenwcrke wurden als förmliche Geschenke angenommen/ oder doch nur eine kleine und zum eigentlichen Prcisc unverhältnwmaß'ge Summe dafür erstattet, um der Sache das Anschn eines förmlichen Kaufs ;u gebcn. Tändeleien dieser Art oder 8inF-5onF5> wie sie in der verdorbenen Sprachart von Canlon heißen, welche von Privatleuten in China eingeführt wurden, be-liefen sich jährlich am Werthe auf die ungeheure Summe von einer Million Pfund Sterling. Und am Ende kamen die meisten dicscr Kunstwerke in die Pallaste des Kaisers und seiner Minister. Denn nachdem die Mandarinen in Canton dieftlbcn für wenig mehr als ein Versprechen der Bcschützung ihrer Untergebenen bekommen hatten, schickten sie solche bald darauf sehr bereitwillig nach Pecking, in der Hofnung, sich dadurch bey ihren Obern beliebt zu machen. Es würde unnütz gewesen seyn, wenn man sich hatte vornehmen wollen jczt bey dieser öffentlichen Gelegenheit schöner gearbeitete oder kostbarere Sachen zu Geschenken zu Wahlen, als ehedem Privatleute zum Verkauf nach China gebracht hatten; man durfte vielmehr hoffcn, das kurze Vergnügen, welches jene ftitternde Spielereien hervorbringen, würde durch Ucbcrhaufung derselben, Ueberdrus erregt haben. Hingegen glaubte man, daß Sachen, die zur Erläuterung wissenschaftlicher Gegen, stände oder zur Vervollkommnung der Künste dienten, 4^ Vorbereitungen zur Gesandtschaft. einem Monarchen, der nun, vermöge seiner Jahre, bey jedem Gegenstände mehr auf den Nutzen und auf die Anwendbarkeit desselben sah, grösseres und dauerhafteres Vergnügen gewahren würden. Da die Sternkunde in China eine vorzüglich geschätzte Wissenschaft ist, und selbst die Aufmerksamkeit und Thätigkeit der Negklung beschäftigt, so glaubte man, daß die neuesten uud vollendetsten Instrumente, vermöge welcher man weit leichtere und genauere Beobachtungen anstellen konnte, und die vollkommenste Nachahmung der Bewegungen und Laufbahnen am Himmel, die bis dahin aus den Händen eines Künstlers gekommen war/ ohne Zweifel Beyfall erhalten würden. . Proben der bcsien Englischen Manufakturen und die sämmtlichen neuern Erfindungen, durch welche der Gcnus des gesellschaftlichen Lebens bequemer und behaglicher gemacht wird, konnten, den Chinesen mitgetheilt, zwey Absichten zugleich befördern, erstlich Wohlgefallen d-aran bey denen, die damit beschenkt würden und dann Vermehrung der Liebhaber und Kaufer solcher Artikel. Die Ostindische Compagnie gab eins der grösten und bequemsten Schisse her, die ihr zugehörten, um diese Geschenke an Ort und Stelle zu bringen und einige zur Ge-sandtschaft gehörige Personen an ^)ord zu nehmen, für welche man aus dem Löwen nicht wohl Platz finden konnte; das Commando desselben wurde dem Capitan über- Vorbereitungen zur Gesandtschaft. 4? Mackintosh, einem geübten und geschickten Seemanne s /,/'<>,/,'., zu steuern und nachher auf die östliche Spitze der Rhede von Funchal, welches die Hauptstadt von Madera ,st, so daß man sich mitten zwischen dieser und den Desertas halt; denn nicht weit von derjenigen unter diesen Ins seln, welche am meisten gegen Norden zu liegt, ist ein Erster Band E 66 Reise «ach Madera. hoher Fels/ den viele von weitem für cin Echiss halten. Der Paß ist etwa neun Englische Mcilcn weit, aber ohne Ankcrgrund, ausgenommen nahe bcy Madera, in sehr tiefem Wasser. Die geographische Breite der Nhede ist 32° , 37/, 30", N. und die Lange, wie man sw bcy verschiedenen Eklipsen der Trabanten des Jupiters u„d bey einer Gonncnsinsiernis am 4len Iunius 1788 zuverlässig bestimmt hat, ist 17° 5^. W. von Greenwich. Der Compaß hatte 18° 35' Nordwcstcring. Zur Zeit des Voll - und Neumondes strömt die Fluch N. N. W. und S. S. O. Cvringzeiten steigen senkrecht sieben Fuß; todt Wasser fünf Fuß; die Fluch lauft Ost. Nach den Verfügungen des Hafens müssen alle Schiffe, ehe sie ankern, oder sobald sie geankert haben, zmn Gouverneur der Insel schicken und ihn benachrichtigen, wer und woher sic sind und warum sie hier anhalten. Kriegsschiffe dürfen nicht eher ihre Boote zu Fahrzeugen schicken,,die in die Rhcde kommen, als bis sie vom Praktl'kbootc untersucht werden sind, welches darauf sehen muß, daß keine ansteckende Krankheit am Bord ist. Ebcn dies gilt von Schissen, die absegeln, mit welchen man keine Gemeinschaft mehr haben darf, sobald der visitirende Beamte dort gewesen ist und untersucht hat, ob nicht etwa Elngebohrne, welche die Insel verlassen wollen, obcr verbottene Waare, darauf verborgen sind. Englische Kriegsschiffe salutiren mit 13 Canonen, nachdem sie vorher die Versicherung erhalten haben, daß man ihnen die Bemerkungen über diese Insel. 67 nehmliche Aufmerksamkeit mit eben so viel Canonen bezeugen wolle. In den Sommermonaten können die Schiffs boote am Gestade landen; aber wenn man keine Waaren ans Ufer zu bringen hat/ thut man besser es zu allen Iahrszeiten zu vermeiden / sowohl um die Boote nicht zu beschädigen, welche von heftigen plötzlich und verdoppelt eindringenden Wogen auf das rauhe steinigte Ufer getrieben werden, als auch damit die Matronen nicht G^ legeuheit bekommen mögen, in die »nordelitlichen Hauser, welche nahe am Strande sind, zu gehen und die schädlichen starken Getränke zu trinken, welche dorrherum ver, kauft werden. Am Loo? Fels, welcher gegen die Wogen geschüzt ist, kann man sicher und bequem landen, und obgleich einige kleine Häuser dortherum sind, so kann man doch die Bootsleute leicht davon zurück halten. Man muß gegen die Boote der Insel auf seiner Hut seyn, welche, unter dem Vorwande, Fische, Früchte und Gartengewächse zu verkaufen, an Bord kommen, obgleich ihre Hauptabsicht isi, sehr schlechte starke Getränke und nicht selten verborgene Waaren, abzusetzen. Man kanü hier Rindfleisch, Wasser und Küchengewächse, welche von den Booten der Insel an Bord gesandt werden, für das Schiffsvolk einkaufen. Die Englische Regierung giebt dem Vestedcr eines Königlichen Kriegsschisses fünfSchil-linge auf jede Tonne Wasser, und sir Pence für ein Pfund Rindfleisch. Der Wein, welchen der Besieder liefert, ist schwach und hält sich nicht/ obgleich die Tonne, welche 6i Reise nach Madera. I2O Gallons oder etwa 482 Sachsische Kannen hält, 16 Pfund Stirling kostet. Eine Flotte von zwanzig Kriegsschiffcn kann hier hinlängliche Erfrisclnmgen bekommen , wenn sie sich nicht über zehn Tage aufhält. Die Rhede ist osscn von W. nach C. S. O. Die Winde weh.n hier am stärksten von S.W. nach S.O. Schisse, welche sich genöthigt finden zur Winterszeit in derRhede von Funchal zu ankern, sollten sehr auf ihrer Hut scyn, wenn sie schwarze Wolken gegen Süden aufsteigen sehen und eine Dcining bemerken/ weil es sehr gefahrlich ist unter diesen Umstanden vor Anker zu bleiben.« Man hat geglaubt, daß hier ein Haftn gebaut werden tonnte, obgleich mit großen Kosten, >wenn das Fort de Ilheo, gewöhnlich Loo 5 Scheos genannt, mit einer felsigtcn Landspitze, welche gegen dasselbe ins Meer heraussieht und etwa I2O Yards davon ist, verbunden würde. In diesem engen Passe ist es sechs bis sieben Faden tief; mithin würde ein ungeheures Vollwerk von Werkstücken, die man zwar gleich in der Nähe brechen könnte, aufgerichtet werden müssen, um die Macht der Wogen zu hemmen, die sich fast beständig hier aufgehäuft hineindrängen, sobald der Südwind zu wehen anfange, und man weiß sogar, daß die Wellen oft über das Loo Schlos schlagen, welches man für nicht weniger als 8oFuß hoch schätzt. Solch ein Haftn würde freylich nur wenig mehr Schisse halten, als diejenigen kleinen Fahrzeuge, welche man braucht um von Funchal Waaren nach den kleinen Bemerkungen über diese Insel. 6y Hafen zu führen, und von hieraus die Produkte der In, sei nach dcr Hauptstadt zu bringen. In der stürmischen Iahrszcit liegen diese Fahrzeuge am Loo Fels vertäuet und werden noch außerdem mit Tauen vom Ufer beftstigt; so überlaßt man sie ganzlich dem Zufalle, wenn Stürme drohen, ohne irgend einige Mannschaft, welche sich aufs Land rettet. Beym ersieu Anblick schien die Insel Madera felsigt, unfruchtbar und unbebaut; aber ihre Schönheiten breit« ten sich vor dcm Auge aus als man sich ihr mehr näherte, und nichts konnte mahlerischer und reihender seyn, als die Lage der Stadt Funchal mit den umherliegenden Bergen, von den Schiffen aus, als sie vor Anker lagen, betrachtet. Die Stadt ist mitten in ein grünes Thal gtt baut, in welchem Kirchen und Landhäuser, sämmtlich weiß angestrichen, mit den immergrünen Bäumen und Garten sehr angenehm abstechen. Man kann behaupten, daß hier Lenz und Sommer die einzigen Iahrszeiten sind, da bekanntermaßen Hitze und Kalte selten den hohen Grad erreichen, welcher unangenehm wird. Während des Gesandten Auftnthalt hier war Fahrenheit's Thermometer des Mittags im Schatten von. 69" bis 72" . Man er, innert sich nicht leicht, daß es im Herbsie mitten in der Weinlese über 75° Grade gestiegen Ware, und in Funchal ist es im Januar etwa 64°, obgleich die Bcrgspitzcn, die . man über der Stadt erblickt, dann mit Schnee bedeckt sind. Da die Schiffe zu Anfange des Oktobers aus ?o Rci^r nach Madera. England gesegelt waren, wo die Blatter schon hier und da zu welken anfiengcn, und die herbeyeilendc Ermattung der Natur ankündigte!:, so war die üppige Fülle ihrer Blühte in Madera, den Bewohnern nördlicher Gegenden, die in so kurzer Zeit von dort hicher kamen, um so auffallender. Die ganze Schöpfung schien hier belebt zu scyn; taufende von Insekten schwärmten in der Luft und überall schlüpften Eidcxen unttr den Füssen hin. Fast jedes Gewächs hatte Früchte oder Blühten; jeder Baum war voll Blatter, und einige der niedrigen Euro-päischen Kräuter wuchsen und gediehen hier zu Stauden. Nichts schien hier matt oder hinfallig, ausgenommen etwa dcr Mensch. Die meisten gemeinen Leute hatten eine schwärzliche Gesichtsfarbe, waren übel gebildet, klctner als Europaer sind und an Gcist und Gewandtheit weder den eigentlichen Bewohnern von Afrika, noch denen der kältern Theile von Europa gleich. Erfahrung lehrt, daß die Nachkommen der lezterm, wenn sie in südliche Lander verpflanzt sind , oft kraftlos und stumpf werden. Der Portugiesische Befehlshaber lies dem Gesandten nicht nur an Bord des Löwen, sondern auch wahrend und nach seiner Landung alle mögliche Ehre und Auft mcrksamkcit erzeigen, welche man dem Stellvertreter eines mächtigen Monarchen, der Portugalls Freund war, schuldig zu seyn glaubte. Sr. Excellenz lehnte eine militärische Leibwache ab, nahm aber die dringende Einla-dung des Gouverneurs zu einem Gastmahle an, welches Vcnltt'klmgcll über diese Insel. -r in der Tbat köstlich war und wozu, außer den Herrn in» Gefolge des Gesandten und den Ossicicren beyder Schiffe/ auch die Kaufieute der Englischen Faktorey, die vorm hm« sten Beamte und Off>ciere der Besatzung und vcrschicdne der vorzüglichen Einwohner der Insc', in al?em e:wa 2OO Personen gcbetten waren. Aber man sah keme Dame, ausgenommen zn Anfange des Gouverneurs Tochter, die etwa zehn Jahr alt seyn mochte, und in deren P»y alle Formalitat eines erwachsenen Frauenzimmers herrschte, jedoch war sie bey den Ceremonien der Tafel im geringsten nicht verlegen und blieb auch beym Desert. Dies war in besondern kühlern Zimmern anfgctragen und des Gous verneurs Gemahlinn, die wegen Unpäßlichkeit beym gan, zen Mahle nicht gegenwärtig seyn komlte, saß oben an. Man hies sie Donna Louisa und ihre Tochter Donna Maria, weil es bey vornehmen Portugiesen Sitte zu seyn scheint, sich blos bey dem Taufnahmcn, mit einem vorausgesezten Titel, anreden zu lassen, ob sie gleich verschiedene Zunahmen führen. Der Gouverneur hatte drey, Percira, Forjas und Coutinho, welche er von de« vorzüglichsten Familien unter seinen Ahnen angenommen haben mochte. Im Eingänge seines Hauses war auf einem Gemählde die rührende, aber verdächtige Volkssagc von Maocra's Entdeckung durch einen Engländer Robert Macham, welcher zu Ende der Regierung Eduards III. lebte, vorgestellt. Dieser Mann, welcher von niederer Geburt gewesen seyn 7« Reist nach Madera. soll, hatte sich in ein junges Frauenzimmer Anne d'Arsct von vorzüglicher Schönheit und edler Geburt, verliebt. Ihre Familie, welche dcn Gedanken an eine so niedrige Verbindung mit Verachtung verwarf, wußte sich einen Verhaftsbefehl vom Hofe zu verschaffen, wodurch er so lange im Gefängnisse gehalten wurde, bis man das Fräulein überredet hatte eine» Lord zu heurathcn, der gleich darauf mit ihr auf seinen Landsitz bcy Bristol gieng. Als Macham einige Zeit hernach freygelassen worden war, gtt lang es ihm seine Geliebte auf ein Schiff zu entführen, das in Bereitschaft lag sie nach Frankreich überzufahren. Aber ein Sturm erhob sich, es waren wenig Leute auf dem Schiff und sie wurden weit ins offne Meer getrieben. Als sie dreyzehn Tage lange von den Wellen hin und her geworfen worden waren, ohne die geringste Spur von Land zu schen, kam es ihnen endlich vor, als ob sie etwas dem ähnliches erblickten. Sie strengten alle Kräfte an, um naher zu kommen und fanden, daß es eine mit Holz bewachsene Insel sey. Sie ankerten sogleich und Macham, seine Geliebte und einige ihrer L^ute giengen ans Land, wo sie sich eine Art von Hütte unter den weitausgcbreitctcn Aestcn eines großen Baums bauten. Aber in der Nacht riß ein Sturm das Schiff von den Ankern und trieb es an die.Küste der Barbarey, wo es in Stücken gieng.- die Matrosen darauf wurden von den Einwohnern zu Gefangenen gemacht. Anne d'A. nahm sich dieses neue Unglück so zu Herzen, daß sie kurz Bemerkungen übcr diese Insel. 73 darauf starb und Macham folgte ihr bald aus Betrübnis nach. Die Begleiter gcriethen in Verzweiflung über den Verlust ihres Anführers, verließen die Insel, sezten sich in ein offnes Boot und giengcn in die weite See, ohne einmal zu wissen, welchen Cours sie steuern sollten. Nach verschiedenen Zufallen stoßen diese Abcntheurer auf ein Spanisches Schiff, dessen Capita« mit Aufmerksamkeit und Theilnahme ihre Geschichte anhörte, welche er dem Gonzales Zarco hinterbrachte, der so eben auf Befehl des Königs von Porlugall im Begriffe war eine Entdeckungsreise zu thun und vermochte ihn die erwähnte Insel aufzusuchen. So unzuverläßig auch die Lage ders selben von den Englischen Matrosen war beschrieben wors den, so entdeckte er sie doch bald, die Umstände dieser Geschichte sind zwar vonAleafarado, einem gleichzeitige« Schriftsteller aufgczcichnct, welcher auf Befehl Heinrichs, Prinzen von Portugal!, ein Buch unter dem Titel: «Entdeckung der Insel Madcra« schrieb, aber de Varros, der Portugiesische Livius, legt die Entdeckung einzig und allein dem Gonzales Zarco und Tristan Vas bey. Ein andrer Engländer, Herr William Iohnstone, welcher Kaufmann in Madera war, und, wie in unser« Zeilen häufiger geschieht als vormals, Liebe zu dc« Wissenschaften mit der Besorgung seiner Berufsgeschaste verband, unternahm eine regelmäßige Messung der Ins scl. Er fand sie beynahe wie ein Parallelogramm g« staltet, dessen Mtlellange von W. N. W- nach O.S.O, 74 Reise nach Madera. etwa 37 Engl. Meilen l8 deutsche) und dessen Mittelbreite ii E. Meilen (2^ deutsche) betragt und einen Raum von 407 E. Quadratmcilen, oder 26^480 E. Ackern d.i. 269,162; Morgen, in sich faßt. Sie wird in 37 Kirch' spiele eingetheilt, und soll ungefähr 82,022 Einwohner haben , so daß beynahe 200 Personen auf jede E. Quas dratmeile kommen und jede Perfon mchr als 3 E. Accker d. i. 3^ Morgen besitzen könnte. Indessen scheint ein großer Theil von Madera nicht urbar gemacht werden zu können, weil die Bergseiten sieil rauh und fast bloßer nakter Fcls sind. Das von den Bergen herabflicßcnde Wasser bildet viele enge Thai ler, in deren jedem man Stückchen bebauten L^noes sieht und in verschiedenen bersclbcn liegen angenehme kleine Dörfer. Wcil der Fels sehr dünn mic Erde bedeckt ist, so sehen sich die Wn'ngartncr genöthigt es dadurch zu vermehren, daß sie die Bruchstücken des schon an sich weichen Felsen kleiner schlagen und die Oiesbäche von den Höhen darüber lcitcn, wodurch sie bald mürbe wer- den, auseinander fallen und eine fruchtbare Erde geben. Dies ist vielleicht das größte Beyspiel ihrer Arbeitsam- keit, denn übrigens sind die Einwohner zur Trägheit geneigt, besonders die Manner, welche oft in der Sonne »der in ihren Häusern, der Lange nach ausgestreckt liegen, wahrend daß ihre Weiber und Töchter einige Meilen weit auf das Gebürge geschickt werden um Genistc nieder-- Bemerkungen über dicse Insel. 75 zuhauen, welches sie in g!»sen Bündeln nach Funchal bringen, wo man es zum Brennen kauft: dicscn Weg machen sie beständig barfuß. Ihre schlechten Lcbensmit-tcl, we,che meistens in Kürbis und gcsalzncn Fischen bc^ sichen, ihre harte Arbeit und dic Hitze desHimmclsirichcS gcbcn ihncn das Ansehn des Alters in ihren bcsie» Jahren. Das Hauptprodukt der Insel sind Weintrauben anS denen man jährlich, cms ins andre gerechnet, beynahe 25,000 Pipen (jcdc zu i2vGallous oder 315 Kannen Leipzig ger Maas gerechnet) preßt. Die Halste davon geht nach England, Nordamerika und nach Ost-und Westindien:» der übrige Wein wird von den Einwohnern verbraucht entweder so wie er von der Kelter kommt oder zu Weingeist abgezogen. Die Weintrauben sind gemeiniglich wciß so wie der daraus gemachte Mosi; aber man findet auch eine andre Art, wovon der Saft etwas mehr Farbe hat und einen rothen Wein, Tinto genannt, giebt. Pon diesem mischt man etwas weniges der erstem Gattung bey, welche dadurch eine dunklere Farbe bekömmt. Auch wachst hier eine rothhülsigte Weintraube Ba? siarda genannt, aus der man einen weissen Most preßt. Auf einigen Orten der Insel findet man eine andre vor-züglich saftige und süße Traube, welche den berühmten Malvasierwein giebt. Hiervon sagt man, daß ein Jahr ins andre gerechnet beynahe fünfhundert Pipen gewonnen werden, deren jede ungefehr mit 62 Pfund Sterling 76 Reise nach Madera. bezahlt wird. Eine Pipe des allgemeine wachsende,, Weins, welcher zum Unterschiede trockner oder harter Maderawein genannt wird, kostet denen, die damit handeln, wenn er noch jung ist, nie mchr als höchstens 32 Pfund Sterling. Von den übrigen Käufern, wie es durchaus in Handel und Wandel gebräuchlich ist, läßt man sich mehr bezahlen. Um sich für das Auslaufen und Verdunsten schadlos zu haltcn und sich der Interessen eines bis jezt noch unverzinsten Capitals zu versichern erhöht man den Preis einer Pipe alten Weins mit jedem hinzu-gekommenen Jahre um zwanzig Schillinge oder um uoch mehr. Im Durchschnitt ist der Preis für die Pipe jeder Art von Wein etwa 14 Pfund Sterling, welches der Ertrag der ganzen Ausfuhr weit unter 200,000 Pfund stzt. Wovon ein Theil für Englische Manufakturen, für Mehl und gesalzene Fische aus Amerika und für Korn aus den Azorischen Inseln, welche so wie Madcra dcr Krone von Portugal! zugchörcn/ bezahlt wird. Es geschieht nicht selten, daß die Kaufleute von Ma-dera für Englische, hier eingeführte Waaren 25 Procent Profit auf den wirklichen Kaufwcrth, welcher in dcr Faktur sieht, bezahlen müssen. Freylich wird die Faktur zuweilen auf der Reise von England nach Madera verändert und erhöht, so d«ß es dann scheint, als ob wirk-lich für jeden Artikel die angesezte Summe ware bezahlt worden. Dieses gewissenlose Betragen ist so bekannt, daß dergleichen verfälschte Rechnungen Salzwasserfakturen Bemerkungen über diese Insel. 77 he-ß?n. Aber blos der, welcher die Waaren verbraucht, leidet darunter, denn der Kaufmann in Madera laßt sich gemeiniglich wieder einen verhältnismäßigen großem Preis für seine Güter bezahlen. Die Portugiesische Regierung legt nicht nur Abgaben auf alles, was nach Madera eingeführt wird/ ausgcnom-men Lckcnsmittel, sondern auch auf den Wein/ welchen die Insel absetzt, und macht überoies örtliche Auflagen. Indessen soll sich der reine Gewinn, nach Abzug allcr Unkosten der Regierung und der nöthigen Truppen nicht nbcr 8000 Pfund belaufen. Ohne Zweifel zieht Grosbrillan-men mehr Vortheil von der Insel als das Mutterland, wegen des Handcls, welcher zwischen diesem und dcr Englischen Fakcorey in Madera, einer Gesellschaft von zwanzig Handelshäusern, deren Vermögen endlich nach England fileßt, gctliebcn wird. Die Theilnahme anderer Völker an diesem Verkehre in Madcra thut dcn Engländern wenigen Abbruch. Selbst die Portugiesen, die es versucht haben, mit ihncn zu wetteifern, sind selten glücklich, wcil es ihnen, wie man glaubt, an gehöriger Handelskenntnis fehlt, vermuthlich aber, weil sie weniger Capital und Credit, und nicht soviel auswärtige Verbindungen besitzen. Die Englischen Kaufleute ziehen die Wcingmtner das durch an sich, daß sie ihncn Geld vorschießen, und sie auch außer der Weinlese, oder wenn ein schlechtes Wein, jähr einfallt, unterstützen. Ihr Handel mit dcn PoitüM 73 Reise nach Madera. ftn in Funchal muß auch von Bedeutung styn, und ob sie sich gleich einander nicht sehr nahem, so «st doch ihre gesellschaftliche Verbindung groß genug gewesen, um bey den lctztern die vorgeblich geheimen Vereinigungen,Fre!)mau-rcrgcstllschaftcn genannt, zu veranlassen, welche in England ohne Zweifel gesellschaftliches Vergnügen zum Zwe, cke haben, und oft den Armen viel Guics erzeigen, aber welche in solchen Landern, wo die Regierungssorm dem freyen Umgänge Fesseln anlcgt, cine uneingeschränkte Mitt theilung von Meynungen begünstigen können, und deswegen verdachtig werden. Da nun die Römischkatholischcn Geistlichen eine so sehr zunehmende Lauigscit in dcm Eifer für die Religion bey den Laycn bemerkten, daß sie nicht ohne große Schwierigkeit solchc Novizen, als sie wünschten, bekommen konnten, so hielten sie dafür, der Grund dieser gefährlichen Abnahme der Frömmigkeit sey augenscheinlich der cin-reißcndcn Freydcnkerey unter den Freymaurcrn zuzuschrei, bcn, und wendeten sich an die Inquisition, um sie bestra-sen und verweisen zu lassen. Es erhob sich eine Vcrfolü gung wider viele der vornehmsten Portugiesischen Einwohner in Madera, welche sehr leicht ernsthafte Wirkungen hätte hervorbringen können, wenn nicht der gegenwärtige Minister der ausländischen Geschäfte, der Ritter v>n Pinto, ein aufgeklarter Mann und Vertrauter des Prinzen von Brasilien, dem wahrend ftincr Mutter Krankheit die Regentschaft übertragen war, einen Befehl aus- VcmerkllNM über dicsc Insel. 7? gewirkt hatte, in welchem verordnet wurde: „daß alle Inquisitoren und'Richter der Inquisition, sobald irgend 'jcmand angellagt worden wäre, die Sache soglcich untersuchn, sollten; und wenn der Beklagte in Verhaft genommen ware, so sollte man ihm Vertheidiger zugestehen; ferner wenn ein Urtheil wider ihn ergangen wart/ sollte man dte Proceßaktcn alsbald an den Staatssccretar Don Jose de Scabra einschliessen/ damit cr sie dem Rcgente« übergeben, und Scine Hoheit sofort nach Gutbcsindcn darüber entscheiden könnte; endlich, daß diese Einsendung der Akten innerhalb zweyer Monate nach der Verhaft-nchmung des Vellagten geschehen müßte, da der Regent nicht wünschte, daß eil: Portugiesischer Unterthan Jahre lang in harter Gefangenschaft schmachten sollte." Der Geist, welcher in dicscn: Bcfehle herrscht, und die dadurch getroffenen Verfügungen sind hinreichend, die Grausamkeiten der Inquisition zu hemmen. Auch wird sie nicht mehr wic ehedem, von der abergläubischen Anhänglichkeit des Volkes unterstützt; selbst die Frauenzimmer sollen nicht mehr ausnehmend andachtig seyn. In den letzten zwanzig Jahren ist keine Jungfrau eingcllci-dct worden. Der Einfius der Portugiesischen Geistlichen war sonst nnbegranzt; sie regierten in jeder Fc.milic. Ein Ucbcrrcst dieser Anmaßung zeigte sich nrch bey dcm Gastmahle des Gouverneurs/wo ein unverschämter betrunkener Mönch um die Tafeln gicng, die Augen der Gaste auf sich zog, und sich unschicklich in alles mcngtc, ohne daß 82 Reise nach Madera. ihn jemand gehindert oder zur Rede darüber gesctzz hatte. Die Englischen Kaufleute sind jederzeit gegen die Eingriffe der Inquisition sicher gewescn, und stehen immer in gutem Vernehmen mit dem Goureueur und dem erstc« Richter, deren jcdeM sie aus Aufmerksamkeit einen kleinen Gehalt geben, welchen die Faltorey von der F>acht der Güter, die aus England ankommen, und von dem Gc5 winn des ausgeführten Weines abzieht. Die Rechtmäst sigk.it dieses Abzugs gründet sich zum Theil auf ein G« sctz dcs Vrittischen Parlaments, und theils auf die eigne Verfügung der Faktorcy. Man unterstützt davon überdem dlcjcnigen Englischen Matrosen, welche wegen Krankheit oder ,aus Zufall auf der Insel zurückgelassen werden, und bestimmt auch einen Theil dieser Summe zur Versorgung derer Mitglieder der Faktorey, die in ihren Vcrmö< geusumsianden durch UnglücksfaNe zurückgesetzt werden möchten. Reisenden, die hier landen, um Erfrischungen einzunehmen, und dann ihren Weg nach Asien oder Amerika fortsetzen, wenn sie nur die geringsten Empfehlungen eines Freundes aus Europa mitgebracht haben, werden die Häuser der Englischen Kaufleute in Madera sehr gasifrey gcöfnet. Wenn ganze Flotten mit vielen Passagieren hicrs hcr kommen, so folgt eine Lnstbarleit, ein Schmaus, ein Ball auf den andern. Die Häuser sind zu diesem Ende sehr Vcmcrllltigen «ber dlcse Insel. st sehr geräumig. Gastfreundschaft dieser Art, von der man in Vollreifen Europäischen Städten so wenig weist vcrs schaft dcm Kaufmanne Absatz, und ist dem Reisenden der hicr vom Schiffe landet, höci'st erwünscht. >weil^ ent, sicht cine Vertraulichkeit zwischen den» Wirthe lilld seinen Gästen, die. aber bald du,ch die Nachncht linccrbrochen Wird, „daß die Schiffe wieder zum Mscgeln bereit flVio," ohne daß sich beyde Theile mit großer Howling schmei/ chcln dürfen, sie bald wieder zu erneuern, da Madera wcit vom Wege abliegt, wenn die nehmlichen Personen auf ihrer Rückreise nach Europa begriffen sind. Unter den Fleischspeisen halt man das Fleisch von Schweinen für das lcktcrste. Diese Thiere werden, wcnn sic noch jung sind, von ihren Besitzern mit besondern Mcttmaleu bezeichnet, und dann aufs Gcbirae geschickt, wo sie wild uinhcr laufcu, und von nahrhaften Wurzeln, mchrentheils d' Zeit zum Einhohlen der b.iden großen SchlftV zu ge^cn und um bcss^n Wc^n für ftil.e Mann^ s^afc zn k.infen als er in Madcra für den fcsigcftztcn Prew cryaiten konittc, bcschlos Sir E. Gowcr in seinem Wegc nach St Iago, b^y der Stadt Eanta Crn; anf der I'lsel Teneriffa, welche zl> den Canarischen.Eylaildcn gehört, cmige Tage zu verziehen. Man steuerte manchmal geradezu nach Mittag und ausserdem immer südlich; das Wetter wurde merklich wärmer und ob man sich gleich, nach dem Maassiabe unsererIahrszeiten, den Winlermonaten näherte, so schien cs doch der ganzen Reisegesellschaft, als ob sie dem Winter entfiöhn. Die Winde, welche im Englischen Ca-nale und auf der ganzen Reise von dort aus, so veränderlich gewesen waren, fiengen nun an nach und nach unveländerlich und anhaltend von Osten zu wehen und man befand sich bereits in den Passatwinden, welche ft <)4 Reise nach Teneriffa mid St. Iago.' regelmäßig sind/ daß sie nicht wie die andern, zum Sinn-bilde der Veränderlichkeit gebraucht werden können. Bekanntlich wird die Wirkung der Gewalt des Windes auf die Schiffe, vermöge eines sehr einfachen Mittels bestimmt. Man wirft ein dünnes, plattes, dreicckigtes Stück Holz aus das Meer, wo cs überall unbeweglich liegen bleibt, weswegen es auch Log heißt, und bemerkt aus der verhaltllißmaßigen Geschwindigkeit mit welcher sich das Schiff davon entfernt, wie hurtig oder langsam es vom Winde fortgetrieben wird. Hat es tincn grossem Raum zurückgelegt, als sich ans dieser Bc-siimmungsart ergicbt; so weiß man, daß der Ucbcrschus von einem Stromgcmge oder einer fiusartigcn Bewegung in der Scc herkömmt, welche, so wenig man sich auch übcr die Ursachen derselben vereinigen kann, an vielen Orten wahrgenommen wird, und von den Mcc-reswcllcn ganz unabhängig ist. Der Ritter Gowcr bemerkte von Madcra bis nach Teneriffa beständig einen Strom, der jede Stunde e kleine Mühe und anscheinende Unbequemlichfcit dieses Verfahrens Werden hnüäiiglich durch die Erhaltung der Taue, die Sicherheit des Schiffs, und durch die Elsp^rung der Angst/ vergolten. Selbst in den Gonnneimonuttn nn:ß man die Ankcrtaue aufboyeu und zum Vertanen so wenig Tan als möglich nehmen. Dle Stadt wird von Bats terien und einer Lmie für Muskelenfener gegen die See zu vertheidigt; das Ufer schützen Felsen und große Stein>> und die Widersee ist bestandig so hoch, daß man fast gar nicht in Booten ans Ufcr kommen kann. Doch ist eine gute Muye in die See gebaut, wo man zu allen Iahrszeitcn mit Booten landen kann. Am Ende derselben ist eine Batterie von vicr Canonen; ausserdem wird auch die Mulje noch von einem wohlgebauten viereckiglen Fort vertheidigt, welches in gutem Stande zu seyn scheint. Etwa 8o Meilen nach Süden von der Muhe lst eine Bucht zwischen den Felsen, wo bey ruhiger See Güter gelans det werden. Ausserdem sind noch Batterien und Forts an der Nord - und Südseite der Mulje, welche au Mr Erster Band. G y3 Reise nach Teneriffa und St. Iago. Seite eine halbe Meile lang, nahe am Strande, und alle mit 2 bis 4 Canonen besezt sind. Zur Miliz der Insel gehört alles was Waffen tragen kann. Die regel-massigen Truppen mit der Artillerie belaufen sich nicht nber zoo Mann. Ausser dem, was Kunst und Natur zur Vertheidigung der Insel gethan haben, wird sie auch noch durch die offenbare Gefahr gesichert, welcher feindliche Schiffe dadurch ausgestzt werden, daß der Wind höchst selten vom Lande weht, wodurch sie sich davon entfernen und dem Feuer der Batterie entgehen könnten , falls ihr An-grif misll'ngeu sollte. Dieser Gefahr unterzog sich, aus Eifer für sein Vaterland, der brave Admiral Blake, als er hier im Jahr 1657 in einem Kriege mit Spanien, eine Flotte Spanischer Galeonen angris, welche in der Rhede lag und ohne den nachdrücklichen Beystand vom Ufer in Anschlag zu bringen, beynahe eben so stark, als die seinige war. Ob es ihm gleich gelang alle feindlichen Schiffe zu Grunde zu richten, und ob er gleich bey einem plötzlichen und ungewöhnlichen Windwechscl mit seinen Schiffen glücklich davon kamž so laßt sich doch/ wenn man den Ort des Treffens und die erwähnte Sell tenheit des Landwindes in Erwägung zieht, die Kühnheit und der gute Erfolg dieses Unternehmens kaum ohnc Erstaunen und ohne eine gewisse Bangigkeit, die man bey augenscheinlichen Gefahren zu fühlen pftegt, betrachten. Bemerkungen über diese I»selu. y? «Die geographische Breite dcr Rhede von Santa Crutz isi, nach Sir Erasmus Gowcrs Beobachtung, 2«- 28' N., die Lange, nach einem Zcithalter, 16° 26^ W. vo,l Greenwich und die Novdwcsiering 17° 35^ Die Fluth steigt seutrcclit 6 Fuß. Nach den feschen liefts Hafens darf vor Sonenlmterüana bis zu Taqrl^uibruch kciftftl d.-s Beiges gar nicht mehr weit zu seyn, aber das Wetter war überaus stürmisch, und der W'nd peitschte s,c mit grossen Regentropfen. Die Spitze des obern Kegel« oder Zuclechuls war sichtbar, aber der gauze übrige Umfang desselben weiter abwärts, war in dicke Wolken gehüllt, die sich beständig an dessen Seiten übeinander walzten, und pfeilschnell von dort in die Thäler zwischen den Bergen hiliabrulltcn, wo sie anprallte» und gleich in Regen zusammenschmolzen. Einige aus der Gesellschaft, die der Meynung ihrer Führer waren, wollten, daß man nun an weiteres Hiüanklim-men nicht mehr denken sollte; hingegen D. Gillan, D. Scott, Herr Barrow und H, Hamilton, ein Offizier des Kallssartheyschlsses, zeigten so viel Beharrlichkeit, daß sie cs versuchen wollten, wenigstens so hoch als möglich zu steigen. Aber tue übrigen wandten ihre Augen sehnlich nach Oratava zn, ausgenommen ein Knabe, nicht viel über cilf Jahre alt, welcher, anstatt durch die Strapazen des Tages und der Nacht zuvor muthlos gemacht won den zu seyn, sich mit vieler Mühe bewegen lies, seine unternehmendern Gefährten l" verlassen, imd dcm, der 113 Reise nach Teneriffa und St. Iago. über ihn wachte, zurück zu folgen. Einer von den beyden Führern dcr Caravane stellte sich nun an die Spitze derer/ die wieder nach Oralava wollten. Dieser Rück,,ug em, pfand im Herabsteigen von dem Berge, welcher so öde und unwirthbar für ihn gewesen war, einen außerordentlich jählings, Wechsel der Luft, als er sich dem milden behaglichen Dunstkreise nach unten zu näherte. Die Veränderung war fast eben so fühlbar, als ob man wahrend dieser kurzen Zelt plötzlich von Grönlands Eisküste in die warme Himmelsgegend dcr Südsce ware versetzt worden: um so viel schneller läßt sich die Wirkung dcs Uebergangs in aufsteigender als in wagrechter Richtung verspüren. Ehe diese Reisendm den Hafen Orotava erreichten, kamen sie durch die Stadt desselben Nahmens, welche auch die obere Stadt heißt, und zwar auf einem uneben neu Orte steht, aber sauber aus Bruchsteinen gebaut isi. Sie maßen dort einen merkwürdigen Drachcnbluts bäum, welcher nicht weit davon wachst, und gegen den alle die in Madera von der nehmlichen Gattung, für wie groß man sie auch daselbst halten mag, nur Bäumchm waren: zehn Schuh von der Erde hatte der Stamm sechs nud dreyßig Fuß im Umfange, und fünfzehn Schuh hoch theilte er sich etwa in zwölf Aesie, welche regelmäßig wie aus einem Mittelpunkte sproßten, schräg hinauf, wie die Unterabtheilungen einer doldenartigen Pflanze standen, alle von einerley Größe waren, und nur an den äußersten Spitzen Vemerkullgen über diese Inseln. 113 Spitzen dicke, schwammigte Blatter fast wie die gemeine Aloe, aber weit kleiner, trugen. Von diesem Baume gicng die gemeine Sage auf der Insel, daß er schon ziem-lich groß gewesen sey, als die Spanier, ungefähr vor dreyhundert Jahren, Teneriffa eroberten, und daß er damals, so wie noch immer, zum Granzzeichen des limherliegel^ den, verschiedenen Eignern zustaildigcn, Ackcrlandes ges dienet habe. Die andern Herren, welche noch weiter h maufrei sen wollten, hatten den zweyten Führer mitgenommen. D-« ser Man» war eincr von den jetzt selten gewordenen Abs kömlingcn dcr Guantschcn, oder ursprünglichen Bewohner und einzigen Inhaber drr Insel als die Spanier im funft zehnten Jahrhunderte hier zuerst einfielen. Man sah alt ihm noch eim'ge Kennzeichen dieses alten Stammes; er War knochenstart, und in der Lange fast sechs Schuh, hatte einen geraden festen Gang, ob er sich gleich seineilt großen Stufenjahre nahete, und über sechzig Jahre zahl-te; seine Gesichtszüge waren stark gezeichnet, die Augen-brauen hoch und gewölbt, die Wangenbeine hervorstes hend, die Nase etwas platt, und seine Lippen fast eben so dick als bey den afrikanischen Schwarzen. «Von diesem Manne geleitet erreichten, wie Herr Varrow erzählt, die vier obenerwähnten Reisegefährten bald den Gipfel des Verges, von welchem sich der große Kegel erhebt. Weil diese Höhe oft mit Schnee bedeckt Erster Band. H li4 Reise nach Teneriffa und St. Iago. ist, so findet man, daß alte Schriftsteller die ganze I„scl Nivaria nannten. Hier oben fanden sie emc andere weite Ebene, welche nicht, wie der grüne Berg, mit immer frischem Wiesewachs geschmückt, sondern rund umher mit ungestaltcn mächtigen schwarzen Lavaklumpen belastet war: auf dieser verödeten Steppe konnte man weiter kein Kraurchcn ersehen, als dann und wann einen verlohn nen c^tlius, (Geißklee), dessen dünnes halbwclkes Gcstau-de sich durch den rissigen Felsen drängte. Der Sturm hielt an; es fieng an zu gießen, und selbst die Spitze des Piks verbarg sich nun in schwarze Wolken. Endlich wurde es den Thieren eben so schwer sich gegen den Wind-sirom zu stemmen, als den Reutern fest sitzen zu bleiben. «Sie waren demungeachtet schon an zwey tausend Schuh aufwärts über den Nachtlagcrplatz gestiegen; aber nun wurden die Mauleseltreiber widerspenstig, und suchten alles weitere Anspornen der Thiere zu vereiteln. Die Hände waren von der schneidenden Kälte und den fallenden Schlossen so verklammt, daß man mit genauer Noth noch den Zügel recht halten konnte. Der Thermometer stand auf 36. Der Sturm wehte Herrn Hamilton wirk lich vom Pferde herunter. Doctor Scott, der durch Zu, fall einen rüstigen Maulesel hatte, drang herzhaft weiter . nach dem Fuße des Kegels vor, bis ihn die übrigen in dicken Nebel vcrlohren. Doctor Gillan wollte ihm folgen, aber der Wind trieb sem Maulthier geradezu an den Rand eines jähen Abgrundes, wo es zu gutc.'N Glücke in ein Bemerkungen über diese Inseln. i lg vulkanisches Aschenbette fiel, weil sonst beyde, ohne Rettung den Abhang hinuntergestürzt, und umgekommen seyn müßten. Aber der Maulesel konnte nun durch kein Mittel nur einen Schritt weiter von der Stelle gebracht wcrs den. Ein anderes dieser Thiere rettete sich uitt^r oie Da? chung emes großen Lavablockes, von wo es sich cb<-:l so wenig wieder wegrührcn wollte. Nun, da sich Führer und Treiber bereits fortgemacht hallen, war ihin'l, kem ans" deres Mtttel übrig< als ihre Pferde und Maulriel a« dle nächsten Felsen zu blndcn, und durch ein Tbal, das sich allmahlig erhob, bis unten an die grosie Pyra>nide, von welcher dec Pik wie aus cincm zweyten Kegel emporragte, zu F.lße zu gehen. Dies aber wurde bald nach wiederholten Versuchen unausführbar befunden. Denn da die Oberfläche ein fortlaufendes Lager von lockermBimlnsstein und Asche war, so sank man bey /cdcm Schritte weit Hins ein, welches einen Staub von so schwcflichtem erstickendem Gerüche hervorpreßte, daß einem der Athem versetzt wurde. Dabey raßtc der Sturm immer fürchterlicher; der Thermometer war auf den Gefrierpunkt gefallen; die herabkommendcn Regentropfen waren halb Eis, und hats ten einen salzartigen Geschmack. Alle diese Umstände machs ten den jetzt erschöpften Wandrern die Schwierigkeit weis tcr zu kommen, unüberwindlich/ und da sie alles gethan hattc» was in ihrer Macht stand, so blieb ihnen nun kcm Ausweg mehr übrig. Sie qicngcn zu ihren Pferden und Maulthicml zurück, und da 5ch diese nun wieder Bergab ^ü6 Reise nach Teneriffa und <3t. Iago. gekehrt fanden, fiengen sie an dermaßen zu traben, daß es jetzt eben so schwer wurde sie zurückzuhalten, als vorher sie fortzubringen. «Sie kamen bald mitten in dicke wasserschwangre Wolken, die ihren Regen in Strömen auf sie herab gössen, und wahrend der ganzen übrigen Zeit des Herabsteigens, wozu die Reisenden drey Stunden brauchten, nicht einen Augenblick nachliesscn. Kurz darnach klarte sichs auf/ und man sah die äußerste Spitze des Piks mit Schnee bedeckt." Sit waren kaum in Oratava angekommen, als Doctor Gillan vor großer Ermüdung von einem Fieber befallen wurde, und sich uicderlecM mußte; aber Pflege und Ruhe im Hause des gastftcyen Little stellte ihn bald wieder her. Die übrigen vergaßen die Beschwerlichkeiten des Morgens in der Gesellschaft angenehmer Englischer und Spanischer Damen auf einem Balle, den man ihnen Abends in Oratava gab. Am folgenden Tage kehrte die Reisegesellschaft wieder nach Santa Cruz zurück. Die Ersteigung des Piks, welche jetzt im Spätjahre so viel Erschöpfung gekostet hatte, und doch endlich vers eitelt wurde, ist in frühern Monaten, bey weitem nicht so schwer und ermüdend. Aus einer handschriftlichen Nachricht des Herrn Iohnstone, der, wie vorher erwähnt wo« den, Madera aufnahm, ersieht man, daß er, bcy einer Sommcrreise nach Teneriffa, auf den Pik gieng, und, da er nicht nur sich mit Zelten und andern erforderlichen Bemerkungen über diese Inseln. "7 Nothwendigkeiten zu versehen Gelegenheit, sondern auch Zeit hatte, gemach und mit Muße den Berg zu ersteigen, ohne viele Strapazen auf den Gipfel gelangte. Die Nacht vor Erreichung der Spitze schlief er mit seinen Reisegefährten in der Nahe des nehmlichen Ortes, von wo die nächstfolgenden Abenteurer entkräftet ihren Rückweg antreten mußten. «Dort, sagt die Handschrift, schlugen sie ihre Zelte in einem Bimmssteinfelde auf, das an jcder Seite mit Lavasirömen umringt war; vor ihnen lag eine versengte Steppe, gegen Südosien zu hatten sie die Ins ft! Gro scanaria, welche aus einem unabsehbaren Eisfelde, dem die untern Wolken glichen, zu steigen schien. Gegen vicr Uhr am folgenden Morgen des ersten Augusts fiengen sie an bey hellem Mondenschein und heiterm Himmel den ersten großen Absatz hinan auf eiue Art von Steg zu reis sen, welcher zur Höhe des kleinern Fuckerhuts führte. Da es steil hinauf, und über lauter Bmimssiein gieng, in den man aller Augenblicke einbrach, so war dieser Weg über, aus,verdrüßlich. Ungefehr in einer Stunde gelangten sie an die Alta Vista, wo sie über die Lava klettern, und von einem großen Stein auf den andern springen mußten, bis sie an den Fuß des Zuckerhuts kamen, welches etwa um halb sechs war. Der Horizont hatte sich nach Süd/ osten zu völlig ausgewölkt, und die Sonne gieng in ihre? Pracht auf. Hier ruhten sie auf einer kleinen Flache nur etwa fünf Minuten aus, weil sie wegen der empfindlich scharfen Luft nicht gern kühl werden wollten. "5 Reise nach Teneriffa und St. Iago. «Sie fiengen nun an den Zuckcrhut zu ersteigen, welches ihnen am sauersten wurde, denn er ist ungemein steil/ und besteht aus lauter kleinen Bimmssteinen, so daß man bly jedem Schritte einsinkt oder zurückgleitet. Deswegen mußten sie mehrmals Athem schöpfen. Es war etwas über sechs Uhr als sie auf den Gipfel des Z»lck«huts kamen. Jetzt hatten sich die Wolken etwa anderthalb Meilen ge-nan unter ihnen gesammelt. Sie waren dicht in einander gewebt und thaten eine auserordeittlich überraschende Witt klmg; ihre gränzenlose Flache glich einem Eismeere, welches mit unzählbaren kleinen Hügeln bedeckt ist; aus diesem hoben die Inseln Groscanaria/ Palma, Gomera und Hiero oder Ferro ihre Häupter empor. Als die Sonne' etwas weiter heraufkam, zerstoben die Wolken, und öfnc-ten die Allssicht auf die umherliegende Küste. Man steckte eine Achne auf den Pik, welche von Oratava aus mit Ferngläsern genau gesehen werden konnte. Die Aussicht vom Pik ist romantisch und weit, da kein anderer Berg gros genug ist sie zu unterbrechen. Aus der rund umher zu unterscheidenden Küste konnte man sich 5ea allergenauestcll Bcgrif von den Umrissen der In-s^l machen. Der Nordwestliche Theil schien wohl bebaut zu seyn, aber der Südöstliche öde und unfruchtbar. Mitten auf der Spitze ist ein Feuerschlund ganzer achzig Schuhe tief, in den die Reisenden hinabstiegen, und kleine Stückchen Schwefel auflasen, welche überall umher lagen. Auf vielm Stellen kann man nicht über eine Minute stehen Vclnerkuitgcll über diese Inseln. ? ?5 bleiben, weil die Hitze sogleich durch die Sohlen dringt. Die Erde dampft an vielen Ortcu. Glcich unter der Oberfläche findet man einen weichen rötblichen Thon, welcher so heiß ist, daß man die hineingesteckte Hand au< genblicklich wieder zurückzi.h.'n musi. Im Scblunde ist der Schwefelgeruch sehr widrig, aber am Ranec kann man ibn leicht aushalten. «Von hier konnte man die Stadt Santa Cruz und die Schisse in der Nhcde sehen, welches in gerader Linie etwa fünf und zwanüg Meilen weit ist. Nun kam der zweyte Barometer an, dessen man sich anstatt des ersten bedienen wollte, welcher im Heraufsteigen zerbrochen war. Weil aber etwas von dem Quecksilber herausgerüttelt worden war, so konnte man sich auf die damit gemachs ten Beobachtungen nicht verlassen. Die Gesillschast blieb drittchalb Stunden auf dem Gipfel des Piks, und fand weder die Hitze noch die Kalte lästig. Bald nach Sons nenaufgang stand der Thermometer im Schatten auf ein und fünfzig. Das Hcrabsicigen vom Zuckcrhute kostete ihnen nur einige Minuten, weil sie es am bequemsten fanden in einem Wege hinunter zu laufen. „Am Fuße des Piks bemerkten sie mitten in der Lava einige Höhlen, von denen verschiedene voller Wasser stan-dcn, welches gut, aber ausnehmend kalt, und an dcn Kans ttn derselben gefroren war. Andere, welche die Sonne nicht treffen kann, vers schneyen im Winter) und der Schnee in denselben bleibt ' 25 Relse nach Teneriffa und St. Iago-das ganze Jahr über liegen. Die Reisenden verweilten hier bis es finster wurde. Da sich Herr Iohnsione erinnerte, daß die geographische Breite des Picks in Cooks Reisen und in den zurSec-Evhemeris gehörigen Tabellen, mit cilicr Verschiedenheit von sechs Meilen angegeben wird, so wünschte er darüber Gewißheit zu erlangen: er beobachtete daher die Höhe eines Fixsterns, und fand daß die vom Capita» Cook bestimmte Breite bis auf eine einzige Meile zutraf. Als sich Herr Iohusione, einige Zeit zuvor, Orotava im Schisse näherte, maß er die Winkel einer vom Horizonte nach der Spitze des Piks angenommenen Linie an zwey verschiedenen Standorten, suchte sodann wie weit beyde von einander entfernt waren, und crsah/ das die senkrechte Höhe des Piks zweytausend und drey und zwanzig Englische Faden betrug, beynahe eben so viel, als Herr de Borda aus einer zu Lande gemessenen Basis herausbrachte. Aus den zusammengehaltenen Beobachtungen welche Herr de Borda mit seinen Barometern auf dem Pik und an der Küste machte, ergiebt sich eine Höhe des Berges, die nur zwcy Faden weniger als die geometrische Messung enthalt. Herr Iohnsione berechnete ebenfalls, daß die Entfernung des Piks vom Hafen Oratava zehn tausend ein hundert und achtzig Faden, oder zwölftchalb Englische Meilen nach S. W--? W. <,o.dcr gegen Südcn 48° West) ausmache. Die Abweichung der Magnetnadel betrug sechzehn Grade nach Westen.« Bemerkungen über diese Inseln. isl Der Sturm, welcher die gegenwärtigen Reisenden auf ihrem Wege nach dem Pico von Teneriffa überfiel mid sie verhinderte denselben zu erreichen wurde nachi drücklich in der Rhede von Santa Cruz empfunden. ?'Der Winter, sagt Sir E. Gower, schien hier bereits seinen Anfang genommen zu haben, aber man glaubte/ daß er diesmal wenigstens einen Monat früher als gewöhnlich einträte. Einige Kauffar they schisse wurden sammt ihren Ankern gewaltsam von den Ankerplätzen ge^ trieben und andern rißen die Taue. Das Schiff Hindo-sian verlohr zwey Anker und würde vielleicht, wenn der Cturm angehalten hatte, in Gefahr gerathen seyn, auf die Klippen zu stoßen. Der Löwe lag vermuthlich gerade auf dem sichersten Orte, weil cr weder umtrieb noch an den Tauen Schaden litt, ob man gleich keine Vor, ficht gebraucht hatte sie zu verwahren. Das einzige Schiff, welches m der Rhede von Oro, tava lag mußte seinen Ankcrtau im Stiche lassen, wie dort bey stürmischem Wetter oft geschieht, besonders wenn der Wind scharf von Mitternacht weht. Die Rhe-dc ist von dorther ganzlich offen und die Widersee schnellt so heftig ans Ufer, daß Boote selten landen können. Man weiß Falle, daß die Wogen über die Giebel der Häuser ziemlich weit vom Gestade geschlagen haben; auch schwemmt man insgemein die Pipen des von dort zu verschiffenden Wcins an Bord. Ehedem war hier an der Noldwesiküste der Insel em bequemer Hafen, genannt Garrachica, bis bey dem leztcn 122 Reist nach Teneriffa und St. Iago. Feuerauswurfe dcs Piks im Jahre 1704, welcher mit Unterbrechungen zwey Monate fortdauerte, so viel vulkanischer Stoff von dieser Seite des Berges herabrollte, daß der Hafen völlig verschüttet wurde. Nun siehe,; Häuser da, wo sonst Schiffe ankerten. Das Eis/ welches von der heftigen Kälte auf einem so hohen Berge, als der in Teneriffa ist, häufig erzeugt wird, dient den Einwohnern unten in der wärmern G^ gend zur Kühlung des von ihnen selbst verbrauchten Weins. Sie lassen es im Winter nicht weit von der Spitze dcs Pico durch die Landleutc einsammeln und bewahren es in den Höhlen bcy der Nätancla 6c>8 In^IeZcs auf, von wo sich der große Kegel erhebt: hier holt man es im Sommer nach Orotava und andern Orten an der Küste. Eine Meile vom Seehafen Orotava ist ein botanischer Garten, wo man Minzen aus Mexico und andern Tbcii len des Spanischen Amerika findet. Von hier verpflanzt man sie nach Spanien. Diese Einrichtung, wclche mit einigen Kosten verknüpft ist, mag auch ausschlagcn wie sie will, so beurkundet sie doch den löblichen Eifer der Regierung fur die Ausbreitung der Naturgeschichte. Indessen wird in allen Spanischen Staaten , wohin der Einfius der Inquisition reicht, die Zeit, welche zum Unterrichte angewandt werden könnte meistens mit aus? sern Religionsübungen hingebracht. Leute vom Stande, beyderley Geschlechts, scheinen sich hauptsachlich mit dcr Religion zu beschäftigen. Damen sieht man ausser ihren <" -« Bemerkungen über diese Inseln. 123 Familienzirkeln selten anderswo als in der Messe, in den Fnchmetten und Vespern. Die Ledigen wohnen in Clostern und werden oft von den eingekleideten Nonnen beschwatzt die Welt zu verlassen , obgkich viele von diesen selbst mit bitterer Reue an die Gelübde denken, die sie gethan haben. Das Entkommen eines Schlachtovfers, welches man dem Clostergchorsam zugedacht hatte, war jezt die Neuigs kcit vom Tage auf der Insel. Wahrend der klösterll'j chen Probezeit eines jnngcn Frauenzimmers traf sichs sonderbarerweise/ daß sie Gelegenheit bekam einen jnn? gen Mann zu sehen, der ihr eine Leidenschaft einfiößte, welche sich mit dem Vorhaben, ihr Leben in religiöser Eingezogenheit hinzubringen, nicht vertrug. Ungeachtet der vorgeblichen Freiheit, die man den Jungfrauen lasst sich vor ihrer Einkleidung anders besinnen zu dürfen, ist dies doch unsicher und geschieht selten. Man konnte der jungen Novize keinen Widerwillen gegen die einmal gewählte Lebensart abmerken und die Vorkehrungen zu der schaudervollen Festlichkeit, wo sie der Welt auf das feyerlichsic entsagen sollte, waren bereits getroffen. Bey solchen Gelegenheiten ist es brauchlich, den großen Thorweg des Closiers zn öffnen, um die Leute zu überzeugen, daß es der künftigen Ordensschwester frey siehe, das Haus entweder völlig zu verlassen, oder darin zubleiben. Ws der Tag erschien, an welchem ihr l«4 Reise nach Teneriffa und St. Iago.' der Stab gebrochen und sie auf immer ins Closier ver-bannt werden sollte, versammelten sich / wie gewöhnlich, ihre Anverwandten und Freunde, um der Feycrlichkcit beyzuwohnen» Unter dem Gedränge des neugierigen Volks war auch der junge Liebhaber, der dem Himmel das schöne Opfer streitig machte. Als man ihr nach, drücklich von der Canzcl zubeherzigcn gegeben hatte, daß jczt endlich der Augenblick da wäre, wo sie sich Gott widmen, allcn Sorgen dieser Welt entsagen und «lle Verbindungen der Geburt und Freundschaft aufgeben, oder sogleich die heilige Statte ihrer bisherigen Wohnung auf immer verlassen sollte; so streckte sie ihre Hand nach dem Jünglinge aus, welcher hastig herbeysprang sie zu empfangen und mit ihr durch die beweglos staunenden Priester, Nonnen, Verwandten und Leute, gerade aus der Kirche nach dem Orte eilte, wo sich das wonnes trunkene Paar in Sicherheit befand und getraut wurde. Derzeitige Bischof der Canarischcn Eylande halt scis nen Hof gemeiniglich auf der Insel Canaria in der Stadt Palmas. Seine jährlichen Einkünfte, welche sich auf volle zehntausend Pfund Sterling belaufen, laßt er meistens in Almosen und milden Ausspendungen an die Einwohner seines zersircutliegenden Kirchsprengels auft gehen. Diese weichherzige Mildthätigkeit ist bey ihm mit unbicgsmucr Strenge in der Kirchenzucht vereinbart und um, die Beobachter der Andachtscercmonien zu vermehren bietet er ihnen Ablas an. Wer vor allen Leuten zu Bemerkungen über diese Inseln. 12Z den gebcnedeyten Ueberrestcn des heiligen Bernard, in dem großen Platze von Santa Cruz hinkniet, und so und so viele Paternoster und Avemarias laut abbctct, kann durch cinen erhaltenen Nachlas vierzig Tage lang vieler Obliegenheiten entbunden werden, welche die Spanische Kirche mit weit grösserer Strenge als ihre Mutter, die Römische ihren Getreuen zur erforderlicher Huldigung, vorschreibt und dcren Vcrabsäumung sie mehrcntheils bey angedrohter Verdanmiß verpönt. Diese Andachtsübungen werden auf den Canarischcn Inseln nicht schr von Handelsgeschäften unterbrochen. Auslandische Schiffe legen hier selten an, ausser in der Insel Teneriffa, deren Produkte vornehmlich von Santa Cruz verführt werden. Das beträchtlichste derselben ist Weisscr Wein von welchem man alljährlich an fünf und zwanzlgtausend Pipen auf der Iuscl keltcrt. Etwas das von gcht nach dem Spanischen Südamerika; die Cng-lander tauschen ebenfalls viel Tcncriffawein für ihre Manufakturen ein, und die Nordamerikaner lassen sich damit für ihr Getreyde, ihre Faßdauben, Pferde und ihre« Toback bezahlen. Mit der lczteren, hier vcrbottcnen Waare wird ein Schleichhandel nach Acoronte getrieben, wo die sandigte Küste das bequeme und schnelle An-und Ablanden der Boote mit micrlaubien Gutem zur Nachtzcit begünstigt, welches allein Ursache ist/ warum sich die Hauser des Orts vermehrt und die Einwohner bereichert haben. Weil hier jedermann Schnnps? 126 Reise nach Tellttiffa lmd St. Iago. toback nimmt und die Negierung von dem rechtmäßig eingebrachten einen übertriebenen Vortheil verlangt, so ist die Versuchung ihn verstohlnerweise einzuführen unwiderstehlich. Dcr königliche Alleinhandel erstreckt sich sogar auf die Orchilla ein Gewächs, welches die Farber brauchen; es ist ein kleiner, lockrer, und mcistcus auf Felsen wachsender Lichen / woraus »nan ein schönes Veilchenblau gewinnt. Der reine Ertrag der königlichen Einkünfte von den sämmtlichen Canarischcn Inseln macht jahrlich nach Abzug aller Besoldungen und Unkosten etwa fechzigtausend Pfund Sterling aus. Die Einwohner klagen hier nicht sowohl über die Auftagen als vielmehr über die Mono-policn. Man bauete hier ehedem mehr Zuckerrohr als jezt. Eine der Zuckcrpfianzungen in Teneriffa hatte vor-mals causend Sklaven, nun aber ist die Anzahl der A« beiter und die Summe der Einkünfte vermindert. Wo Doktor Gillan in der Insel Teneriffa hinkam fand er „ weit mchrcre nnd auffallendere Merkmale einer vulkanischen Entstehung und Bildung derselben als in Madera. Die Steine am Gestade, wie auch das Erd- reich und die Felsen um Santa Cruz sind offenbar Feuer- Produkte. Feste und löcherichte Lava sah man häufig, aber keine glasartige und keinen Bimsstein, ausser in der Nahe des Piks. Er untersuchte sowohl die Steine «m Bette des Giesbachs und an der Brücke, welche zwischen Santa Cruz nnd Laguna darüber gebaut ist/ als Venmlungell über diese Inseln. , 127 auch die, womit dcr Wcg dcn Berg hinauf gepflastert ist. Alle diese waren feste Lava von dem nehmlichen Gc-füge wie das Pfiastcr auf der Appischcn Strasse in Italien, in dcn neuentdcctten Strassen von Pompeji und in Neapel. Auch an dcn Gebäuden von Santa Cruz und Lagu? na sah man keine andern Steinartcn. Dcr Kalk zum Bauen kommt, wie die Leute sagten, aus einigen der benachbarten Inftln, wcil es in Teneriffa keinen Kalkstein gicbt.« «So weit schien jeder Umstand dcr Meinung günstig zu scyn, daß die Insel einen vulkanischen Ursprung habe; ausgenommen die Gestalt der Berge, deren regelfreye Nucken, Abschüsse und Auswege ganz verschieden von dcn Bergen aussahen, welche blos von Vulkanen hervorgebracht sind. Ill der weiten Ebene hinter Laguna, nach Orotava zu, war der Boden gar nicht vulkanisch, sondern bestand aus fruchtbarer sogenannter Iungfcrnerdc, welche ein Gemisch von Thon, vegetabilischer Erde und Sand ist. Man sah einige tieft Bache an der Strasse, deren Betten gerade damals trocken waren; desgleichen fügte sichs, daß man an zwey Orten verschiedene Löcher beobachten konnte, die zum wenigsten dreysig Schuh tief waren : abcr sie trugen nicht die geringste vulkanische Spur an sich. Gleich unter dem obern Erdreiche war e«n Lager von tiefem Lehm, sodann ein andres von zähem Thone und ganz unten ein unregelmäßiges Gemenge ' von Thon und Sand. Etwa M'y Meilcn weiter stießen !28 Reise nach Teneriffa und Gt. Iago. die Berge hart an dic Strasse und bestanden aus verhärteten Thonfiözen/ aus Thon und Eisenerz, wie die, welche man in Madera gefunden hat: aber man konnte kcine Spuren von jemaligcm Feuer daran entdecken." „Etwa drey Meilen naher nach Orotava zu fiengea sich bey einem Dorfe, das auf dem Gipfel eines Ders ges lag, die vulkanischen Merkmale wicder an zu zeigc>l und dauerten ununterbrochen bis an diese Stadt fort. Die Steine und der blinkende Sand am Gestade sind durchaus vulkanisch; und von dort bis auf den Pik sind alle Felsen und alle Steine, die auf derOberflache liegcn, so wic diese selbst/ bloße Erzeugnisse von Vulkanen. Dis glaßartige Lava/ deu achten Bimmsstein findet man nicht eher als bis man in die Gegend der großen Basis des Piks gelangt. Die Insel bringt weder reinen Kiesel noch Sandstein hervor. Die Berge auf derselben sind zweyj erky; die einen sind augenscheinlich vulkanisch und die andern ursprünglich und bestehen aus vechartetelit Thone oder Thonerde und Eiscnkalk. In den niedrigen Ebenen trift man Lager von Triebsand und lockrer Thonerde an." Die Lange der Insel Teneriffa ist etwa siebenzig Englische Meilen und die Mittelbreite ungefähr zwey und zwanzig.- dcr Flächeninhalt betragt eintausend fünfhundert und vierzig Quadratmeilen/ so daß, eins ins andre gerechnet, Bemerkungen über diese Inseln. ,2? gerechnet, an fünf und sechzig Personen auf eine Qua-dratnlcile gehen. Nach Englischen Acckern zu nchncn enthalt die Insel ncunhundert und fünf und achtzig tau, send sechshundert derselben, wovon in gleicher Thcllung ungefehr zehn auf einen Kopf kommen würden, da man die Anzahl der Einwohner beynahe anf einmalhundertl tausend ansczt, obgleich von dieser Angabe diejenigen abzuziehen sind, welche jedes Jahr nach den Spanischen Colonicn in Südamerika abgehen: man hält es nehmlich für rathsam die auslandischen Pflanzer dort zu vermche reu , um sich ihrer als Gegengewicht der immer noch sehr zahlreichen Eingebohrncn und als Bollwerk der Spants schcn Herrschaft über sie zu bedienen. Die armen Eylans der von Teneriffa lassen sich leicht zum Auswandern be, reden, da ihnen die Besitzer der Ländereyen nicht genug Arbeit das Jahr über verschaffen können: von den Mas nufakturen können sie auch nicht leben, indem es nur eine einzige unbeträchtliche Seidenfabrick hier giebt, m welcher größtentheils Strümpfe verfertigt werden. Ein Tagelöhner verdient sich etwa sechs bis sieben gute Groschen des Tages und die gemeinen Leute haben gewöhnlich weiter nichts zu ihrem Brode und Wurzeln zu essen, als Kabeljau oder Stockfische, welche man entweder an der nahen Afrikanischen Küste fangt oder aus Nordamerika bringt. Indessen weiß man hier nicht viel von Krankheiten und die Leute sollen so alt werden, daß hllndcrtjahnae Erster Band. - I 332 Reise nach Teneriffa und St. Iago. Greise nichts seltenes sind. Die Luft ist trocken und rein. In dem bewohnten Theile der Insel überschreitet der Thermometer selten dic vierzehn Grade zwischen acht und sechzig und zwey und achtzig. Er stand immer auf zwey lind siebenzig wahrend der Löwe vor Santa Cruz lag. Der Stamm der Guantschcn oder ursprünglichen Einwohner von Teneriffa ist uun fast erloschen. Sie sind nicht so sehr wie die Südamerikaner durch die Grausam-keilen ihrer Eroberer verringert worden; aber eine minder gesittete Völkerschaft schwindet allezeit neben einer mehr verfeinerten. Die erstere, in ein Landchen gezwängt-in ihren Bewegungen umschrankt, von täglichem Harme über ihre Abhängigkeit verzehrt und unmäßig im Genusse der gaumtitzelnden geistigen Getränke, welche ihr die zer-störende Kunsterfahrnis der Nachbarn wohlfeil ablaßt, erkrankt allmählig an Körper und Geist und ihr Geschlecht ist endlich nicht mehr auf dem Erdboden zu finden. Den übriggebliebenen Guantschcn, deren nur noch sehr wenige sind, kommt eine unbeträchtliche Geldsumme vom Sva? «ischen Hose, als Preis der Unterwürfigkeit ihrer Ahn? Herren zu, welche sie pünktlich alle Jahre mit einer Art von stolzem Selbstgefühle fordern. Man hat viele todte Körper dieser Guantschen, mit Ziegcnfcllen umwickelt, in aufgerichteter Stellung und noch ganz frisch, an die Wände von Höhlen gelehnt/ gefunden, welche in die Berge gegraben waren. Der Canarienvogel, welcher hier zu Hause ist, hat ne graue Faröe und einige gelbe Federn cmf der Brust, Vemerlungen über diese Inseln. ,zt Mlche sich mit seinem Alter vermehren und vergrößern. Diejenigen Vögel, welche gemeiniglich unter diescm Namen in England verkauft werden, sind meistens in Deutschland geheckt und haben nicht nur viel von den übrigen Eigenschaften des wilden CanarienvogelS verlos ren, sondern singen auch nicht so schbu als dieser. Teneriffa ist zwar nicht die größte unter den Canae rischen Inseln, aber, nach der geringeren Bevölkerung der übrigen zu urtheilen, vermuthlich die fruchtbarste. Die Insel Gros Canaria hat nach den besten Nachricht ten nicht mehr als vierzigtausend Einwohner. Palma hat drcisigtauscnd; Forceventura zehntausend; Lancerota achttausend; Gomera siebentausend und Hicrro oder Ferro fünfzehnhundert. Letztere Insel ist die westlichste unter den Canarischen und überhaupt'der westlichste Theil der alten Wclt, welcher vordem bcy Erdbcschreibern und Schissahrern ein beträchtlicher Orl war, da ma« durchaus übereinkam ihn für den ersten Meridian anzunehmen, von welchem man die Grade der Länge eben so rechnete, als die der Breite vom Aequator. Aber seitdem in England und Frankreich Sternwarten sind erbaut wore den, so haben die Astronomen dieser Lander die Lange lieber von den Orten zu berechnen angefangen, wo sie ihre Beobachtungen anstellten : und jezt rechnet man allgemein von Greenwich oder Paris. Am sieben und zwanzigsten Oktober setzten der Löwt und die Hindustan ihre R>ise von Sama Crutz weiter '3« Reist nach Teneriffa und St. Iago. nach Porto Praya auf der Insel St. Iago fort. Sie kamen sogleich in die Passatwinde, welche, wie bereits erwähnt worden, beständig von Morgen her über das Weltmeer wehen. So wurden die Schisse schnell über den Theil der Erdkugel geführt, welcher die Grenzlinie zwischen dem gemäßigten und heißen oder unbewohnbaren Erdgürtel ausmachen soll. Letzterer würde wirklich die, sen Nahmen verdienen, wenn nicht die genannten res gelmäßigen Winde die Hitze in demselben mäßigten. „Auch auf diesem Theile der Neise bemerkte Sir E. Gower Strommgange, wie zuvor, aber sie nahmen verschiedene Richtungen. Die Luft war mit Dünsten erfüllt und der stets unveränderliche Wind trieb die Schisse täglich einhundert und fünfzig Seemeilen fort. Am Morgen des ersten Novembers wurde man Vonavista, eine der Inseln des grünen Vorgebirges ansichtig. Um diese Zeit wurde das Wetter überaus bänglich und schwül; man empfand eine misbchagliche Feuchtigkeit in der Luft, die den Körper laß machte. Der Thermometer wich nie von den Graden zwey und achtzig und vier und achtzig ab. Man ließ Bonavisia nach Nordwesien zu etwa 24 bis 27 Seemeilen weit liegen. An der nordöstlichen Spitze dieser Insel war ein Berg, der, nach seiner ke^ gelförmigcn abgestumpften Gestalt zu urtheilen, ein Feuer auswerfender gewesen zu seyn schien. An der südwesili, chcn Spitze sah man einen andern, noch grössern, nach dessen westlicher Seite zu die Insel sehr hoch war. Die Aelnerlmlgen über diese Inseln. 133 Küste an der Südosiseite war felsigt, aber nach der Südostspktze zu sah man viel weisscn Sand. Auf dieser Seite erblickte man weder bebautes Feld noch Einwohner. Die Breite von Bonavista war 16° 6^ N. und die lange 22- 47' W. von Greenwich. Zwölf Grade sechs und dreysig Minuten Nordwesiering. «Am zweyten November des Nachmittags bekam man die Insel Mayo zu Gesichte. Die nordöstliche Spitze war ausserorbentlich platt, erhob sich kaum über die Obers flache der See und war mit weisscm Sande bedeckt; sie ist nicht allezeit leicht bey Nacht zu sehen. Die Insel erhebt sich allmählig bis zu einem vulkanischen Berge, an dessen Südwestseite das Land uneben war: hieran schloß sich eine hohe regellose und weit mehr hervorragende Spitze als der vulkanische Kegel. Man ließ die Insel etwa zehn Meilen nach Nordwesien zu liegen: ihre Breite ist 15° 10/ N. ihre Lange 23° 5/W. von Greenwich. Die Nordwestering betrug 12 Grade. „Um sechs Uhr am folgenden Morgen entdeckte man die Insel St. Iago, und zu Mittage ankerte der Löwe in Praya Bay in sieben Faden, so daß die Kirche dem Schisse gegen N. N. W. gen W., und die N. O. Spitze einer kleinen Insel in der Bay gegen N. O. lag. Der Meeresgrund ist hier zuverlaßiger als da, wo es nur zwölf oder vierzehn Faden tief ist und weitcchin findet man ihn ungewiß und felsigt. Die Bay ist von S. O. nach W. gen S. dem Winde ausgesetzt, soll aber weder ?34 Reise nach Teneriffa und St. Iago.' so heftig wehen, noch so große Wellen erregen, daß Schiffe auf ihren Ankern Gefahr dabcy laufen. Die Breite der Bay ist 140 56/ N. und die Länge 23° 29" W. Bey vollem und zunehmenden Monde steigt die Fluch fast fünf Fuß senkrecht. Englische Kriegsschiffe salutiren mit eilf Canonen, wenn man ihnen die Erwiederung mit einer gleichen Anzahl zusichert. „Seit einigen Jahren pflegten Schisse, die nach Süden zu segelten in dieser Bay anzulegen weil Rinder, Schaaft, Schweine, Ziegen, Federvieh und Früchte in Menge und wohlfeil zu haben waren. Man fieng auch hier Fische mit großen Zugnctzen , die auf einmal so viel faßten, daß eine ganze Schiffsmannschaft damit versorgt werden konnte. Desgleichen angelte man hier an den Felsen nach einer vorzüglichen Art von Kabeljau." Obgleich die Insel von den Verdecken der Schiffe bräunlich aussah, so wurde doch die Ansicht ein wenig durch das Grün der breiten wallenden Blatter an den Co-cosnuß-und Dattclbaumen, oie hinter dem Gestade im Sande wuchsen, aufgeheitert: aber so bald die Boote der Schisse landeten kündigte eine leichenähnliche Gestalt die geschwind auf dem Ufer hin und her gieng, den dürftigen Zustand der Insel an. Dies war ein Englischer Matrose, der am Bord eis nes Hollandischen Ostindienfahrers gedient hatte und zufälligerweise in St. Iago zurückgelassen worden war. Er versicherte, die Insel leide jetzt wirkliche Hungers- Vemerllmgen über diese Inseln. 135 noth und es habe hier scit drey Jahren nicht geregnet; die Flüsse waren gänzlich eingetrocknet und die Krauter fast überall verdorrt; das meiste Vieh sey schon verdurstet und verhungert; viele Einwohner hatten die In. scl verlassen und viele waren aus Nahrungsmangel ges siorben. Der Erzähler war selbst ein auffallender Beweis von dem Jammer, den er beschrieb. Obgleich nur crsi seit kurzem auf der Insel empfand er doch schon dect Druck des allgemeinen Mangels: er hatte weder Arbeit noch Geld. Aus dem ärmlichen Klcidervorrathc eines brittischcn Seemanns hatte er bald die besten Stücke für Wurzeln und andern Mundvorrath hingegeben um nur sein Leben zu fristen. Einige Englische Schiffe, die seitdem nach Praya Bay gekommen waren / wollten ihn nicht an Bord nehmen, weil er in fremde Dienste ge? gangen wäre. Vermöge einer menschenfreundlichen Ven fügung in der Englischen Marine muß jeder grosbrittans nische Matrose, welchen brittische Kriegs-oder Kaussatt thcyschiffe in auswärtigen Häfen zurückgelassen haben cm Bord des ersten königlichen Schiffs genommen werden, welches dorthin kömmt. Dieser arme Mann befand sich in einer Lage, die ihm einen solchen Ausweg verschlos. Ob er gleich auf dem Elemente war, das ihm die Ms tur zum Aufenthalt bestimmt hatte, so versagte es ihm doch jetzt seine Hülfe, und er schien seine sehnsuchts-vollen Augen vergebens auf das andre zu richten, dem cr sein Leben gewicdmet hatte., iz6 Reise nach Teneriffa und St. Iago. Da wo das sandigte Ufer aufhört, auf der rechten Seite von St. Iago, nahe am Felsen und unter einer erhobenen Fläche waren die Ueberreste einer zu ihrer Zeit geschmackvollen katholischen Kirche, welche vermuthlich von einer Person, die sich aus dem Schiffbruche hieher geborgen hatte, als ein Beweis frommer Dankbarkeit, auf diesem Orte war erbaut worden. In einer Portus giesischen Niederlassung ein solches Gebäude im Verfalle und den Denkmalern einer nicht mehr vorhandenen Reli? gon ähnlich zu sehen, war schon an sich ftlbst kein geringer Bcwcis der allgemeinen Verwüstung. Auf der genannten Ebene, welche sich nicht weit vom Ufer erhebt, war die Stadt oder vielmehr der Flecken Pr^ya, wo dcr Portugiesische Gcneralgouverneur des grünen Vorgebürges auf dem festen Lande von Afrika und den gegen über liegenden Inseln, ftincn Aufenthalt hat. Der Flecken bestand etwa aus hundert sehr kleinen Wohnplatzcn, die nicht mit Stockwerken überbaut waren und an beyden Seiten der Flache zerstreut lagen: diese war beynahe eine Meile lang und etwa eine Drit-tclsmeile breit und fiel dann ringsherum ab nach der Eec uno nach den darangranzenden Thalern zu. Da diese Ebene von keiner benachbarten Höhe übersehen wird, ss könnte sie leicht verthcioigt werden; abtt das Fort, oder die Batrcrie war fast in Trümmern und die wenigen Ca-nonen darauf nicht nur voller Risse, sondern auch auf Gestellen ruhend, die kaum zusammen hiengen. Man Bemerkungen über diese Inseln. 