z Die Naturlehre nach ihrem gegenwärtigen Zustande mit Rücksicht auf mathematische Begründung. D a r g e stellt von Dr. Andreas Baumgartner, k. k. Regierungsrathe, Director der k. k. Ärarial-Porcellan-, Gußspiegel- und Smalte-Fabriken, Ritter des königl. sächsischen Civil-Verdienst- Ordens, Mitglied mehrerer in- und ausländischer gelehrter Gesellschaften. Fünfte umgearbeitete und vermehrte Auflage. Wien, 1836. Zm Verlage von I. G. Heubner. Gedruckt bei A. Strauß's sel. Witwe. Vorrede. Em neu aufgelegtes Buch gleicht einem renovirten Ge¬ bäude. Eines wie das Ändere sieht, wiewohl oft blos der Außenseite nach, wie neu aus, und Beide altern mit der Zeit; nur wird die Renovation des Einen durch das gün¬ stige Urtheil der Sachkenner und den Zuspruch des Publi¬ kums , die des Andern durch den Zahn der Zeit und den oft nicht hinreichend soliden Bau nothwendrg gemacht. Darum ist auch die öfter wiederkehrende Nothwendigkeit der Wiederauflegung eines Buches für den Verfasser des¬ selben ebenso ehrenvoll, als der vor der Zeit nothwen- dig gewordene Umbau eines Gebäudes dem Rufe des Baumeisters schadet. Gegenwärtiges Werk ist nach sei¬ nem ersten Aufbau viermal hinter einander von Innen und Außen renovirt worden und hat dabei so viele Veränderungen erfahren, daß schon von einer kleinen Geschichte desselben die Rede seyn kann. Nach den stren¬ gen Regeln der Bücherbaukunst soll hier der Leser durch fünf Vorreden, wie durch eine lange Gasse von Vorzimmern zum Buche geführt werden; ich glaube aber, in diesem Puncte von der Regel abweichen und statt fünf Vorreden IV Vorrede. nur eine geben zu dürfen, und diese soll die Geschichte des Buches kurz darstellen: Die erste Auflage erschien im Jahre 1823 in drei klei¬ nen Bänden, welche zusammen 40 Druckbogen und 10 Tafeln enthielten; aber schon im Jahre 1826 wurde eine neue Auflage nothwendig und diese erschien in demselben Jahre ill einem einzigen Bande mit 4Z Druckbogen und 7 Tafeln. Da das Werk inzwischen zum Borlesebuche in den deutschen österr. Staaten bestimmt worden war, mußten mehrere Abänderungen im Plane und in der Darstellung vor¬ genommen werden. Die Reductiott auf einen einzigen Band geschah der Raumersparung wegen und zur Erzielung eines geringeren Preises; der Gebrauch bei den öffentlichen Vor¬ lesungen machte eine ausführlichere Behandlung der chemi¬ schen Lehren und eine Beschränkung der mathematischen Sätze nothwendig, doch ging letztere nur so weit, daß da¬ bei der Titel des Buches, der die Naturlehre mit besonde¬ rer Rücksicht auf mathematische Begründung darzustellen versprach, noch immer unverändert beibehalten werden konn¬ te, um so mehr, als'ein Supplementband nachfolgen sollte (der auch im Jahre 1831 wirklich erschien), wo der Leser eine ausführliche Behandlung der mathematischen Lehren finden sollte, und die mathematische Begründung der Natur¬ lehre nicht auf wirklich ausgeführtcn Rechnungen, sondern auf einer zur mathematischen Behandlung geeigneten Dar¬ stellung der Begriffe und Thatsachen beruht. Eine besondere Zugabe zur zweiten Auflage war die Lehre von der schwin¬ genden Bewegung des Wassers, weil gerade zur Zeit ihres Erscheinens die physische Literatur mit der Gebrüder W e- Vorrede. v ber vortrefflichem Werks über die Wellenlehre bereichert wurde, durch welches dieser wichtige Theil der Physik auch Anfängern zugänglich gemacht wurde, während er früher nur als Eigenthum gewandter Mathematiker angesehen werden konnte, ja selbst diesen nicht so klar zu seyn schien, als er es jetzt jedem nur einigermaßen denkenden Kopfe ge¬ macht werden kann. Im Jahre 1829 trat die dritte Auflage ans Licht. Sie erschien wieder in einem einzigen Bande, mit 49 Druckbogen und 8 Tafeln, und zu gleicher Zeit wurde die zweite Auflage ins Italienische übersetzt. Die vielen, im Verlaufe derZeit durch die Fortschritte derPhysik und meine eigenen Erfahrungen im Lehrfache nothwendig gewordenen Zusätze machten es aber unerläßlich, den Druck enger ein¬ zurichten und, besonders in den Citaten, manche Abkürzung einzuführen. Die Ausbildung der Electricitätslehre und die Wichtigkeit der Untersuchungen des electrischen Stromes durch die Magnetnadel veränderten die Ordnung derMaterien des zweiten Theils und nöthigten die Lehre vom Magnetis¬ mus der Electricität vorauszugehen, um ihr hülfreiche Hand leisten zu können, die Electricitätslehre selbst bekam eine ganz neue Anordnung und sollte die Spuren der den Geist der Wissenschaft verletzenden, chronologischen Anordnung ihrer einzelnen Theile verlieren, die in den früheren Auflagen und fast in allen physikalischen Werken nur zu deutlich hervortritt, ja es sollte bei dieser Lehre dasselbe Princip der Anordnung geltend gemacht werden, welches bei der Mechanik der schwe¬ ren Körper längst herrschend geworden ist, wo man die Ge¬ setze der Bewegung von jenen des Gleichgewichts aufs strengste absondert. Im Zähre 1832 wurde die vierte Auflage VI Vorrede. (mit 8 Kupfertafeln und 841 Seiten Text) nothwendig; unterschied sich von der dritten durch jene Modificationen, welche die schnellen Fortschritte der Wissenschaft und die Erfahrungen des Verfassers herbeiführten. So z. B. mar¬ in derselben der chemische Theil stark umgearbeitet, insbe¬ sondere, um ihn der Idee einer allgemeinen physikalischen Chemie näher zu bringen; die Lehre von den Molecular- kräften wurde mehr begründet, und die darauf beruhenden Erörterungen sollten mehr Bestimmtheit und Schärfe erhal¬ ten, die Optik wurde besonders in ihrem photometrischen Theile ausführlicher bearbeitet und die Electricitätslehre stark abgeändert. Und nun hat der theilnehmende Zuspruch der Leser die fünfte Auflage erscheinen gemacht. Sie gleicht an Format und Druck ihren Vorgängern, hat aber neun Kupfertafeln und LZ Bogen Text. Sie soll, der Absicht des Verfassers gemäß, die Naturlehre nach ihrem neuesten Zustande darstellen, und von dem Bestreben, dieses zu leisten, und die Naturgesetze in jenem Zusammenhänge darzustellen, die die beste Uebersicht über das Ganze zu gewähren schien, rühren die zahlreichen Aenderun- gen her, durch welche sich diese Ausgabe das Prädicat einer vermehrten und umgearbeiteten verdienen soll. Unter allen Parthien hLben wieder die Optik und die Electricitäts¬ lehre die meisten Veränderungen erfahren, weil in diesen Zweigen der Physik die meisten Entdeckungen gemacht wor¬ den sind. In ersterer wurden die hypothetischen Erörterun¬ gen über die Natur des Lichtes von den Darstellungen der optischen Gesetze ganz getrennt und dabei die Emanations¬ hypothese nur als eine historische Merkwürdigkeit behandelt, Vorrede. vn in der festen Ueberzeugung, daß sie auf keinen besseren Platz mehr Anspruch machen kann, als auf das Archiv der Physik, ohne darum gerade behaupten zu wollen, die Vibrations¬ hypothese entspreche in ihrer gegenwärtigen Gestalt der Natur vollkommen. Die Electricitätslehre erstreckt ihren Einfluß ebenso auf jene vom Magnetismus, wie die Optik auf die Wärmelehre Einfluß nimmt, und es mußte schon darum der Abschnitt vom Magnetismus einige Modificatio- nen erfahren, abgesehen, daß auch in diesem Theile der Naturlehre schätzbare Erweiterungen durch den Fleiß und das Genie der Physiker eingetreten sind. Ich bin mir nicht bewußt, irgend eine wichtige Entdeckung unberührt gelassen zu haben, konnte aber manches Neue nur kurz berühren. Um hierin nicht zu weit gehen und doch den Umfang des Buches nicht zu sehr erweitern zu müssen, sind Ab¬ sätze im Drucke möglichst vermieden und die in den frü¬ heren Ausgaben eingeführten Abkürzungen wieder angewen¬ det worden, und der Leser findet: z. B., Gilb. Ann., Pogg. Ann., Schwcigg. J., Kast. Arch., Zeitsch.,Zeitsch. n. F., Suppl. rc. rc. start Gilbert's und Poggen- d orff's Annalen, Schweigger's Journal für Physik und Chemie, K astner's Archiv für die gesammte Natur¬ lehre, Zeitschrift für Physik und Mathematik, Zeitschrift für Physik und verwandte Wissenschaften, neue Folge, Supplementband rc. Ungeachtet aller dieser Raum erspa¬ renden Mittel ist diese Auflage doch stärker geworden als jede der vorhergehenden. Sollte dieses etwa dem Buche zum Vorwurfe gemacht werden, so mögen es die Naturforscher verantworten, durch deren Lhätigkeit die vm Vorrede. Wissenschaft so viele wichtige Erweiterungen erhalten hat; ich für meine Person kann nur wünschen, daß ich mir keinen größeren Fehler habe zu Schulden kommen lassen, als diesen. Wien, im Jänner 1836. Der Verfasser. Znhaltsanzeige. Erster Theil. Von den wägbaren Stoffen. Seite Einleitung.3 Erster Abschnitt. Bon den Körpern überhaupt. Erstes Kapitel. Allgemeine Eigenschaften der Körper . . 10 Z w e i t e s Kapitel. Verschiedenheiten der Körper . . 28 Aggregationszustand.— L Chemische Verschiedenheit der Körper ... 29 Zweiter Abschnitt. Gleichgewicht der Kräfte. Erstes Kapitel. «Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte 63 Zweites Kapitel. « Theorie der Schwere und Gleichgewicht fester schwerer Körper. 73 Drittes Kapitel. « Gleichgewicht der Kräfte an Maschinen 79 Viertes Kapitel. Gleichgewicht der Theile fester Körper unter einander (Theorie der Cohärenz) .... 88 Kristallisation der Körper.89 L. Art der Verbindung der Theile fester Körper . . 99 Fünftes Kapitel. Gleichgewicht der Kräfte an tropfbaren Körpern. .107 L. Über Flüssigkeiten überhaupt, über tropfbare insbeson¬ dere .— L. « Gesetze des Gleichgewichtes, schwerer, unzusammen¬ drückbarer, nicht adhärirender Flüssigkeiten . . 115 6 « Bestimmung des specifischen Gewichtes festerund tropf¬ barer Körper . . . 122 v. « Gesetze des Gleichgewichtes schwerer, zusammendrück¬ barer adhärirender Flüssigkeiten .... 128 Sechstes Kapitel. Gleichgewicht der Kräfte a» ausdehnsamen Körpern. 137 Schwere und Ausdehnsamkeit der Gase ... — ll. Specifisches Gewicht der Gase. 152 6. Gleichgewicht der Gale. 156 Gleichgewicht der Dünste. 167 Inhalt. Seite Dritter Abschnitt. Bewegung der Körper. Erstes Kapitel, s Allgemeine Bewegungsgesetze, die der festen Körper insbesondere.182 -4. Bewegung, welche durch momentan wirkende Kräfte hervorgebracht wird.183 L. Bewegung, welche durch continuirlich wirkende Kräfte hervorgebracht wird ... . . .185 L. Bewegung, welche entsteht, wenn eine momentan und eine continuirlich thätige Kraft zugleich auf das Be¬ wegliche wirkt.197 v. Stoß der Körper. . 205 Z w eites Kapitel. Hindernisse der Bewegung . . - 211 Drittes Kapitel. Vewegungsgesetze tropfbarflüssigerKörper 217 V Fortschreitende Bewegung.— L. Wellenbewegung.225 Viertes Kapitel. Bewegungsgesetze ausdehnsamer Körper 235 Fünftes Kapitel. Gesetze der schallenden Bewegungen . 239 L. Vom Schalle überhaupt.— L. Fortpflanzung des Schalles.220 6. Der Schall in Beziehung auf Höhe und Tiefe . . 249 l>. Der Schall in Beziehung auf seine Stärke . . 254 L. Schwingungen selbsttönender Körper . . . 259 1°. Schwingungen mittönender Körper .... 275 6. Empfindung des Schalles.279 Zweyter Theil. Von den unwägbaren Stoffen. Erster Abschnitt. Licht. Erstes Kapitel. Das Licht überhaupt.293 Zweites Kapitel. Reflexion des Lichtes .... 301 Drittes Kapitel. Gewöhnliche Brechung des Lichtes . . 308 Viertes Kapitel. Analyse des Lichtes .... 3l3 Fünftes Kapitel. Brechung des Lichtes in sphärischen Linsen 322 Sechstes Kapitel. Interferenz des Lichtes und Farben dün¬ ner Körper.332 Siebentes Kapitel. Beugung des Lichtes . - . - 341 AchtesKapitel. Doppelte Brechung und Polarisation des Lichtes 349 Neuntes Kapitel. Erleuchtung und Absorption des Lichtes . 380 Zehntes Kapitel.NähereDarstellungderVibrationshypothese 391 Eilftes Kapitel. DaüAuge und das Sehen ... 403 Inhalt- Seite Zwölftes Kapitel. Optische Instrumente . . . 415 Mikroskope Fernrohre.425 Einige andere, optische Instrumente .... 434 Zweiter Abschnitt. Wärme. Erstes Kapitel. Von der Wärmeüberhaupt . . . 437 Zweites Kapitel. Gesetze der Bewegung der Wärme . . 438 Drittes Kapitel. Gesetze des Gleichgewichtes der Wärme . 451 Capacität und specifische Wärme .... 452 L. Ausdehnung durch die Wärme ..... 459 6. Änderung des Aggregationszustandes durch die Wärme 466 O. Anwendung der Dünste.474 Viertes Kapitel. Quellen der Wärme und Kälte . . 480 Fü nftes Kapitel. Wärme in Verbindung mit Licht . . 488 Sechstes Kapitel. Theoretische Ansicht der Wärmephänomene 500 Dritter Abschnitt. Magnetismus. Erstes Kapitel. Allgemeine magnetische Erscheinungen . 504 Zweites Kapitel. Verfahren künstliche Magnete zu erzeugen 508 Drittes Kapitel. Gesetze der magnetischen Kräfte im Gleich¬ gewichte .515 Fünftes Kapitel. Gesetze des Magnetismus in Bewegung . 522 Vierter Abschnitt. Electricität. Erstes Kapitel. Elektrische Erscheinungen und Quellen der Electricität überhaupt.545 Zweites Kapitel. Electrisicmaschine und Volta'sche Säule . 550 Drittes Kapitel. Electricität im Gleichgewichte . . 556 Viertes Kapitel. Electricität in Bewegung (electrischer Strom).572 Maß des elektrischen Stromes.613 L- Hindernisse des elektrischen Stromes .... 615 6. Nähere Erörterung der Mittel, Electricität zu erregen 620 Dritter Theil. Erscheinungen im Großen. Einleitung.651 Erster Abschnitt. Physische Astronomie. Erstes Kapitel. «Himmelskörper überhaupt . . . 652 Zweites Kapitel. « Tägliche Bewegung der Himmelssphäre 654 Drittes Kapitel.« Gestalt der Erde und ihre Axendrehung 659 XIl Inhalr. Seite Viertes Kapitel. Scheinbare Bewegung der Sonne und jährliche Bewegung der Erde . . . . 668 Fünftes Kapitel. «* Ergebnisse aus der täglichen und jährli¬ chen Bewegung der Erde.67t Sechstes Kapitel. «* Die Planeten und ihre Bewegung um die Sonne . ..678 Siebentes Kapitel. «* Bewegung der Nebenplaneten und Finsternisse.685 A ch tes Kap i tel. s Die Kometen und ihre Bewegung . . 690 Neuntes Kapitel-«* Nähere Betrachtung der Sonne und der Planeten.692 Zehntes Kapitel. 2 Ursache der Planetenbewegung . , 699 Eilftes Kapitel.«* Fixsterne. Größe des Weltalls . . 704 Zweiter Abschnitt. Physische Geographie. Erstes Kapitel. Beschaffenheit der Erde überhaupt . . 709 Z w e i t e s K a p i t e l. Gewässer der Erde .... 711 Drittes Kapitel. Festes Land. 733 Viertes Kapitel. Veränderungen der Erde . . . . 757 Dritter Abschnitt. Meteorologie. Erstes Kapitel. Von derAtmosphäre und ihren Veränderun¬ gen überhaupt.769 Zweites Kapitel. Veränderungen der Bestandtheile der At¬ mosphäre .771 Drittes Kapitel. Vertheilung der Wärme auf der Erde . 774 Viertes Kapitel. Luftströmungen.796 Fü nftes Kap i te l. Oscillationen der Atmosphäre. . . 802 Sechstes Kapitel. Wassermeteore.8tO Siebentes Kapitol. Electrometeore.822 Achtes Kapitel. Lichtmeteore ...... 832 Neuntes Kapitel. Feuermeteore.844 Zehntes Kapitel. Einiges über Wetteranzeigen . . . 848 Anmerkung. Die mit Sternchen (") bezeichneten Kapitel fallen bei kleinen Lehranstalten laut H. Za deS Studienplanes in das Gebiet des Professors der Mathematik. Naturlehre. Erster TV eil. Von den wägbaren Stoffen. 1. s§s ist eine unläugbare Thatsache des Bewußtsepns, daß wir Vorstellungen haben, deren Gegenstände wir als etwas im Raume Existirendes und denselben Erfüllendes betrachten. Wir be¬ zeichnen diese Gegenstände mit dem Namen Materie und bezwei¬ feln ihr reales Daseyn, aller Behauptungen der Idealisten unge¬ achtet, nicht im geringsten. Materie innerhalb bestimmter Grenzen nennen wir K ö rp e r, den Inbegriff der Körper N at u r in mate¬ rieller Bedeutung, wohl auch Sinn en weit, Kör per weit smuncittnr Zn formeller Bedeutung bezeichnet das Wort Natur das innere Princip alles dessen, was zum Daseyn eines Dinges gehörte In diesem Sinne wird es genommen, wenn man z. B. von der Natur des Wassers, des Goldes u. s. w. spricht. Die Wissenschaft der Natur, d. i. die systematische Kenntniß der Kör¬ perwelt, heißt Naturle hre oder Phy sik im weiteren Sinne. Wiewohl es keinem Zweifel unterworfen ist, daß wir nur mittelst unserer Sinne zur Kenntniß der Körpermelt gelangen, so läßt sich doch nicht läugnen, daß diese Kenntniß immer das Geprä¬ ge des anschauenden und denkenden Subjectes an sich trägt; denn wir können Dinge außer uns nur der, allen Menschen gemein¬ schaftlichen, Form der Sinnlichkeit gemäß anschauen und über so gewonnene Anschauungen nur nach Regeln denken, die in der Na¬ tur unseres Verstandes gegründet sind. Kennen wir die Gesetze un¬ seres Denk- und Anschauungsvermögens, so sind wir im Stande, über Dinge außer uns Etwas a zwr'cmi, d. i. ohne wirkliche An¬ schauung auszusagen, das ihnen nothwendig zukommen muß. Der Inbegriff dieser Wahrheiten macht die reine Naturlehre aus, im Gegensätze mit der Erfahrungsnaturlehre, deren Quelle sinnliche Wahrnehmungen sind. Wenn sich auch das vorliegende Werk vorzugsweise mit letzterer be¬ schäftiget, so kann doch erstere nicht ganz ausgeschlossen werden, weil r * t Phänomene. sich ihre Grenzen zu ost berühren, weik zur richtigen Anwendung der Erfahrungssätze Principien a nöthig sind, und endlich, weil bloße Erfahrung keine strenge Allgemeinheit, mithin keine wis¬ senschaftliche Festigkeit gewährt. 3. Die Erfahrungsnaturlehre schöpft also ihren Stoff aus äu¬ ßeren Anschauungen. Durch diese werden wir das Daseyn der Kör¬ per und die Veränderungen gewahr, welche einer durch den anderen oder durch eine andere Ursache erleidet. Diese Veränderungen heißt man Erscheinungen, Phänomene, wiewohl man nicht sel¬ ten den Ausdruck Erscheinung auf Alles anwendet, was durch die Sinne wahrgcnommen wird. Die Veränderungen der Körper sind von zweierlei Art: entweder Veränderungen des äußeren Zustan¬ des, räumliche Veränderungen, oder der inneren materiellen Beschaffenheit, materielle Veränderungen. Jene heißt man mechanische, diese chemische Veränderungen. So z. B. ist die Veränderung, welche ein Stück Kreide erleidet, wenn man es zerschlägt, eine mechanische, diejenige hingegen, der es unterliegt, wenn man es in ein starkes Feuer bringt und daraus ätzenden Kalk bereitet, eine chemische. Die mechanischen sind, in ihrer Allge¬ meinheit aufgefaßt, nichts als Bewegungen und nur allein Gegen¬ stand der Naturlehre nach der gewöhnlichen Bedeutung des Wor--' tes; die chemischen gehören in das Gebiet einer eigenen, weitläufi¬ gen Wissenschaft, in die Chemie. Dessen ungeachtet ist eine absolute Trennung beider im Vortrage nicht möglich, weil beiderlei Erscheinungen, wiewohl sie im Begriffe scharf getrennt sind, in der Natur oft so innig verbunden vorkom¬ men, daß sie nicht geschieden werden können, ohne der Deutlichkeit Abbruch zu thun. 4. Es gibt so viele Körper und so zahlreiche Einwirkungen derselben aufeinander, daß sie ein menschlicher Geist nicht einzeln zu fassen vermag. Man ist dadurch genöthigl, das Gebiet der Phy¬ sik abermals zu beschränken und dahin nur die allgemeinen Charac- tere alles Körperlichen und die allgemeinsten mechanischen Beziehun¬ gen der Körper zu einander zu versetzen. Die Physik beschäftiget sich aber mit allen Körpern, den organischen und unorganischen, sie betrachtet aber in allen nur das Körperliche, ohne Rücksicht auf den organischen Bau. 5. Die Kenntnis; der Erscheinungen, welche der wissenschaft¬ lichen Einsicht in die Natur zu Grunde liegen, erwirbt man sich durch aufmerksame Betrachtung derselben, d. i. durch Beobach- Beobachtungen, Versuche, Hypothesen. 5 ten. Wiewohl ununterbrochen Erscheinungen vor sich gehen, bei denen sich die Natur in ihrer freien, von unserem Zuthun ganz unabhängigen Wirksamkeit und im Großen äußert; so sind wir doch nicht selten gezwungen, um die angedeutete oder muthmaßliche Ur¬ sache einer Erscheinung aufzufinden, und sie unter möglichst abgeän¬ derten Umständen betrachten zu können, derlei Erscheinungen im Kleinen herbeizuführen. Man heißt dieses einen Versuch machen oder e x p e ri m e n ti re n. 6. Sowohl zur Anstellung mancher Beobachtungen als auch zu Versuchen braucht man Instrumente, deren Zweck, Bestand- theile und Grenzen der Richtigkeit der Physiker genau kennen muß, besonders, wenn er sie nicht blos dazu braucht, das Stattftn- den gewisser Erscheinungen nachzuweisen, sondern sie der Größe nach zu bestimmen und den Einfluß jedes darauf Bezug habenden Nebenumstandes anzugeben. Es ist klar, daß dazu eine, nicht Je¬ dermann eigene Geschicklichkeit, viel Übung und ein besonderer Scharfblick gehört. Jndeß erhält der geschickteste Physiker mit den besten Instrumenten doch nie vollkommen fehlerfreie Resultate, und es bleibt, um der Wahrheit möglichst nahe zu kommen, nichts übrig, als die Operation oft genug zu wiederholen und aus allen Resul¬ taten dasjenige zu suchen, welches mit dem geringsten Fehler behaf¬ tet ist. Dahin gelangt man mittelst einer besondern Rechnungsme¬ thode, die einen Theil der Wahrscheinlichkeitsrechnung ausmacht. (Siehe: Supplementband S. 88. Die Wahrscheinlichkeitsrech¬ nung in ihrer Anwendung auf das wissenschaftliche und practische Le¬ ben, von J. I. Littrow. Wien 1833. Lsusör'sn i'aut ck'oüeeu- k>eu. Le'rrsve 1775. Deutsch: Leipzig 1776. IVoiist Ues ecr- peur'sn.sss. 1770. Deutsch: Leipzig 1771.) 7. So interessant auch schon die bloße Kenntniß des Stattfin¬ dens einer Erscheinung ist, so wird dieses Interesse doch unendlich erhöht, wenn man ein Phänomen im Zusammenhangs mit ande¬ ren erkennt, welches der Fall ist, wenn man die Ursachen desselben aufdeckt oder es erklärt. Man ist aber nicht im Stande, die Ur¬ sachen aller Erscheinungen aufzufinden, sondern man muß sich oft damit begnügen, einen dem gewöhnlichen Gange der Natur gemä¬ ßen Grund vorauszusetzen und zu versuchen, ob sich daraus die Erscheinungen erklären lassen. Solche Voraussetzungen heißt man Hypothesen. So z. B. nehmen viele zur Erklärung der Er¬ scheinungen des Sehens einen eigenen Lichtstoff an, der von leuch- 0 Nutzen der Hypothesen. renden Körpern ausgeht und ig unser Auge eindringt, so daß nach dieser Ansicht der Gesichtssinn auf ähnliche Weise affieirt wird, wie der Geruchssinn, von dem erwiesen ist, daß er durch feine Aus¬ flüsse aus riechenden Körpern angeregt wird. Ähnliche Voraus¬ setzungen macht mau über die Wärme, die Electricität, den Ma¬ gnetismus. 8. Wenn eine Hypothese die Erscheinungen leicht, einfach, ohne Umschweife und Hilfshypothesen erklärt und keiner anerkann¬ ten Wahrheit widerspricht; so kann sie so lange dem wahren Grun¬ de substiruirt werden, als dieser noch verborgen ist. Daher scheint mir die Annahme eines von leuchtenden Körpern ausstrahlenden Lichtstoffes keine glückliche Hypothese, denn sie erklärt, wie die Folge zeigen wird, die Erscheinungen nur mittelst vieler Hilfshy¬ pothesen; daher ist die Annahme negativ schwerer Körper nicht zu¬ lässig, den sie widerspricht der Erfahrung, welche lehrt, daß alles, dessen Materialität erwiesen ist, positiv schwer sey. Als wahre Ursa¬ che kann eine solche Voraussetzung erst dann gelten, wenn sie ent¬ weder als Erscheinung vorkommt oder die Erscheinungen nicht blos im Allgemeinen und der Qualität, sondern auch der Quantität nach erklärt, mithin, der Rechnung unterworfen, Resultate gibt, die mit der Erfahrung übereinstimmen, oder endlich, wenn bewiesen ist, daß die Erscheinungen in ihrem Zusammenhänge nicht anders er¬ klärt werden können. Z. B. Die Luftelectricität war so lange ein blos hypothetisches Wesen, bis Franklin ihr Daseyn factisch nach¬ wies; die elliptische Bewegung der Planeten um die Sonne ist keine Hypothese mehr, weil sich aus ihr und nur aus ihr allein alle da¬ hin gehörenden Erscheinungen, der Größe nach, genau so ergeben, wie sie die Erfahrung nachweiset. 9, Wenn man eine Hypothese sorgfältig braucht und nie ver¬ gißt, daß man es nicht mit einem wahren Grunde zu thun hat; so ist sie für die Wissenschaft von großem Nutzen. Man kann mit ihrer Hilfe Erscheinungen in einen Zusammenhang bringen, die sonst als ein Chaos unübersehbar wären, ja sogar die Erklärung derselben vorbereiten. Die Geschichte der Physik liefert mehrere Bei¬ spiele, welche dieses bestätigen. So z. B. gibt die hypothetische Vor¬ aussetzung eines eleckrischen Fluidums einen sicheren Wegweiser durch das ganze weitläufige Gebiet der electrischen Erscheinungen ab, aus ihr har man sogar die Einrichtung der Blitzableiter erkannt, welche sich bis jetzt noch immer als zweckmäßig bewährt hat. Kraft, G run d k rasst e. 7 10. Häufig ist die Ursache einer Erscheinung selbst wieder ein Phänomen, bedarf daher eines neuen Grundes. Dieser setzt, wen» er in der Erfahrung vorkommt, wieder einen neuen Grund voraus, so daß man endlich durch eine Reihe von Erscheinungen, deren jede zugleich Ursache und Wirkung ist, auf einen letzten übersinnlichen Grund kommt, der im Innern der Natur seine Wurzel hat. Man nennt ihn Kraft, ohne durch diesen Ausdruck mehr als eine uns, dem Wesen nach, ganz unbekannte Ursache einer Erscheinung be¬ zeichnen zu wollen. Z. B. Ein mit erwärmter Luft gefüllter Luft¬ ballon steigt in die Höhe, weil ihn die atmosphärische Luft stärker in die Höhe drückt, als er durch sein Gewicht zu fallen sucht; jener Druck ist aber stärker als dieses Gewicht, weil warme Luft specifisch leichter ist, als kältere; jene ist leichter als diese, weil sie dünner ist; sie ist dünner, weil die Wärme eine ausdehnende Kraft besitzt, die wir nicht weiter zu erklären vermögen. 11. Die Erscheinungen, welchen wir unmittelbar Kräfte zu Grunde legen müssen, sind so mannigfaltig, daß wir, wenigstens vor der Hand, nicht alle derselben aus einer einzigen Quelle abzu¬ leiten vermögen. Wir nehmen deshalb für jede zusammengehörige Reihe von Erscheinungen, die wir nicht weiter erklären können, eine besondere Kraft an, und benennen sie nach der letzten dadurch zu erklärenden Erscheinung. So spricht man von einer Schwerkraft, von einerAdhäsionskraft, um dadurch den letzten Grund der Schwere und der Adhäsion zu bezeichnen. Vergleicht man alle Erscheinun¬ gen mit einander, und bedenkt, daß bei jeder derselben eine Be¬ wegung vor sich geht, daß diese aber nur in einer Annäherung oder Entfernung bestehen kann; so findet man hierin eine völlige Recht¬ fertigung für die Annahme, daß die Anziehungs- und Absto- ßungs kraft die Grundkräfte der Natur sind, alle anderen aber als davon abgeleitete Kräfte betrachtet werden müssen. Diese Kräfte sind der letzte Grund der Bewegungen der Körper, welche Bewegungen theils für sich, theils in ihren Beziehungen auf unsere Sinne, das Object der wichtigsten Forschungen der mechanischen Naturlehre ausmachen. 12. Wiewohl es keinem Zweifel unterworfen ist, daß es Na¬ turkräfte geben muß, weil die Erscheinungen der Körperwelt doch irgend einen letzten, im Wesen der Natur liegenden Grund haben; so sind doch die meisten, vielleicht alle bis jetzt angenommenen Na¬ turkräfte, insbesondere betrachtet, nichts als Hypothesen. Denn es 8 Naturgesetz, Begriff der Physik. ist nicht erwiesen, daß Erscheinungen, welche jetzt für die letzten gehalten werden, nicht doch eine empirische Quelle haben. 13. Das Daseyn derjenigen Erscheinungen, denen wir keinen weitern sinnlichen Grund als Ursache unterzulegen im Stande sind, sammt der Art und Weise, nach der sie erfolgen, sehen wir als eine im Wesen der Natur liegende Einrichtung an und sagen, das Stattfinden einer solchen unerklärbaren Erscheinung sep ein N a- turgesetz. Die Erforschung der Naturgesetze ist der höchste Zweck der Naturlehre, und man kann mit Zuversicht behaupten, daß man im Gebiete dieser Wissenschaft desto weiter gekommen ist, auf je weniger Naturgesetze alle wahrnehmbaren Erscheinungen zurück¬ geführt werden können. 14. Von den hier bezeichneten Naturgesetzen lassen sich beson¬ ders mit Hilfe der Mathematik andere Gesetze ableiten, die nicht selten von der größten Erheblichkeit sind. Man bringt zu diesem Zwecke die aus der Erfahrung bekannten Thatsachen in einen ma¬ thematischen Ausdruck, dessen Form durch das schon bekannte Na¬ turgesetz gegeben ist, wendet hierauf die Kunstgriffe an, mit denen uns der Scharfsinn der großen mathematischen Geister so reichlich versehen hat, und findet so als Resultat der Rechnung ein neues Gesetz. Als Beispiel mag Folgendes dienen: Die Erfahrung lehrt, daß ein langer Metalldraht, durch welchen Electricirät strömt, auf eine Magnetnadel mit einer Kraft wirkt, welche in demselben Verhältnisse abnimmt, in welchem die Entfernung des Drahtes von der Magnetnadel wächst. Bringt man dieses Gesetz in eine mathe¬ matische Formel, io kann man daraus ableiten, daß die Kraft, mit welcher ein Element dieses Drahtes auf die Magnetnadel wirkt, abnimmt, wie das Quadrat der Entfernung wächst. Durch Erfahrung hätte man dieses Gesetz nie unmittelbar finden können, weil man mit einzelnen Elementen keinen Versuch machen kann. Es zeigt sich daher die Wichtigkeit der Mathematik für den Physi¬ ker von der schönsten Seite, und beweiset unwidersprechlich, daß in den Naturwissenschaften gerade so viel Wissenschaft als Mathe matik enthalten sey. 15. Alles bisher Gesagte zusammengenommen bezeichnet den Begriff der ErfahrungsN^turlehre als die systematische Kennt- niß der Gesetze der Veränderungen der Körper- welk- Nutzen der Physik. K Hieraus ist nun leicht ersichtlich, daß sich die Physik wesentlich unter¬ scheidet von der Naturgeschichte, welche die Naturkörper be¬ schreibt undclassificirt, und von der Physiologie, welche die Ge¬ setze des Lebens organischer Körper erörtert; worin sich die Physik von der Chemie unterscheidet, ist bereits (3) gesagt worden. Siehe hierüber: Untersuchungen über den eigentlichen Sinn der höheren Analysis nebst einer idealen Übersicht der Mathematik und Natur¬ kunde von E. G. Fischer. Berlin 1808. S- 1 — 62. 16. Der Nutzen, den die Naturlehre dem Menschen als Mit¬ glied eines Staates oder als moralischem Wesen verschafft, ist so groß, daß er hier nur kurz angedcutet, keineswegs erschöpfend aus einander gesetzt werden kann. Alle technischen Gewerbe sind ihrer Vollkommenheit desto näher, je mehr das bei ihrer Ausübung ge¬ bräuchliche Verfahren auf den Naturgesetzen beruht, mit deren Ent¬ wicklung sich die Physik beschäftiget; der Ackerbau bedarf derselben Gesetze, um seine Products nachhaltig zu gewinnen und seine Kräfte zweckmäßig anzuwenden; derHandel zuWafferund zuLande nimmt die Naturlehre in Anspruch, und dieselbe Wissenschaft ist es, welche die Waffe schmieden und führen lehrt, die den Feind des Vaterlan¬ des im Zaume hält. Nicht kleiner ist der moralische Nutzen der Na¬ turlehre: Sie ist die Lehrerin der Klugheit, indem sie die Erfolge mancher Ereignisse voraussehen lehrt; sie predigt Demuth und Be¬ scheidenheit, indem sie uns die Größe und Herrlichkeit der Natur und die Unmöglichkeit sie ganz zu begreifen darstellt; sie zeigt aber auch die Größe des menschlichen Geistes von der schönsten Seite und flößt Vertrauen zu unseren Kräften ein. Man kann mit vollem Rechte von der ganzen Physik das sagen, was ein großer Genius der Deutschen von einem ihrer Theile, der Sternkunde, sagt: Daß sie dem Menschen ein erhabenes Herz gibt, und ein Auge, das über die Erde hinausreicht, und Flügel, die in die Unermeßlichkeit he¬ ben, und einen Gott, der nicht endlich, sondern unendlich ist. Grster Ävschnirt. Von Körpern überhaupt. Erstes Kapitel. Allgemeine Eigenschaften der Körper. 17. Die materiellen Wesen, deren Inbegriff die Körpenvelt ausmacht, stehen unter einander in beständiger Wechselwirkung; sie ändern sich gegenseitig in ihren äußeren und inneren Verhältnissen und begründen so das stets rege Leben der materiellen Natur. Die¬ ses Auseinanderwirken erfolgt durch eigene, den Körpern inwoh- nende Kräfte und durch die sogenannten Imponderabilien, worun¬ ter man das Licht, die Wärme, die Electricität und den Magne¬ tismus versteht. Sowohl fene Kräfte als auch diese Imponderabi¬ lien müssen nach bestimmten Gesetzen wirken, über welche nur die Erfahrung, verbunden mit richtigen Schlüssen, Aufschluß zu ge¬ ben vermag. Theils durch die Imponderabilien, theils durch unmit¬ telbare Berührung oder durch eine Bewegung eigener Art wirken die Körper auch auf unsere Sinnesorgane, und erregen dadurch jene Affection, auf welche die Wahrnehmung folgt. So z. B. wird durch die Wärme unser Gemeingefühl, durch eine besondere Bewe¬ gung unser Gehör und durch unmittelbare Berührung der Tastsinn afficirt. Von letzterem Sinne allein wissen wir mit Gewißheit, daß er nur durch Materielles afficirt werden kann; darum auch nur ge¬ gen die Materialität desjenigen kein Zweifel übrig bleibt, welches tastbar ist, oder das, falls ein Betasten wegen zu großer Entfer¬ nung unmöglich ist, mit dem Tastbaren in allen übrigen Verhält¬ nissen übereinstimmt. Die Möglichkeit einer solchen Übereinstimmung setzt aber voraus, daß allen wahrnehmbaren Körpern Eigenschaften zukommen, die sie von dem nicht Materiellen unterscheiden, und die ihnen nicht entzogen werden können, ja nicht einmal einer Ausdehnung/ Fig u rabili tä t. 11 Vermehrung oder Verminderung fähig sind. Von der Art find die Ausdehnung/ Fi g u ra b ili tä t und Undurchdring¬ lichkeit. Sie heißen wesentliche allgemeine Eigenschaf¬ ten der Körper. 18. Alles Körperliche existirt für uns im Raume/ ist also ausgedehnt/ und hat/ weil es in seiner Ausdehnung begrenzt ist/ eine gewisse Form der Begrenzung/ d. i. eine Figur. Dre Erfahrung bestimmt diese Eigenschaften noch näher/ indem sie lehrt, daß jeder, auch der kleinste Körper, drei Dimensionen habe, daß die Figuren der Körper höchst mannigfaltig und sehr oft regelmäßig oder wenigstens symmetrisch seyen, wie man an den Zeichnungen der Schmetterlingsflügel, am Gewebe feiner Häute, an den Gestalten des Eises an Fenstern u. s. w. bemerkt; daß einige Körper eine selbstständige Gestalt haben, andere aber sich stets nach dem Gefäße richten, in welchem sie sich befinden« Mikroskopische Beobachtungen sind in dieser Hinsicht besonders lehrreich, und zeigen häufig auch da noch die größte Regelmäßigkeit oder Symmetrie der Formen, wo das unbewaffnete Auge keine Spur von Ordnung und Symme¬ trie wahrnimmt. (Schuppen von Schmetterlingsflügeln, von Fischen, Haare vom Maulwurf, vom Reh; Blutkügelchen rc.) Ausdehnungen werden gemessen, indem man ihr Berhältniß zu irgend einer Ausdehnung angibt, die man als Ein h eit annimmt. Diese Einheit ist in verschiedenen Ländern der Größe und Benennung nach verschieden. In Frankreich wird der 10,000,OOOsteTheil des nördlichen Meridianquadranten der Erde als Einheit der linearen Ausdehnung angenommen und Meter genannt. Ein Zehntel, Hundertel, Tau- sendtel davon heißt Decimeter, Centimeter, Millimeter; das Zehn¬ fache, Hundertfache, Tausendfache desselben Decameter, Hectome- ter, Kilometer. Die Einheit des Flächenmaßes heißt Are, und ist ein Quadrat, dessen jede Seite 10 Meter beträgt; die Einheit des Kubikmaßes ist ein Kubikdecimeter, Liter genannt. Ein Kubikme¬ ter heißt Stere. In den meisten andern Ländern und zum Theile auch noch jetzt in Frankreich ist eine Klafter, ein Fuß, Zoll und eine Linie die Einheit des Längenmaßes, eine Quadratklafter, ein Qua¬ dratfuß rc. die des Flächenmaßes, und eine Kubikklafter, ein Kubik¬ fuß rc. die des Körpermaßes. Man kennt heut zu Tage die Verhält¬ nisse der in verschiedenen Ländern gangbaren Maße zu einander mit ziemlicher Genauigkeit, und kann daher leicht eines in das andere verwandeln. Ein Wieuerlängenfuß hält 0.3161023 Meter, ein Qua- dratsuß 0.0998 Quadratmeter, einKubikfuß 0.0316Kubikmeter. Eine Pariserklaster (Toisc) von 6 Pariserfuß hält 1.949 Meter, ein Pari- 12 No ni uS. Undurchdringlichkeit. serfuß 0.3248 Meter, ein engl. Fuß 0.3048 Meter, ein preuß. 0.3138 Meter, ein bair. 0.2919 Meter. (Eine vollständige Tabelle liefert der Supplementband S. 853—872.) In der Folge soll unter dem Ausdrucke: Einheit des Längenma¬ ßes oder Länge —1 stets ein Längenfuß, unter Einheit des Flächen¬ maßes oder Fläche —I ein Quadratfuß, unter Einheit des Kör¬ permaßes oder Rauminhalt — 1 ein Kubikfuß verstanden werden, wenn nicht ausdrücklich eine andere Einheit genannt wird. — Zur Bestimmung linearer Ausdehnungen bedient man sich guter Ma߬ stäbe, die mit einem Nonius oder Vernier versehen sind. (Sie zu beurtheilen und zu gebrauchen lehrt der Supplementband S. 28 u.f.) Nonius heißt eine, in gleiche Theile getheilte Linie, die sich an einem Maßstabe verschieben läßt und dazu dient, den Abstand zweier unmittelbar auf einander folgender Theilstriche desselben in kleinere Theile zu theilen. Ist ein Stück -r eines Maßstabes in » glei¬ che Theile getheilt, so beträgt die Größe eines Theiles Hat auch der Nonius die Länge -r und ist er in n—I, oder in n-j-I, Theile getheilt, so ist die Größe eines solchen Theiles oder , mithin der Unterschied zwischen einem solchen Theile des Nonius und einem Theile des Maßstabes a a a a ep a - — ' / o - , , - - ' n« ?r—1 n 7r(?r—I) /r n-j-I. zr(n-j-I) Ist z. V. n—13 Linien, /r —13, und der Nonius in 12 Theile getheilt, so ist der Unterschied von einem Intervall des Maßstabes und des Nonius a a(»—1) —'/,,L. und die Größe von2, 3,4 re. solcher Intervalle beträgt L. re.; man kann also mit¬ telst eines solchen Nonius noch 12tel einer Linie messen, wenn auch der Maßstab nur in Linien getheilt ist. Dasselbe ist der Fall, wenn der Nonius 11 Linien lang und in 12 gleiche Theile getheilt ist. Wäre nun mittelst eines so eingerichteten Maßstabes die Linie (Fig. 1) zu messen, deren Länge so beschaffen ist, daß, wenn man das Ende mit dem Anfangspunkte des Maßstabes «5 zusammenfallen läßt, L zwischen zwei Theilstriche desselben fällt, und daher das über den letzteren Theilstrich hinausfallende Stück nicht mehr genau an¬ gegeben werden kann; so verschiebe man den Nonius «4 so, daß ein Ende desselben mitLzusammenfallt. Trifft da der Ite,2te, 3te re. Theilstrich des Nonius auf einen Theilstrich des Maßstabes, so be¬ trägt das kleine, ohne Nonius nicht mehr meßbare Stück , 3/,, :c. einer Linie. Es ist leicht einzusehcn, daß sich auf ähnliche Weise Stücke von Kreisbögen mittelst des Nonius messen lassen. 1g. Alle für uns erkennbaren Körper füllen einen Raum so aus. Laß in demselben zu gleicher Zeit kein anderer seyn kann, d. i. Taucherglocke, Atomisten, Dynamisier:. IZ sie sind undurchdringlich. Daher steigt das Wasser in einem Gefäße, wenn man einen Stein hineinwirft; eine Flüssigkeir läßt sich nur in ein anderes Gefäß überfüllen, wenn die Luft daraus ent¬ weichen kann; in einem verschlossenen, luftdichten Cylinder läßt sich der Kolben nie bis zum Boden hinabdrücken. Auf dieser Eigenschaft beruht der Unterschied zwischen mathematischen und physischen Kör¬ pern, die Sperrbarkeit der Materie u. s. w., unter andern auch eine zu'vielen Zwecken recht brauchbare Vorrichtung, die Taucher¬ glocke. Diese besteht aus einem großen, luftdichten, auf einer Seite offenen, einer umgestürzten Tonne ähnlichen Gefäße, wel¬ ches mit der Öffnung auf das Wasser gesetzt und so versenkt wer- den kann, ohne daß es vom Wasser erfüllt wird. Halfley ver¬ weilte- mittelst einer solchen Glocke mit noch vier andern Personen 1Z Stunde auf dem Meeresgründe. Die allgemeine Anwendbarkeit dieser Vorrichtung wird aber dadurch beschränkt, daß die Luft in der Glocke bald durch das Athmen verdorben wird und daß man sich, wegen der zu starken Verdichtung der Luft und des daraus entste¬ henden Druckes auf den menschlichen Körper, nicht in bedeutende Tiefen wagen darf. Ein langer, noch nicht ganz entschiedener Streit ist unter den Physi¬ kern bei der Frage entstanden, wie die Materie den Raum erfülle oder wodurch sie undurchdringlich sey. Sie wurde den Meinungen nach, die man von der Materie hatte, verschieden beantwortet. Die Atomisten, d- i. diejenigen, welche behaupten, die Materie be¬ stehe aus kleinen aber doch ausgedehnten, nicht zusammendrückbaren und untheilbaren aber verschieden geformten Theilen (Atomen), neh¬ men an, daß dieses durch bloße Existenz geschehe. Die Dynamiker hingegen, welche die Materie als das Resultat von zwei sich gegen¬ seitig hemmenden Kräften, der anziehenden und abstoßenden, be¬ trachten , lassen es durch letztere Kraft bewirken. Eigentlich find die Voraussetzungen beider bloße Hypothesen, nur ist die der Atomi¬ sten weniger genügend, indem sie zur Erklärung der Natur der Materie materielle Dinge voraussetzt, ihnen allerlei Qualitäten bei¬ legt und dem Forschungsgeiste eine willkürliche Grenze setzt. Die Annahme der Dynamikerfscheint einfacherund denDenkgesetzen an¬ gemessener zu seyn, indem sie alle Erscheinungen aus der bloßen Modification der Grundkräfte erklärt. Übrigens besteht das Phäno¬ men der Undurchdringlichkeit, wodurch sich uns ein Körper als sol¬ cher ankündiget, in dem Widerstande, welchen jeder in den Raum eines anderen eindringende Körper erfährt, also im Aufheben der cindringenden Kraft. Da dieses durch eine entgegengesetzte, also zu- 14 Trägheit/ Beweglichkeit, Porosität. rückstoßende Kraft möglich ist, so kann man wohl annehmcn, daß er durch diese undurchdringlich sey. (Kants Anfangsgründe der Na¬ turwissenschaft. Riga, 1787.) 20. Außer diesen Eigenschaften, die als wesentliche an¬ erkannt werden müssen, gibt es noch andere, die zur Wahrnehm¬ barkeit eines Körpers zwar nicht nothwendig sind, aber doch von der Erfahrung an allen Körpern nachgewiesen werden, die uns zu Gebote stehen. Sie heißen zufällige allgemeine Eigenschaften und sind: Trägheit und Beweglichkeit, Porosität, Ausdehnbarkeit und Zusammendrückbarkeit, Theil- barkeit und Schwere. 21. Dem von der Erfahrung abstrahirten Begriffe gemäß den¬ ken wir uns jeden Körper als etwas Träges, d. i. als etwas, das seinen Zustand, er bestehe in Bewegung oder Ruhe, nicht selbstthä- tig zu ändern vermag. Soll ein ruhender Körper bewegt werden, so muß Etwas da seyn, das ihn in Bewegung setzt; soll ein beweg¬ ter in Ruhe kommen, so muß die Ruhe durch Etwas bewirkt werden. Auch in dem Falle, wo wir dasjenige, welches eine Änderung des Zustandes eines Körpers hervorbringt, nicht wahrnehmen, oder als etwas in ihm Befindliches denken, wie z. B. bei Pflanzen und Thie- ren, trennen wir dasjenige, dessen Zustand verändert wird, als träges von dem, welches die Änderung hervorbringt. Die Erfah¬ rung spricht durchaus für diese Eigenschaft; sie bewährt sich im Fortrollen einer Kugel, die bei übrigens gleichen Umständen desto weiter geht, je glatter der Boden ist, den sie berührt, und in der Schwierigkeit, sich in der Ebene zurückzuhalten, wenn man von einer Anhöhe herabgelaufen ist. An der ununterbrochen fortdauern¬ den Bewegung der Himmelskörper, ohne daß man in Jahrhun¬ derten eine Abnahme derselben bemerken konnte, sieht man den besten empirischen Beweis für die Trägheit der Körper. Daß aus der Trägheit der Körper ihre Beweglichkeit nothwendig folge, ist klar. 2A Das Träge oder Undurchdringliche an einem Körper heißt man seine Masse, den Raum, welchen er einnimmt, seinen Rauminhalt, Volum. Das Verhältnis; der Massen ist'jenem der Rauminhalte nicht bei allen Körpern gleich, weil nach dem Zeugnisse der Erfahrung die Materie durch größere oder kleinere Zwischenräume unterbrochen ist, d. i. Porosität besitzt. Diese Zwischenräume erkennt man an vielen Körpern schon mit freiem Ausdehnbarkeit, Zusammendrückbarkeit. LZ Auge, wie z. B. im Korkholz; selbst da, wo man sie nicht sieht, schließt man auf 'ihr Daseyn aus einerlei Erscheinungen. So geht z. B. Quecksilber mittelst des Druckes, den man mittelst einer Presse darauf ausübt, durch das dichteste Holz und schon mit¬ telst eines mäßigen Druckes der Hand durch Leder; aus Holzstü¬ cken, Eiern, Nußschalen, selbst aus dem sogenannten Hydrophan (einem porösen Steine) steigen Luftblasen auf, wenn man sie ins Wasser legt, zum Beweise, daß die in den Zwischenräumen ent¬ haltene Luft durch das Wasser vertrieben wird, mithin zum Beweise des Daseyns der Zwischenräume selbst. Marmor laßt eine mit Fir¬ niß abgeriebene Farbe auf eine ziemliche Tiefe eindringen; tropf¬ bar flüssige Körper, z. B. Wasser, Weingeist, saugen luftförmi- ge Stoffe ein und beurkunden dadurch ihre Porosität. Wie groß die Anzahl der Zwischenräume in den Häuten der Thiere sey (wenn es überhaupt erlaubt ist, die feinen Gefäßenden an der Oberhaut Po¬ ren zu nennen), kann man aus dem Austreken des Schweißes, der Wirksamkeit der Salben und Räucherungen schließen. Die. sem zu Folge ist jeder Körper ein Aggregat sehr vieler kleiner Theil- chen, die sich nicht allenthalben, vielleicht auch gar nicht berühren, man mag sich dieselben nach der atomistischen oder dynamischen An¬ sicht vorstellen, und somit haben diese Vorstellungsarten selbst auf den eigentlichen Gang der Forschungen über dieKörperphänomene kei¬ nen wesentlichen Einfluß. 23. Ein und derselbe Körper enthält nicht unter allen Umstän¬ den bei demselben Volum gleich viel Masse; denn die Erfahrung lehrt, daß sich der Rauminhalt eines Körpers vergrößern und ver¬ kleinern läßt, d. h. daß der Körper ausdehnbar und zusam¬ men d r ü ck b a r ist. Dieses geschieht durch mechanische, von Außen angebrachte Kräfte und durch Erwärmung und Erkältung. Befesti¬ get man einen dünnen Stab von Holz, Metall oder einem anderen Stoffe an einem Ende und bringt am anderen ein Gewicht an, das ihn zu verlängern sucht; so bemerkt man auch eine entspre¬ chende Verlängerung desselben. Ein Zwirnfaden, ein Bleidraht, ein Streifen Kautschuk läßt sich schon durch den Zug mit der Hand verlängern. Dabei wird ein solcher Körper allerdings auch dünner, jedoch in einem geringeren Verhältnisse, als er länger geworden ist, so daß also eine wirkliche Vergrößerung des Volums einge¬ treten ist. Wird ein solcher Körper am unteren Ende aufgestemmt und von oben mit Gewichten belastet, so wird er zusammengedrückt 16 Thermometer. und sein Volum vermindert. Das kräftigste Mittel, daS Vo¬ lum eines Körpers zu andern, ist aber Erwärmung und Erkäl¬ tung. Durch erstere wird es vergrößert, durch letztere verkleinert. Eine metallene Kugel, die genau durch einen Ring geht, so lange sie kalt ist, bleibt in demselben stecken, wenn man sie ohne den Ring erhitzt; füllt man ein Gefäß, das mit einer verhältnißmäßig engen Röhre verbunden ist, mit einer Flüssigkeit so weit an, daß dieselbe in die Röhre reicht, so sieht man sie steigen, wenn Erwar¬ mung eintritt; eine schlaffe Blase schwillt an, wenn sie luftdicht zu¬ gebunden ist und einem warmen Ofen genähert wird. Die Zunah¬ me des Rauminhaltes beträgt in der Regel desto mehr, je weiter ein Körper erhitzt wird, mit der Rückkehr der vorigen Wärme stellt sich auch in der Regel wieder das vorige Volum ein. Wenn eini¬ ge Körper, z. B. Thon, Leder, sich in der Hitze zusammenziehen, statt sich auszudehnen, so kommt dieses auf Rechnung verflüchtig¬ ter oder zerstörter Stoffe oder des aufgehobenen Gefüges, und kann deshalb nicht als der Regel widersprechend angesehen werden. — Weil die Vergrößerung des Rauminhaltes in so genauer Ver¬ bindung mit der Erwärmung steht, so schließt man häufig von je¬ ner auf diese, ja es ist die Größe der Ausdehnung eines Körpers der sicherste Maßstab für die Größe der Erwärmung (Temperatur); denn die Empfindung, welche ein warmer Körper in uns erregt, und die man vielleicht für den einfachsten und besten Maßstab der Wärme zu halten geneigt seyn dürfte, taugt dazu nicht, weil sie nicht allein von der Temperatur, sondern auch von der Individualität, Ge¬ wohnheit, vom Alter, vom vorhergehenden Zustande der Wärme des Empfindenden rc. abhängt, und weil ein Körper in demselben Zustande einer und derselben Person bald warm, bald lau, bald kalt erscheinen kann. 24. Das Instrument, welches zum Messen der Temperatur dient und auf der Ausdehnung der Körper durch die Wärme beruht, heißt Th ernto meter. Man bedient sich heut zu Tage drei ver¬ schiedener Arten der Thermometer, nämlich der Quecksilber-, Wein¬ geist- und der Luftthermometer. Hier soll nur von den zwei ersten die Rede seyn. 25. Das Quecksilberthermometer besteht aus einer gläsernen, engen, wohl kalibrirten Röhre (Fig. 2), an deren einem Ende ein ihrer Weite angemessenes, meistens kugelförmiges Gefäß angeblasen ist. Dieses wird bis zu einer bestimmten Höhe mit reinem Quecksilderthermomek er/ !7 trockenem Quecksilber gefüllt, und alle Luft, die theils im Quecksilber selbst, theils zwischen dem Glase und dem Quecksilber enthalten ist, durch Kochen ausgetrieben. Meistens vertreibt man auch die Luft, welche sich oberhalb des Quecksilbers befindet, und schmilzt dann die Röhre zu; nur selten läßt man sie offen. Ein so weit fertiges Thermometer wird hierauf mit einer Scale versehen. Zu letzterem Zwecke bestimmt man zwei Puncte an der Röhre; den einen (Eis- punct) dadurch, daß man die Röhre in aufthaueudes Eis senkt, so lange darin läßt, bis sich die Länge der Quecksilbersäule nicht mehr ändert, und dann den Punct am Glase aumerkt, der ihrem Ende entspricht; den andern (Siedpunct), indem man sie in reines, sie¬ dendes Wasser hält und eben so verfährt. Die Folge wird lehren, mit welchen Vorsichten letzteres zu geschehen habe. Den Abstand die¬ ser zwei Puncte (Fundamentalabstand) kheilt man in gleiche Theile oder Grade, und zwar in 80 nach Reaumur, in 100 nach Celsius, in 180 nach Fahrenheit, und bezeichnet in den ersten zwei Fällen den Eispunct mit 0, im dritten mit 32, so daß dem Siedpuncre bei der Raaumur'schen Eintheilung die Zahl 80, bei der Celüschcu 100, bei der Fahrenheit'schen 180-1-32—212 entspricht. Man kann diese Eintheilung in Grade auch noch über dem Siedpuncte und un¬ ter 0 fortsetzen und die Grade unter 0 negative oder Kältegrade nennen, zum Unterschiede von denen über 0, welche man positive oder Wärmegrade heißt. Es gibt auch Thermometer mit ungleich großen Graden. Gay-Lussac lehrte sie zuerst aus ungleich wei¬ ten Röhren so verfertigen, daß zwischen je zwei aufeinander fol¬ genden Theilstrichen gleiche Theile des Rauminhaltes der Röhre lie¬ gen. Man kann gleich an demselben Thermometer mehrere Eintei¬ lungen anbringen und auch die Grade einer Eintheilung in die einer anderen durch eine einfache Rechnung verwandeln. Nennt man z. B. eine beliebige Anzahl Grade nach Rsaumur L, dis iHv entsprechende Anzahl nach Celsius <7, nach Fahrenheit §, so ist: z (§-32)--11, ZL_>_Z2^§ ß (§ — 32) -- K e^.Z2--§ In Rußland bedient man sich noch manchmal der Delisle'schen Ther¬ mometerscale, nach welcher der Fundamentalabstand in ISO gleiche Theile getheilt, der Siedpunct mit 0, der Eispunct mit 150 be¬ zeichnet ist. Newton hat als fixe Puncte seines Leinöhlthermome- ters den Schmelzpuuct des Eises und die Wärme seines Körpers Naturlehre. 5. Aust. 2 18 Que cksilb er rhe rm om eler. angenommen und den Abstand in >2 gleiche Theile gethcilt. Erst nach dem Jahre 1714 wurde man über die Wahl der fixen Puncte einig, nicht aber über die Eintheilung des Fundamentalabstandes, zu welcher viele Vorschläge gemacht wurden. Das erste Thermome¬ ter war ein Luftthermometcr; Drcbbel, ein holländischer Land¬ mann, soll cs im Jahre 1630 erfunden haben. 26. Sollen zwei Quecksilberthermometer übereinstimmend seyn, d. h. sollen sie unter einerlei Umstanden dieselbe Anzahl Grade an¬ geben ; so müssen sie nicht allein genau auf dieselbe Art in ihren wesentlichen Puncten verfertiget werden, sondern es muß auch das angewandte Quecksilber von gleicher Natur und Reinheit seyn, die . Temperaturen des aufthauenden Eises und des siedenden Wassers müssen beständig dieselben bleiben und sowohl der Eis- als der Siedpunct unverändert an dieselbe Stelle fallen. Der Erfahrung gemäß ist die Temperatur des reinen zerstoßenen Eises oder des Schnees von dem Augenblicke an, wo die Schmelzung sichtbar zu werden anfängt, bis dahin, wo sie mitWaffer durchzogen sind, voll¬ kommen constant und zu allen Zeiten dieselbe; mittelst dieses wird daher der Eispunct genau bestimmt werden können. Die Hitze des siedenden reinen Wassers hangt aber von der Natur des Gefäßes, worin es kocht, vom Drucke der Luft und von der Tiefe der sieden¬ den Schichte unter der Oberfläche des Wassers ab. Man hat erfah¬ ren , daß Wasser bei übrigens gleichen Umständen nur in allen me¬ tallenen Gefäßen bei demselben Hitzegrade siedet, in gläsernen oder rhonernen Gefäße» braucht es dazu eine höhere, aber nicht in allen Gefäßen gleiche Temperatur; deshalb soll die Bestimmung desSied- punctes stets in einem Mecallgefnße geschehen. Jedoch haben selbst in einem solchen Gefäße nicht alle Schichten des siedenden Wassers einerlei Hitze, sondern diese ist an der obersten Schichle am gering¬ sten und wächst von oben nach unten so, daß in einem nur etwas tiefen Gefäße zwischen der Hitze der obersten und untersten Schichte ein sehr bedeutender Unterschied herrscht. Die Temperatur der ober¬ sten Wasserschichte hat auch der Dampf über dem Wasser, voraus¬ gesetzt, daß er sich reichlich entwickelt und nicht durch eine zu. großF Öffnung entweichen kann. Darum bestimmt man den Siedpunct am besten im Dampfe , unmittelbar über der Fläche des siedenden Wassers. Ist das Kochgefäß so eingerichtet, daß der Dampf erst abwärts steigen muß, um ins Freie gelangen zu können, so nimmt selbst im empfindlichsten Instrumente das Quecksilber einen vollkom- Weingeistrh erm o merer. IH men stationären Stand an und laßt über den wahren Ort des Sied- punctes gar keine Unsicherheit übrig. Aber sowohl der Wafferdampf als die oberste siedende Wasserschichte haben nur bei demselben Luft¬ drücke dieselbe Temperatur, und werden desto heißer, je großer der Luftdruck ist. Die Folge wird lehren, daß man diesen Druck durch den Stand des Barometers erkennt. Deshalb soll man den Sied- puncr entweder nur bei einem bestimmten Barometerstände, nämlich bei dem von 28 Pariser Zoll bestimmen, oder den bei einem ande¬ ren Stande gefundenen auf jenen reduciren. So lange das Baro¬ meter über 26 Pariser Zoll steht, findet man den Fundamentalab¬ stand für jede Pariser Linie, um welche der Luftdruck größer als 28 Pariser Zoll ist, um-777^" zu groß, und für jede Linie unter 28 Pariser Zoll um eben so viel zu klein. 27. Wenn zwei Thermometer ursprünglich auch auf das ge¬ naueste mit einander übereinstimmen, so weichen sie doch nach eini¬ ger Zeit von einander ab. Man hat die Erfahrung gemacht, daß der Eispunct an einem luftleeren Thermometer mit der Zeit etwas auf¬ wärts rückt. Diese Veränderung ist bei Thermometern mit Kugeln kleiner als bei den mit Cylindern, auch da kleiner, wo die Wände des Quecksilbergefäßes dicker sind, als bei dünnen; offene Thermo¬ meter sind ihr nicht ausgesetzt. Es ist kaum zu zweifeln, daß dieses von einer durch den äußeren Luftdruck mit der Zeit bewirkten Ver¬ kleinerung des Quecksilbergefäßes herrühre. Der Eispunct erleidet noch eine andere Veränderung, die an offenen und luftleeren In¬ strumenten auf gleiche Weise vor sich geht und oft an Größe die vo¬ rige übertrifft. Er wird nämlich durch eine schnelle Erhitzung, be¬ sonders wenn darauf ein schnelles Erkalten erfolgt, erniedriget, gehr aber nach einiger Zeit von selbst wiederein die Höhe. Endlich ist noch zu bemerken, daß in einem verrical stehenden Thermometer die ganze Säule etwas tiefer zu stehen kommt, als in einem geneig¬ ten oder gar horizontal liegenden, weil durch den Druck der Quecksilbersäule das Quecksilbergefäß erweitert wird. Alle diese Ver¬ änderungen betragen zwar nur Bruchtheile eines Grades, dürfen aber doch bei genauen Beobachtungen nicht übersehen werden. Viel Lehrreiches hierüber liefern Poggen do rffs Annalen 11. 276 n. 335; 13. 33. 28. Weingeistthermometer sind den Quecksilberther¬ mometern ganz ähnlich, werden auch auf gleiche Weise verfertigt, nur mit dem Unterschiede, daß man als thermometrische Flüssigkeit 2 * Tü Pyrometer. statt Quecksilber gefärbten Weingeist nimmt. Wiewohl dieser für sich im Freien schon unter 100" siedet, so kann man doch Weingeist- thermometer verfertigen, welche ohne Gefahr des Zerspringens die Hitze des siedenden Wassers aushalten. Man braucht sie nur ganz luftleer zu machen. Die entstehenden Weingeistdünste hindern durch ihren Druck das S ieden des Weingeistes und haben doch nicht Kraft genug, ein starkes Glas zu zerreißen. Es ist wohl an sich klar, das; man zu allen Weingeistthermometern Weingeist von gleicher Starke nehmen muß, und das; ein Weingeist- und ein Quecksilberthermome- ter nicht mit einander übereinsiimmen werden. Sollen daher die Angaben beider mit einander verglichen werden können, so muß man die derselben Temperatur entsprechenden Grade beider ken¬ nen. Man zieht gewöhnlich aus guten Gründen das Quecksilber- thermometer dem Weingeistthermometer vor und nimmt letzteres nur, wo eine zu große Kälte das Gefrieren des Quecksilbers be¬ fürchten läßt. Von Luftthcrmvmctern und von den Diffcrenzialthermometern wird später die Rcde^seyn. Über Thermometrogravhen, ViZa-rüz-um- und Thermometer, so wie über die Verfertigung, Berichti¬ gung und den Gebrauch der Thermometer überhaupt siehe den Sup- plenieutband S. 102 — 133, oder: Luz Anweisung, Thermometer zu verfertigen. Nürnberg, 1834. Kö rner's Anleitung zur Verfer¬ tigung übereinstimmender Thermometer. Jena, 1824. 29- Für große Hitzgrade, die mittelst der Thermometer nicht mehr bestimmt werden können, bedient man sich sogenannter Py¬ rometer. Diese sind noch bei weitem nicht auf einen so hohen Grad der Vollkommenheit gebracht, wie die Thermometer. Am häu¬ figsten bedient man sich des Wedg e w o o d'schen Pyrometers. Die¬ ses beruht auf der Eigenschaft des Thönes, sich in der Hitze nach Verhältnis; ihrer Intensität zusammenzuziehen und beim Abküh¬ len das kleinste Volum, das er hatte, beizubehalten. Es besteht aus einer hinreichenden Anzahl kleiner Thoncylinder und einer Vor¬ richtung, ihre Dicke zu messen. Diese Vorrichtung (Fig. 3) wird von zwei convergirenden, etwa 12 Zoll langen Leisten gebildet, die an einem Ende um 0.5 Zoll, am anderen um 0.3 Zoll von einan¬ der abstehen und zwischen welche obige Cylinder desto weiter hinein¬ geschoben werden können, je kleiner sie sind. Die Leisten find derLänge nach in 2-40 gleiche Theile getheilt, welche die Pyrometergrade ver¬ stellen. Die.Cylinder werden aus eigens gemischtem Thone von Pyro mer er. 21 Cornwallis gemacht, zuerst alle von gleicher Größe angetragen und hierauf bei 100" 6' gerrocknec. Schon beim Trocknen schwinden sie ungleich, so daß wohl einige genau bis zum Nullpunct der Scale mit der vorderen Kante zwischen die Leisten geschoben werden kön- neu, andere aber weiter, andere minder weit reichen. Um alle brauchen zu können, notirr man auf jedem Stücke die Zahl, um welche es zu klein oder zu groß ist, und zwar erstere an der vorderen, letztere an der Hinteren, abgestumpften Seite, damit man beim Gebrauche darauf die gehörige Rücksicht nehmen könne. Die so regulirten Stü¬ cke werden hart gebrannt, und reichen dann meistens bis zum 5ten oder 7ten Grade. Will man mit diesem Instrumente eine hohe Temperatur be¬ stimmen, so bringt man einen solchen Thoncylinder dahin, wo sie herrscht, und läßt ihn daselbst, bis er die Temperatur seines Ortes angenommen hat, nimmt ihn dann hinweg, läßt ihn erkalten, schiebt ihn hierauf zwischen die zwei Leisten, so weit es angeht, und liest den Grad der) Scale ab, der seiner Vorderfläche entspricht, berücksichtigt aber dabei die am Cylinder notirte Correction. Schon einmal gebrauchte Stücke kann man noch fernerhin für höhere Tem¬ peraturen benützen. Nach Wedgewood entspricht der Nullpunct der Scale einer Temperatur von 1077" 1^—580".5 17 und jeder Grad 132" 7^—73' 17. Nach Guyton Morveau stimmt aber der Nullpunct der W. Scale mit 517° ib" und jeder Grad mit 62°j1-' überein. Übrigens setzt dieses Instrument voraus, daß sich der Thon seiner Temperatur proportional zusammenziehe, eine Voraussetzung, deren Richtigkeit schon darum starken'Zweifeln ausgesetzt ist, weil gleich beim ersten Trocknen nicht alle Cylinder gleich stark schwin¬ de». Nach Daniell zieht sich ein Thoncylinder in einer mäßigen, lange anhaltenden Hitze eben so stark zusammen, wie in einer ho¬ hen, nur kurz dauernden. Darum ist auf die Zuverlässigkeit solcher Instrumente nicht viel zu bauen. Man hat deshalb auch andere py- ronketrische Vorrichtungen vorgeschlagen. (Beschreibung und Ge¬ brauch eines Thermometers, die hohen Hitzgrade zu messen rc., von I. Wedgewood. Aus dem Englischen. London, 1786.) Guyton Morveau 18082 mißt die Hitze¬ grade eines Körpers durch die Ausdehnung des Platins, Daniel! yE». AI. 10. Z97) durch den Unterschied zwischen dec Ausdehnung des Platin» und des Graphites, Mill (Zeitsch. 2. 75.) durch die Ausdehnung der Luft in .inem Platingesaße. Am an- 22 Theilbarkeir. nehmbarsten dürste wohl Prinsep's Vorschlag seyn, die Hitzegrade aus den Schmelzpunkten verschiedener Metalle abzunehmen. Die Schmelzpuncte des Silbers, Goldes und Platins liegen so weit von einander, daß sie recht wohl die fixen Puncte der Scale abgebe» können, und sür die Zwischengrade dienen die Schmelzpuncte ver¬ schiedener Legirungen aus diesen Metallen. Zwischen dem Schmelz¬ puncte des reinen Silbers und dem des reinen Goldes werden 10 Grade angenommen und die zu ihrer Bestimmung passenden Legi- rungen dadurch erhalten, daß man dem Silber successiv immer 10 Proc, Gold zusetzt, Zwischen den Schmelzpuncten des reinen Goldes und des Platins liegen 100 Grade, und man erhält die Legirungen, deren Schmelzhitze diesen Graden entspricht, indem man mit dem Golde successiv 1 Proc. Platin verbindet. Es ist kein Zweifel, daß dadurch in die pyrometrischen Bestimmungen Übereinstimmung ge¬ bracht wird, und da man von den Metalllegirungen nur sehr kleine Massen braucht (etwa von der Größe eines gemeinen Stecknadel¬ kopses) und jede derselben sehr oft benützt werden kann; so dürf¬ te dieses Instrument wohl bald den ersten Platz einnehmen. Z0, Daß in allen materiellen Dingen Theile unterschieden werden könne«/ ergibt sich schon aus der Eigenschaft der Ausdeh¬ nung/ die ihnen zukommt; daß aber diese Theile getrennt werden könne«/ oder daß die Körper theilbar sind/ läßt sich erst aus der Erfahrung abnehme«/ welche lehrt, daß selbst der härteste aller Körper, der Diamant, wenigstens durch sein eigenes Pulver ge¬ schliffen, mithin getheilt werden kann. Ob die Theilbarkeit ins Un¬ endliche gehe, oder überhaupt, wie weit sie gehe, läßt sich auf dem Wege der Erfahrung nicht ausmachen; so viel ist aber gewiß, daß einige Körper, wie z. B. die dehnbaren Metalle, die riechenden, leuchtenden und färbenden Stoffe, durch Kunst in erstaunungswür- dig kleine Theile getheilt werden können. Aus einem Gran Gold schlagen die Goldarbeiter Blättchen von 36 Quadratzoll Oberfläche; die Drahtzieher vergolden eine silberne Stange von 22 Zoll Länge und 1j Linie Dicke mit einer Unze Goldes und ziehen sie dann zu einem Draht aus, der 97 französische Meiley lang ist; wird er noch dazu platt gedrückt, so erlangt er gar eine Länge von 110 Meilen und ist doch allenthalben übergoldet, aber mit Blättchen, deren Dicke so gering ist, daß nach Black's Berechnung 14 Millio¬ nen erst die Dicke eines Zolls geben, während eben so viele Blätter gemeinen Druckpapiers Z englische Meilen einnehmen. Platin läßt sich durch ein eigenes, von Wollaston angegebenes Verfahren zu Draht von Zoll Dicke ausziehen. Ein kleines Stück Mo- S ch W e r e. 2Z fchus erfüllt ein ungeheures Zimmer mit seinem Gerüche, ohne daß die verflüchtigten Theile durchs Gewicht erkannt werden können. Man nimmt an, daß 1 Gran 320 Quadrillionen Theile gebe, deren jeder den Geruchssinn zu afficiren vermag. Mit Phosphor kann man eine Menge leuchtender Buchstaben an eine Wand schrei¬ ben, ohne ihn merklich abzureiben. Ein Gran Carmin färbt 20 Pfund Wasser merklich roth und jedes als roth bemerkbare Theilchen hat nur die Größe Zoll. Löwenhoek zahlte in einem Tro¬ pfen Stockflschmilch von der Größe eines Sandkorns 2 Millionen Thierchen. Man kennt mikroskopische Thiere, deren Bau so zusam¬ mengesetzt ist, wie jener des Elephanten. —-Zu den letzten, nicht mehr Heilbaren Theilen, Atomen, eines Körpers, kann man nicht durch wirkliche Theilung, sondern nur im Gedanken gelangen. Sol¬ che Theile kann man annehmen, ohne gerade Atomist in der oben (19) angegebenen Bedeutung zu seyn; denn man kann sich einen Körper immerhin als Aggregat solcher Theile vorstellen, aus deren Verbindungsweise dis Porosität, Ausdehnbarkeit, Theilbarkeic her¬ vorgeht, diese Theile selbst aber auf dynamischem Wege gebildet denken. (B e r z e lins chemische Proport. Dresden, 1820. S. 24.) In diesem Sinne ist das Wort Atom, wenn es in der Folge ge¬ braucht wird, stets zu nehmen. Diese Atome stellen sich zu eige¬ nen Gruppen zusammen, und bilden dadurch die Molekel der Körper, die sich selbst wieder zu größeren Massentheilchen (Partikeln) vereinigen. Für den mathematischen Physiker sind die Atome blos die materiellen Puncte, von denen die abstoßenden und anziehenden. Kräfte ausgehen. Von der Verschiedenheit der Mole¬ kel und Massentheilchen bei derselben materiellen Beschaffenheit der Atome rühren sehr merkwürdige Phänomene her, von denen in der Folge die Rede seyn wird. (L / s eis znO'L «uüoA'tate Or oz>. c-an, 6sn>. 1677.^ 31. Alle Körper haben ein Bestreben zur Erde zu fallen. Die¬ ses äußern sie durch den wirklichen Fall oder durch den Druck auf ihre Unterlage. Man sagt daher, sie seyen schwer und rechnet die Schwere zu den allgemeinen Eigenschaften der Körper. Dem Rauche, den Wolken u. dgl. kann man eben so wenig die Schwere absprechen, weil sie in der Luft aufwärts steigen, als man sie einem Stücke Korkholz absprichr, weil es sich im Wasser erhebt. Daß die Schwere den Körpern nicht als Ganzem, sondern allen ihren Thei- len zukomme, lehrt dec Umstand, daß man bei der Theilung dersel- 2-L Schwere. Absolutes G ewichr. ben in die kleinsten Stücke jedes schwer findet. Die Richtung eines frei fallenden Körpers heißt vertical. Sie wird durch einen biegsamen, von einem schweren, frei Hangenden Körper gespannten Faden angezeigt. Eine darauf senkrechte Linie oder Ebene heißt horizontal. Der Erfahrung gemäß sind die verricalen Richtun¬ gen in nicht weit von einander entfernten Orten parallel; in weit von einander entfernten convergiren sie gegen die Erde zu. An dem¬ selben Orte oder in nicht weit von einander entfernten Orten fallen, in einem nicht widerstehenden Mittel, alle Körper gleich schnell (wie mehrere in der Folge vorkommende Erfahrungen zeigen wer¬ den), es find daher auch alle gleich schwer. Die Schwere eines Körpers ändert fich nicht mit der Zeit, wohl aber von Ort zu Ort, sie wird naher gegen den Agitator kleiner, naher gegen die Pole größer und nimmt selbst in;größerer Entfernung vom Erdmittel- puucts ab. Man sieht die Erscheinungen der Schwere als Erfolg einer anziehenden Kraft an, welche die Erde auf alle Körper auS- übt, und die deshalb Schwerkraft genannt wird. 32. Der Druck, den ein Körper auf seine horizontale Unter¬ lage vermög seiner Schwere ausübt, heißt sein Gewicht. Weil alle Theile eines jeden Körpers gleich schwer sind, so ist das Gewicht der Maste proponionirt und daher ihr wahres Maß. Deshalb be¬ stimmt man auch im gemeinen Leben die Maste durch das Gewicht. Das Gewicht eines Körpers ohne Rücksicht auf seinen Rauminhalt, heißt sein absolutes Gewicht. Dieses bestimmt man dadurch,daß man ein beliebiges Gewicht als Einheit annimmt und mittelst Ab¬ wagen findet, wie vielmal diese Einheitf in dem zu untersuchenden Gewichte enthalten ist. In Frankreich hat man das Gewicht eines Kubikcentimeters reinen Wassers bei einer Temperatur vvn2°. 7R. als Einheit angenommen und Gramme genannt. Ein Zehntel, Hundertel, Tausendtel da¬ von heißt Decigramme, Centigramme, Milligramme; das Zehnfa¬ che, Hundertfache, Tausendfache desselben Decagramme, Hecto- gramme, Kilogramme. Gewöhnlich nimmt man einen Centner, ein Pfund, ein Loth rc. als Einheit des Gewichts an; in jedem Lande ist die Größe einer solchen Einheit gesetzlich bestimmt. Ein Wiener Pfund Handelsgewicht hält 560012 Milligramme, mithin ein Gram¬ ms 13.714 Gran des Wiener Gewichtes. Ein Pariser Pf. hält 4^9506 Mill., ein engl. Pf. Z732O2 Mill-, ein preuß. Pf. 467711 Mill., und ein bair. Pf. !560000 Mill. Unter dem Aus¬ drucke : Euiheit des Gewichtes, oder Gewicht — 1 soll in der Folge Dichte. Specifisches Gewicht. 25 stets ein Pfund verstanden werden, wenn nicht ausdrücklich ein an¬ derer Werth festgesetzt wird. 33. Vergleicht man die Gewichte zweier gleichartiger Körper von verschiedenem Volum bei gleicher Warme, so findet man, daß sie im geraden Verhältnisse mit den Rauminhalten stehen. Die¬ ses ist aber in der Regel bei ungleichartigen Körpern nicht der Fall. Man nennt denjenigen, der unter demselben Volum mehr Ge¬ wicht hat als ein anderer, dichter und stellt sich vor, daß dieses von der größeren Menge der Materie in'demselben Raume herrühre. Gäbe es einen Körper ohne Zwischenräume, so könnte man seine Masse mit der aller übrigen vergleichen, ihr Verhältniß durch Zah¬ len ausdrücken und so die absolute Dichte desselben finden; da es aber keinen solchen Körper gibt, so kann man auch nur die rela¬ tive Dichte der Körper angeben. Zu diesem Behufs nimmt man die Masse des reinen Wassers unter dem Volum — I als Einheit ter Masse an, setzt auch die Dichte des Wassers — 1, und drückt die Dichte jedes anderen Körpers durch eine Zahl aus, welche an¬ zeigt, wie oft seine Masse die des Wassers unter demselben Vo¬ lum in sich enthält. So drückt man z. B. die Dichte des Goldes durch 19 aus, weil ein Kubikfuß desselben 19mal mehr Masse hat, als ein gleich großes Volum Wasser. Die Zahl, welche die Dichte eines Körpers ausdrückt, zeigt daher die relative Menge seiner Masse unter dem Volum — 1 an. 34. Aus dem Vorhergehenden ist klar, daß das Gewicht eines Körpers der Masse stck desselben und der Intensität der Schwere § am Orte, wo er sich befindet, proportionirt ist, oder daß man hat: (1) Die Größe § ist zugleich daS Gewicht für die Masse — 1. Ist 6 die Masse unter dem Volum — 1 oder die Dichte des betref¬ fenden Körpers, sein Volum, so hat man zugleich —(2) mithin aus (1) und (2) (3) Das Gewicht eines Körpers unter dem Volum — 1' nennt man sein eigenthümliches oder specifisches Gewicht. Setzt man daher in (3) — I, so erhält man als Ausdruck für das specifische Gewicht. Bezeichnet man dieses mit §, so hat man ? — oder § (4) 28 Specifisches Gewicht. Haben für einen zweiten Körper ck und « dieselbe Bedeutung/ wie für den ersten O und -5/ so wird für einerlei Werth von § — D : ck oder es verhalten stch die specifischen Gewichte wie die Dichten. AuS diesem Grunde darf man manchmal das specifische Gewicht mit der Dichte verwechseln. 35. Man drückt das specisische Gewicht eines Körpers auf eine zweifache Weise aus: 1) Durch das absolute Gewicht unter dem Volum — 1/ wie z. B. wenn man sagt/ ein Kubikfuß Wasser wiegt 56^ Pfund. Dieses ist der eigentliche Ausdruck des specisischen Gewichtes. 2) Durch eine Zahl/welche anzeigt/wie vielmal in dem Gewichte des fraglichen Körpers unter dem Volum — 1 das Ge¬ wicht des reinen Wassers unter demselben Volum und bei einer be¬ stimmten Temperatur enthalten ist. Es wird zwar dadurch nur der Exponent des Verhältnisses der specifischen Gewichte angezeigt, man erlangt aberden Vortheil/ eine von der Verschiedenheit der Ge¬ wichtseinheiten und der Raummaße verschiedener Länder unabhän¬ gige Angabe zu erhalten. Beide Arten/ das specifische Gewicht der Körper auszudrücken, lassen sich leicht in einander verwandeln: Ist z. B. das specifische Gewicht des Wassers nach (1) gleich/,/ das specifische Gewicht irgend eines Körpers nach (1) gleich -/ nach (2) gleich s, so hat man - — p« und« — Das specisische Gewicht einesKörpers nach der zweiten Bedeutung und die Dichte desselben werden durch dieselbe Zahl bezeichnet; darum werde ich in der Folge das specifische Gewicht stets nach der ersten Bezeichnung angeben. Zweites Kapitel. Verschiedenheit der Körper im Allgemeinen. " 36. Die Körper unterscheiden sich von einander dem Äußeren nach durch ihren Ag greg a ti o n szu sta n d/ dem Inneren nach durch ihre chemische Beschaffenheit; von beiden Unterschie¬ den soll nun ausführlicher gesprochen werden. Aggregationszustand. 37. Unter Aggregationszustand versteht man die Art der Verbindung der Theile eines Körpers unter einander. In Rück- Feste und flüssige Körper. 27 sicht dieser Verbindung lassen sich alle Körper in zwei Classen brin¬ gen, in die der festen (starren) und in die der flüssigen. Fest heißt ein Körper, dessen Theile zu ihrer Verschiebung eine merkliche Kraft erfordern; flüssig, dessen Theile absolut leicht verschiebbar sind. Die flüssigen Körper zerfallen wieder in tropfbar flüssige und in a u s d e h n sam flüssige. Erstere sind schwer zusammen¬ drückbar, letztere lassen sich leicht zusammendrücken und suchen ihren Raum beständig zu erweitern. Der Kürze wegen werde ich in der Folge die tropfbar flüssigen schlechtweg tropfbare nennen. Man ist seit langer Zeit her gewohnt, die ausdehnsamen Körper in Ga¬ se und in Dünste einzutheilen, wovon erstere bei jedem Druck und bei jedem Kältegrade ausdehnsam bleiben, während letztere durch Zusammendrücken und Erkalten in den tropfbaren Zustand überge¬ hen. Allein in der neueren Zeit hat man die meisten Körper, die man sonst für Gase hielt, tropfbar dargestellt und es wahrscheinlich gemacht, daß der Unterschied zwischen Gasen und Dünsten nicht wesentlich sey. Weil es aber das Auffassen der Erscheinungen erleich¬ tert, wenn man die Stoffe, welche meistens im ausdehnsamen Zu¬ stande vorkommen, von jenen, die bald ausdehnsam bald tropfbar erscheinen, auch durch die Bezeichnung unterscheidet; so wollen wir diejenigen Gase nennen, welche bei der gewöhnlichen Temperatur und beim natürlichen Luftdruck stets ausdehnsam sind, und mit dem Worte Dunst diejenigen bezeichnen, welche sich unter diesen Umstän¬ den bald ausdehnsam, bald tropfbar zeigen. Wahrscheinlich sind die Molekel aller Körper, sowohl der festen als der flüssigen starr. 38. Die Verschiedenheit des Aggregationszustandes kann keine innere Verschiedenheit der Körper begründen und es kann der¬ selbe Körper ohne Änderung seiner inneren Natur in allen drei Ag- gregationsformen erscheinen, wie wir dieses am Wasser sehen, das im Winter als Eis fest, im Sommer tropfbar, beim Kochen gar ausdehnsam, als Wasserdunst, erscheint. Diese Umwandlung des Aggregationszustandes bewirkt die Wärme und ein Druck von be¬ stimmter Größe. Denn durch Erhöhung der Temperatur, bis zu einem von der Natur einzelner Körper abhängigen Grade, werden feste Massen tropfbar flüssig und tropfbare ausdehnsam, während durch Verminderung der Temperatur gerade entgegengesetzte Er¬ scheinungen erfolgen. Wenn es uns auch nicht gelingt, alleKörper durch Erwärmung oder Erkältung in allen drei Zuständen darzustel¬ len; so kann man doch immerhin annehmen, eö fehlen uns blos L8 Grund des v ersch. A g g r eg a r i o n sz u st a n d e s. die Mittel, den dazu nöthigen Warme- oder Kältegrad zu erzeu¬ gen, ausgenommen die Falle, in welchen Körper eher chemisch zer¬ setzt werden, als sich ihr Aggregationszustand ändert. Durch me¬ chanischen Druck lassen sich viele ausdchnsame Körper in tropf¬ bar flüssige verwandeln. Perkins will sogar die atmosphärische Luft in eine tropfbare, wasserhelle Masse verwandelt haben. Vor¬ züglich wirksam zeigt sich diejenige Arc der Compression, welche ein ausdehnsamer Körper auf sich selbst ausübt und die Fara¬ day zuerst mit bestem Erfolge angewendet hat. Da wird der Stoff, welcher das Gas liefern soll, in eine hinreichend dicke Glas¬ röhre luftdicht eingeschlossen und hierauf das Mittel angewendet, wodurch die Gasentwicklung hervorgebracht wird. Ist dieses kräf¬ tig genug und das Glas hinreichend stark, so wird anhaltend Gas erzeugt und das bereits vorhandene bis zum tropfbaren Zustand verdicktet. Auf diese Weise haben Faraday und Niemann schwefelige Säure, Cyan, Chlor, Ammoniak, Choroxyd, Schwe¬ felwasserstoff, Salzsäure, Kohlensäure, Slickstoffoxydul und chlo¬ rige Säure tropfbar dargestellt. (Gilb. Ann. 75. 335. Brande's Archiv 36. 175.) 39. Die Verschiedenheit des Aggregationszustandes läßt sich nicht wieder aus Erscheinungen herleiten; man nimmt daher zu Kräften seine Zuflucht, die als der Materie zugehörig gedacht wer¬ den. Folgende Ansicht scheint der Sache am meisten zu genügen, wird aber erst in der Holge (II. Absch. 4. u. 5. Kap.) hinreichend de- taillirt werden : Jeder Körper ist ein Aggregat von kleinen materiel¬ len Massen, die ein beständiges Bestreben sich zu vereinigen besi¬ tzen, welches man mit dem Worte Anziehung bezeichnet. Die¬ ses ist keine hypothetische Voraussetzung (so lange man diese An¬ ziehung nicht näher bestimmt), sondern eine Thatsache, die durch den beij der Verschiebung oder Trennung fester Körper sich äußern¬ den Widerstand überhaupt bewiesen ist und in der Folge an den Phänomenen der Kristallisation und der Haarröhrchen eine noch nähere Bestätigung erhalten wird. Wäre dieses Bestreben der Thei- le zur gegenseitigen Annäherung das einzige in der Materie herr¬ schende, so würden sich diese Thsile einander bis zur Berührung nähern, und es müßte dann ein Körper immer dasselbe Volum beibehalten. Weil aber dagegen die bestimmtesten Erfahrungen strei¬ ten, so muß es etwas geben, das der Anziehung enlgegenwirkt und deshalb Abstoßung genannt werden kann. Man kann (nach II) Chemische D esch affen h ei l der Körper. 2s) diese uns unbekannte Ursache der Anziehung Anziehungskraft, die der Abstoßung Ab st o ß un g s kraft nennen und behaupten, daß diese zwei, einander entgegengesetzten Kräfte die Lage und Verbindung der kleinsten Mafsentheilchen eines Körpers, mithin auch dessen Volum und Aggregationszustand, bestimmen. So wie äußere Umstände die Wirksamkeit der einen oder der anderen dieser Kräfte begünstigen, muß sich das Volum vergrößern oder ver¬ kleinern oder es wird gar eine Änderung des Aggregationszustandes erfolgen. Es ist nicht ausgemacht, ob die Abstoßungskraft, gleich der Anziehungskraft, der Materie eigenthümlich zugehöre, oder ob sie blos von einem feinen Agens herrühre, welches die Theile der Körper umgibt. Jndeß hat diese Ungewißheit auf unsere Forschungen keinen Einfluß, weil es hauptsächlich nur auf die Gesetze ankommt, nach welchen jene Kräfte wirken. L. Chemische Beschaffenheit der Körper. 40. Es ist einleuchtend, daß nicht alle Verschiedenheit der Körper von der Verbindungsweise ihrer kleinsten Theile herrüh¬ re, sondern daß man auch materielle Verschiedenheiten an¬ nehmen müsse. Kein Aufmerksamer wird wohl, des gleichen Ag¬ gregationszustandes ungeachtet, Wasser mit Baumöhl, Eisen mit Glas verwechseln. An manchem Körper erkennt man die materielle Verschiedenheit schon unmittelbar durch die Sinne, allein in vielen Fällen mangeln derlei sinnliche Kriterien gänzlich, oder sie sind in zu geringem Grade vorhanden, oder endlich gar trüglich. So z. B. unterscheiden wir allerdings Wasser von Weingeist durch den Ge¬ schmack, Eisen von Glas durch Farbe und Durchsichtigkeit rc., al¬ lein die atmosphärische, zum Athmen geeignete Luft, läßt sich von dem beim Verbrennen derKohle erzeugten erstickenden Gase durchaus nicht durch ein unmittelbares, sinnliches Merkmal unterscheiden. Glücklicher Weise wirken verschiedene Körper durch eine eigene, innere Kraft so auf einander, daß man sie dadurch von einander zu unter¬ scheiden vermag, wenn man mit den Wirkungen derselben vertraut ist. Diese Kraft zielt im Allgemeinen dahin, die Atome ungleicharti¬ ger Körper zu einem durchaus gleichartigen Ganzen (zu einem che¬ mischen Products) zu verbinden, und heißt ch e m ische A n z i e h ung. Von Körpern, denen diese Kraft zukommt, sagt man, sie haben eine chemische Verwandtschaft oder Affinität zu einan¬ der. — Das Product, welches aus der chemischen Vereinigung der Zs) Chemische Verwandtschaft. Stoffe hervorgeht (oder auch den Prozeß, wodurch es gebildet wird), nennt man eine chemische Mischung, oder wenn sich ein fe¬ ster Körper mit einem fluffigen zu einem flüssigen Produkte verei¬ niget, eine Auflösung, zum Unterschiede von dem Produkte einer blos mechanisch wirkenden Kraft, welches ein G em eng e heißt. Die Körper, aus denen die Mischung besteht, heißen ihre Bestandtheile. Jeder Körper, der chemische Bestandtheile hat, heißt chemisch zusammengesetzt. 41. Die chemische Verwandtschaft bewirkt nicht blos eine chemi¬ sche Verbindung, sondern oft auch eine Trennung der bereits chemisch verbundenen Stoffe, also eine Zerlegung eines Körpers. Die verschiedenen Stoffe sind sich nämlich in verschiedenem Grade chemisch verwandt, und äußern ihre größere oder kleinere Verwandtschaft selbst dann noch, wenn sie bereits mit andern Körpern verbunden sind. Kommt nämlich zu einem Körper d. h. zu einem solchen, dessen Bestandtheile und L sind, ein Stoff (7, welcher zu eine größere Verwandtschaft hat, als zu L, so erfolgt eine Zer¬ legung von und eine Vereinigung von mit (7, wodurch L frei wird. Weil <7 sich den Stoff ^gleichsam ausgewählt hat, so sagt man, die Zersetzung des Körpers sei durch Wahl¬ verwandtschaft erfolgt, und zwar durch einfache, weil <7 dabei keine Zersetzung erlitten hat. Wäre (7 selbst zerlegt worden, und ein Bestandtheil a desselben mit der andere ö hingegen mit .8 in Verbindung getreten, demnach aus den zwei Körpern-^ und <7 (— aö) zwei andere und Lö entstanden, so wäre eine doppelte Wahlverwandtschaft thätig gewesen. Übrigens erfolgt nicht jede Zerlegung der Körper durch Wahlverwandtschaft, sondern viele derselben werden durch Licht, Wärme, Electricität rc. bewirkt; ja es gibt chemische Zersetzungen, welche durch die bloße Gegenwart eines Stoffes bedingt sind, ohne daß derselbe eine chemische Verbindung eingeht. So z. B. zerfällt das oxydirte Was¬ ser in Berührung mit einer Spur von Gold und Silber in Wasser und Sauerstoff, ohne daß das Gold eine Veränderung erleidet. 42. Zu Versuchen über die Zusammensetzung und Zerlegung der Körper, durch die man allein ihre innere Verschiedenheit erken¬ nen lernt, braucht man mancherlei Geräthe und Werkzeuge, deren Jn- begriffden chemischen Haus rath ausmachr. Zu diesen gehören die Ofen, in denen Kohlenfeuer, nicht selten auch Lampenfeuer (Lam¬ penöfen) entweder durch einen natürlichen Luftzug (Windöfen) oder Chemische Ger a th schäfte n. 8? durch künstlich zugeführts comprimirte Lust (Gebläseöfen) unterhal¬ ten wird, die nicht selten mit einem gewölbten Deckel und einer Kuppel (Reverberir-oder Kuppelöfen) versehen sind, und in wel¬ chen die Körper, welche man der Hitze aussetzen will, entweder im Schmelztiegel mitten zwischen die Kohlen oder oberhalb derselben in ein eigenes Gefäß (Capelle) gestellt werden. Im letzteren Falle wird der Raum, den der Körper und das ihn enthaltende Gefäß übrig läßt, der gleichförmigen Erwärmung wegen, mit feinem tro¬ ckenem Sande (Sandbad) oder mir Wasser (Wasser- oderMarien- bad) ausgefüllt. Nicht minder wichtig sind Gefäße von allerlei For¬ men und aus verschiedenem Materiale, wie z. B. gläserne, thönec- ne, porcellanene, metallene Kolben, Schalen, Retorten, Vor¬ stöße, Woulfesche Flaschen im einzelnen oder zu einem Woulfeschen Apparate verbunden, Abrauchschalen, Filtrirgefäße nebst paffenden Filtrirtrichtern, Gasentbindungsflaschen, eine pneumatische Waffer¬ und Quecksilberwanne mit den nöthigen Recipienten rc. Ungeachtet man heut zu Tage viel genauer arbeitet als früher, so braucht man doch nicht so viele Apparate. Insbesondere bedient man sich heut zu Tage bei chemischen Arbeiten fast durchgehends kleinerer Körpermen¬ gen, als es früher gebräuchlich war. 43. Die ungleichartigen Stoffe, welche mau bei derZerlegung eines Körpers zunächst erhält und aus denen er zunächst besteht, nennt man seine nächsten Bestandtheile. Diese sind oft selbst wieder zusammengesetzt, und enthalten daher Theile, die entfernte Bestandtheile jenes Körpers genannt werden. So z.B. besteht der Salpeter aus Kali und Salpetersäure als seinen nächsten Bestand- theilen, aber sowohl das Kali als die Salpetersäure sind selbst wieder zusammengesetzter Natur und ihre nächsten Bestandtheile sind die entfernteren des Salpeters. Es ist klar, daß man beim Forr- schreiten von den näheren zu den entfernteren Bestandtheilen endlich auf solche Körper kommen muß, die nicht mehr weiter aus chemisch heterogenen Theilen bestehen und deshalb chemisch einfache oder Elemente genannt werden müssen. Wiewohl an der Existenz che¬ mischer Elemente nicht zu zweifeln ist, so ist es doch unmöglich, mit vollkommener Sicherheit von einem Stoffe zu erweisen, er sey ein Element, und man hat für seine chemische Einfachheit selbst im günstigsten Falle nur eine große Wahrscheinlichkeit; daher ist schon oft ein Stoff längere Zeit hindurch als chemisch einfach angesehen worden und plötzlich hat ihn ein neu entdecktes Zerlegungsmittcl in Z2 Grundstoffe. die Reihe der zusammengesetzten Körper zurückgewiesen. Darum bezeichnet man die Stosse, welche man durch die jetzt bekannten Mittel nicht weiter zerlegen kann, mit dem Namen Grund¬ stoffe, und selbst, wenn man sie Elemente nennt, versteht man darunter nicht absolut unzerlegbare, sondern bis jetzt unzerlegte Stoffe. Solche gibt es gegenwärtig 54. Sie folgen hier mit ihren in der Folge zu erklärenden Symbolen und Zahlen in einer solchen Ordnung, daß zwischen je zweien derselben eine desto größere che¬ mische Differenz herrscht, je weiter sie von einander abstehen. Bei der chemischen Verbindung zweier solcher Körper spielt der in dieser Reihe vorgehende stets eine Rolle, die jener des nachfolgenden ent¬ gegengesetzt ist, und darum, so wie auch aus Gründen, die erst in der Electricitätslehre klar werden können, heißt jeder vorausgehen¬ de negativ, gegen jeden nachfolgenden, jder positiv heißt. Hier folgt nun eine kurze Characteristik dieser Stoffe. Sauerstoff. 33 44. Den Sauerstoff kennt man im freien Zustande nur als Gas. Man erhält das Sauerstoffgas durch Zersetzung mehrerer sauerstoffhaltiger Körper, wie z. B. des schwarzen Braunsteines, des rothen O.uecksilberoxydes, des chlorigsauren Kali's rc. mittelst Hitze.Das Sauerstoffgas ist geschmack- und geruchlos und nicht sicht¬ bar, es wird vom Wasser ohne Aneignungsmittel nur in sehr gerin¬ ger Menge ausgenommen, durch ein solches Mittel ist es aber Thenard gelungen, Wasser mit dem 475fachen Volum Sauer- stoffgas zu verbinden; es unterhält das Athmen und Brennen viel besser als atmosphärische Luft, so zwar, daß ein Thier in einer Portion Sauerstoffgas 5—6mal länger leben kann, als in einer gleichen Portion atm. Luft, und daß Körper, die in der atm. Luft nur matt brennen, wie z. B. eine Stahlfeder, eine Kohle, im Sauerstoffgase mit ungemeiner Lebhaftigkeit verbrennen. Darum heißt dieses Gas auch Lebenslust oder Feu erlufr. — Der Sauerstoff verbindet sich fast mit allen Körpern, besonders den chemisch einfachen, und erzeugt mit ihnen Oxyde im weitesten Sinne des Wortes. Den Act der Bildung dieserVerbindung nennt man Oxydation. Gibt es von demselben Stoffe mehrere Oxyde, so heißt die erste Verbindungsstufe Protoxyd, die zweite Deutoxyd rc., die höchste Peroxyd. Manchmal wird ein Oxyd auch Oxydul oder Suboxyd, ein anderes Hyperoxyd genannt, wovon in der Folge mehr. —Man braucht das Sauerstoffgas zu Respira- rionsapparaten, zur Belebung erstickter Scheintodter, zum Verbren¬ nen schwerbrennbarer Stoffe rc. Es hat seinen Namen daher, daß es in gewissen Fällen sauer schmeckende Substanzen bildet. 45. Auch freien Wasserstoff kennt man nur im gasförmi¬ gen Zustande; er wird durch Zersetzung des Wassers (Wasserstoffoxy¬ des) erhalten, und zwar am leichtesten, indem man dasselbe mit Schwefelsäure versetzt und verkleinertes Zink oder Eisen zugibt, oder indem man Wafferdämpfe durch ein glühendes eisernes Rohr leitet. In beiden Fällen wird dem Wasser der Sauerstoff entrissen und dec Wasserstoff wird frei. Das Wafferstoffgas ist färb- und geschmacklos- im reinen Zustande auch geruchlos, mit fremdartigen söhligen) Thei- len vermischt, wie man es bei der Zersetzung des Wassers durch Eisen oder Zink mittelst Schwefelsäure erhält, hat es einen knob¬ lauchartigen Geruch, von dein man es aber befreien kann, wenn man es durch Weingeist leitet. Es ist dis leichteste aller Gasarren, wird vom Wasser nur in sehr geringer Menge ausgenommen, ist Naturlehre. 5. Aufl.; 3 34 Stickst o f f. weder zum Athmen noch zur Unterhaltung des Brennens geeignet, brennt aber in Berührung mit Sauerstoffgas selbst. Mischt man zwei Volume Wafferstoffgas mit einem Volum Sauerstoffgas und zün¬ det das Gemenge an, so verbrennt es mit einem heftigen Knall und ist im Stande dabei selbst starke Gefäße zu zerreißen. Man kann das Wasserstoffgas zum Füllen der Luftbälle, zu Illumina¬ tionen und zu Zündmaschinen :c. benützen. 46. DenStickstoff kennt man, so wie den Sauerstoff und Wasserstoff, nur als Gas. Man erhält das Stickgas am leichtesten, wenn man durch irgend ein dem Sauerstoff stark verwandtes Mittel der atm. Luft (die ein Gemenge von Sauerstoff- und Slickgas ist) den Sauerstoff entreißt. Gibt man z. B. in eine, atm. Luft ent¬ haltende Glasglocke ein Stück Phosphor und sperrt sie dann mit Wasser oder Quecksilber, so vermindert sich die Luft zusehends, der Phosphor oxydirt sich, und zuletzt bleibt, wenn man genug Phos¬ phor genommen hat, nur Stickgas zurück. Man kann dieses GaS auch erhalten, wenn man ein Gemenge von 2 Th. Salpeter und I Th. Salmiak erhitzt und das frei werdende Gas durch eine Ätz¬ kalilosung leitet, worauf reines Stickgas übrig bleibt. Dieses Gas besitzt fast nur negative Eigenschaften; es hat keine Farbe, keinen Geschmack, keinen Geruch, wird vom Wasser säst gar nicht ausge¬ nommen , unterhält das Brennen nicht und taugt nicht zum Ein- alhmen. Sein einziges positives Merkmal ist, daß es mit Sauer¬ stoffgas in gehörigem Verhältnisse gemischt, mittelst Electricität, Salpetersäure liefert. 47. Mengt man 21 Volume Sauerstoffgas mit 79 Vol. Stick¬ gas, so erhält man Luft, wie sie in der Atmosphäre in deren reinstem Zustande vorhanden ist. Daß die a t m o sp härisch e Luft wirklich aus Sauerstoffgas und Stickgas bestehe, kann man durch Versuche beweisen. Sperrt man ein Thier oder eine brennende Kerze in eine mit dieser Luft gefüllte Glocke, so stirbt das Thier und es verlischt die Kerze nach einiger Zeit, und zwar nachdem die Luft zuvor eine Verminderung erlitten hat, aber doch nicht ganz verzehrt ist. Un¬ tersucht man den Rest derselben, nachdem man ihn vorläufig zur Entfernung der etwa durch das Athmen oder Verbrennen entstande¬ nen fremdartigen Beimischung durch eine Auflösung von Ätzkali ge¬ leitet hat, so findet man ihn aus lauter Stickgas bestehend. Es enthält demnach die atm. Luft Stickgas und einen zum Athmen und zur Unterhaltung des Brennens tauglichen Antheil. Gibt man eine Arm. Lu fr. 35 genau abgewogene Quantität Quecksilber in eine Retorte, die mit einem, atm. Luft enthaltenden, durch Wasser gesperrten Recipien- ten in Verbindung steht, erhitzt das Quecksilber und erhält es einige Zeit bei einer seiner Siedhitze nahe kommenden Temperatur; so be¬ merkt man, daß sich die Luft im Recipienten vermindert, und daß zugleich das Quecksilber in eine röche, erdige Masse übergeht. Zer¬ legt man den Apparat, wenn das Quecksilber keine weitere Verän¬ derung mehr erleidet, und untersucht sowohl die Luft als das vom Quecksilber entstandene Product; so findet man letzteres schwerer als das Quecksilber, die Luft hingegen leichter, und es fehlt ihr ge¬ rade so viel, als dem Quecksilber zugewachsen ist. Hat man nicht zu wenig Quecksilber angewendet, so characterisirt sich die übrig ge¬ bliebene Luft als Stickgas. Gibt man die rothe Masse neuerdings in die Retorte, bringt sie aber mit einem mir Wasser gefüllten Re¬ cipienten in Verbindung und erhitzt sie hierauf stark genug; so ent¬ wickelt sich ein Gas, sammelt sich im Recipienten, und die rothe Masse verwandelt sich in Quecksilber. Das Gas wiegt nach der Opera¬ tion weniger als die Masse, woraus es gewonnen wurde, und zwar gerade um so viel, als das Gewicht des entwickelten Gases beträgt; letzteres ist also aus jener Masse entstanden und es hat alle Eigen¬ schaften des Sauerstoffgases. Hätte man dieses Gas zu dem beim vorigen Versuche übrig gebliebenen Stickgase geleitet, so hätre man die atm. Luft wieder erhalten, die man ursprünglich zum Versuche gebraucht hat. 48. Das in der atm. Luft vorhandene Verhältniß zwischen Sauerstoffgas und Stickgas wird durch besondere (eudiometrische) Versuche ausgemittelr, deren Wesentliches darin besteht, daß man ein gemessenes Volum atm. Luft durch eine besondere Substanz, z. B. durch Stickstoffoxyd, Schwefellebec, Wasserstoff, Phos¬ phor rc. des Sauerstoffes beraubt und dann entweder das Volum des zurückgebliebenen Stickgases mißt, es von jenem der untersuch, ten Lufr abzieht und so den Sauerstvffgehalc indirecl sucht, oder besser, indem man diesen Gehalt aus der Gewichtsvermehrung des Körpers, der den Sauerstoff ausgenommen hat, direct ableitet. Zur indirecten eudiometrischen Untersuchung braucht man am besten Wafferstoffgas und wendet dann das von Volta angegebene Eudiometer an; zur directen Untersuchung empfiehlt Brunner Phosphor und bedienr sich dazu eines besonder», wie eS scheint, sehr zweckmäßigen Apparates. 3 * 30 Zudiv m eter. Dolta's Eudiometer (Fig.ä) ist eine etwa 12 Zoll lange, IjZoll weite starke Glasröhre (Verpuffungsröhre) die oben und unten mit einer messingenen Fassung versehen ist. Die Untere Fassung bildet einen Trichter zur leichteren Einfüllung des Gases, aber zugleich auch das Fußgestell, und hat einen Hahn zum Sperren der Röhre; die obere Fassuyg ist auch mittelst eines Hahnes ver¬ schließbar und erweitert sich zu einer kleinen tiefen Schüssel, zugleich ist am oberen Theile ein eigener Draht angebracht, um einen elek¬ trischen Funken durch den Inhalt der Röhre leiten zu können. Der zweite Bestandtheil dieses Instrumentes ist eine etwa 6 L. weite, an einem Ende verschlossene, am anderen offene NöhreL(Mcßröhre), die sich mit der Mündung oben auf der Verpuffungsröhre anbrin¬ gen läßt und mit einer Scale versehen ist, welche gleiche Theile ihres inneren Rauminhaltes angibt. Der dritte Theil endlich ist ein Maß 6 aus einer Glasröhre, mit einer messingenen, sich^trichter¬ förmig erweiternden Fassung und einem Schieber zum luftdichten Verschließen derselben. Es soll genau so viel fassen, wie IttO Theile der Meßröhre. Beim Gebrauche füllt man sowohl die Verpuffungs- als die Meßröhre mit Wasser, steckt beide zusammen, leitet mittelst des Maßes 2 Th. atm. Lust und 1 Theil Wasserstoffgas hinein und zündet das Gemenge mittelst eines electrischen Funkensan, wobei eine Verminderung der Luftmasse eintritt. Läßt man den Restin die Meßröhresteigen, mißt mit den nöthigen Vorsichten sein Volum, entnimmt daraus die beim Entzünden Statt gefundene Verminde¬ rung; so gibt '/§ derselben die in einem Maße atm. Luft vorhandene Sauerstoffmenge an. Gay-Lussac (Gilb. Ann. 56. 195) hat dieses Eudiometer statt des am Trichter angebrachten Hahnes mit einer sich nach Innen öffnenden Klappe versehen, durch welche, gleich nach vollbrachter Verbindung des Sauerstoffes mit dem Wasserstoff, Wasser in die Verpuffungsröhre dringt und das Freiwerden von Lust aus dem Sperrwasser hindert. Döbereiner (dessen Beitr. zur Phys. Chem. Heft 2 S. 52) empfiehlt statt des elect. Funkens Platinschwamm, der die Verbindung des Sauerstoffs mit dem Wasserstoff langsam und ohne Explosion bewirkt. Brunner's eudiometrischer Apparat (Pogg. Ann. 31. 19) besteht aus einer Glasröhre --L (Fig. 5), welche,an beiden Enden in ein enges Röhrchen ausgezogen ist, in einer Länge von etwa 7 Zoll tro¬ ckene Baumwolle und weiter gegen L aber 12 — 13 Gran trocknen und an die Röhrenwand angeschmolzenen Phosphor enthält, ferner aus einem Gefäßes, das durch eine Cautschoucröhre mit S verbun¬ den ist, unten einen Sperrhahn hat, beim Versuche mit Quecksilber oder Qlivenöhl gefüllt wird, und die Bestimmung hat, in dem k'- Maße, als man diese Flüssigkeit durch den Hahn abfließen läßt, i? durch die Röhre «L Luft einzusaugen, endlich aus dem Gefäße L, womit man das Volum der ausgeflossenen Flüssigkeit, und hierdurch Resultate e u d i o m. Versuche. 37 zugleich jenes der durch «5 eingesaugten Lust mißt. Durch einen vorläufigen Versuch wird die in «L enthaltene Lust durch einen Theil des Phosphors und der von derBaumwolle eingesaugten phospho¬ rigen Säure alles Sauerstoffes beraubt, hieraufdie Röhre in -- und 5 zugeschmolzen und so aufbewahrt. Will man ein eudiometrisches Experiment machen, so wiegt man die Röhrs sammt ihrem Inhalt genau, bricht dann die Spitzen ab und legt sie zür Seite, verbindet aö mit dem Gelaße das bereits mit Öhl oder Quecksilber gefüllt ist, stellt das Meßgefäß Zl unter, erhitzt den Phosphor, öffnet dann den Hahn und läßt die Flüssigkeit aus nach iL abfließen. Damit in a nur trockene Lust eingesaugt werde, setzt man daselbst ein mit Chlorcalcium versehen,eß offenes Rohr an, durch welches die Luft zum Phosphor gelangt. .Sobald die Flasche Zl mit der abflie¬ ßenden Masse gefüllt ist, wird der Hahn geschlossen, die Röhre in a und 5 zugeschmolzen und sammt den vorher abgeschnittenen Spi¬ tzen wieder gewogen. Die Gewichtszunahme gibt das Gewicht des Sauerstoffes an, den das durch ad geleitete, der in L gesammelten Flüssigkeit an Volum gleiche Luftquantum enthielt. Es scheint, als könnte man nach dieser Methode den Sauerstoffgehalt bis auf 0.1. z>. t? genau bestimmen, während dieses das Wasserstoffgas- Eudiometer kaum bis auf 0.5 k7 zu thun gestattet. zRose's ana¬ lytische Chemie. Berlin 1834. 2.592s) Eudiometrische Versuche haben gelehrt, daß in 100 Th. atm. Luft 21 Rth. Sauerstoffgas und 79 Rth. Stickgas enthal¬ ten seyen, man mag die Luft zu was immer für einer Jah¬ res- oder Tageszeit, am festen Lande oder am Meere, nahe am Boden oder in großen Hohen, im Freien oder an Orten, die von Menschen längere Zeit gedrängt voll waren , genommen haben. Die fremdartigen Beimischungen, welche wir oft durch den Geruch erkennen oder die auf unsere Gesundheit schädlich einwirken, lassen sich nicht nachweisen, wiewohl an ihrem. Daseyn nicht zu zweifeln ist. Berthollet zerlegte die Lust von Paris und Cairo, De Marti die in Catalonien in allen Monate» des Jahres und zu verschiede¬ nen Stunden des Tages, Berger die zu Genfund in den Schwei¬ zergebirgen, Bist auf Formentera und Pviza, Kupffer in Kasan, Davy die Luft in England und Guinea, Gay-Lussac die 3383 P. Kl. über der Erde aufgefangene, Vogel die eine halbe Meile vom Lande über dem Meere geschöpfte, Hermbstädt die an dex Ostsee, Configliachi die über bewässerten Reisfeldern, Söguin die Luft in einem vollen Theater, Ed. Davy in ei¬ nem Hospital; allein überall fand man sie von gleichem Gehalte an Sauerstoff und Stickstoff. 3^ Chlor, Brom. 50. Chlor läßt sich im reinen Zustande als GaS und als tropfbare Flüssigkeit darstellen. Übergießt man ein Gemenge von schwarzem Braunstein und Kochsalz mit schwacher Schwefelsäure und setzt das Ganze einer geringen Hitze aus, so erhält man Chlor¬ gas. Dieses hat eine weingelbe Farbe, einen unangenehmen Ge¬ ruch, ist zum Einathmen nicht nur nicht tauglich, sondern höchst schädlich und verursacht Husten, Schnupfen, Brustbeklemmung, ja sogar den Tod, brennt nicht, gestattet aber anderen Körpern, wie z. B. einem Wachslichte, im Brennen fortzufahren, ja einige Körper, wie z. B. Phosphor, mäßig erwärmtes Gold, Wismuth, entzünden sich darin von selbst; es zerstört alle organischen Körper, mit Ausnahme der Kohle, entfärbt sie aber anfangs, ferner die Miasmen, daher es zum Bleichen und zum Räuchern bei anstecken¬ den Krankheiten vorzüglich dient. Durch starke Compreffion wird es tropfbar dargestellt und da bildet es eine sehr bewegliche, dunkel grünlichgelbe Flüssigkeit, welche bei—15° R. noch nicht gefriert. Leitet man Chlorgas durch Wasser, so wird es von demselben absor- birt und das Wasser bekommt dann alle Eigenschaften des Gases; es ist grünlich gelb, riecht nach dem Gase, läßt dieses auch beim Erwärmen entweichen, und wird durch das Licht zersetzt; läßt man vom Wasser viel Chlorgas absorbiren, so setzen sich darin gelbliche Krystalle ab, die Chlor in Verbindung mit Wasser sind. Sie sind sehr flüchtig und lassen sich sublimiren, werden aber auch leicht in Chlorgas und Wasser zersetzt. Die Anwendung des Chlors als Bleich- und Luftreinigungsmittel ist sehr wichtig.Man braucht heut zu Tage selten mehr dazu das Gas oder das Chlorwasser, sondern meistens Chlorkalk, Chlorkali oder Chlornatrum. Zum Behufe der Luftreinigung wird ein solcherKör- per in einer flachen Schale mit Wasser übergossen und in der Luft stehen gelassen; zur Reinigung von Kleidern,Betten werden diesel¬ ben mit einer solchen Flüssigkeit gewaschen; Briefe werden durch¬ stochen und mit Chlorgas geräuchert. 51. Das Brom wurde im Jahre 1826 von Balard zuerst im Wasser aus dem mittelländischen Meere, nachdem daS Kochsalz herauskristallisirt war, gefunden, bald darauf aber auch aus dem Wasser des todten Meeres und aus vielen Salzsoolen und Mine¬ ralquellen ausgeschieden. Es erscheint bei dergewöhnlichen Luftwärme als dunkelbraune, in dünnen Schichten hyacinthrothe Flüssigkeit von äußerst unangenehmen Gerüche (daher sein Name von sZgw/w5 Jod, Schwefel, Selen. 39 Gestank), verdunstet stark in der Lust, siedet schon bei 47° <7. ünd friert erst bei — 18°, wo es dann als bleigraue, spröde, metallglänzende Masse erscheint, ist im Wasser, Alkohol und Äther, wohl auch im Baumöhl löslich, sinkt aber in der Schwefelsäure unverändert unter. Es färbt die Haut vorübergehend dunkelgelb und bleicht Pflanzen¬ farben wie das Chlor. 52. Das Jod (von weröi/x Veichenblau) wurde zuerst 1812 von Courtois in der Mutterlauge des Seetanges, später aber in mehreren Seepflanzen, im Kropfschwamm, selbst in Mineralien und in Quellen (Hall in Oberösterreich) gefunden. Es ist eine feste, dun¬ kelgraue, fast wie Metall glänzende, leicht zerreibliche Substanz, welche die Haut vorübergehend schmutzig gelb färbt, einen unange¬ nehmen, dem Chlor ähnlichen Geschmack hat, stark auf den Or¬ ganismus wirkt, sich schwer im Wasser, aber leicht im Weingeiste auflöset. Durch Wärme läßt eS sich in ein schön violettes Gas verwandeln. 53. Der Schwefel ist ein blaßgelber, undurchsichtiger, bei geringer Temperatur zerreiblicher, schwach schmeckender Körper, der in der Lust bei gehöriger Hitze mit einem erstickenden Gerüche und einer bläulichen Flamme verbrennt. Wird er in verschlossenen Ge¬ fäßen über 111° <7 erhitzt, so wird er weich und schmilzt endlich zu einer gelben, durchsichtigen öhlartigen Flüssigkeit, die bei l6g° an¬ fängt, braun und dickflüssig zu werden, und in Wasser gegossen, lange weich bleibt. Bei 316° siedet er und gibt einen pomeranzen¬ gelben Dampf, der sich an kältere Körper in fester Form (Schwe¬ felblumen) anlegt. Der Schwefel ist im Wasser gar nicht, im Wein¬ geist nur wenig auflöslich, mittelst Wärme bildet er mit Ohlen die sogenannten Schwefelbalsame. Er kommt in der Natur gediegen, selbst kristallisirt, häufiger in Verbindung mit'Metallen vor, end¬ lich auch in vielen organischen Körpern, z. B. in den Eiern, im Harn, in der Galle. 54. Selen ist ein spröder, in Masse bleigrauer, metallisch glänzender, gepulvert aber dunkelrother, durchscheinender, im Wasser unlöslicher Körper, der bei 100° weich, in höherer Tempe¬ ratur gar flüssig wird und sich beim Erkalten in Fäden ziehen läßt. Es siedet vor dem Glühen, und gibt dabei einen gelben Dampf, läßt sich entzünden und verbrennt mit Rettiggeruch und röthlichblauec Flamme. Man erhält das Selen aus dem röthlichen Schlamme, der sich beim Verbrennen des Schwefels absetzt und auch aus einem 40 Phosphor, Fluor, Bor, Kiesel, Kohle, besonder» Mineral, dem Selenblei. B e r z e lius hat es im Jahre 1817 entdeckt. 55. Der Phosphor ist ein wachsgelber, bei niederer Tem¬ peratur spröder, bei etwas hoher biegsamer, fettig glänzender Kör¬ per. Er leuchtet im Dunkeln, schmilzt und entzündet sich sehr leicht, darum er beständig unter Wasser aufbemahrt werden muß; er löset sich im Weingeiste schwer, in ätherischen Ohlen leicht auf und gibt dann eine nicht so leicht brennbare aber doch leuchtende Masse, die man zu Zündhölzchen oder zu leuchtender Pomade verwen¬ den kann. Er findet sich in allen drei Naturreichen, besonders aber in thierischen Knochen, aus denen er auch meistens gewon¬ nen wird. 56. Fluor ist ein Stoff, der bisher nur von D avy in sehr geringer Menge für sich dargestellc wurde. Er erscheint als braune Substanz und ist der einzige Körper, von dem man keine Sauerstoff¬ verbindung mit völliger Bestimmtheit kennt. 57. Bor wird durch Zersetzung der Borsäure mittelst Kalium erhalten und stellt ein undurchsichtiges, dunkelgrünes, stark abfär¬ bendes, geruch- und geschmackloses Pulver vor, das sich, frisch be¬ reitet und bevor es geglüht wird, im Wasser auflöset und in der Luft bei der gewöhnlichen Temperatur unverändert bleibt, bei er¬ höhter Temperatur hingegen mit Funkensprühen verbrennt. 58. Kiesel wird aus kieselflußsaurem Natrum mittelst Kalium erhalten. Es ist ein fester, glanzloser, dunkelbrauner, stark schmu¬ tzender, unschmelzbarer Körper, der viel Ähnlichkeit mit Bor hat, und sich zu ihm wie Selen zu Schwefel oder wie Chlor zu Jod ver¬ hält. Kiesel bleibt im Sauerstoffgas unverändert, nur wenn es kürzlich bereitet und noch nicht in der Luft erhitzt worden ist, kann es darin durch gelindes Erhitzen zum Verbrennen gebracht werden, wo es die Kieselsäure gibt; es brennt auch in Chlorgas und bei hoher Temperatur in Schwefeldunst; mit Salpeter kann man es glühen, ohne es dadurch zu verändern, aber mit kohlensaurem Kali ver¬ mengt und dann bis zuna Glühen erhitzt, detonirt es. Es geht mit vielen Körpern Verbindungen ein, und liefert Products, worun¬ ter das merkwürdigste die Ki-selsäure ist, die man einst unter dis Erden zählte und Kieselerde nannte. 59. Kohle (Kohlenstoff) ist ein brennbarer, geschmack-und geruchloser, unschmelzbarer Stoff, der sich weder im Wasser noch im Weingeiste oder in Ohlen auslöset und selbst den stärksten Sau- Metalle. 41 ren widersteht; er kommt am reinsten als Diamant vor, in der Pflanzen- und Thierkohle ist er mit mehreren anderen Körpern, besonders in jener mit Wasserstoff, in dieser mit Stickstoff verbun¬ den. Er ist ein Bestandtheil aller organischen Körper, kommt aber auch in vielen Mineralkörpern, wie z. B. im Graphit, in der Kohlenblende rc. reichlich vor. Nach Colquhoun setzt er sich bei der Stahlbereitung Macintosh's aus seiner Verbindung mit Wasser¬ stoff in Gestalt feiner, metallisch glänzender Haare ab. 60. Die bisher betrachteten Elemente heißen gemeiniglich nicht metallische, alle übrigen (S. 32) hingegen metal¬ lische. Es hat zwar jedes der letzteren so gut wie die be¬ reits besprochenen einen eigenthümlichen Character, aber alle zu¬ sammen haben auch so viel Gemeinschaftliches, die metallische Natur überhaupt characterisirsndes, daß es für unseren Zweck ge¬ nügt, nur diese allgemeine Characteristik hier kurz zu entwerfen. Die Metalle unterscheiden sich von anderen Grundstoffen durch ihren eigenthümlichen Glanz, ihre Geschmack- und Geruch¬ losigkeit, Undurchsichtigkeit und Unauflöslichkeit im Wasser. Sie heißen im reinen Zustande Metallkönig e oder regulinischeMe¬ talle. Wenige derselben kommen in der Natur in diesem Zustande vor, die meisten finden sich.vererzt (mit Schwefel verbunden) , ver¬ karst in Verbindung mit anderen Metallen oder oxydirt. Mehrere Metalle sind hämmerbar und streckbar, sie lassen sich zu Platten walzen, zu Draht ziehen rc., wie z. B. Gold, Silber, Platin, Kupfer; andere sind spröde wie Spießglanz, Wismuth; deshalb theilte man sie einst in ganze (streckbare) und in Halbmetalle ein, ungeachtet sich zwischen beiden keine feste Grenze angeben läßt und dasselbe Metall durch blos mechanische Behandlung dehnbar oder spröde werden kann, mithin bald in die eine, bald in die andere Classe gehören müßte. Alle Metalle sind schmelzbar, jedoch ist der Hitzegrad, bei dem sie schmelzen, bei jedem anders. So ist das Quecksilber schon bei der gewöhnlichen Luftwärme flüssig, Ka¬ lium und Natrium sind bei derselben Temperatur weich. Zinn, Blei, Wismuth schmelzen im leichten Ofenfeuer, während kaum das stärkste Feuer Eisen, Uran, Titan, Platin zu schmelzen ver¬ mag. Kalium, Natrium, Eisen und Platin werden vor dem Zer¬ fließen weich,- können daher geschweißt werden, andere Metalle bleiben aber hart bis zum Augenblicke des Schmelzens, ja einige werden noch härter. Alle Metalle können in Dämvfe verwandelt 42 Met a lle gi ru n g en, Oxyde. werden. Quecksilber, Zink, Arsenik verflüchtigen sich leicht, Gold, Platin erst bei der größten Hitze. Beim Erkalten kristallisiren alle Metalle unter günstigen Umständen. Bei den spröden läßt sich das Kristallgefüge am leichtesten erkennen. Die meisten Metalle lassen sich mit einander verbinden und geben Gemische, die man Legi- rungen, oder wenn Quecksilber einen Bestandtheil ausmachr, Amalgame nennt. Diese Gemische sind meistens härter, elasti¬ scher und minder dehnbar, als die Bestandmetalle, wie man es am Messing, Glockengut rc. sieht; sie sind leichter schmelzbar, bilden daher für die einfachen Metalle die Lothe und kristallisiren leichter als die einfachen Metalle. Einige Metalle hängen schon zusam¬ men, wenn nur eines davon flüssig ist. Darauf beruht das Löthen, Vergolden, Versilbern rc. — Die Metalle verbinden sich mit Sauerstoff, Chlor, Brom, Jod, Schwefel, Phosphor, Selen, Kiesel, Fluor, Bor und Kohle. Durch Sauerstoff verlieren sie ihren Metallglanz, ihre Consistenz und werden nicht selten im Wasser auflöslich. Einige orydiren sich schon bei der gewöhnlichen Luftwärme und entreißen den Sauerstoff sogar dem Wasser, wie z.B. Kalium; andere aber müssen erhitzt werden, um den Sauerstoff aufzunehmen, wie z.B. Quecksilber; andere nehmen ihn aber selbst in der größten Hitze nicht auf und können daher nur durch Sauer- stoffsäuren oxydirt werden, wie Gold, Platin. Hierauf beruht die alte Eintheilung der Metalle in edle und unedle. Einige Metalle oxydiren sich durch und durch, wie Eisen; andere überziehen sich nur an der Oberfläche mit Oxyd, werden aber im Innern durch die äußere Rinde vor der ferneren Oxydation geschützt, wie Kupfer, Bronze. 