lnr Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. Redigirt von Leopold Kordesch. ^ 3O. Freitag am KI. April 1844. Von dieser Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nummern, jedes Mal ein halber Bogen, und allmonatlich ein in Wien von Meisterhand in Kupfer gestochenes tolorirtes Costumebild, illyrischc Volkstrachten in Doppelfigur enthaltend, in «Iroßquart. Der Preis de« Blatte« ist in Laibach ganz­jährig 8, halbjährig 3 fi. Durch die k. k. Post unter Eouocrt mit portofreier Zusendung ganzjährig 8, halbjährig 4 fl, C. M,, und wird halbjährig uorausbezahlt. Alle l. k. Postämter nehmen Pränumeration »n. I n Laibach pränumerirt man beim Verleger am R»a«, Nr. 19», im ersten Stocke. Album-Spruch. «u' r das Bess're stets entbrannt. Klar an Geist und Willen; Ob erkannt, ob nicht erkannt. Wirken treu im Stillen; Wo man's selbst nicht bessern kann. Mild vermittelndstehen,» Und' »uf Kindertand als Man» Lächelnd niedersehcn: So in meinem Element Halt' ich's nun und immer: Ob Ihr's nun gemüthlich nennt, Oder noch viel schlimmer. Ioh. G»br. Seidl. Polemische Leuchtkugel. Redakteur hat immer, auch bei dem besten Gedeihen seines Blattes, bei der glänzendsten P W <^>^ , Anerkennung seines Strebens, mit Sorgen, Abmühungen und Fatalitäten hunderterlei Art zu kämpfen, von denen Uneingeweihte keine Ahnung haben können. Er soll jeden Leser ohne Unterschied, und zwar in jeder Num­mer vollkommen befriedigen und dabei (welch' lächerliches Verlangen!) gleichsam allwissend, infallibel und ohne alle die Mängel sein, die anderen Menschenkindern ankleben. Die Artikel seines Journals sollen nicht nur durchaus originell, unterhaltend, spannend und den Geschmack eines Jeden be­friedigend, sondern immer auch wahr und zuverlässig sein, einer Menge anderer derlei Forderungen zu geschweige«; das Sonderbarste an der Sache aber ist, daß meistens Leute, die nie daran dachten, für sich selbst ein Journal zu halten, denen es nie darum zu thun war, ein nützliches Institut der Volksbildung und Aufklärung zu unterstützen, am ersten sich erlauben, Alles zu kritisiren, zu bemäkeln, und sich zu Kunstrichtern in Sachen aufzuwerfen, die zu begreifen sie nie fähig waren, noch sein werden. Ist es daher einerseits traurig, daß es leider in Kram unter meinen eigenen Landsleuten auch Individuen von dem ebenbezeichneten Kaliber gibt, die nie die gute Absicht eines Unternehmens würdigen: so ist es andererseits noch viel be­dauerlicher, daß die hiesige, in der Landessprache erschei­nende „Landwirthschaftzeitung", als öffentliches Or­gan, solchen Leuten zu feindseligen und beleidigenden Aus­fällen gegen ihre harmlose, ältere Schwester „ l^lli nioli«," die Spalten öffnet, der wahrlich keine Scheelsucht, und wäre sie auch tausendzüngig, ihr anerkannt rüstiges Streben je wird abstreiten können. So hat die Redak­tion des gedachten vaterländischen Industrieblattes einen angeblich aus Prem datirten Artikel, unsere Bilderbeigabe für März betreffend, im Blatte Nr. 44 (3. April) gegen die t^ruiolia zu meiner nur um so größern Verwunderung aufgenommen, als sie gleich nach dem Erscheinen des Bildes demselben ganz von freien Stücken eine Lobrede gehalten, mit der das Bild wohl zufrieden sein konnte. I n jenem Artikel wird mir auf eine beleidigende Weise (nun von den drei annonymen Gemeinde-Männern aus Prem steht freilich