137 erfuhr in St. Iago, daß die dasige Miliz drey Regimen, tcr und jedes derselben siebenhundert Mann siark sey; unter den Offizieren zahlte man nicht über zehn Weiße / die übrigen waren alle Mulatten und Neger: der Gast-Wirth gehörte auch mit dazu. Das beste Gebäude war das Gefängnis; diesem folgte die Kirche im Raugc, an welcher ein schwarzlicher Mulatte als Priester stand, das hc'sir einer dessen Vater ein Weißer uud dessen Mutter eine Schwarze war, oder umgekehrt. Aa dem einen Ende der Ebene steht das angenehm gelegene aber von Holz gebauete und unansehnliche Haus des Gouverneurs unter welchem sich ein mit Cocosnus/ bäumen bewachsenes Thal ausbreitet und von wo man die Bay mit den Schissen übersehen kann. Der Gouvers neur empficng den Gesandten als er ans Land kam mit allen gehörigen Ehrenbezeugungen und gicng ihm weit hon seinem Hause entgegen um ihn zu bewillkommen und hineinzuführen. Bey solchen Gelegenheiten war es g« wohnlich, Wein und andre Erfrischungen vorzusetzen, aber aus leicht zu errathenden Ursachen sah man weder das eine noch das andere auf des Gouverneurs Tafel. Der fürchterlich lang anhaltende Rcgenmangel, wodurch das Land zum Felsen war ausgedörrt worden, hatte auch ihn nicht einmal von dem allgemein verbreiteten Jammer ausgeschlossen. Und doch schien die Insel mit einer Lage fruchtbaren Erdreichs bedeckt zu seyn. Die Oberfläche war fast überall so platt, daß herabfallende iz5 Reist nach Teneriffa und St. Iago.' Nasse darauf bleiben konnte und die Berge, welche ssch ans der Mitte erhoben, schienen hoch genug in die Luft zu reichen, um die vorüberziehenden Wolken anzuhalten und die Feuchtigkeit der Dünsie zu verdichten. Der einförmige Morgenwind, welchen alle Gegenden zwischen den Wcndezirkcln mit emandcr gemein haben, hatte hier ohne Unterbrechung geweht. Und doch wurden die er-? sien hier anhaltenden Seefahrer durch die häufigen Res gcngüsse auf der Insel bewogen ihr den Nahmen pw» viallg zu geben. Was für Ereignisse im Dunstkreise des Theils von Mika an welchem die Inseln des grünen Vorgebürgcs liegen, oder in den ungeheuern Strecken des dahinter östlich ausgebreiteten festen Landes, jene zerstörende Wirkungen hervorbrachten, wird wohl unbekannt bleiben/ da sie sich in einer Gegend zutrugen, in der sich kein Naturforscher befand, welcher sie hatte bemerken oder aufzeichnen können; und die Philosophie ist nicht kühn genug an die Stelle der Beobachtung treten zu wollen. Aber ohne bey der Ursache zu verweilen, welche die O.uelten der Fruchtbarkeit ableitete und dadurch die sonst milde Hand der Natur entkräftete, so sah man doch einige wenige Baume und Pflanzen mit einer Ueppigkeit fortwachsen, welche bewiesen, daß sie immer noch selbst aus der trockenen Erde, die zur Unterhaltung Vcr G« wachse erforderliche Feuchtigkeit herausziehen konnten, da hingegen andere verwelkten. Bemerkungen über diese Inseln. 139 Außer den Palmenarten / welche, wie oben gesagt wordcn ist, mitten im glühenden Sand grünten, konnte man sich zum Beyspiel keine vollere Blüthe, und keinen Mtlchichtern, obgleich einfresseudcn Saft denken, als hier an der a^isplaz FlF»ntea, welche mehrere Fuß hoch in großer Menge, und zwar nicht angepflanzt, aber doch ungestört, umher wuchs, weil es unnütz gewesen styn würde, wenn man sie, um andern nützlichern Gewachsen aufzrtt helfen, hatte niederhauen wollen, indem diese weit mehr Feuchtigkeit aus der Luft verlangten. lakopka cni-caZ, oder der schwarze Brechnußbaum, welchen die Französin schen Westindier, nicht ohne Grund, bois immorrs! new nen, und deswegen die Raine und Gränzen ihrer Lans dercyen damit bepflanzen, schien immer fortdauern zu können, die Trockenheit mochte auch noch so groß seyn. Verschiedene Indigopflanzen und Baumwollenstauden kamen auch noch in schattigen Thalern fort. Einige von der Gattung der Wmola oder Sinnpftanze, welche so groß wie Baume werden, wuchsen sehr häufig auf der Insel, und schienen nicht welk zu seyn. Hier und da war die Hnnan3. oder der Zuckerapfelbaum im völligen Grünen. Loralluä, oder die große Schirmpalme, erhob an einigen wenigen Orten ihr hohes Haupt mit weiten Blattern i« ««verringerter Schönheit. In einer Vertiefung, etwa anderthalb Meilen hinter der Stadt Praya, wuchs noch ganz frisch ein Affenbaum, in der Botanik ^(kn/oma ges nannt, den man, wegen seiner Größe, fast ein Wunder im l4o Reise nach Teneriffa und St. Iago. Pflanzenreiche heißen möchte. Die Eingebohrnen der Insel geben ihm den Nahmen Xabilera, oder auch Naobab. Unten um den Stamm herum wa, er ganzer sechs und fünfzig Schuh dick, theilte sich aber bald in zwey große Aeste, deren einer senkrecht empor gewachsen war, und zwey und vierzig Schuh im Umfange hatte; aber der zweyte nur etwa sechs und zwanzig. Ein anderer Baum von derselben Gattung stand daneben, dessen ungetheilter Stamm acht und dreyßig Schuh im Umfange hatte, der aber wenig Aufmerksamkeit erregte, da er mit einem so ungeheuren Nachbar vergesellschaftet war. Aber von den jahrlichen Früchten des Landbaus war kaum eine Spur zu entdecken. Auf den Ebenen und Fel-dern, welche zu gewissen Zeiten vom Negen genährt, Ges treibe, Zuckerrohr oder Pisang hervorbrachten, konnte man jctzt kaum ein Kräutchen erblicken. Aber auch von den wenigen Pflanzen, welche nicht verdorrt waren, wurden einige nach Europa geschickte, für bisher unbekannte gehalten. Ueberhaupt, wo nur die mindeste Feuchtigkeit dem Erdboden mitgetheilt werden konnte, fieng alles wies der an hervorzukeimen. Der Secrctar des Gouverneurs lud einige Herren vom Orlogschiffe in seinen Garten ein, welcher zwey Meilen landeinwärts lag. Sie wurden sehr angenehm durch den Anblick eines kleinen klaren aus dem Fuße einiger Felsen hervorquellenden Baches überrascht, welcher einen großen Feigenbaum bewässerte, und von ihm beschattet Bemerkungen über diese Inseln. <4i wurde. Der Baum hatte nicht so rauhe tief ausgezackte Blatter wie die Europaischen Feigenbäume, sondern «»getheilte und lange; und die Frucht desselben, welche man queer über die Quell mit der Hand von den Acsten pflücken konnte, war ein wahres Labsal. Ueberall, wo man den Bach hingelcitet hatte, sprießten auf beyden Seiten die Gewächse empor. Hier stand unter andern die Maniokstaude odcr Cassave, deren Wurzel ein gutes Nah? rungsmittel ist, obschon der daraus gepreßte Saft tödtltt chen Gift dcsizt, da hingegen der Bodensatz dieses giftigen Saftes wicdcrmn schr gut zu essen ist, und in England unter dem Nahmen lapioca verkauft wird. Der Bach fiel zwar bald in einen Grund, und konnte die benachbart ten Felder nicht langer benetzen; aber viele von den vermögenden Einwohnern in Praya schickten, ungeachtet der Entfernung, bis hierher nach gutem Wasser. Die Heer-den der Gegend wurden in diesem Bache getrankt; man wusch auch häufig darin, und weil die Wasche auf dcn umliegenden Feldern getrocknet wurde, so glichen sie einer Bleiche. Im Garten des Secrctärs stand ein hoher Cocosnusbaum voller Früchte, die an dem einen Ende des gradaufschiesscnden Stammes, unter dem Anfange der großen spritzenden Blatter desselben wachsen. Der Stamm erhebt sich nicht völlig senkrecht, und hat kurze Absätze wie das Zuckerrohr. Wenn man die Cocosnüsse herunter haben will, laßt man einen Mann, der insg« mein ein Neger ist, sichZcinen Strick um die Knöchel >m l42 Reist nach Teneriffa und St. Iago. bcyden Füßen binden, so daß ein Schuh Naum dazwischen bleibt; dieser umfaßt den Baum mit seinen Armen, und ruht unterdessen auf den Absätzen des Stammes nicht mit den Füßen, sondern mit dem Stricke zwischen denselben. Während sich der Körper unten aufstützt, hebt er seine Aerme höher, und indem er fortfahrt, bald mit den Handen bald mit den Füße» weiter hinauf zu rücken, gelangt er schnell an den Ort, wo er die Cocusnüsse erreichen, und sie den Untenstehenden zuwerfen kann. Die Schaale ist mit einem weißen ziemlich harten Fleische ausgefüttert, welches zwar wohlschmeckend, aber schwer zu verdauen ist: es enthalt inwendig eine dünne säuerliche Flüßigkeit, die in heißen Himmelsgegenden dem Gaume vorzüglich schmeichelt. Man bedient sich der Schaale am gemeinsten zu Trinkgcfaßen, weil sie so ftst und dicht ist, daß keine hineingegossene Flüßigkcit lcicht eindringen kann. Die Allssenseite der Schaale ist mit starken Fasern bctleis det, aus denen man in vielen Ländern, wo dieser Baum wächst, Stricke drcht, welche die Stelle der hänfene« vertreten. Der Secretar, von Geburt ein Brasilischer Portugiese, liebte die Naturgeschichte, und hatte sich besonders auf die Pflanzenkunde gelegt, welches für einen Beweis, oder wenigstens für ein Beyspiel gelten kann, daß dieses Fach der Gelehrsamkeit auch an solchen Oettern Liebhaber findet,-too man nicht viel an andre denkt. Für ihn, als einen Botaniker., hatte das allgemeine Elend noch das besonders Vcmcrtlmgen übcr dicsc Inseln. »43 Niederschlagende, daß es seinen Untersuchungen ein Ende machte, da das Pflanzenreich jetzt nur noch wenig Ver, schicdcnheit darbieten konnte. Einige von denen, welche im Garten des Cecretars gewesen waren, machten daraus einc Reise weiter ins Lanb hinein nach St. Iago, welches chcdcm die Hauptstadt der Iuscl war. So weit sie das Erdreich auf ihrem Wege beobachten konnten, hatte es alle Merkmale natürlicher Fruchtbarkeit/ und schien weit umher bebaut gewesen zu seyn, sah aber jcl;t aus als ob Fcuer darauf gewüthet, oder als ob ein Feind alles verwüstet hatte. Das Vich, welches sie antrafen, war allerdings dmmleibig, und kaum im Stande sich fortzubewegen; abcr man mußte sich überhaupt wundern / wie es bey der wenigen Nahrung die es dem versengten Boden entlockte, nur noch leben konnte. Sie giengen übcr cmen kleinen Flus, der zwar nicht ganz ausgetrocknet aber stichle war, und sich unter die Kiesel des breiten Bettes vcrlohr, über die er vordem geströmt hatte. Ein überhangender Berg sah aus als ob cr zerklüftet, und die cine Seite desselben von einem reist scndcn Strome hinweg geschwemmt worden ware. Am Eilde einer erhobenen Flache gieugcn sie in eine verfallene Fcste, welche ursprünglich den steilen Abhang nach der Stadt St. Iago zu hatte vertheidigen sollen. Diese liegt im Grunde eines Thals das sich zwischen der eben erwähnten Flache und einem gegenüber stehenden Berge er, streckt: das Thal schien von der Gewalt cincs mlaufhaltt l44 Reise nach Teneriffa und St. Iago. samen Stroms ausgehöhlt worden zu seyn, der große, ihm im Wege stehende Felsen fortriß, und sich mit ihnen ins Meer stürzte. Nun bildeten diese Felsen einen kleinen unregelmäßigen und unsichern Haftn; aber der Strom selbst versiegte bis auf ein Wasser, welches so klein und träge ist, daß es seinen Ausfius durch den Sand nicht finden kann, mit dem die hereinbrechende Fluth dessen Mündung verschlammt. Aus beyden Ufern dieses Flüßchens sieht man Trümmer ziemlich dauerhafter und großer Gebäude; und die zerbrochenen Stücken gläserner Croneuleuchter, die noch jetzt von den Decken einiger Säle herabhangen, beurkunden den Geschmack oder Reichthum welcher vormals in diesem nun verlassenen Orte anzutreft fcn war. Jetzt findet man kaum sechs Familien hier; die übrigen zogen entweder fort oder kamen um. Jedoch versuchte man hier noch eine unbeträchtliche Manufaktur von bunten Kattunstreifen zu unterhalten, dergleichen auch in den übrigen Gegenden der Insel für die Afrikaner auf dem festen Lande verfertigt werden, welche dafür mit Sclaven, Elcphantenzahnen und sogenanntem arabischem Gummi bezahlen. Die Reisenden fanden den Portugiesen, an welchen einer unter ihnen empfohlen war, mitten in den Trümmern von St. Iago: er hieß sie mit der größten Herzlichkeit in seinem Hause willkommen, und bewirthete sie mit allen Südfrüchten, welche sein Garten an beyden Ufern Bemerkungen über diese Inseln. 545 Ufern des Flusses hervorbrachte. Er wir zur See gewesen und sagte ihnen, daß es weit rathsamer und sicherer für Schiffe ware in Biava, cincr andern Insel des grünen Vorgebirges, anzulegen, und sich dott mit Wasier :md Le bcnomitteln zu versehen, als in St.I^go, wei'.es d!ey Ha fen hätte: den Puerto Furno auf der Mo>genscite oer Insel, ans wclchcm man die Schisse herausbugsieren wüsse; den Puerto Fajendajo nach Abend, und den Pus erto Ferreo nach Mittag zu, welcher der vorzüglichste für große Schiffe wäre, und in den ein kleiner Fluß liefe. Er bemerkte, daß am nördlichen Ende von San Vicente/ ebenfalls einer Insel des grünen Vorgebirges, ein geräumiger Hafen Ware, von welchem aber das süsse Wasser etwas entfernt sey; ferner habe auch Bonavisia einen gm ten Hafen. Diese Nachricht von den Häfen der Insel Vrava bk siatigte sich durch die Erkundigungen welche Sir E. Gower hierüber einzog: er empfiehlt daher sie zu versuchen. Aber man sagte, daß die andern Inseln des grünen Vorgebirges eben so großen Rcgenmangel litten, und mitt hin eben so verödet waren. Ob ihrer gleich, wenn man die kleinsten und unbedeutendsten mit einschließt, an zwanzlg sind, so ist doch jetzt die Anzahl der Einwohner in denselben so zusammengeschmolzen, daß man nicht vielmehr als zwey und vierzig tausend rechnet, von denen etwa. zwölf tausend auf der Insel St» Iago seyn sollen; sieben Erster Band K 146 Reise nach Teneriffa und St. Iago. tausend auf der Insel Mayo; sechs tauseud in San Nicholas/ der Residenz des Bischofs der Inseln des grünen Vorgebirges, und der schönsten von allen; vier tausend in San Antonio; eben soviel in San Phelippe de Fuogo/ welche wegen eines vulkanischen Feuers merkwürdig ist, das beständig aus einem Gebirgskessel mitten auf der In) scl ausbricht; nicht viel über fünf hundert auf der Insel Brava, und noch weniger auf den übrigen nicht angege? benen Inseln. Doctor Gillan bemerkt, »daß blos die Südwestseite der Insel St. Iago einen vulkanischen Ursprung gehabt zu haben schiene. Elwa zwey Meilen von der Bay bey Praya, sieht ein schr hoher ganz von Sand und Thon zusammengesetzter Berg, auf welchem man nicht die mindeste Wirkung des Feuers wahrnehmen kann. Etwa sechs Meilen von Praya, auf der Straße nach St. Iago, ist ein andrer Berg, der fast gänzlich aus reichhaltigem dun-kelblauem Eisenstein besteht; und dieser enthalt Thonerde, Eisenkalk und Kieselerde. — Im Felsen, dcm Hause des Gouverneurs in Praya gegenüber sind vcrschiedne senkrechte schmale Adern von weißem Spath. Das Gestade ist mit feinem Kiesclsand bedeckt." Wahrend der Löwe und der Hmdosian hier vor Anker lagen, kamen einige Kauffarthey schiffe aus Dünkirchen m die Bay von Praya. Eins davon erregte Aufmerksamkeil, weil es das Schiff, sonst Resolution genannt, war, welches ehedem unten dcm Commando des Capita« Cook so Bemerkungen über diese Inseln. ,4? berühmt gewesen. Zu diesen Schissen gesellten sich bald andere aus Nantucket in Amerika, deren Capitane sagten daß sie alle nach der Küste von Brasilien und den Faul-klaudinseln zu segeln gedachten, um Wallfische zu fangen. Die Dünkircher Schisse waren vornehmlich mit Englischen Matrosen bemannt, hatten sich lauter Englrcke Guter geladen, und mochten vermuthlich eine Speculation Londs ncr Kaufleute,, und eigentlich in der Absicht ausgcsanot seyn, um, unter Französischer Flagge, mit den Spanische« Küsten von Chili und Peru, wo möglich/ einen Handel zu eröffnen. Die Bay Praya war auch deswegen einigermaßen merkwürdig, weil hier eine Englische und Französische Schwadrone unter dem Commando des Commodore Iohustone und des Admirals Sussren, ein Seetreffen ges liefert hatten. Daß der letztere auf Englische Kriegst schiffe und Indicnfahrcr in einem neutralen Hasen einen Angriff machte, war die ausgelassenste Verletzung des Völkerrechts. Einige Zeit nachher, als er die Französische Flotte in Ostindien commanbirte, beklagte er sich ges gen Jemanden, der jetzt im Löwen war, und damals in öffentlichen Geschäften mit einer Friedcnsftagge nach dem Französischen Hauptquartiere segelte, über das Betragen des Englischen Admirals, welcher ein kleines Französisches Fahrzeug mit Gewalt aus dem neutralen Dänischen Hafen Tranguebar an den Küsten von Coromandcl hatte wegnehmen lassl'u; und als er an das Beyspiel erinnert <45 Reise nach Tcllmssa und St. Iago. wmde/ das er selbst in Praya gegeben hatte, so antwors tets er: »in vorigem Falle wäre zu wenig dabey herausgekommen, als daß es dcr Mühe werth gewesen deswegen die Gesetze ganzer Nationcn zu übertreten." Von dieser Art sind die Grundsatze der Politischen Sittlichkeit. Dic Portugiesen unterhalten in St. Iago keine Macht, die ihrer dasigen Flagge gehörige Achtung zusichern könnte, und diese Pflanzung bringt ihnen nicht nur nichts ein, sondern sie müssen sie sogar von Portugall aus unterstützen. Ucberhaupt wird keine dieser Inseln durch gute Verfügungen des Mutterlandes aufgemuntert. In St. Iago wird ein regelmäßiger Sclavenhandcl mit Afrika getrieben, und ist ein Monopol der Krone. Die Haupteinnahme des Gouverneurs kommt von dem Vieh her, das an die dort landenden Schisse verhandelt wird; die halbe Summe des Verk^ufprcises davon gehört ihm zu. Da diese Inselbewohner keinen ordentlich eingerichs leten Verkehr mit andern Landern haben, so müssen sie sich einzig darauf verlassen, daß gelegentlich dort landende Schiffe sie mit den Bedürfnissen versorgen werde«/ welche die Insel nicht hervorbringt. Geld, da es viel? leicht lange ungenützt liegen bleiben möchte, achten sie wenig, uud vertauschen ihre Sachen lieber besonders für Korn und Kleider, als daß sie baar Geld nehmen sollten, wenn man ihnen auch noch so viel anbietet. Da der Mundvorrath, welchen die beyden Schiffe der Gesandtschaft hier hattcn einkaufen können, höchst unbtt Bemerkungen über diese Inseln. '4^ deutend war, so ließen sie sich nicht lange hier aufhalten. Auch war das Wasser auf der Insel weder gut noch leicht zu bekommen: es war Brunnenwasser, und der Ort, wo man das erträglichste haben konnte, lag etwa 1502 Schuh von der Küste. Der Ritter E. Gower rath an, „das Wasser ganz früh aus diesem Ziehbrunnen zu holen, weil es sonst bald nachher von den dabey wohnenden Leuten getrübt, und großentheils ausgeschöpft wird. Damit die Matrosen nicht Schaden leiden mögen, ist es eben so nothwendig sie nicht in der Mittagshitze ans Land zu senden, weil diese drückend ist, und der Thermometer selten unter 85 und oft über 92 sieht. Man fiel einmal darauf, lieber die Nachtkühle hierzu anzuwenden, die gefüllt ten Wasserfasscr aufs Nfer hcrabzuwalzcn und sie nach den Booten zu schwemmen, die nicht weit davon, wegen der heftigen Brandung, geankert hatten; indessen war dieser Versuch mit traurigen Folgen verknüpft, da man fand, daß oft alle dabcy gebrauchten Vootsknechte starben.« Herr Jackson, sogenannter Master auf dem Löwen, kam auf den Gedanken, daß man dio Böden und Seiten einiger Fasser durchlöchern, und diese ins Ufer, nicht weit von der See, fast bis an den Rand herauf eingrabe»! könnte; durch welches Verfahren sodann, glaubte er, die Fasser bald voll guten Wassers laufen würden, weil es durch den Sand geseiget worden ware^ Und man sollte Wirklich einmal diesen Versuch an einem Orte machen, wo man entweder kein Wasser aus andre Art bekommen kann, 152 Kahrt durch die Linie, oder zu weit darnach schicken muß. Dieser Nothwendigkeit aber war keines von beyden Schiffen ausgesetzt, da sie noch Wasser vollauf bis dahin hatten, wo sie wegen Erfrischungen anlanden wollten, die in St. Iago nicht zu haben waren. Sie hatten fünf Tage vor Praya gcwar, tet, ohne der Brigantine Schakal! ansichtig zu werden. Daher beschloß man, ohne dieselbe weiter zu segeln, welches am 8ten November geschah. Fünftes Capitel. Fahrt durch die Linle, quer über das atlantische Meer. Hafen/ Stadt und Ge< gend von Rio de Janeiro. Das feste Land von Afrika, aus dcsscn Nachbarschaft die beyden Gesandtschaftsschisse nun fort steuerte,»/ er-strebt sich nirgends so weit nach Abend zu, als unfern der eingebildeten Linie, der man auch den Nahmen Mqna-tor gicbt, weil man sich dieselbe gleichweit von beyden Polen entfernt denkt; desgleichen ist das südliche Amerika gegenüber, an keinem Theile so weit hervorgetreten, oder gleichsam ausgebaucht, um der alten Welt zu begegnen, als innerhalb einiger Grade von derselben Linie. Demnach werden die Gewässer des Atlantischen Meeres in dieser Gegend mehr eingeengt, als nach Mitternacht und Gegend von Rio de Janeiro. ?5r Mittag zu; und da der Wind über diese Meerenge, wie man sie Vergleichmigswcise ncnncn kann, fasi immer im Morgen sieht, so hat es sich vermuthlich dann und wann gefügt, daß Schiffe von der alten nach der neuen Wclt hinüber getrieben wurden. Man findet mehrenthcils daß der Wind, welcher aus Afrika von Morgen her über dieses Mccr weht, eine Nordwestliche Richtung nimmt, sobald man sich dcm ge^ gcnübcr liegenden ftsien Lande von Amerika nähert. Für Schiffe/ die nach dem Vorgebirge der guten Hofnung, weli chcs südöstlich liegt, oder um dasselbe segeln wollen, ist dieser Wind so günstig, daß sich viele desselben bedienen. Die Niederlassungen an der Küste von Südamerika sind auch reichlich nut den Erfrischungen versehen, welche von Schiffen zuweilen vergebens an andern Orten aufgesucht werden, wie dies der Fall mit dem Löwen, und der Hins dostan in St. Iago war. Als nun diese Schiffe die Inseln des grünen Verges birges verlassen halten, lenkten sie ihren Lauf nach dem freundschaftlichen Hafen von Rio de Janeiro zu, wo sie sich aller Bequemlichkeiten zu gewartigen hatten. Die Luft blieb einige Zcit mit Dünsien angefüllt, und das Wetter war sehr schwül. Viele Malrosen, die in der Bay von Praya krank wurden, besserten sich noch nicht wieder auf dem Schiffe. Die L'lft reinigten weder häufige Regen noch Wetterleuchten. Unter solchen Umstanden reißt oft Sterblichkeit ein, und Kriegsschisse, die eine zahlreiche 562 Fahrt durch die Linie. Mannschaft haben, verlieren öfters nicht wenige von ihren Leuten. Die feuchte Luft zwischen den Verdecken, wo die Matrosen mehrmals gedrangt beysammen wohnen, und die Unsauberkeit, welche durch ihr achtloses Wesen zuweilen überHand nimmt, sind keine unbeträchtlichen Ursachen ihrer Vertilgung. Aber außer den besondern Mitteln, durch welche der Ritter Erasmus Gower Krankheiten vorbaute, wählte er noch solche MaasrcgelN/ und traf solche Anstalten, Reinlichkeit und einen beständigen Fuftus frischer Luft im Schiffe zu befördern, daß er viele von seiinen Leuten dadurch am Leben erhielt. Das Schiff wurde überall sorgfaltig mit Weineßig besprengt, und wo es thun-lich war räucherte man mit Schwefel. Windfange, oder sogenannte Ventilatoren, von verschiedenen Arten, welche mit der Hand gepumpt werden, und nach den besondern Theilen des Schiffs eingerichtet sind, wurden überall angebracht, wo nur Platz dafür war. Die Hängmatten des Schiffvolks mit den darin befindlichen Betten, wurden alle Morgen zu einer gewissen Stunde auf das Verdeck gebracht, und bis sich der Tag zu neigen anfieng, in der freyen Luft gelassen, wenn man sie nicht bey einfallendem Regenwettcr vor der Nasse sichern mußte. Um frische Luftströme in jeden Thcil des Schifs und sogar bis nahe an den Kiel zu leiten, bediente man sich der Windsegcl. Dies sind lange, an beyden Enden offene Schlauche von Segeltuch, welche etwa zwey Schuh im Durchmesser haben, und vom obersten Verdecke, an den Treppen hinab, Gegend von Rio de Janeiro. »5s bis unter den untersten Verdeck reichen; sie find ganz obcn an einer Seile aufgeschlitzt, welche allezeit nach dem Winde zu gekehrt wird. Man verabsäumte auch nicht auf die Nahrungsmittel der Mannschaft zu achten und ließ sie so viel Gemüß zu ihren Fleischspeisen csscn, als nur zu haben war. Es wurden keine gchugsn Gelranke aus" getheilt, ohne siegchörig mit Wasser vermischt zn haben. Sogar das Wasser, welches in den Fassern leicht einen faulen Geschmack und Geruch annimmt, wurde dadurch genießbarer gemacht/ daß man es in offne Geschirre that und dann durch langlichte, blecherne und durchlöcherte Gefäße zu wiederholtenmalcn laufen lies/ weil man, gefunden hat, daß langgestandenes Wasser durch dieses Mittel größtcntheils seine schädlichen und unangenehmen Eigenschaften verliert» Die Einförmigkeit des Passatwinbs, welcher nicht nur immer in derselben Richtung weht/ sondern auch mchrenthcils gleich stark bleibt, machte, daß die Mas trosen den eigentlichen Geschäften der Schiffahrt wenig Mühe und Aufmerksamkeit zu widmen brauchten. Aber man machte ihnen auf andere Art leichte und gesunde Bewegung: einige pumpten die Ventilatoren; andre säuberten jedes Gemach und jeden Theil des Schiffs, die Zimmerleute und Waffenschmiede crstzten oder besserten mit andern das Nöthige in ihren Fächern aus; einige splitztcn Tauwclk und zerzupften alles Tackel/ das uns brauchbar «Morden war, zu Werg; viele andere nahe- !54 Fahrt durch dle Linie. ten neue Segel zusammen oder setzten Stucken auf die zerrissenen; wicdcrum andere besserten ihre eigenen Kleidungsstücke aus, welche Rathlichkeit sowohl ihnen scldsi als dem Dienste zu statten kam: an solchcn T^en s"bc,t die Verdecke des Schiffs beynahe wle eine Wcrfte, em Segelwaarhaus, oder eiüe geschäftige Manufaktur aus. Hierdurch kamen die Matrosen nach und nach wiel der auf und bereiteten sich zu den Erwstignll.^n vor, die beym Durchsegeln der Linie gewöhni'ch sind. Der Eintritt des ersten Schiffs in eine andere Halbkugel muß bey denen, die sich darauf befanden, vom höchsten bis zum niedrigsten, ungcmeme Mfmcrksamkeic erregt und sich ihrer ganzen Secle bcmachti.)ct habcn. Vermuthlich gab der Befehlshaber, welcher zum erstenmale so glücklich war durch die Linie zu steuern seincm Schiffsvolk Eri laubnis Freudensbezeugungen anzustellen, da er ohne Zweifel selbst über den Vorfall frohlockte. Die nieder« Volksstande, welche kaum etwas anders vom menschlichen Leben kennen, als die Widerwärtigkeiten desselben, vergessen nicht leicht die so selten vorkommenden Gelegen-heilen, wo sie sich an einem Strahle von Frohsinn zwanglos sonnen können, so schnell er auch wieder vers schwindet. Es fallt ihnen darauf nicht so schwer sich befehlen zu lassen und sogar Strapatzen werden hernach erträglicher. Sie machen selten einen Übeln Gebrauch von der gegebenen Einwilligung dazu; ja sie werden das oftmals in kurzem überdrüssig was sie kann, erwar< Gegend von Rio de Janeiro. 155 ten konnten und wovon sie sich den befriedigendsten Volk gennß versprachen. Da sie auch inne werden / daß Nichtsthun sehr bald seine Behaglichkeit verliert, so schielen sie sich wieder in ihre vorige Beschäftigung und smd sogar hcrz ich froh dabcp. Die Kurzweil bestand di nal zu segeln, oder sich der Küste von Santa Cruz in etwas zu nähern. Etwa Vier Meilen von der Mündung des Hafcns findet man in achtzehn bis neunzehn Faden Gruod, eine Tiefe, wcl-che sich allmahlig bis auf acht oder sicben Faden vcrrini gcrt; dieser Ort, welcher dcr seichteste ist, und deswegen eine Barre genannt werden könnte, ist etwa zwey Meilen vom Fort. Naher nach Santa Cruz vertieft sich das Wasser wieder auf siebzchnbis achtzehn Faden, und halt man sich immer in der Mitte der großen Rhcde, so wird man nie weniger antreffen. Große Schisse können sich in seichtem Stellen vertanen; indessen ist es rathsamer die genannte Tiefe, oder eine davon nicht sehr abweichende, zu Wahlen, wcil man dann den Seewind in seiner Fülle hat, uud den in dcr Nahe des Ufers so peinigenden großen Mücken entgeht. Das Kricgsschifankcrte in achtzehn Faden, hatte den Zuckerhnt nach S. gen O-halbO.; das Castel SantaCruzS.O. genS.; einKlosict- aufcmem Hügel über Erster Aand. ft l62 Fahrt durch die Linie, dem mittaglichen Theile der Stadt S. W- gen W.; und anderthalb Meilen von der Schifflande, welche des Vice-königs Palaste gegenüber ist. „Ehe noch ein Schiss in den Hafen einlauft/ wird man wohl thun, einen Ossicier in einem Boote nach dem Casiel Santa Cruz zu schicken, von wo er in den Palast des Vicekönigs gebracht werden wjrd, damit er diesem die Ankunft und Verrichtung des Schiffs in diesem Hafen mclden möge. Man sollte auch die Schiffsfiagge bey Zeiten aufhissen, dafern das Pratikboot, welches vom Lande abgeschickt zu werden pflegt, nicht bereits am Bord ist. Man würde jedes Schiff, selbst ein Portugiesisches, wenn es sich mttcrsichcn wollte beym Fort vorbey zu se? geln, praien, und ihm geradezu befehlen zu ankern, bis es Erlaubnis erhallen halte/ weiter zn gehen. Der Capitan muß alle Umstände des Schiffs, dessen Bestimmung, Starke und Bedürfnisse, mit seines Nahmens Unterschrift angeben, worauf man ihm alle erforderliche Hülfe verspricht. Aber man laßt niemanden vom Schiffvolke anderswo, als an der Kaitrcppe, dem Palaste des Vicckö-nigs gegenüber landen, und jedweder der vom Schisse ans Land geht, erhalt wahrend seines Dortseyns einen Officier oder Soldaten zu seiner Begleitung. Auch umzingeln Wachboote das Schiff, damit niemand landen möge, außer wo und wem es erlaubt ist. Bey Kauffa« theyschissen halt man noch sirenger auf diese Ordnung? als bey Kriegsschissen. INieo 603 5obra5 oder Schlangen-- Gegend von Rio de Janeiro. 163 ittsel macht hier noch einen innern Hafen, wo gute Werft ten sind, wo man Schiffe kielen kann, ob man dies jetzt gleich lieber mittelst alter abgedankter Fahrzeuge thut. In eben diesem Hafen ankern alle Schisse welche Güter ein odcr ausladen, odcr ausgebessert werden müssen; aber es ist weit gesünder, mit den Schiffen außerhalb demsek ben zu ankern. Die geographische Breite von Nio ist 22° 54^ S. und dic Länge 42° 44' W. von Greenwich. Auf dem Compass.' bemerkt man vicr Gr^dv' 55 Minuten Nord-westering. Ev fil'.thct anderthalb Stunden, und die Fluth steigt senkrecht etwa sechstetx.lb Fuß. So lange der Löwe hler blieb, war Fahreuheits Thermometer aus 77 und 82." Ein weiter sichrer Hafen, gute Lage zum Handel und üvpige Fruchtbarkeit dcr ganzen Gcgcnd umher, sind Von züge, welche vielleicht keine Stadt in so hohem Grade b« sizt als Nio dc Janeiro. Der Eingang in den Hafen von der See wird an emer Seite von dem hervorstehenden bereits erwähnten Kegel begränzt, welcher sieben hundert Fuß hoch ist; auf der andern von dem ungeheuren Gras nitblocke, auf dem das Fort Santa Cruz ruht; und fast in der Mitte liegt die kleine Iusel, auf welcher daS Fort Lucia steht. Gleich hinter der Mündung fängt sich der Hafen an auf drcy bis vier Meilen weit auszubreiten, und erstreckt sich in mchrern «»absehbaren Zweigen ins Land hinein. Von den Inseln, welche in demselben zerstreut liegen, sind einige grün, und anf andern sind Batterien oder Häuser gebaut., Die User des Hafens waren, m 764 Fahrt durch die Lime. schönster Verschiedenheit, mit Dörfern, McrM'höftn und Pflanzungen geschmückt, welche von Bachen, Fclsrücken, Einschnitten kleiner sandigttr Buchten, oder dem Saume eines Waldes getrennt wurden; das Ganze lief, am fers nen Sehkraise, auf eine Umgebung von Gedirgsreihen zusammen, die in ein ununtcrscheidbares Gewirr von wilden krausen Gestalten empor stiegen, aber bis hoch an die Gipfel mit Bäumen bedeckt waren. Beynahe vier Meilen westlich von dcr Hafcnmünde, ist die Stadt St. Sebastian, gewöhnlich Rio genannt, welche auf einer hervorgetretenen Landzunge sieht; aber die sämmtliche anstoßende Gegend ist in Vcrge und Felsen zerstückt, auf denen man Gehölz, Häuser, Klöster und Kirchen erblickt. Eine Benediktiner-Mtey und eine Feste, welche die Stadt bestreicht, liegen auf dcm äußersten in den Haftn hiuauslaufeudcn Vorlaube: die< sem gegenüber ist die Schlangeninsel, welche durch einen engen, aber zur Durchfahrt der größten Schisse hinlänglich tiefen Canal, von der Stadt abgesondert wird. Auf der Insel sind die Docken, Magazine und Scezcugh auser, und rund herum am Ufer die Ankerplatze der gewöhnlich hierher kommenden Schiffe. Jenseits der Stadt fängt sich der Hafen an merklich zu erweitern/ und gleicht einem großen See, auf dem viele Inseln liegen. Rio soll nur seit kurzer Zeit sehr verschönert worden seyn, und man findet jetzt viele Gebäude aus gebrochenen Steinen. Die Straßen sind meistens gerade, wohl gepflastert, und mit Gegend von Rio de Janeiro. 165 Seitenwegen für die Fußgänger versehen; die enge Bauart von manchen gewährt um dcsio mehr Schatten, welcher in heißen Himmelsstrichen so erwünscht ist. In den ossencn Plätzen sind kühlende Brunnen, denen das Waft scr von einer beträchtlichen langen Leitung zugeführt wird, dcm: die Stadt hat, ungeachtet ihres Nahmens, keinen Fluß von Bedeutung in der Nähe. Diese Wasserleitung geht auf einer doppelten Reihe von Bögen, deren eine über der andern sicht, durch die Thäler, und ist ein Gebäude das der Stadt zu großer Zierde dient, ob sie gleich cbcn so gut durch Röhren mit Wasser hatte versehen wcrs den können. Aus dieser Leitung laßt sich nicht schließen, die Portugiesen waren mit der Lehre der Hydrostatik, daß Wasser allemal wieder zu seiner Höhe steigt, unbekannt gewesen, eben so wenig als man bey dcn alten Römern eine solche Unwissenheit vermuthen darf, weil sie viele dergleichen Werke bey ihrer Hauptstadt anlegten: denn bey ussentllchen Gebäuden dachte man nicht minder auf An, fthn und Pracht, als auf Nutzbarkeit. Bey jedem Brunnen in Rio steht eine Schildwache, um auf die richtige Austhcilung des Wassers zu sehen, welches spärlich seyn muß, da die Leute mit den Eymern immer lange auf ihren Bescheid warten. Aus dem Brunnen des Kais, dem Paläste gegenüber, gesteht man den Schissen hinlängliches Wasser zu, welches die Bootsleute von dort durch Schläuche von Wolle oder Segeltuch in die Fässer auf den in der Nähe haltenden Booten rinnen lassen. Der 266 Fahrt durch die Llnte. Ritter Gower hatte das hiesige Wasser nicht nut auserlesen gut befunden, sondern auch bemerkt, daß es sich besser zur See hielte, als alles übrige, weshalb er die ge< genseitige Meynung des Capita« Cooks auf die zufällige Unsaubcrkeit einiger von seinen Geschirren schob. In den Läden von Rio w einem weissen Staube mit welchem die flache oder hohle Seite des Blattes dünn überstreut zu seyn scheint: aber bald zeigen sich darauf wciffc flaumige Blasen, welche, wie gesagt, der feinste:: Baumwolle ahnlich sind. «Man findet noch ein andres Insekt auf dem cactus^ von welchem man glaubt, daß es sich vom coccu« oder Cochemllieninsekte nähre: wenn es scine Vollkommenheit erreicht hat, gleicht es dem bierfiüglichten Ichneumon, ist aber, genauer angesehen, eine Fliege, die nur zwey Flügel hat. Die Larve oder Raupe dieser Fliege dringt in die Wolle, welche den coccus umgiebt, und würde sich kaum von diesem unterscheiden lassVn, wel-n es nicht etwas lai'glicher Ware und ein wenig längere F5ssc hätte; ausserdem hangt auch die Wolle nicht an demselben, da sie sich hingegen vom Cochcnillkeninsckte kaum lostrennen laßt. Wenn diese Fliege ihre Haut ablegen will, so Erster Band- M '78 Fahrt durch die Linie> kriecht sie aus dem Flaume auf den leeren Platz des Blattes, schwillt in kurzem ungcmein auf und nimmt anstatt ihres glanzenden Roths eine hellgelbe Farbe, so wie am Körper Ringe von braunlichen Tüpfelchen an. Wenige Tage darauf erstarrt sie, zieht sich aber bald nachher in gewaltsamen Krämpftn zusammen und laßt einen großen Tropfen reinen rothen Farbenstoffs von sich: so-dann klammert sie sich gleich an die Stacheln des Blattes an und wirb eine Puppe, aus welcher in kurzem die Volk kommene Fliege kommt. Da sie aber den Farbcnstoss vor ihrer Verpuppung absondert, so möchte man vielleicht glauben, daß jcdes andere Insekt, welches sich von dieser Pflanze nährte, denselben Stoff erzeugen müsse. Aber man erhielt aus dem Blatte nie etwas anders als eine bloße durchsichtige klebrichte Feuchtigkeit, welche nicht die mindeste Farbe hatte. Jedoch wenn man die reife Feige des cactu5 gegessen hat, welche einen chariachcnen Saft hat, so wird etwas von den körperlichen Absonderungen dadurch gefärbt. W:e beide Insekten und ihr heimatli? ches Nahrungsgcwachs aussthen, wird sich besser aus der hinten angehängten Kupferplattc M. i. als aus einer Be< schreibung ersehen lassen. „Die Portugiesen in Rio verdienen wenig an der Cochenille, weil sie bey der Zubereitung derselben nicht so verfahren wie sie sollten. Leibeigene, die ausdrücklich hierzn bestimmt sind, nehmen zwey bis dreymal die Woche mit Bambuszweigen, welche fast wie eine Feder Gegend von Rio de Janeiro. 175, geschnitzt sind, sorgfältig nicht nur alle völlig ausgewachsene Insekten, die sie finden können, sondcrn auch viele noch unvollkommene, von den Feigenbäumen ab, deswegen erhalt man um die Hälfte weniger Insekten von den Blättern, als man könnte, indem viele Weibchen zernichtet werden, ehe sie ihreIungcn hervorbringn. Die Mc^icaner schlagen einen ganz andern Weg ein. So bald es nach der regnichten Iahrszeit wärmer und trockener wird hangen sie an die Stacheln des Cactusblatt tes kleine Bäuschchen vom allerfeinsten Moose, in deren jcs dem zehn bis zwölf ausgewachsene Weibchen des Insekts nisten können. Diese bringen in wenigen Tagen unzahs liche Jungen hervor, wclche sich über die Blätter und Zwe ge der Staude ausbreiten, bis sie sich an einem Orte festsetzen, wo sie den meisten und besten Saft für ihre Nahrung finden. Sie erreichen dort bald ihre völlige G>össe ohne weiter zu kriechen und werden dann zum Gebrauche abgelesen; doch läßt man allezeit eine gehörige Anzahl zur Erzeugung junger Brut zurück. Man verfahrt auf eine fthr einfache Art die Insekten in Cochenille zu verwandeln. Wenn den Käfer aber, in Absicht auf körperliches Leiden, eine Qual eben so tief verletzt, als den sterbenden Riesen , so ist diese Verfahrungsart, bey aller ihrer Einfachheit, höchst grausam. Man sammelt dieIn-sekten in einen hölzernen Napf, thut sie von dort dicht übereinander auf einen flachen irdnen Teller und setzt sie lebendig auf ein Kohlcnfeuer wo sie langsam braten, bis '5a Fahrt durch die Llmc. die wolligen Zascrcl)en verzehrt und die waßrichten Theile der Insekten ganzlich verdampft sind. Inzwischen werden sie bestandig mit einem blechernen Löffel umgerührt, und dann und wann mit Wasser besprengt, damit sie nicht ganz zusammendörrcn, welches ihre Farbe vernichten und das Insekt verkohlen würde; allein man lernt bald aus der Erfahrung, wenn sie vom Feuer abgenommen werden müssen. Sie sahen dann alle wie runde dunkelro-the Körner aus, nehmen den Nahmen Cochenille an und behalten so wenig von ihrer ursprünglichen Insektenge-sialt/ daß diese köstliche Farbe lange in Europa gekannt und gesucht wurde, ehe man noch darüber einig war, ob sie^on einem Thiere, einer Pflanze oder einem Minerale herkäme. Man bringt es in dem Garten bey Rio des Jahres nicht über dreyßig Pfund von dieser Waare am Gewichte, obgleich, wenn man es recht anzufangen wüßte, von derselben Anzahl Stauden zehnmal soviel gewonnen werden könnte. In Marica. und Saquarima, welche Ortschaften beyde ans Cap Frio stoßen, zieht man den gemeinen Indischen Feigenbaum in beträchtlicher Menge und mit gutem Gedeyhcn von Setzlingen an, die jN der kalten und regnlrichten Jahreszeit verpflanzt werden / ob sie gleich nachher da am wenigsten fortkommen, wo sie von der Sonne ausgeschlossen sind. Vom Oktober bis März wenn das Wetter trocken ist, bringen die Ins lektcn ihre Jungen hervor und werden eingesammelt. Damit sich mehrere Leute mit Zubereitung der Cochenille Geacnd von Rio de Janeiro. ,5^ abgeben mögen, sieht jezt der Handel damit, welcher vordem der Krone ausschließlich zugehölte, einem jeden frey.« Außer dieser Manufaktur unweit Rio, war noch eine andre innerhalb des Hafens, der Stadt gegenüber er« richtet, wozu die Krone einer Handelsgestllschaft das ausschließliche Recht, gegen Erlegung eines Fünftels vom Gewinne, ertheilt hatte. Dies war eine Thra»ch5tte,. wo man den Speck der schwarzen Walisische anssott, welche nun nicht mehr, wie vormals, hierin der Nahe, sondern an Küsten gefangen werden, zu denm die ges schaüige Betriebsamkeit des Menschen seltner vordringt. Das Fischbein oder die Barden an der obern Kinnlade des Wallfisches wurden hier auch gehörig abgesondert und gereinigt, ehe man sie nach Europa verschiffte. Man sucht den weissen Wallfisch, welcher den Wallrath giebt, oft sogar im Südmeere auf. Von dort her war nur erst vor kurzem ein Englisches Schiff in dem Hasen von Rio eingelaufen, um Erfrischungen einzunehmen. Es hatte neun und sechzig Wallfische gefangen, deren jeder, eins ins andre gerechnet, zwey hundert Pfund Sterling einbringen konnte. Einige sind so groß, daß man sie auf tausend Pfund schätzt. Die unlängst gemachte Enk deckung, daß sich der muskulöse Theil des thierischen Körpers in einen Wallrathähnlichcn Stoff verwandeln laßt, dürfte vielleicht mit der Feit den Gewinn dieser entfernten Handelsunternehmungen verringern. '82 Fahrt durch die Llnie. In einem andern Theile des Hafens von Rio nicht weit von der Stadt an oinem Orte/ der Valicn^a heißt, sind die Waarenhauser, wohin man die Leibeigenen bringt, welche meistens von Angola und BcnaMa an der Afrikanischen Küste kommen, um sie für ocn Verkauf zuzubereiten. Diese Geschöpfe, welche ihren verworfenen Zustand kaum zu empfinden schienen, wurden hier gereinigt, gesalbt, fett, rundlich, glatt und durch die Verbergutlg ihrer Gebrechen verkäuflich gemacht. Aus den zwanzigtausend, welche für ganz Brasilien eingeführt wurden, nahm Rio gewöhnlich alle Jahre etwa fünftausend. Im Durchschnitte kam jeder Sklave etwa auf acht und zwanzig Pfund Sterling zu stehen. Ehe sie von Afrika verschifft wurden, mußten für jeden Kopf zehntausend Reis als Zoll für die Königin von Portugal! an den dortigen Kronbeamtcn erlegt werden, und die ganze Summe davon belief sich des Jahrs etwa auf sechzig/ tausend Pfund Sterling, welche nicht zu den öffentlichen Einkünften gerechnet werden , da sie unmittelbar der Kö-nigin anheim fallen. Man nahm an, daß in ganz Brasilien wenigstens stchsmalhundcrttausend Leibeigene, theils gebohrne Afrikaner, theils Abkömmlinge derselben, waren; und die Weißen rechnete man etwa auf zweymal-hunderttausend. In Rio selbst wurde das Verhältniß der Schwarzen zu den Weißen für noch wett grösser gehalten , da die ersteren in der Stadt wenigstens vierzigtau-scnd Köpft, mit Einschluß der Freygelassenen, stark waren, und letztere nur ungefähr dreytausend. Gegend von Rio de Janeiro. !«z Obgleich die Leibeigenen auf den Pflanzungen viel von den Vögten zu erdulden haben möge» / so merkte man doch denen in der Stadt kein Elend an. Uebcrhaupt hat der menschliche Körper weniger Bedürfnisse in einer warmen Himmelsgegend als in einer kalten und ist mithin weniger Leiden ausgesetzt. Denn um sich in letzte-renl das Leben nur erträglich zu machen, braucht man eine Wohnung zum Schutze gegen die Witterung, Bekleidung für den Körper und küusiliche Warme im Winter fast eben so nothwendig als Nahrung; hingegen kommt es Niemanden, der zwischen den Wendezirkcln wohnt, so schwer an, diese Sachen zu entbehren, oder man kann sich wenigstens dort so viel als davon nöthig ist, ohne große Mühe verschaffen. Auch reicht die zuvorkommende Milde der Natur in warmen Erdstrichen Nahrungsmittel viel bereitwilliger dar als in kalten, wo man noch übers dicß gcgohruc Getränke, die eine künstliche und mühsame Zubereitung erfordern , zuweilen nöthig hat, dahingegen in Landern zwischen den Sonnenwenden jeder Bach nicht allein den gesündesten, sondern auch meistens den angenehmsten Trunk darbietet Deswegen braucht der Westindische Sklave die Landleute, in vielen Europaischen Königreichen nicht sehr zu beneiden. Auf den Brasilischen Pflanzungen sind den Leibeigenen zu ihren häuslichen Verrichtungen zwey von den sieben Wochentagen, und also mehr wie ihren Landsleucen in Wcsiindien, ausgesetzt. Man beklagte sich, daß die hiesigen Sklaven einen !«4 Fahrt durch die Linie. Hang zum Stehlen und Lügen hatten, welches leider an allen Orten die gewöhnlichen Lasier ihres Standes zu seyn scheinen. Dieser wird von der Mutter auf sie fortgepflanzt und ist auf keine Gesichtsfarbe eingeschränkt, In Rio gab es viele, die dazu gehörten und man traf unter ihnen alle Abstufungen zwischen schwarz und weiß an. Die Afrikaner, munter und aufgeweckt von Natur, schienen sich geschmeidig ihrem Loose zu fügen und bey jedem Anlaßc zur Freude mit ganzer Seele zu genießen. Sie suchten selten durch Rausch die Krämpfe ihres Ge-wisscns zu stillen oder das Bewußtseyn ihres Elends zu betäuben. Sie lieben Tanz und Musik und öfters wenn die schwarzen Miethkutscher in Rio nur einige Zeit frey hatten hörte man sie da, wo ihre Wagen hielten auf Guitarren spielen. Von den vielen Leibeigenen, welche der Krone zugehörten, brauchte man ungefähr zchntau-? send in dcn Diamantbergwerken, wo man vor einiger Zeit einen Diamant gefunden hatte, der an Grösse und Kostbarkeit sowohl alle die übertreffen soll, welche die Russische Kaiserin gekauft hat, als auch alle andere, die bisher bekannt worden sind. Verschiedene Sklaven wmden auch von den Klöstern gehalten und die Benediktiner hatten asscin tausend auf ihren Pflanzungen, Dieser reiche Orden that viel Gutes und war besonders sehr gastfrcy. Da die Chinesischen Dollmctscher der Gesandtschaft Priester von derselben Regel waren, so wurden sie aufs höflichste genöthigt, wahrend ihres Gegend von Rio de Janeiro. 185 Aufenthalts in Rio in diesem Kloster einzukehren, wo man sie mit der gefälligsten Aufmerksamkeit bewirthete. Die Vater des Bcncdiktinerordcns hatten gelegentlich unter ihren Sclaven bemerkt, daß dic Kinder, welche aus dcr Vermischung dcr Weissen und Schwarzen gcbohrcn würden, mchrcnlhcils viel Kopf und Naturgabcn besäßcn. Mit einigen derselben nahmen sie sich viele Mühe, und, unterrichteten sie mit solchem Gedeihen, daß man es fortan nicht mehr für nölhig hielt junge Leute nach Portugal! zu senden, um sie auf den dortigen hohen Schulen ausstudieren zu lasscn. Diese Ordensbrüder erwähnten mit einer Art von Frohlocken, daß vor nicht langer Zeit einer von dem erwähnten vermischten Ursprünge als acai dcmifcher Lchrer nach Lissabon berufen worden scy. Man hatte die ursprünglichen Inhaber von Brasilien nicht einmal zur Häuslichkeit gesitteter Völker, geschweige denn unter das Joch der Sclaverey bringen können. Denn ob man gkich, um Gelegenheit zu Beobachtungen, zu erhalten/ wie auch aus Grosmuth und Menschenliebe, Kinder von einigen derselben in Portugiesische Häuser aufnahm, und außerordentlich bemüht war sie zu erzies hen; so sollen sie doch so unbildsam gewesen seyn, daß sie aller Augenblicke wieder zu den vorigen Gewohnheiten ihrer natürlichen Wildheit zurückkehrten, ohne im geringe sten auf das zu achten, was man ihnen zur Bezähmung ihrer Leidenschaften und Launen beyzubringen gcfiißcn g« Wesen war. Diese Wilden kamen, ungeachtet ihrer Ar< '86 Fahrt durch die Linie, muth, eben so selten ihre Dienste anzubieten, als die Portugiesen geneigt waren davon Gebrauch zu machen; blos zum Rudern der Kähne wurden jene von ihnen gemiethet, weil sie es darin zu einer grossen Fertigkeit ^bracht hatt ten. Ucbrigens waren die meisten von ihnen beynahe von Mittelgröße, fleischig, stämmig und gewandt, hatten eine bräunliche Gesichtsfarbe, schwarze, starke, gcradhcrabfal-lende Haare, einen sehr kleinen Bart, und lange schwas ze Augen, welche leine Vcrsiandesschwache verriethen. Man bemerkte in ihren Gcsichtszügeu nichts gemeines oder Pöbelhaftes, sondern der Ausdruck ihrer Mienen war vielmehr sinnig und bedeutsam. Der Genuß einer völlig unbeschrankten Freyheit schien sie unwiderstehlich zu reizen. Sie hegen vermuthlich einen angeerbten un^« versöhnlichen Haß gegen ihre Verdränger, und meiden sorgfältig die Oerter wo sich viele Portugiesen miteinander niedergelassen haben; wenn sich aber Jemand von diesen zu weit von den übrigen entfernt hat, oder wehn los ist, so machen sie sich kein Gewissen daraus ihn zu morden. Weil noch ein großer Strich der Küste zwischen Rio und Bahia von ihnen durchstreift, und zum Theil bewohnt wurde, so konnten beyde Städte keinen regelmal ßigen Verkehr zu Lande miteinander haben. Auf den Straßen in der Gegend um Rio, konnte man viele Meilen weit zn Wagen nicht fortkommen. Als Herr Barrow mit zwey andern von der Gesellschaft und einem Portugiesen aus Rio von hier nach Abend zu, eine Gegend von Rio de Janeiro. 187 kleine Reise that, so schien dort herum nicht viel Fleis auf den Ackerbau und die Veredlung des Landes verwandt zu seyn. Man fand meistens nur Küchengewachse für die weissen Einwohner, und Neis und Manioc für die Schwarzen. Waizen wuchs in andern Gegenden von Brasilien, und trug weit stärker als in Europa. Die dortige Getraidcmühle war so einfach, daß sic beschrieben zu wen den verdient: Sie sahen eine an e neu, Bache neben dem Walde erbaut, in welchen sie sich vorgenommen hatten, einzudringen. Ziemlich tief abseilen der Oberfläche eines Flusses fiel vom steilen Ufer desselben das Wasser auf ein wagrccht gestelltes Rad von! nicht großem Durchmesser, das im obern Rande zehn bis zwölf schräg eingekerbte Vertiefungen hatte, vermöge welcher der eingreifende Strom es geschwind herum trieb; mitten aus dem Rade gicng eine eiserne Welle durch den gleich darüber siehenden unbeweglichen Bodenstein, von noch schmalerem Durchs messer, in einen kleineren Mühlstein oder Läufer, welcher vermittelst derselben umgedreht wurde, und das aus dem Rumpfe herabfallende Getraide auf dem unteren grösseren Steine zermalmte. Sonach verrichtete hier ein einziges Rad alles das, wozn man meistens ein kostspieliges und viel zusammengesetzteres Mühlsteingetriebe braucht. In der Krimm soll man sich beynahe derselben Art von Mühlen bedienen. Der erwähnte Wald war voll von Palmen, Mastix-bäumen, Mangobäumen, Kujava, Aepfeln und Farm,- l55 Fahrt durch die Linie, krautern von Baumgröße, desgleichen voll andrer Gn wachse, welche den jetzigen Reisenden noch nicht zu Gesichte gekommen waren. Man darf mit Recht hoffen, daß in dem Botanischen Wcrkc über die Brasilischen Pfianzcn, welches ein Franziscancr, d^r s.ch lange hier aufgehalten, unter dem etwas gesuchten Titel: klorallu-tninLnllg herauszugeben versprochen hat, von allen tiefen eine umständliche Beschreibung erscheincn wild. Die Ips« cacnanlig, welche um St. Catherine, cincr Ortschaft in der Provinz Rio wuchs, wird vermuthlich eben daselbst einen Platz finden. Jetzt weiß man immer noch nicht recht zn welcher Classe, Gattung und Art im Pstanzen-sysieme sie gehört, obgleich die Wurzel davon schon seit langer Zeit in der Arzney künde mit großem Nutzen ges braucht worden ist. Einem Herrn der Gesandtschaft zu gefallen lies man ausdrücklich eine von St. Catharine holen. Es war eine ungefehr drey Fust hohe krautartige . Pflanze mit Lanzcttcnförmigcn Blattern, und einem einzigen Stengel; aber da sie gerade weder blühete noch Saamen trug, so ließen sich ihre eigenthümlichen Unter/ scheidungszcichen nicht bestimmen. Es war in Rio ein Mann der mit Vögeln und Ins secten handelte, und unter andern Seltenheiten die pala-, meäea oder ankm^a (dcn brasilianischen Kranich) vorzeigte; dieser Vogel, den man so selten in Europaische,, Naturalicnsammkmgcn findet, hatte an jedem Gelenke der Flügel einen Nagel oder Sporn, und ein etwa sechs Gegend von Rio dc Janeiro. is«? Zoll langes Horn, welches ihm von der Stirn heraus stand. Man mußte in der That die Größe und den glänzenden Schmelz vieler im Walde zerstreuten Blumen/ und das farbcnspielcnde Gefieder der vorübcrftiegeuden Vögel bewundern. Die Wälder wimmeln von Schlangen, wie man s^gf, und einige darunter sollen erstaunlich groß und ftlrchlbi,r ftyn. Aber ihr helles Gezisch warnt die Heram'.chcidcn, und wc:.n mau sie nicht neckt, gchcn sie ftltcn a::s Menschen los. Indessen hörten die jtzjgen Reisende: tc^en Laut der sie hätte erschrecken können. Ncberhaurt g.hen die Leute hier so unbefangen umher, als ob sie gar nichts befürchteten, und ein so nahes Ue-bei, dessen Wirkungen ihnen so oft zu Ohren kommen mußi ten, schien sie wenig ;u bekümmern, weil sie es selbst noch nicht empfunden hatten.- beynahe so wie in Europa die Furcht, von tollen Thieren gebissen zu werden, diejenigen, welche diesem entsetzlichen Unglücke am meisten ausgesetzt sind, weder besorgt macht, noch sie in ihren Verrichtungen und Ergözlichkcitelt stölt, so oft sich auch dergleichen erschreckliche Falle zu gewissen Iahrszeiten ereignen. AuS vem oben beschriebenen Gehölz gieng der Weg in das angebaute That Tijouca, welches gleichsam aus dem Grunde cmcs Trichters lag, da es rund um von Ber-gcn eiligeschlosscil war, ausgenommen nach Mittag zu, wo ein Arm der See durch eine schmale Oefnung drang. Das Thal wurde von einem klaren Gießbachc gewassert, welcher von einem steilen großen Gramlselsm ssüljtc, n-''> ly» Fahrt durch die Linie- einen majestätischen Wasserfall bildete. Die Pflanzungen von Tijouca schienen nicht viel Mühe zu erfordern. Es war gar nichts Ungewöhnliches, auf einem Raume von zwanzig langen Quadrat-Ellen, in der Gegend von Rio, Indig, Caffce, Cacao, Zuckerrohr, Pisang, Manioc, Av-pelsinen und Llmmolucn untereinander, und einige davon Wild wachsen zu schcn. Auf den Caffee, und Indigbau wendete man den meisten Flcis. Wegen der eingeschralck-ten Lage des Thals und der zurückprallenden Sonnen? strahlen von den größtentheils felsigtcn Bergscitcn, fühlte man die Hitze der Luft hier auserordentlich. Fahrenheits Thermometer stand Nachmittags um vier Uhr im Schatten auf acht und achtzig. Die Reisegesellschaft trat mit ihrem Portugiesischen Begleiter in das Haus eines seiner Frennde ein, wo sie bewirthet wurde und über Nacht blieb. Die Hitze machte alle Betten entbehrlich. Auf ein plattes etwas über den Fusboden erhobenes Gestelle war eine kunstreich geflochtene Matte ausgebreitet, und ein elastisches Kopfküssen gelegt, wo sich die Gaste, ohne etwas anders als ihre Schlafröcke an zu haben, zur Ruhe begaben. In verschiedenen Bezirken der Provinz Rio baute man Caffee, Zucker, Baumwolle, Cacao, Reis, Pfeffer und Toback in großem Ucbcrflusse. Im Kraise Rio grande wurde viel vortrefticher Waizen Erzeugt. Obgleich der Weinsiock hier vorzügliches Gedeihen hatte/ so preßte wan doch die Trauben nicht, aus Bcscrgnis dem Wcin, Gegend von Rio de Janeiro. 191 Handel des Mutterlandes Eintrag zu thun. Ganz Bra, silien wurde in acht besondere Provinzen eingetheilt/ ohne die von Rio de Iümiro dazu zu rechnen, dcren Befehlshaber allein den Nahmen Unterköliig von Brasilien hatte. Sie hießen Para oder Amazonen, Maragnon, Fernam-bucca, Bahia, Eai'.to Pa^lo, Malto Grosso, Minas Ge-raes und Minas Goy^vcs. Vormals war Laina 602 toc^c>3 O8 8anto5 der Hauplsitz der Regierung, und der von nehmste Handelsplatz in Brasilien, bis die Entdeckung und große Nutzung der Gold-und Diamanlbergwerke, etwa drey hundert Englische Meilen von Rio dc Janeiro, wo man unmittelbar die Aussicht über dieselben führt, dieser Stadt einen entschiedenen Vorrang gab. Aber die sämmtlichen Provinzen fiengcn zusehends an reich und betrachtlich zu werden. Sie hatten unlängst angefangen die nöthigen Sachen zu ihrem Gebrauche selbst zu oerfer? tigen, und ihre Erzeugnisse waren so wichtig, daß die gewerbliche Bilanz bereits ansieng zu ihrem Vortheile zu seyn; daher man zu der Einsuhr aus Europa noch Silber in Zainen hinzufügen mußte, um den Ueberschus der Ausfuhr auszugleichen. Der Marquis von Pombal, welcher so lange erster Minister von Portugall war, befrcyte diese Colonicn, wahrend seiner Machthabung/ von einigen Monopolist und Verboten, die man für eine Milursache ihres Drucks ansah. Sie ^ beklagten sich, daß das Mutterland jetzt wiederum auf ihren zunehmenden Reichthum und die dar/ l9? Fahrt durch die Linie. aus entstehende Macht und Uuabhangkett, eifersüchtig ware, welche es durch erschwerende und empörende Vorkehrungen zu ersticken und zu untergraben suchte. Aber die Leute fiengen hier an sich für Kinder zu halten, die bereits zu siammhaftig waren in der Wiege erdrosselt zu wcrdcn, und glaubten, die Krone von Portugal! müsse entweder den Sitz der Regierung nach Brasilien vcllegm, oder sich gefallen lassen, daß sie auf gut Glück ihre natürlichen Kräfte zu entwickeln und in Thaugkcit zu sctzcn suchten, weil ein so entftrnter Zepter wcdec sein Ansehn unter ihnen behaupten, noch Furcht einflößen könne. Es schicn als ob sie sich sehr angelegentlich nach dcn Forts schritten der Französischen Staatsumandciung erlundig-l ten: vielleicht aus Ahndung daß ein ähnliches Ereignis bey ihnen selbst möglich sty. Jedoch hatte damals noch nicht die Zeitung von dcn blutigen Graucln, welche in dcr Folge dort ausbrachcn, aus jedem fühlenden Herzen alle Neigung, ihr Beyspiel nachzuahmen, verscheucht. Als die Spanier 1761 in Portugal! einfielen, war der Marquis von Pombal in ganzem Ernste Willens den das sigcn Hof nach Brasilien zu verlegen: man rechnete bei reits aus, wie viel Schiffe erforderlich seyn würden, die Königliche Familie, den Hosstaat und die dazu gehörige Dienerschaft über das Atlantische Meer zn bringen, ja man traf schon die nöthigen Anstalten. Aber dieser Plan wurde bey Seite gesetzt sobald die Gefahr verschwunden war Gegend von Rio de Janeiro. «93 war, in der man ihn entworfen l>atte; und Brasilien wurde nach wie vor als eine Pflanzung angesehen, die les diglich dazu bestimmt sey, das Mutterland zu bereichern. Alle von Lissabon uni.' Oporio nach R>o de Ianeiw eingeführte Gnttr mußten dcn dortigen Kronbeamt n , zwölf pro Cent von ihrem Wcnhe eüMchleü. V"'l den Brasilischen Waaren wurden hanplsachlicl) folgende Zolle in Lissabon erlegt: eiu pro Cent vom Gold, acht p. C. Vom Cassce, zehn p. C. vom Zucker, Reis und Hauten, zwölf p. C. vom Indig, siebzehn p. C. von Bohlen, und von einer Pipe Rnm, jede zu ein hundert und achtzig Engl. Gallons gerechnet, hatte man vkr Spcciesthaler zn bezahlen. Fcnlambukholzund große Plcmkcn zum Schiffe bau, sah die Krone als lhr ausschließliches Eigenthum an. Von allem aus den Bergwerke n zu Tage geforderte» Golde, erhob die Regierung ein Fünftel, und wenn von ungcfehr in einem Goldbcrgwcrke Diamanten gebrochen wurden, so untersagte man sogleich die wcicerc Bearbeit tung desselben, weil sich die Krone aller Diamantgruben ausschließlich bemächtigte. Obgleich schon viele Manufakturen hier crrkhtct wairn, so wa,f ihnen doch die Res gierung, wie man wollte, alle mögliche Hindernisse in den Weg. Die Denkart der Leute hatte sich dort dermaßen geändert, daß einige Portugiesische Edelleute cs lucht uns ler ihrer Würde hielten, sich mit dicsen Manufakturen abzugeben. Ein gewisser Herr voll beträchtlichem 5wnge Crsier Vand. ^ ly4 Fahrt durch die Liule. hatte seit Kurzem nicht weit von Rio weitlauftige Ge< baude errichten lassen, allwo sechzig Sclaven beschäftigt waren, Reis zum Gebrauch zu bereiten. Er war in Kriegsdiensten gewesen, konnte aber unmöglich mit innigerm Vergnügen die abgemessenen Schwenkungen seiner Soldaten bey der Musterung gezeigt haben, als er jetzt cmpfins det, wenn er Fremden die Mühlen weißt, mittelst welcher cr dic Reiskörner von der sie zunächst einschließenden Hülse absondert. Mein man bemerkte nichts besondres weiter bey seinem Verfahren, als daß er Kiesclsand dazu ncchm, dessen feine scharfe Ecken große Dienste dabey thaten; worauf man. den Reis sehr leicht vom Sande in Sieben läuterte, deren Oefnungcn zwar weit gcnung für den Sandi aber zu klein für die Reiskörner waren. Dieser Cavalier licsi seinen ältesten Sohn Kaufmann werden, weil der Handel mit der Zeit in Brasilien wahrscheinlich die wichtigste Rolle spielen würde; und man schien ihm diesen Plan für seinen Sohn gar nicht zu verargen. Der Verkehr fieng bereits an sich der vcrschiednen Hindernisse zu entledigen, die ihm von der alten Welt her in den Weg geworfen wurden, und sogar Handwerke begannen hie^ getrieben zu werden. Man hatte den Einwohnern von Rio, vor nicht lan-gcr Zeit, sogar verboten das Gold ihrer eignen Bergwerke verarbeiten zu lassen, und die Werkzeuge der Goldschmiede waren vou der starken Hand der wilikührlichen Gewalt gerichtlich weggenommen worden. Aber ungeachtet de? Gegend von Rio de Janeiro. i«?s Monopolen, Verbote und schweren Abgaben, betrugen sich, wie man behaupten wollte, die ganzen Einkünfte von Brasil'en noch nicht auf eine Million Sterling, wovon die Rcgicrunqs^sten der Provinz etwa ein Dattel weg-nehme,«. Die Auflagen waren den Leuten überaus lastig, besonders denen, die weiter ins Land hinein wohnten, wo die Geleite und Zolle den Preis von allem so übermaßig hinauf trieben, daß zum Beyspiel eine Flasche Oporlo, wein drey Reichsthaler zu sichen kam, ehe man sie trinken konnte. Das anfwachendc Kraftgefühl des Volks, welches sich sträubend unter die ihm vom Muttcrlande aufgebürs detcn Lasten beugt, spornte die Brasilicr unlängst zu einer Verschwörung in Minas Geracs an, welche eben so merk/ würdig isi, als sie furchtbar war, indem einige von den ersten weltlichen und geistlichen Dienern des Staats daran Theil nahmen. Es ist gewiß daß die Portugiesischen Truppen von dieser Zeit an selten wieder zurück berufen worden, und daß man nach der Hand alle Kronbeamten ausgenommen den Vicckönig, lebenslänglich in ihren Stel< lcn gelassen hat. Obschon diese Leute gemeiniglich ge-bohrne Portugiesen waren, so verschmolz doch die bishc« rige Hcimathsliebe bey ihnen bald in einer Zuneigung ge-gen das Land, wo sie sehr wahrscheinlich dcn Nest ihrer Tage hinzubringen vermuthen konnten; und sie gcriethen manchmal in Versuchung, mehr auf ihren eigenen Vortheil,, als an das Beste ihrer Obern zn denken. Diesmal «9s Fahrt durch die Linie. kam man hinter ihre Anschlage als cs noch Zeit war den dadurch erzielten traurigen Folgen vorzubcugen; es mußte aber eine ziemliche Anzahl Truppen nach den innern Pro, Hinzen gesandt werden, um dort Ruhe zu halten. Auch ließ man aus Staatskwghcit und Schonung nur einen einzigen der Verschworn«« am Leben büßen. Die übrigen wurden nach der Küste von Africa auf die Portugiesischen Niederlassungen Landes, verwiesen. Allein wiewohl die Portugiesen Mühe haben dürsten, ihre Amerikanischen Pfianzörter gegen inländische Feinde zu sichern; so schienen sie doch ernstlich darauf bedacht gewesen zu seyn, alle Gewalt von außen her abzuwehren. Ucdcr Rio bemerkte der Hauptmann Parisch, „daß, da Portugal! vcrhaltnißmäßig nur eine geringe See- und Landmacht unterhielte/ es unmöglich im Stande seyn würde, eine Verstärkung nach dieser entfernten Nied.rlassung zu senden, wenn es einmal mit Europäischen Feinden in Krieg verwickelt wäre, weswegen sich Rw in beständigem Verthcidigungszustandc halttn müßte, ohne aus weitere Hülfe Rechnung zu machen. Hierzu würden vielleicht die besten Vcstungswcrke unzulänglich seyn; denn wenn der Ort auch noch so gut mit Mannschaft, Kriegsvorräthen und Lebenswitteln versehen wäre, so stunde doch nicht zu erwarten, daß er sich gegen die geschickte Belagerung einer angemessenen Macht über ein paar Wochen würde halten können. Vermuthlich haben die Portugiesen des, wegen hierkeinWerk vongroßn'Bedeutung augclcgt. Der Gegend von Nio de Janeiro. ,?7 Drt wird von verschiedenen kleinen Vcsten und Batterien vertheidigt, welche zwar von einander entfernt liegen, aber so vertheilt sind, daß sie einem Feinde viel Hindernisse in den Weg legen würden, sowohl wenn er in den Hasen einlaufen, als auch nachgchends wenn cr das Ufer angreifen wollte. Gesetzt aber, bcydcs gelänge ihm, so ist die Landmacht hier so beträchtlich, daß sie sich auf einem vorthcilhaften Staudorte dem Feinde sogar im Felde wie versetzen könnte. Diese Landmacht besieht aus zwey Schwadronen Cavallerie, zwey Ncgimentcrn Artillerie, sechs Regimentern Infanterie, zwey Batallioneu wohlab-gerichteter Miliz und übcr zwey hundert cxercirten fteyen Negern, welche zusammen wenigstens zehn tauscnd Mann ausmachen, ohne eine sehr zahlreiche, aber undisc.plinirte, und nur verzeichnete Miliz zu rechnen, welche sich meis sicntheils in der Stadt und der umliegenden Gegend aufhält. Der Einlanf in den Hafen, welcher kaum von einem Vorlande queer über zum andern, eine Englische Meile breit ist, kann auf jeder Seite vom groben Geschütz bestri, chen werden. Auch würden Schisse, wahrend sie aufs Land feuern, dic.Deining, welche durch die von der Hai fenmünbe quer übcr laufende B'r am Herzen lag den noch so cutferntcn O'.'t ftincr Bestimmung zu erreichen, so kehrte er an Bord zurück, ehe noch die Scl'issc alles, was zur Weiterreise erforderlich war, eingenommen hatten; ins dessen brachte der Portugiesische Schaffner nun das Ve-stellte eiliqsi zusammen. Um sich am Vorgebürge der guten Hoffnung nicht aufhalten zu dürfen, versah man sich mit einem genügsamen Vorrathe von Holz, Wasser und Nahrungsmitteln, so daß beide Schisse, ohne große Verzögerung und Umwege ihre Rcise nach dem Chinesischen Meere fortsetzen konnten. Sie lichteten die Anker am i/ten December 1792. Wenn Schiffe von Rio de Janeiro abgehen, so versuchen sie cs selten sich gegen den Seewind aus dem Ha-fcn heraus zu arbeiten, sondern warten bis sie den Landwind des.Morgens im Rücken haben, wo sich auch zu gleicher Zeit der Hafen der Gewässer entledigt, die der Seewlnd in der Nacht hineingetrieben hat. Dieser Nück-sius, welcher öfters gewaltsamer als der Wind ist, nimmt stincn Lauf längst den Buchten der östlichen Küste Gegend von Rio dc Janeiro. 201 und strömt sodann auf die Laudspitzc von Santa Crutz zu. Das Kriegsschiff gericth in den rctsscndsten Thcil dieses Stroms, war auf dem geraden Wege nach dem Felsen zu und würde in kurzem, bcy mwerandertcr Richtung, darauf los geraunt seyn. Das Schrecken verbreitete sich sogleich unter die, welche am bchen zu beurtheilen im Stande waren in was für augenscheinlicher Gcfahr man sich befand und einem Offizier entfielen sogar die Worte: ,-Me Chinafahrt!« Diejenigen welche mit innig-sicr Sehnsucht auf dcn Erfolg derselben harretcn, wie dies unlaugbar der Fall bcy den meisten Mitgcfährten der Nclst war, konnte kein Anblick tiefer zu Boden schla/ gen, als der, welcher sich ihnen jetzt darbot und kein Llusgang sie mit mehr Bangigkeit erfüllen, als der, den sie nun erwarten mußten. Das Schiff näherte sich dem Felsen mit so starken Schritten, daß es bereits in den Wellen war, welche von demselben abprallten, als glück, lichcrweise der herabgelassene Anker faßte und es rettete; worauf es mit Booten herauFgcwerpt wurde. Das Bley Wurde nicht, weit vom Felsen ausgeworfen und da man ihn beynahe senkrecht fand, so hatte die Schiffsseite da-ran stoßen mögen, ohne daß der Kiel im mindesten den Gmnd berührt haben würde. 