61. Aus diesen Grundstoffen bestehen alle Körper, sowohl die organischen als die unorganischen. Verbindungen aus zwei Elemen¬ ten nennt man Verbindungen der ersten Ordnung; Verbindungen der ersten Ordnung unter sich öder mit Grundstoffen heißen Verbin¬ dungen der zweiten Ordnung; und jene der zweiten Ordnung unter sich oder mit niederen geben Verbindungen der dritten Ordnung rc. Man kann nicht jeden Stoff, der sich in seine Bestandtheile zerlegen läßt, wieder aus denselben zusammensetzen. Dieses gilt na¬ mentlich von den meisten, die unter dem Einflüsse der Lebensthä- tigkeit gebildet werden, und man kann kein Blut, kein Fleisch, keine Pflanzenfaser auf chemischem Wege erzeugen, ungeachtet man die Grundstoffe, aus denen diese Körper bestehen, nicht blos der Qualität, sondern auch der Quantität nach ziemlich genau kennt. Sauren. 43 62. Die chemisch zusammengesetzten Körper lassen sich wahr¬ scheinlich, wie die einfachen,.in eine Reihe zusammenstellen, in der sie nach Maßgabe ihrer chemischen Differenz auf einander folgen, und jeder in di-eser Reihe vorangehende kann gegen einen nachfol¬ genden als negativ, der folgende selbst aber als positiv angesehen werden; doch kann man diese Reihe noch nicht darstellen, theil's we¬ gen der bei der großen Anzahl derKörper obwaltenden Schwierigkeit der Anordnung, theils wegen der Lücken, die ohne Zweifel noch Statt finden und erst durch die Erfahrung ausgefüllt werden muffen. Bei Verbindungen der zweiten Ordnung und oft auch beihöheren ist einer der Stoffe Saure, der andere B a si s. Verbindungen aus Saure und Basis heißen Salze. Ein zusammengesetzter Stoff, der weder Säure, Basis oder Salz ist, heißt indifferent. 63. S ä u r e. heißt, der Wortbedeutung nach, jeder Körper, der einen sauren Geschmack erregt. Da aber sauer schmeckende Körper zugleich den Veilchsnsyrup und eine Lackmusauflösung röthen und zwar.selbst dann noch, wenn sie durch Wasser so sehr verdünnt sind, daß sie den Geschmackssinn nicht mehr zu afficiren vermögen; so hielt man letztere Wirkimg für geeigneter zu einem characteristischen Kennzeichen und betrachtete alles als Säure, was diese Farbenän¬ derung hervorbringt, wenn es auch nicht sauer schmeckt, wie z. B. die Blausäure, die Schwefelwasserstoffsäure. Allein damit ein Kör¬ per diese Farbenänderung hervorbringen könne, muß er im Wasser löslich seyn, und doch gibt es viele Körper, die mit den Lackmus , Veilchensyrup rc. rächenden in allen, ihre chemische Natur charac- terisirenden Eigenschaften,(besonders in ihrem elektrischen Verhalten) übereinstimmen und daher mit denselben in eine Klaffe gezählt wer¬ den müssen, ohne im Wasser aufgelöset zri werden, wie z. B. die Kieselsäure; darum nennt man heuc zu Tage alle jene Körper Säu¬ ren, die in ihrem chemischen Verhalten mit den, gewisse Pflanzenfar¬ ben röthenden, übereinstimmen. Diesem Verhalten gemäß, ist ein Körper nichr an und für sich, sondern blos im Verhältnis; zu anderen eine Säure, und kann im Verhältniß mit wieder anderen diesen Character, ohne eine Änderung seinerinneren Natur, verlieren, indem der Begriff Säure in dem heutigen Sinne blos etwas Rela¬ tives bezeichnet. 64. Jede Säure besteht aus einem säurcfähigen Radkcale und aus dem säuernden Princip; ersteres ist bald ein chemisch einfacher, bald, und zwar bei den organischen Säuren fast immer, ein zusam- 44 B c staudth eile der-säure n. J h re D e n e n n u n a. mengesetzter Körper, letzteres fast immer ein Grundstoff und zwar meistens Sauerstoff- doch kann für einige Radicale die Stelle des¬ selben auch Chlor, Jod, Brom, Fluor/Schwefel, Selen, ein Me¬ tall oder gar ein zusammengesetzter Körper, z. B. Schmefelcyan rc. vertreten. Säuren ohne Sauerstoff haben zum Radicale meistens Wasserstoff (es können aber auch andere Körper den Wasserstoff ver¬ treten, wie z. B. Wolfram in der wolframschwefeligen Säure); daher werden die Säuren überhaupt (aber wie es scheint gegen die logischen Regeln) in Sauerstoff- und Wasserstoffsäuren eingetheilt^ Manches Radicale verbindet sich in mehreren Verhält¬ nissen mit dem säuernden Princip und liefert demnach mehrere Säuren, die sich nicht durch die Natur ihrer Bestandtheile, son¬ dern durch ihr quantitatives Verhältniß von einander unterscheiden, ja es gibt Fälle, wo sogar bei demselben quantitativen und qualita¬ tiven Verhältnisse verschiedene Säuren zum Vorschein kommen, wie dieses z. B. bei der Phosphor- und der Pyrophosphorsäure der Fall ist. Hier liegt der Unterschied blos in der mehr oder weniger innigen Verbindung der Atome. 65. Man benennt die Säuren in der Regel nach ihren Be- standtheilen, und zwar, wenn sie Sauerstoffsäuren sind, blos nach dem Radicale, indem man demselben das Wort Säure nach¬ setzt; sind sie Wasserstoffsäuren, so setzt man dem Säureprincip dieSylbe Hydro vor. So heißt die aus Jod und Sauerstoff be¬ stehende Säure Jodsäure, eine aus Chlor und Sauerstoff zusam¬ mengesetzte Chlorsäure; aber die aus Jod und Wasserstoff gebildete Säure wird Hydrojodsäure, die aus Chlor und Wasserstoff ge¬ bildete Hydrochlorsäure genannt. Verbindet sich ein Radicale in mehreren Verhältnissen mit Sauerstoff, so wird die den meisten Sauerstoff enthaltende nach« der vorhergehenden Regel, die mir der nächst kleineren Sauerstoffmenge durch das Radicale, alsAdjecriv ge¬ braucht, mit Beifügung der Sylbe ig benannt. So heißt z. B. die aus Chlor mit der größeren Sauerstoffmenge bestehende, Chlorsäure, die mit der nächst kleineren Sauerstoffmenge chlorige Säure. Kennt man von einem Stoffe mehr als zwei Säuren, so bezeichnet man die Rangordnung der übrigen dadurch, daß man den auf die vor¬ bezeichnete Weise gebildeten Bezeichnungen die Sylbe Über oder Unter vorsetzt. So gibt es vier aus Schwefel und Sauerstoff be¬ stehende Säuren, die ihrem Range nach so auf einander folgen: Schwefelsäure, Unterschwefelsäure, schwefelige Säure, Unter- Characteristik einiger Säuren 45 schwefelige Säure. Die Säuren des Chlor heißen nach dem Gra¬ de ihrer Oxydation: Uberchlorsäure, Chlorsäure, chlorige Säure rc. Man sucht die Benennungen immer so zu wählen, daß der Name einer bereits bekannten und benannten Säure durch eine neu ent¬ deckte nicht geändert zu werden braucht. Manche oft vorkommende Säuren haben auch triviale Benennungen, die von ihrem Ge¬ brauche, von dem Stoffe, aus dem sie erzeugt werden rc. herge¬ nommen werden. So z. B. nennt man die verdünnte Stickstoff¬ säure Scheidewasser, weil sie zum Scheiden der Metalle gebraucht wird, oder weil sie aus Salpeter gewonnen wird, Salpeter¬ säure; die meistens aus Kochsalz bereitete Hydrochlorsäure heißt Salzsäure rc. Da der Character einer Säure ein blos relativer ist, so muß es unter den Säuren eine Rangordnung geben, so daß von zwei Säuren, die sich mit einander verbinden, eine sogar die Stelle der Base vertreten kann. Viele Säuren finden sich im freien oder in einem an einen Stoff gebundenen Zustande in der Natur, können aber auch durch Kunst bereitet werden; manche werden blos durch Kunst bereitet, manche kann man aber durchaus nicht aus ihren Be- standtheilen zusammensetzen. Letzteres gilt insbesondere von den or¬ ganischen (den Pflanzen- und Thier-) Säuren, deren Grundlage meistens Kohle und Wasserstoff, oder Kohle, Wasserstoff und Stick¬ stoff ist. Einige Säuren sind selbst für den Physiker besonders wich¬ tig, weshalb sie hier kurz characterisirt werden. Die Salpetersäure erhält man zugleich mit der salpetri¬ gen Säure, wenn man verkleinerten Salpeter mit Schwefelsäure übergießt und hieraus erhitzt. Da entwickeln sich gelblich rothe Dämpfe, die sich in einer Vorlage zu einer orangefarbigen, tropf¬ baren Flüssigkeit verdichten lassen, welche beständig Dämpfe, wie die, woraus sie entstanden ist, aussendet und rauchende Salpetersäure heißt. Sie ist eine Verbindung von Salpetersäure und salpetriger Säure, aus der man erstere erhält, wenn man letztere durch Hitze oder durch Zugießen von Wasser vertreibt. Im ersteren Falle erhält man sie concentrirt, im letzteren verdünnt, wo sie dann, wenn sie bereits perlblau oder wasserhell geworden ist, doppeltes oder ein¬ faches Scheidewasser heißt; sie enthält aber selbst im concentrirtesten Zustande noch Wasser, und man kann sie wasserfrei gar nicht dar¬ stellen. Die reine Salpetersäure hat einen sehr sauren Geschmack, färbt die thierische Haut und andere organische Körper dauerhaft gelb, zerstört die Pflanzensarben mit der Zeit, verbindet sich unter Wärmeentwicklung mit Wasser, zieht dasselbe sogar aus der Atmo¬ sphäre an; sie nimmt keinen Sauerstoff mehr aus, tritt aber gerne einen Theil desselben an leicht oxydirbareKörper ab und verwandelt 46 Characteristik sich dann in salpetrige Säure oder gar in Stickstoffoxyd (Salpetergas) oder in oxydirtes Stickgas, ja sie kann sogar denselben ganz fahren lassen. Die Salzsäure (Chlorwasserstoffsäure) erhält man, wenn man Kochsalz mit Schwefelsäure übergießt und hierauf erwärmt. Sie erscheint in Gestalt weißer Dämpfe, die sich zu tropfbarer Säure verdichten lassen (welche aber noch immer Dämpfe ausstoßt), und darum auch rauchende Salzsäure heißt. In reiner Gasgestalt ist sie farbelos, unathembar, weder brennbar, noch das Brennen näh¬ rend, röthet Pffanzenfarben, ohne sie zu zerstören, macht aber die organischen Körper mürbe, und erregt auf der Haut eine stechende Empfindung. Schwefelige Säure ist das erstickende Gas, das sich beim Verbrennen des Schwefels erzeugt, und das man auch erhält, wenn man Quecksilber mit Schwefelsäure übergießt und hierauf erhitzt. Es ist farbelos, hat einen erstickenden Geruch, ist weder selbst brenn¬ bar noch unterhält es das Brennen anderer Körper, bleicht thierische Substanzen, wird vom Wasser absorbirt und so in tropfbare Säure verwandelt, kann aber durch starke Erkältung oder durch einen nur etwas starken Druck tropfbar werden und stellt dann eine wasserklare Flüssigkeit dar, welche schon bei — 8° siedet. Won der Schwefelsäure kommen im Handel zwei Sorten vor; die weiße englische oder die braune sächsische (oder das Nord¬ hauser Ohl), wovon erstere durch Verbrennen des Schwefels,unter Zusatz von Salpeter oder in Berührung mit Platinschwamm, letz¬ tere durch Destillation des Eisenvitriols erhalten wird, aber siede muß erst durch Destillation cvncentrirt und gereiniget werden. Die wässerige reine Schwefelsäure ist ein wasscrheller, geruchloser, wie Öhl flüssiger Körper, der alle Eigenschaften einer starken Säure hat, mit Wasser sich heftig erhitzt, selbes schon aus der' Atmosphäre stark anzieht, und es überhaupt überall aus seinen Bestandtheilen zu bilden sucht. Daher kommt auch die zerstörende und verkohlende Kraft, mit welcher sie auf alle organischen Körper wirkt, und selbst das Schwarzwecden dieser Säure in Berührung mit organischen Stoffen oder mit der Luft, die organische Ausdünstungen enthält. Erhitzt man braune Schwefelsäure in einer Retorte mit vorgelegtem Ballon, so sammeln sich in letzterem asbestartige Krystalle, die reine Schwefelsäure darstellen. Die Schwefeln, asserstofssäure (Hydrothionsäure) erhält man durch Erwärmen des rohen, mit Salzsäure übergossenen Spie߬ glanzes. Sie bildet ein sarbeloses, nach faulen Eiern riechendes, wohl zum Selbstbrennen, aber nicht zum Unterhalten des Brennens anderer Körper taugliches, für die Respiration höchst uachtheiliges Gas. Es wird vom Wasser ausgenommen, läßt sich aber auch ohne Wasier durchlstarken Druck tropfbar darstellen und liefert dann eine einiger Sauren. Basen. 47 ungemein bewegliche, wasserhelle Flüssigkeit. Die wässerige Säure hat den Geruch des Gases und wird in der Luft zersetzt. Die Phosphorsäure bildet einen festen, äußerst feuerbestän¬ digen, schwach sauer schmeckenden,im Wasser löslichen Körper. Sie wird aus thierischen Knochen mittelst Schwefelsäure bereitet. Man kennt auch eine phosphorige und unterphosphorige Säure. Die Fluß säure erhält man durch Zerlegung des Flußspathes mit¬ telst Schwefelsäure. Sie erscheint da in Gasgestalt, ist höchst irre- spirabel, weder selbst brennbar noch das Brennen anderer Körper unterhaltend, löset das Glas auf, daher man es zum Ätzen dessel¬ ben brauchen kann, und erregt auf der Haut schmerzhafte Geschwü¬ re; es wird vom Wasser absorbirt und ertheilt demselben seine, Kieselerde und Glas, auflösende Kraft. Die Kohlensäure erscheint in der Regel als Gas und wird nur durch sehr starken Druck ohne Wasser tropfbar. Als Gas ist sie schwerer als atmosphärische Luft, zur Unterhaltung des Brennens und Athmens ganz untauglich, wird vom Wasser leicht absorbirt und ertheilt demselben einen angenehmen säuerlichen Geschmack; sie widersteht der Fäulniß mächtig. Sie findet sich als Tas an vie¬ len Orten der Erde und strömt hie und da von selbst aus besonde¬ ren Öffnungen mit oder ohne Wasser hervor , wie z.B. beim Spru¬ del in Karlsbad, an einigen Orten am Rhein; sie entwickelt sich auch beim Athmen, beim Verbrennen der Kohle, bei der Weingäh- rung, und wird auch künstlich durch Schwefelsäure aus Kreide, Marmor re. ausgelrieben. Man benützt sie häufig zur Bereitung künstlicher Mineralwässer. 66. Basen sind in chemischer Beziehung den Sauren ge¬ rade entgegengesetzt und verbinden sich mit denselben zu Sal¬ zen; sie bestehen fast immer aus zwei Elementen, und meistens ist eines derselben ein Metall und die Basis ein Oxyd, nicht selten aber auch eine solche Verbindung der ersten Ordnung, in welcher Chlor, Brom, Jod, Schwefel, Selen, Phosphor, Bor, Fluor rc. den negativen Bestandtheil abgibt, und den man nach der Analogie mit der Bedeutung des Wortes Oxyd (wo daS Oxygen den neg. Bestandtheil bildet) Chlorid, Bromid, Sulphurid, Selenid, Phosphorid, Borid, Fluorid rc. nennt. Die schwächeren Basen stehen den Säuren ziemlich nahe und spielen selbst manchmal die Rolle einer Säure; beiden stärkeren aber geht der Gegensatz mit den Säuren so weit, daß sie die durch Säuren veränderten Pflanzenfarben wieder Herstellen und selbst eine Änderung in den natürlichen Farben vieler Pflanzensäfte bewirken (sie färben den 48 Alkalien. Erden. Veilchensyrup grün, die Curcumetinclur braun), welche aber wie¬ der durch Sauren aufgehoben wird. Diejenigen, bei welchen die basische Narur so stark hervortritl, heißen Al k a li e n oder alka¬ lische Erden, je nachdem sie im Wasser leicht oder nur wenig löslich sind, auch die schlechtweg Erden genannten Körper gehören hierher; selbst das Pflanzen- und Thierreich liefert Basen, wovon einige sogar Spuren einer alkalischen Natur an sich tragen. Die Alkalien haben einen eigenthümlichen brennenden Geschmack, greifen organische Substanzen an und zerstören sie mit der Zeit, darum man sie ätzend nennt; sie sind schmelzbar und lassen sich so¬ gar verflüchtigen; ihre Dämpfe haben einen eigenthümlichen Ge¬ ruch, von dem man an den tropfbaren oder festen Massen nichts bemerkt. Sie liefern mit Öhlen im Wasser lösliche Seifen. Man kennt vier derselben: Kali, Natron, Lithion, Ammoniak; die drei ersteren sind Metalloxyde, das letztere besteht aus Wasserstoff und Stickstoff, und unterscheidet sich auch von den übrigen durch seine große Flüchtigkeit, vermöge welcher es leicht in Gasform erscheint. Die alkalischen Erden besitzen fast mit den Alkalien einerlei Eigenschaften, nur sind sie weniger löslich im Wasser und haben ein erdartiges Aussehen, geben mit Öhl im Wasser unlösliche Seifen und sind einzeln für sich nicht schmelzbar. Sie sind durchaus Metalloxyde, und zwar Oxyde von Barium, Strontium, Calcium, Magnesium, und führen demnach die Namen: Baryt-, Strontian-, Kalk-, Bittererde. Den eigentlichen Erden fehlt die 'Ätzkraft, die Wirkung auf Pflauzenfarben und der Geschmack, auch sind sie im Wasser gar nicht oder nur in äußerst geringer Menge löslich, geben mit Ohlen keine Seifen und sind für sich einzeln nicht schmelz¬ bar. Sie sind ohne Ausnahme Metalloxpde und zwar die Oxyde von Aluminium, Thorium, Beryllium, Uttrium, Zirkonium, und heißen demnach Alaun- (Thon-), Thor-, Beryll-, Ptter- undZircon- erde. Viele der übrigen Metalloxyde sind entschieden Basen, ja einige derselben, wie z. B. das Zinkoxyd, Bleioxyd, stellen sich sogar in Betreff ihrer basischen Natur nahe an die alkalischen Er¬ den, indem sie wie diese auf Pflanzenfarben wirken, und sind nur durch ihre geringe Löslichkeit im Wasser von den Alkalien getrennt, aber einige Metalloxyde müssen erst einen Theil ihres Sauerstoffs fahren lassen, andere noch mehr aufnehmen, um als Basen auf¬ treten, d. h. sich mit Säuren zu Salzen verbinden zu können; er¬ stere nennt man darum auch Hyperoxyde, letztere Oxyd ule. Viele der organischen Salzbasen stehen den alkalischen Erden sehr nahe, wie z. B. das Morphin, das Strichnin; fast alle haben einen eigenthümlichen unangenehmen Geschmack, und, besonders die vegetabilischen, eine besonders heftige Wirkung auf den Or¬ ganismus. Salze. Ihre E in kl) eilung. 49 67. Salze sind Verbindungen der Sauren mit Basen, also Verbindungen der zweiten Ordnung. Sie sind im wasserfreien Zu¬ stande fest, und wenn sie rein sind und aus farblosen Basen und Sauren bestehen, auch farblos; die aus farbigen Basen bestehenden haben meistens die Farbe der wasserhaltigen Basis oder eine ihr ähnliche, doch hängt die Farbe überhaupt stark von dem Wasserge¬ halte ab. Die meisten Salze sind im Wasser löslich und haben ei¬ nen eigenthümlichen Geschmack; ihre Löslichkeit im Wasser hangt von der Natur der Säure und Basis, vom Oxydationszustande der letzteren, vom Mischungsverhältnisse der zweiBestandtheile und von der Temperatur ab; sie brauchen fast durchaus dem Gewichte nach mehr Wasser, als ihr eigenes Gewicht beträgt. Man theilt die Salze nach der Säure in Gattungen und diese nach der Basis in Arten ein. So z. B. bilden die schwefelsauren, salpetersauren, kohlensauren Salze Gattungen, schwefelsaurer Kalk, schwefelsau¬ res Kali, schwefelsaures Eisenoxyd Arten der Gatrung schwefelsau¬ rer Salze. Man bezeichnet sie dadurch, daß man der Basis den zu einem Adjektiv umgeformren Namen der Säure vorsetzt, wie die vorhergehenden Beispiele zeigen; viele Salze haben auch Trivial¬ namen, welche ihrer Kürze wegen oft auch in der Wissenschaft mit Nutzen gebraucht werden. Man sagt nämlich lieber Salpeter als salpetersaures Kaliumoxyd, Glaubersalz statt wasserhaltiges, kri- stallisirtes, schwefelsaures Natriumprotoxyd.Jede Gattung der Salze hat einen eigenthümlichen Character und unterscheidet sich dadurch von den übrigen Gattungen. Man theilt die Salze in neutrale, saure und basische ein und versteht unter ersteren solche, bek denen Basis und Säure gleichviel Sauerstoff enthalten; oder wo^der Sauerstoffgehalt des einen ein Vielfaches vom Sauer¬ stoffgehalt des andern ist. Ist der Sauerstoffgehalt der Säure größer, so heißt das Salz sauer, widrigenfalls basisch. Es enthält demnach keinen Widerspruch, wenn man sagt, die Auflö¬ sungen der neutralen Eisenoxydsalze röthen den Lackmus. Es kann sich aber nicht jede Base in diesem dreifachen Verhältnisse mit einer Säure zu Salzen verbinden, so wie überhaupt nicht jede Base mit jeder Säure ein Salz gibt; dafür verbindet sich wieder manche Base zugleich mit zwei Säuren und noch häufiger eine Säure mit zwei Basen, und es entstehen auf diese Weise die sogenannten D op p e l- und dreifachen Salze; wovon der Alaun ein Beispiel.gibt, wo die Schwefelsäure mit Kali uno Naturlehre L. Aufl. 4 50 Indifferente Stoffe. Thonerde zugleich verbunden vorkommt. Salze mit drei Basen und einer Säure kommen wohl auch/ doch seltener vor. Die älteren Chemiker nannten jedem wenigstens in 560 Th. Wasser lös¬ lichen Körper ein Salz und begriffen demnach auch Säuren, Alka¬ lien re. unter diesem Namen; später hat man nur Verbindungen von Sanerstvffsäuren mit Metalloxyden oder Ammoniak Salze ge¬ nannt; allein dagegen erklärten sich Viele, weil man dadurch ge¬ rade das charakteristischeste dc»Salze,das Kochsalz (Natriumchlorid) von den Salzen ausschließt. Um diesem Übelstande zu begegnen hat Berzelius den Begriff Salz dahin modifieirt und erweitert, daß er,ihn nicht auf die Zusammensetzung sondern auf die Eigenschaften des Produktes bezieht und den Charakter eines Salzes blos in den Zustand der vollkommenen Neutralisation versetzt, die nächsten Be- 'stsudtbeile mögen nun einfach oder zusammengesetzt seyn. Demnach wären die Chloride, Jodide, Fluoride (V. nennt sie Halvidsalze), ja selbst das Wasser ein Salz. Es scheint, obiger Begriff entgehe allen diesen Unzukömmlichkeiten, besonders wenn man annimmt, das Kochsalz sey eine Verbindung von Natrinmchlorid mit Wasser und ersteres spiele die Rolle der Vase, letzteres die der Säure. 08. Indifferente Stoffe sind alle diejenigen, welche weder Säuren noch Basen sind. Es gibt vielleicht keinen absolut indifferenten Stoff, aber in Beziehung auf gewisse Körper sind einige entschieden indifferent. Derlei findet man im Reiche der or¬ ganischen und unorganischen Natur. Der für den Physiker wichtigste indifferente Stoff ist das Wasser. 6g. Das reine Wasser ist geschmack-, geruchlos und höchst durchsichtig; es har in kleinen Blassen keine merkliche Farbe, in größeren ist seine Farbe bläulich grün. (Davy in Zeirsch. S. 238.) Wiewohl es in allen drei Naturreichen vorkommr und einer der ver¬ breitetsten Körper dieser Erde ist, so trifft man es doch nur in den Eishöhlungen der Gletscher rein an, wo es mit keinem anderen Körper als mit Eis in Berührung kommt, auch nicht von der dar¬ über befindlichen Luft organische Stoffe einsaugen kann. Das ge¬ wöhnliche Wasser kann man durch Destillation reinigen. Vermög seiner vielseitigen Verwandtschaft nimmt es Körper von verschiedener Art auf, meistens aber Salze und Luftarten; durch erstere bekommt es einen eigenthümlichen Geschmack und wird zu manchem technischen Zwecke unbrauchbar; es heißt dann hartes Wasser. Viele Stoffe nimmt es mechanisch mit sich fort, setzt sie aber in der Ruhe wieder grofitentheils ab. Wasser, das organische Stoffe ausgenommen har. W a s s e r. 5l bekommt einen Übeln Geruch und Geschmack, wird aber oft mit der Zeit wieder rein und trinkbar, weil diese Stoffe durch Fäulnis; zu Grunde gehen. Aber ohne dieses abzuwartcn kann manWasser reinigen, indem man es durch abwechselnde Schichten von Kohle und Sand leitet. Selbst das reinste Wasser verdirbt mit der Zeit, weil es aus der Luft oder aus den Gefäßen, in denen es aufbewahrt wird, orga¬ nische Stoffe aufnimmt. Durch Kohle, auch durch eins geringe Portion Kalk oder salpetersaures Silber, kann man es vor dem Verderben lange Zeit schützen. Die Verbindungen mit Wasser heißt man Hydrate und in diesen spielt das Wasser oft die Rolle der Säure, oft aber auch jene der Basis. — Es ist schon früher gesagt worden, daß das Wasser aus Sauerstoff und Wasserstoff bestehe (Wasserstoffoxyd sey). Davon kann man sich auf zweifache Weiss überzeugen, nämlich, indem man aus zwei Voll Wafferstoffgas und ein Vol. Sauerstoffgas mittelst eines electrischen Funkens Wasser erzeugt, das dem Gewichte nach jenem der beiden Gase zusammen¬ genommen gleich kommt, oder indem man Wasserdampf durch ein glü¬ hendes eisernes Rohr leitet. Im letzteren Falle oxydirt sich das Eisen und nimmt am Gewichte zu und es entwickelt sich Wasserstoffgas. Das Gewicht dieses Gases vermehrt um die Gewichtszunahme des Eisens beträgt so viel, als das verschwundene Wasser wiege. Andere für den Physiker wichtige indifferente Stoffe sind gewisse Ver¬ bindungen des Kohlenstoffs und Phosphors mit Wasserstoff. Die Kohle geht mit W a sserstoff sehr viele Verbindungen ein und lie¬ fert unter andern auch zwei Gase. Das Kohlenwasserstoffgas mit den; Minimum von Kohlenstoff entwickelt sich in Sümpfen (daher es auch Sumpfgas heißt), in Kohlenbergwerken, kann aber künstlich erzeugt werden, wenn man Wasserdämpfe durch ein; glühendes mit Kohlen¬ pulver gefülltes eisernes Rohr leitet. Es ist nicht respirabel, riecht sehr unangenehm, läßt sich anzünden und brennt mit einer sehr schwachen blauen Flamme, die nicht stark leuchtet, detonirt aber, mit Sauerstoffgas gemischt und dann ängezündet, sehr heftig. Das Koh¬ lenwasserstoffgas mit dem Maximum an Kohlenstoff wird durch De¬ stillation organischer Substanzen, vorzüglich Ohl, Steinkohlen re,, besser aber durch Erhitzen einer Mischung von 1 Th. Alkohol mit 4 Th. starker Schwefelsäure erhalten. Es ist farblos , von widrigem Gerüche, brennbar und zwar brennt es mit sehr Heller, lebhafter Flamme, verpufft, mit Saucrstoffgas erhitzt, sehr gewaltig und lie¬ fert mit Chlor einen öhlartigen Körper, daher man es auch öhlbil- dendes Gas nennt. (Pogg. Ann. 4. 469; 5. 3l6 und 324.) — Auch der Phosphor liefert mit Wasserstoff gasförmige Körper,die ma ; ' 4 * 52 Gesetze der chemischen erhält, wenn man Phosphor in Ätzlauge vorsichtig kocht. Anfangs erhält man ein nach faulen Fischen riechendes Gas, das sich in der Lust von selbst entzündet, in Sauerstoffgas aber mit sehr starker Lichtentwicklung und mit Explosion verbrennt. Gegen Ende der Ope¬ ration entwickelt sich aber ein anderes Gas, das sich nicht mehr in der Luft entzündet. Nach H. Rose haben diese zwei Gase gleiche Zusammensetzung, ja sogar eine gleiche Dichte, und man kann ohne etwas auszuscheiden oder hinzuzugeben eines in das andere verwan¬ deln. (Pogg. Ann. 6. 199; 16. 363; 31. Schweigg. I. 46. 459; 47. 12). 70. Durch vielfaches Beobachten der bei chemischen Processen eintretenden Vorgänge hat man die Gesetze der chemischen Ver¬ wandtschaft kennen gelernt. Es ist auf diesem Wege klar geworden, daß die Affinität bis zu den Atomen der Körper hinabreicht und ih¬ re Verbindung oder Trennung vermittelt, während sich; die An¬ ziehung, von welcher der Aggregationszustand abhangt (S. 28), nur auf die Mollekel und größeren Massentheile erstreckt; man hat erkannt, daß die chemische Anziehung wohl, wie die Schwere, je¬ des materielle Theilchen afficire, aber nicht wie jene in wahrnehm¬ bare Entfernung wirke, sondern nur bei sehr kleinen Distanzen, vielleicht gar nur bei unmittelbarer Berührung der betreffenden Stoffe in Thätigkeit trete. Aus diesen Gesetzen ergeben sich mehrere für die Anwendung wichtige Folgerungen: Die Anziehung zwischen den homogenen Theilen der Körper erscheint als Feindinn der Affinität. Daher wirken feste Körper in der Regel nicht chemisch auf einander, sondern es muß wenigstens einer derselben flüssig seyn sscc>n/,o,a uon «Aunt sagten die alten Chemiker), und man schmilzt darum entweder einen oder beide der Körper, die sich chemisch ver- - binden sollen, oder löset sie im Wasser auf. Darum erfolgt die che¬ mische Wirkung eines flüssigen Körpers auf einen festen desto leichter und stärker, je weniger die Theile des letzteren zusammenhängen, wie dieses an einer Silbermünze zu sehen ist, die von Scheidewasser an den erhabenen, weniger znsammengepreßten Stellen leichter ange¬ griffen wird, als an den vertieften, so daß man dadurch an abgegriffe¬ nen Münzen das Gepräge wieder sichtbar machen kann. Darum be¬ günstiget Temperaturerhöhung, welche den Zusammenhang der Theile vermindert, die Einwirkung der chemischen Kräfte, wenn sie nicht so weit steigt, daß sie einen Körper ausdehnsam macht und dadurch derAffinitätan der abstoßendenKraft derTheileeinen neuen Gegner erweckt. Daß sich Sauerstoff und Quecksilber bei der Sied- Verbindungen. 53 Hitze des letzteren nicht mit einander verbinden, während diese Ver¬ bindung bei geringerer Temperatur vor sich geht, so wie, daß Sauerstoffgas und Stickstoffgas ungeachtet ihrer erwiesenen Affini¬ tät in der Atmosphäre mit einander gemengt bleiben, ohne sich che¬ misch zu verbinden, hat hierin seinen Grund. Es ist leicht einzuse¬ hen, daß jede Vergrößerung der Berührungsflächen zwischen chemisch verwandten Stoffen die Verbindung erleichtern und beschleunigen muß. Daraus erklärt sich die Wirkung des Zerkleinerns der Stoffe und des Umrührens. Vielleicht kommt es auch daher, daß ein Stoff am liebsten dann eine Verbindung eingeht, wenn er gerade aus einer anderen tritt, denn da befindet er sich gewiß im Zustande der feinsten Vertheilung. Unerklärlich bleibt es aber bis jetzt, wie es kommt, daß oft zwei Stoffe nur durch einen dritten zur Verbindung disponirt werden, wie wir dieses bei der atm. Luft sehen, wo die Gegenwart eines Alkali die Verbindung des Sauerstoffs mit Stick¬ stoff zur Salpetersäure bedingt. Daß die chemische Anziehung nicht auf alle Körper gleich stark wirkt, wie die Schwere, sondern daß es Grade der chemischen Verwandtschaft gebe, ist schon früher (S. 30) gesagt worden. Die Verwandtschaftsgrade der Körper zu einander lernt man durch Zersetzung derselben mittelst Wahlverwandtschaft kennen. So z. B. lehrt die Erfahrung, daß schwefelsaures Ammoniak durch Natcum, schwefelsaures Natrum durch Kali, schwefelsaures Kali durch Kalk, schwefelsaurer Kalk durch Strontian, zersetzt wird, mithin daß die genannten Körper nach ihrer Verwandtschaft zur Schwefelsäure so auf einander folgen: Ammoniak, Natrum, Kali, Kalk, Strontian. Doch darf man hierbei nicht vergessen, daß oft äußere Umstände die Verwandtschaftsgrade stark abändern, und entweder keine reinen oder gar keine Ausscheidungen Statt finden, wo sie den vorausge¬ setzten Verwandtschaftsgraden zu Folge eintreten sollten. Solche Ab¬ weichungen werden oft durch den Umstand erzeugt, daß ein Körper nicht blos durch seine Verwandtschaft, sondern auch durch seine Masse wirkt, und daher das Resultat seiner chemischen Wirkung von dem Products dieser beiden Größen (vom chemischen Momente) abhängt. Es kann darum ein Körper mit geringer Verwandtschaft und großer Masse einen anderen, dessen Verwandtschaft größer, dessen Masse aber viel kleiner ist, aus seiner Verbindung vertreiben. Auf diese Weise vertreibt die Salpetersäure die viel stärkere Schwe¬ felsäure aus ihrer Verbindung mit Kali. Ähnliche Anomalien be¬ wirkt ein hoher Grad von Flüchtigkeit eines Stoffes oder die große Auflösbarkeit desselben in dem Mittel, worin er sich bildet, wohl auch die Temperatur. Deshalb vertreibt die feuerfeste Borsäure, 54 Sättigung, Neutralisirung. die viel stärkere aber flüchtige Salpetersäure aus ihren Verbindun¬ gen hei einem hphen Hitzegrade; eben so zersetzt die Weinsäure die Auflösung von salpetersaurer Kalkerde und b'ldet die leicht im Was¬ ser lösliche,, weinsaure Kalkerde, wiewohl die Salpetersäure der Kalkerde näher verwandt ist, als die Weinsäure. Wie sehr die Tem¬ peratur die Verwandtschaft modificire, zeigt das Verhalten des Sauerstoffes zum Quecksilber, der sich bei geringer Wärme leicht mit demselben verbindet, bei höherer aber nicht. 71. Durch den bloßen Einfluß der chem. Verwandtschaft und ohne Mithülfe der Lebenskräfte verbinden sich in der Regel nur einfache Stof¬ fe mit einfachen und zusammengesetzte nur unter sich. Einige Stoffe verbinden sich in allen möglichen Verhältnissen mit einander, z. B. Weingeist und Wasser; andere können sich innerhalb gewisser Gren¬ zen in allen denkbaren Verhältnissen mit einander vereinigen, über diese Grenzen hinaus gehen sie aber keine Verbindung ein. So z.B. nimmt Wasser zwar nur eine bestimmte Menge Kochsalz (nahe 27 c.) auf, aber unter dieser Menge ist in jedem Verhältnisse eine Verbindung möglich. Wenn ein Körper von einem anderen so viel ausgenommen hat, als er vermag, heißt er gesätriget. Die Sättigungsmenge hängt nicht blos von der Natur der Stoffe, son¬ dern auch von ihrer Temperatur ab. Haben zwei Körper durch ge¬ genseitige Vereinigung ihre characteristischen Eigenschaften einge¬ büßt, so heißen sie n eir tr a lisi rt. (Aei Salzen hat der Begriff Neutra lisirung eine andere Bedeutung, S. 4g.) Neutralisirung ist demnach von Sättigung wesentlich verschieden, es kann ein Kör¬ per mit einem anderen gesättiget und doch nicht durch ihn neutrali¬ sier seyn, wie dieses bei einer gesättigten Auflösung von Kochsalz im Wasser der Fall ist, und in einem neutralen Gemische sind die Bestandtheile nicht immer gesättiget. Bei Verbindungen, die in allen möglichen Verhältnissen vor sich gehen, gibt es in der Regel keine Neutralisirung. 72, Verbindungen, welche durch starke Verwandtschaften er¬ zeugt sind, enthalten die Bestandtheile stets in bestimmten Ver¬ hältnissen. So z. B. verbinden sich stets nur 100 Th. Schwefel¬ säure mit 71 Th. Kalk zu Gyps; nimmt man mehr Schwefelsäure so bildet sich zwar auch Gyps, aber es bleibt ein Theil Schwefel¬ säure frei zurück; nimmt man mehr Kalk, so erfolgt dasselbe, aber es bleibt freier Kalk übrig. Zwischen vielen Körpern gibt es nur ein eiNzigcs.Mllchungsverhaltniß, bei^manchen aber kennt man deren Verbindungen in bestintmten Verhältnissen. mehrere, und wo dieses der Fall ist, da stehen, für einerlei Menge des positiven Bestandtheils der Mischung die Quantitäten des nega¬ tiven zu einander in sehr einfachen Verhältnissen. Man erhält die Menge des negativen Bestandtheils für die höheren Verbindungs¬ stufen, indem man jene der niedrigsten mit 2, 3, 4, 5, rc. mul- tiplicirt. Verbinden sich zwei Stoffe mit einander, die einen gemein¬ schaftlichen Bestandtheil enthalten, so geschieht dieses in einem sol¬ chen Verhältnisse, daß die Menge des gemeinschaftlichen Bestand¬ theils in einemKörper ein Vielfaches von der Menge dieses Bestand- theiles im anderen Körper ist. Die Mischungsverhältnisse sind von der absoluten Größe der sich verbindenden Massen unabhängig und müssen demnach auch noch von den Atomen der Körper gelten/Ist dieses richtig, so müssen sich in den höheren Verbindungsstusen 1, 2, 3, rc. Atome des negativen Körpers mit 1 Atom des positi¬ ven verbinden. Silicium und Sauerstoff verbinden sich in einem einzigen Verhältnisse, Quecksilber und Sauerstoff in zweien, und zwar vereinigen sich 100 Th. Quecksilber mit 4 Th. und mit 8 — 2 X 4 Th-, Sauerstoff, Sauerstoff und Stickstoff verbinden sich mit einander in fünf Ver¬ hältnissen; es gibt nämlich 1 Volum Stickgas mit 4 Vol- Säuer- sioffgas Stickoxydul, mit 1 Vol. St. Stickoxyd, mit 1j Vol. St. untersalpetrige Säure, mit 2 Vol. St. salpetrige Säure und mit Vol. St. Salpetersäure. Es wachsen demnach die Sauerstoffvol. von der niedrigsten bis zur höchsten Verbindung wie die Zahlen 1, 2, 3, 4, 5. Verbindet sich Schwefelsäure mit Eisenoxydul zu einem neutralen Gemische, so braucht man zu 100 Th, des Produc- - tes 46.706 Th. Schwefelsäure und 53.294 Th, Eisenoxydul, und diese Mengs Eisenoxydul enthält 10.63 Th.Sauerstoff, die dasselbe ncutralisirende Schwefelsäure hingegen 31.88 Th., mithin fast gera¬ de dreimal so viel. , Wenzel, ein deutscher ,Chemiker, scheint schon ssms Jahre 1777) aus die bestimmten Verhältnisse der sich verbindenden Körper auf¬ merksam gemacht und sie durch Versuche nachzuweisen gesucht zu haben, alleinMichter hat sich zuerst darüber bestimmt ausgespro¬ chen und sie aus des ersteren Versuchen nachgewiesen, er sand aber bei seinen Zeitgenossen wenig Eingang, theils weil seine eigenen Versuche wenig Genauigkeit besaßen, theils aber, weil Lavoi- sier's damals neue Schöpfung im Gebiete der Chemie die Auf¬ merksamkeit der ganzen gelehrten Welt in Anspruch genommen hatte, und so blieb dieSache auf sich selbst beruhen, bis Proust dieVer- bindung der Metalle mit Sauerstoff und Schwefel in bestimmten Verhältnissen gegen Berthollet's Behauptungen in Schutz nahm. 56 Chemische Äquivalente. Während des hierüber zwischen beiden mit vieler Mäßigung und tiefer Gründlichkeit geführten Streites machte Gay-Lussac die wichtige Entdeckung, daß sich Gase stets in sehr einfachen Raum¬ verhältnissen mit einander verbinden,und zwar immer! Volum des einen mit !, 2, 3 re. Volumen des anderen, ein Verhalten, das schon früher Dalton gemuthmaßt hatte. Endlich hat der große Chemist Verzelius seine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand gerichtet und ihn durch höchl) genaue unlssinnreiche Versuche so fest begründet- daß alle Zweifel darüber verstummen mußten. 73. Wenn ein neutraler Stoffs durch einen anderen ^zer¬ setzt wird, und sich wieder ein neutrales Gemisch bildet, so er¬ setzen sich die Mengen von 73 und (7 wechselseitig und können daher chemische Äquivalente genannt werden. So z. B. sind 71 TheileKalk und 78 Th. Natrum chemische Äquivalente, weil beide mit 100 Th. Schwefelsäure ein neutrales Product liefern. Der Er¬ fahrung gemäß gehen aus der Zersetzung zweier neutraler Stoffe A« und Lö durch doppelte Wahlverwandtschaft wieder neutrale Producte als La hervor, und es neutralisiren daher die Men¬ gen a und ö sowohl A und L. Wiewohl man daher zur Neutralisi- rung einer bestimmten Menge eines Stoffes mir verschiedenen anderen«. S, o rc. verschiedene Mengen der letzteren braucht; so stehen doch die Mengen a, 5, c: rc. für A in demselben Verhält¬ nisse, wie für jeden anderen Stoff L. So z. B. werden 100 Th. Schwefelsäure durch 42.7 Th. Ammoniak, durch 117-7 Th. Kali, durch 78 Th. Natrum rc., 100 Th. Salzsäure durch 47 Th. Am¬ moniak, 129.4 Th. Kali und durch 85.8 Th. Natrum neutralisirt. Es ist 42.7:117.7:78 — 47:129.5:85.8. Zur Neutralisirung von 100 Th. Schwefelsäure braucht man genau eben so viel Ammo¬ niak, Kali, Natrum rc., wie zur Neutralisirung von 90.8 Th. Salzsäure. Dieses Vermögen eines Stoffes, in einer gewissen Menge ein bestimmtes Quantum eines anderen zu neutralisiren, wird ihm durch eine bereits eingegangene Verbindung nicht benommen. So werden 100 Th. Schwefelsäure durch die angegebenen Quantitäten Ammoniak, Kali rc. neutralisirt, die Säure mag diesen Körpern frei, oder in Verbindung mit Bittererde, im Bittersalze dargeboren werden. 74. Es ist klar, daß eine gewisse Quantität jedes chemischen Elementes eine bestimmte Quantität eines anderen Elementes erse¬ tzen kann. Denkt man sich eine Gewichtseinheit eines Elementes, z. B. des Sauerstoffs, und von den anderen Elementen solche Aromengewicht. 57 Quantitäten, wie sie erforderlich sind, um jene Menge Sauerstoff zu ersetzen, so drücken die diese Quantitäten bezeichnenden Zahlen die relativen Mengen der Elemente aus, in welchen sie sich ge¬ genseitig ersetzen und sich mit einander verbinden. Man nennt diese Zahlen stöchiometrische Zahlen. Nach der wohlbegründeten Übereinstimmung der meisten Chemiker wird die stoch. Zahl des Sauer¬ stoffes mit 1, 10, 100 oder 1000 bezeichnet. Wenn es demnach in der Tafel S. 32 heißt: die stoch. Zahl oes Schwefels sei 201, jene des Eisens 339, so will man damit sagen: Es verbinden sich 201 Th. Schwefel mit 339 Th. Eisen, mit 100 Th. Sauerstoff, wohl auch 339 Th. Eisen mit 201 Th. Schwefel. In der Vor¬ aussetzung, daß sich bei der niedrigsten Verbindungsstufe zweier Ele¬ mente ein Atom des einen mit 1 At. des anderen verbindet, müssen die stöch. Zahlen der Körper zugleich die Gewichte ihrer Atome an¬ geben. Man nennt diese Zahlen daher oft auch A tomengewichte. 75. Ein chemisch zusammengesetzter Körper hat den stöch. Werth aller seiner Bestandtheile. Es stellt nämlich z. B. Kieselerde eben¬ sowohl eine gewisse Menge Sauerstoff als Kiesel vor, und da die stöch. Zahl des Sauerstoffs — 100, jene des Kiesels — 277 ist, so muß die der Kieselerde — 377 seyn. Dabei darf man aber nicht vergessen, daß das Atomengewicht der Bestandtheile eines Körpers so oft gezählt werden müsse, als Atome desselben mit einander verbunden sind. Daher ist das Atomengewicht der Salpeter¬ säure, die aus 2 At. Stickstoff — 167 und 5 At. Sauerstoff be¬ steht, gleich 2.167 -1- 5.100 — 834. 76. Bis in die neueste Zeit glaubte man, verschiedene chemi¬ sche Eigenschaften eines Körpers können nur bei einer verschiedenen Anzahl von Atomen derselben Elemente oder bei gleicher Anzahl von Atomen verschiedener Elemente vorhanden seyn. Gegenwärtig kennt man aber mehrere in Bezug auf ihr chemisches Verhalten sehr verschiedene Körper, die deßungeachtet ein gleiches Atomengewicht besi¬ tzen und aus einer gleichen Anzahl Atome derselben Elemente bestehen. Man nennt sie isomerische Stoffe. Von dieser Art sind geglühte und ungeglühte Phosphorsäure, die eine ganz gleiche chemische Zusammensetzung haben und doch verschiedene Salze bilden, ferner Wein- und Traubensäure, Knallsäure und cyanige Säure rc. Eben¬ so sollte man glauben, daß dieselben Elemente stets dasselbe Pro¬ duct liefern müßten, ihre absolute Anzahl mag welche immer seyn, wenn nur ihr Verhältniß nicht geändert wird. Aber auch hierüber Chemische Symbole. hat unS die Erfahrung eines anderen belehrt. Sowohl im Weinvhl als im öhlbildenden Gase, die beide aus Kohlenstoff und Wasserstoff bestehen, ist die Anzahl der Wasserstoffatome doppelt so groß als jene der Kohlenstoffatome; nur sind in ersterem 4 At. Kohlenstoff mit 8 At. Wasserstoff, in letzterem 1 At. Kohlenstoff mit 2 At. Wasser¬ stoff verbunden, die Eigenschaften des Weinohles sind aber von je¬ nen des ohlbildenden Gases weit verschieden. Berzelius nennr solche Körper p oly m er isch e. Man kann diese Verschiedenheiten der Körper bei gleicher Zusammensetzung nur dadurch unserer Ver¬ haltungsmeise naher bringen, daß man annimmt, es können sich dieselben Atome mehr oder weniger innig mit einander verbinden. Damit hängt auch jene chemische Umstaltung der Körper zusammen, die sie oft erleiden, ohne daß etwas hinzu- oder wegkommt, wie dieses mit der Cyanursäure der Fall ist, welche auf solche Weise in wasserhaltige Cyansaure übergeht. Derlei Körper nennt Ber- zelius metamer isch e. 77. Aus der bisherigen Darstellung der materiellen Verschie¬ denheit der unorganischen Körper ersieht man, daß dieselbe durch die quantitative und qualitative Verschiedenheit der Bestandtheile und durch deren mehr oder weniger innige Verbindung bedingt ist, und daß alles hierauf Bezug habende gewissen unveränderlichen Ge¬ setzen unterliegt; jeder Körper hat nicht blos seine vorgeschriebene Wirkungsweise, sondern auch in dieser Beziehung einen eigenen, numerisch bestimmten Werth (stöchiometrischeZahl) und kann dem¬ nach durch seine Bestandtheile und deren Verbindungsweise characte- risirt werden. Um dieses möglichst kurz bewerkstelligen zu können, hat Man eine eigene chemische Zeichensprache eingeführt, nach wel¬ cher jeder einfache Stoff mit dem Anfangsbuchstaben seines lateini¬ schen Namens, und daher Sauerstoff (Omq-AeNunr) mit rc., bezeichnet wird; nur wo eine Zweideutigkeit zu vermeiden ist, setzt man zu diesem noch den nächsten characteri- stischen Buchstaben des Namens. Daher bedeutetes Eisen (As/munz), At. Antimon (AAöru/m), um ersteres vom Fluor sie-, letzteres vom Schwefel (A) zu unterscheiden; das Wasser führt das Zeichen ^<7 Zusammengesetzte Körper der ersten Ordnung werden durch unmittelbares Zusammenstellen der Zeichen ihrer Bestandtheile an¬ gedeutet und z. B. Schwefeleisen mit bezeichnet, nur der Sauerstoff wird oft durch einen, über dem Zeichen des damit ver¬ bundenen Körpers gesetzten Punct ausgedrückt. Pflanzensäuren füh- Organische Verbindungen. 5n ren über dem Anfangsbuchstaben ihres Namens einen Querstrich, heißt Essigsäure f'Amckn?» aosÄnnm). Kommen in einer Ver¬ bindung von einem Bestandtheile mehrere Atome vor/ so bezeichnet man ihre Anzahl mit einem Exponenten/nur dieAnzahl der Sauer¬ stoffatome wird durch die Anzahl Puntte angM'ütet. So z. B. heißt Kg <7^ Chlorquecksilber (k At. Quecksilber, 2 At. Chlor), Schwefelsäure (I At, Schwefel, 3 Ät. Sauerstoff) , 7)7 Salpc- tersäiire hl At. Stickstoff,' 5 At. Sauerstoff). Bei Zusammense¬ tzungen einer höheren Ordnung werden die nächsten Bestandtheile durch das Zeichen -s- zu einem Ganzen verbunden. So z. B. heißt L-j-57V Salpeter (l At. Kaliumoxyd und 5 At. Salpeter¬ säure), t7a^-f-2Ay. krist. Gyps (k At. schwef. Kalk, 2 At. Wasser). 78. Die chemische Zusammensetzung der organischen Körper ist von jener der unorganischen wesentlich verschieden und bietet überhaupt keine so große Mannigfaltigkeit der Bestandtheile dar, wie diese, indem die vegetabilischen Körper im Wesentlichen höch¬ stens nur Sauerstoff, Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff, in der Regel sogar nur die drei ersteren Grundstoffe, thierische aber fast immer alle vier, aber nicht mehr enthalten. Auch die Art der Verbindung dieser Stoffe unter sich hat bei der organischen Natur etwas Eigenthümliches. Während in der unorganischen Welt immer nur zwei einfache Stoffe unter sich, und zwei zusammengesetzte dersel¬ ben Art wieder unter sich verbunden vorkommen (S. 54)- trifft man in der organischen' auch drei Grundstoffe mit einander unmit¬ telbar verbunden an. Einige Chemiker von Gewicht sehen die orga¬ nischen Stoffe gleich den unorganischen als salzärtige Verbindungen von Kohlenstoffverbindungen mit den Elementen des Wassers und der Luft an, und betrachten z. B. den Alkohol, für welchen die Analyse 2 At. Kohlenstoff, 3 At. Wasserstoff und I At. Sauer¬ stoff »achweiset, als eine Verbindung von 1 At. Wasser mit 2 At. öhlbildenden Gas. Um diese Ansicht durchzuführen, wird in einigen Fällen vorausgesetzt, es habe sich bei der Verbindung zusammen¬ gesetzter Atome unter sich oder mit einfachen, ein Theil ausgeschie¬ den. So z. B. kann der Harnstoff, der aus 1 At. Sauerstoff, 1 Ar. Kohlenstoff, 2 At. Wasserstoff und 1 At. Stickstoff besteht, als Verbindung von Kohlensäure und Ammoniak angesehen werden, wenn man annimmt, cs habe sich bei der Verbindung 1 At. Wasser 60 Gährung. ausgeschieden. (Mitscherlich in Pogg. Ann. 31. 631.) Ein anderer wesentlicher Character der org. Verbindungen ist das häu¬ fige Vorkommen isomerischer Stoffe. Von dieser Art ist eine große Menge ätherischer Ohle (Blanchet und Sell in Pogg. Ann. 2g. 133), Harze, Säuren rc. Dieses beweiset, daß es mehrere Grade der Innigkeit in der Verbindung der organischen Atome gibt. Organische Stoffe haben auch das Eigenthümliche, daß sie schon durch den Einfluß der Lust und des Wassers eine Zersetzung er¬ leiden. 79. So lange das geheimnißvolle Spiel der Lebenskraft der che¬ mischen Thätigkeit im Wege steht oder sie wenigstens modificirt, erhält sich der Organismus in seinem Baue; so wie aber der Tod eintritt, gewinnen die chemischen Tätigkeiten die Oberhand und der organische Körper erfährt seine Zerstörung. Wahrend dieser Katastrophe erleiden Substanzen, welche Zucker und einen stickstoff¬ haltigen Antheil (Ferment) enthalten, unter günstigen Umständen, eine besondere Veränderung, die unter dem Namen der geistigen oder weinigen Gährung bekannt ist. Die Bedingungen, unter denen diese Veränderung eintritt, sind: 1) Tropfbarer Zu¬ stand, der den kleinsten Theilen eine hinreichende Beweglichkeit ge¬ währt. 2) Gemeinschaft mit der atmosphärischen Luft wenigstens eine kurze Zeit hindurch, oder nach Döbereiner mit Kohlen¬ säuregas. 3) Eine Temperatur über 0° und unter l 00° 4) Ruhe. 5) Eine hinlänglich große Masse. Sind diese Bedingungen vorhan¬ den, so wird die Masse durch innere Thätigkeit trübe, erwärmt sich noch mehr, gewinnt am Volum und gibt Luftblasen von sich, die sich als Kohlensäuregas characterisiren. Nach einiger Zeit lassen alle Phänomene nach, die Flüssigkeit klärt sich und zeigt eine ganz ver¬ änderte Natur, indem sie nicht mehr wie früher süß, sondern wein¬ artig schmeckt, eine berauschende Eigenschaft hat und bei der De¬ stillation Weingeist, eine leicht entzündliche, flüchtige, scharf schme¬ ckende, sich mit Wasser leicht mischende, Harze und Öhle auflösende Flüssigkeit gibt, die im reinen Zustande den Namen Alkohol führt und durch Säuren bei erhöhter Temperatur in Äther und Wasser zerlegt wird. Der Alkohol ist es, dem die Flüssigkeit nach der Gährung ihre berauschende Kraft verdankt, und von dessen Menge hängt ihre Stärke ab. Er wird auf Kosten des Zuckerge¬ haltes gebildet. Hieraus wird man es sich erklären, was bei der Bereitung der Weine jim allgemeinsten Sinne des Wortes (wo- G a h r u n g. 6L durch man alle berauschenden Getränke bezeichnet) vor sich gehl, und einsehen, warum saure Trauben schlechten odez: nur schwachen Wein geben ; warum Bier um so starker wird, je mehr Malz man zu dessen Bereitung anwendet; warum Äpfel, Birnen zur Bereitung des Obstweines, Kartoffeln, Kirschen, Syrupe zur Erzeugung des Alkohols oder Brantweins verwendet werden können. Stoffe, die viel Zucker enthalten, verlieren ihn nicht ganz bei der ersten hef¬ tigen Gährung und geben daher ein zugleich berauschendes und süßes Getränke, wie die sogenannten Ausbrüche, der Meth re. Trauben unter Quecksilber gepreßt und ganz von der Luft abge¬ sperrt, geben keinen Wein. Übrigens dauert die Weingährung, selbst wenn das Kohlensäuregas nicht entweichen kann, sondern sich über gährendem Moste verdichten muß, noch eine geraume Zeit fort; daher Weine mit der Zeit immer stärker werden, aber wenn sie süß sind, nach und nach diesen Geschmack verlieren, und auch, wenn sie freie Säure enthalten, dieselbe absetzen und milder werden. Wird guter Wein nach der ersten Gährung in ein Gefäß luftdicht eingeschloffen, so nimmt er die bei der ferneren Gährung entwickelte kohlensaure Luft auf und gibt sie erst nach dem Offnen des Gefäßes nach und nach wieder von sich, wie dieses mit dem mouffirenden Champagner, Bouteillenbier rc. der Fall ist. — Wird die weinarlige Flüssigkeit, bei fernerem Luftzutritte, einer Wärme von 25 bis 30° 6. ausgesetzt, so erleidet sie eine neue Veränderung, die Es- siggährung heißt. Dabei trübt sie sich von Neuem, absorbirt Sauerstoffgas aus der Atmosphäre, bedeckt sich an der Oberfläche mit einer kahmigen Haut, wird allmählig wieder klar, hat die berau¬ schende Kraft verloren und schmeckt dafür sauer. Durch Destillation bekommt man daraus dieE ssi gsä ur e, und diese ist ausdemPro- ducte der Weingährung durch Oxydation des Alkohols entstanden. Unser gewöhnlicher Essig ist nicht reine Essigsäure, sondern enthält nur mehr oder weniger von derselben; nur guter Wein gibt guten Essig, aber durch Zusätze kann auch aus mittelmäßigem Wein gu¬ ter Essig gewonnen werden. (Schweigg. I. 65. 279. Pogg. Ann. 24. 591.) 80. Das so erhaltene Product verändert sich zum letzten Male, um durch Fäulniß ganz in das Reich des Unorganischen zurückzu¬ kehren. Diese Veränderungen erleiden nicht blos jene Körper, welche die beiden genannten Arten der Gährung bereits schon überstanden haben; denn die Stoffe, welchen der Zucker und das Ferment fehlt. F ä u l n i ß. 62 gehen bei gehöriger Temperatur, bei hinreichender Feuchtigkeit und unter Zutritt der atmosphärischen Luft gleich in Fäulniß über, in¬ dem sie einen üblen Geruch bekommen, weich und breiartig werden, Luftarten von sich geben, und endlich nur eine erdartige Masse zu- rücklaffen. Auf diesem Wege kehrt das Organische ins Reich des Un¬ organischen zurück, wird von Pflanzen als Nahrung aufgenommen, und in deren Substanz verwandelt, damit es den Kreislauf der Na¬ tur von Neuem beginne. Indeß lassen sich organische Körper, selbst nachdem das Leben entwichen ist, bei zweckmäßiger Behandlung un¬ versehrt erhalten, wenn man die Bedingungen der Gährung ent¬ fernt hält und fäulnißwidrige Mittel anwendet. Dergleichen sind: Ammoniak, Eisenvitriol, Essigsäure, Weingeist, Harze, Kohlen¬ stoff, Arsenik re. Hieraus begreift man die Bereitung des Bundmo¬ stes, des Wermuthweines, warum sich Holz in trockenem Zustande an einem luftigen Orte, Leichen in großer Kälte, in heißem Sande oder im Kalkboden so lange unversehrt erhalten lassen; ferner den Nutzen des Räucherns des Fleisches, warum man hölzerne Pflöcke verkohlt, anatomische Präparate im Weingeist aufbewahrt, Thiere in Naturaliensammlungen mit Arseniklösung von Innen wäscht, Leichen einbalsamirt (Mumien) rc. Mehr hierüber muß man in chemischen Werken suchen, unter denen ich besonders nennen zu müssen glaube: Scholz, Lehrbuch der Chemie. Wien, 2. Auflage, 1829—1831. Grundzüge der all¬ gemeinen und medicinsichen Chemie nach den Angaben des Freiherrn I. v. Zacquin, redigirt von N. Jg. Gruber. Wien 1835. Ber- zelius Lehrbuch der Chemie, aus dem Schwedischen übersetzt von F. Wöhler. Dresden 1825 — 1831. C. G. Gmelin's Einlei¬ tung in die Chemie. Berlin 1834. Mitscherlich's Lehrbuch der Chemie. 2. Aufl. Berlin 1834. 63 Lweiter Avstvnitt. Gleichgewicht der Kräfte (Statik). 81. -Ä5ir erklären uns den innerenVerlauf der Erscheinungen der Körperwelt meistens durch Annahme von Kräften, deren all¬ gemeiner Character darin besteht, daß sie eine Bewegung wirklich hervorbringen, oder doch hervorzubringen suchen (11). Jede Kraft, auf welche uns Erscheinungen führen, hat »zwar eine eigene Wirkungs¬ weise, doch gibt es allgemeine Gesetze, an welche alleKräfte gebun¬ den sind und die man kennen muß, wenn man es in der Kennt- niß der Erscheinungen zur Klarheit bringen will- Der Erfolg der Wirksamkeit einer Kraft, die nicht durch eine andere Kraft oder durch einen Widerstand (der als Gegenkraft angesehen werden kann) aufgehoben wird, ist Bewegung; ist ihre Wirkung gehemmt, so herrscht Gleichgewicht. Die Lehre vom Gleichgewichte heißt Statik, die von der Bewegung Dynamik; beide zusammen machen die Mechanik aus. Erstes Kapitel. Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte. 82. Bei jeder Kraft kommt in Betrachtung: 1) ihr Angriffs- punet, d. i. der Punct, auf den sie unmittelbar wirkt; 2) ihre Richtung, 3) ihre Größe. Der Angriffspuncr wird, wie jeder andere Punct, den geometrischen Lehren gemäß, Lurch seinen Ab¬ stand von drei auf einander senkrechten Ebenen, wie 2VIch ^6>Ich (Fjg. 6) bestimmt. Wäre H dieser Punct, Ha. sein Abstand von Lü der von 2V Ich Le der von 2V2, so ist seine Lage im Raume durch Ha, M>, Lo gegeben. — Die Richtung, d. i. die Linie, nach der die Kraft Las' Bewegliche fortzutreiben sucht, ist 61 Große einer Kraft, Zusammensetz, der Kräfte. gegeben, wenn man die Winkel kennt, die sie mit den Durchschnit¬ ten OX, L>X, der drei auf einander senkrechten Ebenen XL»X, XL>X, X0X macht. Ist z. B. <2U diese Richtung, so ist sie durch die Winkel LOX, USX, USS gegeben. — Um einzusehen, wie sich Kräfte, die uns doch ihrer Natur nach ganz unbekannt sind, ihrer Große nach bestimmen lassen, muß man einen klaren Begriff von dem haben, was man gleiche Kräfte, ferner was man eine doppelte, »fache Kraft nennt. Gleiche Kräfte sind solche, die nach entgegengesetzten Richtungen auf einen Punct, oder längs einer fe¬ sten, geraden Linie wirkend, sich das Gleichgewicht halten. Denkt man sich nun 2, 3 oder er gleiche Kräfte nach derselben Richtung wirkend, so hat man eine Vorstellung von einer zweifachen, drei¬ fachen, »fachen Kraft. Letztere ist daher die Summe von » gleichen Kräften. Unter diesen Umständen sind die Kräfte meßbare Großen, können daher durch Zahlen und Linien ausgedrückt und den Richtun¬ gen nach, wenn sie einander entgegengesetzt sind, durch die Zeichen-s- und — unterschieden werden; man kann sie ihrer Größe nach durch Zahlen ausdrücken und auch durch Linien darstellen, die sich wie jene Zahlen verhallen. Diese Linien können auch die Richtungen ber Kräfte anschaulich machen. Kräfte, die nach einerlei Gesetz wir¬ ken, heißen gleichartige, jene, deren Wirkungsgesetze verschie¬ den sind, ungleichartige. 83. Wenn mehrere gleichartige Kräfte, die nicht im Gleichgewich¬ te sind, auf Einen Punct wirken, so ist immer eine einzige denk¬ bar, welche, der Wirkung nach, allen zusammengenommen gleich ist, da der Punct seine Bewegung doch nur nach Einer Richtung, also gerade so, als ob er von einer einzigen Kraft getrieben würde, zu beginnen vermag. Man heißt diese Kraft die Resultirende sür'L neL»Ua»s). Eben so kann man sich statt Einer Kraft immer mehrere denken, deren Wirkung der einzigen gleich kommt. Die Re¬ sultirende mehrerer Kräfte finden, heißt letztere zusa mm en se¬ tz en; statt Einer Kraft mehrere, ihr gleichgeltende Kräfte setzen, heißt sie zerlegen, 84. Wenn mehrere Kräfte auf einenPunct nach derselben Richtung wirken, so ist die Resultirende gleich der Summe aller einzelnen Kräfte, und ihre Richtung stimmt mit jener der einzel¬ nen Kräfte überein. Wirken zwei Kräfte auf einen Punct nach ent¬ gegengesetzten Richtungen, so ist die Resultirende gleich ihrem Un¬ terschiede, und ihre Richtung stimmt mit jener der größeren Kraft Richtung der Resu ltir en d en. 6K überein. Diese Sätze ergeben sich schon aus dem Begriffe von der Größe einer Kraft. 85. Wenn die Richtungen zweier Kräfte O und O einen Win¬ kel einschließen, so können sie nicht im Gleichgewichte stehen. Denn es sey A (Fig. 7) der Angriffspunct, AO die Richtung der Kraft 7>, Al7 die der Krafts, und man setze, sie seyen im Gleichge¬ wichte. Verlängert man 7>A nach O, und denkt sich nach der Rich¬ tung AO eine der O entgegengesetzte Kraft O" angebracht; so ist diese Kraft die Resultirende von allen drei Kräften, ihre Größen mögen wie immer beschaffen seyn, also auch, wenn O—7> ist. In letzterem Falle muß aber AL die Resultirende von O, O' und O' seyn, welches absurd ist. Es .haben daher solche Kräfte e in e R e- sultirende. Ihre Richtung fällt offenbar zwischen AO und AL. 86. Zwei gleiche Kräfte, die einen Winkel OAL (Fig. 8) einschließen, haben eine Resultirende, deren Richtung AO den Win¬ kel OAL halbirt; denn es ist kein Grund vorhanden, warum die Resultirende näher an der einen als an der anderen liegen sollte. 87. Die Resultirende der ungleichen Kräfte O und O, de¬ ren Richtungen (Fig. 9) AO und AL sind, und wovon O>O, liegt der größeren Kraft O näher als der kleineren O, oder es ist OAOO' ist, so kann man O—setzen und sich vorstellen, als wirkten nach der Richtung AO zwei Kräfte O und />, die einen gemeinschaftlichen Angriffspunct A und dieselbe Richtung haben. Ist die Richtung der Resultirenden von der ersten und der nach AL wirkenden Kraft AO, so muß die Resultirende von dieser und der Kraft zwischen ATZ und AO (85) fallen und daher die Richtung AO haben. Da aber OAO —LAO (86) ist, so ist OAO < OAL. 88. Der Angriffspunct A einer Kraft O, welche der Richtung nach durch AO (Fig. 10) vorgestellt wird, kann ohne Änderung der Wirkung in jeden anderen Punct !O versetzt werden, der in der Richtung der Kraft O liegt und mit A unveränderlich verbunden ist. Denn denkt man sich in Os-zwei) gleiche ftrnd entgegengesetzte Kräfte 7>' und O', wovon erstere die Richtung OA, letztere die Richtung O77 hat, so jbleibt die Wirkung von O Dieselbe, wie die aller drei Kräfte. Ist überdies noch O —so heben sich O und O' aus, es bleibt 7"' übrig, und die Wirkung ist wieder wie im Anfänge. — Wenn man den Angriffspunct irgend wohin, z. B. nach <7/ außer Naturlehre. 5. Aufl. 9 66 Kraftenvarallelogram. dec Richtung AL versetzte, so würde ein ganz anderer Erfolg Statt finden; denn brachte L in 0 dieselbe Wirkung hervor, wie in D oder A, so müßte Gleichgewicht herrschen, wenn die Kraft L in A oder in D nach einer, und int) nach der entgegengesetzten Richtung wirkte. In diesem Falle würde aber eine drehende Bewegung erfol¬ gen. Man darf daher den Angriffspunct einer Kraft nie auS ihrer Richtung versetzen und kann von einem Puncte, von dem man weiß, daß man den Angriffspunct einer Kraft dahin versetzen darf, mit Grund behaupten, er liege in der Richtung der Kraft. 89. Die Richtung der Resulrirenden von zwei Kräften L und L, die auf den Punct A (Fig. Il) wirken und deren Richtungen An und A^- sind, ist durch dieDiagonals AL des Parallelogramms AOLD gegeben, dessen Seiten AO und AD sich verhalten wie L.-L" und welches deshalb K r ä ft c n p a r a lle l og r a m m heißt. Der Beweis dieses Satzes, den zuerst Duchayla auf ähnliche Art vortrug, wie hier geschieht, besteht aus drei Theilen, deren erster sich auf gleiche, der zweite auf ungleiche aber commensurable, der dritte auf incommensurable Kräfte bezieht. /. Sind Am und A^ (Fig. II) die Richtungen der Kräfte L und L', und ist L — L, ferner A2 die Richtung ihrer Resulciren- den; so hat man mA-^^As (86). Ist nunL einPunct in Ar-, und man zieht LO mit A^-, LH mit Am parallel; so ist AOLD ein Parallelogramm, in welchem AO—AD ist. Der Satz ist also für gleiche Kräfte wahr. I/. Sind die Kräfte L und L, wovon die erste die Richtung Am (Fig. 12), die andere die Richtung A^ hat, ungleich aber c o m m e n su r a b e l; so setze man L — /> -tz- />', und denke sich statt L in A zwei Kräfte /> und />' nach der Richtung Am angebracht. Ist A- die Richtung der Resultirenden von L und />; so kann man in ihr was immer für einen Punct L annehmen und dahin den An¬ griffspunct der Resultirenden versetzen. Weil aber diese Resulri- rende den Kräften L' und an Wirkung gleich kommt, so kann man auch L als Angriffspunct der L' und /> betrachten. Zieht man daher LA mit Am und L^' mit A^ parallel, so ist cs einerlei, ob L' und /0 nach den Richtungen A-- und Am auf A, oder nach den Richtungen L^' und Lm auf L wirken. Man verlängere L,/ bis 0, versetze den Angriffspunct der Kraft L' nach 0, verlege eben dahin den Angriffspunct der Krafts; so ist 0 derAngriffspunct der zwei Kräfte L' und />'. Ist wieder 0-' die Richtung ihrer Resulti- Kräftenparallelogram m. 67 renden, so kann man sich ihren Angriffspunct dorthin versetzt den¬ ken, wo sie mit LL zusamMentrifft, und den Durchschnittspuncr D als Angriffspunct der Kräfte L und -o' betrachten. Weil sich aber auch der Angriffspunct der Kraft /1 nach L versetzen läßt, so ist D der gemeinschaftliche Angriffspunct der Kräfte /,, /,' und L' oder der Kräfte L und L', oder ihrer Resultirendcn. Es muß daher D in der Richtung der Resultirenden von L und L liegen und diese Richtung selbst AD seyn. Zieht man DL parallel mit A/ und verlängert LL bis L, so ist AD die Diagonale des Parallelogramms ALDL. Es ist nun noch zu beweisen, daß ALDL das Kräftenparallelogramm sey, oder daß sich die Seiten AL, AL wie L zu L verhalten. Zu diesem Behufs setze man: L — 1,/,' — 1,/> — 1, mithin L — 2 L', dann L— 1,/)'-^1,/> — 2, mithin L — 3 L, hierauf L— 1,/,' — 1,/, — 3, mithin L 4 L', u. s. f. bis L — 1,/>' — 1,/,— n—1,oderL — uL, und untersuche, wie sich für jede dieser Voraussetzungen AL.-AL verhält. Für die erste Voraussetzung hat man L.-L' — 2:1, AL— LL — AL und daher AL — 2AL oder AL.-AL^2:1. (a) Für die zweite wird bei vorausgesetzter Richtigkeit von (a) L.-L —3:1 und AL.-AL—3:1. (L) Für den dritten Fall, wenn das Resultat (ü) wahr ist, L.- L' — 4 :1 und AL, AL— 4:1 oder allgemein für L.-L — n,-. 1, AL.-AL—?r:1, d. i. AL.-AL—L/L. Da dieser jBeweis allgemein für Kräfte geführt ist, deren ei¬ ne ein Vielfaches der anderen ist, so gilt auch in der Voraussetzung, daß L'.-/> —»:1 ist, die Proportion AL.-AL—n: 1, und daher ist AL.-AL— Setzt man nun wieders//---/>-^1, mithin AL —LL —1 oder AL —2, so ist auch L.-L—n:2, und AL.-ALr^n:2, mithin L.-L—AL.-AL. Hieraus folgt für 2 und />' — 1, AL—3 AL und L.-L—n:3, so wie AL.-AL3, mithin wieder sp.-L^AL,AL. / 5 * Größe der Resultirende». Auf diese Weise fortgefahren erhält man auch für L ? — / n- die Proportion XL.-XL —n.-nr und daher L.L — XL.-XL. )K. Es sey X (Fig. 13) der Angriffspunct der zwei incom- mensurablen Kräfte L und L, deren Richtung und Größe durch XL und XL vorgestellt wird, und man nehme au, daß die Rich¬ tung ihrer Resultircnden eine andere sey, als die der Diagonale oes Parallelogramms XLLL, z. P. XL. Man ziehe durch L die mit <77) Parallele LL und denke sich XL in gleiche Theile ge- theilt, die kleiner sind als LL, so daß, wenn sie von X aus auf XL übertragen werde», ein Theilungspunct zwischen L und (7 nach 6 fallt. Da nun XL und XL csmmensurablc Kräfte sind, so muß ihre Resultirende die Richtung der Diagonale XL haben, wenn 07/ mit XI) parallel gezogen worden ist. Es wäre also hier die Resulti¬ rende der Kräfte XL und XL der ersteren naher, als die der Kräfte XL und XL, wiewohl XL-. Da aber LS und LL sich als gleiche und entgegengesetzte Kräfte aufheben, so bleibt als Resultirende LL? -j- LL — L -s- y. Sie ist daher gleich der Summe der gegebenen Kräfte und wirkt mit ihnen pa¬ rallel. Zur Bestimmung ihrer Richtung hat man L6 — ^ZL LL, weil ZX ^lL6 D. ^LL LZ? L/Z — LLLL, weil L/'ZZ LLL; mithin L6 Z?ZZ — LL^L, d. i. Z> .— LL^ZL. Die Resultirende theilt daher die gegenseitige Entfernung der An- griffsvuncte in zwei Theile, die mit den Kräften im verkehrten icrer^uilmiie stehen. Da die Bestimmmuug des Punctes L unabhängig Momente der Kräfte. 71 von dem Winkel erfolgte, den und mit AA machen; so muß dieser Puuct bei jeder Lage der AL derselbe bleiben, mithin auch, wenn sich A und um ihre Angriffspuncte drehen. Deshalb heißt der Punct 7 der Mittelpunct der parallelen Kräfte. — Es ist für sich klar, daß man durch ein dem vorigen ähnliches Ver¬ fahren von mehreren parallelen Kräften die Resnltirende finden, ja auch jede gegebene Kraft in jede beliebige Anzahl paralleler und gleicher Kräfte auflösen könne. 96. Wirken die Kräfte A und (> nach entgegengesetzten Rich¬ tungen, so ist ihre Resnltirende gleich ihrem Unter¬ schiede, schneidet aber die Entfernung der Kräfte nach demselben Verhältnisse, wie 95 gesagt wurde. Es stellen (Fig. 19) ^2 und LO die Richtungen der Kräfte A und vor, Ai und 6 ihre An- griffspuncte, und es werde vorausgesetzt. Man kann sich in zwei Kräfte zerlegt denken, wovon eine der A gleich und ent¬ gegengesetzt ist, während die andere, die U heißen mag und der Größe und Lage nach unbekannt ist, in L angebracht und durch LA ausgedrückt werden kann. Da sich und A aufheben, so bleibt nur LA—L übrig; es ist daher L die Resultirende, und man hat oder —A. Da A: L^LL.-^L (95) und daher A.-A-g-L^LL.-cL-z-^L, mithin A.-Y^LL.-^lL ist; so gilt auch hier das obige Gesetz der Lage der Resultirenden. Auch da ist L unabhängig von der Neigung der Kräfte gegen mit¬ hin wieder ein Mittelpunct der Kräfte. — Wenn A —<(>, so kann die Resultirende weder die Richtung der einen, noch die Rich¬ tung der anderen haben, weil zu beiden kein Grund vorhanden ist. In diesem Falle kann es daher keine Resultirende geben. Dieses zeigt auch obige Formel; denn es wird A0 LL.-^L, d. i. LL — — 22. o 97. Das Product aus einer Kraft in die Senkrechte, die aus einem gegebenen Puncte auf die Richtung dieser Kraft gezogen worden, heißt ihr Moment in Beziehung auf diesen Punct. Liegt der Punct, worauf das Moment bezogen wird, in der Richtung der Resultirenden zweier Kräfte, so sind ihre Momente einander gleich. Denn für Kräfte, deren Richtungen nicht parallel sind, wie Fig. 17, sie mögen nun einen gemeinschaftlichen Angriffspunct ha¬ ben oder nicht, ist immer A . L/I — . 6L (94). 72 Gesetz der Momente. Sind die Kräfte parallel, wie l)5 angenommen wurde, so gilt für sie dasselbe Gesetz; denn es seyen 7 und zwei solche Kräfte, und 7 (Fig. 20) ihre Angriffspuncte, und 77) ihre Größen, XL die Richtung und Lage der Resultirenden, welche A7 in 6 schneidet. Ist nun 77 ein Punct, worauf man die Momente der Krafts bezieht, so ziehe man 77/, 7/L auf ^/6 und XX senkrecht, ferner Xst/ durch 77 mit ^/X parallel, und man hat: 7 .- y — X6 / AS — 77M777, und wegen 7,7/7 XE, E- /77 — 7/L 7/7, mithin 7 7/L77/ oder 7.7/7- 7) . 7/77. 98. Man kann diesen Satz auch umkehren und zeigen, daß ein Punct, für den die Momente der Kräfte gleich sind, in der Richtung ihrer Resultirenden liegen muß. Es seyen 7 und S zwei Kräfte (Fig. 21), A und 7) ihre Angriffspuncte, AS und 77) ihre Richtungen, und es werde vorausgesetzt, daß für den Punct X, wovon auf AS und LZ) die Senkrechten XL undX6 gezogen sind, 7. XX^ Y.X6 sey. Soll die Resultirende der zwei Kräfte7und die Kraft, womit die Masse —1 in die Ent- AI sernung — 1 wirkt, und man hat —z>.^. In dieser For¬ mel kann AI offenbar nur eine Masse von so geringer Ausdehnung bedeuten, daß es gleichgiltig ist, von welchem ihrer Puncte man die Entfernung I) mißt; sie kann also nur an und für sich ein Ele- mentartheilchen vorstellen, wenn das Resultat der Rechnung, nach 74 Anziehung der Erde. diesem Ausdrucke, ganz scharf seyn soll. Hat daher die anziehende Masse eine angebbare Ausdehnung, so muß man für jeden Punct derselben eine solche Gleichung aufstellen, die Kraft, welche von jedem Puncte ausgeht, finden und aus allen diesen Kräften die Resultirende berechnen. 101. Wir wollen dieses auf die Erde anwenden und durch AL (Fig. 22) einen Querschnitt derselben vorstellen, welcher durch den außer ihr liegenden, angezogenen Punct «.geht. Jedes inner¬ halb AL liegende Theilchen m, m', ur' sucht den Punct a nach ur den Richtungen am, am', am" rc. und mit der Kraft m' m" ' auQ^ ' am"* a" sich zu ziehen. Die sResultirende aller dieser Kräfte gibt die Anziehungskraft der ganzen in diesem Quer¬ schnitte der Erde liegenden Masse an. Dasselbe wird mit den Ele¬ mentartheilen der Erde der Fall seyn, welche in einem anderen durch a gehenden Querschnitte der Erde liegen, und die Resultirende aller dieser resultirenden Kräfte gibt die gesammte Anziehung, wel¬ che die Erde auf a ausübt. Die Richtung dieser Kraft muß offen¬ bar in die Linie fallen, welche von allen Seiten symmetrisch von der Masse der Erde umgeben ist. Hat daher die Erde die Gestalt einer Kugel, so ist jeder Querschnitt, wie AL, ein Kreis, und wenn sie durchaus oder doch in gleichen Entfernungen vom Centrum gleich dicht ist, so ist die von a nach ihrem Centrum 17 gezogene ge¬ rade Linie von der genannten Art und zeigt daher die Richtung der resultirenden Anziehung an. Man kann überdies noch durch Rech¬ nung zeigen, daß die Anziehung der Erde unter der Voraussetzung ihrer Kugelform und der genannten Anordnung ihrer Masse, wel¬ che Voraussetzungen von der Wahrheit nicht stark abweichen und in den meisten Fällen hinreichend genaue Resultate gewähren, so erfolge, als wäre ihre ganze Masse in ihrem Mittelpuncte vereini¬ get. Es wird daher jeder materielle Punct « gegen das Centrum der Erde hingezogen mit einer Kraft, welche durch den Ausdruck /0.-^7 bezeichnet wird, wo /> die vorher angenommene Bedeutung hat, aber die Masse der Erde und D die Entfernung des Punc- kes « vom Erdmittelpunkte bezeichnet. Was mit dem Punct a er¬ folgt, geschieht auch mit jedem anderen nach Maßgabe seiner Entfer¬ nung von dem Erdmittelpuncre. Betrachtet man also die Wirkung Gewicht. Schwerpunkt. 75 der Erde auf einen Körper, d. h. auf ein Aggregat von Puncten; so kann man sich vorstellen , als würde jeder derselben nach ihrem Cenlrum hingezogen. Die Richtungen, nach welchen diese Punkte gezogen werden, convergiren zwar nach dem Mittelpunkte hin, al¬ lein wegen der bedeutenden Große des Erdhalbmeffers und der ge¬ ringen Ausdehnung der Körper auf der Erde kann man ohne Feh¬ ler annehmen, alle diese Kräfte wirken nach parallelen Richtungen, und kann jeden schweren Körper als ein System von Angriffspunk¬ ten parallel wirkender Kräfte betrachten. Diese Kräfte lind nur in so ferne für alle Punkte gleich groß, als diese eine gleiche Entfer¬ nung vom Centrum der Erde haben; doch dieses ist bei keinem Kör¬ per streng genommen der Fall. Für die oberen Punkte ist diese Ent¬ fernung stets größer als für die unteren, ja selbst für die neben einander in horizontaler Richtung liegenden ist sie nicht gleich groß; allein hier kommt uns wieder die geringe Ausdehnung der gewöhn¬ lichen Körper gegen die Größe der Erde gut zu Statten und er¬ laubt, alle Puncte eines Körpers von gewöhnlicher Ausdehnung als gleich weit vom Erdmittelpunkte entfernt anzunehmen und sich demnach vorzustellen, jeder Punkt eines Körpers werde von paral¬ lelen und gleichen Kräften gegen das Centrum der Erde hingezogen. Die Resultirende aller dieser Kräfte an einem Körper stellt dessen Gewicht vor, der Mittelpunkt derselben (st5) heißt sein Schwer¬ punkt. Hieraus ist leicht zu entnehmen, daß alle gleich weit von dem Csntrum der Erde entfernten Körper gleich schwer sind und daß die weiter davon entfernten leichter sind als die näheren. Befindet sich ein Körper innerhalb der Erde, so wirken einige Theile derselben einwärts, andere attswärts ziehend. Dadurch wird das vorhin aufgestellte Gesetz der Schwere geändert und es wächst die¬ selbe nicht mehr im verkehrten quadratischen, sondern im direk¬ ten einfachen Verhältnisse der Entfernung vom Mittelpunkte. Eigentlich sollte man bei einer genauen Erwägung der Wirkungen der Schwerkraft dieselben als das Resultat einer gegenseitigen An¬ ziehung zwischen der Erde und den Körpern auf ihr ansehen; allein auch dieses erläßt uns die unbedeutende Größe der beweglichen Theile der Erde gegen ihre ganze Masse, und man kann, ohne einen Fehler befürchten zu dürfen, von der Wechselseitigkeit der Anzie¬ hung ganz absehen. 102. Jeder Körper, dessen Theile unveränderlich mit einander verbunden sind, aber auch nur ein solcher, hat einen Schwerpunkt; 76 D e stim muug d e S « chw erpun c te s. denn nur bei Kräften mir unveränderlich verbundenen Angriffspunc- ten gibt es einen Mitrelpuncr. Daher kann man nur bei festen Körpern von einem Schmerpunete sprechen, fluffige haben nur in so ferne einen, als sie sich in Gefäßen befinden und als feste Massen betrach¬ tet werden können. Man kann sich vorstellen, daß in ihm das gan¬ ze Gewicht des Körpers vereinigt sey. Bei Körpern von gleichförmi¬ ger Dichte, welche einen Mirtelpunct der Figur haben, muß der Schwerpunct in diesem liegen, bei ungleichförmig dichten hingegen mehr gegen die dichteren Theile zu; bei manchen Körpern, z. B. bei Ringen, liegt er ganz außerhalb der Masse. 103. Man bestimmt den Schwerpunct durch Versuche und durch Rechnung. Hängt ein Körper ruhig an einem biegsamen Faden, so liegt sein Schwerpunct offenbar in dessen Verlängerung. Wird ein Körper hinter einander an zwei verschiedenen, einander nicht gerade entgegengesetzten Stellen an einem Faden befestiget aufgehängt, und in beiden Lagen die Richtung des verlängerten Fadens an ihm angemerkt; so gibt der Durchschnittspunct dieser beiden Richtungen einen Punct der verticalen Linie, in welchem der Schwerpunct liegt, und die Kenntniß dieses Punctes genügt in den meisten practischen Fällen. Auf diese Weise wird meistens der Schwerpunct bestimmt, man zieht sie oft sogar der Rechnung vor, weil diese eine Gleich¬ heit der Dichte an Körpern voraussetzt, welche in der Erfahrung selten Statt findet, und auch Kenntnisse der Integralrechnung fordert. Jndeß gibt es auch Elementarmethoden für einzelne Fälle. Der Schwerpunct eines Dreiecks ist eigentlich der aller schweren in ihm enthaltenen Puncte. Jeder Punct liegt aber in einer geraden Linie, welche mit einer der Seiten des Dreiecks parallel gezogen ist, und alle in einer solchen Linie befindlichen Puncte haben ihren Schwerpunct in der Mitte dieser Linie. Alle Halbirungspuncte dec mit einer Dreieckseite parallelen Linien liegen wieder für sich in ei¬ ner geraden Linie. Zieht man daher im Dreieck (Fig. 23) und LI?, so daßLS —ZXllund ^L^-LList; so muß der Schwer¬ punct des Dreiecks sowohl in als in LL, mithin in ihrem Durchschnittspuncte L liegen. — Zur näheren Bestimmung dieses Punctes ziehe man LL, und man hat wegen der Ähnlichkeit der Dreiecke mit LLD und mit ^<7L ——2:1, mithin —2:1 oder — 2:3, d. i. Auf ähnliche Weise findet man den Schwerpunct einer dreiseitigen Pyramide. Durch jeden Punct derselben läßt sich eine Ebene legen, die mit einer beliebigen der vier Grenzflächen der Pyramide pa- Stabile, labile Lage. 77 rallcl istfund letztere in einem Dreiecke schneidet. Der Schwer¬ punkt eines jeden dieser Dreiecke läßt sich nach obiger Methode fin¬ den, und die Schwerpunkte aller parallelen Dreiecke liegen in einer geraden Linie. Ist daher in der Pyramide (Fig. 2ä) L6und LL—-/zLL, so liegt der Schwerpunkt der ganzen Pyramide in AL- Aus demselben Grunde liegt der Schwerpunkt der Pyramide inL6, wenn AL -----/zAL ist, daher im Durchschnitte L beider Linien. Man'ziehe 6L, so hat man, wegen /x, ALLn /X, ALL und /X -AAL A//.- //L^ LLAL, AL6L— AL.- L6 3.1, mithin A//.-///- ^3 -1 und AZL-AL^3:4 vder AL—-/jAA 104. Hängen die Theile eines Körpers so zusammen, daß sie sich durch ihr Gewicht nicht von einander trennen, wie dieses bei den festen Körpern größten Theils der Fall ist; so braucht man nur seinen Schwerpunkt, den angegebenen Gesetzen gemäß, zu unter¬ stützen , um sein Fallen zu verhindern. Hierauf beruhen die schie¬ fen Thürme zu Pisa und Bologna, das Balanciren, die Haltung unsers Körpers beim Gehen, Sitzen, Aufstehen, Lasttragen, die Künste des chinesischen Burzelmannes, die Rolllampe u. s. w. Daß man den Schwerpunkt eines Körpers auf zweierlei Art unterstützen kann, nämlich, indem man ihn aufhängt oder auf eine Unterlage stellt, ist bekannt. 105. Nicht jeder Körper, der durch Unterstützung seines Schwerpunktes gegen das Fallen geschützt ist, hat bei jeder Art der Unterstützung und unter allen Umständen einen gleich sichern Stand. Ist die Lage eines Körpers so beschaffen, daß sein Schwer¬ punkt tiefer liegt, als bei jeder anderen, in die er durch geringe Verrückung versetzt werden kann; so wird er selbst dann, wenn ihn eine Kraft bis auf eine gewisse Größe aus dieser Lage bringt, wie¬ der dahin zurückkehren. Man sagt, er sey im stabilen Gleich¬ gewichte. Hat sein Schwerpunkt einen höheren Stand, als er durch eine geringe Neigung erlangt; so kehrt er in diese seine Lage nicht mehr zurück, sobald man ihn durch eine auch noch so kleine Ver¬ rückung daraus bringt, und dann heißt es, er sey im labilen Gleichgewichte. Ein Körper, der im oberen Theile seiner Masse un¬ terstützt ist, wie z. B. ein an einem Faden hängender Körper, hat stets ein stabiles Gleichgewicht; ein von unten an einem Punkt unterstützter Körper kann in stabilem oder labilem Gleichgewichte seyn. Man denke sich z. B. einen von einer krummen Fläche be¬ grenzten Körper, z. B. ein Ei. Liegt dieses so auf einem Tische, 78 Größe der Stabilität. daß seine größere Axe horizontal ist, so hat es eine stabile, wenn aber diese Ape vertical steht, eine labile Lage. Ein in einer Ebene von unten unterstützter Körper ist stets in stabilem Gleichgewichte oder hat Stabilität. Bringt man einen stabilen Körper mehr und mehr aus seiner Lage, so gelangt er endlich in eine andere Gleichgewichtsläge, die aber labil ist; durch fortgesetztes Neigen kommt er wieder in eine stabile Lage, und so folgt stets auf einen stabilen ein labiler Stand, in welchem er im Gleichgewicht steht, in jeder Zwischenlage muß er aber fallen. Man kann sich dieses leicht durch einen Würfel versinnlichen. Um einen solchen Körper aus ei¬ ner stabilen Lage in die nächstfolgende labile zu versetzen, braucht man eine gewisse Kraft, welche die Größe seiner Stabilität angibt. Um diese Kraft zu bestimmen, sey M (Fig. 25) ein Kör¬ per, der auf der Horizontalen ZM ruht und seinen Schwerpunct in 6 hat. Das Gewicht dieses Körpers sey Z>, die Kraft, welche ihn um die Kante D zu drehen sucht, heiße . (>—17L<7D ist. Wirken die Kräfte und parallel auf einen geradlinigen Hebel/ so ste¬ hen sie im Gleichgewichte/ wenn sie sich verkehrt wie die Hebelarme verhalten. 10s>. Ein zweiarmiger/ ung l ei cha rmig erHebel^lM (Fig. 27) kann ohne Storung des Gleichgewichtes in einen einar¬ migen verwandelt werden/ wenn mau von ein Stück abschneidet/ (> von L nach L überträgt und ihr eine entgegenge¬ setzte, aber mit der vorigen parallele Richtung gibt. Denn man denke sich nun in Z und L zwei Kräfte § —und —(). Unter die- ser Voraussetzung wird die Resultirende beider Kräfte durch -- ge¬ hen und dadurch aufgehoben werden. Damit nun bei einer horizon¬ talen Lage der Linie «s der Balken stabil ruhe, muß der Schwerpunct unter c in einer vertikalen Linie liegen und as aufc-l senkrecht scyn. Ist aber <9, so sehe man denke sich beiderseits die zwei gleichen Kräfte (> weggcnommen und es wird der Erfolg derselbe scyn, als wenn nur 7? allein auf einer Schale sich befände. Diese Kraft wird den Arm an ihrer Seite hcrabziehen und ihn so weit neigen, bis das Moment der Kraft in Bezug auf die Axe e dem Momente des Gewichts des Balkens in Bezug auf denselben Punct gleich ist. Es ist begreiflich, daß diese Neigung desto größer seyn wird, je größer N und je kleiner ist. — Man schätzt die Em¬ pfindlichkeit einer Wage nach dem aliquoten Theil der größten Bela¬ stung, den sie noch anzuzeigen vermag. Eine gute Wage soll wenigstens ÜHH dieser Last anzeigen. Ramdens berühmte Wage gab bei ei¬ ner Belastung von 10 Pf. noch 0.006 Gr., also den lAnillionsten Theil der Belastung an. Forti ns Wagen zeigen bei 4 Pf. Belastung noch Gran, mithin der Last. Die Wagen, welche Florenz in Wien verfertigt, geben bei einer Belastung von -iß Pf. noch mit Richtpfennig, also mit einen sehr deutlichen Ausschlag. (Mehr über Wagen im Suppl. S. 46 — 59.) 112. Die Schnellwage (Fig. 29) hak einen Balken mit ungleichen Armen. An einem bestimmten Puncte des kurzem Ar¬ mes wird der abzuwägende Körper angebracht und am langem ein bestimmtes Gewicht l' (der Läufer) so lange hin oder herge¬ schoben, bis es mit im Gleichgewichte steht. Hält der unbelastete Balken in der horizontalen Lage aus, in welchem Falle die Wage Wellrad. Rolle. 83 eine mathematische Schnellwage heißt, und ist die Entfernung des Körpers von der Axe — a, die des Läufers —b; so ist offenbar oder —und für «-1, -7 —7>S. Man kann daher a auf den längeren Arm so oft übertragen, als es angeht, und durch Multiplication des Laufergewichtes mit der Anzahl Theilstri- che, die zwischen den Läufer und die Axe fallen, das Gewicht von bestimmen. Bleibt aber der Balken unbelastet nicht in der hori¬ zontalen Lage in Ruhe, d. h. ist die Wage eine physische Schnell¬ wage; so kann obige Gleichung nicht gelten und man bestimmt die Puncte des längeren Armes, an welchem mit einer gewissen Last im Gleichgewichte steht, besser durch Erfahrung. 113. Das Wellrad stellt Fig. 30 vor. Es ist ein um seine Axe beweglicher Cylinder mit einem Rade, dessen Axe mit jener des Cylinders zusammenfällt, und das auf der Ebene des Rades senk¬ recht steht. Die Kraft wirkt am Umfange des Rades, die Last am Umfange des Cylinders. Denkt man sich die Last in die Ebene des Rades versetzt, so wird dadurch am Erfolge der Kraft nichts geän¬ dert, weil Welle und Rad mit einander unveränderlich verbunden sind, und dann stellt Fig. 31 einen Querschnitt dieser Maschine vor, aus dem ersichtlich wird, daß sie auf einen Hebel zurückge¬ führt werden kann, dessen Ruhepunct <7 in der Axe des Rades liegt, während in -4 die Last und 7^, wenn Aackü das Parallelogramm der Kräfte ist. Ist nun die.Nolle fix, so werden 7^ und imGleich- 6 * 8-t Schiefe Ebene. gewichte stehen, wenn 6ck verlängert durch 6 geht. In diesem Falle ist aber 6.67! —6.66, d. i. 6—6 , oder in der fixen Nolle ist im Stande des Gleichgewichtes die Kraft gleich der Last. — Ist die Rolle beweglich, so muß, wenn Gleichgewicht Statt finden soll, der Resultirenden 6! eine gleiche Kraft entgegenwir¬ ken, die ebenfalls durch <7 geht. Vdan hat 6:<7 —6a:6ck; aber Zxa6ckcv-z^!66, weil ihre Seiten aufeinander senkrecht stehen; daher ist auch 6a:6ck—^6:^6, d. i. 6:y —^6:^6. Dieses Verhältnis; muß auch noch Statt finden, wenn man statt 6' einen Nagel anbringt, der 6 ersetzt. Daher verhalt sich in der beweglichen Rolle im Gleichgewichte die Kraft zur Last, wieder Halbmesser der Rolle zur Sehne !es vom Stricke umfaßte» Bogens. Für parallele Kräfte wird 6: 7)—^16:2 ^6—1:2. So lange ^6 >^16, oder der umfaßte Bogen größer ist als 60" und kleiner als 300", findet Gewinn an Kraft Statt; sobald aber dieser Bogen kleiner wird als 1)0° oder größer als 300°, herrscht das Gegentheil. 115. Jede Ebene, die mit der horizontalen einen spitzigen Winkel macht, heißt geneigt oder schief. Ist ^6 (Fig. 33) horizontal, ^6 vertical, so stellt ^l66 den verticalen Durchschnitt einer geneigten Ebene vor, wovon ^67 die Basis, ^6 die Höhe und 66 die Lange heißt. Der Winkel ^66 heißt der Neigungs¬ winkel der schiefen Ebene. Befindet sich auf 66 ein Körper, des¬ sen Schwerpunct in <7 ist und dessen Gewicht heißt, so sucht ihn die Schwere nach der verticalen Richtung 62 zu bewegen. Soll ihn eine Kraft!', die nach 61) wirkt, auf 66 erhalten, so muß die Resultirende von 6 und () auf 66 senkrecht stehen. Ist daher 66 die Richtung dieser Resultirenden, so wird für den Zustand des Gleichgewichtes seyn 6: 6Z-2:6». 666. Verlängert man 66, bis sie66in 6 schneidet, setzt666—ü, ^66 —a, und bedenkt, daß 662 — 66^,666—180°— 666; so ist «'»662 —«'» a, «N.666 ö, und daher 6: s) «" a: b. Es verhält sich daher die Kraft zur Last, wie der Sinus des Neigungswinkels der schiefen Ebene zum Cosinus des Winkels, den die Kraft mit der Länge derselben macht. — Wirkt 6 mit 66 pa¬ rallel, so istb —0 und 6: a; 1 —-^6:66, das ist: Es verhält sich die Kraft zur Last, wie die Höhe der geneigten Ebene Schraube. 85 zu ihrer Lange. — Ist ? mir A6 parallel, so wird « und ?:() —A/ra:oo«« —AL:A6, d. h. es verhall sich die Kraft zur Last, wie die Höhe der schiefen Ebene zu ihrer Basis. 116. Zur Erörterung der Theorie der Schraube ist es nö- thig, sie auf eine schiefe Ebene zu reduciren und zu diesem Zwe¬ cke die Art, wie man sich eine Schraube entstanden denken kann, nebst der Methode, auf eine Schraubenlinie eine Tangente zu zie¬ hen, vorlausig anzugeben. Um von der Entstehung einer Schrau¬ be eine richtige Ansicht zu fassen, sey AL (Fig. 34) ein gerader Cylinder, dessen Axe, der Deutlichkeit wegen, verrical stehen mag. Man denke sich ein Rechteck abcko, dessen Basis bck dem Umfange, und dessen Höhe ab der Hohe des Cylinders gleich ist, theile uü in eine beliebige Anzahl gleicher Theile ns, e/,/F, ZA, /rü, zie¬ he durch dis Theilungspuncte die mit öck Parallelen ss',u7", M , /r/r' und die Diagonalen eo,/s, §/', ö/r'. Wird nun das Rechceck uöcko um den Cylinder gewickelt, so entsteht aus den ge¬ raden Diagonalen eine Schraubenlinie. Ein Stück wie so bildet einen Schraubengang und as den Abstand der Schraubengange. Der Cylinder AL heißt nun Schraubencylinder, und wenn sich an ihm Hervorragungen nach der Richtung der Schraubenlinie herum¬ ziehen, eine Schraube, wohl auch eine S ch r a u b e n sp i n- del; sind aber die Schraubengange an einer cylindrischen Höhlung eines Körpers eingeschnitten, so nennt man ihn Schrauben¬ mutter.— Denkt man sich eine Ebene (Fig. 35), welche den Schraubencylinder in der geraden Linie berührt, die mit ab gleichlaufend ist; so entstehen durch Abwicklung der Schrauben¬ linie auf dieser Ebene lauter gerade Linien, die mit ma denselben Winkel machen, welchen die Diagonalen so, /s' rc. mit ab bilden, und jede dieser Linien bildet die Tangente ihres Schraubenganges. Ma» kann daher auf einen Punct o der Schraubenlinie eine Tan¬ gente ziehen, wenn man in ein rechrwinkeliges Dreieck beschreibt, dessen mit nrn parallele Höhe zu? dem Abstande zweier Schraubengänge, dessen Basis : — 5A: Ao jv' : — öA: Ao -0" : — öA: rict, mithin D A- - -j- -L <7' — LA : Ao oder wie vorhin, L : — LA: Ao. 118. Ein Keil ist ein dreiseitiges Prisma (Fig. 37), das mit seinen Seitenflächen, z. B. mit AD und LD zwischen zwei Körper hineingetrieben wird, um sie zu trennen. Stellt ADD (Fig. 38) einen aufALLD (Fig. 37) senkrechten Durchschnitt des Keils vor, auf dessen Seite AD die Kraft L senkrecht wirket, während auf die Sei¬ ten AD und DD (Fig. 38) die Last so vertheilt ist, daß davon auf AD der Theil 7, und auf DD der Theil wirket; so sey DL die Rich¬ tung dec Kraft L, und man zerlege sie in zwei Kräfte Dy- undD-, wovon jene auf AD, diese auf DD senkrecht steht. Ist nun DL die Größe der Kraft L, so sind DL und DL die Seitenkräfte, wenn DLLD das Parallelogramm der Kräfte vorstellt, und man hat DL : DL: LL L : § : aber DLL cv> ALL, mithin DL : DL: LL — AD: AD: DD, L ^D: AD : DD. Seilmaschine. Zu sam m en g e s. Maschinen. 87 lig. Eine Seilmaschine ist eine feste Linie (ein Strick, eine Kette oder Schnur) (Fig. 39), welche an einem Ende un¬ veränderlich befestiget ist, während am anderen eine Krafts nach 6^1 und an einem dritten Puncte ö eine Last t? nach öl) wirket. Da sich der Widerstand am befestigten Ende als Kraft 11 betrachten läßt, so ist leicht einzusehen, daß man es hier mit dem Problem von drei Kräften zu thun hat, die einerleiAngriffspunct haben (93), und daß im Falle des Gleichgewichtes eine, z. B. ö, der Resul- tirenden der zwei anderen ö und t? gleich und entgegengesetzt seyn muß. Verlängert man daher ötl über ö hinaus, so ist öL die Richtung der Resultirenden von ö und und man hat ö : —lüöü : Liu öiöA; weil aber öiöl) — t7öü und siu Höck — jin tlüA ist ; so erhält man als Gleichgewichts-Bedingung ö : — Lr/r LöD : siu 120. Aus diesen einfachen Maschinen besteht die unendliche Anzahl zusammengesetzter Vorrichtungen, deren man sich zu den mannigfaltigsten Zwecken bedient. Die Zusammensetzung geschieht auf zweierlei Art, entweder wirkc da eine Maschine mit der anderen, oder mittelst der anderen. Als Beispiel der ersten Art kann der ge¬ meine Flaschenzug gelten, den Fig. 40 vorstellt. Ist daselbst die Kraft ö am freien Strickende, die Last an der unteren Flasche angebracht, so ist es klar, daß alle Stricke gleich stark gespannc seyn muffen, wenn ö mir — a'": ö", mithin ö: — rr a' a" — Tropfbare Körper, von denen hier vorzugsweise gehandelt werden soll, sind so schwer zusammendrückbar, daß nur sehr große Kräfte eine merkliche Compression bewirken, und sie für mäßige Kräfte als völlig unzusammendrückbar angesehen werden kön¬ nen. Diese Eigenschaft begründet das Daseyn eigenthümlicher Ge¬ setze für solche Körper. Auf der Fortpflanzung des Druckes und der Unzusammendrückbarkeit einer Flüssigkeit beruht die Bramah'sche Presse. (Fig. 46 « von Außen und 46 L im Durchschnitte.) Diese besteht im Wesentlichen HO Bramah'S Presse. aus zwei verticalen, cylindrischen, mit Wasser gefüllten Gefäßen ^lu. L von ungleichen Durchmessern, die mittelst einer horizontalen Röhre 6 mit einander verbunden sind, und in deren jedem sich ein Kolben ' bewegt. Wird der Kolben des kleineren mittelst eines Hebels Sauch nur mit mäßiger Kraft herabgedrückt, so wirkt dieser Druck ver¬ stärkt auf den größeren Kolben. Damit beim Zurückziehcn des klei¬ neren Kolbens der größere nicht zurückgehen kann, ist in der Ver¬ bindungsröhre beider Cylinder eine Klappe « angebracht, welche dem Wasser vom kleineren Cylinder in den größeren zu gehen ge¬ stattet, aber nicht umgekehrt. Um mit jedem Spiel des kleineren Kolbens den größeren vorwärts zu bringen, ist mit jedem ein Was¬ sergefäß mittelst einer Klappe S in Verbindung, aus welchem bei jedem Hub des kleineren Kolbens eine neue Portion Wasser in den Cylinder dringt, ohne beim Sinken des Kolbens wieder in dasselbe Gefäß zurückkehren zu können. Rur wenn man die Communica- tion zwischen dem größeren Cylinder und dem Wassergesäße durch Umdrehen eines Hahnes - herstellt, kann das Wasser wieder aus jenem in dieses gelangen, worauf der Kolben durch sein eigenes Gewicht sinkt und dem Druck auf den Körper, welcher sich zwischen der Kolbenplatte L" und dem Gerüste der Presse befindet, ein Ende macht. Es ist leicht, die Kraft zu berechnen, mit welcher ein bestimmter, unmittelbar am äußersten Hebelarme angebrachter Druck aus den größeren Kolben wirkt. Ist S der Durchmesser des größe¬ ren, 4 derjenige des kleineren Kolbens, der längere, a der kür¬ zere Hebelarm; so wird die am Hebelende wirkende Kraft durch den Hebel in dem Verhältnisse a:^, durch die ungleiche Dicke - der Kolben in dem Verhältnisse 4- : 4)- verstärkt und wirkt daher auf den größeren Kolben mit der Stärke ? Man braucht die¬ se Presse heut zu Tage häufig in Tuchfabriken, Papiermühlen ; auch zum Heben großer Lasten wird sie verwendet. 146. Starke Kräfte bewirken an tropfbaren Flüssigkeiten eine Compression, die bis zu einer gewissen Grenze dec Kraft proportio- nirt, auch kehrt, wenn diese Kraft zu wirken aufhört, das vorige Volum wieder zurück. Solche Körper sind also vollkommen elastisch. Dieses hat zuerst Herbert bewiesen, und Pfaff, Perki ns, Oersted, vorzüglich aber Colla d o n und Sturm haben es bestätiget. Herbert bediente sich des Apparates (Fig. 44), wo eine hohle, an eine enge Röhre a angeblasene Glaskugel von bekannter Capacität, Z eine erweiterte, aber unter einem rech¬ ten Winkel gebogene Fortsetzung der Röhre a ist. Die Kugel be¬ findet sich in einem wasserdichten Gefäße C', an dessen oberer Wand sich ein Rohr A, von gleichem Durchmesser mit a, erhebt. Wird Compressibilität der Flüssigkeiten. dieKugel sammt einem Stück der engen Röhre bis a, so wie das die Kugel umgebende Gefäß bis cl mit Wasser oder einer ande¬ ren Flüssigkeit gefüllt, und hierauf durch das Rohr L Quecksilber nachgegossen, um jene Flüssigkeit zusammenzudrücken; so braucht man nur den Weg aS, um welchen die Flüssigkeit in der Röhre zu- rückgewichen, und den Weg als, um welchen sie im Gefäße <7 ge¬ stiegen ist, zu messen, und den Unterschied der Volume aö — cks mit dem Volum der Flüssigkeit vor dem Versuche zu vergleichen^ Da nämlich das Zurückweichen der Flüssigkeit von a nach ö von der Compression derselben und von der Ausdehnung der Kugel -4, das Steigen aber blos von letzterer Ursache herrührt; so ist aö — eis offenbar die Größe der Compression, welche die Flüssig¬ keit erlitten hat. Theilt man das dieser Größe entsprechende Vo¬ lum durch jenes der Flüssigkeit vor der Compression, so erhält man die Größe der Compression. Colladon und Sturm, de¬ ren Arbeiten über den besprochenen Gegenstand die ausführlichsten sind, gaben die zu comprimirende Flüssigkeit in eine cylindrische Röhre a (Fig. 45), die wie ein Thermomecergefäß mit einer in glei¬ che Volumtheile getheilten Glasröhre zusammenhing, und brachten diese Röhre in ein größeres, mit derselben Flüssigkeit gefülltes, cy- lindrisches Gefäß ö, das an einem Ende geschlossen, am anderen mit einer Vorrichtung e verbunden war, durch welche man den nöthigen Druck zugleich auf die Flüssigkeit in beiden Gefäßen a und ö her¬ vorbringen konnte. Die Flüssigkeit in a reichte bis in die graduirte Röhre hinein und war von der Flüssigkeit des Gefäßes b durch eine Luftsäule getrennt. Wurde nun ein Druck von bestimmter Stärke auf die Flüssigkeiten in den Gefäßen a und ö ausgeübt, so ließ sich jedesmal das Volum der comprimirten Flüssigkeit in er erken¬ nen und man konnte aus der Volumverminderung und dem ur« sprünglichen Volum wieder, wie vorhin, die Größe der Compres¬ sion abnehmen. Folgende Tabelle gibt die Resultate dieser Versuche in Milliontheilchen des ursprünglichen Volums für den Druck von einer Atmosphäre (ungefähr I2j Pf. für 1 Q. Zoll Fläche) an: Quecksilber bei 0'6 . 5. 03 Luftleeres Wasser bei ---- 51. 3 Wassers Lusthaltend bei 0'6 — 49. 5 beiw"6 ---- 44. 7 Wasser, Lufthaltend bei 16'6 — 42. 7 bei 3.75'6— 46. 1 Alkohol bei 11°. 66 . — 96. 2 Schwefeläthec bei 0 6 --- 133-122 » bei 11'6 — 150-141 H2 Grade der V Wasser mit Ammoniak gesättiget .... — 38 Salpeteräther bei 0'6 71. 5 Salzäther bei 11°.26 85. 9 Schwefels. conc.bei0°6 — 32 erschiebbarkeit. s Essigsäure bei 0'6 . 42. 2 Salpetersäure von 1.403 sp. G. bei 0°6 . . — 32. 2 Terpentinöhl bei 0°6 73. Effigäther bei 12°6 .79. 3 Alkohol, Schwefeläther, Essigäther und Salzäther'werden nicht für gleicheZunahmen der comprimirendenKräste um gleich viel zusam¬ mengedrückt, sondern ihre Compressibilität nimmt ab, wenn die Flüs¬ sigkeit schon stark comprimirt ist. (Zeitsch. 5. 236.) — Tropfbare Flüssigkeiten verhalten sich bei der Compression etwas anders als feste Körper. Jene erleiden nach allen Richtungen dieselbe Compres¬ sion, so daß die Theile, welche vor dem Zusammendrücken in der Oberfläche einer Kugel lagen, auch nach der Compression in einer solchen, aber kleineren Oberfläche liegen, während feste Körper durch eine drückende Kraft nach verschiedenen Richtungen eine verschiedene Compression erleiden, ja oft nach einer Richtung einer Compression, nach einer anderen zugleich einer Dilatation unterliegen. sCollad on und Sturm in Pogg. Ann. 12. 39. Oerstedt ebend. 9.603; 12. 158 U. 513; 31. 361.) 147. Die leichte Verschiebbarkeit der Theile flüssiger Körper ist zwar eine wesentliche Eigenschaft derselben/ aber die vorhandenen tropfbaren Flüssigkeiten besitzen sie nicht in' vollkommenem Grade. Am meisten nähert sich diesem mathematischen Zustande tropfbare Schwefelwasserstoffsäure/ dann tropfbarer Kohlenwasserstoff/ mehr entfernt davon steht das Wasser und noch mehr die fetten Ohle. Manche Körper weichen von'dem Zustande der vollkommenen Flüs¬ sigkeit gar weit ab und erscheinen in einer Art Mittelzustand zwi¬ schen Festigkeit und Flüssigkeit, wie z. B. Honig, viele Ohle. Dieser Zustand hängt von einer solchen Annäherung der Theile an einander ab, bei welcher die Ungleichheit der Molecularkraft nach verschiedenen Richtungen sschon merklich zu werden ansängt, oft aber auch davon, daß solche Körper Gemenge eines flüssigen und eines fein zertheilten, festen Stoffes sind, wie dieses bei erkaltendem Ohle der Fall ist, bei welchem das Stearin eher fest wird als das Elam. Man kann demnach auch Grade der Flüssigkeit annehmen. Diese be¬ stimmt man dadurch, daß man eine bestimmte Menge einer Flüssig¬ keit aus einem enghalsigen Gefäße abfließen läßt und die Dauer des Abflusses mit ihrem spccifischen Gewichte multiplicirt. Man nimmt die Flüssigkeit des Wassers als Einheit an. Da fand man die Flüssigkeit des Weingeistes—1.098, die des Olivenöhls—0.045 re. Molecularwirkung bes. Flüssigkeiten. 113 148. In tropfbaren Flüssigkeiten hat von den zwei, den klein¬ sten Theilchen eigenen Kräften (39), die abstoßende das Überge¬ wicht. Dieses beweiset der Umstand, daß die an der Oberfläche ei¬ ner Flüssigkeit liegenden Theilchen, alsogleich in ausdehnsamen Zu¬ stand übergehen, wenn nicht von Außen ein Druck auf sie wirkt. In den gewöhnlichen Fällen bewirkt die atmosphärische Luft diessnDruck, im luftleeren Raume vertreten sie aber bald die sich bildenden Dün¬ ste, im Inneren einer solchen Maste wird dem Bestreben, ausdehn- sam zu werden, durch das Gewicht der darüber befindlichen Theile Einhalt gethan. Man darf aber hiebei nicht übersehen, daß diese abstoßende Kraft bloS die Resultirende zweier entgegengesetzter Kräfte ist und daß deßungeachtet auch eine anziehende Kraft vorhanden sey. Weil, der Erfahrung gemäß, zusammengedrückte Flüssig¬ keiten ein so großes Bestreben zeigen, sich wieder zum vorigen Vo¬ lum auszudehnen, so muß die abstoßende Kraft bei einer Annä¬ herung ihrer Angriffspuncte stärker wachsen und bei wachsender Ent¬ fernung derselben schneller abnehmen als die anziehende , und daher ein Theilchen auf die nächste Umgebung überwiegend abstoßend, auf die fernere hingegen überwiegend anziehend wirken. Tropfbare Körper werden, außer von den ihnen eigenen Molecularkräften, auch noch von solchen üffieirt, welche manche ih¬ nen sehr nahe stehende oder sie berührende, feste und tropfbare Kör¬ per auf sie ausüben. Das Daseyn einer.Anziehung, welche feste Körper auf flüssige äußern, wird durch unzählige Erscheinungen außer Zweifel gesetzt. Läßt man z. B. einen Wassertropfen auf ei¬ ne reine Glasplatte fallen, so sieht man ihn auseinander fließen und die ihm ursprünglich eigenthümliche Kugelform verlieren; auf einer fetten Platte zeigt ec sich aber, wenn er nicht zu groß ist, völlig in seiner sphärischen Gestalt. Was der Wassertropfen auf ei¬ ner reinen Glasplatte, das zeigt auch ein Quecksilbertropfen auf einer Zinntafel, während er sich auf Glas so verhält, wie Wasser auf einer Fettschichte. Das Naßwerden eines Körpers in verschiede¬ nen Flüssigkeiten bezeuget eben so, wie der vorige Fall, die Anzie¬ hung zwischen ihm und den Flüssigkeiten. Bringt man eine Schei¬ be mit der Oberfläche einer ruhigen Flüssigkeit, die in einem weiten Gefäße enthalten ist, in Berührung, und versucht sie dann wieder wegzunehmen; so erfährt man einen Widerstand, der bei derselben Flüssigkeit mit dem Durchmesser der Scheibe und mit dem Sinken der Temperatur wächst. So wie man die Scheibe hebt, zieht man NaturlehrSs 5. Auff. 8 III Adhäsion zwischen festen u. flüss. Körpern. mit ihr zugleich eine Säule der Flüssigkeit bis zu einer bestimmten Grenze in die Höhe; wird diese überschritten, so reißt sich die Flüs¬ sigkeit los. Um sie an dieser Grenze im Gleichgewichte zu erhalten, braucht man eine Kraft, die dem Gewichte der Scheibe und der gehobenen Säule gleich kommt. Diese Kraft äußerl sich nur auf eine sehr geringe Entfernung; denn die Größe des Gewichtes, wodurch eine solche Scheibe von der Flüssigkeit losgerissen wird, hängt gar nicht von der Dicke der Scheibe ab. — Es herrscht auch zwischen verschiedenen Flüssigkeiten eine Adhäsion, deren Stärke von der Natur derselben abhängt. Ein Tropfen fettes Ohl breitet sich auf einer Wasserfläche schnell aus, wird aber durch flüchtiges Ohl ver¬ drängt und dieses wieder durch milchartige Pflanzensäfte oder durch Weingeist überwältiget, zum Beweise, daß unter diesen Körpern fettes Ohl die kleinste, Weingeist die größte Adhäsion zum Wasser habe. (Carradori in Voigt's Magazin B. 2. S. 1.) Viel¬ leicht gehören auch Brow n's Molecularbewegungen (Pogg. Ann. 14. 294) hieher. Man benutzt die Adhäsion zwischen festen und tropfbaren Körpern zu den mannigfaltigsten Zwecken und bei vielen technischen Arbeiten, z. V. beim Leimen, Kitten, Schreiben, Anstreichen, Mahlen, Zeich¬ nen, Lithographiren; auch Vera's Seilmaschine zum Wasserheben beruht darauf. Diese besteht aus einem oder mehreren Stricken ohne Ende, die um zwei über einander befindliche Wellen gehen. Die untere Welle befindet sich in dem Wasserbehälter, die obere an der Stelle, wohin das Wasser gehoben werden soll. Letztere läßt sich mittelst einer Kurbel um ihre Axe drehen und nimmt bei der Bewe¬ gung die Stricke mit sich fort. Wird schnell genug gedreht, so er¬ scheint der ganze aufsteigende Arm des Strickes mit,Wasser umge¬ ben, welches beim Wenden desselben in einem eigenen Behälter ge¬ sammelt werden kann. Aus der hier besprochenen Anziehung erklärt sich auch das Herabfließen mancher Flüssigkeiten an der äußeren Wand des Gefäßes, worin sie enthalten ist, wenn man sie langsam ausgießen will, und der Nutzen der Ausgußschnäbel und der aus¬ wärts gebogenen Ränder solcher Gefäße. Aus der Adhäsion beruht auch die Bewegung des schottischen Drehers, eines Körpers, der wie eine Glaslinse mit der convexen Unterfläche auf einer geneigten Glas¬ tafel liegt. Ist diese Platte trocken, so bewegt er sich auf derselben, ohne irgend ein auffallendes Phänomen, abwärts, wird aber an die Stelle, wo er sich befindet, ein Wassertropfen gebracht, der sich ausbreitet und die convexe Fläche so umschließt, daß er daselbst ei¬ nen Meniskus bildet; so beginnt, der Körper sich in drehender Be- Gleichgewicht schwerer Flüssigkeiten. 115 wegung abwärts zu bewegen und kann durch Neigen der Glastasel nach dieser oder jener Seite beliebig herumgeführt werden. 150. Alles bisher Gesagte zusammengefaßt lehrt, daß auf tropfbare Flüssigkeiten dreierlei mechanische Kräfte wirken: 1) die Schwere; 2) die Molecularkraft der flüssigen Theile; 3) die Anzie¬ hung fester oder flüssiger fremdartiger Körper. Zu diesen Kräften muß noch, damit tropfbare Flüssigkeiten als solche bestehen können, ein äußerer Druck kommen. Die genannten drei Kräfte und dieser Druck bestimmen die besonderen Gesetze des Gleichgewichtes tropf¬ barer Flüssigkeiten. In vielen Fällen hat dis Schwere über die an¬ deren Kräfte ein so entschiedenes Übergewicht, daß gegen sie die Wirkungen aller anderen Kräfte verschwinden, und in solchen Fäl¬ len kann man eine Flüssigkeit als Aggregat schwerer, unzusammen¬ drückbarer, nicht adhärirender, absolut leicht verschiebbarer Theil- chen behandeln; doch geht dieses nicht immer an, sondern man muß auch oft die anderen Kräfte gehörig würdigen. Wir wollen den ersten Fall von dem viel schwierigeren letzten trennen, und ihn vorausschicken. 1s. Gesetze des Gleichgewichtes schwerer, unzusam¬ mendrückbarer, nicht adhärirender Flüssig¬ keiten. 151. Befindet sich eine schwere Flüssigkeit in hinreichender Menge in einem Gefäße, so muß der Druck der oberen Theile auf die unteren ein Auseinanderfließen der tropfbaren Masse bewirken, das nur durch den Widerstand des Gefäßes aufgehoben wird. Des¬ halb nehmen tropfbare Flüssigkeiten in größerer Menge immer die Form des Gefäßes an, worin sie sich befinden. Ist dieses Gefäß of¬ fen, so muß sich die Gestalt der Oberfläche der Flüssigkeit einem Ku¬ gelsegmente in dem Maße nähern, in welchem sich die Gestalt der Erde einer Kugel nähert; denn nur in diesem Falle steht die Rich¬ tung derSchwere jedes Theilchens auf der Oberfläche senkrecht (144). In kleinen Gefäßen kann man die Richtungen der Schwere für pa¬ rallel halten und daher annehmen, die Oberfläche der Flüssigkeit liege in einer horizontalen Ebene. 152. Durch die Schwere erleiden alle Theile einer Flüssigkeit einen Druck nach abwärts und daher (wegen 144) nach allen Sei¬ ten. Um diesen Druck für ein Theilchen im Innern der Masse mes¬ sen zu können, denke man sich in ihr ein solches, unendlich kleines 8 * 116 Gleichgewicht in Com mu nicati o nsg efäßen. Theilchen a (Fig. 47), und man sieht leicht, daß es durch das Ge¬ wicht der Säule aA abwärts, mithin auch eben so stark seitwärts und aufwärts gedrückt wird. Es hängt daher dieser Druck von der Tiese des Theilchens a unter der Oberfläche der Flüssigkeit ab, und Theilchen, die in einer mit der Oberfläche parallelen Fläche (mit¬ hin bei kleinen Massen in derselben horizontalen Ebene) liegen, er¬ leiden einen gleichen Druck nach allen Seiten. Daß kein Theilchen ausweicht, kommt vom Gegendruck der übrigen her. 153. Ist Fig. 48 ein bis mit einer Flüssigkeit gefülltes Gefäß und horizontal; so kann man im Inneren eine feste Wand DDD entstehen lassen, ohne daß dadurch dem Gleichgewichte Abbruch gelhan wird (144). Es werden daher auch im Gefäße ADDDD die Oberflächen der Flüssigkeit und DD in derselben Horizontalebene liegen, mögen übrigens die Wände des Gefäßes wie immer beschaffen seyn. Gefäße, bei denen der Übergang von einem in das andere nicht gesperrt ist, heißen Communica- tionsg efaße und eine ruhige Flüssigkeit steht in ihnen immer gleich hoch. Hierauf beruht das Aufsteigen des Wassers sowohl in den gewöhnlichen als in den sogenannten Artesischen Brunnen, des Grundwassers in Flüssen, auch die Einrichtung der gewöhnli¬ chen Lampen und der dochtlosen Nachtlämpchen (Pogg. Ann. 10. 624.) u. s. w. 154. Wenn ein Gefäß, wie Fig. 49, mit geradlinigem, ho¬ rizontalen Boden DD, und verticalen Wänden ^lD und DD, von einer Flüssigkeit erfüllt ist, so drückt jedes Theilchen auf den Bo¬ den ; es wird daher der gesammte Bodendruck D gleich seyn dem absoluten Gewichte der Flüssigkeit, mithin dem Products aus der Basis A des Gefäßes, in die Höhe D der Flüssigkeit und in ihr spezifisches Gewicht A, oder es ist D^ADää Dasselbe gilt auch für jedes andere Gesäß von was immer für einer Gestalt, und der Bo¬ dendruck ist von der Menge der Flüssigkeit ganz unabhängig und richtet sich nur nach der Basis, der Hohe und dem specifischen Ge¬ wichte derselben. Denn es sey (Fig. 50) das Gefäß ^lDDD mit ei¬ ner Flüssigkeit bis AL gefüllt, und man denke es sich als ein Stück eines Communicationsgefäßes H8DD. In diesem wird offenbar Gleichgewicht herrschen, sobald die Flüssigkeit bis ^lD und DD reicht, es mag nun das unregelmäßige Gefäß ^LDD, oder das regelmä¬ ßige, mit verticalen Wänden versehene LDDD den zweiten Arm ausmachen. Dieses kann aber nur seyn, wenn der Druck auf I D Bodendruck. 117 in beiden Gefäßen gleich groß ist. Enthielte ein Gefäß Schichten von ungleichartigen Flüssigkeiten, so dürfte man nur den Druck feder einzelnen berechnen und die Resultate summiren, um den Ge- sammtdruck auf den Boden zu erhalten. Ein bestimmter Druck einer ruhenden Flüssigkeit auf die Basis —1 fordert demnach immer eine bestimmte Hohe der drückenden Säule. Man nennt ste die hydro¬ statische Druckhohe. Auf dem Bodendrücke beruhen: der anato¬ mische Heber und seine Benützung als Wage, die Wassersäulenma¬ schine, Re al's Presse rc. Der anatomische Heber (Fig. 51) ist ein Commuuicationsge- fäß mit zwei ungleich hohen und sehr ungleich weiten Armem wo¬ von der weitere und kürzere mit einer Blase verbunden, der länge¬ re und engere aber offen und zur Aufnahme jenes Wassers bestimmt ist, welches die Blase über dem weiteren Arm spannen, oder ein darauf liegendes Gewicht heben soll. Die Wassersäulen maschine (Fig. 52) unterscheidet sich vom anatomischen Heber dadurch, daß der weitere Arm durch einen wohlanliegenden Kolben a geschlossen ist, der durch den Druck des Wassers aufwärts bewegt wird, nach Abstuß desselben aber (wel¬ ches durch einen eigenen Hahn s, oder einen Hilfskolben bewerkstel¬ liget wird), durch sein eigenes Gewicht sinkt, wenn nicht die Ein¬ richtung so getroffen ist, daß ihn auch nach dieser Richtung eine Wassersäule treibt. (Baumgartner's Mechanik. Wien 1834. S. 257.) Real's Presse (Fig. 53) ist ein weiter Cylinder mit zwei siebartig durchlöcherten Platten m ö, der oben mit einer hohen, engen Ansatz¬ röhre « versehen ist, um das Wasser aufzunehmen, welches bestimmt ist, auf die im Cylinder befindliche, auszupressende Substanz einen Druck auszuüben. 155. Mittelst der vorhergegangeneu Berechnung des Boden¬ druckes ist man im Stande zu beweisen, daß sich die Hohe der Säu¬ len ungleichartiger, in Communicationsgefäßen im Gleichgewichte stehender Flüssigkeiten verkehrt, wie ihre specifischen Gewichte, verhalten. Gießt man in das Gefäß Fig. 54 z. B. Quecksil¬ ber, so daß es bis A und L reicht; so wird es im Gleichgewichte stehen, wenn A und Z in einer horizontalen Ebene liegen (153). Gießt man nun auf nirgend eine andere, leichtere Flüssigkeit, z. B. Weingeist, bis 17, so wird deshalb das Quecksilber von bis zurückweichen, hingegen im anderen Schenkel bis L steigen. Man denke sich D und in derselben Horizontalebene, bezeichne die Höhe der tsäule Dl7 mit-1, die der Säule mit a, das speciftsche HZ Seltendruck. Seguer's Nad. Gewicht des Quecksilbers mit^, das des Weingeistes mit den Rohrenquerschnitt bei i) mit i>; so ist der Druck auf diese Ebene von Seite des Quecksilbers gleich von Seite des Weingeistes gleich und man hat aö§—mithin 5:^. 