keine Artigkeit zu erwarten—) vorgehalten, daß die in der Erklärung angezeigte Tracht nicht auf ihre Ge­gend, sondern auf die nächstangrenzende passe, worauf ich, vielfach aufgefordert, im Allgemeinen Folgendes erwiedere: Ich habe in der Erklärung unseres ersten Bildes be­kannt gegeben, daß unsere Trachtendarstellungen aus der Sammlung des Herrn Korytko herrühren. Da ich, ob­wohl mir das übrige Krain in allen seinen Eintheilungen durch persönliche Bereisungen bekannt ist, nie so glücklich war, in die Gegend von Schneeberg, Raunach und Prem zu kommen, auch bei dem Bilde des Herrn Koryt­ko keine nähere Erklärung stand, und überdies das Bild eiligst nach Wien geschickt werden sollte: so mußte ich mich um die eigentliche Heimat der gezeichneten Landleute hier in Laibach umsehen. Nicht nach eigenem Gutdünken, son­dern nach glaubwürdiger Angabe bezeichnete ich die Figuren unsers Marzbildes als von Prem und Raunach in In­nerkrain. Sollte ich mich also nach der Meinung des Premer Kleeblattes, dem übrigens so viel Schönheitssinn doch in. wohnt, unsere Bilder als ercellent zu bezeichnen, in die­ser Hinsicht in etwas, vielleicht bloß, was die Beschuhung anbelangt, geirrt haben: so würde mir eine gefällige und freundschaftliche Berichtigung von Seite eines wackern Lands­manns stets willkommen gewesen und mit Dank erkannt worden sein. Allein die Sache nicht nur auf eine kränkende Art zu berichtigen, sondern derselben noch einen öffentlichen An­wurf beizufügen, der in einem sein sollenden Liebe dahin lautet, daß wir um leidigen Geldgewinn der Zeitschrift die Trachtenbilder beigegeben haben, dies, mein ehrliches Pre­mer-Trifolium, hat alle verständigen und billig den­kenden Vaterlandsfreunde mehr indignirt, als mich. Also RR8 wenn wir der Zeitschrift „Oallliolia«, die nicht nur auf das netteste ausgestattet ist, sondern auch in jedem ihrer Blätter neben andern sorgfältig gewählten Artikeln einen un­ser Vaterland betreffenden Originalaufsat z bringt, über dies allmonatlich noch ein Trachtenbild unentgeidlich bei­geben, dergleichen noch keine Zeitschrift Deutsch­lands bis nun gebracht: so getram man sich zu be­haupten, dies geschehe nur des Geldes, des Gewinnes wegen'.!! Wenn man jährlich so viele Hunderte aus reinem Streben, daß auch unsere Provinz mit etwas Vorzüg­lichem sich hervorthue, für die Bilder opfert, wenn der Verleger keine Opfer, der Redakteur keine Mühe, keinen Fleiß, keine Anstrengung scheut, und trotz dem Beid e bei der „Oarlliolig," noch immer verloren haben — das heißt dann: Sie wollen sich bereichern! — Wahrlich! bei solchen unverdienten Anfeindungen im eigenen Vaterlande, dem ich immer mit Liebe angehangen, ist es Schade, daß die gehaltvollsten undstimmfähigsten Zeit­schriften der Monarchie unpartheiisch mein Streben, in ge­rechter Würdigung des von der „^aruinlill" als einem Provinzialblatt e Geleisteten, lobend und aufmunternd anerkennen. Die ?. I'. verehrten Gönner der Zeitschrift „ Oaruio­lia " im Vaterlande und auswärts werden diese Meine offene, nothgedrungene Aeußerung gewiß zeitgemäß, und an ihrem Platze finden. Indem ich schließlich der verehrlichen Redaktion der hie­sigen krainischen „Landwirthschaftzeitung" für ihre landsmännische Collegialität verbindlich danke, füge ich noch die Bitte bei, den drei verdeckten Premer Corre­spondenten, als Antwort auf das