203 Fahrt »ach dem Atlant, u. Indis. Meer. Sechstes Capitel. Fahrt nach dem südlichen Theile des Atlantischen und des Indischen Mee. rcs. Ansicht der Insel Tristan dA- cunha im ersteren, und der Inseln St. Paul u n d A m- sterdamtmleztcren. ks ist in einem der vorigen Capitel bemerkt wo« den, daß der Wind/ welcher wegen seiner Veränderlich-keit in Europäischen Himmelsstrichen zuweilen von uns genannt wird, wenn wir Unbeständigkeit andeuten wol? len, diese Eigenschaft zwischen den Wendezirkeln oder in der Nahe davon verliere. Die dort unverrüctte Bes wcgung des Dunstkreises und das state Streben dessels ben von Morgen nach Abend, wodurch die Reisen nach der lcztcrn Weltgegend zn so beschleunigt und zuvcrläßig gemacht werden, sind ein sehr ernsthaftes Hindernis, wenn man auf dem nehmlichen Wege wieder zurück-kehren will. Die Wahrnehmung eben dieser einförmigen Windstrome war es, welche das Schiffsoolk des Columbus so sehr mit Furcht erfüllte als er sich auf der Cnts deckungsfahrt nach dcr westlichen Welt befand. Es schaus dcrte sie bey dem Gedanken, daß dieser Wind, ungc- Fahrt nach dem Atlant, u. Iudis. Meer. 305 achtet er den jetzige» Absichten ihres Befehlshabers so günstig war, sie verhindern tonnte il>r Vaterland wieder zu bctretten, und sle entMeten sich dergestalt gegen ihn, daß cs seiner ganzen Seelenstarke und aller Anstrengung seines erfindungsreichen Kopfes bedürfte um die schrcckli-chen Folgen ihrer Wuth zu verhüten. Als er zurückkam fand er, cs würdc besser gethan ftyn, nicht mehr in dem nehmlichen Fahrwasser mit der Gewalt des Windes zu kämpfen, der ihm bey seiner Heimfahrt nach Europa stets widrig gewesen war, sondern beynahe anf demselben Meridiane von der Linie an fort zu segeln, bis er wiederum die Breiten der veränderlichen Winde erreichen könnte, die ihm bald hier bald da günstig seyn und ihll in den Hafen zurückführen würden, aus welchem er zu Anfange abgegangen war. Man lhut dies nun seit jener Zeit auf den meisten Seefahrten nach Morgen zu. In der Nahe von Südamerika zeigt sich öfters ein Grad voll dem Einflüsse des fcsicn Landes auf die gewöhnliche Richtung der Passatwiude, welches man schon bey Nio aber noch weit deutlicher inne wird, je weiter man sich von der Lmie entfernt: daher liefen die beiden Gesandts schciftsschisse von hieraus nach Mittag zu bis sie in dm sieben und dreyßigsten Grad südlicher Breite kamen, wo die Abendwinde fast Jahraus Jahrein herrschen und eins gerade Fahrt nach Asien begünstigen. In dieser Eutscr/ nung von der Linie werden dic Winde oft eben so siü" misch als sie veränderlich sind. Um die Übeln Zolgcu «04 Fahrt nach dem Atlant, u. Mis. Mcer. davon abzuwehren, bcnnchtte man sich beyde Schiffe wahrend ihres Aufenthalts im Haftn von R-o mit möglichster Sorgfalt und allen bisher erprobten Vcrwahrungs-mitteln wider das erwartete Unwetter zu sichern, besonders da es zn einigen dieser Vorkehrungen auf der hohen See nicht mehr Zeit gewesen seyn würde. Es ist aus) gemacht/ daß wenige Unglücksfalle, die sich auf diesem Elemente zutragen schlechterdings unvermeidlich sind. Mehrmals gefährden sich Schiffe aufs Meer, welche aus Nachlaßigkeit oder waglicher Ersparnis mit den ersten Be-dürfnisscn schlecht versehen sind, als ob sie nicht auf Oceane gefaßt scyn müßten, und können daher nie frey von Todesangst scyn, so oft sie von stürmischem.Wetter überfM'N werden. I.'der Theil des Orlogschiffes wurde sorgfaltig un, tersucht und auch der mindeste auf der bisherigen Reise erlittene Schaden wahlhaft ausgebessert. An beyden Ausscnseltcn des Schiffs sind viele Seile, die man das sichende Tauwerk nennt von dem Rumpfe bis an die Masten straff hinauf gespannt und halten selbige nicht nur fest in ihrem Platze, sondern dienen nuch den Matrosen zu Strickleitern, mittelst welcher sie die Masten ersteigen: da diese in heißen Himmelsstrichen leicht schlaff werden ; so machte man nun cntwcdor neue auf oder zog die vorhandenen wieder prall. Einige schadhaft scheinende Masten wurden gegen nttic umgetauscht und andre mit Brettern befestigt, um die man Taue wand. Die abge? Fahrt nach dem Atlant, u. Mis Mcer. 225 nutzten dünnen Scgcl, welche den gewaltsamen Windstößen nicht langer widerstehen konnten und ins künftige blos zu schönem ruhigem Wetter taugten, wurde dafür aufgehoben und durch ungebrauchtes Segeltuch ersitzt. Diese Vorsorge war keinesweges unnütz, da die plötzlichen Sturmwinde, denen man auf dem nächstfolgenden Theile der Reise ausgesetzt war, nun nicht so großen Schaden thun konnten, als ohne dieß vermuthlich geschehen scyll würde. Im Gefolge des Gesandten befanden sich einige/ die schon vorher seekrank gewesen und von so besondrer Leis besbeschaffenheit waren, daß sie sich durch die Lange der Zeit noch nicht an die See gewöhnt hatten, weswegen auch jetzt ihre Uebelkeit wieder anfieng, als daß Schiff, wahrend der grossen Stürme, heftig von den Wellen hin und her geschleudert wurde. Einer davon, welcher selbst Arzt war und schon bey andern bemerkt hatte, unter was für Umständen sich die Seekrankheit zu zeigen pflegt, nahm an sich selbst verschiedenes so ungewöhnliches wahr, daß er es nicht für ganz unwichtig hielt seine Lage zu beschreiben. «Zuerst wurde ihm übcl, sagteer, „und beym Ucbergcben mußte cr alles wieder von sich würgen waS er genossen; sodann brach er grüne und gelbe Galle aus, worauf eine dicke, zähe, geschmacklose Feuclttigkcit folgte, die er für Magensaft hielt, und endlich dickes Geblüte. Ehe das letztere kam war es ihm als ob sich der Magen zusammendrchete, wodurch wie er glaubte, das Blut 3o6 Fahrt nach dcm Atlant, u. Indis. Meer. hcrausgeprcßt wurde. Ware das Blut aus der Lunge gekommen, dacht' er; so müßte es schaumig gewesen seyn. Er fühlte beständigen Eckel, seine Speicheldrüsen schwollen auf und der Speichel wurde dick und bösartig. Nun war ihm alles gleichgültig, Vergangenheit, Zukunft und sogar sein Leben. Sehnsucht und Hofnung waren beyde in seiner Brust erloschen. Sein Kopf war wüste und schien ihm wund zu seyn; es bauchte ihn als ob sich die in einander greifenden Fugen desselben getrennt hatten, und dl-r Kopf that ihm weh. Bald hatte er heftige Hitze; bald zitterte er vor Kalte. Er wähnte die wundförmige Bewegung der Gedärme hatte sich geradezu umgekehrt und ßienge aus den Eingeweiden nach dem Munde zu. Was er hinunter schluckte, mußte er wieder von sich geben , ohne dasi es im Magen verändert worden. Es er? regte ihm Eckel, wenn man nur der Nahrung , gleichviel ob ftstcr oder flüssiger, erwähnte." Ein andrer vom Gefolge fühlte es ebenfalls noch, obgleich nicht so sehr, wenn sich das Schiff heftig bewegte. Die übrigen hielten die Reise nicht nur gut aus, sondcrn waren auch gesund und wohl auf. Keine Sorge nagte fetzt an ihrer Seele und der Gegenstand ihrer Wünsche, dem sie sich taglich mehr näherten, bcschästigfe ihre Einbildungskraft. Man fand bald auf dem Schisse, daß der eniz'gc Ausweg der langen Weile zu entgehen, welche manchmal die Secret ftnden ans Mangel an Beschäftigung überfallt, wäre, sich ein gewisses Tagewerk vorzunehmen, womit man Fahrt nach dem Atlant, u. Mis. Meer. 207 alle seine müssigc Zeit ausfüllen könnte. Der jüngste unter ihnen folgte dem Beyspiele der Cadcttcn und beeifcrte sich alle Masten, Raaen, Segel und Stricke, welche zum Schisse gchörten, ingleichen die Kunst dasselbe zu regieren, «nd oie Theorie der Schiffahrt kennen zulernen. Er suchte auch mir einigen andern der Gcsandschaft von den Cyincsischen Dolmetschern etwas Unterricht in dcr Sprache des Landes zu erhalten, das man nun bald zu erreichen hoffte. Die übrigen schöpften giößtcntheils Unterricht und Vergnügen aus Büchern, wovon dcr Ge-sandrc,. der Ca^itan und noch ein anderer c.'ne ziemliche Allzahl mi: aufv Schiff genommen hatten. Die mcisic« Aust!,'nc.l:ckc dcr Erholung nnuden arf dcm Verdecke l>mj(bracht, wo jeder mit cöen dcm Ansiande und der Förmlichkeit, wie auf eincm öffentlichen Spatz.crgange, erschau. Auf Kriegsschiffen ist der Rang eines jcden, dcr dazu gchörr, durch bestimmte Auszeichnungen abgemessen und dlc schuldige Folgsamkeit gegen Obere wird unablaßig beobachtet. Man halt immer dic Scite des Verdecks, welche dcr Wmd zunächst trifft für die ehrenvollere und sie kommt daher blos dem Capitane, welcher unumschränkt tcr Herr auf dem Schiffe ist, seinen Lieutenants, dcm sogenannten Meister, dem Wundarzte, dcm Proviantis rcr, und den Kajütenpassagicren zu. Die Lenseite gegenüber ist dcn-Schissscadetten, den Gehülfen des Meisters, den Gesellen des Wundarztes und einigen andern Subals 2^z Fahrt uach dcm Atlant, u. Illdis. 3)?ecr. ternenossizicrcn eingeräumt; aber die Bark und das zweyte .Deck ist dem übrigen Schisssvolle angewiesen. T ie Instrumentalmusik des Gesandten, alles auserlesene Spieler, zn denen sich mit unter Liebhaber geselln n, wurden gewöhnlich des Abends/ so oft es heiter war, auf das Verdeck gerufen und ergötzten dort eine zahlreiche Gesellschaft fast eben so ungestört wie in einem Concert-saalc auf dcm Lande. Beym Drehen der Segel und beym Steuern horte man wenig Geräusch und schr selten das Fluchen, welches man vordem für nöthig erachtete, um sich Gehorsam zu verschaffen. Die Schiffe segelten mit einem günstigen Westwinde, den man erwartet hatte, einige Tage lang im sieben und dreißigsten Grade südlicherPrcite hin. Am zistcnDcccm-bcr 1792 bekam man die Inseln zn Gesichte deren grösie Tristan d'Acunha, und die andern Nachiigallinsel und Inacco3ä!blL heisscn. Letztere oder ,2die uilzugangliche. Insel scheint nach des Ritter E. Gowers Bemerkung, den Nahmen mit dcr That zu habcn, denn es ist eme hohe abgestumpfte, mid vermuthlich wüste Ebene, die neun Meilen im Umkreis" hat und mit Nichten einladend aussieht. An der Südseite steht ein hoher, davon abges sondcrter Fels. Eie liegt in 37° ic/ S.B. und n" 50/ Lange W. von Greenwich. Man sieht dici'cs öde Eyland an )ySeemeilen weit. DieNacht galliuscl i,t regellos gestaltet und hat eine Vertiefung in der Mitte. Sie mag Fahrt nach dem Atlant, u. Mis. Meer. 2^ mag etwa sic^n bis acht Meilen im Umkreise h^.ben und am süd!ic'»en Ende sicht mal« kleine sclsigte Inftln. Man soll an der N. O. Seite ankern könn,«. Sie lle^f !i: ?7" 29^ S. B. und 11° 48' Lauge W- vonKrcerwi^. Ma,l kaun sic lnynahe 2. C l cmcile)i w.ir sehen. Die crbcbj lichsie von diesen 5^i^lu, welche v^rbaltlll'ßmaß g die grosie Inscl Tristan d'Acunha gcuanut der noch nnhr betragen mag. Dann fanqt sie an platt zu wcrdcn und bildet Tafelland, wie es die Seeleute heißen , welches sich gegen die Nttie der Inscl hin auebreitet, von wo ein kegelfö»mia.crPerg emporlieigt der bcynahe wie dcr Pico von Teneriffa von der Bucht bey Santa Crutz aussieht. Es wurden Boote ausgeschickt, um zu lothen und zu untersuchen, wo man am User bequem landen und Wasser einnehmen könnte. Sos bald sie gemeldet hatten wie es damit bcwandt sey, sc-gclte der Löwe auf die Inscl zu und ankette des Abends an der Nordseite in einer Tieft von dreyßig Faden, eine Meile vom Ufcr. Der Grund besteht aus schwarzem Sande und Latten. Nicht weit von der westlichen Land-spitze gegen S. W. gen S. ist ein kleiner Fels, just vor der Westseite der Insel und S. gcn O- ist rin Wassersall, Erster Band. O 2iQ Fahrt nach dem Atlant, und Indts. Mcee. der aufs Gestade stürzt. Von der südlichen Spitze bis an die östliche Seite ist das Ufer steil/ aber ohne Gefahr für Schiffe, ausgenommen an der westlichen Spitze, wo beynahe fünfhundert Ruthen vom Ufer Brandungen sind. Als das Kriegsschiff vor Anker lag wmde es von der dunkeln Masse an dcm Theile dcr Inftl überschattet, welcher wie eine bemooste Mauer gerade ans dcr See empor zu steigen schien. Die rechte Seile erhob sich nicht so unmittelbar/ sondern zwischen der See und dem Ab-hange war eine ziemlich weite Niederung mit Riedgras und anderem Gestaude überwachsen: diese sah wegen ihres Grüns vom Schiffe her wie eine anmuthige Wiese aus, auf die ein Giesbach fiel/ der nachher von dort aufs Gestade herab strömte. Die ans Ufer gesandten Offiziere sagten / daß man die Wasscrlieger vermöge eines langen Schlauches füllen könnte/ ohne sie aus den Voo? ten zu nehmen, Sie berichtete auch/ daß man dort bes quemer und sichrer landen könnte/ als an den andern Orten, die sie gesehen halten. Von der Flache erhob sich die Insel allmahlig in Absätzen, die mit Bäumchen bewachsen waren / bis auf den Bcrg in der Mitte. An der Küste waren eine Menge Seelöwcn/ Robben, Pinguins und Albatrosse. Elner der letzter» wurde an Bord gebracht und war von einem Ende der ausgebreiteten Flügel bis zum andern zehn Schuh lang/ aber man wollte noch viel grössere gefunden haben. Die Küste war auch mit einem breiten, etliche Faden langen Mcergrast be- Fahrt nach dem Atlant, u. Indls. Meer. 211 wachsen, welches bey den Naturforschern mitRccht tueuz xi^nteuz heißt. Man fieng verschiedene gutzchmeckende Fische mit Angeln. «Da es sich zutrug, daß ein plötzlicher Windfall den Anker in kurzer Zeit vom Grunde, wo cr gefaßt hatte, abzog und das Schiff in die weite See hinein trlcb, ft mußte mcm auf die beabsichtigte Durchsuchung der Insel Verzicht thun. Hatte das Orlogschiss nicht m dreyßig sondern in zwanzig Faden geankert, so würde der Anker wahrscheinlich fest am Boden gehalten haben. Iwl dessen war man doch nicht ganz vergebens Hieher gekom< men. Mit Hülfe sogenannter Zeithaltender Uhren bei stimmte mau gcnau die geographische Lange, welche ungcs fahr zwey^rade mehr ostwärts ist, als man sie in den Charten bestllnmt findet, welche uach altcrn Beobachtung gen und zu einer Zeit gemacht wurden, wo die dazu ers forderlichen Werkzeuge minder vollkommen waren wie anjetzo. Aus genauen Mittagsobstrvationen mit Z^leh-ung richtiger Zeithalter ergab sich, daß der Ankerplatz des Löwen in 37° ü^ S. B. uud 11° 43' Lange, W. vo« Greenwich ausgerechnet, war; man fand sieben Grad Nordwestering. Fahreuhcit's Tbcrmomettr staud auf 67°. Es war auch von Netzen nun mit Zuverläßigkcit bestimmt zuhaben, daß Sck'ffe hier sicher ankern und sich mit sehr gutem Wasser verschen könnten. Ueberhaupt verdienen diese Inseln sicherlich eiue genauere Ulltcrsuchung wcil sie nicht völlig 150 Seemeikn von der ordentliche« 21? Fahrt «ach dem Atlant, u. Mis. Meer. Fahrt der nach China oder nach der Küste von Coroman-vel bestimmten Schiffe liegen. In Kriegszeiten könnten sie den Fahrzeugen, die weiter nichts als Wasser vonnö? then hatten, vortrcfiich zum einverstandenen Orte dienen. Wenn Falle vorkommen, die ausserordentliche Beschleunigung erfordern, so kann n:an füglich aus Engs land nach Tristan d'Acunha segeln, ohne unterwegs ans zuhalten, und nachher die Reise bis nach Indien oder China fortsetzen.« Diese Inseln sind gegen Norden und Westen beynahe 1522 engl. Meilen vom Lande abgelegen und befinden sich in dem Theile der südlichen Halbkugel, in dessen Nähe man ehedem ein festes Land, wegen des vorausgesetzten gleichen Verhältnisses der mittäglichen zu der landerreichen nördlichen Hemisphäre, zu entdecken erwarb tet hatte, welche Hofmmg gleichwohl durch den Ausgang ist vereitelt worden. Wie weit sich aber der Grund, auf welchem diese Inseln ruhen, unter der Meeresftache erstrecken, und ob er nicht etwa den Mangel des Landes über derselben ersetzen mag, laßt sich nicht bestimmen. Im Osten derselben und fast in der nehmlichen Breite findet man, nach dem Zeugnisse der Seefahrer, noch andre kleine Inseln, als Gough, Alvarez und die Mar-souincn; dcsgleichcn auch große Untiefen, die von Afrika's südlichster Landesspitze gerade nach Mittag zu liegen und sich verschiedene Grade nach Morgen ausdehnen. Daß dilst alle mit einander eine Gebirgskette bilden, Fahrt nach dcm Atlant, u. Indis. Meer. 213 welche theils über theils unter dem Wasser isi, aber aus zusammenhangenden Wurzeln emporsteigt, wird man vielleicht weniger unwahrscheinlich finden/ als die Behauptung, daß sie sich, gleich großen Pfeilern, aus der unergründlichen Tiefe erhöben. Der Geist der Unternehmung hat bekanntlich schon zweymal sein Augenmerk auf Tristan d'Acunha gerichtet um hier eine Niederlassung anzulegen; aber bis jetzt ist noch nichts zu Stande gekommen. Einmal hatte man vor es zum Stapelplatzc der leichten Manufakturwaaren aus Hindosian zu machen, die sich für heiße Himmelsstriche schicken mid sie gegen das Silber der Spanischen Pflanzungen in Südamerika umzutauschen, da die Insel eine bequeme Lage zwischen beiden Oertcrn hat. Nach dcm andern Entwürfe glaubte man, Tristan wäre, wegen seiner Lage, zum Trocknen und Zurichtcn der Felle von Scclöwen und Robben, geschickt; inglcichen zur Gewinnung dcs Wallraths von den weissen oder langnasigten Walisischen und endlich zur Reinigung des Fischbeins und zu der Siedung des Thrans von den schwarzen. Wallst-schc aller Art spielten hier herum, besonders vor Sonnenuntergang; man sah ihre ungeheuern Rachen zuweilen aus dcm Meere hervorkommen und durch eine Oefnung des Gehirnschcdcls ein Springwasser emporsprudcln. Einmal glichen ihre gekrümmten unförmlichen Rücken den Felsen mitten in der See; dann breiteten sie wiederum ihre Schweife wie Fächer aus und klappten dieselben auf die «14 Fahrt nach dcm Atlant, u. Indis. Meer. Mecresflache. Auch der Schwcrdtfiscl) licß sich sehend und man achtete auf dicse Gegenstande um so viel mehr da sonst wcnig andere Sachen den Auftritt veränderten. Ausser einer Spanischen Brigantine, welche nach dem Flußc ä(,> lll pinta bestimmt war begegnete man keinem Schiff weiter zwischen Rio und Tristan d'Acunha. Am simf-cn Jänner 1793 durchsegelte das Kriegsschiff den Mittagskreis von London, war aber an neunzig Grade der Breite von dieser Hauptstadt entfernt und um 6255 E. Meilen dcm Antarktischen Zirkel und dem Südpole naher als dieselbe. Der Ritter E. Gower bel nierkte, „wahrend der ganzen Fahrt von Rio aus und auch noch weiter nach Osten zu bis vier Grade vom Vor-Debinge der guten Hoffnung, das bestandige Treiben eines Stromgaligcs nach S. O. zu, welches sich aus Soniten - und Mondobscrvationen, mit Zuziehung sogc-nannter Icityaltender Uhren, ergab. Beym Umsegeln des Caps hielten sich die Schiffe 270 Seemeilen davon. Drey Grade von selbigem nach Westen und eben so viele nach Osten zu trieb ein starker Stromgang gegen Abend» 3lls sie dem Cap gerade gegen über waren, steuerten sie südlicher, um die Breite 40° S. zu erreichen, und den Untiefen, die in Dalrymple's Charten in 38° S. B. sie-hcn und sich in unterbrochenen Banken bis zu 25° östlich vom Cap ausbreit'll, zu entgehen: auch sollen einige Inseln in dem Fahrwasser der Botany,'Bay- nicht weit pon der Segelstrasse nach China sey»/ welche sie eben? Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. 215 falls vorbey schissen wollten Als sie 6ao Seemeilen von den Inseln Ct. Paul u,id Amsterdam im Indischen Meere waren, kehrten sie auf 38° 4a' S. B. zurück und beharrtcn in dieser Breite bis die genannten Inseln zum Vorscheine kamen, welches am isten Febr. 179; gcschüh. « Von Tristan d'Acunha aus sah man Vögel und Fische in Menge und Wallsische beynahe alle Tage. Als man bis zum 41° S. B. vorgedrungen war, kam der Wmd bald aus N. W. bald aus S. W. U'ld zwar heftig; ersterer bringt Nebel und Regen und lcyterer helles kaltes Wetter. Aus dieser Fahrt entstand nur einmal ein hcsti/ ger Sturm, als man östlich von Mada>;asc.:r war. Er sieng in N. O. an, hörte in S W. auf und blies start aus jeder Gegend. Die Eee schwoll ungemcin auf und das Schiff wurde so sehr umher geworfen, daß oft der Schanddeckcl und ein Theil der Schanze unter Wasser waren und die Masten mit dem Horizonte einen Winkel von ungefähr 50 Graden machten. Auch bemerkte man diese ganze Fahrt über eine große Deining von S. W. her, mehrentheils ohne die Ursache davon angeben zu können. Sobald die Schisse etwa 9a Seemeilen von den Inseln St. Paul und Amsterdam waren, sah man mehrere Robben und Pinguins und bemerkte auf der See Ebben, Flnthcn und Stromgange. Als man eines Tages durch Observation zwanzig Meilen Nordcring fand, wurde des Abends ein Boot ausgeschickt, um zn nnter-suchcn, wie viel Ostering und Westering dazu kamen; 2,6 Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. abcr es kehrte mit der Nachricht zurück, daß ein Stromgang fast jeoe Stunde eine Meile gerade nach Süden z« presse, welches sich auch durch die nächste Mittagsbcob, achtung bestätigte. W^nn man Stromgange ausfindig machen will, schickt man ein Boot nicht welt vom Schiffe aus, und laßt einen schweren Körper, öfters ein eisernes Geschirr, ungefehr zwcy hundert Faden tief in die See herab, wo, durch die Stelle eines gewöhnlichen Ankers vertreten, und das Boot verhindert wird, sich fortzubewegen, da die Stromgange selben tiefer a'.s zehn Faden reichen. Jeder leichte aufs Meer geworfene Kölper, welcher dünn und platt genug ist, um vor der Einwirkung des Windes frey zu bkiden, muß nun, wenn er forttreibt, lediglich vom Stromgange bewegt werden, dessen Richtung und Gtt fchwindigkeit sich leicht bestimmen lassen. Die Witterung wurde nun gelinde und warm, wie es die Iahrszeit des Jänners mit sich brachte, welcher in dkser Halbkugel ein Theil des Sommers ist. Wer mehs renchcils auf der andern Seite des Aequators wohnt, nnm hier emige Begriffe von einander absondern, die er bisher zu verbinden Pflegte. So muß man hier Anmuth und Kräftigung aus dem May auf den December verleb gcn; und wer auf eine kalte unangenehme Gegend zeigen wllt, wendet sich gerade nach Mittag zu; Mitternacht Hins gcgen erweckt in ihm die Hofuung von Behaglichkeit und Wa>.me. Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. 2,7 Man sah dlc beyden Inseln St. Paul und Amsterdam m dcm nehmlichen Grade der Lange, aber eine etwa siebzehn Mcikll nördlicher als die andre. Die Hollandischen Seefahrer solkn die Nördliche Amsterdam und die Südliche St. Paul genannt haben, wie auch Capita« Cook that. Fast alle andre Englische Seefahrer, besonders Cox und Mortimer, kehren die Nahmen um, und nennen die südliche Amsterdam, die andre aber St. Paul. Die südliche, welcher der Löwe nun nahe war, ist zwar hoch, kann sich aber bey weiten nicht mit Tristan d'Acunha messen. Sie sah wüste und baumlccr aus. Rauch stieg an vielen Orten empor. Als sich das Schis dem Ufer näherte, sah man zwcy menschliche Gestalten auf dem Lande hin und her gehen, und damit sie bemerkt werden möchten, schwenkte eine derselben eine Stange mit daran gebundenem Schnupftuche, beyde aber liefen vorwärts auf der Höhe als ob sie gleichen Schritt mit dem segelnden Schiffe halten wollten. Man vermuthete daß sich diese beyden Leute aus einem Schiffbruche auf dieses öde Eylaud müßten geborgen haben, und ihre Lage gieng jedem so zu Herzen, daß man ihnen zu Gefallen hier angehalten haben würde, wenn man es auch nicht schon vorher be< schlössen gchabt hatte. Das Kriegsschiff schätzte sich glücklich, daß ihm hiermit eine Gelegenheit an die Hand gegeben würde, zwey Menschen aus dem jammervollen Zu/ stände zu retten, in welchem sie sich natürlich auf dieser verlaßnen Inscl befinden mußten. Und doch trug der Löwe, 2i5 Fahrt nach dem Atlant, u. Illdis. Meer. wie man aus dem folgenden ersehen wird, vermuthlich nur noch dazu bcy, ihre Zurückhaltung auf demselben zu verlängern. Es wurde sogleich ein Pl.'0t ausgeschickt, welches den besten Ankergrund ausfindig machen, und sie an Bord dringen sollte. Sobald das Boot vom Schisse abgestoßen war, sahe man die beyden Leute von der Höhe aufs User herab kommen, und sich anschicken, als wenn sie von dort auf das Boot zu schwimmeu wollten. Aber die Brandung war so gewaltsam, daß sowohl sie als die Leute mit dem Boote damals ihre anfersten Kräfte vergebens anwandten, um sich einander zu nähern. Immit-tclst schien man ohne Gefahr langst der Insel hinsegeln zu fönnen, ausgenommen an Ver N. N. O. Seite, von welcher ein niedriger Felsenriff ins Meer lauft, der theils über dem Wasser sichtbar ist, chcils sich durch das hrranf-kommende Seegras, welches auf dem Geklippe wachst, unterscheiden läßt; es erstreckt sich etwa eine halbe E. Meile weit. Als die Schisse der östlichen Seite der Insel gegenüber kamen, sahen sie einen ausnehmend grossen Einschnitt ins Ufcr, der einem Trichter oder umgekehrten Kegel glich, und sich in eine kleine Bucht oder ein Becken Wassers endigte, welches vermittelst einer engen und seichten Oeft nung mit der See zusammenhicng. Vor dieser Oefnung ankerte der Löwe in einer Tiefe von 25 Faden auf schwarz sandigt lettigtem Grunde, ungefehr eine Meile vom User. Da hier Boote ins Becken einlaufen konnten, st Fahrt nach dcm Atlant, u. Indis. Meer. ''lo war es sehr leicht ans Ufer zu gelangen. Die Hcrreu, welche vom Orlogschisse ans L>md gicngcn, wurden nicht nur von dcn beyden Leuten, die sie von weiten ersehen hatten, sonl>lln auch noch von zwey andern, die ihre G« scllschaftcr waren, empfangen. Ihr Aufseher, ein versian, diger, mitchcüsamer Franzose, Nahmens Perron, gab folt gende Nachricht. Ausser ihm selbst, sagt' er, waren noch zwey andere aus Frankreich gebürlig; die übrigen, bey^ des gcbohrne Ellglander, hatten er»? in der Vrittischen Seemacht Dienste gethan, sich aber darauf zu den Amn rikanern gewendet, und gemeiniglich von Boston aus die See befahren; sie kamen sämmtlich zunächst von Isle de France auf einem Schisse, das Amerikanern und Franzosen gemeinschaftlich zugchörte, und von weichem sie vor fünf Monaten auf dieser Insel zurückgelassen worden, um eine Schisssladung von 25,000 Seehundsfcllen zu same mcln, die in Canton Vertreib finden sollten; sie Höften die Anzahl ungefehr in Zeit von zehn Monaten zusammen zu bringen, da sie bereits an acht tausend besaßen; das Schiss sey zn Isle de France im Indischen Meere ausgerüstet worden, und sey nun nach Nutka Sund an der N. W. Küste von Amerika gegangen, um von dort Seee ' ottcrfelle nach China zu führen, und sodann die Seehunds fclle hier abzuholen, die gleichfalls in China verhandelt werden sollten; es gedachte auf dicse Art abwechselnd nach Nutka und der Insel Amsterdam zu segeln, so lange die Eigner ihre Rechnung dabey fänden« NO Fahrt nach dem Atlant, u. Iudis. Meer. Die Chinesen müssen sich besonders auf das Zurichten der Seehundftllc versichen, da sie die laugen ui.d star-kern Haare davon wegzunehmen wissen, und doch nicht nur das weichere Vließ darauf lassen, sondern auch die Haut darunter dünn und geschmeidig machen. Der Preis derselben in Canton war verschieden, und stieg von einem bis auf drey Specicsthalcr oder noch höher, nach Ge-maßheit ihrer Güte und der jedesmaligen Anzahl von Kaufern dieser Waare. Von dem Eifer zu schlicsscn, mit welchem sich so viele Personen in diesen Haudel eingelassen hatten, mußte er sich vermuthlich der Mühe verlohnen. Perron hatte nach Verhältniß seines Beytrags zum Capitale, einen Theil des gemeinschaftlichen Gewinns zu erwarten, aber die Leute unter ihm wurden nach ihrem Fleiße und ihrer Geschicklichkeit bezahlt. Denn wäre nicht beträchtlicher Vortheil dabey gewesen, was könnte wohl sonst Jemanden verleitet haben, fünfzehn Monate lang an einem so unergiebigen Orte zu verweilen, der ihs ,:^n durch ihre Beschäftigung nur noch ekelhafter wurde. Sie erschlugen die Robben wahrend sich selbige langst dem ganzen Gestade und rings um das besagte grosse Becken auf dem Gesteine sonnten. Da ihnen blos um die Fcllc zu thun war, so ließen sie die Aeser, langsam modernd, so häufig überall umher liegen, daß man kaum gehe», konnte, ohne darauf zu treten. Demnach zeigte jeder neue Schritt einen schcuslichen Anblick, und die Luft des Orts wurde von den Ausdünstungen verpestet. Während Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. 231 der Arbeit waren die Wohnplatze dieser Leute, und sie selbst an Körpern und Kleidern migcmein berauchert und beschmutzt. Es schien aber nicht daß sie ein besonderes Verlangen trügen, diesen Ort mit der ersten besten Gelegenheit zu verlassen, ehe sic ihr Vorhaben völlig zu Stande gebracht hätten, und cincr von ihnen, ein Engländer, war schon vormals einige Zeit aus gleicher Absicht hier gewesen. Daß zwey von dicsen Leuten Nothsignale aus den Höhen zu machen schienen, wodurch der Löwe so sehr um sie besorgt würd", geschah, weil ihnen ein solcher Anblick dazumal etwas r.nZewöhnliches war, und weil sie vielleicht, ohne sich die Erreichung eines besondern Zwecks dabey vorgesetzt zu haben, das Echiss zum Anhalten zu vermögen wünschten. Die Seehunde, mit deren Fellen der oberwahnte Handel getrieben wird, sind zur Sommerszeit hier weit zahlreicher als im Winter, wo sie in der Tiefe und unter dem Seegrase bleiben, welches sie vorder rauhen Witterung schützt. In den Sommermonaten kommen sie wohl zu achthundertcn und lausenden auf einmal ans Land, wo? von etwa hundert erlegt werden, weil fünf Leute etwa soviel in einem Tage abziehen und zum Trocknen anpflöcken können. Da es an Fässern gebricht, so machen sie nicht viel Thran von diesen feisten Thieren; nur die besten Stücken werden gesotten/ und das daraus gewonnene Oel dient ihnen anstatt der Butter. Der Robben welchen man auf der Insel Amsterdam findet, wird von Linne tz2l Fahrt nach dem Atlant, u. Indls. Meer. pkoca ui-üna genannt. Das Weibchen wiegt mehren-theils sicbenz'g bis hundert und zwanzig Pfund, und ist drey bis fünf Schuh lang, aber das Mannchen ist weit grösser. Ob sie gleich ordentlicherwcift nicht scheu sind, so springen sie dock manchmal ins Wasser sobald sich ih-ncn Ieii'.and naht: hingegen bleiben sie zuweilen unbe» sorgt auf ihrer Stelle, bellen, und richten sich drohend empor; gleichwohl ist ein einziger Knittclhicb hinreichend, ihnen den Garaus zu mähen. Von denen die ans User kommen sind die meisten Weibchen, so daß man immer über dreyßig von letzteren gegen ein Mannchen rechnet. Ob aber ein so anscheinendes Misvcrhaltnis der Geschlechter bey diesen Thieren wirklich von der Natur herrührt, oder ob die Männchen blos im Wasser bleiben, wahrend daß die Weibchen das User suchen, hat man bis jetzt noch durch keine auf dieser Insel gemachte Beobachtnngcn uns bezweifelt darthun können. Im Winter kriechen die See-löwcn (pkocae leonmae), von denen einige achtzehn Fuß lang sind, haufenweise aus dem Meere auf den steinernen Damm, und fangen erstaunlich an zu hcnlcn. Man kann sogar das dumpfe klägliche Gcstöhne dcr Seehunde ganz vernehmlich vom Ankerplätze hören, welcher e!ne Meile vom Ufer entfernt ist. Sowohl Seelöwen als Seehunde sollen sich hier in etwas zu verringern angefangen haben, seitdem so viele Schiffe nach den Fellen derselben hierhergekommen sind. Im Winter giebt es viele Wallfische an bieser Küste; aber im Sommer gehen sie hin wo es tie^ fer ist, und entfernen sich weiter vom Lande. Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Mecr. -23 Das Becken, an dessen Kante die Robbcnfanger eine ganz gemeine Hütte angelegt hatten, war beynahe cyför-mia, und an der Sceftite nur von öincm niedligen Ufer eingehegt, welches aus abgerundeten Steinen bcsiand, und sich durch eine seichte Ocfnung in der Mitte mit dem Meere verband. Dieser Zusammenfluß kann sich nicht seit langer Zeir gebildet haben, da Van Vlaming, ein Holländischer Seefahrer, welcher im I^hrc 16^)7 hier war, Nichts davon erwähnt, sondern sagt, daß der Stcindamm am Kesselrande ganz gewesen, und wenigstens fünf Fuß über das Meer gcragt have. Nahe bey diesem, jetzt durchgebrochenen Ctcinufer, erhebt sich d»e Insel rings um die Bucht bi6 auf cme Höhe, welche, trigonometrisch gemeft sen, wenigstens sieben hundert Fuß betragt/ und dabey so jäh ist, daß der Horizont damit einen Winkel von bey-nahe fünf und sechzig Graden bildct. Der längste Durchmesser der Wasserfläche in diesem Trichter war ccwa iiQQ Ruthen, und der kürzeste 352. Am Wasserrandc belies sich der Umfang fast auf 3000 Ruthen; der obere Umkreis des Dichters nuiß daher über vicrtehalblausend Ruthen betragen. Auf den stcll.n Eeiten desselben, nicht weit über dem Wasserrande und in besagtem E tcindamme sahe man vcr chiedene hcissc Quellen. Als man eine« Thermometer von Fahrenheit, welcher in der Luft auf 62 gestand.«, in einen dieser heissen Sprudel tauchte, stieg das Quecksilber sogleich auf ic/>; in einem andern auf 204; und bey einem tleincn Quelle, welcher aus einer 224 Fahrt nach dem Want. u. Indis. Meerv Kluft heroorrann, stieg es vor den» Vcrfiusse einer Minute, auf den Grad des kochenden Wassers. Aus verschiedenen Beobachtungen in mehrern Quellen ergab sich, daß der Mittelgrad von Hitze 212 war, wenn man die Kugcl des Thermometers an die Ocfnung hiclt, aus welcher das Wasser sprudelte: wenn sich dics aber in eine Art von Behälter an der Quelle gesammelt hatte; so bes fand man die Temperatur darin ungefehr 204 Grad. Im Kessel waren Schleyen, Bleyen und Barschen, und wenn man einige davon mit der Angcl in dcm kalten Wasser der Bucht gefangen hatte, so brauchte man sie nur mit der nehmlichen Bewegung des Arms in eine der heißen Quellen dabey zu thun, wo sie in fünfzehn Minuten gar kochten; uild wirklich bereiteten sich verschiedene Herren von beyden Schissen ein leckeres Mahl damit. Auf dem Damme war es sehr leicht zu dem hcisscn Wasser zu kom-men: man durfte nur da wo aufsteigender Dampf einen siedenden Quell bezeichnete, einige Steine wegnehmen. Vicle Stellen waren mit grossen üppigtreibenden Bectcn des Mooßes bedeckt, welches man unter den Nahmen niarcnantlÄ und I^copaälum kennt, uud sowohl aus dies sen, als aus mehreren Rissen des grossen Trichters, stieg ein ziemlicher Nauch empor. Man riß etwas Moos aus und fand heißen dünnen Letten darunttr, worein die Kugel des Thermometers gesteckt wurde: hierauf stieg das Quecksilber in der Röhre sogleich bis auf den Siedepunkt. Wenn man Fahrt nach dem Atlant. u< Indis. Meer. «25 man das Ohr an die Erde hielt/ so glich das was man hörte, genau dem Wallen von kochendem Wasser. An vielen Orten sah man Adern von verglaßtem Stoffe senkrecht von dem Rande des Wassers durch gewisse Substan-zen laufen/ welche zwar gebraunt, aber nicht geschmolzen waren, und der Fels enthielt hier und da verschiedene Stücken von schönem Zcolith. Wenn man von diesem Steilidammc über eine 200 Ruthen lange Flache geht, stoßt man auf einelf sonderbaren, grad aus der Erde emporsteigenden, kegelförmigen Felsen, welcher cws verschiedenen wayrcchten Schichten eines Stoffs besteht, dec sich theils der Verglaiung nähert, theils weniger den Anschein davon hat, ober durch« aus Meikmalc dcr Wirkung dcs Feuers an sich tragt. Ueberhanvt alles was man hier sah bestätigte die Behaupt tung dcs Doctor Gillan, daß „die Insel Amstc-dam von unterirdischem Feuer erzeugt worden sey, und überall aus gcnschcinllchc Merkmale von vulkanischen Ausdrüchen habe. Auf der Westlichen und Südwestlichen Seite sind vier kleine regelmäßig gebildete Kegel, die mitten Fcuerkesscl haben, in welchen die Lava und der übrige vulkanische Stoff allen Anschein einer neuen Entstehung haben. Die Hitze ist immer noch so groß, und aus den zahllosen Oeft liungeu kommt immer noch so viel elastischer Dampf, daß sie unläugbar uur erst vor kurzem noch müssen ausgeworfen haben. Weuu man einen Thermometer auf die Obers Erster Baud. P. 226 Fahrt nach dm Atlant. N. Mis. Meer. flache hielt, so stieg das Quecksilber immer bis auf iza ' Grade, und wenn man ihn ein wenig in die Asche hineinsteckte, so wurde es bis auf 212 Grade getrieben. Wenn die Abtheilungen weiter alsbis aus den Siedepunkt gegangen waren, und die Röhre langer gewesen; so würde das Quecksilber gewiß höher gestiegen seyn; da dies aber nicht der Fall war/ so nahm man den Thermometer sogleich weg, damit die wachsende Ausdehnung desQuecks silbcrs daß Glas nicht zersprengen möchte. Man fühlte daß der Bodcn zitterte, und als man einen Stein mit Gewalt darauf warf, wicdcrhallete es dumpf und hohl, und ziemlich weit umher war die Hitze so groß, daß man den Fuß keine Viertclminute auf dcr nehmlichen Stelle halten konnte, ohne sich zu brennen. Dcr Gebirgskessel an der östlichen Seite, welcher jetzt voll Wasser sieht, ist nicht nur hier dcr betrachtlichste im Umfange/ sondern übe« trift auch vielleicht alle andere an Größe, da er einen viel langern Durchmesser hat, als die Krater des Aetna und Vesuvs. Die Menge des aufzuwerfenden Stosses, für welchen eine so weite Mündung erforderlich war, und die Gewalt, mit welcher derselbe herausgeschleudert wurde, um den Widerstand der darüber befindlichen Erde und See zu überwinden, muß in der That außerordentlich ges Wesen seyn. Nach der gewöhnlichen Art das Alterthum von Vulkanen zu berechnen, muß dieser ungeheure Crater vor sehr langer Zeit entstanden seyn. Die Lava rundherum auf Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. 227 den Seiten hat sich sehr zerbröckelt, und ist zu Staube gewo.den, wc'cher an vielen Stellen sehr tief auf der Oberfläche lieg/. Die verwitterte Lava ist eine fruchtbare E'dc für das lange Gras geworden, welches an den Seiten dcs Craters wachst, und sich beynahe über die ganze Inscl ausgebreitet hat. Die zasria,,tcn Graswurzcln, web chc überall d.e lost pava und die vulkanische Asche durchs dringen, mischen sich wenn sie veriotten, unter die frucht-bare Erde, die aus der jährlichen Vcrmoderung der Blatt tcr und Halmen entsteht: auf diese Art hat sich ein Lager von Erdreich, das mehrere Fuß tief ist, über die ganze Insel hin gebildet. Da es aber von nichts als von seis ner eigenen Schwere zusammengehalten wird, so ist es lcicht, schwammigt und bröcklicht: an vielen Orten haben es auch die Sommerrcgen und die Gießbache des gcschmok zcnen Schnees mit Furchen durchschnitten: denn im Wins ter liegt der Schnee drey bis vier Schuh dick überall wo die unterirdische Hitze nicht Kraft genug hat es zu Vers hindern. Wo diese Furchen und Aushöhlungen, wie an manchen Orten der Fall ist, tiefer als die gewöhnlichen Wasserlaufe sind, da dienen sie zu kleinen natürlichen B« Haltern, und das Wasser fließt aus dem angränzenden Gelände hinein. Ferner da ihre Seiten überschattet, und fast von den langen Grasblattern bedeckt sind, welche an beyden Randern wachsen, und sich in einander verschränken, so kann weder die Sonne sehr durchdringen, noch viel davon ausdünsten. Indessen sind diese BelM 228 Fahrt nach dem Atlant, ll. Indls. Meer. ter nur klein, und an wenigen Orten; der weiteste konnte kaum mehr als drcy bis vier Oxhofte Wasser enthalten, und man trift sie lediglich in den Quellen an den Seiten des großen Craters an. Außerdem daß der Erdboden leicht und schwammige ist, hat er auch noch viele Löcher, welche von den See-vögeln zum Nisten hineingemacht sind. Deswegen geht sichs sehr beschwerlich darauf; der F»ß bricht durch, und man smkt bey jedem Schritte tief ein. Daher wird die Reise über die Insel eine wahre Strapaze, ob es gleich vom Nandc des großen Craters bis zur Westseite hinüber kaum drey Englische Meilen ist. Mitten auf der Insel kommt man auf eine Stelle, die etwa 200 Ruthen lang, und nicht völlig so breit ist, wo beym Darüberge-hen außerordentlich viel Behutsamkeit anzuwenden ist. Hieraus soll eine heiße Quelle frischen Wassers entspringen, und durch die Lücken der Lava bis auf oen großen Crater herabdriugen, wo sie hart über dem, auf dem Boden desselben befindlichen Wasser hervorsprudelt. An der besagten Stelle ist die Hitze zu groß, als daß etwas dort wachsen könnte. Die Oberfläche ist mit einem teigam'gen Gemische von Asche und dem bestandig von unten aufsteigenden Dampfe bedeckt. Wenn man diesen Aschentcig wegnimmt, so steigt ein heftiger und an manchen Orten ein häufiger Dampf empor; auch ist der Teig so heiß, daß sich einer, der unversehens hinciutrat, den Fuß sehr verbrannte. Der nehmliche Grund, welcher hier den Fahrt nach dem Atlant, u. Indls. Meer. 229 Wachsthum verhindert, äußert auch scine Wirkung an den vier kegelförmigen Hügeln / welche unlängst entstanden sind. Die Oberfläche derselben ist blos mit Asche bedeckt, und man sieht auch nicht die geringste Spur von Moos aus der umherliegenden Lava, vermuthlich weil hierzu die Hügel noch nicht bejahrt genug sind. Dies ist aber der Fall mit der Lava des großen ursprünglichen Craters nicht; denn wo der Rand desselben senkrechter war, so daß die lockre Lavaerde keine Stütze hatte, und an den Seiten des Felsen herabgleiten mußte, da wuchs mehrenthcils ziemlich langes Moos auf demselben. Alte Quellen oder Behälter von heißem Wasser, eine ausqcnommen, hatten einen salzigten Geschmack. Eine der Quellen entspringt hoch aus dem Rande des Craters. In dieser kocht das Wasser nicht zwischen den Steinen und dem Lcttcn he« vor, wie in den andern Quellen, sondern fließt in einem kleinen Bachelchen ziemlich schnell herab. Die Hitze derselben ist nicht über 112 Grade. Man konnte die H.,nd eine beträchtliche Weile darin leiden. Sie ist stark mit Stahltheilchcn geschwängert. Die Seiten des Felsen, ans welchem der Bach kömmt, und die der Höhlung, in wels che er fällt, sind mit Ocher überzogen, den er absetzt. Dieses Wassers bedienen sich die Leute, welche auf der Insel wohnen: es schadet ihnen nichts, und sie haben sich an den Geschmack davon gewöhnt. Wenn man den grost sen Crater von der Höhe betrachtet, so scheint es als ob r anfänglich ein vollkommner Zirkel gewesen wäre, von 2ZQ Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. welchem die See an der Morgenscltc abgespühlt, wo jcht die zurückkehrende Fluth heftig daran prallt. Die Lava-fel en, welche den Rand des Kessels auf dieser Seite bib Helen, sind niedergestürzt. Das Wasser im Schlm^e ist etwa 17Q Schuhe tief, so daß der ganze Crater von mmn bis zum obersten Rande, wo nicht volle 900 Fuß, t Wochen lang theils vor Anker, theils hielt es sich in der Ferne; wahrend welcher Zeit ein Boot nur zweymal zu ihnen kommen konnte: weswegen sie mit so spärlichem Mundvorrathc hier zurück gelassen wurden, daß sie umkommen müßten, Hatte' die Insel nicht Fische und Vögel in Menge dargereicht. Es gebrach ihnen am meisten am Gemüße.- daher versorgten sic nicht nur die beyden Gesandschaftsschiffe damit, sondern die Gärtner steckten auch Erdbirnen und säeten Gartengewächse um ihre Hütte, welches ihnen oder wenigstens ihren Nachfolgern auf der Insel sehr zu statten kom- Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. 233 mcn wird. Man muß dies um so mehr wünschen, da sie in dem Fahrwasser der nach China und der östlichen Eeite von Hindosian bestimmten Schisse liegt. Die Sce verschafft der Insel vorircftichc Fische, besonders eine Alt vou Kabeljau, der schmackhaft war, man mochte ihn frisch essen odcr einsalzen. Auf der V'M'c quer über die Mündung der Bucht waren die Teichkrebsc so häufig, daß man sie wahrend der Ebbe mit der Hand fangen konnte. Am Ankerplätze senkte das Echisssvolk Körbe mit HZyenficifch gelodert in die See und fand sie, etliche Minuten darauf beym Herauf, zichcn, bis auf die Hälfte mit Teich krebsen angefüllt. Auch hatte man mm, durch Hülfe der Angeln wcnigl sivns eme Woche lang, dem Gaume etwas anders ant zubieten. Dies war um so sonderbarer, da es von außerordentlichen Ionashayen und Spccrhayen, deren Gefräßigkeit und Feindseligkeit gegcn alle andre Fische bekannt ist, dortherum wimmelte. Man ficng einen Hay-fisch, der eilfSchuh lang uud fünfe dick war. In seinem Magen fand man einen ganzen Pinguin, welches Thier von allen Naturforschern zu den Vögeln gerechnet wird, aber gewiß viel mit dem Geschlechte der Fische gemein hat, nicht nur, weil es sich häufig im Wasser aufhalt, wo es so oft eine Vcute der Haym wird, sondern auch wegen seinen Schuppenartigen Federn uud weil die Flü-gcl desselben den Floßftdcrn gleichen. Diejenige Gattung, welche man hier in erstaunlicher Menge, oft mitten unter 234 Fahrt nach dcm 'Atlant. u< Indis. Mecr. den Seehunden sich sonncno u>!5 gerade stchmd, auf den Schceren der Küste clntclft, wnd von Lume o^r^ocom^ zugcnahmt, wcil sic große gclde Fcdvvn ill Halbzirkcln über den Augcn hat, die wie A"g nbraunen aussehen. Von allen den Vögeln, die an diesem wcgcn seiner Entstehung, Bildung und Ansicht so aussnordentlichem Orte, überflüssig anzutreffen sind, findet man tcinen ciiu zigen in dem nchmlicheu Breitengrade dcr nördlichen Halb--kugcl. Unter den grösser» warcn verschiedene Artcn des Albatrossesund als man einen davon, dcn sogenannten exulan5, untersuchte, zeigte sichs, das; cr eine Zunge, halb so lang wie der Schnabel hatte, obwohl Natmk'lnz dige meynen, daß cr nur einen Anfang davon habe. Der gelbschnablichte Albattoß ist nicht völlig so g>o^ als der erstere; aber dcr braune Albatrosi übertrift )enen an Grösse. Von der lctztcrn Art brachte man einen auf das Kriegsschiff; er wog scchszchn Pfund, war mit aus? gebreiteten Flügeln neun Fuß lang und hatte besonders dicke Federn auf dcr Brust. Es wird dcm Albatrosse schwer sich auf einmal in die Lnft zu erheben, daher muß cr entweder von einem jähen Sturze ausfiiegen oder eine lange Strecke vorher aushohlen und laufcn, che er die gehörige Schwungkraft erlangen kann sich auf den Fittig zn schnellen. Wenn cr im Wasser ist, muß er erst etliche mal ansetzen ehe cr sich daraus emporschwingen kann. Ein andrer Vogel, der sogenannte große Sturmvogel; Litme's procell2ri5 o^iinottixiiZ? ist ebcnsalls schr gewöhn- Fahrt nach dem Atlant, u. Indis.Mccr. 235 lich hier; cr ist des Albatrosses erklärter Feind und fallt ihn allzeit un Fluge an, verlaßt ihn abcr sobald jener, wie meistenrhcils in dcrgleichcn Nöthen, zum Wasser seine Zuflucht nimmt. Obwohl der Sturmvogel ein böses und gieriges Thier ist, so wnrde doch einer am Bord des Löwen bald zahm und verzehrte das Gcwcide und die Abgänge aus der Küche ganz ruhig, wenn man sie ihm gab; er schien sich auch sehr gern in einem Zuber mit Wasser zu baden, eine Wollust, die m^n ihm oft gönncte. Dieser Vogel verfolgt den blauen Sturmvogel von Am, sterdam oder die procellaria ?ol8teri mit noch viel grösserer Wuth als den Albatroß. Von ersterem frißt cr blos Leber und Herz ohne das übrige anzurühren; man fand sie zu Hunderten so ausgeweidet auf der ganzen Insel um-her liegen: um nun ihrem Würger, wo möglich zu entgehen, verbergen sie sich des Tags über unter der Erde, ob sie gleich auch da ein gewisses Geräusch machen, wo-durch sie sich verrachen. Des Nachts kommen sie heraus und wurden deswegen von den dermaligen Inhabern des Ey'.ands Nachtvögel genannt; weil sie aber in Haufen auf Oerter fliegen, wo sie Licht sehen, so gerathen sie dadurch in eine andre, Falle, welche ihnen die Robbenfans ger durch die absichtlich angezüudeten Fackeln legen, wo-bey sehr viele getödtet werden, und wcil diese Leute den meisten Geschmack daran fanden, so lebten sie hauptsachlich davon. Der blaue Sturmvogel ist etwa so groß wie eine Taube. Man findet auch auf der Insel einen weil 236 Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. kleinem und dunkelfarbigeren Sturmvogel, welcher oft bey stürmischen Wetter zur See gesehen und deswegen auch der Sturmvcrkündiger geheissen wird; die Matrose« nennen ihn Mutter Cäry's Hühnchen, welches sich auf eine jetzt nicht mehr bekannte HeMgeschichte bezicht. Unter allen Vögeln, die sich in Amsterdam aufhalten oder dorthin kommen, ist die Schwalbcnmöwe oder 8t«rn2 kirunäa, ungefehr so groß wie eine Mauerschwalbe mit einem getheilten oder Schwalbenschwänze, der schönste. Der Schnabel und die Füsse sind von glänzender Carnns sinsiube, der Bauch weiß und die Flügel von bläulicher Aschfarbe. Dieser Vogel lebt vornehmlich von kieinen Fischen, die er erhascht, wenn sie an die Oberfläche des Wasscrs kommen. Herr Maxwell schoß eine Schwalben-möwe im Fluge und als sie fiel fand man, daß sie einen Fisch etwa drey Zoll lang quer über im Schnabel hielt. Diese Vögel schwärmen in beträchtlicher Anzahl umher ohne Gefahr zu befürchten. Wenn ein Junges gefangen wurde, so flogen die andern eine Wcile um den Besitzer herum und zwitscherten mit aller Macht, gleichsam drohi end auf sein Haupt herab zu kommen, damit er sich fürchten und zur Loslassung seiner Beute gezwungen werden möchte. Auf der Wanderung, welche etliche Herren vom Kriegsschiffe durch diese kleine, aber merkwürdige Insel vornahmen, wurden sie von Perron, dem Aufseher der jetzt verwohnenden Seeleute, begleitet. Er war so g« Fahrt nach dem Atlant, u. Indis. Meer. 237 fällig sich ihnen zum Führer anzubieten, da er den Pfad kannte, welcher auf der Seite des Berges oder Trichters hinan gieng; denn keinen andern Weg gab es nicht hin< auf und selbst dieser war etwas gefährlich und mühsam. Oben fanden sie eine Ebene, die etwa eine Meile weit war und nach dieser einen allmahligen Abhang, welcher innerhalb fünfzig Ruthen von der See ailfhört, wo sich ein jahcr Sturz anschließt, dcn man von unten blos an einem einzigen Orte ersteigen kann zu welchem cin Steg von den Höhen führt. Auf diesem sind die Scehundfanger im Stande ans Ufer hinab zu steigen, wenn die Robben bey cilicr Veländerung des Windes lieber auf die andre Seite gehen um sich vor dem Toben der Wellen zu schützen. Als die Wandrer nach der Morgenscite der Injel zurückkehrten, wo die Schisse vor Anker gewesen waren fanden sie, daß man sich rüste wieder in See zu gehen; sie fühlten ihre große Verbindlichkeit gegen Perron für die Gefälligkeit und Aufmerksamkeit, mit welcher er sie auf ihrem kleinen Ausfalle begleitet und ihnen alles mitgetheilt hatte, was ihm während seiner Ankunft auf dcr Insel bemcrkungswerthes vorgekommen war: daher sahen sie mit innigiier Vedauernis, daß man ihm zmu Danke dafür, in seiner Abwesenheit/keine geringe Anzahl von getrockneten Fellen geraubt hatte, deren Sammlung einem Manne von seiner Sittsamkeit und Gemüthsart, nicht wenig Ueberwindung gekostet haben mußte. Wahrend daß er von der Hütte, wo sie'lagen, clltscrnt war, 2Z5 Fahrt uach dem Atlünt. u. Indis. Meer. brachten einige Lcute, die, wie man argwöhnte, mehr als gemeine Matrosen ftyn mußten, geistige Getränke aus den Schiffen ans Ufer, wodurch die andern Nobbenfan-gcr zu schr in Versuchung geführt wurden, als daß sie hätten widerstehen können. Sie wollten selbige anfangs lich um einen Preis ablassen, der billig genug gewesen Wäre, wenn nicht die ganze Waare einem fremden Eis genthümcr zugehört hatte: wie aber einmal der Rumm ihre Ueberlegungskraft zu erschüttern anficng, verringerten sie die Schichten von Hauten mit einer Freygebigkeit, die sich keine Grenzen setzte. Solchcmnach mußte Perron seine Gutmüthigkeit gegen Fremdlinge bedauern, da der erlittene Schaden dadurch veranlaßt worden war und wünschen, daß die Englischen Schisse sich scinem Aufenthalte nie möchten genähert haben. Der Ritter E Gowcr, welcher sich schr entrüstete als ihm die Suche hinterbracht wurde, ließ eine allgemeine Suchung nach den Häuten, die man sich auf eine so unverantwortl-che Art verschafft hatte, vornehmen, und etliche kämm wirklich zum Vorscheine. Diese sollten in Canlon zurückgelassen werden, da der Capitan nicht eher von dem Vors falle unterrichtet wurde, als bis das Kriegsschiff bereits von Amsterdam gestgelt war. Allein der Leser wird aus der Folge ersehen, was für nachherige Ereignisse diesen Entschlus vereitelten. Die Insel St. Paul, welche man von Amsterdam «ms gerade in Norden vor sich hatte, sah schr verschieden Eintritt in die Strasse von Sunda. 239 von dieser aus, war weder ausnehmend hoch noch kegelförmig und schien mit Gesträuchen und mittelmaßigen Bäumen bewachsen zu seyn. Sie soll dem Verlauten nach, süßes Wasser genug, aber weder einen sichern Ankerplatz noch eine bequeme Anlande haben. Am zweyten Februar 1793 verloren die Gesandtschastsschiffe beyde Inseln t« Abcnd aus dem Gesichte. Siebentes Capitel. Eintritt in die Strasse von Sunda. Aufenthalt in Vatavia und Bantam auf der Insel Java. Ansicht des südlichen Theils der Insel Sumatra. Fahrt durch die Meerenge von Vanka nach Pulo Condor e. Nachdem man seit dem Anfange des Jahres 1793 beständig in hohcr Südcr Breiten gesegelt und ein weit ausgebreitctereeMecr als innerhalb der Grenzen von Europa zusammen hangend gefunden wird, durchkreutzt hatte, wiewohl gerade da, wo man kein Fahrzeug anzutreffen erwarten durfte: so fieng endlich der Gesandte und sein Gefolge auf beyden Schiffen an sich zu schmeicheln, daß sie bald in Gewässer kommen würden, wo sie von heim, kehrenden Kauffahrcrn Nachricht erhalten könnten, was 245 Eilltritt in die Strasse von Sunda. jür einen Eindruck die Brkamttmachmig der Gesandtschaft in China gemacht hätte. Diese Schiffe müssen insgemein aus dcm geraden Fahrwasser nach Süden zu ausbeugen um in die Breite zu gelangen, wo die Winde zur Rück/ kchr am günstigsten sind. Zwar waren der Löwe und die Hmdostan noch ziemlich gegen Süden von diesem Wege, aber da sie schräg über nach Nordosten zusteuerten / um die Meerenge von Sunda zu erreichen, so war es glaube lich, daß sie dcn zurückkommenden Schissen begegnen würden / welche aus dcr Strassenmünde einen gcnan entgegengesetzten Lauf nehmen. Dcr Wind war der Ab-sicht der erstem nicht immer günstig und kam unterweilen just daher, wo sie hin wolltcn. Zwar drehte er sich bald, wiewohl nicht gerade über, sondern dahin, wo er, in der Seesprache Backsiagswind genannt wird, und da man ihn dann mehrere Segel kann schwellen lassen, als wenn er genau auf den Hilttersieven wehcle und dieselbe Richtung nähme, die das Schiff steuert, so thut er auch mehr Wirkung. Solchergestalt wurde die Bewegung des Orlogschiffs so beschleunigt, daß es an dem Tage, wo es wieder in dieWendczirkel eintrat, nicht weniger als zwey-hundert und neun und dreyßig Seemeilen lief, welches mehr war als es wahrend der ganzen bisherigen Reise, in eis nem gleichen Zeitraume, zurückgelegt hatte. So lange der Wind gleich stark blicb, war das Wetter immer angenehm,, ob man nun gleich die Sonne wieder Eintritt in die Strasse von Sunda. 24k der auf den Scheitel bekam. Die Tropickvögel, welche sich durch ihren hohen Flug und lange Schwciffedern unterscheiden, kamen nun wieder zum Vorschein und mau sah die Meerschweine wieder auf dem Wasscr spielen.' Ferner konnte man die fliegenden Fische haufenweise bemerken, wie sie ihren Verfolgern im Wasser entflohen Und eiue Beute der Luftbewohner wurden, welche lauere ten auf sie los zu stürzen so bald sie aus dem Wasser kamen. Desgleichen wurden etliche Wasserhosen wahr? genommen / von denen einige wie Spiügbrmmen aussahen, die beynahe an die herabhangenden Wolken reich« ten; mitunter glichen sie dem Sprühen emcs Walisisches.-Die beyden Schiffe der Gesandtschaft entfernten sich mehr als gewöhnlich auseinander, mn ihren GefichtskrM zu erweitern, und damit es ihnen dcsto leichter werden möchte Fahrzeuge zu erkennen, die etwa aus der Meer> enge von Sunda nach Europa zusegelten. Da ein solches Zusammentreffen nnr von kurzer Dauer seyn konnte, s» war fast jedermann auf dem Löwen und der Hindosta« darauf bedacht Briefe an heimische Freunde und Anverwandten fertig zu machen, welche Beschäftigung sie ci5 neu Augenblick an ihre fernen Sorgen erinnerte und die Gefühle der Freuudschaft und Liebe aufs neue belebte.-In der Beeiftrung andere Schisse ansichtig ;ü werdrir fügte sichs jezt zufälligerweise, daß dieHindostan, welche wohl hundert Breiten — und noch mehr Längengrade Erster Band. Q 243 Eintritt in die Straffe von Suuda. hindurch die beständige Gefährtin des Löwen geblieben war, zum erstenmale von ihm abgesondert wurde. Je, des setzte seine Reise nach Nord Eyland fort, welches meistens der einverstandene Ort des Wiederfindens in der Strasse von Sunda zu seyn pftegt. Jetzt wurde der Nachtheil eines langen Auftnthalts zur See an dem Ausbruchc des Schaarbocks bey den Mannschaften beyder Schisse sichtbar, ungeachtet man die bereits erwähnten Stärkungsmittel ihrer Gesundheit anwendete, und nun noch überdies, als Verwahrung gegen jenes Uebel, etwas Sauerkraut zu ihrer täglichen Speise mischte, auch ihnen daun und wann Malzessenz gab. Die Austheilung des Tobacks zum Kauen war ihnen besonders erwünscht. Man hoffte, daß die frischen Gemüße vom Lande, dem sie sich jetzt, näherten und die dortige Luft, noch weit wirksamer ftyn würden. AlS man in den zwanzigsten Grad Süder Breite und über den Hunderten der Lange, nach Morgen zu von Greenwich, gelangt war, erwarteten die Ossiziere des Kriegsschiffs, daß die Erscheinung von Seegras, Landvögeln und solchen Fischen, a!s man an Küsten findet, nahes Land andeuten würden, da Cloat's Eyland und die Tryal Klippen in etlichen Charten dort herum angegeben werden; aber dergleichen Spuren kamen nicht eher zum Vorschein, als bis sich die Schiffe sieben Breitengrade von der Linie und über den lozten Grad östlicher Länge befanden, wo sie eine kleine Insel sahen, vermuthlich Eintritt in die Strasse von Sunda. 243 Clapps Eyland, die nicht über sieben bis acht Mcilen im Umkreise hat, aber hoch gcnung ist. daß man sie bey hellem Wetter au 27 Seemeilen weit erkennen kann. Am Tage darauf, welches der 2;ste Januar 179; war, erblickten sie die westlichste Spitze der Insel Java und bald nachher die Pnnzenmsel am Eingänge der Meerenge von Sunda. Da wo die Inseln Sumatra und Java, /ene, die grössere von beyden, an der südöstlichen Seite, diese gegen Nordwesten, einander nahe kommen, hat sich eine Meerenge gebildet, in welcher kleine Eylande überall zcr< streut liegen. Das Ganze ist eine Landschaft/ die zwar an Erhabenheit den kühngethürmen Bergrücken um den Haftn von Rio dc Ianeiw nachstehen muß, aber an Sanftheit, Ueppigkeit und Frische kaum ihres gleichen hat. Die beyden vorerwähnten grosser» Inseln, welche niedrig und an manchen Flecken des Ufers moorigt sind, erheben sich dann auf allmahligen Abhängen bis ins Innre des Landes und mahlen im Hinaufsteigen die ab, wechselndsten Auftritte mit allen ersinnlichen Schattirunt gen von Grün. Etliche von den kleinern Inseln sind nackt, und steiler als eine mitten in der Enge, die darum den Nahmen tkwart-tlie-vva^, querüber-den-Weg, von Englischen Seefahrern erhalten hat, und zwey sehr kleine runde, wegen ihres Ansehens Cap und Button, Mütze und Knopf, genannt; aber fast alle übrigen sind platt ruhen auf Korallenlagcrn und haben Bamllwachs; «44 Eintritt in die Strasse von Sunda. manche umzingelt ein weißes sandigtes Ufer, auf welchen» man oft Schildkröten findet: doch meistens sind sie bis an den Rand des Wassers mit dichtverschlungeuem Gesträuch ausgeschmückt, deren Wnrzeln entweder das Meer bespült oder die ihre Zweige hineintauchen; von außen haben sich Bänke angesetzt, in denen sich zahllose amsig-wimmelnde Wasscrthierchcn kalkichte Zellen zu ihrer Bei hausung und Sicherheit bauen. Wenn endlich ein solcher Bau allgemach aus dem Wasser hervorkommt, so setzt sich allerley Gcwachestoff daran, wodurch Pflanzen und Baume erzeugt und neue Inseln gebildet oder die bereits auf gleiche Art entstandenen vergrössert werden. Man wird unwiderstehlich zum Anstaunen der mannigfaltigen Wege hingerissen, auf denen die Natur denselben End, zweck erreicht, man mag nun beobachten wie sie in der Urzeit den Granitgrund von Brasilien lcgte, oder nachher, plötzlich kreisend, die Insel Amsterdam hcrvorschleudcrte, oder wie sie noch bis auf diese Stunde mittelst belebter Wesen in der Strasse von Sunda neues Land modelt. Unter diese Korallencrzeugnisse gehört Nord Eyland wo das Kriegsschiff die Hindostan schon vor Anker fand. Sie war am Eingänge der Meerenge einem Ostindischen Compagnieschiffe begegnet, welches aus China zurückkam und von den Anwälten der Compagnie in Canton Bricfe an den Gesandten mitbrachte: um diese selbst zu überrcii chen hatte es zehn Tage in Vatavia verzogen, worauf die Bricfe dort für ihn zurückgelassen wurden. Als die Eintritt in die Strasse von Sltnda. 245 beyden Schiffe ihren Weg nach diesem Orte fortsetzten glich die Reise einer Lustparthie. Das Wasser war spiegelglatt und die Meeresflache prunkte mit einem Ge-schmuck unzahliger Gruppen von Korallcninseln. Der Stoff woraus sie bestehen/ ist verhärtet und felsenfest, aber an mehrern Orten nahm man ziemliche Stücken von Thierpfianzen, theils von fieischiglem thn'ls von lcdcrarti? gem Korne aus dcr See. Die Korallcnmaßen waren er? siaunlich groß und verschieben von den Arten, maärepai-a, celllpora und tubipora, desgleichen von mannigfaltigen Gestalten, platt, rund und ästig, von Farbe braun, weiß und blau; öfters waren alle diese Farben in einem Stücke, aber blos die tudularia muzica war roth. Außer den Bildnern der Koralleninseln sind die er<-siauncnswürdig verschiedenen Wasscrthicre großcntheils auf den Meeresgrund verwiesen; von diesen waren hier die zahlreichsten der Seeigel, der Mecrstern und die Mecrnessel. Andre können sich nicht einmal so sehr regen als die gemeinen Austern, wclche doch auf keinen besonn dern Ort eingeschränkt sind, sondern zuweilen von Ebben, Fluthen , Strömen und andern Bewegungen des Wassers -umher von einem Ufer zum andern getrieben werden. Allein es giebt Thiere von ähnlicher Hrt, die nicht nur in eine zwcyschaaligte Muschel eingeschlossen, sondern zu-sammt der Muschel in einen großen Block kalkichten Gesteins eingesenkt sind, wo sie blos für den Gebrauch der Angeln Raum genug haben, damit sich die Schaalcn 24<5 Eintritt in die Strasse von Sunda. bey jeder Bcute, die ihnen von vorübergehenden Wellen zugespielt wird, aufthun und schließen können. Diese Erscheinungen gehören zu den vielen Beyspielen einer abgemessenen Stufenleiter des thierischen Lebens von der behenden Regsamkeit und zarten Fühlbarkeit b's auf die Grenzen einer blos Gewächsartigen Reitzbarkeit, den Punkt, wo diese beyden Naturreiche sich zu berühren und in einander zu fließen scheinen. Viele von den heraus« stehenden Korallcnklippen, auf denen etwas wachst, sind oben so abgespitzt, daß sie nur einen einzigen Stamm enthalten / der wie ein Schiffsmast aufragt; und diese trippelweise zusammen gesellten Flecken nehmen sich in der Ferne wie eben so viele Flotten aus. In einer der vollsten von diesen Gruppen, deswegen die tausend Eys lande genannt, ankerten die beyden Gesandtschaftsschiffe wahrend der Nacht. Der Himmel war heiter und die Sterne schienen mit ausnehmendem Glänze. Die von der ersten und zweyten Grösse konnte man deutlich am Horizonte auf und untergehen sehen und ihre Amplituden oder Entfernungen vom Ostpunkte oder Wesipunkte eben so genau als die der Sonne oder des Monds beobachten. Die südlichen Sternbilder der Centaur, das Kreutz, die Argo schienen hier einen weit glänzendem Theil des Aethers zu bilden , als man aus hohen Norder Breiten ersehen kann. Die Schisse kamen am sechsten März in der Rhede von Batavia an, welche in 6° i<^ S. B. und io6« Eintritt in die Strasse von Sunba. 247 51/ östl. L von Greenwich liegt. Dic Fehlweisung des Compaßes betrug beynahe einen Halden Grad Nordwesies ring. Auf dieser Fahrt nach Batavia giebt es einige Un< tiefen, wclche zum Theil Baaken zur Warnung vor Gefahr, haben, und befinden sich gar nicht auf den See-charter», welche von Hollandern um den Anfang ihrer Niederlassungen auf dieser Küste verfertigt worden, tvos her man dafür halt, daß es Corallenmaßen sind, die ehedem tiefer lagen, und sich nun durch beständigen Zuwachs der Oberfläche mehr genähert haben. Daß sich vor Batavia durch die Wirkung anderer Ursachen mehr Land angesetzt hat, ist klar, wenn man nur einen Blick aufden Plan der Stadt wirst, welcher ungefehr vor anderthalb Jahrhunderten gemacht worden und in Ogilby's Bericht von der Holländischen Gesandtschaft nach China sieht. Nach diesem Plane war das Hauptvertheidigungswerk von Batavia ganz nahe ans Gestade gebaut und eine doppelte Reihe von Pfählen ziemlich weit, vielleicht eine ganze Meile, in die seichte See hinaus eingerammt um anzuzeigen, daß der sicherste Weg innerhalb dcrftlbcn sey : jetzt hingegen ist ganz bis ans Ende der Pfahle Land und an einer Seite stehen sogar Hauser. Wenn dieser Anwachs nicht blos durch Menschenhände entstanden, so ist er gewiß sehr dadurch befördert worden, indem man die Erde auf einander hauste, welche der Fluß von den Bergen herabführt; denn er hat weit mehr Hang und Gewalt da, wo er entspringt als bey seinem Ergüsse ins Meer. 248 Eintritt in die Straße von Sunda. Durch eine zirkeiförmige Reihe von Inseln wird die Nhcde von Vatavia vor jedem heftigern Anschwellen der See geschützt, und zum sichern Ankerplatze für Schisse g« macht; überdies ist sie so geräumig, daß alle Fahrzeuge welche das Vorgebirge der guten Hoffnung umsegeln, darin Platz haben. Die große Anzal von Hollandischen Schift fen, welche vor der Stadt lagen, war schon an sich ein hinlänglicher Beweis daß dies ihr vorzüglichster Handels-platz, und der Hauplsitz ihrer Regierung in Asien sey. Die zu langen Rcisen so untauglichen Junten von China zeigten bereits die Annäherung dieses Reichs., Von der Rhcde aus ksnnte man nur wenig andre Gebäude, als den Dom der Kirche, in dcr Stadt Batavia sehen; die übrigen wurden vornehmlich von den breiten Blattern hoher Palmen und anderer emporragender ansgebreiteter Balline versteckt und überschattet. Dic Holländische Regierung bewillkomtc den Gesandten am Bord, und empfie'lg ihn aus dem Lande mit vorzüglichen Ehrenbezeugungen, soviel Besorgnis auch allhier seine Sendung erregt hatte. Es wieß sich nehmlich aus, daß man von der uneigennützigen Kundmachung und Diensiancrbicmng, die von den Englischen Ministern, bey Gelegenheit der Gesandtschaft an die Gcneralsiaaten er/ gangen waren, in Batavia noch nichts wußte. Als nun dez Gesandte den Gouverneur und Rath davon unterrichtete, anerkannten sie nicht nur unverhohlen die Bangig, kcit, von welcher sie überfallen worden, sondern auch die Eintritt in die Straße von Sunda. 249 Absicht ihrer Leute in Canton, M'Mds Entwürfen, so viel sie vermögend wären, entgegen zu wirken. Die Regierung von Batavia wurde überzeugt, daß sür den Verkehr beyder Völker Gelaß genung scy, und der Rath beschloß auf der Stelle, Vcrhaltungsbefchle nach Canton zu schicken, daß man die Bemühungen des Gesandten nicht hintertreiben, sondern denselben vielmehr hülfrciche Hand leisten sollte, da im Grunde auch alle Europäische Na-zionen, die nach China handelten, dadurch gewinnen würs den. Die Berichte, welche Mylord hier von den Abgeords neten der Englischen Osiindischcn Compagnie in Canton erhielt, ließen ihn cine ehrenvolle Aufnahme am Hofe von Pecking hoffen: cs wurde darin gemeldet, „daß sie zwey der ansehnlichsten Chinesischen Kaufleute ersucht hatten, ihnen, in Abwesenheit des Untcrkönigs der Provinz, beym Fujcun oder Gouverneur von Canton ein Gehör auszuwirken, weil sie einen Brief vom Präsidenten des Diref-torialgerichts der Osiindischen Compagnie zu überreichen wünschten, daß die Kaufleute den Augenblick gemuthma-ßet, der Brief betreffe die Gesandtschaft, wovon der Ruf unter ihnen verbreitet gewesen, und daß sie einige Besorg? nis geaustrt, die Sendung möchte in der Folge auf den Handel, das Vermögen oder die persönliche Sicherheit der Cantoncr Kaufleute Einflus haben, worauf die Abgeordneten sie versichert, es müsse daraus eher Vortheil als Nachtheil für die sämmtliche Kaufmannschaft, vom ersten bis zum letzten erwachsen; daß die Regierungsw «52 Eintritt in die Straße von Sunda. amten, nm die verlangte Audienz einzuleiten, sich bey den Verordneten angelegentlich nach den Bewegungsgründen der Gesandtschaft erkundiget, und von letzteren zur Antwort erhalten, man beabsichtige weiter nichts, als eine^ engere Freundschaft zwischen dem Londner und Pcktner Hose, und eine Erweiterung des Verkehrs, welcher schon so lange zum Vortheile beyder Länder, unter ihnen be-siehe; daß man sich bey dieser Erklärung vermuthlich bes ruhiger, da der Tag zu ihrer Vorlassung weit früher anberaumt worden, als die Saumseligkeit und abergläubis sche Denkungsart der Chinesen erwarten lassen; jedoch sey noch vorher Anfrage vom Gouverneur gethan worden, bon welchem Range und Stande der Mann wäre, der den Brief geschrieben, ob es ein Diener des Königs, und ob seine Bestallung durch das Königliche Siegel bestatt get sey; worauf man antwortete, daß der Brief zwar nicht von einem unmittelbaren Diener des Königs käme, aber doch mit Sr. Majestät Wissen an den Unterkönig gesendet worden, um die Näherung des Britt-schen Abgesandten nach Pekin zu melden; da sich aber nun ergeben, daß der Brief weder von einem unmittelbaren Beamten der Krone geschrieben, noch Jemanden im Dienste derselben zur Nebergabe anvertrauet worden, sondern blos einem Die-ner der Compagnie, so waren Schwierigkeiten über die anfanglich beschlossene Art des Empfangs entstanden; da aber die mindeste Mishclligkeit wegen der dabey erforderlichen Cermonie, die Nichtannahme des Sendschreibens Eintritt in die Straße von Sunda. 251 verursachen können, weil der Hoppo, oder Mandarin dem alle Geschäfte mit Europäern zuvörderst übertragen seyen, und dem daran liege, alle Vorstellungen bcy seinem Hofe zu verhindern, gern den Vorwand einer noch zu e« . wartenden Antwort aus Pckin benutzen, und durch dies sen Winkelzug den Fujcm, überschwatzen wollen, so ware beschlossen worden, den Brief zu übergcben, die nöthig erachtete Ceremonie möchte bestehen, worin sie wollte. Wie man ferner verlangte, sie sollten den Inhalt desselben eröfnen, so habe es nicht wenig Mühe und Beschwerlich-keit gekostet, ehe die Chinesischen Kaufleute, welche die einzigen Dollmctscher waren, das Nähere des Briefes, und die eigentliche Absicht der Gesandtschaft erlernet. Das Bedürfnis eines tüchtigen Sprachkenners und die Nothwendigkeit Lerner des Chinesischen, besonn ders wegen der im Wege liegenden Hindernisse, thatig zu unterstützen, wären vielleicht nie so^ augenscheinlich gewesen, als bcy dieser Angelegenheit, und die Englischen Abgeordneten hätten nicht umhin gekonnt, den Mangel eines Dollmetschers aus ihrer eignen Nazion zu bedauern, der im Stande seyn möchte, den Geist des Briefes zu fassen und überzutragen, sodann auch mit Erfolge ein Gesprach zu führen, das wegen seinem Belange gewandte Behutsamkeit erheischt habe. Es sty demungeachtet am Ende eine Zusage ertheilt worden, daß man das Schreiben an den Kaiser fördern, und ihnen den Ausschlag durch die Chinesischen Kaufleute kund thun wolle. Daß sofort 252 Eintritt in die Straße von Sunda. Kaiserliche Majestät Ihre Willensmeymmg über die Verhandlung eine Zeit darauf durch ein Aufschreien bekannt machen lassen/ in welchem die Gesandrschaft, so im Wcrke sey, genehmigt worden, und Befehl ergaben, düst man überall, wo es erforderlich seyn dürfte, Lvolscn hinschi« cken sollte, welche die Schiffe m denen der Gesandte und die Geschenke vom Könige von Grosbrlttannlm erwartet Wurden, in den Hafen Tinsmg oder irgend eilten andern, der ihm bequemer vder anstandiger warc, briügcn könns ten. Die Abgeordneten fugten hinzu, «daß der Eindruck den man von der Gesandtschaft erwartete, schon bcy oen Kaiserlichen Beamten in Canton zu verspüren sey. Weniger Unterbrechung des fremden Handels, und größere Bereitwilligkeit die Vorstellungen der Abgeordneten zu höi ren, zeigten sich ganz deutlich; und es hieße, der Hoppo habe schon jetzt vor, die übertriebenen Auflagen in Macao abzuschaffen, wodurch eine dcr ausgelassensten Uebervor-thcilungcn der Fremden aufhören würde." Als dcr Ostindische Rath in Batavick, welcher nun die gegenwärtige Gesandlschaft als eine gemeinschaftliche Sache betrachtete, diese Zeitung vernommen, stellte er, außer den Festlichkeiten, welche auf den Geburtstag des Prinzen von Oranien, Stadthalters der vereinigten Provinzen, angesetzt waren, noch neue an. Die hohe Wurde «nd der gebietende Einflus dieses Fürsien, besonders in den Geschäften der dortigen Ostindischm Compagnie, crs hoben ihn zum Range eines unumschränkten Herrn; und Eintritt in die Straße von Slmda. 253 Seine Durchlaucht war mehr ein Gegenstand der Hoch, achtung und sogar der Ergebenheit, als die Gencralstaa-ten, ob sie gleich dem Nahmen nach ftine Vorgefttzte zu seyn schienen. Bey dem Ehrcngelage, wozu man den Gesandten mit seinem ganzen Gefolge zog, flößen Niederländischer Geschmack und Asiatische U'PPigkcit in einander. Es wurde mcht weit von der Stadt/ im Hause des Ge? ncra!g»uberncurs gegeben. Der Weg dorthin war rechts und linko mit Bäumen bepflanzt, nnd endigte an Canas len, wo aus einer Seite die kurzweiligen Schwänke eines Holländischen Jahrmarkts zur Volkslnji getrieben wurden, und auf der andern ein Karren, etwa von der Größe der vermeintlich ältesten Bühne, für die Vorstellungen ei? nigcr Chinesischer Schauspieler stand, denen etliche von des Gouverneurs Neuangekommenen Gästen lieber hätten ununterbrochen zusehen, als an der köstlich beseztcn Tafel im Hause schmausen mögen. Außer dem Tanze vor der Gasticrung wurde auch der Garten erleuchtet, und Feuerwerke abgebrannt, welche durch den Rückstrahl von den verschiedenen Gewässern, die einen großen Theil des Geheges bedeckten, vervielfältigt erschienen. Die Gesetts schaft schied nicht eher, als des Morgens auseinander. Ungeachtet dieser gelegentlichen Lustbarkeiten, bey welchen Fülle der Gesundheit und Kraft vorausgesetzt wird, sahen die meisten in Batavia ansaßigen Hollander, die man an wen Hausthüren erblickte, oder auf den Gasse» begegnete, so blaß/ entnervt und matt aus, als o5 254 Eintritt in die Straße von Sunda. sie schon mit der Seuche des Todes rängen. Ihr Wohn, ort liegt freylich mitten in Morasten und stehenden Lachen, woraus sie jeden Morgen, sobald der Seewind eintritt und über diesen Moor streicht, mit einem Qualme fauler, verpestender Dünste begrüßt werden. Die gerad herabfallende Sonne preßt aus hen seichten schlammigen Ca-nälen, von welchen die Stadt durchkreuzt ist, einen verderblichen Gifthauch in die Luft, und die gedrangt stehenden Baumrcihen auf den Kaicn und Straßen, geben in der Nacht schädliche Düfte von sich. Eben so muß der jählinge Uebergang aus einer kalten nördlichen Gegend mitten in den glühenden Himmelsstrich, ohne die erfordere lichen Veränderungen in der Lcbensordnung vorzunehmen, den menschlichen Körper noch empfänglicher für Krankheitsstoff machen. Doctor Gillan hörte, «es gäbe nur wenig Beyspiele, daß sich Fremde lang in Batavia aufhielten, ohne vom Fieber befallen zu werden, welches dort der allgemeine Nahme für jedes Uebclbefinden ist. Anfänglich werden Europäer, bald nach Ihrer Ankunft, laß und kraftlos; in wenig Wochen, manchmal in einigen Tagen darauf, ers lrauken sie. Der erste Grad ist mehrenthcils ein dreytä-giges Fieber, welches, nach zwey bis drey Anfällen ein doppeltes Tertianftcbcr, und dann ein anhaltendes Wech? sclficber wird, wovon der Kranke oftmals in kurzer Zeit wcggcraft wird. Viele werden ein Schlachtopftr des z'rcytcn oder dritten Anfalls, aber bey so bcwaudten Um- EMrltt in die Straße von Sunda. 