156. Daß seder Punct der Seitenmand eines mit Flüssigkeit gefüllten Gefäßes llck (Fig. 55) einen Druck erleidet, ersieht man leicht aus 152. Die Große dieses Druckes richtet sich offenbar nach der Tiefe des gedrückten Theils unter der Oberfläche der Flüs¬ sigkeit. Deshalb wird der Druck auf cki durch die Säule 6ckl, jener auf ck' durch die Säule lick' gemessen. Ein Stück der Seitenwand von der Höhe lick'—6ckl und einer beliebigen Breite wird also durch eine Säule gedrückt, deren Basis die Fläche des gedrückten Stü¬ ckes, deren Höhe größer als as ist, und die Flüssigkeit in aöorl doch im Gleichgewichte steht; so muß das Gewicht dieses Stückes der Flüssigkeit, vermehrt um den Druck der Säule as, dem Drucke der Säule ns gleich kommen. Das Ge¬ wicht der Flüssigkeit in aöock ist im Schwerpuncte derselben verei¬ nigt; durch diesen muß daher auch der aufwärts gerichtete Druck gehen. Dasselbe, was hier mit der Flüssigkeit, in a-orl geschieht, muß auch für jeden fremdartigen Körper, der in dieselbe getaucht ist und das Volum aöarf hat, gelten. Man kann deshalb von je¬ dem in eine Flüssigkeit getauchten Körper behaupten, daß alle auf seine Oberfläche wirkenden Kräfte eine einzige Resultirende haben, die vertical aufwärts durch den Schwerpunct der aus ihrem Raums verdrängten Flüssigkeit geht und gleich ist dem Gewichte dieser Flüssigkeit. — Eine natürliche Folge dieses Satzes ist, daß jeder schwere Körper in einer Flüssigkeit so viel von seinem Gewichte ver¬ liert, als die durch ihn verdrängte Flüssigkeit wiegt. Heißt daher das Gewicht eines Körpers im leeren Raume das der Flüssigkeit unter demselben Volum r>; so ist sein Gewicht in der Flüssigkeit —p. So lange , sinkt er in der Flüssigkeit zu Boden: wenn —verhält er sich in ihr, wie eine schmerlose Masse; ist aber gar so steigt er in die Höhe, bis nur ein Stück von ihm eingetaucht ist, unter dessen Volum dis Flüssigkeit so viel wiegt, als der ganze eingstauchte Körper. Es ist klar, daß und als Gewichte unter demselben Volum in demselben Verhältnisse stehen, wie die specifischen Gewichte des eingetauchten Körpers und der Flüssigkeit. 15g. Damit ein Körper in einer Flüssigkeit im Gleichgewichte stehe, wird erfordert: l) daß sein Gewicht dem der verdrängten Flüssigkeit gleich sey, 2) daß der Schwerpunct der Flüssigkeit und der Schwerpunct des eingetauchten Körpers in derselben verticalen Linie liegen. Vermöge der ersten Bedingung kann er nicht steigen oder sinken, vermöge der zweiten kann er sich nicht drehen. Man kann füglich annehmen, daß es für jeden Köeper eine Lage gibt, in welcher die zweite Bedingung erfüllt ist; in diese Lage wird er sich daher von selbst versetzen. In Betreff der ersten Bedingung kann man auch mit Gewißheit behaupten, daß sie nur bei Kör¬ pern Statt findet, deren specififches Gewicht nicht größer als jenes der Flüssigkeit ist. Die meisten Körper, aber nicht alle, schwimmen 120 Gleichg ew ich t fesi e r K örp. inFlüssigkeiten. mit Stabilität, wenn ihr Schwerpunct unterhalb des Schwerpunc- tes der verdrängten Flüssigkeit liegt. Ein schwimmender Körper wird eigentlich durch zwei parallele Kräfte im Gleichgewicht erhalten, wovon eine aufwärts wirkt und im Schwerpuncte der verdrängten Flüssigkeit ihren Angriffspunct hat, während die andere abwärts zieht und vom Schwerpuncte des eingetauchten Körpers ausgcht. 160. Zwei oder mehrere Flüssigkeiten können sich in feder Ord¬ nung über einander lagern und im Gleichgewichte sichren, wie im¬ mer ihre specisischen Gewichte beschaffen seyn mögen; Stabilität haben sie aber nur, wenn sie sich nach der Ordnung ihrer specifi- schen Gewichte über einander befinden und die specifisch schwersie den untersten Platz einnimmt. Darum kann man in einer engen Glasröhre Wasser, ja sogar Quecksilber über Luft erhalten, so lange keine Erschütterung eintritt; darum erhebt sich Wein im Was¬ ser durch den geringsten Stoff; in der sogenannten Elementarwelt reihen sich die Massen nach ihrem specisischen Gewichte über ein¬ ander. Hierauf beruht die Wasser wage. Daher kommt es auch, daß in einer Waffermasse blos durch eine verschiedene Tem¬ peratur verschiedener Stellen eine Bewegung entsteht, die man mit Vortheil zum Erwärmen von Treibhäusern rc. anwendet. (Zeitsch. 7. 224; 8. 456.) Die Wasserwage besieht aus einer cylindrischen Röhres-Fig. 57),die in der Richtung ihrer Länge kreisförmig gebogen, bis auf einen klei¬ nen Thsil mit Wasser oder Weingeist gefüllt und luftdicht ver¬ schlossen ist. Gewöhnlich wird sie durch Stützen getragen, die eine gleiche Länge haben, wohl auch mittelst Schnellschrauben verkürzt oder verlängert werden können. Steht die Basis horizontal, so hat die Mitte der Röhre den höchsten Stand, und die Mitte der Luft¬ blase fällt mit ihr zusammen; wird die Basis aber aus der hori¬ zontalen Lage verrückt, so geht auch die Luftblase näher gegen das höhere Ende hin. Es dient daher die Wasserwage, um eine Ebene horizontal zu stellen, oder zu erkennen, ob eine Ebene horizontal sep oder nicht. 161. Man begreift aus dem Vorhergehenden leicht, daß sich die erste von den in 159 erwähnten Bedingungen auch für Körper erreichen läßt, die in ihrem natürlichen Zustande specifisch schwerer sind als die Flüssigkeit, in der sie schwimmen sollen, wenn man sie so sehr verkleinert, daß sie den Widerstand der Flüssigkeit nicht überwinden können, oder wenn man sie aushöhlt oder mit anderen Körpern verbindet, die specifisch leichter sind als jene Flüssigkeit. Hier- Schwimmen. 121 auf beruhen: das Schwimmen kleiner Erdtheile im Wasser, die Einrichtung unserer Schiffe, Schwimmgürtel, Rettungsboots, das Schwimmen leerer Fässer, die Möglichkeit aus ihnen Brücken zu baue» oder versunkene Waaren aus dem Wasser zu heben, das Schwimmen der Fische, der kartesianische Taucher u. s. w. Ist z. B. ein kugelförmiger Körper vomHalbmesser K, dessen speci- fisches Gewicht »5 größer ist als das des Wassers <7; so kann man leicht finden, wie groß der kugelförmige Theil seiner Masse ist, der weggenommen werden muß, damit der Körper im Wasser schwimme. Denn das Gewicht dieses Körpers ist jenes des Wassers unter demselben Volum wenn n das bekannte Kreisver- hältniß bedeutet. Heißt nun der Halbmesser der wegzunehmenden Masse r, mithin das Gewicht derselben, so wird obige Ku¬ gel schwimmen, wenn man hat: —»der—II Soll ein Körper statt durch Aushöhlen durch Verbindung mit ei¬ nem specifisch seichteren zum Schwimmen gebracht und das nöthi- ge Gewicht des letzteren bestimmt werden; so nenne man sein abso¬ lutes Gewicht sein specifisches eben diese Bedeutung mögen /»' und § für den specifisch leichteren haben, während -7 das specifische Gewicht des Wassers bedeutet. Da der Körper schwimmen wird, wenn sein Gewicht sammt der Zugabe dem Gewichte des verdräng¬ ten Wassers gleich ist; so hat man: mithin?- Mit dem erwähnten Schwimmen muß man ja nicht das künstli¬ che des Menschen verwechseln. Dieses ist ein beständiges Wehren gegen das Untersinken mittelst der Hände und Füße. Der Schwim¬ mer stemmt sich mit den flachen Händen und den Fußsohlen gegen das Wasser, indem er erstere schnell abwärts bewegt und letzte¬ re schnell ausstreckt, hierauf beide zurückzieht und mit der kleine¬ ren Fläche das Wasser durchschneidet. Weil der Mensch beim Aus- athmen die Brusthöhle verenget, nimmt er einen kleineren Raum ein und sinkt deshalb leichter; darum ist es für solche, die ins Was¬ ser fallen, räthlich, den Athen: an sich zu halten. Überdies sollen sie sich hüthen, die Hände aus dem Wasser zu strecken, weil sie da¬ bei Gefahr laufen, daß der Kopf untertauche. (DieKunst zu schwim¬ men von Qronzio di Bernardi. Weimar 1799.) 162. Ein fester Körper kann sich in eine Flüssigkeit, deren sp. Gewicht größer ist als sein eigenes, nur zum Theil eintauchen. Ist das Volum eines solchen Körpers, sein absolutes, -5 sein 122 Schwimmender Körper. specifisches Gewicht, ferner § das specisische Gewicht der Flüssigkeit und§und c-' aus l-s und c-'s, woraus man bekommt c>L —v's', und c-.-r-'— s'.-s, d. h. die in verschiedene Flüssigkeiten einge¬ tauchten Theile eines Körpers verhalten sich verkehrt, wie die speci- fischen Gewichte dieser Flüssigkeiten. Sollen zwei Körper, deren absolute Gewichte und sind, in zwei Flüssigkeiten vom specifi- schen Gewichtes und s sich um den Theile eintaucben; so hat man L — cn, D—c-s', d. h. die absoluten Gewichte verhalten sich wie die specifischen Gewichte der Flüssigkeiten. — Es ist aus 34 klar, daß man statt des Verhältnisses der specifischen Gewichte jenes der Dichten setzen kann und daß daher die hier betrach¬ teten Rauminhalte in derselben Relation zu den Dichten, wie zu den specifischen Gewichten stehen. Bestimmung des specifischen Gewichtes fester und tropfbarer Körper. 163. Die Bestimmung des specifischen Gewichtes eines Körpers scheint dadurch am leichtesten geschehen zu können, daß man sein Volum und sein absolutes Gewicht ausmittelt, und aus beiden das D specisische mittelst der Formel F — (34) berechnet. Allein der Ausführbarkeit dieses Verfahrens steht entgegen, daß sich das Vo¬ lum eines Körpers, wenigstens eines festen, dessen Gestalt man nicht nach Belieben ändern kann, nicht genau genug bestim¬ men läßt. Darum wendet man es nur bei Flüssigkeiten manchmal an und füllt sie zu diesem Ende in ein Gefäß von bekannter Capa- cität ein. Für andere Körper sucht man nur die Dichte und berech¬ net das specisische Gewicht aus dieser und dem specifischen Gewichte des Wassers, indem man diese beiden Größen mit einander multi- plicirt. Denn man hat H.-s —O.-cs, mithin §, wo -5 Specifisches Gewicht des Wassers. 123 und § das specifische Gewicht, O und st die Dichte zweier Körper bezeichnen. Ist § das specifische Gewicht und st die Dichte des Wassers 1), so ist 164. Um das specifische Gewicht des Wassers zu finden, kann man auf zweifache Weise verfahren : Man kann einen festen, im Wasser unveränderlichen Körper, wie z. B. einen metallenen Cylinder, dessen Volum p und dessen Gewicht in der Luft genau bestimmt ist, in reines Wasser von bestimmter Temperatur einsen¬ ken, daselbst abwägen und den Gewichtsverlust bestimmen, den er darin erleidet. Aus diesen Größen ergibt sich das specifische Ge¬ wicht s nach der Formel § — Start so zu verfahren kann man auch ein Gefäß von genau bekanntem Inhalte c- mit Wasser füllen und bestimmen, wie viel es davon dem Gewichte nach faßt. Ist die¬ ses Gewicht wieder gleich/>, so hat man abermals § — Auf dem ersteren Wege hat Stampfer (Jahrb. des ?. k. polytech. Instituts in Wien Bd. 16) das Gewicht eines Wiener-Kubikzvlls reinen Wassers bei 3° U gleich 1.044023 Lth. —250.56 Gr. gefunden. Demnach wiegt ein K. Fuß 433132.18 Gr. oder 56 Pf. 12 L. 172.18 Gr., ein Eimer (1.792 K. Fuß) 101.02 Pf.; eine W. Maß 2 Pf. 16. Loch, 197 Gr. 165. Das specifische Gewicht anderer Flüssigkeiten kann man wie jenes des Wassers finden. Man kommt aber doch leichter zum Ziele, wenn man zuerst ihre Dichte sucht und hieraus (nach 163) ihr specifisches Gewicht berechnet. Zur Kenntniß der Dichte führen mehrere Verfahrungsarten: Man wäge einen festen Körper, dessen Gewichtsverlust sv in reinem Wasser man kennt, in der zu untersuchenden Flüssigkeit sorgfältig ab und bestimme den darin erlittenen Gewichtsverlust Heißt nun O die gesuchte Dichte, so hat man 0: 1 — p und hieraus D — Es versteht sich von selbst, daß der eingetauchte Körper weder im Wasser, noch in der zu prüfenden Flüssigkeit auflöslich seyn darf, und daß er sich in beide ganz einsenken muß. In den meisten Fällen reicht man mit einem soliden Glastropfen aus, nur bei der Untersuchung der Flußsäure (die Glas angreift), muß man « zu einer silbernen oder bleiernen Masse seine Zuflucht nehmen. Statt des vorhergehenden Verfahrens kann man auch das folgende 124 SpecifischesGewkcht sester u. tropfb.Körper. wählen: Man bringe die zu untersuchende Flüssigkeit in einen Arm eines communicirenden Gefäßes/ und Wasser in den anderen/ trenne/ wenn sie sich etwa mit einander zu mischen geneigt sind, beide von einander durch eine dritte, gegen beide indifferente Flüs¬ sigkeit, und messe die Höhe der zwei Säulen, wenn das Gleich¬ gewicht hergestellt ist. Diese verhalten sich verkehrt wie die Dichten der Flüssigkeiten. 166. Um die Dichte eines festen Körpers zu bestimmen, finde man zuerst sein absolutes Gewicht I' im leeren Raume und hierauf seinen Gewichtsverlust in einer Flüssigkeit von bekannter Dichte, die ihn nicht angreift. Ist wieder 1) die Dichte des zu untersuchenden Körpers, U jene der Flüssigkeit, so hat man (162) D : U 1-: y oder 0 - U. Fürck — 1 wird 2)^ Das gesuchte specifische Gewicht erhält man durch Multiplication der Größe D mit dem specifischen Gewichte des Wassers. 167. Um einen Körper der angezeigten Methode gemäß in einer Flüssigkeit abzuwägen, bedient man sich einer eigens dazu eingerichteten Wage, welche h y d ro st a ti sch e Wage heißt und sich von einer sehr empfindlichen und genauen Schalwage nur da¬ durch unterscheidet, daß eine ihrer Schalen an kürzeren Schnüren hängt und unten einen Haken hat, woran der feste Körper mittelst eines feinen Drahtes gehängt wird. Daß man auf den Gewichts¬ verlust des Drahtes, auf die Temperatur des zu untersuchenden und des Hilfskörpers Rücksicht nehmen und überhaupt die in 111 em¬ pfohlene Abwägungsmethode anwenden müsse, wenn die Resultate genau seyn sollen, versteht sich von selbst. Gepulverte Körper wiegt man auf einer gläsernen Schale, deren Gewicht und Gewichts¬ verlust in einer gegebenen Flüssigkeit schon vorläufig bekannt sind. Sollte der Körper specifisch leichter seyn als die Flüssigkeit, in der man ihn abwägen will; so spannt man ihn in eine Zange ein, und wägt ihn sammt derselben in der Flüssigkeit, schlägt aber nach der Hand vom gejammten Gewichtsverluste jenen der Zange ab. 163. Die Dichte der Körper, besonders der tropfbaren, wel¬ che auf dem bekannten Wege zur Kenntniß ihres specifischen Gewich¬ tes führt, bestimmt man oft mit großem Vortheile mittelst soge¬ nannter Aräometer (Senkwagen, Dichtemesser, Pyknometer, Gravimeter). Es gibt zwei Gattungen derselben, nämlich Aräo¬ meter mit Scalen, und Aräometer mit Gewichten. Scalenaräometer. 125 169. Aräometer mit Scalen beruhen auf 162. Man denke sicheln hohles, am besten gläsernes Gefäß, etwa wie Fig. 58, welches am unteren Thelle A so belastet ist, daß es im Wasser mit Stabilität vertical steht, und es ist einleuchtend, daß eine Einrich¬ tung getroffen werden kann, wodurch man aus der Tiefe, bis zu welcher es in eine Flüssigkeit einsinkt, die Dichte derselben erkennt. Deshalb enthält das Stück ab eine Scale, deren Theilstriche die Dichte der Flüssigkeit angeben, worin die Einsenkung bis zu einem derselben geschieht. Wo man eine große Schärfe des Resultates wünscht, da sind diese Instrumente freilich nicht zu empfehlen, wo man aber mit einer mäßigen Genauigkeit zufrieden ist, da sind sie äußerst bequem. Sie dienen aber nebstdem noch zu einem anderen Zwecke. Nämlich die Dichte vieler gemischter Flüssigkeiten, z. B. des Weingeistes, der Säuren rc. ändert sich mit der Menge eines oder des anderen Bestandtheiles so, daß man, wenn einmal für ein Mischungsverhältniß die Dichte durch vorläufige Erfahrungen gefunden ist, in Zukunft umgekehrt von dieser Dichte auf das Mischungsverhältniß schließen und die Aräometer so einrichten kann, daß die Scale statt der Dichte die verhältnißmäßige Menge eines oder des anderen Bestandtheiles anzeigt. Man heißt solche Aräometer Procentenaräometer oder nach Verschiedenheit der Flüssigkeit, für welche sie bestimmt sind, Weingeist-, Salpeter¬ säurearäometer u. s. w. Zu dieser Klasse gehören auch jene Aräometer, welche weder die Dich¬ te noch ein bestimmtes Mischungsverhältniß unmittelbar angeben, sondern deren Scalen in, meistens willkürliche, Grade eingetheilt sind. Unter allen Instrumenten dieser Art haben die von B e au m e den meisten Zuspruch erhalten; es ist daher nothwendig, anzugeben, wie B eau m e seine Scale bestimmte. Dieses geschah aus zweifa¬ che Art, je nachdem er das Instrument sür Flüssigkeiten anwenden wollte, die specifisch leichter oder schwerer sind, als Wasser. Um die Scale sür erstere zu erhalten, tauchte er ein Gefäß, wie Fig. 58, dessen Spindel durchaus gleich dick war, in eine Auflösung von 10 Th. Kochsalz in 90 Th. Wasser, und fand so den untersten Punct der Scale, hieraus in destillirtes Wasser, um den zweiten höher liegenden Punct der Scale zu finden; den Zwischenraum theilte er in 10 gleiche Theile und setzte diese Eintheilung bis zum Ende der Röhre fort. Den Punct des destillirten Wassers bezeichuete er mit 10 und zählte von da auf- und abwärts, so weit es die Spindel des Aräometers erlaubte. Um die Scale für specifisch schwerere Flüssigkeiten zu bestimmen, tauchte er das Instrument in destillir- 126 N icholso n's , Fahrenheits-Aräometer. tes Wasser, fand so den obersten Pnnet, hierauf in eine Auflösung von 15 Theilen Kochsalz und 85 Theilen Wasser, theilte den Ab¬ stand dieser zwei Puncte in 15 gleiche Theile, setzte zu jenem 0 und übertrug diese Eintheilnng auf die ganze Spindel. Man sieht leicht ein, daß diese Instrumente gar keinen wissenschaftlichen Werth haben, jedoch kann man mittelst einer Tafel die Beaume'schen Gra¬ de in specifische Gewichte verwandeln. (Suppl- 818.) — Je empfind¬ licher ein Aräometer ist, ein desto größeres Volum nimmt es ein; meistens reicht die Scale eines Instrumentes von 0.700 bis 1.000, oder von 1.000 bis 1.800, nur durch besondere Kunstgriffe kann man in einem Instrumente beide Scalen vereinigen, ohne seiner Em¬ pfindlichkeit Abbruch zu thun. (Zeitsch.neue Folge 2. 38.) 170. Aräometer mit Gewichten/ von ihrem Erfinder Fah¬ renheit auch Fah re n h ei c'sche genannt/ unterscheiden sich von den Sealenaräometern dadurch/ daß sie am oberen Ende ei¬ ne Schale zur Auflegung der Gewichte/ und an ihrem sehr dün¬ nen Halse einen feinen Strich haben/ bis zu welchem sie sich in jede zu untersuchende Flüssigkeit einsenken müssen. Beim Gebrauche muß man ein- für allemal wissen/ wie viel das Instrument selbst wiegt und wie viel Gewicht man noch zulegen muß/ damit die Einsenkung in reinem Wasser bis zum Zeichen am Halse erfolge. Es ffeyjenes 1h dieses zn Will man die Dichte a! einer Flüssigkeit finden / so senkt man das Instrument darein und legt so lange Gewichte zu/ bis die Einsenkung gehörig weit geschieht.Heißt dieses Gewicht/,/so weil ? -f-/,: /,' — 1: ct ist. Nicholson er¬ weiterte den Gebrauch dieses Instrumentes dadurch, daß er es unten mit einer Schale versah. Mohs (Fig. 59 a) bringt diese Schale mit Vortheil unmittelbar unter dem Halse an (Fig. 59 ö). Ein so eingerichtetes Aräometer kann man auch zur Bestimmung der Dichte fester Körper brauchen/ deren Gewicht das Aufleggewicht /> nicht übertrifft. Senkt man nämlich das Instrument in reines Wasser, legt anfangs den zu untersuchenden Körper sammt so viel Ge¬ wicht, als zur gehörigen Einsenkung nöthig ist, auf die obere Schale, nimmt dann weg und setzt dafür Gewichte zu; so weiß man das absolute Gewicht von Nimmt man nun die zuletzt auf¬ gelegten Gewichte wieder weg, legrem die untere, im Wasser befindliche Schale; so werden die Gewichte, die zur gehörigen Ein¬ senkung des Instrumentes nöthig sind, den Gewichtsverlust von im Wasser anzeigen. Aus dem absoluten Gewichte und dem Ge- Dichte einiger Körper. 127 wichtsverluste im Wasser findet man (nach 166) das specifische Gewicht. Siehe hierüber: Meißner's Araometrie in ihrer Anwen¬ dung auf Chemie und Technik. Wien/1816. Ba u mgartner's Araometrie für Chemisten und Technologen. Wien, 1820. Unge¬ mein ausführlich handelt über Araometrie das Repertorium für die Chemie als Wissenschaft und Kunst von Brandes. Hannover/ 1827.2. Bd. I. Abth. S. 552 — 630; wohl auch G e h le r's phys. Wörterb. neu bearbeitet. Art. Aräometer. Über die bei solchen Be¬ stimmungen nöthigenVorsichten/ Correctionsformeln und ferneren Hilfsinstrumente siehe Suppl. S. 60 — 87. Tafel der Dichte einiger Körper. Platin geprägt .... 21.343 » gehämmert . . 21.314 Plaiindraht..... 19.267 Platinsand.15.601 Gold gehämmert . . . 19.361 » gegossen .... 19.258 Quecksilber gefroren . . 15.612 >> beiO°R. . . 13.598 Blei.11.352 Silber gehämmert . . 10-511 » gegossen . . . 10.474 Wismuth gegossen . . 9.822 Kupfer gehämmert . . 9.000 Kupferdraht.8.878 Zinn, englisches, gegossen 7.291 Stahl.... Schmiedeeisen . Roheisen. . . Zink gehämmert „ gegossen . Saphir blau . Zirkon . . . Hyacinth . . Topas . . . Granat edler . » gemeiner Smaragd . . Dergkristall . . Glimmer. . . 7-810-7.833 . . 7.788 7-207—7.205 . . 7.861 . . 7.190 . . 3.909 . . 4.416 . . 4.505 . . 3.499 4.098—4.208 . . 3.769 2.678—2.775 2.650—2.670 2.654—2.985 Lava . . . Serpentin . Kreide . . Perlen . . Spiegelglas Flintglas Eis . . . Buxbaumholz Mahagonyholz Pflaum enholz Birnbaumholz Lindenholz . Korkholz . . Alkohol . . Schwefeläther Bor . . . Phosphor . Schwefel. . Selen . . Jod . . . Flußsäure Salzsäure conc Chlorige Säur Salpetersäure Schwefelsäure Phosphorsäure Ammoniak flüss Kalihydrat . Natrnmhydrat 2.795—2.823 2.560—2.684 . . 1.797 . . 2.750 2.370—2.450 3.15—3.329 . . 0.885' . . 1.33 . . 1.06 . . 0.785 . . 0.755 . . 0.604 . . 0.240 . . 0.791 . . 0.717 . . 1.480 1.770—1.821 . . 2.072 . . 4.300 . . 4.948 . . 1.061 . . 1.200 . . 1.300 . . 1.500 . . 1.850 . . 2.687 . . 0.875 . . 1.708 . . 1.536 128 Tropfenbildung. v. Gesetze des Gleichgewichtes schwerer/ zusam¬ men drückb a re r, adhärirender Flüssigkeiten. 171. Befindet sich eine tropfbar flüssige Masse frei in einem Raume/ so muß für den Fall des Gleichgewichtes die Kraft/welche von Außen auf dieselbe wirkt oder die jedem einzelnen Theilchen zukommt/ durch eine entgegengesetzte aufgehoben werden. Tiefes kann aber nur seyn/ wenn die Masse die Gestalt einer Kugel hat. Sobald diese Masse auch noch von anderen Kräften afficirt wird, so verliert sie die Kugelform desto mehr, je mehr diese Kräfte gegen die den Theilchen der Flüssigkeit eigenen vorwalten. Deshalb er¬ scheinen uns auch kleine tropfbare Massen in Gestalt kugelförmiger Tropfen, verlieren aber diese Gestalt, sobald sie auf einen Körper kommen, zu dem sie eine Adhäsion haben oder sobald durch zu große Anhäufung der Masse der Druck der oberen Theile die unteren zu einer Seitenbewegung zwingt. 172. Da tropfbare Flüssigkeiten elastisch sind (146) und von den zwei Molecularkräften die abstoßende das Übergewicht hat (148), so muß jede unendlich dünne Schichte im Inneren einer sol¬ chen Flüssigkeit durch die Abstoßung der angrenzenden Theile zu¬ sammengedrückt werden, und man kann sich die Sache so vorstellen, als wenn sich die genannte Schichte an die einerseits befindliche Flüssigkeit anstemmte und von der andererseits gelegenen compri- mirt würde. Die Größe der Compression hängt natürlich von der drückenden Kraft ab. In hinreichender Entfernung von der freien Oberfläche der Flüssigkeit und von den Wänden des Gefäßes hat die drückende Schichte eine Dicke, welche dem Halbmesser der Wir¬ kungssphäre der kleinsten Theile gleich ist und die Compression ist demnach für alle Schichten gleich groß, welche eine solche Lage ha¬ ben, wenn man von der geringen Compression, die von der Schwe¬ re herrührt und sich mit der Entfernung von der Oberfläche ändert, absieht. Man kann daher annehmen, im Inneren einer flüssigen Masse seyen alle Theile in einem gleichen Zustande der Compref- sion. Die an der Oberfläche befindlichen Theile stehen nur unter dem Druck der äußeren, zum Bestehen des flüssigen Zustandes nö- thigen Kraft, und wenn diese blos die zur Überwältigung der ab¬ stoßenden Molecularkraft nöthige Stärke hat, so sind diese Theile gar nicht zusammengedrückr. Die zunächst unter der Oberfläche lie¬ genden erleidenjdurch die,oberflächlich liegenden schon eine geringere Folgen der Compressibilität der Flüssigk. 126 Compression, die noch tiefer einwärts liegenden eine noch größere, und so kommt es, daß die Dichte der Flüssigkeit von Außen nach Innen bis zu einer allerdings nur sehr geringen Tiefe nach einem uns unbekannten Gesetze zunimmt. In der Nähe der Gefä߬ wände ist die Dichte der Flüssigkeit aus ähnlichen Gründen von der im Inneren verschieden. Wirken diese Wände nicht auf die flüssigen Theile, so verhalten sich die letzteren so wie an der freien Oberfläche, wirken sie auf die Flüssigkeit, so modificiren sie das Gesetz der Dichte und können sogar durch ihre Anziehung bewirken, daß die Dichte von der Wand nach einwärts bis zu einer gewissen Ent¬ fernung abnimmt und die Theile der an der Wand anliegenden Schichte ihre große Verschiebbarkeit verlieren. Taucht man z. B. einen Glasstab in Wasser, so bleibt beim Herausziehen daran eine zwar an und für sich sehr dünne, aber gegen den Halbmesser der Wirkungssphäre der Theile doch noch sehr dicke Schichte der Flüssigkeit hängen und erhält sich, wenn man auch dem Stabe eine verticale Richtung gibt, wo doch sehr leicht verschiebbare Theile durch den Zug der Schwere zum Hinabgleiten bestimmt werden müßten. Selbst an der freien Oberfläche sind die Theile we¬ gen der nach einwärts sich ändernden Dichte nicht so verschiebbar, wie im Inneren, wo rings um jedes Theilchen alles gleich ist, und es verhält sich daselbst die Flüssigkeit so, als wäre sie mit einem feinen Häutchen überzogen. Daher kommt es auch, daß selbst kleine Körper, die speciflsch schwerer sind als Wasser, wie feine Bleche, Nadeln rc. auf demselben schwimmen, so lange sie nicht übernetzt sind und sich nicht gleichsam unter dem oberflächlichen Häutchen befinden; so wie aber eine Ubernetzung eingetreten ist, fallen sie schnell in der Flüssigkeit zu Boden. 173. Bekanntlich haben im Gleichgewichte befindliche Flüssig¬ keiten nicht immer eine ebene Oberfläche, wie sie die Schwere in kleineren Gefäßen, hervorzubringen sucht (152), sondern diese ist oft convex oder concav. Die Erfahrung lehrt. Laß eine Flüssig¬ keit, die das Gefäß nicht benetzt, eine convexe, die es benetzt, eine concave Oberfläche habe. So hat in einem engen Glasgefäße Queck¬ silber eine convexe, Wasser eine concave Oberfläche. Selbst in einem weilen reinen Glasgefäße erhebt sich Wasser an den Wanden und krümmt sich aufwärts; wenn aber das Gefäß ganz voll ist und man deßungeachtet noch etwas zugießt, so hebt sich dasselbe über den Nand des Gefäßes mit einer convexen Oberfläche. Tauchr man eine Naturlehre. 5. Aufl. 9 L30 Wirkung der Flüssigkeiten aus sich selbst. reine Glasplatte in Wasser, so hebt dieses sich zu beiden Seiten des Glases mit einer eigenen Krümmung. Es ist klar, daß diese Phänomene von den Molecularkräfren herrühren, man kann aber auch beweisen, daß sie nur bei einer Flüssigkeit Statt haben kön¬ nen, deren Dichte sich von der äußersten Schichte nach einwärts schnell ändert und daß daher völlig unzusammendrückbare Flüssig¬ keiten stets eine horizontale Oberfläche haben müßten. 174. Die Gestalt der Oberfläche einer Flüssigkeit und dieVer- schiedenheiteiss in der Dichte ihrer äußersten Schichte begründen eine besondere Wirkung der Flüssigkeit auf sich selbst. Um diese kennen zu lernen, sey ^4661) (Fig. 60) eine tropfbare Masse, deren Ober¬ fläche im Zustande des Gleichgewichtes eben ist. Man denke sich im Inneren eine unendlich dünne Säule 617 und nehme in derselben «in Theilchen m an, dessen Entfernung von der Oberfläche >111 ge¬ ringer ist, als der Halbmesser der Wirkungssphäre der Flüssigkeit. Zieht man unterhalb dieses Theilchens die Ebene 67', welche von m eben so weit absteht, wie>/6; so üben offenbar alle innerhalb ^46 und 67? liegenden Theile der Säule 617 gleiche und entge¬ gengesetzte Wirkungen auf m aus und diese heben sich daher auf. Allein die unter 66 fliegenden Theile können ihre Wirkung auf m ungestört ausüben, und von diesen hängt daher auch die Wirkung der Flüssigkeit auf sich selbst ab. Doch wird man aus allem dem noch nicht einsehen, ob die aus den Wirkungen aller Theile hervor¬ gehende abstoßend oder anziehend ist. Man nenne sie 6, ohne darum zu fragen, ob sie einwärts oder auswärts zieht, und denke sich von der Masse ^4666 (Fig. 61) den Meniskus >7666 weggcnommen so, daß sie mir einer Convepität aufhört, welche von >l6 im Puncte 6 berührt wird. Kennt man die Wirkung dieses Meniskus auf die übrige Masse, so darf man sie nur von 6 wegnehmen, um die Wirkung der von einer Convepitär begrenzten Flüssigkeit auf sich selbst zu erhalten. Die Wirkung dieses Meniskus auf 6 ist aber anziehend; denn an der Stelle, wo seine Theile nahe genug an 6 liegen, um abstoßend darauf zu wirken, ist er zu dünn, und wo er dick genug ist, mithin der wirkenden Theile hinlänglich viele sind, da hat schon die Anziehung über die Abstoßung das Übergewicht. Es sey nun m ein Theilchen des Meniskus, dessen Entfernung von 6 kleiner ist, als der Halbmesser der Wirkungssphäre. Man ziehe m6 und dann m» so, daß 6m» ein gleichschenkeliges Dreieck wird. Nun übet m auf 6 eine Wirkung aus, die sich in zwei zerlegen Erscheinungen an Haarröhrchen. 131 läßt, wovon eine einwärts, die andere parallel mit AL von der Säule 6LL gegen die Wand LL> hinzieht. Auf gleiche Weise läßt sich die Wirkung von nr auf er in eine auswärts gehende und in eine mit AL parallele Kraft zerlegen. Die beiden ersteren heben einander auf, und die beiden letzteren werden durch jene zwei entgegenwir¬ kende Kräfte aufgehoben, die ein ähnlich liegendes Theilchen auf der entgegengesetzten Seite des auf der Oberfläche senkrechten Canals 6L ausübet. Was von 6 und er bewiesen ist, das gilt von jedem Theilchen, das zwischen den Schenkeln des Dreieckes Omn. liegt; m wirkt aber auch auf die unter /r liegenden Theile, indem es sie auswärts zieht, und diese Wirkung wird nicht mehr durch eine Ge¬ genwirkung aufgehoben. Es wird daher die Gesammtwirkung von m darin bestehen, die Theile der Säule 6L auswärts zu ziehen und deshalb wird auch die Wirkung des ganzen Meniskus auswärts ziehend seyn. Heißt die Wirkung deS Meniskus — (wo das Zei¬ chen — die Wirkung nach auswärts anzeigt), so ist die Wir¬ kung einer convex sich endigenden Flüssigkeit — L — (— <(>) — L-ß-y. —> Würde der Oberfläche AL der Meniskus LALL zu¬ gesetzt, so bekäme sie eine concave Oberfläche, und die Wirkung der Flüssigkeit auf die Säule 611 wäre dann gleich L, mehr der Wirkung des zugesetzten Meniskus. Macht man 60 mit m» parallel und gleich, so wirkt das in O befindliche Theilchen auf die unter 6 liegenden gerade so , wie m auf die untern, befindlichen, mithin auswärts ziehend. Es wird also die Wirkung des Meniskus LALL in einem Zuge nach auswärts bestehen. Nennt man ihn wie vorhin — so muß die Wirkung auf die Säule 6L seyn -i- (- und untersuche die Bedingungen des Gleichgewichtes der Säulen OkV und AM Es heiße demnach die Höhe der Säule OkV —a, jene der Säule AM — das specifische Gewicht der Flüssigkeit s, die Basis der drü¬ ckenden Säulen ö, die von außen auf die Flüssigkeit wirkende Kraft (in den meisten Fällen der Luftdruck)/-, ferner mögen AundH die vorhin (175) angenommenen Bedeutungen haben, woAdasZei- chen mit sich führt. Da ist nun der Druck der Säule LAV gleich aM-j-p-l-A, jener der Säule AM gleich -s--j-AIP <(>, wo das obere Zeichen gilt, wenn die Oberfläche der Flüssigkeit concav, das untere, wenn sie convex ist; mithin für den Fall des Gleich¬ gewichts «Lö -l- /> -B A — «sö-P-s-PAIPH, oder für den Fak? Theorie der Caprllarität. 133 einer concavsu Oberfläche a, d. h. eine Flüssigkeit mit convexer Oberfläche wird in einem Haarröhrchen deprimirt, eine mit concaver Oberfläche gehoben, wie s auch die Erfahrung lehrt. Man kann zeigen, daß man hat wo A eins durch die Natur und Compressibilitäk der Flüssigkeit be¬ stimmte Größe, ö und ö" aber den größten und kleinsten Krüm¬ mungshalbmesser *) der Oberfläche bedeuten, die übrigens wie im¬ mer beschaffen seyn mag. — In cylindrischen Haarröhrchen kann die Oberfläche der Flüssigkeit als Kugelflächs angesehen werden, bei welcher ö — L' ist. Man hat daher bei solchen Röhrchen ; weil aber ö dem Halbmesser des Röhrchens proportionirt ist, so ver¬ halten sich die Längen der gehobenen oder hinabgedrückten Säulen verkehrt, wie die Halbmesser der Röhrchen, ein Resultat, welches durch mehrere von H aiiy und Trem er y angestellte Versuche aufs schönste bekräftigst wird. Die Halbmesser solcher Röhrchen kann man sehr scharf dadurch be¬ stimmen, daß man sie leer abwägt, hierauf eine beliebig lange Quecksilbersäule hineinbringt, wieder ihr Gewicht bestimmt, und so aus der Differenz beider Resultate das Gewicht x> der hineingebrarh- ten Quecksilbersäule findet. Hat die Säule die Länge a, so ist ihr Gewicht -rr'nL — p, wenn r der Halbmesser des Röhrchens und § das specifische Gewicht des Quecksilbers bedeutet. Mithin ist 177. Diese Theorie läßt sich auch auf Erscheinungen anwen¬ den, die mit denen in Haarröhrchen verwandt sind; ja sie gibt von *) Um Anfängern den Werth von i> und L- begreiflich zu machen, stelle man sich eine krumme Oberfläche eines Körpers , von was immer für einer Ge¬ stalt vor, und denke sich im Inneren dieses Körpers einen unendlich dünnen Kanal, der auf irgend einem Puncte der Oberfläche senkrecht steht. Werden nun durch diesen Punct nach allen Richtungen Ebenen gedacht, die auf der genannten Oberfläche senkrecht stehen; so schneidet jede derselben die Ober¬ fläche in einer krummen Linie, und man kann sich für jede dieser Eurven einen Kreis denken, der dieselbe Krümmung hat, wie ein Element der Kur¬ ve am Puncte, um den es sich handelt. Der Halbmesser dieses Kreises ist der Krümmungshalbmesser. Man kann beweisen, daß die zwei Ebenen, in welchen der größte und der kleinste Krümmungshalbmesser liegt, auf einan¬ der senkrecht stehen. !3t Erklärung einzelner Fülle. ihnen nicht blos allgemeine Erklärungen, sondern bestimmt sie dem Maße nach: Schon Newton hat bemerkt, daß Wasser zwischen zwei nahen, parallelen Wänden nur halb so hoch steigt, als in einem Röhrchen, dessen innerer Durchmesser der Entfernung der Flächen gleich ist, ohne dafür eine Erklärung geben zu können. Nach der vor¬ hin entwickelten Theorie ist die Wirkung eines Haarröhrchens vom obigen Halbmesser gleich fürzwei parallele Ebenen (wob' —22, weil die Oberfläche der Flüssigkeit längs der Wände nicht gekrümmt ist) i gerade so, wie die Erfahrung lehrt. — Mit gleicher Leich¬ tigkeit ersieht man aus der gegebenen Theorie den Grund folgen¬ der Erscheinungen; Taucht man ein gläsernes Röhrchen in Wein¬ geist, zieht es dann heraus und hält es vertical, damit sich un¬ ten ein Tropfen bilde; so hat die darin befindliche, schwebend er¬ haltene Säule eine doppelt so große Länge, als diejenige, welche sich im Röhrchen erhebt, wenn es mit einem Ende im Weingeiste stehen bleibt. Gießt man Weingeist in eine heberförmige Röhre, wovon ein Arm ein Haarröhrchen bildet, so steht natürlich die Flüs¬ sigkeit in diesem höher, als im anderen weiteren Arme. Neigt man nun die Röhre nach der Seite des Haarröhrchens hin; so nimmt der Höhenunterschied in beiden Armen beständig ab, so wie die flüs¬ sige Säule vermög der Reibung an den Wänden eine minder conca- ve Oberfläche annimmt. — Stellt man zwei reine Glastafeln un¬ ter einem sehr spitzigen Winkel zusammen und tauchet sie so, daß ihre Vereinigungslinie vertical stehet, in Waffer; so erhebt sich dieses, und die Endpuncte der gehobenen Masse bilden eine Hy¬ perbel.— Hält man ein tonisches, beiderseits offenes Röhrchen so, daß seine Axe horizontal liegt, und läßt bei der größeren Öffnung eine kleine Säule von Wasser hinein; so bewegt sich diese Säule ge¬ gen die kleinere Öffnung zu, und man muß die Axe Les Röhrchens etwas gegen den Horizont neigen, um den Tropfen im Steigen zu hindern. Es läßt sich hier sogar der nöthige Neigungswinkel berechnen. — In die Reihe der Capillaritatsphänomene scheinen auch jene zu gehören, welche D utr 0 ch e t mit dem Namen En- dosme und Exosme belegt hat und die im Wesentlichen darin bestehen, daß zwei verschiedene Flüssigkeiten, welche durch eine dünne, durchdringliche Scheidewand, z. D. durch eine Blase, von einander getrennt sind, durch diese Scheidewand in zwei ent- Erklärung einzelner Fälle. 135 gegengesetzten Strömen mit einander in Communication treten, so daß sine der zwei Flüssigkeiten, und zwar diejenige, welche in einem Haarröhrchen am meisten gehoben wird, über ihr Niveau emporsteigt. (Dutröchet in Pogg. Ann. 11. 138, 28.359, Poisson ebend. 134. Fischer ebend. 126. Schwekgger in Schwsigg. I. 58. 1. Wach ebend. 58. 20.) — Auch die Wir¬ kung einer Flüssigkeit auf die Wände eines Körpers, der sie ein¬ schließt , ergibt sich aus dieser Theorie. Denn sind (Fig. 62) zwei feste Wände, zwischen welchen eine Flüssigkeit bis DDY gestiegen ist, während dieselbe außerhalb der Wände bis DD reicht; so ist klar, daß alle Puncte dieser Wände von D bis <7 und von bis D von der Flüssigkeit gleich stark nach entgegengesetzten Seiten gedrückt werden; die Puncte oberhalb D und () erleiden aber von den Theilen der Flüssigkeit einen Druck gegen einander, ohne von Innen durch einen Gegendruck im Gleichgewichte erhalten zu wer¬ den. Sind daher diese Wände leicht beweglich, so müssen sie sich einander nähern. Dasselbe muß auch Statt finden, wenn die Flüs¬ sigkeit zwischen den Wänden bis /Ai gestiegen ist, wiewohl man auf den ersten Blick das Gegentheil vermuthen sollte. Die Punete der Wände von 6 bis D und von D bis D erleiden zwar nach Außen und nach Innen einen gleichen Druck, aber jeder Theil derselben oberhalb DD, z. B. a, wird nach Innen gedrückt, ohne einen Gegendruck zu erleiden. Denn man denke sich a mit DK durch den Canal ao verbunden und man wird einsehen, daß o mit der Kraftauswärts gezogen wird (176), welche dem Drucke einer flüssigen Säule von der Länge DA gleich kommt, einwärts hingegen durch den Druck der Säule Do. Die Resultirende beider ist ein Zug nach auswärts, welcher der Säule DA — Do — Ao entspricht. Gleichwie nun ein auf o einwärts ausgeübter Druck einen eben so großen Seitendruck nach der Richtung oa hervor¬ bringt (144), eben so muß der auf o auswärts ausgeübte Druck einen Seirendruck auf a nach der Richtung ao verursachen. Es wird daher a mit einer Kraft einwärts gezogen, welche dem Dru¬ cke einer flüssigen Säule von der Länge Ao entspricht. Da dieses eben so mit jedem anderen Puncte der Seitenwand L/ der Fall ist, und nur die Intensität, nicht die Richtung der Kraft, von Puncc zu Punct sich ändert, ferner, da für die Wand DL dasselbe gilt, was von L/ bewiesen ist; so müssen beide Wände einen Druck nach ein- 126 Ers ch einu n g e n, d! e auf der C a vil. beruhen, warts erleiden, und sich daher, wenn sie beweglich sind, einander nähern. Die Capillarität modifieirt auch den Druck, welchen schwimmende, aber nicht ganz eingetauchte Körper von der umge¬ benden Flüssigkeit erleiden; denn es gehen aus der Capillarität zwei horizontal wirkende Kräfte hervor und suchen eine Bewegung im horizontalen Sinne zu erzeugen. Diese bemerkt man an leich¬ ten schwimmenden Körpern, welche in die Nähe des Gefäsirandes kommen. Auch die Bewegung zweier in einer Flüssigkeit schwim¬ mender Kugeln gehört hierher, die sich anzuziehen scheinen, wenn sie beide von der Flüssigkeit benetzt werden oder beide trocken blei¬ ben, hingegen abzustoßen, wenn eine benetzt wird, die andere nicht. Auf der Wirkung der Capillarität beruht der starke Zusammenhang zwischen zwei etwas angefeuchteten oder nur angehauchten und dann zusammengeschobenen Glasplatten, oder jener zweier Metallplakten, die mit flüssigem Fett überstrichen und hierauf der Kälte ausge¬ setzt werden, damit das Fett stocke e. A. D. Danirr, 1831. Im Aus¬ zugs in Pogg. Ann. 25.270. Link ebend. 29.404. 137 Sechstes Kapitel. Gleichgewicht der Kräfte an a n s d eh n sa m e n. Körpern (Aerostatik). 1.79. Ausdehnsame Körper haben mit den tropfbar flüssigen die absolut leichte Verschiebbarkeit ihrer Theile gemein, unterscheiden sich aber von ihnen durch ihre Z us a m m e n d r ü ckb a r k e i t und ihr Bestreben, immer ein größeres Volum einzunehmen, d. h. durch ihre Au s d e h n sa m ke i t. Bei ausdehnsamen Körpern hat, wie bei tropfbaren, die abstoßende Kraft der kleinsten Theile das Übergewicht über ihre anziehende; der Unterschied zwischen beiden liegt nur darin, daß bei tropfbaren die resultirende Abstoßung nur ein kleiner Theil der anziehenden und abstoßenden Kräfte der kleinsten Theile und überhaupt wohl viel größer als das Gewicht der kleinsten Theile ist, während bei ausdehnsamen die Abstoßung ein so entschiedenes Über¬ gewicht hat, daß die anziehende Kraft dagegen ganz verschwindet, und daß erstere das Gewicht der kleinsten Theile vielfach überwiegt. (Nähere Aufklärung hierüber in der Wärmelehre.) Alle Gesetze des Gleichgewichtes dieser Körper gehen aus dem Verhältnisse ihrer Aus- dehnsamkeit zur Schwere und Adhäsion hervor, daher man auch diese Eigenschaften und ihr Verhältniß zu einander vor der Erörte¬ rung jener Gesetze kennen lernen muß. Schwere und Ausdehnsamkeit der Gase. 180. Wenn man eine etwa drei Fuß lange, 1 — 2 Linien weite, an einem Ende verschlossene Glasröhre mit Quecksilber füllt, sie dann sorgfältig umwendet und mit dem offenen Ende vertical in ein anderes Gefäß mit Quecksilber stellt; so sinkt das in der Röhre befindliche ungefähr bis auf 28 Zoll herab und bleibt in die¬ ser Höhe schweben. Daß dieses nicht von einer Adhäsion herrühre, läßt sich schon aus der erhabenen Oberfläche des Quecksilbers im Glase erkennen, ja sogar augenscheinlich zeigen, indem das Queck¬ silber alsogleich bis zu einer, den hydrostatischen Gesetzen entspre¬ chenden Höhe herabsinkt, sobald man die Röhre oben öffnet. Das¬ selbe läßt sich auch mit Wasser bewirken, nur ist die Wassersäule 32 Fuß hoch, mithin gerade in dem Verhältnisse größer, in wel¬ chem die Dichte des Wassers geringer ist als jene des Quecksilbers. Es muß daher auf das offene Ende der Röhre ein Druck ausgeübt 138 Barometer. werden, der wohl nur der Luft zugeschrieben werden kann. Die er¬ wähnte Röhre heißt man die T o rri c e ll isch e Röhre, den über dem Quecksilber entstehenden leeren Raum Torricellische Lee¬ re, weil Torricelli diesen Versuch zuerst angestellt hat. Zu diesem Versuche gab eine mißglückte Unternehmung der Brunnen¬ gräber Veranlassung, die das Wasser mittelst einerPumpe über 32 Fuß heben wollten und es nicht vermochten. Dieses würde ihnen gar nicht ausgefallen scyn, wenn man nicht damals der Natur eine Scheu vor dem leeren Raume sliorror vscui) zugeschrieben hätte, der doch bei ihrem Versuche zwischen dem Wasser und dem Kolben decPumpe entstanden war. Sie wendeten sich an den berühmten Galiläi, um in ihrer physikalischen Verlegenheit Rath zu finden, erhielten ihn aber nicht. Erst dessen Schüler Torricelli war es Vorbe¬ halten, die wahre Ursache dieser Erscheinung (im Jahre t.643) auf¬ zudecken. 181. Es ist klar, daß die Torricellische Röhre nicht allein den Druck und die Schwere der Luft beweiset, sondern ersteren auch mißt. Deshalb heißt man eine solche Röhre, wenn sie mit einer Scale versehen ist, welche die Höhe der Quecksilbersäule mißt, Barometer (Druckmesser). Soll ein Barometer gut und zu genauen Beobachtungen brauchbar seyn; so muß die Röhre, we¬ nigstens um das Ende der Quecksilbersäule herum, gleich weit, nicht enger als eine Linie seyn, eine gute in Zoll und Linien ein- getheilte Scale, und wo möglich auch einen Nonius haben. Das Quecksilber, welches in die Röhre eingefüllt wird, muß rein und gut ausgetrocknet seyn und in der Röhre selbst so lange gekocht werden, bis sich selbst während des Kochens keine Luftblase mehr zeigt; doch hat man dabei besondere Sorge zu tragen, daß ja wäh¬ rend des Kochens kein Quecksilberoxyd entsteht, welches mit dem metallischen Quecksilber eine Masse bildet, die sich an das Glas an¬ hängt und ganz andere Capillaritätsverhältniffe befolgt, als reines Quecksilber. Es dürfte darum rächlich seyn, in die mit Quecksilber gefüllte, aufgestellte Röhre zu wiederholten Malen eine starke LLafferstvffgasblafe aufsteigen zu lassen und sie wieder durch Umkeh¬ ren der Äröhre zu entfernen, damit die rückständige Luft nur aus diesem Gase bestehe, das nicht blos keine Oxydbildung gestattet, sondern für das etwa schon vorhandene beim Kochen als Reduc- tionsmittel dient. (Zeitschrift 10. 234.) Das Quecksilber im Barometer nicht zu kochen, wie neuestens wieder empfohlen worden ist, um die Adhäsion desselben an das Glas zu Bi rn b aromerer. G efä ß ba r o meter. 139 vermeiden, halte ich nicht für gut, und glaube,'man thue hierin einen Rückschritt in der Physik, indem man sich, um einem Fehler auszu¬ weichen, einem größeren Preis gibt. Wenn man zu Barometer¬ röhren «sehr hartes Glas wählt, macht die Adhäsion wenig Un¬ sicherheit. 182. Ohne die Künsteleien anzuführen, durch die man Baro¬ meter empfindlicher zu machen oder in zierliche Möbel umzustal- cen suchte^ wie man dieses an Huyghens und Hook's Doppel¬ barometer, an des letzteren Radbarometer, anMorland's Win¬ kelbarometer, an Bernoulli's rechtwinkeligem Barometer rc. sehen kann (deren einige auch der Supplementband beschreibt), gebe ich nur drei verschiedene Formen derselben an. Zum täglichen Ge¬ brauche, wo nicht die größte Genauigkeit nothwendig ist, dient das Barometer mit dem birnsörmigen Gefäße A (Fig. 63), welches Gefäß! im Verhältnisse zur Röhre weit genug ist, damit beim Steigen und Fallen des Quecksilbers in der Röhre die Veränderun¬ gen im Gefäße so klein als möglich ausfallen. Wenn einem auch nicht sehr viel an einer völligen Genauigkeit solcher Barometer liegt, so darf man doch nicht annehmen, daß die Länge der Quecksilber¬ säule, welche dem Längenunterschiede der Säulen in beiden Armen und L, nämlich aö gleich ist, das beiläufige Maß des Luftdruckes sey; denn diese Säule ist wegen der Einwirkung der Capillarität zu kurz, und zwar um so mehr, je enger ^ie Röhre H gegen das Gefäß A ist. Laplace hat nach seiner Theorie der Haarröhrchen eine Tafel berechnet, welche die Erniedrigung des Quecksilbers in Röhren von verschiedenem Durchmesser angibt. (Suppl. S. 934.) — Zu genaueren Beobachtungen bedient man sich eines Gefä߬ barometers, von der Form Fig. 64, wo N wieder die Barometer¬ röhre vorstellt, aber ein weites, cylindrisches Gefäß, dessen un¬ terer Boden durch eine Schraube a gehoben oder gesenkt werden kann, um dadurch die Oberfläche des Quecksilbers immer in demsel¬ ben Stande zu erhalten. Gut ist es, wenn eine Glashülse das im Gefäße befindliche Stück des Barometerrohrs mit einem etwa 1 L. weiten Zwischenräume umgibt, und die in die Röhre eintreten wollende Luft aufnehmen kann. Bei täglichen Beobachtungen kann man von den Veränderungen des Quecksilbers im Gefäße ganz absehen, wenn es weit genug ist; will man aber genaue Resultate erhalten, so muß das Niveau des Quecksilbers daselbst bei jeder Beobachtung den Stand haben, welcher dem Nullpuncte der Scale I-jst Heberbarometer. (mit den nöthigen Correctionen wegen der Capillarität) entspricht. Dieses erhalt man, wenn man mittelst der Schraube a das Queck¬ silber so weit hebt oder senkt, bis dessen Oberfläche an die Spitze eines feinen, eigens angebrachten Stiftes reicht, oder bis ein dar¬ auf schwimmendes, durch den Deckel der Queckfllberbüchse hervor¬ ragendes Stängelchen eine bestimmte Hohe erreicht hat. Fig.'65 a und 5 stellen diese zwei Einrichtungen der Queckfllberbüchse be¬ sonders vor. Erhebt man mittelst der Schraube o den mit Leder ge¬ fütterten Boden des Queckfllbergefäfies, bis er an die Glasröhre angepreßt ist, in welcher man vorläufig das Quecksilber durch Nei¬ gen bis an die Wölbung steigen gemacht hat; so ist das Instrument gesperrt und zum Transport geeignet. Damit aber die durch Wär¬ me bewirkte Ausdehnung des Quecksilbers im gesperrten Zustande die Röhre nicht sprenge und bei der Zusammenziehung desselben durch Kalte kein leerer Raum entstehe, muß der Boden des Queck¬ silbergefäßes elastisch seyn, damit er sich immer an das Quecksilber an¬ schließe, wenn es sich zusammenzieht, und ihm auch nachgebe, wenn es sich ausdehnc. Das vollkommenste Barometer ist ohne Zweifel das Fig- 66 abgebildete. Es besteht aus einer heberförmig gebogenen Röhre, wovon der kürzere Schenkel denselben Durchmesser hat, wie der längere dort, wo die Quecksilbersäule spielt. Wenn ein solches In¬ strument gehörig von Luft gereinigt ist, so gibt ab, als der Hö¬ henunterschied der Quecksilbersäule in den beiden Schenkeln, den Luftdruck an, ohne einer Corrcction wegen der Capillarität zu be¬ dürfen; denn die Wirkungen der Cavillarität sind in beiden Schen¬ keln einander gleich und entgegengesetzt. Steigt das Quecksilber im längeren Arme, so fällt es im kürzeren und umgekehrt. Es ist zwar die Länge der Quecksilbersäule in cko eben so veränderlich wie in ab, aber die Größen dieser Veränderungen werden nur dann einander vollkommen gleich seyn, wenn dis beiden Schenkel vollkommen glei¬ che Durchmesser haben, eine Eigenschaft, die man gar selten findet. Wäre die.e Eigenschaft leichter zu erhalten, so dürfte man nur die Höhe ab ein für allemal von a bis b messen, ihr Maß in b ver¬ zeichnen und die Veränderungen in ö doppelt nehmen, ohne die in^ zu berücksichtigen. Um sich aber auf eine so schwer zu erhaltende Sa¬ che nicht verlassen zu dürfen, macht man die Röhrs beweglich, ui¬ dem man sie in ck an eine Schraubenmutter befestiget, welche durch die am Brete angebrachte Schraube s gehoben oder gesenkt werden kann. Bevor man die Barometerhöhe beobachtet, schraubt Beständigkeit der AuSdehns. der Luft. 141 man die Rohre so, daß die Oberfläche des Quecksilbers einem fsten Puncte o entspricht. Mehr hierüber in: Luz vollständige und auf Erfahrung gegründete Beschreibung von Barometern. Nürnberg und Leipzig/ 1784; oder in Gehl er' s vhys. Wörterbuchs, neu bearbeitet. Art. Barometer. Suppl. S. 134 —148. Kupffer in Pogg. Ann. 26. 446. Buff ebend. 31. 266. 183. Da die Quecksilbersäule des Barometers mit dem Luft¬ druck im Gleichgewichte stehl, so muß dieser so groß seyn, wie der Druck einer Quecksilbersäule, deren Hohe der jeweiligen Barome¬ terhohe und deren Basis der gedrückten Fläche gleich ist. Wegen der großen Hohe der Atmosphäre und der geringen Dichte der Luft darf man auf die Neigung dieser Fläche kgegeu den Horizont keine Rücksicht nehmen, und kann den Druck auf eine geneigte Fläche wie den auf eine horizontale berechnen. Man braucht daher zum Behufs dieser Rechnung nur die Große der gedrückten Fläche und den Barometerstand zu kennen, und zu wissen, daß ein Wiener Ku¬ bikfuß Quecksilber bei 0° 6. 766.530 W. Pf., mithin ein K. Z. 14.1Y50 Loth wäge. Allein für jede andere Temperatur ist dieses Gewicht, mithin auch die Länge der demselben Luftdruck entspre¬ chenden Quecksilbersäule anders und muß erst vorläufig auf die Normaltemperatur 0° Q reducirt werden. Diese Correction beruht auf der Thatsache, daß sich die Länge einer Quecksilbersäule, die bei 0° <7. als Einheit angenommen wird, für jeden Wärmegrad um ändere. Heißt daher 5 die bei t" <7. beobachtete Barometerhö- he; so ist diese, auf 0° <7. reducirt, nahe gleich L — wo L positiv oder negativ zu nehmen ist, je nachdem das Thermometer über oder unter dem Eispuncte steht. (Suppl. S. 935.) Im Mittel beträgt die Höhe der Quecksilbersäule im Barometer in Wien 28.409 W. Z.^Eine Säule von dieser Höhe und einem Q. Zoll Basis drückt wie ein Gewicht von 12.6 Pf. Demnach beträgt der Druck, den die Luft aus einen erwachsenen Menschen ausübt, dessen Oberfläche man zu 15 Q. Fuß annehmen kann, 27225 Pf. Diesen Druck empfinden wir nicht, weil er von allen Seiten, selbst von Innen heraus wirkt, und wir unfern Zustand nicht mit dem, wo dieser Druck fehlt, vergleichen können; selbst kleine Verände¬ rungen dieses Druckes, wie sie ost in der Atmosphäre Statt fin¬ den, treten für den gesunden Menschen unbemerkt ein und geben sich nur bei sehr empfindsamen Individuen durch ein Übelbefinden zu erkennen. Größere Veränderungen, wiesle bei denen eintreten. 142 Verhältniß der Dichte und Expansivkraft. die von hoch liegenden Gegenden, wo der Luftdruck viel geringer ist, in tiefer liegende kommen, oder umgekehrt, verursachen selbst bei gesunden und kräftigen Individuell ein Ubelbefinden, Mattigkeit und Beklemmung. Der Druck, welchen die armosphärische Luft auf die ganze Erde ausübt, oder das absolute Gewicht der ganzen At¬ mosphäre beläuft sich auf 96480 Billionen Zentner W. G. 184. Die Möglichkeit, eine mit Luft gefüllte Blase zusammen¬ zudrücken und ihre schnelle Ausdehnung, wenn der Druck nachläßt/ nebst dem Umstande, daß Luft in jeder auch noch so geringen Men¬ ge das ganze Gefäß einnimmt, in welches sie eingesperrt ist, bewei¬ sen die Au s d e h n sam k ei t derselben. Da dieses zu allen Zeiten zutrifft, selbst mit Luft, die in verschlossenem Raume aufbewahrt wird, wie Robervall's und Mussch e nb ro e k's Versuche be¬ weisen , wo eine Portion Luft mehrere Jahre hindurch eingespecrt erhalten ward, und man deshalb gewiß seyn konnte, daß der Versuch genau mit derselben Luft gemacht wurde; so muß diese Ausdehn- samkeit wohl für beständig gelten. 185. Die Ausdehnsamkeit eines Gases hängt von seiner Natur, Dichte und Temperatur ab. Die abstoßende Kraft, mit welcher je zwei Theilchen eines Gases auf einander wirken, d. h. die Expansivkraft desselben, ist bei verschiedenen Gasen selbst bei gleicher Temperatur und Entfernung der Theile von einander verschieden. Nähert man diese Theilchen einander, d. h. verdichtet man das Gas, oder erwärmt man es; so unterstützt man die ab¬ stoßende Kraft und steigert dadurch die Expansivkraft. In welchem Verhältnisse aber die Expansivkraft eines Gases wachse, wenn die Dichte oder Temperatur um eine gewisse Größe zugenommen hat, dieses läßt sich nur aus Versuchen entnehmen. 186. Wenn man in eine gebogene Röhre (Fig. 67), de¬ ren kürzerer Schenkel verschlossen ist, Quecksilber gießt, so daß es im längeren bis D, im kürzeren bis L reicht; so erleidet die in Alt? eingeschlossene Luft einen Druck von der äußeren Luft und von der Quecksilbersäule DA) dem ihre Ausdehnsamkeit nebst ihrem Gewichte das Gleichgewicht hält. Heißt die Barometerhöhe ö, die Höhe der Quecksilbersäule so kann der Druck einer Quecksilbersäule von der Länge ü-f-a. als das Maß der Ausdehnsamkeit der Lust iu AA? angesehen werden, weil das Gewicht derselben unbedeutend ist- Vermehrt man die Quecksilbersäule a langsam und mißt dabei im¬ mer den Raum, welchen die Luft in LO einnimmt; so lehrt die Mario tte'sch es Gesetz. 143 Erfahrung, daß letzterer in demselben Verhältnisse vermindert wird, in welchem die drückende Kraft ö -z- a zunimmt, die Luft kann übrigens atmosphärische oder eine andere, oder gar ein Gemisch von mehreren seyn, wenn sie nur vor dem Versuche gut ausgetrocknet wird und während des Versuches keine Änderung ihrer Temperatur vorgeht. Ein gleiches Resultat findet man, wenn man die Luft, statt sie zu verdichten, durch Verminderung der drückenden Kraft verdünnt. Mau braucht dazu eine etwa 30 Zoll lange Barometer- röhce (Fig. 68), die auf einer Seite offen, auf der anderen mit einem Hahne 13 verschlossen ist, und eine eben so lange zweite, aber viel weitere und unten geschlossene Rohre <7. Diese wird zum Theile mit Quecksilber angefüllt und erstere Röhre darein getaucht, nachdem zuvor ihr Hahn geöffnet worden ist. Sobald die Einsen¬ kung auf eine beliebige Tiefe geschehen ist, schließt man den Hahn, und bemerkt das Volum der in der Röhre enthaltenen Luft, die offenbar einen Druck erleidet, dem der jedesmalige Barometerstand ö entspricht, hebt sie dann um ein beliebiges Stück aus dem Queck¬ silber heraus, ohne jedoch ihr Ende über dasselbe hervortreten zu lassen, und mißt den von der Luft eingenommenen Raum wieder. Hat die Quecksilbersäule in der kleinen Röhre eine Höhe a, so erleidet die Luft darin einen Druck L — a, und dieser Druck wird stets dem Luftvolum verkehrt proportionirt gefunden. Die¬ ses Gesetz, welches das Mario t te'sche genannt wird, läßt sich so ausdrücken: Die Ausdehnsamkeit oder die Dichte der Luft wächst bei übrigens gleichen Umständen im geraden Verhältnisse mit der drückenden Kraft, oder die abstoßende Kraft der kleinsten Theilchen nimmt in demselben Verhältnisse zu, in welchem ihre Entfernung von einander kleiner wird. Dieses Gesetz hat sich bei der atm. Luft selbst noch bei einer 27fachen Verdichtung und einer 112facheu Ver¬ dünnung vollkommen bewährt. (Zeitsch. 8. 114.) Nach Oersted (Schweigg. I. 45. 352) gilt es nicht blos für atm. Luft, sondern auch für viele andere Gasarten bis zu einer 66maligen Verdich¬ tung; aber nach Despretz's noch einer weiteren Bestätigung er¬ heischenden Versuchen (Schweigg. I. 51. 108) soll Wafferstoffgas schon bei einer ISmaligen, Cyan- und Ammoniakgas, so wie das schwefeligsaure und schwefelwasserstoffsaure Gas bei einer zweifachen Verdichtung von diesem Gesetze abweichen. Wiewohl daher die Grenzen, innerhalb welchen dieses Gesetz für Gase gilt, noch nicht festgesetzt sind, so liegt doch das Daseyn solcher Grenzen in der Natur 144 Grenzen des Mariotte'schen Gesetzes. der Gase. Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, daß alle ausdehnsame Körper nur einen gewissen Druck ertragen, ohne tropfbar zu wer¬ den. Überschreitet man diesen Druck, so kommen sich die Theile des Gases näher, als es mit dem Bestehen seiner Ausdehnsamkeit ver¬ träglich ist, es muß ein Theil desselben tropfbar werden, und das Mariottesche Gesetz hört auf, fernerhin giltig zu seyn, weil die Verstärkung der drückenden Kraft keine weilereVerdichtung erzeugt. Dieses hat Oersted erfahren, als er atm. Luft und schwefeligsau¬ res Gas mit einander in Betreff ihres Verhaltens gegen drückende Kräfte verglich. Beide befolgten nur bis zu einer Amalige» Ver¬ dichtung einerlei Gang; weiter hinaus wuchs bei demselben Drucke die Dichte der atm. Luft schneller als die des schwefeligsauren Ga¬ ses, bei einer 3 e27maligen Verdichtung war schon die rropfbare Flüssigkeit bemerklich, welche das letztere Gas geliefert hat. Eben so kann das Mariottesche Gesetz bei der Verdünnung eines Gases nur so lange Anwendung finden, bis die Ausdehnsamkeit desselben mit der Schwere ins Gleichgewicht getreten ist, indem von diesem Puncte an bei einer ferneren Verminderung der drückenden Kraft keine weitere Ausdehnung des Gases erfolgt. 187. Die Zunahme der Ausdehnsamkeit der Luft durch Er¬ wärmung beweiset das Anschwellen einer mit Lust gefüllten Blase über Kohlenfeuer, und manche andere Erscheinung*). Versuche, die dieses zum Zwecke hatten, wurden von Lambert, Dalton, Gay-Lussac, von Dulong und Petit und von Davy mit besonderer Genauigkeit angestellt. Gay-Lussac bediente sich dazu einer wohl ausgetrockneten Thermometerröhre, die dem Raume nach in gleiche Theile getheilt und mit einer Kugel versehen war, deren Kubikinhalt zu jenem der Röhre in einem hinlänglich großen und bekannten Verhältnisse stand. Diese wurde bei einem bekannten Barometerstände mir der zu prüfenden, gut^ ausgetrock- neten Luft zum Theile fangefüllt, durch eine kleine, bewegliche Quecksilbersäule geschloffen, horizontal in ein Wasser- oder Queck- ') Wenn es nach dieser Darstellung scheint, als wirkte die Wärme aut au»- dehnsame Körper anders als auf feste und tropfbare; so ist dieses doch n^t wirklich der Fall; denn das sinnliche Zeichen dieser Wirkung ist in olle» drei Körperformen dasselbe, nämlich Vergrößerung des Volums, wäh¬ rend die unmittelbare Wirkung, wovon jene eine bloße Folge ist, in Vermehrung der abstoßenden Kraft besteht. Ausdehnung der Luft durch Warme. 145 silberbad gelegt, dem man verschiedene Wärmegrade mittheilen konnte, und die Große des Volums der Luft bei jedem Grade ge¬ messen. Wurde das eingeschlossene Lustvolum bei 0° <7. zur Einheit angenommen, so lehrte die Erfahrung, daß diejes Volum bei 100° <7. gleich 1.375 sey, das Gas mochte von was immer für einer Natur seyn, wenn es nur gut ausgetrocknet war. Für jeden anderen Wärmegrad fand man dieses Volum der Temperatur pro- portionirt, wie z. B. für 20° <7. gleich 1.075 — 1-1- 0.00375x20, so daß die Zunahme des Volums für jeden einzelnen Wärme¬ grad 0.00375 oder des bei 0° <7. Statt findenden Volums be¬ trug. Bei allen diesen Temperaturen hatte die eingeschlossene Luft ungeachtet der mit der Temperatur fortschreitenden Verdünnung ei¬ nerlei Expansivkraft, und es mußte demnach die Temperaturerhö¬ hung das ersetzt haben, um was durch Verdünnung die Expansiv¬ kraft abgenommen hat, oder die Zunahme der Expansivkraft bei der Temperaturerhöhung war der dabei Statt findenden Volum¬ vergrößerung proportionirt. Heißt demnach die Expansivkraft bei 0° <7.-1, so wächst sie für jede Temperaturerhöhung von 1° um 0.00375 und ist daher für gleich l-s-0.00375 t. Dieses Gesetz hatjsich nach Dulong's und Petit's Versuchen von der Tempera¬ tur— 36° <7. bis zu 365° 0?. und nach Davy selbst für verdichte¬ te Luft bewährt. Mittelst dieses und des Mariotte'sch e n Gesetzes ist man im Stan¬ de, den Einfluß der Wärme oder eines Druckes auf ein Gasvolum in Rechnung zu bringen und jedes bei einer bestimmten Tempera¬ tur und unter einem bestimmten Druck gemessene Gasvolum aus ei¬ ne Normaltemperatur (0° 6.) und auf einen Normaldruck (28 P. Z. oder 28,774 W. Z-) !zu reduciren. Es sey ein Gasvolum bei 0° <7. und 28 P. Z. Luftdruck, das Volum desselben Gases bei <7. und dem Barometerstände 5. Man nenne nun das Volum dieses Gases bei e" <7. und dem Normaldrucke, so hat man: "" --- . (1-1-0.00375 ^mithin ^8(1-^00375 188. Der Umstand, daß sich alle Gasarten bei derselben Wär¬ mezunahme um gleiche Theile ihres Volums ausdehnen, zeigt, daß ihre Ausdehnsamkeir reine Wirkung der Wärme sey. Ein Thermometer, dessen Substanz ein Gas ist, wird diesem gemäß einen der Wärme ganz entsprechenden Gang haben müssen. Ein solches Thermometer, welches Luft t h erm o m e te r heißt, erhält man, Naturlehre. 5. Aufl. , 10 116 Luftthermomcter. wenn man an einem gemeinen Barometer (Fig. 63) das Queck- silbergesäß A ziffchmilzt und so wie bei einem Quecksilberthermome- ter, aber bei verticalem Stande der Rohre, den Eis- und Sied- punct bestimmt. Man kann diesem Instrumente auch die Gestalt eines gewöhnlichen Quecksilberthermometers geben, indem man die in der Kugel und in einem Theile der daran befindlichen Röh¬ re enthaltene, zur.ausgcrrocknete Luft durch eine kurze Queck¬ silbersäule von der äußeren Atmosphäre aksperrt, übrigens aber die Röhre offen läßt. Die Quecksilbersäule gibt den Index ab. Bei dieser Einrichtung des Luflthermometers spricht sich dieWirkung der Wärme auf die Luft reiner aus, als bei der vorher beschriebenen, weil bei ihr die Ausdehnung der Quecksilbersäule durch die Wärme keinen Einfluß auf das Resultat hat, während dieser Einfluß bei der ersteren Einrichtung so groß ist, daß er stets in Rechnung ge¬ bracht werden muß. Dagegen ist das erstere Luftthermometcr von den Veränderungen des Luftdruckes unabhängig, das zweite aber wird von diesen Veränderungen afficirt; man kann aber die dadurch hervorgebrachre Änderung ini Volum der Luft leicht nach dem Ma- rictte'schen Gesetze finden (186). Auch bei der Abtheilung des Fmi- damentalgbstandes kann man auf verschiedene Weise verfahren. Man kann denselben in 375 gleicheTheile abtheilen, zum Cispuncte 1000 und zum Siedpuncte 1375 setzen, oder man kann den Fundamen- ralabstand in 100 Theile theilen, und den Eispunct mit 267 be¬ zeichnen, woraus sich für den Siedpunct die Zahl 367 ergibt. Das erste Verfahren gemährt den Vortheil, daß ein darnach eingerich¬ tetes Thermometer stets unmittelbar die Größe der Ausdehnsamkeit der Luft , mithin das wahre Maß der Wärme angibt, das letztere hingegen den, daß sich die Grade des Luftthermometers durch bloße Addition oder Subtraction in jene eines hunderttheiligen Quecksil- berthermomcters verhandeln lassen. Heißt eine beliebige Anzahl Gra¬ de des Luftthermometers nach der ersten Einrichtung D, die ihr ent¬ sprechende am hunderttheiligen Quecksilberthermometer (7; so ist D —3.75 <7-tz- 1000 und —^-_0 00 > - - e>.75 Bezeichnet D' dieselbe Größe für das Luftthermonieter nach der zweiten Einrichtung , so ist D' — 267-1- <7 und <7 — A' —267. (Gay Lussae inPogg.Ann. 27. 681.). 189. Aus dem Vorhergehenden ist ersichtlich, daß ein Luft- Thermometer als Regulacor für jedes andere Thermometer anzusehe» Manometer. Differenzial barometer. 117 scy. Das Quecksilberthermometer stimmt mit diesem innerhalb deS Fnndamentalabstandes vollkommen überein, bei einem Stande des Lustthermometers, welcher —36° des Quecksilberthermometers ent¬ spricht, zeigte ein solches Instrument nach Dulong's und Pe- t i l's Versuchen — 36". II, aber bei Temperaturen, die wert über 100° <7. liegen, eilt es dem Lustthermometer viel voraus. Die ge¬ nannten Physiker fanden, daß ein Quecksilberthermometer 360' zeigte, als es dem Stande des Luftthermomecers gemäß hätte 350° zeigen sollen. Demnach ist das Quecksilberthermometer von etwa — 36° bis 100° Q ein vollkommener Temperarurmesser, unter und über dieser Temperatur soll man sich aber des Luftthermometers be¬ dienen, außer man will lieber den scheinbaren Thermometerstand mittelst einer Correction auf den wahren reduciren. (August in Pogg. Ann. 13. 119; Suppl. 133. 933.) 190. Das vorhin beschriebene, offene Luftthermometer kann zugleich zur Angabe der Expansivkraft der Luft, mithin als Mano¬ meter gebraucht werden. Versieht man es nämlich mit einer Sca¬ le, der das Volum der Luft bei 0° Q und 23 K. Z. Luftdruck als Einheit zum Gründe liegt; so gibt jedesmal der Bruch, welcher 1 zum Zähler und das Volum der Luft, wie es das Instrument an¬ gibt, zum Nenner har, die gesuchte Expansivkraft an. Man kann zur Ersparung jeder Rechnung gleich die einzelnen Grade der Scale statt mit derj,Volumzahl r>, mit der Zahl bezeichnen und ftann die Expansivkraft unmittelbar ablesen. Kleine Änderungen der Ex¬ pansivkraft zeigt Wollaston's Differenzialbarometer an. Dieses ist in,Fig. 69 abgebiloet und besteht aus einem Kästchen daS durch eine Scheidewand in zwei Fächer getheilt wird, deren eines offen ist und daher mit der äußeren Luft communicirt, das andere aber durch einen Deckel luftdicht geschlossen ist und nur eine offene Seitenrohre hat. In dieses Kästchen ist eine zweischenkelige Glasrohre L so eingekittet, daß ein Schenkel mit dem offenen, der andere mit dem geschlossenen Fache in Verbindung steht. Beide Schenkel enthalten eine 2 — 3 Zoll lange Wassersaule und über derselben eine Qhlsaule, die beideaseits bis ins Gefäß reicht und den Boden desselben noch LZ. hoch deckt. Ist die Wassersäule in bei¬ den Schenkeln gleich hoch, so ist das Instrument adjustier. Beim Gebrauche wird die Rohre der geschloffenen Abtheilung mit dem Raume in Verbindung gebracht, wo die Änderung der Expansiv- 19 * 1^8 Luftp u m p e. krast vor sich gehen soll, und die Bewegung der Wassersäule beob¬ achtet. Dort, wo die Expansivkraft kleiner wird, steigt die Wasser¬ säule und es verkürzet sich die Ohlsäule, bis die Differenz zwischen der Wasser- und Ohlsäule dieser Abnahme entspricht. Nähme man statt Ohl und Wasser zwei andere Flüssigkeiten, deren Dichten ein¬ ander noch näher ständen, so würde das Instrument noch empfind¬ licher. (Zeitsch. 6. 464.) 191. Dem Vorhergehenden gemäß stehen uns zur Änderung der Expansivkraft eines Gases zwei Mittel zu Gebote, nämlich Än¬ derung der Temperatur oder der Dichte. Wie ersteres Mittel anzu¬ wenden sty, ist für sich klar; zur Anwendung des letzteren braucht man meistens ein besonderes, in vielen anderen Beziehungen für den Physiker wichtiges, von Otto Guerike, einem Deutschen, im Jahre 1650 erfundenes Instrument, die Luftpumpe. Die wesentlichen Bestandtheile derselben sind: I) Ein hohler, inwen¬ dig sehr glatter Cylinder ^4 (Fig. 70) von Glas oder Metall (der Stiefel), in dessen Höhlung 2) ein Kolben -8 luftdicht passet und mittelst einer Vorrichtung auf und ab bewegt werden kann. An dem Boden ist eine kleine Rohre angesetzt, an deren Ende sich eine wohl abgeschliffene Platte (der Teller) befindet, worauf ein Reci- pient luftdicht zu stehen kommt. Die kleine Rohre ist 3) mit einem Hahn s? versehen, mittelst welchen, nach Verschiedenheit seiner Stellung, vom Cylinder in den Recipienten oder nach Außen Luft gelängen kann. Statt des Hahnes hat man nicht selten am Boden des Stiefels und an der Seite desselben ein feines Ventil, wovon sich das erste von Außen nach Innen, das zweire von Innen nach Außen öffnet. Man hat Luftpumpen mit einem und mit zwei Stie¬ feln; diese stehen meistens vertical, selten schief; der Hahn wird ü> manchem Instrumente mit dem Kolben zugleich in Bewegung ge¬ setzt, bei anderen ist die Bewegung des Hahnes ganz den Händen des Experimentators überlassen. 192. Mittelst der Luftpumpe kann man die in einem Gefäße enthaltene Luft verdünnen oder verdichten. Das dabei nöthige Verfahren gründet sich auf die Ausdehnsamkcit der Luft. Das Verdün¬ nen geschieht auf folgende Art: Man seht den Recipienten mit der zu verdünnenden Luft luftdicht auf den Teller der Luftpumpe, rich¬ tet den Hahn so, daß vom Recipienten Luft in den Stiefel ge¬ langen kann, und zieht den Kolben in die Höhe. Hierauf stell* man durch Drehen des Hahnes die Communication zwischen der äu- Verdünnen nnd Verdichten der Lu fr. 119 ßeren Luft und der inneren im Stiefel her, drückt den Kolben hinab, und wiederholt das ganze Verfahren, so oft man will und es der Zweck erfordert. Soll atm. Luft in einem Gefäße verdichtet wer¬ den, so befestigt man letzteres stark und luftdicht auf dem Teller, dreht den Hahn so, daß Luft von Außen in den Stiefel dringen kann, und hebt den Kolben, dreht dann den Hahn, um der Luft im Stiefel den Eintritt in den Recipienten zu verschaffe», drückt den Kolben hinab, und wiederholt dieses Verfahren, so oft man es für nöthig halt, oder es die Festigkeit des Recipienten erlaubt. 193. Sowohl dem Verdünnen als dem Verdichten der Luft durch eine Luftpumpe, die so eingerichtet ist, wie die vorhin be¬ schriebene Hahnluftpumpe, setzt der zwischen dem Boden des Stie¬ fels und dem Hahne befindliche Raum, den man schädlichen Raum nennt, eine Grenze. Da dieser Raum nicht vom Kolben erreicht werden kann, so wird die Luft nur so weit verdünnt wer¬ den können, bis ein Volum derselben, das den ganzen Raum aus¬ füllt, in den schädlichen Raum zusammengedrückt, eine Dichte hat, welche jener der äußeren Luft gleich kommt, weil in diesem Falle beim Hineinstoßen des Kolbens keine Luft aus dem Stiefel mehr getrieben werden kann. Auch die Verdichtung kann nur so weit gebracht werden, bis die im Stiefel enthaltene Masse von der Dichte der äußeren Luft, durch Zusammendrücken in den schädlichen Raum, die Dichte derjenigen erreicht, welche im Recipienten ein¬ geschloffen ist. — Ventilluftpumpen haben zwar keinen schädlichen Raum, aber dagegen den Nachtheil, daß sie nicht zum Verdichten und Verdünnen zugleich gebraucht werden können, und daß man, bei weit fortgeschrittener Verdünnung oder Verdichtung, der Be¬ wegung des Ventils nachhelfen muß, weil selbe die Luft nicht mehr allein bewerkstelligen kann. Durch Bemühungen der Künstler, Luftpumpen ohne schädlichen Raum zu verfertigen, wird dem Übel am besten abgeholfen. 194. Zum Verdichten der Luft bedient man sich gerne einer so¬ genannten Compressionspumpe. Sie besteht aus einem hoh¬ len Cylinder (Fig. 71), der in L mit einem Schraubengewinde versehen ist, um ihn an den Recipienten anschrauben zu können. Ober diesem hat er ein Ventil, das sich von Innen nach Außen öffnet, und nicht weil vom oberen Ende eine Öffnung (7. In die Höhlung des Cylinders paßt der Kolben. Beim Gebrauche befesti¬ get man die Pumpe an den Recipienten, erhebt den Kolben bis 150 Birnprobe. Barometer prob e. über die Öffnung <7, drückt ihn bis zum Boden herab, und wie¬ derholt dieses Verfahren dem Zwecke gemäß. Soll irgend eine an¬ dere künstlich erzeugte Luftart verdichtet werden, so braucht man nur an <7 eine mit dieser Luft gefüllte Blase zu befestigen, und dann wie vorhin zu verfahren. 195. Wie weit die Verdünnung der Luft mittelst der Luft¬ pumpe gediehen sey, erkennt man durch die sogenannte Birn¬ probe, oder einfacher durch die Barom eterprobe, ein kurzes Barometer, welches man unter den Recipienten bringt, wenn es nicht vom Künstler mit der Luftpumpe in Verbindung gebracht ist, wohl auch durch Rechnung. Die Birnprobe ist eine an einem Ende geschlossene, am anderen offene und daselbst zu einem birnförmigen Gefäße erweiterte Glas¬ röhre von etwa 6 Zoll Länge und 2 Linien Weite, die in gleiche Naumtheile getheilt ist. Will man damit den Grad der Luftverdün¬ nung in einem Recipienten erkennen, so befestigt man sie im Innern desselben in vertikaler Stellung, mit der Öffnung nach unten ge¬ kehrt und mit einer Vorrichtung in Verbindung, wodurch man sie von Außen heben und senken kann, und bringt gerade unterhalb des birnförmigen Gefäßes eine Schale mit reinem Quecksilber an. So wie die Verdünnung der Luft im Recipienten und in der Birnprobe den zu prüfenden Grad erreicht hat, drückt man letztere so weit hin¬ ab, daß ihr Rand im Quecksilber steht, und läßt Luft in den Reci¬ pienten. Sobald dieses geschieht, hebt sich das Quecksilber in der Birnprobe nach Maßgabe der Luftverdünnung in derselben. Ist das Gleichgewicht hergestellt, so nimmt man die Birnprobe heraus, wo¬ bei gewöhnlich etwas Quecksilber aus dem birnförmigen Gefäße aus¬ lauft, hält sie horizontal und mißt den nun von der Luft in ihr eingenommenen, durch die Quecksilbersäule abgesperrten Raum. So oft dieser im ganzen Rauminhalte des Instrumentes enthalten ist, so vielmal ist die Luft verdünnt worden. — Die Barometer¬ probe ist meistens ein kurzes Heberbarometer , wenn es zur Prü¬ fung der Verdünnung der Luft dienen soll. Man beobachtet die Hö¬ he der Quecksilbersäule dieses Barometers, und die eines anderen, welches mit der äußeren Atmosphäre im Gleichgewichte steht. Be- trägt jene a, diese L, so ist die Dichte der Luft im Recipienten wenn die der äußeren — 1 gesetzt wird und innerhalb des Reci¬ pienten keine Dünste entstanden sind. Dasselbe Barometer kann auch dazu dienen, den Grad der Verdichtung zu erkennen, nur muß der geschlossene Schenkel desselben etwas Luft enthalten. Mißt man das Volum derselben vor und nach der Verdichtung und reducirt letzteres nach dem Marivtte'schen Gesetze auf den ganzen Druck der Phänomene in verdünnter Luft. 151 Lust, so gibt der Quotient des Verhältnisses beider Volums die gesuchte Verdichtung Pi. — Durch Rechnung findet man die Der- dünnung und Verdichtung der Lust, wenn die Capacität des Stie¬ fels und des Recipienten summt der Anzahl der gemachten Kolben¬ züge gegeben ist. Heißt das Volum der Höhlung des-Stiefels das des Recipienten L, die Dichte der äußeren Lust cf, die im Re¬ cipienten nach einem Zugs -t , nach zwei Zügen cf, u. s. w-, nach » Zügen -f^ ; so ist für dis -Operation des Verdünnens: cf : cf, — ü ft- L : V cf' : cf„ — ft- L : V cf„_, : ' von Neuem. Setzt man voraus, daß durch die Luftpumpe ein ganz luftleerer Raum erzeugt wurde; so ist das Ge¬ wicht der im Ballon enthaltenen Luft. Kennt man nun das Volum des Ballons; so ist—-das specifische Gewicht der atm. Luft. Auf diese Weise überzeugte man sich, daß ein Kubikfuß atm. Lust bei 0" <7. und einem Luftdrucke von 28 P. Z. 564 Gran W. G., mithin ein Kubikzoll 0.316 Gr. wäge. Es ist daher die atm. Lust bei 0° 6. und 28 P. Z. 770mal leichter als Wasser. — Läßt Man in den Ballon so, wie er nach Verdünnung der Luft an der Wage hängt und das Gewicht I" hat, statt atm. Luft, irgend eine andere Luftart eindringen, und findet wieder das Gewicht — e)28 * - § 28(1-1-0-00375-)' 200. Dis Mittel, wodurch man das specifische Gewicht der Gase kennen lernt, führen natürlich auch zur Kenntnis; ihrer Dich¬ te. Bei der Bezeichnung dieser Dichte pflegt man zur Vermeidung gar zu langer numerischer Ausdrücke die der atm. Luft gleich 100,000 zu setzen. Hieraus folgt, für die Dichte ck irgend eines Gases, des- — -? seu specifisches Gewicht vorher durch —— ausgedrückt wurde, ge¬ mäß der Proportion ck: 100,000 — Y —1* —D ck— ^—^. 100,000. 201. Man kann die Dichte eines Gases auch unmittelbar aus seiner chemischen Zusammensetzung berechnen, wenn die Dichte der Bestandtheile und das Verhältniß, in welchem sie sich zudem ge¬ gebenen Gase verbinden,, so wie die etwa bei der Verbindung ein¬ tretende Volumveränderung gegeben sind. Gesetzt es bestehe ein Gas aus a Raumtheilen eines Stoffes , dessen Dichte A ist, und aus a' Raumtheilen eines solchen, dessen Dichte A' heißt, mithin im Ganzen aus a-I-a.' Raumtheilen. Da ist nun ack die Masse des einen, ckck die Masse des anderen Bestandtheiles, ack-st-a'ck die Masse des Ganzen und ack -st- a ck' die Masse desselben unter dem Volum — 1, also die Dichte des Gases, falls bei der Verbin¬ dung der beiden Bestandtheile keine Ausdehnung oder Zusammen¬ ziehung erfolgt ist. Findet aber die eine oder die andere Statt, so ändert sich dadurch die Dichte des Gases. Gesetzt es sey bei der che¬ mischen Verbindung der Bestandtheile das Volum a -st- a in A übergegangen, und man bezeichnet die Dichte des Gases mit D; so ist ack-st-a'ck' , ,, ack-st-a'A' a-st-^. n H a-i-a, mtthm L> - oder wenn man —— ü setzt/ O— —-——. ö. Tafel der Dichte und spec. Exp a nskv kr Lft e. 155 Als Beispiel mag Ammoniakgas dienen. Dieses besteht aus 3 Thcilen Wasserstoffgas und aus 1 Theil Stickgas. Weil ersteres die Dichte 0.07321., letzteres die Dichte 0.96913 hat und Isich die 4 Volumina der Bestandtheile auf 2 zusammenziehen; so ist a — 3, ri0.07321, 0.21963 a'--- 1, 0.96913, ---0.96913, L -- 2 mithin — 0^29719, und -- 0.59438. Ander- directe Versuche geben die Dichte dieses Gases —0.59669. —Man hat diese Methode sogar auf Luftarten angewendet, die aus Stoffen be¬ stehen, welche nie luftförmig erscheinen, und daraus auf das spec. Ge¬ wicht geschlossen, das sie haben würden, wenn sie luftdicht erschienen. Siehe hierüber den Suppl. S. 72 oder Gehler's Wörterbuch, neu bearbeitet. Art. Gewicht specifisches, wohl auch: -Ze^Zr^-- e-rx-en. Li matZr. Z5?/'> 1816- tom. z. 347 e. 202. Wäre das sp. Gewicht der Gase ihren Atomengewichten proportionirt, wie man früher geglaubt hat; so wäre die Dichte eines Gases, jenes des Sauerstoffgases — 100 gesetzt, das Pro¬ duct aus dem Atomengewichte in den lOOsten Theil der Dichte des Sauerstoffgases. Allein seit den von Dumas und Mitscher¬ lich vorgenommenen Messungen ist diese Voraussetzung nicht mehr zulässig; denn man fand das Schwefelgas 3mal, das Phos¬ phorgas 2mal dichter als nach jener Hypothese. Doch glaubt man annehmen zu dürfen, daß die Dichte eines Gases ein Vielfaches des nach obiger Proportion gefundenen Werthes sey und somit kann das Atomengewicht eines Gases doch zur Kenntniß seiner Dichte führen. Da die Dichten der Gase sich auf einen gleichen Luftdruck und auf gleiche Temperaturen beziehen, so stehen sie im verkehrten Verhältnisse der specifischen Expansivkräfte (197)undman kannlehtere leicht aus erste- renfinden. — Folgende Tabelle gibt die Zahlenwerthe für einige Gase: 156 Gleichgewicht der Gase. 203. Alle jene Gesetze des Gleichgewichtes, welche für Flüs¬ sigkeiten überhaupt ausgestellt wurden (144), sind natürlich unbe¬ schrankt auf Gase anwendbar, weil diese auch zu den Flüssigkeiten gehören; von denjenigen Gesetzen hingegen, die für tropfbare Flüs¬ sigkeiten erwiesen wurden, lassen sich nur jene auf Gase beziehen, die auf der Schwere beruhen und von der Ausdehnsamkeit unabhängig sind. 204. Man denke sich ein Gas in einem Gefäße, und unter¬ suche, Obigem gemäß, die Bedingungen seines Gleichgewichtes, und zwar zuerst für die obersten Theile der Luftmasse. Jedes dieser Theil- chen sucht vermöge seiner Schwere zu sinken und vermöge seiner Ausdehnsamkeit sich nach allen Seiten auszudehnen. Dem Bestre¬ ben, sich seitwärts und nach abwärts auszudehnen und zu sinken, muß der Widerstand der daneben und unterhalb befindlichen Theile, dem Bestreben sich aufwärts auszudehnen, die Schwere das Gleich¬ gewicht halten. Letzteres kann in der Nähe der Erdoberfläche, wo die Ausdehnsamkeit der Gase ihre Schwere weit übertrifft, nicht wohl Statr haben, darum lassen sich auch Gase nicht wie tropf¬ bare Flüssigkeiten, in offenen Gefäßen aufbewahren; nur in dem gro¬ ßen Gasmeere, unserer Atmosphäre, ist eine freie Oberfläche mit dem Gleichgewichte verträglich, weil an ihrer äußersten Grenze die Ausdehnsamkeit der Luft sehr gering ist und darum mir der Schwere im Gleichgewichte stehen kann. Auf dieser freien Oberfläche müssen (144) die Richtungen der Schwere senkrecht stehen und diese daher nahe die Gestalt einer Kugel haben. Daher sagt man, die arm. Luft hülle die Erde wie eine kugelförmige Schale ein. Die Theil- G l eichgewich t der atm. Luft. 157 chen, welche sich im Inneren eines Gases befinden, werden nicht blos durch ihre Schwere, sondern auch durch das Gewicht der dar¬ über befindlichen Gassäule abwärts und nach allen Seiten gedrückt und müssen durch ihre Ausdehnsamkeit und den Widerstand der be¬ nachbarten Theile diesem Drucke widerstehen. Solche Theile, wel¬ che von dem Erdmittelpuncte gleich weit entfernt sind, werden mit gleichen Kräften abwärts gedrückt und müssen demnach auch gleiche Eppansivkräfte haben. In der Atmosphäre soll, weil der Luftdruck durch die Barometerhöhe angezeigt wird, diesem Gesetze gemäß, an allen Orten, die eine gleiche Entfernung vom Erdmittelpuncte haben, die Barometerhöhe gleichgroß seyn. Für nicht weit von einander entfernte Orte findet dieses wirklich Statt; bei größeren Entfernungen verursachen aber die beständigen Strömungen, welche in der Luft Statt finden, nicht unbedeutende Störungen; doch stimmen auch hier die, aus vielen Beobachtungen genommenen, mittleren Barometerhöhen mit einander überein. Der auf ein Gas- theilchen nach abwärts wirkende Druck ist offenbar desto größer, je tiefer dieses Theilchen unter der Oberfläche der Gaswaffe liegt; darum muß auch die Ausdehnsamkeit und, bei einerlei Temperatur, auch die Dichte derselben von unten nach oben abnehmen. Diese Ab¬ nahme der Dichte und des Druckes der Luft ist in der Atmosphäre sehr merklich. Bringt man eine wohl verschlossene, Luft enthalten¬ de, aber schlaffe Blase vom Fuße eines nur mäßig hohen Berges auf den Gipfel desselben; so findet man, daß sie anschwillt. Auch das Barometer sinkt, wenn man es von einem niedriger gelegenen Orte in einen höher gelegenen überträgt. In der Höhe von etwa 5 Meilen über der Erdoberfläche ist die Lust so sehr verdünnt, wie wir dieses in unseren Laboratorien mit derbe- sten Luftpumpe kaum bewerkstelligen können; selbst aus hohen Ber¬ gen hat sie schon eine für die Lebenssunctionen des Menschen zu ge¬ ringe Dichte. Kommt man in die Höhe von 1500 W. K. und dar¬ über, so stellet sich eine ungewöhnliche Müdigkeit ein, man muß fast alle hundert Schritte einige Minuten ausruhen; dazu gesellt sich ein lästiges Ohrenstechen , man nimmt wahr, daß aus den Oh¬ ren von Zeit zujZeit Luftbläschen entweichen, man hört kaum 10 Schritte weit, das Athmen wird beschwerlich, der Puls schlägt schnell, oft tritt sogar Neigung zum Erbrechen ein, selbst Wunden heilen langsamer und Arzneimittel wirken schwächer. — Der mitt¬ lere Barometerstand, d. h. derjenige, welcher sich aus sehr vielen Beobachtungen im Durchschnitte ergibt, beträgt an der Meeresfläche 28.895 W.Z., auf derWiener Sternwarte (85 Klafter höher) 28.315 Z.; 158 Abnahme der Dichte u. de- Druckes n. oben. auf der Spitze des Montblanc fand ihn Saus sure 16.108 P.Z. Parrot am Ararat 16.06 Z. Von der Meeresfläche an, muß man 72j Fuß steigen, um das Barometer um 1 Linie fallen zu machen. 205.. Die nach oben zu immer abnehmende Dichte der Luft verursacht, daß der Druck einer Luftsäule nicht, wie bei tropfbaren Körpern, im einfachen verkehrten Verhältnisse mit der Entfernung von einer bestimmten Horizontalebene abnimmt, sondern daß diese Abnahme in einer geometrischen Progression geschieht, während die Entfernungen von dieser Ebene eine arithmetische Reihe bilden. Es sey eine zwischen den verticalen Aa: und L/ (Fig. 72) befindliche Luftsäule durch die Horizontalebenen AL, LÖ, LL, LL, 7A in gleiche S chichten getheilt, die eine so geringe Höhe haben, daß man die Dichte in jeder einzelnen Schichte für gleichförmig hallen kann. Es habe diese Luft in der uten Schichte die Dichte <, das Gewicht und erleide von der darüber befindlichen Luftsäule den Druck L„, wo u eine Zahl ist, welche die Schichte angibt, für welche diese Größen gelten, so daß ck,, ck^...x>,, ...H, sich auf die erste, zweite rc. Schichte beziehen. Der Druck auf die Basis AL wird demnach durch ausgedrückt. Da ist nun p, : — ck, : und L, : L„ — ck, : ck„, mithin auch — L, : L„ oder : L, — : L„, woraus man erhält: L, L» ' Es ist aberL,, mithin auch L^: L, — L„und daher L„ . äs',,-?Setzt man für u succeffive 1, 2, 3 rc. und nennt der Kürze halber so erhält man die Werche L, — <^.L„, — <^.L, — , p. s.f. Es sind also L,, L,, Glie¬ der einer geometrischen Reihe, wahrend die Höhen o, AL, AL,A6 zu einer arithmetischen gehören. Dieses Gesetz wird in der Wirk¬ lichkeit immer dann Statt haben, wenn die Wärme aller Luft¬ schichten dieselbe ist, die Schwere auf alle gleich stark wirkt, und Has Mariolte'sche Gesetz für jeden hier vorkommenden Grad der Luftdichte gütig ist. So wie es sich mit einem dieser Puna- anders verhält, muß auch das genannte Gesetz anders ausfallen. 206. Die Gesetze des Gleichgewichtes.ausdehnsamer und in dieselben getauchter, fester oder tropfbarer Körper stimmen mit je¬ nen genau überein, welche zwischen tropfbaren und darin befind!!- W a g m a n o m e ter, Luftballon. 159 chen, esten Massen ausgestellt worden sind. Es verliert ein Körper in einem Gase so viel von seinem Gewichte, als die verdrängte Gas¬ waffe wiegt. Dieses hat auf die Gewichtsbestimmung der Körper Einfluß. Man findet nämlich beim Abwogen eines Körpers in der Luft nur dann sein absolutes Gewicht richtig, wenn derselbe mit dem Gewichte von gleicher Dichte ist. Hat er eine größere oder kleinere Dichte, so findet man jenes Gewicht um so viel zu groß oder zu klein, als das Gewicht der Luft unter einem Volum beträgt, welches dem Unterschiede der Rauminhalte des abzuwägenden Kör¬ pers und des angewendeten Gewichtes gleich ist. In den meisten Fällen braucht man deswegen keine Correction anzubringen; findet man sie nothig, so ist aus dem Vorhergehenden leicht ersichtlich, wie sie zu machen sey, (Suppl. 57.) — Auf demselben Gesetze beruht auch das Wagm an ome ter, ein Instrument, welches die Zu- und Abnahme derDichte d<>r Luft anzeigt, und eigentlich aus einer Wage besteht, an der ein Gewicht von sehr dichtem Materiale mit einer hohlen, luftleeren Kugel bei der mittleren Dichte der Luft im Gleichgewichte steht. Sobald die Luft dünner wird, muß die Kugel sinken, weil ihr Gewichtsverlust minder bedeutend wird, als der ihres Gegengewichtes; sobald die Luft dichter wird, muß die Kugel steigen. Es ist leicht eine Einrichtung denkbar, wodurch man in den Stand gesetzt wird, aus dem Stande des Manometers auf das specifische Gewicht der Luft schließen zu können. Otto Guerike hat dieses Instrument erfunden, Fouchy und G erst» er haben es bedeutend verbessert. (G e r st n e r's Luftwage in den Beobach¬ tungen auf.Reisen nach dem Riesengebirge. Drresden, 1791. Gerstner's Mechanik. Bd. 3.) Eine nothwendige Folge des¬ selben Gesetzes ist auch, daß jeder Körper, der weniger, wiegt, als ein gleiches Volum sLuft, in dieser aufsteigen, muß. Hierauf gründet sich das Steigen der mit erwärmter §tm. Luft oder mit Wafferstoffgas gefüllten Luftballone. Diese verhalten sich gegen die Luft, wie z. B. Korkholz gegen Wasser, nur mit dem Unterschie¬ de, daß sie nicht bis zum Ende der Atmosphäre steigen können, weil sie in immer dünnere Luftschichten kommen, so daß sie nothwendig einmal eine erreichen, deren specifisches Gewicht dem des Ballons gleich kommt. Der Luftballon wurde im Jahre 1783 zu Aunonay von den Brüdern Mongolfier erfunden. Sie ließen am 5. Juli desselben Jahres einen Ballon von Leinwand und Papier, der 110 Fuß im Umfange 160 Gle ichg e mi ch t g etr e nn te r G ase. hatte, steigen, indem sie ihn durch erwärmte Lust austrieben. Er stieg auf eine Höhe von 6000 Fuß. Bald darauf sendeten die Her¬ ren Robert und Charles zu Paris eine ähnliche, mit Wasser¬ stoffgas gefüllte, taffetene Kugel gegen Himmel. Pilatre de Ro¬ zier und Marguis d'Ar lande hat sich zuerst diesem gefährlichen Fahrzeuge anvertraut, unter einem solchen Enthusiasmus der Pari¬ ser, daß cs kaum begreiflich wird, wie noch eine Zeit kommen konnte, wo das Steigen eines Luftballons fast nicht mehr Aufsehen macht, als das Fallen einer Sternschnuppe. — Heut zu Tage ver¬ fertiget man die Luftballone aus Taffet, der zuerst gehörig zuge- schnitten, dann mit einem Firniß aus Leinöhl, Vogelleim und Ter- pentinöhl überstrichen wird. Die Stücke werden zusammengenäht, und die Nähte mit demselben Firniß überzogen. Der kleinste kugel¬ förmige Taffetballon muß Z Fuß 4 Linien im Durchmesser haben, einer aus Goldschlägerhäutchen steigt schon, wenn er sechs Zoll im Durchmesser hat. Garnerin's Luftballon hatte 80 Fuß im grö߬ ten, 25 F. im kleinsten Durchmesser u td faßte daher 10,400 K.F., trieb mithin unten 950 Pfund Lust aus ihrer Stelle. Er faßte aber etwa 160 Pfund Hydrogengas und mochte an Zeug 270 Pfund wä¬ gen; es blieb ihm also eine Steigkraft von 520 Pfund. Siehe hierüber: Geschichte der Aerostatik. Straßburg 1784. An¬ hang zur Geschichte der Aerostatik. Straßburg 1786- Zachariä , Elemente der Luftschwimmkunst. Wittenberg, 1807. Theorie der Aeronautik von C. Lacz yinski, Mohrungen 1833. 207. Zwei Gase, welche durch eine b e w eg li che aber un¬ durchdringliche Scheidewand/ z. B. durch eine Wasser-Ohl- oder Quecksilbersäule getrennt sind/ stehen im Gleichgewichte/ wenn sie mit gleichen und entgegengesetzten Kräften u n m it t e lb a r auf die Scheidewand/« und daher mittelbar auf einander wirken. A muß demnach jede Veränderung in der Ausdehnsamkeit des einen Gases eine ähnliche im anderen hervorbringen. Ein Gas/ das auf gewöhnliche Art,in einem mit Flüssigkeit abgesperrten Reeipienten aufbewahrt wird/ steht mir derAtmosphäre im Gleichgewichte; doch wirket diese nur dann mit ihrem ganzen Drucke auf das Gas, wenn die Sperrflüssigkeit innerhalb und außerhalb des Reeipienten gleich hoch steht. Oft steht diese innerhalb des Reeipienten höher, als außerhalb desselben; in diesem Falle har das Gas nur einen Lheil des ganzen Luftdruckes zu ertragen. Es sey a derHöhenunter- schied zwischen dem Stande der äußeren und inneren Flüssigkeit, auf Quecksilber reducirt, ü der äußere Barometerstand und das Vo- Heber, S i ch e rh ei tör o hr. L6L Ium des Gases im Recipienten. Wird dieses auf den ganzen Luft¬ druck reducirt, so geht es in ck über und man hat: ö — a ; c-' — ö : ü — a , d. i. p' — — Aus dem hier erwähnten Gesetze erklären sich auch: Die Wirkung des StechheberS, des gekrümmten Hebers, der Sicherheitsrühren, Gaso¬ meter, Vlasbälge, des Heronsballes, des Heronsbrunnens, der Saug- und Druckpumpen, der Feuerspritzen, die Wirkungen der Windbüchss, das Saugen, Trinken, Tabakrauchen, und eine un¬ gemeine Menge physikalischer Spielwcrke, z. B. das magische Tin¬ tenfaß, der magische Trichternder Qhlkrug dec Witwe, das ,Sieb der-Vestalin, der Zauberbrunnen, die schwimmende Fontaine, der Storch und die Schlange u. dgl. m. (Letztere findet man größten- theils, in lDotffr Memgnt« 6en. 1746. Do/». 2. Oder in , den Erinnerungen aus Lichten b e r g's Vorlesungen vos G am au f. Wien.2. Bd. S. 15—22.) — D.rStechheber ist eine wenige Fuß lange, beiderseits offene und in der Mitte bedeutend erweiterte Röhre, mittelst der man Flüssigkeiten aus Fässern heraushebt.,Man taucht die Röhre in die Flüssigkeit und saugt am äußeren Ende, schließt dann das letztere und zieht die Röhre sannnt Inhalt aus der Flüssigkeit (Fig. 73). — Der g ek rü m m t e H eb er ist eine unter 32 Fuß lange, gebogene Röhre, wovon ein Schenke! länger ist als der andere (Fig. 74 und 75). Füllt man eine, solche Röhre mit einer Flüssigkeit, z. B. Wasser, und wendet sie dann um, so fließt dieses gänzlich durch den längeren Schenkel heraus. Dieses Phänomen beruht auf dem Drucke des Wassers und der Lust. Das Wasser drückt nämlich abwärts, im längeren Schenkel mit einer Kcafr — D, im kürzeren aber mit einer Kraft ff--z?,.und es ist D Die Luft drückt aufwärts, im ersteren Schenkel mit einer Kraft D und desto mehr und man hat als Resultirendc beider Kräfte am längeren Arm y — D, am kürzeren. -—/>, und beide dieser Kräfte sind aufwärts gerichtet. Es ist aber Y-——x>,mithin wirkt die Resultirende aus mit einem hohlen Epllnder (Stiefel) in Verbindung steht, in welchem ein Kolben luftdicht auf und ab bewegt werden kann. Wo die Saugröhre mit dem Stiefel verbunden ist, hat letzterer ein Ventil -, das sich von unten nach oben öffnet; ein ähnlich eingerichtetes hat auch derKolben -/-Durch Pumpen, Feuerspritzen, Windbüchsen. 163 das Aufziehen des Kolbens wird die Lust im Stiesel. verdünnt. Dieses macht, daß die Luft in der Saugröhre das Bodenventil hebt, und zum Theil in den Stiefel tritt; beim Hinabdrücken des Kolbens steigt sie über sein Ventil und kommt ins Freie. Mit dieser Lustverdünnung in der Saugröhre steht das Steigen des Wassers in Verbindung. Durch wiederholtes Kolbcnspiel tritt es über das Bodenventil in den Stiefel und endlich gar über den Kolben bis zur Ausgußrohre e. — Die Druckpumpe (Fig. 81) hat einen Stiesel mit einem Bodenventil das sich von unten nach oben öffnet, und einen luftdicht schließenden, beweglichen Kolben L. An derSeite des Stiefels befindet sich eine aufwärts gekrümmte Röhre« (Steigrohre) mit einem Ventile -t, das sich von Innen nach Außen öffnet. Wenn beim Heben des Kolbens und der dadurch bewirkten Luftvcrdünnung das Wasser in den Stiefel gestiegen ist, so wird es beim Hecabdrücken des Kolbens in die Steigröhre getrieben, und weil Las Venril es nicht mehr zurückläßt, selbst wenn der Kolben gehoben wird, so kommt es mit jedem Kolbenstoße höher zu stehen und gelangt endlich gar zur Ausgußöffnung «- — Die Feuer- sp ritze (Fig. 82) besteht gewöhnlich aus zwei Druckpumpen a, «, die das Wasser in einen Heronsball L pumpen, aus welchem es mittelst eines beweglichen Rohres oder eines Schlauches (Schlange) hervorspritzt. — Die Windbüchse (Fig. 83) besteht aus einem sehr starken metallenen Gefäße « (Flasche), in welchem die Lust stark (etwa 60mal) verdichtet worden ist, und das durch eine Klappe verschlossen wird, die sich von Außen nach Innen öffnet.An die Flasche ist das Rohr L angesetzt, aus welchem eine Kugel aus¬ geschossen werden kann, wenn durch einen Stoß die Klappe der Flaschst geöffnet wird. 208. Ist die Scheidewand, welche zwei Gase von einander trennc, für dieselben d u r ch d r i n g l i ch, wie z. B. thierischeBla¬ sen, Holz, gebrannter aber nicht glasirter Thon, gebrannter, in Wasser abgerührter und hierauf getrockneter Gips rc.; so dringen von jedem Gase Volume durch die Wand, welche sich (nach Gra¬ ham) umgekehrt wie dieQuadratwurzeln.der Dichte derGase ver¬ halten, vorausgesetzt, Laß die Gase nicht chemisch auf einander wirken und ihr Druck zu beiden Seiten der Scheidewand während des ganzen Verlaufs gleich groß erhalten wird. Wenn von jedem der zwei Gase ein diesem Gesetze entsprechender Theil durch die Scheidewand gegangen ist, herrscht Gleichgewicht. Dieses tritt aber schon früher ein, und die Strömung der Gase durch die Schei¬ dewand hort auf, wenn der Druck auf letztere nicht von beiden S>eiren gleich erhalten wird. Il * j 64 Gleichgewicht gemengter Gase. Versuche über diesen Gegenstand stellt man am leichtesten an, in¬ dem man ein beiderseits offenes Glasrohr mit einer Vlasc verbindet, oder noch besser es mit einem Stöpsel von gebranntem, mit Wasser angcmachten und dann in der Lust gut getrockneten Gips versieht, ein Gas einfüllt, es durch Wasser sperrt und das Ganze sammt der Sperrflüssigkeit in ein Gefäß bringt, welches das zweite Gas ent¬ hält, so daß beide Gase durch die Sperrflüssigkeit und durch die poröse Scbeidewand von einander getrennt sind. Bei Versuchen mit irgend einem Gase und atm- Lust kann der zweite Recipient wcg- bleiben. Während des Versuches muß die Sperrflüssigkeit sorgfältig regulirt werden, damit sie immer in beiden Gefäßen gleich hoch ste¬ he. Ist das in der Röhre befindliche Glasvolum stationär a so theilt man den Rauminhalt des entwichenen Gases durch jenen des dafür" eingetrctenen und erhält so den Diffnsionsguoticnteii; Graham sand denselben für Hydrogengas und atm. Luft im Durchschnitte aus 5 Versuchen — 3.848. Wird die Dichte des Hy¬ drogengases 11.9694 gesetzt, so erhält man, obigem Gesetze gemäß, für diesen Quotienten 3.7947. (Pogg. Ann. 17.341; 28.331; Schweigg. I- 57.215. Jeitsch. 8. 9.) 209. Steht ein Gemenge ans er Theilen atm. Luft und " FHeilen eines anderen Gases z. B. Hydrogengas mit dem Drucke der Atm. im Gleichgewichte; sh ist der Druck des Hydrogengases „ A * a Ngch auswärts — undjener der inneren atm. Luft— vorausgesetzt, das; der äußere Luftdruck —1 gesetzt wird. Ist nun dieses Gemenge durch eine poröse Scheidewand von der atm. Luft getrennt, so übersteigt das Bestreben der äußeren Luft in das Ge¬ menge einzudringen, jenes der inneren, auswärts zu gehen, »m „ a /r . „ die Große 1 — . , , also gerade nm so viel, nie a-s-/r cr-s-Zr^ " das Hydrogengas auswärts strebt. Dieses Gesetz gilt für unbestimm¬ te Werthe von u und A. Wirkte nun ein Gas auf ein anderes, so würde bei jedem Mengungsverhältnisse Gleichgewicht herrschen; dieses aber nicht der Fall ist, sondern ein Gas in den Raum eines anderen eindringk, so folgt daraus, was Dalton zuerst behauptet hat, das; Gase, die sich nicht chemisch verwandt sind, ans einande; nicht wirken. Bringt man daher in den Raum, Km ein Gas be¬ reits einnimmt, ein anderes, so wird ersteres für jedes Theilchen des letzteren nichts als eine höchst poröse, nach allen Richtungen gleich durchdringlichc Scheidewand, nnd die Verbreitung des einen Gases im anderen muß, wenn nicht äußere Kräfte ein wirken, Gleichgewicht gemengter Gase. alle» Richtungen nach demselben Gesetze erfolgen, und das Gleich¬ gewicht kann erst dann hsrgestellt seyn, wen» beide Gase gleichför¬ mig mir einander gemengt sind. Zwischen der Verbreitung eines Ga¬ ses im leeren Raume und der in einem anderen Gase gibr es keinen anderen Unterschied, als daß dieselbe im ersteren Falle schneller vor sich geht, etwa so, wie Wasser in einem offenen Rinnsale schneller fortkommt als in einem mit Sand gefüllten. Der vereinte Druck aller in einem Gemenge enthaltener Gase auf dis Scheidewand ist im Stande des Gleichgewichts dem Gegendrücke der Atmosphäre gleich. Füllt man in einen schon von einem Gase occupirren Raum ein zweites Gas ein, so wächst das Gasvolum nur darum, weil beide Gase zusammenwirken, dem äußeren Drucke das Gleichgewicht zu halten, und daher der Druck auf jedes einzelne vermindert ist. 210. Zwischen Gasen und festen und tropfbaren Körpern fin¬ det ebenso eine Adhäsion Statt, wie zwischen festen und tropfbaren (149), denn wie wäre sonst erklärbar, daß Luft so hartnäckig an Glas haftet und nur durch große Hitze vertrieben werden kann, was man besonders beim Auskochen der Barometer erfährt. An der Oberfläche eines jeden festenlKörpers ist eine Schichte von dem Gase, das ihn umgibt, verdichtet, und kann zunächst am Körper sogar tropf¬ bar seyn, wenn dazu überhaupt ein mäßiger Druck hinreicht. Die Menge der so verwahrten Luft muß sich natürlich nach der Adhäsion, die zwischen dem Körper und dem Gase Statt findet, und nach der Größe der Oberfläche richten. Poröse oder gepulverte Körper bieten selbst bei einer kleinen Masse einem Gase eine sehr große Oberfläche dar (die Oberfläche aller Poren eines Stückes Holzkohle von der Größe eines Kubikzolls kann über 100 Q. Fuß betragen); findet nun zwischen einem Gase und einem solchen Körper eine Adhäsion Statt, so^muß letzterer eine gewisse Menge dieses Gases absor- biren. Man bemerkt dieses in der That an frisch geglühter und in Quecksilber abgelöschker Kohle, an porösem Holz, Meerschaum, Wollen- und Seidenzeugen, an Platinpulver (Plarinschwamm) und an vielen Flüssigkeiten. Ein so absorbirtes Gas steht nach den¬ selben Gesetzen mit dem freien im Gleichgewichte, an welche freie Gase gebunden sind, wenn man auf die Verminderung der spe- cifilchen Expansivkrafr durch die Absorption Rücksicht nimmt. Man denke sich z, B. Wasser mit Sauersteffgas in Berührung, einen Theil desselben bereits absoroirr und Las freie Gas mit dem absor- birten im Gleichgewichte. Wird nun die Dichte des freien Gases . 166 Verhalten absorbier er Gase. vermehrt, so muß auch jene des absorbirten zunehmen, welches durch Absorption eines neuen Quantums geschieht, wenn daj Gleichgewicht bei dieser Lage der Dinge fortdauern soll. Ausgleiche Weise muß ein Theil des absorbirten Gases frei werden, wenn die Dichte oder der Druck des äußeren vermindert wird. Ändert sich die Temperatur des Gases und der absorbirenden Flüssigkeit, so neh¬ men zwar die Expansivkräfte des freien und des absorbirten GaseS auf gleiche Weise ab oder zu, aber der Erfolg fällt verschieden auS, je nachdem das freie Gas entweichen kann oder nicht. Ist ersteres der Fall, so bleibt ungeachtet der Temperaturänderung der Druck des freien Gases auf die Flüssigkeit derselbe, während die Spann¬ kraft des absorbirten sich ändert und beim Erwärmen wächst, beim Erkalten abnimmt. Es muß daher bei einer Statt habenden Er¬ wärmung ein Theil des absorbirten Gases frei gelassen, bei einer Erkältung hingegen ein neues Quantum absorbirt werden, abgese- ben von der etwa durch die Temperaturänderung hervorgebrachten Modification des Absorptionsvermögens der Flüssigkeit. Nach Henry's Versuchen absorbirt Wasser nach einer Temperaturerhö¬ hung von 10' <7. um 0.133 weniger Luft als vor derselben. Aß die freie Luft so eingeschlossen, daß sie nicht entweichen kann, sa bringt eine Temperaturänderung im freien und im absorbirtenGase dieselbe Änderung der Erpansivkraft hervor und es wird das absor- birte Gas weder vermehrt noch vermindert. Dieses ist das van Dalton auf empirischem Wege gefundene Gesetz, vermög welchem das Verhältniß zwischen dem absorbirten und dem freien Gase bei jedem Temperaturwechsel unverändert bleibt, wenn nur die tropf¬ bare Flüssigkeit nicht zum Frieren oder zum Sieden gebracht wird. Bringt man über eine Flüssigkeit, die schon Gas absorbirt hat/ eine andere Luftart; so wird zur Herstellung eines stabilen Gleich¬ gewichtes ein Theil des absorbirten Gases frei, ein Theil des freien absorbirt und es tritt sowohl im absorbirten als im freien Gase eine gleichförmige Mengung beider ein. Kommt eine Flüssigkeit nut zwei Gasen zugleich in Berührung, so nimmt sie von jedem einen Theil auf, der sich nach der Einsaugbarkcit desselben und nach dem Verhältnisse, in welchem die Gase gemengt sind, richtet- (Gehler's neues phys. Wörterbuch. Art. Absorption.) Diese Gesehe des Gleichgewichtes absorbirter Gase mit freien sind nicht blos in theoretischer Hinsicht wichtig, sondern gestatten viel¬ fache prartische Anwendungen. Sie lehren z. V-, daß es nothwe»- Gleichgewicht der Dünste. 167 dig sey, ein Barometer von Zeit zu Zeit von Neuem auszukochen, weil vom Quecksilber beständig Luft eingesaugt wird; daß man aus die Reinheit eines Gases, das längere Zeit durch Wasser oder Quecksilber gesperrt in einem Gefäße aufbewahrt wurde, nicht viel vertrauen darf. Faraday fand reines Wasserstoffgas, das er in einer, mit einem Glaspfropf versehenen, umgekehrten Flasche, de¬ ren Hals in Quecksilber gesenkt war, aufbewahrte, nach 15 Mona¬ ten, völlig durch atm. Luft ersetzt; zwei andere eben so vorgerichtete Flaschen enthielten nach derselben Zeit ein Gemenge von Wasserstoff¬ gas und atm. Luft. (Poqg. Ann. 8. 124.) Aus denselben Gesetzen ergeben sich auch die Mittel, eine Flüssigkeit mit einem Gase zu imprägniren oder sie von einem absorbirten Gase zu befreien. Soll eine Flüssigkeit, z. B. Wasser, viel von einem Gas, z. B. von Kohlensäuregas aufnehmen (welches besonders bei der Bereitung vieler künstlicher Mineralwässer der Fall ist); so muß man das freie Gas über der Flüssigkeit möglichst stark comprimiren und die Arbeit bei einer den Eispunct nicht weit übersteigenden Temperatur vornehmen. Bouteillenbier, junge luftdicht verschlossene Weine kommen durch die fortdauernde Gährung ohne unser Zuthun mit stark verdichtetem Kohlensäuregas in Berührung, und nehmen da¬ her sehr viel davon auf. Um eine Flüssigkeit von der eingesaugten Luft zu befreien, kann man mehrere Mittel anwenden: l) Verdün¬ nung der darüber befindlichen Luft. Setzt man den darauf lastenden Luftdruck auf rc. herab, so wird auch nur '/,o„ re. des eingesaugten Gases zurückbleiben. Die Wirksamkeit dieses Mittels verursacht das Perlen moussirender Weine, der Mineral¬ wässer, wenn man eine Flasche derselben öffnet. Jndeß gibt es doch Gase, wie z. B. Ammoniakgas, Salzsäuregas, wovon selbst im luftleeren Raum ein Theil mit Wasser in Verbindung bleibt. Ich bin geneigt, dieses als ein Zeichen einer chemischen Verbin¬ dung des Gases mit der tropfbaren Flüssigkeit zu betrachten, und in allen anderen Fällen die Absorption als mechanische Wirkung anzusehen. 2) Verändernng des damit in Berührung stehenden Gases. Dadurch wird zwar ein Theil des absorbirten Gases frei, dafür aber ein Theil des neuen Gases absorbirt. 3) Erhitzen oder Erkälten bis zum Frieren. Daher kommen die Luftblasen im Eise, ä) Zusatz eines gepulverten Stoffes oder eines solchen, der sich in der Flüssigkeit auflöset und ein Fluidum erzeugt, das we¬ niger Gas absorbirt. So z. B. läßt Wasser die eingesaugte Luft größtentheils fahren, wenn man Schwefelsäure oder Kochsalz da¬ mit mischt. 0. Gleichgewicht der Dünste. 211. Man weiß seit undenklichen Zeiten, daß Wasser, der freien 2uft bei der gewöhnlichen Temperatur in einem offenen Gefäße auj 188 Untersuchung der E rp a n siv k r a fc der Dünste, gesetzt/ fortwährend weniger wird und endlich ganz verschwindet; etwas Ähnliches bemerkt man auch beim Sieden desselben/ nur mit dem Unterschiede/ daß hier die Verminderung viel schneller eintrilt. In letzterem Falle kann man nicht läugnen, daß die tropfbare Masse in einen luftarligen Körper, in Wasserdunst, übergeht, im ersteren aber sah man früher am Luftdrucks ein Hinderniß der Bildung des Dunstes und nahm darum an, das Wasser werde von der Luft eben so aufgeloset, wie z. B. Kochsalz vom Wasser. Eini¬ ge Physiker, wie z. B. Saussure, ließen wohl das Wasser auch unter der Siedhitze in einen ausdehnsamen Körper übergehen, meinten aber, es werde dieser erst nachher von der Luft aufgeloset. Allein theils die früher bewiesenen Gesetze des Gleichgewichtes der Gase (209), unter welchen auch der Wasserdunst als erpansibler Körper stehen muß, insbesondere aber die folgenden Versuche, ans densnj hervorgeht, daß das Wasser und jede andere tropfbare Flüs¬ sigkeit im luftleeren Raume, wo an keine Auflösung zu denken ist, nach denselben Gesetzen verdünstet, wie in der Luft, und daß der Dunst die Eigenschaften, well*? er im luftleeren Raume besitzt, in jeder Luftart unverändert beibehält, lassen keinen Zweifel übrig, daß Flüssigkeiten auch unter ihrer Siedhitze verdunsten und daß der Dunst in jeder Luftart wirklich eben so selbstständig besteht, wie ein Gas in dem anderen. (Von den Gesetzen der Dunstbildung in der Wärmelehre.) 212. Um die Eigenschaften der Dünste und die daraus flie¬ ßenden Gesetze, nach welchen sie unter sich und mir anderen Kräften ins Gleichgewicht treten, kennen zu lernen, bedient man sich am besten des von Dalton gebrauchten Apparates, den Fig. 84 vor¬ stellt. Man bringt nämlich in den leeren Raum einer Barometer¬ röhre a, die der Länge nach in gleiche Theile getheilr ist, einige Tropfen der Flüssigkeit, deren Dünste man untersuchen will. Die Barometerröhre umgibt man mit einer weiteren Röhre ü von Glas, die oben offen ist, und durch deren Boden die Barometerröhre luft¬ dicht geschoben wird, füllt den Zwischenraum mit Wasser aus, bringt dieses nach und nach auf verschiedene Temperaturen, die man mit¬ telst eines Thermometers mit cylindrischem Gefäße mißt, und ver¬ gleicht bei jeder Temperatur die Länge der Quecksilbersäule in die¬ sem Barometer mit der in einem gewöhnlichen. Der Unterschied dieser zwei Längen gibt offenbar die Größe der Expansivkraft der entstandenen Dünste an. Man kann in den oberen Raum eines Dalton's, Gay-L ussac's, Prechtl'L Apparat. 