der „Oarpiolig," gespen« dete Lied, nachstehendes Gedichtchen gefälligst in der Landes­sprache übersetzt einzusenden. Laibach am 10. April 1844. Leopold Kordesch. Redakteur der (^rinolia. Die VlT,,»l««»lT an das annonyme Gemeinde-Kleeblatt zu Prem. Ihr fragt in Eurem sogenannten Lied, D»s Drei von Euch i« Schweiße kaum erfanden. Und den vom Machwerk' man noch träufeln sieht, Warum ich wohl von Neuem sei erstanden? Was soll ich, weisestes Trifolium! Auf diese witzigste von allen Frage», Die je ein Premer offnen Moules that, Dir zur Verständigung entgegen sagen? Verzeihe mir! soll ich denn leeres Stroh — Ich rede deutlich, Di r verständlich — dresche« ? Ich laß' es sein und raisonnire so: Wer schießt wohl jemals gegen Felsen Bresche«? — Nur Eins, mein Premer Dreiblatt sag' ich Dir, Bleib' ich uo« Dir auch ewig ungelesen. Dennoch «us off'ner Brust, das glaube mir: Um Deinen Beifall ist's mir nie gewesen! Der Gisgang des Nheins. Erzählung aus dem Leben, von Car l Grober. (Fortsetzung.) Obwohl dies ein sicheres Zeichen war, daß der Greis das Traurige seiner Lage erkenne, fühlte T h e r e se doch eine Art Freude, als wäre ihr der Vater wiedergegeben, und liebevoll auf das wie erstorben daliegende Haupt des Kran­ken herabgebeugt, lispelte sie ihm die süßesten Worte zu, die ihre Zärtlichkeit ihr eingab. Sie tröstete ihn mit der Wiederkehr seiner Gesundheit und daß ihre jungen Kräfte bisher genügend gewesen seien, alles Nothwendige herbeizu­ schaffen. Betroffen über die Lüge, zu der sie der Drang ihrer kindlichen Gefühle hingerissen, erzählte sie ihm nun mit leiser, oft stockender Stimme ihr kleines Geheimniß, und der lauschende Vater schloß dabei die Augen, um sei­nem geliebten Kinde manche kleine Schamröthe zu ersparen. Durch das ihrem Vater gemachte Geständniß wie von einer drückenden Last befreit, und ganz glücklich, kein tadeln­des Wort vernommen, keine mißbilligende Miene bemerkt zu haben, beschäftigte sich nun Therese, während ihre Aufmerksamkeit zwischen der Pflege ihres Vaters und ihrer Arbeit getheilt war, mit einem Plane, der ihr zwar kühn, aber ganz geeignet schien, die Wünsche ihres liebenden Her­zens mit ihren kindlichen Pflichten in Einklang zu bringen. Dieser kühne Plan bestand in nichts Geringerem, als Wil ­helm, wenn er kommen sollte, den Eintritt in ihre Hütte vorzuschlagen. Abends konnte sie das Bett ihres Vaters nicht verlassen, ohne sich vor der, Thüre aufzuhalten; auch war es draußen gar zu kalt, und sie glaubte sich der Hoff­nung hingeben zu dürfen, daß Wilhelm' s Anblick und freundliches Gespräch auf die erwachten Geisteskräfte ihres Vaters günstig einwirken würden. Als aber der Abend her­eingebrochen und die Stunde, um welche Wilhel m zu kom­men pflegte,, da war, sah sie vergebens durch das kleine Fenster, öffnete vergebens die Thüre; die Finsterniß sank immer dichter "auf die herbstliche Flur und scheuchte die frohe Erwartung aus ihrem Herzen. Ohne an Ruhe und Schlaf zu denken, die ihren abgespannten Kräften doch so nöthig waren, setztesiesich endlich an das Kopfende des Kran­ken, nahm seine Hand ^n die ihrige und versank in Träume, die ihr das bescheidene Glück gewährten, das ihr die arme und strenge Wirklichkeit versagte. Lange war Therese gleich einer Schlummernden da gesessen; ihre kupferne Lampe, deren Docht nicht geputzt wurde, verbreitete nur