255 standen sind die übrigen Symptome mit einem beständige« Wahnwitze und einem großen Streben des Bluts nach dem Gehirne zu begleitet. Bcy einigen zcigt es sich täglich mit regelmäßigen Zwischenräumcn von einem oder zwey Tagcn; dann wird es ein ordentliches Wechsclsiebcr, und hat die tichmliche tödtlichen Folgen/ wie die vori-gen. Die pcruvianilche Rinde wmd^' wahrend der ganzen Krankheit selten verordnet, oder doch so »reuig davon, daß sie nicht viel half. In dcr Diät des Patienten mach, te man keine Aenderung, und das vorzuglichste oder viel? mehr einzige Mittel, welches man anwandte, war Cams pher in Wcingclst aufgclößt, wovon dann und wann ein Eßlöffel in einem Glase Wasser genommen wurde. Da die ausübenden Aerzte in Batavia, wo man unstreitig die allcrerfahrcnsten besitzen sollte, sich nicht ordentlich auf die Heilkunde gelegt hatten, so langten sie damit aus, es in der Theorie als das Wesen des Fiebers anzunehmen, daß der menschliche Körper dadurch in Fäulniß gcrathe und verdorben werde; in Absicht auf Heilung aber, daß man, nach einer Vorschrift, die sogar weit einfacher ist, als die des Molicrc seine, am besten thue, da Campher der Fäulniß am kräftigsten entgegenwirke, dabey zu bleiben, und ihn bey jeder Verschiedenheit und Periode der Krankheit zu geben. Indessen ist das Wcchftlfieber nicht immer tödtlich, sondern halt zuweilen vicle Jahre an; der Patient wird es dann so gewohnt, daß er kanm daran denkt, und wenn er den guten Tag hat, seine Geschäfte 256 Eintritt ill die Straße von Simda. verrichtet und in Gesellschaft geht. Ein Herr, welcher just in einer solchen Lage war, bemerkte, daß der dasige Himmelsstrich allerdings außerordentlich vielen Europäern, die sich dort niederlassen wollten, das Leben koste, und er verlöre jedes Jahr viele von seinen Freunden, aber was ihn betreffe, er befände sich sehr wohl. Nicht lange nachher licsi er sich ein Tuch zum Abtrocknen der Stirne drin-gen, weil dies, wie er sagte, ein Fiebertag sey; er habe einen erschrecklichen Anfall diesen Morgen gehabt, und schwitze immer noch erstaunlich. Als man ihn fragte, wie sich das mit seiner vorigen Versicherung reime, daß er beständig gesund wäre, so gab er zur Antwort, es habe damit seine Richtigkeit, bis auf diese Anfalle, deren unge-achtet er sich ordentlichcrwcise sehr wohl befände; ersähe wohl ein, sie würden, ihn nach und nach auszehren wenn er lange hier bleiben sollte, indessen hoffe cr, seine Auge/ legcnhcitcn würden ihm erlauben sich von hier;u entfern neu, ehe so etwas zu befürchten wäre. Auf jene Anfälle folgen allemal Verstopfungen und harte Geschwülste in den Eingeweiden, welche regelmäßig nach und nach anwachs sen, so daß, wer auf den Fortschritt derselben achtet, beynahe berechnen kann, wie lange er noch zu lebc^ hat. Man nimmt an, daß von den sämmtlichen Europäern, welche hkr wohnhast werdcn, nicht immer die Hälfte das Jahr überlebt. In sofern gleicht die Stadt einem Schlacht-ftlde oder einer belagerten Festung. Wegen der häusigcll Todes, 'Villtritt in die Straße von Sunda. 257 Todesfalle wird man es ganz gewohnt davon reden zu hören, und die Leute scheinen weder sehr betrübt noch befremdet zu seyn, wenn sie erfahren, daß ihr gestriger Gesellschafter heute nicht mehr ist. Man hat G'Mid zu vermuthen, daß Vatavia den Europäcrmncn nicht so schädlich wird, als den Männern die dorthin kommen. Die el stern setzen sich selten der Soluicnhitze aus, braus chen fteisiig kalte Bader und leben mäßiger als das stars kcrc Geschlecht.« Daß indessen der Himmelsstrich beyden Geschlechtern verderblich wnd, bekräftigte die Gewährleistung einer Das me, deren Familic, besichcnd aus eilf Personen, nur vor zehn Monaten nach Patavia gekommen war, wovon bes reils ihr Vaccr, ihr Schwager und sechs Cchwcstern die Sckuld der Natnr bezahlt hatten. Jedoch giebt es eins zelne Beyspiele, daß d»e Ursachen, welche vielen andcin gefährlich werden, auf den Körperbau gewisser Lente weniger Wirkung äußern, wohin zu der Zeit, als> sich die Gesandtschaft in Batavia bcfand, der diesmalige General? gouvcrncur gehörte. Wahrend seines mehr als vierzig-? jährigen Aufenthalts allhier hatte er sich seine Geschäfte eifrigst angelegen seyn lassen, und kcine außerordcntlic! e Sorgfalt für seine Gesundheit getragen. Eben dasselbe galt von einem Nathe der Indier, wie die Mitglieder der hiesigen Regierung heißen, in dessen Hause der Gesandte nebst zwey audern aus dem Gefolge, einkehrten, und wal), Ersicr Baud. R 258 Eintritt in die Straße von Sunda. rend ihres Verbleibens auf dem Lande, mit der glänzend-sien Gasifrcyhcit bewirthet wurden. Das Haus dieses Herrn war großmüthig allen Fremden geöfnet, und er gab ihnen keinen Anlas sich an ihm selbst ein Beyspiel von Enthaltsamkeit zu nehmen. Er und der Gouverneur waren nicht nur frey von aller Krankheit, sondern wußten auch sogar nichts von der Mattigkeit, die man überall im beißen Erdgürtcl, wie in Batavia, zu fühlen pflegt. Andere Herren waren zwar nicht von so starker Leibcsbeschaft fcnheit; aber die Luft konnte ihrem thätigen Geiste wenig anhaben. Auch sogar die Gelehrsamkeit fand ihre Verehrer, ungeachtet man sich meistens mit einträglichern Verrichtungen beschäftigte. Die hiesige Sternwarte stand zwar unbenutzt, aber die Gesellschaft der Wissenschaften hatte noch ihren Fortgang. Zn den Beweisen der Aufmerksamkeit die man dem Gesandten gab, gehörte auch, daß er und einer aus seinem Gefolge, durch die Ucbcrrei-chung von Diplomen, zu Mitgliedern der Academic auft genommen/ und ihnen die bisher herausgekommcncn Bande von den Verhandlungen derselben geschenkt wurden. Einer der Rathe welcher als Aufscher des Hollandischen Verkehrs in Japan gewesen, war Willens eine Beschreib bung von diesem Lande herauszugeben, wo er, vermöge seiner Lage und Fähigkeiten, die wichtigsten Beobachtung gen machen konnte. Der Rath, welcher den Gesandten beherbergte, hatte eine schr merkwürdige Sammlung aus allen Fächern der Eintritt in die Straße von Sunda. 2gq Naturgeschichte gemacht, wovon er seinen Gästen verschiedenes schenkte; unter andern auch einen schönen Fasan, welcher nach England an einen Gelehrten von anerkannter Vorzüglichkeit m allen Theilen der Zoologie, dcn Doktor Shaw am Britlischcn Museum, geschickt wurde. „Seines Erachtens schien diescr prächtige Vogel, soviel sich aus allen Ornithologischcn Schriftstellern ergebe, die er nachgesehen, noch nicht beschrieben zu seyn. Die Ar-ten, sagte er, wclchc man in L'nnc und Latham findet, können im geringsten nicht darauf bezogen werden. In Absicht auf allgemeine Beschaffenheit und Aeustrcs, schien cr dem pKaliauuL curvu-oltrig, oder dem Impeyischcn Fa« sane am nächsten zu kommen: von welchem Osimdischen Vogel sich cine Beschreibung nnd Adblldung in Lathams Ornithologie, Wie im Nuleum I^everianum, befinden. Man darf aber nur die beyden Kupferstiche gcgcncinan-der halten, um sogleich zu sehen, daß er von diescn au-scrordentlich verschieden ist. Da der gegenwärtige mit beschädigten Schwanzfedern anlangte, so war es kaum möglich, völlig genau zu bestimmen, ob er zu den Fasanen mit langen oder keilförmigen Schweifen, oder zu dcncn, welche, wie der Impeyische Fasan, runde Schweife haben, gerechnet werden müsse: daher im Kupfer desselben die Einrichtung ausdrücklich so getroffen wurde, daß dieser Theil räthselhaft blieb. Die Hauptfarbe dieses köstlich gefiederten Vogels war schwarz, mit einem Schmelz von blau; dic Naturgeschichte könnte diese Farbe stahlschwarz 26o Eintritt ill die Straße von SuM. nennen, das ist, schwarz unter einer stahlblauen Gleiße. Besonders hatte der untere Theil des Rückens eine pracht-reiche Farbe, die, nachdem sich die Lichtstrahlen darauf brachen, bald in dunkles Rostbraun, bald in das strahlendeste Fcuergclb spielte, und den Leib wie ein breiter Gürtel umgab, aber am Unterleib weit dunkler als auf dem Rücken, wie auch etwas gebrochen und unregelmäßig war, besonders an den Seiten. Am Halse waren zwey große etwas spitzig zugehende Wammen, die sich mit den leeren Räumen auf den Backen vereinigten. Die Federn oben auf dem Kopfe, welche langlicht waren, liefen ein wenig hinterwärts, und sahen darum wie eine Art von Hinterhauptkamm aus. Der Schnabel hatte das Besondere, daß er länger und mehr aufwärts gebogcn war, als bey allen andern Vögeln dieses Geschlechts, den Impeyischen Fasan allein ausgenommen. Die Federn am Halse, auf dem Rücken und auf der Brust waren abgerundet, und eben so muschclartig oder schuppig wie bey Truthühnern; die Füße sehr stämmig, mit ein paar ausnehmend starken, breiten und scharfen Spornen bcwafnet. Füße und Schnabel waren falb. Dieser Vogel mag nun eigentlich Europäischen Ornithologen fremd ftyn oder nicht, so kann man wenigstens zuvcrläßig behaupten, daß er noch nichtgehörig beschrieben worden: eben so wenig kann das was bis jctzt in den Büchern systematischer Naturforscher den verschiedenen Arten als eigenthümlich ist beeygclegt worden, für einen richtigen oder hinlänglichen Eintritt in die Straße voll Sunda. 26, specifischen Charakter dcs gegenwärtigen Vogels gehalten werden. Man könnte ihn den Fasan mit dem Fc^ rrü-cken nennen, und das wodurch er sich wesentlich vo:« den andern unterscheidet, folgendermaßen angeben: der schwarze Fasan mit stahlblauem Glänze; die Seiten des Leibes rothbraun; der untere Thcil des Rüs «tens feurig rothfarden.: der Schweif abgerundet; die beyden mittlern Federn blaß, gelb/braun." Das Auge sieht sich hier vergeblich nach den gcmcls nen Thieren und Gewachsen um, die ihm in Europa tags lich vorzukommen pflegten. Um das Haus dcs Gastsrcuu-des, bey dein sich der Gesandte aufhielt, ließ sich der Cronvogel, wie er in Batavia genannt wurde, am öflers sien blicken; dies war aber nicht Linuc's ar^ea pavonina, sondern calumda ct-istata, da er, ausser dem Kamme/ mit ersteren nichts gemein hatte. Derselbe Herr hcgte auf sei, nem Landhause etliche große Kasuorcn, die ihm zwar schon lange zugehörteu, und zahm zu seyn schienen, aber doch zuweilen ihre natürliche Wüthigkeit verriethen, und Leute, die ihnen zu nahe kamen, mit ihren starken Schnabel ane fielen. Das Pflanzenreich ist hier ebenfalls neu. Sogar die Gartenbeete haben, anstatt des Buxbaums, eine Ein, fassung von Arabischem Jasmin, mit dessen duftenden Blüten die Pagoden von Hindosian ausgeschmückt we« den. Die Hollander welche in ihrem Vaterlande so große Gartenliebhabcr sind, haben diesen Geschmack auch hier eingeführt, wo er allerdings mit mehr Gedeihen befriedigt wcr- 262 Eintritt in die Straße von Sunda. dcn kann; auch gchen sie darin ziemlich weit auf ihren Landhäusern, die nicht fern vor der Stadt, aber doch noch in dem morastigen Bezirke erbaut sind, wovon sich ein verständiger Mann in Batavia des starken Ausdrucks bediente, daß die Luft verpestet, und das Wasser giftig scy. Und doch ist das Land ringsumher so grün, lustig und ergiebig, mtt so prächtigen Hansern, Garten, Baums reihcn, Canalen und Zugbrücken geziert, und in jcder Rücksicht so von der Natur zum gefallen gebildet, wenn man anders gesund bleibcn könnte, daß ein junger Mensch unmittelbar nach dcr Landung, hier bezaubcrt von der Schönheit der umgebenden Gegenstände, aber eingedenk der Lebensgefahr, in die Worte ansbrach: „Was für ein herrlicher Wohnort würde dies für Unsterbliche ftyn." Die erträglichste Iahrszcit hier ist vom März oder April an bis zum November, wo das Regenwettcr eins fallt, und wahrend der übrigen Monate anhält. Der Seewind erhebt sich etwa Morgens um zehn Uhr, und währt bis Nachmittags um vier oder fünf, worauf bis sieben oder acht Uhr Windstille herrscht, auf die dcr Land, wind folgt, welcher, jedoch unterbrochen, bis Tagesans bruch fortdauert; sodann ist dcr Wind, in den übrigen der vier und zwanzig Stunden, wieder ganz gelegt. Ein Thermometer von Fahrenheit hielt sich, während das Kriegsschif in der hiesigen Nhede lag, um 86" und 88" und in der Stadt um 88° und 92°; allein dle Wechsel desselben giengen keincswcges mit dem Gefühle auf, Wels Eintritt in die Straße von Sunda. 263 ches die Hitze im Körper erregte, da mit der letztcrn die geringste Bewegung der Lust, welche am Thermometer kaum bemerkbar ist, in Beziehung sieht. Ueberhaupt ist das körperliche Leiden, welches hier von der Hitze verursacht wird, nicht nach ihrer Gewaltsamkeit um diese oder jene Zeit des Tages, sondern nach ihrer Beharrlichkeit die ganze Nacht hindurch, zu berechnen; denn anstatt daß sie dann in kältern Landern zuweilen an zwanzig Grade fallt, ist ihre Heftigkeit allhier nur „m vier oder fünf Grade geringer als im Schallen wahrcnd die Sonne am höchsten sieht. Indcsscn daß Java den Veränderungen des Dunstkreises, welche in den nördlichen Gegenden von Europa bestandig vorfallen, nicht muerworsm ist, hat zuln we-nigstcn etwas Gutcs für.dle Eingcbohrnen: sie brauchen über Zahnkrankheitcn, die dort sehr im Schwange gehen, ganz und gar nicht zu klagen. Diesen Vorzug genießen sie auch unstreitig zum Theil darum , weil sie sich Haupt-sachlich von Gemüsen und Früchten nähren und nichts Gegohrnes trinken. Aber der Eigensinn des Geschmacks geht so weit, daß die tiefste Rabenschwarze ihre Lieblings-färbe an den Zahnen und ihr Maasstab von Schönheit ist, denn diejenigen, welche denselben die natürliche We sse lassen werden von ihnen mit Ajfcn verglichen. Daher färben sie sorgfaltig alle ihre Zahne so schwarz wie möglich , ausgenommen die beyden mittelsicn, welche sie mit Goldblättchen überziehen. Sobald sich Farbe oder Vcr- 264 Eintritt !N ,>ber die Schwierigkeit mit Gewalt in den Fws einzulaufen oder die Truppen auf andern Theilen d?r Insel ;u lan«» den, so hatte, schien' es, Batavia mchr Schutz als man ihm beym ersten Anblick zutrauen dürfte. Dcr Fluß hatte am Eingänge ein Wasserfort zu seiner Vcrrhcioigung auf welchem 14 Canonen und zwey Haubitzen, theils mit theils ohne Gestellen waren. Es bestand aus einer Brustwehre, die ursprünglich wohl angelegt war und sich auf eine Mauer stützte; aber jene war sehr vcrnachlaßiget und letztere von dem beständigen Anprallen der Wellen bey-nahe verfallen. Das Fort wurde auf dcr Landseite von einem schädlichen Moraste gedeckt und gegen die See nach N. W. zu dnrch weitreichende Sandbänke, worüber sogar Boote nicht kommen konnten. Die einzige gute Approsche wäre vom Cauale, den es vor sich hat und vertheidigt Das nächste Welk am Fluße war auf dem westlichen Ufer ungefehr eine Viertelmeile vom Wasscrfort. Es ist eine Batterie von sieben Canonen, die den Flus hinab reichen. Gcgen dieser über war eine Batterie von sechs Canonen, die auf den Flus giengen und zwey nach Osten. Dicfts Ganze bildete eine Flanke der Linie, welche auf dem Blachfelde nordöstlich von der Stadt angebracht . Eintritt tn die Straße von Sunda. 267 war. Die Linie bestand aus einem niedrigen, kaum sichts bmen Brustwlke von Erde. D''e Canale, welche die Stadt durchkratzen, fiicßen in den grosien Canal oder sogenannten Flns eine halbe Meile vom Eingänge. Unterhalb des Fusammenfiusscs lag querüber ein Zimmer-bäum mit eisernen Stacheln. Etwas weiter hinauf lag das Castell, ein regelmäßiges vixreckigtes Fort aber ohne R^uclmcn und andre Äußenwerke. Äuf jede Flanke waren zwcy Canons! gepfianzt, und cbci« so diel oder manch-mal drey auf jede Faße, aber wedcr en barbette noch en omkrasut-e, sondern in einer Lage zwischen bcyden, wodurch sie die Nachtheile beyder ohne ihre Vortheile halten. Die Mauer war etwa 24 Fuß hoch und von Werkstücken aufgeführt. Es hatte kcincn Graben aber einen Canal nicht weit davon; desgleichen keinen Cordon. Die Lange von der Aussenseite des Werks betrug etwa 720 Schuh. Die Stadt ist dreyeckig, drcy Viertelmcilcn lang und cine h^lbe Meile breit; rundum lauft eine ungefehr zwanzig Fuß hohe Mauer, an welcher verschiede» gestaltete Projemoncn angebracht waren, die ctwa 350 Schuh aus einander standen und meistens jede drey Ca-nonen hatten. Rund herum war ein Canal gezogen, in welchem sich etliche Schlcußen befanden. An gewissen Passen nicht weit von der Stadt standen drey bis vier Forts von Erde, die man vermnthlich zur Vertheidigung gegen die Einheimischen aufgeworfen hatte. «63 Eintritt in die Straße von Smida. Die bestimmte Anzahl regelmäßiger Truppen belief sich auf eintausend zweyhundert Europäer, von denen dreyhundert Artillerie uud dle übligen Infanterie seyn sollten. Da man es aber wegen des Einflusses der Luft unmöglich fand diese Anzahl unverringert zu erhalten, so mußte man sich mit Eingebohrnen behelfen, von welchen 5Oo im Dienste waren, so daß die regelmäßigen Euro-päischen Truppen nur auf 700 stiegen. Es gab auch drcyj hundert Frcywill^ge aus der Stadt, die in zwey Compagnien getheilt, aber nicht disciplinirt waren. Die un? regelmäßigen Truppen beliefcn sich auf eine grössere Anzahl und bestanden aus Insulanern, die man in ordentliche Corps getheilt, und aus Chinesen, gegen wclche die Hollander so mistrauisch waren, daß sie dlesechcn blos mit Lanzen bewafneten. Von den letztern beyden durften die Holläilder keine große Hulfc erwarten, und da sie all/ jährlich eine Menge Europäischer Truppen verlieren, so schien ihre Macht zn einem wirksamen Widerstände zu unbedeutend zu seyn. Ihren übelbemannten Schissen, welche hier liegen, gewahrt die befestigte Insel Onrust den meisten Schutz ; sie hat eine gute Lage um den Canal zn bestrcichen, auf welchem die Haupteinfahrt in die Rhede ist. Das Werk auf der Insel war fünfeckig; aber die Bastionen klein und niedrig, die höchste war nicht höher als 12 Schuh, und sie hatten nicht immer Cours tincn. Unlängst hatte man vor diesem Werke einige Bat? terien nach der See zu errichtet. Auf diese und auf die Eintritt in die Straße von Sunda. 26^ Bastionen hatte man etwa 40 Canonen in verschiedenen Richtungen gepflanzt. Südlich von diescm lag eine andre Insel etwa ein paar hundert Rmhcn davon, auf welcher zwey Batterien, die zusammen 12 Cauonen hatten neulich erbaut worden." Das Casiell ist aus Corallengesiein erbaut, welches man von den nahen daraus bestehenden Inseln genontt men Hal; es gewahrt den Vortheil einer Befestigung aus Backsteinen, in welchem sich die Kugeln des schweren Geschützes lcicht vergraben und weder Splitter absprengen noch dic Mauer rissig machen. Die Stadtmauer ist zum Theil aus Lava gcbaut, welche dunkelblau aussieht, von sehr hartem dichtem Gcfüge ist, einen metaling Ton von sich giebt, und überaus viel Achnlichkeit mit einer gewissen Lava des Vcsuvs hat. Sie kon'mt von den Bergen in der Mitte von Java, wo ein Feuerbecher annoch raucht. Man findet keine einzige Stewart auf viele Meilen weit hinter der Stadt Batavia. Marmor und Granit bringt man aus China hierher. Die von dort segelnden Schisse, gemeiniglich Iunkcn genannt, sind vornehmlich mit Thee, Porcclan und seidenen Zeugen befrachtet und kommen größtcmhcils nach Vatavia aus den Häfen der Provinzen Canton und Fockicn an der südlichen ui,d südöstlichen Küste dieses Reichs. In diese Iunke schiffen sich bestandig eine große Menge Chincscn nach Vaiavia ein, um Reichthümer m der Fremde zu erwerben, welche Absicht gerade auch den 272 Eintrrtt in die Strasse von Sunda. Holländer hicrhcrzicht. Beyde habcn gemeiniglich in ihrem gegenseitige!: Vatcrlande zll den niedern Ständen der Gesellschaft gehört und sind auf ahnliche Art zur Ar-bcitsamkeit angehalten worden, aber die Verschiedenheit der Umstände, in welche sie nach ihrer Ankunft in Bata-via gerathen, macht daß man hinfüro keine Verglcichung mchr zwischen ihnen anstclkn kann. Die Chinesen können hier nicht anders ihr Glück machen, als wenn sie bey ihrem vorigen Fleiße an einem Orte beharren, wo man sie besser belohnt, und, wahrend der Zmücklegung ihres Erwerbs mit dcr strengsten Sparsamkeit leben. Alle Gelegenheit durch Gunst zu steigen ist ihnen abgeschnitten und tcinc öffentlichen Aemter stehen ihrem Ehr-gcltze osscn; aber sic beschäftigen sich mit allen Verrichtungen , welche Aemsigkeit erfodcrn und was nur immer durch Aufmerksamkeit und Arbeit erlangt wcrden kann, das geht ihnen von Statten. In dcr Stadt machen sie die Kramer, die Schreiber und Spediteurs, auf dem Lande sind sie Fcldbaucr und die vorzüglichsten Pflanzer des Zuckerrohrs. Sie erwerben sich endlich ein Vermögen dessen Werth sie nach dcr dabey aufgewandten Mühe und Arbeit ansetzen. Abcr dieser unvcrmclktt Anwachs ihrer Reichthümer hat bey ihncn weder auf Dcnkuugsart noch Lebensweise Einflus: ihr Flcis nimmt cbcn so wenig dabey ab als ihre Gesundheit. Die Hollander hingegen, welche von der Compagnie hierher geschickt werden, um die Geschäfte derselben in Asien zu versehen, fangcu bald Eintritt in die Straße von Sunda. 271 an zu bemerken, daß ihnen die Macht, der Reichthum und die Besitzungen des Landes zu Gebote stehen. Dicjeni« gen welchr langer als gewöhnlich leben, erheben sich bald zu Aemtern die einträglich sind und ihnen keine Mühe fosten. Durch ihren Einflus sind sie auch im Stande bey Handclsuutcrnchmungcn cincn ausserordentlichen Gewinn zu machen. Zur Plackerei) und dcn geringfügigen Ge-schaftcn im Verkehr lassen sich die Chinesen mit Vergnügen brauchen; »nan bedient sich ihrer wie der einheimischen Banyancn und Dcbascher in Calcutta und Madras; als iiittei-gcordmter Werkzeuge, wahrend daß es ihren Obern in diesem ueucn Wirkungskreise schwer wird sich zur Fort? sctzung ihrer vormaligen Lebensart zu entschließen oder dem Hange zur Trägheit und zum Wohlleben zu widerstehen, wiewohl sie oft dabey ihre Gesundheit, wo nicht gar ihr Lcben, preisgeben müssen. Unter andern überlassen sie sich dcn Ergötzungen der Tafel oft bis zur Un, gebühr. In allen Theilen der Niederlassung giebt es mehrere ansehnliche Häuser, wo man ziemlich früh gedeckt findet; außcr Thee, Cassee und Schockolade werden auch Fische und Fleisch zum Frühstücke aufgetragen; kaum ist dies vorüber, als Madera und Bourdeauxwein, Kornbrand-tewein, Holländisches Hall'bicr und Englischer Porter im Allsscnzimmer vor dem großen Eaalc aufgetischt, allen Gästen Pfeifen und Toback gebracht und ihnen blanke, messingene Gefäße neben dcn Slnhl gesetzt werden, um 273 Eintritt in die Straße von Sunda> die schleimichte Feuchtigkeit zu empfangen, welche der Toi back meistens hervorrcitzt. Diese Zcitkürzung währet manchmal mit weniger Unterbrechung, bis beynahe zum Mittags cssen, welches ungefehr gegen ein Uhr auf die Tafel gesetzt wird. Es ist sonach nichts sehr Ungewöhnliches, daß einer auf seine eigene Person eine Flasche Wein vor dem Hauptmale trinkt. Manche ziehen ihr heimisches Dünnbier aus Holland vor, wovon sie etliche Flaschen zu sich nehmen, wcil es, wie man ihnen sagt, tas Blut verdünnt und überfiüßige Safte zu einer starken Ausdünstung giebt. Gleich vor dem Mittagessen wird von zwey Leibeigenen Madcrawcin unchergetragen, wovon jeder Anwesende, zur Erregung heißerer Eßlust, einDops pelglas nimmt. Drauf folgen drey Sklavinnen: die erste tragt eine Carassme mit Wasser, zuweilen mit Rosen? wasscr, zum Waschen ; die zweyte ein silbernes Becken mit einer niedrigen durchlöcherten Einlage, von demselben Metalle, wodurch das gebrauchte Wasser sogleich abstielst; und die dritte reicht Handtücher zum Trocknen dar. Bcy Tische hört man in dcr Nähe Tafelmusik, lediglich von Sklaven aufgeführt, welche man sorgfältig dazu unterrichtet. Eine ziemliche Anzahl von Sklavinnen wartet beym Essen aus, welches aus sehr verschiedenen Gerichten besteht, obgleich dann die bereits überfüllten Magen kaum etwas anders als Getränke annehmen. Unmittelbar nach Tische kommt Eaffec. Die vier und zwanzig Stunden ha bell Eintritt in tie Sttaße von Sunda. ^73 haben hier, in Absicht auf Lebensart zwey Tage und zwey Nächte; denn bald nach dem Caffcctrinken begicbt sich jedcr in scin Bett, worauf Matratze, Pfühl, Kopfküssen , fein kattunene Bettdecke, aber keine Tücher sind, und legt seine Nachtkleider an, welche aus einer nesscl-tuchenen Mütze und einem weiten langen Schlafrocke von Kattun bestehen. Ist er ledig, wie es bey weitcm die meisten sind, so muß ihn, wahrend er schlaft/ eine Sklas vin fächeln. Gegen sechs Uhr stehe» sie wieder auf, ziei hen sich an, trillken Thee, fahren in ihren Wagen aus und gehen in Gesellschaften, wo sie bis spat in die Nacht beysammen bleiben. Bey den Morgenbesuchen kommen meistens nur Manner zu einander, da sich die Frauen selten vor Abend wollen sehen lassen. Wenige von diesen sind gebohrne Europäerinnen; meistens stammen sie von Hollandern, die hier ansaßig gewesen; man wendet auch auf ihre Erziehung einige Sorgfalt. Die Züge und Umrisse von ihren Gesichtern sind Europaisch, aber an Farbe, Sinnesart und Lebens-wcise nähern sie sich mehr den eingebohrnen Bewohnern von Java. Sie sehen bleich und matt aus: nicht die mindeste Rose blüht auf ihren Wangen. Im Hause zitt hen sie, wie ihre Sklavinnen, ein langes rothgewürseltcs Gewand von Kattun mit weiten Aermeln an, welches bis aus die Knöchel herabfallt. Sie tragen keinen Kopfputz, sondern siechten ihr Haar und halten den Zopf oben Erster Baud. S 274 Eintritt in dle Straße von Sunda. auf dem Haupte mit einer silbernen Nadel zusammen, wie die Landmädchcn in einigen Cantonen der Schweiz. Die Farbe ihres Haars ist fast durchgängig schwarz: sie salben es mit Cocoslwßöl und schmücken es mit Blumenkränzen. Wenn sie Besuche abstatten oder in ihren Wagen ausfahren, vornehmlich aber wenn sie in Abendgesellschaften gehen zichcn sie vrachti.qc, mit Gold und Silber durchwirkte Leibklcider von Nesscltuch an und stecken ihr H.iar voll Juwelen; doch tragen sie keinen Puder. Knapp zu scheinen und ihre Gcstalt nach allerley Wahns begriffen von Schönheit oder herrschender Mode zu formen / kommt ihnen nie in den Sinn; daher fiel der Abstand schr auf, den sie mit etlichen neulich aus Holland an-gekommenen Damen machten, welche gepudert/ von weißer Gesichtsfarbe, enge geschnürt und mit hohem Kopfputze geziert waren, auch Reifröcke trugen und sich immer noch bemüheten/ wie sie von Jugend aus gethan, ElbogeN/ Kopf und Schultern zurück zu halten. Jede einheimische Dame wird bestandig von einer hübsch ange, zogenen Sklavin begleitet, die sich sobald ihre Gebieterin Platz nimmt/ vor derselben zu Füßen auf den Boden hinsetzt, und in der Hand einc ihrer Frau zugehörige, goldne oder silberne, in zwey Fächer abgetheilte Büchse halt, worinn geschnittene Stücken von Arecanuß/ Car-damomenkörner, Pfeffer, Toback und gelöschtem Kalk liegen, welches alles in gehörigen Maaßen untereinander gemischt und in ein Betelblatt gewickelt, gekauet wird; ^ Eintritt in die Straße von Slmda. 27s es hat einen atzenden Geschmack, und ist in allgemcis nem Gebrauche. Wird den Frauen die Hitze in öffentlis chen Gesellschaften lastig, so entfernen sie sich, legen ihre köstlichen aber unbequemen Kleider ab, und kommen ohne Schüchternheit, in einem leichtern, wettern Anzüge zus rück, so daß ein Fremder sie kaum wieder erkennt. Dl" sem Beyspiele folgen die Herren und erscheinen, nachs dem sie sich ihrer schweren Feycrkleider entledigt haben / in weißen Camisölern, an denen sogar manchmal Dias mantkliöpfe sind. Aeltliche Herren vertauschen ihre Pcr, rücken gegen Nachtmützen. Blos in diesen Augenblictm machen die hiesigcn Rcgierungsrathe eine Ausnahme, sonst verbinden sie jederzeit persönliche Behaglichkeit mit morgcnlandischcr Staatsklllghcit und wissen durch die Annahme äusserer und ausschlicssender Kennzeichen dm Gemüthern des Volks Ehrfurcht einzustoßen. Sie alleilt lassen sich, zum Beyspiel, in Carmelm sammt gekleidet, außer dem Hause schen. Ihre Wagen zeichnen sich durch eigenthümliche ^errathen ^^ Begegnet ihnen jemand, so muß jedweder halten und sie ehrfurchtsvoll grüßen. Eins der Stadtthore wlrd blos für sie gcöfnet. Sie bc-hauptcn unstreitig mit Erfolge eine unumschränkte Herrs schaft über eine ausscrordcntlich übcrlcgcnc Anzahl von Abkömmlingen der Mbcwohncr des Landes, von eiliges führten Leibeigenen, und von Chinesen, welche die Höft mmg des Gewinns hierhergczogen hat. Diese versaß denen Stamme ob sie gleich gesund, thatig und eingewoh-lt ?"' „. 27V Eintritt in die Straße von Sunda. sind, gehorchen doch willig ein paar ausgemergelten Eu ropäern. Hier sieht man was cs heißt, einmal am Ruder zu sitzen, ferner wie überschwenglich mchr der Geist, denn blos körperliches Bestreben vermag und was vereinte Gewalt gegen getheilte Kräfte ausrichten kann. Die eingcbohrncn Javanesen sind im Ganzen zu weit von Verfeinerung entfernt, als daß ein wärmer ergicbi» ger Erdstrich nicht leicht alle ihre Bedürfnisse befriedigen sollte. Matt trachtet nicht Sklaven aus ihnen zu machen, und die Regierung der Hollander ist ihncn weniger übers lästig als die dcr andern, welche so wie jene einen gewissen Antheil an der Oberherrschaft der Insel haben. Dcr Sultan von Mataran regiert auf der Morgenseite, der Kaiser von Java in der Mitte und der König von Bantam gegen Westen, aber die Küste,und eigentliche Gewalt gehören fast gänzlich den Hollandern zu. Jene Machte sind gleichfalls fremden Ursprungs: ihre Ahnherren, die Araber, führten die Muhametanische Religion hier ein und unterwarfen sich die Insel, ausgenommen etliche Bergbewohner, die ihre Unabhängigkeit und ihren Glau-ben, unter attdern auch an die Ceelcnwanderung, beybehalten haben. Hollandischen Berichten zufolge, geht Nichts über die Tyranney dieser Muhametanischen Fürsien. Der Kaiser soll scin Ansehn durch ein Heer von vielen tausend Mann unterstützen, die in seine Länder vertheilt sind, und soll außerdem noch eine zahlreiche weibliche Leibwache halten. Diese soldatischen Frauenspersonen Eintritt in dle Strasse von Sunda. 277 werden, wie man will, den Gebrauch der Waffen gelehrt, wolcy man sie jedoch nicht in den GcktMlichkei-ten zu unterweisen verabsäumt, die einigen von ihnen mehrere Brauchbarkeit ertheilen und sie nicht bloßc Begleiterinnen des Kaisers seyn lassen, sondern sie auch lu Gesellschafterinnen Seiner Majcstat erheben können. Zu einer so seltenen Einrich uilg m^g die Leichtigkeit Anlas gegeben haben, mit welcher man diese Wache voll-zahlig erhalt, da, wic die nehmlichen Berichte vorqes b.n, die Mehrheit der weiblichen Kinder in Java sehr beträchtlich die männlichen überwiegt. Die meisten Sklaven beyderley Geschlechts werden von Celebes und andern mehr nach Morgen gclcacm'n Inseln hierher gebracht. Sie bilden keinen besoildcru Körper, sind auch durch kcln gemcinschaftliches Band vereinigt, und ihre Herren begegnen ih.:cn im GauM nicht so, daß die unglückliche Lage, anderer Eigenthum zu seyn, dadurch vermehrt würde. Man zwingt sie nicht zu übertriebner Arbeit; sie haben genügsamen Unterhalt; indessen ist es unbezweifelt, daß viele der männlichen Leibeigenen allhicr, welche vielleicht in Unabhängigkeit lebten, bis sie in ihren Kriegen zu Gefangnen gemacht wurden, manchmal die unbedeutendsten Kleinigkeiten von ihren Gebieter-: übel nehmen und ihre Rache durch Meuchelmord kühlen. Die Furcht davor ,st eine Ursache mehr, warum man in Batavia lieber Sklavinnen zn «Uen Verrichtungen mmmt, denen sie vorstehen können; 2?x Eintritt in die Straße von Sunda. daher weit mehr Leibeigene von ihrem als von dem aw dern Geschlechte angekauft werden. Oftmals wenn die lctztern Rache beschlossen haben, nehmen sie, um Muth zu erzwingen, cm ungewöhnlich großcs Stück Opium zu sich, worauf sie bald wahnsinnig und verzweiflungs-voll werden, und nicht allein den Gegenstand ihres Grolls erstechen, sondern auch wüthend in die Straßen lanfcn und jeden, der ihnen begegnet, auf gleiche Art anfallen, bis persönliche Sicherheit befiehlt, sie umzu-bringen. Sie gleichen dann den tollen Thieren, die auf jeden losstürzen; und dergleichen Vorfalle erzählt mnn nicht nur von Sklaven, sondern eben so häufig von den srcygebohrncn Inhabern des Landes, welche vor Gewissensangst im Spiele, wozu sie einen entschiedenen Hang haben, ihr Geld, ihre Habseligkciten und mitunter ihre Familien, verlohrcn zu haben, desgleichen wenn sie von einer andern Leidenschaft oder Widerwärtigkeit bestürmt werden, zu demselben Mittel mit gleich entsetzlichem Erfolge ihre Zuflucht nehmen. Neigung zum Spiele und Geschmack an Opium sind auch bey den Chinesen in Vatavia nicht selten, aber von Jugend auf an gewisse Einschränkungen und an Mäßigung Mwöhnt, besonders aber zur Behutsamkeit aufcrzogen, halten sie Trieb und Sinnlichkeit im Zaume und verfallen solchergestalt nicht auf die nehmlichen Ausschweifungen. Uel,erhm,pt sind sie weit mehr im Stande furchtbare Anschläge gegen die Regierung auszuführen; wie sich denn Eintritt in dlc Straße von Sunda. -7«, wirklich im Jahre 1740 eine beträchtliche Anzahl Chlne^ sen, die im Lande zerstreut wohnten, zur Meutere,) umer einem Rädelsführer zusammellrotttte, welchcr dem Verlauten nach, von cincm Chinesischen Kai,er a!m soll wirklich mit den Eingebohrnen der Philippinischen Inseln eben so wenig ausrichten können, und die Laßigkcit der Spanier macht, daß die Chinesen dort so zahlreich und unentbehrlich als in Java ge-worden sind. Es dürste diesen beyden Europäischen Nazioncn leicht wie ihren Vorwesern, den Portugiesen ergehen, da sie in den nehmlichen Fehler verfallen. Von letztern hat sich noch ein Stamm in Batavia erhalten, woraus die meisten Handwerke treiben, oder sich zu Bedienten in Familien verdingen. Sogar die hiesigen Frauenzimmer reden nicht nur die Landessprache und Holländisch, sondern finden es anch bequem, Portugiesisch zu lernen, welches immer "och in den meisten alten Europaischen Niederlassuugcn des Morgenlandes verstanden wird, woraus man erachten tlMl,, wie tiefe Wurzeln Portugal! wahrend seines Eintritt in die Straße von Slmda. 28z Flors in diesem Welttheile muß getrieben haben. Die Sprache der Portugiesen hat jetzt hier ihre Herrschaft und selbst ihre Religlon überlebt, indem ihre Abkömmlin, gc nack und nach die Calvinisiischcn Lchrcn der Hollander angenommen haben, und vielleicht sind eine Portugiesische Gemeinde und Gottesverehrung, außcr dem Sprengel des Pabsithums.. cine seltsame Erscheinung. Daß die Bewohner der inneren Gegenden von Java entweder außer Stände, oder nicht geneigt sind die kost-baren Waaren, welche häufig hier eingeführt werden, abzunehmen, davon geben die Laden der Hauptstadt einen deutlichen Beweis ab: man darf sie zmn Beyspiel nicht mit denen in Rio vergleichen, wo von den seltensten Gü< tern vollständige Lager zum Gebrauche der zahlreichen und blühenden Portugiesen auf den mnlälidischen Pflanz-örtern gehalten werden; denn in Batadia sieht man fast nichts als Trödlerladen, wo Ausschus und abgenutzte Sachen feil sind. Aber für die köstlichen Erzeugnisse der Mo, lukkischen oder Gcwürzinseln sind große Niederlagen aufgebaut, aus denen die übrige Welt damit versorgt wird; überdem enthalten sie noch Cassec, Zucker, Pfeffer und Arrack, welche von der Insel selbst kommen. Der Anbau von Muskatcnnüsscn, Muskatcnblüten und Gewürznelken/ welcher so lange auf die überaus kleinen Inseln Tcrnate, Banda und Amboyna eingeschränkt worden, kann unstreitig in mehr als einerley Boden gedeihen. Aber die Holländische Compagnie verfiel auf das alleraußerordentlichlis 254 Eintritt in die Straße von Sunda. Mittel, den ausschließliche» Handel davon zu behalten, und sogar zu verhindern daß ihre eignen Waaren zu hä«, fig würden, weil dadurch vielleicht der Preis leiden möchte. Es wurden gewisse Leute unter den Nahmen Ausrotte« angestellt, denen man gemessene Befehle und beträchtliche Unterstützung, zur Vollstreckung derselben gab, daß sie die Baume, auf welchen jene angenehmen und kostbaren Ge-würze wachsen, ohne Anstand von allen erreichbaren O« ten ausraufen, und nur einige wenige an gewissen kleinen Flecken stehen lassen sollten, damit Niemand der Compagnie das Eigenthum und den Verkauf davon streitig machen könnte: ein Plan, womit es darauf abgeschcn war, den mildthätigen Absichten der Natur entgegen zu arbeiten. Daher waren die Muskatnußbaume von den Ausrottcrn in allen Molutken, Banda ausgenommen, vernichtet worden,- und da diese Insel bey dem Feuerauswurfe eines Vulkans, etliche Jahre darauf, entweder durch die große Menge von Asche oder durck sonstige Beschädigung an den Gewachsen viel litt, so schwebte man einige Zeit in großer Besorgnis, daß von dieser thcu-xen Spezcrey nur sehr wenig zum Heimscnden da seyn, und die Hollandische Compagnie mithin durch ihre unbändige Gewinnsucht verlieren würde. Aber die Geschäftsträger derselben werden jetzt von so edler Uneigennützigkeit beseelt, daß einer von ihnen ein Muskatennußbaumchen mit einer Nuß, welche schienen fortkommen zu wollen, «Ms dem meMcinischen Garten in Batavia Jemanden in Eintritt in die Straße von Sunda. 285 der Gesandtschaft gab: dieser vertraute es einem Herrn an, der just auf seiner Rückreise nach England begriffen war, und es in des Königs reichen Garten zu Kew abs liefern wollte, von wo man den Baum, wenn er gediehen Ware, leicht nach Brittischen Besitzungen in Wcsiindicn hatte verpflanzen tonnen, so wie zu Anfange dieses Jahrhunderts etliche von den Cassecbäumen des Botanischen Gartens in Paris, wo man auch nur sehr wenige hatte, nach dem Französischen Wesiindien versendet wurden. Mein das MuStatennusbaumchen wurde auf der Fahrt beschädigt, und in Et. Helena zurückgelassen. Der Muskatcnnusbaum ist ein schönes Gewächs. Der Stamm, in eine glatte braune Rinde gehüllt, wachst völlig gerade empor. Seine starken und zahlreichen Aeste kommen regelmäßig heraus, und sichen schräg nach oben zu. Sie tragen große langlichtrunde Blatter, welche herabhängen, und mitunter einen Schuh lang sind. Die äußere Oberfläche des Blattes ist glatt und von angenehmem Dunkelgrün. Die innere Seite zeichnet sich durch eine starke Faser aus, welche vom Stiele in die Mitte hinauf bis an die Spitze lauft, und von dieser mittleren Faser erstrecken sich andere in schiefer Richtung an die Spitze und den umgebenden Rand ; aber was diese innere Seite am meisten unterscheidet, ist ihre einförmige glänzende braune Farbe, ohne die mindeste Beymischung von Grün, und ein Ansehn, als ob sie über und über mit einem feinen braunen Pulver überstreut wäre. Das ganjc 286 Eintritt in die Straße von Sunda. Blatt hat einen besondern Wohlgeruch, welcher gemlgs saw auf die Frucht des Baumes schließen läßt. Wen« diese Frucht frisch ist hat sie die Größe und Gestalt einer gemeinen Pfirsche. Sie bcstcht ans eincr äußern Rinde, zwischen welcher, und der innern Schale, eine netzartige oder getheilte Haut ist, welche getrocknet den Nahmen Muskatenblütcn erhält. Was man gemeiniglich Muska-tennus nennt ist dcr anfänglich weiche Kern innerhalb der Schaale. In dem nehmlichen medizinischen Garten zu Batavia sieht cin Gewltt'znelkendaunl. Die Nelke ist blos der Fruchtknoten mit dem Blühtcnbccher oder Gcwürznägelein, worinn er liegt. Das Blatt ist länglichrund, glatt, klein, schmal, zart und würzhaft. Dcr Campherbaum hat beys nahe eben solche Blätter wie die Gewürznelke, nur sind sie starker, und riechen, so wie alles am ganzen Baume, nach dem Campher, welcher dadurch gewonnen wird, daß mau Wurzeln, Stamm, Zweige und Blatter in Wasser kocht; er steigt dann herauf, und kann leicht abgeschöpft werden. Der Zimmtbaum laßt sich nicht allem an den drey Rips pen erkennen, welche stets die innere Seite seines länglichrunden Blattes regelmäßig abthciien, sondern auch durch den Würzgcmch, den alle Acsie und Blatter, wenn man sie treibt, eben so, wie bekanntermaßen die Rinde, von sich geben. Der Pfeffer, von welchen man bemerkt hat, daß er am besten in der Nahe des Äquators fortkömmt, ist ein Wcinholzartig, an irgend eimm lebendigen Eintritt in die Straße von Sunda. 257 Baume sich hinausschlangelndcs Gewächs. Er hat dunkelgrüne und fast eben solche Blatter wie der gemciue Hasclnußstrauch, ist aber im Geschmacke von beitzcnder Herbe. Dcr Pftffcr wachst, wie die Weinbeere, in Trauben, aber in kleineren. Von einer Art dieses Gewächses kommt das sogenannte Betelblatt, welches so allgemein von den südliche, Morgenländern gckauet wird, und zum Einwickeln einiger Schnittchen von der Areca dicnt, die man darum irrig Bctelnuß heißt. Dcr Arecanußbaum gehört zu den kleinsten des Palmengeschlechts, kommt aber an Schönheit dcr Kohlttagenden Arekapalme in Wesiin-dien am nächsten: nur unterschefdet sich die letztere vornehmlich an Dicke und erstaunlicher Höhe vom Arccanuß-bäume, dessen in Absätze getheilter Stamm selten über vier Zoll im Durchmesser, ui:d mehr als zwölf Schuh in der Höhe hat. Aber beyde haben das vollkommenste Ebenmaas; keine Tempelsaulen können abgemessener seyn, als dcr Stamm, wclchcr ohne einen Ast emporschießt, indessen dic großen ausgespreuten Blatter, welche den Gipfel krönen, das verzierte Capital bilden. Die getrocknete Arecanuß hat an Gestalt und Geschmack einige Achn-lichkcit mit der Muokatennuß, ist aber nicht so groß. Ueber den vermeintlichen Uvas oder Giftbaum in Java, wovon Forsch eine Nachricht bekannt gemacht hatte, die aber, in Eiland wenigstens, nicht eher Aufmerksamkeit erregte, als bis Dokror Darwin in einer Anmerkung zu stiuem gepriesenen Gedlchtc, der Botanische Garten, 255 Eintritt in die Straße von Simda. derselben erwähnte, hierüber zogen Doctor Gillan und verschiedene andre in der Gesandtschaft Erkundigungen ein. Forsch war wirklich einige Zeit Wundarzt in Java, und bereißte etliche Striche vom Innern der Insel; was cr aber von einem Baume erzehlt, dcsscn Gift so wirksam seyn soll daß braucht hatten, die Wunde eine geraume Zeit offen zu halten, und cine Eyterung zn erregen. Einer der Leute, die beym botanischen Garten in Batavia angestellt waren, versicherte den Doctor Gillan, daß ein Baum, von well chem sich ein giftiger Saft absondere, unter der dasigen Sammlung befindlich sey, daß man aber die Eigenschaft ten deffclbcn den moistnl Leuten in der Niederlassung ver, hele, damit sie nicht unter den Sclaven ruchtbar würden, welche in Versuchung gerathen könnten, einen bösen Gebrauch davon zn machen. In demselben medizinischen Garten, welcher sonach schädliche wie ersprießliche Erzeugnisse enthält, befindet sich auch das Gewächs, wor-Erster Band, T aqo Eintritt in die Straße von Sundae aus das berühmte Podagramittel, odcr die Japanische wox2 verfertiget wird, von der in Sir Williams Tcmplc's Werken die Rede ist: sie ist wcitcr nichts als eine Art von artennlia. deswegen vom Linne moxa genannt, welche, durch ein leichteres Verfahren, denn mit anderen Pflanzen thunlich wäre, in eine Art von weichem Zunder verwandelt wird, der, wenn man ihn anzündet, zu einem gelinden Brcnnmittcl dienen kann, da er immer einförmig und gemäßigt fortbrennt. Durch die ganze Insel trift man einen Nebcrfiuß von genießbaren Früchten an, und anstatt d^ß nördliche Erdstriche einen Boden haben, welcher während der langwei-ligen Wiuterzcit dem Anscheine nach unfruchtbar ist/ und bis kurz vor dem Herbste wenig zeitiget, so werden die Geschenke der Nalur zwischen den Wendezilkeln, Jahr aus Jahr ^in, mit voller Hand ausgetheilt. Unter anderem Obste war auch die Mangostine im März reif, welche häufig in Java wachst, und dort für die allerleckerste Frucht gehalten wird. Man trift sie selten nördlich vom Acquator an, sogar in den wärmsten Breiten nicht; und weder Wcstindien noch Hindosian können sie aufweisen. Sie ist etwa von der Größe eines Nonpareilapfels, und besieht aus einer dunkcliothen dicken festen Schaale, welche fünf bis sieben Körner enthalt: diese sind mit! einem weißen Fleische bekleidet, das den einzigen eßbaren Theil ausmacht. Sie hat einen erquickenden säuerlichen Ge/ Ichmacf, welcher nicht schr von dem des Fleisches unter,< Eintritt in die Straße von Smlda. ^yt schieden ist, welches die Kerne am sogenannten sauren Visscn in Wcsimdien umgiedt. Die Ananas baut man hier nicht in Gärten, sondern auf Feldern an, und bringt sie in großer Menge, wie weiße Rüben, auf Karren zu Markce, wo das Stück kaum ein paar Pfenninge kostet, ob das Gcld hier gleich in niedrigerm Preise steht als in England. Es war etwas gewöhnliches, daß man, um Degen oder andere stählerne und eiserne Werkzeuge zu säubern, sie durcl, Ananas st^ch, weil diese die allerstark-l ste und wohlfeilste Saure zur Wegnahme des darauf btt findlichen Rosts enthielten. Das Pfund Zucker kostete nngefchr drey Groschen. Me Arten von LebensMittcl waren wohlfeil, und das Schissoolk bekam taglich frisches Fleisch. An einem so niedrigen, warmen und marschichtctt Orte, muß die Anzahl des gefährlichen Ungeziefers unstreitig beträchtlich seyn, abcr man hört nicht daß es viel Unheil anrichte. Die Eidechse, genannt lacerta jn-uana, oder Auana, ist zwar im Grunde cin Landthier, aber ihrer äußern Gestalt nach nicht fthr von Lcguan, lacerta era-caöiws, nnterschicden, welckes in den Canalcn und Flüssen dieses Landes häusig angetroffen wird. Aber wie uni schädlich auch jenes Thier ist, so gehört letzteres doch zu den aNergefläßigsten. Es ist ausgemacht, daß man hier das Crocodil mit Furcht betrachtet, welche, durch leinel, sehr ungewöhnlichen Uebergang von Empfindung unvermerkt zur Verehrung erhöhet wird, daher man ihm auch, wie 29- Eintritt in die Strasse von Sunda. einer Gottheit, Spenden darbringt. Manchmal, wenn ein Javaner fühlt daß er krank ist, baut er eine Art von Behältnis und thut allerley zu csscn hinein, das seiner Meynung nach, dem Crocodile am liebsten ist. Dieses Hauschen sttzt er ans Ufer eines Flusses oder Canals, fest überzeugt, daß er durch solche Spenden wieder gene-sen werde: auch glaubt er, wenn Icmcmd so frevelhaft seyn sollte, die Nahrungsmittel wegzunehmen, daß sich dieser das Uebel zuziehen würde, wofür die Spende, als Be-fteyungsmittel gegeben war. Man findet die Thorheit der Crocodillverehrung schon von den frühesten Zeiten m den Urkunden des Menschengeschlechts aufgezeichnet; so ergiebt sich klar aus dcr Euterpe in Herodot's Geschichtsbuchs «daß die Crocodille unter manchen EgYPti-schen Kasteu für heilig gehalten, nnd bey andern als feinde ftlig angesehen wurden. Die Leute um Theben und den See Möris, fahrt er fort, sind zuversichtlich von der Heiligkeit desselben überzeugt, und beyde Stamme halten ein Crocodil, das sie zahm machen, ihm die Ohren mit Gehangen aus köstlichen Steinen und Gold zieren, und die Vorderfüße desselben mit Spangen ausschmücken. Sie füttern es unausgesetzt, bringen ihm Schlachtopfer, und bezeugen die größte Verehrung gegen das Thier, so lange es lebt; stirbt es aber, so balsamiren sie es und beerdigen es iu einem geweyhten Sarge.« Zu diesem Aberglaube kann möglicher Weise die be-merkte Seltenheit der Unglücksfalle beygetragen haben, Eintritt in die Straße von Sunda. -9z die sich, ungeachtet der Gefräßigkeit besagter Thiere ereignen, ohnc daß man dabey die UnbcchuÜchkeit ihrer Körper ' und die Unbicgsamkeit ihrcr Halse in Anschlag brachte, wodurch ihnen das Umwenden und Verfolgen der Beute erschwert wird. Ihre Gegenwart hindcrt weder d:e Einheimischen noch die Leibeigenen beyderley Geschlechts in Batavia, ein oder zwcymal des Tages untereinander in den Flus oder in die Canäle zu springen. Diese Canäle sind viele Meilen weit von der Küste, durchs Land, bis an den Fuß der Bcrge hingeleitct. Man legt sich hier vornehmlich auf den R.'isbau, und der Himmelsstrich fügt sich dem Anbaue desselben so sehr, daß man dicscs Getraide zu gleicher Feit in den verlies denen Stufen seines Wachsthums sehen kann; erst wie die zarten Blätter gerade nur aus dem Wasser, das den Boden überschwemmt, hervorgucken; dann die welken Spitzen desselben, nach der Umpflanzung, ehe noch der zweyte Trieb daran sichtbar ist; und endlich die reife Aehre von der Last der Körner herab gebeugt. Ais der Löwe. vor Batavia lag? war Reis außerordentlich schwer zn haben, und doch kostete das Pfund noch keimn englischen Pfcn-m'ng. Auf dem Boden, welcher zur Pflanzung desselben umgepflügt, war, erblickte man in den Furchen cbcn so, viel Wasser als Erdreich. Mnn braucht immer Büffclocho sen bey dieser Arbeit, wozu sie sich vorzüglich schicken, weil ^ sie beynahe Amphibien, wenigstens in sofern sind, als sie großes Wohlgefallen am Wasser haben, und bis an den 394 Eintritt in dle Straße von Sunda. Hals in Teichen und Flüssen bleiben, wenn sie nicht nach Futter ausgehen müssen. Es giebt hicr zwey Arten von diesen Thieren; die gcmcinsien sind von zartem Baue ihre Haut von einer schmutzigen fahlen Farbe, und sehr dünn mit Hären bedeckt; der Kopf länglich und die Schnauze spitz; keine Wamme; die Hurner ungewöhnlich lang, aber so sehr rückwärts gebeugt, daß das Thl^rvic'^ mchr nur wie ein Widder blitzen, und nicht wie ein Stier damit stoßen muß. Der Büffel der zweyten Arc ist von diesem in Ansehung der Hautfarbe sehr unterschieden, und hat weit mehr Haare; die Hörner sind kurz, fast aufrecht; der Hals stark, die Füße stämmiger und er scheint wilder zu seyn; überhaupt hat er wenig mtterscheioende Ei^ genschaften mit dem erstern gemein, außer dem Hang sich im Wasser aufzuhalten. Die Büffel werden an Karren gejocht, die sie mit unermeßlich schwerer Arbeit durch un? haltbare schlammigte Wege ziehen müssen; diese laufen gcrade neben andern hin, welche in trestichcm Stand g» halten werden, aber nur für die Vornehmen sind, wenn sie anf lhre Landsitze fahren. Viele der letzteren stehen jetzt ledig, weil die Zahl der neuen Ankömmlinge nicht hinlänglich ist, um diejenigen zu ersetzen, welche sterben, oder doch schnell aus einem Lande hinweg eilen, wo sie vielleicht sonst dürften gezwungen seyn, auf immer zu bleiben. Man rechnet, daß sich in den Bezirken um Batavia, welche unmittelbar unter den Hollandern stehen, beynahe aus fünfzig tausend Javanische Familien niedergelassen Eintritt in dle Straße von Sunda. 295 haben, deren jede, eine mit der andern, sechs Köpfe enthalt, oder die im ganzen dreymal hunderttausend Seelen ausmachen. Die Stadt Batavia, sammt den Vorstädten, hat beynahe acht tausend Häuser. Der Chinesen ihre sind niedrig und vollgepfropft von Leuten. Die Holländischen Hauser sind wohlgebaut, sauber und geräumig.- dabey ist ihre Einrichtung sehr dem Himmelsstriche angemessen. Die Thüren und Fenster sind wcit und hoch; die Fußböden mit Marmorquadcrn gepflastert, welche häufig mit Wasser besprüht werden, wodurch sich eine liebliche Kuhle im Zimmer verbreitet. Indessen ist eine benachkkiche ^.'n? zahl derselben nicht bewohnt, cin Zeichen des Sinkens von dieser Niederlassung. Zu den übrigen Merkmalen/ welche dasselbe andeuteten, konnte man auch die Scdiffe der Compagnie rechnen, welche ungenutzt in der Rhede lagen, weil man sie nicht befrachten noch bemannen koim--te; ferner der Mangel an Kriegsschiffen zur Bcschützung ihres Handels, wenn auch nur gegen die Seeräuber, welche zuweilen die Schiffe derselben im Angesichce der Rhcde von Patavia überficlcl»; eine angedrohte Vefch-dung von der Moritzinsel; die Wehrlosigkeit des Orts, besonders gegen einen Feind, dem die Lust weniger schas det als Europäern; den manchmal eintretenden Umstand, daß eben so viele Truppen in den Krankenhausern, als tüchtig sind Dienste zu thun; und endlich die Erwartung von Bevollmächtigten ans Holland, die den Misbräuche" steuern sollten» Eine solche Untersuchung, welche allgc- 2y6 Eintritt in die Straße von Sunda. meinen Argwohn voraussetzte, konnte nicht willkommen seyn; cs war auch nicht leicht zn entscheiden, ob die Vorstellung dieses Ereignisses, oder eines feindlichen Ueber-falls, gewisse Gemüther mehr zurückschaudern machte. Mitten unter solchen düstern Aussichten verminderten sie die Aufmerksamkeit aeqen ihre Gaste nicht. Wie der Gesandte von einer Unpäßlichkeit überfallen wurde, nö-thigte man ihn auf das herzlichste, sich einige Zeit auf eins der Landhauser des Gouverneurs zu beqeben, well ches ziemlich weit von der Stadt, und auf einem sehr anmuthWcn gesunden Orte, mitten in Bergen lag. Aber er hielr sich für verpflichtet, znr Vollstreckung seiner Bothschaft we ter zu reisen, sobald die Schisse mit dem Nöthigen versehen seyn würden; daher gicng er aus Batavia an, lytcn März an Bord, und hielt sich in Bereitschaft die Straße von Banca zu durchsegeln, wenn der Mo»u su'.n oder der halbjährige Windzug, welcher in hiesigen Mcll-en etwa sechs Monate mit südlicher, und eben so lanqe mit nördlicher Richtung weht/ zum Vortheile der Chinafahrer aus Mittag eintreten würde. Der Wechsel ist allmahlig, und fangt oftmals an sich um diese Zeit zu zeigen. Auf der Fahrt von Vatavia stieß das Orlogschiff an einen bisher noch nicht angegebenen Sftitzhügel in der See, über welchem das Wasscr nur drey Faden tief war. Dieser Bühl nahm oben kaum mehr Raum ein als eine Kriegsschiffs-Barkaße, und rund herum sandman sechs Eintritt in die Straße von Sunda. 297 bis sieben Faden Tiefe. Von diesem Flecke lag die westliche Windmühle auf der Kielhohlinsel gcgen S. S. O. und das Hospital auf der Insel Pmmerent nach S. O. gen O. Da nur der Hinterlhcil des Schiffs anstieß, so schaftc man das giobc Geschütz von dort mehr nacb vorne zu; dann wurde der kleine Anker ausgeworfen, und das Schiff darauf zn bugsiret, so daß man es ohne Beschadi-dung wieder fiott machte. Ware der Bühel naher an der Obersiache gewescn, so könnte diescr Vorfall ernsthafte Folg.-n nach sich gezogen haben, und man fühlte nun daS Bedürfnis eines solchen kleinen Handführzeuges, als der Schake ftyn sollte, da es jetzt den größer« Schiffen vorauslauftn, und an unbekanmen oder verdachtigcn On ten mit dem Scnlbley hatte loden können. Der Geschäfts-tracer der Compagnie in Canton hatte zwey derselben an-gehörige Fahrzeuge hierzu ausersehen, aber in ihrem neu-lichci! Sendschreiben an den Gesandten, das ihm in Ba-tavia eingehändigt wurde, bedauert/ daß selbige noch anderswo vonnöthcn waren. Ein andres Fahrzeug, sah man offenbar, würde von Nutzen seyn, auch wenn sich dcr Schackall wieder hcigcn sollte; weswegen der Gesandte zurück nach Batavia schickte, und eins ankaufen lies, wie es zum Dienste erforderlich war: man gab ihm, aus Achtung gegen den Admiral Herzog von Clarence, Seiner Kon. Hoheit Nahmen. Das kleine Geschwader steuerte sogleich nach derOeft nung zu , aus welcher man in die Meerenge von Bancq Hi)8 Cilltntt ln die Straße von Sunda, gelangt, deren westlicher Theil von Sumatra's Osikü»le gebildet wird, so wie an das südliche User der Inscl die nördliche Seite dcr Enge von Sunda siößt. Beynahe in oem Winkel, welche beide Straßen bilden, und gerade über dcr Meerenge von Banca liegt Nordeyland, das bereits als der einverstandene Ort erwähnt worden ist, wo sich die Schisse, im Falle einer Trennung, wieder treffen wollten. Die Tiefe des Meers um die Insel ist sehr unregelmäßig, kenn an einigen Orten füllt sie sich m einem Wurfe von zwölf bis auf sieben Faden, und an ander»! von sieben bis auf vier. Man bemerkte dicse Un-regelmaßigkeit mehrmals durch die ganze Straße, unab? hangig von den CoraNenbankcn, die mal» durch das weißliche Ansthn des darüber fließenden Wassers leicht unterscheiden konnce. Kurz nach des Löwen Rückkehr zn dieser Insel kam die langentbehrte Brigantine Schackcttl wieder zum Vorschein. Man hatte gemulhmaßt, daß ihr in der sinrini« schen Nacht, wo sie von den Gesandtschaftsschiffen abgesondert wurde, oder wahrend ihres Bestrebens, selbigen zu folgen, ein schweres Unglück zugestoßen seyn müßle. Bie Leute darauf waren aus dem Kriegsschiffe genommen und die vorigen Schlffsgen offen derselben konnten sich, da sie noch nicht wußten, daß Grosdrittannien in Krieg verwickelt sey, nicht einmal durch die Verntuthung trösten, ihre Freunde möchten zwar vielleicht in Gefangenschaft, aber hych noch am Leben seyn. Das Frohlocken die Brls Eintritt in die Straße von Sunda. 2c)y gantine null wieder zu sehen, war allgemein. Im Abfange der Reise war sie allerdings beschädigt worden, und deswegen zum Ausbeßern in ctncn Hafen gelaufen, hatte abcr dann alle K'äste aufgeboten, wieder zu den Schiffen zu stoßen. Um der Erfrischungen willen fand sie es nöthig einige Tage in Madera zuweilen, wo sie kurz nach d«.m Mgange des Löwen eintraf. Sie suchte das Ol'logschiff ebenfalls in St. Iago, kam aber anch einige Tage zu spat an. Auf'der Fahrt von hier bis nach Nordeyland warf sie nicht ein einzigesmal die Anker aus. Ganz besonders tüchtig, lange Seereisen zu bestehen, und von möglichst fcsicr Bauart, würde diese Brigantine durch stürmisches Wetter allein schwerlich untergegangen seyn, aber gegen die Strapatzen des tobenden Meeres gewahrte sie wenig Schutz und konnte auch das llnges stüm der Wellen nicht so schnell brechen wie grössere Schiffe. Ihr Mundocrrath hatte vom Salzwasser Schaden gelitten und dem Volke darauf wurde täglich em sehr spärlicher Bescheid zugemessen als sie zum Löwen stieß. Die Art, mit welcher sich Herr Saunders, der das Commando derselben hatte, und jel;t Lieutenant ist, diese ganze Reise über betragen, gereichte ihm zu grvßer Ehre. Man setzte sie bald wieder in den Stand das Kriegsschiff zu begleiten, aber der Monsum war noch immer widrig, ein Umstand, der um desto beklagenswürdiger ftyn mußte, da die Mannschaft ans beyden Schiffe« zoo Eintritt in die Straße von Slltida. nun sehr zu kränkeln anficng. Indessen war es eine Beruhigung für die Capitäne derselben, daß ihl'en seir dc,n Abgänge aus Portsmouth während sechs Monden, von sechshundert Leuten nicht einer gestorben war. Das ist ein seltner Fall, man mag hinrcisen wo man will. Das Verhältniß der Todesfälle wahrend eines solchen Zeitraums ist auch in den gesundesten Oertern auf dcm i.'a-'de, Wenigstens wie cms, und in London, wie zwl'y, zu hundert. Indessen hatte der Saamc zu gc^ähillche:' K'x'N?-heiten unstreitig schon unter den Mannschaften Wurzel gefaßt. Die Übeln Folgen des SeelU^nc. u::i? e.^s heissen Himmelsstrichs fiengcn nun an slch zu äusiru ulid die Nahmenzahl auf dem täglichen Kra^tc».vcrzcichlusse wuchs zusehends. Beyoe Schisse veränderten oft ihre Lage an den Küsten von Java und Sumatra, um dcn gesündesten und kühlsten Ort ausfündig zu machen, wo sie den Augenblick erwarten könnten / der ihrer Wetters reise günstig seyn würde« Die Mathematiker auf beyden Schiffen glaubtcn ihre Muße nicht besser anwenden zu können, als wenn sie eme Basis auf dem Lande messen, besonders da sie glücklicherweise mit einem vortresiichen Instrumente zur Aufnehmung der Winkel versehen waren: sie wollten dadurch die Znverläßigkeit der vorhandenen Charten von dcm nördlichen Eingänge in die Straße von Eunda bcsiini? men. I« dieser Absicht wurde ein ebner Küstenstrich auf Sumatra, fast dem gewöhnlichen Ankerplätze gegenüber Eintritt in die Straße von Sunda. 30t als der schicklichste Ort dazu ausgewählt. Das nördliche Ende der Paus fieng sich am Massel platze an und sie wurde bis auf achtzehn Kctt.n slmf und feckjig Glieder, oder bis auf hundcrc und zehn Pards fortgesetzt, so daß sie mil dcm Meridiane einen Wii.kel von acht und zwan-zig Graden bildete. Von hier wurde sie so gerade als die wechselnde ttfexlage cs erlauben wollte noch fünf und zwanzig Ketten oder 550 Uards weiter verlängert. Volt dcn Endcn dieser Basis an maß man, mittelst eines Theodolits von Ramsdcn, mit vieler Genauigkeit, regelmäßige Folgen von Winkeln, und die Lagen von Nord-Eyland, dem nahe dabey gelegenen Pulo Sina,deM Ankerplätze der beyden Schisse/ den drey an einander liegenden Inseln, die Schwestern genannt, und von Pulo Coppia, wurden dadurch bestimmt. Mau nahm Pulo Siua, Pulo Coppia und eine der Schwestern nach-gchends zu Standörtern um die östlichen und westlichen Landspitzen von ^livvIrt - tke - vva)?, Button und auch die Landspitze St. Nicolas auf Iapa geographisch fest zn sehen, desgleichen um die bereits von der ersten Basis bestimmten Lagen der vorerwähnten Ocrtcr zu prüfen. Da das Kaussartheyschiss seine Lage bey Nord^Eyland verlies und hinüber in die Bucht St. Nicolas gieng, so war dies eine gute Gelegenheit die Landmeßuug vom Vorlande St. Nicolas nach Süden zu bis auf das Vorgebürge Angerce auszudehnen. go» Eintritt in dic Straße von Slnida. Co bald das Schiss in dcr Blicht vor Ankcr war, fand man die Breite des Orts durch cine Mittagshöhe der Sonne und durch die genaue Beobachtung der Lage von Nord Eyland, vermöge eines Azimulhcompaßes. Und um die Elttfcrmmg des Schiffs von Pulo Salier, einer klemm Inscl in dcr Bucht, genauer als durch bloße Ausrechnung, zu erfahren, so nahm man das Verdeck der Hindostan vom Vorsteven bis zum Hintcrsievcn zur Basis an und beobachtete Winkel von beyden Enden der-ftlben mit zwey Sextanten genau zu derselben Zeit; so daß die Eutfermmg von dort trigonometrisch bestimmt werden konnte. Da sich das Sckiss ganz nahe an dcr Insel befand, so war dieses Verfahren znvcrlaßig genug. Die beobachtete Breite von Pulo Salier war 5° 50' zo" S., und die Lange 105^.56'. 30" nach Osien: letztere bestimmte man nach dcr Verfinsterung des crstcn Trabanten des Jupiters, zu dessen Beobachtung man zwey Telescope auf de,r Insel angebracht hatte, womit man die scheinbare Zeit derVerfinsierung desselben zu Greenwich verglich, wie sie in dcr Nautischen Ephcmcris angegeben ist. Die beobachtete Vlttte der Landspitze St. Nicolas ist 5". 50V 40" C. und die nach dcr erwähnten Beobachtung eines Trabanten des Jupiters bestimmte Lange 10^. 54'. 30" nach Ostcn. Aus verschiedenen Mcssungen und Ob-ftrvationcn war die hier angezeigte Breite der nachstehenden Oerter so wie die Langen derselben nach der lnchrcrwähnten Beobachtung des Trabanten abzunehmen. Eintritt in die Straße von Sunda. 323 Süder Breite. Ocstliche Lange. Vorland von Java 6° 47' 5 -- 104° 50' zo" Die drey Schwestern 5. 42. c - 105. 4^. 36. Thwart-the,way Insel 5.55. s i 105.43. Nordeyland - ^ - 5. 33. , ^ 105. 43. ?o. Landspitze Ängerce - 6. 2. - - 105. 47. ?o. Cap (Insel) - - -- 5. 58. 30. ^ 105. 48. 3c). Bnlton (Inscl) , , 5. 49. ^ - 105. 48. 3a. Das Gehen mehrcrer zeilhaltender Uhren konnte man leicht auf dem Lande/ durch die, verschiedene Nachte nach einander, beobachtete Erscheinung eines beliebigen Fixsterns, an einem gewissen Theile des Himmels, zuver-l^ißig prüfen. Bey einer von diesen Observations ereign nete sich enUmssand, worüber man in Schrecken gericlh. Als Doctor Dinwiddic sein Gesicht an einen Baum schmie, gen wollte, um in der gehörigen Lage ein^-n vorübergehen-den Stern beobachten zu können, und cm Andrer sem Auge auf den Zeilhalter heftete, zeigte eine Schlange von nicht geringer Lange, welche am Stamme herunter hinter der abstehenden Baumrinde gekrochen war, ihren Kopf aber gerade noch zu rechter Feit/ daß die Astronomen sogleich sich cntftrncn mid einen andern Baum zu ihren Beobachtungen auslcsen konnten. Sie fanden es nachher nöthig die kleinen Inseln Cap und Button zu besuchen, welche im Amßern von den bereits erwähnten platten Eylanden ziemlich verschieden und so jäh und klivpig sind, daß man nur mit Muhe daraus ZO4 Vintrttt in die Straße von Slinda. landen kann. Man hatte sie in einiger Ferne für zertrümmerte, allmählich in Schutthaufen aus einander fallende Burgverließe, von hohen daraus wachsenden Bäumen umragt, halten können; allein näher betrachtet trugen sie augenscheinliche Merkmale eines vulkanischen Ursprungs an sich. Ausbrüche untcrirroischer Feuer bilden mehrcntheils regelmäßig gestaltete Berge, die sich auf abgestumpfte Kcgel endigen; wenn sich aber ein Vulkan mttcr dem Wasser aufthut und die Oberfiache des Meers durchbricht, so fallt der Brennnsioff wieder ins Wasser zurück, zerstreut sich regelloser und laßt mchrcntheils die Seiten der neuen Schöpfung unckt und ungestalt, wie bcy der Insel Amsterdam und bey den Inselchen der Fall ist, welche wegen cincr Aehnlichkeit in der Form/ Cap und Button, oder Mütze und Knopf genannt werden. A uf Mützen , Ey land fand man zwey Höhlen, die lvagerecht in die Seile des Felsen hinein liefen; es waren darinn eine Menge von dcn Vogelnestern, welche von Chinesischen Schleckern so hoch gepriesen werden. Das feine Gefade, worans sie gewoben zu seyn schienen, war mit einer durchsichtigen Klcbrigkeit zusammen gekittet, welche beynahe dem ähnlich war, was der Meers schäum auf den Steinen zurücklaßt, die bald von der Fluch, bald von den zähen thierischen Substanzen, wie man aus jeder Küste umhertreiben sieht, bedeckt werden. Die Nester hangen längs den Wanden der Höhle, meis siens Eintritt in die Straße von Sunda. 325 sieus in ununterbrochenen Reihen / an einander, und wcr^ den von kleinen grauen Schwalben erbaut, deren Bauche eine schnmtzlg weiße Farbe haben. Von diesen flogen ziemlich viele umher; sie waren aber so winzig und ihr Fwg so schnell, daß ein Schuß, den man nach ihncn feuerte, nicht traf. Dergleichen Nester sollen sich auch in tiefen Holen am Fuße der höchsten Berge mitten in Java und wcit von der See finden, aus welcher glaubt man diese Vögcl weder Nahlung noch Baustoff für ihre Nester hohlen, da es nicht wahrscheinlich ist, daß sie, nm des einen oder des andern willen, über die dazwischen liegenden lmgcmcin hohen Gcbirgruckcn, odcr gegcn die ge-waltfamca, dort wehenden W'nde, fliegen sollten. Ihr Futter ist das Geschmeiß, welches über den stehenden Ges wässern zwischen dlN Bergen schwebt und ihnen wegen ihrer weit aus einander gehenden Schnabel besonders leicht zu fanqen wird. Sie bauen die Nester aus den besten Ucberresten ihrer Nahrung. Dcr Geyer ist ihr grösicr Feind , welcher sie oft in ihrem Hin-und Herfluge nach den Höhlen wegfangt: letztere sind meistens von Felsen aus grauem Kalksteine oder weisscm Marmor um-gcbcn. Man findet die wagerccht laufenden Reihen von Nestern fünfzig und mehrere Schuh tief, bis auf fünf hundert. Farbe und Werth der Nester hangen von dcr Menge und Beschaffenheit der gefangenen Insekten und vielleicht auch von dcr Lage ab in welcher sie gebaut wer-Erster Band. ^ ^6 Eintritt in die Straße von Sunda. den. Man bestimmt die Güte derftlbcn nach der durchgangigen Feinheit und Zartheit ihres Gewebes; die weist sen und durchsichtigen sind die allergcschatztcsten und man wägt sie in China oftmals mit Silber auf. Diese Nester machen einen erheblichen Handlungszweig unter den Javanern aus, die sich häufig schon als Kinder damit be< schäftlgen. Nachdem die Vögel an zwey Monate mit der Bereitung ihrer Nester zugebracht haben, legt jedes Weibchen zwey Eyer, die etwa in fünfzehn Tageu ausgebrütet werden. Wenn die Jungen fiück geworden sind, so halt man es für Zeit, ihnen die Nester zu nehmen , welches regelmäßig dreymal dcs Jahres und mittelst gewisser Leitern aus Bambu und Röhricht bestehend, geschieht, auf denen die Leute in die Höhle hinabsteigen; jedoch bedienen sie sich lieber der Strickleitern, wenn es sehr tief ist. Diese Verrichtung ist mit vieler Gcsahr begleitet und mehrere brechen dabcy die Halse. Die Bergbewohner, welche ordentlicherweise dazu gebraucht werden, opfern allemal vorher einen Büffel, welche Sitte die Javaner überhaupt beym Anfange einer jeden außerordentlichen Unternehmung beobachten. Ueberdas sagen sie einige Gebete her, salben sich mit wohlriechendem Oel und räuchern den Eingang der Hole mit dem Harze des Ben-zoebaums. Bey einigen von diesen Hölcn verehrt man eine Schutzgöttin, deren Priester Weyhrauch anzündet und seine segnenden Hände «uf jeden legt, der hinab-sieigen muß. Zugleich hält man Fackeln aus einem Harze Eintritt in dle Straße von Sunda« Z«7 ill Bereitschaft, das aus einem nahe wachsenden Baume schwitzt mid nicht leicht von fixer Luft und unterirrdischen Dampfen abgelöscht werden kann. Die Schwalbe, wclchc Erbauerin dicscr Neste ist, soll auf den Schweift federn kcine weisse Tüpfelchen habrn, wodurch Linne dieselbe unterscheiden will. Möglicherweise giebt es zwey Arten von Schwalben, deren Nester gleich großen Werth haben. Die Bewohner der Südseite von Sumatra schienen nichts von diesen Vogelnestern zu wissen, wenigstens die nicht, welche öfters Früchte und Gemüße an die Schisse zum Verkaufe brachten: einige von diesen kamen in Kahs ncn, an denen beyde Enden gleich spitz waren und bcyde ein bewegliches Steuer hatten um jeden Augenblick mit gleicher Leichtigkeit vor und rückwerts rudern zn können; andre saßen in Nacken, die so enge waren, daß sie an der Seite keine Loxbaume hatten, wodurch sie vom Umkippen gesichert werden konnten. Die Nachen wurden nur von einem einzigen Manne regiert, welcher ein Ruder hatte, das an beyden Enden breit war, damit er sie lvcchsclsncise brauchen konnte. Die Leute, welche sich in den Kähnen und Nachen befanden, gehörten zu dem Vok kcrstamme, welcher vornehmlich längs den Küsten in den meisten Inseln auf dem Chinesischen'Meere wohnt und wegen der Gleichheit in den Sitten und Sprache unter dem gemeinschaftlichen Nahmen Malayer bekannt «st. Die ausnebmend sparsame Bevölkerung der südlichen Küste ^z Eintritt in die straße von Sunda. von Sumatra besieht aus einer Horde derselben/ die cm träges elendes Leben führet. Ihre Wohnörtcr unfern des Ufers waren bloße Schoppen / in denen sie sich nicht aufrichten konnten, und ihre Bekleidung reichte nicht viel über die Hüften. Diescr Zustand würde zwar fast überall in Europa für einen Beweis der mühscligsten Dürftigkeit gelten; indessen unter einem so milden Himmel erzeugt er nicht an sich selbst körperliches Misbehagcn. In mehrern großen Strecken hier hernm sah man blos eine Art von langem harten Grase wachsen; und da der Boden, worauf es wild hervor kam, kein andrer war, als welcher das umliegende Gehölz erzeugt hatte, so mochten wahrscheinlich die Baume vordem von Menschenhänden ausgereutet, nachher aber die Rodirung wieder sich selbst überlassen worden seyn , woraus zu folgen schien, daß die Bevölkerung vielleicht ehedem hier grösser gewesen, als jetzt. Welcher Grad von Verheerung und Verfall kann wohl Befremden erregen, wenn sich die Einwohner in einem Zustande von immerwährender Feind-seligkeit befanden, wie man aus dem Umstände schließen kann, daß sie noch jetzt die Behutsamkeit brauchen, nie unbewafnet auszugehen, ob sie gleich im übrigen halb nackend sind? Ein dürftiges Volk kauft nicht leicht Ueber-ftus, ein träges verwendet seine Arbeit schwerlich auf etwas Unnützes und in einem heißen Erdstriche trägt man nicht ohne Nothwendigkeit etwas Schweres an sich. Das Gewehr, welches sie bey sich führen ist ein Kriß Et/ltr/tt in die Straße von Sunda. 