16!) solchen Barometers auch etwas atm. Luft oder ein anderes Gas bringen und auch unter diesen Umstanden die Expansivkraft der ent¬ standenen Dünste kennen lernen. Für höhere Temperaturen bedient man sich einer, der heberförmigen Röhre aö (Fig. 85) ähnlichen Vorrichtung, in deren geschloffenen Arm ö man die Flüssigkeit bringt, um deren Dünste es sich handelt; den übrigen Raum füllt man mit Quecksilber und setzt den Apparat wieder den beabsichtigten Tempe¬ raturen aus. -So wie dem Dunste eine Spannkraft entspricht, die größer ist, als der auf dis eingesperrte Flüssigkeit ausgeübte Druck von Seite der Quecksilbersäule im Apparate und der äußeren Luft, wird das Quecksilber im eingeschlossenen Schenkel herabgedrückt und die Differenz zwischen der Länge der Quecksilbersäule in einem gleich¬ zeitig beobachteten Barometer und derjenigen Säule, um welche das Quecksilber im verschlossenen Arme höher steht als im offenen, ist wieder das Maß der Expansiokraft der Dünste. Für Temperatu¬ ren unter dem Eispuncte, wo das in der äußeren Röhre (Fig. 84) entstandene Eis keine Beobachtung Les Standes der Quecksilbersäule mehr erlaubt, hat Gay-Lussac seine Barometerröhre am obe¬ ren Ende schief gebogen (Fig. 86) und sie daselbst in eine erkältende Mischung getaucht. Da müssen alle Dünste in der Röhre die Spann¬ kraft annehmen, welche der mindesten daselbst herrschenden Tem¬ peratur entspricht, und man kann sie wieder leicht aus der Diffe¬ renz im Stande dieses Barometers und eines anderen daneben be¬ findlichen entnehmen. Um endlich die Spannkraft des Wafferdun- stes, dessen Verhalten den Physiker am meisten intereffirt, bei jeder herrschenden Temperatur der Atmosphäre beobachten zu können, em¬ pfiehlt Prechtl die in Fig. 87 abgebildete Vorrichtung, die gleich¬ sam ein abgekürztes, gleichschenkeliges, ganz geschlossenes Heber¬ barometer vorstellt, in dessen einem Arme sich etwas Wasser be¬ findet, das den Dunst liefert. Da gibt der Höhenunterschied der Quecksilbersäulen in beiden Armen die Größe der Spannkraft der Dünste an. 213. Mittelst solcher Apparate hat man sich überzeugt, daß stch bei jeder Temperatur über 0° t7. und sogar noch weit unter 0° Q bis zu einer noch unbestimmten Grenze Wasserdunst bildet und besteht, und eine gewisse Spannkraft und Dichte erlangen kann, welche nur von der Temperatur abhängt und sich nicht, wie dieses bei Gasen der Fall ist, durch Verminderung des Volums vergrö¬ ßern läßt; denn so wie eine solche Raumverminderung eintritt, geht I7!> Große der Spannkraft der Dünste. ein Theil der Dünste in tropfbares Wasser über und der Nest hat wieder seine vorige Expansivkraft und Dichte. Diese ist daher sür die herrschende Temperatur ein Maximum. Dieses Maximum der Dichte und Expansivkraft wachst mit der Temperatur, jedoch in ei¬ nem größeren Verhältnisse als letztere. Werden Dünste, die nicht mit Wasser in Berührung stehen, erwärmt, so dehnen sie sich wie Gase aus (für <7. um 0.00375 des Volums bei 0" (7.) und nehmen eben so an Spannkraft zu; werden sie abgekühlt, so ziehen siesichzu- sammen, bis ihre Spannkraft das der herabgesetzten Temperatur entsprechende Maximum erreicht hat. Dünste, die mit Wasser in Berührung stehen, verhalten sich beim Abkühlen, wie die im vor¬ hergehenden Falle, beim Erwärmen werden aber nicht blos die schon vorhandenen ausdehnsamer, sondern es entstehen auch neue, bis das Maximum der Spannkraft erreicht ist. Unter diesem Maxi¬ mum befolgen Dünste auch das Mariotte'sche Gesetz. Die folgende Tafel gibt das Maximum der Spannkraft der Wasserdünste von — 20° bis 110° (7., wie sie sich aus D a l t o n's Versuchen mittelst ei¬ ner besondern von Biot deducirren Formel ergeben. Diese Spannkräfte kommen aber nur den aus reinem Wasser entstandenen Dünsten zu; für Dünste aus Wasser, welches Salz oder andere Körper aufgeloset enthält, fallen sie geringer auS. (Egen in Pogg. Ann. 27. g.) Dünste in der Luft. 171 Nach Gay-Lussac beträgt die Spannkraft der Dünste aus einer wässerigen Kochsalzlösung von der Dichte 1.096 bei 10" <7. nur etwa 0.9, die aus Schwefelsäure von der Dichte 1.49Z entstandenen nur 0.18 derjenigen Spannkraft, welche den aus reinem Wasser gebil¬ deten bei derselben Temperatur zukommt. Nach Prinsep (Zeitsch. 2. 29) bleibt dieses Verhältniß für alle Temperaturen gleich. 214. Wasserkünste, die sich in der Luft bilden oder derselben beigemengt werden, vermengen sich gleichförmig mit ihr, so wie sich ein Gas mit einem anderen vermengt (209) , und verhalten sich da so wie im leeren Raume, sind auch derselben Spannkraft fähig, wie in diesem. Von letzterem überzeugt man sich mittelst des Apparates Fig. 88. Dieser besteht aus einem in gleiche Raumtheile getheilten, oben geschlossenen, unten mit einer Stahlfassuug und einem Stahlhahn versehenen Glasrohr von etwa 1 Z. Durch¬ messer, an dessen Seite eine engere und längere offene Rohre H angeblasen ist. Der ganze Apparat kommt auf ein Gestell zu stehen, so daß L einen verricalen Stand hat. Wenn man einen Versuch machen will, so füllt man durch den Hahn das Rohr halb voll Quecksilber, schließt dann den Hahn, und stellt den Apparat auf sein Gestell. Steht das Quecksilber nicht in beiden Schenkeln gleich hoch, so erhält man diesen gleichen Stand durch Zugießen von neuem Quecksilber durch die Rohre L oder durch Ablassen mittelst des Hahnes. Man mißt das Luftvolum c- im Rohre Nun gießt man von der Flüssigkeit, um deren Dünste es sich handelt, etwas aus dem Rohr und schafft einen Theil dadurch in das Gefäß A, daß man durch den Hahn so viel Quecksilber ablaufen läßt, bis jene Flüssigkeit unter die Zusammenfügungsstelle beider Rohren gekom¬ men ist. Das abgelassene Quecksilber füllt man hierauf wieder durch L ein. Neigt man nun das Rohr A, damit seine Wände durch die eingefüllten Flüssigkeiten benetzt werden, so bilden sich die Dünste rasch und das Quecksilber in fällt. Ist es zum Stillstand gekom¬ men, so wird so viel Quecksilber durch Z nachgefüllt, als nothwen- dig ist, um Dunst und Luft auf das frühere Volum zu bringen und mißt hierauf die Längej der im Rohre L in die Hohe gestie¬ genen Quecksilbersäule. Diese gibt die Spannkraft des Dunstes für die bestehende Temperatur und wird stets der auf die vorige Weise (213) bestimmten gleich gefunden. — Die Volumvergrößerung, welche durch den Zutritt der Dünste eintritt, läßt sich demnach be¬ rechnen. Heißt das ursprüngliche Luftvolum l-, die durch den Dunst- 172 S p e c. Exp a n si v k c afc ii. D i ch t e d. D ü n st e. beitritt erzeugte Vergrößerung demselben m, mithin das vergrößerte Volum u-j-w, so ist die Spannkraft der Luft, welche ursprünglich dem Luftdrucke/, gleich mar, inübergegangen und wird erst, durch die Spannkraft des Dunstes s unterstützt, wieder dem Luftdrucks gleich. Es ist daher e> ... v . —--!-e — v, mithin w — 215. Die Dünste anderer Flüssigkeiten befolgen dieselben Ge¬ setze, wie die des Wassers, aber die Expansiokraft derselben weicht von jener der Wasserdünste ab und ist überhaupt für dieselbe Tem¬ peratur desto kleiner, je schwerer die Flüssigkeit siedet. So z. B. liefert Quecksilber bei der gewöhnlichen Lufttemperatur, wo die Spannkraft der Wasserkünste schon bedeutend ist, Dünste von so geringer Spannkraft, daß sie selbst im Barometer keine merkliche Depression erzeugen, und selbst bei 100" <7. ist diese Spannkraft nicht größer als 0.012 W. L. (Pogg. Ann. 27. 0O.) 210. Die vorhergehenden Untersuchungen lehren die absolute Erpansivkrafc der Dünste kennen. Zur Kenntniß der specifischen gelangt man durch die Dichte der Dünste im Verhältnisse zur Luft un¬ ter denselben Umständen, indem die Dichten bei gleichen absoluten Expansivkräften den specifischen Expansivkräften verkehrt proporcionirt sind. Um die Dichte des Dunstes einer Flüssigkeit zu finden, ist es nothwendig, eine abgewogene Menge dieser Flüssigkeit in einen geschlossenen Raum zu bringe», sie in Dunst zu verwandeln und das Volum desselben zu bestimmen. Dahin gelangte Gay-Lus- sac durch folgendes Verfahren: Ein kleines hohles Glaskügelchen, das in ein dünnes Röhrchen auslisf, wurde im leeren Zustande abgewogen, hierauf mit Wasser gefüllt, zugeschmolzeu, wieder gewogen und so das Gewichc des Inhaltes genau gesunden. Dieses Kügelchen wurde in einen in gleiche Theile getheilten, nut reinem Quecksilber gefüllten Recipienten gebracht und derselbe erhitzt, bis das Wasser die Glashülle zersprengte, wo sich dann Dunst bildete, dessen Volum man messen und mit dem eines gleichen Gewichtes einer gleichwarmen Lufrmasss vergleichen konnte. Bevor dieses ge¬ schah, mußte der Dunst nach dem M a r i o ct e'schen Gesetze auf den vollen Luftdruck (207) reducirt werden. So fand man, daß Was¬ serdunst bei 100° 6. und 28 Z. Barometerhöhe 1700mal leichter ist als gleichwarmes Wasser, und daß überhaupt die Dichte desftl- , Dun 6m eng e. 173 ben -sA von jener der Luft unter denselben Umstanden betragt. Aut gleiche Weise fand man die Dichte des Alkoholdunstes 1.6084, die des Schwefelätherdunstes 2.6467, jene der atm. Luft als Einheit angenommen. Es ist demnach die speciftsche Expansivkraft des Was¬ serdunstes — 1.6, des Alkoholdunstes — 0.6216, des Schwefel- ätherdunstes —0.3781. 217. Von großer Wichtigkeit ist in manchem Falle die Frage, wie viel Dunst in einem gegebenen Raume enthalten sey. Man konnte diese Frage zwar dadurch beantwortens daß man die duxch Aufnahme derDünste entstandene Gewichtszunahme eines absorbirenden Körpers in einem bekannten Raume bestimmte (Brunner in Pogg. Ann. 20.274.); doch ist dieses Verfahren in den meisten Fällen zu um¬ ständlich und man berechnet den Dunstgehalt lieber aus der gefunde¬ nen Expansivkraft der Dünste. Diese Rechnung wird auf gleiche Weise geführt, es mag sich in diesem Raume nebst dem Dunste noch Luft befinden oder nicht, weil ein bestimmter Raum in beiden Fällen gleich viel Dulist fassen kann, und die gesuchte Dunstmaffe ist so groß, wie der Luftmasse, welche derselbe Raum bei der herr¬ schenden Temperatur und unter jenem Drucke fassen kann, welcher der Expansivkraft des Dunstes gleich ist. Es lauft demnach alles darauf hinaus, die Expansivkraft des Dunstes in einem Raume zu finden. Dieses hat keine Schwierigkeit, wenn der Raum mit Dunst gesättiget ist, d. h. wenn der Dunst das Maximum seiner Expan- sivkraft für die bestehende Temperatur hat; denn diese gibt die Tafel S. 170 an ; ist aber dieses nicht der Fall, so muß man sich zur Bestimmung der Expansivkraft besonderer Werkzeuge bedienen, die man Hygrometer nennt. 218. Die Hygrometer lassen sich in zwei Klassen theilen. Die der einen Klasse geben zunächst, wenn auch nicht unmittelbar, die absolute Expansivkraft der Dünste an, wie man sie zur Losung der vorhergehenden Aufgabe braucht; die in die andere Klasse gehöri¬ gen führen zunächst zur Kenntniß der relativen Spannkraft, d. h. derjenigen, welche anzeigt, wie viel Pereente der absolu¬ ten, für die obwaltenden Umstände möglichen Spannkraft, die Spannkraft der vorhandenen Dünste beträgt. Man kann leicht die Angaben der einen in die der anderen verwandeln. Isto die absolute Spannkraft der vorhandenen Dünste, die relative Spannkraft der¬ selben , L das Maximum der Spannkraft für die herrschende Tempera- 174 Hygrometer überhaupt. tur; so istL:e—100:y, mithin,/ —100 und e — L,,. Die relative Spannkraft kann man auch füglich den Feuch- tigkeirsgrad nennen; denn die Große der Kraft, welche ein Körper braucht, um die Dünste zu condensiren und sich das Wasser anzusignen, hängt blos von dieser Spannkraft ab, und wächst so, wie der Abstand dieser Spannkraft vom Maximum (— 100) zunimmt. 2IY. Um die Einrichtung der Instrumente der ersten Klasse und ihre eigentlichen Leistungen kennen zu lernen, denke man sich einen Raum, welcher die Dünste enthalt, deren Expansivkraft gesucht wird, der aber nicht damit gesättiget ist. Verdichtet man diese Dün¬ ste durch Verkleinerung ihres Volums, bis sie sich in kleinen Tro¬ pfen abzusetzen anfangen , so haben sie das Maximum ihrer Spannkraft überschritten; verfährt man aber mit dieser Raumver¬ minderung langsam und läßt die eomprimirende Kraft nur um kleine Grade wachsen, so kann man den Raum in dem Momente, wo die Verdichtung des Dunstes sichtbar zu werden anfängt, als im Zustande der Sättigung befindlich ansehen, die diesem Zustande entsprechende Spannkraft aus der Tafel S. 170 entnehmen und sie in dem Verhältnisse vermindern, in welchem das Dunstvolum ver¬ kleinert werden mußte. Ein Apparat, wie der in Fig. 08 abgebil¬ dete, in dessen verschlossenem Schenkel die Dünste befindlich sind, deren Volum durch Zugießen von Quecksilber durch den offenen Arm successio verkleinert werden kann, wäre daher schon ein Hygrometer. Herapath hat wirklich ein solches Hygrometer em¬ pfohlen. Allein die Bestimmung des Punctes der größten Spann¬ kraft der Dünste ist auf diesem Wege zu schwierig und zu unsicher; besser gelangt man zum Ziele, wenn man die zu prüfenden Dünste entweder durch Verminderung ihrer Temperatur, oder dadurch und zugleich durch Zugabe neuerDünste auf das Maximum ihrer Spann¬ kraft bringt. Dieser Mittel bedienten sich zum hygrometrischen Be¬ hufs Dalton, Leslie und andere. Dalton nahm ein Eylin- derglas mit dünnen Wänden, füllte es mir einer Masse, welche das Glas und mittelst dessen auch die dasselbe umgebende Luft so weit abzukühlen vermochte, daß sich ein feiner Thau an den Wän¬ den anzusetzen begann, zum Zeichen, daß der Särtigungspunct eingetreten, oder eigentlich schon ein wenig überschritten sey. -Os erkältende Masse dienre im Sommer kaltes Wasser, im Winter Schw efelath e rh yg. Thermohygrometer. 175 eine eigene Mischung. Während der Erkaltung wurde die Tempera¬ tur des Glases beobachtet und diejenige besonders bemerkt, bei welcher das Beschlagen der Wände eintrat. Wurde nun aus der Ta¬ fel der Expansivkräfte, die dieser Temperatur entsprechende Spann¬ kraft des Wasserdunstes genommen; so gab diese Große die gesuch¬ te Expansivkraft an. Zndeß gestattet auch dieses Verfahren keine große Genauigkeit. Darum hat man die Erkältung durch Ver¬ dünstung einer flüchtigen Substanz, gewöhnlich des Schmefeläthers, hervorzubringen gesucht. Die Instrumente, bei denen dieses Ver¬ fahren angewendet wird, heißen deshalb auch Schwefelother¬ hygrometer. Die vorzüglichsten derselben sind das Daniel lfiche und das Körner'sche. Daniell's Hygrometer ist in Fig. 89 abgebildet. ist eine gläserne oder metallene, fein polirte und luftdichte Kugel, die etwas Schwefeläther und die Kugel eines empfindlichen Thermometers enthält, und mittelst der Röhre Z mit einer zweiten ähnlichen Kugel <7 verbunden ist, welche von Außen mit feinem Musselin umwickelt worden. Beide Kugeln sammt der Röhre ü sind lufrleer und enthalten nur Äther. Wird durch die Wärme der Hand aller Äther in die Kugel getrieben, und hier¬ auf (7 von Außen mit Äther befeuchtet, so verursacht die durch das Verdünsten entstandene Kälte eine Verdichtung des inwendigen Ärherdunstes, mithin eine neue Verdünstung in und dadurch ein Einken des Thermometers. Sobald so weit erkältet ist, daß sich an der Kugel rings um die Oberfläche des Äthers ein schmaler Thau- ring bildet, beobachtet man das Thermometer in und findet für seine Anzeige in Dalto n's Tafel die Expansivkraft des Dunstes. Was hier Danie ll durch das Benetzen der Kugel <7, das bringt Döbereiner dadurch hervor, daß er Luftblasen durch den Äther leitet, (Gilb. Ann. 70. 135.) K örner's Hygrometer besteht aus einem Thermometer, wovon die Kugel aufwärts gebogen, mit Musselin überwickelt und an der unteren Hälfte mit einer ver¬ goldeten metallenen Schale bedeckt ist (Fig. 90). Gibt man auf die Musselindecke einige Tropfen Schwefsläther; so beschlägt die vergoldete Schale alsobald, und die Quecksilbersäule zeigt den Wär¬ megrad, bei dem dieses geschieht. — Das hygrometrische Verfah¬ ren, wodurch man die Dünste zugleich durch Erkältung und durch Ansatz einer neuen Dunstmenge auf das Maximum der Spann¬ kraft bringt, wird auf folgende Weise eingeleitet: Man umwickle die Kugel eines Quecksilberthermvmeters, Thermohygrome- 276 Les lie's Hygrometer. rer oder P sy chr o m e t er genannt, mit Musselin und betröpfle sie mit reinem Wasser. Dieses verdunstet so lange, bis der Raum in der Nähe der Thermometerkugel mit Dunst gesättiget ist, und diese Verdünstung bewirket eine desto größere Erkältung, mithin ein desto größeres Sinken des Thermometers, je mehr Dünste ent¬ stehen müssen, bis das der obwaltenden Temperatur entsprechende Maximum der Spannkraft erreicht ist, d. i. je weiter die Spann¬ kraft der ursprünglich vorhandenen Dünste von ihrem Maximum entfernt ist; sobald aber dieses Maximum erreicht ist, nimmt daS Thermometer einen stationären Stand an. Man kann durch Rech¬ nung die fragliche Spannkraft finden, wenn der Unterschied zwischen dem Stande dieses befeuchteten Thermometers und dem eines ge¬ wöhnlichen trockenen, und der Luftdruck gegeben sind und zwar wenn die Thermometerkugel mit Wasser überzogen ist, nach der Formel (1), ist sie aber mit Eis überzogen nach der Formel (2) (1) e — s — 0.00078 Lck (2) e—s — 0.00076 öck wo e die gesuchte Größe, e die dem hygrometrischen Thsrmometer- stande entsprechende größte Spannkraft der Wasserdünste, ö den Barometerstand und ck die Differenz im Stande des hygrometri¬ schen und des gewöhnlichen lOOtheiligen O„ Thermometers bedeu¬ tet. Wan hat zur Erleichterung der Rechnung eigene Tafeln, worin für jeden Werth von ö und A der Werth von e angegeben ist. (Psychrometertafeln von August. Berlin 1832. Tabelle zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit nach den Anzeigen des Thermo¬ hygrometers. Wien 1832. Hülfstafeln und Beiträge zur neueren Hngrometrie von Stier lin. Köln 1834.) Nach diesem Grundsätze hatLeslie ein eigenes Hygrometer construirt, das in Fig. gl abgebildet ist und aus einer heberförmig gebogene»/ an beiden Enden mit Kugeln versehenen Thermometerröhro besteht, welche eine gefärbte Flüssigkeit enthält, während sichln den beiden Kugeln Luft befindet. Eine dieser Kugeln ist mit Floretseide umwun¬ den wovon einige Fäden in ein Gefäß mit Wasser reichen und mit¬ telst Capillarität etwas davon der Kugel zuführen, damit sie immer feucht erhalten werde. So wie das Wasser verdünstet und die Inder umwickelten Kugel enthaltene Luft abgeknhlt wird, steigt in dem daran grenzenden Thcile der Röhre die Flüssigkeit und läßt aus ih¬ rem Stande den Unterschied in der Temperatur der trockenen und feuchten Kugel erkennen, aus der man wieder durch eine besondere (von der obigen verschiedene) Formel die Expansivkraft der Dünste kennen lernen kann. August hat ein gewöhnliches Thermometer Hygrometer zweiter Klasse. 177 auf ähnliche Weise sehr zweckmäßig zur steten Befeuchtung einge¬ richtet und dieses Instrument Psychrometer (Naßkältemesser) genannt. (Pogg. Ann. 5. 69, 335.) 220. Die Hygrometer der zweiten Klasse beruhen auf der Eigenschaft einiger Körper (sogenannter hygroskopischer Substan¬ zen), Wasserkünste zu verdichten, das Wasser aufzunehmen und dadurch eine merkliche Veränderung im Gewichte oder in ihren Di¬ mensionen zu erleiden. SolcheKörper sind: Haare, Fischbein, Kno¬ chen , Federkiele (C h i m e n e l l o's Hygrometer), Darmsaiten (Lambert's Hygrometer), Blasen von Ratten, Eichhörnchen (Wilson's Hygrometer), Grannen von verschiedenen Samen, z. B. vom Rauhhaber glatua), von Lnackinna und oroonMn, Holz, Papier, geglühte Pottasche, salzsaurer Kalk, Schwefelsäure, Kobaltoxyd, Thonschiefer, Glas rc. (Gilb. Ann. 1. 297 und 314; 3. 1; 2.26, 75 und 367 ; 5. 79 und 95; 4. 479; 23- 232; 59. 307.) Unter allen diesen verdienen ausgelaugtes Menschenhaar und gehörig zubereitetes Fischbein den Vorzug. Für ersteres hat sich S a u ssu r e, für letzteres d e L u c erklärt. 221. Ein Menschenhaar hat die Eigenschaft, sich durch Auf¬ nahme der Feuchtigkeit aus der Luft zu verlängern uud nach Abgabe dieser Feuchtigkeit wieder seine vorige Länge anzunehmen. Soll nun ein solches Haar zum Behufs eines Hygrometers eingerichtet werden, so muß es vom Kopfe eines lebenden, gesunden Menschen kommen. Zubereitet wird es durch Kochen in einer schwachen Soda¬ lauge, Auswaschen in reinem Wasser und Abtrocknen. Ein solches Haar wird an einem Ende unbeweglich in eine Zange befestigt, am anderen aber am Umfange einer Rolle angebracht, die sich frei um ihre Axe drehen kann, und so angespannt, daß es bei der gering¬ sten Verkürzung, die es erleidet, die Rolle merklich dreht. Damir diese aber bei der Verlängerung des Haares wieder in ihren vorigen Stand zurückgeführt werde, muß.sie durch ein Gewichlchen nach einer dem Zuge des Haares entgegengesetzten Richtung bewegt wer¬ den. Da die Verlängerung des Haares durch die Feuchtigkeit im¬ mer nur sehr gering ist, so macht man sie dadurch merklicher, daß man an der Rolle einen Zeiger anbringt, der über einem Kreisbo¬ gen spielt und auf demselben bei der kleinsten Längenänderung des Haares um ein Merkliches weiter rückt. Dieser Bogen enthält die Hygrometerscale, deren äußerste Puncte dem Stande des Zei¬ gers bei der größten Trockenheit und Feuchtigkeit entsprechen. Um Raumlehre. 5. Auff. 12 178 Saussure'S Hygrometer. den Punct der größten Feuchtigkeit zu bestimmen, wird derAppa- rat in einen inwendig mit Wasser befeuchteten und auch mir Wasser gesperrten Glasrecipienten gebracht und so lange darin gelassen, bis sich das Haar nicht mehr verlängert. Zur Bestimmung des Punctes der größten Trockenheit wird er in eine gut abgetrocknete Glasglocke gebracht, nahe an ihm ein heißes, cylindrisch gebogenes, mit geglühter Pottasche überzogenes Eisenblech gestellt, alles luft¬ dicht gesperrt und in diesem Raume so lange gelassen, bis sich das Haar selbst dann nicht mehr verkürzt, wenn man die Temperatur erhöht. Der Punct der größten Trockenheit wird mit 0, jener der größten Feuchtigkeit mit 100 bezeichnet, und der Zwischenraum in 100 gleiche Theile getheilt. Auf solche Weise erhält man das Hygro¬ meter, welches Sa u ssu re's Namen führt und in Fig. 92 abge¬ bildet ist. Um dieses Instrument kennen zu lernen, muß man folgende Betrach¬ tung «»stellen: Die Wasseriuenge, welche das Haar aus der Luft aufnimmt, hängt von zwei einander entgegenwirkenden Kräften ab, nämlich von der anziehenden Kraft des Haares und von dein Be¬ streben der Dünste ausdehnsam zu bleiben. Die erstere Kraft ist desto kleiner, je mehr Dünste bereits ausgenommen sind, die zweite, je näher die Expansivkraft der Dünste ihrem Maximum ist. Wird daher ein Hygrometer in Luft gebracht, welche Wasserdünste vom Maximum der Spannkraft enthält, so nimmt es einen Thcil Dün¬ ste aus, und ist die Lustmasse hinlänglich groß, so wird dicserDunst- verlust für sie nicht merklich seyn, das Maximum der Expansivkraft fortdauer», und das Haar sich ganz mit Wasser sättige» können.So ost daher ein Haarhygrometer aus den Punct der größten Feuchtig¬ keit hinweiset, kann man mittelst der bekannten Temperatur, bei der dieses geschieht, die Expansivkrast des Dunstes aus der Tafel S. 170 entnehmen. Nicht so leicht erreicht man diesen Zweck für gerin¬ gere Hygrometergrade. Steht die Spannkraft der Dünste unter ih¬ rem Maximum, so tritt eher ein Gleichgewicht zwischen der Anzie¬ hung des hygroskopischen Körpers und der Expansivkraft derDünste ein, als jener sich mit Wasser gesättiget hat, und das Hygrometer bleibt unter dein Feuchtigkeitspuncte stehen. Da ist aber der Hygro¬ metergrad nicht zugleich der Feuchligkeitsgrad, und man kann auf theoretischem Wege durchaus nicht aus einem den anderen bestimmen, sondern muß zu diesem Vehufc besondere Versuche anstellen. Solche sind bereits von mehrere» eingestellt worden, worunter Gay-Lus- sa c und Mellon! besonders genannt werden müssen. Gay-Lus- sac ging von dem Satze aus, daß Wasserdünste, die aus wässeri¬ gen Salzauslösungen sich bilden, eine geringere Spannkraft haben, Saussure's Hygrometer. 179 als die aus reinemsWasscr entstandenen; er erzeugte mehrere solche Salzlösungen und bestimmte dHe Spannkraft der daraus entwickel¬ ten Dünste bei bestimmten Temperaturen, brachte hierauf ein Haar¬ hygrometer in einen Recipienten, der mit einer solchen Salzlösung gesperrt war, und beobachtete den Stand desselben, wenn er sta¬ tionär geworden war. Wiewohl da die Dünste die für die obwal¬ tenden Umstände größte Spannung erreichten, so blieb doch das Hygrometer unter 100 stehen, weil diese Dünste eine geringere Spannkraft hatten, als die aus reinem Wasser entstandenen. Be¬ trug die Spannkraft jener von der Spannkraft dieser, so war der Feuchtigkeitsgrad der Lust — 90; zeigte das Hygrometer nur 79", so war man gewiß, daß 79 Hygrometergrade 90 Feuchtigkeits¬ graden entsprechen. Noch einfacher und sicherer ist M elloni's Ver¬ fahren. Dieser Gelehrte brachte das Haarhygrometer in einen Glas- recipienten, der Wasserdünste vom Maximum der Spannkraft ent¬ hielt und durch eine ziemlich hohe Quecksilbersäule gesperrt war. Da mußte das Hygrometer 100° zeigen. Wurde nun dec Recipient um eine bestimmte Größe gehoben, so erweiterte sich der von den Dünsten eingenommene Raum um eine bestimmte Größe, die Dünste nahmen in einem bestimmten Verhältnisse an Dichte und Spann¬ kraft ab, und man konnte leicht aus dem vorigen Maximum und der stattgefundenen Verdünnung die Expansivkraft der Dünste be¬ rechnen, zugleich aber auch den Hygrometecstand beobachten und so den Zusammenhang dieser beiden Größen erkennen. Die folgende Tafel enthält einige Resultate,beider Gelehrten: Man sieht, daß die Übereinstimmung der beiderseitigen Resultate nicht groß ist; wahrscheinlich befolgt jedes Haar hierin ein anderes Gesetz, so daß schon von dieser Seite einHaarhygrometer ein sehr schwer zu adjustirendes Instrument ist; vielleicht kommen die Differenzen auch daher, daß es sehr schwer hält, zwei solche Instrumente in ihren unmittelbaren Anzeigen völlig übereinstimmend zu machen. Aber selbst abgesehen von dieser Schwierigkeit, so sinkt der Werth dieses Instrumentes sehr, wenn man sieht, wie nach und nach das Haar¬ feine Empfindlichkeit verliert. Es stirbt, wie jede organische Sub¬ stanz, mit der Zeit ab, wird für Dünste immer unempfindlicher, 12 * 180 Delu c' s Hygrometer. die beiden Fnndamcntalpnncte der'Scale rücken einander näher inid fallen zuletzt zusammen. Wenn inan auch die Haare einer tausend¬ jährigen Mumie noch empfindlich und zum hngroinctrischen Ge¬ brauche geeignet gesunde» hat; so darf man doch nicht behaupten, daß dieses für ausgelaugte und gespannte Haare ein günstigesZeug- niß gebe. (Zeitsch. I. 464.) 222. Nebst den angeführten Hygrometern hat auch noch das Deluc'sche wenigstens einen historischen Werth. Es ist demLaus- sure'schen in; Baue ähnlich, nur ist es kleiner und hat statt des Haares einen dünnen Streifen guer über die Fasern geschnittenen Fischbeines. T er Punct der größten Trockenheit wird wie beim Haarhygrometer bestimmt, der Punct der größten Feuchtigkeit hin¬ gegen durch Einsenken des ganzen Fischbeines in Wasser. Die.Scale wird wie in Saussure's Hygrometer eingetheilt und bezeichnet. Ein Fischbeinhygrometer kann mit einem Haarhygrometer nicht überein¬ stimmen, man hat aber doch beide mit einander verglichen und hieraus den jedem Grade entsprechenden Feuchtigkeitszustand bestim¬ men gelernt. Es wird auf dem Continente wenig gebraucht. 223. Die Antwort auf die Frage: welches der hier besproche¬ nen Hygrometer verdient den Vorzug? kann heut zu Tage nicht mehr zweifelhaft seyn. Das Haar- und Fischbeinhygrometer, so wie alle Instrumente derselben Art, bleiben immer nur nothdürf- tige Aushilfsmittel da, wo nichts besseres zu Gebote steht; sie andern sich mit der Zeit und werden endlich ganz unempfindlich, jedes spricht e ne andere Sprache, an Übereinstimmung ist nicht einmal bei neuen Instrumenten zu denken und selbst im günstigsten Falle muß aus dem Hygrometergrade erst der Feuchtigkeitsgrad be¬ rechnet werden. — Schwefelälherhygroweter fordern jedesmal, wenn man ein Resultat haben will, einen besonderen Versuch, der mit Vorsicht und Aufmerksamkeit angestellt werden muß, und man bedarf dazu einer Flüssigkeit, des Schwefeläihers, die nicht überall zu haben ist. Das Thermo-Hygrometer entspricht aber allen gerechten Anforderungen, die man an ein Hygrometer machen kann. Ist cs mit einem Apparate t versehen, der eines der zwei! Thermome¬ ter stets naß erhalt,so gibt es auf einen Blick jederzeit die zur Be¬ rechnung der Feuchtigkeit nothigen Daten. Ein solcher Apparat kann aus einem Fläschchen bestehen, welches sich inj der Nähe der zu benetzenden Thermometerkugel befindet und Wasser enthält, das durch einen Baumwollfaden oder durch den verlängerten Musselin- Literatu r. 181 Überzug beständig und zwar in so kleinen Quantitäten aufgesaugt wird, daß zwar der Überzug der Kugel naß bleibt, aber sich doch keine Wafsertropfen am unteren Ende desselben zeigen. Der Ein¬ fluß des Luftdruckes ist nur gering und kann, wo nicht sehr große Schärfe Noch thut, mitseinem mittleren Werthe eingeführt werden, sodaß man an einem bestimmten Orte keine besondere Barometer¬ beobachtung braucht; die bereits vorhandenen Tabellen geben schnell das gesuchte Resultat. Über Hygrometer siehe: Lambert's Hygrometrie. Augsb. 1774. Saussure's Hygrometrie; aus dem Französischen. Leip¬ zig, 1784. Unuinerati» atczus ckeseriptio Ir^groinetrorum etc. auctore 61. Ilopf. Oottingae 1830. Vollständig handelt dar¬ über der Supplementband S. 244—284. 182 Dritter Abschnitt Bewegung der Körper (Dynamik). Erstes Kapitel. Allgemeine Bewegungsgesetze, die der festen Körper insbesondere. 224. ^ede OrtSveränderung heißt B ewegung, das Ver¬ harren in demselben Orte Ruhe. Da jeder Ort ein absoluter oder relativer ist, je nachdem er auf den absoluten unbegrenzten Raum oder auf einen begrenzten Theil desselben bezogen wird; so kann auch jedeBewegung als ab sol ut e oder relative betrachtet wer¬ den. Erstere ist für uns gar nicht erkennbar; letztere erkennen wir aber aus der Veränderung der Lage gegen ein System von Kör¬ pern, das wir für ruhend annehmen. Weil ein Körper nicht zu der¬ selben Zeit in zwei verschiedenen Orten seyn kann; so muß er zur Bewegung eine gewisse Zeit brauchen, und weil er nicht von einem Orte an einen anderen gelangen kann, ohne alle dazwischen liegenden Puncte stetig zu durchlaufen; so muß er einen bestimmten Weg zurücklegen. Je nachdem der Weg gerad oder krumm ist, heißt die Bewegung gerad- oder krum mlin ig. Die krummlinige Be¬ wegung, bei der sich ein Körper um eineAxe dreht, heißt drehend, jede andere fortschreitend. 225. Die Eigenschaft der Bewegung, vermög welcher ein Körper in einer gewissen Zeit einen gewissen Raum zurücklegt, heißt G e sch w i n d i g k eit. Haben alle Theile eines Körpers die¬ selbe Geschwindigkeit, so braucht man nur die eines einzigen Thei- les zu betrachten, um die Bewegung deS ganzen Körpers kennen zu lernen. Bleibt bei einer Bewegung die Geschwindigkeit stets die¬ selbe, so heißt sie gleichförmig, wo nicht, u ngle i ch fö rmig. Im letzteren Falle kann sie eine beschleunigte oder verzö¬ gert« seyn, je nachdem die Geschwindigkeit zu- oder abninkmt. Gleichförmige Bewegung. 183 226. Es gibt in der Natur zweierlei Kräfte, die sich durch ihre Wirksamkeit wesentlich von einander unterscheiden, nämlich sol¬ che, die nur einen Augenblick wirken, hernach aber das Bewegliche ganz sich selbst überlassen, und andere, deren Thätigkeit durch eine angebbare Zeit ununterbrochen fortdauert. Diese letzteren Kräfte sind wieder von zweifacher Art; einige wirken nämlich immer mit derselben Stärke und heißen beständige Kräfte; andere haben aber bald eine größere, bald eine geringere Intensität und werden veränderliche Kräfte genannt. Bewegung, welche durch momentan wirkende Kräfte h erv o rg eb c acht wird. 227. Eine momentan wirkende Kraft erzeugt immer eine ge¬ radlinige und gleichförmige Bewegung, weil das Bewegliche wegen seiner Trägheit weder seine Richtung, noch seine Geschwindigkeit, dir es durch die momentane Einwirkung der Kraft erhalten hat, selbstthätig ändern kann. Drückt man bei dieser Bewegung Zeit und Raum nach bestimmten Einheiten durch eine abstracte Zahl aus; so lassen sich diese zwei Zahlen mit einander vergleichen. Ihr Verhältnis; zu einander ist die Geschwindigkeit. Die Ge¬ schwindigkeit—! ist diejenige, vermög welcher ein Bewegliches den Raum 1, in der Zeit — 1, zurücklegt. Ist daher der Raum — r, die Zeit — t, die Geschwindigkeit — auf dieselbe gewirkt haben, die Geschwindig¬ keit 2c, wenn deren drei gewirkt haben, 3c, und wenn n ihre Wirkung geäußert haben, uc —b. Man hat daher /> : Y — I : n c : 6 — 1 : n, mithin c : b Es ist leicht, diesen Beweis auf incommensurable Kräfte aus¬ zudehnen. Dieser Satz gilt aber nur für gleiche Massen. Kraste, welche auf ungleiche Massen wirken, müssen nothwendig in einem anderen Verhältnisse stehen. Gesetzt, es bewege eine Kraft de¬ ren Wirkung nur einen Augenblick dauert, die Masse st/ so, daß alle Theile derselben die Geschwindigkeit — und parallele Rich¬ tungen haben, eine andere Kraft ? von derselben Natur wie Z' be¬ wege eben so die Masse m mit der Geschwindigkeit o; so denke man sich z> in so viele parallele und gleiche Kräfte zerlegt, als st/ Einhei- ten hat. Jede dieser Kräfte wirdseyn. Zerlegt man auch? in so viele gleiche und parallele Kräfte, als m Einheiten hat; so ist wie¬ der jede dieser Kräfte—und man hat: e oder Zft? — bst/: cm. Zusammensetzung u. Zerlegung d. Bewegungen. 185 Für wird t7M — em und : nr — e: 6. Dieses Product aus der Masse in ihre Geschwindigkeit nennt man die Große der Bewegung (eigentlich Größe der bewegenden Kraft). Es ist zugleich das Maß der Krafts, die man bewegende Kraft nennt/ zum Unterschiede von der Krafts/ welche auf die Masse — I wirkt und beschleunigende Kraft heißt. Denn setzt man in obiger Proportion p — 1, o — I, m — I / d. h. nimmt man diejenige Krafc als Einheit an, welche der Masse — 1 die Ge¬ schwindigkeit — 1 ertheilt, so ist: ?: 1 — : 1, und 229. Die Proportionalität der Kräfte und der durch sie er¬ zeugten Geschwindigkeiten berechtiget uns auch, Bewegungen so zusammenzusetzen und zu zerlegen, wie dieses mit Kräften gestattet ist. Haben z. B. die Kräfte und Y (Fig. 93) einen gemeinschaft¬ lichen Angriffspunct und die Richtungen und sind ferner die von ihnen erzeugten Geschwindigkeiten <9 und o — ^<7; so ist die Diagonale des Parallelogramms der Ge¬ schwindigkeiten ^lLO<7 die Geschwindigkeit der Resultirenden K. Denn nennt man diese Geschwindigkeit w, so ist: : u — e : m 17 : H : ^D, daher auch <7 : w — und weil <7—ist, m — 230. Wenn der Winkel spitzig ist, so läßt sich die Be¬ wegung ^l(7 in und zerlegen, wovon erstere in die Rich¬ tung von fällt, letztere aber auf ihr senkrecht steht. Man kann sich also vorstellen, als wurde durch die Kraft die Geschwindigkeit des Punctes nach der Richtung um die Größe vermehrt. Ist stumpf (Fig. 94), so zeigt eine ähnlicheZerlegung der Be¬ wegung ^(7 in und^lk7, daß die Geschwindigkeit des Punctes^ Nach der Richtung um vermindert wird. Nur bei Bewe¬ gungen, deren Richtungen einen rechten Winkel bilden, ist eine solche Zerlegung unmöglich, und man begreift daraus, daß solche Bewegungen auf einander keinen Einstuß haben. Bewegung, welche durch conti n ui rlich wirkende Kräfte hervorgebracht wird. 231. Eine ununterbrochen wirksame Kraft bringt eine be¬ schleunigte Bewegung hervor. Nach dem Gesetze, an welches diese 188 Continuirlich werdende Kraft. Kraft gebunden ist, richtet sich die Beschaffenheit der Beschleuni¬ gung, mithin die Natur der Bewegung. Hier kann nur diejenige Bewegung ausführlich betrachtet werden, welche durch eine bestän¬ dige beschleunigende Kraft hervorgebracht wird. Um in die Bewe¬ gung, welche eine solche Kraft hervorbringt, eine deutliche Ein¬ sicht zu bekommen, denke man sich die Zeit der Bewegung t in n gleiche Theile von der Dauer getheilt, und stelle sich vor, als wirke die beschleunigende Kraft nur im Anfänge eines jeden solchen Zeittheilchens, aber immer mit derselben Starke. Man sieht leicht ein, daß die Bewegung während der Dauer von - gleichförmig seyn wird, daß aber die Geschwindigkeit in den auf einander folgenden Zeittheilchen stets zunehmen muß. Heißt die im ersten Zeittheilchen erlangte Geschwindigkeit^, so ist die im zweiten Zeittheilchen 2^, im dritten 3/, im nten »7 — 0. Je kleiner oder je größer n ist, desto schneller folgen die beschleunigenden Wirkungen der Kraft auf einander und desto mehr nähert sich die Kraft einer ununterbro¬ chen wirkenden. Die Grenze, welcher sich u ohne Ende nähert, ist » — W, diejenige, welcher die Kraft immer näher kommt, ist eine ununterbrochene Wirksamkeit; daher wirkt für u — M die Kraft ohne Unterbrechung. In diesem Falle sind aber die Geschwindigkei¬ ten den Zeiten, in denen sie erlangt wurden, proportionirt. Da eine Bewegung, deren Geschwindigkeit im geraden Verhältnisse mit der Zeit wächst, eine g lei ch fö rm ig b eschl eunig te heißt; so ist klar, daß durch eine beständige, ununterbrochen wirksame Kraft eine gleichförmig beschleunigte Be¬ wegung hervorgebracht wird. Man darf aber nie vergessen, daß das, was hier die Geschwindigkeit vorstellt, von dem, was sie bei der gleichförmigen Bewegung angab, verschieden sey. Denn dort war es der Raum, der wirklich in einer Zeiteinheit zurückgelegt wurde, hier ist es derjenige, welcher in einer Zeiteinheit zurück- gelegt würde, wenn von einem Augenblicke an die Kraft zu wir¬ ken aufhörte und sich das Bewegliche blos vermöge seiner Trägheit fort bewegte. 232. Um die Gesetze der gleichförmig beschleunigten Bewegung zu entwickeln, bediene man sich derselben Vorstellung wie vorher. Ist dieser gemäß § der in der Zeit t zurückgelegte Raum, 7 die im Gleichförmig beschleunigte Bewegung. L87 ersten Zeittheilchen - — 7- erlangte Geschwindigkeit; so ist der Raum, welcher im ersten Zeittheilchen zurückgelegt wird— 77- „ „ ,, zweiten „ „ „ — 2)-7- „ „ „ dritten „ » — 877- ,, „ „ erteu „ „ „ — »77- mithin s — 77--1-277--s-377-7^-^7777- —77- (k-l-2-l-3 -l-....rr) er 7777- »'77- 77'77- 77'77- x " 2»' Aber 777 ist gleich der Endgeschwindigkeit 0 und 777- — t, mit¬ hin — -s- —. In diesem Ausdrucke ist das zweite Glied 2er 2 von 77 unabhängig, das erste wird desto kleiner, je größer 77, d. i. je schneller die'Wirkungen der beschleunigenden Kraft auf einander folgen. Es nähert sich daher § dem Wcrthe ^in demselben Maße, in welchem sich die beschleunigende Kraft einer ununterbrochen wirksa¬ men, oder in welchem sich die Bewegung einer gleichförmig beschleunig¬ ten nähert. Für die beiderseitige Grenze der Annäherung ist daher - -- M, wo r den Raum vorstellt, welcher in der Zeit t mit der Endge¬ schwindigkeit e zurückgelegt wird. Heißt § di- in der ersten Secunde erlangte Geschwindigkeit; so ist —1:t, und 0 —(2) aus 1 und 2 folgt L — (3), und hieraus - - cn endlich, aus 2 und 4, 0 — V 2§§ (5) § ist das Maß der.beschleunigenden Kraft oder der doppelte Raum, welcher in der ersten Secunde zurückgelegt wird, wie man aus 3 ersieht, wenn man t — 1 setzt. Aus diesen Formeln erkennt man, daß bei der gleichförmig beschleunigten Bewegung 1) die Räume sich verhalten wie die Qua¬ drate der Zeiten, oder 2) daß die in auf einander folgenden glei¬ chen Zeiten zurückgelegten Räume wie die ungeraden Zahlen Gesetze der gleichiörm. beschleunigten Beweg. wachsen. Heißt nämlich für die Zeit (l—1), was» für t be¬ deutet, seist (2t-1). Da eine gleichförmig beschleunigte Bewegung, rückwärts betrachtet, als gleichförmig verzögert erscheint, d. h. als eine solche, bei wel¬ cher die Geschwindigkeit in demselben Verhältnisse abnimmt, in welchem die Zeit wächst; so sind in den hier entwickelten Formeln auch die Gesetze dieser Bewegung enthalten. 233. Aus dem, was früher über die Schwere gesagt wurde, kann man abnehmen, daß schwere Körper im freien Falle von Ho¬ hen, die gegen den Halbmesser der Erde verschwinden, eine gleich¬ förmig beschleunigte Bewegung haben müssen, vorausgesetzt, daß die Schwere auf bewegte Körper so wirkt, wie auf ruhende. Die Erfahrung lehrt auch wirklich, daß die im freien Falle unter den angegebenen Umständen zurückgelegten Raume den Quadraten der Zeiten proportionirt sind, mithin daß die Bewegung eine gleich¬ förmig beschleunigte ist. Diese Erfahrung läßt sich wegen der zu be¬ deutenden Höhe, dis dazu erfordert würde, und wegen des Wi¬ derstandes der Luft, nicht wohl beim freien Falle machen , aber es gibt eine Vorrichtung, die unter dem Namen der Atwo o d'schen Fallmaschine bekannt ist, mittelst welcher man die Fallhöhe in einer Secunde beliebig vermindern und aus den Resultaten der Versuche, die sich mit ihr anstellen lassen, doch auf die Gesetze beim freien Fall schließen kann. Diese Vorrichtung besteht in ihrer einfachsten Gestalt aus einer siren Rolle a (Fig. 95), über deren Umfang eine feine Schnur 5 geht, welche am Ende Schälchen zur Aufnahme bestimmter Gewichte hat. Die Rolle ist an einer verti¬ kalen, in Zolle eingerheilten Säule befestiget, an der man den Weg, den eine Schale zurücklegt, messen und mit der Zeit der Bewegung vergleichen kann. Qst das Gewicht der Rolle, der Schnur und der Schalen, z* das Gewicht, welches auf eine der beiden Schalen, Z--s- ,, dasjenige, welches auf die andere gelegt wird, ferner die Beschleunigung der Schwere im freien Falle §, in der Atwood'schen Fallmaschine g' ' so hat mau (kU-l- -I- das ist (^Z -l- 2Z>) — (s —sch und daher - A — S Wollte man, daß eine Schale in der ersten Secunde t. Zoll zurück- Fallmaschine. Freier Fall.. !89 lege, mithin die Geschwindigkeit 2 Zoll erlange, so hätte man — 2 und z- — wenn Z — 31Z. " 372 I. gesetzt wird. Wegen der drehenden Bewegung derRolle-ist die Rechnung nur beinahe richtig; eigentlich sollte man nur ihre halbe Mahe in Rechnung bringen. 234. Wenn man in den Formeln 232 für die gleichförmig beschleunigte Bewegung statt§ die Größe derSchwere setzt; so gel¬ ten sie für den freien Fall und können daher zur Auflösung aller da¬ hin gehörigen Aufgabe» gebraucht werden. Man muß aber hierbei nie vergessen, daß § für Orter von verschiede, er Breire auch einen verschiedenen Werth hat. Die Erfahrung lehrt, daß, wenn die Be¬ schleunigung der Schwere in einer Breire von 45" gleich §, in ei¬ ner Breite x aber gleich ist, die Gleichung Statt findet: g' — § (1 — 0.001837 2-). Für Wien beträgt der Werth von § — 31.03018 Fuß. 235. Betrachtet man einen schweren Körper auf einer schiefen Ebpne, so findet man, daß er auch durch eine beständige und con- tinuirlich wirkende Kraft abwärts getrieben wird und daher eine gleichförmig beschleunigte Bewegung annehmen muß, wenn von allen Hindernissen der Bewegung abgesehen wird und die Höhe der schiefen Ebene nicht gar zu groß ist. Stellt z. B. (Fig. 96) den Durchschnitt einer schiefen Ebene mit einer auf ihr senk¬ recht stehenden, verticalen Ebene vor, ist ihre Höhe, ihre Länge, HL ihre Basis, — a ihr Erhöhungswinkel, und end¬ lich Lder Schwerpunct eines Körpers, Lw die Richtung der Schwere, 6O ihre Größe — Z ; so kann man LV in die auf senk¬ rechte LV und in die mit ihr parallele vv zerlegen, wovon er¬ stere durch den Widerstand der schiefen Ebene aufgehoben wird, während die letztere eine Bewegung längs derselben hervorbringt und relative Schwere heißt. Da Lw auf VL, und LV auf senkrecht steht; so ist VLV — ^Lv — a und daher — LV Z'. n'n. a, also eine Kraft, die für einerlei Werth von «beständig ist, wenn § unverändert bleibt. — Mittelst der schiefen Ebene hat G a liIäi zuerst die Gesetze des Falls schwerer Körper in der Erfahrung dargethan. 236. Setzt man in den Formeln für die gleichförmig beschleu¬ nigte Bewegung statt o, „„d versteht unter § den doppel¬ ten Fallraum m der ersten Sccunde beim freien Falle; so gelten 190 Fall über eine schiefe Ebene. die so entstehenden Formeln für den Fall über eine schiefe Ebene. Man hat deshalb, wenn t', e dasselbe für die schiefe Ebene sind, was s, t, e für den freien Fall bedeuten, c — (1) r — - t — v/—— (3) c — V a. (4) V A.Fina 237. Wenn ein Körper auf der schiefen Ebene (Fig. 97) bis O gekommen ist, und die Frage entsteht, wie weit er in derselben Zeit im freien Falle gekommen wäre; so errichte man imPuncreO auf AL die senkrechte OO, und man hat AO als den in Frage stehenden Fallraum. Denn setzt man ALL — a und nennt w den gesuchten Raum; so wird AO — .An a und w — —, d. h. AO — w. rin. a oder —-— a:. 2 2 rrn.n Aber wegen LAO — LAL und AOO — ALL ist auch AOO — a, AO und daher —— — AL, mithin w — AL. rrn a- 233. Wendet man diesen Satz auf den verticalen Durchmes¬ ser AL (Fig. g8) eines Kreises und dessen Sehnen AL oder LL an; so findet man, daß AL, AL und LL gleichzeitige Räume find. Daß dieses von AL und AL gilt, zeigt schon der rechte Winkel bei L, aber um es auch für AL und LL einzusehen, ziehe man LO senkrecht auf LL, LO vertical, und es sind LL und LO gleichzei¬ tige Räume. Da aber LO — AL, so müssen auch AL und LL gleichzeitige Räume seyn. Es ist klar, daß alle von A und L ans gezogene Sehnen unter einander gleichzeitig seyn werden, weil jede einzelne mit AL gleichzeitig ist. Da durch Drehung des Krei¬ ses um seinen Durchmesser eine Kugel beschrieben wird; so sieht man, daß alle Sehnen, welche vom höchsten Punete einer Kugel ausgehen oder im tiefsten Punete derselben zusammentreffen, gleich¬ zeitige Räume sind. 239. Ein Körper erlangt dieselbe Geschwindigkeit, er mag die Länge AL (Fig. 97) einer schiefen Ebene, oder ihre Höhe AL zu¬ rückgelegt haben; denn es ist: 6 — V 2g . AL, c' — V 2Z'.A LH. a. aber AL.Ancr — AL, mithin o — ck. Eine Folge dieses Satzes ist, daß ein Körper beim Fall durch zwei schiefe Ebenen von ver- Gleichzeitige Räume beim Fall. 101 chiedenen Neigungswinkeln aber gleichen Hohen, wie z.B. durch ^D und ^lL (Fig. 99) eine gleiche Geschwindigkeit erlangt. 240. Sind ^D und DL (Fig. 100) zwei schiefe Ebenen, die unter dem Winkel ^DL zusammenstoßen; so erlangt ein Körper, der sich von bis 6 darauf bewegt, dieselbe Geschwindigkeit, als wenn er sich auf der Geraden AL bewegt hätte, vorausgesetzt, daß er in D keinen Verlust an Geschwindigkeit erleidet. Denn weil er dieselbe Geschwindigkeit erlangt, er mag sich von D aus über DL oder über DL bewegen; so muß auch der Zuwachs an Geschwin¬ digkeit durch DL und DL derselbe seyn, wenn er in D mit einer gewissen Geschwindigkeit anlangt, und deshalb im Falle über ADL und über ADL dieselbe Geschwindigkeit bekommen. Der Körper er¬ leidet aber in D einen Verlust an Geschwindigkeit; denen er sucht mit der Geschwindigkeit, mit der er in D anlangt, nach DL fort¬ zugehen. Heißt diese Geschwindigkeit o — DL, so zerlege man sie in die auf DL senkrechte LL und in die mit ihr parallele DL, und man sieht leicht ein, daß nur mit letzterer der Körper über DL hinabgleitet. Es ist aber DL — DL. cos LDL — o. cws ü, wenn LDL — ö ist, und daher der Verlust an Geschwindigkeit: DL — DL — o. — e. ö — o (1 — ü). Ware ADL eine krumme Linie, so hätte man ö—0 und — 1, daher der Verlust der Geschwindigkeit — 0. 241. Bisher wurden die Fälle betrachtet, wo sich ein Körper auf einer Unterlage von bestimmter Form bewegt, durch welche ihm der Weg vorgeschrieben ist, den er zu nehmen hat. Aber die Gesetze der Bewegung, die ein Körper in diesen Fällen befolgen muß, gelten auch, wenn man ihn auf eine andere Weise, z. B. durch ein von oben angebrachtes Hinderniß an einen solchen Weg bindet. So muß sich ein Körper, der sich um eineAxe drehen kann, die nicht durch seinen Schwerpunct geht, nach denselben Gesetzen bewegen, als wenn er sich in einer kreisförmigen Rinne befände. Ein solcher Körper, der um eine nicht durch den Schwerpunct ge¬ hende Achse bewegt werden kann, heißt ein Pendel und zwar ein physisches oder zusammengesetztes. Den^t man sich einen schweren Punct D (Fig. 101) an einer nicht schweren und nicht trägen geraden Linie AD, die um A gedreht werden kann; so hat man einen Begriff von einem mathematischen oder einfa¬ chen Pendel. Man kann aber auch eine kleine Kugel an einem feinen Faden, dessen Länge den Durchmesser der Kugel wenigstens 192 Pendelbewcgung. sechsmal übertrifft, ohne großen Fehler als einfaches Pendel an¬ sehen. 242. Wird das einfache Pendel aus seiner verticalen Lage ^77 nach ^6 gebracht, und da sich selbst überlassen; so wird es durch die Schwere nach 77 hingetrieben, und beschreibt den mit ^77 in der¬ selben verticalen Ebene liegenden Bogen (777. Um die Kraft zu finden, mit der dieses geschieht, sey (7w die Richtung der Schwer¬ kraft, (7L — § ihre Beschleunigung, a der Erhöhungs- oder Elon- gationswinkel (7A77, und man zerlege (777 in die auf ^/(7 senk¬ rechte OT-', und die mit ihr parallele (77); so wird letztere durch den Widerstand der Linie 0^7 aufgehoben, und zur Bewegung des Pen¬ dels bleibt nur mehr (7A — LAl.nA 0777" — L-rr a, weil 0777' — (7^177 —a ist. Da diese Kraft für einerlei Werth von § vom^m a abhängr, der iinmer kleiner wird, so wie sich das Pendel der Verci- calen^77 nähert; so ist die Bewegung von <7 bis 77 eine ungleich¬ förmig beschleunigte. In 77 hat das Pendel die größte Ge¬ schwindigkeit, es muß sich daher vermög der Trägheir weiter be¬ wegen und zwar wegen des Widerstandes der Linie ^777 im Bogen 7777, und wegen ungleichförmiger Gegenwirkung der Schwere mit ungleichförmig v erzög erter Bewegung. Offenbar wird 7777 gleich <777 seyn müssen. In 77 tritt wieder derselbe Fall ein, wel¬ cher in <7 Statt hatte, das Pendel steigt nach 7777 herab, erhebt sich wieder nach (7, und würde so seine Schwingungen ohne Unter¬ laß fortsetzen, wenn keine Hindernisse diese Bewegung störten. 243. Die aus dem Ausdrucke der beschleunigenden Kraft des Pendels abgeleitete Bewegung desselben laßt sich noch mehr aus der Formel einsehen, welche dessen Geschwindigkeit in jedem Puncte seiner Bahn angibt. Es sey das einfache Pendel ^l77 (Fig. 102) UM den Winkel (77177 — a von seiner verticalen Lage entfernt worden und bereits bis 7) gekommen, so daß 7)^/L —7 ist. Die Bewegung des Pendels ist so beschaffen, als wenn sich ein Körper in einer kreisförmigen Rinne (77) bewegt hätte, weil offenbar der Wider¬ stand der Stange^77 den Widerstand der Rinne im vorhergehenden Hall vertritt. Nach 240 findet da kein Verlust an Geschwindigkeit Statt, und daher erlangr auch das Pendel im Falle durch (77) die¬ selbe Geschwindigkeit, als wenn es frei den verticalen Weg 777 zurückgelegt hätte, welchen man findet, wenn man <777 und 7)7? senkrecht auf ^777 zieht. Es ist also für die Geschwindigkeit c in 7) c - V2ü- L7-', Schwingungszeit. 193 oder weil L2? — und ö, ^lL — eos a ist o — (oc>s ö — oos a). Es ist daher o desto großer, je kleiner S ist; deshalb ist die Bewe¬ gung beschleunigt, und zwar ungleichförmig beschleunigt. Ist daS Pendel in der Lage so istö —o, mithin o—^2Z- (1—oosa). Für -s- 5 und — ö hat o einerlei Werth, mithin wird die Bewe¬ gung im Aufsteigen nach denselben Gesetzen verzögert, wie sie im Fallen beschleuniget wurde; es kann aber 5 nicht größer werden als a, weil da (oosö — oo§a) negativ und daher o eine unmögliche Größe würde. 244. Die Bewegung vom höchsten Puncte der Bahn l7 (Fig.101) bis zum höchsten Punete Han der anderen Seite der Vertikalen heißt eine Schwingung. Heißt die Zeit, in der eine solche vollbracht wird t, die Länge des Pendels l, das Kreisverhältniß -r; so lehrt die höhere Analysis für einen Ausschlagwinkel, der nicht über 10 Gr. beträgt, daß man hat: Für einen größeren Ausschlagwinkel oder wo eine gar große Ge¬ nauigkeit verlangt wird, muß man setzen Haben für ein anderes Pendel D, L, 6 dieselbe Bedeutung, wie im jetzt betrachteten r, t, so ist und Die Formel r — ir - gilt eigentlich nur für die Radlinie, bei welcher t der Durchmesser des Erzeugungskreises heißt, und r ist in ihr ganz unabhängig von der Größe des Ausschlagwinkels, weil diese Linie die merkwürdige Eigenschaft hat, daß kleine und große Bögen in derselben Zeit zurückgelegt werden. 245. Heißt n. die Anzahl der Schwingungen, welche ein Pen¬ del von der Lange l in einer Zeit D macht, äV dasselbe für ein Pen¬ del von dec Länge so ist, wenn 7, L, 6 und § ihre vorigen Bedeutungen beibehalten, 2' — und D nt, mithin Naturlehre. 5. Aufl. 1Z 194 Schwingungspunct. sVI" — nt oder u : Pfi — D: t, das ist er : kV — X/- : > / - oder : iv V (/ V § er': ^ — I,: Hat man ein Pendel von der Länge L, das in einer Seenadel Schwin¬ gungen macht; so findet man die Länge des Secnndenpendels t aus kV' : 1 — s : L , d. i. k — äV' L. Diese Gesetze der Pendelschwingungen sind wieder ein Gcistesproduct LeS berühmten Galiläi. Schon in seinem achtzehnten Jahre machte ihn das Schwingen einer Lampe im Dom zu Pisa daraus aufmerksam. 246. Wiewohl diese Gesetze blos für ein einfaches Pendel ent¬ wickelt sind, so lassen sie sich doch auf ein zusammengesetztes an- wcnden, welches um eine horizontale Axe schwingt. Denn ein sol¬ ches zusammengesetztes Pendel kann als ein System einfacher, aber ungleich langer, in verticalen Kreisen schwingender Pendel ange¬ sehen werden. Die Schwingungen der kürzeren werden durch die der längeren verzögert, jene der längeren durch die der kürzeren be¬ schleunigt, während jenePuncte, die in einer gewissen, zur Axe des Pendels parallelen, geraden Linie liegen, so schwingen, als ob sie mit den übrigen Puncten des Pendels gar nicht verbunden wären. Diese Puncte heisst man Schwingungspuncte, die Entfernung eines jeden derselben von der Axe gibt die Länge eines zusammengesetzten Pendels, die in Rechnung gebracht werden muß, wenn man die vorhin dargestellten Formeln auf sie anwenden will. Die Linie, in welcher die Schwingungspuncte liegen, heißt die Axe der Schwingungspuncte. Sie hat die merkwürdige Ei' genschaft, daß man sie mit der Drehungsaxe verwechseln kann, so daß ein Pendel an ersterer aufgehängt, nun die Schwingungspuncte in der vorigen Drehungsaxe hat. Sind an einer Pendelstange zwei Axen so angebracht, daß sie Secunden schlägt, man mag sie um die eine oder um die andere Axe schwingen lassen; so gibt die Entfernung beider Axen die Länge des einfachen Secnndenpendels. Hierauf beruht die Einrichtung des Reversionspendels (Suppl- S. 298). Daß dabei, noch auf die Größe der Schwingungsbogen und auf die Gewichtsverminderung des Pendels in der Luft (20Ü) Rücksicht genommen werden müsse, versteht sich von selbst. Man kann die Länge des mir dem zusammengesetzten Pendel gleichzeitig schwingenden, einfachen Pendels beiläufig finden, wenn man ein Gebrauch des Pendels. !95 einfaches Pendel neben dem zusammengesetzten aufhangt und es so lange verlängert oder verkürzt, bis beide gleichzeitig schwingen. Die Länge des einfachen Pendels gibt dann die Entfernung der Dre- hungsaxe von der Axe der Schwingungspunctc. Genauer lehrt dieses die Rechnung. 247. Die Gleichzeitigkeit aller Schwingungen eines Pendels, welches immer dieselbe Lange beibehalt, empfiehlt es zum bequemen und richtigen Zeitmesser. Man braucht es nur mit einem Rä¬ derwerke zu verbinden, welches bei jedem Schlage des Pendels um einen oder mehrere Zähne weiter rückt und zugleich einen Zeiger mit sich herumführt, der die Anzahl der geschehenen Schwingungen anzeigt. Am sichersten nimmt man dazu ein Secundenpendel, aus dessen Schwingungen man noch leicht j Secunde abnehmen kann. Bevor man diesen Gebrauch des Pendels kannte, mußte man sich auf eine elende Art mit Wasser- und Sanduhren behelfen und aus der Menge des Wassers oder Sandes, die aus einer Öffnung eines weiten Gefäßes abgeflossen, die Zeitdauer abnehmen. Man sieht wohl auf den ersten Blick, wie unsicher dieses Verfahren seyn mußte und wie viel Dank wir dem berühmten Huyghens schulden, der zuerst den Gebrauch des Pendels als Zeitmesser lehrte. Su¬ des Pendels beruht auch der musikalische Zeitmesser ; das Centrifugal-Pendel (ein Pendel, welches bei jeder Schwingung eine Kegelfläche beschreibt), und dessen Anwendung auf Tertienzähler. 248. Wenn ein Pendel ein ganz genauerZeitmesser seyn soll, so muß es' von der ausdehnenden Kraft der Wärme so wenig als möglich afficirt werden. Deshalb muß eS stets in Orten aufbewahrt werden, wo der Temperaturwechsel nicht groß ist, oder, wo dieser nicht ganz vermieden werden kann, zu Pendelstangen ein Material gewählt werden, das sich in der Wärme nur wenig ausdehnt, wie z. B. gut ausgetrocknetes, in Ohl gesottenes und dann überfirnißtes Holz. Am besten setzt man Pendelstangen aus mehreren Stücken so zu¬ sammen, daß sich die Wirkungen der Wärme gegenseitig aufheben. Eine solche Vorrichtung heißt eine Compensatio n. Eine der einfachsten, sinnreichsten Compensationen ist die sogenannte Quecksilbercompensation (Fig. IOZ). Die Stange SS wird durch die Wärme verlängert und das Quecksilber so ausgedehnt, daß es den Raum QSZA einnimmt. Ist nun die Quecksilbermenge richtig ausgemittelt, so senkt sich der Schwingungspunct des Pen¬ dels durch die Ausdehnung der Stange um eben so viel, als er sich wegen Ausdehnung des Quecksilbers erhebt, und die Länge dessei- 13* 196 Compensationspendel. ben bleibt beständig. Denselben Zweck sucht man auch durch die sogenannten Rostpendel zu erreichen, deren eines Fig. 104 vor¬ stellt. ist die Pendelstange von Eisen, von demselben Material sind auch die Stangen <7/1 und cck, während LL und «/'von Zink sind. Wenn nun die Ausdehnung des Zinkes doppelt so groß ist, als die des Eisens; so wird, weil das Pendel in <7 aufgehängt ist, die Senkung des Schwingungspunctes durch die Ausdehnung der Pendelstange und der Hilssstangen 6/), --t durch das aufge¬ hoben, um was er sich bei der Ausdehnung der Zinkstangen LL, e/ hebt. Sehr sinnreich ist die von Martin angegebene Compensa- rion (Fig. 105). ist die Pendelstange, <7L ein Querblech, in 6 und L mit kugelförmigen Massen versehen, die sich der durch Schrauben nähern oder davon entfernen lassen. QL besteht aug zwei wohl an einander geschraubten Blechen, die sich in der Wärme verschieden ausdehnen, und wovon das mehr ausdehnbare unten ist. Ist nun <70 bei irgend einer Temperatur gerade; so nimmt es bei größerer Wärme die Form QL', bei geringerer die Form <7"L" an, und erhält so den Schwingungspunet des Pendels, ungeachtet der Ausdehnung oder Zusammenziehung der Pendelstange stets in derselben Entfernung von der Axe. 249. Noch wichtiger wird dem Physiker das Pendel dadurch/ daß es die Gesetze der irdischen Schwere, die in 100 aus einem allgemeinen Naturgesetze abgeleitet wurden, unmittelbar darthut, und zwar wie folgt: 1) Die Richtung eines ruhigen Pendels zeigt die Richtung der Schwere an. 2) Die Gleichzeitigkeit kleiner Schwingungen bei Pendeln von gleicher Lange thut die state un¬ veränderliche Wirksamkeit der Schwere an einem und demselben Orte der Erde dar. 3) Der Umstand, daß Pendel von dem man¬ nigfaltigsten Materiale, wenn sie nur gleich gestaltet sind, gleich¬ zeitig schwingen, beweiset, daß alle Materie gleich schwer sey. 4)Setztman int —t —I, sowirdü- —— 9.86960 (, mithin ist auch die Beschleunigung der Schwere durch die Länge des Secundenpendels gegeben. Für Wien ist L — 3.144021 F. ö) Da ein Pendel am Gipfel eines Berges weniger Schwingun¬ gen macht, als am Fuße desselben; so nimmt die Schwere ab, wenn man sich' vom Erdmittelpuncte entfernt. 6) Durch Pendel¬ beobachtungen hat man das schon von Newton aufgestellte Gesetz bewahrt gefunden, daß die Schwere gegen den Äquator zu ab¬ nimmt, gegen die Pole überwächst; denn Richer sand (I. 1672), daß ein Pendel, welches in Paris Secunden schlug, auf der Insel Gesetze des Wurfes- 197 Cayenne verkürzt werden mußte/ um auch dort Secunden zu schla¬ gen. 7) Sogar die Gegenseitigkeit der Anziehung unter allen Kör¬ pern der Erde wird aus den Erscheinungen sichtbar/ die uns Pendel darbieten. Man bemerkt nämlich/ daß ein Pendel in der Nähe gro¬ ßer Berge gegen dieselben abgelenkt wird. Schon Newton ließ Gold, Silber, Blei, Glas, Sand, Kochsalz, Wasser, Weihen und Holz in gleichen Kreisbogen schwingen, und fand, daß ihre Schwingungen gleichzeitig seyn; neuestens hat B es¬ se! ähnliche Versuchs mit der.diesem ausgezeichneten Forscher ei¬ genen Genauigkeit angestellt, und zwar mit Gold, Silber, Blei, Eisen, Zink, Messing, Marmor, Thon, Quarz, Wasser, Meteor¬ eisen und Meteorstein, aber keine Andeutung erhalten, daß der Satz, alle Körper seyen gleich schwer, nicht wirklich das Naturgesetz sey. (Pogg. Ann. 25. 401.) Bouguer und Condamine fanden, daß ein Pendel, welches am Ufer des Meeres in 24 Stunden 98770 Schwingungen machte, eS zu Quito (90Z6 Fuß höher) nur auf 98740, auf dem Pichincha (14988 Fuß über dem Meere) gar nur auf 98720 Schwingungen brachte. Bougu er berechnete hieraus die Abnahme der Schwere und fand, daß sie, wenn man sie an der Meeresfläche — 1 setzt, zu Quito 0-999249, auf dem Pichincha 0.998816 sey. -— Man kann es als eine durch die Erfahrung bestätigte Sache ansehen, daß die Länge t eines Secundenpendels unter der Breite . Sind und Tangenten auf und L, ferner l7D auf 6L auf Lp- senkrecht; so ist D.AL'a — —mithin auch : Lü — LL: d.i. die Geschwindigkeiten verhalten sich verkehrt wie die Senkrechten, welche vom Mittelpunkte der Kräfte auf die Tangente des Ortes des Beweglichen gezogen werden. Hieraus ersieht man schon, daß die Bewegung in einem Kreise, dessen Mittelpunkt zu¬ gleich jener der Centralkräfte ist, gleichförmig, hingegen in einer Ellipse, deren ein Brennpunkt Mittelpunkt der Centralkräfte ist/ theils beschleunigt, theils verzögert seyn müsse. 258. Geschieht die Bewegung durch Centralkräfte in einem Kreise, so findet man die Größe der Centripetalkraft z> auf fol¬ gende Art: Ist (Fig. 111) ein sehr kleines Stück eines Kreis¬ bogens, der durch Centralkräfte beschrieben wird; so kann man ohne merklichen Fehler annehmen, daß die Centripetalkraft mit unverän¬ derter Stärke und nach parallelen Richtungen wirke, solange sich das Bewegliche in befindet. Man hat daher (232.3) z> — ^. (»), wo § den Weg bezeichnet, den das Bewegliche durch bloße Wirkung der Centripetalkraft in der Zeit t zurücklegen würde. Zieht man 202 Centriperalkraft im Kreise. von Z auf den Halbmesser ^76 — n die senkrechte Linie so schneidet sie von ^<7 das Stück r ab; weil aber ein sehr kleines Stuck des Kreises ist, so kann man es mit seiner Sehne verwechseln und annehmen: : 2A(7, oder Ak? AL' . AL' . . .. ... AL' d. r. » — —, mithin aus (a) /> — . (L). Man hat aber auchAL —ct, wenn o die Geschwindigkeit bedeutet, mit welcher die Bewegung im Kreise geschieht, daher wird aus (b) o* . . Heißt die Zeit, in welcher ein Umlauf gemacht wird, t, und 2^^ das Kreisverhälmiß so ist e —, und daher aus (e) 4^' Bedeuten L, L, k7 dasselbe für einen zweiten Kreis: so ist L:/,— — : —. Diese Ausdrücke gelten zwar nur für Kreise, können aber auf jede krumme Linie angewendet werden, wenn man für L den Krümmungshalbmesser setzt, der dem Puncte der krummen Bahn entspricht, wo sich das Bewegliche befindet. 259. Nimmt man an L : v — so Wenn sich dieCentripetalkräfte verkehrt verhalten wie die Quadrate der Entfernungen, so verhalten sich die Quadrate der UmlaufSzei- ken wie die Würfel der Entfernungen. Dieses gilt auch umgekehrt; denn setzt man voraus: 7" : t' — L' : n' Flieh kr a fr. 203 Dieses Gesetz heißt dar Kepler'sche, weil es der große Kepler nebst dem 256 erwiesenen, und einem dritten am 15. Mai 1618 an der Bewegung der Himmelskörper besolgt fand. Die theoretischen Sätze über die Centralbewegnng verdanken wir dem unsterblichen N ewto n. 260. Wenn ein Körper durch Centralkräfte, oder durch eine Kraft und einen Widerstand gezwungen wird, sich in einer krum¬ men Bahn zu bewegen; so bekommt er vermöge seiner Trägheit ein Bestreben, sich von dieser Bahn zu entfernen, welches man Fliehkraft oder Schwungkraft nennt. Es ssy z. B. (Fig. 112) eine krumme Bahn, in der sich ein Körper bewegt, und man nehme der Leichtigkeit wegen an, sie sey kreisförmig. Ist er bis D gelangt, so sucht er wegen seiner Trägheit nach der Tangente DO fortzugehen. Gesetzt, er thue dieses wirklich, und zwar mit der Geschwindigkeit DO, so kann man sich DO in HO und DO zer¬ legt denken, wovon erstere in der Richtung des Halbmessers liegt, letztere aber fast mit dem Bogen DO zusammenfällt. Fährt aber dec Körper fort, sich im Bogen DO zu bewegen, so muß ein Wider¬ stand oder eine Kraft da seyn, wodurch DO aufgehoben wird. DO ist nun die Fliehkraft. Bei der Bewegung im Kreise ist sie der Centripetalkraft gleich und entgegengesetzt, kann daher auch wie diese ausgedrückt werden. Ist x> die Fliehkraft für die Masse 1, dieselbe für die Masse m, so wird />' — aber ? — —/ Mlthm ? — —- Bedeuten ?, stl, D, O dasselbe für einen anderen Kreis, in wel¬ chem sich die Masse bewegt; so wird D' — und , AID mn O : v . 261. Wenn sich ein Körper um eine Axe dreht, so bekommen alle außer derselben liegenden Theile ein Bestreben, sich nach einer auf sie senkrechten Richtung von ihr zu entfernen. Sind die Theile eines solchen Körpers verschiebbar, so kann dadurch eine Änderung rn der Gestalt desselben oder gar eine Trennung Statt finden. Eine weiche Kugel, die sich um einen ihrer Durchmesser dreht, bekommt eine abgeplattete Gestalt, weil die Theile, welche in der Ebene des größten, auf der Axe senkrechten Kreises liegen, eine größere ^chwungirafc haben, als diejenigen, welche sich in einer anderen 204 Freie Ax«n. Ebene befinden. Sind die Theile eines sich drehenden Körpers nicht verschiebbar, so geht ans ihrer Schwungkraft eine Wirkung auf die Axe hervor. Ist die Axe vollkommen symmetrisch von Masse um¬ geben, so wird die Schwungkraft jedes Theilchens durch die gleiche und entgegengesetzte eines anderen Theilchens aufgehoben, und es heben sich daher auch ihre Wirkungen auf die Axe auf. Darum heißt diese auch eine freie Axe. Von der Art ist die Axe der Erde, jene unserer gewöhnlichen Schwungräder rc. Eine solche kann wäh¬ rend der Dauer der drehenden Bewegung nur durch eine bedeutende Kraft verrückt werden, wenn der Körper auch während des Zustan¬ des der Ruhe durch die kleinste Kraft aus dieser Lage gebracht wer¬ den kann, weil die Schwungkraft jedes Theilchen in der Ebene zu erhalten sucht, in der es sich zu drehen begann. Dieses läßt sich besonders gut mit einem von Bohnenberger angegebenen In¬ strumente versinnlichen, das in Fig. 113 abgebildet ist. Es besteht aus drei unter rechten Winkeln gegen einander beweglichen Ringen A, und aus einer innerhalb des kleinsten derselben angebrachten massi¬ ven, um ihre Axe beweglichen Kugel L. An der Axe derselben ist eine kleine Rolle angebracht. Gibr man dem inneren Kreise und da¬ durch auch der Axe der Kugel eine schiefe Lage, befestiget an einem Stifte der Rolle eine mit einer Schlinge versehene feine Schnur, wickelt sie fast ganz auf, und setzt dann durch einen raschen Zug an diesem Faden, wodurch man ihn ganz abwickelt, die Kugel in eine schnelle drehende Bewegung; so kann man das Jnstrumenlchen frei Herumtragen und die Axe wird immer nach derselben Gegend Hinsehen; selbst kleine Steinchen, die man auf den Umfang des inneren Ringes herabfallen laßt, bringen es nicht aus seiner Lage, wiewohl es im ruhigen Zustande durch die kleinste Berüh¬ rung verrückt wird. Bringt man am unteren Theile des inneren Ringes ein kleines Gewichtchen an, welches denselben, wenn kein Dre¬ hen Statt findet, so herabzieht, daß die Axe der Kugel vertical steht, neigt dann den inneren Kreis gegen den Horizont und erregt die drehende Bewegung; so nimmr die Axe nicht alsogleich die verticale Lage an, sondern bewegt sich nach einer Richtung, welche der Rich¬ tung der Rotation der Kugel entgegengesetzt ist und zwar mit einer desto größeren Geschwindigkeit, je langsamer die Axendrehung der Kugel wird. (Gilb. Ann. 60.60.) AuS der Fliehkraft erklären sich: das Spitzen nasser Räder oder der Schleifsteine beim Unidrehen, das heftige Herumschleudern der Stoß der Körper. 205 Stücke eines gebrochenen, im Laufe begriffenen Rades oder Mühl¬ steines, das oftmalige Losreißen eines Hammers vom Stile wäh¬ rend des Schwunges; Heß's Wassermaschine (ein System offener, um eine vertikale Axe beweglicher und gegen dieselbe geneigter Röh¬ ren, die unten im Wasser stehen, oben aber in eine Rinne sich mün¬ den (Fig. 114); die Wirkung der Schleuder, der Ventilatoren, und die vielerlei Erscheinungen, welche mittelst der sogenannten Ceutral- maschine hervorgebracht werden. Siche über Centralbewegung: sVen-kon- mal/remal/s«. lio/rck. 1687. commenr. commrtm »ku-tio H et te d>eui" et D. 6e- 1793- tloz/rmenk. />c>t»L!M«nr ckoan. /VaAas 1780. tom. /. v. Stoß der Körper. 262. Wenn ein Körper an eine bewegliche Masse stoßt, so erleidet er nicht nur eine Veränderung, sondern bewirkt auch eine an der gestoßenen Masse. Die Größe und Beschaffenheit dieserVer- änderung hängt von der Richtung der bewegten und zusammensto¬ ßenden Körper, von ihrer Geschwindigkeit, Masse und Gestalt, ja auch von ihrer Elasticität und ihrem Aggregationszustande ab. Der Stoß heißt gerade, wenn die Richtung der Bewegung der Körper auf der Ebene, wo sie einander im Anfänge des Stoßes be¬ rühren, senkrecht ist, sonst schief; man nennt ihn central, wenn die Richtung der Körper vor dem Stoße durch deren Schwer- punct geht, excentrisch, wenn dieses nicht der Fall ist. Bei kugelförmigen, homogenen Körpern, die hier vorzüglich betrachtet werden sollen, ist jeder gerade Stoß auch ein centraler. 263. Wie der Stoß auch beschaffen seyn mag, so geht doch immer eine Veränderung in der Bewegung der Körper vor. Da häufig bei einer solchen Veränderung die Geschwindigkeit aller Theile eines Körpers bis zu einem bestimmten Grade wachsen muß, und dieses nicht augenblicklich geschehen kann; so wird dazu auch eine gewisse Zeil erfordert. Wirkt nun eine Masse auf eine andere zu schnell, als daß sich die Geschwindigkeit in alle Theile bis zum gehörigen Grade in rechter Zeit verbreiten könnte; so werden die unmittelbar getroffenen Puncte des gestoßenen Körpers die ganze Gewalt des Stoßes aushalten müssen. Ist der Zusammenhang der Theile nicht groß genug, um dieser Gewalt zu widerstehen, so er¬ folgt eine Trennung. Dieses erläutern unzählige Erscheinungen. Z-B. ein Bret, welches so aufgestellt worden, daß es durch einen 206 Stoß unelastischer Massen. mäßigen Druck umgeworfen werden kann, bleibt stehen, wird aber durchlöchert, wenn es von einer scharfen Flintenkugel getroffen wird; eine Glastafel wird von einer solchen Kugel durchlöchert, ohne zersplittert zu werden, während letzteres bei einem schwächeren Drucke, der eine Trennung der Glastheile zur Folge hat, nie unter¬ bleibt; ein schwacher Faden, der einen Stein hebt, wenn man dabei langsam anzieht, zerreißt, wenn man beim Anziehen zu eilig verfährt; Schießpulver in ein dazu bestimmtes FelSlochgeschüttet und mit losem Sande bedeckt, zersprengt den Fels, wenn es angezündet wird u. a. m. 264. Sind AI und m unelastische Massen, die sich mit den Geschwindigkeiten <7 und n, und zwar gerade und central sto¬ ßen ; so ist AI<7 die Größe der Bewegung der ersten, mn die Größe der Bewegung der zweiten Masse, und es ist einerlei, ob AI mit der Geschwindigkeit <7 auf m wirkt, oder ob die Kraft, welche der Masse AI die Geschwindigkeit <7 ertheilte, unmittelbar ihre Wirkung aufm äußert. Bewegen sich nun AI und m gegen einander, und es ist AI(7 — mn, so ruhen beide Massen nach dem Stoße. Ist aber AIt7> mn, so bleibt von den Kräften AI<7 und mc nach dem Stoße noch AIl7—mn, und diese Kraft muß die Masse AI -j- m nach der Richtung, welche der Masse AI vor dem Stoße eigen war, fortbe¬ wegen. Geschieht dieses mit der Geschwindigkeit w, so ist AIl7—-mn — (AI -j- m) w, oder —— — w. AI-l-m Bewegen sich beide Massen in derselben Richtung, so "muß die anstoßende Masse AI der gestoßenen m Bewegung mittheilen, da¬ durch verliert sie aber selbst, und zwar so lange, bis beide Massen mit gleicher Geschwindigkeit sortschreiten. Heißt diese Geschwindig¬ keit w, so ist AI t7-j- mn das Maß der Resultirenden vor dem Stoße, (AI -s- m) dasselbe nach dem Stoße, und daher AI (0— w) der Verlust an bewegender Kraft bei der Masse AI, m (w — n) der Gewinn bei der Masse m, und ire . AIi7 -l- mn AI (o—— (w — n) oder w --. AI -s- m Für n o wird w AI-i-m Alle drei Fälle stellt die Formel w - dar, wo n Al-j-m positiv oder negativ genommen wird, je nachdem es mir <7 der Rich- Gerader Stoß. 207 tung nach übereinstimmt, oder ihr entgegengesetzt ist, d. i. je nach¬ dem sich beide Massen vor dem Stoße nach einer oder nach ent¬ gegengesetzten Richtungen bewegen. 265. Aus den Gesetzen des Stoßes sür unelastische Massen lassen sich leicht jene ableiten, welche beim Stoße elastischer Körper Statt finden; man braucht nur den Einfluß der Elastieität mit in Rechnung zu bringen. Um die Beschaffenheit dieses Ein¬ flusses einzusehen, betrachte man, was sich ereignet, wenn ein ela¬ stischer Körper an eine feste, unbewegliche Wand anstößt. Sobald der Stoß beginnt, wird der Körper zusammengedrückt, so daß sein auf der getroffenen Fläche senkrechter Durchmesser vermindert wird ; dabei erleidet er dieselbe Veränderung , als wenn er fest wäre, d. i. er verliert stufenweise seine Bewegung. So wie seine Geschwindig¬ keit vermindert wird, läßt auch der Druck auf die Fläche nach; wenn er diese ganz eingebüßt hat, fängt er an, seine vorige Gestalt wieder anzunehmen und sich auszudehnen. Dadurch erlangt er die vorhin verlorne Größe der Bewegung von Neuem, aber nach ent¬ gegengesetzter Richtung , vorausgesetzt, daß er vollkommen elastisch ist. Wäre dieses nicht der Fall, so würde er nur einen Theil der verlornen Größe der Bewegung wieder erlangen. 266. Stoßen zwei elastische Massen (Fig. H5) AI und nr zu¬ sammen, so ist leicht einzusehen, daß jede für sich eineVeränderung erleidet, die jener ähnlich ist, welche vorhin angegeben wurde. Ge¬ setzt die Massen HI und m schreiten vor dem Stoße mit den Ge¬ schwindigkeiten <7 und n fort, wo e negativ ist, wenn m eine der Hs entgegengesetzte Richtung hat. Berühre» sich beim Beginne des Stoßes die Massen in A, so mag ÜA<7 eine Ebene seyn, die auf der Richtung der Bewegung der Körper HI und nr senkrecht steht und gegen welche der Stoß beider Massen gerichtet ist. Offen¬ bar ist hier alles so wie vorhin, nur mit dem Unterschiede, daß die Ebene LA<7 selbst beweglich gedacht werden muß. Deshalb wird auch die Geschwindigkeit des anstoßenden Körpers in dem Augen¬ blicke, wo die Zusammendrückung in Ausdehnung übergeht, nur in so weit verloren gegangen seyn, bis sie der Geschwindigkeit der Ebene UA(7 oder des gestoßenen Körpers gleich kommt; denn in diesem Falls ist es gerade so, als wenn die anstoßende Masse und die Ebene LA<7 gegen einander in Ruhe wären. Verwandelt sich während des Zusammendrückens <7 in w, so beträgt der Verlust an Größe der Bewegung der Masse HI, HI (L7E'n?), und ihre Größe 208 Gerader Stoß. der Bewegung nach dem Stoße Mr — M (C—w) — MC, wenn c die Geschwindigkeit nach dem Stoße bedeutet; daher ist 1) — U w-C—6. Auf gleiche Weise findet man die Geschwindigkeit c' der Masse m nach dem Stoße 2) 2r — o — o'. Setzt man für w den Werth aus 264, so wird (M—m)C-j-2mo (ur—M) 6-s-2MC M-f-ur M-f-ur Aus diesen Formeln ergeben sich mehrere wichtige Folgerungen. Setzt man M — m, so erhält man C — o und o — C; d. i. ela¬ stische Körper von gleicher Masse vertauschen durch den Stoß ihre Geschwindigkeit und Richtung. Ruht die Masse m., so ist <7 __ — ">) 6 2 MC M -ch- m M -j- m' Der Werth von C' ist nun positiv oder negativ, je nachdem M>m oder M-< m ist; daher werden auch die Richtungen des anstoßen¬ den Körpers für die beiden Fälle einander entgegengesetzt seyn. Aus den Werthen C und o' in 1 und 2 wird C <— o' — c — C, d. i. die relative Geschwindigkeit beider Körper nach dem Stoße ist der relativen Geschwindigkeit vor dem Stoße gleich, aber der Rich¬ tung nach entgegengesetzt. Dieselben^Werthe von C und o' in 1 und 2 geben: MC" -l-mC — 4w' (M m) — 4w (MC -s- mc) -j- MC -k- me', oder für wden Werth gesetzt MC -4- mC — MC -l- mC d. i. beim Stoße vollkommen elastischer Körper ist die Summe der lebendigen Kräfte vor und nach dem Stoße gleich. Letzteres ist ein besonderer Fall des sogenannten Princips der Erhaltung lebendi¬ ger Kräfte. Die Gesetze des Stoßes wurden fast gleichzeitig von W a ll i s , Huy- ghens und Wren entdeckt. 267. Um die Übereinstimmung dieser Gesetze mit der Erfah¬ rung zu prüfen, bedient man sich der sogenannten Stoßmaschi¬ ne, wie sie N o llet und L'G ravesande angegeben haben. Das Wesentlichste einer solchen Geräthschaft besteht in mehreren, an Schiefer Stoß. 209 gleich langen Faden und <70 (Fig. 116) hängenden Kugeln/ die so neben einander hangen, daß ihre Körper L und D einander berühren und ihre Mittelpuncte in derselben Hohe liegen. Hinter ihnen befindet sich ein Kreisbogen der von seinem untersten Puncte angefangen nach aufwärts zu beiden Seiten in Grade ge- theilt ist. Wird einer dieser Körper bis 6 gehoben und dann frei gelassen, so erlangt er beim Fallen durch den Bogen 6L eine Ge¬ schwindigkeit, die man nach 243 finden, und gleich am Gradbogen selbst ein für allemal anmerken kann. Zu Versuchen über den Stoß fester, unelastischer Körper nimmt man Massen aus trockenem Thon oder Mehlteig, für elastische wählt man Elfenbein oderGuajacholz. Hängt man mehrere elastische Kugeln von gleichem Durchmesser neben einander, hebt dann eine gewisse Anzahl auf, und läßt sie zugleich herabfallen, damit sie an die übrigen anstoßen; so stiegen auf der entgegengesetzten Seite gerade so viele weg, als auf der anderen gehoben wurden. Der Grund dieser Erscheinung liegt in 266. Wählt man solche Kugeln, die von einer Seite gegen die andere beständig an Große zunehmen, und man ertheilt der grö߬ ten derselben eine gewisse Geschwindigkeit; so muß die zweite da¬ durch schon eine größere Geschwindigkeit erlangen, die dritte eine noch größere, und so fort bis zur kleinsten und letzten, welche die größte Geschwindigkeit haben wird. H u p g h e n s führt in seinem Werks -ko moe» c.r nnne so/,. /,0-e/-. eom. /I. /-SZ-. 104) folgendes Beispiel an: Hängen 100 elastische Kugeln neben einander, deren Massen wachsen, wie die Zahlen 1, 2, 4, 8, rc., und es stoßt dis größte mit der Ge¬ schwindigkeit 1 an die nächstfolgende; so muß die letzte mit einer Geschwindigkeit sortfliegen, dis nahe durch 2338500000000 ausge¬ drückt wird, 268. Beim schiefen Stoß laßt sich die Richtung der beweg¬ ten Körper immer in zwei auflösen, wovon eine für sich einen ge¬ raden Stoß gibt, während die andere gar nichts zum Stoß beiträgt. Betrachtet man daher die erstere für sich allein, und findet die Ge¬ schwindigkeit und Richtung nach dem Stoße, die daraus hervorge¬ hen würde, setzt diese mit der vorhin außer Acht gelassenen zusam¬ men ; so erhält man die wahre Richtung und Geschwindigkeit nach dem Große. Gesetzt es bewege sich eine unelastische Masse nach der Richtung Aü (Fig. 117) gegen die unbewegliche Ebene (77), und es sey ihre Geschwindigkeit durch LL ausgedrückr- Löst man SL Naturlchrs, 5. Aufl, 14 210 Ex c-ntvi sch er Stoß. in die mitLD parallele AD und in die auf ihr senkrechtes auf; so sieht man, daß letztere durch den Widerstand der Ebene aufge¬ hoben wird und daß sich der Körper nach dem Stoße längs der LA mit der Geschwindigkeit AD fortbewegen muß. Ist der Körper ela¬ stisch, so wird im Momente des Zusammendrückens AL aufgeho¬ ben, aber im Momente der Ausdehnung eine Geschwindigkeit nach entgegengesetzter Richtung erzeugt, die bei vollkommener Elasticitat des Körpers gleich -86, widrigenfalls aber kleiner ist als AL. Iß nun in der Voraussetzung des ersteren Falles AD —AL, so nimmt der Körper nach dem Stoße die Richtung der Diagonale A/ des Pa¬ rallelogramms AD/D, und man kann leicht beweisen, daß AAL — /AD ist. Geschähe der Stoß auf die gekrümmte Fläche DAA, so müßte dasselbe wie vorhin geschehen, wenn LD die Berührungs¬ ebene auf dem getroffenen Puncte A von AL- verstellt. — Sind M und m (Fig. 118) Massen, wovon eine die Richtung Mr, die andere die Richtung m/ hat, so daß sie im Anfänge des Stoßes Lis in der Figur gezeichnete Lage gegen einander haben, und stellen AID und mA die Geschwindigkeiten der Massen vor dem Stoße vor; so ziehe man durch die Mittelpuncte der Massen M und m die ge¬ rade Linie LD und zerlege MA in die auf LD senkrechte DA und in die mit ihr parallele MD, eben so mA in mL und LA. Die Kräfte mL und MD bewirken einen geraden Stoß, wozu LA und DA gar nichts beitragen. Erlangt M durch den Stoß die Geschwin¬ digkeit ML, so setze man sie mit DA zusammen, wo DD mit DA gleich und parallel ist, und es ist MD die Richtung der Masse Ak nach dem Stoße. Auf gleiche Weise findet man die Richtung der Masse m. 269- Der excentrische Stoß bewirkt außer der fortschreiten¬ den Bewegung, die so vor sich geht, als wäre der Stoß central, noch eine drehende um eine Axe, welche durch den Mittelpunct der Maße des gestoßenen Körpers geht und auf der Ebene, die den Mittel¬ punct der Masse und die Richtung des Stoßes enthält, senkrecht steht. Um sich davon zu überzeugen, sey der gestoßene Körper durch eine Ebene geschnitten, welche durch den Mittelpunct seiner Masse L (Fig. 11g), und durch die Richtung A.r der Kraft A LA geht, mit welcher der Stoß geschieht. Zieht man LL auf AA senkrecht, verlängert sie bis D, so daß LL — LD ist, bringt in D zwei einander entgegengesetzte und gleiche Kräfte DD und DD von Hindernisse der Bewegung. 2N der Große — an. die mit L parallel wirken; so wird dadurch an der Sache gar nichts geändert. Denkt man sich noch dazu? in zwei Kräfte LL und M zerlegt, die nach derselben Richtung wir¬ ken, und wovon jede ist; so hat man es mit vier Kräften zu thun, wovon M und DL eine durch 6 gehende Resultirende von der Große M -s- DL — L geben und daher eine fortschreitende Bewegung hervorbringen, während LD und DL eine Drehung um D bewirken. Bei dieser Drehung bleiben die in der Ebene der drehenden Kräfte liegenden Puncts des Körpers stets in dieser Ebene, die Drehung erfolgt daher um eine Axe, welche auf dieser Ebene senkrecht steht. — Über den Stoß findet man mehr in L6>ac-sLan.cie Leickas 1742. tc>m. I. 254 et L. Die ersten Originalaufsätze enthalten: tnaetatuz cis joenoussr'ons. 1699. Dunser» oz>./voLtA. Lucig-. Lat. 1703. p. 369. et L.) Zweites Kapitel. Hindernisse der Bewegung und ihre Wirkungen. 270. Die Erfahrung lehrt, daß die bewegenden Kräfte oft durch einen Widerstand gehindert werden eine Bewegung zu be¬ wirken, oder daß die Bewegungen, die sie hervorbringen, durch Hindernisse mehr oder weniger geschwächt werden. Solche Hinder¬ nisse sind: 1) die Reib ung, 2) Ker Widerstand des Mittels, d. i. derjenigen Flüssigkeit, worin sich ein Körper bewegt, 3) die Steifheit der Stricke. 271. Jeder Körper, er mag wie immer glatt oder geebnet seyn, hat an seiner Oberfläche Unebenheiten. Liegen nun zwei solche Körper über einander, so werden durch sdas Gewicht des aufliegen¬ den die Erhabenheiten des einen in die Vertiefungen des anderen eingedrückt, und sie können nicht über einander bewegt werden, außer die Erhabenheiten werden losgerifsen, verschoben oder ein Körper erhebt sich und übersteigt die Erhöhungen. Daß dazu eine Kraft erforderlich sey, versteht sich von selbst. Man kann sie auf zweierlei Arc anbringen; entweder so, daß sie unmittelbar dahin wirkt, wo die Reibung Starr findet, oder so, daß sie mittelst einer Maschine (eines Hebelarmes) die Theile angreift, wo die Reibung 14 * 2!2 Reibung. geschieht. Die Kraft, welche im ersten Falle der Reibung das Gleichgewicht hält, ist bas Maß der absoluten, die dasselbe im zweiten Falle leistet, das Maß der relativen Reibung. 272. Über die Reibung hat vorzüglich Coulomb genaue und lehrreiche Versuche angestellt. Er bediente sich dazu einer Vor¬ richtung, die schon früher von M u ssch e n b r o e k, wiewohl un¬ vollkommener, zu gleichem Zwecke angewendet wurde, und Rei- buugsmesser (Tribometer) heißt. Sie besteht (Fig. 120) aus einem sehr festen, horizontalen Tisch auf dem der Länge nach zwei Holzstücke a befestiget sind, die über denselben beiderseits hin- ausragen und auf einer Seile eine Rolle ü, auf der anderen einen Haspel c haben. Uber diese Holzstücke wird eine möglichst geglättete Bohle 71 so gelegt, daß ihre Oberfläche genau horizontal ist. Hier¬ auf kommt eine Schleife t7 zu liegen, die au jeder der zwei einan¬ der gegenüberstehenden Seiten Haken hat, wovon der eine dazu dient, um die Schnur zu befestigen, welche über die Rolle geht, und eine Wagschale zur Aufnahme derjenigen Gewichte trägt, die norhig sind, um die Schleife über die Dohle hingleiren zu wa¬ chen, der andere, um mittelst einer zweiten Schnur und des vor¬ hin erwähnten Haspels die Schleife wieder zurückführen zu kön¬ nen. Um Reibungsversuche unter möglichst abgeanderten Umstän¬ den machen zu können, wählte Coulomb Bohlen von verschie¬ denem Materiale, besonders von Holz und Metall als Unterlage, und eben so mannigfaltige Schleifen, ließ bald beide aus demsel¬ ben, bald jedes aus einem anderen Stoffe bestehen, änderte das Gewicht der Schleife und die Menge der Berührungspuncte mit der Unterlage verschieden ab, ließ sie bald ungeschmiert, bald »'N Schmiere versehen über einander gleiten, untersuchte die Reibung einmal gleich, nachdem die Schleife auf die Bohle gelegt worden war, dann aber einige Zeit später, nachdem sie in Berührung ge¬ kommen waren, sowohl wenn sie von Ruhe in Bewegung übergin¬ gen, als während der Bewegung selbst, erließ die Bewegung bald mir größerer, bald mit kleinerer Geschwindigkeit vor sich gehen und be¬ stimmte bei jedem dieser Versuche den R ei b u ngs e x p o n e nte N, d. i. das Verhält,riß des Druckes zu der Kraft, mir welcher sich der Körper zu bewegen anfing. Coulomb dehnte seine Versuchs auch auf die Reibung in Pfannen aus, indem er eine Rolle mit wohl abgerundeten Zapfen in Pfannen von verschiedenem Material drehen ließ und die Große der Reibung bestimmte. Gesetze der Reibung. 2!3 Viels von Cvulomb'S Vorgängern in der Untersuchung derselben Sa¬ che, z. B. Amontons, Bilfinger, bedienten sich dazu einer schiefen Ebene mit veränderlichem Erhöhungswinkel. Sie legten den Körper, dessen Reibung untersucht werden sollte, auf diese Ebene und vergrößerten den Neigungswinkel so lange, bis der Körper anfing, sich abwärts zu bewegen. Heißt mau diesen Winkel a, den Rcibungsexponcnten m, das Gewicht des Körpers^; so ist die Größe des Druckes, den der Körper auf die schiefe Ebene ausübt, «, mithin die Größe der Reibung die Kraft, mit welcher er längs der schiefen Ebene hinabgetrieben wird,^«»a. Da nun in dem Augenblicke, wo die Bewegung beginnt, die Rei¬ bung nahe der Kraft gleich ist, mit welcher der Körper hinabzuglei¬ ten sucht; so hat man Lin a — m? -WL a, das ist: m tanA a. 273. Die Resultate dieser Versuche sind folgende: I) Die Große der Reibung ist, bei übrigens gleichen Umständen , dem Drucke proportioni'rt, der Körper mag ruhen, oder sich mit was immer für einer Geschwindigkeit bewegen; nur bei faserigen Kör¬ pern nimmt die Reibung ab, wenn der Druck wächst. 2) Sie wächst mit der Zeit der Berührung, doch so, daß sie nach einer gewissen Zeit den größten Werth erlangt. Dieses geschieht bei Metall auf Metall fast augenblicklich, bei Holz auf Holz nach einigen Minu¬ ten, bei Holz auf Metall erst nach Tagen. 3) Sie ist desto großer, je rauher die sich berührenden Flächen sind ; doch kann sie auch eine zu strenge Politur vermehren. Bei mäßiger Glätte ist der Rei¬ bungsexponent 4) Bei harten Körpern ist die Reibung von der Große der Berührungsfläche unabhängig, bei weichen und faserigen wächst sie mit der Berührungsfläche. 5) Beim Übergänge aus der Ruhe in Bewegung beträgt die Reibung mehr als während der Bewegung. 6) Die Geschwindigkeit hat, wenn sie nichr sehr groß ist, keinen bedeutenden Einfluß auf die Reibung , so lange sich Holzarten oder Metalle ohne Schmiere auf einander reiben; bei Körpern verschiedener Art, z. B. bei Holz auf Metall, wächst die Reibung beinahe in einer geometrischen Progression, wenn die Geschwindigkeiten in einer arithmetischen zunehmen. 7) Gleichar¬ tige Körper reiben sich gewöhnlich stärker als ungleichartige, aber auch unter ungleichartigen findet ein bedeutender Unterschied Statt. So reibt sich z. B. Stahl am wenigsten auf Zink, mehr auf Messing, noch mehr auf Blei oder Kupfer, am meisten auf Zinn. 8) Cylindrische und runde Körper reiben sich weniger 214 Widerstand deS Mittels. als ebene, und würden es noch weniger thun, wenn sie nicht platt gedrückt würden. 9) Holz reibt sich auf Holz minder, wenn sich die Fasern durchkreuzen, als wenn sie parallel laufen. 10) Feuch¬ tigkeit vermehrt die Reibung der Holzer, Hitze die der Metalle. 11) Schmiermittel vermindern die Reibung, wenn sie zweckmäßig angewender und oft genug erneuert werden. Für verschiedene Kör¬ per thun auch verschiedene Schmiermittel die besten Dienste. 274. Aus diesen Gesetzen ergeben sich auch die Mittel, welche uns zu Gebote stehen, um die Reibung zu vermindern. Diese sind: Glatten der Oberflächen, Verminderung des Gewichtes des beweg¬ ten Körpers, so viel es andere Rücksichten zulasten, Vermeidung der Gleichartigkeit der Körper, die sich reiben, Umänderung der gleitenden Bewegung in eine rollende und zweckmäßige Anwen¬ dung der Schmiermittel. Hierauf beruhen alle Vorrichtungen, die zur Verminderung der Reibung angewendet werden, z. B. der Gebrauch der Walzen, der Reibungsrollen, der Garnet'schen Rä¬ der u. dgl. m. Die Reibung, von einer Seite ein natürliches Übel, ist von der ande¬ ren zu verschiedenen Zwecken nützlich. Mittelst der Reibung stehen Körper selbst auf einer schiefen Ebene fest, es lassen sich Körper zu- sammennageln, zusammenschrauben, schnelle Bewegungen vermin¬ dern, wie dieses z. B. beim gewöhnlichen Anheften der Schiffe ohne Anker, beim Hinablassen schwerer Fässer in Keller geschieht. Über die Reibung siehe: von Pro Ny saus dem Franz, von Langsdorf). Franks, a. M. 1795. 1. Bd. S. 504 u.s Metternich über die Reibung. Franks, a. M. 1789. B e v a n in den Jahrb. des k. k. polyt- Institutes. Bd, 17. 275. Fast alle Bewegungen geschehen in der Luft oder im Wasser. Es tritt daher überall der Widerstand der Luft oder des Wassers ein, der darin besteht, daß der bewegte Körper einen Theil dieser Flüssigkeit aus ihrem Raume verdrängen muß, welches die¬ selbe Wirkung hervorbringt, als wenn ein Theil seiner bewegenden Kraft ganz vernichtet worden wäre und er sich mit dem übrigen Theile dieser Kraft im leeren Raume bewegte. Mit der Berech¬ nung dieses Widerstandes haben sich die größten Mathematiker be¬ schäftiget und gefunden, daß er abhänge: 1) von der Dichte des Mittels, 2) von der Größe und Gestalt der Oberfläche des beweg¬ ten Körpers, 3) von dem Quadrate seiner Geschwindigkeit. Allein die Erfahrung stimmt mit diesen Gesetzen nur bei mittleren Ge¬ schwindigkeiten überein, bei größeren und bei sehr kleinen weicht sie S t e i f h e i r d e r S k r i ck215 sehr davon ab und zwar im ersteren Falle besonders deßhalb, weil die verdrängte Flüssigkeit auch nur mit einer gewissen Geschwindig¬ keit den vom bewegten Körper verlassenen Platz wieder einnimmt und daher hinter einer sehr schnell bewegten Masse gleichsam ein leerer Raum entsteht. Dieses ist bei der Bewegung in der Luft der Fall, sobald die Geschwindigkeit des bewegten Körpers etwa 800 Fuß übersteigt. Diese Gesetze werden es begreiflich machen, warum man Schiffe vorne nach der Richtung des Kieles enger werden läßt, warum ein Schnellsegler ganz anders eingerichtet seyn muß, als ein Schiff, das viel zu fassen bestimmt ist, warum ein Schiff nach der Länge so leicht, nach der Breite so schwer beweglich ist- Einem Vogel kommt sein äußerer Bau beim Fliegen,-einem Fische eben derselbe beim Schwimmen sehr zu Statten; ein schnell vorwärts schreitender Mensch sucht sich, besonders wenn er gegen den Wind geht, durch Vorwärtsneigen des Kopses dieses Vortheils einigermaßen t'heilhaf- tig zu machen. Von Nutzen ist dieser Widerstand beim Fliegen, Rudern, Schwimmen, beim Gebrauche eines Fallschirmes. Eine vortreffliche Sammlung von Untersuchungen über diesen Artikel findet man in: ^ZemsnU ,zz 6Z»rez^e enkuroli. kl/i- tano, 1817. . 22t. <7. /7/, navališ. 178-1. eozn. /. 20t e. r. 276. Man wird häufig in die Nothwendigkeit verseht, Stricke über Walzen oder Rollen zu biegen. Dazu braucht man aber, weil die Stricke der Biegung widerstehen, eine Kraft. Ist z. B. UOA (Fig. 12l) eine Walze, um welche der Strick ckMA gebogen ist, U das Gewicht an einem, <(- am anderen Ende des Strickes, und man nimmt an, daß die Walze von U nach 1) bewegt werde und den umgebogenen Strick mit sich sortführe. Da nun der Strick nicht vollkommen biegsam ist, so wird das Stücks beim Aufwinden von der verticalen Richtung Ul' abweichen und die Rich¬ tung UU' annehmen. Ist nun UL vertical durch den Schwerpunct des Gewichtes U' gezogen, so sieht man, daß größer seyn müsse als U', weil letzteres den Abstand LL, ersteres den Abstand ^17 von der Umdrehungsare (7 hat. Die Kraft L — U ist die Größe der Steifheit. ES wird zwar auch Ay von der verticalen Richtung ab¬ weichen, weil der Strick in gerade werden soll und dieses wegen Mangel an vollkommener Elasticität nicht geschieht, doch ist diese Abweichung so gering, daß man sie vernachlässigen und als vertical ansehen kann. Unterwirft man nach dieser Ansicht die Steif- 216 Einfluß der Hindernisse auf Bewegungen. heit der Stricke der Berechnung und vergleicht sie mit den Ver¬ suchen, die mehrere Physiker, insbesondere Amontons und Cou¬ lomb, angestellt haben; so findet man, daß sie bei übrigens glei, chen Umständen desto großer sey, je dicker der Strick, fe kleiner der Durchmesser der Welle, um die er gewickelt wird, und je grö¬ ßer die Kraft ist, welche ihn spannt. Die nähere Darstellung lie¬ fert: Eytelwein's Handbuch der Statik fester Körper. Berlin 1803. Bd. 2. S. 23 u. f. 277. Die hier erwähnten widerstehenden Kräfte sind Ursache, daß die Bewegungen der Körper in der Natur oft so bedeutend von den Gesetzen abweichen, die früher aufgestellt wurden. Wenn in einer Maschine zwischen Kraft und Last Gleichgewicht herrscht, so soll, der reinen Theorie nach, jeder Zusatz zur Kraft schon eine Bewegung zur Folge haben. Dieses ist aber nicht der Fall, und die Ursache dieser Erscheinung ist die Wirkung der widerstehenden Kräfte. Erst wenn die Kraft um so viel vermehrt worden ist, daß nach Abzug jenes TheilS, der verwendet wird, um der Last und den Hindernissen das Gleichgewicht zu halten, noch etwas übrig bleibt, erfolgt eine Bewegung. Wiewohl diese Kraft, welche man Uberwucht zu nennen pflegt, beständig wirkt; so bekommt doch die Maschine keine gleichförmig beschleunigte Bewegung, sondern nimmt bald nach Beginn der Bewegung einen gleichförmigen Gang an. Die Ursache liegt meistens darin, daß mit zunehmender Ge¬ schwindigkeit auch die widerstehenden Kräfte wachsen. 278. Wenn eine Kraft momentan auf einen Körper wirkt, so bewegt dieser sich auch nicht gleichförmig und beständig fort, wie es seyn müßte, wenn diese Bewegung ungehindert vor sich gehen könnte, sondern er kommt nach einigerZeir in Ruhe, nachdem seine Geschwindigkeit stufenweise obgenommen hat. 279. Der freie Fall schwerer Körper ist auch in den in der Natur verkommenden Fällen nicht gleichförmig beschleunigt, sondern nähert sich, in einem Mittel von gleicher Dichte, der gleichförmi¬ gen Bewegung immer mehr, ohne sie doch je zu erreichen. 2» Mitteln von zunehmender Dichte, z. B. in der Luft, kairn die Be¬ wegung gleichförmig, ja wohl gar verzögert werden, wie wir die¬ ses an fallenden Papierschnitzchen oder Federn sehen können. Dem Widerstande der Luft muß es auch zugeschrieben werden, daß nicht alle Körper von derselben Höhe gleich schnell zur Erde fallen; der dichtere kann den Widerstand leichter überwinden als der minder Hydrodynamik. 217 dichte, weil er unter demselben Volum, mithin bei demselben Widerstande des Mittels, mehr bewegende Kraft hat. Jndeß wird selbst der dichteste Körper, wenn mau ihn sehr sein zertheilt hat, nicht mehr den Widerstand überwältigen können, weil die Ober¬ fläche eines Körpers, von welcher der Widerstand mitunter abhängt, in einem geringeren Verhältnisse abnimmt, als die Masse, durch welche er überwältiget werden soll. Hierauf beruht das Schlemmen. Die Bewegung eines schweren Körpers über eine schiefe Ebene muß offenbar noch mehr von der gleichförmig beschleunigten abweichen, weil zum Widerstande des Mittels auch noch die Reibung kommt. Ein Pendel, das ohne widerstehende Kräfte ein wahres />en- jvs/llunr abgeben könnte, verliert diesen Vorzug blos durch die Ein¬ wirkung solcher Kräfte. Es wird nämlich durch den Widerstand der Luft und durch die Reibung an der Are dahin gebracht, daß es, wenn es auch von <7 (Fig. 101) herabgefallen, nicht wieder bis H steigt, und noch weniger wieder bis <7 zurückkommt. Es beschreibt vielmehr immer kleinereBögen, bis es endlich ganz in Ruhe kommt. Man kann aber doch bei zweckmäßiger Einrichtung die Bewegung mehrere Stunden anhaltend machen. 280. Daß die Elemente der Bahn eines geworfenen Körpers anders ausfallen, als die Theorie angibt, bestätiget die Erfahrung nur gar zu sehr. Es ist aber hier schwierig alle Hindernisse, z. B. die Reibung einer loSgeschossenen Kugel an den Wänden des Roh¬ res und den Widerstand der Luft, gehörig in Rechnung zu brin¬ gen; doch kann man leicht einsehen, daß der absteigende Arm der Wurflinie merklich stärkergekrümmt seyn müsse als der aufsteigende, daß dis Wurfhöhe und Wurfweite hinter der berechneten zurück¬ bleiben werde, und daß nur bei hinlänglich dichten Massen eine mä¬ ßige Annäherung der Erfahrung an die Theorie zu erwarten sey. Auch die größte Wurfweite findet nicht bei einem Elevationswinkel von 45° Statt, sondern bei einem viel kleineren. Drittes Kapitel. Bewegungsgesetze tropfbar flüssiger Körper. (Hydrodynamik.) Fortschreitende Bewegung. 281. Daß tropfbare Flüssigkeiten den bewegenden Kräften fol¬ gen, und daß, wenn einmal eine Bewegung bestimmter Art hervor- 218 Schwierigkeiten in derselben. gebracht ist, diese nach den allgemeinen Bewegungsgesehsn geschehen müsse, ist für sich klar, und in so fern wäre über die Bewegung solcher Flüssigkeiten nichts weiter zu sagen. Allein die Verschiebbar¬ keit der Theile und die dadurch begründete Fortpflanzung eines ein¬ seitigen Druckes nach allen Richtungen macht, das; bei Flüssigkeiten Bewegungen geschehen, wo bei festen Körpern Gleichgewicht wäre, und daß überhaupt Bewegungen im Innern der Flüssigkeit entste¬ hen, die von der Bewegung der ganzen Masse verschieden sind. Diese inneren Bewegungen erschweren die Theorie der Bewegung tropfbarer Körper ungemein und ließen sie bis jetzt nicht zu jener Vollkommenheit gelangen, welcher sich die Theorie der Bewegung fester Körper erfreut. Daher kann auch hier nur das Allgemeinste entwickelt werden, um so mehr, da die weitere Ausführung auf ziemlich verwickelte Rechnungen führt. 282. Versuche über die Bewegung flüssiger Körper stellt man am besten mit gläsernen, wo möglich durchaus gleich weiten Gefä¬ ßen an, deren Wände vertical, deren Boden horizontal steht. Man muß sowohl am Boden als an den Seiten in jeder Höhe Öffnungen von beliebiger Größe anbringen, sie wieder verschlie¬ ßen, wohl auch Röhren von verschiedener Gestalt und Länge daran setzen können. 283. Es sey ^2<72)§ (Fig. 122) ein solches Gefäß, mitWasser bis <72) gefüllt. Sobald 272? oder <222 geöffnet wird, muß Wasser herausfließen und diesem wieder neues nachfolgen. Dadurch muß natürlich auch die Oberfläche sinken und überhaupt eine Bewegung !n der ganzen Masse entstehen. Wenn das vorhergehende Wasser so schnell ausweicht, als das darüberstehende folgen will, so erfolgt gar kein Druck der Wassermaffen auf einander, und alles geht so, wie beim freien Fall vor sich; fließt aber das vorausgehende Wasser nicht so schnell, als das folgende fließen will, so drückt diese Masse auf jene, es entsteht ein Gegendruck und, weil die Theile auszu¬ weichen suchen, auch ein Druck auf die Seitenwände. Daher wer¬ den die dec Ausflußöffnung zunächst liegenden Theilchen durch ihre Schwere und durch den Druck der darüber stehenden Säule be¬ schleuniget und der Ausflu . erfolgt schneller, als im freien Fall-- Jene Säule drückt aber nicht mit ihrem ganzen Gewichte, weil sie selbst im Sinken begriffen ist, sondern desto weniger, je mehr sich ih" Geschwindigkeit der von der Schwere allein bedingten nähert. Man nennt diesen Druck den hydrodynamischen, zum Unterschiede Ausslußgeschwindigkeir des Wassers. 219 vom hydrostatischen, welchen ruhende Flüssigkeiten ausüben. Tie Oberfläche des Wassers bleibt, wenn die Öffnung LL gegen die Weite des Gefäßes sehr klein ist, selbst während des Sinkens immer horizontal, nur in der Nähe des Bodens fängt das Wasser an, eine trichterförmige Vertiefung (Strudel) zu bekommen. Diese rührt aber von einer Seitenbcwegung der Theile der Flüssigkeit in der Nähe der Öffnung her; denn wenn man kleine Stücke Bern¬ stein ins Wasser gibt, so bemerkt man, daß sie anfangs in vercica- ler Richtung sinken, in der Nähe der Öffnung aber in einer krumm¬ linigen Bewegung gegen dieselbe einlenken und mit einander con- vergiren, dis Öffnung mag am Boden oder an der Scitenwand angebracht seyn. 284. Die Geschwindigkeit, mit welcher das Wasser in einem prismatischen Gefäße an der Oberfläche OO sinkt, muß sich zu der, mit welcher es durch die Öffnung LL fließt, verhalten, wie der Querschnitt OL zum Querschnitte OL; denn wenn das Wasser in einer Zeiteinheit von SO bis DÜ4 gekommen ist, so muß das Vo¬ lum OLstW dem durch LL in derselben Zeit fließenden LVOL gleich seyn, d. i. OL 01) — LL LV oder 00LV — LL .- 01), wo und LV die Geschwindigkeiten bedeuten. Kennt man die Quer¬ schnitte LL und OO, so läßt sich aus der Geschwindigkeit in 01) auf die in LL ein Schluß machen. Dieses gewährt bei Versuchen einen großen Vortheil, indem sich der Raum, welchen das Wasser in 01) zurücklegt, leichter beobachten läßt als inLL. Man versieht deshalb daS 282 erwähnte Gefäß der Hohe nach mit einer Zollscale, beobachtet bei Versuchen das Sinken der Oberfläche 01) und be¬ rechnet hieraus die Geschwindigkeit in LL. 285. Ist der Querschnitt des Wasserbehälters so groß gegen jenen der Ausflußoffnung, daß man das Wasser im Gefäße wäh¬ rend des Ausflusses als ruhig ansehen kann; so wird das Elementar- volum L011L (Fig. 123) der Flüssigkeit durch den hydrostatischen Druck der Säule L1AL beschleuniget. Ist g- die von der Schwere herrührende Beschleunigung und --> die durch den Druck der Säule L1AL erzeugte; so hat man (Fig. 126) eines Ge¬ fäßes offen und wird dasselbe durch einen Nachfluß beständig gleich voll erhalten, so findet man die Ausflußmenge des Wassers auf fol¬ gende Weise: Man denke sich von jedem Puncte der AL eine hori¬ zontale Linie, welche die Geschwindigkeit des Wassers in dem dazu gehörigen horizontalen Schnitts der Öffnung ausdrückt, und ver¬ binde die Endpuncte dieser Linien. Auf gleiche Weise wird man mit jeder Linie verfahren können, die einem horizontalen Schnitte der Öffnung entspricht, und man wird eine krumme Fläche ALLA er¬ halten, in welcher alle Endpuncte der Linien liegen, welche die Geschwindigkeiten ausdrücken. Die Krümmung dieser Fläche wird parabolisch seyn. Denn ist LL die Geschwindigkeit des Wassers in der Horizontalen LD,LL die in LL; so hat man: LL—V2F.AL, 222 Bewegung kn Röhrenleitungen. OO—^/2§.^O, mithin CO.-OO — ^C.-V ^O. Dieses te», tet an, daß ^OIC eine Parabel sey, und da dieses für jeden Punct in CO und OO gilt, so muß auch ^6/LL die genannte Krümmung haben. — Hiernach ist man im Stande, den Waffer- körper ^COXL zu berechnen, der in einer Zeiteinheit durch ALLO stießt; denn es ist ^CC — ^C CO, daher ^COXL — ^C. CO. CO -- z ^C.- CO V2Z- - ^c. 290. Wasser, das von einem Behälter durch Röhren abge¬ leitet wird, soll mit einer Geschwindigkeit ausfliefien, welche dem Höhenunterschiede des Wasserspiegels im Behälter und derAussiuß- öffnung entspricht. Aber da es nebst dem Widerstande, den es beim Austritt aus dem Behälter erfährt, noch einen anderen durch Rei¬ bung an den Röhrenwänden erleidet, welcher im verkehrten Ver¬ hältnisse des Durchmessers der Röhren und im geraden ihrer Ange stehr, überdies auch noch von der Geschwindigkeit des Wassers ab- hangr und wie das Quadrat derselben wächst; so fällt diese Ge¬ schwindigkeit viel kleiner aus, besonders wenn die Röhrenleitung Krümmungen hat. Mehrere Gelehrte, wie z. B. Eytelwein, Prony, Navier und Girard, haben diese Geschwindigkeit durch Versuche und Rechnung auszumitteln gesucht. Unter diesen hat vorzüglich der letztere den Fall berücksichtiget, wo eine Flüssig¬ keit durch sehr enge Röhren geleitet wird, und gefunden, daß das Resultat verschieden ausfalle, je nachdem die Flüssigkeit die Rvh- renwand benetzt oder nicht. Im letzteren Falle hört die Flüssigkeit auf, durch ein Röhrchen auszufließen, sobald der Druck bis zu einer gewissen Größe vermindert worden ist, die von der Weite und Länge der Röhre abhängt. Die Geschwindigkeit verschiedener Flüssigkeiten welche die Röhrenwände benetzen, ist auch selbst bei einerlei Druck verschieden und wird durch Temperaturerhöhung sehr bedeutend ver¬ größert. Bei einem Verbuche floß Wasser von nahe 100° C. aus einer Glasröhre beinahe viermal schneller ab, als solches, dessen Temperatur nahe an 0° C. war. 291. Ist die Ausflußöffnung in einer aufwärts gebogenen Röhre angebracht, so soll das Wasser mit einer Geschwindigkeit hervorspringen, welche von der Höhe der drückenden Wassersäule abhängl, und bis zur Oberfläche des Wassers im Behälter empvr- springen. Weil aber diese Geschwindigkeit theils durch die Adhäsiv" an die Ränder der Offnnng, theils durch die Seitenbewegung der Waffertheile, sogar durch den Druck der wieder zurückfallenden Springbrunnen. 223 Tropfen vermindert wird; so bleibt der hervorspringende Strahl stark unter dieser Hohe zurück. Je mehr man die genannten Hin¬ dernisse vermindert, um so hoher wird der Strahl steigen, ohne doch je die Lurch Rechnung angegebene Hohe zu erreichen. Deshalb ist die Sprunghohe geringer, wenn die Ausflußöffnung an einer cy- lindrischen Rohre, als wenn sie an einer dünnen Platte angebracht ist, hoher, wenn der Strahl etwas von der verricalen Richtung abweicht, als wenn er ganz vertioal emporsteigt. Deshalb gibt es auch für jede Wasserhohe ein gewisses Maß der Öffnung, wobei der Strahl die größte Höhe erreicht. Merkwürdig ist die Gestalt eines Wasserstrahles, der aus der kreisförmigen Öffnung einer dün¬ nen Wand emporschießt. Man unterscheidet da leicht zwei Theile, den äußeren, die Ränder der Öffnung berührenden, und den inneren. Ersterer bildet einen Rotationskörper von ungleichen Querschnitten, ist ruhig und durchsichtig gleich einem Gasstabe, letzterer unruhig, un¬ durchsichtig und aus einer Anzahl durch gleiche Zwischenräume ge¬ trennter Anschwellungen bestehend, wovon die größte einen Quer¬ schnitt hat, der jenen der Ausflußöffnung übertrifft. (Pogg. Ann. 29. 353; 31. 124.) 292. Bisher wurde bei der Betrachtung der bewegenden Kraft deS Wassers auf den Luftdruck keine Rücksicht genommen, und die¬ ses kann auch geschehen, so lange man es mit Behältern zu thun hat, wo der Luftdruck auf den Wasserspiegel und die Ausflußöff¬ nunggleich groß ist. Gestattet eine zu große Entfernung des Wasser¬ spiegels vom Ausgusse dieses nicht, so wächst die Druckhöhe um eine Säule von solcher Höhe, daß sie dem Übergewichte des Luftdruckes auf die Ausflußöffnung das Gleichgewicht hält. Auf solche Weise vermindert der Luftdruck die Menge des in einer bestimmten Zeit ausfließenden Wassers. Es gibt aber auch Fälle, wo er diese Aus¬ flußmenge vergrößert, wenn nämlich der Ausfluß durch eine nach Außen sich erweiternde Röhre geschieht. Ist A (Fig. 124) der Wasserbehälter, abea! die Ansatzröhre; so sucht der Wasserdruck in dem Querschnitte ab und cck dieselbe Geschwindigkeit zu erzeugen. Aber durch die grö¬ ßere Öffnung eck fließt in einer Zeiteinheit mehr Wasser als durch aä und es würde demnach zwischen crü und eck ein leerer Raum ent¬ stehen, wenn nicht der Luftdruck ein schnelleres Nachfließen durch wiederholen, daß immer ein Wellenberg mit einem Wcllenthal wechselt, ohne sortzuschreiten, daß jeder Berg aus zwei Hälften besteht, wovon beide im Sinken, und jedes Thal aus zwei Hälften, wovon beide im Steigen begriffen sind. — Hätten die Wellen nicht die Länge des ganzen Gefäßes, sondern nur die eines aliguoten Theiles desselben, so entständen mehrere Schwingungsknoten ; man kann sich aber die Sache auf gleiche Weise deutlich machen, wie vorhin geschehen ist- (Als Hauptguelle Hierüberist anzusehen: Wellenlehre, auf Experi¬ mente gegründet von Ernst und Wilh. Weber. Leipzig, 1825.) A!' ro dyn a mi k. 235 Viertes Kapitel. Bewegungsgesetze ausdehnsamer Körper (Aerodynamik)^ 30g. Die Bemegungsgesetze ausdehnsamer Flüssigkeiten sind den für tropfbare Körper ausgestellten in vielen Stücken ähnlich, im Ganzen aber doch schwieriger zu entwickeln als diese und min¬ der leicht einer populären Darstellung fähig. — Strömt ein Gas aus einer Öffnung, welche an der dünnen Wand seines Behälters angebracht ist, in einen luftleeren Raum heraus; so wird seine Geschwindigkeit wie die eines tropfbaren Körpers berechnet, nur mit dem Unterschiede, daß die dieser Geschwindigkeit entsprechende Druckhöhe nicht die der wirklichen Gassäule ist, sondern jene, wel¬ che Statt finden würde, wenn man die ganze Gasmasse auf die Dichte reducirte, welche sie an der Ausflußöffnung hat. Strömt z. B. atm. Luft aus einem Gefäße in einen leeren Raum; so muß man, um jene Reduction machen zu können, den Barometer¬ stand ü, die Dichte D des Quecksilbers und die Dichte ci der Luft an der Ausflußöffnung kennen. Heißt die zu findende Höhe w, so ist ck .- D — ö.