ein mattes Licht und im Kamin hörte man das Brausen des Windes., Plötzlich schien die Thüre der Hütte gerüttelt zu werden, und bald überzeugten sie einige unsicher angebrachten Stöße von der Gegenwart eines Fremden. Therese fuhr erschrocken zusammen; doch ging sie sogleich zur Thüre? frug, wer da sei, und als sie statt einer Antwort nur ein dumpfes Stöhnen vernahm, öffnete sie dieselbe furchtsam. An den Balken angelehnt, geschlos­senen Auges, den Kopf auf die Achsel herabhängend, stand ein blasser Mann in triefenden Kleidern da, der heftig schlotterte und sich kaum mehr aufrecht zu erhalten vermochte. Therese ward bei diesem Anblick von tiefem Mitleid er­griffen; als sie aber in dem Angekommenen Wilhel m er­kannte und es sie wie ein Blitz durchzulte, was er ihret­wegen gewagt haben mochte, faßte sie hastig seine erstarrte Hand, unterstützte ihn mit ihren Armen, zog ihn sanft zu einem neben dem Herde befindlichen Lehnstuhl und begann die schwach glimmenden Kohlen anzufachen; einige kleine Reiser von dem Bündel, das Wilhel m Tags zuvor noch gebracht hatte, verbreiteten in der kleinen Stube bald eine hinreichend lebhafte Helle, um auch die übertünchten Bal­ken der Stubendecke, auf der die Augen des Kranken ruh­ten, zu beleuchten. Befremdet über diesen plötzlichen Wech­ RR» sel, wandte derselbe seinen Kopf gegen denHerd; Therese bemerkte es sogleich, lief zu ihm hin und flüsterte ihm: , Er ist es!" schüchtern in das Ohr. Wilhelm , obwohl noch ganz erschöpft, richtete sich auf und näherte sich dem Bette, um Schwarz, dem sein Herz ja als Theresens Vater liebend entgegen schlug, die Hand zu reichen. Aber die besorgliche Therese bedachte ohne Zweifel, daß Wil ­helms Hand noch naß und kalt sein und deren Berührung ihrem Vater natürlich schaden müsse; denn sie suchte sich derselben zu bemächtigen, während sie auch die ihres Vaters ergriff, näherte sie einander, ohne sich jedoch gegenseitig be­rühren zu lassen, drückte sie beide auf das innigste und ließ ihre verschämten Blicke von Einem zum Andern gleiten. Schwarz schloß sogleich wieder die Augen und schien zu schlummern; Therese führte Wilhelm wieder zum Lehnstuhl und letzterer entschuldigte nun sein spätes Erschei­nen. Ueber das, was zwischen ihm und seinem Vater vor­gefallen, eilte er, um die arme Therese nicht noch mehr zu beugen, flüchtig hinweg, versicherte jedoch dem zagenden Mädchen, daß des Vaters Liebe für ihn, als das einzige Kind, seine Vorurtheile am Ende gewiß noch überwinden werde; von seinem Vorsatz, den Rhein zu übersetzen, aber erzählte er als wie von einer Sache, die sich von selbst verstehe. So lange er in seiner Erzählung noch unter dem Schutze der Kette an der Fähre sich befand, hörte ihm Therese mit lächelnder Miene zu; als ihn aber in dem Augenblicke, wo er seinen Anhaltspunkt losgelassen, die Wogen begruben und mit sich fortrissen, stockte ihr Athem; sie haschte erbleichend und unwillkürlich nach seiner Hand, gleichsam um ihn zurückzuhalten und zu retten. Während er ihr begreiflich zu machen suchte, wie er es klüglich un­terlassen, den Lauf des Flusses zu durchschneiden, sich von demselben forttreiben ließ und damit begnügte, nur nach und nach dem Ufer näher zu kommen, wiederholte sie sich leise Alles, um sich zu versichern, daß er wirklich da, und jede Gefahr überstanden sei. Wilhelm hatte eine Stunde