3<- die quer über an ein in die Erde gestecktes Hu!z gebunden war, eingegraben fanden. Man ließ znfalligerwcise einen Matrosen des Kriegsschiffes allcin auf dem Ufer zurück, wo er eine ziemliche Menge weisses Zeug, das er bey sich hatte, waschen wollte; ohne sich an etwas zu kehren war er umher gestreift und in einem benachbarten Dorfe gutmüthig he-handelt und bewirthet worden: aber die Sitten uud Grundsätze dieses Volks sind so unziwerläßig, daß gleich am Tage darauf etliche Malayer einen der brauchbarsten Handwerker der Gesandtschaft, der mit einem kleinen Bündel Wäsche ein wenig am Fluße hinauf, gar nicht weit von der Küste gegangen war, ermordeten. Dieser Mann zeichs ncte sich eben so sehr durch Kunstcrfahrnis und Anstelligkcit als durch Undedachtsamkeit im Handeln aus, wodurch die ersteren ihm wenig zu seinem Fortkommen nützten. Ausserdem, daß er sein eigenes Handwerk als Tischler und SchauM'ächner vorttefilch verstand, hatte er auch eine hinlängliche Keuntluß von andern, so daß man ihn, erforderlichen Falls, anstatt völlig darin kundiger Leute Ellitrttc in die Straße von Snnda, 3,, brauchen konnte; dies machte ih»l ausnehmend nützlich in einer Lage, wie die jetzige war, wo Professionisten natürlich selten seyn mußten. Er war ehedem in bessern Um, ständen gewesen; indeß machten ihn die gute Laune und Aufgeräumtheit, die er noch von sonsther behielt, zum Lieblinge des Schiffsvolks; und wenig gewaltsame Todesfälle würden so viele Verwünschungen wider die Urheber derselben erregt haben, als der eben erwähnte. Dieser Theil der Küste von Sumatra lpar einigermaßen dem Könige von Bantam unterworfen/ welcher unweit der Stadt dieses Nahmens auf der gegenüber liegenden Küste von Java seinen Hofhielt. Man beschloß die Sache bey ihm anhängig zu machen; dann ob schon man die Thäter, die Ursache, «nd die Art des Mords nicht anzugeben wußte, so war es doch möglich, daß der Einftus seines Ansehens etwas an den Tag bringen konnte, das berechtigte die Schuldigen zur Strafe zu ziehen. Die Malayer auf diesem Theile der Küste fürchten sich, daß man ihnen um Genugthuung zu erhalten, ihre Schiffe wegnehmen möchte und ließen sich nicht mehr sehen; demungeachtet sagten sie aus, daß die That von keinem der dort herum wohnenden Einwohner, sondern von Seeräubern begangen worden, die zuweilen da anlegten um Wasser zu füllen. Diese Seeräuber sind ebenfalls Malayer, aber von östli? chcrn Inseln : sie schissen zusammen in zahlreichen Flotten von Kähnen aus, deren jeder mit vier, sechs oder meh? »ern Canouen ausgerüstet ist und hatten unlängst vcrschie, 312 Eintritt in die Straße von Sunda. dene Schiffe weggenommen, die theils den Hollandern gehörten, theils von den Englischen Besitzungen in Indien kamen, oder Landschissc waren, ein Nahme dm man ihnen darum giebt, weil sie nirgends, außerhalb Asien hinsegeln. Viele von diesen hatten sich in die Unkosten stecken müssen, bewaffnete Seeleute zur größern Sicherheit ihrer Schiffe zu dingen: denn die Fahrzeuge der Seeräuber sind nicht nur weit kleiner, und dringen sehr wenig ins Was-ser ein, sondern können auch, vermöge ihrer Nuder, sogar in Windstillen schissen, wohin sie wollcn; wenn sie aber schcn, daß sie mit einer überlegnen Macht zu thun haben, so nehmen sie oft in dcn tiefen Schlüpfen an der südöstlichen Küste von Sumatra ihre Zuflucht, welche über und über wenig mehr als.cin Dickigt von Manglen oder Lcuch-terbämnen ist, die aus einer Salzwasscrverfumpfung wachsen. Dcr Leuchterbaum krümmt seine Wurzeln, wenn man sie so nennen darf, von verschiedenen Theilen des Stammes ins Wasser hinein: sie erstrecken sich bogenförmig ziemlich weit davon, bis sie den Meeresgrund berühren. An diesen Wurzeln oder umgekehrten Zweigen findet man zuweilen Austern und andere kleine Schaalthiere hangen, welcher Umstand einige zu der gewagten Behauptung verleitet hat, daß Austern auch auf Bäumen wüchsen. Die Pestschwangere Luft und die Nachtdampfc, welche über einem solchen sumpfigen Boden schweben, müssen chren Einfius auch auf das nahlicgende Nord Ey« Eintritt in die Straße von Sunda. 313 land und die davor ankernden Schiffe ausdehnen. Des Abends hiengen die Wolken meistenthcils niedrig, und verengten ocn Gesichtskreis, da sie von keiner durchgängigen und schnellen Bewegung der Atmosphäre auseinander gerieben wurden. Die dunkelsten von diesen Wolken waren mit einer großen Menge elektrischen Stoffes bes lasilt, welcher sich fast durch unaufhörliches Wetterleuchten in weitgeschlcudcrten Zickzacken verzehrte, allein der Donner, der überhaupt zu dem häufigen Blitze nur ein sehr geringes Verhältnis hatte, hörte man selten. Das phosphorlsche Leuchten, welches sich zeigte, wenn man mit dem Rudcr oder mit etwas andcrm die Mceresfla-che theilte, wurde unstreitig von den hellen darauf zerstreuten Theilchen verursacht, die g5 hinbestellten und wieder traftn. Bantam war für Pfeffer m.d andere Cpczereycn der gvoße Stapelplay, von wo diese Waaren in alle übrige Gegenden hin verführt wurde». Die Ostindischen Compagnien von England und Holland hatten ihre Hauptfattoreyen hier angelegt. Arabische und Hindostaliischc Handelsleute besuchten diesen Platz. Die Beherrscher desselben waren so sehr befiießen, durch die Sicherstellnng der Fremden gegen die unbändige rachgierige Gemüthsart der Eingcbohrncn, den Hm,-del in Aufnahme zu bringen, daß Mord, an einem Zjus? lander begangen, nie verziehen, und im Gegentheil nach? gesehen wurde, wenn dieser der Thater war, dafern er sich mit den Befreundeten des Erlegten setzen konnte. Der Ort blühetc eine geraume Zeit: aber sobald die Holländer die anstoßende Provinz Iacatra eroberten, wo sie in der Folge Vatavia erbaut, und ihre Hauptgeschäfte hin ver? legt haben; ferner, wie die Engländer sich nach Hindoo sian und China wandten; und als der Handel, in andern Rücksichten, einen neuen Lauf nahm, so zerfiel Bantam bis auf einige armselige Trümmer seines ehemaligen Reichthums und Ansehens. Andere Umstände haben den Verfall desselben beschleunigt. Die Bucht ist durch den täglichen Anwachs von neuem Erdreiche, welches vom Ges berge herabgespühlt wird, und durch die Corallcnbanke, die eine geraume Strecke ostwärts reichen, so aufgefüllt, daß keine bciadnen Schisse mehr hineinlaufen können: sogar eine Gesellschaft, welche vom Löwen in der Pinaße dch zitt Eintritt in die Straße von Sunda. selben dorthin fuhr, mußte, um die Stadt zu erreichen, in einen Kahn sieigen. Ein Feuer zerstörte die meisten Häuser, von denen seitdem nur wenige wierer erbauet worden sind. Mit Bantams Handel ist auch d«e Macht' seines Beherrschers gesunken. Ais er mit andern Fürsten von Java in Kriege verwickelt war, rufte er die Holländer zu Hülfe, und seit dieser Zeit ist er im Grunde nichts Weiter als ihr ihr Gefangner. Er bewohnt einen Pallast von Europäischer Bauart in einer Befestigung, welche von Batavia aus mit Besatzung vcrfthcn wird. Der Befehlshaber derselben erhalt seine Weisungen nicht von, Könige von VantaM/ sondern von einem Holländischen Machtha-her, der in einer andern Feste un'.vm 0cr Sradi intt na-her bey der See wohnt. Seine Bauttnnische M^siat hat nichts desto weniger die Vcrgüustiguug, eine ":..^l)l einheimischer Truppen zu besolden; er hält auch etliche kleine bewaffnete Fuhrzeuge, durch welche er sich in einigen südlichen Strichen dcr Insel Sumatra in Anschn erhalt. Seine Unterchancn müssen ihm allen Pfeffer, den sie auf beyden Inseln baucn, um eine Kleinigkeit verkam fcn; und er selbst ist durch einen Vertrag mit den Hol-Zandern verpflichtet, jhncn denselben wiederum, nur um etwas mehr, aber weit unter dem Preise, den man dafür erhalten kaun, abzulassen. Der gegenwärtige König verbindet die geistliche mit der weltlichen Macht, und ist Oberpriester der Muhamctanischen Religion, allein cr Nimmt noch überdies einiges von dem Herkommen und Eintritt in die Strasse von Smlda. ^7 Wahnglauben dcr ursprünglichen Bewohner von Java an; zmn Beyspiel die Verehrung des großen Banyan oder Indischen Feigenbaums, welcher ebenfalls in Hindosian für heilig gehalten wird/ und worunter man sehr bcquem religiöse Gebrauche verrichten könnte, so wie die Bantas mer bis jetzt noch alle ihre Ctaatssachen bey Monden? schein unter einem schattigten Baume verhandeln. Nach geschehenem Ansuchen bey Seiner Majestät, mittelst des Holländischen Machthabers, schickte der König sogleich zwey von seinen bewaffneten Fahrzeugen aus, denen er b.fahl, in Sl.matra die Thater dcs nculich dort vorgc-fallncn Moids ausfindig zu machen : und einige Zeit darauf, a!s die Schiffs von hier abgesegelt waren, erhielt man Nachricht, daß einer von den Verbrechern entdeckt und hingerichtet worden sey. In Nicolasbay ergoß sich cm Flüßchen, bcy welchem man bequem Wasser einnehmen konnte, und nicht weit vom Ufer stand ein Dorf, wo Bussel, Geflügel, Früchte und Gemüse um ein Villiges zu haben waren. Die Manns schaft des Löwen erhielt täglich frische Nahrungsmittel; Verdecke und Gebälke wurden taglich mit Wcincßig be-sprntzt, und von diesem auch etwas gewisses an die Ma? troscn vertheilt; man machte Feuer im Schiffe an, und erhielt die Ventilatoren beständig im Gange. Man hielt es auch für nützlich, die Schwächlichen und Gencsendm täglich aus den Schissen aufs Land zu senden, damit sie der frischen Luft genießen und sich Bewegung machm ^8 Eintritt in die Strasse von Sunda. könnten. Eben das that man bey Anger«e, welches südlich von der Landspitze St, Nicolas licgt; die Holländer hatten dort nicht weit von einem Malayer Dorfe, cine kleine Batterie von vier Canoncn errichtet. Hierhermn wuchs Indig, und wurde zum Gebrauche bereitet. Die Barre an der Mündung dcs Flusses bcy Angcree, verhindert dcu freyen Lauf desselben; auch muß der hier aus? geschüttete Grund der Indigkübcl nachtheilig werdcn. Daher dieser Ort bey weitem kein so guter Wasserplatz ist als Nicolasbay. Die niedrigste Volksklasse an der Küste schien nicht blos des Lebensunterhalts wegen arbeiten zu müssen, son-dem auch Muße, Vermögen und Neigung zu mancherley Ergötzungen zu habcn. Eine der Malayischen Erlusti-gungen bestand darin, daß der nehmliche Gaukler, unter verschiedenen Verkappungen, die er anlegte, immer andere Gebchrden und Stellungen annahm. Durch außerordcnt^ liche Anstrengung und lange Uebung hatte er eine so große Gewalt über die äußern Muskeln seines Körpers erlangt, daß er fedem derselben eine unabhängige beliebige Bewegung geben konnte. Wenn die Verzerrungen so ungewöhns lich waren, daß sie die Bcwundernng nnd den Beyfall der Zuschauer erregten, so empfand der Possenspieler sogleich die Wirkung davon an der Menge knpferuer, unter ihnen gangbarer Scheidemünze, wclche von allen Seiten her zu seinen Füßen regnete. Die zahlreichen Malayischen Zm schauer hatten, wie gewöhnlich, ihre Krissen an, und ihre Eintritt in die Strasie von Sunda. 319 Aeußerungen, wenn sie ausnehmende Gewandtheit auf der Bühne bemerkten, waren lebhaft und schnell: indessen blieben einige Europäer die mit unter ihnen saßen, nicht ohne alle Besorgnis, daß sie von den Malayen vielleicht mitten im Lärme hinterlistig überfallen werden möchten. Ungeachtet dieser bösen Gemüthsart der einhcimii schen Inselbewohner, gewöhnten sich doch die Englischen Matrosen bald, oh,ie Rückhalt mit ihnen einen kleinen Handel zu treiben. Einige kanftcn von ihrer mühsam verdienten Löhnung Assen, besonders Linne's 6m!a ^Zul^ dessen Vordcrhaare allezeit mit modischer Sorgfalt zurückgestrahlt zu seyn scheinen; seine Packen lassen sich weit ausdehnen, und was er nicht gleich verzehren kann pfropft er da hinein zu küiiftigml Gebrauche. Andere nahmen lieber den Indianischen Staar oder Mino/ welcher an Gestalt und Größe einer Dohle ähnelt/ aber besonders sich durch die gelbe nackte Haut auszeichnet die um den Hals lauft.- man halt daflir, daß er unter alle« Vögeln den schnellen ineinander fliessenden Tonwechscl der menschlichen Rede am besten nachmachen lernt. Die Matrosen hatten zuweilen ihre Lust mit dem Schmettere lingsfische. Diescm Fische, welchen dle Naturkcnner b!enniu8 ocel!.-itu8 nennen, stehen die Augen sehr aus dem Kopfe hervor, und man sieht ihn öfters nicht weit vom lifer auf dem Wasser hinhüpfen. Mau findet nirgends ln der Straße von Sunda viele eßbare Fische, und di? 320 Eintritt ill die Straße von SMlda. Malayer sahen sich zuweilen genöthigct/ junge Haycn oder eine kleinere Art derselben zu fangen, welche zu ranzig schmecken, als daß man sie gern essen sollte. Die Ionashaycn sollen die übrigen Fische von sick hinweg schrecken, und doch findet man nirgends schmackhaftere als in der Rhcde vor der Insel Amsterdam, wo sich ebenfalls viele und sehr große Hayen fanden. In der Straße von Sunda tritt einc andere Ursache ein, welche oft gewisse Fische verscheucht, nehmlich die Menge von großen und kleinen Schiffen, welche aus Europa und Asien durchsegeln. Allein was hieran abgeht, ersetzt das Land an beyden Seiten durch seine reichlichen Erzeugnisse. Nicht nur das gebaute Erdreich lohnt den Arbeiter überschwenglich für seinen Schwcis, sondern auch was von selbst wachst, kann entweder sogleich dem Menschen zur Nahrung dienen odcr doch leicht dazu bereitet werden. Die Früchte in den Holzungen sind zwar großcntheils genießbar, werden aber, wegen des Ucberftusses an andern, gci mciniglich nicht geachtet. Als einige Herren vom Löwen ans Land gegangen waren, fanden sie nicht.weit vom Ufer cine Frucht von der Größe und Gestalt einer Birne, die gar nicht zum Verkauf gebracht, aber von den Eingcbohr-nen gegessen wurde,: sie wuchs unmittelbar überall aus-cinem lang emporschießenden Baume heraus, und nicht blos vom Stamme und dem dicksten Theile der Hauptzweige, wie die Cacaobohne, oder die Pompelmuse und die Brph frucht. Es Eintritt in die Straße von Sunda. 32 c Es hielt schwer tief in die Walder von Java einzudringen, wegen des vielen Buschwerks, und der Menge von hinanlaufendcn Gewachsen, die eine Art von Netz bilden, welches andere Bäume umschlingt, und wodurch man sich erst einen Weg hauen muß. Etllche waren auch sehr stark, und eines davon, welches auf der Erde hin lief, wie manche Waiden, hatte einen Stengel, dessen Durchmesser fast eillcn Zoll betrug, und der sich über hundert Schuh in die Länge ausdehnte. Weil die Luft keinen freyen Dmchzug hatte, war die Hitze zuweilen erstickend, und in der Nahe eines Marschgrundes wurde man außerordentlich von den großen Mücken gepeinigt. An enngen offenen Platzen fanden sich Spinneweben, deren Fäden so stark waren, daß man sie ohne Schneiden nicht leicht trennen konnte; sie schienen den Grdcnkcn, welchen Jemand gehabt, im Südlichen Europa eine Manufaktur für Spinnwedenzcuge anzulegen, ausführbar zu machen, so lacherlich auch ein solcher Einfall denen vorkommen muß/ die blos die zarten Gespinste dieser Insekten in England geschen haben. Oft wurde das Auge durch den Anblick von Bäumen in prachtvoller Blühte, und von dem schönen Gefieder der Vögel ergötzt; indessen, anstatt durch ihr Schlagen zu entzücken, machten einige der letztem ein Gezisch, welches Furcht vor Schlangen erregte, die eben ihr Gift sprühen wollten. Auf diesen Ausfällen hatte man ftltm Regen zu befürchten, weil die Erster Band. X F^ Eintritt in die Straße von Smida. trockne Iahrszeit schon ihren Anfang genommen. Der Wind erlaubte den Schiffen nun wenigstens einigermaßen nach der Meerenge von Banca fortzurücken, weiches man auch unverzüglich beschloß zu versuchen. Zwar kamen einige Schiffe von China mitten im April Nach einer kurzen Fahrt an, woraus man sah, daß der Monsun zu einer Reise dorthin, wenigstens zu einer schleunigen, immer noch widrig war. Diese Schisse bekräftig? ten die vorige gute Zeitung von China, und gaben eine erwünschte Gelegenheit an die Hand, nach Europa zu schreiben. Bald nachher drehte sich der Wind so sehr, daß der Löwe es wagte zu segeln; aber ein Sttomgang lief noch öfters über zwey Meilen in einer Stunde nach S. W.; der Wind war spärlich, und so oft durch Stillen unterbrochen, daß man wenig Fortschritte machte; und die Anker wurden oft herabgelassen, damit die Schiffe nur nicht wieder zurück getrieben werden möchten: bis endlich der Strom an» 26sien April seine Richtung nach O. S» O., und am folgenden Tage nach N. O , jede Stunde eine halbe Meile zu nehmen anfieng. Das Kriegs-schiff benuzte die leisesten Lüftchen dadurch, daß es so viel Segel als möglich aufspannte. Es hatte auf beyden Seiten Leesegcl, die sich weit über den Rumpf ausdehnen; und über dem großen Oberbramraasegel, welches das vierte vom Verdecke an gerechnet, und verhaltnißma? ßig kleiner ist, war ein fünftes drcyeckigtes, wegen seiner großen Höhe das Oben-Oben Bramsegel genannt, ange- ' Eintritt in die Straße von Sunds. 323 bracht, welches ebenfalls seine Wirkung that. Als das Geschwader dreyMeilcn von den Brüdern, welches zwey mit Bäumen bewachsene, und voy Korallenriffen umringte Inseln sind, vor Anker lag, zeigte sich eine gute Geles gcnhcit, ihre Breite genau zu bestimmen, welche 5" 8^ E. ist, desgleichen auch ihre Länge 106° 4/ nach Osten. Seit der Abreise aus der I isel Amsterdam, sah man nun hier herum wieder zum erstenmale Waltfische. Am 28sie>» erblickte man die Berge auf der Insel Banca über dem Dunstgrau, welches die niedrigern Theile verbarg. Die beyden Brigantinen Clarence und Schas ckall mußten loden, und zeigten bald an, das Wasser ve« untiefe sich bis auf drey Faden, weswegen der Löwe eine Zeit lang ankern mußte. Die Hindosian stieß auf den Grund, nordwestlich von der kleinen Insel Lucipara, wo« auf das Orlogschis, welches unter Segel war, sogleich ei« von dort gesendetes Tau bey sich anheftete, und dem Kauft fahrer mit Booten bcysiand. Und obgleich, während der Anstrengung des Löwen, die Hindostan vo» der Bank zu ziehen, das Tau, ungeachtet seines Umfangs von sechs Zoll, bald von einander riß, so war doch jenes Schiff bereits wieder vom Felsen lcs, und wurde bald daw auf flott. Die östliche Küste von Sumatra blieb immer im Ge-sicht, und die See war, bis auf «i„e gewisse Strecke, trübe und welliger salzig, well sich eine außerordentliche Mcuge frischen Wassers aus den grossen Flüsse« dieser I«;5 Z24 Eintritt in die Straße von Sunda. sel, welche die Erde der daran stoßenden Gelände mit sich führen, hinein ergoß. Man sah auch abgerissene Stücken Land, die erstlich von der Gewalt des Flusses, dann vom Winde oder Etromgange weiter geführt worden, herum, treiben. Sie, waren buchstäblich schwimmende Inseln, welche die Gewalt der Fluchen von ihrer Mutterküsie gerauft hatte, und die Wurzeln der Baume und Strauche darauf mußten sehr dicht in einander verschlungen und gefilzt, wie auch mit festem und schwerem Erdreiche be? laden styN/ daß die Scholle davon, wie durch eine Art von Ballast, ihre gehörige Wucht zur Stetigkeit erhielt, und die Baume in senkrechter Lage blieben. Am zosien ankerte das Geschwader nicht weit von der südlichsten der drey Nanka-Inseln, welche hart am westlichen Ufer des Eylands Banca liegen. Die letztere Insel ist in ganz Asien wegen ihrer Zinnbergwerke berühmt, so wie England wegen der nehmlichen Ursache weyland in Europa gcfeycrt wurde, ehe Künste und Waffen desselben Ruhm, über den Erdball verbreitet hatten. Banca liegt dem Flusse Palambang auf der Inftl Sumatra gegenüber, wo der Fürst von Banca, dem auch der Bezirk von Palambang gehört, sein bestandiges Hoflager halt. Daß ihm seine Unterthanen gehorchen, und daß die anwohnenden Prinzen ihm seine Unabhängigkeit lassen, dankt er grosientheils dem Beystande der Hollander, welche sich hier angesiedelt, und eine Besahung haben: sie stehen, sehr zu ihrem Vortheile, in einem Vertrage mit dem Kö< Eintritt in die Straße von Sunda. 325 nige von Banca, wegen des Zinnes, welches ihm seine Untersassen von dort liefern, und wofür er ihnen, genau so wie der König von Bantam mit den Pftfferanbauern verfahrt, einen geringen Preis aufdringt, den er beym Wiederverkaufe an die Holländer nur um ein kleines, laut Uebcreinkunst, erhöhen darf. Seine Bergleute haben durch lange Uebung das taube Gestein ausnehmend wohl von dem reinen Gehalt zu scheiden gelernt; sie brauchen hier? zu in ihren Oefen Holz, aber weder frische noch ausgebrannte Eldkohlcn, weil diese selten so schwefclfrey sind, daß das Metall nicht dadurch schwerer zu hämmern werden sollte. Deswegen kauft min cs in Canton zuweilen lieber als Europäisches Zinn, und die Holländische Compagnie soll jedes Jahr nicht weniger als ein hundert und fünfzig tausend Pfund Sterling darauf gewinnen. Der Ritter E. Gower bcmcrkrc, „daß Schisse es nicht bereuen würden, aufdcnNak^Iuscln anzulegen, weil man leicht Brennholz von dort bekommen könnte; auch hatte das Geschwader nirgendswo in diesen Meeren Wasser gefunden, welches sich besser als dieses gehalten. Es lauft aus drey kleinen Bachen in einen tiefen Behälter, und als nicht weit von diesem ein durchlöchertes Faß versenkt wurde, so befand man das hincingesickerte Wasser völlig rein und klar. Wahrend der Fluth brauchte man die Lie, gcr nicht über zehn Ruthen zu kollern, und etwa hundert zur Ebbzeit; der Ort wo man füllte, und ein Theil des Weges, auf welchem die Tonnen gerollt wurden, lagen Z26 Eintritt in die Straße von Sunda. in, Schatten, ein Umstand, der in heißen Gegenden so wichtig ist: zudem war der Rollweg nicht mühsam. Es ist nur einmal Fluch hier in vier nnd zwanzig Stunden, wenigstens bemerkte der Löwe, wahrend seines Hierftyns, nicht mehr, und das Steigen derselben betragt eilf Schuh. Die Breite der Rhede ist 2° 22' S. und die vange 150° 41' nach Osten. Von S. W. gen S. W. nach N. W. ist dieser Ort völlig gedeckt. Von den übrigen Gegenden her kann kein heftiger Wind die See anschwellen, da rund herum in der Nahe Land liegt." Man umsegelte das gröttte dieser Inftlchcn mit einem Boote, und sah daß sich um das übrige darauf wachsende Gehölz hellgrünere und jüngere Bäume in einem Kraise schlangen, welche, wie beym Landen erhellte, aus einem lwcl> nassen, und eben erst der See entrissenen Erdreiche hcrvorgcschossen waren. An mehrern Orten der Insel lagen runde Stücken von haematites oder Blutsicin, mit einer Ocfnung, in der sich ;um Theil Sand angelegt hatte, welcher den Platz einer Flüssigkeit eingenommen zu haben schien, die vormals in diesen natürlichen Kesseln sott. Die See war in der Nahe dieftr kleinen Inseln sehr sticht, und man sah an vielen Orten Haufen von eisenhaltigen Steinen, ohne das mindeste Gewächs darauf, just aus dem Wasser hervorragen, gleich als ob sie vor nicht sehr langer Zeit durch die Gewalt des Feuers wären emvorg« schleudert worden. Eintritt in die Straße von Sunda. 327 Das Geschwader verließ die Nanka-Inseln am vierte« May. Man giebt eine Untiefe an, welche fast gerade von hier, auf einen kaum mit Wasser bedeckten Felsen führen soll, welcher l>e6erick Nenr^ genannt wird, weil ein Schiff dieses Nahmens vor einigen Jahren darauf strandete. Es war viel daran gelegen, die Lage desselben ge-nau ausfindig zu machen, damit nicht Andern das nehms liche Unglück zustoßen mochte; aber die Brigantinen Cla? rence und Schackall und sechs Boote, bemühten sich ver-gebens ihn zu erforschen; mithin waren diese Nachsuchun-ssen entweder ausnehmend unglücklich, oder die bekannt gemachten Angaben von der Lage des Felsen nicht richtig. Gesetzt nun, die Fahrzeuge verfehlten ihn eben jetzt, so sollte man doch wenigstens glauben, daß eins davon auf die Untiefen hätte stoßen müssen, welche sich von demselben bis nahe vor die Inseln Nanka erstrecken sollen, wovon sie jedoch nicht die mindeste Spur entdeckten. Das Geschwader setzte seine Reise fort, und gieng am loten May durch die Linie im 105° 48' L. nach Osten. „Aus den mittaglichen Beobachtungen, sagt der Ritter Gower, ergab sich, daß ein Stromgang das Schiff um einen hab ben Grad nach Norden getrieben hatte, wie man aus den Nachrichten in Dunns Directory erwarten könnte.« Der nehmliche Schriftsteller fügt zwar hinzu, dM der Strom-gang zu dieser Jahreszeit nach W° treibt; indeß als man die Insel Pulo Lingen entdeckte, fand sich, daß er eigentlich in 24 Stunden 27 Meilen nach O- N. O- getrieben. 328 Eintritt ill die Straße von Sunda. Dcr Aequator geht über Pulo Lingcn, eine beträchtliche Insel, die in der Mitte einen auffallenden Berg hat, welcher sich, wie Parnaßus, gabelförmig endigt, aber von den undichterischen Matrosen Eselsohren genannt wird. Icdcr Tag zeigte neue Inseln, an denen man eine ausserordcntliche Verschiedenheit in Gestalt, Grösse und Farbe wahrnahm: einige lagen abgesondert und an-dre in Gruppen. Viele grünten, auf etlichen wuchsen hohe Baume und andre waren bloße Felsen, die von den unzähligen Vögeln, welche sich dort aufhielten, so heschmießen waren, daß sie weiß aussahen. Plötzliche Windstöße, Gewitter und Platzregen erschwerten oft diese Fahrt, so daß man mehrmals ankern mußte. Die See war selten über. acht Faden tief. Fahrenheits Thermometer stand zwischen 84° bis 90" im Schatten und die Hitze war dann und wann so niederdrückend, daß wenige weder in der Gesandtschaft noch im Volke völlig gesund blieben. Von der ersteren giengen einige azls dem einen Schiffe in das andre, welches nicht ganz ohne Nutzen war. Viele von den Seeleuten wurden mit der Dysenterie behaftet, welche als eine ansteckende Krankheit, auch bey den übrigen große Vesorgniß erregte und man durfte nicht hoffen, das Uebel völlig zu dampfen, dafern nicht die Kranken ay einem bequemen Orte gelandet werden kontttcn, wo sie reine Luft hatten, und frische Lebensmittel bekanun. Eintritt in die Straße von Slinda. 329 Da man bey Pulo Condore, das ist: Insel Condore in bcydm Monsunen gute Ankerplätze findet, so lief das Geschwader am 17. May dort an dcr Morgenscite der Inscl in cinc geräumige Bucht ein und kam in der Mündung derselben an dcr Südseite vor Anker, weil sich das Wasser dort, wegen einer Sandbank, die zwey Drittel von der Mündung einnimmt/ bis auf sechstes h«lb Faden veruntiefte. Man fand nackhcr, daß über die Balik hinaus ein sichres Fahrwasser in das Innre der Bucht führt, deren nördlicher Theil durch eine nach Morgen zuliegende Insel geschützt wird. Die ganze Bay wird durch vier kleine Eylande gebildet, welche ft nahe an einander liegen, daß' man von etlichen Gesichtspunks ten aus glauben sollte sie waren vereinigt. Sie scheinen alle rauh abgebrochene Stücken ursprünglicher Berge zu seyn, die sich mit der Lange der Zeit von dem grössern festen Lande abgesondert haben. Die Hallptinscl ist cilf bis zwölf Meilen lang und etwa drey breit, hat die Gestalt eines halben Monds und besteht aus einem Nucken zugespitzter Berge. Nach einer Mittagsobscroation ist die geographische Breite derselben 8°. 40' N. und die Lan, ge, nach einem gutcn Chronometer, 105°. 55' nach O. von Greenwich. Als Herr Jackson in der Bay gelobet hatte, landete er auf einer dieser Inseln, wo er auf dem Ufer ein Schildkrötenncst mit verschiedenen just ausgebrüteten Jungen fand, an txren Bäuchen eine Art von Mutterkuchen hieng. Jede von diesen kleinen Schildkrö- s3<2 Eintritt in die Straße von Sunda. ten, welche manchmal so groß weroen, dasi sie einige hundert Pfund wicgcli, war jctzl nlchr übcr einige wenige Unzen schwer uno nur anderthalb Zoll gr^ß. Es gab eine Englische Niederlassung in Condorc bis zum Allfange dieses IahrhunoertS, wo euugcMalaylsche Soldaten, die im Dienste derselben standen, aus Rache für eine unverantwortliche Begegnung, ihre Obem er, mordeten / ausgenommen einige wenige, die von dlcser Insel entkamen, auf welcher seit jener Zelt keine Europäer wieder gewohnt haben. Am Endc der Bucht lag ein Dorf nahe an einem schönen sandigten Theile der Küste, hinter einer langen Reihe von Cocosnußbaumen; gegen N. O. wurde es gegen das Mccr durch einen Riff von Coralle,.klippen geschützt, hinter welchen kleine Fahrzeuge bequem ankern u»o Boote lcicht anlegen konn^ ten. Heer gienge» einige ans Lano, brauchten aber die Vorsicht , fich vorher »u bewehren, weil man lange Na-? cl,e„ innerhalb i>cö R'sss entdeckte, welche vielleicht Ma-layischen Oecraubern hatten zugehören können. Verschiedene Eylander kamen ans Gestade, bcwililommten sie, dem Anscheine nach , mit vieler Freundlichkeit und führten dle Fremden in das Haus ihres Oberhauptes. Sie fanden eine niedliche Kabane aus Bambusrohr, welche grösser als die übrigen war. Der Fußboden war einige Schuh über die Erde erhaben und mit Matten belegt; der ganze Raum aber mit so vielen Männern angefüllt als nur hineingiengen, weil dies gerade auf einen festli- Eintritt in die Strasic von S'unda. ?zl chcn Tag der allgemeinen Lustbarkeit fiel. In einem der Zimmer stand ein Altar mit Bildern verziert und an den Scheidewänden hienaen ungeheure Gemählde v^n Gottheiten , aber in den Mienen und dcm Betragen der Leute war nichts, das religiöser Feyerlichkclt ahnlich gesehen hatte; man sah anch niemand in der Stellung eines Betenden oder Huldigenden. Einige Lanzen mit herabge-kehrten Spitzen, waren an die Wand gelehnt, desgleichen etliche Luntcnfiinten und eine Drehbaße. Der Ans zug dieser Leute bestand vornehmlich aus blauem baumwollenen Zeuge und war sehr weit gemacht: ihre stachen Gesichter und kleinen Augen bewiesen, daß sie entweder von Chinesen stammten oder ihnen verwandt waren. Verschiedene lange, mif Chinesischen Wortzeichen beschriebene Zettel hiengen von der Decke herab. Indessen konnte einer der Missionäre, welcher mit ans Land ge-gangen war, durchaus nicht verstehen, was sie sagten: sobald aber die Worte niedergeschrieben wurden, sah er den Augenblick was sie bedeuteten, weil die Züge alle Chinesisch waren, obschon die Sprache,'welche sie redeten ganz und gar nichts mit der in China üblichen gemein hatte. Aus diesem Vorfälle erhellt ganz deutlich, daß diesen Karakteren der nehmliche Vorzug eigen ist, welchen die Arabischen Zahlen besitzen, deren Zeichen an allen Orten, wo sie gangbar sind, den nehmlichen Begriff erwecken; da hingegen die Schrift von andern Sprachen, kcine Sachen, sondern Grundtöne ausdrückt, welche, in 332 Eintritt in die Straße von Sunda. verschiedenen Verbindungen, Worte oder zusammengesetztere Töne bilden, die in jeder Sprache etwas anders bedeuten, obgleich die Alphabete einerley Gepräge haben. Man erfuhr, daß die sämtlichen Inhaber von Pulo Condore gebohrne Cochinchinesen waren, die einem der dortigen Fürsten angehangen, welchen verschiedene seiner Unterthanen abgesetzt hatten, weswegen die crstern fliehen mußten. Hier sollte Proviant eingckauft werden und die Leute versprachen alles was man angezeigt hatte wo möglich, auf den folgenden Tag in Bereitschaft zu halten, wo man willens war, dafern das Wetter gut bliebe, die Kranken ans Land zu setzen. Der nächste Morgen lies sich anfänglich sehr gut an und bewog etliche eine Luftfahrt vom Kauffarthlysc^isse auf eine kleine Insel, nicht weit von Pulo Condore, zu machen. Kaum waren sie dort auac'angt als sich der Himmel anficng zu wölken: daher das Boot gleich wieder zurüctrudcrn wollte, um das Schiff zu erreichen, ehe der drohende Sturm ausbrache. Aber er überfiel sie ehe sie noch auf halbem Wege waren. Unter ihnen befand sich ein Knabe, dessen Vater wegen Unpäßlichkeit nicht hatte dabey seyn können und der nun mit Bangigkeit das zurückkehrende Boot erwartete. Einmal hoben es die Wellen empor; dann verbargen sie es wieder. Die allcrgleichgültigstcn Zuschauer, wenn anders jemand gleichgültig dabey blei-ben-konntt, besorgten, daß das Boot von den erstaunlichen Wellen, die stch jetzt auf einmal erhoben hatten, Eintritt in die Straße von Sunda. 333 verschlungen werden würde; indessen der Vater beynahe zur Verzweiflung gebracht, sehnsuchtsvoll wünschte, im Boote zu seyn, als ob seine Gegenwart den Sturm hätte besänftigen können. Aber der Steuermann leitete das Boot so geschick,, daß die Seiten desselben, siet gehalten, im, mcr der kommenden Woge begegneten, welche sonst darüber geschlagen seyn und cs zu Grunde gesenkt haben würde: ft gelangte es zwar zur Hindostan wurde aber noch einmal tief auf eine Seite gekippt und es fehlte kcill Hliar, daß es nicht untergieng oder an den Seiten des Schiffes zerschmettert wurde. Sobald sichs aufklarte wurden Leute ans Land ge-schickt, die Lcbensmittcl zu empfangen und dafür zu be? zahlen. Wie sie ans Dorf kamen waren sie erstaunt es ganz verlassen zu finden. Die Hauser standen offen und außer einigen Gewehren, die man vorher bey ihnen ges sehen, war nichts von dem Hausgerathe und nicht eins mal das Federvieh, welches vor den Thüren umher lief, mehr da. In der Hauptkabane fand man ein Blatt Papier liegen, worauf etwas in Chinesischer Sprache geschrieben war, weiches hier so wörtlich als möglich übersetzt gegeben wird: es hieß dort «sie waren ihrer nur wenige auf dtr Insel, sehr dürftig, aber rechtlich, und ausier Stande, jemanden zu schaden; indessen hatte sie die Anlauft so großer Schisse und so machtiger Leute in großes Schrecken versetzt, besonders da es ihnen unmöglich sey, das viele Vieh und den übrigen Mundvor- Z?4 Eintritt in die Gtrajje von Gmlda. rath, welcher verlangt worden, hcrbcyzusch affen, indent die armen Pulo Condorcr kaum selbst dergleichen besaßcn, geschweige denn, daß sie die erforderliche Anzahl lkfcnl könnten. Sie hatten sich daher, aus Furcht und Besorgnis für ihr Leben, entschlossen zu fliehen. Sie baten die großen Leute flehentlich Barmherzigkeit mit ihnen zu haben; au" ihr Haab und Gut ware zurückgeblieben und sie ersuchten diesclbcn nur ihre Hüctcn nicht nieder zu brennen; endlich würfen sie sich den großen Leuten hundertmal zu Füßen." Vermuthlich mochten die Verfasser dieses Briefes voll andern Fremden übcl seyn behandelt worden: weswcg^t man zu verhindcrn bemüht war, daß sie nicht von allen, die hicrher kamen, auch fernerhin noch eine üble Meynung hegen sollten. Bcy lhrer Heimkehr waren sie vielleicht n Theile des großen festen Landes ansichu'g/ den man mit sehr vielem Rechte, bcreils China nennen konnte. Unweit der erwähnten Küste liegt Cos chinchina: denn das erste kleine Königreich oder Lands chen, welches bcym südlichsten Vorlande anfangt, wird Cambodia gcnennt, das zweyte Tsiompa, und das dritte Cochinchina. Urkunden zufolge, gehörte dics vors dem zu China; aber als im dreyzehnten Jahrhunderte die Mongolen aus der Tartare») in China einfielen, soll der Chinesische Landvfleger der südlichen Halbinsel, web che Tungquin gegen Norden, Cochinchina in der Mitte/ und Tsiompa und Cambodia gegen Mittag enthielt, die Gelegenheit in Acht genommen haben, die Fahne der Unabhängigkeit aufzupflanzen. Er und seine Abkömms linge hielten ihr Hofiager in Tungquin. Mit der Zeit ahmte der Tungquinsche Gouverneur von Cochinchina das Beyspiel des Ahnherrn von seinem Fürsten nach und erhob seine Statthalterschaft zn einem Königreiche. Aber sowohl cr als sein voriger Oberherr bekannten sich immer noch, wenigstens dc„, Nahmen nach, für Chinesische 340 Cochillchina. Lehnsleute und bezeugten noch dann und wann dem Höft von Peckin ihre Hochachtung. Sogar diese geringe Verbindung mit China gab dem Lande in bett Augen der je< tzigen Gesandtschaft mehr Anziehendes. Das Geschwader ldekam keinen Theil von Cambodia zu Gesicht, aber in einer sorgfältig abgefaßten hands schriftlichen Nachricht von einer Reise dorthin im Jahre 1778 wird gesagt, „daß die Landspitze von Cambodia und die ganze Küste von dort an bis an den westlichen Arm des großen Flußcs mit Gestrauche bedeckt und über auS niedrig sey. Das Meer ist so seicht, daß man das Wasser fünf bis sechs Meilen weit vom Ufer selten über vier Faden tief findet; und zwey Meilen von der Küste konnte kein viel grösseres Fahrzeug als ein Voot fortkommen." Es ist nicht unerheblich zu bemerken, wie langsam sich diese Südküsie Asiens und die mittägliche Seite der Insel Sumatra, die vielleicht selbst ein abgerissenes Stück desselben großen Weltthcils ist, ins Meer abstufen. Das Geschwader sah Tsiompa, welches sich mehr über die See erhebt, als Cambodia, am neunzehnten May, desgleichen die Tigerinsel nahe dabey und am fols genden Tage zwey Inft .» genannt Pulo Cambir de Terre und Pulo Cecir de Mer. Wenn man Tsiompa mit bloßen Augen betrachtete, so schien es ein wohlbcbautes und schönes Land zu seyn, wo sich Weidenland und Getray-defelder, in anmuthiger Verschiedenheit, darstcllttn j ^ Cochillchina. 34l untersuchte man es'aber naher mit einem Fernglase, so verschwand alles das Gefällige und Ucppige des ersten Anblicks und an dessen Stelle blicbcn nur ungeheure Steppen von bleichem und gelbem Sande, aus dessen ebnen Flächen Hocker vö^n schwarzen Klippen hervorbrachen , welche ihre kahlen Häupter beträchtlich empor hoben. Hier und da auf den hohen Nucken sah man, wie auf gestreiften Tiegerhäuten, weisses und schwarzes G" siein abwechseln, desscn Hcllung sich in großer Ferne zeigte,, wenn die Sonnenstrahlen auf diese Küste ficlen. Nahe bey derselben war das Seewasser so durchsichtig, daß man vom Hintetthcile des Schisses das Endt des Steuerruders leicht unterscheiden konnte. In 12°. 50' N. B. erhob sich hinter dem Vorgebirge Varella ein Berg, aus dessen Gipfel ein hoher Thurm ähnlicher Fels empor stieg, der sehr auffallend war. Nördlich von diesem Felsen lag Quin- nong oder Tschin, tschin Bay, welche von den Schissen dieses Landes sehp besucht wird. Sie giebt der eben angezogenen Handschrift zufolge, «einen vortreflichcn Hafen ab, wo die Schiffe vor jedem Winde sicher sind. Sie hat einen sehr schmal -lcn Eingang, und weil das Wasser nicht tief genug ist; so müssen große Lasischiffe warten bis die Fluth eintritt, um einlaufen zu können. Sie liegt in 13°. 52' N. B." Am 22sten May erblickte man Pulo Canton sonsZ auch Pulo Ratan genannt, welches wie zwey Inseln in der Ferne aussah, weil es an beyden Enden hoch und 342 Cochinchina in der Mitte niedrig ist. Unter allen Eylanden, die man bisher gesehen, schien kein einziges so wohl angebaut zu seyn als diess. Ein nordwestlicher Stromgang trieb das Geschwader naher daran, als man gehen wollte , weil gerade damals sehr wenig Wind war. Die Schisse hatten sich nun schon seit geraumer Zeit dem Königreiche Cochinchina gegenüber befunden. Zwischen der Küste desselben und einer unermeßlichen Menge kleiner Inseln und Scheeren, die Paracellen genannt/ welche eine längliche/ an vier hundert Engl. Meilen voi; Südcn nach Norden ausgedehnte Gruppen bilden, war die Fahrt etwas gefahrlich. Man mußte sich dabey nicht wenig sowohl vor den, östlichen Strömen, welche in Windstillen auf die Scheeren zu treiben, als auch, hinwiederum, vor den gewaltsamen Stürmen in Acht nehmen, welche in diesen Gewässern Tyfuhne heißen, so wie man sie im Weltmeere Orcane nennt: beyden aber sind das entsetzliche Toben des Windes und die schnell wechselnde Richtung gemein. Etliche Merkmale der Witterung lassen den aufmerksamen Seefahrer die Annäherung dieser Tyfnhne vermuthen und gestehen ihm Frist zu das Schiff wider ihr Rasen in den gehörigen Stand zu setzen. Diese Kennzeichen stellten sich einigermaßen am Abend des 23stcn Mays ein. Ungewöhnliche Himmelsröthe vor Sonnenuntergang und ein dunstumgrauter Lnftkreis folgten auf einen schönen heitern Tag. Das Quecksilber im Barometer fiel schnell. Nachdem die Sonne über den Ge- Cochinchina. 343 fichtskreis hinab gesunken, stieg eine dichte schwarze Wolke, hierund da mit einem feurigen Hochroche bcpm-pert, dessen Ränder in Lichtglanz zerstoßen, aus Nord) osien empor. Gleich darauf wurde dicHimmelefcrne nmd umher mit Wolken überzogen und man versah sich alle Augenblicke, daß der Sturm abrechen würde. D'chcr wurde sogleich die Vorsicht gebraucht, einige Mast, ^ und Raaen zu streichen und nur wenige Scegel aufzuspa nun, damit der Wind einen möglichst geringen Spielraum er-halten möchte; außerdem wurde auch all>.'s übrige anss beste befestigt. Indeß verloren sich dle Wolken kurz darauf. Nach etlichen heftigen Windstößen stieg das Quecksilber wieder und der folgende Morgen brachte schönes Wetter auf seinem Fittig, so daß sich in der Ferne eine Oefnung am Lande wahrnehmen licß, die man für Turow bay hielt, desgleichen eine Insel im Süden dcrsclbcn, welche Cham Callao oder Campello heißt. Man sah viele Fischerkahnc zwischen den Schiffen und dem Lande, und rufte den nächsten zu, um zu versuchen , ob man einen Fischer bewegen könnte, dem Geschwader als Lootsen zu dienen. Aber sie wcu chen, noch ein Wort von dem begreifen, was er sagte. Man legte ihm Fragen in Chinesischen Schriftzügen vor, abcr cr machte Zeichen, wodurch er andeutete, daß er weder lesen noch schreiben könne. Der Klang der Worte Cochinchina und Turon war ihm ganzlich unbekannt, weil diese Namen nicht von den Landesbewohnern / sondern von frühern Europäischen Seefahrern und Erdbeschreibern ihrcn Ursprung haben. Er warf sich zu wiederholtenmalen auf ftine Knie nieder und weinte, ungeachtet man sich bestrebte ihn zu besänftigen und gutes Muths zu machen; und wenn das Vordcrtheil des Schiffs beym Lavieren vom Lande weggekehrt wurde, so wuchs seine Furcht zur Cochinchina. 345 größten Beängstigung, weil er dann wähnte, man gedenke sich von der Küste zu entfernen, und ihn auf immer mit fort zu nehmen. Man gab ihm etwas zu essen; doch lies er sich lange zureden, und nahm sehr wenig davon zu sich; als man ihm aber einige Cpcciesthaler in die Hand drückte, so kannte er ihren Werth recht wohl, und wickelte sie sorgfaltig in einen Zipfel seines zerschlitzten Gewands cin. Nach vieler Muhe machte man ihm endlich die Ursache begreiflich, warum er an Bord gebracht worden, unV da er nun in etwas beruhigt war, so zeigte cr wo die Schiffe in Turonbay einlaufen müßten, welches für Fremde ein wenig schwer ist ausfindig zu machen. Die einzige Charte, welche, soviel man wußte, von diesem Theile der Küste herausgegeben worden, war blos ein eilfertig g« machter Riß etlicher Oss-ziere auf dem Indienfahrer Ad< miral Pocock, welches Schiff, vor vielen Jahren zufälligerweise, durch Unwetter hierher verschlagen wurde; aber es stehen weder eingczogne Nachrichten noch Fingerzeige dabey, wie man in die Bay einlanftn müsse, und sie wurde überdies nachher in vielen Stücken fehlerhaft befunden. Wenn man dicsen Theil der Küste in der Ferne von Süden her erblickt, so wird das Auge vornehmlich auf eine Gruppe stämmiger Marmorfelsen geheftet, die wie eine ungeheure völlig abgesondert stehende Burg aussehen, und beynahe dem Felsen vom Schloß Dunbarton in Schottland gleichen, welches sich senkrecht von der Clyde erhebt; nur sind jene größer. Einige Meilen gegen Nor- 546 Cochillchina. den von diesen Cochinchinischen Felscnmassen, ist ein küh-nes erhabnes Vorgebirge, aus welchem zwey Spitzen, eine über die andere ragen. Wer die Mündung von Tu-ronbay nicht kennt, möchte sich einbilden, sie licge zwischen dem erwähnten Felsenklumpen und diesem hohen Vorgebirge, indeß sind dicse beyden Gegenstände wirklich durch eine nidlige schmale Erdenge verbunden, wclche eine Halbinsel bildet, und sich auf das Cap cndei. Man steuert in die Bay um die Nordöstlichste Landspitze dieses Vorgebirges, welches jetzt vom Geschwader mit dem Namen des Löwen belegt wurde, nicht blos in Rücksicht auf ! das Königliche Schiff, sondern auch wegen einer geringen oder vermeintlichen Aehnlichkeit, welche ein vom Cap ragendes abgestumpftes Geklipp, in der Ferne mit einem sitzenden Löwen hat. Als der Cochinchim'sche Fischer zu beschreiben wünsche tc, wo das Kauffarthey schiff ankern sollte, krümmte cr den linken Arm bogenförmig, wodurch er die Berge anzeigen wollte, die sich an der Bay emporhüben, und senkte den Zeigefinger der Linken herab, um den vcrhältnißma-ßig besten Ankerplatz anzudeuten. Indeß trieben plötzliche Windstöße aus verschiedenen Gegenden, mit Gewittern begleitet, die Schiffe wieder in See; auch konnten sie vor dem 26sten May nicht mit Sicherheit in der Bay ankern. Der alte Cochinchinese wurde nun mit einer Vergütung für sein Schrecken und seine Dienstleistungen entlassen. Wie man ihn ans User setzte/ sprang er aus dem Cochinchina. 347 Boote fast mit der Gelenkigkeit eines Jünglings, eilte hinweg, und kam nachher nie wieder den Schiffen nahe. Sir Erasm. Gotver „verteuere das Kriegsschiff in cmer Tiefe von sieben Faden, ft daß ihm der N. W. Theil der Bucht nach N. O. gen N. lag, eine Insel im Eingänge der Bay gegen N., der Wasserplatz auf der Halbinsel O. gen N., die Insel Campello, 5^ man über die Landenge hinaus sthen kann, S. O. gen O., und der Flus, an welchem die Stadt Turon liegt, S. S. O. halb O. Die Halbinsel hatte einige Aehulichkcit mit Gibraltar, daher das Geschwader derselben diesen Namen beylegte. Der Canal in die Bay wendet sich um den N. östlichen Theil von Gibraltar, und behält ein großes Stück von Insel in Norden. Nach der Küste zu, welcher man sich überall sicher nahern kann, vcrunticft sich das Wasser unvermerkt von zwanzig bis auf sieben Faden.« Die erste Sorge nach dem Ankern war, einen Ort aufzusuchen, auf welchem man die Kranken und Schwäch-lichen landen konnte. Man fand bald einen unter dem Berge von Gibraltar, nicht weit vom Ankerplatze des Lös wen, wo der Boden völlig trocken und die umliegende Gegend frey von Sümpfen war: auch rann ein klarer Bach hinter den Gczelten die für das Volk aufgeschlagm waren. Als das Lazareth sich dort befand, war man bes müht, aus dem Schiffe alle Spuren von Ansteckung zu tilgen, und es wurde zu gleicher Zeit darauf gedacht in die Stadt Turon zu senden, welche an einem Flusse lag, der 548 . Cochinchina. sich in die Bay ergoß, sowohl um die Veranlassung zu melden, warum das Geschwader hi,r verweile, als auch um zu bitten, daß man es mit frischer Kost um blllige und gewöhnliche Preise versehen möchte. Aber kaum hatte das Kriegsschiff geankert, als ein Abgeordneter vom Ufer an Bord kam, und nach allem fragte, was das Geschwader betraf, dessen Erscheinung Furcht verur^ckt zu haben schien. Die Fahrzeuge welche insgemein dort ym kamen, waren entweder Iuuken aus verschiedeneu Gegenden vou China/ oder Kauffahrer aus Macao von Europäischer Bauart, aber klein und ohne kriegerisches Anschen. Von den ersiern waren jetzt keine in der Bay, und von den letztern nur eine Brigantine. Schisse wie der Löwe und die Hmdosian waren dort selten zu sehen. Diesen, welche von den Brigantinen Schackall und Clarence begleit jet wurden/ folgte bald ein fünftes Schiff nach Turoni day. Es trug eine Genuesische Flagge, war aber meistens mit Englandern bemannt: es hatte die Gesandtschafts-schiffe in der Straße von Suuda angetroffen, und war nachher dann und wann mit selbigen gesegelt. Die sämmtlichen Schisse waren den Lcuten auf dem Lande besonders aus einer Ursache furchtbar, welche man von dem Capitane der Brigantine aus Macao erfuhr. Ihm zufolge stand damals Turon und ein ansehnlicher Theil des Königreichs Cochinchina unter einem jungen Prinzen, dem Neffen eines unrechtmäßigen Besitzers, Hessen Gegner, ein Abkömmling der vormaligen Landesher, Cochitichilia. 345 ren sich noch in einigen mittäglichen Gegenden des Königreichs behaupte, und taglich Beystand aus Europa erwarte, wodurch er alle Besitzungen seiner Vorfahren wieder zu erlangen hoffte. Denn diese hatttn sich oft gcgcn Europäische Missionare huldreich erwiesen, und die Ausübung dcr Christlichen Religion .unter ihren Unterthanen verstattet. Dm vornehmsten von diesen Missionaren, welcher von Se. Htiligkcit dem Pabste, mit dem Titel eines Bischofs beehrt worden, sendete Se. Co chin es, sehe Maje» siat als Grosbothsch,5ftcr an dcn Französischen Hof, wo man dcn jungen Prinz von Cochinchina, den dcr Bischof mit sich nach Europa genommen hatt?, mit ungewöhnlicher Theilnahme cmpficng. Man versprach zur Wiedereinsts tzung seines Hauses Hülfteiche H^nd'zu leisten, und ware dies gelungen, so wurde ohne Zweifel der Französische Handel dabey gewonnen habcn. Die Vorkehrungen, Wirklichen Beystand nach Asien ^u schicken, waren bereits getroffen, als die außerordentlichen Ereignisse in Franks reich dem Unternehmen ein Ende machten, und den edel-wüthigen Monarchen, welcher Befehl dazu gegeben, auft ser Stand setzten, andere und sich selbst zu retten. Indeß verfügten sich etliche einzelne Personen zum rechtmaMell Könige von Cochinchina, und ließen ihn ferner auf Un-terstützung hoffen: dies geschah desto öfters, weil dadurch seinen Partheygängern neuer Muth eingeflößt wurde. Aber seine Feinde, welche jetzt im Besitz von Turonbay waren, fürchteten daß die eben darin ankernden Schiffs ?5n Cochinchina im Grunde mit kriegerischen Absichten gegen sie hieher gekommen wären. Allein mit dem Abgeordneten, welcher an Bord kam, wurde bald durch die Chinesischen Dollmctscher ein Verständnis mit Hülfe von niedergeschriebenen Wortzeichen in ihrer Sprache ausgemittelt, so wie man in Pulo Condors gcihan. Nach der Versicherung, daß diese Schiffe weder für noch wider die Landesregierung, sondern friedlich gesinnt waren, erklärte man die eigentliche Absicht derselben, und ersuchte um Befriedigung der unmittelbaren Bedürft msse. Jedoch in den ersten zwey bis drey Tagen wurde sehr wenig gebracht. Nur wenige KlN)ne boten den Schift fcn Lcbensmittcl zum Verkauft an, ob dies gleich ordcutt lichcr Weise in den mchvcsten Häfen häufig geschieht. Auf dem Lande war auch wenig zu haben, und für alles wurde ciu übertriebener Preis verlangt. Es war unbczwcifelt, daß der Befehlshaber des Orts, welcher, wie man erfuhr, die Ankunft des Geschwaders augenblicklich durch einen Boten in die Hauptstadt berichtet, und Verhaltrmgsbes fthlc eingeholt hattc, dcrwcile den Verkauf alter Lebens-mittel hemmte. Bald daraus kam ein Mann von einigem Range in Turon an, welcher von seinem HeMl sehr verbindliche Grüsse an den Gesandten abzustatten hatte. Er saß in «iner großen Galeere, die einen Verdeck hatte, sehr leicht gebaut war, und an beyden Seiten nach unten zu scharf auf die Mitte zusammenlief, um desto behender zu segeln. Cochinchina^ 3^ Die überaus zahlreichen Bootsleute standen aufrecht, bewegten ihre Ruder von sich hinweg und tauchten sie nur oberflächlich, aber sehr oft in die Fluch. Auf der Mitte des Verdecks war eine Prachtcajüte errichtet und sehr bunt angestrichen; an jedem Ende der Galeere weheten Wimpeln von verschiedenen Farben und Gestalten. Rings nm die Staatscajllte waren von außen Lanzen und verschiedene Sinnbilder der Macht angebracht. Die Haupt) person, welche darinn saß, war mit einem weitwallcnden Seidengcwande angethan, hatte die feinen Sitten der ge< bildetern Stande, und wurde von einem Chinesischen Dollmctscher beglcitct. Seiner Galeere folgten neun Lasidoote, die mit Geschenken von Reis und anderer . Kost, aus der thierischen Schöpfung und dem Ge-' wachsreiche, für die Gesandtschaft und das Schiffsoolt, schwer befrachtet waren. Von diesem Augenblicke an war alles im Ueberfiusse, um billige Preise zu haben. Der Vogt des Bezirks kam ebenfalls an Bord, um dem Ges sandten seine Aufwartung zu macheu: er lud ihn nebst Gefolge aufs Land ein, und bot ihnen taglich offene Ta-ft! an. Fortan hauste man nun die Verbindlichkeiten, und war austrst bcfiicßcn, das bcste Verständnis mit My-lord uno dem Geschwader zu unterhalten. Sie trugen darauf an, daß ihnen Waffen und Kriegs-vorrath verkauft werden möchte, und es war leicht abzusehen, daß, wenn man sich der Sache des Prinzen, web chcr damals in Turon und in der Hauptstadt der nördl>< 35" Cochillchina. chen Theile des Königreichs regierte, nur im mindesten hätte annehmen wollen, für diesen Vcysiand kcin gcfors dertcr Preis zn hoch geschienen haben würde. Seine Lage war in der That nichts weniger als sicher. Die Provinz Donai, oder der südliche Theil von Cochmchina war wieder zum Gehorsam gegen die alte Familie seiner Fürs sten zurückgekehrt; und O.uininong, oder die mittlere Provinz des Königreichs, war in den Händen des Ero^ berers, welcher sich vor einiger Zeit das ganze Land unter? worsen. Er hatte seinen jungem Bruder über die Eroberungen im Norden gesetzt, dieser aber nutzte die anvertraute Macht dazu, daß er ersi in das benachbarte Königreich Tung-qumg, ob sich gleich die Chinesen desselben annahmen, einen sehr glücklichen Einfall that, und sich danu zum unumschränkten Herrn von Tm:g - quin und Cochinchina erklärte/ da es seine Absicht war, nicht nur dem altern Bruder alles zu entreißen, was dieser noch vom Königreiche bcsaß, sondern auch diejenigen Bezirke zu erobern, welche dem gcsczmaßigen Fürsten wieder zugefallen waren. Dieser neue Machträuber war ein geschickter Krieger, hatte erstaunliche Entwürfe zu Eroberungen, sogar auf emigc Chinesische ProvmM gemacht, und hielt es, in Aufthlmg der Staatsklughvit, mit denen, welche alle Mittel, ihren Zweck zu erreichen, für gleich gut achten. Er starb mitten in seinem Olücke im September '?92. Seincu ältesten, aber blos natürlichen Sohn, liest er Cochinchina. 353 er die Herrschaft über Tungquin. Der jüngste, dcn er mit einer Tungquinischcn Prinzeßin rechtmäßig erzeugt hatte, befand sich in Turon als sein Vater starb. Er übernahm sogleich die Negierung, als gesetzmäßiger Nachfoi.q^r seines Vaters, obschon sein ältester, aber lmää ter Bruder, den Besitz ron T'.ulgql.in nicht aufgab, und auf das Rccht' zu allen Erob?rl'>'^'N ftincs Vaters Zl.i'pruch n^cbt,'. Cochinchina war''cl',o:i,ft,'t n.^hro.ls zw.:n,;: ^ ,'Ml'l!je voü »)m Streitenden das Leb'.", derlohr. T. l.'> crscl l'vfte d!d, und brachtc di,.> noch übrigen Partheyguig^r so schr ii.s Gleichgewicht, d.'.ß c,,genwärtig von feiner Seite etwas Erhebliches unternommen wnrde. Aber jeder Theil sann eifrigst auf ueue Mittel, sich die Oberhand zu verschaffen, und seine Feinde zu stürzen. Das Volk kam inzwischen wieder einigermaßen zu Athem. Ware aber auch das Reich in noch größerer Ruhe gewesen, so wurde der Gesandte doch nicht sür rathsam gehalten haben, sich in die mindeste Unterhandlung einzulassen, oder nur sein V« glaubigungsschreibcn, das man ihm für dieses Königreich mitgegeben, zu überreichen, ehe er sich seines Auftrags an dcn Kaiser don China entledigt hatte. Er beschloß daher, es bcy Erwiederungen vou Höflichkeit und Achtung, und einigen Geschenken für dcn zugesandten Mund-vorrath, der seinem Geschwader so sehr zu statten gclom-Ersier Band. F s54 Cochinchina, men war, bewenden zu lassen. Der Perkchr mit den Leuten von Turon wurde nun ununterbrochen fortgesetzt; man war aber auf beyden Seiten etwas mistrauisch, und mithin wachsam auf einander. Es fand sich, daß diese Bay richtiger der Hasen, von Turon heißen würde. Die Mündung desselben ist zwar weder so schmal noch so leicht zn vertheidigen, wie bey dem, im vorigen Capitel beschriebenen Hafen von Rio de Janeiro; er ist auch inwendig nicht so tief und geräumig: gehört aber dennoch zu den sichersten und größten unter den bekannten Hafen. Er hat ringsumher Ein-schnitte ins Land, worin man sich bergen kann, der Wind mag auch noch so heftig von irgend woher stürmen. Der Boden ist schlammig und überall sicher zum Ankern. Bey gewöhnlicher Witterung kann jedes Schiff so liegen, dasi ihm der Seewind zu gute kommt, welcher von der Mündung des Hafens über die schmale vorhin erwähnte Landenge, von drey oder vier Uhr des Morgens an, bis zu derselben Zeit des Nachmittags weht. Bald darauf erhebt sich der Landwind, und dauert fast aNe übrige Stun? den hindurch fort; er ist völlig kühlend, da er gerade von den Bergen sireicht, ohne über Sand zu gehen; auch wird er durch keine morastigen Dünste auf seinem Wege verunreinigt. Im Hafen liegt eine Insel, um welche das Wasser ziemlich an allen Seiten so tief ist, daß fast jedes schiff ganz nahe dabey liegen kann/ um gekielt und ge> schimannt zu werden, Die See ist überall im Hafen Cochinchina. 355 ruhig. Zwischen den überhangenden Bergen sind Thaler mit Reis bebaut, und Waiden für Bussel, von denen es hier eine gute Zucht giebt. Der Hafen wimmelt von Fischen. In manchen Fischerbooten sind Mann, Frau und Kmder, blos unter emem runden Dache, anstatt eines Verdecks, vor der Witterung geschützt. Man sieht breite Stücken von Kürbis oder Kalibasch um den Hals der Kinder gebunden, damit, wenn sie über Bord fallen, ihre Köpfe und Körper nicht untersinken können. So oft die Fischer ans Ufer kommen erflehen sie von ihren Göttern Sicherheit für ihre Familien und guten Fischfang: zu diesem Behufe erricht ten sie ihnen kleine Altare zwischen dcn Ziesten großer Baume od^r an andern hohen Ostern, wo sie ihnen Zltt ckcr, Reis und andre Lcbcnsmittel opfern, und kurze Stückchen von wohlriechendem geweyhtem Holz anzünden. An dcr Südseite des Hafens ist die Mündung des Flusses, auf welchem man nach Turon gelangt. Auf der Landzunge, welche dcn Flus vom Hafen trennt, sieht eine Watte, welche aus vier hohen Holzsäulen zusammengefügt ist; diese haben eine ganz leichte Ueberdachmlg, und unter derselben einen Fußboden auf qucerübergelegtm Balken. Der Wachter steigt mittelst einer langen Leiter hinauf, und kann von dort leicht durch den Eingang drs Hafens alle Schiffe sehen, die sich von Norden nahern, so wie über die Landenge alle die von Süden herkomme». Nahe bey dcr Warte ist ein Ort, wo Kahne und kleine 456 Cochinchina. Fahrzeuge, welche den Flus hinauf gehen, von össentl« chen Bcamten angehalten und untersucht werden. Der Flus ist etwa zwey hundert Ruthen breit, und strömt so heftig in die Vay, daß er sich cinen Canal durch die Sandbank bahnt, welche da wo er in den Hasen fallt, nach und nach entstanden ist. An beyden Seilen von diesem Canale liegt der Sand so hoch, daß er wahrend der Ebbe vom Wasser verlassen ist. Auf diesem Sande sah man zum erstenmale seit dem Anfange der gegenwärtigen Reise das berühmte Geflügel, gemeiniglich die Kropfgans oder der Pelikan genannt, dessen Kehle, Schnabel und Flügel, wegen seiner Größe mit dem übrigen Körper in keinem Verhältnisse zu stehen scheinen, ob derselbe gleich dem der größten Truthenne nichts nachgiebt. Er halt sich blos da auf wo es viele Fische giebt, deren Ueberfius man jedesmal aus seiner Gegenwart abnehmen kann. Das Wasser im Flusse war über zwey Faden tief. Man sah darinn eine Chinesische Iunke und einige große Co-chinchinische Boote vor Anker; andre schiften daraufhin. Am westlichen Ufer, wu, ungefehr eine Meile über die Mündung hinauf, die Stadt Turon lag, lief das Land schräg zu, aufs Wasser hinab. In den Gebüschen, womit es bewachsen war, standen Häuser, aus welchen die nackten Kinder, mitunter nur zwcy Jahr alt, in den Flus sprangen, und darinn wie junge Endten spielten und herumschwammen. Cochinchina. 357 Turon, welches die Eingebohrnen, eben so wie den Fllls und den Haftn, Han- fan nennen, war kaum besser als ein Dorf, soll aber in Friedenszcitcn, als das Land noch blühete, ein Ort von grösserer Erheblichkeit gewesen seyn. Zwischen den Häusern, welche niedrig, meistens aus Bambusrohr erbaut, und mit Binsen oder Reisstroh gedeckt waren, standen hier und ba Baume, außcr am Markte. Viele von den besten Gebäuden befinden sich mitten in Gartcn, die mit Arccapalmcn und andern angenehmen oder nützlichen Gesträuchen bepflanzt sind. Hinter der Stadt waren Haine von Avpelsmen, Limonien, Pis sang, und Arecanußbäumen, worinn an manchen Orten Häuser, und an einigen nur Trümmer standen. Das gegenüber stehende Ufer war in umzäunte Felder eingetheilt, finden, stehen sie keinem Volle, wo die Wissenschaften bekannt sind, nach, und verfahren in einigen Fallen auf eine Art, die zwar an andern Orten nicht gewöhnlich, aber doch weit bequemer oder wirksamer ist. So pficgten sie zuweilen bey der Reinigung i>cs Zuckers, nachdem der gröbste Syrup bereits abgeronnen und der Zucker körnicht und fest worden war runde Stücken da; von, ungefehr einen Zoll dick und zehn im Durchmesser ulw gleichgroße Stücken des krautartigen Stammes vom Cochlnchina. 363 Pisangbaumc, über einander zu schichten; dann schwitzte dcr saft aus letzterm, sickerte durch den Zucker, nahm alle Unreinigkeittn herab, welche damit gekocht worden, und lies den reinen weisscn und klystallisitten Zucker übrig, welcher sehr leicht und fast so löchricht wie eine Honig» schcibe war. Nachdem man ihn darauf zerlassen, blieb kcin Bodensatz mehr. Man sieht, daß diese Verfahruugs-art gewiß weit vorzüglicher als die an andern Orten ges wohnliche ist, wo man dcnZuckcr, sobald er sich gekörnt hat, in trichterförmige Gefäße gießt und oben darüber nasse Erde legt. Die Oberfläche des Zuckers wird zwar dadurch sehr verfeinert, aber nie so vollkommen als nach der Cochinchinesischen Art. Ueberdies wird das Korn des Zuckers viel mehr gebrochen und auf der umgekehrten Spitze des Huts bleibt immcr mehr Uurcinigkeit zurück als an der Basis, worauf die reinigende Feuchtigkeit zu? erst fallt. Man hat wenig Grund zn glauben, daß die Cochinchincsischc Behandlung des Zuckerrohrs und des Saftes davon langweiliger schwerer oder kostspieliger sey als die anderwärts übliche, weil der hier gemachte Zucker, welcher nicht weit von wo man ihn verfeinerte, auf öffentlichem Markte feil war, um weit geringere Preise verkauft wurde, als in jedem andcrn Theile der Welt, wo man welchen vnfertigt. Wenn gleich die Bewohner dieses Landes nicht ver, standen das Metalt von dem ausgefördeten Erze kunst-mäßig zu sondern, so hatten sie es doch, unter andern, 364 Eochlnchina so weit gebracht, daß sie nicht nur sehr gutes Eisen machten, sondern auch nachmals Lmitefimten, Lanzen und andre Gewehre daraus fertigten. Ihr irdncs Geschirr war recht artig. Uebcrhaupt hatte allcs, was fke zur Hand nahmen, das Gepräge von Gewandtheit, so Übeln Gebrauch sie auch zuweilen' davon machten. Viele von ihnen trugen wenig Bedenken sich etwas heimlicherweise zuzueignen, was ihnen bey andern anstand; auch waren sie nicht mehr betroffen, wenn es heraus kam. Doch waren sie wieder vorurthcilsfrey, und zwar in Sachen, wo wenig andre um den Preis der Grosmuth buhlen wollen. Weiber und Töchter, behauptete man, ließen sie um ein billiges und ohne viclen Anstand, ab, so wie sie überhaupt aus Licbeleyen sehr wenig zu machen schienen. Doch muß man wohl merken, daß sich diese Beobachtungen hauptsächlich, zwar auf die zahlreichern, aber niedern Volksjtande, beziehen, und uutcr die scn zunächst auf die, welche, vermöge ihrer Lage, den meisten Verkehr mit Fremden hatten. Denn die höhcrn Staude breiteten ihre Ungerechtigkeit weiter aus und was ren sultmischer in ihren Genüssen. Dem schwächern Geschlechte raubten sie ftinc Rechte durch die Einkerkerung ihrer vielen Weiber, und das Volk belasteten sie durch mancherley Unterdrückungen, welche sich der Niedere durch keine Zuversicht auf seine Gerechtsame abzuwehren erkühnen konnte: eben so wenig als das Bewußtseyn Unrecht zu thun den Mächtigern in seine Schranken zurückschreck- Cochilichma. g^ te; gleich als ob ihnen keine Vorschrift der Religion und kein Grundsatz der Sitlenlehre zur Beobachtung dsr Gerechtigkeit und zur Bcgränzung dcr Gewalt cingcfiößt worden wäre. Die Abhängigkeit Untergebener siclttt sich fthr sprechend in den: Niederfallen und in andern Gcbehrdcn knechtischer Erniedrigung gegen Vornehmere dar. Obwohl die geschätztem unter den schönen Knusten da, wo sich cii.e große Ungleichheit dcr Stande findet, zuweilen blühen, weil es denselben dann nicht an Auf? muntcrung gebucht; so fand man doch unter den Cochins chincscn auch nicht die mindesten Spuren von Mahlerey oder Bildhauerkunst: wdessen hatten sie einige Fortschritte in dcr Tonkunst gemacht. Der Gesandte wurde bewogen eine Eiuladnng aufs Land am 4ten Iunius anzunehmen, wo Sr. Britannischen Majestät Geburtstag einfiel. Hierzu war ein großes Mahl veranstaltet. Auf dasselbe folgte ein Schauspiel, das weit vorzüglicher als die vorhergehenden war. Die Vorstellung war eine Art von historischer Oper, in welcher Recitative, Arien und Chöre eben so wie auf der Italiänischen Bühne mit einander abwechselten. Einige von den Schauspielerimml sangen nichts weniger als schlecht. Sie hielten alle lichtig Takt nicht blos mit der Stimme, sondern auch mit einer dnrchgän-gigen Bewegung dcr Hände und Füße, die sich nach dem abgemessenen Getön der Instrumente füg.te. Sowohl ihre Saiten , als Blas - Instrumente waren sehr ungeschlacht, abcr auf die nehmliche Art und zu demselben 3^6 Cochitlchina. Zwecke, wie die Europäischen, gebaut. Indeß hat Gtü wohnhcit und Nazionalliebhaberey so viel Gewalt, daß die Musik von des Gesandten Capclle, welche einem Europäischen Ohre sehr schmeichelhaft war, den Cochinchinc-sen eben nicht besonders gefiel. Das Gebäude, worinn der Gesandte empfangen wurde, schien ausdrücklich aufgerichtet worden zu ftyn. Es war inwendig mit gedrucktem Englischen Cattun be-hangen ; und die Soldaten, welche sich um den Befehls? Hader der Gegend befanden, von dem die Festlichkeit vcr« anstaltct worden, hatten Obcrgewänder von dunkclro-thcm Tuche, das wahrscheinlich ebenfalls aus England kam. Die Portugiesen aus Macao, in deren Handen großtentheils aller Handel ist, der etwa noch mit den Co-chinchincsischen Häfen getrieben wird, kaufen den Auss schlls der nach Canton gebrachten Güter zusammen, welchen sie hier mit großem Vortheile wieder absetzen, ob sie gleich manchmal von den Machthabern des Landes viele Ucbervorchcilungcn ausstehen müssen. Außer den Säbeln, womit die Cochinchiuesischen Soldaten bewafnct waren, hatten sie noch ungewöhnlich lange Picken, mit roihgcfärbtcn Haarbüscheln geschmückt, welche Farbe den Unterthanen, es wäre denn auf Befehl oder im Diensie des Fürsten, wcdcr an sich selbst noch in ihrem Auszüge, verstattet war. Die Leidwache, welche den Gesandten aufs L^nd begleitete, feuerte nicht nur einige Salven zur Ehre des Tages, sondern machte auch Cochlnckina 367 verschiedene kunstgerechte Schwenkungen, welche sowohl bey der grasen Menge der Zuschauer cls auch bey den Landestru^x',: Bewunderung erregten. Obg!. ich ci? Volksmenge wahrend des langen Bur-gerkric^s ülcrall lm Lai.de abgeliommm hatte, so sagte man d-^ch ^«c H«re wären immer noch zahlrcich. Es hieß, dc^ in Chwcfu. der Hauptstadt des Königreichs, ung^s„yr 4c) Mcilcn nördlich von Turon, dreyßig tausend Mall.