- w und w — und daher die Geschwindig- er keit, mit welcher die Lust ausströmt, X / Formel * et gibt natürlich auch die Ausflußgeschwindigkeit in einen leeren Raum für jedes andere Gas an, dessen Dichte an der Ausflußöffnung durch A ausgedrückt wird und das unter dem Drucke ü steht. Es verhalten sich daher diese Geschwindigkeiten bei verschiedenen Gasen verkehrt, wie die Quadratwurzeln ihrer Dichten. Die Geschwin¬ digkeit, mit welcher ein Gas in ein anderes hineinströmt, läßt sich nicht auf so einfache Weise bestimmen. Jndeß kann man doch die Differenz der Druckhöhen, deren eine dem ausströmenden Gase, die andere demjenigen entspricht, in welches jenes hineinströmt, als die Größe ansehen, welche statt w in obige Formel gesetzt, die gesuchte Geschwindigkeit gibt. Ein Gas, das in den bereits von einem ande¬ ren Gase erfüllten Raum strömt, hat eine kleinere Geschwindigkeit, als wenn jener Raum leer märe (209), doch wird diese Verminde¬ rung der Geschwindigkeit nicht durch eine positive Gegenwirkung des Gases hcrvorgebracht, sondern nur durch Verengung der Aus- sirömungsöffnung. 236 AuSflusigeschwindigkeit der Gase. 310. Wenn man die Resultate dieser Berechnungen mit den Ergebnissen directer Versuche vergleicht, wie sie Schmidt (Gilb. Ann. 66. 39), d'Aubuisson (^erer. -is 6A. 34. 380) u. a. ange¬ stellt haben; so findet man, daß jene eine viel größere Geschwin¬ digkeit geben als diese. Nach Schmidt beträgt die wirkliche Geschwindigkeit nur 0.52 von der berechneten, wenn die AuS- flußöffnung an einer dünnen Wand angebracht ist, wächst aber auf0.6, wenn man die dünne Platte mit einer etwa 1 Zolllan¬ gen, cylindrischen Röhre vertauscht. Eine conische Röhre gibt eine noch größere Geschwindigkeit; die größte eine solche, deren äußere Durchmesser sich wie I : 2 verhalten und deren Länge den Durch¬ messer fünf- bis zehnmal übertrifft. Die Ursache dieser Differenz zwischen der berechneten und der durch Versuche gefundenen Ge¬ schwindigkeit liegt ohne Zweifel in einer Zusammenziehung deS Luftstrahles, welche der des Wasserstrahles (286) ähnlich ist. D'Aubuisson hat den Querschnitt des zusammengezogenen Strahler bei einer dünnen Wand gleich 0.65, bei einer cylindri¬ schen Ansatzröhre — 0.g3, bei einer tonischen — 0.95 von dem Querschnitte der Öffnung gefunden. ' 311. Auch die Bewegung der Gase in Nöhrenleitungen stimmt mitderdes Wassers beinaheganz überein. Girard und Cagniard- Latour haben mit mehreren Gasen Versuche hierüber angestellt (lUem. cis 5. 383) und dabei gefunden, daß atmosphärische Luft und Kohlenwasserstoffgas ungeachtet ihrer verschiedenen Dichte sich in Röhren nach demselben Gesetze bewegen und denselben Wi¬ derstand erleiden, und daß dieser Widerstand dem Quadrate ihrer mittleren Geschwindigkeit proportionirt ist. Die Gasmengen, wel¬ che Röhrenleitungen liefern, stehen im geraden Verhältnisse mit dem Druck, den sie im Gasbehälter erleiden und im verkehrten mit der Quadratwurzel der Länge der Leirungsröhren. Nur beim Aus¬ fluß aus kapillaren Öffnungen zeigen Gase besondere Eigenthüm- lichkeiten. Nach Faraday's Versuchen (t^uant o/ 354; 7. 106 und Pogg. Ann. 28. 355) strömt bei hohem Drucke ein bestimmtes Volum Wasserstoffgas schneller aus, als öhlbildendes Gas, bei niederem aber findet das Gegentheil Statt, wenn dec Ausfluß durch enge Röhrchen, diese mögen von Glas oder Metall seyn, geschieht. BeimAusfluß aus feinen, an Papier, Platinbleche" gemachten Ritzen und Löchern findet diese Verschiedenheit nicht Statt, sie zeigt sich aber desto mehr, je langsamer die Gast aus- Ursache der Gasbewegungen. 237 strömen. Dieses scheint nicht blos von der Verschiedenheit der Dichte der Gase abzuhangen, sondern von irgend einer anderen mechani¬ sche» Eigenschaft derselben. 312. Wenn Luft aus einem Gefäße ausströmt, so sucht der Druck auf die der Ausflußöffnung gegenüberstehende Wand die¬ selbe fortzubewegen. Ist das Gefäß leicht nach der Richtung dieses Druckes beweglich, so kann man sich auch durch die wirklich eintre¬ tende Bewegung vom Daseyn eines solchen Druckes überzeugen. Das Zurückstoßen der Gewehre und Kanonen beim Losfeuern, die Rotation der sogenannten Schwärmer, das Steigen der Rake¬ ten re., beruht darauf. 313. Die Ursache, welche in einer Luftmasse eine Bewegung erzeugt, ist Änderung der Expansivkraft, die selbst wieder durch eine Änderung der Dichte oder der Temperatur hervorgebracht wird. Da¬ her kommt die Bewegung der Luft aus Blasbälgen, der Luftzug in Kaminen, bei Feuersbrünsten, der beständige Luftwechsel in unse¬ ren Zimmern zur Winterszeit rc. rc. 314. Wenn verdichtete Luft aus einer Öffnung ausströmt und einen gegenüberstehenden Körper trifft; so sollte man wohl erwar¬ ten, daß dieser vom Luftstrome fortgestoßen würde. Dieses ist auch wirklich der Fall, wenn der Ausfluß aus einer frei stehenden Röhre erfolgt; ist aber die Ausflußöffnung an einer breiten Wand ange¬ bracht, wie in Fig. 136, an der eine leichte Platte befindlich ist, von einem Durchmesser, welcher den der Öffnung weit übertrifft; so wird diese Platte zwar anfangs von der Öffnung weggetrie¬ ben, aber in einer gewissen Entfernung schwebend und oft sogar zitternd erhalten, ja wenn man diese Entfernung absichtlich ver¬ mehrt, sogar angezogen. Diese Erscheinung hat denselben Grund wie die Vermehrung der Ausflußmenge eines Gases durch eine cvnische Ansahröhre (292). Auch da fließt durch die ringförmige Öffnung mehrLuft ab, als durch die enge Öffnung an derWand deS Gefäßes vermöge des inneren Luftdruckes nachfolgen kann, und es würde ein luftleerer Raum zwischen der Wandöffnu ng und der Platte entstehen, wenn die äußere Luft nicht die letztere gegen die Platte triebe und den ringförmigen Raum verminderte. Von der Wirklich¬ keit dieses Herganges überzeugt man sich mittelst des Apparates (8ig. 137), wo die Ausflußröhre seitwärts eine heberförmige, Quecksilber enthaltende Röhre a zur Bestimmung der etwaigen 238 L u f t st o si. Änderung des Luftdruckes und die Deckelplatte D eine eben solche b zu demselben Zwecke hat, überdies sind aber noch an der Wand 6, längs welcher die ausströmende Luft hinstreicht, drei in Wasser rei¬ chende Röhren angebracht. Beim Ausströmen von Luft zeigt die Bewegung des Quecksilbers in cr und ö, daß innerhalb dieser Röhre der Luftdruck größer ist als auswärts, aber in den Röhren o, ck, s steigt das Wasser und zwar in o mehr als in ck, in ck mehr als in e zum Beweise, daß zwischen den Platten der Druck kleiner als von Außen sey. Ähnliche Erscheinungen bewirkt auch eine Vermehrung der Geschwin¬ digkeit eines strömenden Gases, welche die der Druckhöhe entspre¬ chende Größe überschreitet; denn da wird der sonst auf die Gefä߬ wände nach auswärts gerichtete Druck in einen nach einwärts gerech¬ neten verwandelt (293). Man sieht dies an dem Apparate Fig. lös. Dieser bestehet aus einem Gefäße an dessen einem Ende eine enge, am anderen eine viel weitere Röhre angesetzt ist, während un¬ ten eine heberförmige, Quecksilber enthaltende Röhre angebracht ist. Bläst man durch die weitere Ansatzröhre in das Stück so steigt das Quecksilber im äußeren Heberschenkel; thut man dieses durch die engere Röhre, so steigt das Quecksilber des Hebers. (Schweigg. Journ. 53. 304. Pogg. Ann. 15. 310.) 315. Der Stoß, welchen die Luft auf ein Hinderniß ausübh ist im Allgemeinen wie jener des Wassers (294) zu beurtheilm. Man darf aber dabei nicht vergessen, daß man es mit einer aus- dehnsamen Flüssigkeit zu thun habe, die beim Anstoßen verdichtet wird und sich hierauf wieder ausdehnt, und sowohl in diesem als in jenem Falle gleich einem elastischen Körper auf den gestoßenen Körper wirkt. Jndeß ist man hierin noch nicht, weder auf dem Wege der Rechnung noch auf dem der Erfahrung, völlig inS Reine gekommen und letztere lehrt oft ein Verhalten beim Stoße der Lust/ das man aus unseren theoretischen Untersuchungen nicht abzuleiten im Stande ist. Auf dem Gesetze des Luftstoßes beruht die Richtung der Wetterfahnen, die der Segel eines Schisses, die Zweckmä¬ ßigkeit im Baue der Pflanzen, welche Windstöße auszuhslttu haben rc. rc. Akustik. 239 Fünftes Kapitel. Gesetze der schallenden Bewegung (Akustik). Vom Schalle überhaupt. 316. Es gibt Bewegungen, durch welche das den bewegten Körper umgebende Mittel erschüttert und ein gesundes Gehör¬ organ so afficirt wird, daß dadurch dis Empfindung des Schalles entsteht. Demnach ist zur Entstehung eines Schalles ein beweg¬ ter (schallender) Körper, ein dessen Bewegung fortpflanzendeS Mittel und ein gesundes Gehörorgan nothwendig. Als schallender Körper kann jeder auftreten, der das umgebende Mittel schnell und stark genug erschüttert. Daher kann ein Jn- sect durch schnellen Schlag der Flügel, ein Stab oder eine Peit¬ sche, die schnell genug durch die Luft fahren, eine Luftmasse, die angezündet wird und dabei ein Product von viel kleinerem Vo¬ lum liefert, wie z. B. Knallgas', einen Schall erregen. Vorzüg¬ lich sind aber dazu jene Körper geeignet, die durch irgend eine me¬ chanische Kraft, z. B. durch einen Stoß, eine Formänderung er¬ leiden und elastisch genug sind, um ihre vorige Gestalt wieder ge¬ nau anzunehmen. Da werden nämlich die aus ihrer natürlichen Lage gebrachten Lheile durch ihre Elasticität dieser Lage zugetrieben, ha¬ ben aber, gerade wenn dieselbe erreicht ist, die größte Geschwin¬ digkeit und müssen sich demnach über diese Lage hinaus bewegen, bis ihre Geschwindigkeit durch den Zug der Elasticität aufgehoben ist. Wenn aber dieses geschehen ist, befinden sich die Theile wieder nicht in einer natürlichen Lage und so kommt es, daß ein solcher Kör¬ per eine Reihe gleichzeitiger Schwingungen macht, die denen eines schweren Pendels (242) ähnlich sind.— AlS Schallmittel kann jeder Körper dienen, der eine erlittene Erschütterung sortzupflan- zen vermag. Das gewöhnliche Schallmittel ist die atm. Luft; cs sind aber alle Körper, sie mögen fest oder tropfbar seyn, ja sogar dte Dünste dazu geeignet, wie man aus unzähligen Erscheinungen abnehmen kann. Hält man z. B. das Ohr an das Ende eines Sta¬ bes, der am anderen Ende eine Uhr berührt, so hört man ihren Gang besser als durch die Luft; durch die Erde wird der Donner der Kanonen auf ungeheuere Entfernungenfortgepflanzt; zwei Steine, dle unter Wasser zusammengeschlagen werden, hört man in demsel¬ ben und außerhalb desselben; Fische folgen dem Schalle einer Glo- List Fortpflanzung des Schalles in der Luft. cke, die sich außer dem Wasser befindet; hangt man ein Glöckchen in einer gläsernen, mit Dampf gefüllten Kugel mittelst eines feinen Fadens auf, so hört man seinen Klang recht vernehmlich durch die Dünste. 317. Der Character eines Schalles wird durch sein Quan¬ titatives und durch sein Qualitatives bestimmt. Seine Qualität läßt sich nicht beschreiben, sie ist das, wodurch sich z.B. eine Menschenstimme von dem Schalle eines musikalischen Instru¬ mentes, ja selbst der Schall eines Instrumentes von dem eines an¬ deren unterscheidet. Man kann es mit Chladni den Laut oder vielleicht noch passender den Klang des Schalles nennen. DaS Quantitative bezieht sich auf die Stärke, Höhe und Tiefe des Schalles. Ein Schall, der uns als etwas in seinen Theilem geregeltes erscheint, heißt Klang, ein in Bezug auf Höhe und Tiefe betrachteter Klang ein Ton. Man sagt: eine Saite klingt und gibt einen hohen oder tiefen Ton, ein Wasserfall macht ein Geräusch. Ein Klang wird meistens nur durch Schwin¬ gungen des schallenden Körpers erzeugt, und darum werden schnell und hinreichend stark schwingende Körper auch vorzugsweise als klingende Körper angesehen. L. Fortpflanzung des Schalles. 318. Jeder schwingende Körper wirkt durch seine Bewegung auf alle fene, die mit ihm in Berührung stehen, und erzeugt in denselben durch jeden hinreichend schnellen Stoß eine Verdichtung und unmittelbar darauf eine Verdünnung; beide rücken gleichförmig vorwärts und kommen bis zu unserem Gehörorgane, wo sie die Schallempfindung erregen. Der Grund dieser Fortpflanzung liegt in der Elasticität der Materie und erfolgt daher, dem Wesen nach, in allen Körpern, welche diese Eigenschaft besitzen, auf gleiche Weise- Darum wird eine nähere Betrachtung des inneren Verlaufs bei der Schallfortpflanzung in d'er Luft, als Erläuterung dieser Fort¬ pflanzung in jedem anderen Körper angesehen werden können. 319. Man denke sich eine gleichförmig dichte, cylindrische Luft¬ säule ^7- (Fig. 139), an deren Ende sich ein schallender Körper befindet, nehme an, daß in einem, auf der Ape der Röhre senk¬ rechten Querschnitt alle Lufttheilchen zugleich in denselben Zustand versetzt werden, so daß man von jedem solchen Querschnitte nur ein Theilchen zu betrachten braucht und von diesem auf alle andere Bildung der Schallwellen in der Luft. 241 schließen kann, ferner, daß sich die der Öffnung zugekehrte Fla¬ che des schallenden Körpers in ihrem natürlichen Zustande in cck, bei der größten Excursion aber in üff und aa' befinde, die Bewe¬ gung desselben beginne aber von aa.' aus. Wiewohl der schallende Körper ohne Unterbrechung von cr« bis öd' forlrückt und wieder zurückkehrt, so kann man sich doch seine Wirkung auf das Schall- mittel als aus einer Reihe von Stößen zusammengesetzt denken, weil sich die kleinste Bewegung deS Körpers alsogleich der Luft mit- theilt und ungemein schnell in derselben fortgepflanzt wird, so daß letztere für einen gleich darauf falzenden Stoß als ruhig an¬ zusehen ist. So wie nun derselbe Körper über aa, wenn auch noch so wenig hinauslrilt, stoßt er auf die Luftsäule, verdichtet das zu¬ nächst an ihm liegende Lufrrheilchen; dieses thur dasselbe mit dem zweiten, das zweite mit dem dritten u. s. f., zugleich wird diesen Theilchen eine ihrer Verdichtung proporcionirte Geschwindigkeit nach der Richtung seiner Bewegung mitgetheilt. Bliebe nun auch die bewegte Fläche in ihrer dermaligen Lage, so müßte die Verdichtung der Lufitheilchen gleichförmig weiter rücken und immer neue Theil¬ chen treffen, so wie sich der Stoß in einer Reihe elastischer, einan¬ der berührender Kugeln forrpflanzt. Dieses Forrschreicen kann aber nur nach der Richtung erfolgen, wiewohl die verdichteten Theile nach allen Seiten einen gleichen Druck ausüben; denn seitwärts werden sie durch die Wände des Cylinders gehindert und rückwärts kann sich die Verdichtung nicht forrpflanzen, weil die Tendenz der Theilchen, vermöge ihrer Verdichtung nach rückwärts zu gehen, durch die ihnen schon mitgetheilte Geschwindigkeit nach vorwärts auf¬ gehoben wird. So wie die schallende Flache noch weiter über acr hinausrückr, wiederholt sie die vorige Wirkung, errheiit den ihr an¬ liegenden, bereits wieder zur Ruhe gekommenen Lufrrheilchen aber¬ mals eine Verdichtung, welche sich auch, wenn diese Bewegung des schallenden Körpers unmittelbar auf die vorhergehende folgt, an die erste verdichtete Schichte unmittelbar anschließt und mit ihr fortrückr. Dieses geht so fort, bis die genannte Fläche in öü' an- langt, wo ihre Geschwindigkeit zu Ende ist. Diese ganze verdichtete Luftsäule, welche durch die Excursion von a' entstanden lst, vertritt die Stelle der bewegten Fläche und erzeugt vor sich eine ebenso lange zweite verdichtete Schichte, diese eine dritte u. s. f. ^eim Zurückgehen der Fläche von üü' nach era-' entsteht eine ver¬ dünnte, eben so lange Luftsäule, wie die verdichtete war, und Naturlehre. 5. rtufl. 16 Schallwelle. 242 diese fallt auf denselben Platz, den vorher die verdichtete cinnahm; sie pflanzt sich nach derselben Richtung fort, wie die verdichtete Säule und entfernt sich demnach immer mehr vom schallenden Kör¬ per, wiewohl die Lufltheilchen eine entgegengesetzte Richtung ha¬ ben und sich gegen den schallenden Körper hin bewegen. Auf solche Weise erzeugt jeder Hin- und Hergang des schallenden Körpers in der Luft eine verdichtete und eine eben so lange verdünnte Säule, wovon sich jene unmittelbar an diese anschließt und in sie übergeht. Beide zusammen machen eine Schallwelle aus. Die Länge bei¬ der Stücke zusammengenommen heißt auch die Länge der Schall¬ welle. Der verdichtete Theil dieser Schallwelle hat an seinen beiden Enden die natürliche, in der Mitte aber die größte Dichte, so daß diese gegen beide Enden zu immer kleiner wird; eben so haben die Theile dieses Wellenstückes (nicht die Welle selbst) an beiden Enden die kleinste, in der Mitte die größte Geschwindigkeit. Ausgleiche Weise haben die verdünnten Theile der Welle in der Mitte die klein¬ ste Dichte (größte Verdünnung) und die größte Geschwindigkeit, an beiden Enden natürliche Dichte (keine Verdünnung) und die kleinste Geschwindigkeit. Dieses kommt daher, weil der bewegte Körper, von dessen Bewegung die Verdichtung, Verdünnung und die Ge¬ schwindigkeit der Theile abhangt, in aa' und üü' die kleinstes—0), in ce' aber die größte Geschwindigkeit hat. Die absolute Länge ei¬ ner Schallwelle in der Luft hängt von der specißschen Expansivkraft der Luft und von der Schnelligkeit der Bewegungen des schallen¬ den Körpers ab. Sie ist überhaupt um die ganze Excursion des schallenden Körpers kleiner, als der Weg, den die Verdichtung und Verdünnung der Luft wahrend eines Hin- und Herganges des schallenden Körpers zurücklegt, kann aber ohne Fehler diesem Wege gleichgesetzt werden, weil jene Größe gegen diesen Weg verschwin¬ dend klein ist. Man sieht aus dieser Darstellung, daß die Schallfortpflan¬ zung in einem Fortschreiten der Verdünnung und Verdichtung des Schallmittels bestehe, daß dabei die Theile dieses Mittels die Lag- ihres Gleichgewichtes nur sehr wenig verlassen, und sich bald nach der Richtung der Schallfortpflanzung, bald nach der entgegengesetz' ten bewegen. Die Schallwelle ist immer der Inbegriff aller durch einen Hin - und Hergang des schallenden Körpers, d. h. durch eine Schwingung (beim schweren Pendel wäre dieses eine Doppel¬ schwingung) in Bewegung gesetzten Theilchen des Schallmittels. Schallstrahl. Schallgeschwindigkeit i. d. Luft. 243 320. Was in einer cylindrischen Luftsäule vorgeht, dasselbe muß auch in freier Luft, die einen schallenden Körper rings umgibt. Statt finden. Jeder schwingende Punct eines solchen erregt nämlich rings um sich in der Luft eine Verdichtung und Verdünnung; diese schreitet, wenn die Luft nach allen Richtungen von einerlei Be¬ schaffenheit ist, allenthalben nach der normalen Richtung gleich schnell fort, und so entstehen von jedem Puncte Wellen, wovon die erste eine ganze Kugel vorstellt, in deren Centrum der schal¬ lende Körper gedacht werden kann, er mag was immer für eine Gestalt haben. Jede Seitenbewegung wird durch den Widerstand der in gleichem Zustande-der Verdichtung oder Verdünnung befind¬ lichen Lufrcheilchen unmöglich gemacht. Die folgenden Wellen, wel¬ che aus dein Fortschreiten der unmittelbar erzeugten entstehen, bil¬ den hohle concentrische,Kugelschalen, deren jede selbst wieder aus zwei concentrischen Theilen besteht, in deren einem die Luft ver¬ dichtet, im anderen verdünnt ist. Alle von einem einzelnen Puncte des schallenden Körpers ausgehenden Wellen (Elementarwellen) se¬ tzen sich zu einer einzigen (wirksamen) Welle zusammen, welche gleichsam alle einzelnen berührt (einhüllr) und eine Kugelschale bil¬ det, in deren Centrum irgend ein Punct des schallenden KörperS befindlich ist. Die Dicke einer solchen Schale ist die Länge der Schallwelle. (Bei einer Wafferwelle heißt die analoge Größe die Breite der Welle.) Diese ändert sich während ihrer Erweiterung nicht, sondern es nimmt nur die Größe der Verdünnung und Ver¬ dichtung ab. Wenn man sich in einer solchen Welle eine concentrische Kugelfläche denkt, so sind alle in ihr befindlichen Theile in demselben Grade verdichtet oder verdünnt, es kann daher kein Theil derselben seitwärts ausweichen und eben so wenig zurückgehen; daher bleibt nur die Bewegung nach vorwärts übrig und jedes Theilchen pflanzt seine Bewegung nach einer normalen Richtung, d. i. bei Kugel¬ wellen nach der Richtung eines Halbmessers der Kugel fort. Diese Richtung gibt uns diejenige an, von welcher der Schall kommt, weil die Luftrheilchen, durch deren Bewegung die Welle entsteht, nach dieser Richtung das Ohr treffen. Man nennt die Richtung, in welcher sich die Bewegung der Theile des Schallmit- telS fortpflanzt, einen Schallstrahl. 321. Wenn au mehreren Stellen zugleich Schallwellen erregt werden, so pflanzt sich jede unabhängig von der anderen fort; tref¬ fen sie irgendwo zusammen, so durchkreuzen sie sich und setzen ihren l6 * 214 Schallgeschwindigkeit in der Luft. Weg auch nach der Durchkreuzung unverändert fort, als hätten sie sich nie begegnet. Nur an der Durchkreuzungsstelle wirken sie auf einander ein und verstärken oder schwächen sich oder heben sich daselbst gar auf, je nachdem sich die Theile der sich schneidenden Wellen- siücke nach derselben oder nach entgegengesetzten Richtungen bewe¬ gen. Hieraus wird begreiflich, wie man mehrere Laute zugleich Horen kann. 322. Erfahrungen über die Fortpflanzung des Schalles in der Luft macht man am besten Nachts, mirtelst Abfeuern von Kanonen, indem man die Zeit mißt vom Augenblicke, wo man das Licht aus einer gemessenen Entfernung sieht bis zu dem, wo man den Schall hort, und sie mit der Entfernung vom Orte der Explosion vergleicht. Man Hal dabei auf die Stärke und Richtung des Windes wie auch auf Wärme und Feuchtigkeit der Luft die genaueste Rücksicht zu nehmen, weil man aus theoretischen Gründen weiß, daß diese ei¬ nen Einfluß auf die Geschwindigkeit der Schallfortpflanzung aus¬ üben. Solche Versuche hat man schon in der zweiten Hälfte bei siebzehnten Jahrhundertes unternommen und sie von dieser Zeil bis auf unsere Tage öfters wiederholt. Allein es blieb noch immer man¬ ches zu wünschen übrig, besonders weil man nie im Stande war, Resultate zu erhalten, die vom Einflüsse des Windes ganz frei wa¬ ren. Die in dieser Hinsicht genügendsten Versuche sind jene, wel¬ che im Jahre 1823 von Moll (Zeilsch. 1. 213.) und anderen an¬ gestellt wurden, weil man an jedem Endpuncce einer genau ge¬ messenen Linie in demselben Augenblicke eine Kanone abfeuerte, die Zeit vom Augenblicke der Lichrerscheinung bis zum Vernehmen des Schalles an beiden Stationen beobachtete und so auf einmal zwei Resultate erhielt, deren eines durch den Einfluß des Windes vergrößert, das andere eben dadurch verkleinert war, deren Mit¬ telwerth aber als von diesem Einflüsse nahe frei angesehen werden konnte. Es ergab sich daraus, daß der Schall bei einer Temperatur von 0 (. und in ganz trockener atm. Luft in gleichförmiger Bewe¬ gung in einer Secunde 332.244 Meter oder nahe 1050 W. F- zurücklegt. (Pogg. Ann. 5. 351 , 46g; Ift. 115.) Diese Ge¬ schwindigkeit kommt dem Schalle in der Luft unter den gegebenen Umständen zu, man mag seine Ausbreitung nach oben oder in horizontaler Richtung betrachten; denn bei den von Stampfer und Myrbach (Jahrb. des polyt. Inst. D. 7.) angestellcen Ver¬ suchen hatten die beiden Standpunkte der Beobachter einen Hoh^- Schallgeschwindigkeit in anderen Körpern. 245 unterschied von 4198 P. F. und doch fand man ein dem vorigen sehr nahes Resultat. (333.2 Meter.) Auch der reflectirte Schall hat nach Greg ory's Versuchen (Zeitsch. 1. 215) mit dem direc- ten einerlei Geschwindigkeit. Der Wind beschleunigt ihn nach des¬ selben Versuchen um seine eigene Geschwindigkeit, wenn er mit ihm geht, und verzögert ihn um eben so viel, wenn er ihm entge¬ genkommt. In feuchter Luft bewegt sich der Schall schneller als in trockener, wie Goldingham in Madras ganz außer Zweifel gesetzt hat. Den größten Einfluß auf die Geschwindigkeit des Schal¬ les hat die Wärme, indem sie die specifische Expansivkraft, von der allein die Fortpflanzungsgeschwindigkeit abhängt, modisicirt. Die Höhe oder Tiefe und die Stärke des Schalles haben auf seine Fort¬ pflanzungsgeschwindigkeit keinen Einfluß. 323. Durch feste und tropfbare Körper geht die Fortpflanzung des Schalles dem Wesen nach eben so, aber schneller vor sich, wie durch die atm. Luft. Bist fand sie in einer eisernen Röhre lOZmal schneller. Chladni fand durch ein sehr sinnreiches Mittel die Ge¬ schwindigkeit des Schalles im Zinn 7jmal, im Silber Ymal, im Kupfer nahe 12mal, im Glas 17mal, in gebranntem Thon 10— 12mal, in verschiedenen Hölzern 11 — 17mal schneller als in der atm. Luft. Colladon und Sturm fanden die Geschwindigkeit des Schalles im Wasser des Genfer Sees durch directe Versuche bei 8° . I <7. gleich 1435 M., also über 4mal größer als in der Luft. Im Eise und im Wasser von 0° (7. fand man die Schallge¬ schwindigkeit gleich groß. Man hat auch die Geschwindigkeit des Schalles in verschiedenen Gasen untersucht und das Gesetz bestäti¬ get gefunden, daß sie sich nach der specifischen Expansivkrafl dersel¬ ben richte. Dulong fand, daß der Schall bei 0° (7. in einer Se- cundeim Sauerstoffgas 317.17 Meter, imWafferstoffgas 126s).5M., im Kohlensäuregas 261.6 M. , im Kohlenoxydgas i387.4 M>, im Stickstoffoxydgas 261.9 M., im Ohlgas 314 M. zurücklege. (Zeitsch. 6. 502.) 324. Die Geschwindigkeit des Schalles in der Luft hat'zuerst Newton aus theoretischen Gründen abzuleiten gesucht und dafür den Ausdruck gefunden, wo 74 die Höhe der Atmosphäre be¬ deutet, wenn sie auf die an der Erdoberfläche herrschende Dichte reducirt ist, und Z- die Geschwindigkeit eines frei fallenden Körpers am Ende der ersten Secundc. Diese Formel gibt eine Geschwin¬ digkeit von 279.29 Meter, also nahe um Z weniger, als wirkliche 246 Theoret. Bestimmung d. Schallfortpflanzung. Versuche. Die Ursache dieses Unterschiedes liegt/ wie Laplace zuerst bemerkt hat/ darin/ daß man bei der Deduction dieser For¬ mel nicht darauf Rücksicht genommen hat/ daß sich die Luft bei der Verdichtung erwärmt/ also eine größere specifische Cxpansivkraft be¬ kommt, und sich beim Verdünnen erkältet, mithin eine geringere Cxpansivkraft erlangt. Da nun die beschleunigende Kraft, wodurch die Fortpflanzung erzeugt wird, in dem Unterschieds der Expansiv- kraft der verdichteten oder verdünnten Luft gegen die Cxpansivkraft der in ihrer natürlichen Dichte beflndlichen liegt und dieser Unter¬ schied bei der verdichteten Luft durch Erwärmung, bei der verdünn¬ ten durch Erkältung erhöht wird; so ist die Richtigkeit der Laplace' schen Behauptung wohl außerZweifel gesetzt. Es gibt auch die dar¬ nach corrigirte Formel ein mit der Erfahrung sehr nahe übereinstim¬ mendes Resultat (332.8 Meter). Laplace hat auch ein Mittel angegeben, durch welches man die Geschwindigkeit des Schalles in jedem Körper leicht finden kann, welches so lautet: Ist das Fortpflanzungsmittel ein fester Körper, so untersuche man, um wie viel sich ein 1 Meter langer Stab von dieser Materie verlängert, wenn er an einem Ende befestigt und am anderen durch eine Kraft in die Länge gezogen wird, die seinem eigenen Gewichte gleich ist. Ist das Fortpflanzungsmittel flüssig, so messe man die Verminderung einer 1 Meter langen, horizontalen Säule, die sie erleidet, wenn sie durch ein dem ihrigen gleiches Ge¬ wicht zusammengedrückt wird. Dividirt man durch diese Größe das Maß der Schwere §, so gibt die Quadratwurzel des Quotienten die Geschwindigkeit des Schalles im betreffenden Körper in Metern. — Tralles hat den Beweis dieses Satzes folgendermaßen gegeben: Die theoretische Formel für die Geschwindigkeit des Schalles in der Luft ist — Wäre nun ein Kubikfuß atm. Luft einem Drucke unterworfen, welcher der Höhe A entspricht, und es würde dieser Druck um eine Einheit vermehrt; so müßte der gegebene Kübikfuß um den Raum § zusammengedrückt werden, so daß man hätte 1 — »:I — woraus folgt 1, r § § wenn » gegen 1 sehr klein ist. Dieser Werth in obiger Formel sub- stituirt, gibt die Geschwindigkeit — X/ 6, 106.7, 120, 128 Relative „ „ . . 1, §, s, 2. Diese Bestimmungen fordern große Vorsicht und Aufmerksamkeit. Will man sie mit einem Monochord vornehmen, so thut man gut, das von Fischer angegebene (Zeitsch. 1. 184) zu wählen. >— Obiger Ta¬ belle nach entsprechen dem » (als dem Tone, welchen die «Saite einer Violine gibt) 426.7 Schwingungen in derSecunde. Nach Fi¬ sch er's sorgfältigen Versuchen (Abhandl. der Berlin. Akademie der Wissensch. Berlin 1825) beträgt diese Anzahl nach der Stimmung der großen Oper zu Paris 431, nach dem Theater Feydeau 428 und nach dem italienischen Theater in Paris 424 Schwingungen, nach Scheib ler's sehr genauen Messungen macht der Ton ä in ei¬ ner Secunde 443.56 Schwingungen. (Pogg. Ann. 32. 333.) Der große Unterschied zwischen dem berechneten und nach Versuchen ge¬ fundenen Werthe liegt in der etwas willkürlichen Annahme des Grundtones. Der Umfang der für uns wahrnehmbaren Töne be¬ trägt kaum 9 Octaven. Dem tiefsten Männertoue entsprechen 192, dem höchsten 633 Schwingungen, dem tiefsten Tone eines Frauen¬ zimmers hingegen 576 (l.'/- Octaven höher), dem höchsten 1720 OS- 252 Größe der Intervalle. cillativnen. Sobald über 16,000 Schwingungen in einer Secunde gewacht werden, vernehmen wir keinen Ton mehr, sondern nur eine Art Zischen. Die längste Tonwelle in der Luft hat demnach 32 F., die kürzeste 9 L. 331. Die unmittelbar innerhalb einerOctave aufeinander fol¬ genden Intervalle sind nicht gleich groß; denn es gibt A : 1 — -.9 s.s 2L. 5.6 -_L. 4.L ^6 . 9. 4 ' g - s > 5 ' s - > s ' 4 ' L - -4 ' z ' ? - , 5 ' - ' z — S' : b — L— v; 2 : — 7-^. Das Intervall L, als das größte, heißt das eines ganzen großen Tones, das nächstfol¬ gende das eines ganzen kleinen Tones, das zunächst klei¬ nere Intervall ch? das eines großen halben Tones, und das kleinste das eines kleinen halben Tones. Im Allgemeinen ist daher das Intervall zwischen der Terz und Quart und zwischen der Septime und Octave das eines halben Tones; alle anderen be¬ tragen einen ganzen Ton. 332. Daß die vorhin angegebene Tonleiter nicht alle Töne umfaßt, welche zwischen dem Grundtone <7 und seiner Octave o möglich lind, springt in die Augen; es reichen aber diese Töne auch nicht für die practische Musik hin, wie man leicht aus folgender Be¬ trachtung entnehmen kann. Will man nicht <7, sondern einen an¬ deren Ton, z. B. 6, zum Grundlone annehmen, und doch auf eine Art fortschreiten, die von den bezeichneten Intervallen, wenigstens nicht sehr stark, abweicht; so muß man zwischen und einen neuen Ton einschalten; denn es wird bei dieser Annahme die Sext, die Septime und § die Octave; L und sind aber »ach der angegebenen Tonleiter nur um einen halben Ton verschieden und sollen es um einen ganzen seyn, während und § um einen ganzen Ton von einander abstehen und es nur um einen halben sollen. Beiden Fehlern hilft man ab, wenn man um einen hal¬ ben Ton erhöht, das ist, seinen Werth mit multiplicirt. Die¬ selbe Erhöhung muß man mit mehreren anderen Tönen vornehmen, wenn man D, A, L, H rc. als Grundton annimmt, während man L.öne um einen halben Ton vertiefen, d. i. ihren Werth mit 7; multipliciren muß, wenn man einen Ton zum Grundton «»nimmt, der in der Reihe der tieferen Quinten von 17 liegt, wie z. B. Man bezeichnet die Erhöhung eines Tones dadurch, daß man zu seinem Namen rs, und die Vertiefung dadurch, daß man zu dem¬ selben n setzt. So bezeichnet cis, chwingungen, wodurch der Schall fortgepflanzt wird, in Folgen- "in: I) Die Wellen, wodurch der Schall forrgepflanzt wird, schrei- ken selbst fort; diejenigen hingegen, wodurch der Schall erzeugt 17 * 260 Eigenschaften selb st tönender Körper. wird/ bleiben an einer Stelle und es verwandelt sich immer nur die Verdichtung in eine Verdünnung, die Excursion nach einer Seite, in eine nach der entgegengesetzten Seite. 2) Bei jenen Wellen ha¬ ben die schwingenden Theile bei der größten Geschwindigkeit die größte Abweichung von der natürlichen Dichte und es ist die Ge¬ schwindigkeit dieser Abweichung proportionirt; bei diesen ist die größte Geschwindigkeit den Theilen eigen, welche sich in ihrer na¬ türlichen Lage befinden, bei der größten Abweichung von der natür¬ lichen Lage hingegen ist die Geschwindigkeit am kleinsten (—0). Daraus folgt wieder, 3) daß eine schallerzeugende Welle fortdauert und sich öfters wiederholt, wenn auch die erregende Ursache schon zu wirken aufgehört hat, jede fortpflanzende hingegen durch eine eigene Schwingung von jener Arc hervorgebracht werden muß. Es klingt z. B. eine angeschlagene Saite noch lange nach dem Schla¬ ge , sobald sie aber gedämpft wird, hört die fortschreitende Schwin¬ gung augenblicklich auf. 341. Jeder elastische Körper kann schallen; damit aber ein Körper selbst tönen kann, muß er den hierzu nöthigen Grad von Elasticität und eine paffende Gestalt haben. Zum Tönen ge¬ hört nämlich eine Reihe gleichzeitiger, periodisch wiederkehrender schneller Stöße. In einem nicht vollkommen elastischen Körper ha¬ ben die refiecrirten Wellen, selbst wenn sich der Körper im leeren Raume befindet, eine geringere Intensität als die directen und die Bewegung ist nach wenigen Reflexionen geendet; in einem materiel¬ len Mittel muß diejes um so eher der Fall seyn, weil jede an den Grenzen des Körpers angelangte Welle einen Theil ihrer bewegen¬ den Kraft an das Schallmirtel abtritt. Darum tönt eine Bleimaße nicht, sie mag wie immer gestaltet seyn. Ist der Körper unregel¬ mäßig geformt, so treffen an jedem Puncte im Innern desselben unzählige Wellen von allen möglichen Richtungen und von allen Graden der Verdichtung und Verdünnung zusammen und heben sich schnell auf. Darum rönt ein Glasklumpen nicht, wohl aber eine Glasplatte. Die Gestalt eines tönenden Körpers muß so be¬ schaffen seyn, haß die Stellen, wo sich die Mitten einer reflectirten und einer directen Welle schneiden und die sogenannten Knoten¬ linien bilden, den ganzen Körper in Theile abtheilen, die unter einander und zum Ganzen in einfachen Verhältnissen stehen. kommt aber auch auf die Art, Stärke und Richtung des Stoßes an, der den Körper zum Tönen bringen soll. Dieser muß Luft als tönender Körper. 261 immer so beschaffen seyn, dafi die Lange der ursprünglich erregten, fortschreitenden Welle ein aliquoter Theil der ganzen Dimension ist, nach welcher der Stoß gerichtet mar. Wenn mehrere Stöße hinter einander angebracht werden, so ist es genug, wenn nur ei¬ nige derselben von der erwähnten Beschaffenheit sind, weil die schon gebildeten stehenden Wellen bald die übrigen Stöße gehörig regu« liren, wie dieses beim Streichen mit einem Violinbogen der Fall ist. Da diesen Bedingungen verschiedene Wellen entsprechen, so wird ein tönender Körper auch mehrere Abtheilungen annehmen können und bei jeder derselben anders tönen; denn der Ton richtet sich blos nach der Größe und Gestalt der schwingenden Theile. Es werden auch sogar mehrere Eintheilungsarten zugleich an einem Körper vorhanden seyn können. Der Stoß muß auch nach einer Haupt¬ dimension (Länge oder Breite des Körpers) gerichtet seyn, wenn obige Bedingung für die Abtheilung des schallenden Körpers eintre¬ ten soll. Darum wird es für tönende Körper fast immer nur Län¬ gen- und Qu erschwing u ngen (Longitudinal- und Transver¬ salschwingungenigeben; bei runden Körpern gibt es eben darum auch drehende Schwingungen. Am häufigsten werden feste und gasför¬ mige Körper zum Selbsttönen gebracht, doch hat man in der neue¬ sten Zeit auch tropfbare in selbsttönende Schwingungen zu ver¬ setzen gelernt. Die gewöhnlichsten selbsttönenden Körper sind: Die Luft, Saiten, gespannte Membranen, Stäbe, sowohl gerade als gekrümmte, wie Gabeln, Ringe, endlich Platten, ebene und krumme, wie Glocken, Gefäße rc. 342. Die Luft dient in allen Blasinstrumenten als tönen» der Körper; denn diese Instrumente geben so lange denselben Ton, als die darin enthaltene Luftsäule dieselben Dimensionen und die¬ selbe Temperatur hat, sie mögen aus was immer für einem Ma¬ teriale bestehen. Daß die Bewegung der Luft auf die Wände wir¬ ken und von diesen wieder eine Rückwirkung auf die Luft erfolgen muß, und daß diese Rückwirkung von der Natur und Dicke der Wände abhängen kann, ist für sich klar; doch wird dadurch nur die Qualität und Stärke des Toneö modificirt und dieser Umstand kann durchaus nicht als Beweis angesehen werden, daß die Wände den tönenden Körper abgeben. (Pellisov in Schmeigg. I. 67. kkst), 227; 6g. 289.) Die Schwingungen der Luft sind Längen- schwingungen. Sie werden erregt, indem man I)die eingeschloffene Luftsäule an einem Ende durch Hiueinblasen verdichtet, wie dieses 262 Blasinstrumente. bei Waldhörnern, Trompeten re. geschieht. 2) Einen schmalen Lust¬ strom vorbeistreichen läßt. Dieses thut man in jenen Orgelpfeifen, die man Flötenwerke nennt, auch beim Hineinblasen in einen Schlüssel, in eine Flöte rc. 3) Einen Luftstrom, den man durch ein^ Spalte bläst, ein elastisches Plättchen in Schwingungen ver¬ setzt, das nun die Öffnung abwechselnd herstellt und schließt, und so regelmäßig auf einander folgende Stöße auf die Luft in der Pfeife ausübet. Dieses ist bei den Rohrwerkpfeifen der Orgeln und bei den Blasinstrumenten, welche Mundstücke haben, der Fall. Durch eine solche regelmäßig auf einander folgende Reihe von Stoßen wird auch der Ton in der sogenannten chemischen Harmonien und im Trevelya n'schen Instrument (einem erhitzten und mit geringer Stabilität auf einem kalten Bleiklotz liegenden Metallstücke Fig. 144) erregt. In ersterer werden nämlich die Stöße durch die schnell aus einander folgenden Verpuffungen, welche das Verbrennendes Wasserstoffgases begleiten, erzeugt, im letzteren hingegen durch die schnellen Schwankungen des Metallstückes, welche die aus der Er¬ wärmung des Bleies und der Abkühlung des Metallstückes her¬ vorgehenden Ausdehnungen und Zusammenziehungen verursachen (Zeitsch. n. F. 3. 79). 4) Indem man einen schon schwingen¬ den Körper auf die Luft wirken läßt. So wird eine Orgelpfeife zum Ansprechen gebracht, wenn man eine schwingende Stimmga¬ bel, die nahe den Ton der Pfeife gibt, vor ihre Mündung hast- Durch diese Arten, schallende Luftschwingungen zu erregen, wird unmittelbar nur eine Welle erzeugt, deren Länge einen bestimm¬ ten, aliguoten Theil der Pfeifenlänge beträgt, und die vom Ende, wo sie erregt wurde, bis zum entgegengesetzten fortschreitet, an die¬ sem aber reflectirt wird. Der Erfolg dieser Reflexion ist verschieden, je nachdem die Rohre offen oder gedeckt ist. Am ersteren Falle wird durch die Reflexion der verdünnte Theil der Welle in einen verdichteten und umgekehrt verwandelt, im zweiten behält jeder ^.heil nach der Reflexion seinen Charakter bei. Die llrsache der llm- kehrung der Ordnung im ersteren Falle liegt darin, daß die ver¬ dichteten Lufttheile an der Öffnung leichter ausweichen können, als inneHalb derselben, weil ihnen dieses nach allen Seiten gestat¬ tet ist, wahrend die in der Röhre befindlichen nur vorwärts ge¬ hen können. Die Einrichtung einer F lö t c n - Orgelpfeife ist aus Fig. 14 ü-- L zu ersehen; -- stellt eins solche perspectivisch, L im Längendurch- Tonhöhe in verschiedenen Gasen. 263 schnitte vor. Sie bestehe aus zwei Theilen, nämlich aus dem koni¬ schen unteren Theile dem Stiefel oder Windrohre, der un¬ ten offen, oben mittelst einer Querplatte L(7 bis aus eine enge Spalte in der Nähe des etwas hineingebogenen Randes (der Lefze) geschlossen ist, und aus der eigentlichen Pfeife LtllSL", deren unterer, in der Nähe von L befindlicher Rand auch ein wenig ein¬ gebogen ist und ebenfalls eine Lefze bildet; zwischen den beiden Lefzen ist ein Einschnitt. Die Luft wird durch in den Stiefel ge¬ blasen, bricht sich in ill, dringt durch die viereckige Öffnung heraus, und erregt so in der Pfeife Schwingungen. Eine Rohrwerk- 'oder Zungen-Orgelpfeife (Fig. 146) besteht, wie die vorherge¬ hende, aus einem Fuße durch welchen die Luft eingeblasen wird, und über welchem die eigentliche Pfeife ruht, die durch einen Stöpsel vom Fuße getrennt ist. Die Communication zwischen bei¬ den ist aber nicht blos, wie bei einer Flötenwerkspfeife, durch eine einfache feine Spalte hergestellt, sondern durch eine hölzerne Rinne «b, welche durch den Stöpsel geht und im Fuße mit einem elasti¬ schen Metallplättchen (Zunge) geschlossen ist, das die Rinne mehr oder weniger schließt, je nachdem man die Krücke <- weiter hinab¬ drückt oder hinaufzieht. Die sogenannten Mundstücke mancherBlas- instrumente sind wie eine solche Pfeife eingerichtet. An einigen wird das Plättchen selbst in den Mund genommen, wie bei den Clarinetten, und diese verdienen im eigentlichen Sinne Mundstücke genannt zu werden. 343. Die Tonhöhe eines Blasinstrumentes richtet sich im All¬ gemeinen nach der specifischen Expansivkraft der schwingenden Luft und nach dem Verhältnisse der Dimensionen der Luftsäule; in vielen Fällen hat auch die Gestalt dieser Säule, die Größe und Lage des Mundloches, die Beschaffenheit der Wände und dieArtdesAnblasens darauf Einfluß. 344. Der Ton einer Pfeife ist bei übrigens gleichen Umstän. den desto höher, je größer die specifische Ausdehnsamkeit der Luft ist. Deshalb gibt eine Pfeife, die mit Wasserstoffgas anspricht, ei¬ nen höheren Ton als eine mit atmosphärischer Luft, und eben des¬ halb ist der Ton einer Pfeife in warmer Luft höher als in kalter; darum erhöht sich der Ton während des Anblasens mit dem Munde. 2i"s hohen Bergen gibt eine Pfeife keinen tieferen oder höheren Ton als an der Meeresfläche. Die Tonhöhe in Pfeifen von gleichen Dimensionen, die in verschie¬ denen Luftarten ansprechen, hat man zur Bestimmung der Geschwin¬ digkeit des Schalles in diesen Lnftarten benützt, indem man von diesen Tonhöhen auf die Anzahl der Schwingungen schloß, die in 264 Flöt en werke, offene. einer gegebenen Zeit geschehen, und aus dieser und der gegebenen Pseifcnlänge den von der Welle zurückgelegten Weg berechnete. So sand man die S. 245 angegebenen Werthe für die Fortpflanzungs¬ geschwindigkeit des Schalles in verschiedenen Gasartcn. 345. In Flötenwerkpfeifen und in Blasinstrumenten, welche diesen ähnlich sind und feste Wände haben, hängt die Tonhöhe blos von der Länge der schwingenden Luftsäule ab und ist ihr verkehrt proportionirt, vorausgesetzt, dafi die Längendimension einer solchen Pfeife ihre Breite mehr als sechsmal übertrifft und die Erschütte¬ rung an der ganzen Mündung erfolgt. Die Art des Anblasens, ob die Pfeife gerade oder gekrümmt ist, hat darauf keinen Einfluß. Nach Außen divergirende Pfeifen geben einen etwas höheren, con- vergirende einen etwas tieferen Ton, als solche, welche parallele Wände haben. Es lassen sich mit einer solchen Pfeife mehrere Töne hervorbringen, weil sich die Luft in verschiedene, durch Schwin¬ gungsknoten von einander getrennte Theils theilen kann. Die Folge der Tonverhältnisse einer solchen Pfeife ist verschieden, je nachdem die Pfeife beiderseits offen oder auf einer Seite geschloffen (gedeckt) ist. In einer ganz offenen Pfeife bewegt sich die Luft beider einfachsten Schwingungsart so, daß in der Mitte ein Schwingungs¬ knoten entsteht, an welchen sich die Lufttheilchen gleichsam anstem¬ men (Fig. 147), und da gibt sie auch den tiefsten Ton, dessen sie fähig ist; bei der zweiten Art (Fig. 148) entstehen zwei Knoten, deren jeder um Z der ganzen Länge von einem Ende entfernt ist, und der Ton ist um eine Octave höher, als der erstere; bei der drit¬ ten Schwingungsart sind drei Knoten, wovon einer in der Msii° liegt, während jeder der zwei anderen um der ganzen Pfeifen¬ länge von einem Ende entfernt ist, und der Ton ist um eine Quin¬ te höher, als der zweite u. s. w. Ist die Anzahl der Schwingun¬ gen bei der ersten Schwingungsart — 1, so drücken die natürlichen Zahlen 2, 3, 4 rc. diejenigen aus, welche der zweiten, dritten, vierten Schwingungsart entsprechen. Es gestattet daher jedes In¬ strument, welches aus einem beiderseits offenen Rohre ohne Sei¬ tenlöcher besteht, nur eine gewisse Folge von Tonen, die desto na¬ her an einander liegen, je weiter sie vom tiefsten Tone, den die Pfeife geben kann, abstehen, und man begreift leicht, warum man verschiedene Aufsätze (Waldhorn, Trompeten) braucht oder warum die Pfeife einer Verlängerung oder Verkürzung fähig seyn muß (Po¬ saune), um alle Töne der chromatischen Tonleiter hervorbringen zu Fl öte n w er ke,. g e d echt e. 265 können. In einer gedeckten Pfeife bewegt sich die Lust beider einfachsten Schwingungsart abwechselnd gegen das gedeckte Ende zu und wieder von da zurück/ und gibt so den tiefsten Ton (Fig. 140). Pei der zweiten Schwingungsart entsteht ein Schwingungskno¬ ten, der um Pder Pfeifenlänge vom offenen Ende entfernt ist, und der Ton ist um eine Octave und eine Quinte höher als im vo¬ rigen,Falle (Fig. 150). Überhaupt nehmen mit wachsender Anzahl der Schwingungsknoten die Schwingungszahlen zu wie die unge¬ raden Zahlen 1, 3, 5,, 7 rc. In Instrumenten mit Seiten- löchern (Flöte) wird die Länge der schwingenden Luftsäule durch das Offnen oder Schließen dieser Löcher modificirt und so der Ton erhöht oder erniedriget. — Vergleicht man den Ton, wel¬ chen eine offene prismatische oder cyliiidrische Pfeife bei der einfachsten Schwingungsart gibt, mit dem einer gleich langen ge¬ deckten Pfeife, in der ebenfalls die einfachste Schwingungsart Statt hat; so findet man jenen um eine Octave höher ass diesen. Der Ton einer nur zum Theile gedeckten Pfeife ist höher als der einer gleich langen ganz gedeckten und tiefer als der einer ganz offenen. Hieraus erklärt sich der Kunstgriff der Waldhornisten, mit der Hand am Trichter des Instrumentes den Ton etwas zu'ändern, und das Stimmen ?iner Orgelpfeife, durch Neigung einer bleiernen, auf ein Ende aufgesetzten Platte. Kegelförmige oder pyramidale, offene Pfeifen geben, wenn man sie an der engeren Seite anbläst, wohl auch einen höheren, Ton, als einerseits, geschloffene von denselben Dimensionen, jedoch hangt es von dem Neigungswinkel der Sei¬ tenflächen ab, um wie viel d,er Ton in ersteren höher ist, als in letzteren. Je größer dieser Winkel ist, desto mehr Intervalle liegen zwischen dem Grundtone einer offenen und dem einer geschloffenen Pfeife. In der Regel betragen sie mehr als eine Octave, können aber auch drei und mehr Octaven betragen. Die Lage der Schwingungsknoten und der stärksten Bewegung der Lufttheile in einer tönenden, weiten Pfeife kann man nach Savart dadurch finden, daß man die. Röhre vertical stellt und in sie, wäh¬ rend sie tönt, ein dünnes, über einen Ning gespanntes, wie eine Wagschale an Fäden hängendes, mit feinem Sande bestreutes Häut¬ chen immer mehr und mehr hineinsenket, und dabei stets die Bewe¬ gung des Sandes beobachtet, die an der Stelle der Schwinguugs- knoten völlig aufhört, an den Stellen der stärksten Vibration aber am heftigsten ist. Die Methode, den Ort eines Knotens einer offe¬ nen Pfeife dadurch zu bestimmen, daß man einen Kolben so weit in dieselbe hineinschiebt, bis die nun als gedeckt anzusehende Pfeife 266 Tonhöhe weirer Blasinstrumente. wieder denselben Ton von sich gibt, wie bei der einfachsten Schwin¬ gungsweise im offenen Zustande, und die Länge des eingeschobenen Kolbenstückes für die Länge der schwingenden Luftsäule anzusehen, ist, Dulong's Versuchen (Zeitsch. 6. 474) gemäß, unsicher, doch kann man durch dieses Mittel das Verhältniß der Schwingungszah¬ len gleicher Säulen verschiedener Gase richtig finden, weil bei allen Gasen die Knotenfläche auf dieselbe Stelle fällt. 346. Der Ton einer Pfeife, deren Durchmesser mehr alS ihrer Länge beträgt, und einer solchen, wo die Luftwaffe an der Mündung nur zum Theil erschüttert ist, hängt von der Art des Anblasens und von der Größe und Lage des Mund¬ loches ab. Man kann blos durch Modification des Luftstromes alle Töne innerhalb —2 Octaven hervorbringen. Dieses zeigt sich be¬ sonders an jenem kleinen Instrumente, womit die Jäger die Stim¬ me verschiedener Thiere nachahmen, welches aus einer 8—9L. wei¬ ten, 4 L. hohen, hölzernen oder beinernen Röhre besteht, die an beiden Enden mit ebenen Platten geschloffen, in der Mitte mit ei¬ nem kleinen Loche versehen ist. Dieses Jnstrumentchen wird zwischen die Lippen genommen und gibt sehr verschiedene Töne, je nachdem man stärker oder schwächer bläst. Man kann seine Größe und Ge¬ stalt auf vielfache Weise abändern, ohne eine andere Modifica¬ tion in der Wirkung des Instrumentes hervorzubringen , als die, baß sich bei einem größeren Volum desselben tiefe Töne leichter hervorbringen lassen, als höhere. Im Allgemeinen ist der tiefste Ton desto tiefer, je weiter die Öffnung ist. Auf den Ton kurzer und weiter Pfeifen hat auch die Beschaffenheit der Wände einen sehr großen Einfluß. Sind diese einer verschiedenen Spannung fähig? so wird der Ton desto tiefer, je geringer diese Svannung ist- Demnach müssen kurze und zugleich weite, kegelförmige oder Pyra¬ midale Pfeifen mir veränderlichem Neigungswinkel und mit elasti¬ sche» Wänden den größren Tonumfang haben. 347. Eine Zungen pfeife ist ein aus zwei schwingenden Körpern, der Luftsäule und der elastischen Platte, bestehendes In¬ strument; seine Tonhöhe muß demnach auch durch die Schwingun¬ gen dieser beiden Bestandtheile bestimmt werden, die durch ihre Ver¬ bindung von einander abhängig geworden sind und sich gegenseitig dahin abändern, daß sie gleichzeitig schwingen. Die Tonhöhe einer solchen Pfeife hängt demnach von der Elasticität und den Dimensio¬ nen des Plättchens und von der Länge der schwingenden Luftsäule ab. Ein voller und starker Ton einer solchen Pfeife wird blos von Zung en pfeifen. S tim m org a n e. 267 den auf daS Plättchen wirkenden Luftstoßen hervorgebracht und seine Hohe wird fast ganz allein durch die Schwingungen des Plättchens bestimmt; denn diese Höhe ändert sich nur sehr wenig, wenn man die schwingende Luftsäule ganz wegnimmt, wie dieses bei der soge¬ nannten Physharmonica der Fall ist. Setzt man an das Mundstück eine offene Röhre an, deren Luftsäule mit dem Plättchen im Ein¬ klänge tönt und deren Länge — « ist, so wird dadurch der Ton um eine Octave tiefer. Nimmt man die Luftsäule anfangs kürzer als und läßt sie allmählig bis a wachsen; so ändert sich die Ton¬ höhe in dec ersten Hälfte der Verlängerung nur sehr wenig, in der zweiten aber bedeutend, im Ganzen um eine Octave. Hiermit ist aber auch gewöhnlich die Tonreihe, welche man durch allmähliges Verlängern der Luftsäule hervocbringen kann, geschloffen. Geht diese Verlängerung über die angegebene Grenze hinaus, so springt der Ton plötzlich wieder auf den ersten zurück und dieser wird nur durch abermaliges Verlängern der Luftsäule tiefer. Wird die Luft¬ säule von a auf 2«, 3a >c. verlängert, so sinkt der Ton um eine O.uart, um eine kleine Terz u. s. f. Es machen demnach die Zunge und die Luftsäule immer nur ein schwingendes System aus. (We¬ ber in Pogg. Ann. 14. 397; 16. 193; 16. 415.) 348. In die Klaffe derjenigen Instrumente, in denen die Luft als schallender Körper wirkt, gehören auch die Stimmorgane der Thiere und Menschen. Das Stimmorgan des Menschen besteht aus dem Kehlkopfe, dem Schlunde und dem Munde. Die Lunge dient als Blasbalg, die Luftröhre als Windrohr. Der Kehl¬ kopf ist eine aus Knorpeln und Häuten gebildete Erweiterung des oberen Theiles der Luftröhre, über deren oberer Mündung zwei, einem Kreisabschnitte ähnliche Häute, die Stimmbänder, so angebracht sind, daß sie die Luftröhre bis auf eine schmale Spalte, die Stimmritze, schließen können. Diese Bänder können ge¬ spannt und nachgelassen werden, so daß sich die Stimmritze veren¬ gen und erweitern kann. Geht die Luft aus den Lungen ohne Ge¬ walt durch die weit offene Stimmritze, so erfolgt kein Laut; wird aber aus den Lungen die Luft mit Gewalt ausgestoßen, so entsteht wohl ein Schall, aber kein Ton; das Husten erfolgt auf diese Weift. Wird aber die Stimmritze verengt und die Luft mit Ge¬ walt durch sie getrieben, so erscheint erst der gehörige Ton. Die Luft schwingt im Stimmorgane, wie in einer tonischen Zungen¬ pfeife, doch gibt eine solche nur dann einen der menschlichen 268 Stimm org aii. Stimme ähnlichen Laut, wenn die Zunge beim Schwingen nichr auf den Rand der Rinne, welche sie abwechselnd öffnet und schließt, schlägt, sondern ohne anzustoßen ein- und auswärts oseilliren kann. (Willis in Pogg. Ann. 24. 3g7.) Ungeachtet des geringen Rauminhaltes ist doch das Stimmorgan vieler Töne fähig, weil sein unterer Theil elastische Wände hat, die eine verschiedene Span¬ nung annehmen können, weil durch größeres oder geringeres Off¬ nen des Mundes die Dimensionen der Luftsäule bedeutend abgeän¬ dert werden können; endlich weil sich der Stimmapparat mittelst der Lippen bald schließen bald öffnen laßt und er daher bald wie eine offene bald wie eine geschloffene Pfeife wirkt. Die Wölbung des Schlundes und des Mundes, die verschiedene Biegung der Zunge und vorzüglich zwei am oberen Theile des Kehlkopfes frei in der schwingenden Luft hängende Häutchen bewirken die verschiedene Articulation der menschlichen Stimme. Unter den Thieren haben nur Vögel, Säugthiere und Amphibien eigentliche Slimmorgane. Die Vögel haben den Kehlkopf am unteren Theile der Luftröhre, einige derselben haben auch die hängenden Membranen, die man im menschlichen Stimmorgane findet; das Stimmovgan einiger Thiere besteht nur aus einer paukenähnlichen Vorrichtung. (Sa¬ li art in Zeitsch. I. 12.) 349. Die Instrumente, in welchen die Luft der tönende Kör¬ per ist, haben das Eigene, daß sie nicht wie Saiteninstrumente nachklingen, sondern zu tönen aufhören, sobald die den Schall er¬ regende Ursache aufhört zu wirken. Die Ursache liegt darin, daß die am offenen oder gedeckten Ende der Pfeife zurückgeworfens Welle stets schwächer ist, als die auffallende, von der sie abhängt, daher sie nach wenigen Reflexionen nicht mehr die zur Wahrneh¬ mung eines Schalles nöthige Intensität hat. Die tönenden Schwingungen tropfbarer Flüssigkeiten sind noch mA so weit untersucht, daß sie einen selbstständigen Theil der Akustik abgeben könnten. Die dabei Statt findende Bewegung der Molekel scheint in einer Ausdehnung und' Zusammenziehung zu bestehen, welche eine Störung der Continuität der Masse und eine Vergröße¬ rung der Poren derselben hervorbriugen. Man erregt sie durch Rei¬ ben einer einerseits geschlossenen. Weisser oder eine andere tropf¬ bare Flüssigkeit enthaltenden Röhre. Eine Wassersäule von 1 M. Höhe gibt einen Ton, welchem 790 Schwingungen in 1 See. ent¬ sprechen, doch ändert sich diese Schwingungszahl unter besonderen Verhältnissen, wie z. B. mit dem Durchmesser und der Länge der Transversale Schwingungen der Saiten. 269 Glasröhre. Eine heberförmig gebogene gleichschenklige Röhre kann selbst beiderseits offen seyn und die darin enthaltene Wassersäule wird doch durch Reiben in tönende Schwingungen verseht, was bei einer geraden, beiderseits offenen bisher nicht gelingen wollte. Ist die Wassersäule im Heber gerade so lang wie die in der einerseits geschlossenen Röhre, so ist ihr Ton um 1 Octave höher als jener der letzteren. Verschiedene Flüssigkeiten geben bei gleicher Länge der Säulen verschiedene Töne, es richtet sich aber die Tonhöhe nicht nach der Dichte der Flüssigkeiten. Eine 20 Z. hohe Wassersäule macht in der Sec. 1478, eins eben so hohe Alkoholsäule von 36° L. 1400, eine Säule von Salzsäure 1272, eine von Schwefelsäure (60° L.) 1280, von einer Chlorcalciumlösung (13° L.) 1488, und von Quecksilber 640 Schwingungen. 350. Eine Saite kann transversal und longitudi¬ nal schwingen. O. ue rsch w ing u n g en einer Saite werden her¬ vorgebracht, wenn man einen Geigebogen rechtwinkelig auf die Saite aufsetzt und sie damit streicht. Ihr Ton ist desto hoher, je kürzer, dünner und je weniger dicht sie ist und je mehr sie ge¬ spannt worden. Sie schwingt dabei entweder der ganzen Lange nach, und nimmt dann bei der größten Excursion die Gestalt und 5 an (Fig. 151), wo cnf die ruhende Saite vorstellt, oder sie schwingt mit Schwingungsknoten. Mit einem Schwingungsknoten schwingt sie jo wie Fig. 152 mit zweien so, wie Fig. 153 zeigt. Man kann eine solche Unterabtheilung einer Saite leicht her¬ vorbringen, wenn man sie z. B. im vierten Theile ihrer Lange mit einem Finger sanft berührt, und den kürzeren Theil mit dem Bo¬ gen streicht. Man hört da nicht den Hauptton der Saite, sondern ihre zweite Octave, zum Beweise, daß jeder vierte Theil der Saite allein seine Schwingungen gemacht habe. Setzt man auf verschie¬ dene Puncte der Saire, mitunter auch auf die, welche sie in vier gleiche Theile abtheilen, kleine Papierstreifen wie Reiter und ver¬ sehrt wie vorhin; so bleiben die auf die Viertheilungspuncte auf¬ gesetzten allein sitzen und die übrigen springen herab. Spannt man zwei gleich dicke Saiten neben einander, wovon die Länge der einen em Vielfaches von der Länge der anderen ist; so darf man nur die kürzere Saite mit einem Bogen streichen, um bei der anderen eine solche Abtheilung zu bewirken, daß sie mit der kürzesten im Einklänge tont, und mittelst papiernerReiter kann man die Knoten wieder sicht¬ bar machen. Solche Abtheilungen bewirkt man, wenn man eine Saite nahe an einem ihrer Befestigungspuncte sehr leise mit dem Bogen 270 Lä n g e nsch wingun g e n der Saiten. streicht, oder wahrend eines leichten Striches am gehörigen Platze einen Finger leicht aufsetzt, wie man dieses beim Hervorrufen der Flageolettöne thut. Es kann eine Saite sogar der ganzen Lange nach und zugleich in mehreren aliquoten Theilen ihrer Lange schwin¬ gen. Versetzt man z. B. eine hinreichend lange, am besten mit Me¬ tall übersponnene Darmsaite in Querschwingungen; so hort man nebst dem Haupttone, den ste gibt, wenn sie nach der ganzen Lange schwingt, mehrere höhere Nebenröne, und zwar die nächst höhere Ockave, die Quinte dieser Ockave u. s. w. Da nun die Spannung und Dicke der Saite unverändert geblieben ist, so muß mit der ganzen Saite auch zugleich ein Theil schwingen, der die Octave, ein anderer, der die Quinte der Octave gibt u. s. f-, mithin muß sie sich in Stucke rheilen, deren Langes, rc. der ganzen Saite beträgt, und jeder Theil muß so schwingen, als wäre er für sich bestehend. Eine Saite, die der ganzen Länge nach und zugleich in aliquote Theile getheilt, schwingt, muß nolhwendig eine Gestalt annehmen, die aus der Gestalt, welche beiden Schwin¬ gungsarten zukommt, zusammengesetzt ist. Hat z. B. die Saite (Fig. 152) die Krümmung wenn sie der ganzen Länge nach schwingt, hingegen die Gestalt AI^D/Ü, wenn jede ihrer Hälften schwingt; so entsteht aus, diesen beiden die Krümmung die man erhält, wenn man HL — <71'und e/r — /g- macht, end¬ lich durch ^1, L, <7, /r, F die Curve zieht. Daß eine tonende, nach der Quer schwingende Saite nicht gerade in der Mitte ihre größte Ausbeugung haben muß, und daß diese, der Tonhohe unbeschadet, an jeder Stelle zwischen den zwei Enden Statt finden kann, ist M sich klar. Eine Saite hat bei der größten Ausbeugung immer die größte Lange und Spannung. Rühen die Enden einer Saite nicht auf scharfen , sondern auf nach einem bestimmten Gesetze abgerundeten tzLtegen; so muß sich die Saite nach Maßgabe ihrer größeren oder kleineren Epcursion mehr oder weniger abwickeln und ihre durch die¬ ses Abwickeln vermehrte Verlängerung kann durch die vermehrte Spannung genau compensirt werden, so daß bei größeren und klei¬ neren Epcursionen Töne von gleicher Höhe entstehen. (W eber in Pogg. Ann. 28. 1.) 351. Lä ng en sch w in g u ng e n werden erregt, wenn man den Bogen unter einem sehr spitzen Winkel auf die Saite aufsetzt und sie damit streicht. Dabei ziehen sich alle oder nur einzelne Theil- der Gaite abwechselnd zusammen und dehnen sich wieder aus. Längenschwingungen der Saiten. 271 Schwingt die Saite AL (Fig. 154) ohne Schwingungsknoten, so stützen sich ihre Theile bei der Bewegung an die befestigten En¬ den; berührt man sie in der Mitte Gleicht, so bildet sich da ein Schwingungsknoten, und die Theile der Saite bewegen sich ab¬ wechselnd gegen und von einander, wie die Pfeile zeigen. Auf gleiche Weise kann man -eine Abteilung in 3, 4 rc. Theile, mit¬ hin 2, 3 rc. Schwingungsknoten erzeugen, wenn man die,Saite in oder rc. ihrer Länge sanft berührt. Nimmt man die Schwin¬ gungsanzahl der ganzen Saite als Einheit an, so lassen sich die Schwingungszahlen bei 1, 2,3 rc. Schwingungsknoten durch 2, 3, 4 rc. ausdrücken. Die Gesetze der Längenschwingungen haben mit denen der transversalen nichts gemein, als das; sich die Hohe des Tones nach der Länge der Saite richtet und die Schwingungs¬ zahlen dieser Länge verkehrt proportionirt sind; aber die durch Län¬ genschwingungen hervorgebrachlen Töne sind durchaus höher als jene, welche bei O.uerschwingungen derselben Saite entstehen, gap nicht von der Dicke und, besonders bei sehr langen und dicken Me¬ tallsaiten, sehr wenig von der Spannung, wohl aber vom Materiale der Saite abhängig. Man muß daher , zu Versuchen über diese Schwingungen sehr lange Saiten nehmen. Die Längenschwingungen stehen zu den transversalen in, einer solchen Beziehung, daß sich das Quadrat der Schwingungsanzahl bei erstem ren zum, Quadrate der Schwingungsanzahl bei,letzteren verhält wie die Saitenlänge zu der durch ihre Spannung erzeugten Verlänge¬ rung. Die Schwingungen einer Saite mögen transversal oder lon¬ gitudinal seyn, so bewegen sich ihre kleinsten Theile doch immer nach der Länge und nach der Quere zugleich, indem bei jeder wie immer gearteten Schwingung nur eine Annäherung oder, eure Ent¬ fernung der kleinsten Theile von einander Statt finden kann, und in so fern ist cs wohl begreiflich, daß transversale Schwingungen fast immer von longitudinalen begleitet sind und umgekehrt, so wie daß eine transversal wirkende Kraft Längen'töne.erzeugen kann, und in so fern besteht das Tönen einer Saite allerdings in einer Mo- lecularbewegung; aber diese Bewegung ist in dev That eine oscil- lirende, weil die Theilchen nach einer und dann nach der entgegen¬ gesetzten Richtung aus der Lage des Gleichgewichtes treten; der Inbegriff dieser Bewegungen aller Theile macht nun die Bewegung der,Saite aus und diese ist auch eine oscillirende. Darum sagt man auch schlechtweg: das Tönen einer Saite entsteht durch die oscil¬ lirende Bewegung derselben. (Vergleiche Pellisov in Schweigg. 67. 169.) 272 T r a n s v er.sa lsch w ing u n g e n el a st. Stabe. 352. Eine-schmalö, nur der Lange nach gespannte Membra¬ ne schwingt so wie eine Saite, und'die-Knoten aller Längenfasern bilden eine Knötensinse.. Ist diese Membrane.breiter., so.chefplgt sie in ihren Schwingungen Gesetze, wie elastische-Scheiben ,-von, de¬ nen in der Folge- die Rede seyn wird. Eine allerseits gespannte Membrane, wie z. Bl ein Trommelfell,. .kann einige Schwingun¬ gen annehmen, die mit denen der Sailen Übereinkommen.,-und bei diesen befolgen 'auch die Töne nach Ri ce a t t i's Erfahrungen dieselben Verhältnisse., wie. bei Saiten; aber einige.SchwinguW- arten-weichen von-denen an Saiten bedeutend ab, ja e-s W manche, die bei Sairen-Stact stn-den,-für gespannte-Membranen ganz unmöglich. Durch aüfgestreutLN San.d. katin man .die Schwis- gungsknoren-an gespannten Membranen sichtbar machen., Dieses geht besonders leicht von Statten bei gespannten, dünnen Häutchen üusKaurschuk, diemandurch einen Lufistoß zum Tönen bringt, indem Man in eine senkrecht gegsirdas Häutchen.slehende aber dasselbe nicht berührende Röhre bläst. (M a rx in-Pogg.-J. 6ö. 148 ; 6Ü.-10ch) 353. "Die'Schminguiigen ela-sti sch e r .Stä b.e geschehen Nach anderen Gesetzen,-als dir den,Saiten, weil ihre Elasticirät nach allen Richtungen, nicht blos nach der Länge , wirkte Da sie für jich, ohne künstliche Spannung , schon elastisch sind; so kann man die Versuche mir ihnen auf mannigfaltige Art abändern, man kann sie entweder an einem Ende, oder nur in der Mitte, öderen beiden Enden befestigen, an einem Ende an einen harten Körper anstemmen, am anderen frei lassen oder befestigen, oder endliche» Heiden Enden gn stemmen. 354. Wenn man solche gleich dicke und gleichförmig dichte Stäbe, wie z. Bi Stahl- oder Glasstangen oder schmale Glasstrei- fen, mit einem Bogen rechtwinklig streicht; so geben sie wahr¬ nehmbare Töne, deren Hohe bei übrigens gleichen Umständen iw geraden Verhältnisse mit der Dipke^ und im verkehrten mit dein Quadrate der Länge steht. Sollen Schwingungsknoren entstehen, so darf man den Stab nur an der Stelle, wo einer hinfällt, leicht berühren und ihn dann streichen; an'stachen Stäben kann man die Schwingungsknören durch Sand sichtbar machen. Da zeigt es sich, daß sich alle an einem parallelepipedlschen Stabe möglichen Kno-en- liniensysteme in gewisse Klaffen bringen lassen, nach Maßgabe der Anzahl der Stellen, wo sie die Ache der schwingenden Fläche des Stabes schneiden. Die in eine Klasse gehörigen schneiden diese AH Schwingungsknoten elastischer Stäbe. 273 nicht blos in gleich vielen, sondern auch genau an denselben Stel¬ len. Mit der Anzahl der Schwingungsknoten nimmt die Hohe des Tones zu. Den tiefsten Ton gibt daher ein Stak, der ohne Kno¬ ten schwingt, wie AL in Fig. 155. Ist dieser in A befestigt, in L aber frei, so macht er beim Schwingen mit seiner Richtung im ru¬ higen Zustande AL Winkel, deren Scheitel im befestigten Puncte A liegen; bei jeder anderen Schwingungsart wird diese Richtung in so vielen Puncten durchschnitten, als Schwingungsknoten vor-- händen sind. Bei einem derselben schwingt er, wie Fig. 156, bei zweien, wie Fig. 157 zeigt. Ist der Stab in A blos angestemmt, in L ganz frei, so hat er bei der einfachsten Schwingungsart schon einen Schwingungsknoten, aber seine Gestalt weicht von der in Fig. 154 bezeichneten ab und ist mehr gekrümmt, indem sich da die Theile schon nahe am angestemmten Puncte mehr von ihrer natür¬ lichen Richtung entfernen können, als es im vorhin erwähnten Falle möglich war. Sind beide Enden des Stabes frei, so hat er bei der einfachsten Schwingung schon zwei Schwingungsknoten. Ein bei¬ derseits angestemmter Stab schwingt wie eine Saite, nur mir ei¬ ner anderen Folge der Tonhohen; ja selbst wenn er an beiden En¬ den befestigt ist, haben seine Schwingungen noch mit denen der Sairen viele Ähnlichkeit, es sind aber sowohl die Tonverhaltniffe als auch die Krümmungen von denen eines beiderseits blos ange¬ stemmten Stabes merklich verschieden. Spannt man einen dünnen, polirten Srahlstab, z. B. eine durch Hämmern gehärcere Strick¬ nadel, an einem Ende in einen Schraubstock ein, und versetzt ihn durch einen Hammerschlag in Querschwingungen; so kann man die Gestalt desselben beim Oscilliren und den Ort seiner Schwingungs¬ knoten genau sehen. Hat er am freien Ende ein polirtes Knöpf¬ chen, so gibt dieses beim Schwingen sehr symmetrische Figuren. Whcatstone's Kaleidophon. (Schweigg. I. 50. 490.) Die Tonhöhen eines einerseits befestigten, andererseits freien Sta¬ bes, der mit I ober 2 Schwingungsknoten.schwingt, verhalten sich, wie die Quadrate der Zahle» 2 und 5, wenn er-aber mehrere Kno¬ ten hat, vom zweiten an, wie die Quadrate von 3, 5, 7, 9 rc. Ist ein Ende angestemmt, das andere frei, so folgen die Töne auf ein¬ ander, wie die Quadrate von 5, 9, 13, 17 rc.; sind beide Enden frei, wie die Quadrate von 3, 5, 7, 9 rc. Die Tonreihe eines bei¬ derseits angestemmten Stabes folgt den Quadraten von 1s 2, 3, 4 rc., die eines beiderseits befestigten den Quadraten von 3, 5, 7 rc. Ein einerseits befestigter, andererseits angestemmter Stab befolgt Naturlehre 5. Aufl. 18 274 Längenschwingung e lost. Stäbe. dasselbe Gesetz der Tonrcihe, wie ein einerseits angestemmtcr, an¬ dererseits freier. Die Lage der Knotenlinien eines elast. Stabes kann man durch Versuche, noch besser aber durch Rechnung bestim¬ men. (D. Bernoulli in t7o»r. tom. 8.; Euler in ^oe. 1779. 1. 103; Suppl. 362. Strehlke in Pogg. Ann. 27. 505.) 355. Reibt man einen elastischen, hinreichend langen, glat¬ ten, möglichst geraden, dünnen Stab nach der Länge mit einem befeuchteten oder mit Bims überstreuten Lappen; so geräth er in Längenschwingungen. Glasstreifen versetzt man in solche Schwin¬ gungen am leichtesten durch einen Schlag, oder durch Reiben ei¬ nes mit demselben der Länge nach verbundenen Glasstabes. Bei die¬ sen Schwingungen geben die Stäbe Tone, die sich zu den bei Querschwingungen entstandenen so verhalten, wie die der Saiten. Bestreut man den Stab mit Sand, so Häusl sich dieser an den Ruhestellen an und macht sie sichtbar. Savart hat (^/rn. cks s'ä. 25. 255) die Lage der Schwingungsknotcn longitudinal schwingen¬ der, hohler und massiver Cylinder, so wie die eben so schwingender, schmaler, langer Platten untersucht und mehrere interessante Re» sultate gefunden. Er hielt zur Erreichung dieses Zweckes die zu untersuchenden Cylinder horizontal, behing sie von Außen mit schmalen, ovalen Papierringen, vertheilte, wenn sie hohl waren, im Inneren derselben feinen Sand möglichst gleichförmig und strich sie der Länge nach. Dabei fand er, daß die Schwingungsknoten hohler Cylinder nicht an beiden Oberflächen in dieselben Quer¬ schnitte fallen, sondern daß dort, wohin an der inneren Fläche eiu Schwingungsknoten fällt, die Theile der äußeren Oberfläche tue größte Bewegung haben. Als er eine solche Röhre um ihre Axe drehte und in jeder Lage den Ort der Schwingungsknoten untersuchte, überzeugte er sich, daß die Knoten beider Oberflächen in schrauben¬ förmigen Linien liegen, die aber nicht gleichförmig gebeugt um die Röhre hernmgehen, sondern meistens aus zwei Stücken be¬ stehen, wovon das eine in einem Querschnitte der Röhre liegt, während das andere mehr gerade ausgeht. Fig. 158 zeigt dieses für eine Oberfläche. Bei einigen Röhren, die man in der Mitte halt und an einem Ende streicht, findet man die Schraubenlinie an einer Hälfte rechts, an der anderen links gewunden, und beide in der Mitte aufhörend; bei anderen findet man die Knotenlinie durch die ganze Röhre auf dieselbe Weise gewunden. Die Gebrüder Drehende Schwingungen. 275 Weber (Wellenlehre S. 555 und Schweigg. I. 44.389; 45. 290 und 298) wollen an kurzen, weiten, sehr regelmäßigen Röh¬ ren die Knotenlinien der inneren Wand quer um den Cylinder liegend gefunden haben, jedoch so, daß sich jede derselben nur auf den halben Umfang eines Querschnittes erstreckte; für die andere Halste fiel sie in einen anderen Querschnitt. Von der spiralförmi¬ gen Anordnung der Knotenlinien bei den Längenschwingungen der Cylinder fand Savart selbst noch an schmalen, langen, schwin¬ genden Platten eine Spur. Bringt man nämlich einens—Z. breiten, langen, horizontalen und mit Sand bestreuten Glasstrei¬ sen zum Schwingen; so ordnet sich der Sand in parallele, auf der Länge des Streifens senkrechre Linien. Merkt man sich diese Stel¬ len, kehrt dann den Streifen um und versetzt ihn aufs Neue in Längenschwingungen; so sammelt sich der Sand nicht mehr an den den vorigen gegenüber liegenden Stellen, ja wenn der Streifen 1 — 1-^ L. dick ist, so liegen die nun vorhandenen Knotsnlinien genau der Mitte zweier vorhin entstandener gegenüber. An der schmäleren Seite der Platte liegen die Knotenlinien gar schief, als wollten sie die den beiden entgegengesetzten Flächen zugehörigen mit einan¬ der verbinden. An (1—-2 Zoll) breiten Streifen erscheinen selbst die Knotenlinien der größeren Flächen gebogen, wie Fig. 159 zeigt. 356. Außer den angeführten zwei Schwingungsarcen sind Stäbe noch einer dritten fähig, der drehenden. Man erregt sie am leichtesten an cylindrischen Stäben, die man an einem Ende in einen Schraubstock einspannt und am anderen in drehender Bewe¬ gung mit einem Bogen streicht. Durch Berühren an Stellen, wo¬ hin Schwingungsknoten fallen, kann man auch eine Abrheilung in schwingende Theile bewirken. — Die Längen-, Quer- und dre¬ henden Schwingungen elastischer Stäbe stehen mit einander in einer solchen Verbindung, daß man aus der durch Erfahrung ausgemit- kelten Schwingungszahl bei einer dieser Schwingungsarcen auf dis bei den anderen schließen kann. (Suppl. 362.) 357. Die hier dargestellten Gesetze der Schwingungen gerader Stäbe befolgen auch die gekrümmten, nur mit dem Unterschiede, daß die Schwingungsknoten, zwischen welche die Biegung fällt, durch das Biegen einander naher gerückt und so die Töne erhöht werden. Davon überzeugt man sich am leichtesten, wenn man eine Stange von Glas oder Metall nach und nach immer mehr öiegc, und sie bei jedem iGrade der Biegung zum Tönen bringt. Ein ga- 18* 276 Schwingungen elast. Platten. keilförmiger Stab, wie unsere Stimmgabeln, gibt den tiefsten Ton, wenn man ihn an einem Ende faßt und am andern schlagt, oder mit einem Dogen streicht. Einen höheren Ton gibt er, wenn er mit zwei Knoten, wie in Fig. 160, und einen noch höheren, wenn er mit vier schwingt, wie aus Fig. 161 zu ersehen ist. Ein ringförmi¬ ger Körper theilt sich beim Schwingen in -4, 6, 8... gleiche Bo- gentheile, die nach entgegengesetzten Richtungen schwingen. Be¬ rührt man ihn an den Grenzen solcher Theile und streicht ihn an einer Stelle, die zwischen zwei solchen Grenzen liegt: so bekommt man einzelne Töne heraus, die den Schwingungen der Theile ent¬ sprechen und desto höher sind, in je mehr solche Theile sich der Ring getheilt hat. 358. Fast bei allen diesen Schwingungen betrachtet man ela¬ stische Stabe blos als Linien und sieht dabei gleichsam nur auf die Bewegung der in ihrer Längenaxe liegenden Theile. Bei langen und dünnen Staben kann dieses auch ohne merklichen Fehler ge¬ schehen; bei solchen hingegen, wo die Breite und Dicke so groß ist, daß sie einen merklichen Einfluß auf die Schwingungen des Ganzen nehmen, werden die vorhergehenden Gesetze merklich modi- sicirt. Dieses kann man vorzüglich aus der ungleichen Schallver- breitung (337) rings um einen solchen Stab abnehmen. Aus W. Weber's schönen Untersuchungen über diesen Gegenstand (Schweigg. I. 48. 423) geht hervor, daß ein prismatischer, ziem¬ lich dicker Stab, bei seinen Querschwingungen z^vei Wellen in der ihn umgebenden j Luft erregt, nämlich eine an der Vorder- , die andere an der Hinterfläche. Diese zwei Wellen haben entgegenge¬ setzte Eigenschaften und die eine entsteht etwas früher als die andere. Es scheint, als gäbe es in jedem Querschnitte eines solchen Stabes ähnliche Schwingungen, wie in einem Ringe, der mit mehreren Schwingungsknoien schwingt. Nach P o i sso n (Suppl. 362) erfolgt während einer Längenschwingung eines Stabes eine auf seine A.re senkrechte (normale) Schwingung, die mit jener isochron ist und dort die größte Ausbeugung verursacht, wo bei jener ein Schww- gungsknolen ist und umgekehrt. 359. Wenn elastische Platten an einer oder an mehreren Stellen fest gehalten und an einer anderen mit einem Bogen nor¬ mal gestrichen werden; so bilden die Knotenlinien, die durch aufge¬ streuten Sand sichtbar gemacht werden, gewisse Figuren, welche man Klang figure n oder insbesondere nach ihrem Entdecker, K s a n g fig u re n. 277 Chladni'schs Klangfiguren nennt, und aus denen man auf die Art der Bewegung der Platten schließen kann. Um diese Figuren rein hervorzubringen, bedient man sich am besten Scheiben von grünem, dünnen Fensterglas?, denen der scharfe Rand benommen worden ist; matt geschliffene Glastafeln gewahren den Vortheil, das; man die Klangfiguren mit einem fein gespitzten Bleistift nach- zeichnsn kann; es lassen sich aber auch Metallplatten und selbst Holzscheiben dazu brauchen. Man reicht meistens aus, wenn dis Platten einen Durchmesser von 3 — 6 Zoll haben, nur für ver- wickeltere Figuren braucht man größere Tafeln. Die Form der Klangfiguren wird durch dis Lage des Entstehungsortes der Wellen, durch die Länge der entstandenen Wellen und durch die Gestalt der Platte bestimmt, wie man leicht einsieht, wenn man bedenkt, das; sie ans dem regelmäßigen Zusammentreffen der directen und reflectirten Wellen entsteben. Dahergeben Platten von verschiedener Gestaltauck verschiedene Klangfiguren , daher lassen sich auch in derselben Platte verschiedene Klangfiguren hervorbringen, se nachdem man mit dem Bogen stärker oder schwächer, schneller oder langsamer streicht und dadurch gleichsam die Länge einer Welle bestimmt, endlich die Lage des Punctes, wo man dis Platte hält, gegen den, welchen man- streicht, abändert. Die ^Zeichnungen Fig. 162—169 stellen solche Klangfiguren an quadratformigen und kreisrunden Scheiben vor, welche entstehen, wenn man sie in a hält und in ö streicht. Man kann die an einer Platte von bestimmter Gestalt hervorbringbaren Klang- siguren, ähnlich denen an transversal schwingenden Stäben nach Maßgabe der Anzahl und Lage gewisser Puncte, wo Knoten hin¬ fallen, in mehrere Classen bringen. So z. B. machen bei einer kreisrunden Scheibe alle blos a us D u r ch m e ss e r n bestehenden Figuren eins eigene Classe, die aus concentrischen Kreisen ohne Durchmesser bestehenden eine andere, die aus Krei¬ sen und Durchmessern gebildeten wieder eine andere rc. Die Klanqssguren beider Oberflächen liegen, wenigstens bei dünnen Scheiben, genau über einander. 36l). Die einfachste Figur ist immer von dem tiefsten Tone begleitet, den eine Scheibe gibt, und je zusammengesetzter eine Klangsigur wird, desto höher fällt auch der Ton aus. So gibt eine O.uadrattafel bei der Behandlung, wo auf ihr die Fig. 162 ent¬ steht, den tiefsten Ton; ein höherer begleitet die Fig. 163, und ein noch höherer die Figur 164. Doch gehört nicht zu jedem Tone 278 K n ote nli n i e n. rine eigene Klangfigur; denn ähnliche jedoch ungleich große Scheiben geben bei gleicher Behandlung gleiche Figuren, aber Tone von verschiedener Hohe, und in derselben Scheibe kann man oft durch eine kleine Verrückung der gehaltenen Stelle eine Änderung der Figur hervorbringen, ohne daß die Hohe des Tones nur im ge¬ ringsten geändert wird. So geht in einer Quadrattafel die Figur 103 alsogleich in 164 über/ wenn man die fest gehaltene Stelle« nur wenig einwärts rückt/ und doch bleibt die Hohe des Tones un¬ verändert. 361. Die Knotenlinien sind, nach Chladni, bald gerade, wie in Fig. 162 — 165, bald gekrümmt, wie in Fig. 166, und die Krümmungen können zu allerlei krummen Linien gehören; wenn sie aber nicht in sich zurückkehren, so erstrecken sie sich immer bis an die Ränder der Scheibe und Horen nie in derselben auf. Die Entfernung einer Knotenlinie von einer anderen ist immer ein ali¬ quoter Theil der Dimension der Platte, welche auf ihnen senkrecht steht. Verwickelte Klangfiguren haben das Eigene, daß sie aussehen, als wären sie aus einfachen zusammengesetzt, die man an ähnlichen Tafeln erzeugen kann. So entsteht die Fig. 170, die man in einer etwas großen Quadrattafel erzeugen kann, auch, wenn man 4 kleine Tafeln, an denen die Figur 162 hervorgebracht wurde, so zusammensebt, wie die stark ausgezogenen Linien zeigen. 362. Die Schwingungen gekrümmter Tafeln, z. B. der Glocken, sind ganz denen ähnlich, welche bei ebenen Flächen be¬ merkt morden. Eine Glocke theilt sich beim Schwingen in eine ge¬ rade, größere oder kleinere Anzahl Theile, die zugleich mit dem Ganzen schwingen. Daher hört man bei einer Glocke außer dem eigen- thümlichen, tiefsten Tone mehrere höhere, ja man kann ihr jeden dieser Nebentöne für sich entlocken, wenn man sie an einem oder an zwei Puncten, wohin eine Knotenlinie fällt, sanft halt, und die Mitte mit einem Bogen in der Richtung des Durchmessers streicht. Ist sie dabei mit Wasser gefüllt oder mit angefeuchtetew Sande bedeckt; so werden die Knotenlinien durch das Kräuseln des Wassers oder durch die Anhäufung des Sandes sichtbar. Durch das letztere Mittel kann man die ruhenden Stellen der äußeren und in¬ neren Fläche zugleich sichtbar machen und sich überzeugen, daß eine Knotenlinie der einen Fläche zwischen zwei Knotenlinien der ande¬ ren falle. 363. An Platten von besonders symmetrischem Baue, wie Sch W in g u ng e n k r u m m er Ta fe l n. 27N z. B. an kreisrunden Scheiben, an Glocken und Ringen, können die Knotenlinieu, der Große der schwingenden Theile und der Ton¬ höhe unbeschadet, ihren Ort andern. Man kann eine solche Bewe¬ gung der Knotenlinien wirklich hervorbringen, wenn man die Platte durch einen raschen Bogenstrich in Schwingungen versetzt, den Bogen schnell zurückzieht, wieder einen Strich anbringt rc. und so mehrmal hintereinander verfahrt. Je schneller man streicht und den Bogen wieder zurückzieht, desto schneller rücken die Knotenlinien fort. Wiederholt man dasselbe Verfahren, sobald diese Linie in Ruhe ge¬ kommen ist; so kann man sie neuerdings zum Weiterrücken bringen und sie in einem ganzen Kreise herumführen. Erfolgen die Schwin¬ gungen langsam, so kann man dieses Weiterschreiten durch feinen Sand sichtbar machen, bei schnellen Schwingungen hingegen sieht man es nur, wenn man Sonnenlicht auf die Scheibe fallen laßt und das Bild der Sonne beim Schwingen derselben betrachtet. Auf einer kreisförmigen, runden Scheibe erscheint dieses oval, beim Schwingen aber (falls eine sternförmige Klangfigur entsteht) stern¬ förmig, und wenn die Schwingungsknoten weiter rücken, so^nimmt auch dieser Stern eine kreisförmige Bewegung an. (Sa vart in Zeicsch. 4. 109.) 364. Die bisher betrachteten Schwingungen tönender Körper sind nicht blos wegen ihrer acustischen Beziehung interessant, son¬ dern auch darum, weil sie uns ein sehr leicht anwendbares und ge¬ naues Mittel darbieten, die Größe und Vertheilung der Elasticität in einem Körper zu erkennen. Schneidet man von einem Körper nach verschiedenen Richtungen parallelepipedische Stäbe von gleichen Dimensionen und versetzt sie auf einerlei Weise in Schwingungen; so kann man aus der Tonhöhe bei einerlei Abtheilungsart der Stäbe auf ihre Schwingungsanzahl und daraus auf ihre Elasticität schlie¬ ßen. Schneidet man von einem Körper gleichförmig dicke Kreis¬ scheiben und versetzt sie in Schwingungen, bei welchen eine aus diametralen Linien bestehende Klangfigur entsteht; so müssen diese Linien jede Richtung annehmen können, wenn die Scheibe allent¬ halben gleich elastisch ist. Nehmen jene Linien nicht jede Lage an, so besitzetdie Scheibe nicht allenthalben einerlei Elasticität, aber man wird die Stellen der kleinsten und größten Elasticität und das Ge¬ setz ihrer Anordnung leicht ausfindig machen können. Durch dieses Mittel erkannte S avart, daß Holz, kristallisirte Körper, von denen er besonders Doppelspath und Bergkristall näher untersucht 280 Einfluß des Mittels auf Schwingungen. hat, nach verschiedenen Richtungen eine verschiedene Elasticität besitzen. Eine Scheibe, die senkrecht auf die Axe eines knotenfreien, mit voll¬ kommenen Jahrringen versehenen, cylindrischen Holzstammes ge¬ schnitten ist, hat offenbar parallel mit der Axe (und mit den Fasem des Holzes) eine andere Elasticität, als in einer darauf senkrechten Ebene, und selbst in dieser Ebene kann die Elasticität nach verschie¬ denen Richtungen verschieden seyn. Savart fand sie mittelst Stäben aus einem «Buchenstamme in einer auf die Fasern senkrechten Ebene nach einer Richtung —1, nach einer darauf senkrechten —2.25, in der Richtung der Fasern hingegen^-16. Macht man aus einer kreis¬ förmigen, gleichförmig dicken Metallscheibe, auf welcher eine diame¬ trale Knotenlinie jede Richtung annehmen kann, mit einer Säge parallele Einschnitte und schwächt dadurch nach der Richtung derselben ihre Elasticität; so kann eine aus zwei auf einander senkrechten Durchmessern bestehende Klangsigur aufihr nicht mehr jede beliebige Lage annehmen, sondern es ist immer eine Knotenlinie mit den Ein¬ schnitten parallel, eine andere darauf senkrecht, und will man mit Gewalt diese Knotenlinie an einer anderen Stelle erzwingen, so gehen die Durchmesser in hyperbolische Curven über. Demnach zeigen diese Durchmesser an ungleichförmig elastischen Platten immer die Stellen an, wo die Elasticität am größten oder am kleinsten ist. Eine Holz¬ scheibe senkrecht auf die Fasern geschnitten, hat meistens an jeder Stelle eine Klangfigur mit diametraler Knotenlinie, ist also ringS um das Centrum dcrJahrringe gleich elastisch, eine schief gegen die Fasern oder mit ihnen parallel geschnittene thut dieses nicht, ist also auch nicht gleichförmig elastisch. Platten aus Bergkristall, senk¬ recht auf die Hauptaxe des Kristalls geschnitten, erscheinen ringsum die Axe gleich elastisch, aber die der Axe parallelen Flächen haben ungleiche Elasticitäten, noch mehr eine schief gegen die Axe geschnit¬ tene. Doppelspath stimmt fast ganz mit dem Bergkristall überein, und nur darin besteht zwischen beiden ein wesentlicher Unterschied- daß die kleine Diagonale der Rhomboederfiäche beim Bergkristalle die Axe der größeren, beim Kalkspath aber die der kleineren Elasti¬ cität ist. (Savart in Pogg. Ann. 16. 206.) 365. Ein elastischer Körper kann nicht blos in der atm. Luft, son¬ dern auch in jedem anderen Gase, ja sogar in tropstaren Flüss'st- keiten, wie z. B. in Weingeist, in Ohl, in Quecksilber rc. oscil- liren. Man erregt in letzteren Schwingungen mittelst eines Glas- stabes, welchen man an den in Oscillationen zu versetzenden Körper so ankittet, daß ein Theil davon aus der Flüssigkeit herausragt, i" die man jenen Körper getaucht hat, und diesen Stab streicht. Versuchen dieser Art hat man erfahren, daß das Mittel durch stwk Nebenfiguren. 281 Trägheit und seinen Widerstand auf dis Schnelligkeit der-Schwin¬ gungen, mithin auch auf die Tonhöhe Einfluß hat, welcher um so größer ausfällt, je größer die in Bewegung gesetzte Masse des Mittels ist. Daher erfolgen longitudinale Schwingungen, welche das Mit¬ tel nur wenig in Anspruch nehmen, fast in allen Flüssigkeiten auf gleiche Weise, und die Tonhöhe erleidet in denselben keine merkliche Veränderung, wahrend transversale Schwingungen von dem Mittel, worin sie Statt finden, in hohem Grade abhängsn und bei übrigens gleichen Umständen von desto tieferen Tönen begleitet sind, je dich¬ ter das Mittel ist. Übrigens bilden sich in jedem Mittel, selbst wenn es trovfbar flüssig ist, am tönenden Körper bei gehöriger Be¬ handlung Klangfigursn, und man kann sie eben so wie bei Schwin¬ gungen, die in der Luft vor sich gehen, durch Sand, den man durch die Flüssigkeit auf den tönenden Körper gelangen läßt, sicht¬ bar machen. Doch sind nicht alle Figuren, die sich auf solche Weise zeigen, wahre Klangfiguren, d. h. solche, die aus Linien bestehen, welche Knotenlinien bezeichnen, sondern manche derselben werden durch die Bewegung des Mittels bedingt, worin die Bewegung erfolgt. Das Mittel wird nämlich, besonders durch transversale Schwingungen der Platte, auch in eine vibrirende Bewegung ver¬ setzt. Denn so wie ein Theil der vibrirenden Fläche aufsteigt, theilt er dem Mittel eine gewisse nach aufwärts gekehrte Geschwindigkeit mit, weicht aber beim Zurückkehren von dem Mittel zurück, und macht, daß es in das so entstehende Vacuum einzudringen suchen muß. Aber nicht an allen Stellen einer vibrirenden Parthie kann das Mittel gleich schnell zurückkehrsn, sondern es wird dieses auf der Stells der größten Vibration (am Vibrationscentrum) lang¬ samer geschehen als an anderen Stellen, weil daselbst die vibrirende Fläche die größte Geschwindigkeit und die größte Excursion hat. Das Mittel strömt daher von beiden Seiten dieses Centrums zu, und kann sehr feine Pulver, z. B. Hexenmehl, bis zu jenem Centrum mit sich fort führen. Daher kommt es auch, daß sich bei der An¬ wendung eines aus feinen und gröberen Theilen gemengten Sandes die gröberen an den gewöhnlichen Knotenlinen, die feineren aber zwischen diesen anhäufen und eine Figur geben, welche Savart U'rig einer weiteren Abtheilung der schwingenden Partien zuschreibt. Daß diese secundäre Figur von der Bewegung des Mittels her¬ rühre, lehrt der Umstand, daß sie sich im leeren Raume oder in sehr verdünnter Luft nicht bildet, sondern daß aller Sand an der 282 Mittönen. Beweise für dasselbe. eigentlichen Knotenlinie abgesetzt wird. Man kann die Schwingungen, in welche das Mittel durch die Platte versetzt wird, leicht sichtbar machen, wenn man als solches eine Schichte einer tropfbaren Flüs¬ sigkeit, z. B. Wein, oder noch besser Milch braucht. iss. Schwingungen mittönender Körper. 366. Die schwingende Bewegung schallender Körper kann sich denen, mir welchen sie in Berührung stehen, nicht blos so mitthei¬ len, daß hierdurch der Schall fortgepflanzt wird, sondern auch so, daß sie selbst mitklingen und den Schall verstärken. Die Gesetze dieser Mittheilung sind äußerst wichtig; denn sie spielen bei unseren Saiteninstrumenten und überhaupt in allen jenem Fallen, wo es uns um Verstärkung des ursprünglichen Schalles zu thun ist, eine große Rolle, und nur durch ihre Kenntnis; kann man zu einem ganz sicheren Verfahren geleiter werden, um solche Instruments in möglichster Güte zu verfertigen und dabei weniger vom Zufalls abzuhängen, als es bis jetzt leider noch der Fall ist. 367. Von der Wirklichkeit der Mittheilung hörbarer Schwin¬ gungen in Körpern von der mannigfaltigsten materiellen Beschaffen¬ heit und von verschiedenem Aggregationszustande überzeugt man sich durch mehrere Erfahrungen. Bringt man eine Stimmgabel durch einen Schlag in Bewegung und hält sie dann frei in der Hand, so hört man nur einen äußerst schwachen Ton; setzt man sie aber auf einen Kasten von dünnem, elastischen Holze, z. B. auf den oberen Boden einer Violine, so erscheint dieser Ton viel stärker und anhaltender. Es müssen also die Holzfasern des Kastens in Bewe¬ gung gesetzt worden seyn. Der Ton der sogenannten Mundharmo- nica (Maultrommel) ist außer dem Munde nicht vernehmbar, im Munde hingegen, wo die Luft zum Mitrönen gebracht wird, er¬ scheint er hinreichend stark und hörbar. Selbst eine Stimmgabel tönt viel stärker, wenn man sie vor den Mund oder vor das Mund¬ loch einer Flöte hält. Der Ton einer Orgelpfeife theilt sich einer gespannten Membrane durch die Luft mit und setzt darauf gestreu¬ ten Sand in Bewegung, ja sogar ein im Wasser erregter Schall bringt eine darauf schwimmende Membrane in eine schwingende Be¬ wegung. Diese Mittheilung findet auch unter einem ganzen Sy¬ steme von Körpern Statt und es kann auch ein Mit tönen der einen anderen mit ihm verbundenen zum Mittönen bringen. Schlägl man an einem Clavier, in dessen Nähe eine Violine hängt, meh- Entstehen mittönend. Schwingungen. 283 rere Töne an, so vernimmt man deutlich, daß die Violine mit- klingt und daß sich ihre Saiten, wenn sie nicht in ihrer ganzen Länge diesen Ton geben können, in solche Theile abtheilen, die dazu geschickt sind. Man kitte auf eine kurze Glasstange zwei kreis¬ förmige Scheiben, so daß ihre Flächen auf der Axe der Stange senkrecht stehen, halte den Stab vertical und bestreue beide Schei¬ ben mit feinem trockenen Sande. Entlockt man nun einer dieser Scheiben einen Ton, so ordnet sich der Sand nach der ihren Schwingungen zugehörigen Klangfigur, allein nicht blos auf der unmittelbar zum Schwingen gebrachten Scheibe, sondern auch auf der mit ihr mittelbar verbundenen, und in beiden entsteht dieselbe Klangfigur. In allen Instrumenten, welche Resonanzböden haben, wird die Luft unter dem Resonanzboden durch den schallenden Körper mittelst des Bodens in Bewegung gesetzt; besonders wenn die Saiten in einer gegen den Resonanzboden senkrechten Ebene schwingen, wie beim Fortepiano, und man kann die mitgetheilten Schwingungen des Resonanzbodens mittelst metallener, gläserner oderhölzerner Stäbe, die ihn berühren, weit fort leiten, und so die Töne der Saiten in Otten, hörbar machen, wohin sie durch die Luft oder durch Mauern nicht dringen können. Diesem Mitcönen der Körper ist es zuzuschreiben, daß die Stimme eines Menschen in einem Zimmer ausgiebiger ist, als im Freien, daß eine Musik sich in einem Orte besser ausnimmt als in einem anderen. Daß an manchem Platze einige Töne mehr verstärkt werden als andere und daß selbst an neuen musikalischen Instrumenten manche Töne vorzüglich voll und rund klingen, kommt daher, daß jeder mitklingende Körper nur jene Töne begleiten kann, die er entweder selbst zu geben im Stande ist, oder deren Schwingungen ein aliquoter Theil von jenen sind, welche am mittönenden Körper Statt finden können. (Weber in Schweigg. I, 53. 327. Wheatstone in Pogg. Ann. 26. 251.) 368. Um den inneren Verlauf der Sache beim Entstehen mit¬ tonender Bewegungen einzusehsn, denke man sich einen begrenzten Körper, z. B. ein dünnes Bret, mit einem tönenden Körper in Berührung. Jeder Stoß, welchen dieser Körper auf jenes Bret ausübt, erregt in demselben eine fortschreitende Welle. Diese er¬ weitert sich bis zum Ende des Bretes, wird daselbst in zwei Theile Zerlegt, wovon einer in das angrenzende Mittel übergeht und den Schall foctpflanzet; der andere wird reflectirt und erzeugt, indem 284 F o r t pfla n z u n g s r icht u n g m i t t ö n e n d. Schwing. er direeten, durch fernere Stöße von Seite des schallenden Körpers erregten Wellen begegnet und sie durchkreuzt, jene stehende Schwin¬ gung, in welcher das Mittönen besteht. Dietactmäßig erfolgenden Stöße, welche dieses Bret erfahrt, zwingen es, auch anfeine Weise zu schwingen, die ihm im freien Zustande ganz fremd ist. Daher entstehen wohl auch auf dem mirtönenden Körper Knoten¬ linien und Figuren, aber diese Figuren sind oft von den an selbst¬ tönenden Körpern vorhandenen wesentlich verschieden und werden Reso n a n z fi g u re n genannt. Diese Unterschiede bestehen darin, daß die Knotenlinien der Resonanzfiguren nicht so regelmäßig sind, wie die der Klangsiguren, daß ihre Zwischenräume nicht immer ali¬ quote Theile der Größe der schwingenden Fläche sind, daß eine Knotenlinie auch mitten im schwingenden Theile enden kann und endlich, daß die Ruhelinien nicht immer Grenzen schwingender Theile sind, sondern auch von Bewegungen einzelner Theile her- rühren können. Zwei in einerlei Ebene mit einander ^verbundene Kreisscheiben von einerlei Materie, geben die Klangfigur 17t, die man auch in jeder Scheibe für sich unmittelbar erzeugen kann; bei einer geringen Ver¬ rückung des Bogens entsteht aber die Figur 172, deren Hälfte man auf einer einzigen Scheibe nicht hervorbringen kann. In der Regel wird die, einem Körper eigene Schwingungsart durch Verbindung mit einem anderen desto mehr modificirt, je größer die angehängte Masse ist. Dieses zeigt besonders folgender Versuch: Verbindet man zwei Kreisscheiben von sehr verschiedener Größe mit einander so, daß beide in derselben Ebene liegen, und streicht dann die größere mit einem Bogen, so entsteht auf ihr eine Klangfigur, die ihr auch für sich selbst zukommt; streicht man aber die kleinere Scheibe und läßt ihre Bewegung der größeren mittheilen, so erhält man eine Figur wie 17Z, die weder in der größeren, noch in der kleineren Scheid für sich erzeugt werden kann. 369. Bei den mitgstheilten Schwingungen bewegen sich Theile nach Richtungen, die unter sich und auch mit jenen parallel sind, welche den ursprünglich schwingenden Theilsn zukommen. eine Saite mit einem Ende an einen festen Wirbel, mit dem an¬ deren an eine gläserne oder metallene, länglichte Platte befestigt die selbst am anderen Ende eingeklemmt ist, wie Fig. 174 zeigt, und hierauf mittelst eines Geigebogens »ach einer auf der Ebene der Platte senkrechten Richtung in Querschwingungen versetzt; schwingt auch die Platte nach derselben Richtung, wie man aus de» Polarisation des Schalles. 285 Klangfiguren, die aufgestreutcr Sand sichtbar macht, beurtheilen kann, der immer vertical in die Höhe hüpft. Bringt man solche Schwingungen an einer vertical gespannten Saite hervor und halt eine horizontale Glasplatte daran, so sieht man auf dieser den auf¬ gestreuten Sand nicht in die Höhe Hüpfen, sondern nur horizontal fortgleiren, um sich in Knotenlinien anzuordnen, die immer auf der Richtung des Bogenstriches senkrecht stehen. Recht auffallend zeigt sich die Wahrheit obiger Behauptung durch folgenden Versuch, den Savart zuerst anstellte. Man befestige in der Mitte eines, mit einer gespannten Saite in Verbindung stehenden Glasstrei- fens (Fig. 175) senkrecht darauf einen Streifen, an diesen wie¬ der einen mit dem ersten parallelen u. s. w. Wird nun mittelst der Saite in transversale Schwingung versetzt, so schwingen auch alle damit parallelen Stücke transversal, alle darauf senkrechten aber longitudinal. Das Gegentheil findet Statt, wenn longi¬ tudinal schwingt. Die bisher besprochene Mittheilung der Bewegung geschieht mit einer bewunderungswürdigen Regelmäßigkeit. Sind die Streifen L, L" von gleicher Natur und von gleichen Dimensionen, eben so auch i und unter einander, aber von ersteren verschieden; so geben L und t>" dieselben Klangfiguren und eben so auch L- und ä'", aber die von L und L- stimmen nicht mit einander überein, wiewohl sie von derselben Quelle, nämlich von ausgegangen sind; ja selbst das Gesetz der ungleichen Anordnung der Knotenlinien aus den zwei Flächen eines Streifens, das für Längenschwingungen Statt hat, wird hier aufs genaueste beobachtet; denn wenn alle Streifen L, L^, L", ---- einander gleich sind und longitudinal schwingen- so sieht man auf den zwei einander zugewendeten Flächen zweier Streifen immer dieselbe Anordnung der Ruhelinien, während die Flächen, welche nach einerlei Gegend Hinsehen, eine verschiedene Anordnung derselben zeigen. 370. Wheatstone hat in Betreff der Mittheilung tönender Schwingungen eine eigene Modification entdeckt, die er, wenn auch nichr ganz passend, Polarisation des Schalles nennt. Stellt man nämlich eine Stimmgabel auf das Ende eines langen, geraden Metalldrahres, der auf einem Resonanzboden stehr; so theilt sich der Laut der Stimmgabel nur dem Breie, nicht aber dem Stahle mir. Stellt man die Stimmgabel rechcwinkelig mir dem Schafte auf ein Ende des Drahtes, so werden ihre Schwingungen durch den Draht dem Brete mitgetheilt, wenn die Zinken der 286 Dar Gehörorgan. Gabel mit der Are des Drahtes in einerlei Ebene liegen, keines¬ wegs aber, wenn die Axe des Drahtes auf der Ebene der Zinken senkrecht steht. Dreht man die Stimmgabel successiv aus einer Lage in die andere, so nimmt der Ton wahrend einer ganzen Umdrehung zweimal ab und eben so oft zu. Biegt man den Draht, wahrend die daraufstchende Gabel den stärksten Ton gibt, so nimmt die Tonstärke ab, ist amschwachsten, wenn der Stab unter90° gebogen ist, wächst wieder beim ferneren Biegen und erreicht ihr Maximum, wenn die beiden Drahthälfteu wieder parallel sind. (Ann. Ua 6A. 23. 313. Schweigg. I. 47. 108.) Auf der Mittheilung tönender Schwingungen beruht hauptsächlich die Verstärkung des Schalles, welche man Resonanz zu neunen pflegt, wiewohl auch die an hinreichend nahen Körpern reflectirten und.für unser Gehör mit den direkten zusammensallenden Wellen daran nicht selten Antheil haben. Hiernach wird man. leicht begrei¬ fen, wie ein Gebäude beschaffen seyn muß, damit es eine gleichför¬ mige, möglichst starke, dauernde Resonanz habe, daß zur Errei¬ chung dieses Zweckes die Wände glichst glatt, nicht mit Tapeten behängt, nicht hohl seyn sollen und daß man das Volum des Raumes wohl zu berücksichtigen habe. Bei musikalischen Instrumen¬ ten mit einem Resonanzboden kommt es aus die Gestalt und Größe des eingeschlossenen Lustraumes und aus die Lage seiner Öffnungen vorzüglich an. O. Empfindung deS Schalles. 371. Das Organ, welches zur Aufnahme hörbarer Eindrücke bestimmt ist, ist das Ohr. Man theilt es in das äußere und das innere Ohr. Das äußere besteht aus der Ohrmuschel und aus dein Gehörgange, das innere aus dem Trommelfell, der Trommel¬ höhle, dem Labyrinthe und dem Gehörnerve. Die Ohrmuschel ist ein knorpeliger muschelförmiger Ansatz, mit mehreren vertieften und hervorragenden Windungen, welche zu dem Gehörgange führen. Dieser ist ein anfangs knorpeliger und am inneren Ende knöcherner Canal, der durch das Tro in m e l fe l l geschloffen in- Hinter dem Trommelfelle beginnt die Trommelhöhle, in wel¬ cher sich die Gehörknöchelchen, derHammer, der Ambos, dec Steigbügel und das runde Knöchelchen des Sylvi"" befinden. DerHammer theilt sich wie ein Winkelhebel in zwei Alme, wovon einer am Ende mir dem Trommelfelle verwachsen, der an¬ dere aber in den Ambos eingelenkt ist. Der Ambos ist mit se"«r Das Hören. 287 Spitze durch das Sylvische Dein (einem linsenförmigen Knöchelchen) mit dem Steigbügel verbunden. Alle diese Knöchelchen bilden gleich¬ sam ein Hebelsystem und sind mit eigenen Muskeln zu ihrer Bewe¬ gung versehen, wovon drei (der Spanner, der große und der kleine Erschlaffer) zum Hammer gehören, und einer zum Steigbügel. Die Trommelhöhle steht durch das sogenannte o v a l e und runde Fenster mit dem Labyrinthe in Verbindung. Das ovale Fenster ist durch die Fußplatte des Steigbügels geschloffen, das runde Fen¬ ster aber mit einem Häutchen überspannt, welches auch das zweite Trommelfell heißt. Eine andere Communication hat die Trommel¬ höhle mit der Mundhöhle durch die Eustachische Ohrtrom¬ pete; sie ist darum stets mit Luft von gleicher Spannung mit der atmosphärischen und von beständiger Temperatur versehen. Das La¬ byrinth besteht aus dem mit dem ovalen Fenster versehenen Vor¬ hofe, aus den drei halbkreisförmigen, im Vorhofe entstehenden und wieder dahin zurückkehrenden Canälen und aus der Schnecke. Diese hat 2(^ Windungen und ist der Länge nach durch eine Scheide¬ wand in zwei Theile getheilt, welche Treppen heißen. Die eine der¬ selben fängt am Vorhofe, die andere am runden Fenster an. Beide sind mit Nervensubstanz versehen; übrigens ist das ganze Labyrinth mit einer wässerigen Flüssigkeit erfüllt. — Außer dem Menschen haben nur noch mehrere vierfüßige Säugthiere wahre äußere Ohren, bei den im Wasser lebenden oder jenen, die darin leben können, ist der Gehörgang mit einer eigenen Klappe verschlossen, bei den Vögeln ersetzt die äußerst regelmäßige Stellung der Federn um den Gehörgang das äußere Ohr. Die vollkommeneren Thiere wie die Säugethiere, die Vögel, viele Amphibien haben ein Trommelfell, die Eustachische Röhre und Gehörknöchelchen. Das Gehörorgan der Fische besteht blos aus drei sehr ansehnlichen Bogengängen. Thiere ohne erdige Knochenmasse haben wahrscheinlich kein Gehörorgan. 372. Uber die Verrichtungen jedes einzelnen Theiles des Ge¬ hörorganes ist man keineswegs so in Kenntniß, wie es zu wünschen wäre. Am wahrscheinlichsten ist Folgendes: Die Schallwellen werden von der Ohrmuschel ausgenommen und wie in einem Hörrohre con- centrirt. Nach Savart wird die Muschel selbst in Schwingungen verseht und hat die Bestimmung, den ankommenden Schallwellen stets dieselbe Fläche darzubieten und so die Intensität des Schalles Von der Neigung der Schallstrahlen gegen das Ohr unabhängig zu wachen. Der Gehörgang leitet die Schallwelle zum Trommelfell, 288 Richtung des Schalle?. das dadurch in Bewegung gesetzt wird und den Schall wahrnehm¬ barer macht, gleich wie ein Blatt feines Papier, das man in der Hand hält, durch sein fühlbares Zittern die Einwirkung eines Schalls verräch, der sich unmittelbar dem Tastsinn nicht verrathen hatte. Die Bewegung des Trommelfells theilc sich den kleinen Knöchelchen mit. Um einen leisern Schall wahrzunchmen, zieht der Spanner das Trommelfell einwärts und die Steigbügel¬ muskel den Steigbügel gegen das ovale Fenster; die Schallwelle trifft dann nicht blos das mehr elastische Trommelfell, sondern sie gelangt auch durch lauter feste Körper, gleichsam durch ein Mittel, bis zum Labyrinth, und erleidet daher jene Schwächung nicht, die stets einrrikc, wenn der Schall von einem Mittel in ein anderes übergehen muß. Um eine,; starken Schall ohne.Nach¬ theil zu empfinden, ziehen die Erschlaffet' das Trommelfell aus¬ wärts und dadurch den Steigbügel vom ovalen Fenster zurück, so daß nun die Schallwelle nicht blos ein schlaffes Häutchen trifft, sondern auch noch von den Knöchelchen in die Luft und von dieser wieder in einen festen Körper übergehen muß, um ins Labyrinth zu gelangen. Daher kann ein solcher Schall dem Gehörorgane durch seine zu große Intensität nicht gefährlich werden, wenn er dasselbe nicht etwa unvorbereitet überrascht. Die in der Trommelhöhle befindliche Luft bewirkt durch ihre unveränderliche Temperatur, daß alle Theile dieselbe Elasticität behalten und das Ohr die schon einmal wahrgenommenen Laute wieder erkennt; es scheint auch, als diene sie zum Mittönen, wie die in einem Resonanzkasten eingeschlofsine Luft. Im Labyrinthe befindet sich die Schallwelle in einer tropfbaren Flüssigkeit, die den neuesten Erfahrungen gemäß (349 Anm.) stll^ zu tönen vermag, underfährc beim Fortgang durch die Bogengänge, welche eine Heberförmigeconische Röhre formiren, deren Scheüelnach einwärts gekehrt ist, eine Verstärkung, geht aber von dieser glich sigkeit unmittelbar in Len Nerv über, welcher in derselbe» schwimmt, sich unmittelbar an sie anschließt und daher jene Kon¬ tinuität des Fortpflanzungsmittels bewirkt, die zur ErhalnM einer gewissen Schallstärke unerläßlich ist. Auf dem hier vorgezeichneten Wege gelangt zwar die schwingen^ Beweguug in der Regel zum Gehörnerven, allein sie kann auch durM die festen achciledes Körpers dahin gelangen, ohne durch das äujstre Ohr zu gehen. Man hört eine Stimmgabel, die man an dieZäh»^ angesetzt, und Harthörige oder gar Taube können die Töne ein^ Physiologie des Hörens. 28i) Elaviers wahrnehmen, »denn sie einen Stab' an dasselbe und zu¬ gleich an den Kopf halten. 373. Durch das Ohr vernimmt man eigentlich nur die Rich¬ tung und Stärke einer Reihe von Stößen, und die Geschwindig¬ keit, mit der sie auf einander folgen. Von der Richtung dieser Stöße hängt unser Unheil über die Lage des schallenden Körpers ab, wel¬ ches daher, wenn nicht andere Puncte darauf Einfluß nehmen, stets unrichtig ausfallen muß- so oft ein 'Schallstrahl auf seinem Wege von der geraden Richtung abgelenkt wird ; daher es schwer ist, in einem Walde die Quelle eines bestimmten Schalles zu finden, und hierüber so leicht Irrungen Statt finden können. Die Stärke der Stöße bestimmt bei gleicher Empfänglichkeit des Organs die Intensität des Schalles, und alles, was jene Stärke modificirt, bringt auch eine Änderung in dieser hervor. Die Zeit, in wel¬ cher dieselben Stöße periodisch wiederkehren, bestimmt die Ton¬ höhe. Doch würden selbst die schnellsten Schwingungen keinen anhaltenden Ton erzeugen können, wenn die Empfindung nicht die Stöße überdauerte und so gleichsam einen Stoß mit dem andern verbände. Es ist überhaupt zur Entstehung eines vollen anhaltenden Tones unerläßlich, daß die auf das Gehörorgan ge¬ schehenden Eindrücke bis auf eine bestimmte Grenze in einander fließen. Erfolgen mehrere Systeme von Stößen zugleich, so brin¬ gen sie eine desto willkommenere Empfindung hervor, in je ein¬ facheren Zeitverhältnifsen sie wiederkehren, etwa so, wie die von zwei verschiedenen Individuen zugleich verübten Hammerschläge sich besser anhören lassen, wenn die Intervalle, die jedes einzeln be¬ obachtet, mir einander commensurabel sind, als wenn dieses nicht der Fall ist und nie zwei Schläge vollkommen zusammentreffen. Ein einfaches Verhältnis; dieser Art wird als Consonanz, ein complicir- tes als Dissonanz wahrgenommen. Daß aus dem gleichzeitigen perio¬ dischen Zusammentreffen zweier Stöße ein dritter Ton hervorgehen kann, ist schon gesagt worden. (Purkinje in Kast. Arch-.7. 39. Muncke ebendas. 7. 1. Home in Gilb. Ann. 44. Savart in cks 0/r. rc. 25. 5. Sömmering's Abbildung des mensch¬ lichen Hörorgans. Frankfurt, 1805.) 1km Zuhörern von den einzelnen Theilen des Gehörorgans deutliche Vorstellungen zu verschaffen, leisten die in Dresden unter Hofrath Seiler's Leitung von Papaschny verfertigten, die Naturgröße weit übertreffenden Gipspräparate vortreffliche Dienste. Natnrlehre. 5. Aufl. 19 290 L i t t e r a t u r. Über dieses Kapitel ist vorzüglich zu empfehlen und als Reper- rorium von Chladni's akustischen Entdeckungen anzusehen: Chlad- ni's Akustik. Leipzig, 1802. 4. Desselben neue Beiträge zur Aku¬ stik. Leipzig, 1817. 4. Noch vortrefflicher ist die von ihm selbst veranstaltete französische Bearbeitung: 7>arte par L. 1?. LAiackur. Lan'r, 1809. Kurze Übersicht der Schall- und Klanglehre nebst einem Anhänge, die Entwicklung und Anordnung der Tonverhältnifse betreffend, von E. F. C hladni, Mainz, 1827. Viel Lehrreiches enthält Webers Wellenlehre, zweiter Haupttheil. Die akustischen Rechnungen nebst den nöthigen Vor¬ sichten bei Anstellung akustischer Versuche re. enthält der Supvle- mentband S. 332—376. LweLter Theil. Bon den unwägbaren Stoffen. .. ... . . Grs 1er ÄvsevnLlt. Licht. Erstes Kapitel. Das Licht überhaupt. I. Ä^enn die Sonne unter dem Horizonte steht. Wolken die Gestirne verbergen und auch kein künstliches Licht vorhanden ist; so sind mir von der Sinnenwelt, mit der wir nicht unmittelbar durch Berührung in Verbindung stehen, völlig abgeschnitten. Das Licht ist es also, durch welches wir Vorstellungen von entfernten Gegenständen bekommen und das uns den größten Theil der Schö¬ pfung kennen lehrt. Es wäre die Wohlthat desselben schon unerme߬ lich, wenn es auch nur dazu diente, Gegenstände sichtbar zu machen; aber es bringt noch viele andere Wirkungen hervor. Das herrliche Farbenspiel der im tropischen Himmelsstriche wachsenden Pflanzen, welches sie dem intensiveren Sonnenlichte verdanken müssen, weil sie es verlieren, wenn ihnen das Licht entzogen wird; der Verlust der schönen grünen Farbe vieler Gewächse, wenn man fle mit undurchsichtigen Körpern bedeckt; der Umstand, daß sich die i" Zimmern gezogenen Pflanzen stets nach der lichteren Seite wen¬ den, ja sogar Knie machen, um dem Lichte zu begegnen; daß Menschen alle Lebensfülle und das Roth der Gesundheit einbüßen, wenn sie in dunklen Ortern wohnen rc., beweisen sattsam den Einfluß des Lichtes auf das Gedeihen der organischen Welt. Vorzüglich wich- tlg sind die chemischen Veränderungen, welche das Licht und zwar besonders das intensivste unter allen, das Sonnenlicht, an verschie¬ denen Körpern hervorbringt. Es verwandelt die Salpetersäure in salpetrige Säure und färbt sie daher roth oder gelb, scheidet Gold aus seinen Verbindungen theils in metallischer Gestalt, theils als niederes Oryd, stellt Silberchlorid entweder zu metallischem Silber 294 Hypothesen über das Licht. her oder schwärzt es, es röthet den Phosphor, bewirkt an einem Gemische aus gleichen Theilen Wafferstoffgas und Chlorgas eine Verpuffung, bleicht endlich und zerstört die meisten Farben ec. rc. Im Allgemeinen werden orydirte Körper durch das Licht wieder in ihren natürlichen Zustand zurückgeführt, wobei meistens derSauer- stoffals Gas erscheint. Biele Wirkungen des Sonnenlichtes kommen aber auf Rechnung seiner erwärmenden Kraft, und müssen daher wohl von den anderen unterschieden werden, bei denen das Licht als solches wirksam ist. (Suckow, über die chemischen Wirkungen des Lichtes. Darmstadt, 1832. H e rsch el in Pogg. Ann.26.176.) 