unterhalb des Dorfes das Land gewonnen und diese Strecke in nassen Kleidern durcheilt, was die tiefe Erschöpfung, in der wir ihn getroffen und von welcher er sich noch immer nicht erholt hatte, wohl herbeiführen mußte. Die Nacht verging den Liebenden, die, obwohl über ihre gegenseitigen Gefühle klar, doch nicht den Muth hat­ten, das Geständniß ihrer Liebe zu wagen, unter vereinten Sorgen und Bemühungen für den Kranken. Als aber der Tag anbrach und Wilhel m scheiden mußte, zog er die schluchzende Therese im Ueberma/z des Gefühls zum ersten Male an seine Brust und gab ihr das feierliche Versprechen, Alles zu versuchen, um dem Vater seine Vorurtheile zu benehmen und ihn günstiger zu stimmen. Er schiffte auf der Fähre über den Fluß zurück und kam nach Hause. Nun aber ließ der aufgeregte Zustand, in den ihn der Anblick der Geliebten versetzt und erhalten hatte, plötzlich nach, und nichts konnte mehr die hereinbre­chende Krankheit hindern, die sich alsobald als ein heftiges Fieber ankündigte. Passenheim erschrack über den Zu­stand seines Sohnes, den er — im Angesichte der Gefahr, ihn zu verlieren, fühlte er's, »—doch über Alles liebte, und bot eilends alle ärztliche Hilfe auf. Die Krankheit währte lange und in Wilhelm's Fie­berphantasien, die nur durch kurze Zwischenräume klaren Bewußtseins unterbrochen wurden, spukten die lehren er­schütternden Ereignisse in wirrer Verkettung durcheinander. Nach einem Monat endlich mäßigte sich die furchtbare Hef­tigkeit der Krankheit, die an der kräftigen Natur des Jüng­lings einen so hartnäckigen Widerstand gefunden hatte, und man fing an, einiger Hoffnung auf Wiederherstellung Raum zu geben; aber seine Brust war so sehr geschwächt, daß ihm jedes Gespräch sireng untersagt und auch der Zutritt solcher Personen, die eine heftigere Gemüthsbewegung in ihm hätten erregen können, hintangehalten wurde. Ja selbst, als er sich schon bedeutend besser fühlte, wich der alte P a s­senheim seinen Fragen wegen Theresen und ihrem Va­ter unter diesem Vorwande ängstlich aus, und legte ihm, ihn im Allgemeinen darüber beruhigend, die Sorge für sein eigenes Wohl an's Herz. Der liebende Jüngling nahm den schwachen Hoffnungsstrahl, der ihm aus dem mildern Antlitz des besorgten Vaters lächelte, gläubig in seinem Herzen auf, und schritt langsam, aber ohne Rückfälle seiner endlichen Genesung entgegen. Mittlerweile begann der Rhein furchtbare Eismassen daherzutreiben, denn es war — obwohl erst November — eine Kälte eingetreten, wie sie wenige Menschen zu dieser Jahreszeit noch erlebt hatten, und kaum waren acht Tage auf diese Art verflossen, als der Rhein auch schon eine spie­gelnde Eisstäche wies, die sowohl» von schweren Wägen, als auch von der raschen Jugend befahren wurde. Bald aber erlahmten die zu frühzeitig aufgebotenen Kräfte der Natur; die Witterung wurde milder, Schnee und Eis schmolzen, nur die dichte Decke des Rheins widerstand noch dem schmei­chelnden Kosen der Winde, und erst gegen Weihnachten zu hoffte man, daß der gewaltige Strom seine Hülle sprengen werde. Um jedem Unglücke vorzubeugen, stellte man sogleich Strandwachen aus, die jedes Betreten der Eisdecke streng zu verhindern hatten. Am Abend des vierten Tages, nachdem diese nothwendigen Vorsichtsmaßregeln getroffen worden wa­ren, ließsich plötzlich ein Krachen, gleich einem lebhaften Klein­gewehrfeuer, vernehmen; von