- in Besatzung stünocn, welche unausgesetzt alle Tage mit Musketen und Luntfimte,, geübt würden. Ihre Heerführer verließen sich ebenfalls fthr auf die Nutzbarkeit der zum Kriege abgerichteten Elcfa lttcn. Es werden zu dieser Absicht Gcstaltcn von Soldattm reihenweise vor die Streite Elefanten gesetzt: und man lehrt sie, mit großer Wuth dieselben anfallen, so daß sie einige mit dem Rüssel fassen, andre in die Luft schleudern und etliche mit Füssm treten müssen. Indessen isi der Elefant, wie alle Thiere, deren Nahrung blos Gewächsc sind, von Natur sanft, ausgenommen, wenn man sich bemüht sie zu Gewaltthat tigkciten abzurichten, oder wcnn man si'e selbst heftig zum Zorne reitzt. Dcr Wärter dieses nngeh rucrn Thieres isi insgemein ein Knabe, welcher lhm auf ^cm Halse reitet und es ohne Mühe regiert. Ucbrigcns .hcbcn ihm das zarte Gefühl und die Zusammenzichungsk saft der Lippen an seinem biegsamen Rüssel in einigen Fallen dis Gefügig-kcit der menschlichen Finger. M Cochlüchina. Cochinchina gchört zu den wenigen Gegenden, wo man sich der Elefanten zur Nahrung bedient; und man hielt sie dort für eine auserlesene Leckerspcise. Wenn der König oder seine Vertreter in den Provinzen eins von diesen Thieren für ihre Tafel schlachten lassen, so werden den Vornehmer» Stücken davon, als verbindliche Gunstbezeugungen zugesandt. Man zieht hier zur Nahrung die Büffel den andern Rindern vor. Milch wird nicht genossen , so wie man überhaupt hier zu Lande kein Thier zn melken pftegt. Allein in der Hungersnoth, welche die verwüstenden Heere hadernder Wütriche öfters verursachten, wurden die Lcute zu entsetzlichen Drangbchclfcn getrieben , um sich um mit etwas das Lcben zu fristen, und man will sogar, daß Mcnfchenflch'ch zuweilen auf den öffentlichen Märkten der Hauptstadt verkauft worden fty.' Die anwohnenden Tungquiner benutzten einmal den Aufstand in Cochinchina um einen Einfall in die nördlichen Provinzen zu thun, wo die Hauptstadt liegt, und in der kurzen Zeit, da sie dieselben ilmc halten, plünderten sie alles aus was von Werth war, besonders eigneten sie sich die köstlichern Mctalle zu, wo sie nur dergleichen finden konnten. Was man damals noch rcttcte, wurde in der Folge großcnthcils nach China für Nothwendigkeiten des Lebens geschickt, welche die Iunkcn von dorther cinsühr-tcn, da die unglücklichen Einwohncr, wegen ihres verödeten Cochinchinli. z6y beten Ackerbaus und der zernichteten Manufakturen, oft zu dicscr Hülfsquelle ihre Zuflucht nehmm mußte». Ehe diüse unselign, Ereignisse sich zutrugen, gab es vornehm, lich viel Gold im Lande. In den Flüssen fand mal» Goldsand und in ihren Bergwerken brach das rcichhaft tigste Erz, welches, wegen seiner Gediegenheit, blos die einsacke Wirkung des- Feuers zum Scheiden bedürfte. Man brauchte viel davon zum Putz und zu Gerathen^ Ihre Sabelgn'sse und Scheiden waren häufig mit Goldblech verziert. Man bezahlte auch fremde Kaufleute mit Golds barren, deren jeder etwa vier Unzen wog. Silbcrgruben waren ehedem nichtsehr bekannt, oder doch so wenig bearbeitet, daß man dieses Metall von ansroarts einführte und für Gold eintauschte, wobey sich der Kaufmann einen ansehnlichen Gewinn machte. Indessen sind seit kurzem mehr Silberbcrgwerke entdeckt worden odcr mau ist auf eine minder kostbare Art, das Silbererz zu scheiden, verfallen. Die fremden Waaren tauschte man hauptsächlich dagegen ein und es wurde in Zainen von sehr lautcrem Metalle ausgezahlt, deren jeder etwa zwölf Unzen wog. Vor den Unruhen in Cochinchina wurde ausnehmend viel Goldsand von den Bergen hcrabs gebracht und von den rohen Bewohnern derselben für Neis, Baumwolle, Tuch und Eisen ausgewechselt. Von ihnen erhielt man auch das wohlriechende und in Asien so geschätzte Adlerholz oder »^m'», ingleichen picl Pfeffer, srster ViUid. A a 37o Cochlnchina. Wachs, Honig und Elfenbein, aber die Verbindung zwis schen diesen Gebirgen und den Niederungen war seit verschiedenen Jahren großentheils abgeschnitten worden. In den letztern baut man vornehmlich Reis, Arecanüssc, Betclbiatter, Taback, Zimmt, Seide, Baumwolle, und besonders Zucker, welcher für das betrachtlichste Landes-erzeugnis angeschen werden kann. Ills die Vorfahren der jetzigen Besitzer des Blachlan-des aus China hier einfielen, entwichen die urspnmM chen Bewohner in die Gebirgkette, welche von Abend an Cochinchina gränzt und auf das Joch, wodurch es von Cambodia getrennt wird, eben so wie sich die alten Britten auf die Gebirge von Wales retteten, als ihre Insel von den Bewohnern Italiens und Deutschlands überschwemmt wurde. Das Bergvolk von Cochinchina soll roh und wild seyn; auch durch seine schwarze Gc? sichtsfarbe und groben Züge sich eben so sehr als durch seine Sitten von den wohlgebildctcn und weniger dunkel--farbenen Leuten auf dem flachen Lande unterscheiden. Diese wurden vor dem Umstürze der ehemaligen Negier rung für artig, leutselig und schuldlos gehalten ; nachge? hends aber entsirickten gegenseitige Gewaltthätigkeiten und Verrätherey jedes umschlingende Band der Gesellschaft und erregten Ehrsucht und Geil;, Leidenschaften, welche, während der Erschütterungen des Landes nur zu viele Gelegenheiten fanden, sich zu vergnügen. Doch war die alte Einfalt der Sitten nech jetzt unter den Feldbaucm Cochinchina. 37« anzutreffen: die Mienen derselbe« hatten ein lebhaftes sinniges Gepräge und ihre Weiber/ welche an der Zahl das stärkere Geschlecht übertrafen, beschäftigten sich am-sig mit Ackcrarbeit. Ihre Hütten waren sauber und für Leute, denen die Milde der Luft erlaubt, ihre meiste Zeit, welche sic nicht der Ruhe widmen müssen, außer dcnsels bcn hinzubringen, bequem genug eingerichtet. Reis wird hier am allerhaufigsien gebaut und außer derjenigen Art, deren Felder man nach dem Säen unter Wasser setzen muß, gicbt es in Cochinchina noch eine ans dre, die zuweilen Berg-Ri'lS genannt wird. Dieser kommt meistens auf den Cciten der Berge in trocknem, lockerem Erdreiche fort, das man mit dem Spaten um? grabt, und erbraucht weiter keine Befeuchtung/ als die ihm der gewöhnliche Regen und Thau gewahrt, welche beyde zur Zeit seines Wachsthums nicht häufig fallen. Wie wichtig auch Brod dem Europäer seyn mag, so ist doch der Reis den Leuten dieser Gegend von noch grosses rer Erheblichkeit, da sie, um sich denselben schmackhaft zu machen, nur eine geringe Zuthat von Gewürz, Oel oder Fleisch brauchen. Wollen sie sich gütlich thun, so geschieht es vornehmlich mit geistigen Getränken, Taback, Arecanüssen und Betelblattern; die beyden letztgenannten insonderheit, mit einer geringen Zumischung von Kalk-Teig, lieben sie ausgelassen. Da aber diese Sachen im Lande zu haben sind, so kosten sie ihnen sehr wenig. Alle Stande beyderley Geschlechts kanen Areca mit Betel S/5 Cochiilchina. und rauchen Toback. Ein seidner, am Gurte hängender Beutel, in dessen verschiedenen Abtheilungen diese Dinge sich befinden, ist ein Hauptsiück ih es Anznqes. Wer einen Vcmenten halten kann laßt sick beständig von ihm alles hinter her tragen was zum Tobackrauchen ecforler-lich ist. Die Herren selbst tragen blos ein Schachtclchen oder einen kleinen Beutel m:t ihrer Arccanuß und Betel bey sich: beydes wird gemeiniglich an einem verzierten Bande, welches bis auf die Hüften herab hangt, über die Schultern zurück geschlagen. Das Rauchen, welches die Manner mehr in der Gewohnheit haben als die Weiber, gewahrt eine Art von Beschäftigung wodurch die Langeweile einer gänzlichen Unthatigkeit verscheucht wird, ohne Mühe zn machen, oder zu ermüden. Daher wird es oftc»s den nützlichern aber mühsamern Verrichtungen vorgezogen; und wenn nicht etwa besondre Umstände zu Zeiten eine Anstrengung erforderten verschwendete der mannliche Theil der Cochin-chinesen seine Muße mehrentheils mit Nichtsthun, indcß die amsigen Weiber entweder häusliche oder Feldarbeit thaten. Ja in den Städten wurden sie von fremden Kaufleuten häufig zu Untcrhandlerinnen in verschiedenen Geschäften gebraucht, wobey sie zugleich die Veyschlafe-m.ncn derselben waren; und in bcydem Betracht zeich, ncten sie sich durch vorzügliche Treue aus. Es gereichte den Frauen zu keiner Schande sich preis zugeben, worin die Grenzen der Sittlichkeit zwischen beyden Geschlechts Cochinchina. 373 weniger bemerkbar abgesteckt zu seyn schienen als in Eu-ropa. Der äussere Unterschied beyder Geschlechter war auch weniger in die Augen fallend, denn bcyde kleideten sich beynahe auf die nehmliche Art in ein weites Gcwand das vorn auf der Brust über einander geschlagen wurde, oben einen kleinen Kragen um den Hals/ und lange wallende Aermel hatte, welche bis über die Finger Nichten. Leute von Stande, vornehmlich Frauen, trugen mehrere dergleichen Gewander, eins über dem andern. Das unterste berührte die Erde, das nächste war etwas kürzer und so kürzten sich die folgenden immer mehr und mehr ab. Sie waren oft verschiedenfarbig, so daß sich «in solcher Anzug/ wenn sie darin emher gieligen, sehr buntscheckig ausnahm. Leinewand war dcp ihncn nicht bekannt. Die Bekleidung, welche sie zunächst auf, dem Leibe trugen, war aus dünner Seide oder Baumwolle gemacht. Die Manner trugen meistens Turbane u:w die Weiber mitunter Hüte, aber nie Hauben. Bel)>e Gc-schlechter mochten noch so sehr geschmückr seyn, so hatten sie doch nie Schuhe an. In dem Anzüge der Europaer erregte nick>ts so sehr die Aufmerksamkeit und Bewunderung der Cochinchinesen als die Zierrathcn aus polirtem Stahle. An Dcgcn mit Stahlgcfaßen bezeigten alle Soldaten einen anssc, -,^nt lichen Wohlgefallen. Dieser Stand war der vornehmste im Lande. Zunächst kamen die Richter, welche emcn eben so große,. Mißbrauch von ihrer Gewalt machten 374 Cochlnchina. als jene; und unter dm mancherlcy Bedrängnissen, denen alle Stände blusgestellt waren, klagte man besonders über die übeln Gewohnheiten in den Gerichtshöfen. Rechtssachen wurden zwar mit vielem Pompe verhandelt und man bestrebte sich dem Anscheine nach auf die Wahrheit zu kommen um cincn gerechten Ausschlag geben zu können; im Grunde aber wurde ein günstiges Urtheil insgemein durch Bestechung erkauft. Man nahm Geschenke von beyden Seiten, aber die reichste Parthey hatte die meiste Hofnung zum Siege. Unter den Naturmerkwurdigkciten beobachtete man zufälligerweise etliche Schwärme ungewöhnlicher Insekten die sich auf den kleinen Acsten eines Gcstaudcs herum-tummelten, wllches damals weder Früchte trug noch blühete, aber, im Ganzen genommen, dem Liguster nicht unähnlich war. Diese Insekten waren nicht viel grösser als eine Hausssicge und sonderbar gebaut; sie hatten kammgefurchte Auswüchse, welche sich krümmend nach dcm Kopfe zu beugten, und in Gestalt den Schwciffc-dern einer gemeinen Henne glichen, aber in umgekehrter Richtung. Jeder Theil des Insekts war völlig weiß oder zum wenigsten ganz mit einem weissen Staube bes deckt. Der Stengel auf welchem diese Thicrchcn saßen war mit einem wcißlichten Stosse oder Staube überzogen, den sie darauf hatten fallen lassen. Man hielt dafür, daß von diesem Stosse das weisse Asiatische Wachs herkomme, und die Leute versicherten hier, wenn er besons Cochinchina. 375 ders zubereitet und mit einem gewissen Zusätze von G« wachsöl vermengt werde, so ertheile er der Maße eine solche Festigkeit, daß sich Lichter daraus machen ltcßen. Die Wahrheit hiervon wird wirklich einigermaßen durch den einfachen Versuch bewährt, wenn man einen Thcil von diesem Wachse in drcyThcilm von heißem Baumöle zerläßt. Das ganze gerinnt, wenn es erkaltet ist, und wird beynahe so hart wie Bienenwachs. Cochinchina im Allgemeinen betrachtet ist unstreitig fthr gut zum Handel gelegen. Die Nahe von China, Tungquin, Japan, Cambodia, Siam, den Philippinischen Inseln, Borneo, Sumatra und Malacca macht den Verkehr mit allen diesen Landern kurz und leicht. Die bes quemen Hafen, womit die Küste durchbrochen ist, bcsons ders der von Turon, gewahren auch schwer beladcnen Schissen, selbst in der allerstürmischstcn Iahrszeit eine sichere Bedeckung. Da ein guter Plan von einem so beträchtlichen Haftn, als Turon ist, Schiffen, die in der Folge hieher kamen, nützlich, und ein erwünschter Beytrag zur Scekunde sey« möchten, so beschlos Herr Barrow, denselben geometrisch aufzunehmen. «Hierzu wählte er einen ebenen sandigten Strich des Strandes an der S. W. Seite des Hafens, weil man dort eine Basis am besten messen, und von den bcydcn Enden derselben die meisten Theile des Hafens sehen konnte. Er maß genau mit einer Kette eine Basis von der Lange einer Seemeile, und nahm, von jedem 376 Cochillchiua. Ende an, verschiedene Winkel mit einem Theodolit auf, welches den allgemeinen Umriß des Haftns, bis auf das heraussichende Vorland auf der Halbinsel' gab, welches auf der Charte die zweyte Landspitze heißt. Die übrige Küste, welche den Eingang zum Haftn bildet, wurde durch Interjektionen am Vord der Brigantine Schackall bestimmt, als sic ans dem Hafen nach der Insel Callao ftgcltc. Um ungefehr die Breite der Erdengc zu wißcn, die mit der Halbinsel verbunden ist, maß er sic mit Schritten vom Hafen an bis an die offene See. Die Wassers tiefe am Eingänge dcs Hafens untersuchte man am Bord des Schackalls, und die des Canals, sowohl zwischen den Ufern, a!s in der Mündung dcs Flusses, ergründeten beyde Brigantinen, auf ihrer Fahrt nach der Stadt Han ; sän. Die Lage und Richtung der Ufer wurde das durch bestimmt,.daß man ihre Richtungen von verschiedenen Seiten der Bucht aufnahm ^ und durch dieselbe nachher von Hindostan aus Intcrsektionsi Linien zog. »Die geographische Breite dcs Platzes, wo die Schisse ankerten, nach einer Mittelzahl verschiedener Mittagshöhen der Sonne bcstimmt> war 16' 7" N. und die Lange nach einer genauen Uhr 108", 2' nach Osten von Greenwich. Ebbe und Fluth waren sehr ungleich. Das größte Anschwellen der Fluch wahrend dcs Ausseuthalts der Gesandtschafteschissc allhier, belief sich ungefehr auf sechs Schuh; man hörtc aber, daß sie zuweilen eilf bis twölf Fuß hoch steige. Die höchste Fluthzeit bey vollem / Cochiuchina. 377 und abnehmendem Monde, war etwa deS Abends um fünf oder sechs Uhr.« Hierbey folgt dic Erklärung welche zur Charte des Hafens von Turon gchört. H. Eine unrcgelmapige bcrgigte Halbinsel, die von jcdcm Theile der .Me un^ugangig ist, ausgenommen , und dickem Gesträuche bewachsene Insel. Da die Tiefe des Wassers, eine SchiMange von der Slidstite der Inse-l, dre» Faden betragt, so kannte man lüe». 375 Cochinchlna- um wenige Kosten, cinen Ort zum Kielen'und Ausbessern der Schisse anlegen. Die Nordspitze der Insel ist mit der Halbinsel mittelst eines Klippemiffs verbunden, welcher, wuhrend der Ebbe, vom Wasser verlassen ist. Wenn man diese Klippen zum Grunde einer Schlacht oder Höfdt brauchte, so ließe sich eine vortrestiche Docke zwischen der Insel und der Halbinsel anlegen. Ei« solcher Ort würde sich auch gut zn Nieder? lagen von Schiffsvorrath, zu Magazinen oder Waarenhausern schicken. ^. Klare Wasserbuche, wo sich Schiffe sehr bequem versorgen könnten. r. Ein kleines Feld, wo Geilte für die Kranken aufgeschlagen waren. Wenn hier eine Stadt erbaut würde, so kcnire svird von der See be-spült, und das andre überhängt den Flus. Da sich diese Fel-sen unmittelbar von cincr völligen Ebene, wie ungeheure Trümmer erheben, so scheint es, wenn man sie von Süden her, aus dcr Ferne zuerst erblickt, als ob ste in der See lägen. Man hat gesunden, daß die Winde in der Nahe von Turon und längs der anstoßenden Küste das ganze Jahr über veränderlich sind, wic d cö überhaupt meistens der Fall ist, wenn man sich dem Lande nähert, weil die zeitigen Winde unweit des Ufers ihren Cinfius verlieren. Als der Capitän des Indienfahr'ers Pocock, während des N. O. Monsuns, im Monath November, sich genöthigt fand in Turon einzulaufen, war er sehr besorgt sich dieser Küste zu nahen, die er zu selbiger Jahreszeit für einen langen Wall hielt; allein die Erfahrung .zeigte ihm, daß wenig zu befürchten scy. Im ganzen genommen, halt man das Land für gesund, da die heftige Hitze in den Sommermonaten durch regelmäßige Seelüfte gemäßigt wird. Die Regenzeit fällt im September, Oktober und November. Dann sim-M ;5« . Cochlnchina^ ^ oft auf einmal mächtige Wasserströme von den Bergen und überschwemmen das Niedsrland. Diese Fluthen er>' eignen sich insgemein alle vierzehn Tage, und dauern jedesmal zwey bis drey Tage. Da sie mm mit dem vollen und abnehmenden Monde eintreten/ so schlos man daraus den Emflns desselben auf die Bestimmung dieser Zeiträume. Im December, Januar und Februar fiel ebenfalls häufiger Regen, den die kalten Nordwinde herbey führen; und diese machen hier Winter, wodurch sich dk-ses Land von den meisten andern, die so nahe beym Aequator liegen, auszeichnet. Die Wirkung, wclche das jährliche Austreten des Nils hat, wurde auch hier durch die Ucberschwemmun-gen hervor gebracht, da sie das Land zu einem der aller--fruchtbarsten in der Welt machen. An vielen Orten ärnbs tet man dreymal des Jahres. Nach den köstlichen Metallen waren die vorzüglichsten Erzeugnisse des Landes Pfeffer, Zimmer, Zucker, Seide und Baumwolle, welche von den Eingebohrncn gern gegen allerley Europaische Fabrikarbeiten umgetauscht wurden; woher mehrere der ansehnlichsten Europaischen Völker, welche nach Asien Handel treiben , einen erheblichen Verkehr mit Cochin-china und dem angranzenden Tungquin unterhielten. Jetzt aber findet man kcinc Schiffe weiter in ihren Hafen, als ihre eigenen Galeeren, einige Chinesische Iun-ken, und dann und wann ein Portugiesisches Fahrzeug von Macao. DieVerwüstimgen des bürgerlichen Krieges Cochitlchina. Z8t haben ohne Zweifel dazu beygctragcn, die Quellen des Handels aufzutrocknen, und da die Auswärtigen, welche geneigt ftyll würben hierher zu handeln, weder Sicherheit noch Sckutz finden, so muß die Wiederherstellung desselben dadurch verhindert werden. Seitdem hat man große Summen für die Erlaub, ms, hicchcr zu handeln, gefedert, und willkührliche AW gaben von den cingeb: achten Gütern gehoben; inglcichen haben alle, denen Macht oder Bestcllung. einen Vorwand an die Hand gaben, den fremden Kaufleuten , mit wek chen sie zu thun hattcn , vielerlcy Geschenke abgcdrungcNi Ja, nicht zufrieden damit, ist man zuweilen so weit ge, gangen, sich am Schiffe und der ganzen Ladung desselben vergreifen zu wollen. Hiervon findet man ein aussallcn-des Beyspiel vom Jahre 1778 in den handschriftlichen Urkunden der Olim kuschen Compagnie verzeichnet. „Es wurden zwey Englische Schisse von Bengalen abgesandt, um einen Handelsverkehr mit der Halbinsel Cochinchina, auf einen gewissen festgesetzten Fuß, zu er-öfnen. In dieser Absicht schickte die Bengalische Regie,' rung zugleich einen Mann von Ansehn hierher, welcher Vollmacht hatte mit den Machthabern des Landes zu unterhandeln. In den südlichen Provinzen, wo er landete, empfieng man ihn sehr wohl, und lud ihn nach Chwefu, der Hauptstadt, ein, welche damals in dcn Handen der Tungquincr war; zugleich versicherte mau ihn, daß die Schiffsladungen dott emen vorthei.'lMcn Z.32 Cochitlchina. Vertrieb finden würden. Jedoch konnte nur ein Schiff über die Barre kommen, welcher in der Mündung des Flusses ist, auf welchem man in die Hanptstadt gelangt; mithin blieb das grössere Fahrzeug im Hafen von Turon liegen. Einige Waaren wurden in Chwcfu ans Land gesetzt, wo sich der Unterhändler, welcher sie verkaufen sollte, und der Bengalische Abgeordnete einige Zeit aufhielten. Man beschenkte die vornehmsten Beamten, wie gewöhnlich und verkaufte auch einen Theil der Ladung. Aber der Abgeordnete brachte bald in Erfahrung, daß der Ultterkönig, durch die Hofnung, sich einer kostbaren Bcnte zu bemeistern, angelockt/ Befehl ertheilet habe, alle Engländer, die auf dem Lande waren, in Haft zn nehmen, und das Schiff samt den darauf befindlichen Waaren, einzuziehen. Die Engländer in Chwcfu gewann ncn gerade noch so viel Zeit, daß sie ihr Schiff erreichen konnt:«, denn gleich nachher wurde das von ihnen vers lasscnc Haus mit Truppen umringt. Sie wünschten, um ihrer Sicherheit willen, in der gröstcn Eil abzusegeln, ob es gleich, bey dem damaligen stürmischen Novemberwetter, ausserordentlich gefährlich war, über die Barre gehen zu wollen. Das Schiff wäre schon beynahe bey gutem Wetter untergegangen, als es hier einlief, ob ihm gleich damals die Kahne der Cochinchinesen bcysian-dkn. Der N. O. Monsun, der eben jetzt am siarksicn war, blies gerade stromauf. Man ließ dem Schiffe, das in Turonbay lag, sagen, daß es, sobald nur das rauhe Cochitlchina. M Wetter nachlassen, oder der Wind etwas gunstiger wehen wä'.de/ ennueder an die Mündung des Flusses kommen, oder bonamtt? Boote abschicken sollte, um seinem Gefahr« ten über die Barre zu helfen. Immittclst wurde ihnen zu wissen gethan , daß die Kisten und Packte, die sie in Chwtfu zurücklassen müssen, von den Tongquincr Soldaten erbrochen und die darin befindlichen Sachen entwert dct worden waren. Kurz darauf wurden sie gerüstete, vollbemannte Galeeren gewahr, die mit der Ebbe herab kamen, und sich ihrer Ruder blos dazu bedienten, um in gchörigcr Richtung das Englische Schiff entern zu können; und es würde ohne Zweifel genommen worden ftyn, wenn man sie hatte herbey kommen lassen. Man rufte den Galeeren zu und rieth ihnen sich nicht weiter zu wagen; da sie sich aber immer mehr näherten und keine Antwort gaben, so blieb noch das einzige Mittel übchi, wodurch sie abgehalten wurden, daß man mit dem groben Geschütze auf sie feuerte. Hierauf errichteten dic keute auf dem Lande Batterien, damit das Schiff nicht entkommen möchte. »Mittlerweile kam ein Europäischer Dollmetschcr an Bord, durch welchen der UutcrköniZ die Engländer von der Fortdauer seiner Freundschaft versichern und ihnen melden lies, daß er zu der Übeln Behandlung, die sie erfahren, weder seine Einwilligung gegeben noch daran Theil genommen habe; auch wäre es sein sehnlicher Wunsch, daß ein gutes Vernehmen unter ihnen he'-aes 334 Cochlnchina. stcllt würde. Sobald dcr Dollmetscher diesen Auftrag ausgerichtet hatte, führte er dcn Englischen Abgeordneten bey Seite und hinterbrachte ihm, er hatte ihm zwar, auf Befehl, eine solche Vorspieglung machen müssen, wolle aber doch die Engländer warnen > ja immer auf ihrer Hut zu seyn, indem die Tungquiucr noch mchrere Galeeren ausrüsteten, um das Schiff zu nehmen. Man lies dcm Unterkönige höfiich antworten, und ihn um Wiedererstattung der Güter ersuchen/ wclchc zu Chwefu in.Bes schlag genommen worden. Dies wurde bald darauf vers sprochen und um eine Zusammenkunft gebeten. Indessen gab dcr Mann, welcher diese Versprechungen überbrachte/ heimlich zu erkennen, daß dergleichen Vcl'räftigungcn unlauter warcn / wcil man wirklich in feindseligen Zurüs stllngen gegen das Schiss begriffen fty. „Als sich das Wetter am 24sten November gemas-sigtcr allies, gieng der Cc.pitan mit seinem Schiffe naher nach dcr Münoung des Flusses zu/ ungefehr eine Mei!e von wo sich die Wogen sehr hoch auf der Varre brachen. Anf btydcn Ufern des Fwsscs, dortherum, brach-ten die Leute schaarenweise Geschütz, Faschinen und Kriegsvon-ach zusammen; ferner errichteten sie Batccncn welche, ungeachtet alles Bestrebens, die Arbeit daran zu unterbrechen, bald fertig warcn und auf das Schiff obgleich mit wenigem Erfolge, zu feuern auficngcn. Sie wußten nicht mit deuKanonen umzugchen und verstanden das Cochinchinä. Z8s das Zielen «och nicht. In der finstern Nacht feuerten sie nicht, aber das Schiff war wahrend derselben einer ans dem Gefahr ausgesetzt: heftig aufwallende Wogen risse« es von den Anlcrn und an einiger gewaltsamen Nucken merkte man, daß es unttn anstoße; man bcsosgte dahcr es werde bald zertrümmern. Clücklici.nweise trug sich dies in der Ebbezeit zu, und sobald dieF.'ulh kam, wurde das, Schiff ohne Schaden wieder ftott. Mcln das dazu gehörige Boot, womit die Maunschaft gehofft hatte sich das Leben retten zu können, im Fall dem Schiffe etwas zustoßen sollte, brach los und kam nie wieder zum Vors scheine. " ,> Des Morgens gewahrten sie ausserhalb der Barre ein- Englisches Boot, das sich bestrebte, hinemzudringen, und erkannten es für dasjenige, welches sie, zu ihrem Beystände, aus Turon erwartet hatten. Dies Ereignis erhöhte ihren Muth, aber ihre Freude war von kurzer Dauer, denn als das Boot vor der Brandung hin und her gerudert war, um einen guten Canal ausfindig zu machen, wählte es unglücklicherweise einen Ort, wo die Wellen am gewaltsamsten aufbraußtcn und kaum hatte es sich hineingewagt, als es verschwand. Eine gepreßte Betroffenheit offenbarte sich sogleich zusehends auf allen Gesichtern am Bord. DieTungquiner, um ihre Freuds über den Zufall an den Tag zu legen, feuerten nun mit doppelter Wuth von ihren Batterien aufs Schiff. U", Erster Vand. B b M Cochinchina. achtsam auf die Gefahr, schien jedes Auge am Bord mit schwermüthiger Unverwandtheit auf den Ort gerichtet zu seyn, wo das Boot war umgeworfen worden. Ungefehr eine Stunde darnach sah man die Häupter zweyer Leute gegrn das Schiff zu schwimmen, und diese beyden erreichten das Schiff glücklich, aber alle die andern Bootsleute ertranken oder wurden von den Tungs quincrn umgebracht, welche so grausam waren, mit Flinten auf sie los zu feuern, als sie im Wasser schwammen. „Nun litt das Schiff in kurzem viel von den Bat-terien auf dem Lande. Zwar schob die Nacht die Gefahr ein wenig weiter hinaus, aber da die Leute auf dem Schisse hierdurch Zeit erhielten, über ihre Lage nachzudenken, so wuchs ihre Bangigkeit während derselben mehr als sie sich verringerte. Das Schiff war bereits am Rumpfe und Tauwerke sehr beschädigt worden. Es hatte den einzigen Anker, der ihm noch übrig blieb, ausgeworfen; übrigens war es vergebens aufBefrcyungs-Mittel zu denken. Den Eingebohruen einen Vertrag anzubieten gewährte gar wenig Hofnung , und doch war es noch das Einzige was man thun konnte. Man hieng daher eine weisse Flagge aus und winkte etlichen Tungqui-nern an Bord zukommen. Sie, ihrerSeits, nahmen sogleich die Kriegsflagge herab, welche auf ihren Batterien wchete, und man sah, daß sie sich bcy der grossen Batterie zum Berathschlagen versammelten; auch versuchte einer von ihren Kähnen an Bord zu kommen, musite Coclilllchina. Z8? aber wegen der hohen Wellen wieder zurück rudern. Die Tungquiner, welche vermuthlich Befehle vom Unterkönige erwartcten, liessen das Schiff den ganzen Tag ül,er in Ruhe. Abends änderte sich der Wind, so daß es wenigstens möglich war aus dem Flusse zu kommen. Sobald es nun finster ward hob man den Anker und spannte die Segel in tiefster Stille.' Zwar konnte man kaum hcssett in finsterer Nacht über eine gefährliche Barre, durch eii nen Canal/ der nicht über 60 Ruthen breit war, den Weg zu finden. Einmal war das Vordertheii des Schiffs schon ganz nahe an den Brandungen der See, aber da seine Segel back lagen, so entgieng es ihnen. Kurz vor Mitternacht lief es über dic Barre. Sobald die Tmlgs quiner merkten, daß sich das Schiff davon machen wolle/ feuerten sie unaufhörlich darauf zu, auch noch als ihre Canonen es schon lange nicht mehr erreichen konnten.« Vermuthlich sind andre Völker auf ahnliche Art bes handelt und dadurch vermocht wordcn dcn Verkehr mit Tungquin und Cochinchina ganzlich aufzugeben. DieFran> zosen sollen im Betracht der Unsicherheit, welcher man sich im Handel mit diesen Nazionen aussetzt, wenn man keine unabhängige Niederlassung hat, Willens gewesen seyn, die kleine Insel Callao an sich zu kaufen, welche einige Meilen südlich von Turon liegt. Dieser Umstand gab der Insel eine Art von Wichtigkeit; daher der Haupt-mann Parish und Herr Barrow in der Brigantine Scha-ckall, es in Augenschein zu nehmen, hingicngcn, jedoch I56 Cochillchina. war ihnen befohlen die Einwohner weder zu beleidigen noch in Furcht zu jctzen. „Als sie, nach Herrn Barrows Bericht, auf dem geraden Wege nach Callao sich der N. O. Küste der Insel näherten, segelten sie längs der östlichen hin uachMit-tag zu, und befanden sich nahe genug um zu sehen, daß auf dieser Seite von Norden bis nach Süden keine Ani fürt wäre; denn die ganze Küste bestand aus einer ununterbrochenen Reihe von erstaunlichen Felsen, die sich bald senkrecht aus der See emporhoben, bald so sehr über-hiengen, daß man schlechterdings nicht herzu kommen konnte. Ungefehr eine halbe Meile von der südlichsten Eylandspitze lag eine kleine felsigte Insel, welche sie umsegelten, da sie sich mit der Brigantine nicht auf das Fahrwasser zwischen derselben und Callao wagen wollten; obgleich das Ansehn der Ufer auf beyden Seiten und die Wassertiefe vor der Oefnung kaum einen Zweifel übrig ließen, daß die größten Schiffe ohne Schaden durchgesegelt seyn möchten." „Sobald sie um die kleine Felseninsel waren, lag die S. W. Küste von Callao vor ihnen, welche ganz anders als die entgegengesetzte aussah, grünte, und eine Menge kleiner Buchten hatte, in deren jeder man sicher uud bequem schien landen zu können. Sie richteten ihren Lauf nach der größten derselben. Nahe am Ufer sah man eine Menge Hauser und nicht lwcit davon verschiedne, theils am Wasser liegende, theils auf den Strand ge? Cochinchina. 3s<> zogene Kahne, und jenseit des Dorfs waren bebaute Felder. Als sich das Wasser auf einmal von neun Faden bis auf fünfc verseichtete, so hielt man es für rathsam einen Anker auszuwerfen. Die beyden herauslaufenden Vorlande, welche die Bucht bilden, lagen N. 7° »ach W., und N. 35° nach O.; letzteres war etwa anderthalb Meilen von jenem getrennt. Man fand nachgehends, daß das Schiff just auf dem Ende einer Sandbank gears kert hatte, die sich etwa eine Meile von den äussersten Landspitzen einer kleinen Insel, westlich von Callao, er- ' sireckte, und vom Ankerplatze N. 26° nach W., und N. 66° nach W. lag. «Die Brigantine hatte kaum geankert, und die Segel aufgewickelt, als man acht sehr große, zweymastige Galeeren, nebst einigen kleinern aus der Bucht, und, wie es schien, auf den Schackall zu kommen sah. Aber k^:m waren sie über die beyden Landspitzen hinaus, von wel-chcn die Bucht gebildet wird, als sie die Segel bey dcm Winde holten und an der Küste hin nach der Nordseite der Insel zu steuerten, bis sie in die Oefnung kamen, welche sich zwischen dieser und einem kleinen Eylande, westlich davon, befindet. Hier beschlugen sie ihre Scgcl und stellten sich, vermöge ihrer Nuder, so daß sie alle vorn in gerader Linie waren, und die ganze Ocfnung einnahmen. Hierauf steckte die Brigantine eine Englische Flagge auf, ob vielleicht einige von ihnen dieselben kcn- 3 zutraulich und ein alccr Mann fttzte den Fremden sehr zu, mit ihm in sein Haus zu gehen, welches nicht weit davon auf einer Anhöhe stand. Dort sicltte er sie seiner betagten Frau vor, welche zuerst in Erstaunen über den Anblick von Gestalten gcrieth, die «it den ihr taglich vorkommenden so wenig gemein hatten; als sie sich aber davon erholt, setzte sie ihnen, auf eine sehr sittigc Art, einige Früchte, Zucker, Gebackncs und Wasser vor. Wie sie das Haus verließen, gab ihnen das ehrbare gasisreye Paar durch Zeichen zu verstehen, daß es sie wieder zu sehen wünschte." „Um nicht, durch vielerlcy Instrumente und Vorbereitungen auf der Inscl, dcn Leuten Verdacht, oder Furcht, einzuflößen, halten der Hauptmann Pansh und Herr Barrow blos einen Taschen - Sextanten und einen Compaß mit sich gebracht. Hiermit nahmen sie am süd- ZY2 Cochinchina. lichsten Ende der Bucht die nöthigen Winkel auf und bestimmten die Lage vcrschiedner Gesichtspunkte, ohn« daß man es gewahr wurde; dann ruderten sie wieder nach der Brigantine zurück und bemerkten unterwegs überall die Tiefe des Wassers. Als der Schackall vor Anker war, nahmen sie wiederum andere Winkel auf, nach welchen, in Verbindung mit den bereits gemessenen, die Charte von Callao und den umliegenden kleinen Inseln entworfen wurde. Und um die Entfernung der Brigantine vom Ufer so genau zu erfahren, als es die Umstände erlaubten, nahm man den Winkel von der Höhe des Masts derselben über der Wasserfläche vom Ufer auf, und bestimmte sodann ihre Entfernung hieraus trigonometrisch. Und als man bey der Rückkehr des Boots nach dem Fahrzeuge die dazu nöthige Zeit beobachtete, so kam die daraus gefolgerte Entfernung fast ganz mit derjenigen überein, welche sich aus der Berechnung von der Winkel-Höhe des Masts ergeben hatte. Die Höhe der südlichen Gebirgsspitze von Callao fanden sie dadurch, daß sie die Winkel der Höhe dieses Piks mit einem Sextanten an acht verschiedenen Ortcn aufnahmen, welche sie nach gleichzeitigen Ruhepunkten abmaßen, wahrend daß sie auf die Brigantine zurückrudertcn. Sie konnten auch die geographische Breite der Insel nach einer Mittagshöhe der Sonne bestimmen, und bcobachtetcn die Lage des Piks im Hafen von Turon mit einem Azimuth Compasse, Cochinchina. syz so daß Insel und Haftn auf der Charte mit Zuverlässigkeit angegeben sind." „Callao, wie es von'dcn Einwohnern genannt wird, welches aber Europaern mehr unter dem Nahmen Cam-pello bekannt ist, liegt gerade der Mündung eines ane sehnlichen Flusses über auf der Küste von Cochinchina, etwa 8 Meilen nach Osten zu. Auf den Ufern desselben, nicht weit vom Hafen, steht die Stadt Taifu, welche von einiger Bedeutung ist. Vom Haftn aus, in einer Ents fernung von 30 Engl. Meilen/ liegt die Gebirgsspitze von Callao etwa nach S. O. zu. Die äussersten Landspitzen der Insel liegen in 15° 53' und ,5" 57' N. B. Die grö-sie Lange, welche von N. W. nach S. O. ist, betragt , ohngcfahr fünf Meilen und die Mittclbreite zwey Meilen. Die Insel ist blos an einem Theile der S. W. Küsie bewohnt , wo sich der Boden unvermerkt nach Osten zu erhebt und von dem Ende einer halbzirkelförmigen Bucht, an den Seiten aber durch Gebirge begränzt wird. Letztes re sehen in der Ferne aus, als ob sie zwey besondere Ey, lande bildeten. Der südliche Berg, ungefehr vvn 1500 Fuß, ist der höchste. Die Niederungen mögen etwa 202 Engl. Aecker betragen. Auf diesem kleinen, aber bezaw berndcn Flcckcn, wechseln nette Häuser und Tempel mit Baumgruppen und kleinen Hügcln ab, die sich aus der Flur blähen und mit Strauchwerk, und vielfältigen Bau-mcn, besonders aber mit dem stattlichen Areca geschmückt sind, welcher schlank wie eine Corinthische Säule empor- 354 Cochinchma. strebt, und sich vorzüglich ausnimmt. Die Einwohner hatten einem klaren Bache, welcher aus den Bergen sickere, oberhalb des Thals ein Bette anzuweisen gewußt, ans dem sie das Wasser, wenn sie es brauchten, durch Schleusen auf ihre Reisfelder leiteten; uud obgleich jetzt die trockene Iahrszeit war, so schien doch der Bach allen Absichten völlig zu entsprechen." > «Die Häuser hatten, im Ganzen, ein sauberes, gutes Ansehen; mitunter waren sie aus Werkstücken gebaut nnd mit Ziegeln gedeckt. Eins davon, vermuthlich die Wohnung derHauptperson in derInsel, hatte ringsherum eine Mauer von Werkstücken, und vorn etn Thor zwischen zwey steinernen Säulen. Das Haus war in viele Ges wacher getheilt, in deren Anlage es weder an Geschmack noch Bequemlichkeit fehlte: es stand vor dem ansehnliche sien Dorfe, welches etwa dreyßig hölzerne, meistens baim busröhrne Hauftr hatte. Hinter dem Dorfe, an der Seite des Berges, war eine Höhle, in die man blos durch einen regellosen Felsenweg gelangen konnte. In der Höhle, nahe am Eingänge, stand ein kleiner Tempel, welcher die Aussicht aufs ganze Thal beherrschte. Es lagen noch mehrere Tempel über die Fläche zerstreut; sie waren alle vorn offen, und hatten eine Neihe runder, hölzerner, roth angestrichener und überfirnißter Säulen. Es konnten schwerlich über sechzig Hauser auf der Inst! scyu. Hinter jedem derstlbcn, wenn es nicht unmittelbar im vornehm-sien Dorfe stand, befanden sich eingezäunte Felder, auf Cochillchina, 395 denen Zuckerrohr, Tabak und andere Gewächse mit grosser Ueppigkeit trieben. Die Berge waren mit Grün bekleidet und schienen zur Zucht der Ziegen, von denen sich wirklich einige hier befanden, trcfiicl) gceigenschaftet.« » Äußer der Hauptbucht gab es noch einige sandigte Schlüpfe, an welche sich kleine Anger anschlössen. Man konnte in jedem diescr Einschnitte bequem mit Booten landen, aber es schien ausnehmend schwer, wo nicht ganz unausführbar zu seyn, eine Verbindung über Land zwis schen denselben zu unterhalten, da sie durch steiles zaks kigtcs Gestein von einander getrennt waren. Diesemnach würden fthr geringfügige Befestigungen und nur wenig: Leute erforderlich styn, die Inscl zu vertheidigen, da cin großer Theil der Knstc, wie gesagt, unüberwindlich von Natur bewahrt ist. In der Bucht und Rhcde lwar auch für die schwersten Schiffe das Wasser ticf genug, und sie fanden sich gegen jeden Wind geschützt, ausgenommen wenn er vonS. W. blies, wo sie demselben völlig blos gestellt lagen. Da aber das feste Land nach diesem Com? paßsirichc zu nicht sehr fern ist, so würde das Anschwellen der Cce dadurch allezeit verhindert werden, ob es gleich nicht so nahe ist, daß die Macht des Windes von selbigem gehemmt werden könnte.« Die Schutzlosigkeit gegen den S. W. Monsun würde die Franzosen, wcun sie einmal im Besitze von Callao waren, bald bewegen, unweit der Insel auch nach einer Niederlassung auf dem festen Lande von Cochinchina zu Zy6 Cochinchina. trachten. Die Küste ist reichlich mit schiffbaren Flüssen versehen. In ruhigen Zeiten kamen etliche hundert Iun-ken, 40 bis 150 Tonnen schwer, aus verschiedenen Theilen von China nach den Cochinchinesischen Häfen, Haupts sachlich um Arecanüsse und Zucker zu laden; denn von dem letzteren Erzeugnisse wurden allein jahrlich an vierzig tausend Tonnen ausgeführt. Sie bezahlten dafür mit einigen in China verfertigten Sachen, aber größtentheils Nlit Silber. Die Entfernung zwischen beyden Ländern ist sehr geringe, und wenn der Monsun günstig weht, kann man die Reise in vier bis fünf Tagen machen. Da uuu die Chinesischen Junten meistens mit Ballast beladen sind, wenn sie ihre Hafen verlassen, so ist es sehr vermuthlich daß sie gern Thee oder andere Waaren, die in Europa gehen, für wenige Fracht nach Cochinchina bringen würden. Das Vaterland läßt auch den eingebohrnen Chines sen, wie allgemein bekannt ist, von den Produkten, die sie in ihren eigenen Schiffen ausführen, keine Abgaben entrichten, so daß die Franzosen vielleicht ihr Augenmerk darauf gerichtet haben konnten, durch eine Niederlassung auf der Küste von Cochinchina sich Chinesischen Zuwachs wohlfeiler zu verschaffen, als alle andere unmittelbar nach China handelnde Ausländer: indem dort die Gebühren und erzwungenen Sportcln, welche jedes ansehnliche Schiff für sich und seine Ladung erlegen muß, eins in's andere gerechnet/ an zehn tausend Pfund Sterling zu stehen kommen, wodurch der Preis der ausgeführten Gütcr Cochinchina. 39? schr erhöht wird, da hingegen die, welche von diesen Lasten bcfreyt wären, denselben in Europa sehr erniedrigen könnten. In der That, so lange die Chinesen immer noch das große Mistrauen in Auswärtige setzen, und den Verkehr mit ihnen blos auf Canton einschränken, würde es schr wünschenewerth seyn, sich zu diesem Handel der Landesschissc selbst, welche zwischen ihren Hafen und Cochinchina hin und her segeln, bedienen zu können, besonders wcnn durch diese Art, wie zu vermuthen ist, Europaische Marmfakturwaarcn, nicht blos nach Canton, sondern auch nach andern Chinesischen Hafen gebracht werden könnten. Bis nun diese Eifersucht einem herzlicheren Verständnisse mit dem Chinesischen Hofe Raum macht, worauf nothwendig der Vertrieb einer ungeheuren Menge Europäischer Fabrikwaaren im ganzen Reiche folgen muß, so würde ohne Zweifel das Mittel, von ihs ren eignen Lcuten den Zuwachs des Landes zu erhalte« und durch eben dieselben China mit Europäischen Waaren zu versehen, gewis einträglicher, sichrer und mehr nach dem Geschmacke der Chinesen seyn, als der jetzige Handel, welchen die Ausländer unmittelbar mit ihnm selbst treiben. Wcnn aber, ans den angegebenen Gründen, eine be, ständige Niederlassung in Cochinchina jeder Europäischen Nazion vorthcilhaft seyn würde, so müsie besonders Grosbritannien dabey gewinnen, weil nicht nur der Kunsiflels desselben für seine Arbeiten bey den Landcscingcbohrncn 39s Cochinchilla. Absatz finden, sondern auch unstreitig die Erzeugnisse der Brittischen Besitzungen in Hindosian sehr häufig higher verführt werden würden. Nach einem Aufenthalte von etwa vierzehn Tagen im Hafen von Tuwn, rüstete sich das Geschwader wieder in See zu gehen. Der Monsun wehcte nun für eine Fahrt nach China stet und günstig. Die Kranken, welche auf dem Lande verweilt hatten, kamen wcit siarker an Bord des Kriegsschiffs zurück, und im Schiffe fand sich keine Spur von ansteckender Krankheit mehr. Jedoch erfolgte um diese Zeit ein Verlust, welche» jcder aufs herzlichste bedauerte. Als der Löwe noch vor Batavia lag, mußte der Pcoviantiercr des Schiffs, Herr Tothill, oft ans Land gehen, um Mundvorrath und andere Nothwendigkeiten einzukaufen. Hierbey ermüdete er sich sehr, und war oft der brennenden Sonnenhitze ausgesetzt. Er hatte nachher einige Podagrische Zufalle, wohin er auch seine letztere Krankheit rechnete. Den Anzeichen nach schien nichts zu befürchten zu seyn, auch war er nicht bettlagrig, und zuletzt sagte er noch mit einem kaufmännischen Ausdrucke, daß er sich um hundert Prozent besser als zuvor befände; aber in derselben Nacht starb er. Herr Tothill hatte ehedem mit Sir Erasmus Gower die Welt umsegelt, und ward bewogen seinen Freund auf dieser Reise zu begleis ten, ob er gleich schon ftit mehrem Jahren dem Seeleben entsagt hatte. Cochlllchitla. 399 Damals ereignete sich ein Umstand von anderer Art welcher auf einige Zeit Unruhe erregte. Herr Iakson, der die ganze Reise über bcfiißen gewesen, besonders an Orten, welche von Europaischen Schiffen selten zuvor besucht worden, die Wasscrticfcn zu beobachten, und andre zur Schiffahrt gehörige Bemerkungen zu machen, war in einem dcr Boote dcs Löwen, aus gleicher Absicht längs des östlichen Ufcrs der Halbinsel von Tnron hmau'gc-gangen. Er kam dcs Abends nicht zurück, wie man er-wartct hatte, und auch folgenden Tages hörte man keine Zeitung von ihm, worüber scmc Freunde natürlicherweise bestürzt wurden. Ein plötzliche Windstoß konnte das Boot umgeworfen und ihn in die Wellen begraben haben. Man erinnerte sich nun an den Nachrichten von den mannigfaltigen Vcrrathcreyen und Grausamkeiten, die gegen Fremde auf dieser Küste begangen worden; es war auch möglich, daß es bey dem jetzige» Vorfalle zu einer langweiligen und unangenehmen Erörterung mit den Vertretern der Landesregierung kommen konnte. Bald drang ein Gerücht aufs Schiff, daß Herr Iakson mit Boot und Mannschaft ergriffen worden sey, und sich im Gewahrsam, etwas fern von Turon befinde; auch wurde kurz nachher von einem Mandarinen, welcher an Bord kam, eingestanden, daß man einige Fremde eingezogen habe, die übcr dem Versuche betroffen worden, auf eine unveramworlliche o,>er wenigstens verdachtige Weist, bey nächtlicher Wc«Ie, einen der Flüße hinauf zu dringe». 4o» Cochlnchl,la> Als der Gesandte auf ihrer Loslassung bestand, wurde versprochen, sowohl sie selbst frey zu stellen, als ihr Boot und was sie sonst bey sich gehabt, zurück zu geben. Sie kamen in einigen Tagen wieder an Bord zurück, nachdem sie unsägliche Strapazen ausgestanden hatten, und von den Unterbedienten de, Negierung/ denen sie in die Hände fielen, sehr übel waren behandelt worden. Uebrigens hatte dcr Vorfall das Gute, daß man bey dieser Gelegenheit den jetzigen Zustand der Gegend kennen lernte, durch welche Herr Iakson gebracht wurde. Er sagte, «daß er, um die östliche Küste der Halb-insel von Turon aufzunehmen, längs dem Strande bis an die Spitze der Erdenge fortgerudett wäre, wo sich gerade der Seewind erhoben. Er steuerte dann nach der Mündung des Flußcs Faifu, gegen Callao über, und da er wußte, daß dics ein Arm eines größern Flußes sey, wovon sich ein anderer Arm, nicht weit davon in den Hasen von Turon ergieße, so beschlos er, letzteren zu seinem Rückwege nach dem Schiffe zu erwählen. Nachdem cr dem Fluße, durch mehrere Wenduugcn, fast an zwanzig Meilen weit gefolgt war, kam er, ungefähr Abend unt 8 Uhr, vor ciner großen Stadt an, die an einem Fluß gebaut war; hier h.'elt er ungefähr zwey Stunden, worauf ihm zwey Leute, jcdcr'mit einem brennenden Bambusrohre m der Hand, durch Zeichen zu verstehen gaben, daß er landen solle. Sie rüsten auch zwey gerüsteten Galeeren zu, Cocbliichilla. 40' zu, die sick unweit des Pools befanden, es anzuhalten. Hierauf gieng er ans Land, und wurde von ci»er Wache von vierzehn beuten empfangen, die «hn in ein Haus der Stadt führten, wo er die Nacht über verbllcb. Dcs Nachsien Tages c'.foütte eine fthr stürmische Berathschlag gung unter etlichen, die über die andern gcfttzt zu seyn schienen, und einer davon gieng in großer Eile fort. Un5 terdessen schickte man Herrn Iakjon und die Bootsleute nach einer Festung unweit der Stadt, wo sie eingesperrt, an den Händen gefesselt, und sehr unmenschlich behandelt wurden, bis endlich ein Mann ankam, der von höhcrem Range als alle übrigen war, und große Unzufriedenheit über dieses Benehmen zu erkennen gab. Die Verhafteten mußten darauf zwey Tage lang verschiedene Meilen weit durchs Land zu Fuße gehen/ wahrend welcher Zeit sie dem Höhne und den Drohungen ihrer Führer und des Volks blos gestellt waren, bis sie ihr Boot erreichten und nach dem Hafen von Turon steuerten. ,-Das Land, fügte Herr Iakson hinzu, südwestlich von Tmon, war überall, wo er es beobachten konnte, fiach und fruchtbar. Das Erdreich bestand ans Tholt mit röthlichem Sande vermischt. Er sah viele Flüße und Canäle, die voller Kähne von allerley Größe waren. Iuns ken, ungefehr von 13a Tonnen, lagen vor einer Stadt, welche aus rothen Ziegelsteinen gebaut, und ungefehr eine drey viertel E. Meile lang war. Die größern Gebäude Erster Band. C c 40H Cochlllchina, sahen alle an vielen Orten, und wie es schien, durch Ge, waltthätigkeit beschädigt, aus. Die Stadt lag etwa zwölf Meilen von der See und vier und zwanzig von Han san. Er kam auf seinem Wege durch zwcy andere erhebliche Städte, in deren einer von Tagesanbruch bis Mittag Markt gehaltn, wurde, auf welchem Ueberfiuß herrschte, besonders an verschiedenen Reiscnten/ Yamswurzeln und Spanischen Bataten, an mancherley Gemüse; Kürbißen, Melonen, Zucker in runden weißen Kuchen, Zuckerrohr, Federvieh und Schweinen. Auf dem Markte waren bams busröhrne Gestelle gemacht, auf denen die Leute ihre Sa« chen feil halten; man sah auch Läden, worinn Kleider und andere Waaren verkauft wurden. Das Land schien sehr volkreich zu seyn, und beyden Geschlechtern war viel Betriebsamkeit anzusehen. „Ihre Felder waren nicht durch Zamchecken, sondern durch schmale Name von einander getrennt. Auf Felder, die nicht mittelst der Flüße benczt werden konnten, trugen die landleute das Wasser in Zubern. Das Erdreich wurde mit zwcy aneinander gejochten Büffeln gepflügt, und der Pflug schien blos aus Holz gemacht zu seyn. Die Zuckerrohrfelder hatten eine größere Ausdehnung als alle andere. Das Pfund Zucker kostete auf den Märkten etwa einen guten Groschen; alle andere Sachen waren eben so wohlfeil, und Baumwolle gabs in Menge. Die Kinder zupften dieselbe aus den Schaalen, und die Weiber spönnen und webten daraus ein grobes Zeng, das sie meistens Cochlnchina. 4^3 mit Indig färbte». Die Pferde waren kleitt/ aber feurig und behend. Sie hatten auch Esel und Maulthiere, besonders aber unzahlige Ziegen. Alle Leute, die Bedienungen hatten, und besonders die Soldaten, welche sich wie rohe Wilden betrugen, schienen das Volk sehr zu unterdrücken. Ihre Wasscn bestanden hauptsächlich aus langen Picken, Lanzen und dergleichen Pallaschen, als man auf Englischen Kriegsschiffen findet. Außer dem vielen Geschütze auf den Mauren mit glockenförmigen M5ndun« gen/ sah er keine Canonen. Die Straßen warcn kaum weiter als in Europa die Fußpfade sind. Auch sah ec keine Wagen oder Maschinen, wo>ür breite Straßen rr, forderlich geweien waren." Seitdem Tunqm'n unter die Botmäßigkeit des neus lichen Machtraubcrs gerathen ist, füllen die sämmtlichen Cos chinchinestschen Provinzen den Raum zwischen dem 12° N. V. und dem Wendezirkel des Krebses; aber ihre Breite betragt noch nicht völlig zwcy Langengrade. Westlich wird es durch eine lange Gebirgkctte von den Königreichen Laos, Siam und Cambodia getrennt. Nach Osten nczt die See Cochinchina und Tuuquin; ersteres wird von Tsiompa nach Süden zu begranzt, und an letzteres stößt die Chinesische Provinz Yunnan gegen Norden. Im ganzen belauft sich der Flächeninhalt von Cochinchina ungl, fehr auf 95,020 Engl. O.uadratmeilcn. Kurz nach Herrn Iaksons Rückkehr auf den Löwen, wurde den Bedienten der Cochinchinesischen Rcaierung an- 404 Fahrt nach den Diebsinseln. gesagt, daß das Geschwader bald unter Segel gehen würde/ worauf der regierende Prinz dem Gesandten form« lich zur Reise Glück wünschen lies, und ihm nochmals Geschenke, besonders aber soviel Reis zuschickte, daß die Gesandtschaftsschisse, welche ihn nicht ganz verbrauchen tonnten, sich genöthiget fanden, einen Theil davon nach der Faktoren der Osiindischen Compagnie in Macao zu senden. Der Gesandte bewieß sich geziemenderweise dank bar für diese Verbindlichkeit und äußerte, daß er gesonnen sey, wofern es ausführbar wäre, nach Cochinchina zurückzukehren, sobald er am Hofe von Pcckin gewesen Das Geschwader gieng am i6ten Iuny aus Turon wieder in See. Heuntes Capitel. Jährt nach den Diebstnseln bey Macao, und nach Tschußan. Verrichtungen und Beobachtungen daselbst. Da die Fahrt von Cochinchina nach den Chinesische« Küsten mehrentheils kurz und leicht ist, wenn einmal der Südwest Munsun regelmäßig weht; so machte die Ers Wartung der baldigen Ausicht des Landes, welches der Gegenstand einer so langen Reise war, daß die Gesandte schaft nun weit uugeduldiger, als in viel größerer Euts femung, den Ort ihrer Bestimmung zu erreichen wünschte. Fahrt nach den Dicbsinscln. 405 Jedoch war der Hafen von Tiensing, wo der Gesandte ans Land gehen wollte, noch ziemlich weit entlegen. Es wurde nun beschlossen vorgangig an einer der Dicüsmscln, Macao gegenüber, anzulegen, um entweder von dieser Niederlassung, oder von Canton aus, auf irgend eine Art, Briefe nach Europa zu bestellen; vornehm« lich aber um sich nach allem zu erkundigen, was etwa für die Gesandtschaft von Erheblichkeit seyn konnte, ingleichen um zu versuchen, ob m.an nicht in dortiger Gegend Lootsen nach der gelben See, deren Schiffahrt den Europäern ganzllch fremd war, auftreiben tonnte. Da dieses Bedürfnis nicht bey dem Fahrwasser zwischen Co-chinchina und Macao eintrat, so hatte man sich um keine üootsmanncr von dort her bemüht. Indeß waren bis jetzt noch wenig zuverlaßige Nachrichten, sowohl von der Schiffahrt zwischen den besagten Orten, als auch zwischen Macao und den Inseln von Tschußan bekannt geworden. Da die Schisse unterhalb des Berges Tientscha oder Neugibraltar, welche den Hafen von Turon bildet, lagen; so konnten sie nicht viel vom Seewinde fühlet. Am Tage ihres Abgangs warteten sie daher auf den Landwind, welcher sich dort allemal des Nachmittags erhebt. Die Richtung desselben war von S.g. O. nach S.S.O. und er trieb sie in den ersten vier und zwanzig Stunden mehr als hundert Meilen von Turon. Es fand sich, daß ein Strom-siang, wahrend dieser Zeit, ungefehr dreyßig Meilen, oder M 4os Fahrt »ach den Diebsinseln. fünf Viertelmeilen N. 67° nach W. auf den Schiffslauf gewirkt hatte; und man konnte es um diese Zeit nicht anders erwarten. Die Fluch läuft von Morgen nach der Küsie von Cochinchlna zwischen den w vorigen Capitel erwähnten Paracellen und einer großen Insel Hai nan genannt. Da nun das Wasser, wenn es von der Cochinchincsischen Küste zurückkömmt, nicht Stärke genug hat der beständig von Morgen her strömenden Fluth zu widerstehen, so wird es längs der Küsie hinauf nach Norden zu in den Meers busen von Tunquin gedrängt, von wo es keinen andern Ausweg findet, als cine schmale Oefnung zwischen Hainan und einer langen von der Chinesischen Küste heraus-stehenden Erdzunge. Da aber dieser Canal geradezu nach Morgen offcn liegt, so wird das Wasser/ welches der unabänderliche östliche Strom herbeyführt, solchergestalt in einen Busen gezwängt, wo er ungewöhnlich hoch anschwellt: hierdurch entstehen sehr hohe Fluchen, und jene Um'egcllnäßigkcit von welcher Newton in seinen Werken spricht. Im Laufe des zweyten Tages verspürte man wieder das Andrängen eines kleinen Stromganges ungefehr acht Meilen nach N. O-, welcher, vermuthlich aus dem Rückprallen des Meeres wahrend der Ebbe von der östlichen Küste der Insel Hai ucm entstand, weicher sich das Geschwader um Mittag gegenüber befand. Am dritten Tage, welches der lyle Ilmy war, tricb ein Stromgang 13 Mcilcn von Osten hcr, welcher von Fahrt nach den Diebslnscln. ' 427 dem Pressen der Fluth durch die Meerenge von Hai nan verursacht werden mochte, denn das Geschwader segelte heute bey derselben vorüber. Am 2Osien Iuny sah man eine hohe spitzige Insel, welche von den Europälrn die grosie Ladrone gmannt Wird; imgleichen eine andre gleich dabey, deren C^Psel fiacher und etwas niedriger als die ersicre war; f:r'.;er kam das feste Land von China nach N- N. O. zu, e,:?t nehmlichen Tage zum Vorscheine, und ub man gleich in solcher Entfernung weiter nichts davon untesschtloen konnte, als daß es hoch war, eine unebne Oberfläche hatte und sich sonst durch keine Eigenheit auszeichnete; so machte doch auch schon dieses ferne Anschauen einen erheiternden Eindruck ans die Seele, gleich als ob man min etwas errungen hätte, das ein merkwürdiges Ereignis in der Rcistgeschichte abgäbe. Am 2isten Iuny ankerten die Schisse unfern der Windbeschirmten Seite oder in der Laute einer andern von den Diebsinseln, Tschuktschu genannt, in einer Waft sertiefe von 12 Faden, und in schlammigem Grunde, wo sie das größte dieser Eylande neun Seemeilen von sich nach W. S. W. zu, und Tschuktschu selbst nur drey Meilen weit nach S. gen W. hatten. Die große D^l>s, wsel liegt in 21° 52' N. V. und in 113" z6' L. nach Osten von Greenwich. Tschuktschu aber im 21° 55' N. B. und im 113° 44' L. nach Osten. Diese Langen si»d einige Meilen weniger nach O. zu, als man sie inSgcmcin 423 Fahrt nach dcn Dicbsittscln. angegeben findet; da sic aber mittelst einer zeitgerechten Uhr erhalten wurden, welche bis auf schr wenige Minuten LälM, mit der Mittelzahl mehrerer, zwcy Tage vorher angestellter, Mondobscrvationen, übe, einstimmte, so hat man Gmnd zu glauben, daß sie ziemlich genau sind. Die Randkliftpcn, womit die Diebsmscln umgürtet sind, sthen schwarz oder dunkelbraun aus, waches von dem Salzwasser herkömmt, das dieselben badet. Durch den Tropsenfall und das Brechen der Wellen sind sie an Vielen Orten so morsch, daß sie den Honigzellen ähneln. Man findet mitunter O.uellwasser auf diesen Inseln, welches nicht salzig ist, und weder einen stahlartigen noch Mineralischen Geschmack hat. Die Erde auf der Oberfläche scheint die nehmlichen Bestandtheile, als der Fels darunter, zu habcn, und ist im Grunde weiter nichts , als der obere Flötz eines Felsen, welcher durch die vereinigte G« walt der Sonne und des Regens, eine Reihe von Zeitaltern hindurch, verwittert und zerfallen ist. Der Fels besteht aus einer Mischung von Thonerde, Eisenkalk in geringem Verhältniß, einem großen Theil Kieselerde und Glimmer. Die umgebende See hat ein gelbliches, schmutziges, getrübtes Aussehen und ist nicht schr tief. Dcr Mccresgrund besieht aus Schlamm und Thon. Die Ladronen nebst den Inselgruppen, welche sich zwis schen ihnen nnd der Südküste von China befinden , liegen in solcher Nahe sowohl bey einander als auch an dem zusammenhangenden Erdtheile, und sind so zcrstückt/ Fahrt «ach den Dlcbsinseln. 42, so regellos in Bildung und Lage, daß man vcy ihrem Anblicke auf die Gedanken gebracht wird/ sie müssen vor undenklichen Feiten durch die wiederholte Gewalt mächtiger Ströme oder während einiger plötzlicher Kram-pfc der Natur vom festen Lande getrennt und aus einander gerissen worden seyn. Diese Bruchstücke haben jetzt ein schr kahles, starres Ansehen. Zwar findet man an etlichen Orten bckrauterte Flecken; aber im Allgemeinen beut die Oberflache dem Auge wenig mehr als nakte Fek sen dar, und kaum erblickt man hier und da einen seltenen Baum oder Strauch. Diese Inseln machen Haupt-sacklich Seeräuber und dann und wann auch Fischer zn ihrem Aufenthalte. Der Ritter Erasmus Gowcr bemerkt, »daß alle Inseln östlich von der großen Ladrone jäher als die westlich gelegenen sind. Jene sind hoch und uneben und die Wassertiefe dazwischen belauft sich etwa auf zwanzig Faden. Diese sind ziemlich eben und sehen, zusammengenommen, wie ein an einanderhangendcsLand aus; auch ist es zwischen diesen seichter als zwischen jenen. Da sich das Geschwader nun in der Nahe von China befand und der Gesandte im Begriffe war, jemanden nach Macao abzuschicken, so ersuchten ihn die beyden Chinesen, welche zu gleicher. Zeit mit den Dollmctschern in Europa unterrichtet worden waren, und denen Mylord erlaubt hatte, auf dem Kauffartheyschisse mitzureisen, daß sie mit dicftr Gelegenheit a1,s Land gehen dürftt". 41» Fahrt nach den Diebsinscln. Ihr Betragen war, die ganze Reise über, höchst anständig gewesen. Einer von ihnen, welcher die Chinesischen Charaktere mit ausserordentlicher Fertigkeit schrieb, hatte gewisse Aufsätze, die vor des Gesandten Ankunft in China vollendet seyn mußten, in die Landessprache übersetzen helfen, und sich dadurch sehr nützlich gemacht. MYlord wünschte ihm einen Ersatz für seine Mühe zn geben, aber ob er gleich, ausser einer spärlichen Beysteuer von Nom, Weiter keinen Unterhalt hatte; so konnte man ihn doch platterdings nicht vermögen, Geld oder Geschenke, von welcher Art sie auch immer seyn mochten, anzunehmen. Er hielt sich sehr verpflichtet, nicht nur, daß man ihm Gelegenheit verschafft hatte, in sein Vaterland zurückzukehren, sondern auch für die ihm auf der Reise erwies« nen Höflichkeiten. Cr fühlte Dankbarkeit und Hochachs tung gegen die Englander, und wenn seine Landslcute von dem überzeugt werden könnten, was er selbst von den Britten glaube, so würde ihnen in China die gröste Gerechtigkeit widerfahren. Um diese Zeit wünschte auch einer von den Dollmct-schern aus dem Diensie der Gesandtschaft zu gehen. Er sieng nun an ausserordentlich zu fürchten, daß er die Aufmerksamkeit der Chinesischen Regierung erregen möchte, wenn er bey dem Gesandten bliebe, da er wegen unzuge-skandener Verlassung des Reichs, und wegen der nach? herigen Annahme einer Bedienung bey einem Auswärts gen, nach den Landisgcstyen straffällig war. Sein Ge- Fahrt nach den Diebsiliscln. 4" fahrte, dcr andre Chinesische Dollmctscher, befand sich zwar genau in demselben Verhältnisse/ hatte aber mehr Herzhaftigkeit, einen ganz andern Entschlus zu fassen. Er hielt sich nun für so gut als verbunden die Gesandtschaft bis ans Ende zu begleiten und ließ sich nicht durch nachher angestellte Betrachtungen über die dabey besorg-liche Gefahr von dem abbringen, wozu er sich einmal anheischig gemacht hatte. Zwar stand zu hoffen, daß ihn der Gesandte werde beschützen können, wenn man auch ausfündig macken sollte, daß er aus den» Chmest--schen Reiche gebürtig Ware. Er stammte aus einem Theile der Tartarey, welcher zu China gehört und seine Gesichtss" züge ließen nicht auf rein Chinesische Abkunft schließen; aber da sein Name in der Landessprache eine Bedeutung hatte, so vertauschte er denselben für einen, welcher das Nehmliche auf Englisch anzeigte. Er legte eine Englische Mililärunisorm an; desgleichen trug er einen Degen und ein Feldzeichen am Hute. Er hielt es für rathsam diese Vorsorge zu seiner Sicherheit zu brauchen; war aber auf jedes Begegnis in Bereitschaft, ohne sich im mindesten voraus zu grämen von welcher Art eS seyn möchte. Die drey andern Chinesen, und diejenigen, welche der Gesandte aus den angeführten Ursachen abschickte, schifften sich auf den Brigantinen nach Macao ein. 3« gleicher Zeit wurden auch Sendschreiben von der Obers n'gieruug der Hollandischen Besitzungen in Ostindien an den Vertreter derselben in China abgegeben/ worinn man 4l2 Fahrt nach dcn Dicbslllseln. ihm anbefahl dcn Absichten her Englischen Gesandtschaft Hülfteiche Hand zu leisten; ingleichcn Briefe desselben Inhalts vom Cardinal Vorsteher der Gesellschaft zur Ausbreitung dcs Glaubens zu Rom, an dcn Geschäftsträger der religiösen Sendungen, welcher sich in Macao aufhält. Die Englische Faktorey befand sich auch hier, da bis jetzt noch keins der diesjährigen Schiffe in dem Flusse bey Canton angekommen war« Dem Gesandten wurde durch die Abgeordneten der Englisch Ostindischen Compagnie gemeldet, „daß dieGe-neigtheit Seiner Kaiserlichen Majestät, den Gesandten , nach Würden aufzunehmen, nicht im geringsten vermin-dert worden, wie aus den wiederholten Verhaltungs-befehlen hierüber an die verschiedenen Pfleger der Küsten-Provinzen zu ersehen sty. Mandarinen wären angewiesen, Sr. Excellenz Ankunft gewärtig zu ftyn, und Loolsen an den erforderlichen Orten in Bereitschaft zu halten, um Sr. Majestät Schisse sicher bis nach Ticnsing zu bringen; ferner sich zuzurüstcn, daß sie dcn Groshothschafter «mpfiöngen und ihn nebst seinem Gefolge nach Peckin geleiteten; endlich habe der Kaiser seine Befehle mit folgenden besondern Worten beschlossen: „Da ein grosser Mandarin so weit hergekommen sey ihn zu besuchen, so müßte er auf eine v orzüglich e und der Veranlassung angemessene Art em> Pfangen weyden. Kahrt nach den Hiebsinfeln. 413 Da die Abgeordneten wußten/ wie ganz verschieden Auswärtige in Canton aufgenommen und behandelt wer-den/ so zweifelten sie nicht, «daß die Oberbedienten der Regierung daselbst einen Schleyer über die Gesinnungen und Absichten des Kaysers gegen Europäer gewo« sen halten, auch sey eine ungehinderte und unmittelbare Verbindung der Bedienten von der O. I. Compagnie , mit dem Hofe von Peeking ein ausserordentliches Bedürft kis und daftrn Mylord wahrend seiner Unterhandlungen dieselbe zu bewerkstelligen Gelegenheit finden sollte, so würde daraus ein großer Nützen für die Compagnie entstehen. Die Gesandtschaft schiene ftcyüch einigen Res gierungsbeamten in Canton, vcrmulhuch wegen der das raus zu besorgenden Folgen für sich selbst, nicht sehr ans genehm zu scyn. Sie hatten sich ängstlich nach den Pe? weggründen zu dieser Volhschaft erkundigt, vor allen an? dern der Hoppo, oder Haupteinnehmer der Abgaben und Aufseher des dortigen Verkehrs Mit den Fremden, weil sein Bewußtseyn, für genugsam bekannte Ervrcßuns gen während seiner Verwaltung Rüge verdient zu haben, ihn bestandig den Gegenstand der Beschwelde mit dclt Absichten der Gesandtschaft verbinden hieße. Die Abges ordneten zweifelten nicht, daß er alle Triebräder in 3xs wegung gesetzt hätte, dm Erfolg ihrer Maasnehmungen in diesem Geschäfte zu vereiteln; denn als er das Versehen in ihrer Beglaubigung entdeckt, daß sie nicht uumlts tt'lbar o»lu Könige von Grosbrittannien bcvollmächNM 4'4 Fahrt nach deu Diebsinscln. worden, sondern lediglich Vertreter der O. I. Compagnie waren, so habe er diesen Anlas sich nicht entschlüpfen lasscn, ihnen durch alle Kunstgriffe, die ihm seme Macht vergönne, Hinderungen und Vcrdrüßlichkeitcn in den Weg zn werfen.« Gleichcrgesialt war der Fujenn oder Befehlshaber von Canton immer noch ungedultig die geheimen Ursachen der Sendung zu erfahren; und da er muthmaßte, dast sie auf Personen Beziehung haben möchten, vor denen die Abgeordneten, wahrend des eben gemachten Anfangs der Verhandlungen, selbige noch zn verbergen wüuschttn, so versicherte.er die Abgeordneten, „wenn sie ihm solche offenbarten, so sollte die Eröfnung blos in seiner und in des Kaisers Brust begraben bleiben." Hieraus erwiedere ten jene sehr weislich: ihnen waren keine andere als die leicht zu erachtenden Zwecke bekannt, nehmlich eine vers diente Huldigung Sr. Kaiserlichen Majestät »nd dann die Eröfnung eines freundschaftlichen Verständnisses; wenn es aber ja noch andere gäbe, so würden sie ohne Zweifel dem Gesandte» allein anvertraut worden seyn.« Es geschah vermuthlich in der Absicht, um diese vers »ueintlichen Triebfedern auszuspähen, und, hatte man dergleichen entdeckt, den Fortgang der Gesandtschaft zn hemmm, daß den Abgeordneten einmal über das andere zugesetzt wurde, an den Gesandten zu schreiben, er möchte in Canton landm, wo alle ausländischen Schiffe aitlegtcn/ anstatt gerade nach Tiensing zu segeln. Man Jährt nach den Diebsinseln. 415 drang hierauf mit so viel Beharrlichkeit, daß es auch nicht fruchten wollte, als sie äußerten : «es käme ihnen nicht zu, dem Gesandten die Hintansetzung seiner hmüber erhaltenen Befehle anbrachen, und vielleicht stünde es nicht in seiner Gewalt dieselben zu übertreten.« Ncswcgen hielten sis dafür, Klughett heizche von ihnen die Erklärung, esse») äusserst unwahrscheinlich, daß ein in dieser Absicht aus Canton abgcscbicktts Fahrzeug die Gesandtschaftsschissc antreffen winde. Inoeß konnte« sie nach dieser Amsse? rung nicht erhalMl, öa>? Loorsen, von der mittäglichen Chinesischen Küste auv, das Geschwader aufsuchen soll-ten Daher baien sic nur, «das; sich welche im Hasen von Tschußan in der Provinz Tschetschiaug und im Hasen zu Ninghai, in der Provinz Schantung, welche beyde an der östlichen Küste des Reichs liegen , bereit hallen möchs ten. Es war überdies zu vermuthen, daß Lootsen aus diesen. Haftn das Fahrwasser nach dem Meerbusen von Pecking besser kennen würden, als die, welche in grösserer Entfernung davon wohnten; zudem konnte der eben erwähnte Hafen von Tschußan nicht so leicht verfehlr werden, da die Schiffe der Compagnie vordem dorthin zu segeln pflegten. Wahrscheinlich konnte auch durch diese Maasregel die bevorstehende Fahrt und vielleicht der Ers folg der Unternehmung gesichert scyn, da, wenn man Lootsen nach Canton hatte bringen wollen, sie dort leicht dem Einflüsse und den Ranken von Leuten hatten au5M 4l5 Fahrt nach den Diebsinscln. setzt werden mögen, die unverhohlen wieder die Gesandtschaft waren. « Ungeachtet des Neides der andern Europäischen Fak-wrcycu hatten doch schon einige derselben, besonders die Holländische, seitdem die Gesandtschaft angekündigt worden , den neuen Einflus der Engländer benutzt und sich der Erpressungen enthoben, die man gewöhnlicherweise gegen die Fremden ausübt, wenn sie von Canton nach Ma-cao zurückkehren. Ucberhaupt machte diese Ankündigung cinen 1o großen Eindruck auf die Kaiserlichen Beamten in Canton, daß, seitdem die Abgeordneten angelangt waren 5 verschiedene neue Auflagen, womit der Hoppo die Zölle zu mehren, Willens gewesen, sogleich nachgelassn wurden, als sich jcnc standhaft weigerten, dieselben abs zutragen, ohne dadurch den gewöhnlichen Schwierigkeiten der verzögerten Thcefrachtung ausgesetzt zu werden. Da der Hoppo argwohnte, daß man gewisse Klagen wis der ihn anbringen möchte, so war er seit einiger Zeit auss nehmend höflich und nachsichtsvoll geworden." Es war nicht minder merklich, daß die einheimischen Schufncr und Diener der Englischen Faktoren sich jetzt mehr znfühs lcn anfiengen, als sonst, und die Gerechtsame ihrer Brods Herren, wider die Eingriffe, denen sie sich bis hiehcr gc, lassen zu fügen gewohnt gewesen, unerschrocken vertheidigten. Dies war ein Vortheil, der lediglich aus der unters noillmenkn Gesandtschaft entsprang, sie mochte am Ende ausfalicn Fahrt nach den Dicbsinscln. 417 ausfallen wie sie wollte, und dient zu gleicher Zeit als Beweis, daß man überzeugt styn mußte, jetzt stünde ei„ Weg offcn, auf welchem Beschwerden über Unterdrückung leicht vor den Kaiserlichen Thron gelangen könnten. Der Befehlshaber von Canton war sehr bemüht gewesen von dcn Abgeordneten ein Verzeichnis der Geschenke zu erhalten, die dcm Gesandten zur Ucbcrgabe an dm Kaiser vertrauet worden; denn man erfuhr, daß sie am Höft zu Pecking keine geringe Neugierde erregt hatten/ Welche der Befehlshaber zu befriedigen wünschte. Er mackte di»s zur nothwendigen Bedingung und gab vor „er könne die Annäherung des Gesandten mit Geschenken für seinen Herrn uicht berichten, ohne dabey ;u melden, worinn sie beständen.« Die Abgeordneten gaben über das was der Gesandte mitbrachte, so viel Befriedigung als sie konnten, und eittschuldigtcn ihre unvollkommene Kunde hierin damit, daß sie England verlassen hatten / als viele von den Geschenken noch nicht angeschafft gewesen waren. Man kann sich nicht einbilde», daß diä Wichtigkeit, welche solchemnach auf die Beschaffenheit dcr Geschenke gelegt zu werden schien, beydem großen Mo< narchen, dem sie zugedacht waren , so sehr von Gewinn-sucht herrührte, als vielmehr auf die Folgerung abzielte, dic ans der Seltenheit und dem Werthe derselben auf den Grad der Würdigung und Achtung gemacht werden konnte, worin ihn der Fürst, welcher sie gesendet, hielte, Erster Vand. D d 4!tt Fahrt nach den DiebMsclll besonders da hiermit der Grund zur unmittelbaren Vers bindung der beyden regierenden Herren gelegt werden sollte. Die Kunst und das Sinnreiche der Arbeiten aus Europa, die man schon sonst in Pecking gesehen hatte, waren hinlänglich , einen sehr erhabenen Begriff von dem zu erregen, was man, bey ausserordentlichen Veranlassungen , dorther zu gewarten hatte. Ueberdics vernahm der Gesandte von den Abgeordneten, «daß zwey einheimische Kaufleute Befehl bekommen hatten, sich in Bereitschaft zu halten, um nach jedem Orte der Küste abgehen zu können, wo man hören würde, daß die Königlichen Cchiffe mit dem Gesandten angekommen wären, und ihn dann, höchst vermuthlich, nach Hofe zu begleiten." Man glaubte, daß diese doll metschen und die Waaren erhandeln sollten, welche möglicherweise dem Gesandten zum Verkaufe mitgegeben worden waren. Indeß da die Abgeordneten der Meynung waren, daß die großen Geschäfte, welche diese Kaufleute mit der Compagnie machten, durch ihre Abwesenheit merklichen Schaden leiden dürften:" so hielten sic bey dcr Regierung an, dieselben ihrem Berufe nicht zu entziehen, „weil der Gesandte schon genugsam mit Dollmctschcm versehen wäre und die Compagnie keine Güter zum Verkauft in dem Schiffe, das sich bcy der Gesandtschaft be, fände, geschickt, sondern es hauptsächlich mit Geschenken für den Kaiser befrachtet hatte." Zudem waren diese Kaufleute von fthr geringer Tauglichkeit zum Umdeuten Fahrt nach den Dicbsinstln. 