2. Das Licht ist durch keinen Sinn wahrnehmbar, es macht uns zwar andere Gegenstände sichtbar, kann aber selbst nicht ge¬ sehen werden; wir kennen zwar seine Gesetze ziemlich genau, aber über seine Natur bedürfen wir noch vieler Aufschlüsse und man muß sich vor der Hand mit hypothetischen Voraussetzungen darüber be¬ gnügen. Von solchen Hypothesen haben vorzüglich zwei die Ober¬ hand erhalten, weil sie hie.Affection der Sehwerkzeuge auf eine mit der Einwirkung auf die übrigen Sinne analoge Art erklären. Die für uns begreiflichen Einwirkungen auf unsere Sinne geschehen nämlich durch materielle Berührung der Sinnesorgane, und man kann daher auch annehmen, daß beim Gesichtssinne dasselbe Statt finde und daß ein Ding nur dann für uns sichtbar werde, wenn es unsere Augen durch Berührung afficirt. Da aber das Auge in un¬ ermeßliche Fernen reicht, so myß entweder von sichtbaren Körpern, so wie von den riechenden, etwas ausströmen, das von ihnen in unsere Augen gelangt und in denselben die Empfindung.des Sehens hervorbringt, öderes muß sich die Bewegung des leuchtenden Kör¬ pers durch ein materielles Mittel bis zu unseren SehwerkzeuM fortpflanzen, wie dieses bei schallenden der Fall ist, und so wieder in uns die Empfindung des Sehens hervorbringen. Ersteres wird in der sogenannten Emanation sHypothese, letzteres in der Vibrationshypothese angenommen; zu ersterer schien sich Newton hinzuneigen, letztere wurde von Descartes, H»y" ghens und Euler ausgebildet und in der neuesten Zeit von den größten Optikern, z. B. von Young, Fresnel, Frau»- hofer, Airy, Herschel rc. in Schutz genommen. — Nach der Eluanationshypvthese ist dys Licht eine Materie eigener Art, welche von den leuchtenden Körpern nach allen Seiten ausgesendet wird. Nach der Vibraticnshyxothese wird vorausgesetzt, ein leuchtender Emanations- und Vibralionshypothese. 295 Körper befinde sich, gleich einem schallenden, in stehendenSchwin- gnngen und setze dadurch eine den Weltraum erfüllende Müssigkeit (Äther) in fortschreitende Schwingungen, die, wenn sie unser Ange treffen, in dasselbe eindringen und an Lessen Hintergründe die Empfindung des Sehens erzeugen. Diese Voraussetzungen machen das Fundament der genannten Hypothesen aus, müssen aber, um den Lichterscheinungen zu entsprechen, noch durch beson¬ dere Hilfshypothesen näher bestimmt werden. Aber gerade da tritt das Übergewicht der Hypothese der Vibration über die der Emana¬ tion deutlich hervor. Letztere muß nämlich, um nur die ersten und einfachsten Modificationen des Lichtes im Allgemeinen erklären zu können, annehmen, der ausströmende Lichtstoff bestehe aus unge¬ mein feinen Theilchen., die dem Gesetze der Trägheit, nicht aber jenem der Schwere unterliegen, von denen nicht alle« dieselbe. Masse haben und sowohl auf einander als auch auf die irdischen Körper anziehend und abstoßend wirken. Ilm die gleichzeitig an demselben Lichtstrahl eintretenden Wirkungen begreiflich zu machen, nimmt sie auch gleichzeitig wirkende Kräfte an, die nicht wohl neben ein¬ ander bestehen können, und selbst Mit allen diesen Voraussetzungen und Hilfshypothesen ist sie den, besonders in der neuesten Zeit entdeckten optischen Erscheinungen nicht gewachsen. Noch ist es kei¬ nem Anhänger der Emanationshypolhese gelungen, die Frage zu beantworten: Wie müsse» die Lichttheilchen und die auf sie wirken¬ den und von ihnen ausgehenden Kräfte beschaffen seyn, um daraus den Inbegriff aller bis jetzt bekannten Gesetze der Optik erklären zu können. Den Anhänger der Vibrationshypothese setzt die in gleichem Sinne an ihn gestellte Frage: Wie muß der Äther beschaffen seyn, um Mrs seinen Schwingungen die optischen Erscheinungen ableiten zu können, nicht in Verlegenheit. Er nimmt an, der Äther sey eine ungemein feine, alle Zwischenräume durchdringende Flüssigkeit, die von den Theilen der ponderablen Stoffe afficirt und dadurch in feiner Dichte und Elastieität modificirt wird, und läßt von der Me¬ chanik die Fortpflanzung einer darin erregten Erschütterung nach allen Beziehungen untersuchen. Diese Untersuchung läßt sich zwar M mancher Beziehung wegen Unzulänglichkeit der analytischen Mittel nicht in voller Allgemeinheit anstelle», aber es hat sich bis letzt kein einziges Resultat ergeben, welches anzudeuten schiene, öaß die Lichtphänomene nicht von Schwingungen herrühren können, ia man hat vielmehr häufige Andeutungen zur Auffindung neuer Gesetze 296 Würdigung erhalten, welche sich nach der Hand in der Erfahrung Nachweisen ließen, und überhaupt die verwickeltsten optischen Phänomene an- sehr einfachen und mit einander sehr wohl vertraglichen Voraus¬ setzungen fließen sehen. 3. Die Anhänger der Eni.hyp. hielten es lange für eine der größten Schwierigkeiten, welche der Zulässigkeit der Vib.hyp, im Wege steht, daß man an den Himmelskörpern, dre sich »ach dieser Ansicht in einem widerstehenden Mittel befänden, keine Abnahme der Bewegung wahrnimmt. Dieser Einwurf konnte in den Augen desjenigen nur von geringem Gewichte seyn, der weiß, mit welch« Leichtigkeit sich ein Körper in einem Fluidum bewegen kann, das ungemein fein ist und durch die kleinsten Zwischenräume uiigehiudni geht, aber auch dieses wenige Gewicht Hal er verloren, seitdem man an dem von Encke berechneten Kometen wirklich eine'Retar- dation bemcrkr hat, die auf ein widerstehendes Mittel schließen laßt. Daß dieses die Bewegung der Planeten nicht merklich verzö¬ gere, kommt auf Rechnung der viel größeren Dichte der letzteren. Allein abgesehen hiervon, so steht deshalb doch diese Hypothese ihm Nebenbuhlerinn nicht nach, weil nach letzterer der Raum mit allein Lichtstoffe aüsgetüllt seyn muß, der von der Sonne und dem un¬ endlichen Heere der Fixsterne ausströmen soll. Nimmt man auch an, in einem Strahle, der von einem Puncte der Sonne ausgeht, siykN die Lichttheilchen um mehrere tausend Meilen von einander entferntt so muß doch der dabei entstehende Zwischenraum wieder vom kich^ anderer Himmelskörper erfüllt seyn, deren so viele Millionen einmal Licht aussenden. Dazu kommt noch, daß dieser Licblßvsfßch immerwährend anhäufen muß. Will man auch diesen widrigen ständen dadurch begegnen, daß man annimmt, das Licht wen- von Körpern absorbirt; so kann man doch nicht behaupten, sie stist" hierin unersättlich; sind sie es aber nicht, so müssen sie das auf,- nommene Licht wieder frei lassen und auf diese Weise die Schwie¬ rigkeit auf den vorigen Grad erheben. Die chemischen Wirkungen des Lichtes, welche viele mit der Vib.hyp. ganz unvereinbarlich den wollen, lassen sich aus ihr eben so gut, wie aus der Em-b»e- erklären. Denn nach letzterer sucht man ihren Grund in einer 2.'^ wandtschaft des Liclnstoffes zu den Körpern; aber eine Verwandlschv^ zwischen dem Äther und den Körpern , die begreiflicher Weise die hei den Oseillationen Statt findenden Annäherungen medfini" werden muß, macht auch diese Wirkungen des Lichtes begreif^' beiderHypothesen. 297 Übrigens halt es auch sehr schwer, die chemischen Wirkungen deS Lichtes nach der Em.hyp. zu erklären, seit Arag o die Entdeckung gemacht hat, daß an der Durchkreuzungsstelle zweier Lichtstrahlen unter gewissen Umständen keine chemische Wirkung eiutrete. Nach dem Sinne derVib.hyp. kann diese auch nicht eintreten, sobald die zusam- mcntreffenden Wellentheile eine entgegengesetzte Bewegung haben. Von dieser Seite steht daher die Vib.hyp. der Em.hyp. wenigstens nicht nach. Ihren wahrenWerth erkennt man aber erst recht, wenn inan mit den Gesetzen des Lichtes vertraut ist und e-s versucht, die¬ selben aus der Fortpflanzung schwingender Bewegungen abzuleiten. Darum soll vorläufig nur von jenen Gesetzen die Rede seyn, jede weitere Diskussion über die Natur des Lichtes aber verschoben werden, und wenn der Abkürzung wegen vom Ausstromen des Lichtes, von Lichtstärke rc. die Rede ist, so bezieht sich dieses nicht auf irgend eine Ansicht über das Wesen des Lichtes, sondern es sind dieses nur bildliche Ausdrücke über die Verbindung der Körper mittelst des Lichtes. 4. Die Quelle des Lichtes sind die se lb st ke u ch t c n d e n Körper. Diese sind daher an sich sichtbar, und brauchen nicht, wie die dunklen, zu ihrer Sichtbarkeit die Gegenwart eines andern, der ihnen Licht zusendet. Selbstleuchtende Körper sind: die Sonne, die Fixsterne, vielleicht auch die Cometen, ferner die brennenden und phosphorescirenden Körper. Es ist bekannt, daß dunkle Kör¬ per selbstleuchtend werden können, daß. Holz und manche andere Pflanzenstoffe erst leuchten, wenn sie faulen, ebenso daß manche Körper durch Erwärmen, S'oßen, Reiben, Schlagen rc. Licht geben, und daß einige (die sogenannten Lichtsauger) erst leuchten, wenn sie eine Zeit lang dem Sonnenlichte ausgesetzt waren. Faules Holz, todte Seefische, die Johanneswürmchen, die Johannes- käfer, der Surinamische Laternenträger rc. phosphorcsciren von selbst; der Bologneser Leuchtstein (zerstoßener und durch Tragant zu Pasten geformter, gebrannter Schwerspat!)), verschiedene Kalksalze, beson¬ ders Schwefelkalk, auch Schweselstrontian, Schwefelbaryt, Fluß- spath, arsensaures Kali mit salpetersaurem Baryt geglüht, leuchten nach kurzer Bestrahlung durch Sonnenlicht, besonders wenn sie er¬ wärmt werden; Diamanten leuchten beim Reiben mit Wolle, zwei Kiese geben beim Zusammenschlagen Funken und beim Reiben einen Lichtschein, rc. (Heinrich über die Phosphorescenz. Nürnberg, I8ll —I8M; Schweigg. I. ia. 135; Kast. Arch. 5. 88. Zeitsch. 2.80; Pogg.Ann.33.405; Gehlers n. Wörterb., Artikel: Licht). 298 Durchsichtigkeit. Geschwindigkeit d. Lichtet-. 5. Einige Körper sind vom Lichte durchdringlich, und solche hindern daher die Sichtbarkeit eines Gegenstandes nicht, wenn ste sich zwischen demselben und dem Auge befinden. Man nennt sie durchsichtig wie z. B. Luft, Glas, Wasser. Andere lassen daS Licht nicht hindurch und halten daher das von einem Objecte zum Auge gehende auf; sie werden undurchsichtig genannt. Kein Körper läßt alles auf ihn fallende Licht durch und keiner isi daher absolut durchsichtig , und selbst der durchsichtigste wird in dicken Schichten undurchsichtig, gleichwie der undurchsichtigste in dünnen Schichten wenigstens durchscheinend ist. 6. Ein undurchsichtiger Körper hindert die Sichtbarkeit eine- anderen nur dann, wenn er sich in der geraden Linie befindet, wel¬ che vom Auge zum zu sehenden Gegenstände geht. Daher erfolgt die Wirkung des Lichtes in gerader Linie und diese Linie heißt ein Lichtstrahl. Ein leuchtender Punct sendet Licht nach allen Seiten aus , und ein dunkler demselben gegenüberstehender Körper em¬ pfangt daher, wenn kein undurchsichtiger im Wege steht, eine Licht- pyramide, deren Spitze im leuchtenden Puncte liegt, und deren Basis die ihm gegenüberstehende Flache jenes Körpers ist. 7. Römer entdeckte durch astronomische Beobachtungen, das; die Fortpflanzung des Sonnenlichtes nicht augenblicklich erfolge, sondern daß es auf dem Wege von der Sonne zur Erde in 1 Sec. ungefähr 42,000 Meilen zurücklege. Man weiß nämlich, daß der Planet Jupiter 4 kleine, unserm Monde ähnliche Begleiter habe, von denen der ihm nächste in etwa 42 Stunden einen Um¬ lauf macht und jedesmal in den Schatten des Planeten tritt, mit¬ hin verfinstert wird. Der Anfang und das Ende dieser Verfinsterung laßt sich bei der bekannten Regelmäßigkeit der Trabantenbeivegun- gen vorher bestimmen. Aber die Beobachtung trifft mit dieser Vor¬ herbestimmung nur bei einer mittleren Entfernung der Erde vom Jupiter zusammen und die Zeitvon einer Verfinsterung zur andere» nimmt scheinbar ab, wenn sich die Erde in ihrer jährlichen Bewegung demJupiter nähert, und wächst hingegen, wenn sich die Erde reM Jupiter entfernt. Alle diese Anomalien fallen weg, wenn man an¬ nimmt, daß das Lichr auf dem Wege von der Sonne zur Erde mit obiger Geschwindigkeit gleichförmig fortschreitet, (Istosmeil /sa-c-»cas 1735. />. 121.) 8. Sowohl die geradlinige Fortpflanzung als die gleichförmig* Bewegung findet nur so lange Statt, als sich das Licht.'in dem- Modifikationen des Lichtes. 299 selben Mittel befindet; ändert es aber das Mittel, so erleidet eS beim Übergangs eine Änderung der Geschwindigkeit, woraus mei¬ stens eine Änderung der Richtung und der Intensität hervorgeht. ES kehrt nämlich ein Theil eines Strahls an der Grenze zweier hete¬ rogener Mittel in das alte zurück und wird reflectirt, der andere dringt ins neue Mittel ein. Geschieht dieses in schiefer Richtung gegen die Grenze dec Mittel, so ändert letzterer seine Richtung, d. h. er wird gebrochen. Das refiectirte Licht ist es, durch welches dunkle Körper gleich den selbstleuchtendsn sichtbar werden. 9. Durch die Reflexion und ' Brechung des Lichtes können Strahlen, die von einem leuchtenden Puncte Herkommen, wieder völlig oder nahe in einem Puncte vereiniget werden, so daß sie von diesem wie von der Lichtquelle selbst ausgehen. Dem Auge er¬ scheint daselbst das Bild des leuchtenden-Punctes, weil es denselben Eindruck erfahrt, als gingen die Strahlen ursprünglich von diesem Puncte aus. Auf gleiche Weise können Bilder von leuchtenden Ge¬ genständen entstehen, denn 'sedeš solche ist nur die Summe der Bilder aller einzelnen Puncte. Diese Bilder haben desto mehr Klarheit (Helligkeit), je mehrere Strahlen zur Entstehung des Bildes jedes einzelnen Punctes beitragen und ins Auge gelangen, und desto mehr Deutlichkeit, in einem je engeren Raume sich die von einem Puncte des Objectes ausgehenden Strahlen wieder vereinigen. Treffen sie genau in einem Puncte zusammen, so hat das Bild von dieser Seite die größte Deutlichkeit. Wie sehr dis Deutlichkeit der Bilder von der Größe des Raumes ab¬ hängt, innerhalb welchem sich die von einem leuchtenden Puncte ausgehenden Strahlen vereinigen, zeigt vorzüglich die sogenannte optische Kammer, d. i. ein verfinstertes Gemach, in welches die von gegenüberstehenden, beleuchteten Gegenständen ausfahren¬ den Strahlen nur durch eine kleine, runde Öffnung cindringen kön¬ nen. Jeder Punct dieser Gegenstände sendet einen Strahlenkegel durch die Öffnung, und die Basis dieses Kegels stellt auf einer der Öffnung gegenüberstehendcn Wand sein Bild vor. Dieses ist offen¬ bar bei einerlei Entfernung der Wand von der Öffnung desto kleiner, je kleiner die Öffnung ist, und in dem Verhältnisse, in welchem man die Öffnung verkleinert, wächst die Deutlichkeit der Bilder. Wenn die Öffnung sehr klein und ihr die Wand sehr nahe ist, hat die Deutlichkeit der Bilder schon einen bedeutenden Grad erreicht; ein Beweis, daß es für unser Auge schon hinreichend ftp, wenn 300 dis Strahlen, welche ein Punct liefert, nur in einem kleinen Ranim Zusammentreffen. 10. Dunkle Stellen in einem beleuchteten Raume, von wel¬ chem das Licht durch einen undurchsichtigen Körper abgehalten wird, heißt man Schatten, gänzliche Abwesenheit des Lichtes nennt man Finsternis;, wiewohl man einen Raum oft schon für finster halt, wenn cs ihm an der zum klaren Sehen nöthigen Erleuchtung fehlt. Hat der leuchtende Körper eine merkliche Ausdehnung, wie z. B. die Sonne, der Mond :c.; so gibt es hinter einem undurchsich¬ tigen Körper, der von jenem beleuchtet wird, außer dem Raume, in welchen gar kein Strahl unmittelbar gelangen kann und den man Kernsch alten nennt, auch noch einen solchen, der nur von einigen Puneten des leuchtenden Körpers unmittelbar Licht em¬ pfangt. Diesen nennt man Halbschatten. Im Allgemeinen er¬ halten nur jene Puncre des Halbschattens, welche gegen den leuch¬ tenden und gegen den beleuchteten Körper einerlei Lage haben, Licht von gleicher Intensität und dieses nimmt an jedem Querschnitte des Halbschattens gegen den Kernschatten hin durch alle Zwischen¬ stufen ab. Beide Schatten gehen also stetig in einander über, st daß man ihre Grenze nie genau angeben kann. Ist z- B. 7L (Fig. 176) eine leuchtende, 171) eine beleuchtete Linie, so ist 61-ö der Kernschatten, und 7g/))' sind Halbschatten. 11. Da der Scharten durch die Strahlen begrenzt wird, welche am äußersten Rande des beleuchteten Körpers vorbeifahren; so muß leine Gestalt, Lage und Größe von der Gestalt undEröße des leuchtenden und beleuchteten Körpers und von ihrer gegenseitig^ Entfernung abhängen, übrigens für jeden gegebenen Fall mathe¬ matisch bestimmt werden können. Man ersieht hieraus zugleich, baß man von der Größe des Schattens auf die des beleuchteten Körper-, ja sogar von der Bewegung des einen auf die Bewegung des an¬ dern einen Schluß machen und daher den Schatten zur Bestim¬ mung der Dimensionen oder Bewegung eines Gegenstandes benützen könne. —Silhouertiren, chinesisches Schattenspiel. Bestimmung der Höhe eines Baumes, Thurmes rc. mittelst seiner Schattcnlänge. 12. Der Schatten erscheint durch Contrast desto dunkler, st starker der ihn umgrenzende Raum erleuchtet ist; daher verursacht das stärkste Licht den dunkelsten Schatten. Daß uns Nachrs btt einem sparsamen Kerzenlichte die Schatten dunkler erscheinen, bei Tage, wo das unendlichemal stärkere Sonnenlicht scheint, b-- Ebene Spiegel. 363 —macht. Der Strahl AA wird offenbar in seiner eige¬ nen Richtung zurückgeworfen, er heißt der Haupt strahl und wird in seiner Verlängerung ^6 von den verlängerten Strahlen <7t7 und O'D geschnitten. Dieses mag von ersterem in s, von letzte¬ rem in geschehen. Da ist nun wegen At7—A17, AA<7—§At7 und At7A —Lt7<7 —sL'A das Dreieck A<7A dem DreieckAl7^ gleich und deshalb Ausgleichen Gründen findet man AA — A/, woraus dann folgt: — d. h. alle reflectirten Strahlen schei¬ nen von einem Puncte des Hauptstrahles hinter dem Spiegel her¬ zukommen, der eben so weit hinter der Spiegelfläche liegt, als der leuchtende Punct sich vor derselben befindet. An dieser Stelle er¬ scheint daher das Bild des leuchtenden Punetes. Steht vor einem Planspiegel ein leuchtender Gegenstand, so wird das Bild jedes einzelnen Punctes in der genannten Entfernung hinter dem Spie¬ gel erscheinen. Die Bilder aller dieser Punece zusammen geben das des Gegenstandes. Man sieht wohl leicht ein, daß dieses Bild in natürlicher Stellung und Größe erscheinen und daß es an allen Bewegungen deS abgebildeten Gegenstandes Theil nehmen muß. Macht der Gegenstand mit dem Spiegel einen Winkel von 45", so bildet der Gegenstaod mit seinem Bilde einen rechten Winkel; steht er aber auf dem Spiegel senkrecht, so hat sein Bild gerade die ent¬ gegengesetzte Lage. Auf den Gesetzen der Lichtreflexion an Planspie¬ geln beruhen mehrere wichtige physikalische Instrumente wie z. B. der Heliostat, der Heliotrop, die verschiedenen Refle¬ xionsgoniometer rc. Der Heliostat ist ein Planspiegel, den man mit einem Uhrwerke in Verbindung setzen und dadurch so bewegen kann, daß die darauf fallenden Sonnenstrahlen, ungeachtet der Bewegung der Sonne, immer nach derselben Richtung reflectirt werden; (Pogg. Ann. 17.71.) G au ß's Heliotrop, besteht aus zwei auf einander senkrechten, mit einem Fernrohre verbundenen Planspiegeln, deren einer dazu dient, das Sonnenlicht nach einem bestimmten, weit entfernten Puncte hinzuwerfen, so daß man daselbst den Spiegel hell erleuchtet sieht, der andere aber, um den ersteren die zu seinem Zwecke nöthige Stel¬ lung zu geben. Die ReslexionSgoniometer sind Instrumente, mittelst jwelchen man die ebenen Winkel der Krystalle durch reflec- tirtes Licht mißt. Sie beruhen im Allgemeinen darauf, daß, wenn eine Krystallfiäch« Licht in bestimmter Richtung reflectirt, das von einer anderen Fläche zurückgeworfene Licht nur dann genau dieselbe Richtung haben wird, wenn diese Fläche genau in die Lage der er¬ steren gebracht worden ist. Wird demnach die Richtung beobachtet. 30! Wi n k e l sp i eg e I. in welcher Licht von einer der zwei Krystallfiächen, deren Neiguugs man wissen will, refleetirt wird , und dann der Arystall so weitcuii die betreffende Kance gedreht, bis das von der zweiten Fläche zu- rückgeworsene Licht dieselbe Richtung hat, so weiß man, daß dieser Drehungswinkel — 180° — , LO — a, LO —a, und man nehme obiger Voraussetzung gemäß an, daßLL —LO —« und LL —LO —u sey; so ist LL:LL —LO: LL oder a: a —u— 2/-:2x>— a, mithin an. ), und hieraus -—? das ist: 111 111 —I--— — oder - — —-. er a u /> er Dieser Ausdruck gilt offenbar für alle Strahlen, die mit dem Hauptstrahle denselben Winkel bilden, so lange dieser überhaupt sehr klein ist, mirhin für einen hohlen Lichtkegel von unendlich kleiner Dicke, dessen Axe der Haupkstrahl ist; allein selbst für alle Strahlen, die mit LO etwas verschiedene Winkel machen, wird der Werth von cr gleich angenommen werden können, wenn die Winkel überhaupt nur klein sind, und es werden daher alle nach ihrer Reflexion gegen den Hauptstrahl dieselbe Lage haben. Nur mehr divergirende Strahlen bekommen eine von dieser abweichende Lags gegen den Haupcstrahl, und der Vereinigungspunct von zwei sich schneidenden Strahlen liegt in einer Fläche von eigener Krüm¬ mung, die man caustische Fläche (Suppl. S. 386) nennt. Die herzförmige lichte Linie, die man innerhalb eines cyfindrischen Glasgefäßes oder eines Ringes bemerkt, wenn diese Gegenstände stark beleuchtet sind, zeigt die Gestalt eines Durchschnittes dieser Fläche. Iß. Aus obiger Formel leitet man leicht folgende Reflexions¬ gesetze für Hohlspiegel unter obiger Voraussetzung ab: 1) Für 2 —°2,istu—d. i. Strahlen, die von einem unendlich weit entfernten Punrte auf den Hohlspiegel auffallen, mirhin parallel sind, vereinigen sich nach der Reflexion im Hauptstrahle in einer dem halben Radius gleichen Entfernung vom Spiegel. Die^er Vec- Nakurlehre 5. Auff. 20 306 Gesetze der Reflexion in Hohlspiegeln. einigungspunct paralleler Strahlen heißt Brennpunct (/ocur), seine Entfernung vom Spiegel (Vereinigungsweile) Brenn- weite, weil man in diesem Puncte brennbare Körper mittelst dkj Sonnenlichtes anzünden kann, ein Umstand, der den Hohlspie¬ geln auch den Namen Brenn spiegel erworben hat. 2) Je klei¬ ner a, desto großer wird a, d. i. fe mehr sich der leuchtende Punkt dem Spiegel nähert oder je divergirender die Strahlen auffallen, desto mehr entfernt sich der Vereinigungspunct der Strahlen «om Spiegel. 3) Für a —2/,, wird auch « —2/,, mithin fäll der Vereinigungspunct der reflectirten Strahlen mit dem leuchtenden Puncte zusammen, wenn sich letzterer im Mittelpuncte der Krüm¬ mung befindet. 4) Ist a<2/i, so ist «<2z>, d. h. ist der leuch¬ tende Punct innerhalb des Mittelpunktes der Krümmung, so fällt der Vereinigungspunct der Strahlen außer diesen Mittelpunkt. 5) Für a —wird « — co, mithin vereinigen sich die Strahlen, welche vom Drcnnpuncte auSgehen, nach ihrer Reflexion erstui einer unendlich großen Entfernung vom Spiegel, d. h. sie werden gleichlaufend. 6) Wird a, so bekommt für « einen negativen Werth, d. h. ist der leuchtende Punct innerhalb des Brennpunktes, so werden seine Strahlen so reflectirt, als kämen sie von einem Puncte Himer dem Spiegel her, oder sie bleiben divergirend. 20. Die durch Reflexion zu einem Puncte vereinigten Strah¬ len gehen davon so aus, als wäre dort der ursprünglich leuchtende Punct, man muß daher an dieser Vereinigungestelle das Estd des leuchtenden Punctes sehen; ja selbst solche Strahlen, die durch Reflexion nur eine Richtung erhalten, als kämen sie von dem¬ selben Puncte her, wenn sie sich auch nie vereinigt haben, wüsten in uns die Empfindung erregen, als wenn sie wirklich davon herkämeu, und deshalb sieht man auch in diesem scheinbaren Vereiniguugs- puncte ein Bild. Aus diesem folgt, daß in einem Hohlspiegel im¬ mer ein Bild entsteht, wenn sich der leuchtende Punct nichts dem Brennpuncte befindet, und daß dieses Bild vor dem Spiegel erscheint, so lange der leuchtende Punct außer der Brennweitefid hingegen hinter demselben, wenn er sich innerhalb der Brennweite befindet. Daß durch diese Gesetze zugleich der Ort des Bildes eines ausgedehnten Gegenstandes gegeben ist, versteht sich wohl "" selbst. 21. So lange das Bild eines Gegenstandes vor dem spiegel erscheint, ist es immer verkehrt; es wächst an AusdchmE C o n v exs pie g el, 307 so wie es sich vom Krümmungsmittelpuncte des Spiegels entfernt, und kann daher großer oder kleiner seyn, als der Gegenstand. Ist nämlich (Fig. 179) der Durchschnitt eines Hohlspiegels, 6° der Mittelpunct seiner Krümmung, DL ein leuchtender Gegenstand; so erscheint 7) in dem Puncte e des Hauptstrahles DLL, und L im Puncte et des Hauptstrahles L6L; die Bilder der zwischen D und L gelegenen Puncte liegen zwischen s und a!, so daß cks das ganze Bild von DL vorstellr, welches offenbar vor und verkehrt er¬ scheint. Zur Bestimmung der Größe von als kann man ohne Fehler annehmen.. cis Lck , As.- DL — LA: LL oder . DL LL Sobald das Bild hinter dem Spiegel erscheint, ist es immer aufrecht und übertrifft den Gegenstand an Größe; denn für dieselbe Bedeutung von i;nd L und unter der Boraussetzung, daß als der innerhalb der Brennweite befindliche Gegenstand sey, erscheint das Bild al' von al hinter dem Spiegel im Hauptstrahle Lckck', und das von s im Puncte s' des Hauptstrahles Lss', mithin ist ck's' das ganze Bild von als, es steht offenbar aufrecht und ist größer als als. Bon diesem kann man sich auch auf dem Erfahrungswege überzeu¬ gen, indem man eine brennende Kerze einem Hohlspiegel immer mehr und mehr nähert und ihr Bild mit weißem Papier auffängt. 22. Nimmt man in dem für einen Hohlspiegel entwickelten Ausdruck p negativ, so entsteht daraus die Formel ec Vp L/ aus der maff diesLage des von einem Convex spiegel restectirten Strahles gegen seinen Hauptstrahl ableiten kann. Man ersieht daraus leicht, daß für jeden positiven Werth von a dec Werth von « verneinend ausfällt, und daß daher Strahlen, die von einem leuch¬ tenden Puncte auf einen Convexspiegelfallen, so reflectirt werden, als kämen sie von einem Puncte hinter dem Spiegel. In diesem Puncte erscheint daher das Bild jenes Punctes. Da a desto größer wird, je größer p und « ist, so muß die Entfernung dieses Bildes vom Spiegel desto größer ausfallen, je weiter der leuchtende Punct vom Spiegel entfernt und je größer der Krümmungshalbmesser des Spiegels ist. 23. Das Bild eines leuchtenden Gegenstandes in einem Con¬ vexspiegel muß diesem gemäß auch hinter dec Spieaelfläche entstehen. 20 * 308 Cyli n drisch« und conische Spiegel. Es erscheint aufrecht und verkleinert; letzteres desto mehr, je näher es am Centrum des Spiegels erscheint. Denn ist (Fig. 18V) ein Durchschnitt eines Convexspiegels, 6 der Mittelpunkt seiner Krümmung, DL ein leuchtender Gegenstand und erscheint das Bild vonD im Puncte A des Hauptstrahles DL, das von LimPuncteo seines Hauptstrahles LL; so kann Ae das Bild von DL vorstellen, und man kann die Proportion annehmen eisDL----AL.-DL. 24. Mehr zur Unterhaltung als zum wissenschaftlichen Behufs hat man cylind rische und conische Spiegel. Erstere können der Hohe nach als ebene, der Breite nach als convere oder concave Spiegel angesehen werden, je nachdem die erhabene oder hohle Flache des Cylinders spiegelt, und deshalb erscheinen in ihnen die Bilder der Gegenstände in natürlicher Länge, ober in verjüngter oder vergrößerter Breite. Conische Spiegel sind derHohe nach plan, der Breite nach aber convex und zwar gegen die Spitze des Kegels immer mehr; daher erscheinen in ihnen die Bilder in natürlicher Hohe, aber mit stets nach oben zu abnehmender Breite. Es ist begreiflich, daß, so wie durch diese Spiegel die Bilder wohl pro- porlivnirter Gegenstände verzogen und verunstaltet erscheinen, die der nach einer gewissen Regel verunstalteten vom schönsten Bau gesehen werden können. Hierauf beruhen die sogenannten katop- krischen Anamorphosen. (Siehe: Aao. LeupcAA me- c/rau/ca uor-a. Leipzig, 1714. S ch mi d t'L analytische Optik Göttingen, 1834. S. 296.) Drittes Kapitel. Gewöhnliche Brechung des Lichtes. 25. Wenn ein Lichtstrahl schief auf einen durchsichtigen Körper fällt, so geht ein Theil desselben durch den Körper hindurch, wird aber von seinem geraden Wege abgelenkt. Diese Ablenkung h«ßk man die Brechung des Lichtes. Ist z. B. (Fig. 181 und 182) ein Durchschnitt der Einfallsebene des Strahles mit der Grenze zweier durchsichtiger Mittel, ALw der einfallende Strahl, Dt^ die in dem Einfallspuncte 6 auf errichtete Senkrechte, 6/ dis Richtung des gebrochenen Strahles; soheißtLLx- derBr e chungr" winkel, ^Lw der gebrochene Winkel. In vielen durchsichtiflsn Brechungsgesetze. B r echu n g s exp o n e n t. 3s>9 Körpern wird ein Lichtstrahl in zwei Büschel zertheilt, deren jeder nach eigenen Gesetzen gebrochen wird. Hier soll aber nur von jenen Gesetzen der Brechung die Rede seyn, nach denen sich wenigstens ein Theil des Lichtes in jedem durchsichtigen Körper richtet. Wenn ein cylindrischer Lichtbüschel in ein brechendes Mittel einfallt, so muß er offenbar wieder als solcher aus dem Mittel kommen, falls alle seine Theile gleich stark abgelsnkt (gebrochen) werden; hin¬ gegen wird dieser Lichtbüschel divergirend werden, wen» einige seiner Theile mehr, andere weniger abgelenkt werden. Der Erfah¬ rung zu Folge ist letzteres der Fall, man bemerkt aber diese Un¬ gleichheit der Brechbarkeit nur dann, wenn der Strahl stark aus seiner ursprünglichen Richtung gebracht wird. In diesem Kapitel wird die Sache immer so betrachtet, als hatten alle Theile eines Lichtstrahles denselben Grad der Brechbarkeit, und wenn von nume¬ rischen Werthen der Brechbarkeit des Lichtes die Rede ist, so bezie¬ hen sie sich immer auf Strahlen von mittlerer Refrangibilität, mit¬ hin auf die Are des divergirenden Strahlenbüschels. Unter dieser Voraussetzung gelten für die gewöhnliche Brechung des Lichtes fol¬ gende Gesetze: 1) Der gebrochene Strahl liegt in der Einfallsebene. 2) Für dasselbe brechende Mittel ist das Verhältniß zwischen den Sinussen des Einfalls- und Brechungswinkels beständig und unab¬ hängig von der Neigung des einfallenden Strahles gegen das Ein- fallsloth. Ist daher der Einfallswinkel DLÄ —a, der Brechungs¬ winkel so ist LIN a.-Lin ö — n,- 1 und n.; eben " LIN o ' . , cor . _ ,. , . . so ist auch -—- —n, wo n eine Zahl bedeutet, dre immer denselben Werth hat, so lange sich das Mittel, aus welchem der Strahl kommt, und dasjenige, wohin ergeht, nicht ändert. Ma» nennt sie den Exponenten des Brech ungsverhältnisses zweier Körper oder kürzer den Brech gsexponenten. 3) Ei» Licht¬ strahl, der vom leeren Raume in einen Körper eindringt, wird daselbst zum Einfallslothe gebrochen, oder es ist der Brechungs¬ winkel kleiner als der Einfallswinkel. 4) Geht ein Strahl aus einem dünneren Mittel in ein dichteres von derselben materielle» Beschaffenheit und demselben Aggregationszustande, z- B. von dünnerer Luft in dichtere, so wird er zum Einfallslothe gebrochen, oder es ist n> 1; geht er aber aus einem dichteren Mittel in ein dünneres von derselben Natur und demselben Aggregationszustande, Lift Totale Reflexion. so wird er vom Einfallslothe gebrochen, oder es ist u<(1. Fig, 181 stellt den ersten und Fig. 182 den zweiten Fall vor, wenn der einfallende Strahl, LV das Einfallsloth und 6/ der gebrochene Strahl ist. 5) Kommr der Scrahl aus einem Mittel in ein an¬ deres, dessen materielle Natur von jener des ersten verschieden ist; so hängt es nicht blos vom Verhältnifi der Dichte der Mittel, son¬ dern von ihrer Natur ab, ob der Strahl z u m Einsallslothe ge¬ brochen wird oder v o n demselben, doch erfolgt die Brechung beim Übergänge von einem dünneren Mittel in ein dichteres meistens zum Einfallsloths. 6) Geht ein Strahl aus einem mehr brechenden in ein minder brechendes Mittel über; so ist -r-<ü. Erreicht nun ö den Werth von 90°, so ist §r'er L— 1 oder L—90° und es geht der modifieirte Strahl längs der Trennungsebene beider Mittel fort. Für jeden größeren Werth von ü kehrt demnach dieser Strahl ins alte Mittel zurück. In diesem Falle sagt man: das Licht erleide eine totale Reflexion. 26. Der Brechungserponent und die Sinusse des Einfalls¬ und Brechungswinkels hängen daher so innig mit einander zusam¬ men, daß, wenn zwei dieser Großen gegeben sind, sich die dritte daraus bestimmen läßt. Man hat auch wirklich auf diesem Wegs theiks die Richtung des gebrochenen Strahles, theils'den Werth von er in der oben angegebenen Bedeutung kennen gelernt. Zum letzteren Behufs mußte man dem Körper, für welchen er bestimmt werden sollte, eine Gestalt geben, bei welcher die Ablenkung des gebrochenen Strahles von der ursprünglichen Richtung, d. i. der gebrochene Winkel recht groß wird, um den Einfluß der stets beim Messen desselben vorfallend'en Fehler auf das Resultat möglichst schwächen. Körper, die mit parallelen Flächen begrenzt sind, lasse» sich dazu nicht brauchen, weil der ausrretends, gebrochene Strahl dem einfallenden parallel ist. Es seyen und LV (Fig. 183) die parallelen Seitenflächen und ein,-Strahl falle in der Richtung^ auf -lst, werde daselbst so gebrochen, daß erden WegL^ein- schlägt, beim Austritte aus diesem Körper in L aber so, daß er in der Richtung fortgeht. Zur Bestimmung der Lage Lm gegen FL hat man: Weil ab.er LLss—LLL ist, s» ist cos LLL—LLL und daher auch VLw und —VLw, welches an- Bestimmung des B r e ch ung sexpo n ente n. ZU zeigt/ daß Nr mit HD parallel ist. Da nun bei einer Masse, für welche das Brechungsverhältniß des Lichtes bestimmt werden soll, der Parallelismus der Wände möglichst gemieden werden muß, so wird ein dreiseitiges Prisma zu diesem Zwecke vorzüglich brauchbar seyn. Es sey nun ADD (Fig. 184) der Querschnitt eines solchen Prisma's, der auf der Axe desselben senkrecht steht, und es falle ein Strahl HD in der Ebene des Schnittes auf die Fläche AD. Ist DD daS Einfallsloth und die Masse des Prisma's von der Art, das; der Strahl in ihm zum Einfallslothe gebrochen wird, so kann DD den gebrochenen Strahl vorstellen. Dieser wird aber beim Austritte aus dem Prisma in D wieder gebrochen und zwar vom Einfalls¬ lothe DD, so daß er nach der zweiten Brechung die Richtung DD hat. Es ist nicht schwer) durch Rechnung den Zusammenhang zwi¬ schen dem Einfallswinkel HDD, dem brechenden Winkel ADD des Prisma's, dem Winkel DDw, den der gebrochene Strahl mit dem einfallenden macht, und den Werth von n zu finden (Suppl. 396). Um diese Größe sür Flüssigkeiten zu bestimmen, wählt man ein hohles Prisma, das aus Glastafeln mit vollkommen parallelen Wänden besteht, füllt die Flüssigkeit ein und behandelt sie nun wie einen festen Körper. Bei der Prüfung von Gasen und Dünsten muß dieses Prisma mit einem Barometer und einem Thermometer in Verbindung stehen, um die Spannkraft und Dichte der Luft immer angeben zu können. Oft muß man aber auch die Dichte der Luft nach Belieben ändern können. (Methoden zur Bestimmung der Brechungsverhältniffes im Suppl. S. 434.) Ist für irgend ein Mittel der Werth von n bekannt, so ist es eine leichte Arbeit, für jeden gegebenen Einfallswinkel und für jede Ge¬ stalt der Oberfläche des brechenden Mittels die Richtung des gebro¬ chenen Strahles anzugeben. So lassen sich viele Erscheinungen mit Leichtigkeit erklären, z. V. warum ein Gefäß minder tief erscheint, wenn es Wasser enthält, als wenn es leer ist, warum man einen ins Wasser'getauchten Stab verkürzt oder gebrochen steht, warum ein Gegenstand im Wasser größer und durch ein Rautenglas ange¬ sehen vervielfältigt erscheint. Auch folgende, sehr interessante Er¬ scheinungen erklären sich aus den angeführten Brechungsgesetzen, besonders aus 2 und ä: Gießt man in ein gläsernes, schmales und ziemlich langes Gefäß Wasser, und hierauf mittelst einer bis auf den Boden des Gefäßes reichenden Röhre Schwefelsäure, die sich sehr langsam mit dem Wasser mischt und daher Schichten bildet. Welche von unten nach oben allmählig an Dichte abnchmen, und steht hieraus durch die Flüssigkeit nach der Länge des Gefäßes auf ZI2 Brech ungsver möge n. einen leuchtenden Gegenstand; so bemerkt man ihn doppelt. Das¬ selbe ersolgt auch, wenn man einen Gegenstand so ansieht, daß das Licht, welches von ihm ins Auge kommt, durch Luftschichten gehen muß, die durch ein glühendes Eisen oder durch einen von der Sonne beschienenen, schwarzen Körper verschieden erwärmt werden. Einen gleichen Grund hat auch das scheinbare Zittern der Gegen¬ stände, welche man längs einem von der Sonne erhitzten Dache re. ansieht. 27. Ohne mit der Natur des Lichtes vertraut zu seyn, kann man doch mit Sicherheit behaupten, die Brechung desselben bestehe eigentlich in einer Änderung seiner normalen Geschwindigkeit, wäh¬ rend die mit der Trennungsebene der beiden Mittel parallele Ge¬ schwindigkeit ungeändert bleibt. Die Größe — 1 bedeutet daher die Zu - oder Abnahme an lebendiger Kraft des Lichts in dem Körper, worauf sich u bezieht, und darum nennt man diese Größe auch die brechende Kraft oder das absolute Brechungs- v ermög en des Mittels. Heißt A die Dichte desselben, so stellt -—^-^-die brechende Kraft der Masse — 1 vor und kann als Maß des speoifischen Brechungsvermögens des betreffenden Mittels ange¬ sehen werden. Der Erfahrung gemäß hängt das Brechungsvermögen eines Körpers von seiner Natur ab, und es ist insbesondere beiden brennbaren Körpern groß, so daß man aus diesem schon vorhinein mit viel Wahrscheinlichkeit beurtheilen kann, ob ein Stoff brennbar sey oder nicht. Die brechende Kraft eines Gases ist genau seiner Dichte proportionirt. Dasselbe gilt nach Dulong für Dünste, ff lange sie noch weit vom Maximum ihrer Spannkraft entfernt sind, in der Nähe dieser Grenze aber wächst ihre brechende Kraft in einem größeren Verhältniß als ihre Dichte. Die Temperatur ändert das Brechungsvsrmögen eines Gases nicht, wenn sie nicht die Dichte afficirt. Die brechende Kraft eines gemengten Gases oder gemengter Dünste läßt sich aus den brechend-: Kräften der einzelnen in dem Gemenge vorkommenden Körper berechnen; aber die brechende Kraft eines chemisch zusammengesetzten Gases steht in keiner bekannten Beziehung mit jenem seiner Bestandtheile. (Biot und Arago in Gilb. Ann. 25. 345 und 365; 26. 36. Dulong in Pogst- Ann. 6. 373. Ein reichhaltiges Verzeichniß der Werthe von » für verschiedene Körper enthält der Suppl. S. 1013. Stoff zu Bei¬ spielen hierüber findet man S. 320.) 313 Viertes Kapitel. Analyse des Lichtes. 28. Denkt man sich in einem verfinsterten Zimmer eine äußerst kleine Öffnung an einem Fensterladen, die als Punct betrachtet werden kann, und läßt directes Sonnenlicht durch sie eindringen; so hat der von der Sonne kommende Lichtkegel seine Spitze an dieser Öffnung und von da an bildet sich im Zimmer ein zweiter umge¬ kehrter Kegel. Wird dieser mit einer weißen Tafel aufgefangen, deren Ebene auf der Are des Kegels senkrecht steht; so erscheint auf ihr ein leuchtender Kreis, der das Bild der Sonne so vielmal linear verkleinert verstellt, als seine Entfernung von der Öffnung in der Distanz der Sonne von derselben enthalten ist. Hat die Öffnung am Fensterladen eine Ausdehnung und ist z. B. kreisrund; so dringen mehrere solche Lichtkegel ein und geben zusammen ein Son¬ nenbild, dessen Halbmesser um den der Öffnung größer ist, als im vorigen Falle. Es ist nicht an allen Puncten gleich stark erleuchtet, sondern an den Rändern mit einem Halbschatten umgeben. Stellt z. B. AA' (Fig. 185) den Durchmesser der Sonne vor, aö eine kreisrunde Öffnung, eine weiße Tafel, auf welche das Son¬ nenlicht auffällt; so darf man nur die geraden Linien LA/, AAA ziehen, um einzusehen, daß in den Raum zwischen c und A von allen Puncten der Sonne Licht falle und daß und ca im Halbschatten liegen. 2st. Läßt man einen solchen Lichtkegel auf ein dreiseitiges, durchsichtiges Prisma (Fig. 186) fallen, dessen Axe horizon¬ tal steht; so erscheint, statt des vorhin runden Sonnenbildes, ein längliches, oben und unten von zwei Kreisbögen, seitwärts von paral¬ lelen Linien begrenztes Bild (Farbenbild, Spectrum), dessen Quer- durchmesser dem des vom ungebrochenen Lichre erzeugten Sonnen- bildes gleicht, dessen Länge aber von dem Einfallswinkel des Strahles, vom brechenden Winkel des Prisma's und von dessen brechender Substanz abhängt. Es ist zugleich gefärbt und man kann der ganzen Länge nach sechs verschieden gefärbte, an einander gren¬ zende Streifen bemerken, und zwar einen rothen, orangefar¬ benen, gelben, grünen, blauen und violetten; aber keiner dieser Streifen zeigt an allen Theilen eine gleich intensive 314 Verschiedene Brechbarkeit deS Lichtes. Farbe, besonders ist dieses beim blauen auffallend, der gegen den grünen zu merklich lichter als gegen den violetten ist, so daß sich Newton, dem wir die Untersuchung dieser Erscheinung vorzüglich verdanken, dadurch und zum Theil auch durch seine Lieblingsidee, zwischen den Farben des Sonnenlichtes und den sieben Tönen einer Octave eine Ähnlichkeit herauszubringen, bewogen fand, sieben verschiedene Farben im Sonnenbilde anzunehmen, und zwar die rothe, orange, gelbe, grüne, lichtblaue, indigoblaue und violette. Diese folgenreiche Erscheinung laßt sich zwar mit einem Prisma von jeder durchsichtigen, brechenden Materie heroorbringen; uni sie aber in ihrer ganzen Reinheit darzustellen, soll man dem Lichr- strahle durch einen Heliostat eine unveränderliche Richtung geben, ein ganz reineS Prisma, dessen brechender Winkel wenigstens 60" beträgt und welches vollkommen ebene Wände hat, nehmen und eS so nahe als möglich an die Öffnung stellen. Will man dem Bilde alle Undeutlichkeit nehmen, die der Halbschatten mit sich bringt; so fange man das Licht zuerst mit einer Sammellinse auf, damit es im Brennpuncte derselben zu einem schattenlosen Bilde vereinigt werde, und lasse es erst dann auf das Prisma gelangen. Um die Schönheit jeder einzelnen Farbe recht bewundern zu können, fange man den vom Prisma gebrochenen Strahl mit einem Glas¬ kegel auf, dessen Spihs gegen das Prisma gekehrt ist; denn da erscheint nach Derhältniß der Entfernung des Kegels von der Tafel, die das Bild auffängt, bald der eine bald der andere Farbenstmstu als farbiger Kreisbogen, 30. Aus dieser Erscheinung folgt unmittelbar: 1) Daß ein Sonnenstrahl aus Theilen von verschiedener Brechbarkeit bestehe, indem offenbar die Strahlen bei n viel weniger gebrochen werden, als die bei a. 2) Daß die Strahlen, deren Brechbarkeit um eine gewisse Größe verschieden ist, in uns die Empfindung verschiedener Farben erregen. Um diese Folgerungen ganz sicher zu stellen, und jedem Einwurfe vorzubeugen, ließ Newton das Farbenbild/ welches durch ein horizontal gehaltenes Prisma gebildet wurde, neuerdings auf ein vertical stehendes fallen. Waren die aufgest-ll-'" Sätze richtig, so mußte das neue Sonnenbild dasselbe Farbenspüi zeigen, wie das erste, und wenn dieses verticas stand, wie Fig. 187, und in n den rothen, in c> den violetten Streifen ha"^ so mußte jenes schief stehen, wie ,-V, und in roth, in ss viol-" erscheinen. Die Erfahrung entsprach dieser Voraussetzung auf da- Anzahl der Farben im Sonnenlichte. 315 genaueste und bestätigte daher die Wahrheit obiger Sätze unwider- sprechlich. Läßt man das Farbenbild auf eine Tafel A (Fig. 188) auffallen, die eine kleine Öffnung hat, so wird der auf die Öff¬ nung fallende Theil des Farbenbildes durchgehen. Fängt man einen solchen Strahl mit einem zweiten Prisma L auf, so wird er wohl gebrochen und zwar desto mehr, je weiter er im Farbenbilde vom rothcn Strahle absteht und sich dem violetten nähert, er erscheint aber mit derselben Farbe, wie vor der zweiten Brechung. Man kann dieses als einen neuen Beweis für die vorhin angeführte Folgerung ansehen und zugleich daraus die neue Wahrheit ableiten, daß ein Lichtstrahl, welcher die Eigenschaft hak, die Empfindung einer bestimmten Farbe zu erregen, diese Eigenschaft durch Bre¬ chung nicht verliere. 31. Im Lichte, das gefärbte Körper reslectiren, zeigt sich der¬ selbe Zusammenhang zwischen Erregung einer bestimmten Farben¬ empfindung und dem Grade der Brechbarkeit, wie beim direkten Sonnenlichte. Man überzeugt sich davon sehr leicht, wenn man auf eine weiße Tafel zwischen zwei parallelen Linien neben einander zwei Rechtecke malt, wovon z. B. eines roth , das andere grün ist. Sieht man sie mit einem dreiseitigen Prisma an, dessen bre¬ chender Winkel abwärts gekehrt ist, so erscheint das grüne höher als das rothe, zum Beweise, daß die von jenem ausfahrenden Strahlen mehr als die von diesem kommenden gebrochen werden. 32. Man kann die Anzahl der verschieden brechbaren Strah¬ len, aus denen der unzerlegte Sonnenstrahl besteht, nicht ange¬ ben, sie ist unendlich groß; denn bestünde er aus einer endlichen Anzahl solcher Strahlen, so könnte das Farbenbild nicht mit pa¬ rallelen Seitenwänden erscheinen, es würden sich die runden Bil¬ der, die jeder einfache Strahl gibt, wohl zum Theile decken, müßten aber immer ein Farbenbild geben, an dessen Seiten man die kreis¬ förmig gebogenen Einschnitte bemerken könnte , wie in Fig. 198. Diejenigen, welche behaupten, ein unzerlegter Sonnenstrahl be¬ stehe aus sieben Strahlen von verschiedener Brechbarkeit, können darunter nur solche verstehen, die in uns die Empfindung wesent¬ lich verschiedener Farben erregen. Allein selbst jene Strahlen, die un Allgemeinen nur eine Farbenempfindung erzeugen, bestehen aus verschieden brechbaren Theilen, weil jenes Licht, welches der rochen Grenze des Farbenbildes näher liegt, auch eine geringere Brechbarkeit hat, als das mehr davon entfernte. Die Erfahrung, daß 316 Das gewöhnt. Spectrum ist nicht homogen. man durch eine Mischung von Roth, Gelb und Blau, oder von Roth, Grün und Violett eine Farbe erzeugen kann, wie die dij unzerlegten Sonnenstrahls, berechtiget keineswegs zudem Schluffe, daß derselbe nur aus diesen Strahlen bestehe. Auch die neuestens von Brewster aufgestellte Behauptung, das Farbenbild bestehe aus drei gleich langen Bildern, einem rothen, gelben und violet¬ ten, die an verschiedenen Stellen verschiedene Intensitäten haben, und nach Maßgabe derselben durch ihre gleichzeitige Einwirkung auf das Ange die sechs bekannten Farben erzeugen, bedarf noch fernerer Beweise. (Pogg. Ann. 23. 386.) Läßt man vom weißen Lichte eine oder mehrere Farben weg, so bleibt eine andere übrig, die mit jener das Weiß wieder herstellt. Solche Farben, die sich gegen¬ seitig zu Weiß ergänzen, heißen c o mp l e m e n tä r e Farben. ES läßt sich leicht einsehen, daß die complementäre Farbe von Roth Grün, von Orange Blau, von Gelb Violett sey. Läßt man näm¬ lich alles Roth, d. h. den eigentlich rothen Antheil, das Roth im Orange und Violett weg, so bleibt nur Gelb, Gelb, Grün, Blau, Blau, mithin als Resultat aller zusammengenommen Grän, und so von den übrigen Farben, (ff^a^-s n soruur. As a/fsinAato ro- Issum,- o/>^. r/reA. Soett. 1775. Wünsch Vrrsuche und Beobachtungen über die Farben des Lichtes. Leipzig, 1792.) 33. Man darf aber nicht glauben, daß das Licht eines Far¬ benbildes, welches man auf die vorhin genannte Weise erhält, schon gleichartiges Licht sey. Bei dem gewöhnlichen Verfahren steht selbst beim Gebrauche des besten Prisma's die Ausdehnung der Öffnung am Fensterladen und die des leuchtenden KärperS der Entwicklung homogener Farben im Wege. Diese Umstände machen nämlich, daß eine Art von Strahlen größtentheils in dir nächst vorhergehende fällt und mehrere farbige Strahlen unter ein¬ ander gemengt erscheinen. Man würde aber ein Farbenbrld von vollkommen homogenen Farben erhalten, wenn man den durch ein Prisma in ein Faröenbild zerlegten Strahl durch eine Sammel¬ linse leitete, welche die Eigenschaft hat, alle parallelen Strahlen in einen Punct zu vereinigen, und das Bild, welches diese Li"^ macht, auf einer Wand aufsinge, oder noch bester mit einer zmei ten Linse ansähe. Eine gute achromatische Linse (von welcher in der Folg* die Rede seyn wird), hat obige Eigenschaft und man wird dah"' durch ein sogenanntes achromatisches Fernrohr das Farbenbild m-t vollkommen homogenen Farben sehen. Linien im Spectrum. 317 34. Stellt man in ein verfinstertes Zimmer ein Prisma mir vollkommen ebenen Wanden verrical vor das Objectivglas (d. i. vor jenes, welches man gegen das Object kehrt) eines achromatischen Fernrohres und läßt durch eine schmale aber hohe Öffnung Son¬ nenlicht auf dasselbe fallen, bei einer solchen Anordnung des Fern¬ rohres, daß man ohne Prisma die Öffnung deutlich sieht, und einer solchen Stellung des Prisma's, daß die Strahlen es unter dem¬ selben Winkel verlassen, unter dem sie auffallen; so erblickt man in dem horizontal stehenden Farbenbilde, wie Fraunhofer zuerst zeigte, unzählige starke und schwache verticale Linien, die dunkler sind, als der übrige Lheil des Farbenbildes; einige davon sind sogar völlig schwarz. Diese Linien sind immer und zwar in der¬ selben Ordnung vorhanden, aus was immer für einer Materie daS Prisma besteht und was es für einen brechenden Winkel hat, nur nimmt ihre Stärke und ihre erkennbare Menge im Verhältnisse mit der Größe des Farbenbildes ab und zu. Sie hängt von der Narur des Lichtes, und wie Miller's und Brewster's Versuche an¬ deuten, auch von der absorbirenden Kraft des Mediums ab, durch welches das Licht auf das Prisma gelangt. (Pogg. Ann. 28. 385.) Bei diesem Versuche kann man auch den großen Unterschied in der Intensität der verschiedenfarbigen Strahlen viel deutlicher erkennen, als es an einem auf die gewöhnliche Weise erzeugten Farbenbilde möglich ist. Wenn man den blauen und violetten Theil recht bequem ohne Ermüdung des Auges ansehen kann, so hat der gelbe Antheil eine für das Auge unerträgliche Lichtstärke und man muß die Öff¬ nung am Fenster verkleinern, um auch hier die zur Beobachtung paffende Helligkeit zu Stande zu bringen. Nach Fraunhofer läßt sich die Lichtstärke der verschiedenen Farbenstellen im Spectrum durch folgende Zahlen ausdrücken: Äußerstes Roth 32, Mitte des¬ selben 94, Orange 640, zwischen Gelb und Orange 1000, Grün 480, Lichtblau 170, zwischen Blau und Violett 31, Mitte von Violett 5. 6. (Suppl. S. 434.) 35. Es ist klar, daß man durch die Mittel, durch welche das Sonnenüchr zerlegt wird, auch das Licht anderer leuchtender Kör¬ per analysiren kann. Fast alle geben ein Bild mit mehreren Farben¬ streifen ; doch kann man auf diesem Wege auch homogenes Licht er¬ halten. Läßt man das Licht.eines brennenden Körpers durch ein sarbiges Mittel gehen, bevor es auf das Prisma gelangt, so än- derr sich mix der Narur jenes Körpers die Anzahl, Lage und Be- 3!K Spectrum vom Lichte brennender Körper. schassenheit der dunklen Linien im Spectrum, oft bleiben ganze Farbenparthien aus. Das Licht einer Flamme von sehr stark verdünntem Weingeist« ist nach Brewster ganz homogen gelb, und in allen Farbenbildcrn, die unvollkommen verbrennende Körper liefern, hat das gelbe Licht die Oberhand. Phosphor gibt mit Salpeter verbrannt ein Farbenbild, worin keine Farbe vorherrscht und keine durch dunkle Linien unter¬ brochen ist. Dicscin ähnlich sind die Farbcnbildcr, welche glühender Kalk, Platin und mehrere andere feste Körper geben. Schwefelgibt beim lebhaften Verbrennen fast lauter homogenes gelbes Licht; so¬ bald aber die Heftigkeit des Verbrennens nachläßt, erscheinen im Farbenbilde blaue und grüne Streifen. Wird ec mit Salpeter ge¬ mischt und angezündct, so gibt er ein Farbenbild, mit einer merk¬ würdigen rothen Linie, die außer der rothen Grenze des SpectrnmS liegt und davon durch einen dunklen Zwischenraum getrennt ist. Zhr Licht ist weniger brechbar, als der am wenigsten brechbare Theildc, Sonnenlichtes. Sie scheint vom Kali herzurühren unö allen Kali¬ salzen zuzukommen, gleichwie die Natronsalze einen gelben Streife», gleich dem Lichte im Spectrum des Schwefels erzeugen. Brennende, Cyan gibt ein aus mehreren, beinahe gleich breiten, intensiven, durch dunkle Linien von einander getrennten Streifen bestehendes Spec¬ trum ; salpetersaurer Strontian zeigt ein Spectrum mit mehrere» Unterbrechungen der Continuität und einer hellglänzenden, dunkel¬ blauen, isolieren Linie. Im Farbcnbilde vom gewöhnlichen menlichte zeigt sich zwischen Roth und Gelb ein lichter Streife», und ein ähnlicher, nur minder scharf begrenzter im Grün; im LM des Sirius zeigen sich drei breite Streifen, wovon einer im Gm», zwei im Blau sind. Castor gibt ein Farbenbild wie Sirius, Pell», gibt viele schwache, fixe Linien, noch mehrere Betei, enze, Proust'» aber sehr wenige. Das Licht des Mars und der Venus hat viele Ähnlichkeit mit dem Sonnenlichte. Gaslicht, welches durch n-"iir lichen Operment gegangen ist, enthält kein Violett mehr, solches da, durch dichten Brom-Joddampf gegangen ist, entbehrt des Blau mu zeigt sehr viele dunkle Linien, Chlorgas löscht wohl auch das -Ll»» aus, man nimmt aber keine dunklen Linien wahr. 36. Verbindet man alles das, was in diesem Kapitel üb" das Licht gesagt wurde, so ersieht man daraus als unwidersp"^ liche Thatsachen: 1) daß sowohl das directe als refleclirte Son»">- licht, wie auch das vieler anderer leuchtender Körper, welch"»'" demselben Versuche unterwerfen können, aus heterogenen Strahle» bestehe, wovon einige brechbarer sind als die andern. 2) Daß M'" Strahle, der eine bestimmte Farbenempfindung erregt, eine be- F a rbe n z e r st r e u u n g. 310 stimmte Brechbarkeit entspreche, so daß man wegen der innigen Verbindung dieser zwei Eigenschaften auch die Strahlen durch die Farben benennen kann, welche dem Grade ihrer Brechbarkeit ent¬ sprechen. Aus diesem erklären sich leicht die Erscheinungen, welche man wahr¬ nimmt, wenn man einen Körper durch ein Prisma ansieht, z. B. warum ein schwarzes Quadrat auf weißem Grunde an einem Ende rvth, am anderen blau uud'violett erscheint; warum ein schmaler, weißer Papierstreifen durch das Prisma aus mehreren gefärbten, parallelen Streifen bestehend erscheint; warum sich ein breiter Streifen nur am Nande gefärbt, in der Mitte weiß zeigt u. s. w. 37. Wenn die Grenzen der einzelnen Farben im Spectrum genau bestimmt wären, so konnte man den Brechungsexponenten er, für die äußersten Strahlen jedes Farbenstreifen finden und die Gren¬ zen der Brechbarkeit angeben, innerhalb welchen jeder Strahl die¬ selbe Farbenempfindung erzeugt. Dieses ist aber nicht der Fall, und es gibt in einem Spectrum vom Sonnenlichte nichts scharf Begrenz¬ tes und genau dem Orte nach Bestimmbares als die dunklen Frau n- hofer'schen Linien. Darum kann man auch nur die den Stellen dieser Linien entsprechenden Brechungsexponenten mit Schärfe be¬ stimmen. Ist n der Einfallswinkel eines Strahles in ein zerstreuen¬ des Mittel, b' der Brechungswinkel für die gelben, L und ö der¬ selbe für die violetten und rothen Strahlen; so ist die Ablenkung des gelben Strahles —A— der Ablenkungsunterschied zwischen dem violetten und dem rothen, d. h. die Große der Zerstreuung der äußersten Farben des Spectrums. Für kleine Werthe von L—L kann man diese Große mit rin, L — rin i> vertauschen. Heißen demnach die Brechungsexponenten sür den violetten, rothen und gelben Strahl nach der Ordnung iV, n und n', so daß nian hat: rin n: rin Z — 1 rin a:rin i>' — 1:n rc.; so ist nnA —iV §in n, rin ö—n rin a und daher die Zerstreuung der äußersten Strahlen rin L —rin ö — (IV— n) rin a. Es ist daher diese Zerstreuung dem Unterschiede der Brechungsexpo- uenten der betreffenden Strahlen proportionirt. Das Zerstreuungs- verhältniß der äußersten Strahlen gegen die gelben ist offenbar rin /! — rin ü (iV — n) rin a iV — n rin ü' — rin cr (n — 1) rin a, n' — 1' 32 0 Gesetze der Farbenzerstreuung. Dieser Ausdruck heißt das Zerstreuungsvermögen. (Mittel zur Bestimmung der Farbenzerstreuung im Suppl. S. 447 u. f.) 38. In Betreff der Farbenzerstreuung und ihres Zusammen¬ hanges mit der Brechung des Achtes in einem Mittel har die Er¬ fahrung Folgendes gelehrt: Wenn in demselben Mittel die Größe der Brechung etwa durch Änderung der Dichte dieses Mittels vergrößert oder verkleinert wird; so wird auch in demselben Verhältnisse die Größe der Farbenzerstreuung großer oder kleiner, oder es ändert sich die Größe 7V in demselben Verhältnisse, in welchem sich n ändert. Dieses gilt aber nicht mehr, wenn sich die Natur des Mittels ändert. Zstin einem Mittel n größer als in einem anderen, so ist zwar auch öl und 7V—n in jenem großer als in diesem; aber es wachsen die Größen TV und n. nicht mehr in demselben Verhältnisse, d. h. ei ändert sich die Farbenzerstreuung nicht in demselben Verhältnisse, in welchem sich die Brechung ändert. Es kann daher nicht von einer auf die andere geschloffen werden und jede muß durch eigene Ver¬ suche ausgemitrelt werden. Das Zerstreuungsverhältniß zweier Mittel ist nicht für alle farbige Strahlen dasselbe und man kann daher nicht/ wenn dieses Verhälrniß für irgend einen farbigen Strahl gegeben ist, davon auf das für einen anderen Strahl schließen, sondern man muß jedes eigens bestimmen. Brechende und zerstreuende Kraft einiger Körper. eV Feste und tropfbare Körper. Tabelle der Farbenzerstreuung. 32! L. Gase bei 0° 6. und 28 P. Z. Barometerstand. Das Farbenzerstreuungsvermögen des Glases wird durch einen Zu¬ satz von Blei bedeutend erhöht. Bleihaltiges Glas, sogenanntes Flintglas, wie es Fraunhofer verfertigte, hat eine Farbenzer¬ streuung, welche im Durchschnitte sich zu der des Crown- oder Spiegelglases wie 2:1 verhält. Bei englischem Flintglase ist die¬ ses Verhältniß 1.5-1; bei Wasser und Crownglas wie 1:1.56. Verschiedene Flintglasgattungen haben auch ein verschiedenes Zer¬ streuungsvermögen und zwar in der Regel ein desto größeres, ze dichter sie sind. Bei den Flintglassorten, die Fraunhofer (Gilb. Ann. 56. 292.) mit Nr. 13, 3, 30 und 23 bezeichnet, sind dieZer- grcuungsverhältnisse gegen Crownglas Nro. 9 nach der Ordnung 2.09, 1.84, 2.04 , 2.08, und ihre specifischen Gewichte3.723, 3.51?, 3.695, 3.724. Bei der Sorte 13 war das Zerstreuungsverhältniß gegen Crownglas Nr. 9 für die rothen Strahlen 2.56, für die orangen 2.87, für die gelben 3.07, für die lichtblauen 3.19, für die dunkelblauen 3.46, für die violetten 3.73. Schwefel, Phosphor und die Metallsalze haben ein sehr großes Brechungs- und Zer- streuungsvcrmögen; Edelsteine brechen das Licht stärker als Flint¬ glas, zerstreuen es aber weniger als Wasser. Harze, Gummi, Öhle und Balsame zerstreuen und brechen das Licht beinahe in einerlei ^nuurlchre 5. Ausl. 21 832 Brechung in Linsen. Verhältnis' stärker als Wasser. Die Öhle verdanken ihr großes Zer- streuungsvermögen wahrscheinlich dein Wasserstoffs wenigstens iiber- zeugte sich Herschel, daß das Zerstreuungsvermögen des Cassia- yhles fast um die Hälfte vermindert wurde, nachdem man ihm mit¬ telst Chlor Wasserstoff entzogen halte. Salzsäure, Salpetersäure und salpetrige Säure zerstreuen es mehr, Schwefelsäure, Phos¬ phorsäure, Citronen- und Weinsteinsäure weniger als Wasser. Ein ungemein kleines Zerstreuungsvermögen besitzen der Flußspach, der Chrysolith'und der Topas. (Gilb. Ann. 50. 129-) Fünftes Kapit'el. Brechung des Lichtes in sphärischen Linsen. 39. Eine sphärische Linse ist ein von Kugelflächen begrenz- tes^Mittel. Es gibt mehrere Arten derselben, und zwar I) beider¬ seits erhabene (Fig. 189. (a); 2) auf einer Seite erhabene, auf der anderen ebene (5); 3) auf beiden Seiten hohle (o); 4) auf einer Seite hohle, auf der anderen ebene (ck); 5) auf einer Seite erhabene, auf der anderen hohle (e und/). Die Linie Ass, in welcher die Mittelpuncte der Krümmungen einer Linse liegen, heißt ihreAxe, der Punct der Axe in der Mitte der Linse, heißt der optische Mittelpunct, und eine Linse heißt cenrrirt, wenn alle ihre Theile um diese Axe symmetrisch liegen. Nur von solchen Linsen soll hier die Rede seyn. Man wendet gewöhnlich nur Glaslinsen an, verfertigt sie aus weißem Spiegelglase, oder zu einem besonderen Zwecke aus dem sogenannten Flintglase, wohl auch aus gläsernen Schalen, die mit einer durchsichtigen FlüW° Seit gefüllt werden. Fresnel schlug Linsen vor, die aus mehre¬ ren Ringen!'(polyzonale Linsen) zusammengesetzt werden. In be¬ sonderen Fällen sind Linsen aus reinen, durchsichtigen Edelsteinen von großem Nutzen. 40. Ein Lichtstrahl Aw (Fig. 190), welcher in der RichMNS der Axe auf eine convexe Linse fällt, gehl ungebrochen durch die¬ selbe, weil die Tangenten der Puncte A und V, welche er trifft, mit einander parallel sind und es daher gerade so ist, als ginget durch ein von parallelen Wänden begrenztes Mittel; jeder andere Scrahl erleidet aber eine Ablenkung. Um diese zu bestimmen, Alb/ ein Strah/ der mir der Are einen sehr kleinen Winkel dil 1 --- a an —a— /->-«— an a§ ' Allgemeine Brechungsformel. 323 det, 6 und 6 die Mittelpuncte der Krümmungen der Linse, O der Einfallspunct des Strahles §/, 6a das Einfallsloth, 66 die Richtung des Strahles nach der ersten Brechung, 6 der Ein- fallspunot beim Austritte aus der Linse, 66 das Einfallsloth, 66 der Strahl nach der zweiten Brechung, und n das Brechungsver- haltniß. Man nenne derKürze Halbert — a, ^6—a, ^6 —L, <76—/, oD —§, vernachlässige die Dicke ^l-8 der Linse, und setze 60 — 6A, welches bei der vorausgesetzten, sehr geringen Divergenz der Strahlen wohl angenommen werden kann. 6D sraDc6 e6 .;ia <6)6 sia 66c Man hat-r-n, n — . , mithin 66.c6.u L!« 6c6.;i wird « —c», d. i. wenn sich der leuchtende Punct im Brennpuncte befindet, werden die Strahlen durch die Brechung parallel. 4) Für cr <7/, wird der Werth von « negativ, d. i. wenn sich der leuchtende Punct innerhalb der Brennweite befindet, so bleiben die von ihm ausgehenden gebrochenen Strahlen divergircnd. 111 ü) Hat a einen negativen Werth, so ist —s———, d. i. con¬ vergirend auffallende Strahlen werden durch eine Convexlinse noch mehr convergirend gemacht. Man sieht hieraus, daß in den Mn I, 4, 5, ein Bild des leuchtenden Punctes in der Axe entsteht. 42. Strahlen, die mit der Axe einen bedeutenden Winkel machen, können nicht so wie die vorher betrachteten durch die Linse in einem Puncte vereinigt werden. Fallen z. B. mehrere solche Strahlen auf die Linse Fig. Igl auf, und schneiden die der Ate nächsten dieselbe in F', so werden die anderen, mehr abweichen¬ den sich einander in /, /" schneiden, und so zu beiden Seiten der Axe die symmetrische Curve ab/"'/" bilden, welche man Brennlinie sikAaucttr'ea) nennt. Diese Abweichung kommt von der Gestalt der Linse her, und heißt Abweichung wegen del Kugelgestalt (sphärische Abweichung). Wegen ihr geben nur die von der Axe wenig abstehenden Strahlen hinter der Linse ein deut¬ liches Bild des leuchtenden Punctes. Will man daher ein solche Bild erhalten, so muß man die gegen den Rand der Linse einsü- lenden Strahlen durch eine Blendung abhalten und der Linse s°l^ Krümmungen geben, daß diese Abweichung ein Kleinstes werdr- (Suppl. S. 403 — 410.) Bei zwei nahe an einander gestellten Linsen kann man nach H e rs-b^ c/ anEi. 1821.^- diese Abweichung ganz heben, bei einer S>E Planconvexe Linsen und Menisken. 325 seitigen Linse ist diese Abweichung größer als bei einer ungleichsei¬ tigen, bei letzterer größer, wenn die weniger gekrümmte Seite ge¬ gen das Object gekehrt ist, als wenn das Gegentheil Statt findet, bei einer Convexplan- oder bei einer Eoncavplanlinss, deren Plan¬ seite gegen das Auge gewendet wird, ist die Abweichung fast so klein, wie bei einer Linse, wo sie auf das Minimum gebracht ist. 43. Linsen, welche auf einer Seite convex, auf der anderen eben sind, können so angesehen werden, als hätten sie an der pla¬ nen Seite eine Kreiskrümmung, wozu ein unendlich großer Radius gehört. Setzt man daher in der Formel (L) / — co , so erhält man und ersieht daraus, daß die für beider- § ? seits convexe Linsen ausgestellte Formel auch für planconvexe gilt, und daß der ganze Unterschied im Werthe der Brennweite besteht, der bei übrigens gleichen Umständen für jene immer kleiner als für diese ist. Dieselbe Formel gilt auch für convexconcave Linsen, wenn man einen Radius negativ nimmt und sie in /1 IX I (u—1)i^- umstaltet. Ist nun/<§, d. i. der Radius der Convexität kleiner als jener der Concavität, so gehört die Linse in die Reihe der zwei vorigen, und kann mit ihnen Sammellinse genannt werden, weil diese drei Gattungen die Strahlen immer convergirend zir machen suchen. Sie heißen auch Brenngläser, weil sie das Sonnenlicht im Brennpuncte so concentriren, daß man daselbst Körper verbrennen kann. Tschirnhausen, der es in der Ver¬ fertigung der Brenngläser sehr weU trieb, verfertigte eines von drei Fuß Öffnung und zwölf Fuß Brennweite. So große Brenn¬ gläser macht man am leichtesten aus zwei Uhrschalen, die man zu¬ sammensetzt und mit Wasser oder Weingeist aussüllt. Im Brenn¬ raume solcher Linsen können Metalle geschmolzen und Erden ver¬ glaset werden. 44. Für eine beiderseits hohle Linse wird sowohl der eine als der andere Halbmesser negativ. Deshalb gilt für sie die Formel: 32t) Zerstreuungslinsen. Setzt man a — c», so wird-—- und a — p, p « d. h. Strahlen, welche auf eine solche Linse parallel auffallen, wer¬ den durch die Brechung so divergirend, als kämen sie von einem Puncte vor der Linse her. Dieser Punct ist wieder der Brenn- punct des Glases und seine Entfernung von der Linse die Brenn¬ weite. Man nennt ihn nicht selten den imaginären Memi- punct, weil sich daselbst die Strahlen nicht wirklich vereinigen. So lange a einen endlichen, aber positiven Werth hat, ist '«^negativ und d. i. divergirend auf diese Linse ausfallende Strahlen werden durch die Brechung noch mehr divergirend. Ist a negativ, d. h. fallen die Strahlen convergirend auf; so wird 1 rr a Jst a>p, so wird « negativ oder die Strahlen werden diver¬ girend. Ist a p, so wird « — 02 oder die Strahlen werden parallel. Ist endlich a<7z>, so wird so gilt für eine concavconvexe Linse die Formel wovon der Halbmesser der Converität größer als jener der Conca- vität ist, und zeigt, dafi sie ebenfalls in die Klasse der zwei so eben betrachteten gehört. Alle drei zusammen begreift man unter dem Worte Zerstreuungslinsen. 45. Die in 41 angegebene Gleichung (21) gilt auch für eine» Punct, der außer der Ape, aber in einer sehr geringen Entfernung von ihr liegt. Um dieses zu beweisen, sey lUA (Fig. 192) die Are der Linse, der leuchtende Punct außer ihr, 6 das optische Zen¬ trum, ein Strahl durch /, ein anderer Strahl, und A sein Weg nach der Brechung. Verlängert man die Linie A-5, sie die Axe in schneidet, und eben so nach Belieben bis so ist -s- — 2)/)^ -s- 21^22), weil jede dieser SuuuutN Lage und Größe der Bilder. 327 gleich 22A ist. Liegt nun 6 in einer sehr geringen Entfernung von derAxe, und 62 wenig gegen geneigt; so kann man die ge¬ nannten Winkel ihren Tangenten proportionirt setzen und 26 auf 66 senkrecht annehmen. Diesem gemäß ist 26 26 , 26 26 66 — 6'2» / ^6^ . 26 26^ 26 26 und daher -s- oder II 1,1 "66^ «6'— 62» ^6 Befände sich der leuchtende Punct in -L, so wäre 1 1 1 . I , 1 Ä6 60 n' 'uch -1- ^-- -. Es entsteht daher auch von einem leuchtenden Puncte, der außer derAxe, aber nahe an ihr liegt, unter denselben Umständen, wie von einem in der Axe liegenden, ein Bild, und zwar in einer durch den leuchtenden Punct und durch das optische Centrum ge¬ zogenen, geraden Linie. 46. Befindet sich außerhalb der Brennweite einer Sam¬ mellinse ein leuchtender Gegenstand, wovon kein Punct gar weit außer der Axe der Linse liegt, so entsteht von jedem Puncte ein Bild hinter der Linse, in einer durch ihn und durch das optische Centrum gezogenen, geraden Linie; die Bilder aller Puncte geben ein verkehrtes Bild des Gegenstandes. Wäre z. B. ^2 (Fig. 193) eine Sammellinse, 6 ihr Brennpunct, 6s ein Gegenstand; so entsteht von -5 das Bild von s das Bild 6', und die Bilder der zwischen § und s liegenden Puncte befinden sich zwischen und 6', so daß 6/ das Bild von 6§ vorstellt. Ist 6 der optische Mittel- punct, so wird ohne merklichen Fehler angenommen werden können, 6» 66 H . So lange also 66>> 6/, ist auch 6s >6V. Man sieht hieraus, daß das Bild desto größer erscheinen wird, je näher der Gegenstand an den Brennpunct ruckt. Befindet sich unter der¬ selben Voraussetzung, wie vorher, ein leuchtender Gegenstand in¬ nerhalb der Brennweite einer Sammellinse; so entsteht ein ima¬ ginäres Bild vor der Linse in einer größeren Entfernung, als die des Gegenstandes ist. Dieses Bild erscheint aufrecht und vergrößert. wieder ^2 (Fig. 194) eine Sammellinse, 66 ihre Ä.re, 6der 32K CH roma rische Abweichung. Brennpunct, <7 der optische Mittelpunct, Fs ein leuchtender Ge¬ genstand; so erscheint das Bild von s in s', das von F in F, mit¬ hin das gagze Bild von Fs in Fs'. Da hier wieder, wie vorhin Fs' 6s' . ... lst, so muß F's' immer großer als Fs erscheinen, und zwar desto mehr, je näher Fs an die Linse rückt. 47. Zerstreuungslinsen geben von einem leuchtenden Gegen¬ stände, er mag sich außerhalb oder innerhalb der Brenn¬ weite oder gar im Brennpuncte selbst befinden, ein aufrechtes Bild vor der Linse, das ihr näher liegt, als der Gegenstand und deShall stets verjüngt erscheint. Ist (Fig. 195) eine Zerstreuungslinse, 66 ihre Axe, 6 der optische Mittelpunct, Fs ein leuchtender Ge¬ genstand, so erscheint s in s', F in F und Fs in Fs'. Wegen 6s'-< 6s muß auch immer Fs' -5 kom¬ mende Licht nicht innerhalb des ganzen Abweichungskreises gleich¬ mäßig vertheilt, sondern im Mittelpuncre / am stärksten ist und gegen den Umfang hin beständig abnimmt, so daß es am Umfange selbst unendlichmal schwächer als im Mittelpunct ist. Nämlich alle Strahlen von mittlerer Brechbarkeit gehen durch den Mittelpunct dieses Kreises, alle äußersten sind auf der ganzen Kreisfläche ver¬ breitet, und die übrigen Strahlen nehmen auf ihr einen größe¬ ren oder kleineren Raum ein, je nachdem ihre Brechbarkeit mehr oder weniger von der mittleren abweicht. Man mißt die Größe der von einer der zwei Abweichungen herrüh- renden Undeutlichkeit durch den Halbmesser dos Kreises, in wel¬ chem sich die Strahlen vereinigen, welche ohne Abweichung in einen Punct vereinigt würden. Er heißt darum auch der Halbmes¬ ser der Undeutlichkeit. — Unter Strahlen von mittlerer Brechbarkeit versteht man nicht die in der Mitte des Farbenbildes liegenden, sondern die den rothen etwas näheren gelben, weil das Farbenbild auf der Seite der violetten Strahlen schwächer ist, als auf der Seite der rothen, und weil man bei der Bestimmung der Farbenzerstreuung mit einem Prisma, das einen kleinen brechenden Winkel hat, stets ein Verhältniß findet, das mit dem der gelben Strahlen übereinstimmt. 49. Stellt man einen leuchtenden Körper in gehöriger Ent¬ fernung vor eine Sammellinse, so werden alle von jedem einzelnen Puncte ausgehenden Strahlen auf die vorhin genannte Weise gesam¬ melt, die Kreise der an einander grenzenden Puncte decken sich zum Theile (Fig. 198) und verursachen dadurch eine Undeutlichkeit des Bildes, die desto größer ist, je mehr die farbigen Strahlen zerstreut werden und je gleichförmiger das Licht im Abweichungskreise jedes Punctes vertheilt ist. 50. Außer dieser Undeutlichkeit der Bilder verursacht die ver¬ schiedene Brechbarkeit des Lichtes auch noch gewiße Farbenerschei- nungen. Ist z. B. (Fig- 199) ein Gegenstand, der weißes 'Acht auf die Sammellinse l7O sendet und sich außer ihrer Brenn¬ weite befindet, so entsteht hinter ihr nicht ein einziges Bild, wie 330 Färbung der Bilder weg. der Farbenzerstrenung. bisher immer angenommen wurde, sondern unzähliges» verschie¬ dener Entfernung von der Linse und daher auch von verschiedener Große, worunter sechs verschiedenfarbige unterschieden werden kön¬ nen; die Ränder liegen aber nicht in einer geraden - Linie. DaS größte darunter ist das rothe nn, das kleinste das violette an; die übrigen liegen zwischen beiden. In der Mitte deckens'stch diese Bilder und bringen durch ihren Gesammteindruck die Empfindung der weißen Farbe hervor. Nicht so am Rande; da ragt der rothe und gelbe Theil über die übrigen hervor, und das ganze Bild er¬ scheint daher mit einem rothgelben Saume. Ware der Gegenstand in der Mitte begrenzt, wie ein Ring, so würde sein Bild eine bläulich violette Einfassung haben, weil von dieser Seite das vio¬ lette und blaue Bild vorsteht. Erschiene dem Äuget) das Bild eines Gegenstandes (Fig. 200) vor der Linse LD, so müßte in Betreff des farbigen Randes das Umgekehrte Statt finden. Hier ist das rothe Bild der Linse am nächsten, das violette r-a davon am meisten entfernt, und daher jenes unter allen das kleinste, dieses das größte, weswegen letzteres über die anderen hervorragen und einen bläulich violetten Saum erzeugen muß. 51. Der nachrheilige Einfluß dieser verschiedenen Brechbarkeit des Lichtes mußte wohl schon früh denkende Naturforscher auf¬ muntern, Mittel ausfindig zu machen, um ihm abzuhelfen. New¬ ton hielt ein solches Mittel, durch eine unrichtige Beobachtung und einen falschen Schluß verleitet, sür unmöglich, Euler ver- muthete die Möglichkeit desselben aus der Betrachtung des Baue- des Auges, wo diese Abweichung nicht Statt zu finden schien; aber erst Dollond (im Jahre 1757) war es vorbehalten, durchKlingen- sti e rn a's Untersuchungen veranlaßt, auf die rechte Spur zu iE men und Linsen mir farbenlosen Bildern, achromatische Lin¬ sen, zu verfertigen. Um einen richtigen Begriff vom Wesen de» Achromatismus zu bekommen, muß man Folgendes überlegen. Die Ursache, warum ein von der Sonne direet kommender Strahi nicht farbig erscheint, liegt darin, daß die verschieden brechbaren Bestandtheile desselben mit einander parallel fortgehen und auch zusammen ins Auge kommen; durch ein dreiseitiges Prisma wird der weiße Strahl in farbige Theile zerlegt, weil durch die Bre¬ chung dieser Parallelismus der farbigen Theile aufgehoben wird- Man wird daher, um z. B. ein achromatisches Prisma zu Stande zu bringen, dahin arbeiten müssen, diesen Parallelismus wie^ Achromatismus. 33L herzustellen, ohne die Ablenkung des Strahles überhaupt aufzu¬ heben. Wenn daher an ein Prisma A (Fig. 201), welches den ein¬ fallenden weißen Strahl Aa in farbige Theile zerlegt, wovon die äußersten ab und so sind, ein zweites L, welches aus einem gleich stark brechenden, aber mehr zerstreuenden Stoffe besteht, so gelegt wird, daß die brechenden Winkel eine entgegengesetzte Lage haben; so wird vom Prisma der violette Strahl ao in einem größeren Ver¬ hältnisse abgelenkt, als der rothe aS, und da die Ablenkung des¬ selben Strahles in beiden Prismen nach entgegengesetzten Richtun- geitz ^erfolgt, so wird es bei einem gewissen Verhältnisse der brechen¬ den Winkel zum Zerstreuungsvermögen der Prismen dahin kommen, daß beide Strahlen cci und ös nach dem Austritte aus den Pris¬ men mit einander parallel werden. Dieses wird aber natürlich nur bei einem bestimmten Einfallswinkel des Lichtes Statt finden, und es wird daher das Prisma nur bei diesem achromatisch seyn; aber auch hier wird der Achromatismus nicht ganz vollständig seyn kön¬ nen, weil nur die äußersten, nicht aber alle Strahlen mit einan¬ der parallel werden. Dollond construirte zuerst ein achromati¬ sches Prisma aus Crown- und Flintglas, wovon jenes einen bre¬ chenden Winkel von 30°, dieses einen Winkel von 19" hatte. 52. Nach denselben Grundsätzen werden achromatische Linsen verfertiget. Es sey A (Fig. 202) eine Convexlinse aus Crownglas, welche die weißen auffallenden Strahlen so convergirend macht, daß sich die rothen in n, die gelben in Z- und die violetten in c- vereinigen. Nach Hinzugabe eines Concavglases A wird die Con- vergenz der gebrochenen Strahlen kleiner, und wenn dessen Brenn¬ weite großer ist, als die von A, so vereiniget die Doppellinse die gelben Strahlen in einer größeren Entfernung, z. B. in Ist -L von Flintglas, so bringt es wegen der größeren Farbenzerstreuung die Vereinigungspuncte der rothen und violetten Strahlen näher an § , als es der Fall bei Crownglas gewesen wäre, und bei einem gewissen Verhältnisse zwischen den Brennweiten der Linsen und ihrer Farbenzerstreuung fallen alle diese Puncte zusammen. Dieses setzt aber auch voraus, daß die Farbenzerstreuung beim Flintglase für alle farbige Strahlen gegen die beim Crownglase in demselben Verhältnisse stehe; eine Bedingung, die in der Wirklichkeit nicht eintrifft. Daher begnügt man sich gewöhnlich bei achromatischen Lmsen, die Vereinigungspuncte der äußersten Strahlen und der¬ jenigen zusammenzubringen, die vermöge ihrer Brechbarkeit und 332 Achromatische, d ialyri s che Zinsen. Lebhaftigkeit gleichsam als die mittleren anzusehen sind, allm man bewirkt dadurch keinen vollkommenen Achromatismus und mH daher oft zur besseren Erzielung des beabsichtigten Zweckes eine dreifache Linse construiren, welche aus zwei convexen Crownglas- und einer concaven Flintglaslinse besteht und wo gleichsam die aus Flintglas und Crownglas bestehende Doppellinse zum Achromo- risiren der zweiten Convexlinse gebraucht wird. Fallen auf eine achromatische Linse parallele Strahlen auf, so wird der convexe Bsstandtheil gegen das Object gewendet; treffen es hingegen stack divergirende Strahlen, so kehrt man den concaven Theil gegcndas Object. Gewöhnlich stellt man die Flintglaslinse hart an die Crown- glaslinse oder kittet gar beide zusammen; da müssen natürlich die Linsen gleiche Öffnungen bekommen. Erst in der neuesten Zeit hat man beide Linsen bis auf der Brennweite des Crownglasei aus einander gerückt und dadurch den Vorkheil erlangt, den gan¬ zen, auch von einer großen Crownglaslinse kommenden Lichtkegel mit einem viel kleineren Flintglase auffangen und achromatistmi zu können. Die Construction solcher Linsen, die man dialytische nennt, hat zuerst Barlo w angedeutet, Rogers hat den ge¬ machten Vorschlag abgeandert, Littrow hat die mathematische Theorie geliefert und Ploßl hat sie zuerst, aber nach einem von allen früher gegebenen Theorien abweichenden Principe, ausgeführt. (Barlow in 1829, Rogers in Zeitsch. 5. lAH Jahrb. des polyt. Jnstit. 14. 108,Littrow in Zeitsch. 4.255, Jacquin ebend. n. F. 3. 57.) Statt Flintglas hat man meh¬ rere Flüssigkeiten in Vorschlag gebracht, weil es schwer halt, grofe und doch homogene! Flinrglasstücke zu erhallen. Schwefelkohlen¬ stoff scheint sich am besten hierzu zu eignen, wiewohl Flüffigketten überhaupt gegen sich haben, daß sie so leicht verdunsten sich in Schichten von verschiedener Dichte absondern. (SM'l- S. 428 — 434.) Sechstes Kapitel. Interferenz des Lichtes und Farben dünner Körper- 53. Die meisten bisher angeführten Erscheinungen und Mo disicationen des Lichtes sind schon lange bekannt und die 333 Z n t erfe r e n z v er s u ch. unserer Zeit sonnten kaum mehr thun, als das schon Erkannte neu bekräftigen. Es gibt aber mehrere optische Erscheinungen, deren Entdeckung ganz unserer Zeit angehört. Von der Art ist auch das, was man Interferenz des Lichtes nennt, von der zwar schon Hook (1667) spricht, die aber ganz unbeachtet blieb, bis in der neuesten Zeit Young (1800) die Aufmerksamkeit der Physiker wieder darauf lenkte. Man versteht unter diesem Namen die ge¬ genseitige Einwirkung der Lichtstrahlen auf einander bei ihrem Zusammentreffen, es mag dieses in einem gänzlichen Zusam¬ menfallen der Strahlen oder in einem bloßen Durchkreuzen der¬ selben unter einem kleinen Winkel bestehen. 54. Um diese Einwirkung zu erfahren, könnte man durch zwei gleiche und einander nahe Öffnungen an einem Schirme (aus Zinnfolie) von derselben Lichtquelle zwei Strahlenkegel in einen verfinsterten Raum leiten und die Durchkreuzungsstellen der Strah¬ len beobachten; allein sicherer verfahrt man, die von einem leuch¬ tenden Puncte oder einer leuchtenden Linie ausfahrenden Strahlen durch Brechung oder Reflexion dahin zu bringen, daß sie sich unter einem sehr scharfen Winkel schneiden. Ein sehr flaches dreiseitiges Glasprisma oder zwei nur sehr wenig gegen einander geneigte Planspiegel leisten hierzu gute Dienste. Ein Prisma wie (Fig. 203) bringt nämlich die von A ausfahrenden Strahlen Aa, äA, rc. in die Lage, daß sie sich in s, / rc. schneiden; die Spiegel M und IV (Fig. 204) modificiren die von >5 ausfahrenden Strahlen so, daß sie von den zwei hinter den Spiegeln befindlichen Puncten (Bildern) a und ö herzukommen scheinen und demnach sich wieder durchkreuzen, wie die Zeichnung nachweiset. Die Stelle solcher Spiegel vertreten nach Powel (T'/rik. 1l7aZ-, 11. 1) sehr gut zwei aus einer Tafel geschnittene Spiegelglasstücke, an denen eine Kaute glatt geschliffen ist; die rechte Neigung derselben gegen ein¬ ander erhält man, wenn man beide mit den abgeschliffenen Kanten neben einander auf einen ebenen Tisch legt und unter eines einen dünnen Keil oder nur ein Papier legt. Man kann den Jnterferenz- versuch mit einer einzigen sehr dünnen feinen Glas- oder Glim¬ merplatte anstellen, die man schief von parallelen Strahlen beschei¬ nen laßt, so daß die an der Vorderfläche reflectirten Strahlen mit den an der Hinterfläche zurückgeworfenen zusammenfallen. Leitet man demnach mittelst eines Heliostats durch eine runde oder besser 334 Jnterferenzversuch. durch eine schmale und hohe Öffnung Sonnen- und Kerzenlicht in ein verfinstertes Zimmer, concentrirl es noch überdies durch eine Sammellinse zu einem lichten Puncte oder durch ein cylindrischoz Glas zu einer Lichtlinie, fängt die divergirenden Strahlen durch obiges Prisma oder die zwei Planspiegel auf und sieht auf die Durchschnirtspuncte der Strahlen mittelst einer Sammellinse; so sieht man das Jnterferenzphänomen, um das es sich handelt. A zeigen sich nämlich eine Reihe unter einander paralleler, aus der die beiden Bilder des letzteren Punctes verbindenden Linie senk¬ rechter Heller und dunkler Streifen von den lebhaftesten Farben, wovon der mittlere hell ist. Macht man den Versuch mit einem ebenen Plättchen, so sieht man dieselben ohne Beihilfe einer Linse, frei, und zwar verschieden nach Maßgabe der Neigung der einfallenden Strahlen. Geht ein Theil der sich interferirenden Strahlen vor dem Zusammentreffen durch ein anderes Mittel, als der Rest derselben; so tritt eine Verschiebung der Lichtstrei¬ fen ein. Je flacher das Prisma ist oder je mehr sich die Spie¬ gelflächen einer Ebene nähern, desto mehr entfalten sich die Farbenstreifen, verlieren aber in demselben Maße an Jntenst- tät. Um dieselben deutlich und hell genug zu sehen, müssen du Flächen des Prisma's oder die Spiegel gerade die rechte Nei¬ gung gegen einander haben, die man aber nur durch Erfahrung kennen lernt. 55. Um die Erscheinungen der Interferenz in solcher Einfach¬ heit hervorzubringen, daß sich daraus Folgerungen ziehen und ihre Gesetze ableiten lassen, muß man den Versuch mit gleichartige«" Lichte machen, welches man nahe dadurch erhält, daß man du Streifen durch ein farbiges Glas ansieht. Da findet man die leuch¬ tenden Streifen durch dunkle Zwischenräume von einander getrennt. Bei solchen Versuchen kann man die Richtung und Große des We¬ ges berechnen, welchen die Strahlen zurücklegen, die an dem Orte sich schneiden, wohin die leuchtenden und die dunklen Strei¬ fen fallen. Verrichtet man diese Rechnung, so findet man folge»' de wichtige Resultate: I) Der leuchtende Streifen, welcher b-h mitten zwischen den beiden Bildern befindet, entsteht aus Struh¬ len, die vom leuchtenden Puncte bis zum Durchschnitlspuncte gerech¬ net, gleiche Wege zurückgelegt haben, d. i. solche, deren Wegdiffe"»! — 0 ist. 2) Die ersten zwei leuchtenden Streifen, wovon einer links, der andere rechts gegen den mittleren steht, werden durch J n t e rs er e n z p h ä n o m e n e. 335 Strahlen gebildet, deren Differenz der Wege dieselbe ist. Sie mag--» heißen. 3) Der zweite Streifen, rechts und links vom Winkel, entsteht aus Strahlen, deren Differenz der Wege 2<-o ist. 4) Im Allgemeinen ist der Unterschied der Wegs der Strahlen, welche farbige Streifen geben 0, 2<->, Zoo,.... ncs. 5) Die zwischen den leuchtenden Strei¬ fen befindlichen dunklen werden durch Strahlen gebildet, deren Un¬ terschied der Wege durch ^cs.... ausgedrückt wird. 6) Für verschiedenfarbige Strahlen ist auch der absolute Werth von w verschieden und zwar für die rothen am größten, für die violet¬ ten am kleinsten. (Die numerischen Werthe derselben folgen später.) 7) Die Größe der Verrückung durch Einschieben eines heterogenen Mittels richtet sich nach dem Verhältnisse zwischen dem Brechungs¬ exponenten der Mittel. Kennt man diesen, so kann man jene Verrückung berechnen, und wohl auch umgekehrt von der Größe der Verschiebung der Streifen auf die Brechungsexponenten schlie» ßen. 8) Das Resultat der Interferenz von Strahlen, deren einige von einem mehr brechenden Mittel in ein minder brechendes refiec- tirt werden, während beiden anderen das Gegentheil Statt findet, ist jenen der Strahlen, die insgesammt von einem mehr brechenden Mittel in ein minder brechendes kommen oder umgekehrt gehen, gerade entgegengesetzt, und es erscheint demnach alles dunkel, wenn die Differenz der Wege 0, a», 2c°>, rc. ; hingegen licht, wenn diese Differenz ^<->, ^mft von natürlicher Dichte, und hier wieder großer, als wenn Nasser zwischen den Gläsern steht. Die Größe eines Ringes von destimnirer Farbe nimmt zu, wenn man ihn schief ansiehc, die Glä- stt lcharf an einander drückt oder das Brechungsvermögen der zwi¬ schen den Gläsern enthaltenen Flüssigkeit vermindert. Naturlehre. 5. Aufl. 22 838 Gesetze der Färb en ringe. 59. Newton maß die Durchmesser dieser Ringe mit einer musterhaften Genauigkeit bei verschiedenen Einfallswinkeln des Lich¬ tes und bei verschiedenen Flüssigkeiten, und überzeugte sich, daß un¬ ter übrigens gleichen Umständen der Durchmesser eines Ringes in demselben Verhältnisse kleiner werde, in welchem das Brechungs- vermögen der Flüssigkeit zunimmt; eine Wahrheit, die deshalb sehr wichtig ist, weil sie lehrt, wie man die bei einer Flüssigkeit erhal¬ tenen Resultate auf alle anderen ausdehnen kann. 60. Ungeachtet aller dieser Bemühungen war das Phänomen der Farbenringe noch immer wegen der verschiedenen Brechbarkeit des einfallenden Lichtes zu verwickelt, als daß man es in seine Ele¬ mente hätte zerlegen können. Deshalb ließNewton auf das Far¬ benglas gleichartiges Licht fallen. Da zeigten sich folgende Erschei¬ nungen: 1) Jeder gleichartige Strahl erzeugt Ringe von seiner eigenen Farbe, sowohl durch Reflexion als durch Transmission. 2) Jeder Ring ist sowohl im reflectirten als durchgelaffenen Lichte von dem folgenden durch einen dunklen Zwischenraum getrennt; man kann deshalb jeden einzelnen besser als im vollen Lichte, und deren auch mehrere wahrnehmen. Der dunkle Zwischenraum wird desto schmaler, je mehr sich die Ringe vom Mittelpuncte entfernen. 3) Jedem dunklen Zwischenräume im reflectirten Lichte entspricht im durchgelaffenen ein farbiger Ring, und wo im letzteren ter dunkle Zwischenraum ist, da befindet sich im ersteren ein Farden- ring; jedoch sind diese dunklen Stellen minder lichiarm alS >m >e- flecrirten Lichte. 4) Sowohl die reflectirten als die durchgelassenen Lichtringe haben eine angebbare Breite, die aber nicht gleichförmig beleuchtet ist, sondern die Lichtstärke verliert sich von einem Kresse in der Mitte jedes Ringos aus allmählig. 5) Bei jeder Lichtgattung nehmen die Quadrate der Halbmesser der reflectirten Farbenringe vom hellsten Puncte an gerechnet zu, wie die ungeraden Zahlen I, 3, 5 rc. 6) Die Quadrate der Halbmesser der dunklen Zmn schenraume wachsen wie die geraden Zahlen 2, 4, 6 rc. 7) V-i den durchgelassenen Farbeuringen entspricht der hellste Kreis d-i» dunkelsten im reflectirten Lichte; es findet daher hier dasselbe Ver¬ hältnis; bei den dunklen Zwischenräumen Statt, wie im reflectirten Lichte bei den farbigen Ringen, und umgekehrt. 8) Der Durch¬ messer eines Ringes von derselben Ordnung wird desto kleiner, st brechbarer das Licht ist, das ihn bildet. So ist z. B. der vierte Ring im rothen Lichte größer als der vierte im gelben oder grünr»- Erklärung der Farben dünner Körper. 339 Dieses erstreckt sich sogar auf die Unterschiede der Brechbarkeit im Lichte von derselben Farbe; denn ein Ring im Lichte vom äußersten Roth des prismatischen Farbenbildes erscheint größer, als einer von derselben Ordnung, der vom mittleren Roth entstand. 9) Auch die Breite eines Ringes derselben Ordnung ist desto kleiner, je größer die Brechbarkeit des ihn bildenden Lichtes ist. 10) Die Rin¬ ge sind in jedem Strahle am kleinsten, wenn das Licht senkrecht durch die Luftschichre geht, und werden desto größer, je schiefer der Strahl einfallt. Um die Erscheinungen der Farbenringe so einzurichten, daß sie von mehreren Personen zugleich betrachtet werden können, wie dieses bei Vorlesungen nöthig ist, bediene ich mich zweier, sehr kleiner Convexlinsen, deren Krümmungen wenig von einander verschieden sind, gebe sie in eine Fassung, wo sie fest gehalten und zugleich nach Belieben mittelst Schrauben an einander gedrückt werden kön¬ nen, setze sie, wie ein Object, in das Sonnen- oder Lampenmicroscop ein und fange das Bild aus einer weißen Tafel auf. Ist diese hin¬ reichend entfernt, so erhalten die kleinsten Ringe wenigstens einen Durchmesser von 8 Zoll und sind zugleich sehr deutlich sichtbar, be¬ sonders wenn man das Licht hinreichend mäßiget. Man kann sie auch mit einem gewöhnlichen Microscope ansehen. 61. Alle diese Phänomene lassen sich aus der Interferenz des Lichtes, so wie vorhin (57) angezeigt wurde, vollständig erklären. Vorerst kann einem die Ähnlichkeit zwischen denJnterferenzphäno- menen im weißen und farbigen Lichte mit jenen der Farbenringe bei weißer und farbiger Beleuchtung nicht entgehen. So wie die Jnterferenzphanomene im weißen Lichte aus dem theilweisenZusam- mentreffen der einzelnen von jedem farbigen Strahle herrührenden dunklen und farbigen Streifen herrühren (56), ebenso gehr es hier. Es entstehen nämlich-von jedem Strahle so viele Ringsystems, als er 4-heile von verschiedener Brechbarkeit enthält; viele dieser Ringe fallen zum Theile auf einander und bringen durch ihren Gesammr- eindruck die Empfindung der Mittelfarben hervor, wie sie S. 337 auf- ö^ahlt sind. Daß diese Ansicht die wahre sey, kann man schon hieraus abnehmen, daß, wenn man ihr gemäß untersucht, welche ^inge auf einem Theile des Glases enrstehen, und welche Farbe sie zusammen hervorbringen müssen, diese Farbe genau die- lenige ist, welche der Versuch nachweiset. Weiters lehrt die Mes- lung der Dicke der Plättchen von bestimmter Färbung, daß diese sters ^tel des Werthes für denselben Strahl ist. Endlich 22 * 340 Erklärung der Farben dünner Körper. kann man aus einer streng mathematischen Behandlung der Inter¬ ferenz alle diese Phänomene vollständig selbst der Große nach ab¬ leiten. — Um nicht die Gränzen dieses Werkes zu überschreiten, soll der Hergang für einen auf ein dünnes Plättchen ALV (Fig. 205) senkrecht einfallenden Strahl sA untersucht werden. Ein Theil des¬ selben wird in A nach zurückgewvrfen, der andere aber gelangt nach und erleidet da wieder eine Theilung in zwei Theile, wo¬ von einer nach der Richtung 1-lA reflectirt wird. Dieser wird in A wieder in zwei Theile gespalten, wovon einer nach austritt, der andere aber nach zurückgeworfen wird, um daselbst dieselbe Ver¬ änderung wieder zu erleiden. Es treten demnach nach aus: 1) Vergleich beim Eintritte in A reflectirte Theil des Strahles^ 2) eine unendliche Anzahl von Strahlen mit verschiedener Inten¬ sität, welche in zurückgeworfen worden sind und2,4,6, 8mal u. die Dicke des Plättchens zurückgelegt haben. Die Rechnung zeigt, daß alle letzteren zusammen die Intensität des ersteren haben, so daß man die Sache so betrachten kann, als treten nach nur zwei gleich intensive Strahlen aus, nämlich der in und der in L reflecürte, deren Unterschied der Wege — 2A2?—2, 2«> rc. ist/ and man hat daher für die farbigen Stellen 2c —^co, rc. oder c —^--o, E<->, für die dunklen 2o —0, <-z, 2<-o rc. oder c—0, ^as, 4«, rc. Es wachsen demnach die Dicken der farbigen Plättchen oder Ringe wie die ungeraden, die der dunklen wie die geraden Zahlen/ übereinstimmend mit der Erfahrung. — Es ist nicht schwer, außer den bisher behandelten Farben dünner Körper auch noch das -t-a- seyn solcher begreiflich zu finden, die von der Interferenz nen Strahlensystemen herrühren, welche mehrere Brechungen und Reflexionen erlitten haben. Solche hat in der ThatB rewster an Luftschichten wahrgenommen, welche zwischen parallelen Glasplatten oder zwischen einer hohlen und einer erhabenen Linse enthalten si»^ (Pogg. Ann. 26. 150.) Die Farben dünner Plättchen hat zuerst Young durch Jnterftren» erklärt. Bis zu seiner Zeit huldigte man fast aussckließlich der An- Beugung des Lichtes. 341 sicht Newton's, der zur Erklärung dieser Erscheinungen annahm, das Licht erlange beim Eintritt in ein Mittel eine Disposition, ver¬ möge welcher es leichter reflectirt als gebrochen wird, und umge¬ kehrt. Diese Disposition, welche er An w a nd lu n g zur leich¬ teren Reflexion oder Transmission nennt, wächst mit der Tiefe, in welche ein Lichttheilchen eingedrungen ist, bis zu einer bestimmten Größe, nach welcher sie beim weiteren Eindringen in das Mittel wieder abnimmt, Null wird, und in die entgegenge¬ setzte Disposition übergeht. Diese wird selbst wieder immer größer, erlangt ihr Maximum, nimmt wieder ab und geht abermals in die erstere über. Nicht alle einen Strahl bildenden Lichttheilchen befinden sich zugleich in derselben Disposition. Daher soll es nun geschehen, daß ein Lichttheilchen, welches, nachdem es in einem Mittel in die Tiefe—- eingedrungen ist, reflectirt wird, eben so in der Tiefe 3-, 5--, 7o leichter reflectirt, in der Tiefe 2-, 4-, 6-- hingegen leichter durchgelassen werde. Der Werth von « ändert sich mit der Natur des Mittels und der Brechbarkeit des Lichtes, und ist desto größer, je kleiner der Brechungsexponent für die an ein¬ ander grenzenden Mittel und je weniger brechbar das Licht ist. Auf diese Hypothese scheinen die angeführten Phänomene selbst hinzu- wcisen, indem an den dunklen oder farbigen Stellen nur in derDicke der zwischen den Gläsern enthaltenen Schichte ein Unterschied zu finden ist, und sich auch die Quadrate der Halbmesser der Ringe, die wie die oben (60) angeführten Zahlen wachsen, wie die Dicken dieser Schichten verhalten. So einfach und genügend diese Hypo¬ these auf deik-ersten Blick zu seyn scheint, so ist sie doch nichts als eine Umschreibung der Phänomene selbst und keine Erklärung. Siebentes Kapitel. Beugung des Lichtes. 62. Mau kennt schon seit geraumer Zeit Phänomene, welche »eigen, daß Lichtstrahlen, die an den Kanten eines Körpers Vor¬ beigehen, oder durch eine sehr kleine Öffnung geleitet werden, eine Ablenkung von der geraden Bahn erleiden und dabei in farbige Bü¬ schel zerlegt werden. Man heißt diese Modification des Lichtes die Beugung. Die erste Erscheinung dieser Art bemerkte Grimaldi, als er in ein verfinstertes Zimmer einen Lichtkegel eindringen ließ, einen sei- 342 Beugung durch eine Öffnung. neu Draht darein hielt, dessen Schatten in einer gewissen Entfer¬ nung davon maß und ihn viel breiter fand, als er nach seiner Entfernung vom Drahte und der geradlinigen Fortpflanzung des Lichtes hätte seyn sollen. Er bemerkte zugleich, daß der Schatten beiderseits von Farbensäumeu begrenzt sey. 63. Die Phänomene der Beugung lassen sich auf verschiedene Arten beobachten. Die einfachste besteht darin/ daß man einen in ein verfinstertes Zimmer geleiteten Lichtbüschel durch eine enge Spalte gehen läßt oder auf einen dünnen Draht leitet und die gebeugten Strahlen ziemlich weit davon auf einer matten Glastafel auf¬ fängt. Heller nimmt sich diese Erscheinung aus/ wenn man die gebeugten Strahlen mittelst einer Sammellinse ins Auge leitet. Im Allgemeinen kann man sglche Beobachtungen bequem mit Mayer's J n flerio sc o p anstellen, einem Instrumente, das im Wesentlichen aus einem Rohre besteht, in welches das Licht durch eine hohe und schmale Spalte eindriisgt, und entweder durch eine andere am entgegengesetzten Ende des Rohres angebrachte/ ähnli¬ che oder durch einen feinen, mit der Hohe der Spalte parallelen Draht gebeugt wird. Im ersten Falle befindet sich das Auge gleich hinter der das Licht beugenden Öffnung, im zweiten hinter einer Sammellinse, durch welche man gleichsam die Öffnung am Deckel ansieht. Am reinsten lassen sich aber die Beugungserscheinungen wahrnehmsn, wenn man sich der Methode bedient, durch welche Fraunhofer unsere Kenntnisse über Beugung so sehr erwei¬ terte und die darin besteht, daß man durch eine schmale, aber hohe Öffnung mittelst eines Heliostats einen Lichtbüschel in ein verfin¬ stertes Zimmer leitet, in den Weg dieser Strahlen ein achromatisches Fernrohr so stellt, daß man durch selbes die Öffnung deutlich sieht/ und hierauf vor das Objectivglas des Fernrohres einen Schirm mit einer ebenfalls sehr schmalen, hohen Öffnung oder einen sehr dün¬ nen Draht anbringt. Sowohl der Schirm als derDraht müssen mit der Öffnung am Fenster parallel seyn. 64. Bedient man sich der letzteren Methode als der vorzüg¬ lichsten und laßt die Strahlen durch die Öffnung eines Schirmes gehen; so sieht man in der Mitte des Gesichtsfeldes des Fernrohres einen weißen Streifen (Fig. 207), der gegen beide Enden zu gelb und endlich roth ist, zu beiden Seiten desselben symmetrisch ein lebhaftes Farbenbild a, welches unmerklich in ein zweites min¬ der intensives al, dann in ein drittes wieder schwächeres übergeht Deugungsp h än o me ne durch einen Draht. 343 u. s. f. Zunächst an der Öffnung ist die Farbe jedes Bildes violett/ dann folgt Blau, Grün und zuletzt Roth, man erkennt aber nur im ersten Farbenbilde alle sechs Farben, beim zweiten fehlt Violett, beim dritten Violett und Blau ic. Ein am Oeularglase des Fernrohrs angebrachtes kleines Prisma, dessen Axe horizontal stehen muß, wenn die Öffnung des Schirmes vertical ist, zeigt, daß die der Axe nahen Farbenbilder nicht aus homogenem Lichte bestehen, daß es aber die weiter von der Axe entfernten allmählig werden. Je kleiner die Öffnung am Schirme ist, desto mehr rücken die Farbenbilder aus der Mitts des Gesichtsfeldes und desto breiter werden sie, so, daß die Ablenkungswinkel des Lichtes stets der Breits der Öffnung verkehrt proportionirt sind. Die Abstände bestimmterStrahlen in den aufeinander folgenden Farbenbildern, z, B. der rochen, wachsen zu beiden Seiten von der Mitte, wie die Glieder einer arithmeti¬ schen Reihe, deren Differenz dem ersten Glieds gleich ist. Die Breite der Öffnung am Fenster hat auf die Anordnung und Lage der ein¬ zelnen Farbenbilder keinen Einfluß, sie bestimmt aber die Reinheit und Deutlichkeit der Farben, weil der einfallende Lichtbüschel bei einer verticalen Spalte gleichsam aus verticalen Lichtlinien besteht, deren jede ihr Farbenbild gibt. Bei einer nur etwas breiten Öff¬ nung verursacht das Aufeinanderfallen mehrerer solcher Bilder eine Undeutlichkeit, daher es auch kommt, daß bei einer gewissen Größe der Spalte alle Farben verschwinden. — Fällt das Licht durch eine runde Öffnung auf einen Schirm, der eine quadratförmige genau geradlinige Öffnung mit scharfen Ecken hat; so wird es sowohl in horizontaler als verticaler Richtung gebeugt und man sieht im Fern¬ rohre ein farbiges Kreuz. Hat aber der Schirm eine kleine runde Öffnung, so erscheinen farbige Ringe. Ist die Öffnung des Schir¬ mes ringförmig, so erscheinen ebenfalls Rings, aber ihr Durchmes¬ ser und deren Verhältnis; zu einander ist verschieden von dem im vorhergehenden Falle, übrigens aber nur von der Breite der Öff- »ung, nicht vom Durchmesser des Ringes abhängig. 65. Ist das gebeugte Licht gleichartig, so erscheinen statt der Farbenbilder, die sich im vollen Sonnenlichte zeigen, Streifen von der Farbe des durchgelassenen Lichtes, welche durch völlig dunkle Schattenräume yon einander getrennt sind. Jedoch ist die Jntensi- tät des farbigen Lichtes und der dunkeln Stellen nicht allenthalben gleich, sondern es gibt in jeden; Farbenstreifen eine am stärksten be¬ suchtste Linie, von der zu beiden Seiten die Lichtstärke allmahlig 344 Beugung in homogenem Lichte. abnimmt, und ins völlige Schwarz übergeht. Je mehr sich diese Streifen von der Mitte entfernen, desto schwacher werden sie, biss sie endlich ganz undeutlich und unsichtbar werden. Die Farben¬ streifen sind im violetten Lichte schmaler als im blauen, in diesem schmaler als im grünen und so fort bis zum rothen. Entfernt man die Tafel, worauf man diese Farbenstreifen auffängt, oder das Fernrohr mehr von de» Spalte; so rücken diese Streifen auch mehr ans einander. Vergleicht man zwei oder mehrere Puncte 4>er Ta¬ fel, welche in verschiedenen Entfernungen von einerlei Lichlstreifen getroffen werden; so findet man, daß der gebeugte Strahl nicht geradlinig von der Spalte ausgehe, sondern eine hyperbolische Krüm¬ mung habe. Man kann sich hierbei überzeugen, daß die Natur des Körpers, in welchem sich die Öffnung befindet, so wie die Gestalt desselben auf die Beschaffenheit und relative Folge der Farbenstrei¬ sen gar keinen Einfluß habe. Die Schneide und der Rücken eines Barbiermessers, ein geschwärzter und ein polirter Draht und Kör¬ per vom verschiedensten Brechungsvermögen gewähren dieselben Phä¬ nomene der Beugung, und alles hängt nur von der mathematischen Begrenzung der Öffnung oder des beugenden Körpers, nicht von der Natur des Schirmes ab. Übrigens werden nicht blos die näch¬ sten am Rande der Spalte vorbeigehenden Strahlen gebeugt, son¬ dern auch die merklich davon entfernten. 66. Die Erscheinungen, welche sich bei der Beugung des Lich¬ tes durch einen dünnen Draht darbieten, sind den vorher erwähn¬ ten ähnlich. Man steht nämlich da zu beiden Seiten des beugenden Körpers oder seines Schattens ähnliche Farbenstreifen. Ist der Kör¬ per sehr dünn, so bemerkt man außer diesen auch noch andere in¬ nerhalb der Grenzen dieses Körpers oder seines Schattens. Diese Farbenbilder sind es eigentlich, derentwegen man manchmal die Ben- gungsversuche mit feinen Drähten vornimmt, weil man dieselben bei Versuchen, wo die Beugung in einer engen Spalte vor sich geht, nicht lieht, indem sie in den von nicht gebeugtem und daher stärkerem Lichte beleuchteten Raum fallen. Dafür sieht man aus demselben Grunde beim Gebrauche solcher Drähte wieder die äußeren Specrra nicht gut genug. 67. Andere Erscheinungen als die in 64 aufgezählten kommen zum Vorschein, wenn man weißes Licht durch eine Anzahl schmaler Öffnungen gehen läßt, deren Entfernungen von einander vollkom¬ men gleich sind, und dadurch mehrere gleich stark gebeugte Strahlen Beugung durch sehr viele Öffnungen. 345 ins Fernrohr leitet. Solche schmale Öffnungen erhalt man am besten, wenn man entweder dünnen Gold- oder Silberdraht in die Gange sehr feiner Schrauben spannt, oder wenn man in ein mit Goldplättchen belegtes Planglas Parallellinien radirt, oder nur mit einem Diamant in ein Planglas solche Linien zieht. Fraunho¬ fer bediente sich bei den subtilsten Versuchen dieser Art eines auf die lebte Art verfertigten Gitters aus 3601 Linien, deren je zwei von ihrer Mitte aus gerechnet nur 0.0001223 P. Zoll von einander abstanden. Wird ein Gitter mit sehr vielen kleinen Öffnungen vor dasObjeciv des Fernrohrs gestellt und durch eine schmale Öffnung Licht darauf geleitet; so sieht man die Öffnung am Heliostat wie ohne Gitter (Fig. 208) und in einiger Entfernung davon zu beiden Seiten, vollkommen symmetrisch, eine große Anzahl Farbenbilder, wie die, welche ein gutes Prisma hervorbringt; sie werden breiter, aber auch matter, so wie sie sich von der Mitte entfernen. Die ersten sind durch dunkle Zwischenräume von einander getrennt, diese werden aber bei den folgenden immer schmäler, bis sie ganz ver¬ schwinden und die Spectra unvermerkt in einander übergehen, sich auch zum Theile decken. Man bemerkt auch bei gehöriger Stellung des Oculars in diesen Farbenbildern die dunklen Linien, zum Be¬ weise, daß die Spectra aus homogenem Lichte bestehen. Zugleich finden folgende Gesetze der Ablenkung des Lichtes Statt: I) Bei verschiedenen Gittern aus sehr vielen, parallelen, gleich dicken Fä¬ den und gleichen Zwischenräumen verhalten sich die Sinusse der Ablenkungswinkel gleicher Theile der Farbenbilder umgekehrt wie die Entfernungen der Mitte zweier Zwischenräume. 2) Für jedes einzelne Gitter bilden die Sinusse der Ablenkung gleichartiger, farbiger Strahlen der verschiedenen - Farbenbilder Glieder einer arithmetischen Neide, deren Differenz dem ersten Glieds gleich ist. Fallt das Licht durch zwei gleiche Gitter zugleich auf das Objectiv des Fernrohres, so erfolgen die Erscheinungen wie bei einem; sind die Gitter aber ungleich, dann ist es gerade so, als wenn nur das feinere allein da wäre. 68. Wenn nur wenige gebeugte Strahlen zugleich ins Fern- vohr treten, welches geschieht, wenn das Gitter eine geringeAnzahl Fäden enthält; so bemerkt man, nebst den vollkommenen (in 67 erwähnten) Farbenbildern, noch eine dritte Gattung derselben, die lenen ähnlich sind, aber nicht homogenes Licht enthalten. Aus ge¬ nauen Messungen folgt: 1) Bei einem und demselben Gitter, aber 316 Beugung durch Reflexion. einer verschiedenen Anzahl Faden verhalten sich die Abstande dersel¬ ben unvollkommenen Farbenbilder von der Axe umgekehrt, wie die Anzahl der gebeugten Strahlen. 2) Bei verschiedenen Gittern und einer gleichen Anzahl Zwischenräume wachsen die Abstände derselben Farbenbilder von der Axe, wie verkehrt die Entfernungen derMiue zweier Zwischenräume. 3) Die Abstände der einzelnen Farbenbilder von der Axe wachsen, wie die Glieder einer arithmetischen Reihe, deren Differenz dem ersten Gliede gleich ist. 69. Befindet sich das Gitter in verschiedenen brechenden Flüs- sigkeiren, so verhalten sich die Sinusse dcrAblenkungswinkel gleich¬ farbiger Strahlen desselben Spectrums umgekehrt, wie die Bre¬ chungsexponenten dieser Flüssigkeiten. 70. Sehr überraschende Erscheinungen , die an Farbenpracht und Symmetrie alle optischen Erscheinungen weit hinter sich lassen, zeigen sich, wenn Strahlen durch mehrere runde oder eckige Öff¬ nungen auf das Objectiv des Fernrohres fallen und Strahlen, dis nach mehreren Richtungen gebeugt sind , auf einander einwir¬ ken. Fällt z. B. das Licht durch zwei gleiche, aber kleine, runde Öffnungen auf das Obsectiv des Fernrohres, so erblickt man darin die Erscheinungen, welche Fig. 209 a vorstellt, wo die weißen Rau¬ me Farbenbilder sind. Bei drei solchen Öffnungen, deren Mittel- puncte ein gleichseitiges Dreieck geben, sieht man das Phänomen, welches Fig. 209 ö andeutet. Unbeschreiblich prächtig ist die Erschei¬ nung, die man erhält, wenn das Licht durch viele viereckige, gleich weit von einander abstehende Öffnungen ins Fernrohr tritt, sie läßt sich aber nicht wohl in einem kleinen Raume abbilden. 71. Radirt man auf ein polirtes Stahlplättchen oder auf ein mit Gold belegtes Planglas ein feines Gitter, und legt esse, daß das von demselben reflectirte Licht entweder unmittelbar oder durch ein Fernrohr ins Auge kommt; so gewahrt man alle Erschei- uungsn , die im directen Lichte bei demselben Gitter bemerkt wer¬ den. Die einzelnen Farbenbilder und ihre Ab stände von der Axe si^ desto großer, je schiefer das Licht einfällt. Aus den angeführten Beugungsgesetzen erklären sich mehrere Erschei¬ nungen. Z. B. die Farben, welche man bemerkt, wenn man dur.h den dünnen Theil des Bartes einer Vogelfeder, durch enge grwc-- tes Zeug, oder durch ein mitlHexenmehl bestreutes Glas auf eine» nicht zu nahen, stark beleuchteten Punct sieht; das Färbens^ »» den feinen Haaren der Hüte, wenn man durch sie nach der Soiu-r Beugung schief einfallender Strahlen.' 347 blickt; die kichtstreifen an dem Bilde einer Kerzenfiamine in man- chemPlanspiegel; die Farbenringe um den dunklen Mondeskörper bei totalen Mondesfinsternissen; die dunklen Streifen, welche man zwi¬ schen den eng an einander geschlossenen gestreckten Fingern sieht re. Fast noch fruchtbarer sind die Beugungsgesehe rsflsctirter Strahlen. Man erklärt daraus das lebhafte Farbenspiel des Barton'schen Iris- schmuckes, ja selbst das bekannte Farbenspiel dsrPerlmutter; denn Vrewster überzeuqts sich, daß die Oberfläche derselben sehr viele, feine, regelmäßige Furchen-habe, daß man diese irisirende Eigen¬ schaft anderen weichen Substanzen, z. B. Siegellack, arabischem Gummi, Stannifolio, selbst Blei mittheilen kann, indem man ein Plättchen Perlmutter darauf abdrückt; er bemerkte dieselbe Licht¬ erscheinung auch an der Oberfläche eines stark eingekochten Gallerts aus Kalbsfüßen. Zu diesen Erscheinungen gehört auch das Farben¬ spiel derFlügeldecken einiger Jnsecten, das Schillern abgestandener Gläser, vieler Färöestoffe, z. B- des trockenen Waides rc. 72. So lange das Licht auf ein durchsichtiges oder undurchsich¬ tiges Gitter senkrecht einfällt, erscheinen die durch Beugung entstan¬ denen Spectra zu beiden Seiten des Bildes der Spalte vollkommen symmetrisch angsordnet, bei schief einfallendem Lichte hort jene Sym¬ metrie auf und die einzelnen Spectra erscheinen an der Seite, welche mit dem einfallenden Strahle einen spitzigen Winkel macht, größer als an der anderen; diese Ungleichheit wächst mit dem Einfalls¬ winkel des Lichtes. Außer diesem bangt auch noch eine besondere Modification der Lichtstärke einzelner Stellen in den Farbenbildern vom Einfallswinkel ab. Brewster hat nämlich gefunden, daß Ue Farbenbilder bei schief einfallendem Lichte an bestimmten Stellen eu> Minimum ihrer Intensität erreichen. Die Lage dieser Stellen hängt von der Beschaffenheit des Gitters und vom Einfallswin- kel ab, und kann, wenn sich dieser Winkel successiv ändert, wie- d°r in dieselbe Farbe desselben Spectrums, aber auf eine andere stelle desselben fallen. Bei einer Vergrößerung dieses Winkels tritt ein solches Minimum zuerst am Roth des innersten Spectrums rin und rückt durch alle Farben bis zum Violett vor. Während die¬ ses aber mit dem innersten Spectrum Statt findet, tritt es auch schon an den darauf folgenden Farbenbildern ein. Brewster hat diesen Gegenstand vorzüglich im reflectirten Lichte untersucht. (Z-'tsch. 8. 