Strecke zu Strecke hobsich die vielfach gesprengte Decke und man erwartete jeden Augen­blick das großartige Schauspiel, die ungeheuer» Eismassen auf dem Rücken desstolzen Stromes dahertreiben zu sehen. (Beschluß folgt.) Feuilleton des Mannigfaltigen. (Beethovens Spinne.) Beethoven wurde früh von sei­nen Eltern für Musik bestimmt, und setzte schon in seinem achten Jahre die Zuhörer durch sein Violinspiel m Erstaunen. Er übte sich gewöhnlich in einem Dachstübchen ganz einsam, eigentlich doch nicht ganz einsam, denn das Zimmerchen beherbergte zugleich eine un­gemein große Winkelspinne. Der Knabe bemerkte, daß, sobald er zu geigen anfing, die Spinne ihr Gewebe verließ und ihm näher kam. Dies that sie allezeit. Nach und nach wurden Spieler und ZuHörerin so vertraut, daß diese aus ihrem Winkel auf das Pult, vom Pult auf den Künstler und endlich auf den Arm kam, der den Bogen führte. Das Interesse des Knaben hieran trug nicht wenig zu seinem Fleiße, und mithin zu seinen Fortschritten bei. Eines Tages kommt seine Tante, die Mutterstelle bei ihm vertrat, und bringt Jemand mit, um des jungen Geigers Talent zu beob­achten. Cr spielt. Die Spinne bleibt nicht aus und geht endlich R2» bis auf den Arm. Da-fährte die Tante augenblicklich hervor, schleudert die Spinne mit dem Pantoffel zu Boden und zertritt sie im nämlichen Moment. Vor Schrecken sank der junge Beetho­ ven in Ohnmacht. — (Pflanze« auf dem Meeresgründe.) Das Meer hat, wie das Land, seine herrlichen Wiesen und seine Ungeheuern Wäl­der. An den Abhängen seiner Berge und im Schooße seiner Thä­lcr wachsen in unendlicher Menge Pflanzen, von denen jede nur in einer gewissen Gegend gedeiht. Eine der merkwürdigsten Pflan­zen im Meere aber ist unstreitig der Riesenschwamm, der König des Meeres, wie die Zeder die Königin unserer Berge ist. Cr steigt aus der Tiefe von 300 Fuß bis an die Oberstäche herauf und seine riesenhaften Garben, wahre schwimmende Inseln, auf denen in der Sonne die Seehunde und Wasservögel schlafen, bil­den von den Seefahrern gefürchtete Klippen- Die Schiffe, welche unter dem Aequator, wenn das Meer ruhig und der Wind schwach ist, in das Dickicht eines Waldes von solchen Ricsengewächsen ge­langen, müssen stille stehen und oft Monate lang warten, bis ein scharfer Wind sie endlich befreit. (Zinserträgniß der Stadt Wien im Jahre 1844.) Nach den Resultaten der von den sämmtlichen Dominien für das Verwaltungsjahr 1844 eingelangten Hauszinsbekenntnisse beläuft sich, wie »der Humorist« berichtet, die Totalsumme der ein­gehenden Zinsungen von sämmtlichen Häusern der inner« Stadt und der die Stadt umgebenden Vorstädte inner den Linien auf 13,062-743 fl- 33 kr. in Conv- Münze, und hat sich gegen das Crträgniß des frühern Jahres von 12,608,171 fl. 35 kr. um 454.571 fl. 58 kr. vermehrt. Von dem ganzen Zinserträgnisse entfallen auf die innere Stadt allein 5,412-607 fl. 51 kr. und auf sämmtliche Vorstädte 7,650.135 fl: 42 kr. (Vanknotenverfälscher.) I n Hermannstadt wurden am 16. März im Gasthause »zum weißen Löwen« zwei Individuen, ein fremder Lithograph, Namens Römer, von Marienwerder in Preußen gebürtig, und ein naher Verwander eines sehr geachteten Pfarrers von der dortigen Polizei in dem Augenblicke in Nerhaft genommen, als diese Industrieritter bei versperrten Thüren Zeh­ner-Banknoten verfertigten. Nebst