419 und gewannen zu viel bey dem jetzt bestehenden Fnße des Verkehrs mit Ausländern in Canton / als daß sie besonn ders geneigt hätten seyn sollen, ein Unternehmen zu fördern, von welchem eine endliche Umänderung zu besorgen stand; daher sie sogar leichtlich jeden in Pcctmg daw^er ausgcsonnencn Anschlag unterstützen konnten. Ueberdics traten noch verschiedene Umstände ein, welche die Rrlse ihren persönlichen Angelegenheiten sehr nachtheilig würocn gemacht haben. Deswegen unterstützten sie die Bittschrift, welche zu ihren Gnnsten war eiilgercicht worden, mit ans sehnlichen Geschenken an etliche Mitglieder der Calnoner Regiclling und wurden der Nothwendigkeit, ihrcHeimath zu verlassen, überhoben. Bey vorigen Gesandtschaften war zuweilen einer der Missionare, die am Hofe sind, von dort abgeordnet worden, den Bothschaftcr zu empfangen und nach der Hauptstadt zu begleiten, aber man hatte seit einiger Zeit das Betragen gegen sie ganz geändert. Seit den zwey bis drey Jahren, daß die Nachrichten von den französischen Unruhen und dcr Verbreitung von Grundsätzen, die dem ungestörten Fortdauern der Regierungen Umsturz drohen, in Pecking angelangt waren, hatte man, aus Besorgnis, dergleichen Begriffe möchten sich in Asien einschleichen , ihnen behutsam den Weg zu vertreten gesucht. Ob man gleich nicht beschloß den Auswärtigen Canton zu verbieten, so war man doch noch einmal so wachsam als bisher, daß sie die Einschränkungen, welche man ihrent 420 Fahrt nach den Dicbt'inscln. Betragen gesetzt, nicht übertraten. Die Missionaire wurden in China zwar noch aufgenommen, und in der Hauptstadt als Sternkundige und Künstler, sogar unterstützt, aber alle Briefe, die ihnen aus Europa zugeschickt wurden, hielt man sofort ohne Ausnahme zurück, um sie zu untersuchen. Und obgleich niemand einen grossem Abscheu gegen die Staatsümändcrung und die daraus folgende allgemeine Widerspenstigkeit in Frankreich hegen konnte, als sie, da die Quellen, aus welchen ihnen regelmäßige Beysteuern von dorther zugeflossen waren, seit jener Zeit durch die democratischen Beherrscher deS Landes abgeleitet wurden; so setzte doch jetzt die eifersüchtige und behutsame Regierung in China gewissermaßen ein Mistrauen in sie. Daher wollten die Chinesen bey dieser Gelegenheit natürlich lieber, daß die Unterhandlung mit Fremden durch ihre eigne Unterthanen geschehen sollte, und die Portugiesen der abhängigen Niederlassung in Macao wurden ohne Zweifel von ihnen gewissermaßen in diesem Lichte betrachtet. Diejenige Verbindung, welche, auf der andern Seite, schon lange zwischen dieser Nazion und den Englandern Statt gehabt, machte die letzteren natürlich geneigt, jede freundschaftliche ^Hülficistuug von lenen anzunehmen. Abcr den Nachrichten zufolge, welche ictzt dem Gesandten von guter Hand hinterbracht wurden, war es offenbar, daß sie ihre langst angenommene Staatsmaxime, wo möglich, von China, alle andere Fremde',, Fahrt «ach den Diebsinseln. 421 auszuschließen, uoch immer auf das kräftigste ins Werk zu richten suchten: und es war wenigstens ein Vortheil für Mylord (chon jetzt zu erfahren, daß er sich Hauptsache lich auf den Eindruck verlassen müsse/ welchen sein eignes und das Betragen seines Gefolges auf die Chinesen machen würde, wenn er die Vorurtheile gegen das Volk, welches er nun vorstellen werde, entfernen und die Schwierigkeiten überwinden wollte, die man ihm, wah? reud seines Aufenthalts im Lande, in den Weg werfen könnte. Nicht lange nach dcr Rückkehr dcr Brigantinen 00« Macao, hob das Geschwader seine Anker vor Tschuckk schn und steuerte mit günstigem vollem Winde nach der Meerenge zu, welche China von der großen Insel Fors mosa trennt, wie Europaer dieselbe nennen, ob sie gleich bey den Eingebohrncn und Chinesen Tai-wan heißt. Am nehmlichen Tage segelte das Geschwader zwischen zwey Inseln durch, deren eine wegen ihrer Gabelsorm den Nah-men Eselsohren bekommen hat, und die andere Lema hcißt, welche beyde verödet, unbebaut und mit großen Klippen umzingelt sind, die aus dcr Meeresfiache hervorragen. Diese Klippen sammt den Inseln schienen aus festem Granit zn bestehen. D1e Lagen dieser Inseln, nach Mittagsobscrvationen und der Mittclzahl verschiedener Zeitgercchter Uhren sind folgende: N. B. . L. nach O. Eselsohren 21" 55' 114" / Lema 22° 0 114" 17'. 422 Fahrt nach den Dicbsinstln. Am folgenden Tagc, dcn 2<;sten Iuny, wurde man einen grossen hervorstehenden Felsen ansichtig, welcher ganz weiß ist und von dcn Portugiesen ?eclra branca genannt wnrde. Da sie aber unter den Europäern dieses Meer zuerst beschissten, so wurden viele ihrer Namengebungen von spätern Seefahrern angenommen. Pedra branca liegt in 22° 19/ N. B. und 14° 57/ L- nach Osten. Ein Thermometer von Fahrenheit stand des Mittags auf 84° und der Barometer auf 26 Zoll, 73 Zehntel. Es wurde bemerkt/ daß man in dcn letzten 24 Stunden einen Slromgang von N. gcn O-, ungefähr stündlich eine Meile, gehabt hatte. Nächsten Tages, a:n 25. Iuny, gieng das Geschwader durch den Wmdczirkcl des Krebses und die untergehende Sonne röthete, an selbigem Abende, dcn Himmel auf eine sehr ungewöhnliche Weise. Das Quecksilber fiel auf einmal im Barometer uud der Wind fieng heftig an von S. W. zu blasen. Am folgenden Morgen, ob, gleich, nach der zur See gewöhnlichen Rechnung der Tage von einem Mittage zum andern, immer noch am 25. Iuny, fanden sich sogleich Windstösse, Regen, Donner und Blitz ein. Vormittags war es fast Windstill; jedoch wogte das Meer noch eine Zeitlang fort. Thermometer 82"; Barometer 39 Zoll 63 Zehntel. , Am 26. Iuny hatte man mitunter Stürme, fürchterliche Gewitter und fast unaufhörlichen Regen. DerWind wechselte allmählich von S. O. nach S. -gen W- Die Fahrt nach den Dicbsinscln. 423 luftwar so dick und der Himmel so umwölkt, daß man den ganzen Tag über nicht obstrviren konnte; cmch war das feste Land nicht zu sehen, ob sich gleich das Geschwader jetzt im engsten Theile der Meerenge zwischen China und Formosa befand, so daß es zu bcyden nicht über dreyßig Seemeilen hatte. Uebrigens erheben sich die .^:s sicn an beyden Seiten so hoch empor, daß min die eine von der andern her erblicken kann. Blos auf eilugc Ms genblicke kam der Nordwestliche Theil von Formosa, nicht lange nach Sonnenaufgang zum Vorscheine, und lag dann den Schissen von S. O- gen O. nach G. zu. Wenn es regnet kgm die Chinesischen Schiffer ihre Baumwollene Kleidung bey Seite und ziehen Wammse und lange Unterkleider aus Halmen gcmacht an, die sic aber weder flechten noch zusammen pressen, sondern blos hart und parallel an einander legen; ingleichen setzen sie einen grossen ungekrempten Hut aus dem nehmlichen Stosse auf, von dessen Oberfläche der Regen, wie von .dem Gefieder der Wasservögcl, hcral'gleitct. Dieser grobe, aber bequeme Anzug, hat sehr viel Achnlichkeit mit dem, welchen die Anwohner der Nordwestlichen Küste von Nordamerika in demselben Wetter tragen. Ob es nun wohl möglich ist, daß vermöge einer ursprünglichen Verbindung zwischen beyden Landern, das eine diese Bedeckung von dem andern entlehnte, so gab doch wah-schcinlicher dasselbe Vcdürfniß beyden die nehmliche Erfindung an die Hand. 424 Fahrt nach dcn Dicbsinseln. Wenn man anders je erträglich gntcs Wetter in dieser Meerenge zu erwarten hat/ so war am ersten zn vermuthen, daß es jetzt im völligsten Sonmicr und um die Mitte des Monsuns scyn würde; aber Lage und Richtung der Meerenge machen glaublich, daß es hier sehr wenig gemäßigte Witterung giebt. Denn da sie mit den N. O. und S. W. Strichen des Compasses in einer Linie liegt und an jedcr Seite von Gebirgf'ttcn in der nehmlichen Richtung begranzt wird, so vcmichrt sich die Hcftigkcit der Monsune durch den Druck auf die Luft, wahrend sie durch diesen engen Canal geht, welcher gleich einem Trichs ter offen sieht und diesclbe geradezu von den beyden Strichen her erhält, aus deucn die Monsune regelmäßig we-hm. Die Strömgcmgc, wie leicht zu erachten, laufen in einer Richtung mit dcm Monsune; deswegen kann man es beynahe für unmöglich halten, daß es Schissen gsliligen sollte, die Enge hinaufzubringen, wenn dieser Wind widrig ist. In dem handschriftlichen Tagebuche des Schiffs Argonaut, welches zu Ende Aprils 178Y durch die Strasse von Formosa segelte, sieht vorn bemerkt, daß die Fahrt „wider dcn N. S. Monsun unternommen wurde;" allein man sieht aus dem Tagcbuchc selbst, daß der Monsun damals gerade zu Ende gicng; der Wind blicß daher aus allen St:icl)en dcs Compasses und begünstigte dcn Lauf dcs Schiffes eben so oft als er ihn verzögerte. Ucberdies war dieses Fahrzcug so klein, daß es zwischen vicle dcr Iuscln lauft,, konnte, die unferu Fahrt nach den Dicbslnseln. 425 dcr Chinesischen Küste liegen, wo es von Zeit zu Zeit, sobald es nöthig schien, ankerte. Den ganzen 27. Iuny übcr hatte das Geschwader stürmisches Wetter, hauptsächlich von Wcsicn her, dabey fast ununterbrochene Regengüsse, und eine bald hier bald dorthin wogende Dcining; in dcr Nacht war dcr Wind veränderlich; aber gegen Morgen wehete er vornehmlich, von Norden. Die geographische Breite der Schisssrcch) nung war von der zu Mittage beobachteten 16 Seemeii lcn untcrschicden, und die Lange, nach einem Chronome-, ter, war fünfzig Seemeilen östlicher als die berechnete; woraus man schloß daß der Stromgang in den drey letz, ten Tagen 48 Meilen von N. 7^ O>, oder jede Stunde zwey Drittel Meile getrieben haben müßte. Der Thermometer stand Mittags auf 79°, und der Barometer auf 29 Zoll 73 Zehntel. Am 28. Iuny war der Wind gemäßigt und veränderlich, wchetc besonders von Nördlichen Strichen, und ein starkes unregelmäßiges Aufschwellen der See drängte die Schisse nach Osten: als das Geschwader über die Meers enge hinaus war/ schien ein westlich fließender Stromgang gegen die aufwallende.See, ungefehr jede Stunde eine halbe Mcile zu laufen. Da das Wetter nun schien beständiger zu werden, so secgelten die Schisse nach den Inseln zu, welche mnvcit Tschußan liegen. Am 29. Iuny war die Luft dunsigetrübt und die Witterung unangenehm. Bcym Loden fand man, daß 426 Fahrt nach den Dicbsmscln. sich das Wasser von 52 bis aus 22 Faden veruntiefte. Eine Inselgruppe kam zmn Vorschein, welche Hey- san, oder die schwarzen Eylande heißt, aber fast aus nichts als nackten Felsen besteht. See liegt in 28° 53' N. B. und in 121° 2^ L. nach O- Dicse Inselgruppe ist nur wenige Meilen vom festen Lande entfernt. Am ZOsten war die Luft dick und feucht, und der Wind wehere schwach von S. W., als man nach Norden zu steuerte vertiefte sich das Wasser regelmäßig von 22 bis auf 32 Faden. Am isien July war das Wetter den ganzen Tag über ncblicht, und es siel ein Staubregen. Der Wind wechselte von S. W. nach S. Man erblickte an diesem Tage eine andre Inselgruppe, die Quißan Eyland genannt, denen sich das Geschwader am folgenden Tage, den 2tcn July, näherte, und in neun Faden Wasserticfe, auf schlammigem Grunde ankerte: hier lag ihm die höchste und südlichste dieser Inseln N. gen W. vier Seemeilen entfernt. Diese Insel, welche die Engländer Patchcock nennen, liegt im 27° 22' N. B. nnd in l2l° 52' Länge gegen O., nach einem Chronometer. Am folgenden Morgen, welches der letzte Theil des Schiffstags war, lichtete das Geschwader die Anker, um sich Tschußan mehr zu nähern. Dies war mit einiger Schwierigkeit verknüpft, weil sich eine unsägliche Menge r mW kleiner Chinesischer Kähne um die Gesandtschaft s schisse drängte; denn der ungewöhnliche Anblick Fahrt nach den Dicbsinscln. Europäischer Fahrzeuge hatte die äußerste Neugierde bey den Leuten erregt. Man zahlte über dreyhundert um den Löwen, die gleichsam in ciuandcr getrieben waren. Aber man sah lausende, von denen viele fischten; viele der größeren waren auch mit Zimmersiücken von verschiedener Lange, und zu mancherley Gebrauche, ingleichen mit andern Kaufmannsgütern befrachtet. Einige von ihnen ruderten in gleicher Linie neben einander; manche waren an andere gebunden, um große Zimmerhölzer tragen zu kön-nen, welche queer über beyde Verdecke lagen. Alle diese Kahne hatten keine hänfne sondern Mattenstegel, und waren stärker bemannt als es Schiffe von gleicher Last in Europa zu seyn psscgen. Der ganze Allblick lehrte, daß der Handel in dieser sämmtlichen Gcgcnd wett ausgebreiteter, und die Volksmenge vicl größer seyn müsse, als man sie je irgend anderswo bemerkt hatte. Aus einem dieser Kahne vcrschafte sick das Kauf, farthcyschiff einen Lootstn, der kein unverständiger Mann war. Er geleitete die Hindosian erstlich zwischen den Qui-sianinscln, und dem festen Lande hin; sodann ließ er nach Norden zu gegen die andern Inselgruppen, von verschiedener Größe, steuern, in welchen sich die von Tschußan mitten inne befindet. Die einzige Ccfahr welche man bey der Fahrt zwischen dcn Quißancn und dem festen Lande läuft, entsteht von einer kleinen Klippe, die während der Fluth unter Wasser ist, und, wie man aus aufbehaltenen Nachrichten weiß, zuerst auf dem Schisse Normanlon, im 4«5 Fahrt nach den Dtebsinseln. Jahre 1736, gesehen wurde. In dem Handschriftlichen Tagcbllche der Reise des eben genannten Fahrzeugs heißt < begrüßen. Aber es hielt schwer hier anzulegen, da i'as Ufer der Instl Lowang wo es heraussiand/ überall Fahrt nach den Diebsinselk 435 mit weichem, tiefem Thon und Schlamme umgeben war, und an den andern Seiten mit steilen Felsen. Endlich gelang es ihnen, dic letzteren hinan zu klimmen. Von einem dcr nahen Berge sah das Fahrwasser, in welchem die Brigantine lag, wie ein Fluß aus, und das umgebende Meer wie ein ungeheurer, mit unzähligen Eylan-den gezierter See. Der Berg auf welchem sie standen war mit starkem Grase, Schilf, Gestanden und Pflanzen bedeckt, welche hinlänglich anzeigten, daß man sich jetzt an einem von Europa fernen Orte befände. Aber es war so wenig Vieh und Bäume zu sehen, daß die Gegend einem Europäischen Auge nackt vorkam. Als sie vom Berge herabgcsiiegen waren, kamen sie an eine kleine ebene Aue, die dein Meere durch einen wenigstens dreyßig Schuh dicken Damm von Erde, welchen man herum gezogen hatte, entrissen wurde. Das dadurch gewonnene Stück Land schien kaum der Arbeit werth/ dices gekostet haben mußte. Indessen war die Aue mit dcr äußersten Sorgfalt angebaut, und meistens zu Reis-gründen angewendet, die man mit dcm Wasser netzte, welches vok den anliegenden Hügeln in kleinen Laufgra-bcn fios, und durch diese wurde es auf jeden Theil dieser Anpflanzungen geleitet. Der Dünger darauf war nicht Thierkoth, sondern etwas das den menschlichen Geruchs-nerven und Augen noch unangenehmer ist, und in England mcht allgemein beym Ackerbaue gebraucht wird, Irdne Geschirre waren in den Boden eingegrabel, um die.« 4s< Fahrt nach den Diebsinscln. sen Dünger zu empfangen, und auch um gleichartige Feuchtigkeiten zu fassen, mit welcher man den Neis, ehe er gesäet wurde, einweichte, ein Verfahren, wodurch der Wachsthum der künftigen Pflanze beschleunigt, und alle Insekten abgewehrt werden sollen, die dem zarten Keime chaden könnten. Die Gesellschaft stieß auf einen Landmann, der zwar über ihren Anblick erstaunte, aber doch nicht so erschrack, daß er sie vermieden hatte. Er hatte ein weites baums wollenes Gewand an, einen Strohhlit auf dem Haupte, welcher mit einem Bande unter dem Kinne befestigt war, und Halbsiicfcln. Es schien ihm schr begreiflich zu seyn, daß Nciscnde natürlicherweise Neugicrde besitzen müßten, und führte sie willig in das nahgelcgene Dorf. Als sie bey einem Bauerhause vorbey kamen, lud sie der Inhabcr desselben hinein, und betrachtete sie sammt seinem Sohne mit Augen vollen Erstaunens. Das Haus war von Holz gebaut, und den Säulen die natürliche Gestalt des Zim-merbaums gelassen. Keine Decke verbarg die innere Seite des Dachs, welches sehr fest zusammengefügt, und mit Reisstroh bedeckt war. Der Fußboden bestand aus hart« geschlagener Erde, und anstatt der Wände zwischen den Gemachern hiengen Matten von den Balken herab. Im äußern Zimmer standen zwcy Räder zum Baumwolle Spinnen, aber die Sitze für die Spinner waren lcer. Es mochten vermuthlich Frauen gewesen seyn, die sich, bey Annäherung der Fremden, entfernten, und so lange diese Fahrt nach den Dicbsinseln. 437 da blieben, sahe man niemanden von weiblichem Geschlechte. Das Haus war mit Bambusgruppcn u»d derjenigen Art von Palmen umpflanzt, deren Blätter die Gestalt der Fächer haben; da man sie nun wirtlich dazu braucht, so werden sie ein Gegenstand des Handels. Die wiederkehrende Fluth endigte diesen Besuch auf der Insel Lowang, welche, wie einer der Emgebohrnen sagte, so beträchtlich nnd so gut bevölkert isi< daß sie an zchn tausend Seelen enthalt. Die Brigantine setzte nun ihre Reise nach Tschußan fort, und kam in dcrAbcnddämmrung an ein langes hcr? ausstehendes Vorgebirge, in der Charte Vorland Ki - to gc-'.annt. Es ist das Ende einer Gcbirgkctte auf dem Chinesischen festen Lande, und, besteht, dem Anscheine nach, aus Granitmassen. Um dieses Vorland kraisete die Fluth in wirbelnden Strudeln, und mit solcher Schnelligkeit, daß auch das größte Schiff mitten hinein gezogen werden würde, wofern nicht ein starker Wind es in den Stand sctzte vorüber zu segeln. Hundert Ruthen von diesem Vorlaube mischt sich der Schlamm so häufig mit dem Wasser, daß man, vom Schisse herabsehend, mit Bangigkeit erfüllt wird, es sty im Wegrisse auf den Grund zu stoßen, wcil man sich nicht einbilden kann, daß die Wast sertiefe, welche mehr als hundert Faden betragt, wirklich so außerordentlich an diesem Orte sey. Etwas nach Süden zu vom Vorlande traf die Brigantine guten A»kcr-gmnd, in 17 Faden an, und hielt es für rathsam hier 435 Fahrt nach den Diebsittseln. über Nacht zu bleiben, da man, um Tschußan zu «reichen, zwischen Eylanden burch, und auf engen, schwer auszr.findenoen Fahrwassern zu segeln hatte. Den Verfügungen der wachsamen Chinesischen Regierung gemäß, war die Annäherung des Fahrzeuges bereits in Tschußan ruchtbar worden, und ein Chinesisches Schiff ankerte nahe dabey. Aus diesem kam ein Beamter an Bord und mel-deic, daß seine Barkc am folgenden Morgen das fremde Fahrzeug in den Haftn von Tschußan bringen wurde, wohin es vermuthlich zu steuern gesonnen sey. Die Bris gantine lichtere mit der frühesten Morgenfluth, lief durch einige schmale Engen und kam endlich in diesem Hafen an. Zwischen den Quißanen und dem Hafen vonTschnßan, in einer Strecke von u?:gcfahr sechzig Seemeilen in der Länge und dreyßig in der Breite, belaust sich die Anzahl von Inseln über dreyhundert. Auf der Charte von dies sen Inseln , die, wie bereits erwähnt, diesem Werke beygefügt ist, sieht man den Hin - und Herweg der Brigantine nach nnd von dem Haftn von Tschußan besteckt. Ausser der Klippe Holdernes ist dort noch eine anders s
ld er schmeichelte sich, daß man den Handel der Eng- 442 Fahrt nach den Diebsinscln. länder dorthin wieder erlauben würde. Als Ursache, warum die Salve von sieben Canonen, welche die Brigantine abfeuerte, nur mit dreyen vom Ufer beantwortet wurde, gab er an, daß es zu den Einrichtungen der Er-sparniß in der Landesregierung gehöre, bcy Ehrenbezeugungen nie mehr als die genannte Zahl abschießen zu lassen. Dieser Umstand gab ihm Gelegenheit zn bemerken, daß man hier zu Lande bey Salven das Geschütz allezeit in die Luft zu richten pflege; und er fügte hinzu, daß, wenn diese kluge Vorsicht auch unter den Engländern gewöhnlich wäre, der Vorfall in Canton sich nicht ereignet haben könnte, wobey zwey Chinesen mit einer Kugel, die man an einem Freudentagc von den Englischen Schiffen feuerte, erschossen wurden: ein Vorfall, der dem dortigen Handel der Englander beynahe ein Ende gemacht hatte und endlich noch dem Consiabcl das Leben kostete, weil die Chinesische Regierung für ausgemacht annimmt, daß es bey wagerecht gerichtetem Geschütze, man möge vorwenden was man wolle, allemal auf Unheil abgesehen sey. Da in alle Küsienprovknzen gemessenere Befehle, als bey vorigen Sendungen' gewöhnlich gewesen, ergangen waren, die Gesandtschaft ehrenvoll zu empfangen und ihr alle Bequemlichkeiten zu verschaffen, so wurde es kaum bekannt, die Brigantine gehöre zu derselben, als schon der Befehlshaber Geschenke, bestehend aus allerley Le, bensmitteln, an Bord schickte Morgends darauf em. Fahrt nach den Dicbsinscln. 443 pfieng er die Herren mit grosser Höflichkeit, bewirthete sie und lud sie zu Schauspielen ein. Er hatte auch bereits förmliche Abgeordnete nach dem Löwen, welcher in einiger Entfernung vor Anker lag, gesendet, um den Gesandten einzuladen, und hoffte, sie würden ihn vermögen kön, nen, ans Land zu kommen, wo Vorkehrungen getroffen wurden, ihn mit allen angemessenen Ehrenbezeugungen zu empfangen. Der sehnliche Wunsch dem Kaise,- sobald als möglich vorgestellt zu werden, war eine hinlängliche Entschuldigung nicht nur jeden Antrag abzulehnen, dcr sie hätte verzögern können, sondern auch das Ansuchen bey bem Befehlshaber um Lootstn noch dringender zu wicderhohlen. In Hinsicht dieser meynte er die hierüber vom Hofe be-kommenen Verhaltungsbefehle völlig dadurch erfüllt zu ha-den, daß er Leute in Bereitschaft h«lt, welche dasGcschwa-dcr an der Küste hin nach Norden zu bis an die nächste Pro-vinz führen konnten, wo dann andre zu haben waren, die es ausgleiche Art von einer Provinz zur andern geleiten würden, bis es endlich nach Tiensing gelangte. Allein ausserdem, daß es gewiß unendlich langweilig gewesen seyn müßte, solchergestalt an der Küste hinzufahren, würde es auch für so grosse Schisse, die so tief im Wasser gien-gen, nicht rathsam gewesen seyn, da man weit mehr Ges fahr lief nahe an dcr Küste auf Sandbänke zu stossen oder an Klippen zu rennen, als in der weiten See. Diese Bcdcnklichkeit wurde dem Befehlshaber incht vorenthali 444 Fahrt nach den Diebsinseln. ten; aber der Einfall geradezu nach dem Meerbusen von Pecking zu segeln, ohne unterwegs anzuhalten, war ihm ganzlich neu; weswegen er cs für nothwendig hielt, sich bis auf den folgenden Tag Bedenkzeit zu nehmen. Da die Gesellschaft diesemnach ihre Rückkehr auf das Kriegsschiff aufschieben mußte, so besähe sie mitlerweile die Stadt Tinghai, welche eine Meile von dem grossen offenen Dorfe oder von der Vorstadt, die längs dem Strand nach gebaut ist, liegt. Der Weg von der letzteren nach jener gieng über eine Trift, die mit Bachen und Canalen in mancherley Richtungen durchschuitten war, welche, unter andern, vermuthlich auch zur Trennung des Eigenthums verschiedener Besitzer bestimmt seyn mochs ten. Das Erdreich war wie ein Garten bestellt, und man sah keinen einzigen Fleck unbenutzt da liegen; die Strasse war zwar gut aber enge, gleich als ob man dem Ackerbaue so wenig Land als möglich hatte entziehen wollen. Die Stadtmauern waren dreyßig Schuh hoch und reichten, wie an einem grossen Gefängnisse, weit über die Häuser hinaus, die sie umgaben. Langs den Mauern waren alle hundert Ruthen vicrcckte Mauern vo« Werkstücken. In den Brustwehren befanden sich auch Schießscharten und in den Merlons Löcher zum Gebrauch der Bogenschützen; aber man sah kein grobes Geschütz, ausser einigen aus Eisen gearbeiteten Cauonen am Thore. Die Thore waren doppelt; inwendig stand ein Wacht-hli'.ls, worin sich Soldaten befanden; und die Bogen, Fahrt nach dcn Diebsinseln. 445 Pfeile/ Piken und Luntefiinten wurden ohne Zweifel von ihnen gebraucht. Tmghai läßt sich am besten mit Venedig unter den Europäischen Städten, obgleich ,mr im Klcinen, ver, gleichen. Es war gewissermassen von Canälen umgeben und durchschüistttl. Die darüber gelegten Brücken was ren steil und hatten Stufen wie die Brücke Rialw. Das Pflaster der Strossen, wir würden Gäßchen sagen, bc< stand aus viereckigten, stachen / gehauenen Steinen/ l«nd die Häuser, den Venczianischcn sehr ungleich/ hatten blos Gemächer über der Erde. Au diesen Gebäuden fand man vornehmlich die Dächer verziert, wo die Ziegel auf dem Svarrwerke luticrt und mit Mörtel bekleidet waren, damit sie bey stürmischem Wetter nicht herabfallen und Schaden stiften könnten. Fcruer hatte man diesen Dächern die Gestalt der inwendigen Einbiegungen an den Ecken und Seilen von gewöhnlichen Zelten oder vo>, Thierhäuten und andern geschmeidigen Stoffen, die sich durch ihre eigne Schwere einbauchen, zu geben gewußt. Vielleicht zog man diese Form, auch schon als man fc-sicre Sachen zum Bauen nahm, dcswcgcn vor, weil sie an die Behausungen erinnerten, deren sich die Menschen vermuthlich, vor der Aufrichtung regelmäßiger Wohnör»-ter, bedienen mußten. Auf dcn vier hinanlaufcnden Hauptbalken und auf dem obersten Rücken der Dächer waren plumpe Thiergcstalten und andre Zierrathcn aus Thon, Stein und Eisen angebracht. Die Stadt wac 44« Fahrt nach den Diebsinseln. voller Läden, in welchen allerley Kleidungsstücke, Nahe rungsmittel und Geräthc, auf cine in die Augen fallende, anlockende Art geordnet, zu verkaufen waren. Eogar Sarge warcn mit vielcrley lebhaften und abstechenden Farben angestrichen. Die kleinern vicrfüssigen Thiere, deren man sich zur Nahrung bedient, wohin auch die Hunde gerechnet werden, inglcichen alles Gefieder, verkaufte man lebendig; die Fische waren in wasscrgefülltcn Gefäßen und die Aale im Sande. Die vielen Orte, wo geschlagene Zinnblattchen und Näuchwcrkhölzchen, zum Gebrauche in den Tempeln, verkauft wurden, verriethen leinen geringen Grad der Neigung dieses Volkes zum Aberglauben. Bcyde Geschlechter trugen weite Gewänder und lange Unterkleider; aber die Männer hatten allein Stroh < oder Rohrhüte zur Hauptbedcckung, weil sie sich das Haar, ausgenommen einen langen herabhängenden Zopf, ringsum abscheren; hingegen die Weiber ließen ihre Haare unvermindert wachsen, und flochten und wanden es sehr nett in einen Knoten zusammen, wie man zuweilen auf weiblichen Bildsäulen des Alterthums sieht. Ans diesem ganzen Orte blickte überall eine viel reg» samere und geschäftigere Betriebsamkeit, als man von dem natürlichen Einflüsse eines Himmelsstriches erwarten sollte, welcher nicht völlig dreyßig Grade von der Linie ist, ein Umstand, der vermuthen laßt, daß entweder der Sporn der Nothwcndigleit sie zur Arbeit treibt, oder daß Belohnung sie dazu anlockt; denn Niemand schien sich da» Fahrt nach den Dicbsinseln. 44? für zu scheuen, und Niemand bat um Almosen. Die Mannspersonen liefen nur in Geschäften über die Strassen, und Weiber sah man hauptsachlich in den Läden und an ihren Fenstern. Die Füße bey den meisten der letzteren, selbst in den mittleren und nicdcrcn Standen, waren unnatürlich klein, oder vielmehr abgestumpft. Dem Ansehen nach hätte man glauben sollen, der vordere Theil des Fußes wäre zufälligerweise abgehackt, uud der übrigbleibende in seiner natürlichen- Gcsialt, wie der Stumpf eines Beines von dem man ein Stück abg'löset hat, mit Verbanden umwmu den worden. Ucberh»,upt dulden sie große O.uaal, und machen sich gvößtcuthcils zu Krüppeln, blos um den vornehmen Fraum zu gleichen, unlcr denen es Landesart ist, durch Zusammenquelschung den Wuchs der Knöchel und des Fußes, von der frühesten Jugend an, zu ersticken; doch lassen sie die große Zehe in ihrer natürlichen Lage; hingegen zwangen sie die andern unter den Fuß, bis sie endlich daran hangen, als ob sie hincingegraben wären, und können dann «ttcht mehr davon getrennt werden. Ungeachtet der geschmeidigen Fügsamkeit des mensch? lichen Körpers in der zarten Kindheit, muß doch der um diese Zeit natürliche Drang desselben sich auszudehnen, wenn ihm entgegen gearbeitet wird, denen, an welchm dieses geschieht, unbehagliche Empfindungen verursachen; und ehe noch bey diesen Opfern der Mode der Ehrgeiz bewundert zu werden, Wurzel faßt, «»'federt es die Wach' 44^ Fahrt nach dcn Diebsinseln. samkeit threr Mütter si e abzuhalten, daß sie sich nicht der straffen, pressenden Gebinde entledigen, womit ihre Füße und Knöchel zusammengeschnürt werden. Da wo diese Zwangbänder mit uuablaßigcr Sorgfalt anbehalten we« dcn, sind die Füße ebenmäßig klein. Die jungen Geschöpfe müssen sich freylich eine ziemliche Zeit lang stützen, wenn sie zu gehen anfangen; und selbst in der Folge schwanken sie hin und her, und gehen beständig auf ih? ren Fersen. Man erhielt nachher ein genaues Modell von dem Fuße einer Chinesischen Frau von Stande, wors nach der hinten angehängte Kupferstich gemacht ist. Ob nun gleich diese kunsterzwungcne Winzigkeit der Füße ihren Gebrauch nicht gänzlich hemmt, so muß sie doch bey denen, wo sie statt findet, unstreitig den allge-meinen Wachsthum verkümmern, und der Lcibesbcschaft fenheit schädlich werden. Einige der niedrigsten Stande eines Stammes von Chinesen, der vornehmlich auf Bergen und wenig besuchten Oerreru eingeschränkt ist, haben diese widernatürliche Unsitte nicht angenommen. Aber die Weibsleute dieser Gattung sind in den Augen der übrigen äußerst abschätzig, und werden lediglich zu den niedrigsten Verrichtungen im Haust genommen. Dieser Landesbrauch, welcher die verstü.nmM'n Füße dcn gesunden vorzieht, ist so eingewurzelt, daß der Dolmetscher bekräftigte, was auch durch alle nachher eingezogene Erkuns digungen bestätigt wurde, daß, wenn sich zwey Schwestern Fahrt nach den Dicbslnscln. 449 siern sonst völlig glichen, die cine aber verwachsene Füße und die andere der Natur freyen Lauf gelassen halle, letztere als verworfen bnracktet, de5 Umgangs mit der übrigen Familie unwürdig geschätzt, uild in beständiger Ubge< schiedcnheit zur Plackern) einer Leibclgcnen vcrurlheilt seyn würde. Wenn man über den Ursprung einer so seltsamen Sitte unter den, zweyten Geschlecht in China nachsinnt, so kann man keinen recht statthafte,! Grund finden, warum sie die Frauen dort auf einmal so unterdrückend einführten. Hatten sich die Manner wirllich vorgesetzt, den weiblichen Theil ihrer Familie auf ihre Häuser einzuschränken, so würden sie dies haben bewirken können, ohne dieselben auf eine so gra>lsame Weise dcr natürlichen Bewegung ihrer Glieder zu berauben. Man weiß nichts von einer solchen Gewohnheit in dcr Turkey und in Hilldostan, wo doch die Frauenzimmer weit eingezogner leben müssen, als in China. Meynungen haben unstreitig einen grössern Einflus auf die allgemeinen Haüdkmgen dcr Menschen, als Gewalt, und eine so sinnlose Gewohnheit konnte blos durch das Vcyspiel und die Uederredungskraft derer Eingang finden, die sie bereits angenommen hatten. Manner mögen dieselbe stillschweigend gebilligt, und ihr unter der Hand aufgeholfen haben, welcher Kunstgriffe man die Indianer in Absicht anf die weit unmenschlichere Sitte des vorgeblich freywilligen Vnblennens dcr Wittwen Erster Band. . F f 456 Fahrt nach den Dledsluftln. nach dem Tode ihrer Gatten, bezüchtigt. Was sie aber zu dieser Aufopferung verleitet, ist nicht Gewalt, oder Furcht vor körperlichem Schmerze, sondern Ccheu und Schaam im Fall der Unterlassung, und eingebildeter Ruhm bcy der Erfüllung eines Brauchs, den sie für ihre Schul? digkcit hallen, ob er ihnen gleich das Lcben kostet. Bcy dieser Gewohuhcit muß es ganze Mcnschenaltcr erfordert haben, um die Vorurtheile zu zeitigen, welche eine so ent-schliche Folge hervorbringen konnten: aber der Stolz, sich auszuzeichnen, und die Furcht vor Erniedrigung, vcrmö-gen in vielen Fällen die gemeinsamen Nalurgcfühle zu dampfen; ja vielen Frauenzimmern ist cs gewissermaßen zur Gewohnheit geworden, sich ein»m frcyvMigcn Zwange ihres Körpers und Verstandes zu unterwerfen. Wer sich an die Zeit erinnert, wo es noch Mode war, knapp und schlank zu seyn, und wer bedenkt was für Mühe man sich deswegen gab, was für Quaalen man darüber auestand, um es in einem vorzüglichen Grade zu werden, der kann sich nicht so sehr über die außerordentlichen Anstrengungen die man an andern Orten iu diesem Betracht wahrnimmt, wundern. Das schöne Geschlecht hat ohne Zweifel allezeit nach Zartheit der Glieder und der Umrisse eben so sehr gegeizt, als es von dem stärkeren eben deswegen bewundert werden ist. Indessen konnte cs nicht, dem in ganz China erzählten Volksmärchen gemäß, ein außerors deutlicher Grad dieser Vorzüge an irgend einem Frauenzimmer, wenn gleich vom ersten Range, seyn, was die Fahrt nach den Dlebsinsetn. 455 übrigen Frauen verleitete/ sich eine so große Gewalt an< zuthun, blos um ihr in dieser Rücksicht zu glcichcn. Die Bestrebung in irgend einer Gattung körperlicher Reize sich auszllzcichl.cn, muß eine unsägliche Ncügc auf einmal ergriffen, Mld verschiedene Menschenallcr hmdm'ch gedauert haben, ehe sie zu dieser Uebertreibung gelangen konnte, welche eigentlich den beabs'chii^ten Endzweck vcrfehll. Eine Dame mag auch noch so vicl durch unnatürlich kleingezwängte Füße an Schönheit zu gewinnen gl^^en, so ist doch der Schade den sie dadurch an ihrcr Sesui-ds heit und Schlankheit leidet, mehr als überwiegend, dcn« es fehlt ihrem Gange an Grazie, und ihren Gcsi^tszügen an Leben. Wahrend sich die Gesellschaft von Engländern bemÜF hete cincn starken Grad von Neugicrde in Hinsicht aller sie umgebenden Gegenstände zu befriedigen, gaben sie selbst allen die sie sahen, noch weit grösscrn Anlas znr Verwunderung und zum Staunen. Wenige von den Einwohnern hier hatten Engländer, oder überhaupt Leute gesehen, die schr von dcn Chinesen verschieden waren. Echaarcnwcise umringten sie nun die Fremdlinge, denen der Befehlshaber eine Wache zur Begleitung zugesellt hatte. Aber die Leute drängten stark auf die Gesellschaft los, ohne, wie es schien, sich vor den Soldaten zu fürchten. Sie thaten vertraulich, aber ohne Hohn, Foppen und Unfug: es war gerade im Julius, und das Gedränge machte die Hitze dcr Witterung noch bänglicher. Da die Enalmider, 45« Fahrt nach den Diebsluscln. nach Europäischer Art, ihren Anzug erschließend trugen, und hier und da ein Kleidungsstück durch Bänder noch mehr zusammenzogen; so wurde ihnen das Wetter sehr beschwerlich; hingegen die Eingebohrnen, welche weitwallende Gewander anhalten, fühlten nicht die mindeste Unbequemlichkeit. Die Soldaten bemühten sich das Volk im Guten, und zuweilen mit Drohungen, abzuhalten, schienen aber nicht gewohnt, die Zwangmittel, welche in ihrer Gewalt standen, gegen dasselbe zu gebrauchen. Die Gesellschaft schützte sich vor der Hitze und dem Gedränge in eine« Tempel, der voll ungeheurer, unförmlicher Gestalten von vorgeblichen Gottheiten und Schutzgenien der Stadt war: bald nachher kehrte sie in Sänften zurück, und hatte wieder Schaaren von Leuten um sich. Ehe man noch den Strand erreichen konnte überfiel sie ein heftiger Regen mit Wirbelwiudstößen verl mischt, welche die Sanften fast umgeworfen hatten. Sie mußte daher in ein Kloster gehen, wo sie von Chinesin schen Priestern gasifrcy aufgenommen, und mit Thee, einem Getränke, das man bey jeder Gelegenheit und zu jeder Tagszcit vorsetzt, bewirthet wurde. Am folgenden Morgen fand sich die Gesellschaft so früh im Audienzzimmer ein, daß der Befehlshaber selbst noch nicht angekommen war. Das Gebäude war weit? iällftig und stand am Ende eiucs gepflasterten mit Hallen umgebenen Höfts. Das Audienzzimmer war an allen Geite« bis ans Dach offcn, welches auf großen hölzernen Fahrt nach den Diebslnseln. 453 roth angestrichenen und stark überfirnißten Säulen ru, hete; das Gebälk darinn hatte dieselbe Verzierung. Eine erstaunliche Menge Laternen von verschiednen Gcstiltel? und Grössen hiengen an seidnen Slrickcn von den Queer-balken und um die Säulen; sie waren mit bunten Qua-sien von verschiedenen Formen geschmückt. Einige Laternen bestanden aus, dünnem Seidensior, auf welchem Vögel, Insekten, Blumen und Früchte gtt mahlt oder gestickt waren; diesen Flor hatte man zwil schen niedlichen hölzernen Nahmen ausgespannt. Andere waren aus so dünnem und durchsichtigem Hörne vcrfe« tigt, daß man cs anfänglich für Glas hielt, welchem jedoch die Chinesen das Horn vorziehen, weil es wohlfeiler, leichter, und nicht so zerbrechlich ist, oder im Fall der Beschädigung weniger zu ersetzen kostet. Viele daoon w<« ren etwa zwey Fuß im Durchmesser, in Gestalt eines Cylinders, und an beyden Enden rund; oben lief der Rand auf einen Punkt zusammen, an wilchem das Band zum Anhängen befestigt war. Jede Laterne bestand aus einem einförmigen Stücke Horn, woran man, vermöge einer den Chinesen eigenthümlichen Erfindung, die Fugen zu verbergen gewußt hatte. Denn da die Chinesen von einer überaus großen Menge von Laternen, sowohl in ihren Häusern uud Tempeln, als auch bey Feyerlichkeiten und Umgangen Gebrauch machen, so haben sie mehrmals Anlas erhalten, die Verfertigung derselben zu vcrvolk koimnnen. Man bedient sich gewöhnlich des Horns von 454 Fahrt nach den Diebsinseln. Widdern und Böcken dazu. Der Auskunft zu Folge, die man hier darüber erhielt, ist die dabey insgemein äuge? wandte Verfahrungsart, die Hörner in kochendes Wasser zu tauchen, sodann sie von einander zu schneiden und gerade zu machen, worauf sie sich leicht schalen, ober in zwey bis drcy dünne Vlättchcn absondern lassen. Um diese Blattchen an den Kanten zusammcnfügcu zu können, hält man sie über Dampf, welcher sehr wirksam ist, und wodurch sie fast ganz weich werden. Dann schabt und verdünnt man die Rander der aneinander zu klebenden Stücken sorgfaltig, so daß die Theile, welche übereinander zu licgcn kommen, zusammengenommen gcuau so dick als das ganze übrige Blatt sind. Wenn man nun die also zubereiteten Nandcr unmittelbar zusammenfügt, und sie mit Klammern preßt, so haften und einverleiben sie sich innig ineinander, so, daß sie Eins werden und in jes dem Betracht den andern Theilen gleichen. Auf diese Art kann mau bcynahe so weit reichende Hornblätter verfertigen , als man nur wlll. Diese Kunst ist sonst wenig be-k.mut, so einfach sie auch zu seyn scheint; und vielleicht sind einige Umstände in der allgemeinen Beschreibung ausgelassen , die man dabey in Acht zu nehmen hat und die zur glücklichen Verfertigung wesentlich seyn können. Im Audicnzzimmer befand sich auch noch etwas anders , das die Ncugier erregte und wenigstens für Fremde auffallend war. Auf mchrern Tafcln standen Behält, nisse, die voll Erde, mit Zwergkiefern, Eichen und Frucht- Fahrt nach den Diebsinseln. 455 tragenden Appclsmenbar.men warcn. Von diesen war keiner über zwey Fuß hoch. Einige dieser Zwerge halten Alters wegen, alle Zeichen der Hinfälligkeit an sich, und auf der Erde waren kleine Haufen von Steinen zerstreut, die in Vergleichung mit den nahestehenden Zwergen, Felsen genannt werden konnten. Diese warcn durchlöchert und bemoost als ob sich ihnen niemand seit undenklichen Zeiten genähert hatte, welches dazu beitrug die TaMmig zu unterhalten und den, Ganzen dcü?lnsch>.'in von Mcr? thum zu gcben. Dicsc Art des Wachsthuius schicn b^y den scyllwollcnden Kennern und Bewunderern seltner Sachen eine grossc Liebhabcrey zu seyn, und cs gab kein ansehnliches Haus, in welchen man nicht dergleichen Baumchen gcfunden hätte. Cie anzuziehen machte einen Theil der Geschicklichkeit des Gärtners ans und war eine in diesem Lande erfundene Kunst. Das Verdienst derftl' ben bestand nicht allein in der Ueberwindung einer Schwierigkeit, sondern auch darin, daß dadurch Gewächse in gewöhnliche Zimmer gebracht werden konnten, von denen sie sonst in ihrer natürlichen Grösse hätten entfernt bkibm müssen. Nach dem gemeinen Laufe der Natur, erreicht jegliches Gewächs in seiner Alt nicht eher die höchste Vollkommenheit, als bis es zuvor allmählig zugenommen hat, und auf den verschiedenen Abstufungen bis zur Ai-ligung gleichsam hinaufgestiegen isi. So muß die Ccdcr des Libanon erst einige Jahre wachsen, um den laugen starken Stamm und die vielen horizontalen Aeste zu be- 456 Fahrt nach den Dicbsinseln. kommen, che sie ihrc Erbenlosen Blühten und kleinen Zapfen zur Wiedererzcligung, hervorbringt, wo sie dann ihre Vollkomnienhcit crn-icht hat; indeß der P sop höchstens einen kurzen, klv,utartigcn Stengel treiben kann, und zu derselben Jahreszeit, wo er gcsaet wird, Blüthen und Seamen tragt. Zwar zieht man einigc Baume aus juugcn Schnittliiigen, ohne säen zu dürfen, aber diese müssen, nach der Pflanzung, selbst erst Stämme Werd.n, wozu sie t'ie ihrer Art erforderliche Zeit brauchen, sodanll erst l'ic ihnen cigcnlhmllliche Grösse erlangen und neue Acsie bekommen, ehe sie zu ihrer Vollkommenheit gedeihen, l,nd Frucht tragen können. Aler durch die K»nst Zlverqb.iumc zu machen, behalt ein abgeschnittenes und iu die Erde gestecktes Reis, seineTragbarkcit ummterblo-chen fort, als ob es mit scincn zur Wiedcrcrzeuglmg rci-fcn Saften auf einen ousgewachscnen Baum wärc gepfropft worden. Insgcmcm verfahrt man ausfolgende Art umZwcrgl gewächse zu bekommen. Man legt auf den obern Theil eines Baumstammes, von welchem man den Zwerg nehi men will, nahe an den Ort, wo die Acstc heraussprosscn, etwas Thon oder feine Erde. Diese wird durch ein Stück grobe hanfeue Lemewand oder groben Kattun scjigcbun" dm und sorgfaltig mit Wasser benetzt. Dies setzt man zllwcilen übcr ein Jahr fort, worauf zarte kleine Fasern, wie Wurzcln, aus dem Stamme in die Erde keimen. Der Theil des Stammes, dem die Faftrn entsprießen, Fahrt nach den Diebsinscln. 457 muß sodann, nebst dem unmittelbar darüber wachsenden Aste, mit Behutsamkeit vom Baume abgesondert und in neue Erde verpflanzt werden, worin die Fasern sich in Wurzeln verwandeln', und das, was kurz zuvor cin Ast war, ist solchemnach, in gewissem Betracht, zum Stamme eines Gewächses umgestaltet. Durch dicse Umpflanzung wird die Tragbarkeit des Reises, welche es vor der Trennung vom Muttcrholzc hatte, weder zerstört roch g« ändert. Was als Ast des Fcugestammcs blühte und Frucht trug, thut jetzt das Nehmliche, ob es gleich nicht langer von cinein Baume seine Nahrung ziel)?«» kann. Man pftcgt die Endknospen der Reiser, die zum Zwcr-gen bestimmt swd, abzureißen, wclcbcs ihre Verlange, rung hindert und an den Sei:cn andre Knospen und Aests chen hcrauszwingt. Durch Umzichung dieser Acstchcn mit Draht, giebt man ihnen jede belkbigc Gestalt; wenn man will, daß sie das Anschn von Aitcr mid Hinfälligkeit haben sollen, sd bestrelcht man sie zu wiederholten, malen mit Syrup, wornach eine Menge Ameisen lauien, welche, von der Süssigkeit angelockt, sogar dic Rinde nicht verschonen und ihr durch aNmahligcs Zernagen die beabsichtcre Gestalt ertheilen. Die Gartner machen zu, weilcn aus allen diesen Kunstgriffen ein Geheimnis und wechseln geflissentlich in Anwendung derselben ab; aber die Grundsätze, nach welchen sie verfahren, lassen sich hinlangll!;, aus dem Angeführten abziehen, und die ganze Kunst zc''gt mchr von Kopf und Beharrlichkeit, als von 45^ Fahrt nach den Diebsinscln. wahrem Geschmacke, welcher darin besieht, daß man der Natur in ihren Licbüngswerken nachzuhelfen , aber nicht ihre Maasregeln zu hintertreiben noch ihre Erzeugnisse zu verzerren suche. Wahrend die Gesellschaft sich über die umgebenden Gegenstände unterrichten ließ, wurde ihrc Aufmerksamkeit mit einem male, durch die Ankunft des Bcfchls-Habers, auf das Geschäft geleitet, um desselitwillcn fte sich hierher begeben hatte. Ihn begleitete eine obrigkeitliche Person, welche sich durch eine buntseidne Sticke rey auf der Brust auszeichnete, in der ein eingebildeter Vogel, der Chinesische Phönix, vorgestellt war, sowie der Befehlshaber auf seinem Gewände auf eincr ähnlichen Stickerey einen Tieger hatte, wodurch der Stand des Kriegers, zu dem er gehörte, augedeutet wnrde. Wenn man die Uebel bedenkt, die mit diesem Stande verknüpft sind, so ist das genannte Thier kein unschickliches Sinns bild davon: ein Vogel bezeichnete auch in der alten Europaischen Fabellehre Weisheit, welche einer obrigkeitlichen Person vorzüglich zu wünschen ist. Diese Herren, samt einigen Unterbeamten setzten sich auf eine Reihe mit Englischem Scharlach bedeckter Armstühle und die Englander saßen gleichfalls auf einer solchen Reihe ihnen gegenüber. Nach gegenseitigen Höflichkeiten wurde Thee herum-gegeben, worauf der Beamte eine Rede mit oft verän-vcttcn Tonfällen der Stimme herzusagen alifieng und sie Fahrt nach dcn Dicbsinseln. 45, mit einem Geberdenspiele begleitete, woraus man abnehmen konnte, daß er hiermit seine Beredsamkeit zeigen wollte, die aber in der Thai bey dcn meisten seiner Zuhörer weggeworfen war. Was er sagte, lief dahinaus, daß die Chinesen beständig an der Küste hin von einer Provinz zur andern zu schisscn gewohnt waren ; mithin würde man am besten thun, auch diesmal eine solche Fahrt zu wählen; ausserdem sey Tscliußan nur ein untergeordneter Hafen von dem zu Ningpu und besäße kcine solche Lootsen als man jetzt begehre. .Hierauf antworlctcn die Englander mit Wenigem: daß die vechaltnißmassige G'össe und vcr, schicdne Bauart ihrcr eignen Schisse diesmal eine andre Vcrfcchnmgsart als gewöhnlich erfordere; und da vielleicht in Ningpu dergleichen Lootsen zu finden seyn möchten, als man in Tschußan nicht bekommen könnte, so waren sie gesonnen, sogleich dorthin abzureisen, um welche aufzusuchen. Dieser Vorsatz beunruhigte den Befehlshaber sobald als er ihn hörte. Er sagte, daß der Kaiser ans ihrer Weiterreise nach Ningpu schließen würde, sie waren mit der Aufnahme in Tschußan unzufrieden gewesen, welches ihm vermuthlich dcn Verlust seines Amts und seiner Wurde zuziehen würde, wobey er auf einen rothen kugelförmigen Knopf wieß, dcn er oben auf dem Hute trug und welcher die zweyte Ordnung der Rcichsbcdicnungen ans deutete, die sämtlich in neun Grade abgetheilt find, st/ 46o Fahrt nack dcn Dicbsilsseln. daß es ausser ihnen eigentlich weder Rang noch Würde hier zu Lande giebt. Um sich auch sogar vor der Möglichkeit der Ungnade zu sichern, machte sick der Befehlshaber sogleich anheischig Leute aufsuchen zu lassen, welche das Geschwader auf der Fahrt, die es sich vorgesetzt hatte, gcletten sollten. Augenblicklich wurden die strengsten Befehle nach der Scadt geschickt, daß sich alle Leute stellen sollten, von denen man wüßte, daß sie in Tiensing gewesen wärcn. Endlich fanden sich zwey, die häufig mit diesem Hafen m Verkehr gestanden, aber schon seit einiger Zeit das See, leben verlassen hatten. Sie sagten aus, daß die Schiffs farth auf der gelben See / wenigstens für Fahrzeuge von solcher Grösse als gemeiniglich durch dieselbe segelten, Weber sehr schwer noch gefahrvoll ware; daß sich qner über den, Ausfluß des Pei?ho auf welchem man nach Ticnsing gelange, eine Sandbank erstrecke, wodurch Schiffe, die über sieben bis acht Schuh im Wasser gien-gen, verhindert würden hineinzulaufen ; aber daß ein bis zwey Tagefahrten davon ein sichrer Haftn für grössere Schiffe unterhalb der Insel Mi-a-tan sty. Der Befehlshaber hieß diesen beyden Leuten sich fertig zu machen, damit sie unverzüglich an Bord der Bri, gantine gehen könnten / um, sobald sie zu den übrigen Schissen gcstosscn waren / das Geschwader nach der ge-z,am,ten Insel oder so nahe an Tiensing als möglich, zu bringen. Da diesc Lcute in Tschußan ansässig waren Fahrt nach dcn Dlebsinscln. 461 und Familien hatten, mithin sich ungern von diesen trennten; so erklärten sie, daß Abwesenheit vom Hause ihren eignen Angelegenheiten nachthcilig ftyn würde und fielen vor dem Befehlshaber auf die Knie, mn ihn fichent^ zu bitten, sie diesmal zu entschuldigen. Die Engländer konnten nichts dazu sagen, ohne alle Ansprüche auf Loot, sen fahren zu lassen, und dadurch die Sicherheit des Ge-schwadcrs und der Gcsandschaft in Gefahr zu setzen; der Befehlshaber, seiner Seits, gab zu erkennen, daß der Wille dcs Kaisers erfüllt werden müsse, und weigerte sich Einwendungen anzuhören. Wahrend die Lootsmanner eilten sich zu diesem mtt erwarteten Dienste vorzubereiten, kehrten die Engländer wieder an Bord zurück um sich zur Abreise zu rüsten. Kaum waren sie angelangt, als ihnen der Befehlshaber nachfolgte, dessen Besuch vermuthlich eben so sehr eine Folge von Neugierde als Höflichkeit seyn mochte. Seine Aufmerksamkeit wurde hauptsächlich auf die Masten gerichtet; auf die geschickte Art, womit man mehrere See-gcl, cinen über den andern, daran befestigte, und auf die Gewandtheit mit wacher die Matrosen die Strickleitern oder Wanten hinan lieftn. Doch haben die Chinesen auch zuweilen ein hänfnes Marssegel über dem grossen Segel. Letzteres ist von Matten gemacht, über welches, um ihm Festigkeit zu ertheilen, quer über parallele Stäbe von Bambusrohr laufen, welches zwar hohl aber doch lu gleicher Zeit sehr sesi und lcicht ist. An diesen St5 462 Fahrt nach den Diebsinscln. bcn steigen die Chinesischen Matrosen auf die Masten, wenn sie' es nöthig finden, obgleich insgemein alle zur Regierung des Schist's gehörige Verrichtungen auf dem Verdecke vorgenommen werden. Als sich die Brigantine im Hafen von Tichußan aufhielt, wurde einer von denen, die sich auf dMelden eingeschifft hatten, von einer heftigen Krankheit befallen, welche er sich durch den zu häufigen Genus einer säuerlichen Frucht, auf dem Lande zugezogen hatte. Da zufälligerweise weder Arzneyen noch ein Arzt der Gesandtschaft am Bord waren, so erkundigte man sich nach einem Chinesischen , damit er wenigstens dem Kranken, welcher die durchdringendsten Martern ausstand, einige Linderung verschaffen möchte; cs wurde auch bald einer gebracht. Er fragte nicht im mindesten nach den Zufallen oder nach der Entstehung der Krankheit, sondern fühlte dem Paw enten mit bedeutsamer Miene den Puls auf dem lins kcn Arme, welches er mit seinen, ganz sanft darauf gelegten vier Fingern that; nachgehends hob er einen davon auf und licß nur drey darauf liegen / sodann zwey und zuletzt blos einen , wobey er seine Hand verschiedene Minuten lang auf und nieder über den Puls, so weit er nach dem Ellbogen zu fühlbar war, bewegte, gleich als ob er damit aus dcn Tasten eines Claviers hingleitete. Mit starren Augen, die er aber nicht auf dcn Kranken wandte, schwieg er und verfuhr als ob er glaub? te., daß jede besondre Krankheit einen ihr eigenthümlichen Fahrt nach den Dikbsinscln. 463 Pulsschlag habe, der sich von elnem aufmerksamen Arzt« unterscheiden ließe. Er erklärte, daß die gegenwärtige Krankheit aus dem Magen entstehe, wie freylich sehr leicht aus den Erkenntnis - Mitteln, von denen cr sich wahr-scheinlicherwcise vorher unterrichtet hatte, abzunehmen war; diese aber verloren sich gleich, sobald der Patient zweckmäßige Arzneyen, die er sich von ihm ausbat, gtt nommcn h.'tte. Als die Lootsmänncr auf der Brigantine waren, steuert«.- sie .111s dcm Haftn von Tschußan, um zum Or? loMisse zu stoßen. Als sie sich aber unweit einer Insel, die in der Charte Sarah Galley heißt, befand, schwand der Wind allmählich und sie gerieth in einen Wassers Wirbel, worin sie, wie auf emcm Mittelpunkte, verschieb dcucmal mit grosser Heftigkeit herumgetrieben wurde. Bey jeder Umschwingung fehlten nur einige Schuh, daß der Bugsprict an einen steilen, senkrecht aus der See ragenden Felsen gestoßen hatte. Da sich die Lootsen oft vorher in derselben Lage befunden hatten, so waren sie, diesmal wenigstens, dazu nützlich/ daß man durch ihre Versicherung, es sey keine Gefahr zu befürchten, einer bangen Unruhe überHoden wurde; wirklich' gelang es der Brigantine bald durch die Fluch aus dem Strudel getrie> bcn zu werden und sie ankerte in dcrsclbcu Nacht unweit der nördlichen Landspitze von.Lowang. Am folgenden Tage licf sie durch die Strasse, welche auf der Charte Gough's Fahrwasser heißt/ und stieß zum Kriegsschiffe, 464 Fahrt durch die gelbe See. welches auf dem oben angeführten Orte, vor Anker lag. Wahrend ihrer Abwesenheit warcn die erwähnten Abgeordneten ausTschußan, iugleichen noch andre vom Unlcrkönigc der Provinz, am Bord des Löwen gewesen. Bcyde hatten dem Gesandten Geschenke von Mundvor-.rath gemacht und ihn samt seinem Gefolge zu Gastmähs lern auf dem Lande eingeladen, welche er verbat, und sich mit der Nothwendigkeit entschuldigte, seine Reise unmittelbar nach dem Kaiserlichen Hofe fortsetzen zu müssen. Zehntes Capitel. Fahrt durch die gelbe See. Eintritt des Gesandten in den Flns, auf dem man nach Tlensing gelangt. Der Theil der Chinesischen Küste an welchem das Geschwader von Tungqums östlicher Küste bis nach den Inseln von Tschußan, bereits vorbey gesegelt war, be, tragt mehr als hunderttausend Seemeilen, deren jede etwa ein Sechstel langer ist, als eine Englische. Der übrige Theil der Chinesischen Küste von hinaus nach dem Hafen, welcher Peciing am nächsten und in demjenigen Meerbusen liegt, der von dieser Hauptstadt seinen Nahmen erhält, dehnt sich noch wetter aus. Aber bey Tschußan,- wo Fahrt durch die gelbe Sce. 465 wo sich das Geschwader nun befand / war es an dm äussersten Endpunkt gekommen, zu welchem sich Europais sche Cchiffahrtsnachrichten erstreckten. Das Meer von dortaus, etwa zchn Breitengrade und sechs der Lat'ge weit, war bis jetzt allen ganzlich unbekannt, ausser vielleicht denen, die auf den umliegenden Küsten ivolütt.'«:. In dicses M^er ergießt ssch der grosse Hoa-igho cder der CKincsisckc gc!l^ ?jluß. 2!nf scmcm l.n'>;^i, Win-l dungsrcichen L^ufc r>isst dieser Fiusi cine so lmi'mlliche Menge gllblicbcn Ecl)lcilnn,cs <>u!', dcist ei- nicht iun- ftlbst seinen Ul'ttlscln'idlmg^nah'uc'' von d.c'V'iil U'''>a , die Tars tarey und die Halbinsel C^rca. Es war «ucht dcr unbcs dcutcndsie von den Vortheilen, welche aus der Gesandtschaft herfioßen, daß sie Gelcgenhci: an die Hand gab, einen so beträchtlichen Ctrich See, mit Sicherheit unttr der Führung von Leuten erforschen zu können, von dene« er so oft beschifft worden. Einer von dcn zu diesem Behufe aus Tschußan geholten Lootsen wurde auf das Kriegsschiff genommen und dcr andre an Bord des Chis nafahrers geschickt. Obgleich ihre Dienste diesmal erzwungen waren; so schicncn sie doch selbige, so gut es in ihren Kräften stand, zu leisten. Mi/.l .'in Europäischer Lootsen auf den Verdeck eines Schisss kommt, wo man semen Beystand braucht, so stellt er sich freylich g« Erster Vand. w a 4^6 Fahrt durch 5le gelbe See, radezu ans Steuer und verrichtet sein Amt wie ein Römischer Dictator, so daß niemand sich anmaßt Befehle zn ertheilen, ausser etwa blos um ihm beym Volke desto mehr unbedingten Gehorsam zu verschaln; hingegen die Chinesischen waren gegenwärtig dnrch ihre neue Lage mitt tcn unter Fremden zu sthr in Furcht gesetzt, als daß sie sich hatten herausnehmen sollen, ihr Gutachten aufzw dringen. Jedoch gaben sie auf die Vorkehrungen zur Weiterreise und auf die Verrichtungen am Bord, in Absicht der Regierung des Schiffs, Achtung. Jeder von ihnen hatte einen kleinen Seecompaß, aber weder See-charten noch Instrumente zur Beobachtung der Breiten. Zwar halt man einen Lootsmann fur geschickt genug, wcnn er von der Küst,,', an welcher er am häufigsten fahrt, eine genaue Kenntniß besitzt. Indessen ist es nichts Ungewöhnliches am Bord Chinesischer Schiffe Charten oder Risse der bevorstehenden Rcise und der benachbarten Landspitzen auf ausgeholte Kürbisse, di».' einigermassen der Gestalt der Erde ahnlich siud, cingeschnitzt zu findcn. Diese Aehnlichkeit mag solche Risse zuweilen etwas weni, g?r fehlerhaft gemacht haben; aber der Vortheil ist nur zufallig, denn weder die Chinesischen Sternkundigen noch Seefahrer haben sich fthr von den rohen Begriffen der alten Welt entfernt, nach welchen die Erde eine ebene Oberfläche ist. Und die Chinesen nahmen es für ausge/ nmchf an, daß ihr eigenes pand in der Mitte derselben l <'e, weswegen in- ,!.m anch deu BedeutungsvollenNah,< Fahrt durch die gelbe See. 467 men Mittelreich gaben; alle andrc Lander aber, die es umzingeln, sind ihrer Meynung nach/ vechaltnißmassng klein und befmdcn sich gegen dcn Rand der Erde zu, über welchen hinans, alles nothwendigerweisc eme furch, terliche, abschüssige Oede ist. Diese Untunde des Erdumrisses verhinderte jede Bemühung die Breite und Lange verschiedener Lander und Oertcr, zur Verbesserung der Cchiffarth, durch Beobacht tungen der himmlischen Körper bestimmen zu lernen. Aber sogar unter Nazionen, wo Philosophen wichtige Elitdek-kungen gemacht hatten, wurden diese selten eher genutzt, als Nothwendigkeit, die Erfinderin aller Künste in der bürgerlichen Gesellschaft, zn ausscrordentlichen Anstrengungen spornte. Wie gelehrt, erfinderisch und scharfsinnig auch dic Griechen waren, so brachten sie es doch niemals dahin, daß sic die Lage eines Schiffcs zur See, durch cin Instrument hatten angeben können. Sie bk glNlgten sich bcy Tage einen Theil der Küste des Mittel-meers, in welchem sie gemeiniglich ihre Schiffarch trie) ben, und einige darin zerstreute Inseln, bey Nacht aber die Sterne zn beobachten, woraus sie gerade so viel schließen konnten, als ihnen zu wissen nöthig war. Man kann nicht in Abrede seyn, daß die Chinesen eine ähnliche vorthcilhaftc Lage haben, da ihre See dcm Nittellneere an Eingeschranktheit der Grenzen und an Vielheit der Inseln, welche überall aus demselben hervorragen, gleicht. Auch ist anzumerken / daß die Echiffarth der Emopaer 468 Fahrt durch die gelbe see. sich just dann zu verbessern anfieng als lhre Habsucht »der Bedürfnisse sie antrieben lange Reisen über das grenzlose Weltmeer zu unternehmen. Was den Compaß anlangt, dieser ist unter den Chinesen allgemein eingeführt. Bey ihnm ist die Magnet-nadel selten übcr einen Zoll lang und noch keine Linie breit. Das Gleichgewicht derselben ist mit ausserordcnts licher Genauigkeit beobachtet und sic ist sehr empfindlich, welches so viel sagen will, daß sie sich gleich bewegt, sobald man die Büchse, worin sie schwebt, nur im mindesten nach Abend oder Morgen dreht: obgleich eigentlich das Wesen des Magnets und die Vollkommenheit des Behältnisses, darin besteht, daß man die Nadel stet oder unverrückt nach einem Theile des Himmels zeigend, zu machen weiß, die Büchse des Compasses, oder das, woran sich die Nadel sonst befindet, mag auch noch so geschwind herumgetrieben werden. Beym Chinesischen Compasse bringt man diese Stetigkeit durch eine beson^ dere Erfindung zu Wege, worüber Herr Varrow folgendes bemerkt: Um das Mittel der Nadel ist ein dünnes Kupferblattchen gelegt und mit den Enden an den obern Theil eines kleinen hemisphärischen umgekehrten Bechers, aus dem nehmlichen Metalle, befestigt. Der herabwärts gerichtete Becher dient zu einer Dille, die den stählernen Stift aus einer Vertiefung aufnimmt, welche in ein runs des Ctück leichten Hulzes oder Korks gemacht ist, wo« aus die Büchse des Compasses besteht. Da die Ober- Fahrt durch die gelbe See. 469 stachen der Dille und des Stifts an einander reichen sollen, so sind sie gut polirt, um, so viel wie möglich, alle Reibung zu verhüten. Der Vccher hat Verhältniß-maßig einen breiten Rand, welcher nicht allein zur Schwere desselben beytragt, sondern auch, wegen seiner horizontalen Lage macht, daß der Schwerpunkt beynahe mit dem Schwcbcpunkle zusammentrifft, der Co'mpaß mag sich drehen wie er will. Der Raum, worin solchergestalt die Nadel schwebt, ist rund und für Nadcl, Becher und Stift just groß genug. Ueber diesem Naumc licgt ein dünnes Stück durchsichtigen Talks, wodurch die Na-dcl von den Bewegungen der ausscrn Lnft nicht beschädigt aber doch die ^»scheinende Bewegung der erstern sehr leicht erkannt werden kann. Die kleine und kurze Nadel der Chinesen hat einen wesentlichen Vortheil vor den Europaischen von derselben Grösse in Ansehung der Neigung nach dem Horizonte vorans, um welcher willen bey der lchtern ein Ende der Nadel weit schwerer als das andere gemacht werden muß, damit die magnetische Anziehungskraft unwirksam bleiben möge. Da diese aber an allen Orten verschieden ist, so kann man sich blos da genau -auf die Nadel verlassen, wo sie gemacht worden ist. Aber bey kurzen und leichten Nadeln, die nach Chinesischer Art in der Schwebe hangen , ist die Schwere unter dem Schwebepunkte, mehr als hinreichend, die magnets sche Kraft der Neigung, man befinde sich wo man wolle, 47c» Fahrt durch die gelbe See. zu Verbindern; und daher pflegen dergleichen Nadeln nie von ihrer horizontalen Lage abzuweichen." Alls die obere Seice der Büchse, wie man aus der beygefügten Abbildung des Compasses sieht, sind mehrere Firkcllinien gezeichnet, die eincn gemeinschaftlichen Mittelpunkt haben und nach dem Umfange der Compaß, büch''e grösscr oder kleiner sind. Eie hat aber selten weniger als vier Zoll im Durchmesser. Die Zirkel zeichnen sich durch verschiedene Chinesische Charaktere aus. Von dcn achten, die nach dem innersten Kreise stehen, bezeichnen viere die Hauvtwcltgege.iden, Ost, West, Sud, Nord; und viere die dazwischen liegenden Striche. Die nehmlichen acht Charaktere deuten auf die acht gleichmäßigen Abtheilungen des natürlichen Tages, oder die Zeit, in welcher sich die Erde, auf ihrer Umkreisung der Sonne, um ihre eigne Axe walzt; jede dieser Abtheilungen begreift drey Stunden in sich, und die Charaktere der Abtheilungen sichcn so, daß sie beynahe auf den Standort der Sonne um diese Tagszcitcn, von Sonnenaufgang an, hinweisen; der Charakter der letzter» bedeutet auch die östliche Himmelsgegend. Mit diesem, in acht Abtheilungen zerfallenden Kreise stimmt der vorgeblich erste Europaische Compaß übercin, welcher zu An, fange des vierzehnten Jahrhunderts, bekannt, mid sowohl durch die zunehmende Erfahrung als die genauere Beobachtung der Seefahrer mit kleinern llnterabtheilun, Fahrt durch die gelbe Lec. 47 l gen vermehrt wurdc, bis er auf zwey und dreyßig Sm-che anwuchs. Ein andrer Kreis des Chinesischen Compaßes enthält vier und zwanzig Äbtheilungen, jede mit einem Charakter bezeichnet, welcher zu gleicher Zeit ein Viemud-zwanzigstel des Himmels und ein Vierundzwanzigstel des natürlichen Tages andeutet. Nach dieser Abtheilung cnt, halt jeder Compaßstrich oder jedes Vierundzwanzigstcl, geuau fünfzehn Grade, indem alle Zirkel der Himmels-sphare in drey hundert und sechzig Grade getheilt worden slud, worüber man sich vermuthlich schon seit jeuen frühen Zeiten vereinigte, als man noch in dem Wahne stand, die Sonne vollende ihren scheinbaren Lauf in drey hundert und sechzig Tagen. Die übrigen Zirkel des Kompagcs enthalten die Cba, rotere des Cyclus von 6c, Jahren, nach welchem dies.'s Volk in feiner Chronologie rechnet; inglcichen no.!> andere Charaktere, die sich auf ihre philosophischen und mythologischen Meynungen beziehen, an denen sie so hauqeu, das; besagtes Werfzeug unter den Leuten auf dem Lande eben so häufig angetroffen wird, als bey den Seefahrern. Das Wesen und die Ursache dcr Eigenschaften des Magnets, sind jcderzcit unter dcn Chinesen Gegenstände der Nachforschung gewesen. Hierin und in vielen andern Stücken ist ihre Theorie gerade das Widerspicl der Grund satze Europäischer Dcnkcr. Da die Magnetnadel, welche an ihrer Mitte in der Schwebe hängt, mit einem 47« Fahrt durch die gelbe See. Ende nach Norden weißt, so muß nothwendig das andere nach Süden gerichtet seyn; abcr jedes behält seine eigenthümliche Polarrichtung, und wcnn man sie auch mit Ge-walt umwendet, so ninlnu doch jcde Seile ihrc vorige Stellung gegen ihrem Pol übcr an, sobald man sie wieder frey laßt. Solchrmnach kann man annehmen, daß die Kraft, wodurch hauptsächlich die Nadel angezogen Wird, entweder nach cincr oder nach beyden von den be-nannten Erdgegcnden zu, ihren Sitz hat. In Europa halt man dafür, daß die Nadel vorzüglich nach dem Nord-pole zu strebe, aber in China glaubt man daß Süden al, lciil die alizichcnde Kraft besitze. Der Chinesische Name tinZ - na« - bls 37 Faden; der Grund feiner Sand. Donnerstags den 11 July. Leichte Lüftchen undWiud-stillen des Vormittags. Abends erhob sich etwas Wind von Süden her. Des Morgens um fünf Uhr sah man zwey unbekannte, kleine, felsichte Inseln nach W. in einer Cutfernung von etwa 22 Seemeilen; diese Inseln nannten die Lootsen Pa - tscha - san und Tet,schong. T"'e Ticfe betrug um Mittag 36 Faden. 4?6 Fahrt durch die gelbe See. Freytags, den 12. July. Zu Anfange dieses Tages nach der Schijserrechmmg, blieb der Wind zwischen S, und S. W. und man hatte sehr dicken Nebel. Das Wasscr vcrseichtcte sich beynahe auf einmal von 36 bis auf 17 Faden. Der Grund war grauer Sand mit schwär, zen Flecken. Die Lootsen sagten, daß sich jetzt das Geschwader der Chinesischen Küste Kieug nan gegenüber bes finde, und daß hier herum große Untieftn waren, wclches man auch am sandigen Grunde sah. Des Morgens war der Nebel so dick, daß man auf dem Löwen kaum von einem Ende zum andern sehen konnte. Vielleicht ist es schwer zu erklären, warum der Dunstkreis über seichten Theilen des Meeres gemeiniglich durch Nebel verdickt wird; aber man hat das nehmliche in Neufundland und andern Orten bemerkt, die mit wenig Wasser bedeckt sind. Ein andrer Umstand fand hier statt, der vielleicht eben so wcnig erklärbar ist. An den seichtesten Stellen, wo mqn aber kein Land über dem Wasser sthen konnte, um-ringten plötzlich Schwärme von Wasserjungfern (Libellen) die Schiffe, aber sobald das Wasser tiefer wurde, verschwanden sie auf einmal. Um die Schiffe während des Nebels zusammen zu halten, feuerte man N'.'belsignale mit Kanonen; demuiu geachtet wurde heute die Hindosian von dem übrigen Ge? schwader abgesondert, und erblickte kurz darauf drey grosse Chinesische Fahrzeuge, die entweder mit AMcn oder zu-falligcrwcl'ft von der unter ihnen gewöhnlichen Art an der ' Führt durch die gelbe See. 477 Küste hin zu segeln, abgewichen waren. Die Wassertiefen, wie das sämmtliche Geschwader sand, veränderte» sich m dieser Gegend so oft und plötzlich, daß man es, ungeachtet die Leotsen zugegen waren, für rathsam hielt, mit ungewöhnlicher Behutsamkeit wcittr zu segeln, und mittms ter sogar beyzulegen. Die Tiefen in dieser ganzen Sce überstiegen ni: 42 Fader.; im ticssten Wasser war der Grund meistens schlammig, und da wo das Wasser seicht wurde, fand sich Sand. Die Loolsen bemerkten, daß die dicksten Nebei insgemein mit den S O. Winden eintraten, die n'eh^'snhcils vier bis fü.;f Tage hinccrcinander dlNl?vt>n. Sonnabends den 15. July. Dcr M'i5 S. O. der Himluel dickbcnebclt und klarte sich nur stltcn auf. Man warf das Scntblcy alle Stunden um die Tlcsen zu erfahren. Sonntags den 14. July. Der Wind eben daher. Als der Nebel sich diesen Morgen eine Zeitlang zerstreute, sas) man Landvögel; inglcichen schwammen Seegras und Bambusrohr hier und da aus dem Wasser. Hierzu kas men noch andere Merkmale des nahen Landes. Man ers blickte auch eine Menge Chinesischer Junten, die in vel> schiedenen Richtungen steuerten. Als das Kauffartheyschiff allein segelte, sah es heule ein kleines auf Europäische Att eingerichtetes Ech'ss. Eine Chinesische Iunke auf Europäischen Meeren könnte nicht mehr Verwunderung erregt haben^ wenn man nicht 47^ Fahrt durch die gclbc Sec. bereits aus Macao gehört hatte, daß von den dortigen slmv.ilden der Compagnie/ noch ehe sich das Geschwader diesem Orte „ahette, ein Fahrzeug mit Sendschreiben an den Gesandten abgeschickt worden wäre. Es war die Brigantine Endeavour, und ihr Capita» hieß Proctor; am Bord derselben bcfand sich ein junger Mann, welcher Spanisch und Chinesisch sprach; er wollte versuchen ob man ihn nicht ebenfalls als Dolmetscher bey der Gesandtschaft anstellen tonnte. Die Endeavour gehörte der O. I. Compagnie, und war unter dem Befehle eines Mani ncs von Kenntnissen, mit Namen Mac Clucr, auf einer Rcisc in der großen östlichen Inselgruppe, welche auf dem sog.'nanntcn Chinesischen Meere liegt, gewesen. Man schickte ihn ans um Beobachtungen und Entdeckungen zu machen, welches eines, aus mehreren Beyspielen, von dcr II, igennntzigkeit der O. I. Compagnie ist, die mitten unter ihren Handelsunternehmunge» nicht vcrnachlaßigct/ an die Erweiterung der Gelehrsamkeit zu denken. Man hielt den Capitän M^c-Cluer für einen genauen und geschickten Beobachter. Er war entweder ehedem aus den Po-laosinseln gcwescn, odcr hatte sich einen sehr erhabenen Begrif von dem dortigen Himmelöstriche und der Gutmü-thigkcit der Einwohner aus der ungcmcin einnehmenden Beschreibung gemacht, welche Herr Keate, aus den Nachrichten des Capitän Wilson, von dicseu Eylanden heraus-lieben hat. Dcr C^pitan Mac ^ Clucr beschloß, auf den Palaoöinseln die Glückseligkeit zu suchen, welche er, ohne Fahrt durch die gclbe See. 475 Zweifel, in eincr größern und zusammengesetzter», aber vielleicht verderbteren Gesellschaft, für weniger erreichbar hielt. Er war schon lange mit diesem Entwürfe umge, gangen, und versah sich mit allem, wovon cr glcml'te, daß es zur Bequemlichkeit in seinem neuen Aufenthalte bey, tragen würde. Als cr dort ankam, überließ cr das Fahrzeug dem nächstfolgenden Offiziere, und schrieb an seine Obern, dasi er/ unter andern, zu diesem Schritte durch den Wunsch veranlaßt worden ware, sich durch ein Betragen auszuzeichnen, wovon bisher wenig Beyspiele vor? Handen waren. Die Einwohner der Palaosinscln nah, men ihn wohl auf/ und boten ihm ehrenvolle Vorzüge, mit ansehnlicher Macht verknüpft, mtter sich an, die er aber ausschlug, zufrieden mit dcm kleinen Stück Land, das man ihm zugestanden hatte; cr wünschte lieber dem Volke, das er sich auswählte durch Rathschläge, die ihm sine vo»zllalickcrcn Kenntnisse und Erfahrung an die Hand geben dürften, Nutzen zu schassen, als auf irgend eine Art unter ihnen Gewalt zu besitzen. Er konnte sicher rechnen, daß ihm dieses Betragen eben so sehr das be-ständige Wohlwollen des Volks zusichern, als beygelegtes Ansehn ihm mit der Zeit Eifersucht und Mißvergnügen zugezogen haben würde. Es ist indeß sehr ungewiß, ob Nicht vielleicht ein Zufall die Verträglichkeit, welche jetzt zwischen diesem wirthlichen Volke und seinem neuen Gaste besteht, unterbrochen haben möchte; ferner ob er nicht ftlbst setne Gesinnungen andern, und sich der Zärtlichkeit 4^ Fahrt durch die gelbe Stt. und Vertraulichkeit erinnern dürfte, wodurch die meisten Menschen an ihre ersten Verbindungen und emmal angcs nommenen Gewohnheiten gekettet werden. Der Capital! Proctor bekräftigte in vielen Stücken die günstigen Nachrichten, welche C- Wilson von den Pa-laosinseln gegeben hat. Ma,l kann den Einwohnern weder Wildheit noch Hast gegen Fremde vorwerfen, sondcrn sie behandeln die, welche zu ihnen kommen, mit Güte, und nehmen sogar einige von den Vornehmsten unter deit Adel auf, welche Würde sie dm Capitänen Wilson und Proctor ertheilten. Letzterer war in etlichen Gegenden des nahen Neuguinea gewesen, wo Fremde mchrrnthcils auf eine gantz entgegengesetzte und unmenschliche Art cms pfangcn werden: ihm schien es als ob ein so verschiedene artiges Betragen mehr aus dcr Erbitternng entstünde, wozu Treulosigkeit und Grausamkeit fremder, auf ihrer Küste landender Abcntheurer sie gereizt hatten, alsaus einer natürlich grössern Bösartigkeit. Die Brigantine Endeavour war ebenfalls in Tschüs ßan gewesen, und hatte von dort einen solchen Lootsen mitgebracht, als man anfänglich dem Geschwader anbot. Er geleitete sie mit wenig Gefahr längs der Chinesischen Küste, da sie nur wenige Schuhe tief im Wasser gieng. Sie segelte bey der Insel - Tsung ming vorbey, welche dem Fluße Kiang gegenüber liegt. Diese Insel hat mit denen bey Tschußan keine Aehnlichkeit, ist sehr niedrig, und, dein Anscheine Fahrt durch die gelbe See. 4«l Anscheine nach, von der Erde gebildet, welche derStrom mit sich führt, zwischen dessen Mündung und der Insel das Wasser ausserordcntlich seichte wird. Ucberhaupt schien es hier fthr vom Lande verdrangt zu werden, und es ist bemclkungswcrth, daß sich auf der Charte im Herzoglichen Pallasie zu Venedig, die, was China an, langt, grosseucheils nach dem Risse entworfen seyn soll, den der berühmte, dorther gebürtige Reisende, Marco Polo, im drcyzchnten Jahrhunderte machte, keine Spur von der Insel Tsungming findet, obgleich die Eylande bey Tschußan, welche nicht weit davon im Süden desselben liegen, g.