202.) 73. Die Beugungsphänomene hat in der neuesten Zeit H e r- ichel mit ganz neuen bereichert, die auch in Betreff ihrer Gesetze 8W H e r s ch e l's B e u g u n g S p h a n o m e n e. von den vorhergehenden abweichen, aber doch mit den Fraunhofer- schen verwandt sind. Bringt man vor dem Objective eines guten, stark vergrößernden Fernrohres eine Blendung an, und sieht durch das Instrument auf einen Hellen Stern, so sieht man denselben unter günstigen Umständen als Helle Scheibe mit concenrrischen farbigen Kreisen. Die Scheibe erscheint desto größer und die Ringe desto schwächer, je kleiner die Öffnung der Blendung ist. Hat diese eine ringförmige Öffnung, so erscheinen mehrere Ringsysteme um de» Stern, die Größe der Scheibe und die Breite der Ringe nimmt zu, wenn die Breite der Öffnung größer wird, aber die Anzahl der Ringe wird dadurch vermindert. Har die Blendung mehrere ringförmige Öffnungen, so sieht man die einzelnen Ringsystem! um so bester. Bei einer Öffnung von der Gestalt eines gleichseitigen Dreieckes sieht man den Stern sechsstrahlig, mit einer Hellen run¬ den Scheibe; durch drei runde Öffnungen, deren Mittelpuncte in den Spitzen eines gleichseitigen Dreieckes liegen, erscheint das Bild aus einer runden Scheibe bestehend, die von sechs anderen symmetrisch berührt wird, und aus einem Systeme schwacher, das Ganze umgebender Ringe. (Zeitsch. 7. 459.) 74. Das Wesentliche betrachteten Lichtbeugung ist die Ablenkung der Strahlen beim Durchgänge durch eine kleine Öffnung oder beim Vorbeigehen am Rande eines Körpers; die da¬ beivorkommenden Farbenerscheinungen sind etwas secundäres, durch jene Ablenkung bedingtes, und rühren von der Interferenz des ge¬ beugten Lichtes her, so daß demnach die Beugung die Strahlen zur Interferenz bringt, und diese erst die Farben entstehen mach!. Letzteres zeigt sich vorzüglich dadurch, daß die Farbensäume, welche im Schatten eines dünnen, lichtbeugenden Körpers sichtbar sind, sogleich verschwinden, wenn man auch nur die an einem Rande des beugenden Körpers vorbeigehenden Strahlen durch einen Schieb auffängt. Endlich lasten sich alle Farbenerscheinungen der Quan¬ tität und Qualität nach aus der Interferenz erklären, nur können die dazu nöthigen Rechnungen hier nicht Platz finden. Auf diese« Wege ist es Fraunhofer gelungen, die Wege von o-> (55) mll einer Scharfe zu bestimmen, wie man sie sonst nur bei astronom- Beobachtungen zu erreichen gewohnt war. Er fand im leeren Raume für den rothen Strahl w 0.00002422 Par. Zoll. „ „ orangefarben — 0.00002175 „ ,, „ „ grünen w -- 0.00001945 „ Doppelte Brechung. für den blauen Strahl — 6.00001794 Par. Zoll. „ „ dunkelblauen -°- — 0.00001587 „ „ „ „ violetten <-> — 0.00001464 „ „ Diese Zahlenwerthe sind demnach die numerischen Repräsentanten der Farben, zu denen sie gehören, und bieten demnach das Mittel dar, jede Farbe durch eine ihr entsprechende Zahl auszudrücken. Uber die Beugung siehe: cke Zuurr'us, eolonr'öu« sto. Dozrou. 1665. 4. Neue Modifieationen des Lichtes durch gegenseitige Einwirkung und Beugung der Strahlen rc. , von Fraunhofer. München (1822). Ms'morns /a ck-FI-ac- Uou vis ia iumiens in den il/szn. cke 7'^sack. sie Očrniš. 7ozu. Gilb. Ann. 3. 235; 19. 362; 22.344; 74.337. Suppl. S. 470 und 53g. H a l d at in Zeitsch. 7. 85/ Achtes Kapitel. Doppelte Brechung und Polarisation des Lichtes. 75. Im siebzehnten Jahrhunderte entdeckte Bartholin in Kopenhagen an einem Kristall von kohlensaurem Kalk, der wegen seines häufigen Vorkommens in Island isländischer Kristall genannt wird, die merkwürdige Eigenschaft, Gegenstände, welche durch ihn angesehen werden, doppelt zu zeigen. Man heißt ihn daher und wegen seines blättrigen Gefüges /isländischen Dop- pelsparh. Bartholin überzeugte sich bald, daß diese Erschei¬ nung durch eine eigenthümliche Einwirkung des Kristalls auf das dicht hervorgebracht werde, und suchte die Gesetze derselben näher M bestimmen. Es mar aber erst Huyg h ens Vorbehalten, diese besetze so genau darzustellen, daß selbst Wollaston, Malus, ^iot und Fresnel mit allen Hilfsmitteln, die ihnen ihr Genius und die Fortschritte der Wissenschaft darboten, nur Klei¬ nigkeiten daran zu berichtigen vermochten.— Der Doppelspath er¬ scheint gewöhnlich als eine von sechs rhomboidalen Flächen begrenzte ^hcilgestalt. Da sein Blätterdurchgang mit seinen Flächen parallel 'Ü, so läßt sich durch zweckmäßiges Spalten ein Rhomboeder (Fig. 210) daraus gewinnen, welches demnach seine Kerngestalt iü- An diesem Kristalle kommen zwei einander entgegengesetzte Ecken und L vor, deren jede von gleichen, stumpfen, ebenen 350 Mittel, die d op p e l t e Br e ch u n g zu untersuchen. Winkeln gebildet und von gleichen Kanten eingeschloffen wird; an jeder der sechs übrigen Ecken finden sich ein stumpfer und zwei spitzige ebene Winkel und die Kanten find nicht gleich. Wir wollen erstere Ecken die stumpfen, die anderen die spitzigen neunen. Eins auf einer Flache des Kristalls senkrechte und die zu den stumpfen Ecken desselbengehorigen, stumpfen Winkelhalbirende EbeneA6ü2, heißt der H a up rschn i tt des Kristalls. Die Linie AL, welche mit den drei Kanten der stumpfen Ecke gleiche Winkel macht, ist die Axe des Korperwinkels A und zugleich die Axe der dop¬ pelten Brechung. Sie ist die zu stumpfen Ecken des Rhom¬ boeders gezogene Diagonale. Unter Hauptschnitt und Axe der secundaren Gestalt des Doppelspathes versteht man eigentlich den Hauptschnitt und die Axe ihrer Kerngestalt. Es wird aber diese Axe nicht zugleich die Diagonale des Kristalls seyn und der Haupt¬ schnitt wird nicht durch beide Kanten gehen. Fig. 211 stellt diese Gestalt, AL* die Axe der doppelten Brechung und A6DL den Hauptschnitt vor. 76. Wenn man ein Papier mit einer kleinen Öffnung versteht, und es auf eine Fläche des Doppelspathes legt, dann durch die Öffnung einen Lichtstrahl leitet; so bemerkt man, daß derselbe im Kristalle in zwei Bündel getheilt werde, wovon eines nach den ge¬ wöhnlichen Brechungsgesetzen gebrochen wird, während das andere ganz eigenthümliche Gesetze befolgt. Noch besser sieht man dieses mit einem dreiseitigen Prisma aus Doppelspach, das zugleich ein zweifaches Farbenbild gibt. Sobald beide Strahlen den Kristall ver¬ lassen haben, richtet sich wieder jeder nach den gewöhnlichen Ge¬ setzen, so daß der ausfahrende Strahl mit dem einfallenden in pa¬ ralleler Richtung fortgeht. 77. Um die Gesetze der doppelten Brechung in diesem Körper zu untersuchen, empfiehlt Malus ein rechtwinkeliges, auf Papier oder Elfenbein verzeichnetes Dreieck ALL (Fig. 212), dessen Seit- A'6' viel kleiner ist als Al7. Sieht man dieses durch einen Doppü- spath an, so erscheint es doppelt, und es wird das ungewöhnliche Bild A'6' der Seite A6, die Hypothenuse AL in L>' schneiden. Nimmt man nun AO-^'D', so ist klar, daß ein Strahl von 7) und einer von 7) beim Ausfahren aus dem Kristalle in die sich zu einem einzigen Strahle vereinigen; deshalb müßte aber auch ein Strahl, der vom Auge auf den Kristall fiele, in Bündel zerlegt werden, wovon eines nach O', das andere nach Gesetze der doppelten Brechung. 351 ginge. Da nun die Lage von O gegen O', die Dicke des Kristalls und die Lage von-/6gegen den Hauptschnitt gegeben ist; so braucht inan nur noch den Einfallspunet /des Strahles und seine Neigung gegen AM zu wissen, um die Brechungsgesetze genau angeben zu können. 78. Auf diese Weise überzeugt man sich vom Stattfinden folgender Gesetze: I) Fällt ein Lichtstrahl senkrecht auf den Kristall, so geht ein Theil desselben in unveränderter Richtung fort, der andere hingegen erleidet die ungewöhnliche Brechung und wird um den Winkel von 6o 12' 38" gegen den spitzigen Winkel des Rhom¬ boeders abgelenkt, doch so, daß er mit dem ungebrochenen Strahl in einer zu dem Hauptschnitte parallelen Ebene liegt. 2) Fällt ein Strahl schief ein, so wird er in zwei Bündel gespalten, wovon eines die gewöhnlichen Brechungsgesetze befolgt, während sich das andere nach anderen Gesetzen richtet. Wenn die Einfallsebene mit dem Hauptschnitte parallel ist oder mit ihm zusammenfällt, so bleibt zwar auch der ungewöhnlich gebrochene Strahl in dieser Ebene, aber der Brechungsexponent ist nicht constant, wie bei der gewöhnlichen Brechung, sondern ändert sich mit dem Einfallswinkel; ist die Ein¬ fallsebene gegen den Hauptschnitt geneigt, so ist für den unge¬ wöhnlich gebrochenen Strahl nicht blos der Brechungsexponent ver¬ änderlich, sondern dieser Strahl tritt auch aus der Einfallsebene heraus und wird gleichsam vom Hauptschnitte weggetrieben, und zwar desto mehr, je mehr sich der Winkel, den die Einfallsebene des Strahles mit dem Hauptschnitte macht, einem rechten nähert. Ist dieser Winkel ein rechter, so bekommt diese Ablenkung vom Hauptschnitte ihren größten Werth. 3) Schleift man vom Kristalle solche Stücke weg, daß auf der Axe des Kristalls senkrechte Ebenen entstehen, so wird ein Strahl, der senkrecht darauf fällt, weder >n zwei Bündel gespalten, noch überhaupt gebrochen. Schief ein¬ fallende Strahlen erleiden eine doppelte Brechung; der Brechungs- index für den ungewöhnlich gebrochenen Strahl ist blos von der Neigung des einfallenden Strahles gegen die Brechungsaxe abhän- W; wächst diese Neigung, so nimmt auch der Brechungsindex zu, und erreicht seinen größten Werth (— 1.4833), wenn jener Winkel ^90° ist, „ud daher der einfallsnde Strahl auf der Brechungsaxe sinkrecht steht. Der Brechungsindex für den gewöhnlich gebrochenen Strahl ist 1.6543. — Aus diesem und dem in 27 Gesagten, "steht man, der wesentliche Unterschied zwischen dem gewöhnlich 352 Verdoppelung der Bilder. und dem ungewöhnlich gebrochenen Strahl bestehe darin, daß erste¬ rer in demselben Mittel eine konstante, von dem Einfallswinkel unabhängige Geschwindigkeit habe, mährend sich die Geschwindig¬ keit des letzteren selbst in demselben Mittel mit seiner Neigung ge¬ gen die Brechungsape ändert. Aus den Gesehen der ungewöhnlichen Brechung läßt sich von alle»Er¬ scheinungen am Doppelspathe auf das genaueste der Grund angebe». Ist z. B. (Fig. 213) ein Hauptschnitt des Kristalls, Feüi leuchtender Punct, so wird unter den Strahlen, die er auf kW sendet, einer seyn, dessen gewöhnlich gebrochener Theil abAV das Auge O trifft, während sein ungewöhnlich gebrochener Antheil^r für dasselbe verloren geht; dafürwird cs aber einen anderen Strahl L// geben, dessen ungewöhnlich gebrochener Theil nach 0 ge¬ langt, dessen ordentlich gebrochener //H aber seitwärts vorbeigcht. Das Auge sieht daher den Punct L" zweimal und zwar in den Ver¬ längerungen von OL und O/. Das durch den ordentlich gebroche¬ nen Strahl entstandene Bild wird von L weiter entfernt scheinen, als das vom ungewöhnlich gebrochenen gemachte, weil sich die Strahlen in ^kreuzen. Aus dieser Durchkreuzung erklärt sich auch folgende Erscheinung: Hält man einen isländischen Kristall sehr nahe ans Auge, und sieht damit auf einen Punct so, daß man ihn doppelt wahrnimmt, fährt dann mit einem Stückchen Papier längs des Hauptschnittes hin; so wird derjenige Punct zuerst verdeckt er¬ scheinen, der vom Papier am weitesten absteht. Auf gleiche Weise erklärt! man, warum eine mit dem Hauptschnitte parallele Linie einfach gesehen werden kann, warum sich ihr außerordentliches Bild vom ordentlichen entfernt, wenn man den Kristall aus dieser Lage um eine, auf die gesehene Linie senkrechte Axe dreht, warum über¬ haupt bei diesem Drehen das außerordentliche Bild sich um da- vrdentliche bewegt u. dgl. m. Setzt man zwei gleiche dreiseitige Prismen und LDL (Fig. 214) aus Doppelspath zusammen, die so geschnitten sind, daß die Vrechungsaxe im ersten auf sp¬ recht ist, im zweiten hingegen mit der Kante <7 parallel läuft; se' wird ein Lichtstrahl LL, px,. senkrecht auf^L fällt, im ersten Pris¬ ma weder gespalten, noch überhaupt von seinem Wege abgelem't. So wie er aber <7 trifft, wird ein Theil davon gerade nach ^ft'^ gehen, der andere hingegen die ungewöhnliche Brechung erleide und die Ücichtung annehmen. Befindet sich nun in ^das Auge- so bekommt es nur den Theil LS des Lichtstrahls LL, dafür er¬ hält es aber von einem anderen Strahl L L" den ungewöhnlich ge¬ brochenen Antheil 6 / //. Wenn auch beide Strahlen von demftlb'M Puncte ausgegangen sind, so sieht doch das Auge zwei Bilder, u»o zwar eines nach SS, das andere nach SS". Diese zwei Bild-r stehen bei übrigens gleichen Umständen desto mehr von einander a°- Doppelt brechende Kristalle. 353 je näher sich das Auge am Prisma befindet; bei einer bestimmten Entfernung des Auges vom Prisma werden sie sich am Rande be¬ rühren. Diese Zusammensetzung machte zuerst Rochon. Auster der doppelten Brechung gibt es im Doppelspathe auch noch nach Um¬ ständen eine einfache odev doppelte Reflexion. Fällt ein Strahl (Fig. 215) in der Ebene des Hauptschnittes auf den Kristall, so wird ein Theil desselben gleich nach den gewöhnlichen Gesetzen der Reflexion zurückgeworfen, der andere dringt in den Kristall ein und wird in zwei Bündel gespalten, wovon A6t das gewöhnlich gebro¬ chene, L6' das ungewöhnlich gebrochene vorstellt. In 6 und wird ein Theil des Lichtes in die Luft übergehen und dort eine mit parallele Richtung annehmen, ein anderer hingegen wird zu¬ rückgeworfen und nach den Gesetzen der Reflexion die Richtung 6V und 6 V annehmen. Liegt aber^ö nicht in der Ebene des Haupt¬ schnittes oder in einer ihr parallelen, so ereignet sich alles wie vor¬ hin, nur wird jeder der in <7 und 0' zurückgeworsenen Strahlen selbst wieder in zwei Theile 6V, 6-iund 6 V, 6A' gespalten, und es ist gerade so, als wenn auf 6 und 61' zwei parallele Strahlen --6 und a'6' ausgefallen wären. 79. Das Phänomen der doppelten Brechung findet nicht bloS im Kalkspathe Statt, sondern man kann es als eine allgemeine Regel ansehen, daß alle durchsichtigen Kristalle, die nicht zu den vielaxigen gehören, das Licht doppelt brechen. In jedem solchen Körper heißt die gerade Linie, längs welcher keine doppelte Bre¬ chung erfolgt, die Axe der doppelten Brechung und eine Ebene, in welcher die Brechungsare liegt, der Hauptschnict. Beim Doppelspath ist die Axe gegen die natürlichen Flächen des Kristalls stark geneigt, und die doppelte Brechung an und für sich sehr stark, darum bemerkt man sie so leicht; bei den meisten anderen doppelt brechenden Körpern hat die Brechungsaxe eine zu den na¬ türlichen Mächen parallele Lage, darum erleiden die auf solche Flächen senkrecht einfallenden Strahlen keine doppelte Brechung, la selbst schief einfallende werden in zwei so wenig divergircnde Lichtbüschel getheilt, daß sich bei der meistens nur geringen Dicke der Kristalle die beiden durch doppelte Brechung entstandenen Bilder tast decken und als ein Bild erscheinen. Darum muß man solchen Krsilallen, um ihre doppelte Brechung deutlich zu erkennen, künst- iiche, gegen die Axe der doppelten Brechung geneigte Flächen geben. S» bemerkt man am Bergkristalle, der als Combinarion eines sechsseitigen Prisma's und einer sechsseitigen Pyramide er¬ scheint (Fig. 216), keine Spur einer doppelten Brechung, wenn Raurrlehre. 5 Aufl. 2^ 354 Anziehende und abstoßende Kristalle. man einen Gegenstand durch cckmn und ansieht. Schleift man aber so weg, daß eine mit cöck parallele Fläche entsteht, so erscheint das Phänomen der doppelten Brechung recht deutlich. An kleinen Stücken vieler doppelt brechender Kristalle erkennt man selbst dann, wenn sie zweckmäßig geschnitten sind, das Phänomen der doppelten Brechung nur aus der Verdoppelung einer dadurch angesehenen, scharfen Nadelspitze. 80. Kristalle, nach deren Gestalt es nur eine einzige Linie gibt, um welche die Flächen symmetrisch vertheilt sind (d. h. jene, die nach Mohs ins rhomboedale oder pyramidale System, oder nach Weiß ins drei- und einaxige und zwei - und einaxige System gehören), haben auch nur eine Axe der doppelten Brechung und zwar für Licht von jedem Grade der Brechbarkeit dieselbe. Die un¬ gewöhnliche Brechung erfolgt in allen diesen nach demselben Gesetze, nur die numerischen Werthe der Brechungsexponenten variiren von einem zum anderen, und da zerfallen alle optisch einaxigen Körper in zwei Klassen. Bei der einen, als deren Repräsentant der Dvp- pelspath gelten kann, ist der Brechungsexponent für die ungewöhn¬ liche Brechung bei Strahlen, welche gegen die Brechungsaxe ge¬ neigt einfallen, stets kleiner als jener für die gewöhnliche Brechung, es wird daher der ungewöhnlich gebrochene Strahl von der Axe gleichsam weggetrieben, abgestoßen. Bei Körpern der anderen Klasse, zu denen der Bergkristall gehört, ist für die gegen die Axe geneigten Strahlen der Brechungsexponent des ungewöhnlich ge¬ brochenen Strahles größer als jener des gewöhnlich gebrochenen, und der ungewöhnlich gebrochene Strahl wird zur Axe hingetrieben, angezogen. Man nennt darum die in die erste Klaffe gehörenden Körper abstoßende, die in die zweite fallenden anziehende; oder weil man sich vorstellen kann, es bestehe der Brechungs- index für den ungewöhnlich gebrochenen Strahl bei ersteren aus dem Brechungsindex für den gewöhnlich gebrochenen Strahl weniger einem mit der Neigung der Strahlen gegen die Axa veränderlichen Antheil, bei letzteren aus dem Brechungsindex fist den gewöhnlichen Strahl mehr einem veränderlichen Antheil; >a heißt man jene auch negative, diese positive. Es ist aber überhaupt das Verhaltniß der zwei Brechungsexponenten für die beiden, durch doppelte Brechung gesonderten Strahlenbüschel, mithin auch die doppelt brechende Kraft nicht beständig, sondern ha"gr von der Temperatur ab, und wird (nach Rudberg) kleiner, wenn Kristalle mit zwei Axen. 355 die Temperatur steigt. (Brewster in Gilb. Ann. 69. 1; Bist ebend. 65. 1; Rudberg in Pogg. Ann. 26. 291.) Kennt man die zwei Brechungsexponenten für Licht, das senkrecht auf die Brechungsaxe einfällt, sodann man dieselben für jede Neigung des einfallenden Lichtes gegen die Axe durch Construction finden. Es sey (Fig. 217 und 218) die Brechungsaxe eines Körpers und zugleich der Durchmesser eines Kreises vom Mittelpunkt 17, ferner DD eine durch 6 gehende, auf senkrechte Gerade, dis sich zu verhält, wie der Brechungsindex bei senkrecht auf die Axe einfallendem Licht für den ungewöhnlich gebrochenen Strahl. Man beschreibe mit den Axeu und DD eine Ellipse. Ist nun -ZN ein Strahl, der unter dem Winkel gegen einfällt, so stellt das Verhältniß der zwei Brechungsexponenten vor, und setzt man ^<7—1, so ist der Brechungsexponent für. den un- gewöhnlichen Strahl — Fig. 217 bezieht sich auf negative, Fig. 218 auf positive Körper. 81. Doppelt brechende Kristalle, deren Gestalt mehr als eine Linie zuläßt, um welche die Flächen symmetrisch vertheilt sind, haben zwei Axen der doppelten Brechung. (Sie gehören in die drei letzten Systeme nach Mohs und Weiß. Siehe 1.127. Anm.) Diese Axen sind stets gegen einander, und zwar für verschieden brech¬ bare Strahlen verschieden geneigt, und die zu verschiedenen Strah¬ len gehörigen Axenpaare liegen in verschiedenen Ebenen. Sowohl ihre Neigung, als die Ebene, in welcher je zwei dieser Paare liegen, ändert sich mit der Temperatur; bei einer bestimmten Tem¬ peratur können sogar zwei oder mehrere Paare zusammenfallen und daher die Körper für die betreffenden Strahlen zu den.einaxi- gen gehören. Guten Messungen zu Folge beträgt die Neigung der zwei Brechungs- axen bei Salpeter 5° 20', bei blausaurem Kali 19° 24', bei Lepi- dolith45°, bei Schwerspat!) 50°, bei Topas 65°, bei schwefelsaurem Eisen 90°. Die Axeu des weinsauren Kalinatrums sind für violettes Licht um 56°, für rothes um 76° gegen einander geneigt. Glauberik hat für rothes Licht zwei unter 5" gegen einander geneigte, für violettes aber nur eine Axe. Die Axen des Gipses fallen bei73j° ki. zusammen, bei einer höher» Temperatur gehen sie in einer auf den Hauptschnitt senkrechten Ebene aus einander. 82. In Kristallen mit zwei Brechungsaxen gibt es, genau ge¬ nommen, gar keinen gewöhnlich gebrochenen Strahl, sondern jeder 23* 356 Conische Brechung. der zwei Theile, in welche ein einfallender Strahl getheilk wird, befolgt Gesetze, die von den gewöhnlichen abweichen, doch ist diese Abweichung für einen dieser zwei Theile nur gering, und kann in vielen Fallen übersehen werden. Überhaupt sind aber die Gesetze der Brechung in derlei Körpern sehr complicirt und lassen sich nicht populär darstellen. Hamilton hat in denselben neuestens eine bisher unbekannte Brechung, die er conische Brechung nennt, entdeckt, welcher derjenige Theil eines Strahlenbüschels unter¬ liegt, der mit einer Brechungsaxe zusammenfällt, oder eine be¬ stimmte, von der doppelt brechenden Kraft des Kristalles und von der Lage seiner Brechungsaxen abhängige Richtung hat. Jeder solche Strahl wird nämlich in einen hohlen Strahlenkegel aufge- löset. Der Strahl, welcher mit einer Brechungsaxe parallel geht, erleidet schon im Kristalle die conische Brechung, und der Strah- lenkcgel verwandelt sich beim Austritte aus dem Kristalle in einen Strahlencylinder, deren Basis dem Querschnitte des Kegels an der Anstrittssiäche gleich ist. Diese conische Brechung heißt daher die innere. In der anderen Richtung, wo die conische Brechung Statt findet, tritt der Strahl als Kegel aus, und die conische Brechung heißt darum auch die äußere. (Pogg. 26. 91.) 83. Außer den kristallisirten Körpern bewirken auch Glas, das nach einer Seite zusammengedrückt oder erhitzt und dann schnell ab¬ gekühlt worden ist, ferner viele eingedickte, vegetabilische und thie- rische Substanzen doppelte Brechung. Ein vierseitiges, rechtwin¬ keliges, etwa 1 Zoll dickes Glasprisma, daS nach der Richtung der Axe mittelst einer kleinen eisernen Presse nur mäßig zusammen¬ gedruckt wird, zeigt eine vorgehaltene Nadelspitze deutlich doppelt. Fresnel erhielt an einem aus 9 Stücken zusammengesetzten und contprimirten Glasprisma, auf das er einen Lichtstrahl leitete, zwei Bilder, die in der Distanz eines Meters um Millimeter , v.vn einander abstanden. Ein Glascylinder, der zur Rothglühhitzr gebracht und dann mit seiner Eylinderfiache auf einer kalten Me- - tallplatte hin - und hergerollt wird, erhält durch das schnelle Abküh¬ len eine positive Axe der doppelten Brechung, welche mit seiner geometrischen Axe zusammenfällt. Ist dieser Cylinder elliptisch, s° erhält er gar zwei Brechungsaxen. Diese Axen sind aber von denen der kristallisirten Körper wesentlich verschieden. Solche Körper be¬ sitzen in ihren kleinsten Theilchen dieselbe doppelt brechende Kraft, und eine Brechungöare ist nicht eine fire Linie, sondern eine fire Polarisation des Lichtes d. doppelten Brech. 357 Richtung. Ein durch Abkühlen, Druck rc. mit doppelt brechen¬ der Kraft versehener Körper, hat in einer bestimmten Linie daS größte doppelt brechende Vermögen und die Brechungsaxe liegt in dieser, nicht aber in den mit ihr parallelen Richtungen, hat dem¬ nach eine bestimmte Lage, nicht blos eine bestimmte Richtung. 84. Wenn man von irgend einem das Licht doppelt brechenden Körper nach gehöriger Weise ein dreiseitiges Prisma schleifen laßt, und einen Lichtstrahl durchleitet; so wird man zwei Spectra erhal¬ len, in welchen die Farben auf vollkommen gleiche Weise angeord¬ net sind, und in welchen man auch die dunklen Linien (34) bemerken kann. Diese bieten auch hier ein Mittel dar, die Werthe des Bre¬ chungsexponenten für verschiedenfarbige Strahlen, mithin auch die Größe der Farbenzerstreuung in beiden Bildern kennen zu lernen. Versuche dieser Art haben gelehrt, daß die Farbenzerstreuung nicht für beide Theile, in welche ein Strahl durch doppelte Brechung gespalten wird, dieselbe Größe habe, und daß das Verhältniß der Zerstreuung desselben Strahles in beiden Farbenbildern in verschie¬ denen Kristallen verschieden sey. (Pogg. Ann. 14. 45.) 85. Stellt man zwei Doppelspathe so über einander, daß ihre Hauptschnitte einander parallel sind, so wird jener Theil eines einfallenden Lichtstrahles, welcher im ersten auf die gewöhnliche Art gebrochen wurde, auch im zweiten auf die gewöhnliche Weise ge¬ brochen, und derjenige, welcher im ersten die ungewöhnliche Bre¬ chung erlitt, erleidet sie auch im zweiten. Man sieht daher durch beide Doppelspathe nur zwei Bilder des leuchtenden Gegenstandes. Stehen die Hauptschnitte beider Kristalle auf einander senkrecht, ft erfährt jener Theil des einfallenden Strahles, der im ersten die ungewöhnliche Brechung erlitt, im zweiten die gewöhnliche und umgekehrt; man sieht daher wieder nur zwei Bilder. Bei jeder anderen Lage der beiden Hauptschnitte gegen einander wird sowohl der im ersten Kristalle auf die gewöhnliche, als auch der auf die ungewöhnliche Art gebrochene Strahl im zweiten wieder in fzwer eheste zerlegt; man sieht daher vier Bilder. Diese haben eine gleiche Intensität, wenn die beiden Hauptschnitte um 45° gegen einander geneigt sind; bei jeder anderen Neigung der Hauptschnitte Zegen einander, ist ihre Intensität verschieden. 86. Ein Lichtstrahl, der von Luft auf Glas fällt unter einem Winkel von 54° 35' gegen das Einfallslothoder unter 35° 25' Hegen die Ebene des Glases, und dann durch einen Doppelspath 358 Polarisation durch Reflexion u. Brechung. geht, erleidet nur die gewöhnliche Brechung, falls der Hauptschnitt des Kristalls mit der Reflexionsebene parallel ist; hingegen nur die ungewöhnliche, wenn der Hauptschnitt auf der Reflexionsebene senkrecht steht. In jeder anderen Lage des Hauptschnittes gegen die Reflexionsebene erleidet der Strahl die doppelte Brechung, aber die beiden Strahlenbüschel sind'nur dann gleich intensiv, wenn die zwei genannten Ebenen unter 45° gegen einander geneigt sind. Macht man diesen Versuch mit den unter demselben Einfallswinkel durch mehrere ebene Glasplatten geleiteten, also gebrochenen Theil des auffallenden Lichtstrahles; so bemerkt man ähnliche Phänomene, nur mit dem Unterschiede, daß der Strahl ganz auf die gewöhnliche Weise gebrochen wird, wenn die Brechungsebene auf dem Haupt- schnitte senkrecht steht, hingegen ganz auf die ungewöhnliche Weise, wenn diese Ebenen miteinander parallel sind. Es erlangt daher der unter obigem Winkel von Glas reflectirte Strahl die Eigenschaft des im Doppelspath gewöhnlich gebrochenen, der gebrochene die deS ungewöhnlich gebrochenen Strahles, .und die beiden Lichtbüschel, in welche der auf Glas fallende Strahl getheilt wird, und deren eines reflectirt, das andere gebrochen wird, verhalten sich, wie die beiden durch doppelte Brechung von einander getrennten Theile. L>. Man kann diesen Versuch auch umgekehrt anstellen und statt den von Glas reflectirten oder gebrochenen Strahl auf einen Doppelspath zu leiten, die schon in einem Doppelspath in zwei Bündel getheilten Büschel auf eine Glastafel auffallen lassen. 3" diesem Falle ist es gut, wenn man ein achromatisirtes Doppelspath- prisma anwendet, in welchem die zwei Strahlenbüschsl so stark di- vergirend gemacht werden, daß man jedes einzelne für sich auf das Glas leiten kann. Läßt man nun den gewöhnlich gebrochenen Strahl auf ein Glas unter 35° 25' fallen; so wird er vollständig reflectirt, wenn die Einfallsebene des Strahles auf Glas mit dem Haupt¬ schnitte des Kristalls parallel ist, hingegen vollständig durchgelassen/ oder (falls das Glas geschwärzt ist) absorbirt, wenn diese beiden Ebenen auf einander senkrecht stehen. Bei jeder anderen Neigung dieser Ebenen gegen einander erfolgt eine teilweise Reflexion und eine theilweise Transmission oder Absorption. Mit dem ungewöhn¬ lich gebrochenen Strahls findet das Gegentheil Statt. Dieser wird vollständig durchgelassen oder absorbirt, wenn die beiden obenge¬ nannten Ebenen mit einander parallel sind, hingegen reflectirt, wenn sie auf einander senkrecht stehen. Polarisirter Strahl. 85l) 88. Es ist nicht schwer, vorherzusehen, wie sich ein auf GlaS unter 35° 25' auffallender Strahl nach der Reflexion oder Brechung verhalten wird, wenn man ihn unter demselben Winkel wieder auf eine Glasplatte auffallen läßt. Es wird nämlich der Strahl, wel¬ cher von einer Glastafel unter 35° 25' reflectirt worden ist, und unter demselben Winkel auf eine zweite Glastafel fällt, vollstän¬ dig reflectirt, wenn die Einfallsebenen in beiden Gläsern mit ein¬ ander parallel sind, hingegen durchgelassen oder absorbirt, wenn jene Ebenen auf einander senkrecht stehen; sin jeder Zwischenlage wird er zum Theile reflectirt, zum Theile gebrochen oder absorbirt. Das Gegentheil geschieht mit dem gebrochenen Strahle. Die Ei¬ genschaften eines von Glas reflectirten oder gebrochenen Strahles besitzt auch ein solcher, der von irgend einem anderen Körper von nicht gar zu großem Brechungsvermögen unter einem bestimmten Winkel reflectirt oder gebrochen worden ist, und es wurde vorher nur das Glas angeführt, um einen besonderen Fall vor Augen zu haben. 8g. Aus dem bisher Gesagten geht hervor, daß ein Lichtstrahl, welcher die doppelte Brechung erlitten hat oder unter einem be» stimmten Winkel reflecrirt oder gebrochen worden ist, Eigenschaften besitzt, die sich nicht auf seine Richtung, sondern auf seine Seiten beziehen; denn solche Strahlen haben offenbar nicht mehr auf jeder Seite dieselbe Eigenschaft, weil sie bald die gewöhn¬ liche, bald die ungewöhnliche Brechung erleiden, bald ganz reflec¬ tirt oder ganz gebrochen werden, je nachdem dis eine oder andere Seite in der Einfallsebene liegt oder dem Hauptschnitt zugewendet ist- Diese Eigenschaft des Lichtes hat Malus, der sie zuerst am reflectirten und gebrochenen Lichte bemerkte, Polarisation des¬ selben, und einen damit versehenen Strahl polarisirten Strahl genannt. Stellt Fig. 219 den Durchschnitt eines polarisirten, Zylindrischen Lichtstrahles vor, und (7D zwei auf einander senkrechte Durchmesser des kreisförmigen Querschnittes; so muß man annehmen, der Strahl habe'in und L dieselben, und 6" und D zwar wieder einerlei, aber den vorigen entgegengesetzte Eigenschaf- ten. Jene Eigenschaften, welche der in einem Dopvelspathe ge¬ wöhnlich gebrochene oder der von Glas unter 54° 25' reflecrirte Strahl in und L hat, besitzt der ungewöhnlich gebrochene oder der vom Glase unter dem gehörigen Winkel gebrochene Strahl in und O. Deßhalb sagt man: Die zwei Theile, in welche ein 360 Polarisationsinstrument. Strahl durch doppelte Brechung oder beim Übergang von einem Mittelin ein anderes unter einem bestimmten Winkel getheilt wer¬ den ist, sind unter einem rechten Winkel oder entgegengesetzt pola- risirt. Die durch und gehenden, auf dem Querschnitte de) Strahles senkrechten Ebenen heißen Polarisationsebenen. Die Polarisationsebene eines durch doppelte Brechung polarißrten Strahles ist parallel mit dem Hauptschnitte des doppelt brechenden Körpers, falls derselbe eine Brechungsaxe hat (hat er aber deren zwei, mit der Ebene der zwei Aren), die andere steht darauf senk¬ recht; jene eines durch Reflexion polarisirten Strahles liegt in der Einfallsebene desselben, die eines durch Brechung polarisirten steht darauf senkrecht. Der Polarisationszustand eines Strahles, der in einem abstoßenden Kristalk die gewöhnliche oder in einem anziehenden die ungewöhnliche Brechung erlitten hat, stimmt mit der eines Strahles, der durch Reflexion in einer mit dem Hauptschnitte jenes Kristalls parallelen Ebene polarisirt worden ist, überein, oder mit anderen Worten, die genannten Polarisationsebenen zweier solcher Strahlen sind einander parallel. Dasselbe gilt von zwei Strah¬ len, deren einer ün einem abstoßenden Kristalle die ungewöhnliche oder in einem anziehenden die gewöhnliche Brechung erlitten hat, der andere durch Brechung in einer mit dem Hauptschnitte jenes Kristalls parallelen Ebene polarisirt worden ist, doch ist dieser Zu¬ stand dem vorhergenannten entgegengesetzt oder die genannten Polarisationsebenen schließen einen rechten Winkel ein. 90. Um die Phänomene der Polarisation nebst den noch Ipater abzuhandelnden bequem darstellen zu können, muß man eine be¬ sondere Vorrichtung, nämlich ein P o l a risa t i o n s in st rum en t haben. Sehr bequem ist folgendes: Auf einem horizontalen Breie (8>g. 220) befindet sich ein geschwärzter ebener Glasspiegel 6, der gegen den Horizont um 54° 35' geneigt ist und zur Polari¬ sation des Lichtes dient. Er erhält durch einen anderen Planspiegel -0 Licht. Uber jenem ist an einem verticalen Trägers eine Röhret angebracht, welche zur Aufnahme der Apparate bestimmt ist, durch die man die Eigenschaften des polarisirten Lichtes untersucht. Diese sind ein Doppelspath, ein schwarzer Planspiegel aus Glas und eine Anzahl über einander liegender ebener Glasplatten oder eine polirte Metallplatte. Sowohl der Spiegel als die Platten paffen in eine eigene Rahme 6, die zwischen zwei metallenen Armen beweglich angebracht und an einem Ringe befestigt ist, der sich in die Roh" Gebrauch des P o l a risa tio n s i n st ru m e n t e s. 86t einschieben und um die Are derselben drehen läßt. Ein Doppel- spath ist in Form eines dreiseitigen Prisma's, das durch ein Glas¬ prisma achromatisirt ist, geschnitten und in einem durchlöcherten Deckel befestiget, der auf das obere Ende der Röhre eben so paßt, wie der vorher genannte Ring. Zu einem besonderen Gebrauche ist zwischen der Röhre und dem Spiegel L'ein horizontaler, durchbroche¬ ner Tisch Ick angebracht, der sich um eine verticale Axe drehen läßt; auch kann man das untere Ende der Röhre mittelst eines paffenden durch¬ löcherten Deckels schließen. (Seebeck'sApparat in Zeitsch. 2. 451.) 91. Leitet man von einem i gegenüberstehenden Gegenstände parallele Strahlen auf den Spiegel <7, so werden sie vollkommen polarisirt und fallen auf den Spiegel der Rahme 6. Ist dieser unter dem Winkel der vollkommenen Polarisation gegen den ein¬ fallenden Strahl geneigt und so gestellt, daß die Einfallsebene mit der auf <7 parallel ist; so sieht man den Gegenstand, der das Licht auf den Polarisationsspiegel sendet, oder die öffnung des un¬ teren Deckels der Röhre, im reflectirten Lichte. Dreht man nun den Spiegel mit der Rahme 6? um die Are der Röhre, ohne seine Neigung gegen den cinfallenden Strahl zu ändern; so wird der vorhin im reflectirten Lichte deutlich erschienene Gegenstand immer dunkler und verschwindet endlich ganz, wenn man den Spiegel um ÜO' gedreht hat, in welchem Falle seine'Einfallsebene auf der von lenkrecht steht. Fährt man fort, den Spiegel nach derselben Dichtung zu drehen; so nimmt die Mengedes reflectirten Lichtes wieder zu, der Gegenstand erscheint immer deutlicher, bis er nach einer Drehung von abermals 90", wo beide Einfallsebenen wieder wir einander parallel sind, seine erste Lichtstärke wieder erhält und daher alles Licht reflectirt wird. Bei sortgesetztem Drehen um neue 90", tritt wieder der er;re, bei fernerem der zweite Fall ein, 9 während einer vollen Umdrehung die Menge des reflectirten lchtes zweimal ihr Maximum erreicht und eben so oft —0 wird, mnmt man statt des Spiegels in der Rahme 6 Glasplatten, so U de^r Erfolg derse^e, wie vorhin, nur wird man bemerken, daß >cht, welches sich der Reflexion entzieht, durchgelaffen wird, o ea,, per Gegenstand im durchgelaffenen Lichte am hellsten er- -)n»t, wenn die Reflexionsebene in (7 mit der in den Gläsern der uchme S einen rechten Winkel einschließt, hingegen am dunkel- °u, wenn diese beiden Ebenen mit einander parallel sind; auch W" die Menge des durchgelaffenen Lichtes während einer vollen 362 Natürlicher Strahl. Umdrehung der Gläser zweimal ihr Maximum und zweimal ihr Minimum erlangen. Wenn die Glaser so stehen, daß sie das we¬ nigste Licht durchlaffen, und der Einfallswinkel des Lichtes durch Neigen der Rahme 6 geändert wird, so wächst die durchgelassene Lichtmenge alsogleich. Am größten wird sie, wenn die Strahlen senkrecht auffallen. Ersetzt man endlich die Rahme 6 durch den mit dem Doppelspathprisma versehenen Deckel, so sieht man die Öff¬ nung des unteren Deckels durch den Doppelspath nur einfach, so¬ bald die Neflexionsebene des Lichtes im Polarisationsspiegel mit dem Hauptschnitte des Doppelspathes parallel ist. Dreht man den Deckel und hebt so diesen Parallelismus auf, so erscheint alsogleich das Bild der Deckelöffnung doppelt, aber die zwei Bilder haben eine sehr ungleiche Intensität. So wie man aber mit dem Drehen fortfährt, wächst die Intensität des schwächeren Bildes zusehends und die des stärkeren nimmt ab, bis beide einander gleich sind, welches dann erfolgt, wenn die Polarisationsebene gegen den Hauptschnitt um 45° geneigt ist. So wie man diese Neigung ver¬ größert, wird das vorhin schwächere Bild das intensivere und um¬ gekehrt, bis ersteres ganz verschwindet und man wieder nur ein Bild sieht, aber nicht dasselbe, wie im vorhergehenden Falle. Dieses tritt ein, wenn die Reflexionsebene auf dem Hauptschnitte senkrecht steht. Bei fernerem Drehen des Doppelspathes beginnt die ganze Reihe dieser Erscheinungen wieder von Neuem, so daß sie bei einer vollen Umdrehung viermal, und zwar zweimal in derselben, zweimal in umgekehrter Ordnung eintreten. Alle diese Erscheinun¬ gen zeigen sich am besten bei bewölktem Himmel. Bei heiterem Himmel ist das Licht gewöhnlich, besonders an sonst Hellen Orten, zu stark. 92. Wenn man die zwei entgegengesetzt polarisirten Theile eines Lichtstrahles, in welche derselbe durch doppelte Brechung oder durch theilweise Reflexion und Brechung gespalten worden ist, wieder vereiniget, so geht daraus ein gewöhnlicher, nicht polarisier Strahl hervor. Dieses scheint anzudeuten, daß ein gewöhnlicher Strahl aus zwei entgegengesetzt polarisirten Hälften bestehe und daß der Act der Polarisation nur eine Trennung dieser zwei Thest^ bewirke. Daß eine solche Trennung durch doppelte Brechung edct durch Reflexion und einfache Brechung unter einem gewifsen Win^i bewerkstelliget wird, ist bereits gesagt; man sieht aber leicht daß dasselbe auch durch Zerstreuung oder Absorption eines Thesis Winkel der vollkommenen Polarisation. 363 von dem nun der andere zurückbleibt, bewerkstelliget werden könne. Durch Zerstreuung wirkt eine Achatplatte und zwar wird von einem darauf fallenden Lichtstrahl in einer bestimmten Lage der Platte ein polaristrter Theil, in einer anderen der andere Theil zerstreut, wahrend der zweite zurückbleibt. Durch Absorption polarisict der Turmalin. Ein dünnes Plättchen aus einem Turmalinkristall, das parallel mit der Kristallaxe gespalten ist, absorbirt von einem darauf fallenden Strahl einen Theil und läßt den anderen durch, wenn die Einfallsebene mit der Kristallisationsaxe parallel lauft; steht diese Ebene auf der Kristallaxe senkrecht, so erleidet der ent¬ gegengesetzte polarisirte Theil des Lichtstrahles die Brechung, und der andere wird absorbirt. Eine Achat- oder Turmalinplatke ist da¬ her ein treffliches Mittel, um in einer bestimmten Richtung polari- strtes Licht zu erhalten. Noch anwendbarer ist zu diesem Zwecke Nicol's Doppelspathprisma, wodurch einer der zwei durch dop¬ pelte Brechung entgegengesetzt polaristrten Strahlen eine totale Reflexion erleidet, während der andere durchgeht und für sich zu weiteren.Versuchen gebraucht werden rann. Nicol's Prisma kommt an Gestalt einem natürlichen Doppelspath- rhomboeder ziemlich nahe- Man erhält es, wenn man die spitzigen Kan¬ tenwinkel eines kleinen Doppelspachrhomboeders zu 68° zuschleift, die neuen Flächen polirt, das Rhomboeder dann in zwei gleiche Theile theilt, durch einen Schnitt, der durch die spitzigen Kantenwinkel und die stumpfen Körperwinkel geht, und endlich die Schnittflächen durch Canadabalsam wieder vereinigt. Fällt nun ein Strahl senkrecht auf ein solches Prisma, so erleidet er in demselben die doppelte Brechung und einer der zwei Theile erleidet beim Übergange aus dem Dop- velspath in die Balsamschichte eine totale Reflexion. (Zeitsch. 6. 231.) 93. Das kleinste Stück eines doppelten brechenden KorperS vermag einen sehr intensiven Strahl vollkommen zu polarisiren; M' vollkommenen Polarisation durch Reflexion oder Brechung ge- ösrt aber nicht blos ein bestimmter Einfallswinkel, sondern auch ein ^rahl, dessen Intensität eine gewisse Große nicht überschreitet. Der Winkel, unter welchem ein Strahl einfallen muß, damit er durch Reflexion vollkommen polarisirt werde (Polarisationswinkel), >st bei einfach brechenden Körpern immer derjenige, für welchen der gebrochene Antheil auf dem reflectirten senkrecht steht, oder dessen Tangente dem Brechungsexponenten gleich ist. Er hängt demnach vom Brechungsvermogen der zwei an einander grenzenden Mittel 364 Unvollkommene Polarisation. ab und ist daher für verschiedenfarbiges Licht verschieden. In Mitteln von nicht gar großem Brechungsvermögen, wie z. B. in Wasser, Glas rc. ist dieser Unterschied 'nicht sehr bemerkbar, wohl aber in solchen, deren Brechungsvermögen bedeutend ist, wie z. B. in Diamant, Cassiaöhl, Schwefelalkohol. In doppelt brechenden Körpern ist das Gesetz, nach welchem sich der Polarisationswinkel richtet, sehr complicirt, doch gibt es auch da eine Richtungen welcher obiges Gesetz herrscht und der Polarisationswinkel von der doppelt brechenden Kraft unabhängig ist. (A. Seebeck in Pegg. Ann. 21. 311; 22. 126). — Aus obigem Gesetze erklären sich meh> rere interessante Erscheinungen: z. B. warum man es bei starker Beleuchtung nie dahin bringen kann, daß der Gegenstand, welcher das Licht auf den Polarisationsspiegel sendet, im Untersuchung-- spiegel gar nicht gesehen wird, wenn auch nach der Theorie gänzliche Dunkelheit herrschen soll; eben so warum selbst bei mäßiger Licht- stärke da, wo alles dunkel seyn soll, ein schwaches röthlich blaue- Licht vorhanden ist (weil nämlich der Polarisationswinkel eigentlich nur den Strahlen von mittlerer Brechbarkeit entspricht); ferner warum in dem Fall, wenn der Gegenstand im Untersuchung-- spiegel kaum wahrnehmbar ist, derselbe alsogleich sichtbar wird, wenn wanden Polarisationsspiegel anhaucht. —Zur vollkommenen Polarisirung durch Brechung braucht man nicht blos einen bestimm- ten Einfallswinkel und zwar denselben wie für die Polarisirung durch Reflexion, sondern überdies auch noch eine der Lichtstärke angemessene Anzahl von Brechungen. Da alle durchsichtigen und sehr viele undurchsichtige Körper das Licht zu polarisiren vermögen, so darf man sich nicht wundern, daß des meiste Licht schon ohne unser Zuthun polarisirt zu uns komme, uns vom heiteren Himmel oder von Wolken zugesendete, das schm durch unsere Fenstergläser gehende, das von Mauern, Kästen'-^ reflectirte Licht trägt schon deutliche Spurender Polarisation an sich- selbst das Licht, welches brennende Körper aussenden, sand Arags zum Theile polarisirt, wenn diese fest oder tropfbar flüssig ware"- nur bei gasförmigen konnte er keine Spur einer Polarisation en decken. 94. Ein Lichtstrahl, der auf einen Körper unter einem Wink-i auffällt, der größer oder kleinem ist als der Polarisationswink-l- gibt nach der Reflexion oder Brechung mittelst eines Doppelst^ selbst dann noch zwei Bilder, wenn der Hauptschnitt des letzte«" Wt der Einfallsebene parallel ist, doch sind diese zwei Bilder E Resultirende mehrerer Polarisationen. 365 wie beim unpolarisirten Lichte gleich hell, sondern eines überwiegt las andere an Helligkeit desto mehr, je näher der Einfallswinkel auf den reflectirenden oder brechenden Körper dem Polarisations¬ winkel steht. Ein solcher Strahl hat demnach zum Theile die Ei¬ genschaften eines gewöhnlichen, zum Theile jene eines polarisirten an sich, und cheißt deshalb unvollkommen polarisirt. Er kann durch mehrere auf einander folgende Reflexionen oder Bre¬ chungen unter Winkeln, die vom Polarisationswinkel abweichen, zu einem vollkommen polarisirten werden, und dieser Umstand bewog Brewster zu der Annahme, derselbe bestehe aus zwei Hälften, die unter einem stumpfen oder spitzigen Winkel polarisirt sind, wäh¬ rend ein natürlicher Strahl zwei unter 90° polarisirte Hälften hat. Es ist aber diese Annahme keine nothwendige Folge des vorher er¬ wähnten Verhaltens und es scheint naturgemäßer zu seyn, einen unvollkommen polarisirten Strahl als solchen zu betrachten, der aus vollkommen polarisirten und aus unpolarisirten Theilen besteht. (Zeitsch. 8. 494; Pogg. Ann. 19- 259, 281.) 95. Fällt ein Strahl auf eine durchsichtige Platte schief auf, so besteht sowohl der durchgelafsene als der reflectirte Antheil aus verschieden polarisirtem Lich.', weil die Reflexion nicht blos an der ersten Fläche, sondern auch an der Hinterfläche vor sich geht und der reflectirte Strahl nicht blos solche Theile enthält, die an der ersten Fläche reflectirt werden, sondern auch andere, die zwei Brechungen und eine Reflexion an der Hinterfläche erlitten haben; mit dem durchgelassenen ist etwas Ähnliches der Fall. Da jede Bre¬ chung und jede schiefe Reflexion polarisirend wirkt, und der durch Brechung erzeugte Polarisationszustand von dem durch Reflexion hervorgebrachten verschieden ist; so muß daraus ein eigenthümlicher Zustand hervorgehen, der davon abhängt, ob die Wirkung der Bre¬ chung oder jene der Reflexion das Übergewicht habe. Zur näheren Analyse dieser scheinbar sehr complicirten Modisication braucht man am besten ein Glasprisma (Fig. 221), welches so geschnitten ist, daß der auf die Fläche «rk> schief einfallende Strahl äe nach der Brechung in o und der Reflexion in A senkrecht aus ae austritt. Untersucht man den Polarisationszustand des Strahles Aw mittelst eines Doppelspathes und vergleicht ihn mit demjenigen, welchen er durch Brechung in c: erhalten haben muß: so erfährt man die Ver¬ letzung seiner Polarisationsebene durch die Reflexion in A. Setzt n>an auf die Fläche av ein Stück um das Prisma zu einem 8t>6 Interferenz des polarisirten Lichtes. rechtwinkeligen Parallelepiped zu machen , untersucht dann dm austretenden Strahl neuerdings und vergleicht seinen Polarisa¬ tionszustand mit dem vorhergehenden, so erfährt man auch den Ein¬ fluß der Brechung in Durch Untersuchungen dieser Art fand Bremst er folgendes Gesetz: Ein Lichtbüschel, der nach zwei Brechungen und einer Reflexion an der Hinterfläche einer durchsich¬ tigen Platte ins Auge kommt, enthält bei jedem Einfallswinkel von 0° bis zu einer bestimmten, vom Brechungsvermogen der Platte abhängigen Große einen Antheil, welcher in der Reflexionsebene polariflrt ist, und es hat daher bis zu dieser Grenze die Resierion das Übergewicht über die Brechung; bei diesem Grenzwerthe deS Einfallswinkels hat der Strahl seinen natürlichen Zustand und die Brechung hält der Reflexion das Gleichgewicht, über denselben hinaus hingegen enthält der Strahl einen senkrecht auf jene Polari- sationsebene polarisirten Theil zum Beweise, daß da die Brechung mehr vermag als die Reflexion. Ähnlich verhält sich ein Strahl nach einer Brechung und einer Reflexion, nur mit dem Unterschiede, daß jener Grenzwinkel einen anderen Werth hat. (Zeilsch. 9. Ml Pogg. Ann. 19. 518.) 96. Dem Vorhergehenden zu Folge besteht derCharacter eines polarisirten Strahles darin, daß sich ein solcher Strahl unter g-> wissen Umständen dec Reflexion oder der einfachen und doppelten Brechung entzieht. Polarisirte Strahlen haben aber überdies nach das Eigenthümliche, daß sie auf eine besondere Weise auf einander einwirken. Strahlen, welche nach derselben Richtung polarisiü sind, interferiren sich wie unpolarisirte und erzeugen dadurch dieselbe Phänomene wie letztere, solche aber, die unter einem rechtenÄa- kel polarisirt sind, heben sich durch Interferenz nicht auf, wie-- unpolarisirte unter denselben Umstanden rhun. Vom ersten Th'"' dieses Satzes überzeugt man sich, wenn man den Jnterferenzv»- such mit polarisirtem Lichte anstellt, denn er gelingt da eben so wie mit unpolarigrtem. Die Wahrheit des zweiten Theiles g'r" daraus hervor, daß dünne Plättchen doppelt brechender Körper z. B. von Glimmer oder Gips keine Spur von Jnterferenzsarb'" zeigen, ungeachtet es da an Interferenzen nicht fehlen kann. nämlich auf ein solches Plättchen (Fig. 222) Licht in parallel'" Strahlen geleitet, so erleidet jeder eine doppelte Brechung, alle gebrochenen Theile verlassen daö Plättchen in parallelen SE tungen und es trifft, wenn das Licht sehr dicht auffällt, immer d" Interferenz des polarisirten Lichtes. 367 gewöhnlich gebrochene Theil des einen auf den ungewöhnlich gebro¬ chenen Lheil der anderen. Da nun bei keiner Plättchendicke, mithin bei keiner Wegdifferenz der durchgelassenen zusammentreffenden Strahlen Spuren von Färbung Statt finden, so müssen die zusam¬ mentreffenden d. h. die entgegengesetzt polarisirten Strahlen über¬ haupt sich nicht aufheben können. 97. Strahlen/ welche unter 90° polarisirt sind und dann auf dieselbe Polarisationsebene zurückgeführt werden, können sich durch Interferenz nur dann aufheben/ wenn sie schon ursprünglich pola¬ risirt waren/ und zwar in derselben Richtung. Dieses beweiset ein dem vorhergehenden ähnlicher Versuch mit einem Gips - oder Glim- merplättchen: Laßt man nämlich von einem fernen Gegenstände Licht auf ein solches Plättchen fallen, damit es, wie vorhin gezeigt wurde, die doppelte Brechung erleide und ein Zusammentreffen entgegen¬ gesetzt polarisirrer Strahlen zu Stande komme, fängt dieselben dann mit einer Glasplatte unter dem Polarisationswinkel auf, so ist auch keine Jnterferenzfarbe bemerkbar, ungeachtet nach der Re¬ flexion von der Glasplatte alle Strahlen nach einerlei Richtung polarisirt sind, und wie vorhin ein Zusammentreffen mehrerer Statt hat. Leitet man aber nach einerlei Richtung polarisirtes Licht auf das Plättchen und verfährt mit demselben wie vorhin, so erscheint dasselbe alsogleich farbig. Man macht diesen Versuch leicht mit dem Polarisationsinstrumente (Fig. 220), indem man das Plätt¬ chen auf den Tisch 17 legt, das Licht, welches durch den Spiegel polarisirt und im Plättchen doppelt gebrochen worden ist, auf das Glas in 6 fallen läßt und entweder das durchgelassene oder das reflectirte ins Auge kommen läßt. Die Farbe, unter welcher da ein Plättchen erscheint, richtet sich nach der Natur und Dicke des Plätt¬ chens und es sind die numerischen Werthe der Farben derPlättchen- dicke proportionirt. Über eine gewisse Dicke hinaus erscheint kein Plättchen mehr farbig aus leicht zu errathenden Gründen. Neigt Wandas Plättchen gegen das einfallende Licht, damit dieses schief durch das Plättchen gehe, so ändert sich die Farbe, als wäre das Plättchen dicker geworden. Dreht man das Plättchen um das ein¬ fallende Licht (wozu der Tisch 77 eigens eingerichtet ist), so ändert f'ch nicht die Beschaffenheit, wohl aber die Intensität der Farbe und es gibt vier Lagen des Plättchens, wo die Farben am intensivsten und vier andere, wo sie am schwächsten (— 0) sind. Ersteres da, wo der Hauptschnitt des Plättchens mit der ur- 368 Interferenz des polarisirten Lichtes, sprünglichen Polarisationsebene 45° macht, letzteres, wo-dieser Win, kel 0 oder 90" ist. 98. Von vier Strahlen, welche durch doppelte Brechung zweier polarisirter Bündel entstanden sind, können sich je zwei unk zwei durch Interferenz aufheben oder verstärken; es ist aber immer das Resultat der Interferenz des einen Paares jenem des anderen entgegengesetzt, d. h. es heben sich die einen auf, wenn sich die anderen verstärken.Dieses geht aus dem vorhin erwähnten Versuche mit dem Polarisationsinstrumente hervor. Es ist nämlich die Farbe des Plättchens im durchgelassenen Lichte stets die complemeutare zu der im reflectirten, oder es geht die Farbe des Plättchens in die complemeutare über, wenn man den Spiegel, ohne den Einfalls¬ winkel des Lichtes zu ändern, um 90° dreht. Wendet man statt des Glases X einen Doppelspath an, so sieht man zwei farbige Bilder auf einmal und ihre Farben ergänzen sich da, wo ße sich decken, zu Weiß. Die Beständigkeit der Farbe eines Glimmerplättchens von bestimmter Dicke im polarisirten Lichte und die mit der Neigung desselben gegen den einfallendcn Strahl durch alle Zwischenstufen erfolgen¬ de Farbenänderung geben ein gutes Mittel zur Construction eines F a rb e um e sse rs. Einen solchen kann schon das Polarisations¬ instrument (Fig. 220) abgeben, wenn man den Tisch st em richtet, daß man ihn unter verschiedenen Winkeln gegen den durchgehenden Strahl neigen und den jedesmaligen Neigungs¬ winkel messen kann. Stellt man das Glas so, daß es kein Licht reflectirt, legt dann in den Tisch N eine Anzahl von gleich dicken Glimmerplättchen und neigt sie hieraus gegen den Ttrahl, bis in äl die verlangte Farbe erscheint; so kann man aus dem numerischen Werthe der Farbe, welche ein Plättchen im senktest einfallenden Lichte zeigt, aus dem Einfalls- und Brechungswinkel im Glimmer den numerischen Werth obiger Farbe angegcbem (B i o t's Naturlehrc übersetzt von Fechner. B. 5. S.228. Schweige 62. 246.) — In die Reihe dieser Farbcncrscheinungen gesstn" auch diejenigen, welche Kristalle im polarisirten Lichte darbiet» die, von zwei Seiten angesehen, auch zwei verschiedene Farbe" zeigen, wie z. B. Beryll. Schneidet man von der bläulich grü¬ nen Varietät dieses Minerals ein dreiseitiges Prisma, damit die durch doppelte Brechung entstandenen Strahlenbüschel hinreich» von einander getrennt erscheinen, und läßt weißes polaristrt-- Licht darauf fallen; so gehen blos blaue Strahlen durch- w» die Axe des Kristalls auf der Polarisationsebene des einsalleudr" Lichtes senkrecht steht, hingegen grünlich weiße, wenn die Att Farben ringe im polarisirten Lichte. 383 dieser Abene parallel ist. Dreht man das Prisma allmählig von der ersten Lage in die zweite,so gehtauch das durchgelassene Licht suc- cessiv von Blau in Grünlichweiß über. Ein ähnliches Verhalten be¬ merkte Brewster, dem wir dieKenntniß dieser Erscheinung überhaupt verdanken, am Zirkon, Saphyr, Smaragd, Amethist, Turmalin rc. 99. Die bisher erörterten Jnterferenzgesetze des polarisirten Lichtes enthalten den Grund jener schönen Farbenphänomene, die sich in doppelt brechenden, senkrecht auf die Brechungsaxe geschnit¬ tenen Plättchen im polarisirten Lichte zeigen. Leitet man auf ein solches gleichförmig dickes Plättchen IM (Fig. 223) aus Doppel- spath, einen convergirenden, polarisirten Strahlenkegel dessen Axe (7D mit der des Kristalls parallel ist, und läßt ihn hier¬ auf unter dem Winkel der vollkommenen Polarisation auf eine Glasplatte einfallen, damit er durch sie entweder reflectirt oder gebrochen werde; so sieht lnan das Plättchen mit farbigen concen¬ trischen Ringen geziert, die den reflectirten Newton'schen Farben» ringen ähnlich sind, aber durch ein Kreuz unterbrochen erscheinen. Dieses Kreuz ist rechtwinkelig und im reflectirten Lichte schwarz (Fig. 224), wenn die Einfallsebene der Strahlen auf die Glas. Platte mit der Polarisationsebene parallel ist; hingegen weiß (Fig. 225), wenn jene Einfallsebene auf der Polarisationsebene senkrecht steht; im gebrochenen Lichte findet das Gegentheil Statt. Ähnliche Ringe bemerkt man an solchen Plättchen von anderen ein- axigen Kristallen, z. B. von Beryll, Turmalin rc., nur erschei¬ nen die Farben bei verschiedenen, wenn auch gleichdicken Plätt¬ chen von verschiedener Größe, und das Kreuz ist bald mehr bald minder deutlich zu sehen; bei einigen Plättchen, wie z. B. bei denen von Apophyllit oder unterschwefelsaurem Kalk weicht die Farben¬ folge von der bei Newton's Farbenringen stark ab. Vollkommen homogene Plättchen kann man um ihre eigene Ape drehen, ohne baß dadurch eine Änderung der Ringe oder des Kreuzes bemerklich würde, aber der kleinste Mangel an Homogeneität offenbart sich burch eine Verzerrung der Ringe oder durch eine Biegung der Arme des Kreuzes. Bei demselben Plättchen erscheint ein Ring desto Zvößer, je weiter man dasAuge vom Plättchen entfernt, und je dün Ner die Platte ist, und zwar wachsen die Quadrate der Rittgdurch. Messer verkehrt wie die Quadratwurzeln der Plättchendicke. Schics stegen die Axe der doppelten Brechung geschnittene Plättchen zeigen ovale Ringe. — An Plättchen aus zweiazigen Kristallen erschein:, Naturlehre 5. Uufl. 24 370 Erklärung der Farbenringe das Phänomen dieser Farbenringe ganz verschieden. Ist ein solches Plättchen senkrecht auf die Linie geschnitten, welche den Winkel beiderApen halbirr und in ihrer Ebene liegt, so sieht man dieNinge, wie Fig. 226, falls die beiden Apen einen sehr kleinen Winkel einschließen, so das? man ihre Pole zugleich im Gesichtsfelde hat, und die ursprüngliche Polarisationsebene mit der Ebene der zwei Apen zusammcnfällt. Machen diese Apen einen größeren Winkel, wie z. B. bei Plättchen aus Salpeter, so erscheinen die Ringe, wie Fig. 227 zeigt, wenn die Polarisationsebene die vorher an¬ gegebene Lage Hal; dreht man das Plättchen um 22°^; so nehmen die Ringe die Gestalt Fig 228, bei einer Drehung von 45° die Gestalt Fig. 229 an, und dieselben Veränderungen erleiden sie bei jeder fernern Drehung von 45". Bei Plättchen aus Kristallen, deren Apen einen gar großen Winkel einschließen, wie z. B. au- Arragonit, erscheint gar nur ein Phänomen, wie es Fig. 230 dar¬ stellt. In homogenem Lichte sieht man blos Ringe von der Farbe des angewendeten Lichtes, die durch dunkle Zwischenräume un¬ terbrochen sind. Um diese Erscheinung rein hervorbringen und bequem beobachten j» können, leite man von einem nicht zu entfernten Gegenstände Licht auf den Spiegel L des Pvlarisationsinstrumentes, bringe das Kn- stallplättchen nahe an die Rahme 6, so daß das Licht senkrecht durchgehen kann, und sehe durch die gehörig gestellten Gläser/baut das Plättchen herab. Noch leichter gelangt man zum Zweck, wenn man Turmalinplättchcn, die parallel mit der Axc geschnitten sind,st legt, daß ihre Axen sich durchkreuzen, oder zwei N i c v I'sche Pn-' men anwendet, das Plättchen zwischen sie gibt, und den ganzen Apparat nahe ans Auge hält. Um das Phänomen vergrößert zu er¬ halten, kann man diese Vorrichtung auch, wie ein anderes Object, in ein Sonnenmicroscop cinsetzen, aus welches intensives Sonnen¬ licht fällt, und das Bild auf einer Tafel aufsangen. Nack Marr sollen sich die Turmalinplatten auch durch Platten von Dichrslt- welche man durch einen parallel nut der optischen Axe des Kripou geführten Schnitt erhält, ersetzen lassen. 100. Die Erklärung dieser Erscheinungen aus der Interferenz des polarisirten Lichtes ist ganz einfach. Fällt nämlich ein solcher Strah §A (Fig. 231) schief gegen die Brechungsape des Plättchens ein, so erleidet er in demselben die doppelte Brechung, und dw Theile AL und Ao verlassen das Plättchen parallel mit-k>A wie «" 99. Mit einem anderen Strahle H'A' geschieht dasselbe, und e»> Lheil Ao fällt beim Ausfahren aus dem Plättchen mit co z»sE im p o larisirre n L ich c e. 37 L men. Jeder dieserTheile erleidet imGlaseX des Pol. Instrumentes wieder eine besondere Polarisation und die auf gleiche Weise pola- risirten können sich durchJnlerferenz aufheben. Strahlen, die gegen die Brechungsaxe des Plättchens gleich geneigt einfallen, erleiden eine gleich starke doppelte Brechung und geben daher auch dasselbe Jnterferenzresultat. Daher ein Ring um die Axe. Je mehr das ein¬ fallende Licht gegen die Axe geneigt ist, desto stärker wirket die doppelte Brechung und desto großer wird die Wegdifferenz der sich interferiren- dcn Strahlen. Daher concenlrische Ringe von verschiedenen Farben. Das parallel mit der Axe einfallende Licht erleidet keine doppelte Bre¬ chung, selbst bei den nur wenig gegen die Axe geneigten Strahlen ist die doppelte Brechung so gering, daß die Wegdifferenz der sich inter- ferirenden Bündel noch nicht den Werth von erreicht hat; da¬ her das Beginnen der Ringe erst in einiger Entfernung von der Axe. In einer auf der ursprünglichen Polarisationsrichtung senkrechten oder mit ihr parallelen Ebene erleidet das Licht im Plättchen keine doppelte Brechung, daher das Kreuz, welches die Ringe durchsetzt. Alle diese Farbenerscheinungen im pvlarisirten Lichte hat zuerst Fres¬ nel auf die hier gegebene Weise erklärt. Bor diesem suchte man den Grund derselben in einer sehr complicirteu Hypothese, welche der Erfinder derselben, Biot, bewegliche Polarisation nennt, und welche dem Wesen nach darin besteht, daß das Licht in doppelt bre¬ chenden Körpern erst successiv nach Maßgabe seiner Brechbarkeit und der Natur und Dicke des Plättchens einen bestimmten Polari- sationSzustand annimmt, so daß bei dünneren Plättchen einige der ausfahrenden Strahlen anders polarisirt sind, als die übrigen (Zt-oe tom. /7-317 e. r. Fresnel in cks 6kim. Neumann in Pogg. Ann. 33« 257- Airy ebend. 23. 204.) 101. Der innige Zusammenhang, welcher zwischen der Polarisa- iton und doppelten Brechung Statt findet, laßt häufig von einer derselben auf die andere schließen, und da die doppelte Brechung mit dem Kristallisationszustande der Körper so genau zusammsnhängt, so wird durch die Polarisation auch oft ein Schluß auf die Kristall¬ form der Stoffe gerechtfertigt. Der kleinste Splitter eines koppele brechenden Körpers polarisirt das Licht vollkommen und die Pölarisa- lionsrichtung gestattet einen Schluß auf die Lage des Hauptschnir- tes. Die Farbenringe, welche solche Körper im pvlarisirten Lichte zeigen, geben Anzeigen über die Anzahl und Lage der Axen, über ihre Änderung durch Druck, Erwärmung rc. Körper, deren 34 * 372 Zusammenhang zwischen Pol. und dopp. Brechung. doppelte Brechung bekannt ist, werden mit Borti eil zur Bestim, mung des Pvlarisationszustandes des Lichtes gebraucht. Will mau erfahren, ob ein Körper das Lickt doppelt breche oder nicht, st gebe man ihn zwischen zwei Turmalinplättchen, wie sie früherM)be- schrieben worden sind, deren Axen aber sich rcchtwinkelig durchkreuzen (oder auch zwischen zwei Nicol'sche Prismen, die ebenso gelegt sind). Diese erscheinen undurchsichtig, so lange sich gar nichts oder ein das Licht einfach brechender Körper zwischen ihnen befindet. Wie aber eine doppelt brechende Substanz dazwischen kommt, so werden sie augenblicklich durchsichtig oder wenigstens durchscheinend. Will inan untersuchen, ob ein Strahl polarisirt sep oder nicht, so leite man ihn durch einen Doppelspath. Kann man beim Drehen desselben eine Lage finden, wo nur ein Bild entsteht, so ist der Strahl polarisirt; ja selbst wenn man keine solche Lage ausfindig machen kann, und zwei Bilder entstehen,so läßt sich aus der Gleich¬ heit oder Verschiedenheit ihrer Intensität erkennen, ob der Strahl gar nicht, oder nur zum Theile polarisirt sey. Ich habe die zur Entstehung polarisirter Farbenringe nöthigen Bedingungen da¬ zu benützt, zu erforschen, ob die von der Luft und von Wolken reficctirten oder von leuchtenden Körpern verschiedener Art ausge¬ henden Strahlen polarisirt seyen oder nicht. Ich bediene mich näm¬ lich eines Turmalinplättchens, das parallel mit der Axe des Kristalls geschnitten ist, befestige daran ein senkrecht auf die Axe geschnitte¬ nes Bergkristallplättchcn, halte ersteres nahe vor das Auge, und sehe, ob Farbenringe bemerklich sind oder nicht. Finden diese Statt, so must offenbar das cinfallende Licht polarisirt seyn. Überhaupt sind die Erscheinungen, welche Kristallplättcken, die durch senkrecht auf die optische Axe geführte Schnitte entstehen, im polarisirten Lichte gewähren, besonders geeignet, um die Lage der Axen der doppelten Brechung auszumitteln, und bei solchen, welche zmu derlei Axen haben, den Neigungswinkel derselben zu bestimmen, denn die Ringe erscheinen bei einaxigen Plättchen nur dann km-- förmig, wenn die Axe des Strahlenkegels mit der Brechungsal- des Kristalls parallel ist, und in solchen Plättchen, deren Axe" wenig gegen einander geneigt sind, und demnach gegenseitig ihi« Farbenringe modificiren, zeigen die zwei Mittelpunkte der ovalen bum ge die Pole der Brechungsaxen an. Leitet man durch ein solch" Plättchen homogenes Licht, so erscheinen offenbar nur die demselben entsprechenden Ringe und auch die ihm entsprechende Axe. Vergleicht man ihre Lage in verschiedenem homogenen Lichte, bei verschiede"'" Tcmperatursgraden rc.; so erfährt man , daß in solchen Kristalle" jedem farbigen Strahle eine besondere Axe der doppeltenBreckM entspreche, daß die Axen in einigen merklich von einander abweichu" in anderen nahe zusammenfallen, daß nicht alle derselben in em" Ebene liegen, kurz alles das, was 81 von den Brechungsaxen gesag Farben comprimirter Körper. 373 wurde. Auch Anomalien in der Zusammensetzung kristallisirker Körper geben sich durch Verzerrung der Ringe zu erkennen. (Zeitsch. I. 30 ; 7. 81.Pogg Ann.8. 520; 17. 1; 26. 302; 26. 308; 27. 480; 27. 504. Schweigg- Journ. 49.167; 69.140.) Man hat sogar die feine¬ ren materiellen Unterschiede vieler Substanzen aus ihrer doppelt bre¬ chenden und polaristrendeu Eigenschaft zuerst erkannt, wiewohl diese Unterschiede so gering waren, daß man sie bei chemischen Analysen gar leicht übersehen konnte. So hielt man längere Zeit hindurch alle Körper, die unter dem Namen Glimmer vorkommen, für ganz gleichartig.bis Bi ot aus ihrem optischenVerhalten erklärte, daß es Glimmer mit einer und mitzweiBrechungsaxengebe und daß man¬ cher abstoßend, ein anderer anziehend wirke und dadurch die Chemiker veranlaßte, diese Körper einer genaueren Untersuchung zu unter¬ werfen, wobei sich zeigte, daß ihrem besonderen optischen Verhalten auch eine besondere materielle Beschaffenheit entspreche. 102. Seebeck undBrewster haben zuerst gelehrt, wie man einen Körper, der im polarisicten Lichte keine Farbe zeigt, dahin bringen könne, daß er den vorerwähnten ähnliche Farbenphä- uomene hervorbringt. Hält man eine Platte von dickem Spiegelglase mit dem Rande an stark erhitztes Eisen, bringt das Ganze über.den Tisch des Polarisationsinstrumentes und sieht durch die Gläser darauf herab; so bemerkt man, daß in der Glasplatte parallele Streifen (Fig. 232) entstehen, so wie sich die Wärme durch sie fortpflanzt. Die Farben dieser Streifen befolgen die Ordnung der Newton'schen Scale und gehen alsogleich in die complementären über, wenn man das Glas Di um 90" in derselben Neigung dreht oder sie statt im durchgelafsenen, im reflectirten Lichte ansieht; sie verlieren sich aber ganz, wenn sich die Wärme einmal gleich¬ förmig in der ganzen Platte verbreitet hat. Es ist in Betreff der üarben einerlei, ob man eine einzige dicke Platte oder mehrere dünne nimmt, die zusammen jener an Dicke gleichen. Bekommt eine Platte während des Erwärmens einen Riß, so erscheinen in ledem Stücke die Farben abgesondert wie in einem Ganzen, ver¬ bindet man wieder beide Theile durch Kitt, so ist es, als wäre nie em Bruch erfolgt. Nimmt man einen) Glascylinder und erwärmt >hn von der Axe aus, indem man z. B. in eine, daselbst angebrach¬ te Vertiefung heißes Quecksilber gießt; so bilden sich concentrische ^arbenringe mit einem rechtwinkeligen, dunklen Kreuze, wie (Ug. 224. Dieselben Erscheinungen erfolgen, nur in Betreff der rfarbenfolge in umgekehrter Ordnung, wenn man heißes Glas an kaltes Eisen anhält. 374 Färbung schnell abgekühlter Körper. 103. Nimmt man einen Glaswürfel, der im polarisirten Licht, keine besondere Farbe zeigt, gibt ihn in eine kleine Presse, drückt ihn mäsiig zusammen, halt ihn ins Polarisationsinstrument und sieht ihn durch das Glas L an; so bemerkt man eigene Farben, die mit der Starke des Druckes sich ändern, in die eomplemenlii- ren übergehen, wenn man die Einfallsebene in X um 90" ändert, aber wieder verschwinden, wenn der Druck nachläßt. Ähnliche Er¬ scheinungen bringt inan auch durch Dehnen des Glases zu Stande. Biegt man einen Glasstreifen, so sieht man ihn an der schmalen Seite im polarisirten Lichte mit parallelen Farbenstreifen, die in der Milte durch eine schwarze Linie verbunden sind. 104. Alle diese Farbenerscheinungen sind nur vorübergehend. Man kann sie aber bleibend machen, wenn man die durch ungleich¬ förmige Erwärmung oder durch Druck hervorgebrachte ungleiche Anordnung der Theile eines Körpers fixirt. Dieses geschieht,wenn man heißes Glas schnell abkühlr. Bringt man dieses nach der Hand in polarisirtes Licht, wie die vorhin betrachteten Körper, so erscheint es mit besonderen farbigen Zeichnungen, deren Beschaf¬ fenheit von der Gestalt des Glaskörpers, von dessen schnellerem oder langsameren Abkühlen und von der Stellung gegen die Polarisa- tionsebene abhängt. Ist dieser Körper ein Würfel und ist er so ins Polarisationsinstrument (auf den Tisch ck/) gestellt, daß eine seiner Seitenfläche» mit der Polarisationsebene in parallelist, während auch die Einfallsebene in Ai mit der in <7 zusammenM; so sieht mau im durchgelassencn Lichte an den vier Ecken farbige Zeichnungen, wie Pfauenaugen, zwischen ihnen ein dunkles Kreuz, und nicht selten um dieses noch allerlei symmetrisch angeorduete, farbige Einlassungen (Fig. 233). Dreht man die Gläser in 6 um 90°, oder sieht man den Würfel im reflectirten Lichte an, so bemerkt man dieselbe Zeichnung mit complementären Farben; sie geht aber rn eine andere recht gefällige Form über, wenn man den Würfel allein dreht, ohne das übrige zu ändern. Mehrere schnell gekühlre, über einander gelegte, quadratische Glasplatten vertreten einen mas¬ siven Würfel vollkommen. Schleift man einen Würfel so, daß kl die Gestalt Fig. 234 bekommt, so zeigt er auch die daselbst abge¬ bildete Zeichnung. Eine lanqlichte Glasplatte gibt die Fig. 23'>, ein Cylinder die Fig. 224. Ähnliche Erscheinungen bemerkte Ser¬ be ck an schnell entstandenen Kristallen von Borax, Kochsalz, Gummistücken und in thierischen Substanzen, ja selbst im Dia-' Elliptische Polarisation. 875 wanre, sonst einem einfach brechenden Körper, will sieBrewster gesehen haben. 105. DaS polaristrte Licht erleidet durch Reflexion von einer polirten Metallplatte eins besondere Modiflcation. Die Intensität eines von einer Metallflache reflecrirten polarisieren Strahles ist nämlich bei demselben Einfallswinkel verschieden, je nachdem seine Polarisationsebene mir der Reflexionsebene parallel oder auf ihr senkrecht ist, und von zwei solchen Strahlen ist immer derjenige, dej- sen ReflexionSebene in der Polarisationsebene liegt, um einen Theil deS Werches von cs voraus, gegen einen solchen, dessen Re¬ flexionSebene auf der Polarisationsebene senkrecht steht. Die wich¬ tigste Wirkung der Metalle auf polaristrtes Licht besteht aber darin: Wird ein polariflrter Strahl von einer polirten Stahlplatte unter einem Winkel von 75" reflectirt, in einer Ebene, die um 45" ge¬ gen die Polarisacionsebene geneigt ist; so erscheint derselbe nicht mehr polarisirt, denn er wird von der UntersuchungSplatte deS PolarisarionSinstrumenteS bei jeder Lage der EinfallSebene gegen dis ursprüngliche Reflexionsebene reflectirt; er ist auch kein natürlicher und kein unvollkommen polariflrter Strahl, denn er erscheint nach einer abermaligen Reflexion an einer zweiten Stahlplatte unter 75" bei einer bestimmten Lage der ReflexionSebene vollkommen polari- flrt.Brewster, der diese Eigenthümlichkeir zuerst bemerkte,nennt diesen Strahl elliptisch p o l a risi r t, im Gegensätze mit einem ans gewöhnliche Weise polarisirtsn, der g e r a d k i n i g polarisirt heißt. Jene Wiederherstellbarkeit des ursprünglichen Polarisations- zuflandeS durch eine neue Reflexion macht den Hauptcharacter eineL nicht geradlinig polarisirten Strahles aus. 106, Damit ein polariflrter Strahl vollkommen elliptisch po- lariflrt werde, muß er von einem regulinischen oder vererzten Me¬ talle bei einer bestimmten Stellung der EinfallSebene gegen die Polarisationsebene unter einem gewissen Winkel reflectirt werden, der, wie jener in A3 erwähnte, Polarisationswinkel genannt wer¬ den kann. Ist die ReflexionSebene mit der ursprünglichen Polari¬ sationsebene weder parallel noch auf ihr senkrecht, so tritt schon kine polarisirende Wirkung ein, aber vollkommen entwickelt ist die elliptische Polarisation erst, wenn die Neigung dieser zwei Ebenen 45", 135,225° oder 315" beträgt. Bei einer Veränderung dieses Winkels von 0°—360" erreicht sie viermal ihre vollkommenste Entwicklung, wird viermal — 0 und nimmt eben so oft ab und zu. 376 Wiederherstellung der ursp. Polarisation. Der Polarisationswinkel scheint auch das 93 ermähnte Gesetz zu befolgen, so daß seine Tangente dem Brechungsexponenten gleich ist. Er beträgt für Stahl 75°, für Silber 73°, für Zink 72", sm Spiegelmetall 76°. Erfolgt die Reflexion unter einem anderen Win¬ kel, so tritt nur eine partielle elliptische Polarisation ein. 107. Zur Wiederherstellung des ursprünglich geradlinigen Polarisationszustandes eines elliptisch polariflrten Strahls durch Reflexion gehört ein gewisses Verhältniß zwischen dem Einfallswin¬ kel a dieses Strahls auf die wiederherstellende Metallplatte und dem Neigungswinkel der Einfallsebene auf diese Platte gegen die ursprüngliche Polarisationsebene. Die Lage der PolarisanonS- ebene des wiederhergestellten Strahls richtet sich nach der Natur des reflectirenden Körpers und nach dem Winkel Es ist klar, daß ein Strahl, der durch eine Reflexion elliptisch, durch eine zweite wieder geradlinig polarisirt worden ist, unter den gehörigen Be¬ dingungen durch eine dritte Reflexion wieder elliptisch, durch eine vierte abermals geradlinig polarisirt werden müsse, es nimmt aber die Neigung der Polarisationsebenen des wiederhergestellten Strahls gegen die Reflexionsebene mit feder neuen Wiederherstellung ab und wird zuletzt —0, d. h. es wird zuletzt alles Licht in der ur¬ sprünglichen Polarisationsebene polarisirt. Der Erfahrung gemäß hat man, « 80° für md die große Are steht auf der Ebene der ersten Reflexion senkrecht. Die Neigung -1 der Polarisationsebene des restituirten Lichtes gegen eines ellipt. polarksirten Strahles. 377 die Reflexionsebene ist für b— 0",für?hingegen ist v —180°- 108. Leitet man einen elliptisch polarisirten Strahl durch einen Doppelspath, so erscheinen die zwei Bilder, welche derselbe gibt, mit schonen complemcntären Farben, besonders wenn die Reflexion deS polarisirten Lichtes durch Gold oder Silber bewirkt worden ist. Durch ein senkrecht auf die Axe geschnittenes Doppelspathplättchen geleitet, gibt es Farbenringe, die sich aber von den in 99 erwähn¬ ten unterscheiden und überhaupt aussehen, als hätte man geradlinig polarisirtes Licht gebraucht, aber aus das Doppelspathplättchen ein anderes gelegt, welches das Blau der ersten Ordnung polarisirt. Diese sowohl als die vorhergehenden Erscheinungen im elliptisch po¬ larisirten Lichte lassen sich daraus erklären, daß man annimmt, ein geradlinig polarisirter Strahl werde durch eine refleetirende Metall¬ fläche in zwei Theile zerlegt, deren einer parallel, der andere senk¬ recht aufdie Reflexionsebene polarisirt istund wovon der eine dem an¬ dern um einen Bruchtheil von c-, voraus ist, welcher sich nach der Natur des reflectirenden Metalls und der Lage der Reflexions¬ ebene gegen die Polarisatio-nsebene richtet, ünd nur — Hist, wenn dieser Winkel 45" beträgt. (Bremstet in Pogg. Ann. 21. 219; peitsch. 9. 495; 10. 101; Neumann in Pogg. Ann. 26. 89.) 109. Natürliches Licht läßt sich als solches ansehen, das aus Zwei unter einem rechten Winkel polarisirten Hälften besteht, für deren eine x —-s-45", für die andere aber -— 45° ist. Fällt ein solches Licht unter dem Winkel der vollkommenen elliptischen Po¬ larisation hinter einander auf Metallplatten auf, so erhält man nach zwei Reflexionen zwei St'rahlen, die geradlinig und entgegenge¬ setzt polarisirt sind, deren Polarisationsebenen mit der Reflexions- ^'ene kleinere Winkel machen als 45°; der Strahl ist daher zum eheste oder unvollkommen polarisirt. Nach zwei neuen Reflexio¬ nen erhält man zwei Hälften- deren Polarisationsebenen einander "och näher liegen, bis sie" endlich nach einer gewissen Anzahl von Flexionen in ihren Polarisationsrichtungen zusammenfallen und daher das Licht vollkommen geradlinig polarisirt ist. Auf'solche ^Lefle kommt es, daß ein Körper, der bei einer Reflexion einen 378 Kreispolarisation. Strahl durchaus nicht vollkommen zu polariflren vermag, dich-; durch mehrere Reflexionen zu leisten im Stands ist. So polcmsm Stahl unter 75'durch acht Reflexionen, Silber unter 73" noch nicht vollkommen durch sechs und dreißig Reflexionen. Daß bei so oft wiederholten Reflexionen verschiedene Farben zum Vorschein kom¬ men, rührt davon her, daß der Winkel der vollkommenen elliptischen Polarisation für verschiedenfarbige Strahlen einen verschiedenen Werth hat. 110. Eine mit den bisher besprochenen verwandte Modince- tion erleidet ein geradlinig polarisirter Strahl HL (Fig. 236), wenn er in einem Glasprisma von der Form in ckl und 1' zwei totale Reflexionen erfahrt in einer Ebene, die gegen die Po¬ larisationsebene um 45' geneigt ist. Ein solcher Strahl ist nicht mehr geradlinig polariflrt, denn ergibt mittelst eines Doppcl- spathes bei jeder Stellung seines Hauptschnittes gegen die Polui- sationsebene zwei Bilder, er ist aber auch kein natürlicher Strahl, denn laßt man ihn abermals zwei totale Reflexionen erleiden, so erscheint er wieder vollkommen geradlinig polariflrt. Fresnel nennt einen solchen Strahl circular polarisirt. Ec hat mit einem elliptisch polarisirten gemein, daß er durch eine wiederhole Reflexion in den geradlinigen Polarisationszustand zurückgesührt wird, unterscheidet sich aber von demselben dadurch, daß diese Wiederherstellung bei jeder Neigung - der zweiten Reflexionsebene gegen die ursprüngliche Polarisarionsebene Statt findet, und die Polarisationsebene des wiederhergestellten Strahls stets gegen die ursprüngliche Polarisationsebene um—45" geneigt ist. Eine krumme Linie, welche dis Werthe von - zu Polwinkeln, die Reflexion^ winkel zu Radien hat, muß wegen des beständigen Werthes dec letzteren offenbar ein Kreis seyn, und dieses rechtfertiget auch, unabhängig von jeder weiteren Hypothese, die obige Benennung. 111. Ein circular polarisirter Strahl wird nicht blos durch fernere totale Reflexionen in Glas, sondern auch durch eine odn mehrere Reflexionen von Metallflächsn auf den geradlinigen Polaü- sationszustand zurückgeführt, wenn die Einfallswinkel bei diesen Metallflächen kleiner sind als der Winkel der vollkommen ellipti¬ schen Polarisation, und alle Reflexionsebenen einander parallel sind- Es werden daher Reflexionen von Glas durch Reflexionen von vertreten. Der Neigungswinkel der neuen Polarisationsebens gen die ursprüngliche ist immer das arithmetische Mittel aus d--' Färbung durch Kreispolarisation. 379 zwei Wirkungen, derjenigen, welche der doppelten totalen Refle¬ xion im Glase und derjenigen, die der Reflexion im Metall ent¬ spricht. Erfolgen die totalen Reflexionen bei 54°j und die Reflexion aus Stahl bei 75", so betragt die Neigung der Polarisationsebene Les wiederhergestellcen Strahles gegen die Reflexionsebene 30Z" und man hat auch —ZI», die Versetzung der Po- larisationsebene durch Glas, 17" jene durch Stahl bezeichnet. 112. Sieht man auf den Spiegel eines Polarisationsinstru¬ mentes, der homogenes, z. B. rothes Licht polarisirt, durch ein Turmalinplättchen, so erscheint alles dunkel, sobald die Axe des Plättchens auf der Reflexionsebene senkrecht steht. Muß aber das Lichr vorerst zwei totale Reflexionen erleiden, ehe es auf das Kri- stallplältchen fällt, so ist es nicht mehr wie vorhin, sondern man muß das Turmalinplättchen um einen gewissen Winkel links oder rechrs drehen, damit alles dunkel erscheine. Es ist also durch die Circularpolarisation, die dem Lichte durch zwei totale Reflexionen zu Theil wurde, dis Polarisationsrichtung desselben um einen eben so großen Winkel links oder rechts gedreht worden. Ebenso wie die Glasplatte wirkt auch ein senkrecht auf die Axe geschnittenes Berg¬ kristallplättchen, eine Säule von Terpentinöhl, Eitronenohl, eine Lö¬ sung von Zucker, Dextrin rc.; jedoch ist der Drehungswinkel derPo- karisationsebene verschieden nach Maßgabe der Natur der Substanz, ihrer Dicke und der Brechbarkeit des Lichtes. So z. B. wird nach Biot die Polarisationsebene eines gewissen rothen Strahles (den mit Kupfxroxyd gefärbtes Glas durchläßt), durch eine fünf Milli¬ meter dicke Quarzplatte um 92", durch eine eben so dicke Terpen« tinöhlsäulesum 14°.3, durch eine Citronenöhlschichteum21".8 gedreht^ ^kuch ob die Drehung links oder rechts erfolgt, wird durch die Natur dos drehenden Körpers bestimmt. Eine Species Quarz bewirkt eine Drohung nach rechts, eine andere nach links, und beide unterscheiden Üch von einander durch ihre Kristallgestalt, die schon durch die Lage ihrer Flächen den Gegensatz anzeigen. Ein Amethystkristall kann zugleich links und rechts drehende Plättchen liefern. Geschmolzener ^uarz hat diese Eigenschaft nicht mehr, so wie sie vielen anderen ^oselhaltigen Körpern, z. B. dem Opal, Tabasheer mangelt, terpentinöhl, im tropfbaren Zustande oder als Dampf, Lorbeeröhl, rine Lösung von Traubenzucker, der noch nicht fest war, drehen küe Polarisationsebene von der Rechten zur Linken, Eitronenohl, 380 Größe der Erleuchtung. kine Lösung von Traubenzucker, der schon sest war, Rohrzucker, Dextrin, Runkelrübensafc rc. von der Linken zur Rechten; so daß man diese Eigenschaft zur Prüfung von Flüssigkeiten auf Zucker benützen kann. 113. Weißes, circular polarissrtes Licht wird durch ein Tur¬ malinplättchen bei keiner Lage der Are gegen die Polarisativnsebene ganz abforbirt, weil kein Winkel allen farbigen Strahlen, welche weißesLicht enthalren,zugleich entspricht. Daher kommt es auch, daß im circular polarisirten weißen Lichte die Farbenringe eines senkrecht aus die Are geschnittenen Bergkristallplättchens ohne Kreuz erscheinens. Alle diese Phänomene lassen sich erklären, wenn man anninimt, daß der circular polarisirende Körper einen polarisirten Strahl in zwei unter einem rechten Winkel polarisirte Theile zerlegt, deren einer dem anderen um jo» voraus ist, so daß demnach die circulare Polarisation eben so als ein besonderer Fall der elliptischen angese¬ hen werden kann, wie der Mathematiker einen Kreis als eine von der Gleichung für die Ellipse ableitbare Curve betrachtet. (Zeiisch 2. 1; Pogg. Ann. 28. 165.) Neuntes Kapitel. Erleuchtung und Absorption des Lichtes. 1 l4. Ein leuchtender Punct sendet ringsum Strahlen von gleicher Intensität aus. Denkt mau sich einen solchen Punct a6 Centrum einer Kugelfläche, so fällt jeder ausgehende Strahl senk' recht auf diese Fläche auf und erleuchtet sie, und gleiche Machen werden offenbar von gleichen Lichtmengen, d. h. von gleich dichter Lichte getroffen. Die Lichtmengen, welche daher zwei ungleichere Stücke einer solchen Fläche treffen, verhalten sich offenbar dirar wie die Leuchtkraft (der Glanz) der leuchtenden Puncte und die Größe der betreffenden Flächen. Denkt man sich den Halbmess^' der Kugelfläche größer, so entsteht eine neue Kugelfläche, die Verhältnisse des Quadrates des Halbmessers größer ist, ohne do h mehr Licht zu erhalten, als die erstere. Daher steht die Dichte d^ Lichtes, welches ein leuchtender Punct auf Stücke von Kugelsiaän" sendet, bei demselben Glanze der Lichtquelle im verkehrten iLer hältnisse mit dem Quadrate der Entfernung dieser Fläche von Modification des Lichtes auf dunklen Fläche». 381 Lichtquelle. Ist die erleuchtete Flache nicht eine Kugelfläche, in deren Mittelpunct sich der leuchtende Punct befindet/ so kann man die Strahlen nur auf ein sehr kleines Stück (ein Element) derselben für senkrecht annehmen und die Beleuchtung nach obiger Regel be¬ rechnen/ die anderen werden von den Lichtstrahlen schief getroffen und nach einem anderen Gesetze erleuchtet. Man nimmt allgemein an, daß die Erleuchtung bei übrigens gleichen Umständen so ab¬ nimmt/ wie der Sinus des Winkels wächst/ unter welchem das Licht einfällt. Hat man es endlich nicht mit einem leuchtenden Puncte, sondern mit einem leuchtenden Körper oder mit einer Licht aussendenden Fläche zu thun / so richtet sich die einer Fläche dadurch zu Theil gewordene Erleuchtung auch noch nach der Menge der leuchtenden Puncte, mithin nach der Größe des leuchtenden Körpers oder der leuchtenden Fläche, und muß für jeden Punct eigens berechnet werden; denn es haben nicht alle Strahlen einerlei Intensität, sondern die schief ausfahrenden sind in dem Verhältnisse weniger intensiv als der Sinus des Ausstrahlungswinkels größer ist. Demnach steht die Erleuchtung einer Fläche im geraden Verhältnisse mit dem Glanze und der Größe der leuchtenden Fläche (oder des jener Fläche zugekehrten Theiles des leuchtenden Körpers, wenn derselbe undurchsichtig oder des Körpers selbst, wenn er durchsichtig ist), im verkehrten mit dem Sinus des Ausstrahlungs- und Ein¬ fallswinkels und mit dem Quadrate der Entfernung der Lichtquelle von der genannten Fläche. 115. Das Licht, welches eine dunkle Fläche trifft, erleidet auf derselben mehrere Modificationen. Ein Theil desselben wird nämlich reflectirt, ein anderer dringt in den Körper ein, und sowohl der reflectirte als der eingedrungene verhält sich wieder auf verschiedene An. Man unterscheidet bekanntlich beim zurückgeworfenen Lichte das regelmäßig reflectirte, welches uns das Bild des leuchtenden Körpers zeigt, von dem zerstreut zurückgeworfenen, wodurch der vksteciireude Köroer selbst sichtbar wird. Der Antheil an letzterem ist desto größer, je polirter der reflcctirende Körper und je größer der Einfallswinkel des Lichtes ist. Daher kommt es, daß manche Körper, die bei fast senkrecht auffallendem Lichte keine Spur von ^lanz zeigen, spiegeln, wenn man sie schief ansieht, und daß ein Körper durch bloßes Glätten seiner Oberfläche zum Spiegel wird. Die Menge des reflectirte» Lichtes überhaupt steht mit dem Ver haltinffe der Brechungsepponenten der zwei aneinander grenzenden 382 Absorption des Lichtes. Mittel, nämlich deS reflectirenden und desjenigen, durch welchkj das Licht dahin gelangt, im Verhältniß. Die an der Oberfläche eines Körpers befindlichen Rauhheiten sind oft Ursache, daß das reflectirte Licht durch Interferenz aufgehoben wird, und eS den Anschein Hal, als würde gar kein Licht reflectirt. Droses fand nach Brewster an einem Rauchtopase Statt, der an seinen Bruch¬ flachen ganz schwarz erschien, ungeachtet er an den natürlichen Flachen viel Licht reflectirte. Das von einem Körper zerstreut reflectirte Licht geht von jedem Puncte desselben nach allen Rich¬ tungen aus und macht ihn sichtbar, kann aber auch, wenn es von diesem wieder zurückgeworfcn wird, andere Körper wie jeder leuch¬ tende erleuchten. Die Größe dieser Erleuchtung wird von denselben Gesetzen beherrscht wie die von einem leuchtenden Körper herrührende. NachVouguer wird von einem Lichtstrahle,'der senkrecht von der Lust auf Wasser fällt, 0.018, von einem, der ebenso von Lust ans Glas kommt, 0.025 reflectirt. Nach Herschel reflectirt ein Mciall- spiegel 0.673 des auffallenden Lichtes. Lambert fand, daß dir Menge des von Glas reffectirten Lichtes bei den Einfallswinkel» svon der Trennungsfläche der Mittel an gerechnet) 15°, 2ü", , 30°, 35°, 40°, 45°, 50°, durch folgende Zahlen ausgedrückt werde: 0.483; 0 367; 0.279; 0.210; 0.165; 0.136; 0.115; 0.98.S-kNM- zer Marmor reflectirt bei 3° 35-, 15°, 30°, 80°, folgende Licht' mengen: 0.6; 0.156; 0.051; 0.023. Nach Potter nimmt d-r Reflexionsvermögen frisch polirter Spiegel mit der Zeit rasch a - (Pogg. Ann. 22. 606.) 116. Auch das in einen Körper eingedrungene Licht verhält ltäl auf mehrfache Weise: In denjenigen Körpern nämlich, welches undurchsichtige nennen, wird alles nicht reflectirte Licht verschliß (absorbirl), in den durchsichtigen geschieht dieses nur mit eine" Theile desselben, der andere geht durch den Körper hindurch, er leidet aber auf dem Wege ununterbrochene Zerstreuungen und t-e Rest! verläßt den Körper wieder nach einer den Brechungegestlp" entsprechenden Richtung. Kein Körper nimmt alles auf ihn fallens Licht auf; denn an der Grenze zweier Mittel muß jeder St"- in zwei Theile getheilt werden, wovon einer reflectirt wird. man demnach nur solche Körper vollkommen durchsichtig nennet die alles auffallende Licht aufnehmen und durchleiten, so wäre en solcher Körper etwas Unmögliches. Wohl ist aber ein Körper de» bar, der den einmal aufgenommenen Antheil des auf ihn gefallt Spezifische Durchsichtigkeit. 383 Lichtes »»geschwächt bis zur anderen Grenze fortleitet und ein sol¬ cher heißt eigentlich vollkommen durch sichtig. Aber es scheint nicht einmal einen solchen Körper in.der Natur zu geben; denn das Licht wird auf seinem Wege in jedem Körper durch Zerstreuung geschwächt, woran der Mangel an Continuität und Homogeneicac der Masse Schuld seyn mag. Dieses zeigt z. B. folgender Versuch: Man leite einen intensiven Lichtstrahl (Fig. 244) in ein ver¬ finstertes Zimmer und lasse ihn recht schief auf ein ziemlich langes und dickes, reineS Glasprisma fallen. Da sieht man den reflec- tirten Strahl deutlich im Inneren des Glases den WegDI>'s?6OHsI nehmen, zugleich aber gebrochene Theile davon in L, D, L, Ich <1, II, / in die Luft austreten. Der Glaskörper selbst erscheint in allen Puncten des Innern sichtbar, zum Beweise, daß auch fast an jeder Stelle eine Zerstreuung des Lichtes eintrete und sich der an den äußeren Grenzen bemerkbare Vorgang im Innern unzählige- mal wiederhole. Eine natürliche Folge dieses Verhaltens ist, daß selbst bei dem durchsichtigsten Mittel der reflectirte und der durch¬ gelassene Strahl zusammengenommen eine geringere Intensität hat als der einfallende, und daß der Unterschied desto größer aus¬ fällt, je größer der Weg ist, den das Licht im Innern eines Kör¬ pers zurücklegen muß. Denkt man sich das betreffende Mittel in rn gleich dicke Schichten getheilt, nennt die Intensität des eindrin- genden Lichtes I und stellt sich vor, in jeder solcher Schichte werde der Theil desselben absorbirt; so hat offenbar das Licht in der ersten Schichte die Intensität I (1—/-), in der zweiten die In¬ tensität 1(1—/l)' und in der letzten (m'e») die Intensität I(s—/r)". Es nimmt demnach die Lichtstärke in einem geometrischen Ver¬ hältnisse ab, wenn die Dicke des Mittels in arithmetischem zu¬ nimmt. Der Werth von z- hängt von der Natur des Mittels, beson¬ ders von dessen Dichte, von der Brechbarkeit des Lichtes und von der Temperatur ab und gibt das Maß der specifischen Durch¬ sichtigkeit der Körper an. Aach Lambert wird von einer grünlichen Glasplatte bei einem Ein¬ fallswinkel von ai" des einfallenden Lichtes absorbirt. Seewas¬ ser absorbirt bei einer Dicke von 679Fuß alles Licht und selbst die Lust würde bei einer Höhe von 518385 Toisen alles Sonnenlicht absorbiren. Dieselbe läßt nachLambert beim senkrechten Einfallen 0.5889 durch. Ein Stück gemeinen Fensterglases läßt die Hälfte, 16 solche Stücke, die zusammen 9Z L. dick sind, lassens und 364 Absorption des farbigen Lichtes. 76—80 solche Stücks gar nichts vom Sonnenlichts durch. Schtmui p. für Lust — 1, so ist sein Werth für Meerwaffer 5.651 oder Meer¬ wasser ist 5.651 mal spec, durchsichtiger als Lust. Berücksichtigt ms», daß das Meerwasser über lOOOmal dichter als Lust ist, so sieht man, daß seine absolute Durchsichtigkeit fast 5000mal kleiner sey als jene der Lust. Aus dem Gesagten erkennt man auch den großen Einfluß der Homogeneität der Masse auf ihre Durchsichtigkeit und kann sich viele Erscheinungen erklären, z. B. warum Papier durch¬ sichtiger wird, wenn man die in seinen Poren enthaltene Luftdurch Öhl ersetzt (es öhlet), warum die Luft desto durchsichtiger ist, je mehr Wasserdünste sie enthält, warum alle Gase Durchsichtigkeit be¬ sitzen, der Hydrophan an Durchsichtigkeit dem Glase gleich kommt, wenn man die Lust in seinen Zwischenräumen durch Wasser ersetzt! ein nicht polirtes Glasstück völlig durchsichtig erscheint, weim man es mit Wasser oder noch besser mit Terpentinöl»! benetzt, dessen Brechungsvermögen dem des Glases nahe gleichkommt.Man kann diesen Umstand sogar zur Bestimmung des Brechungsvermö¬ gens eines Körpers, der zur unmittelbaren Erörterung dieser Größe entweder zu klein ist oder zu wenig durchsichtig erscheint, anwenden, indem man nur eine Flüssigkeit auszumitteln braucht, in welcher derselbe völlig durchsichtig erscheint, das Brechungsvcr- mögen dieser Flüssigkeit ist dann zugleich das des betreffenden Körpers. Durch dieses Mittel erkennt man auch leicht die kleinsten, die Durchsichtigkeit störenden Fehler im Innern ungeschlWer Edelsteine. Zwei Glasplatten sind durchsichtiger, wenn sichWasier als wenn sich Lust zwischen ihnen befindet, am durchsichtigste» aber, wenn man sie mit einem aus Guajacharz und Canadabalsam beste¬ henden Firniß zusammenkittet. Glas verliert seine DurchsichWü durch Zerstoßen (Mengen der Glastheile mit Luft). 117. Bisher sind nur die Falle betrachtet worden, wo jede Gattung farbiger Strahlen im gleichen Verhältnisse absorbirt wur¬ de und daher der Körper weiße Strahlen resieetirte oder durchlief wenn er vom weißen Lichte, blaue, wenn er vom blauen rc. beleuch¬ tet wurde. Es gibt aber unzählige Fälle, wo das auffall-'^ Licht in farbige Theile zerlegt wird und einige derselben durchgehst sen, andere refleetirt werden, ja da mit der Brechung stets eiur Farbenzerstreuung vorkommt und zwei Mittel von ungleicher Brech¬ kraft meistens auch ein ungleiches Farbenzerstreuungsvermogen -e sitzen, so muß bei jedem Wechsel des Mittels das durchgel-stM und resieetirte Licht eine Farbenänderung erleiden, doch ist oft so gering, daß sie unserem Auge entgeht. So refleetirt z- Gold von dem auffallenden weißen Lichte die gelben Strahlen Grund der verschiedenen Färbung. 385 laßt die grünen in seine Masse eindringen, darum erscheint ein sehr, dünnes Goldplättchen im reflectirten Lichte gelb, im durchgelassenen grün; eben so reflectirt Meerwasser die grünen Strahlen und nimmc'.die rothen auf. Die in die Masse eines Körpers eindringen¬ den Strahlen werden häufig in derselben absorbirt, oft »aber auch durchgelassen oder an der zweiten Grenze wieder gegen die erste reflectirt und so ins erste Mittel zurückgesendet. Hält man vor eine dicke grüne Glasplatte ein Streifchen Papier; so steht man im reflectirten Lichte zwei Bilder desselben und zwar ein grünes und ein rothes, wovon das erste durch Reflexion an der ersten, das an¬ dere durch Reflexion an der zweiten Fläche entstanden ist. Nach den von Herschel gemachten Erfahrungen werden verschiedenfarbige Strahlen in demselben Mittel immer nach dem Gesetze absorbirt, daß die Menge des absorbirten Lichtes in einem geometrischen Ver¬ hältnisse wächst, wenn die Dicke des Mittels im arithmetischen Verhältnisse zunimmt, allein derExponent 1—xr des geometrischen Verhältnisses (116) hat für jede Strahlengattung einen anderen Werth. In diesem Gesetze liegt der Schlüssel zur Erklärung aller Farbenerscheinungen. Ein Körper wird diejenigen Strahlen durch¬ lassen, für welche der Werrh von xr am kleinsten ist, und die übrigen absorbiren oder reflectiren. Kann man ihn so dünn ausarbeiren, als es der Werth von xi für andere Strahlen verlangt, so wird er anders gefärbt erscheinen. Von der Art ist z. B. Saftgrün, das in einer dünnen Schichte smaragdgrün, in einer dicken hingegen blutrorh aussicht. Man darf aber hierbei nicht vergessen, daß Strahlen, deren Intensität unter eine gewisse Größe herabsinkr, keinen Eindruck mehr in unserem Auge hervorbringen. Daß der Polarisationszustand des Lichtes Ursache der Färbung mancher Kör- per sey, ist klar, weil der Polarisationswinkel für verschieden¬ farbiges Licht verschieden ist, und daher nur immer ein Lheil des weißen Lichts vollkommen polarisirt erscheint, mithin nur Lieser bei nächster Veranlassung ganz reflectirt, gebrochen oder absorbirt wird, und weil die Jnterferenzgesetze durch den Polarisakionbzustand mo- klßcirt werden. Die Verschiedenheit der Farbe leuchtender Körper hängt wohl hauptsächlich von der Natur derselben ab, da sie aber kaS tzicht nicht blos von ihrer Oberfläche ausströmen lassen, sondern aus ihrem Innern, so muß auch die absorbirende Kraft der Schichte, Lurch welche die Strahlen gehen müssen, darauf Ein¬ fluß haben. Die Absorption selbst ist ohne Zweifel das Resultat der Nalurlehr«. 5. Aufl. 25 386 Dichroismus. Interferenz , durch welche unter den gehörigen Umständen die Strahlen sich aufheben. Gesetzt, cs sey der Werth von ? bei einem Körper von der Art, daß derselbe für das äußerste Roth --- 0.9, für gewöhnliches Roth, str Orang und Gelb — 0.1, für Blau, Dunkelblau und Violet—O.l be¬ trägt, und daß in 10,000 weißen Strahlen deren 200 vom äußersten Noch, 1300 rvthe und orange, 3000 gelbe, 2800 grüne, IM lichtblaue, 1000 dunkelblaue und 500 violette vorkommen; so bleiben von diesen noch übrig: nach der ersten, Äußerste Rothe . 180 Rothe und Orange 130 Gelbe ..... 300 Grüne .... 1400 Blaue.120 Dunkelblaue . . 100 Violette .... 50 zweiten, dritten, vierten Schichte—l 162 146 131 13 1 0 30 3 0 700 350 175 12 1 0 10 1 0 5 0 0 und dieser Körper erscheint demnach in der Dicke 1 grün, in der Dicke — 2 weniger grün, in der 3ten mischt sich roch dazu und nach der 4ten bleibt nur eine dunkle rothgrüne übrig. Aus der ver¬ schiedenen Mischung der einzelnen Farben erklärt man sich leicht die ungeheure Mannigfaltigkeit der Färbung und begreift, wie schc» die Römer blos bei ähren Mosaikarbeiten 30,000 verschiedene Farbai haben konnten. 118. Körper, welche das Licht einfach brechen, haben gewöhn¬ lich, wenn sie durchsichtig sind, im durchgelassenen Lichte nach allen Richtungen dieselbe Farbe; doppeltbrechende hingegen besitzen nach verschiedenen Richtungen eine verschiedene Färbung, d. h- Dichrvismus. Dieses rührt davon her, daß schon die zwei durch doppelte Brechung getrennten Skrahlenbüschel eine verschiedene von ihrer Neigung gegen die Brechungsape abhängige Farbe haben und daß auch in verschiedener Richtung verschiedenfarbige Strahlen al- sorbirt werden. In der gelblichen Varietät des Doppelspathes sir das ungewöhnliche Bild längs der Axe Esters von orangegelber, das gewöhnliche von gelblich weißer Farbe, und dieser Farbenunterschod der zwei Bilder wächst mir der Neigung der Strahlen gegen dn Axe. Ähnliche Phänomene bemerkt man an vielen anderen doppelt brechenden Kristallen. Der Dichroit erscheint längs derApe del dor- pelken Brechung röthlich, in einer darauf senkrechten Richtung gegen blau rc. Durch Temperaturänderung kann dieser Dichwünu'- oft gesteigert werden. So z. B. fand Brewster in einer Parier Weiße der Körper. 3K7 des brasilianischen Topases, wo eines der zwei Strahlenbüschel gelb, das andere braun erschien, daß durch Rothglühhitze die Farbe des un¬ gewöhnlichen Strahles sehr, jene des gewöhnlichen fast gar nicht afficirt wird. 11g. Es ist Jedermann bekannt, welches Licht man weiß nennt. Die Vorstellung des Weißen laßt sich so wenig als die einer anderen Farbe durch eine Beschreibung beibringen; dem Physiker ist aber bekannt, daß weißes Licht aus allen farbigen, in einem gewissen Verhältnisse gemischten Strahlen bestehe. Ein Licht reflec- tirender Körper heißt auch weiß, wenn er die farbigen Strahlen in dem Verhältnisse reflecrirt, wie sie im weißen Lichte vorkommen, und seine Weiße heißt absolut, wenn er alle auffallenden Strahlen im gehörigen Verhältnisse zerstreut zurückwirft. Diese ab¬ solute Weiße wird als Einheit der Weiße überhaupt angenommen, wenn es auch keinen Körper gibt, dem sie zukommt. Die Weiße eines Körpers, der nicht alle auffallenden Strahlen zu reflectiren vermag, bezeichnet man mit dem Bruche, der den reflectirten Theil des auffallenden Lichtes ausdrückt. So ist die Weiße —wenn § der auffallenden Strahlen zerstreut werden. So wie man weißes Licht zum Maßstab der Weiße macht, eben so kann man das in demselben enthaltene rothe Licht zum Maßstabe der Rothe, das darin befindliche blaue zum Maßstabe der Bläue rc. machen, und die Röthe, Bläue rc. eines Körpers durch jene Zahl ausdrücken, welche angibt, den wievielten Theil dec im Weiß enthaltenen rochen oder blauen Strahlen ein Stoff zerstreut zurückwirft. Die Bestimmung dieser Zahl geschieht durch besondere Versuche. So j- B. bestimmt Lambert die Röthe von Siegellack dadurch, daß er eine Stange desselben auf ein schwarzes, von der Sonne stark öeschienenes Papier legt und neben dieselbe einen Streifen weißes Papier. Während er Las Siegellack mit einem Auge ansieht, halt er über das weiße Papier ein dreiseitiges Glasprisma, richtet es auf dieses Papier und wendet es so lange, bis der durch dasselbe er¬ scheinende rothe Streifen auf dem Papiere so intensiv rolh erscheint, wie das Siegellack. Es ist also hier die Röthe des Siegellackes der Weiße des PapierS gleich; wegen der unvollkommenen Durchsich¬ tigkeit des Prisma's ist aber letztere um so viel größer, als das Prisma Licht absorbirr oder zerstreut. Ist nun die Weiße des Pa¬ piers aus anderen Versuchen bekannt, so ist auch die Nörhe des Siegellackes gefunden. Die sogenannten farbigen Körper reflectiren 2ü * 388 P h oto m erer. nicht blos taS Licht von jener Farbe, unter der sie erscheinen,^, lern auch jedes andere, jedoch in einem viel.geringeren Grade; man kann daher wohl von der Rothe oder Weiße rc. eines grünen, gelben, blauen Körpers sprechen und sie sogar durch Versuche, wie der vorhergehende war, bestimmen. Nach Lamb ert's Versuchen ist die Weiße eines Blattes sehr weißen Papiers — 0-154, des Fließpapiers kaum — 0,0835, des Kremser- weißes — 0-4230; die Röche des mit Mennig gefärbten Papiers 0.293, die Röche des mit Zinnober gefärbten — 0.33S. 120. Theils zur strengen Begründung der vorhergehenden photometrischen Satze, theils zur Beantwortung anderer hieher gehöriger interessanter Fragen, muß man die Intensitäten sowohl des direcren als des von Körpern auf was immer für eine Weise modificirten Lichtes messen können. In dieser Beziehung treten aber ganz besondere Schwierigkeiten ein. Wir kennen kein Licht, das die zu einem Maßstabe für anzustellende Lichtmeffungen nöthige Uu- veränderlichkeit besitzt, und sind daher gezwungen, jedesmal, wenn solche Untersuchungen anzusiellen sind, irgend ein für die Dauer desselben möglichst gleichförmig fortdauerndes Licht als Einheit zuw Grunde zu legen; ferner bleibt die Bestimmung des Lichtgrades immer dem Auge anheim gestellt und man hat, wenn man davon die chemischen und erwärmenden Wirkungen des Lichtes ausnimmt, die wenigstens vor der Hand noch nicht zu einem Maßstab für das Licht geeignet sind, keine Scale, an der sich dieser Grad abnehnun ließe. Das Auge ist aber nicht im Stande, ein anderes Verhaü- niß zwischen der Stärke zweier leuchtender Körper bestimmt zu er¬ kennen, als das der Gleichheit, darum man auch bei den phot°- metrischen Bestimmungen die miteinander zu vergleichenden Licht¬ stärken zur Gleichheit bringen und nach den dazu nörhigen Äas- regeln das Lichtverhältniß berechnen muß. Endlich gibt es so unge¬ heuer viele Grade der Färbung des Lichtes, daß zwei ganz gleich' färbige leuchtende oder beleuchtete Körper nicht gar häufig verkommen, und doch begründet jede Farbenverschiedenheit eine Arc Ungleich' tigkeit, die bei Dingen, deren eines durch das andere oder die »ul einem gemeinschaftlichen Maße gemessen werden sollen, schlechter¬ dings nicht vorhanden seyn soll. Die Instrumente, welche zur Ve>- gleichung verschiedener Lichtstärken dienen, heißen Photomel^'- Es gibt deren mehrere, darunter aber kein einziges, über do»" Angabe mehrerer Photo met er. 389 Werth die Physiker einerlei Meinung waren. Alle beruhen darauf, daß man die Wirkungen der zu vergleichenden Lichtquellen entweder durch Veränderung ihrer Entfernung von der zu beleuchtenden Fläche (Ru m fo r d's, Bouguer's, Wolla stons Photometer) oder durch Absorption in Mitteln von verschiedener Dicke (L a m- padius, Maistre's Photometer) oder durch eine Anzahl von Reflexionen (Quetelet's Photometer) zur Gleichheit bringt und hieraus dann die eigentlichen Lichtstärken berechnet. (Zeitsch. I. 72; 6. 466; Pogg. Ann. 29. 186, 490.) Eines der einfachsten ist das Numford'sche. Es beruht auf dem Grundsätze, daß der Schatten eines Körpers desto dunkler erscheint, je stärker seine Umgebung erleuchtet ist, und besteht im Wesentlichen aus einer vertical stehenden weißen Fläche, vor welcher in der Ent¬ fernung von einigen Zollen ein etwa j Zoll dicker cylindrischer Stab steht. Will man den Glanz zweier leuchtender Körper (sür welche dieses Instrument vorzüglich paßt) mit einander vergleichen, so stellt man sie so hinter den Stab, daß derselbe zwei Schatten auf die weiße Fläche wirft, und entfernt die eine oder die andere Licht¬ quelle so weit vom Stabe, bis beide Schatten gleich dunkel erschei¬ nen. In diesem Falle verhalten sich die Lichtstärken wie die Quadrate der Distanzen der leuchtenden Körper vom der Fläche. Nach Wol¬ laston wird das Licht der Sonne mit dem einer brennenden Kerze verglichen, indem man ersteres auf eine mit Quecksilber gefüllte Thermometerkugel fallen läßt, das durch Reflexion entstandene Bild durch ein Fernrohr mit einem Auge, die Flamme der Kerze hin¬ gegen durch eine Convexlinse mit dem anderen Auge ansieht, endlich die Entfernungen dahin abändert, bis beide Bilder gleich hell er¬ scheinen und dann aus dem Halbmesser der Kugel und den obwal¬ tenden Entfernungen das Verhältniß der Lichtstärke berechnet. Ist r der Halbmesser der Thermometerkugel, ck ihre Entfernung vom Auge, so ist der scheinbare Halbmesser des Sonnenbildes in dem kleinen Convexspiegel und der Lichteindruck des Bildes dem Aus- drucke proportionirt, vorausgesetzt, daß der Sonnenhalb¬ messer selbst—1 gesetzt wird. Befindet sich die Lichtflamme in der Entfernung § vom Auge, so ist der Glanz derselben dem Ausdrucke I proportionirt. Ist diese Lichtstärke der ersteren gleich, so ver¬ hält sich die Lenchtstärke der Sonne zu jener der Kerzenflamme wie Es ist klar, daß man durch Vergleichung derSonne und ver¬ schiedener Sterne mit einem Kerzenlichte zur Kenntnis) des Leuchtver- 39st Bestimmung der Lichtabsorption. hältnisses jener Körper unter einander gelangen kann. (Zeitsch. 6. Ritchi e's Photometer besteht aus einem Kasten (Fig. 245), der bei¬ derseits offen und inwendig geschwärzt ist und worin sich zwei glatte, gegen einander um 90°,. gegen die obere Wand des Kastens um 45' geneigte ebene Papierflachen a und b befinden, denen gegenüber eine Öffnung "256 angebracht ist. Beim Gebrauche stellt man die zwei zu vergleichenden Körper den zwei Papierflächen im Kasten gegen¬ über^ so das; letztere durch erstere Licht erhalten und ändert diese Entfernung so lange ab, bis beide Lichtquellen, den zwei Papier¬ flächen eine gleiche Beleuchtung zu Theil werden lassen; in diesem Falle muß sich der Glanz der Lichtquellen nahe wie di« Quadrate ihrer Entfernungen von den beleuchteten Flächen verhalten. Dieses In¬ strument gestattet eine groß« Präcision, besonders wenn man zur genauen Bestimmung der gleichen Erleuchtung der zwei Papierflächm an der Öffnung /ir? rin« Convexlinse anbringt und durch sie auf jene Flächen hinsieht. (Zeitsch. 1. 72.) L a m p a d ius mißt die Licht¬ stärke der Körper durch die Anzahl von Hornscheiben, dis gerade hinreicht, um alles Licht eines solchen zu absorbireu. Maistre be¬ dient sich hierzu eines aus einem weißen und einem blauen Glas¬ prisma zusammengesetzten Parallelepipeds, das mit dem dünnsten Thcile des weißen Prisma's vor das Objectiv eines Fernrohrs ge>. bracht, hierauf das blaue Prisma so lange verschoben wird, bis das dadurch geseheneBild des helleren Körpers, dem des minder helleren mit freiem Auge angesehenen gleich ist. Quetelet's Photometer besteht aus einer ebenen Glasplatte mit vollkommen parallelen Wän¬ den, die mit rechtwinkligen Dreiecken von Zinnfolie belegt sind, welche eine solche Anordnung haben, daß sie die Platte in Planspie¬ gel verwandeln, deren einer das einfallende Licht dem anderen durch Reflexion zusendet, bis es gänzlich verschwindet. Neuestens hat Steinheil ein, wie es scheint sehr zweckmäßiges Photometer an¬ gegeben. vie vielmal das durch diesen Körper gegangene Licht nun schwächer erscheint als vorhin , so viel kommt auf Rechnung der Absorption und Reflexion dieses Körpers. Wäre z. B. die Flamme einer Kerze dreimal stärker befunden wor¬ den als die einer anderen, aber nur 2jmal stärker als dieselbe, wenn ihr Licht durch eine Glasplatte gegangen ist; so beträgt die Menge der von der Glasplatte refleetirten und absorbirten Strahlen §der auffallenden. Auf ähnliche Weise kann man auch die von einem Körper reflectirte Lichtmenge durch ein Photometer bestimmen. Das Hauptwerk über Photometrie ist: -käamüsn/i IVrotomstn/a. 1760. Ferner suv la §nacia/roer As la lamine. Paris 1760. - - - , Zehntes Kapitel. Nähere Darstellung der Vibrationshypothese. 122. Da nun die durch Erfahrung bewährten Gesetze des Lichtes auseinander gesetzt sind, so läßt sich zeigen, wie sich die- blben aus der Vibratioushypothese im Detail ablsiten lassen. Zu leseni Ende soll aber vorläufig bestimmt werden, wie die Ather- schwingungen beschaffen seyu müssen, um den optischen Erscheinun- gen zur Grundlage dienen zu können. Ist dieses geschehen, so müssen sich die Gesetze des Lichtes in den mechanischen Gesetzen dieser Bewegung finden lassen. 392 Lichtschwingungen. 