der schön gestochenen Stein­platte wurden 10 Stück Falsifikate, Werkzeuge und Materialien in Beschlag genommen. , Diese beiden Betrüger sollen Mitglieder einer noch in zwei Provinzialhauptstädten, nämlich in Prag und Gratz, verzweigten Fälschervande sein. — (Eine Rabenmutter^ Am 4. März sah ein mit Herrich­tung seines Gartens beschäftigter Landwirth zu Nagy-Somkut in Siebenbürgen, daß an dem Saume des benachbarten Waldes eine Frau aus Somkut den Boden mit einer Haue aufgrub, und nachdem sie ein etliche Spannen tiefes Loch ausgegraben, etwas in dasselbe legte, die Erde wieder darüber zog und sodann ruhig nach Hause zurückkehrte. Auf sein Befragen, was sie da im Walde gemacht, antwortete sie: Ich habe Lehm gegraben. Damit nicht beruhigt, grub jedoch später der Landwirth den Platz wieder auf, und fand, daß die Frau daselbst ihr eigenes Kind in einem Topfe eingegraben hatte. (Ein Rechenkünstler.) In Macon lebt ein einfacher Hirt, Namens Henry Mondeux , welcher durch seinen außerordentli­chen Rechengeist Alles in Erstaunen setzt, indem er die schwierig­sten Rechenexempel fast augenblicklich löst- Aber auch Mutterwitz in hohem Grade ist ihm eigen. Ein schlechter Spaßvogel wollte ihm kürzlich dadurch aufziehen, daß er ihn fragte, wieviel 3 Mal 4 ausmache? — »Herr!« antwortete der junge Mensch ohne Zö­gern, »wenn man Ihre Person daran hängt, 120.« — (Theaterbau in Wien.) Wie es verlautet, soll das Thea­ter für die Oper, welches wie bekannt, jetzt bei dem Kärntner­thor ist, neu und in einem dem Zeitgeiste angemessenen Style, wie auch größer gebaut werden. Schon lange war dies der Wunsch des Publikums, denn Wien wird dadurch nur eine Zierde mehr erhalten. (Länge der Pesth -Nfener Schiffbrücke.) Jemand hat berechnet, daß der Wiener Stephansthurm seiner vollen Länge nach drei Mal hinter einander auf der Pesth-Ofener Schiffbrücke Platz hätte und daß dabei noch ein Stückchen von der Schiffbrücke übrig bliebe. (Die größte Gesellschaftlichkeit) legen wohl die Ein­wohner der philippinischen Inseln an den Tag- Sie laufen ganze Strecken Weges, um Gäste zu bekommen, nur um nicht allein essen zu müssen, selbst wenn ihr Appetit hinreichte, das Mahl allein zu verzehren. (Silbertod. ) Wenn die Maulthiere, welche in den Amal­gamir-Werken der mexikanischen Silbergruben arbeiten, umstehen. öffnet man sie sorgfältig; es werden dann nicht selten 2 bis 7 Pfund vollkommen weißes und reines Silber in ihren Mägen ge­funden, was auch die Ursache ihres Todes ist. (Höchste physische Schnelligkeit.) Die Wallfische schwim­men so schnell, daß sie, wenn sie mit gleicher Anstrengung fort­schwämmen, in der kurzen Zeit von 14 Tagen die ganze Tour rings um den Erdball vollenden würden. Wiener Msenbahnbriefe. Von 3l. C. Näsle. (Beschluß.) I n der Literatur erwartet man Großartiges. Die rühmlichst bekannte Buchhandlung von Braunmüller et Seidel allhier läßt unter Anderen auch ein großes militärisches Werk in zwei Bänden: „Ocsterreichs Mili< tär-, Bau- und Bequartierungswescn" im Subscriptionswege er­scheinen. Verfasser desselben ist Herr Auton Lang, k. k. Feldtricgs - Com­missär, als Schriftsteller über administrative Controlle rühmlichst bekannt. Dieses Werk findet wegen seiner Gemeinnützigkeit jetzt schon eine höchst er. freuliche Thcilnahmc, die wohl keinem Werke entgehen kann, das so wie die» scs einzig in seiner