-nau angegeben sind; es mochte nun da) mals noch unbedeutend oder so niedrig seyn, daß es seiner Aufmerksamkeit entgieng. Wann diese Insel wirklich blos in der Zeit von fünf Jahrhunderten betrachtlich zugenommen hätte, so müßten sich vorher entgegengesetzte Wirkungen an ihr ereignet haben. Und es ist nicht schwer einzusehen, daß weiche Erde, welche nacli und nach aus der Mündung cines grossen Flusses geführt worden und an einem Orte liegengeblieben war, wo die fernere Kraft des Flusses durch die steigende Fluth gehemmt wird, wiederum in Bewegung gesetzt werden tonnte; um sie plötzlich wegzuschwemmen, bedürfte es nur der Gewalt eines reissenden Stroms, der das Hindernis überwand, welches derselbe Flus in seinem ge, wohnlichen und ruhigerem Laufe gebildet hatte. Erster Band. H h 48^ Fahrt durch die gelbe See. In der Nahe von Tsung, ming und der Chinesischen Küste entlang traf der Capital» Proctor verschiedene kleine Junten mit Mandarinen, die auf Befehl des Kaisers umher kreutzten, um den Gesandten, wenn sie ihn antrafen, zu bewillkommen und in den nächsten Hafen zu geleiten; aber sie wagten sich selien aus der Tiefe zweyer Faden und dachten nicht daran, daß der Löwe, auf welchem sich der Gesandte befand, beynahe zweimal so tief im Wasser gienge: so wenig konnten sich die Leute hier einen richtigen Begriff von der Grösse oder vielmehr von der Bauart eines Englischen Schiffs machen. Denn obgleich die Chinesischen Fahrzeuge oft von beträchtlichem Umfange sind, so haben sie demungeachtct sogar noch flachere Böden als die Holländischen. Das Kriegsschiff segelte östlich von dem Fahrwasser der Hindostan und näher an der westlichen Küste derHalbe insel Corea, die sich südlich von der Tartarey erstreckt, jedoch so, daß es kein Land erblickte. Die Halbinsel Sckantung erstreckt sich so weit vom Chinesischen festen Lande nach Osten zu, daß zwischen ihr und dem gegenüber liegenden Thcile der Halbinsel Corea die gclbc See nicht mehr als ungefehr 120 Seemeilen breit ist. Das getheilte Geschwader hatte am i5ten Südwind, welcher, einen Theil des Tages über, von Nebel begleitet war. Als es sich aufklarte sah das Kaussartheyschiff eine kleine kegelförmige Insel, welche der Lootsmann Ka? tinu nannte; und am folgenden Tage erblickte es das rauhe Fahrt durch die- gelbe See. 483 felsigte Vorgebirge von Schantung und eine kleine Insel im Süden desselben. Hier verspürte man emim kleinen, nach Norden treibenden Etromgana,. Aus dem Mittel nnhrerer Beobachtungen der Enrftrn'.mg des Monds von der Sonne ergab sich die hiesige Lai.gc 122° 4^ nach O. Dic beobachtete Breite war 35° io' N. Von hier aus steuerte der Löwe nach N. gen W. bis er in die Breite g6" 20' N. gelangte. Dann wurde es plötzlich seichter von 40 bis auf 16, 14 und 12 Faden, so daß die Tiefe jede Viertelstunde um zwey Faden abnahm. Ber Grund war sandig. Diese plötzliche Verunliefung erregte nannlichcrweise Besorgnis. Man beruhigle sich aber hierüber, da die beydm Brigantinen, welche uns ausgesetzt das Scnkblcy warfen, vorausscgeltcn, und die Wasserticse durch Signale andeuteten; denn man wollte sich nicht auf die Lootsen verlassen, oercn Unkunde des Englischen sie zuweilen dem Verdachte aussetzte, als ob sie ihr Gewerbe nichr verstünden. Die Insel, welche das Kaussartheyschiss am i6ten nach N. O. zu bemerkte, wurde zu gleicher Zeit vom Löwen, welcher östlicher segelte, gcgen N. W. gesehen. Schiffe und Brigantinen verenngten sich wieder Mittwochs den lyten. Es ist wahrscheinlich, daß die benannte Ini scl und zwey andre Vorgebirge, wclche dem Geschwader ebenfalls an dicsem Tage zu Gesichte kamen, von allen Schissen, die gerade aus von Suden nach dem Mec^ dusm von Pectins steuern, chcr ^sehcn werden dürstm, 484 Fahrt durch die gelbe See. als andre Theile der Küste; deswegen hielt der Anführer des Geschwaders dafür, daß es gut seyn würde, wenn man ihre Lage mit Genauigkeit bestimmte, und ihnen die Nahmen ertheilte, welche in der angehängten Charte angegeben sind. Diese drey Oertcr nebst ihren Breiten und Längen sind folgende: N. B. Oestl. L. Cap Macartnay 36. 54. 122" 12^ aus Beobachtungen d. Sonne und d.Monds. 122. 20. nach einer zeitgerech-- ten Uhr. Cap Gower 36. 57. 122. 15. a.B.d. Sonne u.d.M. 122. 23. nach einer zeitg. Uhr. Stauntons Eyld. z6. 47. 122. y. a. V. d. Sonne u. d. M. 122. 17. nach einer zcitg. Uhr. Cap Macartnay, wenn man es gegen N. N- O-bis nach N. W. sieht, zeichnet sich besonders durch sechs scharfe Spitzen aus. Innerhalb dieses Caps war eine kleine Bucht, worin man einige ankernde Kahne erblickte. Unweit Cap Gowcr ist ein Klippemiss, welcher von ei? ner Landzunge hervor lauft. Da der Ankergrund unsicher war, so hielt man es für rathsam nicht naher zu gehen. Doch ersah man einen bequemen Hafen in der niedrigen Landspitze, in den man zwischen Cap Gower und dem erwähnten Risse hinein segeln konnte. Es wurden eine Menge Fahrzeuge im Haftn und dahinter eine Stadt von beträchtlichem Umfange erblickt. Fahrt durch die gelbe See. . 485 Donnerstags den 18. July. Dcr Wind blies mei, stens von Osten her und es war neblicht. Des Vormitt tags kam das Geschwader bey einem andern wcitumfas-senden Hafen vorbey, worin mehrere grosse Iunken lagen. Damals lag die nördlichste Seite des Vorgebirges von Cchantung ungefehr 24 Seemeilen entfernt, nach N. gen W. zu. Von hier aus sieht der höchste und am meisten hervorragende Theil der Küste wie ein etwas brch tcr Kegel aus, der sich aufwärts verlängert, als ob ein Spitzthurm oder eine Pagode darauf stünde: daher ver-glich man sie im Scherz mit dem Hute der Mandarinen. Zwischen Cap Macartnay und der erwähnten Landspitze ist die Küste mehrenthells voll kühner Ansichten und die Berge scheinen sich weit ins Land hinein zu erstrecken. Sie waren längs der Küste durch anmuthige auf das sorgfältigste bebaute Thäler getrennt, in denen sich Schlüpfe befanden, worein Fahrzeuge mit stachen Böden, wie die Chinesischen, sicher einlaufen können. Flvytags den 19. July. Der Wind. wehete zwischen den Compaßstrichen O. S. O. bis N.; die Luft war mit Dunst erfüllt. Da die Gesandtschaftsschiffe nun glaubten, daß sie der Halbinsel von Schantung weit gcnug aus dem Wege gegangen wären, und bereits' die östlichste Landesspitze von China umschifft hatten, so steuerten sie nun W. gen N. Um Mitternacht wurde der Nebel so dick, daß man es für rathsam hielt beyzulegen. Sobald sich der Himmel am folgenden Morgen aufklärte, fand 486 Fahrt durch die gelbe See. sich das Geschwader hart an einer kleinen felfigten Insel vhngefehr in der Entfernung von zwey Meilen, nach S. O. halb O. und von einer Spitze des festen Landes, hinter der Insel, nach S. O. halb O. fünf Meilen. Es scheint als ob hier ein bequemer Hafen wäre, wenigstens für Schiffe, die nicht tief im Wasser gehen. Die Tiefen waren dr?y Meilen vomUfer 16 bis ig Faden; der Grund Weicher Schlamm. Da nun das Wetter völlig hell war, so gieng das Geschwader wieder unter Segel und steuerte nach W. zu parallel mit der Küste, und sünf bis sechs Meilen von derscll.cn. Von dcr kleinen, eben erwähnten Insel aus ist di? westlichste Landspitze, die man sehen kann, ein auffallender kegelförmiger Berg, welcher das Ende einer zackigten Gebirgkette ausmacht, die von der Insel ohngcs sehr 24 Seemeilen, nach W. gen S. liegt. Ein Theil dieser Küste ist felsigt und öde, aber im Ganzen genommen besteht sie aus ebenem angebautem Lande, welches von einem sandigen Strande begrenzt wird. Als das Geschwader die genannte kegelförmige Landspitze umsegelt war, erblickte es eine andere, neben welcher sich ein klei-ner Berg, der oben einen Kolben hatte befand. Zwischen diesen beyden Landspitzen steuerte man fast gerade nach Westcn zu, zwey bis drey Meilen von der Küste mld m sieben bis acht Faden Wasscrticfe. Erstaunliche Schaa-ren von Leuten hatten sich auf den Anhöhen versammelt, um die Europäischen Schisse vorbey segeln zu sehen. Fahrt durch die gelbe See. 4«? Ueber die letztere Landspitze hinaus gelangte dasGeschwa-5er in eine tiefe Bay und die Loolsen sagten, daß dies der Hafen sey, wovon sie, noch vor dem Abgänge ans Tschußan erwähnt hatten, daß das Geschwader hinein laufen könnte. Man erfuhr aber bald von den Leuten, welche durch Neugicrde vom Ufer herbcygezogen wurden, daß dies die Bay von Ki i san-siu sey, und daß sich der Hafen Mi-a - tau in einer 45 Meilen weiten nach Norden gelegenen Insel befände, die aber in Ansehung der Breite, mir einig« Meilen nördlicher läge. Die Bay von Ki-san-siu ist weit und gegen alle Winde beschützt, ausser gegen O. N. O. und O S. O. in welcher Richtung der Eingang in die Bay liegt. Ge> gen Norden wird sie durch eine Gruppe von zehn bis zwölf kleinen Inseln und einer Menge grosser Felsen eingeschlossen; nach Abend und Morgen gewahrt ihr daS feste Land Schutz. Diese Bay hat zum wenigsten eine Hehl, Meilen weite Ausdehnung von O »ach W. und eine fast eben so grosse von N. nach S. Es sind zwey Hafen darinnen: der erste hinter einer hohen, schroffen Landspitze, Siu la-tau genannt, worin die Wasserticfe vier Faden betrug und wo eine grosse Menge Chinesischer Fahrzeuge lagen; der zweyte hinter einer kleinen Hervorsiehenden Landzunge, auf der S. O. Seite der Bay, in der Mündung des Flusses Iamatao. Die Menge Iun, kcn, welche man fast in jeder Bucht dieser Küste entlang lah, beweißt, daß ein beträchtlicher Waarcntausch zwischen 488 Fahrt durch die Me See. dieser und den andern Provinzen des Reichs Statt haben muß. Dieser Umstand ist nicht nur der Bevölkerung sehr günstig, da nothwendigcrweise eine grosse Menge Menschen zu einem solchen Verkehre erforderlich sind; sondern bringt auch mehr Regsamkeit und Betriebsamkeit hier hervor, als man insgemein unter den ruhigen, obschon fieissigen, Landbauern antrifft. Quer über die Mündung des Flusses Iamatao ist eine Barre, nber welcher sich nur drittehalb Faden tiefes Wasser befindet, aber gleich davor hat man vier bis fünf Faden. Der Flus tst eine Viertelst bis halbe Meile breit. Das Land gleich hinter der Bucht ist zwar nicht sehr gebirgig, sieht aber öde ans und die Einwohner tragen starke Merkmale von Dürftigkeit an sich. Zwischen der Landspitze Siu ? a - tau und einer der Inseln nach O stcn zu, welche die bereits erwähnte Gruppe bilden, ist cine enge Fahrt, gerade von Sü-den nach Norden, auf der man aus der Bay von Ki? san-siu kommt; in dieser ist das Wasser an beyden Sei-ten acht, neun bis zehn Faden tief. Aber bey den ösi> lichen Inseln der nehmlichen Gruppe sind kleine Sandbänke, die man nur wahrnimmt, wenn man ganz nahe ist, da sie fast mit der Oberfläche des Wassers in einer Linie liegen. Das schroffe Cap Siu-a-tau ist das Ende einer kleinen, aber rauhen klippigen Halbinsel, welche sich nach Norden zn erstreckt. Genau auf der Mitte der grossen Insel Schantung, von Morgen nach Abend, lief eine hohe G'birgkettc hin, deren Seiten Fahrt durch die gclbe See. 4«9 grossentheilS aus einem senkrechten nackten Granitflum, pen bestehen. Nachdem sich das Geschwader mit andern tcotse» versehen, und einen Tag in der Bay Ki- san-sm verweilt hatte, stach es wieder in die offene See, au^ der Fahrt zwischen dem Cap Siu l a - tau und den Inseln, doch hielt es sich naher zu ersterm. Der nördlichsten Landt spitze von Siul a-tau ein wenig nach Westen war eine Bay , in die man verschiedene Fahrzeuge einlaufen sah. Auf einer in China selbst verfertigten, ausscrordentlich grossen, Charte des Reichs, welche die Missionare des vorigen Jahrhunderts, dem Anscheine nach , mit grosser Genauigkeit entworfen haben, und die jetzt im Besitze einer erhabenen verehrten Person ist, findet man einen bequemen und sichern Haftn hier bemerkt. Als man um die östliche Landspitze geschifft war, wurde zwey Meilen weit N. N. W. gesteuert, dann N. W. gen N., N. W., und W., so daß man die Küste diese ganze Fahrt über, wohl zur Scitc behielt. Nachs dem dies bis auf den Abend geschehen, lief das Geschwas der um eine hervorstehende Landzunge, w.lche der am Eingänge der Bay von Ki-san-siu sehr ähnlich war. Auch hier waren alle Anhöhen mit Zuschauern bedeckt. Die Berge hinter der Küste, welcher entlang die Schiffe heute segelten, nahmen sich so sonderbar aus, daß man sie eher für künstliche als natürliche hatte halten sollen. Ihre Seiten waren wie mit einem Spaten abgerundet 4?T Fahrt durch die gelbe See. und auf dcm Gipfel von jedem sah man einen kleinen Erdhaufen iu Gestalt eines alten Grabhügels. Nach Umsch ssullg dcs ebengcnannten Vorlandes zeigte sich eine andre schroffe Landspitze, gerade im Westen der erstem nnd etwa 8 Meilen davon. Zwischen beyden bildet dieKüsie eine Art von Bay, Tcntschufu-Bay genannt, welche nach Abend und Morgen offen ist, aber zum Theil gegen Norden von Gruppen kleiner Inseln geschütztwird, welche sehr zerstreut unchcr liegen und fünf bis fünf und vierzig Meilen vom festen Lande entfernt sind. Auf der obigen grossen Charte scheinen diese Inseln zwey Drittel von der Breite der See hier einzunehmen und blos eine Meerenge zwischen dem gegenüber liegenden Norlande der Provinz Lea-tung und der nördlichsten Gruppe dieser Inseln zu machen. Unter diesen waren zwey ganz kleine Inselchen, die sich besonders wegen der Regelmäßigkeit ihrer Gestalt ausnahmcn, abgestutzten Kegeln glichen und wie von der See emporsteigende Englische Glashütten aussahen. Sie mochten höchst wahrscheinlich durch Feuerauswürfe hervorgebracht seyn, deren Stoff so leicht war, und mit so weniger Gewalt «mpor geflossen wurde, daß er liegen blieb wo cr hinfiel, sich nach und nach anhäufte, und zuletzt die erwähnte regelmässige Gestalt annahm. Das Geschwader ankerte, in einer Wasscrtiese von flcben Faden, in der Bay von Tentschufu, zwcy bis drey Mcilen nach N. O. von der Stadt dieses Nahmens. De Fahrt durch die gelbc See. 45» Ankergrund war felsigt und voller Muscheln. Deswegen wurde die Brigantine Clarence sogleich abgeschickt um den benachbarten Haftn von Mi, a, tau zu untersuchen, welcher ein sichrer Hafen für das Geschwader seyn sollte. Mittlerweile wurde die Ankunft und Absicht desselben durch «inen Offizier dem Befehlshaber von Tentschufu bekannt gemacht. Die Endung dieses Nahmens deutet im Chi-licsischcn an, daß es eine Stadt des crsien Ranges isi, mitcr deren Gerichtsbarkeit noch verschiedene mittlere und kleine Städte stehen. Sie lag auf einer Anhöhe, sah von den Verdecken der Schisse groß aus und war durch cinc starke umzingelnde Mauer befestigt. Als Europa noch in Barbarey lag uid die Leute sich zusammen begaben, sowohl um selbst sicher zu seyn, als auch um ihre Habe ungestört zu besitzen, war vermuthlich die Befestigung der Städte so kostspielig und so schwer auszuführen, daß man anfieng Häuser mit mehrern Stocks werken über einander zu baucn, damit der Umfang der umgebenden Mauer nicht zu groß seyn möchte. Der Zustand der bürgerlichen Gesellschaft in diesem Theile von China kann nicht von derselben Art gewesen seyn, als Tentschufu befestigt wurde; denn die Mauern umschlossen einen ziemlichen Bezirk, der nicht bebauet war, und man sah entweder voraus, daß die Stadt noch grösser werden würde, als sie jetzt isi, oder der ledige Raum ist für Soldaten und andre Beschäftigungen bestimmt. 493 Fahrt durch die gelbe See< Die Bay oder vielmehr die Rhede von Tentschufu ist nicht nur nach O. und W. offcn, sondern hat auch kei, neu guten Schutz von Norden, da die Inseln von Mi-a^tau zu weit entfernt liegen, als daß sie von dorther Wind oder Wellen abhalten könnten. Der Ankergrund besieht größtentheils aus harten scharfen Klippen und ungefehr fünf Viertelmeilen vom Ufer ist cin gefährlicher Riff der wahrend der Fluch unter Wasser steht und sich fast auf eine Meile nach Osten und Westen erstreckt, um welche herum das Wasser plötzlich so seichte wird, daß man sich, ohne Gefahr, diesem Orte im geringsten nicht nähern darf. Bey Tentschufu ist eine Art von Docke oder Becken gebaut, wo die Schiffe ihre Frachten aus und einladen. Der Eingang ist zwischen zwey Höfdten und dreyßig bis vierzig Fuß br«t. Die angcbautcn Felder unweit der Seeküste strotzen vou Gedeihen und erheben sich allmählich bis auf hohe, zickzackte, öde Berge, die dem Anscheine nach aus Granit bestehen. Das Fahrwasser zwischen Tentschufu uud den Inseln bey Mi-ailau heißt auf der Charte die Strasse von Mi -a-tau. Hier steigt die Fluch ungefehr sieben Schuh. Die Fluth strömt hier östlich nach der See zu, woher sie eigentlich kommen sollte, und die Ebbe, im Gegentheile, worunter mau gewöhnlich den Rückftus des Wassers nach der See versteht, lauft hier aus derselben nach Westen zu, in den Meerbusen von Pecking. Man kann diese avsserordentliche Erscheinung nicht der Lage der Fahrt durch tie gelbe See. 49? Inseln von Mi, a- tau zurechnen, weil diese in einem zu geringen Verhältnisse zu der weiten Oberfläche der See sieheu, woraus sie sich wie Punkte erheben, als daß sie den kauf der Ebbe und Fluch hindern, oder derselben Richtung ändern tonnten. Nimmt man aber auf die nörd, lichen Gränzen dcr gelben See Rücksicht, so wird man vielleicht auf einen haltbarer« Grund fallen. Ein starker Strom fließt durch den Fahrweg zwischen dem östlichen Vorgebirge von Schantung und der Halbinsel von Corea und dringt mit unverminderter Macht bis an die Küste von Leatong, wo er gehemmt wird. Dieser Widerstand schleudert ihn längs derselben Küste westlich in den Meerbusen von Pcckl'üg, wo er dem glatten sündigten Strande in eben der Richtung folgt, wclche der Busen hat, bis cr Tentschufu erreicht; er besitzt dann noch Ungestüm genug das schwache Andringen des PiaNstwms, welcher um das Vorland der Provinz Schantung treibt, nicht nur zurückzupressen, sondern sogar zu überwältigen. Sobald der Befehlshaber vonTcutschufu gehört hatte der Gesandte ware am Bord dcs Löwen, schickte er ihm sogleich frischen Proviant und Früchte zum Geschenke; auch besuchte er ihn nachgehcnds selbst auf dem Schiffe. Der Befehlshaber kam in Begleitung sehr vieler Lcule. Von diesen hatte einer ihm etwas zu sagen als jener über den Verdeck gieng und fiel deswegen vor ihm auf die Knie, um in dieser Stellung mit seinem Herrn zu sprechen, welches die Englischen Zuschauer sehr befremdete; 45>4 Fahrt durch die gelbe See. aber dieses Befremden wurde »och dttrch die glcichgültigc Miene des Mandarinen vermehrt, nach welcher es schien als wenn er gewohnt ware sich auf diese Art anreden zu lasscn. Dieses Bcysplcl ausserordentlichcr Entfernung dcr Stande von einander konnte weder Ucbermuth auf dcr einen noch knechtischen Sinn auf der andern Seite beweisen ; sondern zeigte von weiter nichts als dem Eindrucke, welchen die zur Aufrechchaltung des Gehorsams gegen Obere eingeführten Gebrauche auf jeden von ihnen gemacht hatten. Mau glaubt nehmlich in China, daß hierdurch Ausruhr und Unruhe mehr im Zaume gchaltcn werden, als durch Furcht vor dcr Strafe in andern Landern. Od sich schon sogar Leute von gleichem Stande, wenn sie einander begegnen, mit vielen Ceremonien ihre gegenseitige Achtung an den Tag legen, so folgt doch bald darauf eine freyere uud vertraulichere Unterhat-lung. Als der Befehlshaber dem Gesandten seine Aufwartung machte, war er nicht nur überaus höflich, sondern auch ungezwungen und gesprachig. Ucbechaupt sah man diesmal uud schon in Tschußan , daß die Fcycrlich-keit des Betragens, welche den Chinesen, in vielen Nachrichten von diesem Lande, als ein allgemeiner Charakter beygelegt wird, lediglich angenommener Schein ist, den sie sich in Gegenwart derer geben, die von ihnen für niedriger gehalten werden. Der Gesandte wurde samt seinem Gefolge, wie in Tschußan, zu Ehreugclagen und Schauspielen ans Land Fahrt durch die gelbe Sce. 495 vom Befehlshaber eingeladen, um ihm, wie man sich ausdrückte, einen Vorschmack von der glänzenden Aufs nähme zu geben, welche der Kaiser, wie man höre, soc bald Se. Excellenz bey Hofe ankommen würde, ihm zugedacht hatte; abcr der Gesandte schlug es aus. Man konnte voraus scheu, daß der Pomp einer soli chen Aufnahme ohne Zweifel auf die Gemüther des Volks in China würkcn würde, da cs mit einem mehr als gel wohnlichem Grade von Verehrung auf den Thron blickt. Möglicherweise konnten die Chinesen hierdurch eine allgemeine Achtung für die Brittische Nazion im Ganzen fassen l'rnen und die Folgen davon der Engl. O. I. Comp. m Canton nicht nur Voltheil zu Wege bringen, sondern auch dazu beytragen, daß ihre ganze Lage dort erträglicher und bequemer würde. Zu gleicher Zcit war es von der ausscrs sien Wichtigkeit, daß sich jeder, der zur Gesandtschaft gehörte oder sie begleitete, sich cmer geziemenden überlegten Aufführung bcfiißc, um nicht Anstoß zu geben, da in diesem Lande die luindeste Mwrdnung und Unbe> dachtsamkcit auffallt; es war nothwendig, daß die G« sandtschaft überall, wo sie hinkam, die gute Meynung des Volks zu erlangen, sich bcsircbte, damit die Vorur? theile, welche man, laut der Urkunden dcr Compagnie, hier in Hinsicht dcs Charakters und der Sitten der Engländer hegte, entfernt würden. Als daher das Geschwader bereits in der gelvcn ^cc vorgedrungen war.und den bestimmten Hafen imMeerl'u!^ 496 Fahrt durch die gelbe See. von Pecking bald zu erreichen hoffte, beschlos der Gesandte seine Meynung hierüber dem ganzen Geschwader in einem Aufsatze mitzutheilen, welcher auf jedem Schiffe öffentlich abgelesen wurde. Mylord sagte darin, „daß -es unmöglich wäre die verschiedenen wichtigen Zwecke dcr Gesandtschaft zu erreichen, wofern man nicht nach der Zuneigung dcr Chinesen strebte, daß aber diese grost sencheils aus den Begriffen herfiießen würde, welche sie veranlaßt werden dürften, sich von dem Charakter und Betragen der Englischen Nation zu machen, von welcher sie blos aus dem Benehmen derer schließen könnten, die sic bey sich zu sehen Gelegenheit hatten; die Eindrücke, welche ihncn bishcr durch die unachtsamen Handlungen ciln'qer Engländer in Canton waren mitgetheilt worden, hatten den Britten solchen Nachtheil gebracht, daß man sie hier für die schlimmsten Europäer hielte; und /cne Eindrücke waren dem Gerichtshöfe in der Hauptstadt mitgetheilt worden, wclchcr dem Kaiser alle Verhandluw gen mit fremden Ländern zn berichten halte, und ihm darüber Rathschläge ertheilte; es. sey daher von grossem Belange, daß jeder, dcr zur Gesandtschaft gehörte oder mit ihr in Verbindung stünde, sich bemühe, durch ein vorzüglich anständiges und behutsames Betragen den Chi< nesen andere, richtigere und günstigere Begriffe von den Engländern beyzubringen, damit sogar der niedrigste Diener des Kaisers im Heere, zur See oder in bürgerlichen Aemtern, Fahrt durch die gelbe See. 497 Aemtern sahe, daß die Brittcn sowohl durch Beyspiel als Zucht im Stande waren, gehörige Ordnung, Nüchternheit und Gehorsam unter ihren Untergebenen zu behaupten; das Chinesische Volk habc zwar nicht den mindesten Antheil an der Rcgiclung, nichts desto weniger sey es ein unabänderlicher Grundsatz seiner Obern auch dem unbedeutendsten Chinesen im Streite mit einem Mslan-der beyzustehen und nöthigen Falls, sein Blut zu rächen; davon habe sich wirklich unlängst in Canton ein trauriges Beyspiel zugetragen, wo der Constabler eines Englischen Schiffes ganz unschuldigerwcise den Tod eines eingebohr/ nen Bauers verursacht hätte, und dafür mit scim'm Leben büßen müssen, ungeachtet mehrere Europaische F^ktoreyen in Canton ihre Bemühungen vereiniget / ihn zu retten. Daher müsse man sich ausnehmend behutsam und leutse-lig betragen, wenn man auch sogar mit dem ärmsten Chinesen etwas abzuthun hätte, oder einem nur zufälliger, weise begegnete. «Der Gesandte wußte wohl, es sey nicht nöthig dem Ritter Erasmus Gower zu empfehlen, daß er alle Anordnungen machen möchte, welche ihm die Klugheit in Absicht auf die ihm zunächst untergebenen an die Hand geben würde; er hoffte, daß der Capita« Macintosh dasselbe bey den Offizieren und der Mannschaft dcsKans-fartheyschiffs thun würde; er war auch überzeugt, daß die Angemcssenhcit und Nothwendigkeit solcher Vorkehr«"-Erster Vm,t>. Ii ' 4<)L Fahrt durch die gelbe S?e. gen/ die das Ansehen der Englischen Nation und den Vortheil des Mutterlandes in diesen fernen Gegenden beförderten , ihnen beständigen und willigen Gehorsam zusichern würden; und er schmeichelte sich, daß dieselben Bewcgungsgründe bey allen / die mit der Gesandtschaft verbunden, oder im Diensie derselben waren, ihren Einfluß äussern würden. „Se. Excellenz erklärte, daß er gern diejenigen aufs muntern und empfehlen wollte, die es durch ihr gutes Betragen verdient haben würden; allein, im Fall ein entgegengesetztes Benehmen und Widerspenstigkeit ihn da-zu nöthigen sollle, so würde er es für seine Schuldigkeit halten, es mit gleicher Treue an die Behörde zu berichten , und die Schuldigen / nach Befinden der Umstände, entweder auf eine Zeit oder auf immer, ihrer Stellen zu entlassen; und wenn ein Chinese beleidigt oder irgend ein Fehltritt begangen werden sollte, der nach den Chinesischen Gesetzen strafbar wäre/ so würde er sich nicht für verpflichtet halten, sich der Sache anzunehmen, weder um die Strenge derselben zu lindern, noch um sie zu verhindern. „Se. Excellenz war versichert, daß der Obrisilieute-nant Benson, erster Offizier seiner Leibwache, genau und unablässig auf die Leute, welche sich darin befänden, Achtung geben wurde, da Wachsamkeit auf ihr persönliches Betragen diesmal eben so erforderlich wäre, als, Wenn m Kriegszciten andre Vewegungsgründe dazu, in Fahrt durch dle gelbe See. 499 Abficht auf die Maasregeln des Feindes/ eintraten. Die Leibwache sollte bestandig beysammen bleiben und reges, massig in allen milualischen Evolutionen exercirt werden; auch sollte sich feiner der dazu gehörigen von dem m,ge-wiesenen Schisse oder irgend einem andern bestimmten Platze auf dem Lande anders, als mit Erlaubniß Sr. Excellenz, oder des Oberoffizicrs, entfernen. Keiner der Handwerker oder der Bedienten sollten ihr Schiff oder ihren gewöhnlichen Wohnort auf dem Lande verlas» sen, ohne Vergünstigung des Gesandten oder des Herrn Maxwell zu hc.bcn, und Sr. Excellenz hoffte, daß die Herren seines Ge^olgs ein Beyspiel von Gehorsam geben und ihm ihre Wünsche b.f^nu machen wmden, ehe sie aus einem Schiffe oder aus ihrer gewöhnlichen Behausung gicngen. «Se. Excellenz bat auf das ernsilichsie, dass m« Mand/ der zu den Schissen gehöre/ die Ellaubniß erhall ten möchte/ und er bestand darauf/ daß keiner aus seis nem Gefolge/ aus der Leibwache, von den Hand? werkern oder dcn Bedienten, sich die Freyheit nch< wen sollte, auch nur die mindeste Waare einzuhandeln oder zu verkaufen, der Vorwal'H dazu möchte seyn, welcher er wollte, ohne von ibm oorgangige Erlaubnis da« zu erhalten zu haben. Die Nothwendigkeit auch den mini dessen Schein von Handel bey einer Gesandschaft nach Pecking zu vermeiden, sey so dringend, das; die O. I. Comp. dadurch «craulaßt worden wäre, den Gewinn der ,550 Fahrt durch die gelbe Ste. auf einem neuen Vcrkaufplatze zu hoffen wäre/ fahlen z» lassen und sie gehindert hätte das Kauffartheyschiff mit verkäuflichen Gütern zu befrachten, weil die Würde und Wichtigkeit der Gesandtschaft, in den Augen der Chinesen gänzlich vernichtet und die guten Folgen , die man selbst in kaufmännischer Rücksicht von ihr zu erwarten hätte, völlig hintertrieben werden würden / wenn man ausfindig machen sollte, daß Leute, die einen Gesandten herbey-geführt oder begleitet hatten , wirklich, wäre es auch in Geringfügigkeiten, sich in irgend etwas einließen, wobey es blos auf Gewinn abgesehen sey, indem so etwas bald unfehlbar mit Vergrößerungen ruchtbar werden und den Verdacht eines allgemein verbreiteten Handlungsgeisies erregen würde. Mylord wollte von dieser Strenge gern nachlassen, sobald seine Unterhandlung so weit gediehen seyn würde, daß der Gegenstand seiner Sendung gesi-chert ware; oder wenn der Chinesische Käufer es für eine besondere Gunstbezcugung halten würde, daß der Gesandte einem Europäer erlaubte, dicse oder jene Waare ab st-tzen zu dürfen. «Der Gesandte erklärte bey dieser Gelegenheit, daß ihm seine Pflichtlicbe zwar Entschlossenheit gäbe, den Gegenstand seiner Sendung zu befördern/ und so viel in seiner Macht stünde, jedes Verbrechen/ jede Widers spenstigkeit oder jedes Benehmen zu bemerken, ans Licht zu bringen und zu bestrafen, weuu dadurch der Erfolg der gegenwärtigen Unternehmung gefährdet oder verzögert Fahrt durch die gelbe Sec. 501. der Englische Charakter herabgesetzt, oder der Gesandtschaft Schwierigkeiten oder Hinderungen in den Wcg gtt worsen würden; jedoch werde er sich glücklich schätzen, wenn er bey jeder Gelegenheit, denen die ihn jetzt begleiteten, Gerechtigkeit widerfahren lassen, ihre Verdienste belohnen, ihren Nutzen befördern und ihren Wünschen willfahren könnte, in so fern es sich nur immer mit der Ehre und Wohlfarth des Staats vertrüge. Wenn die Leser vielleicht schon fetzt z.u wissen tvuw schen sollten, was jur eine Wirkung dieser Aufsatz auf die hatte, an welche er gerichtet war, so werden sie sich freuen zu hören, daß der Gesandte nicht nur mit dem größttn Rechte von ih>em allgemeinen Betragen günstig sprechen zu können glaubte, sondern auch daß ein vor-mhmer Mandarine, welcher die Gesandtschaft beständig l-'-'gleitele, erklärte, ehe er sie verließ, daß die nehmliche Anzahl von Chinesen aus den verschiedenen Standen der Gesellschaft, sich nicht so ruhig und anständig betragen habcu würden. Die weitere Vorsicht, welcher sich der Gesandte zu bedienen hatte, ehe er China betrat, beruhete zum Theil auf der Lage des Geschwaders wahrend seiner Mweselcheit von demselben. Zuerst mußte man wissen, ob es im Ha, ftn von Mi -a-tau sicher seyn konnte. Als dicBrigantine Clarenee zurückgekommen war, berichtete der Offizier, daß bey der östlichsten der Inseln von Mi-a-t.m, genannt Tschan- ßan, welche sich zwei Meilen weit von N. 5o« Fahrt durch die gelbe See. O. genN und S.W. gen S. erstrecke, ein Felsenriff nach Morgen ju licge, worinn der einzige Schutz bestünde, den man von dieser Weltgcgcnd hcr in der Bay »on Tschanßan habe. Das feste Land hinter der Stadt Ten-tschui fu verhindere gewissermaßen das Eindringen der Südwinde, so wie die Insel selbst die nördlichenabi hielte. Nach Westcn zu sty die Bay gänzlich offen , doch würde sie dem Ankerplätze unweit Tentschufu noch vorzu, ziehen seyn, wenn nicht der Riff zu gefährlich wäre, dem Man nicht naher gehen sollte, als wo man y Faden Was-sertiefe findet, weil sich das Meer weiter hin plötzlich ver-untieft. Die Brigantine ankerte in dieser Bay cine Meile von dcr Küste, auf thonichtcm zähem Grunde. Diese Insel wäre etwa drey Mcilcn lang, fast eben so viele breit, gut angebaut und volkreich; desgleichen triebe sie Handel. Die mittelsie Insel sey eigentlich Mi,a-tau. Zwischen dieser und der vorher erwähnten befinde sich eine Bay mit Ansqängen nach Norden und Süden zu, die zwar kaum eine Viertelsmeile breit, aber ohne Gefahr wären. Die Bay ware sicher und für beynahe loa kleb nere Fahrzeuge groß gcnug, wenn sie nicht mehr wie drey Faden Wasscrtiefe erforderten; dcr Grund fty thonig, worin also der Anker gut hafte. Die Insel wäre zwar kleiner als Tschußan, aber verhältnißmaßig eben so sehr bevölkert und angebaut. Fahrt durch die gclbc See. 503 „Die westlichste dieser kleinen Gruppe» sey die Insel Kei-san, welche in Verbindung mit der Insel Mi-a- tau eine gute Bay für Fahrzeuge bilde, die nicht mehr als zwey bis drey Faden Wasserticse brauchten. An der Abendseite laufe ein meilenlangcr Klippcnriffvon N. O. nach S. W-, dem man sich nur bis auf eine Achtclmeile nahern dürfe, wo die Tieft drey Faden betrage. Dieser Riff bilde den westlichen Schutz der Bucht, und man müsse ihn linker Hand behalten, wenn man in dieselbe liefe. Die Niederungen von Keisan waren gut auacbaut, und es stünden verschiedene beträchtliche Dörfer darauf, aber die Berge schienen völlig kahl und öde zu seyn. Dem hos hcn schroffen westlichen Vorlande gegenüber, eine Meile bom Ufer, ware das Wasser siebentehalb Faden ticf.« Dieser Bericht der Brigantine ließ keine Hofnung f Übrig, daß so große Schiffe, als der Löwe und die Hm-dostan einen fortdauernden Schutz im Hafen von Ml-a-tau finden könnten, und verminderte das etwa noch in die Chinesischen Lootscn gefttzte Vertrauen, welche eine so günstige Beschreibung dieses Hafens gegeben hatten. Der Ritter Erasmus Gowcr bescklos nun, ehe sich das Geschwader in den Meerbusen von Peking hinein wagte, zu welchem man die Straße von Mila, tau gleichsam für den Eingang halten konnte, einen Offizier abzuschil clen, welcher die Mündung des von Tiensing hineinströmenden Flußes genau untersuchen sollte, damit man M dcrlaßig bestimmen tonnte, ob sich die Gcsandtschaftsschisse 5^4 Fahrt durch die gelbe See. h-nein begeben dürften, und ob dort ein sicherer Ort für sie vorhanden wäre, wenn sie vielleicht in dieser Nachbarschaft verweilen müßten. In dieser Absicht wurde die Brigantine Schackall abgeschickt. Sie hatte sich aber kaum anf den Weg gemacht, als ein andrer Chinesischer Lootsmann empfohlen wurde, welcher mit dem Meerbusen von Pelmg und dem von Tiensing herabkommcndcn Fluße völlig bekamit seyn sollte. Er war ein Mann von ehrwürdigem Ansehen, einnehmendem Aeusseren, und schien sich auf die Schiffahrt zu verstehen. Er versicherte, daß sechs Meilen vomPei,ho, oder dem weißen Fluße, welcher von Ticnsing herabströme, ein vortrcfiicher Haftn, auch für die größten Schisse tief genung, befindlich sey, und zur Bekräftigung dleftr Aussage machte er einen Riß von dem Orte, worauf er die verhältnißmaßige Lage desselben zu der Nordküste des Busens und der Mündung des Flußes bezeichnete. Die Nhede von Tentschufu, von wo das Geschwader jetzt vor Anker lag, war so unsicher, daß kaum zu fürchten stand, man werde sich durch den Wechsel verschlimmern, wenn auch wirklich des neuen Lootsen Bericht ungegründet seyn sollte. Man beschlos daher, ohne weitern Verzug in den Meerbusen von Peking einzulaufen. Als der Wind am 23. July des Nachmittags östlich, und das Wetter gclind, hell und angenehm war/ gieng das Geschwader unter Segel; die Inseln von Mi-a-tau blieben ihm rechter Hand liegen. Die Seeküste nach We- Fahrt durch die gclbe Sce. 523 sten zu, um das hohe, schroffe Vorland von Tcntschufu ist vollkommen flach und konnte gerade nur vom Vcrdcckc aus ersehen werden. Auf diesem Theile der Küste ist entweder ein großer Einschnitt, oder eine niedrige dabey liegende Insel, denn man sah die Masten von verschiede? nen Iuukcn, etwas ins Land hinein, hervorragen. Das Kriegsschiff entdeckte nachher bey seiner Rückkehr aus dem Meerbusen einen großen Niff, welcher sich zwey Mci< len weit von O. gen S. nach W. gcn N. erstreckt, auf dessen seichtesten Theile das Wasser viertehalb Faden tief ist: von hier liegt das schroffe Vorland von Tentsckufu O. gen S. acht bis neun Meilen emfcrnt, und die Ixsel Keisan N. gen W- Die Tiefen waren heut unregelmäßig von zwölf bis neun und bis fünfzehn Faden, mchrcn-theils zwölf. Mittwochs den 24. July. Gemäßigter Wind von S. O. und schönes helles Wetter. Um drey Uhr des Morgens verseichtete sich das Wasser plötzlich von 14 bis auf 9 Faden, und bald bis «uf 7^. Kurz nachher feuerte die Brigantine Clarence, welche vorausgeschickt worden war, verschiedene Flintenschuß?, als Signale der Gefahr, ab; worauf sich die Schisse umwendeten und nach O. S. O. steuerten. Man konnte das Rauschen der Brandung, welche sich auf den Klippen des seichtesten Orts brach, ganz deutlich hören. Morgens um 6 Uhr, als cs beynahe windstill war, erspahete man eine lange Reihe niedriger, sandigter und kaum sichtbarer Inseln, die nur ein 5^6 Fahrt durch die gelbe See. wenig über die Meeresfläche herausstanden. Um Mittag hatte man die äußersten Enden dieser sandigten Inseln auf den Compaßstrichen W. gen N. u. N.; das letztere Ende war etwa acht Meilen entfernt. Der Lootsmann sagte, daß auf der östlichsten dicsor Inseln ein hohes Gebäude siehe, um die Schiffe bey Nacht vor den Sandbanken zu warnen, womit sie umringt ist. Donnerstags den 25. July. Der Wind S. und S. W. gelinde wehend; helles Wetter. Das Geschwader steuerte nach W. aber nur unter wenigen Segeln, und beugte sich etwas nach Süden zu, um die niedrigen Inseln zu vers meiden. Das Wasser wurde allmahlig seichter von 15 bis auf 7 Faden, in wclcher Tiefe eine andere kleine Insel nach N. zu gesehen wurde, etwa eine Meile entfernt. Von hier aus steuerte das Geschwader nach Wcstcn zu bis um Mitternacht, wo die Clarence ein Signal machte, daß Gefahr zu fürchten sey, ungeachtet der Löwe in sechs Faden Mceresticft segelte. Deswegen holten sie den Wind zum Süd Osten, bis sie sich in zehn Faden befanden; als sie etwa vier Meilen in dieser Richtung gesegelt waren, steuerten sie noch vier Meilen nach W. N. W.; die Was-sertiefe hatte sich dann bis auf 6^ Faden vermindert, und sie warfen daher die Anker aus. Nächsten Tages, den 26 July, regnete es in Güßcn den Vormittag übe^, und Abends kam ein so heftiges Getvitter, welches etUche Stunden wahrte, daß wenige am Vord deö Löwen sich emes ähnlichen erinnerten. Der Blitz schien den Himmel Fahrt durch die gelbe See. 6°? mit ungeheuren Flachen blaulicher Flammen zu überziehen; dabcy krachte der Donner gleich dem erschütternden Feuer wohlgc^bter Truppen bey einer Musterung. Doch blieb die See völlig glatt und regte sich bey dieser Erschütterung des Luflkl-eises nicht; die Schiffe lagen die ganze Zeit über nur vor einem Anker. Bald darauf sah man die Brlg>utine Schwall von Westen zurückkehren, mit einer ausicrordentlichen Menge Chinesischer Fahrzeuge umringt,^ die mcistcns auch von Wrsten kamen. Von den Verdc-cken des Löwen,konnte mau das Land noch nicht erblicken/ abcr die Girftl der Hasser und Baume, welche sichtbar waren, hatten das sonderbare Ansehn, als ob sie in die Luft geheftet waren. Jedoch sah man von den Spitzen der Masten Mlcn fthr niedrigen und sandigten Strand über dem Wasser hervorstehen, welcher sich von N.W. nach W. ausdehnte, und vom Schisse wenigstens zwölf Seemeilen entfernt war. Der Lieutenant, jetzt Capitan Campbell, welcher im Schackall abgeschickt worden war, fand, «daß bcr Fluß Pei, ho, welcher von Ticnsing herabkömmt, fünfzehn Meilen vom ietzigcn Ankerplätze des Geschwaders entfernt scy; daß sich eine Barre queer llber die Mündung dcs Flußcs von N. N. O. nach S. S. W. erstrecke, auf welchem während der Ebbe das Wasser nicht über drey bis vier Fuß tief wäre, und an vielen Or? ten stünde er bann fast völlig trocken; an der Mündung des Flußes betrage das Steigen und Fallen an sechs bis sieben Schuh, und bey vollem ,md wechselndem Monde 5o5 Fahrt durch die gelbe See. wäre es ungefehr um halb vier Uhr Fluth; fünf bis sechs Meilen von der Mündung des Flusses stünde ein großer Vaakcn Bambusrohr auf der Barre, und einige kleinere liefcn beynahe in gerader Linie bis aufs Ufer fort, um dadurch Fahrzeugen, die in den Fws steuerten, den Weg anzugeben, dicft müssen aber die Baaken linker Hand ligen lassen, und gerade an denselben hiustgeln. Wenn man den Cours W. gen N. wählte, so käme man in die beste Fahrt, und ware dann in einer Linie mit der Befestigung, die auf der S. W. Seite des Eingangs in den Fluß steht; bey der Mündung wäre der Fluß etwa eine Dreyvlertelmeile breit, und zur Ebbzcit drcy Faden tief; die Stadt und der Haftn von Ticnsing, habe er gehört, scyen dreyßig bis vierzig Meilen zu Lande von der Muni dnng des Flusses, und zwcymal so weit, zu Wasser, entfernt. ^ Was den Hasen anlangt, auf welchen der Lootsen Hofnung machte, von diesem konnte man nicht die minde-jce Spur entdecken, außer, daß etwa hinter den niedri, gen sandigten Inseln Schiffe einigermaßen wider Mee-l-eswellen, aber kaum wider den Wind geschüyt seyn mochten; auch stimmte die L^ge dieser Inseln genau mit dem Nisse überein, welchen der Lootsen gegeben hatte, und hinter ihnen sah man die Masten vieler Iunken. Allein man untersuchte diesen Ort nicht, weil man zu wenig Hofnung hatte, daß große Schiffe dort sicher seyn könns tc-i. Man durfte nur ein flüchtiges Auge auf die Küste Fahrt durch die gelbe See. 505 werfen, welche den Meerbusen umgiebt, um zu sehen, daß es nicht wahrscheinlich scy, hier einen sichern, Hafen zu finden. Eincn guten Hafen bilden insgemein starke Felsen oder wenigstens hohe und beträchtliche Anhöhen von fester Erde, wclche durch eine ungewöhnliche Naturwir-kung oder Erschütterung hcrausgcstoßcn worden sind, und einen Arm der Scc zwischen sich aufgenommen haben, den die hervorstehenden Hügel gegen die Macht der Winde und Wellen schützen: der Küste hingegen, welche diesen Meerbusen cillschließt, fehlt es gänzlich an festen uud hohen Massen, die eine Brustwehr zum sichern Aufenthalt für Schiffe abgeben könnttn. Anstatt einer solchen Brustwehr sieht man hier nichts als cine niedrige ebene Flache, die natürliche Folge eines allmahligen Ansatzes von Erde, die von den innern Bergen herabgeführt Wurde, jede ursprüngliche Ungleichheit ausfüllte, und die See in einer ununterbrochenen Linie berührte, ohne durch irgend etwas Schutz für Schiffe zu gewahren. Von den Gewässern, wclche die Berge herabstürzen, sammelt sich ohne Zweifel ein Theil in Bäche, die, durch Vereinigung, Flüße werden; aber die Bewegung, welche diesc Gewäs» ser, wahrend ihres Hcrabjmrzcs von den Höhen ange? nommcn hatten, muß nachher gewissermaßen verringert werden, je nachdem sich das Blachland, worüber die Flüße ihren Weg nehmen, ausdehnt. Da nun das Land hi«? offenbar die Sec nach und nach verdrängt, und da mithin das flache Land immer mehr an Ausdehnung gewinnt, 5io Fahrt durch die gelbe See. so kann man annehmen, daß der Fluß etwas von t»er Stärke verlieren müsse, womit er die Erde, welche er ro„ den Bergen herabführt, in den Meerbusen zu schütten und zu verbreiten pflegte. Dlese Erde hat sich endlich ein wenig unterhalb der Mündung des Flußes angehäuft, und bildet die Barre welche queer über liegt. Indessen hindert diese Barre die Fahrt der Chinesischen Schisse nicht sehr. Zwar giebt es hier viele von drey bis vier hundert Tonnen, aber sie haben so schwas che Böden und sind oben so leicht gebaut, daß verschiedene über die Untiefe im Flußc gicngen, wahrend der Schackall, von etwa hundert Tonncn, ihnen mit vieler Schwierigkeit nachfolge»! konnte, weil diese Brigantine so eingerichtet war, daü sic mit veränderlichen und oftmals widrigen Winden auf den Europäischen Meeren segeln konnte, weswegen sie auch zweymal so tief im Wasser gieng als die Chinesischen Fahrzeuge von eben derselben Schwere. Europäische Schiffe mit flachen Boden haben die Unbequemlichkeit, daß sie sich sehr in Lee legen, wenn sie bey den Wind segeln, aber diefe fühlt man in den Chinesischen Seen nicht sehr, da die Schiffe dort insgemein nur segeln wenn der Monsun am günstigsten ist, auch sind die Segel an den Chinesischen Iunken so gemacht, daß sie sich sehr leicht um die Masten drehen, einen spitzen Winkel mit den Seiten des Schiffs bilden, und sich deswegen ohne Mühe rückwärts wenden lassen, ob sie sich Fahrt durch die gelbe See. 51« gleich nicht sehr an das kaum in die Oberfläche des Wassers eingreifende Fahrzeug stemmen können. Herr Hüttner, ein Ausländer, welcher im zweyten Capitel erwähnt worden, begleitete den Capita» Campbell auf dieser Fahrt im Schackall, und brachte Nachricht, «daß er beym Einlausen in den Fluß eine erstaunliche Menge Chinesischer Fahrzeuge, voller Leutc, erblickt, von denen vermuthlich viele durch die Neuheit eines Europäi? schen Sckisss unter Segel waren herbeygelockt worden. Auf den Ilmkm, welche gerudert wurden, sangen die Leute, mit vieler Lebhaftigkeit und Melodie, zu ihren Bewegungen; der Steuermann begann und die übrigen antworteten. Dies geschah nicht blos zum Vergnügen, sons dern diente auch dazu jcden Ruck ihrer Ruder gleichzeitig zu machen, und ihre Aufmerksamkeit zu beschäftigen. Kurz darauf rüsten Chinesische Soldaten in einem Boote der Brigantine zu, daß sie ankern und warten sollte bis ein Mandarin käme, welcher ihr einige Fragen vorlegen, würde. Dieser erschien bald nachher, und kam mit ziem-licher Begleitung auf den Schackall. Sobald er vernommen das Fahrzeug gehöre zu der erwarteten Sendung, that er vicle Fragen über den Gesandten und die Geschenke, welche dem Kaiser geschickt würden. Da man ihm blos im Allgemeinen antwortete, so veränderte er seine Fragen nach einer Weile, bemühete sich auf diese Art genauere Nachrichten zu erfahren, und wendete viel Vcrschlagc'.cheit an um seinen.'Zweck zu erreichen. Ob HI2 Fahrt durch die gelbe See. ihm gleich die Bewegung der Brigantine und der Theers geruch zuwider waren, so hielt er sich doch noch lang« auf, um sich nach der Größe und Ausrüstung der Gesandt« schaftsfchissc, ferner nach der Anzahl der Mannschqst und des groben Geschützes auf denselben zu erkundigen, indeß einer von seinen Leuten unablaßig während der ganzen Unterhaltung schrieb, gleich als ob er alles, was verhandelt wurde, aufzeichnete. Endlich, da der Kaiser, wie er sagte, Befehl hatte ergehen lassen, daß die Gesandts schaft aufgenommen und mit allen Bequemlichkeiten versorgt werden sollte, so erbot er sich, wenn etwas erfors derlich ware, sie damit zu versorgen. Da die Bl'igans tine im Fluße bis den folgenden Tag auf die rückkchrcnde Zmlh warten mußte, so wurden der Capita« Campbell und Herr Hüttner aufs Land eingeladen, und sehr gut bewirthet, aber gewissermaßen verhört, denn man legte ihe ncn die schon gethanen Fragen wieder vor. Man erkundigte sich besondcrs.an was für Lcbensmittel der Gesandte und sein Gefolge gewöhnt waren, und wie Mylord zu reisen wünschte; wobey sie bemerkten, daß Leute von Stande in China zu Lande entweder in Sanften oder in zweyrädrkgten Wagen; zu Wasser aber in bequemen Bar, . ken zu rciscn pflegten; indessen würde hicrinn dem Gesandten und seinem Gefolge ganzlich die Wahl gelassen. Die Mandarinen erwähnten auch die Waaren, welche man, ihrer Meynung nach, in Pecking zu verkaufen gedachte, und Fahrt durch die gelbe See. 513 und sagten/ daß man diese sicher in den vier Kirchen der Christen daselbst niederlegen möchte, wo sie sehr Vortheil-haft abgesetzt werden könnten. Handel und Engländer Waren zwcy l^y den Chinesen so unzertrennliche Vegriffc, da sie die erstem blos als Käufer und Verkäufer hatten kennen lernen, daß sie es kaum glauben wollten, als man ihnen versicherte, von allen denen, die sich bey der Ges sandtschaft befanden, Ware kein einziger ein Kaufmann, und Kriegsschiffe hatten niemals verkäufliche Waaren anl Bord, wie denn auch jetzt die Gesandtschaftsschiffe außer den Geschenken für den Hof, sonst fast weiter nichts mit sich führten. Dcr so ganz ohne Umstände gethane Vors schlag, aus K rchen Vcrkaufiaden zu machen, welcher Eus ropäern sonderbar vorkam, hatte gar nichts ungewöhulks ches für Chinesen, deren Tempel manchmal zu allem ans gewandt werden, wozu es nnr möglich ist. Das Gebaui de, worinn diese Zusammenklinft gehalten wurde, war ebenfalls ein Tempel, und unter dem Gedränge befanden sich einige dazu gehörige Bonzen oder Priester, an denen die grauen Barte und die rosenroth seidnen Gewänder einen auffallenden Abstand machten. Als die Mandarinen hörten, daß die Englischen Schiffe nicht über die Barre kommen könnten, so machten sie sich sogleich einen erstaunlichen Begriff von ihrct Größe, und schloffen davon auf die Menge von Gescheit ken, welche erforderlich seyn müßten sie zu sullen. Sie Erster Baud. K k/ 514 Fahrt durch die gelbe Sce. gaben Befehl, daß man diese Gcschcuke, nebst den Ans tömmlingen und dcrcn Gepäcke ans Land bringen sollte» Unweit der Mündung des Flußes war ein ansehnliches Gebäude zurecht gemacht, worin man dcn Gesandten empfangen wollte, da man erwartete, daß er hier einige Tage verweilen würde, um sich von den Beschwerlichkeiten einer so langen Reise zu erhokn. Man gab zu verstehen, daß er mit seiner Reise nach der. Hauptstadt nicht zu eilen brauche, da es bis zu des Kaisers Geburtstag noch ziemlich lange hin scy. Heun die Lcutc hier hatten keinen Begrif davon, »daß eine Gesandtschaft etwas anders als ein Vcsuch oder eine Bothschast seyn könnte, welche der Kaiser bey dieser oder einer andern Fcycrlichs keit, als eine ausgezeichnete Ehrenbezeugung cmpfienge.« Herr Hüttner war kaum auf das Kriegsschiff zurückgekehrt, als einige Chinesische Schiffe mit Schlachtlhies ren, Federvieh, Früchten und Gemüse, so voll geladen ankamen, daß die Schiffe nur cincn Theil davon fassen konnten und das übrige zurückschicken mußten. Vielleicht Wird es nicht unangenehm seyn allcs hier angegeben zu finden, was auf einmal geschickt wurde: Zwanzig Rins der, hundert und zwanzig Schaafe, hundert Hühner, hundert Enten, hundert und sechzig Säcke Mehl, vierzehn Kasten Brod, hundert und scchzig Sacke mit gemeinem Neiße, zehn Kasten mit rothem Rcißc, zchn Kasten mit weißem Neiße, zchn Kasicn mit kleinem Reiße,, zchn Ka-stcn mit Thee, zwcy und zwanzig Schachteln «fit getrcc^ - Fahrt durch die gclbe See. 515 neten Pfirsche,,, zwey und zwanzig Schachteln mit Fruchten in Zucker eingemacht, zwey und zwanzig Kasten mit Pflaumen und Acpfeln, zwey und zwanzig Schachtle» mit Ochras (llibi3cu8 clculsntu« l..), zwey und zwanzig K^sicn Gemüse, vierzig Körbe große G^rkc», tausend Melonen-kürbiße, vierzig Bündel Salat, zwanzig Maaß Schottn, tausend Wassermelonen, drey tausend Melonen, und elli, che irdene Gefäße mit süßem Weine und abgezogenen Gcs tränken; übeidlVß zchn Kasten Lichter, und drey Körbe mit Porzellan Lebeusmittel wurden hinfschro bc,7andig eben so häufig und unentgeltlich ausgetheilt, ohlle daß man darnm zu bitten brauchte. Ueb'.rhai>pt wurde die Gesandtschaft und das Geschwader b.y j?, der sich ausserdem sehr vor der See scheucte, wartete cr am Lande bis Sr. Excellenz austrcten würde. Die andern, obgleich sehr verschieden gesinnt, hatten eben so wenig Neigung sich diesem Ele-meute anzuvertrauen, aber da sie ursprüngliche und ge-bohrne Chinesen waren, so hielten sie es für nothwendig, ihre Pfilcht genaucr zu erfüllen, worüber sie nach-gchcuds Veranlassung erhielten sehr froh zu seyn. Fahrt durch die gclbe See. 51, Man empfieng diese Herren auf dem Kriegsschiffe mit Achtung und Herzlichkeit. Die Steifheit, welche ge? weiniglich bey Verhandlungen mittclst eines Dollmetschers Stattfindet, wurde größtenchcils durch die Freundlichkeit der daran Thcilr.ehmcnden und durch das große Verlangen entfernt sich einander vcrÄaudlich zu machen. Ihre Unterhaltung glich keineswegcs den behutsamen Ge, sprächen von L?ulcn. die sich ftcmd sind, und gegen ein? andcr Mistraucn hegen. Wenn auch zuweilen die gesprochenen Worte noch nicht erklart waren, so gaben doch schon die Un.siande zu vermuthen, was der Redende sagen wollte und Gcbcrdcn nntcrilütztcn oft die Wcrte.' Aber der Chinesische Dollmetsckcr roar so schr beschäftigt, daß zwey zur Gesandtschaft gehörige Personcn, des ncn die Chinesischen Missionare ftit ihrer gemeinschaftlichen Abreise aus Neapel, vor mehr als einem Jahre, etwas von ihrer Sprache b y;ubringcn bemüht gewesen waren, nun auch ihre Geschicklichkcit versuchten. Einer von thnen legte sich auf diese Eprachkunde mit dem ununterbrochen nen Fleiße des rcifcn Alters, fand aber, zu seinem Leidwesen, daß er bis jetzt noch kein Wort davon verstehen konnte, was diese Ankömmlinge sagten, denen seine Aussprache eben so unverständlich war. Allein der andere, ein Jüngling, welcher sich gewiß nicht so viel Muhe gab, aber dessen Hhr feiner und dessen Sftrachwcrkzcuge geschmeidiger waren, machte bereits einen ziemlich guten Dollmetscher. Es giebt im Chinesischen viele Worte, die 522 Fahrt durch die gelbe See. wenn sie auch ganz entgegengesetzter Bedeutung sind, beym Sprechen blos durch eine kleine Aenderung des Tonfalls von einander abgehen, welches man in frühern Jahren geschwinder auffassen und leichter nachahmen kann, als wenn man cs späterhin lernen wlll. Chinesi« sche Worte, die etwas verschiednes heißen, nähern sich Zuweilen so sehr in den Biegungen der Stimme, daß sclbsi Eingebohrne, zur Verhütung eines Mißverständnisses, den Hauptausdrücken, crklarungswcise, die gleich-bedeutenden Wörter beyfügen. Dies ist daher nothwendig , weil man sich im Chinesischen nur einsylbigcr Worter bedient, welche nicht so unterscheidbar seyn können, da sie wenigere Zusammensetzungen leiden; ingleichm sind auch einige rauhere Töne anderer Nationen davon ausgeschlossen , bey denen dcr Unterschied der Worte in der Aussprache merklicher werden musi. Die Mandarinen fragten ob der Brief, den der Gesandte an den Kaiser mitgebracht habe, ms Chinesische übersetzt sey und baten auf jeden Fall den Inhalt davon zu wissen. Man drang nicht hierauf, als ob es eine eingeführte Gewohnheit wäre, wovon der Hof nicht abgehen wollte; cs schien auch nicht als ob man aus neugieriger Zudringlichkeit darum ansuchte, sondern vielmehr als ob es sich von selbst verstünde und beyde Mandari/ ncn in den Stand setzen würde; ihren Hauptzweck zu erreichen, welcher jetzt darin bestand, daß sie so viel als möglich über die Gesandtschaft zu erfahren und es an den Fahrt durch die gclbc Scc. 5^ Kaiser zu berichten wünschten. Man glaubte aber, daß es klüger und vielleicht auch schicklicher scyn würde, die Mittheilung des königlichen Briefes wenigstens bis auf die Ankunft des Gesandten in der Hauptstadt zu verschieben, und gab daher zur Antwort, daß die Urschrift mit den Ucbcrsttzungcn derselben in einer goldenen Püchse eingeschlossen waren, um in die Hände dcs Kalsers selbst übergeben zu werden. Die Mandarinen erkundigten sich ganz besonders nach den Geschenken und foderten förmlich ein Verzeichn niß derselben, um es an Se. kaiserliche Majestät zu schicken. Doch jeder Chinese, der mit dem Gesandten, oder mit den Geschäftsträgern in Canton, wcgcn der Gesandlschaft in Verbindung kam, chat die nchmliche Fordernng und man konnte gleich vom Anfang an sehen, daß sie viel Neugierdc erregt hatten. Ein bloßes Nah-menverzeichniß der Geschenke, welche auf dcm Kauffar-thcyschissc waren, würde keinen Begriff von ihrer Bestimmung und innern Wcrche gegeben haben, ja nicht einmal verstandlich gewesen scyn, wenn man auch die Ucbcrsetzung mit der größten Muhe verfertigt hatte. Desgleichen würde es ihnen den Nachtheil gebracht haben, daß man sie mit den bloßen Seltenheiten verwechselt hätte, welche theuer verlauft zu werden pflegen, weil sie zuweilen von kunstreicher Arbeit sind, aber mehr schimmern, als nützen. Man mußte daher, ctwas im Morgenland dischcn Geschmacke, die Beschaffenheit der übcrschickttN 622 Fahrt durch die gelbe See. Sachen erklären, weil zu hoffen war, daß dadurch ein neues Licht auf den Werth derselben fallen würde, den man nach ihrem Nutzen bestimmte und dabcy bemüht war aus der Weglassung glänzender Kleinigkeiten sogar einiges Verdienst herzuleiten. Demnach wurde zuvörderst gesagt, „da der König von Groobrittamuen Willens wäre, seine ausnehmende Achtung uud Verehrung für Se. Chinesische kaiserliche Majcstät durch ci-ic so fernher geschickte Gesandtschaft, und durch die Wahl eines Voth-schafters aus den geschätztesten Männer« des Vrittischcn Reichs an den Tag zu legen; so wünschte Er auch , daß die Geschenke, welche er sendete, eines so weisen und llugen Monarchen würdig seyn möchten. Weder ihre Menge noch Kostbarkeit könne bcym kaiserlichen Throne, der an Reichthümern uud Schätzen aller Art einen Ucbcrs slus habe, in Betracht kommen; auch würde es nicht schicklich scyn, Kleinigkeiten von schnellvorübergchender Seltenheit uud geringem Nutzen zu überreichen. Daher hatte sich Se. Britannische Majestät augelegen seyn lassen, Sachen auszuwählen, die den Fortschritt der Künste und Wissenschaften in Europa beurkundeten, und dem erhabenen Verstande Er. kaiser,. Majestät einigen Unterricht darboten; desgleichen Dinge, die im gemeinen Leben nützen könnten. Wenn sich Monarchen Geschenke mach-lcl:, so käme es Hauptsächtich auf die Absicht und auf die Art an, womit sie gegeben würden, aber nicht auf die Geschenke selbst.« Fahrt durch die gelbe See. 523 Einige Sachen wurden folgendermassen beschrieben: „Das erste und vorzüglichste Geschenk besieht aus vielen Thei'en , die man einzeln oder zusammengesetzt brauchen kann, und stellt das Weltall vor, wovon die Erde nur ein kleiner Theil ist. Dieses Kunsiwctt ist die äusserste Änstrcugnng der vereinigten Sternkunde und Mechanik, das je in Europa verfertigt wurde. Es zeigt und ahmt mit grosser Deutlichkeit und mathematischer Genauigkeit die verschiedenen Bewegungen der Erde nach, so wie sie von Europäischen Sternkundigen gelehrt werden; desgleichen die excentrischen oder unregelmäßigen Bewegungen des Monds um dieselbe; f^ncr der Sonne mit den umgebenden Planctm, dann das besondere Sy-stem des Planeten Jupiters, wie ihn Europäer nennen, acht um billigere Preise als in Canton zu bekommen, wenn man anders überhaupt erlauben wmde, in den benachbarten Provinzen Thee und Seide einzukaufen. Dcswegen erhielt der Capitan Macintosh um so eher Erlaubnis vom Gesandten ihn nach Pcctiug.zu begleiten, damit er persönlich um Einwilligung dazu bey Hofe ansuchen, und auf der Rückkehr nach ftinem Schiffe vielleicht Gelegenheit erhalten könnte, zn beobachten, wie die Waaren verfertiget würden, die er gemeiniglich aus China mitzunehmen pflegte, worübcr die O. I. Comp. Fahrt durch die gelbe See. 535 vorzüglich wünschte ausführliche Nachrichten zu erhalle,?. Es war auch durchaus nothwendig zu bestimmen, wo das Kriegsschiff wahrend dcr Zeit bleiben sollte, daß der Gesandte durch öffentliche Geschäfte auf dem Lande zurückgehalten werden dürfte. Man hatte nicht in Erfahrung lrin« gen können, daß im Meerbusen von Pecking ein Hafen wäre, worinn es sich den Winter über völlig sicher hatte aufhalten mögen. Man sah auch ein, daß der Löwe am allerwenigsten wünschen dürfte in einem Chinesischen Hafen lange zu verweilen, da sich, ungeachtet aller Behutsamkeit, bald ein Zufall odcr Zwist mit den Eingebohrnen ereignen möchte, welcher die allgemeine Absicht der Gesandtschaft vereiteln könnte. Schon die Besorgnis einet Unruhe hatte bey einer Regierung, wie die Chinesische ist, eine zeitigere Rückkehr des Gesandten zu Wege bringen mögen. Auch hielt der Ritter E. Gower es weder für die Gesundheit noch für die Ordnung unter seinen Leuten zuträglich', daß sie auch noch so kurze Zeit unthätig blieben. Wenn er aber einen Theil seiner Muße dazu an, tvcndcte, jetzt nach Japan zu schiffen, um die Gesinnungen des dortigen Hofes in Absicht auf eine gewerbliche Verbindung mit England zu erforschen, so konnte dann der Gesandte in den Stand gesetzt werden seine Maasrel geln zu nehmen, ob er selbst dorthin gehen sollte, wie ihm seine Vcrhaltungsbefehlc geboten, im Fall sich eine znvcr--läßige Hofnung zeigte, daß der Staat etwas dabey g^ winnen würde. Und wenn der Ritter sande daß die Ja- 336 Fahrt durch die gelbe See. pancr bey ihren vorigen Grundsätzen der Allsschließung beharrtcn, oder daß sonst kein erheblicher Vortheil von einem Verkehre mit ihnen zu erwarten sey, so würde diese Nachricht die Kosten ersparen, welche ein längrer Aufenthalt der Gesandtschaft in Asten, in Erwartung einer Fahrt dorthin, verursachen müsse. Aus dieser Rücksicht, und in Betracht des allgemeinen Zwecks der Sendung, schrieb der Gesandte, kraft ftiner erhaltenen Vollmacht, folgenders maßen an chn: «da der Löwe wegen seiner Größe nicht in dem Flus.Peiho über die Barre kommen, und auch in seiner jetzigen Lage außer demselben unmöglich langer bleiben könnte; so hielte sich der Gesandte für verbunden, dem Ritter E. Gower zu cröfncn, wie er nach des Gesandten Meynung seine Zeit am vortheilhaftesien für des Königs Dienst annxndcn konnte, während daß die Geschäfte der Gesandtschaft ihn selbst am Hofe zurückhalten mochten. Zuvörderst würde es vermuthlich erforderlich seyn, daß er in den nächsten Haftn segelte und sich zu einer Reise nach etlichen der vorzüglichsten Inseln im Chinesischen Meere zurüsie, sobald nur die Kranken die Folgen der ungesunden Luft c.n oen Küsten von Sumatra And Java überstanden hatten; er würde muthmaßlich hierzu entweder die Bay von Ki-san - siu, oder die von Tschußan Wahlen, wo auf den kleinen Inseln ein trockner Boden und reine Lust der Errichtung etlicher Zelte für die Gene, s»nden günstig waren, und wo ihm die benachbarten Mandarines alle erforderliche Erfrischungen verschaffe» kömi- Fahrt durch die gelbe <3ee. 537 ten. Se. Exzellenz wisse, der Ritter sey Willens, für alles, was er erhalten würde, baar zu bezahlen. Jedoch wäre es möglich, daß die Mandarinen, vermöge der allgemeinen Befchle des Kaisers in Rücksicht auf die Gesandtschaft, es für ihre Schuldigkeit hielten, für das, wo, mit sie das Kriegsschiff versorgten, keine Bezahlung anzunehmen, sondern es auf die Rechnung der Kaiserlichen Schatzkammer, vielleicht nicht ohne Uebertreibung des Werthes und der Menge, zu setzen. Da es aber von großer Erheblichkeit ware, daß die Gesandtschaft den Chi« ncsen so wenig lästig als möglich vorkommen sollte, so hoffe er, der Ritter werde ausdrücklich befehlen, daß man kcincn Mundvorrath oder andere Sachen auf dem Schiffe annähme, als was auf die allgemeine Rechnung gicnge, und unumgänglich für den Gebrauch des Schiffs oder die Gesundheit der Mannschaft erforderlich wäre, ferner daß durchaus keine Geschenke an irgend Jemand auf dem Schiffe abgeliefert würden. Das Volk aus dem Löwen, wie Se. Excellenz höre, sey bis jetzt, ungeachtet der langen Reise, selten oder gar noch nicht am Sc»rbut krank gewesen, welches vielleicht, eines Theils, daher kommen könnte, weil es an den verschiedenen Orten, wo man angehalten, so oft Gelegenheit gehabt hätte, Landluft eins zuathmen, ftrncr wcil es von seinem Capitane so oft mit frischer Kost versorgt würde, und weil er selbst mit uner, müdcter Wachsamkeit darauf sahe, nicht m,r daß fich das 63» Fahrt durch die gelbe See. Volk reinlich hielte, sondern auch daß alle faule luft aus sedem Theile des Schiffs entfernt werde. «Wahrend die Rüstungen zu der besagten Seefahrt vorgenommen würden, die der Ritter ohne Zweifel seinen sorgsamen und geschickten Offizieren überlassen könnte, wünschte der Gesandte das Vergnügen seiner Gesellschaft bis nach Pecking zu haben: wenn dann, wahrend seines Aufenthalts dort, der Kaiser eine Audienz geben, und über die Englische Kriegsmacht Nachfrage thun sollte, so würde ein Mann von seiner Erfahrung den besten Bes scheid davon geben können. Eine von den Brigantinen könnte im Fluße Peiho bleiben, um ihn wieder nach dem Löwen zubringen; hierauf wünschte der Gesandte, daß der Ritter von der Chinesischen Küste segeln, und sich nicht siengen und h,e, welche zurückblieben, gemeinschaftlich Fahrt durch die gelbe See. M «uf jedem Schisse zusammen, riefen jeden angenehmen Umstand wahrend ihres Zusammcnscyns ins Gedächtnis zurück und wünschten einander von Herzen Lcbcwohl. Die Mannschaft auf den Schiffen, welche aus gewählten Leuten bcsiand , sich die ganze Reise über wohl betragen, und deswegen unlängst Beweise von der Zufriedenheit des Gesandten erhalten hatte, befolgte nun bey der Abreise desselben mit grosser Bereitwilligkeit den Befehl auf die Raaen zu treten, um, als ein Zeichen der Achtung gegen Se. Excellenz, drey laute Hussas zu rufcn, welchcS in Verbindung mit der Salve von vielen Canonen auf bcydcn Schiffen, den Chinesen ein ncues Schauspiel gewahrte. Der Gesandte und die Herren der Gesandtschaft schifften sich am 5ten August i793- auf den Brigantinen Clarence, Schackall und Endeavour, ein, um in den Fluß Peiho einzulaufen; aber Bedienten, Leibwache, Musikanten und die übrigen Begleiter, fuhren mit den Geschenken und dem Gepäcke auf den Iunken. Bey gu, tem Winde und bey Springzeit giengen sie in einigen Stunden über die Barre. Die benachbarte Küste ist so niedrig, daß man sie, zwey Meilen davon, kaum anders als an den darauf gebauten Häusern unterscheiden kann. Auf dcr Barre und innerhalb derselben ist das Wasser dick und schlammig, ob es gleich ausser derselben da wo dcr Löwe vor Anker lag, ausserordcntlich hell und «run war. Diese Barre theilte sich in eine Menge Sand- 543 Fahrt durch dlc gclbc See. bänke, die in verschiedenen Richtungen aber so hoch und enge an einander lagen, dasi selbst so kleine Fahrzeuge als die Brigantinen Clarence und Scbackall waren, nicht, anders als mit dcr Fluch darüber kommen konnten. Gleich hinter der Vaire war der Fluß drcy bis vier Fidm tief; seinc Breite betrug dort ctwa fünf hundert Ruch.'n ul,d er war fast ganz nnt Iuuken, Barken und Kähnen bedeckt. 2!"f dem südlichen Ufer oder an der lime-.» Seite des Eillganas stand ein kleines Dorf, Tu!ig--k:l.lentils, und dabey eine Hauptwache, wo die Truppen, zn Ehre,', des Gesandten, unter Gewehr standen. ^ - Da man sich eingebildet hatte, daß cr sehnlichst wünschen würde, auf dem ersten besten Lande auszntrctcn, wn sich von der Langenweile und den Strapazen eines so langen Aufenthalts zur See wieder zu erholen, so warfen die Junten, welche ihn begleiteten, hier plötzlich ihre Aaker aus. Indessen wolltc Se. Exzellenz lieber gleich in die für ihn bestimmte Barke steigen, welche einige Meilen d'N Fluß hinan auf ihn wartete. Die Lage von Tul,gku war in dcr That uicht anlockend; das niedrige sunipfigte Land war grosientheils mit dem langen, nicht nnnützcn, und damals blühenden Rohre bedeckt, welches T>'!chw!)r oder /^-un^o ^drlz^mlws hcißt, und insgemein auf einem Vodcu wächst, der dann und wann unter Wasser steht. Da es hier stromauf gimg so mußte die Fahrt natürlich langsam seyn. Die vielen Untiefen dieses gc- . Fahrt durch die gelbe Sce. sM schlangelten Flusses mehrten die Verzögerung, und wenn nicht Wind und Fluch der Macht des hcrablaufenden Stroms widerstanden, so wurden die Fahrzeuge durch Menschenhände fortgezogen, wozu man eine hinlängliche Anzahl Chinesischer Landlcute gebrauchte. D:e Barken kamen bald bey einem andern Dorfe, genannt Slku/ vorbey, und ^gelangten des Abends nach Taku. Die nehmlichen Endsylben der Nahmen von diesen Oertcrn, zeigen im Chinesischen ihre Nahe bey der Mündung des Flußes an, so wie von den Anfangssylbcn die erste Osten, die zweyte Westen, und die letzte ansehnliche Größe bedeutet. Viele Häuser in diesen Oertcrn und die häufig dazwischen, längs den Ufern des Flußes gebanete, waren nicht viel besser alszHüttcn mit Leimwanden und Stroh, dachcrn. Etliche Gebäude waren geräumig, hoch, angestrichen und wie die Behausungen des Wohlstandes verziert, aber man sah kaum ein einziges, welches das Daseyn mittlerer Stande oder die vielfachen Abstufungen ange, deutet hatte, welche sich in andern Landern, zwischen überschwenglichem Reichthume und offenbarer Dürftigkeit befinden. Mtcr den Einwohnern, die man den Fluß ents lang erblickte, giengen einige Frauenzimmer eben so flink, als ob ihre Füße nicht zusammengeschnürt gewesen waren. Ueberhaupt sagt man, diese Gewohnheit solle, wenigstens mucr den niedern Standen der nördlichen Provmzcn, Nicht mehr so häufig seyn als ehedem. IhrHaar, welches 55« Fahrt durch die gelbe See. durchaus schwarz und start ist, tragen sie in niedlichen Flechten/ welche mitten auf dem Haupte mit einer Nes sielnadel zusammengehalten werden. Die kleinen Kinder giengell meistens nackt. Die Manner waren im ganzen genommen wohl gebildet, gut gewachsen, stämmig und fleischig. Ungeduldige Neugierde gab vielleicht ihren Mienen mehr Leben und Gefälligkeit, unl, sie kamen in solchen Schaaren herbcygclaufen, daß man mit dem Dich-ter ausrufen konnte: «Welch' ein Gewimmel der lieben Geschöpfe ist hier!« Ende des ersten Bandes, l) <^'/^//<>.i/^'"V.>^/s. ^H/^//^ ' c i^ni n 1,>Ii<>l, IvilK» vmi CftlK^^Ioo«,«» Ii,1'^n ^-^) 7.^ »1i» t,'l f.,»!',>« riiL7iIArSJ>Z T/£JV TSC//A 'Ss/r f/$/•////sv//>///f a Jrr.tr/- f/r/trfs Jrm/fs ■"'« ,/!/;//<■ f/fU ////A/f/i///7£.< /w ,/farrrt tfi 7'i-^f/rrf/nr/i ____ rtV/- - /w/w'//w .^w/y/ry ff/t i 'r//tnt /a '\iis>\ /Von/Zir/t■ ./,f/r/tjr f/rJ • Tt///t-/y.'ssr£r.t />/>// I a//n/> . r<,,f'/i. {'r//-/t'tW Z/t/jf/f />.//v tlf/s//, (rfsry/v. in// f'r////n> ■ ten ,-M CHARTE von cm em TJiril iIpt Kitlte VOJL COCHIN-CHINA weicht* tlfii HiTVen von TURON iiinl die UilcliLi dahey ^rJr^'riir Iu.«rl CALLAO nitliält . neu imf^etioJimeiL vom. Lirtih^iHiifc" ,/ 'ssS■*•*<■//,// ^ i! ^ ^.'. <^^/ ^l st^,