Art dasteht. Von den fremden Journalen finde« die von G. Winte r und N . A. Licbold redigirten: »Nürnberger Blätter für Theater «nd Kunst» fortwährend Glück. Dieses ist doch einmal ein Journal, welches mit eiserner Consequenz ein vorgestecktes Ziel, eine feste Tendenz verfolgt. In Rücksicht auf die deutschen Bühnenerschcinungen und die Interessen der dramatischen Kunst hat wohl Deutschland kein zweites Blatt aufzuweisen, das mit solcher Unparteilichkeit spräche, und das so reich mit gediegenen Bühnenberichten ausgestattet wäre. — Es behandelt das Theater und hält sich weislich von allen übrigen Lapalien fern, die sich mit seiner Tendenz und seinem Titel nicht vertragen. Obgleich erst kurze Zeit bestehend, hat es eine recht artige Verbreitung gewonnen und wird, wenn es so bleibt, wie es begann, bald ein unentbehrlicher Wegweiser für alle deutschen Bühnendircctionen werden. Großes Aufsehen erregen »Die Jahreszeiten«, die ncneste Hamburger Modezeitung, redigier von Friedrich Lenz. Der novellistische Thcil, das Feuilleton und die Beilage: »Zeitgenossen« sind gleich ausgezeichnet. Ganz vorzüglich sind jedoch die Modenbilder, welche an Feinheit des Colorits und »n Schönheit alles in diesem Genre Eristircnde übertreffen. Es sind Pa­riser'Originalien, von derselben Anfinge, wie sie dem Journale: »I^e I'nIIet» zuliegen. Der Preis (2U Mark Courant ganzjährig), ist nicht übertrieben, und dies dürfte dem Journale wohl bald' eine große Verbreitung in Oester» reich sichern. Unser Landsmann, Herr Dr. F. Wiest gab am 24. März d. I . unter beispiellosem Andränge eine musikalische Akademie und Vorlesung im Musik­uereinssaale. D» war doch echter, kerngesunder Wiener Witz und Humo r zu finden, wie ihn das Volksleben bietet, und kein Quodlibet aus dem Koran, Zoroasser und Talmud! — Vorzüglich gefielen die Anklänge an Raimund, Nestroy, Scholz und Carl. Ohne Zweifel werden wir unsc> ren genialen Landsmann noch öfter hören, was uns allzeit sehr erwünscht seyn wird. Dr. Groß-Hoffing er hat ein Dr»m» vollendet, welches sehr wirk» same Situationen aufzuweisen haben soll. — »Canova's Jugendliebe« von Topfe r fcknd im Hofburgtheater eine sehr laue Aufnahme und wird wohl nach der «ritten Vorstellung »cl pztleg gehen. Otto Prcchtler und C »stellt haben Stücke eingereicht. »Gypsi« und »die Peri« zwei Bal> lets — haben im Kärnthnenhorthcater ein gelindes «22c«, erlebt, — Mad. Brünnina hat fich an die Uebersctzun» von drei Vaudevilles gemacht, welche im Theater an der Wien unter dem Titel: »Kleine Leiden des menschlichen Lebens« gegeben wurden. Die Sache war so mittelmäßig, daß das Publikum einen solchen Theaterabend zu de» großen Leiden zählte und schon bei der zweiten Vorstellung zu Hause blieb. Eine gelungene Erscheinung sind: »Di e Waisen « Vaudeville nach dem Französischen e»n Fr, Blum. Nestroy's neueste Mignon-Possc: »Hinüber — Herüber — Herüber — Hinüber« ist eine nichtssagende Bagatelle ohne Saft'und Kraft, und seit langer Zeit wieder einmal eine Novität »uf der Leopoldssäd» terbühne. I n der Ioscphstadt haben die englischen Gymnastiker glänzende Ge> schatte gemacht und Herrn Pokorny ein rundes Sümmchen eingetragen. So viel über die Neuigkeiten der Gegenwart. Nächstens Einiges über die komischen Tagserscheinungen. Auflösung der Gharade in Nro. 29. Reißzeug. Laibach. Druck «nd des Iysef Vlasnik.