123, Die Mechanik lehrt, daß die Gesetze der Fortpflanzung einer Erschütterung in einem flüssigen Mittel verschieden sind von denen, unter welchen diese Fortpflanzung in einem festen Mittel steht, doch tritt dieser Unterschied erst ein, wenn die Verschiebun¬ gen der Theile aus der Lage ihres Gleichgewichtes eine gewisse Größe überschreiten. Innerhalb dieser Größe erfolgt die Fortpflanzung einer Erschütterung in Körpern von jeder Aggregationsform auf gleiche Weise und zwar so, wie sie im Allgemeinen in festen Körpern vor sich geht. Alles stimmt damit überein, daß die dem Lichte zum Grunde liegenden Schwingungen von der letzter» Art seyen und daher jenen Gesetzen unterliegen, welche insbesondere für feste Körper gelten. Diesem zu Folge erzeugt jede Erschütterung an einer Stelle eines gleichartigen Mittels zwei Wellen, in deren einer eine Änderung der Dichte des Mittels Statt findet und die schwingenden Theile in gewisser Entfernung vom Centrum der Er¬ schütterung in der Richtung der Fortpflanzung der Bewegung oscil- liren, wahrend in der anderen keine s Änderung der Dichte des Mittels eintritt und die schwingenden Theile sich in einer auf der, Fortpflanzungsrichtung senkrechten Ebene bewegen. Diese zwei Wellen schreiten mit verschiedenen Geschwindigkeiten und nach verschiedenen Gesetzen fort, und trennen sich darum gleich vom Ur¬ sprung an. Die Folge wird lehren, daß die optischen Erscheinungen nur durch letztere Schwingungen hervorgebracht werden, und daß erstere nur eine außerhalb des Gebietes der Ovtik liegende Wirkung hervorbringen können. Um eine deutliche Vorstellung zu bekommen, wie die Bewegung der schwingenden Theile mit der auf der Rich¬ tung dieser Bewegung senkrechten Fortpflanzung derselben zusaw- menhängt, denke man sich unter a, ö, a, A, e, / (Fig- von einander abstehende, aber durch Kräfte zusammenhängendeTheile des Mittels, wovon a, b, a aus der Lage des Gleichgewichtes nach a, sZ, gebracht sind, und sich gegen diese Lage zurück j» bewegen suchen, mithin in der Linie aa oscilliren. Da diese Theile mit den anderen A, 6,/° durch Kräfte zusammenhangea, so muß die Verrückung jedes der Theilchen er, b, a auch eine Ver¬ rückung der Theilchen et, s,/zur Folge haben, und letztere müsse" nach S , r, re. kommen, und so geht es mit allen noch etwa am rl, / folgenden Theilchen. Demnach oscilliren die Thrill" in abu, Asst re-, und die Bewegung pflanzt sich von a nach von L nach s re., mithin in einer auf abu senkrechten Richtung s»"- Erklärung der Reflexion. 393 Ist die Welle plan, d. h. liegen die in demselben Augenblicke auj ihrer Gleichgewichtslage gebrachten Äthertheilchen in einer Ebene, so oscilliren alle Theile in dieser Ebene, und diese selbst rückt pa¬ rallel mit sich vorwärts. Es ist aber hier, wie beim Schall (I. 320) jeder Punct einer solchen Welle der Mittelpunct einer neuen, die aus allen Puncten einer Wellenoberfläche entstandenen Elementar¬ wellen setzen sich zu einer wirksamen Welle zusammen, und alles verhält sich so, als wäre die wirksame Welle selbst fortgerückt. 124. Es liegt in der Natur der schwingenden Bewegung, daß ihre Fortpflanzung in einem homogenen Mittel geradlinig und gleichförmig vor sich geht. Da die Geschwindigkeit dieser Fortpflan¬ zung beim Lichte von der Elasticität des Äthers abhängen muß, wenn die Hypothese der Schwingungen für die Optik überhaupt zulässig seyn soll, so müßte die Fortpflanzung des Lichtes in allen homogenen Mitteln mit gleicher Geschwindigkeit erfolgen, falls der Äther in allen Körpern dieselbe Dichte und Elasticität hätte. Da nun dieses nicht der Fall ist, indem die Brechung des Lichtes offen¬ bar auf eine verschiedene Geschwindigkeit des Lichtes in verschiedenen Mitteln hinweiset; so muß man wohl annehmen, verschieden« Körper wirken auch mit verschiedenen Kräften auf den Äther und modiffciren dadurch seine Elasticität und Dichte verschieden. 125. Die Fortpflanzung des Lichtes von einem Mittel in ein anderes, optisch heterogenes, ist im Sinne der Schwingungshypothese ein Übergang der Bewegung aus minder dichtem Äther in dichteren oder umgekehrt. Den Gesetzen der Fortpflanzung der Bewegung von einem Korpertheilchen zum anderen gemäß, muß sich die Be¬ wegung bei diesem Übergange in zwei zertheilen, wovon eine ins alte Mittel zurückkehrt, die andere aber ins neue Mittel übergeht. Erstere begründet das reflectirte (catoptrische), letztere das gebrochene (dioptrische) Licht. Ist AL (Fig. 238) die Grenzfläche der zwei fraglichen Mittel, (7 der leuchtende Punct, ein Lichtstrahl, um ^n es sich handelt, mithin ein Stück der einfallenden als sphärisch vorausgesetzten Lichtwelle; so haben alle in dieser Fläche liegenden Äthertheilchen zugleich eine Bewegung nach der Richtung der dazu gehörigen Tangente. So wie nun beim successiven Fort¬ tucken der Bewegung ein Äthertheilchen auf AL gelangt, wird es daselbst den Gesetzen des Stoffes elastischer Körper gemäß reflectirt (I. 266), alle solche reflectirten Theile bilden die reflectirte Welle klc, die, analytischen Untersuchungen gemäß, gleich der einfallen- 394 Erläuterung der Brechung. den sphärisch ist und ihren Mittelpunct in der durch den leuchtenden Punct <7 gehenden auf senkrechten, geraden Linie ÜL und zwar so weit hinter AL hat, als L vor AL liegt. Es ist klar, daß der reflectirte Strahl durch L und D gehen oder die Richtung LLr haben muß. Zurnäheren Bestimmung seiner Lage hatman LL—LL, LD—DL, LLD—LLD, mithin auch LDL—LDL — und wenn DL senkrecht auf AL steht, LD6 — //D.r, so wie ej die Erfahrung nachweiset. (Suppl. S. 525.) Es ist klar, daß die reflectirte Welle aus den einzelnen, in AL reflectirten Äthertheil- chen nur dann gebildet werden könne, wenn die Fläche Aö hin¬ reichend glatt ist, d. h. wenn viele Puncte derselben in der Ebene AL liegen. Die nicht in dieser Ebene liegenden Puncte erzeugen anders Wellen und zwar ihrer so viele, als es Ebenen gibt, in denen eins hinreichende Anzahl solcher Puncte liegt. Diese Wellen begründen das zerstreute Licht. 126. Die in das neue Mittel übergehende Bewegung pflanz! sich in demselben schneller oder langsamer fort als im alten. Fällt nun eine Lichtwelle schief auf die Grenze des freien und gebundenen Äthers, so tritt erst ein Theil derselben nach dem anderen in da¬ neue Mittel ein; der zuerst eintretende wird natürlich mehr, der spater eintretende weniger verzögert oder beschleunigt, daraus geht eine Wendung der Lichtwelle hervor, aus welcher die Ablenkung des Strahles von selbst folgt. Ist AL (Fig. 239) die Grenze, oberhalb welcher sich freier, unterhalb welcher sich gebundener Äther befindet, <7 ein leuchtender Punct, LD der betreffende Lichtstrahl, mithin DL die dazu gehörige Lichtwelle; so würde sich diese nm sich selbst parallel fortpflanzen und die Lage cis annehmen, weuu der gebundene Äther dieselbe Fortpflanzungsgeschwindigkeit genat- rete, wieder freie, und D/ wäre der verlängerte einfallende Strahl- Wenn aber uncer AL die Fortpflanzung der 'Bewegung langsam vor flch geht, so wird jenes parallele Fortlücken aufgehoben, um während sich im alten Mittel die Bewegung des Theilchens -6 bis fortpflanzt, kommt hie von D nur nach'g-,- die Welle nimmt du Lage sZ-cv an und der Strahl LD erhält die Lage DF, wird als- zum Einfallslothe gebrochen. Geht die Lichtwelle vom weniger ge¬ bundenen Acher in mehr gebundenen über, so erleidet sie im Allge¬ meinen dieselbe Heränderung, wie beim llbergange von freiem Arh^ in gebundenen und der Strahl wird zum Einfallslothe gebrochen findet aber ein Übergang von mehr gebundenen in weniger lsthmu Erklärung der Farben Zerstreuung. 365 denen Statt, so tritt das Gsgentheil ein. Haben für diesen Fall wieder Aö, LD, D/, DL, DZ^, est (Fig. 240) die vorige Bedeutung, so muß die Welle im neuen Mittel die Lage eZw an¬ nehmen , weil unter die Fortpflanzung schneller erfolgt als oberhalb, und der gebrochene Strahl ist DZ-, mithin derselbe vom Einsallslothe gebrochen. 127. Der Änderung der Fortpflanzungsgeschwindigkeit einer Ächerbewegung steht eine Änderung der Wellenlänge zur Seite, und es ist die Anzahl der Wellenlängen, welche in einem bestimmten Strahle enthalten ist, desto großer, je schneller die Vibrationen erfolgen. Wenn zwei Wellen von der Art, wie die hier besprochenen, von einem Mittel in ein anderes übergehen, so erleiden wohl beide eine Änderung ihrer Länge, doch bleibt das Verhältnis; ihrer Längen im neuen Mittel dasselbe wie im alten. Diese Änderung ist nach den Gesetzen der hier besprochenen Bewegung desto großer, je ge¬ ringer die Wellenlänge ist, oder je schneller die ihr zum Grunde liegenden Schwingungen auf einander folgen. Daraus ergibt, sich die wichtige Wahrheit, daß eine Welle, die aus mehreren Par¬ tialwellen von verschiedener Länge besieht, beim Übergänge aus einem Mittel in ein anderes in seine einzelnen Wellen zerlegt wird. Darin liegt nun der Grund der Farbenzerstreuung, welche jede Brechung eines heterogenen Lichtstrahls begleitet. Die Wellenlänge steht demnach bei den Lichtschwingungen mir der Farbe des Lichtes in derselben Verbindung, wie bei den acusiischen mit der Tonhohe,; den kürzesten Wellen entsprechen die brechbarsten, (violetten), den längsten aber die am wenigsten brechbaren (rothen) Strahlen, Daß ein heterogener Schallsirahl nicht wie ein Lichtstrahl beim Übergang von einem Mittel in ein anderes in seine Bestandtheile zerfällt, kommt davon her, daß bei den Schallschwingungen der Aggrega- tionszustand der Körper in Betrachtung kommt, bei den Lichtschwin- gnngsn aber alles wie bei festen Körpern vor sich geht. (Rudb erg Pogg. Ann. t). 483. Bigeon in cis oür'm. 37- 440; Dame ebend. 55. 322.) 128. Das Vorhergehende seht vollkommene Gleichartigkeit des ^ichtmirtels voraus. In einem solchen Mittel schreitet eine Lichtwelle nach allen Richtungen mit gleicher Geschwindigkeit fort, und die Wellenfläche ist demnach eine Kugelfläche. Krisiallisirte Mittel sind in der Regel nicht von dieser Art und in solchen ist die Geschwin¬ digkeit einer Welle nach verschiedenen Richtungen verschieden, mit- M 396 Erklärung der doppelten und tonischen Brechung. hin die Wellenflache keine Kugelflache. Aus den für die Fortpflan¬ zung einer Erschütterung in einem kristalliflrten Mittel geführten Rechnungen geht hervor, daß in einem solchen von seinem Erschiir- terungsmittelpuncte gleichzeitig drei Wellen ausgehen, die im All¬ gemeinen mit verschiedenen Geschwindigkeiten fortschreiten, nach Richtungen, die auf einander senkrechr stehen. In zweien dies» Wellen bewegen sich die schwingenden Theilchen nahe senkrecht an¬ der Richtung der Fortpflanzung der Bewegung und auch senkrecht auf einander, in der dritten erfolgt die Bewegung nahe parallel mit der Richtung der Fortpflanzung. Die zwei ersteren begründen fene zwei Strahlen, in welche ein einfallender Lichtbüschel in einem solchen Mittel getheilt wird, die Bedeutung der letzteren ist vorder Hand noch unbekannt und scheint überhaupt nicht ins Bereich der Optik zu gehören. Aus dem Gesetze der Fortpflanzungsgeschwindig¬ keit der zwei Lichtwellen leitet man die Gestalt der Wellenfiäche ab, welche aus dem Fortschreiten einer Erschütterung nach allen Richtungen entsteht, diese führt zur Kenntniß der Gesetze der Geschwindigkeit, womit sich die Radiivectoren der Wellenflache in verschiedenen Richtungen bewegen, und daraus ergibt sich dann die Richtung der gebrochenen Strahlen, in solcher Übereinstimmung mit der Erfahrung, daß hierin kaum mehr etwas zu wünschen üimg bleibt. Man kann aus den allgemeinen Gleichungen, zu welchen man gelangt, leicht ableiten, daß die Strahlenbrechung in einem kristallisirten Medium, welches in das vielaxige (reguläre) System gehört, gerade so, wie in einem unkristallisirten Mittel vor stch gehe, daß ein ganz gleiches Verhalten Statt finde, zwischen der Fortpflanzung der Wellen in Kristallen vom rhomboedrischen und pyramidalen (sechs- und viergliedrigen) Systeme, gerade so, wie e- die Erfahrung lehrt. Ebenso zeigt die Rechnung, daß sich für den Fall, wo zwei Axen eines Ellipsoides, mit welchen die Fortpflanzung-' geschwindigkeiren der Wellen in Relation stehen, einander gleich sind, welches bei Kristallen vom rhomboedrischen und pyramidale» Systeme der Fall ist, die Wellenflache in ein Umdrehungsellipsoid und in eine Kugel zerlegen läßt (Fig. 241), woraus wieder folgt, daß in solchen Fällen einer der zwei Strahlen eine constante (dem Radius der Kugelfläche entsprechende) und von der Neigung gege» die Kristallaxen unabhängige Geschwindigkeit habe, mithin nach de» gewöhnlichen Gesetzen gebrochen werde. Die Durchschnitte der Wsl- lenflächen mit gewissen Ebenen bestehen ebenfalls aus einem Erklärung der Polarisation. 397 und einer Ellipse, und beide Curven schneiden sich selbst wieder, wenn der Radius des Kreises zwischen den beiden Axen der Ellipse liegt, in den Puncren a, und die Wellenflache hat an jedem solchen Durchschnittspuncce vier Horner, für deren jedes es eine unendliche Anzahl von Tangentialebenen gibt. Da nun vom Mittelpunkte der Wellenfläche aus unendlich viele Linien gezogen werden können, deren jede auf einer Tangentialebene senkrecht steht, so muß sich auch ein einzelner Strahl, der von einem Puncte im Innern des Kristalls in einer der oben erwähnten Richtungen geht, in eine unendlich große Anzahl von Strahlen gelheilt werden. Der Kreis und die Ellipse, welche durch einen Schnitt der Wellenfläche ent¬ stehen, haben natürlich vier gemeinschaftliche Tangenten, wie Durch jede derselben läßt sich eine Ebene legen, welche die Wellen¬ fläche in einer unendlichen Anzahl von Puncten, die einen kleinen Kreis bilden, berührt. Es muß demnach auch ein einzelner, von einem äußeren Puncte kommender Strahl, welcher nach einer bestimmten Richtung gebrochen wird, wieder in eine unendlich große Anzahl von Strahlen, die eine Kegelfläche bilden, gelheilt werden. Daß hierauf die tonische Brechung beruhe, ist klar. (Fresnel in Pogg. Ann. 23. 372; Neumann ebend. 25. 418; Lloyd ebend. 28. 91.) 129. Aus dem bisher Dargestellten läßt sich wohl die Richtung der durch doppelte Brechung von einander getrennten Theile eines Lichtstrahls nachweisen; aber mit der doppelten Brechung steht die Polarisation in unzertrennlicher Verbindung und wenn di. hier besprochene Hypothese auf Anerkennung Anspruch machen soll, so muß sich auch dieser Zustand aus derselben Nachweisen lassen. Die zwei Lichtmellen, in welche eine einfallende Welle in einem doppelt brechenden Mittel gerheilt wird, unterscheiden sich bekanntlich nicht blos durch ihre verschiedene Geschwindigkeit und Richtung, sondern auch darin, daß die Ebene, in welcher die Theile der einen schwin¬ gen, auf jener, worin die Schwingungen der anderen vor sich gehen, senkrecht stehen, daß aber in jeder derselben alle Schwin¬ gungen nahe senkrecht auf die Fortpflanzungsrichtung und in einer Ebene (Pvlarisacionsebene) liegen. Wenn man nun an¬ nimmt, daß gerade darin die Polarisation eines Lichtstrahles be¬ stehe, und daß in einem unpolarisirten Strahle die aufeinander folgenden Schwingungen in verschiedenen Ebenen vor sich gehen, so genügt man allen bekannten Polarisationserscheinungen. 398 Erklärung der Interferenz. 130. Tie wichtigsten Phänomene, welche für diese Ansicht über Polarisation sprechen, sind jene der Interferenz. Nach der Vibrationstheorie ist Interferenz eine Zusammensetzung der v ibrir en d e n Bewegungen in eine einzige Welle. DerErfolg dieser Zusammensetzung ist besonders auffallend, wenn zwei Weilen parallel fortschreiren oder sich unter einem sehr kleinen Winkel schneiden. Begegnen sich nämlich zwei einfache Lichtwellen, die von Atherschwingungen herrühren, welche in derselben Ebene nach pa¬ rallelen Richtungen erfolgen, so wird die aus ihrer Zusammen¬ setzung hervorgehende Bewegung des Äthers in derselben Ebene und geradlinig bleiben. Haben die Wellen von der Lichtquelle an gerechnet bis zum Jnterferenzpuncte gleiche Wege zurückgelegt, so treffen sich Äthercheile, welche sich nach derselben Richtung be¬ wegen, und ihre resulcirende Bewegung ist die Summe der einzel¬ nen Bewegungen. Dasselbe erfolgt, wenn die Differenz der Wege beider Wellen ein Vielfaches einer Wellenlänge ist; betragt hin¬ gegen diese Differenz der Wege ein ungerades Vielfaches einer halben Wellenlänge, so begegnen sich Ärhertheile mit einander ent¬ gegengesetzten Richtungen und ihre resulcirende Bewegung wird gleich 0 oder gleich der Differenz ihrer Bewegungen. Treffen sich Wellen, deren Ätherbewegungen nicht in derselben Ebene erfolgen, so gehr aus ihrer Zusammensetzung meistens eine krummlinige ibe- wegung hervor, die entweder elliptisch oder kreisförmig ist. Da in Körpern, die ein verschiedenes Brechungsvermögen haben, gleich¬ farbige Lichtwellen eine verschiedene Länge haben, so werden zwn Wellen, die sich im Durchschnittspuncte vernichten, so lange sie in demselben Mittel waren, sich nicht immer aufheben, wenn eine in dem alten Mittel bleibt, die andere aber durch ein neues gegan¬ gen ist, und es wird das ganze System der leuchtenden und dunklen Streifen verschoben erscheinen müssen. Es ist klar, daß jene Große, die bei der Theorie der Interferenz mit aa bezeichnet wurde, >n> Lünne der Vibrationshyporhese der Lange einer Lichtwelle entspricht Bekanntlich heben sich zwei entgegengesetzt polarisiere Strahlen durih Interferenz nicht auf. Dieses deutet schon darauf hin, daß in solche Strahlen aufeinander senkrechte Bewegungen vorkommen, diefer Umstand ist es hauprsachlich, welcher zu der Annahme führt daß die Theile einer Lichrwelle nicht in der Richtung ihrer F°"' Pflanzung oscilliren können (123). Die Entstehung eines bcsti"""' ten Polarisalionszustandes selbst ist das Resultat der Zerlegt Interferenz des pol. Lichtes. 399 der Bewegung der Äthertheilchen in zwei auf einander senkrechte Bewegungen nach den Gesetzen der Zerlegung der Bewegun¬ gen überhaupt. So wie eine Lichtwelle auf die Grenze hetero¬ gener Mittel auffallt, erzeugt sie an jedem Punete des neuen Mittels einen Mittelpunkt von Erschütterungen, und wenn es heißt, daß ein solcher Strahl doch nicht ebenso wieder aufgelöst werde, als Wellenmittelpuncrs entstehen, so berücksichtiget man den Umstand, daß nach einer bestimmten Richtung (nach jener des gebrochenen und reflectirten Strahles) das Licht ein Maximum sey, rings umher aber größtentheils durch Interferenz aufgehoben werde. Im geradlinig polarisirten Lichte sind die Bahnen der oscillirenden Äthertheile auch geradlinig ; aus der Zusammensetzung (Interferenz) zweier solcher Bewegungen entsteht dann die elliptische oder kreis¬ förmige Bewegung, d. h. die elliptische oder circulare Polarisation. Es ist überhaupt die Bahn der Theilchen einer Welle elliptisch, wenn dieselbe aus der Interferenz zweier unter 45" polarisirten Wellen hervorgeht, deren Schwingungsdifferenz ein Bruchtheil einer Wellenlänge ist. Diese Ellipse geht in eine gerade Linie über, wenn jener Bruchtheil ein Vielfaches einer halben Wellenlänge, hingegen in einen Kreis, wenn er ein ungerades Vielfaches einer Viertelwellenlänge ist. Überhaupt erscheinen im Sinne dieser An¬ sicht alle Gesetze der Polarisation, doppelten Brechung und Inter¬ ferenz als ein Ergebniß der Zusammensetzung und Zerlegung kleiner Bewegungen. (A i r y in Pogg. Ann. 23. 204; Neumann ebend. 26. 89.) Oscillationen, die in verschiedenen Ebenen vor sich gehen, können immer in zwei aufeinander senkrechte zerlegt werden, und man kann jedenfalls erstere mit letzteren vertauschen oder umgekehrt. Daher kommt es, daß ein gewöhnlicher Strahl als ein aus zwei entgegengesetzt polarisirten Häiften bestehender betrachtet werden kann. Schwingt ein Äthertheilchen (Fig. 242) in einer Ebene, welche jene der Schwingung in der Linie Ltl schneidet, so begründen die Schwingungen einen in dieser Ebene polarisirten Strahl. Die Bewegung des Theilchens in ÄLl läßt sich in zwei andere auf einander senkrechte, Z-L und 6/^ auflvsen und beide dieser Bewe¬ gungen können wieder in zwei andere auf einander senkrechte nach -^/r'und LVabgelöset werden. In der Sprache der Optikheißt dieses: der in LL polarisirte Strahl kann in zwei entgegengesetzte und zwar in und poiarisirte und jeder derselben wieder in zwei andere m ///k und LZL polarisirte zerlegt werden. Erwägt man aber die Aichtun der Bewegungen des ÄthertheilchenS, so findet man, daß 4M Erklärung der Beugung. sich auflöset: die Bewegung nach der Richtung in die Bewe¬ gungen nach den Richtungen und ferner die nach m solche nach den Richtungen und und jene nach ^nach den Richtungen und Es sind demnach die Richtungen nach M übereinstimmend und die Bewegungen nach denselben verstärken sich; ; jene nach ^ZllZ und sind aber einander entgegengesetzt und ken¬ nen sich aufheben, so daß demnach wieder nur ein nach pola- risirter Strahl übrig bleibt. In dec entgegengesetzten Richtung nach und liegt der Grund, warum bei der Interferenz veil Strahlen, wie sie in 98 erwähnt wurden, eine'halbe Schwingung verloren geht. 131. Bisher wurde immer eine ununterbrochene Lichtwelle be¬ trachtet. Aus der Unterbrechung einer solchen gehen die Beugimgs- phänomene hervor/ die sich auch bis ins kleinste Detail aus der Vibrationshypothese erklären lassen. Ist z. B. L (Fig 246) em Lichtpunct, ab eine davon ausgehende/ bereits zur Öffnung de- Schirmes stM gelangte Welle, die sich bekanntlich dadurch erwei¬ tert/ daß von jedem ihrer Puncte einzelne Wellen (Elementar- wellen) hervorgehen und sich zu einer wirksamen Welle zusammen¬ setzen / gerade sv/ wie aus den Durchschnirrspuncten von Kreisen, deren Mittelpuncte in einem Kreisumfange stetlig Herumliegen, wieder ein Kreis hervorgeht. Es resultirt demnach die erweitern Welle cri aus den einzelnen/ von jedem Puncte des Wellensiück^ ab ausgehenden Elemenrarwellen. 'Letztere bilden einen mit ab ähn¬ lichen Bogen cct und innerhalb der Ausdehnung desselben findet keine Aufhebung Statt. Anders ist es außerhalb des Bogens cä, da treffen wohl auch Elemenrarwellen zusammen/ allein viele der selben stehen in völliger Opposition und heben sich demnach gänzbV auf und es bleiben nur wenige übrig. Man kann zeigen, daß an einem Puncte e von allen hier zusammentreffenden nur zwei übng bleiben, die von a und ö ausgehen, und aus der Interferenz dicht zwei Wellen entspringen die Farben im gebeugten Lichte. Heraus wird begreifllich, wie die Beugung zur Bestimmung der Länget Lichlwellen dienen kann. Fraunhofer hat so gefunden: Par. für den rochen Strahl im leeren Raume die Wellenlänge 0.000»-^ » » orangen » » » » » » grünen » » » » » » blauen » >, „ ,, » » indigoblauen » >, » » „ ,, violetten » » » » Emanakionshypokhese. Reflexion. 401 In brechenden Mitceln ist die Wellenlänge im Verhältniß des Brechungsexponenten länger. 132. Die Phänomene der Absorption des Lichtes scheinen großtentheils aus der Interferenz der Strahlen hervorzugehen, welche in verschiedenen Schichten der Körper reflectirt werden; denn eS ist klar, daß die Differenz der Wege von Strahlen, deren einer aus einer geringeren, der andere aus einer größeren Tiefe eines Körpers nach auswärts gelangt, verschieden und zu Erzeugung der mannigfaltigsten Jnterferenzphänomene geeignet seyn muß. Wrede hat sogar gezeigt, dgß hierin der Grund der schwarzen Linien in den prismatischen Farbenbildern liege und daß demnach dieselben blos von der absorbirenden Kraft des Lichtmittels abhängen. (Pogg. Ann. 33. 353.) 133. Vergleicht man die Leistungen der Vibrationshypothese mit jenen der Emanationshypothese, so kann man nicht umhin, ersterer den Vorzug einzuräumen. Letztere erklärt im Grunde nicht mehr als die Reflexion, einfache Brechung und Zerstreuung des Lichtes und konnte demnach zur Zeit, wo diese Phänomene die wichtigsten der Optik waren, gewissermaßen genügen. Heut zu Tags aber, wo man Modificationen des Lichtes kennt, welche in dec Emanationshypothese gar keine Erklärung finden, wie z. B. die Interferenz, Polarisation, doppelte und tonische Brechung, ja sogar andere, deren Gesetze mit dem Geiste dieser Hypothese gar nicht vereinbarlich sind, wie dieses mit der Beugung der Fall ist, da muß man diese Ansicht verlassen, so groß auch die Autoritäten seyn mögen, welche sie ausbildeten oder sie noch gegenwärtig in Schutz zu nehmen suchen. Die Erklärung der Reflexion des Lichtes wird im Geiste der Emana¬ tionshypothese folgendermaßen gegeben: Weil der auffallende Strahl zuerst seine ganze Geschwindigkeit verliert und hierauf eine gleiche nach entgegengesetzter Richtung bekommt; so muß vom reflectirenden Körper eins Kraft ausgehen, die auf das Licht abstoßend wirkt. Die Wirkung dieser Kraft kann nicht erst beginnen, wenn das Licht die reflectircnde Ebene berührt, weil sonst die Erhöhungen und Ver¬ tiefungen, die sich auch an den möglichst polirten Oberflächen be¬ finden und gegen die Feinheit des Lichtes unendlich groß sind, zur Folge haben müßten, daß eine Reflexion nach allen Seiten erfolgen müßte und nicht in der Qrdnung, wie das Licht auffällt, welches doch beiden Spiegeln der Fall ist. Die Wirkungssphäre dieser Kraft muß aber doch sehr klein seyn, weil der Erfahrung gemäß ein Strahl Naeurlehrc. 5. A»fl. 26 402 Brechung und Farben z erst re nung. von den Theilen, die in einer merklichen Entfernung vom Einfalls pnncte liegen, gar keine Einwirkung erfährt. Denkt man sich M, die Geschwindigkeit eines schief auf eine reflectirende Fläche einfal¬ lenden Strahles in eine auf diese Fläche senkrechte (normale) und in eine mit dieser parallele aufgelöset, so wird nur erstere durch die abstoßende Kraft des Mittels verringert, letztere aber gar nicht afficirt. Dcßhalb beschreibt der Strahl von dem Augenblick an, w» er in die Wirkungssphäre des Mittels eintritt, eine krumme gegen das Mittel convexe Bahn. Sobald die ganze normale Geschwindig¬ keit aufgehoben ist, bewirkt die abstoßende Kraft eine der normalen Geschwindigkeit des Lichtes entgegengesetzte, und diese mit der übrig gebliebenen parallelen Geschwindigkeit zusammengesetzt, gibt eine der vorher genannten gleiche krumme Bahn für das Licht, und am Puncte, wo dasselbe die Wirkungssphäre des Mittels verläßt, fährt es nach der Tangente dieser Curve fort und bildet so den restectirten Strahl. — Die Brechung des Lichtes sieht man nach dieftr Hypo¬ these als das Ergebniß einer anziehenden Kraft des brechenden Mittels an. Man meint, es sey diese Kraft in keinem Widerspruche mit der, woraus nach derselben Ansicht die Reflexion des Lichtes erklärt wurde, weil es denkbar ist, daß dieselbe Kraft, die in einem Zustande anziehend wirkt, in einem anderen eine abstoßende Wir¬ kung ausübe. Diese Kraft muß nach einer Richtung wirken, welche auf der Oberfläche des brechenden Mittels senkrecht sieht, weil ein senkrecht einfallender Strahl nicht gebrochen wird, und ihre Wirksamkeit kann sich in einem merklichen Grade nur aus eine sein geringe Entfernung erstrecken, weil sonst die Ablenkung des Lichn- schon in der Nähe des brechenden Mittels bemerkbar seyn nniß«, was aber nicht der Fall ist. Ilm aus der Wirksamkeit dieser Kr>-- die Erscheinungen der Brechung abzuleiten, denke mau sich wi"-- die Geschwindigkeit des vom leeren Raume einfallendeu Lichte» eine normale und in eine parallele zerlegt. Erstere wird durch ut anziehende Kraft des Mittels beim Eintritte des Lichtes in dasM- verstärkt, letztere davon gar nicht afficirt; daher kommt es, "b die Bahn des Lichtes, welche die Resultirende dieser beiden Been¬ gungen im durchsichtigen Mittelist, näher an der Normalen ln-e- als im leeren Raume, und daher eine Brechung zum Einfali»^^ erfolgt. Kommt das Licht nicht vom leeren Raume, sondern »e» einem brechenden Mittel in ein anderes, so hängt das Ergebnis Brechung von dem Unterschiede der anziehenden Kräfte lnn- Mittel ab. Ist die Kraft des Mittels, aus welchem ein Stre. kommt, kleiner, als die desjenigen, in welches er eiutritt, st " der Erfolg derselbe, als käme er vom leeren Raume in ein Wick- - dessen Anziehung dem Unterschiede der anziehenden Kraft ben gleich ist; er wird daher, wie vorher, zum Einfallslothe gebrestk- Lerhält es sich aber umgekehrt, so ist cs gerade so, als wenn Das A u g e. 403 zweite Mittel abstoßend auf das Licht wirkte mit einer Kraft, welche dem Unterschiede der Anziehungskräfte beider Mittel gleich ist. In diesem Falle wird die auf die Einfallsebene senkrechte Geschwindig¬ keit des Strahles beständig vermindert, ec beschreibt eine gegen das Einfallsloth convexe, krumme Linie und wird vom Einfailslothe ge¬ brochen. Die Farbenzerstreuung ist eine natürliche Folge der Wirksam¬ keit solcher anziehender Kräfte, welche aufLichttheile von verschiedener Masse verschieden wirken und dadurch eine verschiedene Ablenkung derselben hervorbringen. Erl ft es Ka.pitel. Das Auge und das Sehen. 134. Durch den Sinn des Gesichtes gelangen wir zur Vor¬ stellung der Größe, Entfernung, Gestalt, Lage, Be¬ wegung und Farbe eines Körpers. Das Organ dieses Sinnes ist das Auge. Der für den Physiker wichtigste Theil des Auges ist der Augapfel. Dieser befindet sich in einer Höhlung im Kopfe, in welcher ec durch Muskeln nach verschiedenen Seilen bewegt werden kann, und ist durch die Augenlieder und Augenwimpern vor äußeren zu starken Einwirkungen und vor Unreinigkeit geschützt. Der Augapfel (Fig. 246) hat nahe die Gestalt einer Kugel und besteht im wesentlichen aus Häuten und sogenannten Feuch¬ tigkeiten. Die äußerste, dicke, feste, weiße, elastische Hauc er heißt die harte Haut (tunma Lc/snotica), ihr vorderer durch¬ sichtiger, mehr convexer Theil ü Hornhaut (ccmuea). Unter der harten Haut liegt die Aderhaut (tuu-ca c/ionoickea). Diese besteht meistens aus kleinen Gefäßen, liegt hintenan die harte Hautan, trennt sich aber vorne, wo die Hornhaut anfängt, von derselben und geht in die Regenbogenhaut (r>s§) über. Diese Hal in der Mitte eine Öffnung, daS Lichtloch c welche sich erweitern und zusammenziehen kann. Endlich befindet fich innerhalb der Aderhauc die Netzhaut (n-klua), welche eine Ausbreitung des Sehnerves ck ist. Das Innere des Augapfels ist durch die Regenbogenhaut in zwei Kammern getheilt, welche durch die Pupille mit einander in Cvmmunication stehen. In diesen Kam¬ mern befinden sich die Feuchtigkeiten. Die innere Kammer zwischen der Netzhaut und der Regenbogenhaut enthält die Glasfeuchtigkeit, eine äußerst durchsichtige, gallertartige Substanz. In einer Verue- 26 * 404 Bedingungen des DeurlichsehenS. fung derselben gegen vorne liegt die zwar beiderseits, aber ungleich convexe, nach Krause vorne elliptisch, rückwärts parabolisch ge¬ krümmte Kristalllinse e, die aus zarten Platten besteht, welche inwendig einen dichteren Kern in sich schließen; ihre convexere Sein ist gegen die Netzhaut gekehrt. Sie befindet sich in einer durchsich¬ tigen Kapsel, welche nach Th. Smith am' Umfange mit einem Muskelbündel versehen ist. Zwischen der Linse und der Hornhaut ist endlich eine wafserhelle, etwas salzige Flüssigkeit, die sogenannte wässerige Feuchtigkeit, enthalten. Die Augen vieler Thiere, wie z. B. der meisten Säugethiere, der Vogel, sind denen des Men¬ schen sehr ähnlich. Fische haben eine fast kugelförmige Kristalllinse, nur wenig Glasfeuchtigkeit und fast keine Wafferfeuchtigkeit. Jn- secten haben zwei Arten von Augen, kleine einfache und große facettirte. Beide kommen in verschiedener Anzahl vor. (Anatomische und physiologische Darstellung des menschlichen Auges von F. Müller. Wien, 1819.) 135. Fällt von einem leuchtenden Puncte ein Lichtkegel ins Auge, so dringen die auf die Pupille fallenden Strahlen ein und vereinigen sich in einem Puncte, nachdem sie bei ihrem Durchgänge durch die Feuchtigkeiten des Auges gebrochen worden sind. Indem dieses von jedem Puncte gilt, so entsteht von einem leuchtenden Gegenstände ein kleines, verkehrtes Bild, durch welches der Sehnerv afficirt wird. Wie von da weiter das Sehen vor sich gehe, wäre eine für den Physiker fremdartige Untersuchung, wenn sie auch in¬ nerhalb der Grenzen des menschlichen Wissens läge. 136. Damit dieses Bild auf die gehörige Weise wahrgenom- men werden könne, muß es deutlich, hinreichend hel> seyn, gerade auf die Netzhaut fallen, eine hinreichende Große haben und lange genug a n h a lten. — Zue zielung der norhigen Deutlichkeit ist das Auge so eingerich¬ tet , daß die Bilder von der sphärischen Abweichung frei sin^ Zur Aufhebung dieser Abweichung trägt vorzüglich die Form der Kristalllinse, die Lage der als Blendung dienenden Iris und endlich die Wölbung der Netzhaut bei; von der chromatischen Abweichung ist das Bild im Auge nicht frei, und die brechenden und zerstreuen¬ den Kräfte der Kristall- und Glasfeuchtigkeit sind von der Ard daß sie eine chromatische Compensation unmöglich machen; auch der vollkommene Achromatismus des Auges nicht nothwendig/ man ohnehin nur die in der Axe oder nahe an ihr liegenden Richtkraft deS ArrgeS. 405 Objecte deutlich steht. (Gilb. Ann. 56. 301.) Um dem Bilde die nöthige Helligkeit zu verschaffen, muß der ihm entsprechende Gegenstand die gehörige Lichtmenge ins Auge senden; bei zu starkem Lichte zieht sich dis Pupille zusammen und laßt nur einen kleinen Lichtkegel ins Auge gelangen, bei zu schwachem erweitert sie sich und nimmt einen größeren Lichtkegel auf, doch hat dieses seine Grenzen, und man kann weder bei zu starker noch bei zu schwacher Beleuchtung hell sehen, aber diese Grenzen liegen sehr weit aus ein¬ ander. Man kann z. B. beim Lichte einer Wachskerze und bei dem vielmal stärkeren Sonnenlichte, ja sogar bei dem viel schwä¬ cheren Lichte des Vollmondes lesen. Augen, die an sparsames Licht gewöhnt sind, sehen selbst dort noch hell genug, wo es für den im vollen Tageslichte wandelnden dunkle Nacht ist. lÄn mechanischer Druck auf das Auge steigert dessen Empfindlichkeit für das Licht, und scheint in vielen Fällen selbst eine Lichtempfindung hervorzu¬ bringen. Wenn das Licht von seinem Mittel nicht geschwächt würde, so müßten leuchtende und beleuchtete Körper in jeder Entfernung gleich hell erscheinen. Bei größerer Entfernung kommen zwar von jedem Puncte weniger Strahlen ins Auge, aber die Bilder der einzelnen physischen Puncte rücken einander in demselben Maße näher und das ganze Bild des Objectes wird in demselben Verhält¬ nisse kleiner. Die Abnahme des Glanzes leuchtender Körper bei wachsender Entfernung rührt daher blos von der absorbirenden Kraft des Mittels her. 137. Es ist nicht zu bezweifeln, daß die Netzhaut allein der wahre Sitz des Sehens sey, doch beschränkt sich die Wirkung des Lichtes nicht auf die unmittelbar getroffene Stelle, sondern erstreckt sich auch auf die nächste Umgebung derselben, etwa so, wie ein Druck auf ein gespanntes Tuch rings um die gedrückte Stelle eine Ein¬ biegung erzeugt. (Pogg. Ann. 27. 490. 29. 339 ; Zeitsch. F- 2. 236.) Es ist klar, daß bei unveränderlicher Einrichtung des Auges nur von Gegenständen, die eine gewisse Entfernung vom Auge haben, das Bild auf die Netzhaut fallen kann. Da aber die Erfahrung lehrt, daß man Gegenstände von verschiedener Entfer¬ nung deutlich sieht; so muß in der Einrichtung des Auges etwas veränderlich seyn. Ob dieses die Lage oder Gestalt der Linse oder der Netzhaut sey, ist nicht entschieden; wahrscheinlich ist es aber, daß die Linse durch Zusammenziehen der an der Kapsel angehefteten Muskel convexer gemacht und der Entfernung der Gegenstände an- 406 Sehweite. Kurzsichtige. Weitsichtige. gepaßt werden kann. Man empfindet es auch, es ändere sich im Auge etwas, wenn man es von einem nahen Objecte auf ein fer¬ neres richtet. (Brewster in Pogg. Ann.2.271.) Ein Theiltiefer Veränderung hängt von unserem Willen, ein anderer aber nur vom Lichteindruck ab. Doch hat diese Richtkraft des Anges ihre Grenzen, und das Auge vermag im gesunden Zustande nicht, das Bild eines Gegenstandes, der ihm näher steht als 8 —10 Zoll, auf die Netzhaut zu bringen. Darum sieht man auch nur jene Gegenstände, die außerhalb dieser Grenze liegen, mit gehöriger Deutlichkeit. An dieser Grenze selbst ist das Bild deutlich und zeigt sich am hellsten und größten, dar. m heißt die Entfernung van 8 — 10 Z. die Entfernung des deutlichen Sehens (Sehweite). Man sieht demnach in jeder Entfernung, die nicht kleiner ist als 8— 1OZ., Objecte deutlich, und nimmt darum nicht selten an, daß zum deutlichen Sehen parallele Strahlen erfordert werden, wiewohl diese Annahme nicht ganz richtig ist, oberste gewährt in der Rechnung manche Vortheile. Bei einigen Menschen ist die Entfernung des deutlichsten Sehens bedeutend kleiner, bei anderen viel größer als die vorhin angegebene. Erstere heißen kurz¬ sichtige, letztere weitsichtige; jener Fehler läßt sich durch den Gebrauch von Hohllinsen, dieser durch den Gebrauch von Con¬ vexlinsen verbessern, weil jene ein Bild geben, das minder voni Auge entfernt ist, als der Gegenstand, diese hingegen eines, dessen Entfernung die des Gegenstandes übertrifft. Unter W>W ist jedes Menschenauge sehr weitsichtig und kann nur mittelst eunr sehr convexen Linse deutlich sehen. Ohne diese vernimmt es von einem Gegenstände nur einen Lichtschein, aber kein Bild. (M»u ä> in Pogg. Ann. 2. 257.) Nur die vorhandene Kurzsichtigkeit und Weitsichtigkeit deutet an, das man Brillen brauchen soll, nicht etwa der Umstand, daß mau uu Brillen Heller sieht, als ohne sie. Daher werden auch für ein nicht jene Brillen passen, mit denen es am schärfsten siehtH°" decn die schwächsten von allen denen, mit welchen eö in der «sss weite deutlich steht, Jede Brille soll genau sphärische Krümmungen haben, darum haben auch nicht Brillen von jedem Künstler gleich^ Werth. Oft muß die Brille für ein Auge stärker seyn, als für andere; manches Auge braucht gar cylindrische Brillen. lfieiü Z. 452.) Gewöhnliche Brillen aus farbigem Glase sind em fss' dickeren Stellen dunkler als an den dünneren; isochromatische Brnj" (aus weißem Glase mit daran gekitteten blauen, allenthalben dicken Schalen) sind sehr zu empfehlen- Periseopische Brillen 0'"' Dauer des Lichteindruckes. 497 Menisken) haben zwar den Vortheil, daß man durch sie auch dis seitwärts gelegenen Objecte noch deutlich sieht, spiegeln aber zu sehr. Jede Brille soll möglichst nahe am Auge seyn; darum die Sattel¬ brillen nichts taugen. Beim Auswahlen einer Brille soll man stets mit schwächeren anfangen und zu den stärkeren aufsteigen, nicht aber umgekehrt, und man darf nicht vergessen, daß sich das Auge schnell nach der gebrauchten Brille richte und das Urtheil über die Zweck¬ mäßigkeit einer solchen beirre. Wer daher nicht nach der zweiten Wahl die richtige Brills gefunden hat, fahre nicht fort, noch weitere Auswahl zu treffen, sondern gönne dem Auge einige Ruhe. Man hat auch eigene Instrumente (Brillenmesser, Optometer), welche schnell die Brennweite der dem Auge angemessenen Brille angeben. (Stampfer im Jahrb. des k. k. polyt. Inst. V. 17.; Ad a m s An¬ weisung zur Erhaltung des Gesichtes ic., a. d. Engl-, Gotha, 1794.) 138. Wenn das Bild auf der Netzhaut noch deutlich wahrge¬ nommen werden soll, so muß es eine gewisse Große haben, die von der Beschaffenheit des Auges und von der Beleuchtung des Gegenstandes abhängt, Für ein gewöhnliches Auge muß das Bild eines mäßig erleuchteten Objectes —Z. lang oder breit seyn, mit¬ hin unter M. erscheinen; einen glänzenden Silberdraht steht man aber noch unter einem Winkel von 2 Sec. und selbstleuchtende Ge¬ genstände noch, wenn dieser Winkel nicht mehr meßbar ist, doch bleibt zuletzt von ihnen nur mehr ein Lichtschein übrig. Plateau sah Weiß im Sonnenlicht bei 12", Gelb bei 13", Roth bei 23", Blau bei 26", im Schatten war jeder Winkel etwa um großer. Jeder Lichteindruck braucht sowohl zu seiner vollkommenen Entwick¬ lung als zum völligen Verschwinden eine gewisse Zeit. Diese richtet sich, Plate au's Versuchen zu Folge, bei übrigens gleichen Um¬ ständen nach der Farbe. Den dauerndsten und stärksten Eindruck hinterläßt Weiß, dann folgen in der Ordnung: Gelb, Roth, Blau. Dis mittlere Dauer aller Farben, vom Momente der größten Stärke an, bis zum völligen Verschwinden beträgt O".34. Folgen Eindrücke sehr schnell auf einander, so stießen deren mehrere in einen zusam¬ men, und das Auge erhält von allen nur einen einzigen, conti- uuirlichen Eindruck, es verschwinden die zwischen den einzelnen Affectionen liegenden Pausen und das Auge erhält eine Reihe zu¬ sammenhängender Eindrücke. Geht der Eindruck zu schnell vorüber, so nimmt man nichts davon wahr. Darum steht man eine abgeschos- lcne Flintenkugel nicht in ihrem Fluge. Nach Schmidt verschwin¬ den die Umrisse eines MrZ. vom Auge entfernten Körpers, wenn er in einer Secunde einen Bogen von 198" öl' und der Gegen, 408 Scheinbare Größe und Entfernung. siand selbst, wenn er 265" 8' zurücklegt. Das Deutlichsehen außn der Augenaxe liegender Puncte wird durch die große Beweglichknt des Augapfels, vermöge welcher mehrere Puncte schnell hinter ein¬ ander in diese Axe gebracht werden, und durch die den Eindruck über¬ dauernde Wirrung des Lichtes möglich. 139. Von der Größe des Bildes im Auge hangt die scheinbare Größe der auf einmal übersehenen Gegenstände ab; es muß daher alles, was jene ändert, auch eine entsprechende Änderung in dieser hervorbringen. Ist (Fig. 247) ein leuch¬ tender Gegenstand, <7 die Augenöffnung, DL ein Stück der Netzhaut, so geben die von den äußersten Puncten A und durch L gehenden Strahlen die Größe des Bildes üa, welches im -Auge entsteht. Da diese offenbar von der Größe des Winkels abhängt, so kann man letzteren mit Recht den Gesichtswinkel (üng-rckuL o/>tr'cus) nennen und als das Maß der scheinbaren Größe eines Gegenstandes ansehen. Er wird aber selbst durch die absolute Größe des Gegenstandes und durch seine Entfernung rom Auge bestimmt und ist desto größer, je größer jene, und je kleiner diese, ist. Die scheinbare Größe eines Gegenstandes, den man nicht auf einmal übersieht, wird theils durch dis Größe seiner auf einmal übersehenen Theile, theils durch den Weg bestimmt, den das Auge durchlaufen muß, um alle seine Theile hinter einander zu übersehen. 140. Das Bild der Gegenstände erscheint zwar im Auge, aber wir versetzen es auf eine uns unbegreifliche Weise außer uns meine Entfernung von uns, die nicht durch unmittelbare Empfindung ge¬ geben ist, weil sie nicht von dem Wege abhängt, den ein Strahl gemacht hat, bevor er in das Auge kömmt. Alles, was wir über Entfernung eines Gegenstandes von uns wissen, ist 8°^ eines Urtheils, das durch Empfindungen, die sich mit der Entfer¬ nung der Gegenstände vom Auge ändern, bestimmt wird. Diele Empfindungen bestimmen : 1) Der Winkel, den die Augenapen mir einander machen, d. h. die Linien, welche von einem leuchtende» Puncte aus durch die Mitte beider Augenöffnungen gehen. Am" wir die Entfernungen eines Gegenstandes beurtheilen wollen, rich' ten wir beide Augenapen (beim Schielen ausgenommen) ar Punct desselben; je näher dieser liegt, desto größer ist der der Augenapen und desto mehr Anstrengung kostet es die Muskel»/ diese Richtung herzustellen. Es steht daher die Empfindung dies" Anstrengung mit der Entfernung des leuchtenden Punctes in Ve>- Wmkel Scheinbare Gestalt. 409 biiidung. Dieses Beurtheilungsmittel fehlt dem ganz, der nur mit einem Auge auf einen Gegenstand sieht, darum irrt er sich häufiger in seinem Urtheile, wie folgender Versuch zeigt: Hängt man einen kleinen Ring an einem dünnen Faden frei auf, und stellt sich so, daß man seine öffnung nicht sieht, nimmt endlich einen Stab von ungefähr drei Fuß Lange zur Hand, der an einem Ende unter einem rechten Winkel gebogen ist; so wird man mit diesem Haken die Öffnung des Ringes meistens verfehlen, wenn man blos mit einem Auge darauf sieht, während man den Ring leicht anfaßt, wenn man beide Augen zu Hilfe nimmt. 2) Die Stärke der Be¬ leuchtung eines Objectes. Nimmt diese ab, so scheint seine Entfer¬ nung von uns zu wachsen. 3) Die Menge der zwischen dem Auge und dem Gegenstände liegenden Dinge. 4) Die scheinbare Größe. 5) Seine Lage gegen die Dinge von bekannter Entfernung. Je mehr solche Empfindungen auf unser Urtheil über die Entfernung Einfluß haben, desto richtiger wird es ausfallen. Bei nahen Gegenständen helfen fast alle erwähnten Puncte Zusammen und gewähren uns eine große Sicherheit des Urtheils; je größer die Entfernung wird, desto mehr sieht man sich dieser Hilfsmittel beraubt, bis endlich bei einer Entfernung, welche eine gewisse Grenze übersteigt, nichts übrig bleibt, auf das wir unser Urtheil stützen könnten. — Anders Verhaltes sich mit der scheinbaren Entfernung der auf einmal gesehenen Gegenstände von einander. Diese wird blos durch den Abstand der Bilder dieser Gegenstände im Auge bestimmt und verhält sich daher wie die scheinbare Größe desselben. Darum können wir die Entfernung solcherObjecte von einander, die in der Richtung der Augenaxen liegen, nicht beurtheilen. Auch zur Beurtheilung der Distanz der zwei Bilder eines Gegenstandes in beiden Augen ist uns nichts gegeben, sobald sie auf gleich gelegenen Puncten der Netzhaut entstehen. Darum sehen wir auch mit beiden Augen die Gegenstände nur einfach. Wenn man aber ein Auge mit dem Finger drückt und dadurch bewirkt, daß die zwei Bilder in beiden Augen nicht mehr auf gleichliegende Stellen der Netzhaut fallen, so sieht wan das Object doppelt. (Feilsch. 5. 117.) 141. Mit der scheinbaren Größe eines Dinges ist uns zugleich ^r Umriß seiner uns zugekehrten Fläche, und mit der Entfernung jedes einzelnen Punctes derselben auch zugleich die räumliche Be¬ schaffenheit dieser Fläche gegeben, daher durch beides dessen Gestalt. Nicht selten ist uns zur Beurtheilung der Gestalt eines Körpers in 410 Scheinbare Lage und Bewegung. nerhalb seiner Umrisse die Vertheilung des Lichtes auf ihm und du Lage seines Schattens behülflich. An einem convexen Körper in immer ein Punct leuchtender als die anderen fl/wRt M der Schatten eines solchen liegt der Lichtquelle gegenüber; beieinm concaven liegen die Lichtquelle und der Schatten auf derselben Seite Jeder Körper erscheint uns aber nur als Fläche, weil sein Bild im Auge auch nur eine Fläche ist. 142. Die Lage, welche die Bilder mehrerer Gegenständem Auge zu einander haben, gibt die scheinbare Lage dieser Ge¬ genstände selbst. Wiewohl das Bild gegen seinen Gegenstand verkehrt erscheint, so haben doch mehrere Bilder unter einander dieselbe Lage, wie die ihnen entsprechenden Dinge außer dem Auge, und erscheinen uns demnach auch in natürlicher Lage. Daß sie auf¬ recht erscheinen, hat den Grund in der Art, wie das Licht die Netzhaut afficirt. Worin die Natur des Lichtes auch immer bestehen mag, so muß doch die Affection der Netzhaut durch einen Stoß er¬ folgen, der sich in das Innere derselben in unveränderter Richtung fortpflanzt. Der Stoß der Strahlen, die vonOmntersten Puucte eines Objectes kommen, nimmt die Richtung durch diesen Punct von unten nach oben, diejenigen Strahlen, welche vom obersten Puncte ins Auge kommen, zielen von oben nach unten, und es ist daher dem gewöhnlichen Gange unserer Empfindung gemäß, das als unteres zu erkennen, das von unten aus, jenes als oberer, daS von oben auS auf daS Auge wirkt. 143. Die Bewegung der Bilder im Auge liefert uns den Stoff zur Beurtheilung der Bewegung. Da aber die Bewegung des Bildes nicht blos von der des Gegenstandes abhängt, sondern auch von der des Auges; so wird man die Frage, welcher Koro« eigentlich der bewegte sey, nicht durch den Sinnenschein beantworten können. Die Bewegung selbst ist nur wahrnehmbar, wenn der in einer Secunde zurückgelegte Weg bemerkbar groß ist- Schmidt darf der in einer Secunde zurückgelegte Bogen in der deutlichen Sehweite nicht unter 2H Minuten betragen. 144. Farbe ist Gegenstand der Empfindung und nurwl" ferne vorhanden, als es ein empfindendes Subject gibt. Diep^- hängt daher stets nur zum Theik vom Gegenstände ab, der das Licht ins Auge sendet, zum Theil aber vom sehenden Subjecte- In so ferne gibt es also keine rein objective Farbe. Doch lehrt du Erfahrung, daß Gegenstände in der Regel so lange von derselbe" Objektive Farben. 411 Farbe erscheinen, als sie Licht von derselben Brechbarkeit ins Auge senden, zum Beweise, daß diese Brechbarkeit die Farbe hauptsächlich bestimme. Ferner weiß man, daß ein Körper, welcher Strahlen von allen Graden der Brechbarkeit in gehörigem Verhältnisse ins Auge sendet, weiß erscheint, hingegen schwarz, wenn er von keiner Strahlengattung so viele dahin schickt, daß ein gehöriger Eindruck gemacht werden kann. Körper, die nicht alle Strahlengattungen, sondern nur einige derselben dem Auge zusenden, erscheinen von der Farbe, die aus ihrem Gesammteindrucke hervorgeht. Fast alle Farben entstehen auf diese Weisez'durch Zusammensetzung der Ein¬ drücke mehrerer verschiedenfarbiger Strahlen, weil fast kein Körper nur eine einzige Strahlengattung'ins Auge sendet, sondern immer mehrere derselben dahin gelangen. Solche Zusammensetzungen ver¬ schiedener Farbeneindrücke zu einer einzigen Farbe können Statt fin¬ den, wenn verschiedenfarbige Strahlen auf einmal oder schnell hinter einander ins Auge treten; doch erzeugen sie selbst bei einerlei Be¬ schaffenheit der Strahlen nicht in beiden Fällen dieselbe Farbe. Bcmahlt man mit einem gehörigen Gemenge von Berlinerblau und Gumigutte ein weißes Papier, so erscheint dieses schön grün. Theilt man nun eine Kreisscheibe in zwei Sektoren, bemahlt einen mit Gumigutte, den anderen mit Berlinerblau recht stark, und dreht dann die Scheibe, so erhält man eine andere Farbe, die selbst wieder von der Schnelligkeit der Rotation, also von der Folge und der Entwicklung der auf einander folgenden Eindrücke abhängt. Dreht man nämlich nicht so schnell, daß ein gleichförmiger Farben¬ ton hervorgeht, so erscheint auf der Scheibe ein lebhaftes Weiß und Orange, wird aber so schnell gedreht, daß man die Scheibe gleichförmig gefärbt sieht, so erscheint dieselbe vollkommen grau, und nur, wenn man das Blau sehr blaß aufträgt, kann man einen Stich ins Grüne hervorbringen. Ähnliche Erscheinungen erhält man mit anderen Pigmenten. (Pogg. Ann. 20. 328.) üarbe ist von dem, was man Fa rb estoff nennt, wesentlich ver¬ schieden, wiewohl man ost beide mit dem Worte Farbe bezeichnet. Erstere ist eine eigenthümliche Empfindung, letzterer ein Materiale, welches die diese Empfindung erregenden Strahlen dem Auge zusen- dct. Einen Körper färben heißt demnach, ihn mit einem Stoffe überziehen oder seine chemische Natur dahin abändern, daß er be¬ stimmte Strahlen reflectirt. 145. Ob eine Farbe für sich, oder nur im Vergleiche mit kiner anderen, entweder vorliegenden oder im Gedächtniß behalte- 412 Subjektive Farben. nen, bestimmt werden kann (etwa so, wie man die Höhe ermj LoneS nur im Vergleiche mit einem anderen beurtheilen kann), darüber haben sich die Physiker bis jetzt noch nicht bestimmt ausge¬ sprochen; doch ist mir letzteres daS wahrscheinlichere. In vielen Fällen tritt bei der Bestimmung einer Farbe der subjektive Ein¬ fluß des Sehenden gar sehr hervor. ES empfindet nämlich gar oft daS Auge von zwei gleichzeitigen Lichteindrücken nur den stärkeren, oder dasselbe wird durch einen vorhergehenden starken Eindruck für einen nachfolgenden derselben Art unempfindlich. Die davon abhängenden Farben heißen daher mit Recht subjektiv e. Göthe nennt sie physiologische, andere heißen sie zufällige Farben. Als Bei¬ spiel einer subjektiven Farbenerscheinung mag Folgendes dienen: Sieht man eine rothe Schrift auf weißem, von der Sonne wohl be¬ leuchteten Papiere lange unverwandt an, und blickt dann auf eine minder beleuchtete weiße Fläche; so sieht man dieselbe Schrift in grünen Zügen. War die Schrift orange, so sieht man sie auf dem zweiten Papiere blau, war sie gelb, so erscheint sie violett. Die vor den Augen schwebenden Farben, wenn man in die Sonne gesehen hat und dann die Augenlieder schließt u. d. m. gehören hierher. Hier wird das Auge für rothe Strahlen unempfindlich gemacht; komme» dann weiße in dasselbe, so bleibt nur der Eindruck derjenigen übrig, die das Sonnenlicht nach Wegnahme der rochen enthält, nämlich der grünen. Daß dieses die wahre Erklärung der subjektiven Farben sey, beweiset der Umstand, daß, wenn man den früher erwähnten Versuch mit einem Auge anstellt und daS andere verschlossen hält, beim wechselseitigen Offnen des einen oder des andern die subjektive Farbe nur in dem wahrgenommen wird, das den längeren Eindruck deS Lichtes erlitten hat. Setzt man in einem dunklen Zimmer zwei hellbrennende Kerzen oder zwei Lampen in gleicher Entfernung vo» dem Beobachter auf einen weißen Tisch, stellt dann vor ße eine» undurchsichtigen Körper, der von jedem Lichte einen Schatten wer¬ fen kann; so erhält man natürlich zwei Schattenbilder, die grau find, weil der einem Lichte entsprechende Schatten in den beleuchteten Rain» des anderen fallt. Hält man aber vor das eine Licht ein etwas grasig z. B. rothes Glas, so erscheint der von diesem Lichte erleucht" Schatcen von derselben Farbe, der andere von der dazu coinpl^ menrären, in unserem Falle grün. Errvas ähnliches läßt sich änderen gefärbten Gläsern bewirken. Die Erklärung fließt aus dew vorhin Gesagten ganz ungezwungen; denn ist z. B. äst (Fig-2^ Optische Täuschungen. 413 die mik dem rochen Glase bedeckte Flamme, A die unbedeckte weiße, 6 der undurchsichtige Körper, welcher den Schatten wirft, n der Schattenraum, welcher durch L, und a derjenige, welcher durchs beleuchtet wird; so ist klar, daß in den unbeschatteten Raum ü rothesund weißes Licht falle, und da das weiße selbst wieder rotheS enthält, so ist das rothe das überwiegende, jedoch wird n mehr roth erscheinen, weil es nur allein rothe Strahlen enthalt. Die rothen Strahlen, welche das in a befindliche weiße Licht enthalt, können gar keine Empfindung erregen und es bleibt nur diejenige Affeetion übrig, welche das weiße Licht nach Hinwegnahme des rothen An- theils bewirkt. Die schonen blauen Schatten, welche sich vor dem vollen Tagesanbrüche in einem Zimmer zeigen, und viele andere, die man vorzüglich in Göthe's Farbenlehre angegeben findet, ge¬ hören hieher und werden auf gleiche Weise erklärt. (Scherffer über zufällige Farben. Wien 1765. Z s ch o k k e über gefärbte Schat¬ ten. Aarau, 1826. Göthe's Farbenlehre. Plateau in Zeitsch. n. F. 3. 190.) 1Ü6. Aus dem Vorhergehenden ist klar, daß das Auge von Objecten, die an Größe, Entfernung, Gestalt verschieden sind, dieselben Eindrücke bekommen kann, wie von solchen, die in diesen Verhältnissen mit einander übereinstimmen und umgekehrt. Baut der Verstand auf diese Eindrücke ohne weitere Untersuchung ein Unheil, so irrt er und unterliegt einer optischen Täuschung. Es ist nicht schwer, den Grund jeder einzelnen optischen Täuschung aufzufinden. Zur Übung im Erklären folgen hier einige. Täu¬ schungen in Bezug auf Größe und Entfernung: In einer aus parallelen Baumreihen bestehenden Allee convergiren die ent¬ fernteren Reihen immer mehr; der Fußboden eines langen Saales scheint sich an den ferneren Stellen zu erhöhen, die Decke aber sich zu senken; eine Thurmspitze neigt sich gegen den Beobachter; durch eine kleine Öffnung steht man viele und sehr große Gegenstände; ein Finger vor das Auge gehalten deckt ganze Gebäude, scheint » also eben so groß als diese; eigens gezeichnete Bilder (optische Zerr¬ bilder) scheinen verzerrt und in die Länge gezogen, wenn man sie wie ein gewöhnliches Bild ansieht, hingegen recht wohl proportio- »irt, wenn man sie schief durch ein kleines Loch betrachtet. Aus einem ebenen Papiere scheinen juns gezeichnete Gegenstände eine sehr verschiedene Entfernung zu haben (Panorama). Sonne, Mond und Sterne scheinen am Firmaments angeheftet. Weiße Gebäude hält man für näher, als sie sind. In großen Ebenen, über Wasser, schätzt man Entfernungen für zu gering. Täuschungen in Bezug 414 Optische Täuschungen. auf Gestalt und Bewegung: Der Mond, die Sonne erschei¬ nen als Scheiben. Eine durch Kerzenlicht beleuchtete Kugel durch eine Linse, die ein verkehrtes Bild gibt, angesehen, erscheint als Höhlung, und eine Höhlung unter denselben Umständen als Erha¬ benheit. Eine weit entfernte Pyramide erscheint als Kegel, ein Prisma als Cylinder. Die Sonne scheint auf- und unterzugeheu; steht man von einer Brücke längere Zeit in fließendes Wasser hinab, so scheint die Brücke stromaufwärts zu gehen ; einem Schiffenden scheinen die am Ufer befindlichen Gegenstände sich zu bewegen. Schüt¬ telt man den Kopf schnell, während man auf ein Object hinsieht, so sieht man dieses zittern. Eine glühende, schnell im Kreise be¬ wegte Kohle erscheint als glühender Reis. Zeichnet man auf eine Seite einer papierenen Scheibe einen Käfig, auf die andere einen Vogel, und dreht die Scheibe schnell um eine in ihrer Ebene lie¬ gende Axe, so glaubt man den Vogel im Käfig zu sehen. jThau- matrop, tz-c>mz> ck'oeU.) Siehtman durch die Zwischenräume eines Gitters auf die Speichen eines schnell vorbei rollenden Wagenrades, so sieht man das Rad nichfsich drehen, sondern statt dessen unbeweg¬ liche Kurven auf der Radfläche. (Ium Behufe der Erklärung dieser Erscheinung muß man sich das Gitter im Fortschreiten und das Rad blos im Drehen, aber nicht zugleich im Fortschreiten begriffen denken, und sich anfangs nur eine Gitteröffnung und eine Speiche »er¬ stellen. Diese beiden Linien schneiden sich bei ihrer Bewegungin einer Reihe von Puncten, welche die gedachte Curve geben. Sind diese beiden Bewegungen gleichförmig, so wiederholt sich dieselbe Erscheinung, so oft Speiche und Öffnung in dieselbe Lage zurück¬ kehren und macht, daß diese Curve unbeweglich erscheint.) Läßt man einen geschwärzten Kreisel vor einem Kerzenlichte oder im Senne»' scheine auf weißem Papier spielen, so sieht man an der Stelle, wo sich die Scheibe des Kreisels und ihr Schatten decken, feststehend besonders gekrümmte Linien. Setzt man zwei parallele Scheiben mü zahnartigen Ausschnitten in Bewegung und fleht so auf sie hin, dH man beide zugleich erblickt; so bemerkt man an der Stelle der Zähnt einen gleichförmig erleuchteten Streifen, scheinen sich aber die Räder zu decken, so sieht man die Zähne ruhig und wie in einem Rebe- schleier. Versieht man eine Pappscheibe gegen ihren Umfang hin einer großen Anzahl rechteckiger Öffnungen und bemahlt eine ihr-c Flächen mit verschiedenen Figuren, als Thier - und Menschengeff"' ten, Maschinentheilen re-, die eine zusammenhängende Bewegung stellen, und läßt dann die Scheibe vor einem Planspiegel seh'" kreisen, während man durch deren Löcher in den Spiegel sieht-l" erblickt man darin jene Zeichnungen in der zusammenhängenden l" wegung, welche ihre einzelnen von einander getrennten Theile stellen. (Pogg. Ann. 5. 93; Zeitsch. 10. 80; 22. 601; 32.63b, Bernal, cke LVr. 53. 30ck.) Täuschungen in Bezug auf Far * 415 Optische Instrumente. Eine Scheibe, die auf einer Seite zur Hälfte blau, zur Hälfte gelb bemalt ist, erscheint ganz grün, wenn man sie schnell um eine aus ihrer Ebene senkrechte Axe dreht. Eben so erscheint sie orange, wenn man sie halb gelb und halb roth mahlt. Sieht man auf einen weit entfernten Gegenstand hin, hält ein Kerzenlicht nahe an ein Auge zur rechten oder linken Seite und.bringt dann einen Streifen weißes Papier vor dasselbe, so erscheint dieser doppelt, und zwar wird ein Bild grün, das andere roth gesehen. Viele Täuschungen beruhen auf einer krankhaften Körperbeschaffenheit. Es gibt Menschen, di¬ alles grau sehen, andere, die kein Roth, kein Grün rc. wahrnch- men und selbst durch Strahlen von verschiedener Brechbarkeit aus gleiche Weise asficirt werden: der Gelbsichtige sieht alles gelb. Es soll sogar Menschen geben, die alles verkehrt, und andere, die alle- doppelt sehen. (Zeitsch. 2. 247; 4. 378; 6. 232.) Zwölftes Kapitel. Optische Instrumente. 147. Manches Object erscheint dem freien Auge entweder wegen seiner zu großen Entfernung oder wegen seiner zu geringen Aus¬ dehnung unter einem zu kleinen Gesichtswinkel, als daß man es noch deutlich sehen konnte; öfters hat es auch eine für mehrere Zwecke zu unbequeme Lage. Um solche Objecte größer und daher auch deutlicher oder in einer besseren Lage zu sehen, braucht man eigene, optische Instrumente, die aus Linsen, oder aus Linsen und Spiegeln zusammengesetzt sind. Die vorzüglichsten derselben sind die Microscope und die Telescope (Fernröhre). Daher soll von diesen zuerst und am ausführlichsten die Rede seyn, um so mehr, als jeder, welcher die Construction dieser versteht, sich die Kenntniß des Baues der übrigen optischen Instrumente leicht eigen machen wird. Microscope. 148. Ein Microscop dient dazu, einen nahen Gegenstand un¬ ter einem vergrößerten Gesichtswinkel zu sehen. Man hat mehrere Arten derselben, und zwar einfache und zusammengesetzte Microscope. Ein einfaches Microscop besteht nur aus einer einzigen ^-'inse, ein zusammengesetztes aus mehreren Linsen oder aus Spie¬ geln und aus Linsen. Im ersteren Falle heißt es ein d i o ptrisch «s, im letzteren ein ca t optri sch es Microscop. 416 Einfache Microscope, Loupen. 149. Streng genommen ist jede Convexlinse, ihre Brenn¬ weite mag wie immer beschaffen seyn, ein einfaches Microscop, weil sie von einem Gegenstände, der sich innerhalb ihrer Brennweite befindet, die Strahlen so ins Auge sendet, als kämen sie von einem größeren Objecte her. Man bedient sich solcher Gläser ost zum Lesen, gibt ihnen dann eine große Öffnung, damit man mit beiden Augen, wiewohl zu ihrem Nachtheile, zugleich durchsehen kann, und eine bedeutende Brennweite, damit die Axen der Strahlen- kegel, die von einem leuchtenden Puncte in beide Augen gehen, mit der Aste des Glases keinen zu großen Winkel machen. Man nennt aber vorzugsweise nur solche Convexlinsen einfache Mi¬ croscope, deren Brennweite viel kleiner ist, als die deutliche Sehweite. Beträgt ihre Brennweite einige Zolle, so heißt man ße Loupen. Es sey AL (Fig. 249) ein Gegenstand, der in der Sehweite unter einem zu kleinen Winkel erscheint, als daß er deut¬ lich gesehen werden könnte. Man könnte den Sehwinkel allerdings vergrößern, wenn man AL näher ans Auge rückte, allein dadurch ginge die Deutlichkeit völlig verloren; man wird ihn aber ohne Verlust derselben dem Auge viel näher bringen können, wenn mau eine microscopische Linse L oder 7^- LA OL Heißt nun OL — a, 0L' — a, die Brennweite der Linst , 111 — so ist wegen A'L' 1 « Es ist also die Zahl der linearen Vergrößerung um die Einheit kleiner, als der Quotient aas der Brennweite der Linse in da deutliche Sehweite. Das Quadrat dieser Zahl gibt die Vergröße¬ rung der Fläche nach. Bei den gewöhnlichen Angaben der Vergrö¬ ßerung durch Microscope ist stets letztere zu verstehen. — Eigenschaften eines einfachen MicroscopeS. 417 sieht man zugleich, daß dieselbe Linse für ein weitsichtiges Auge mehr, für ein kurzsichtiges weniger vergrößere, als für ein gesun¬ des, und daß ein einfaches Microscop desto mehr vergrößere, jckürzer die Brennweite der Linse ist. Man hat solche Linsen, die über 40,000 mal vergrößern, deren Brennweite daher kaum 4 L. betragt. Jndeß ist die Starke der Vergrößerung nicht das einzige, wovon der Werth eines solchen Instrumentes abhängt. Es gehört dazu auch, daß das Bild deutlich erscheine. Dieses wird der Fall seyn, wenn die Linse vollkommen sphärische Krümmungen hat, die Halb¬ messer derselben so eingerichtet sind, daß die sphärische Abweichung nahe ein Kleinstes ist, und die Randstrahlen durch die Fassung ab¬ gehalten werden. Zur Vermeidung einer großen chromatischen Ab¬ weichung ist es gut, die Linse aus einem Stoffe zu verfertigen, der bei einem großen Brechungsvermögen ein kleines Zerstreuungs- Vermögen besitzt. Daher thun Linsen aus Edelsteinen, z. B. aus Diamant, Saphir rc. so gute Dienste. Mittelst so beschaffener Linsen kann man die feinsten Gegenstände, wie z. B. die Parallel¬ streifen auf den Schuppen der Schmetterlingsflügel, deutlich sehen, man wird sich aber mit einem geringen Gesichtsfelde (Raum, den man auf einmal übersieht) begnügen müssen, und beim Gebrauche die Ungemächlichkeit nicht scheuen dürfen, welche aus der Nolhwen- digkeit entspringt, das Auge recht nahe an die Linse zu bringen. Man kann statt einer Linse auch eine mit Wasser oder Weingeist ge¬ füllte Glaskugel, oder gar nur einen Wassertropfen auf einem durch¬ löcherten Metallplättchen als Microscop brauchen. Brewster em¬ pfiehlt dazu die Kristalllinsen aus Fischaugen. Daß bei starken Ver¬ größerungen das Object hinreichend beleuchtet seyn müsse, versteht sich von selbst. Dieses bewirkt man meistens mittelst eines unter dem Objecte angebrachten Hohlspiegels, oft wendet man aber noch über¬ dies eigene Hohlspiegel an, die man an die Fassung der Linse an- sieckt, damit sie das die Linse verfehlende Licht auf den Gegenstand zurücksenden. Sie heißen Li e b e r k ü hn'sche Spiegel und sind be¬ sonders bei opaken Objecten von Nutzen. Jedes dieser Instrumente kann auch gebraucht werden, ohne das Auge so nahe an das Glas zu halten, als vorhin vorausgesetzt wurde, wenn überhaupt die Öffnung desselben nur etwas bedeutend ist. Je weiter das Auge vom Glase entfernt ist, desto mehr scheint das Object vergrößert, aber desto kleiner wird das Gesichtsfeld. 15l. Die einfachste Gattung z usam m engese tzter Micro- siope besteht aus zwei Convexlinsen und L (Fig. 250), die >ehc Naturlehre. 5. Ausl. 2? 418 Zusammengesetztes Microscop. nahe neben einander stehen und eigentlich die Stelle einer einzigen mehr convexen vertreten, dabei aber eine größere Lichtstarke (Hellig¬ keit) gewähren, als ein einfaches, eben so vergrößerndes Microscop, und eine geringere sphärische Abweichung verursachen. Der Gegen¬ stand aL steht so gegen beide Gläser, daß die Strahlen nach ihrer Brechung in so auf L fallen, als kämen sie von a' 5' her, und erleiden durch dieses Glas eine solche Modification, daß sie ins Auge kommen, als wenn sie von einem Gegenstände a" L'ausgin- gen, der sich in der deutlichen Sehweite befindet. ES ist begreiflich, daß man auf dieselbe Weise drei Linsen zusammensetzen kann. Chevalier hat dieses Microscop so eingerichtet, daß man den Ge¬ genstand gleich auf einem matten Glase, oder auf einem durchschei¬ nenden Papiere wahrnehmen kann, und L sind in seinem Instru¬ mente Planconvexlinsen, deren Convexitäten einander zugekehrt sind, aö ist durch einen Concavspiegel hinreichend erleuchtet, und die Strahlen fallen bei ihrem Austritte aus D auf ein dreiseitiges und gleichschenkeliges Prisma, wie 6LD ist, dringen durch 6D auf die Hypothenuse DL, die mit Papier belegt ist, werden nach re-' flectirt, so daß man oberhalb (7D auf einem matten Glase den Ge¬ genstand sehen und ohne Beschwerde nachzeichnen kann. (A-Le-'n-i- ta -Porrees DU. 1822.) In die Reihe dieser In¬ strumente gehört das neue Wollaston'sche Microscop mit zwei Plan¬ convexlinsen von verschiedener Brennweite, die mit den ebenen Flächen gegen das Object gekehrt sind, auf die aber das Licht, welches das (durchsichtige) Object beleuchtet und mittelst eines klei¬ nen Planspiegels die gehörige Richtung erlangt, vorerst durch eine Convexlinse gelangt (Fig. 251). Die Wirkung eines solchen Mm'«- scops ist sehr zufriedenstellend. (Pogg. Ann. 16. 176-Zeitsch.8.ä8-i.) 152. Die gewöhnlichen zusammengesetzten Microscop haben folgende Einrichtung: (Fig. 252) ist eine Sammellinie/ ein Gegenstand, der etwas außer ihrer Brennweite steht »»^ daher hinter ein verkehrtes und vergrößertes Bild öo gibt; eine microscopische Linse, die gegen öo so steht, wie im einfache» Microscope die Linse gegen ihren Gegenstand. Zu einem besondere» Zwecke wird entweder in L oder in F' eine dritte Convexlinse ange¬ bracht. heißt Obs ectrvli nse, D oder 1? Co llectiv linse, L> Ocularlinse. Man wendet nicht selten auch statt einer en>- zigen Ocularlinse zwei nahe aneinander stehende an, die ein Micro- scop, wie 156 gesagt wurde, bilden. Es hat daher in einem solche" Falle ein zusammengesetztes Microscop vier Linsen. Bei dieser Znsa»'' Bau der Objeetivlinse. 419 mensetzung der Linsen erhalt man im Gesichtsfelde des Ocularglases ein verkehrtes und vergrößertes Bild. Stehen überdieß die Krüm¬ mungen, Brennweiten, Öffnungen der Linsen und ihre gegensei¬ tigen Stellungen im gehörigen Verhältnisse; so ist dieses Bild auch deutlich und hell, und man genießt ein gehörig großes Gesichtsfeld. Man wird aber nur bei einer sehr guten Einrichtung des Ganzen die Deutlichkeit erlangen, welche ein einfaches Microscop gewährt, weil die Undeutlichkeit des vom Objeetive gemachten Bildes durch das Ocular noch gesteigert wird. Um zu sehen, wovon jeder dieser Vorzüge für sich abhängt, muß man die einzelnen Theile eines Microscops, vorzüglich die Objeetivlinse und die Ocularlinsen, für sich betrachten. 153. Eine gewöhnliche, einfache Objeetivlinse wird selbst bei der vollkommensten sphärischen Gestalt und der zweckmäßigsten Anordnung ihrer Krümmungen immer ein von der chromatischen Abweichung behaftetes Bild geben; darum muß man sie durch eine Flintglaslinse achromatisiren. Dis Flintglaslinse wird dem Objecte zugewendet. Es ist allerdings theoretisch möglich, die vier Krüm¬ mungen einer solchen Doppellinse so einzurichren, daß mit der chromatischen Abweichung auch die sphärische größtenrheils aufge¬ hoben, mithin die Linse aplanatisch wird; aber in der Aus¬ führung hat dieses, bei der geringen Größe der Krümmungshalb¬ messer, große Schwierigkeiten. Darum bleibt gewöhnlich bei den achromatischen Doppellinsen, besonders wenn sie sehr kurze Brenn¬ weiten haben, von jeder der zwei Abweichungen ein Theil übrig. Um diesen zu heben, brauchf man oft drei Linsen, allein diese ma¬ chen das Bild nur von der chromatischen Abweichung freier, ver¬ größern aber nicht selten die sphärische. Letztere hebt man am besten, wenn man zwei oder gar drei möglichst gut achromatisirre Doppel- ünsen, wie in 151, unmittelbar über einander schraubt. Solche Ob¬ jekive geben aber nicht blos ein deutlicheres, sondern auch ein helleres Bild, alz gewöhnlichen, weil man den einzelnen Linsen eine größere Öffnung geben kann, ohne eine Undeutlichkeit befürchten zu dürfen, und dadurch von jedem Puncte des Objectes einen größeren Lichrkegel ins Auge bringt, als bei einer gewöhnlichen Linse. Jndeß haben solche Linsen doch den Nachtheil, daß man das Object sehr nahe an die äußerste derselben stellen muß. — Das Bild, welches rine Objecrivlinse macht, wird desto größer seyn, je kürzer die Brennweite der Linse ist und je näher man das Object an den 27 * 420 Bau der Ocularlinse. Brennpunct derselben rückt (oder falls das Objectiv aus mehre¬ ren Linsen besteht, je näher das von der vorletzten gemachte Bild am Focus der letzten Linse liegt). Mit der Zunahme der Vergrö¬ ßerung musi aber die Öffnung der Linse und mithin auch die Licht¬ stärke des Bildes abnehmen und, wenn das Bild nicht vollkommen deutlich ist, auch die Undeutlichkeit wachsen. 154. Das Ocular dient nur als einfaches Microscop, durch welches das vom Objective gemachte Bild vergrößert wird; beschoß muß es nach denselben Regeln construirt seyn, nach welchen ein solches Microscop eingerichtet wird. Doch wird man ein Ocularkei¬ neswegs mit so kurzer Brennweite versehen dürfen, wie man es bei einem einfachen Microscope thut, weil das auf einmal zu über¬ sehende Stück des Bildes und daher noch mehr das des Objectes zu klein ausfiele, in den meisten Fallen auch die Lichtstärke zu gering wäre und die Deutlichkeit des Bildes völlig verloren ginge. Denn das vom Objective gemachte Bild ist nie ganz frei von beiden Ab¬ weichungen und mit der Vergrößerung des Bildes wird natürlich auch jede Undeutlichkeit vergrößert. Darum verträgt ein Microscop ein desto schärferes Ocular, je vollkommener sein Objectiv ist, darum kann rnan bei aplanatischen Objectiven dem Oculare einen größeren Theil der Vergrößerung überlassen, als bei den gewöhnlichen. Man muß aber selbst bei der bestemEinrichtung des Objectives die chroma¬ tische und sphärische Abweichung des Oculars zu heben oder auf em Kleinstes zu bringen suchen. Zu ersterem Zwecke wird das Collec- tivglas angebracht, dessen Function man aus Folgendem ersehen wird. Es sey A (Fig. 253) ein Punct des von einem achromatischen 6b- jecrive gemachten Bildes, von welchem ein Strahl Aa auf die Collectivlinse fällt. Durch diese wird er gebrochen und zugleich zer¬ streut, so daß der violette Theil die Richtung ac, der rothe die Richtung ai> erhält und daher einer die Axe früher schneidet als der andere. Allein wenn sie, bevor sie ins Auge kommen, noch durch die Linse O gehen müssen, so wird der violette Strahl, der siea» einer ihrer Axe näheren Stelle trifft, weniger abgelenkt, als rothe, und bei gehöriger Anordnung der zwei Linsen werden d^ Strahlen mit einander parallel, wie öw und c/. Die sphürä ? Abweichung des Oculars macht man dadurch unschädlich, daß Linsen von der besten Form oder Planconvexlinsen, mit derKrum mung gegen das Object gekehrt, anwcndet und etwa ihre h^ Öffnung mittelst der Fassung deckt. Übrigens ist eS klar, daß uu'" Verbi nd ung d e s Obj e cti v eL mit dem Oculare. 421 für dasselbe Objectiv mehrere Oculare und für dasselbe Ocular mehrere Objective brauchen kann, die stufenweise mehr vergrößern. Ploßl, dessen Microscope mit Recht einen ausgezeichneten Ruf genießen, braucht oft mit Vortheil als Ocular zwei achromaristrle Linsen. 155. Das Objectiv und die Oculare müssen in eine Rohre eingeschloffen seyn, die inwendig zur Abhaltung alles Seitenlichtes geschwärzt ist, und ihre Axen muffen in eins gerade Linie fallen. Da, wo das vom Objective gemachte Bild seinen Platz hat, wird überdies noch ein kreisförmiger Ring (Diaphragma) angebracht, der alles an der Grenze des Bildes befindliche, unordentlich zerstreute Licht abhält, ja sogar oft einen Theil des Bildes selbst hindert, die Strahlen auf das Ocular zu senden. Das Object wird auf einer besonderen Unterlage an einem eigens dazu bestimmten Tische ange¬ bracht, der sich dem Objective nähern und davon entfernen lässt, wenn nicht vielleicht das Objectiv selbst gegen denselben beweglich ist, um so das von letzterem gemachte Bild stets in das Diaphrag¬ mabringen zu können. Um eine hinreichende Helligkeit zu erzielen, wird das Object eigens mittelst Sonnen- bequemer mittelst Lam¬ penlicht beleuchtet. Carry braucht dazu gar eine Kalkkugel, die durch einen Strom aus Wasserstoff- und Sauerstoffgas glühend erhalten wird. Für durchsichtige Gegenstände dient ein Concavspiegel, der unter dem Tische nach allen Seiten beweglich angebracht ist; für opake Objecre hat man gewöhnliche Sammel¬ linsen oder noch besser eine prismatische Linse, wie sie Fig. 254, darstellt. In diese dringt das Licht durch die gekrümmte Fläche ein, erleidet an der ebenen, mit dec Fassung belegten Fläche us eine Reflexion gegen die zweite gekrümmte Fläche öa, und gelangt so concentrirt auf das Object Uo. Fig/254 stellt ein zusammenge¬ setztes Microscop vor. 156. Bei der Beurtheilung eines Microscopes hat man haupt¬ sächlich auf die Reinheit und Große des Gesichtsfeldes, auf die Deutlichkeit und Klarheit des Bildes und auf die Stärke der Vergrößerung zu sehen. 157. Das Gesichtsfeld soll nicht blos in der Mitte, sondern bis auf den äußersten Rand rein und farblos seyn und eine hin¬ reichende Große haben. Letztere bestimmt man am besten mittelst eines hinreichend fein gstheilten Micrometers, indem man ihn als 422 Deutlichkeit, Klarheit, Vergrößerung. Object braucht und die Anzahl der auf einmal übersehenen Thei- lungsfelder zahlt. 158. Die Deutlichkeit und Klarheit der Bilder schätzt man mittelst zweckmäßig gewählter Probeobjecte. Als solche sind vor¬ züglich die obersten Schuppen der Schmetterlingsflügel brauchbar, wie z. B. die vom l'azuft'o und DnaZL-eae oder vom?-r- /ir'Ao oder von der Kleidermotte. Diese Schuppen sind auf ihrer Oberfläche der Länge nach mit feinen, parallelen Streifen versehen. Je deutlicher diese Linien erscheinen und bei je geringerer Vergrößerung man sie sieht, desto größer ist die Deutlichkeit des Bildes. Die Längenstreifen des Z>az>iZl'o ti/aeasFr, und 4/enelam sollen bei 60—80maliger linearer Vergrößerung erscheinen, bei 1.00—AiOmaliger soll man auch die Zwischenräume sehen und den Stil als conische Röhre erkennen. Die Streisen auf den Schuppen der Motte zeigen nur die besten Instrumente bei einer 300—äüOmo- ligen Vergrößerung. Ganz vorzügliche Instrumente machen da auch Querlinien bemerkbar. Es ist überhaupt gut, irgend ein Object, dessen vergrößertes Bild man durch öfteres Anschauen im Gedacht' nisse hat, zur Prüfung eines Microscopes zu wählen. 159. Die S t ä rk e der V e rg rö ß e r u n g eines Microscopes kann man entweder aus den bekannten Brennweiten der Linsen und ihrer Entfernung von einander und vom Objecte durch Rechnung sinken oder durch Versuche ausmitteln. Im ersteren Falle sucht man die durch das Objectiv (46) und daun die durch das Ocular (150) bewirkte Vergrößerung. Das Product beider gibt die Ver¬ größerung des Microscopes. Bei der practischen Bestimmung der Vergrößerungszahl kann man auf zweifache Weise verfahren und entweder die ganze Vergrößerung auf einmal suchen, oder jeden der zwei Theile, aus denen sie besteht, besonders bestimmen. Die durch das Objectiv bewirkte Vergrößerung läßt sich auf practischent Wege so finden: Man betrachte ein Micrometer als Object und zähle, wie viele Felder seines Gitters man auf einmal übersieht- So vielmal nun der Durchmesser des übersehenen Stückes in dem Durchmesser des Diaphragma's enthalten ist, so vielmal vergrößert das Objectiv linear. Oder man nehme zwei ganz gleiche Microme- ter, lege einen als Objectiv auf den Tisch des Instrumentes, den anderen in das Diaphragma unter dem Oculare. Da der eine nur durch das Ocular, Verändere durch das Objectiv und Ocular zugleich C ato ptrische Microscope. 423 vergrößert wird / so braucht man nur zu beobachte«/ wie viele Felder des einen in ein Feld des anderen fallen/ um zu erfahren/ wie vielmal das Objectiv'vergrößere. Die vom Oculare herrührende Ver¬ größerung kann man nur durch Rechnung bekommen. Durch Mul- tiplication der vom Objectiv hervorgehenden Vergrößerung mit der vom Oculare erzeugten erhält man wieder die ganze Vergrößerung des Instrumentes. Zur Bestimmung der ganzen vergrößernden Wir¬ kung des Microscopes ist vorzüglich das vom Freih. von Jacquin angegebene Verfahren zu empfehlen. Man befestiget nämlich über dem Oculare einen kleinen Planspiegel so/ daß er gegen die Ape des Instrumentes um 45° geneigt ist/ und legt ein Micrometer als Object ein. Da sieht man nun in dem Spiegel das Bild des Objectes in horizontaler Richtung an einer gegenüber stehenden Wand/ wenn das Microscop vertical steht. Ist diese Wand in der deutlichen Sehweite und mit einer in Linien getheilten Scale ver¬ sehen, so kann man leicht abnehmen, wie groß ein Theil des Micrometers erscheint und durch Division der scheinbaren Größe durch die wirkliche dielinegreVergrößerungszahl finden. (Jacquin in Zeitsch. 4. 1.) Man kann mittelst eines Micromsters auch den Durchmesser kleiner Gegenstände, die man durch das Microscop ganz sieht, bestimmen, allein die dadurch erhalten-« Resultate sind wenig genau. Ganz Vorzügliches leisten die zu diesem Zwecke von dem großen Künstler F r a u n hpfer und auch an P lö ß l's Instrumenten angebrachten Schraubenmirrometer, wodurch man den Durchmesser eines Gegen¬ standes bis einesZolles finden kann. (Brand er's Beschrei¬ bung zweier zusammengesetzter Microscope. Augsburg, 1769. on r/i« -ca/- L Lon-io-r. 1787. Klü g el's Dioptrik. Leipzig, 1778. S. 252 L. s. f. Sehr lehrreich ist ein Aufsatz über Microscope vom Freih. von Jacquin in Zeitsch. 5. 129.) 160. Unterden catsptrischenMicroscopenistdasvonAmi- ci erfundene bei weitem das vorzüglichste. Es besteht im Wesentlichen Ms zwei Mecallspiegeln « und 5 (Fig. 255), die sich in einem ho¬ rizontalen Rohre befinden, und aus einem Ocularglase. Der grö¬ ßere Spiegel ist hohl, elliptisch gekrümmt, hat einen gleichen Durch- Meffer mit dem Rohre, befindet sich am Ende desselben und ist so gestellt, daß seine Ape mit der des Rohres zusammenfällt. Der an¬ dere Spiegel ist eben, sehr klein, unter 45° gegen die Are des >"ohres geneigt, so gestellt, daß seine Mitte in dieser Axe liegt. 424 So nnenmicroscop. Lampenmicroscop. mit der spiegelnden Oberfläche nach unten gekehrt und einer Öff¬ nung im Rohre zugewendet/ unter welcher sich der Objektträger c befindet. Zur Beleuchtung des Gegenstandes dienet ein Hohlspie¬ gel. Das wohlbeleuchtece Object sendet die Strahlen durch die Öffnung auf den Planspiegel, der sie auf den elliptischen Hohl¬ spiegel zurückwirft, und dieser macht am entgegengesetzten Ende des Rohres ein Bild, das man mit einem Ocularglase anseheu kann. Dieses Instrument gewahrt eine bedeutende Vergrößerung, stellt wegen Mangel der Farbenzerstreuung die Gegenstände scharf und in ihren wahren Farben dar, man kann damit Gegenstände von bedeutender Größe, selbst solche, die im Wasser schwimmen, beobachten, weil sie wenigstens L Zoll vom Körper des Instrumen¬ tes entfernt bleiben, beim Beobachten langer aushalten, indem das Instrument horizontal steht, und die Vergrößerung schnell wechseln, ohne die Entfernung des Objectes vom Instrumente zu andern; doch muß man alle die Vortheile durch Aufopferung der Lichtstarke erkaufen, besonders wenn man starke Vergrößerungen anbringen will. (Memonra ckr catcrckro/otnrc!. äl/oü. 1818. Zeitsch. I. 301.) 161. Zu den Microscopen kann man auch das Sonnen-und das Lampen microscop zahlen. Beide geben zwar sehr stark vergrößerte, aber keineswegs deutliche Bilder; darum stehen sie den vorher genannten weit nach. Das S o n n e n m icroscop be¬ steht aus zwei Sammelglasern (71) and LA' (Fig. 256), wovon LL eine sehr kurze Brennweite hat. Je mehr ein Gegenstand dem Brennpuncte^der Linse LO genähert wird, desto weiter von derselben, mithin desto größer, aber auch minder erleuchtet, er¬ scheint sein Bild. Damit dieses einigermaßtn hell sey, muß da- Object ^8 bedeutend erleuchtet werden. Deswegen stellt man es fast in den Brennpunct der Linse LL und läßt mittelst eines be¬ weglichen Spiegels 61/ intensives Sonnenlicht darauf fallet Man kann es auch für undurchsichtige, auch für ziemlich gteße Gegenstände einrichten. Im letzteren Falle heißt es Megaseop- — Von dem Sonnsnmicroscope unterscheidet sich das Lampe"- microscop im Wesentlichen nur dadurch, daß es, statt von der Sonne, von einer starken Lampe die Beleuchtung erhält. Es h^t deshalb eine sehr convepe Linse (Fig. 257), welche von det Lampe L, die in ihrem Brennpuncte steht, das Licht bekommt/ und eS in parallelen Strahlen auf den Hohlspiegel L sendet, bk- Fernrohre. Objectiv eines Fernrohrs. 425 so geneigt ist, daß er es auf das Object A schickt und dieses stark beleuchtet. Von da gelangen die Strahlen auf die sehr convexe Linse werden convergirend und fallen so auf zwei neben einander stehende Convexlinsen und 1^, welche die Stelle einer einzi¬ gen, sehr convexen vertreten. Dadurch entsteht vonL ein verkehrtes und großes Bild /L, das auf einer matten Glastafel aufgefangen werden kann. Für undurchsichtige Gegenstände hat man noch eine etwas andere Vorrichtung, bei welcher die Strahlen durch ein Con¬ vexglas gesammelt werden, concentrirt auf den Gegenstand fallen und ihn stark beleuchten. Fernrohre. 162. F ernrö h r e (T e l e sc o p e) braucht man, um entfern¬ te Gegenstände vergrößert zu sehen. Sie werden, wie die Micro- scope in dioptrische und catopt rische eingetheilt, d. i. in solche, die blos aus Linsen, und in solche, welche aus Linsen und Spiegeln bestehen. Große dioptrische pflegt man Refractoren, große catoptrische Reflectoren zu nennen. Ein dioptrisches In¬ strument von mittlerer Große heißt ein Tubus. Da der Zweck der Fernrohre derselbe ist, wie jener der Microscope, so muß in ihrer Construckion viel Übereinstimmung herrschen; allein da Mk- croscope zur Besichtigung naher Gegenstände gebraucht werden, die man nach Bedürfnis) beleuchten kann, Objecte aber, welche der Gegenstand der Betrachtung durch Fernrohre sind, eine größere Entfernung von uns haben und in ihrer natürlichen Beleuchtung angesehen werden müssen; so wird im Baue der Fernrohre auch manches Eigenthümliche vorkommen. An jedem Fernrohre, es sey ein dioptrisches oder catoptrisches, muß man zwei Thsile unter¬ scheiden, nämlich das Objectiv und das O cular. Bei den diop- tnlchen ist das Objectiv eine Convex linse, beiden catoptrischen ein Hohlspiegel. 163. Das Objectiv ist der wichtigste Theil eines Fernroh¬ res, aber auch derjenige, welcher am schwersten in gehöriger Voll¬ kommenheit zu verfertigen ist. Es soll einen bedeutenden Durch¬ messer haben, um von jedem Puncte des Objectes einen großen Lichtkegel aufnehmen und ein Helles Bild geben zu können. Große und zugleich homogene Glasstücke, wie sie zu größeren Objectiven erfordert werden, sind aber, besonders bei Flintglas, das gar leicht 426 Galiläisches Fernrohr. wellig erscheint/ schwer zu erhalten, und es gehört große GeschiL lichkeic dazu, großen Linsen genau dis Krümmung einer Kugel z« geben. Da das Bild auch deutlich seyn soll, so muß man die Linse sowohl von der chromatischen , als auch von der sphärischen Abwei- chung möglichst frei machen und darum sie durch eine Hohllinse vou Flintglas achromatisiren und den einzelnen Flächen dieser Doppel¬ linse die Krümmungen geben, welche nöthig sind, um dis sphäri¬ sche Abweichung auf ein Kleinstes zu bringen. Dieses wird bei gro¬ ßen Objectiven ohne Vergleich schwieriger seyn, als bei kleineren, weil man bei jenen manches in Rechnung bringen muß, das man bei diesen vernachlässigen kann, wie z. B. die Dicke der Gläser,die Entfernung der zwei Bestandtheile der Doppellinse rc. Man kann nicht darauf rechnen, die sphärische Abweichung durch Übereinan¬ derlegen zweier oder dreier achromatischer Linsen heben zu können, weil durch ihre Anwendung dem Bilde zu viel Licht entgeht. Darm hat auch Fraunhofer immer nur Doppelobjective gewählt, doch scheinen dreifache in mancher Beziehung besondere Vorzüge zn haben. Bei jenen ist ist das Erownglas auswärts gekehrt und doppelt, aber ungleich convex, das Flintglas aber nach innen undistconvep- concav. Objective mit von einander stark abstehenden Bestandlinsea (dialytische Linsen) gewahren viele Vorzüge, weil man mit einem Flintglase ausreicht, das nur halb so viel Öffnung hat, als das Crownglas, weil die Länge des Instrumentes geringer ausfällr und doch noch eine größere Bildschärfe erzielt wird. Wenn man ein ein¬ faches Objectiv brauchen will, so muß man alle Randstrahlen durch eine Blendung abhalten und doch noch auf eine starke Färbung de- Bildes gefaßt seyn. 164. Nach Verschiedenheit des Oculars, das man mir ri¬ nem Objective verbindet, dienet das hieraus hervorgehende Fer"' rohr zu verschiedenen Zwecken und erhält auch verschiedene L-ameN- Nimmt man als Ocular eine Hohllinse und gibt ihr eine selch- Stellung gegen das Objectiv, daß die von einem hinreichend ent¬ fernten Gegenstände auffallenden und durch das Objectiv conE rend gemachten Strahlen durch das Concavglas so gebrochen wer¬ den, als kämen sie von einem Gegenstände, der sich in der de»- liehen Sehweite befindet, so heißt das Instrument ein h°lla"d'- sch es oder galiläisches. Ist (Fig. 258) das ObjeE eines solchen Fernrohres, das von einem entfernten Gegend Strahlen bekommt; so würde dieses ein Bild acö geben, w" Vergrößerung desselben. 427 kein Ocularglas da wäre. Durch dieses werden aber die Strahlen so gebrochen, als kämen sie vom Bilde a'o'ü'. Man wird daher den Gegenstand in natürlicher Lage und deutlich sehen. — Um die Vergrößerung dieses Instrumentes zu finden, muß man den Seh¬ winkel, unter welchem der Gegenstand mit dem Instrumente erscheint, mit dem vergleichen, unter welchem er ohne Instrument gesehen wird. Ist der Gegenstand sehr weit entfernt, so kann man anneh¬ men, daß er unter demselben Winkel gesehen werde, es mag das Auge sich in oder vor dem Ocularglase befinden. Es ist daher der halbe Sehwinkel ohne Instrument LOe, und der mit dem Instru¬ mente kann ohne Fehler für öO'a angenommen werden. Nun ist aber rang oOo —- Oo taers" öO e —-, tanZ-üO'a Oe tanF üOe OOo und üO'o nur kleine Winkel sind LO'a Oe LOe O'e' Wegen der sehr großen Entfernung des Gegenstandes vom Objectivglase kann Oe der Brennweite /a dieser Linse gleich gesetzt werden. Nennt man nun die Brennweite des Ocularglases III O'e' —a, O'e —cr, so wird wegen - — « , cr /) !>O'e_ -ß- ö'Oe / Ist die Brennweite des Ocularglases sehr klein gegen die deutliche Sehweite o o o aov o e Heißt man die Brennweite des Objectivglases, die man ^ocsel^ kann, jene des Ocularglases p', oe — a, o'c' — ao'ö /> (a>—^>') aoü a/,' oder wenn />' gegen a verschwindet ao'ö p croö / d. i. die Vergrößerungszahl gleicht dem Quotienten aus derB>'-" weite des Ocularglases in die des Objectivglases. — Diese 3"^ mente werden gewöhnlich mit der größten Sorgfalt construn'l^ . mit sie von den Himmelskörpern, zu deren Beobachtung Erdfernrohr. 429 anwendet, ein stark vergrößertes und doch recht deutliches Bild ge¬ hen. Darum muß man auch die Farbenzerstreuung des Oculars durch Einführung eines Collectivglases, wie bei den Micrvscopen anfheben, um so mehr, als dadurch zugleich auch das Gesichtsfeld vergrößert wird. Nur bei sehr starken Vergrößerungen ist man ge- nothigr, auf das Collectivglas zu verzichten. Es ist übrigens für sich klar, daß man für dasselbe Objectiv mehrere Oculare von ver¬ schiedener Schärfe brauchen kann. Es werden oft bei solchen Fern¬ rohren an der Stelle des^ Diaphragma's am Oculare feine Faden¬ kreuze oder Micrometer eingesetzt, um damitObjecte messen zu kön¬ nen. Auch R o cho n's Micrometer (S. 352) läßt sich da brauchen, es wird aber zwischen dem Objective und seinem Brennpunkte ange¬ bracht. Da sieht man nun offenbar das Object doppelt und die zwei Bilder stehen desto weiter von einander ob, je weiter das Micro¬ meterprisma von dem durch das Objectiv gemachten Bilde entfernt ist; bei einem bestimmten Stande des Prisma's werden sich aber beide Bilder am Rande berühren und dieser Ort wird desto mehr von den Bildern entfernt seyn, je großer dieselben sind. Daher wird man daraus auf die scheinbare und mittelst bekannter Ent¬ fernung des Objectes auf die wirkliche Große des Objectes schlie¬ ßen können. 166. Um irdische Gegenstände stark vergrößert und doch auf¬ recht zu sehen, verbindet man mit dem Objective ein dreifaches oder gar ein vierfaches Ocular und nennt das daraus hervorgehende Fernrohr ein Erdfernrohr. Ein solches stellt Fig. 260 dar. Das Objectivglas macht von einem hinreichend entfernten Ge¬ genstände ein verkehrtes Bild aü; von diesem fallen die Strahlen auf das erste Ocularglas -L, gelangen von diesem auf das zweite 6 und auf das dritte und vierte D und L so, daß hinter dem zweiten ä ein aufrechtes Bild des Gegenstandes entsteht, welches, durch zwei übrige, Ocularlinssn angesehen, in der deutlichen Seh¬ weite erscheint. Es dienen daher die Linsen L und <7 zur Um¬ kehrung des Bildes, die Linse O zur Achromatisirung des vom ^-culare L gemachten Bildes. Die Vergrößerung eines solchen ^nnrumentes hängt von dem Verhältnisse der Brennweiten der ein¬ zelnen Linsen und ron ihrer gegenseitigen Entfernung ab. Darum kann man mit demselben Instrumente, ohne das Ocular zu ver¬ wechseln, mehrere Vergrößerungen dadurch hervorbringen, daß wan die Entfernung der Ocularlinsen von einander ändert. Damit 430 Herschel's, Newton's Fernrohr. aber dadurch die Deutlichkeit nicht leide, darf nur die Lage der drei inneren Oculare gegen einander, nicht aber die des äußerste» gegen das Auge geändert werden, auch wird es für diese nur be¬ stimmte Lagen geben, wo sie ihren Dienst nicht versagen. Derlei Oculareinrichtungen heißen P ancr a tische oderKitschinerHe. (Zeitsch. 4. 501.) Das größte dioptrische Fernrohr- welches bis jetzt verfertigt wurde, ist der Fra u n h o fe r'sche Refractor zu Dorpat. Sein Qbjecti» hat 9 P. Z. Öffnung und 160 Z. Brennweite, und vergrößert nut dem schärfsten Oculare 600mal. Er ist zugleich mit einem Uhrwerke eigener Art in Verbindung- durch welches er in 24 Stunden in einem Kreise wie ein Fixstern Herumgetrieben wird, so daß, wenn einmal ein Fixstern in das Gesichtsfeld gebracht ist- derselbe sitlS darin bleibt- ohne einer Beihülse des Beobachters zu bedürfen. 167. Zur Zeit, als man noch an der Möglichkeit achromati¬ scher Linsen zweifelte, wußte man kein anderes Mittel, durch Fern¬ rohre reine und vom farbigen Rande möglichst freie Dild-r ent¬ fernter Gegenstände zu bekommen, als durch Anwendung derSpie- gel statt der Linsen. Auf diese Weise entstanden die catoptrischen Fernrohre, von denen vorzüglich vier Gattungen bekannt sind: nämlich dasH e r sch e l'sche, das Newton'sche, daSGregoryW und das C a sseg ra in'sche. 168. Ein Fernrohr nach Herschel's Art besteht aus einem Hohlspiegel AL (Fig. 261) , der etwas gegen die Axe der Röhre, in welcher er sich befindet, geneigt ist und von weit entfernten G- genständen ein verkehrtes Bild ab in der Nahe des unteren Rande- der Röhre macht, das man durch eine Ocularlinse 6" ansehen kann. Solche Instrumente müssen sehr große Spiegel haben, damit w Anzahl der Strahlen, welche durch den Kopf des Beobachters vom Spiegel abgehalten werden, gegen die ganze Lichtmcnge, welch« den Spiegel trifft, unbedeutend sey. Das große Instrument- womit Herschel einen bedeutenden Thnl seiner so wichtigen Entdeckungen machte- hat einen Hohlspiegel«°" 4Fuß Durchmesser und einer Brennweite vonäN Fuß ; er wiegt25 lR- Dieses Instrument vergrößert 7000mal und bringt 36S00mal mehr Licht ins Auge, als von demselben Objecte frei dahin gelang«" würde. - 169. Im Newto »'scheu Fernrohre werden die von em^ entfernten Gegenstände auf den großen Hohlspiegel AL (Fig- Gregory's, Cassegrain's Fernrohr. 431 fallenden und von da zurückgeworfenen Strahlen, von einem klei¬ neren, gegen die Axe des ersteren unter 45" geneigten Planspiegel t-'D, nach einer seitwärts angebrachten Convexlinse L reflectirt, so daß das verkehrte Bild des Gegenstandes durch L angesehen werden kann. Es hat aber die Unbequemlichkeit, daß es die Ge¬ genstände verkehrt zeigt und daß man zum Aufsuchen derselben viele Mühe braucht. Jndeß wird letzteres durch ein kleines dioptri- sches Fernrohr (Sucher), das mitderAxe des Rohres parallel läuft, bedeutend erleichtert. 170. Das Gregory'sche Fernrohr (Fig. 263) vereiniget durch einen Hohlspiegel ^l-8 die von einem entlegenen Gegen¬ stände kommenden Strahlen zu einem verkehrten Bilde aö. Von diesem gelangen die Strahlen auf einen zweiten kleinen Hohlspie¬ gel LI), werden da gegen den großen Spiegel reflectirt, in dessen Mitte sich ein Loch befindet, und zu einem aufrechten Bilde cck vereiniget, welches durch die im Loche des Spiegels befindliche Convexlinse L ^angesehen werden kann. Dieses Instrument zeigt zwar aufrecht und vergrößert, aber die Bilder leiden durch die Ab¬ weichung wegen der Kugelgestalt beider Spiegel sehr an Deut¬ lichkeit. 171. Um die große Abweichung wegen der Kugelgestalt, die vorigen Instrumente Statt findet, zu vermindern, hat Ca sse- Zrain statt des kleineren Concavspiegels einen kleinen Convex¬ spiegel angebracht. Da sind aber die Spiegel so gestellt, daß die Strah¬ len vom concaven eher auf den convexen fallen, als sie zu einem Bilde vereiniget werden. k'2. Das Ocular eines Fernrohres muß mit seinem Objec- lwe, cs mag dieses nun eine Linse oder ein Spiegel seyn, so ver¬ bunden werden, daß ihre Axen in einer geraden Linie liegen. Bei- werden in Rohren eingesetzt. Das Ocular bekommt gewöhnlich eine eigene Röhre, damit es die für jedes Auge und für jede Ent¬ kernung des zu betrachtenden Gegenstandes angemessene Entfernung Objective annehmen kann. Kleinere Instrumente, deren Lange Ulcht viel über zwei Fuß betrogt, bekommen Zugröhren, damic sie Üch zusammenschieben und bequem tragen lassen. Größere kann man wchr mic Zugröhren versehen, weil diese fast nie völlig gerade sind; 'e ru wenige Zolle lange Zugröhren passen nur in einer gewissen ^uge am besten zusammen, die darum oft mittelst Sternchen be¬ rechnet ist. Das Innere der Röhren wird zur Abhaltung alles 432 Verbindung des Objectivs mit dem Oculare. Seitenlichtes geschwärzt und an den Stellen, wohin die wirklichen Bilder fallen, mit Diaphragmen versehen. Bekommt ei» solche- Instrument ein Fadenkreuz , so muß dieses an der Stelle eines Bildes angebracht werden. Catoptrische Instrumente werden fast immer mit Metallfassungen versehen und lassen sich nicht wohl als Taschenfernröhre brauchen. Bei diesen sowohl als bei dioptrischen Instrumenten muß das Ocular in Betreff der Öffnung und Brenn¬ weite zum Objective passen. Gewöhnlich ist sie eine Planconvexlinse, nur bei dialytischen Fernrohren ist sie aus guten Gründen biccnvex. 173. Ein Fernrohr ist desto vollkommener, je mehr es ver- größert, je deutlicher und Heller seine Bilder sind und je größer sein Gesichtsfeld ist. Jede einzelne dieser guten Eigen¬ schaften läßt sich aber nur aufKosten der übrigen erhöhen. Will man z. B. die Vergrößerung steigern, so muß man bei demselben Ob¬ jective ein Ocular mit kürzerer Brennweite nehmen; dieses muß aber eine kleinere Öffnung erhalten, wenn das Bild deutlich bleiben soll, und wird darum ein kleineres Gesichtsfeld gewähren. Daß daS Bild an Helligkeit verlieren müsse, ist für sich klar, auch ist eS leicht einzusehen, daß diese bei derselben Vergrößerung mit du Öffnung des Objectives wachsen muß. Darum verträgt jedes Fern¬ rohr mit einem bestimmten Objective nur eine gewisseVergrößermig. Die vorzüglichsten Fernröhre sind ohne Zweifel bis jetzt von Fraun¬ hofer und Plößl verfertigt worden. Folgendes Verzeichnis ent¬ hält die Vergrößerungen, welche sie bei den nebenstehenden Objee- tivöffnungenin Linien ausgedrückt gewähren, /^bedeutet einFrau»- hofer'sches, Z^ ein Plößl'schcs Instrument. Prüfung eines Fernrohrs. 433 174. Zur Prüfung eines Fernrohres aufDeutlichkeit und Klarheit taugen vorzüglich Objecte, die leuchtend auf dunklem Grunde erscheinen, mithin vorzüglich Himmelskörper zur Nachts- zeir, wohl auch weiße Puncte oder Scheibchen auf schwarzem Grun¬ de bei hinreichender Tageshelle. Ihr Bild muß rein und scharf be- grenzt erscheinen, es mag in der Mitte des Gesichtsfeldes oder am Jlande desselben sich befinden. Übrigens soll ein gutes Fernrohr so ^schaffen seyn, daß man durch jeden Punct des Objectives das ^eular sieht, ersteres soll frei von Wellen seyn, wenigstens nicht viele Wasen haben und keine Farbenringe zeigen. Die Größe des Ge¬ sichtsfeldes wird erkannt, wenn man den Gesichtswinkel des egenstandes bestimmt, den man auf einmal übersieht. Um die V e r- Zi'oßerungszahlzu finden, sieht man auf einen in gleiche Theile Setheilten Gegenstand durch das Fernrohr und zugleich mit freiem uge und schätzt, wie viele der mit freiem Auge gesehenen Theile auf einen Theil, wie er durch das Fernrohr erscheint, fallen. Man wendet da mit Vortheil ein ähnliches Verfahren an, wie bei Mi- ^oscopen (159), indem man die Größe des Bildes einer in be- uimmter Entfernung mit freiem Auge gesehenen Linie mit dem der- ^en Linie, durch das Fernrohr in gleicher Entfernung gesehen, "^gleicht. (Iacquin in Zeitsch. 2. 101.) Endlich schließt man wcht selten aus der Größe der Lichtscheibe, welche am Oculare bei "aller Beleuchtung des Objectivs oder eines durch einen Schirm Naturtehre S. Aufl. 28 484 Optischer Kasten. D unk le Kammer. bestimmten Theiles desselben erscheint, indem man letzteres durch erste¬ res theilt. Zum Messen dieser Große hat man eigene Instrumente (Dynamometer). 175. Die dioptrischen Instrumente haben schon wegen ihrer bequemeren Einrichtung und ihrer größeren Dauer vor den oatop- trischen einen großen Vorzug, sollen sie aber in sehr großemMaß- stabe verfertigt werden, so findet man ein bis jetzt unübersteigli- ches Hinderniß an der Schwierigkeit, große homogene Glasstiicke zu erhalren, während große -Hohlspiegel ohne Vergleich leichter zu haben sind. Amici undHerschel d. j. haben eine Vergleichung zwischen einem guten catoptrischen und einem dioptrischen Instrumente angestellt. Nach Amici leistet ein achromatisches Fernrohr milder Öffnung 1 dasselbe, was ein catoptrisches mit der Öffnung glei¬ stet. Nach Herschel ist dieses Verhältniß 5:6, wenn das catop- trische nur einen Spiegel hat, hingegen 7:10, wenn es mit zwei Spiegeln versehen ist. Einige minder wichtige, optische Instrumente. 176. Außer den Microscopen und den Fernrohren sind noch der optische Kasten, die d u nkl e K a m m e r oi- Louna), die Helle Kammer (tzflmena cirrna), die lichte Kammer («amen« und die Zauberlaterne einer besonderen Betrachtung werth.- - " 177. Eine Vorrichtung, wodurch große, perspectivische Zeich¬ nungen mittelst eines Convexglases von 1—2 Fuß. Brennweite an¬ gesehen werden, wenn sie ein wenig innerhalb der Brennweite ste¬ hen, heißt ein optischer Kasten und wird zu den optische» Instrumenten gezahlt. . - 178. Die dunkle Kammer sscaniena oöscunq) bestehe meistens aus einem Kasten, in welchem das von einer Couvexluise (am besten von einem Concavconvexglase) gemachte Bild entfernt« Gegenstände, nachdem man ihm durch einen Spiegel eine bequeme Lage gegeben hat, auf einer weißen Fläche angesehen werden kann. Fig. 264 stellt ein solches Instrument vor, wo die Linse, der Spiegel ist, der dem Bilde, welches auf der Platte 6 erscheint, die gehörige Lage gibt. Fig. 265 stellt ein anders eingerichtet« Instrument dieser Art vor. Man benützt es vorzüglich zum Copiren entfernter Gegenstände. Ist die Linse bei der dunklen Ka»""^ Helle, lichte Kammer. 435 an der Vorderseite eines Kastens befestiget und dieser gegenüber ein Spiegel unter 45° gegen die Axe des Glases geneigt, so daß die von der Linse gemachten Bilder in die Nahe des Deckels refleotirt werden, wo man sie mit einer zweiten Conveplinse ansicht; so heißt die Vorrichtung eine Helle Kammer sicamena cöans). Chevalier ersetzt Linse und Spiegel einer gewöhnlichen dunklen Kammer durch ein Glas, wovon Fig. 266 einen Durchschnitt an¬ gibt, und welches an der Fläche eben, an der Fläche ^46 con¬ vex, an hingegen concav ist. Fallen nun von einem fernen Gegenstände Strahlen auf so werden sie wie in einer Linse gebrochen, und in so reflcctirt, daß sie durch hervorkommen, und in ein verkehrtes Bild des Gegenstandes geben. 179. Zu demselben Zwecke dient auch die sogenannte camencr üucich-r. Sie besteht aus einem Glasprisma ALD6 (Fig. 267), welches man mit den gehörigen Winkeln dadurch erhält, daß man mit dem Halbmesser den Quadranten beschreibt, ihn in in zwei gleiche Theile theilt und die Sehnen und 69) zieht. Das Viereck^LDL gibt dann den senkrechten Durchschnitt des gläser¬ nen Prismas, das hinreichend groß ist, wenn die Höhe j Z. und die Länge f Zoll beträgt. Die beim Gebrauche wagrechte Fläche wird mit einer geschwärzten Platte bedeckt, die einen ganz kleinen Ausschnitt hat, um das Licht durchzulassen; das Ganze ist mit einem Postamente versehen, wie Fig. 268 zeigt. Ist L ein leuchtender Gegenstand, der Licht auf 6D sendet, so wird davon em Theil nach ^<7 und von da nach 6 reflcctirt, so daß er in bas in 6 befindliche Auge kommt. Man sieht daher L in s. Befin¬ det sich nun in s ein weißes Papier, so kann wegen der Klein¬ heit des Instrumentes auch von diesem Licht ins Auge kommen, und man wird zugleich den Gegenstand L und das Papier und zwar >enen auf diesem so sehen, daß man ihn nachzeichnen kann. Dieses a^ige Instrument erfand Wollaston. Ein sehr kleiner Planspie¬ gel leistet dieselben Dienste, wie die oamsna kucicka. Amici hat diesem Instrumente folgende sehr zweckmäßige Einrich- tung gegeben: «L (Fig. 269) ist ein etwa drei Linien dickes Planglas mit parallelen Wänden, «4 ein metallener Planspiegel, der gegen um IZ5» geneigt ist. Sendet nun ein leuchtender Punct^Strah¬ len auf cck, so werden sie in reflectirt, gelangen auf A, wo sie eine zweite Reflexion erleiden und ins Auge <7kommen. Ebendahin gelangen auch Strahlen vom Puncte ü , wo man sieht, und man kann daher daselbst leicht das Bild von S nachzeichnen. 28 * 436 Zauberlaterne. 180. Mehr zur Spielerei als zum wahren Nutzen dient die Zauberlaterne (Fig. 270). Sie besteht aus zwei Sammel¬ glasern und L. Vor dem ersten aber innerhalb seiner Brenn¬ weite, steht ein transparentes auf Glas gewähltes Bild 6, wel¬ ches von einer starken Flamme a, mittelst eines Beleuchtungsspie- gcls 7) erhellet wird. Das zweite Glas steht so, daß es ein großes Bild des Gegenstandes macht, welches man auf einer Wand auffangen kann. Ist diese Wand durchscheinend, so kann man hin¬ ter ihr die Bilder der Gegenstände vergrößert sehen und auf diese Weise sehr imposante, phantasmagorische Phänomene hervor¬ bringen. Über optische Instrumente siehe: Suppl. S. 576 u. f. Klügel's Dioptrik. Leipzig 1778? S. 158 — 251. Practische Dioptrik, von J. I. Prechtl. Wien, 1828. Litt ro w's mathematische Abhand¬ lungen über Objektive und Oculare zu Fernrohren, in Zeitsch. 3. 129. 285; 4. 17, 195. Littrow's Dioptrik. Wien, 1830. No¬ rica rtromcnu orricr c/, L'anrinr. 2 Dom. D-r-lo«-«, 1828. Über diesen Abschnitt überhaupt siehe: o^n'ca. lionl. 1729. 4. Smith vollständiger Lehrbegriff der Optik. Leipzig,1735, 4. A. Do^coi-tc/r oz-cca ^cciiacaiia «4 st «Ltro/iomiam. Dajano, 1785. sVuo„o r,arraro Dottica -ir L. sVosr/i. M1-r"0, 1820. 8. c/cme/rtar)- i/coi?c o/i Oz-ricL tloilitiN^ron. Damörii/AS, 1823. 8. // c r L c /i c / o» tiA^r. , 1830. Sappl. 377 — 645. O/Uic§ Dr. A r c L vor. Do/iilon, 1831. Schmidt-' Optik, herausgegeben von Goldschmidt. Göttingen, 1834. P rist. ley's Geschichte der Optik. Leipzig, 1776. 4. Lwetter Ah schnitt. Wärme. ErstesKap itel. Von der Wärme überhaupt. 181. (Ao wie das Ohr durch den Schall, das Auge durch das Licht afficirt wird, eben so wird das Gemeingefühl durch die Wärme angeregt. So wie wir die durch Vibrationen im Ohre erreg¬ ten Empfindungen von der objectiven Ursache derselben unterschei¬ den, aber'doch beide mit dem Worte Schall bezeichnen, eben so bezeichnen, wir sowohl die Wärmeempfindung als ihren objectiven Grund mir dem Worte W ä r m e. Hitz eist eine gesteigerte Wärme¬ empfindung, Kälte verhält sich zur W ä rm e wie Finsterniß zum Lichte. Warm erscheint uns ein Körper, der uns Wärme im ob¬ jectiven Sinne zuführt, kalt derjenige, der sie uns entreißt; darum kann uns derselbe Körper bald warm, bald kalt erscheinen. Taucht man die Hand in kaltes Wasser, so erscheint uns dieses anfangs kälter, als nach einiger Zeit, taucht man sie in warmes, so finden wir auch dieses anfangs am wärmsten, weil uns anfangs vom kalten Wasser am meisten Wärme entrissen, vom warmen aber am meisten zugeführt wird. Taucht man eine Hand in kaltes, die andere in warmes Wasser, hierauf aber beide in laues; so hält man letzteres nach der Empfindung an der einen Hand für warm, a» der anderen für kalt. Den wahren Wärmeznstand, d. h. die Temperatur eines Körpers erfährt man bekanntlich durch das Ther¬ mometer. Ob es einen Körper gebe oder geben könne , der gar keine Wärme enthält, dessen Temperatur also dem Nullpuncte der natürlichen Thertnometerscale entspricht, wissen wir nicht. 182. Bekanntlich wirkt die Wärme nicht blos auf unser Ge- lneingefühl., sondern auch auf alle anderen Körper, vergrößert ihr Volum und ändert ihren Aggregationszustand; ja vielleicht ist die Empfindung der Wärme selbst nur das unmittelbare Resultat der Ausdehnung unserer Organe. Die Wärme läßt sich durch keinen Körper hemmen, sie durchdringt alles wie die Schwere, bewegt 438 Wärmeprincip. Strahlende Wärme. sich nach eigenen Gesetzen und setzt sich auch nach eigenen Gesetzen ins Gleichgewicht. 183. Über die Natur des Wärmeprincipes sind nicht alle Physiker derselben Meinung. Nach einigen ist es die zum Wesen der Körper gehörige abstoßende Kraft/ nach anderen besteht cs in einer vibrirenden Bewegung, die Mehrzahl der Naturforscher sieht es aber als einen eigenen Stoff an, den man Wärmestoff nennt, und mit allen jenen Eigenschaften ausrüstet, welche zur Erklärung der Wärmephänomene nothwendig sind. Dem¬ nach wird der Wärmestoff als eine eigene, feine, ausdehnsame Flüssigkeit characterisirt, welche sich mit den Körpern verbindet, durch ihre Erpansivkraft auf sie wirkt, aber immer nach Gleich¬ gewicht trachtet. — Wir wollen vor der Hand die Frage über die Natur des Wärmeprincipes ganz beseitigen und die objective Ursache aller Wärmeerscheinungen, Wärme nennen. Die Ausdrücke: Wärmemenge, Mittheilung, Bewegung der Wärme rc., deren wir uns in der Folge bedienen werden, sind vor der Hand nur bildliche Bezeichnungen der Affection eines uns unbekannten Wesens und werden leicht ihre eigentliche Bedeutung finden, wenn man hinreichenden Grund haben wird, sich für eine oder die andere der vorhergehenden Hypothesen ausschließlich zu erklären. Zweites Kapitel. Gesetze der Bewegung der Wärme. 184. Schon der Umstand, daß derselbe Körper verschiedene Temperaturen annimmt, beweiset, daß die Wärme in Körpern ab- und zufließe, mithin sich bewege. Aber diese Wärme, welche die Temperatur der Körper bestimmt, ist mit ihnen innigst verbunden und bewegt sich in ihrem Inneren. Die Wärme kann aber auch für sich, ohne mit einem Stoffe in Verbindung zu seyn, epistire"' denn die Erfahrung lehrt, daß sie die Körper verläßt und sich'« leeren Raume und in der Luft, wie das Licht, fort bewegt. M" stellt sich vor, diese Fortpflanzung erfolge in Strahlen, wie beim Lichte, und nennt darum diese Wärme strahlende Wärme. Eigentlich sollte man sie freie Wärme nennen. 185. Zur Feststellung der Gesetze, nach denen sich die strH' lende Wärme forlpflanzt, bedarf man eines besonderen Znstrumem D isfer e n z i al- T h e rm o meter. 439 tes, bas man D-iffe r e n z ia l - T h e rm o m e re r nennt, weil es,nicht. Temperaturen überhaupt, sondern nur Temperaturuncer- schiede anzeigcr Rumford's Differönzial-Thermomecer (Thermo- scop) besteht aus einer Glasröhre, die an beiden Enden .unter einem rechten Winkel gebogen und mit Kugeln versehen ist, wie Fig.. 27.1 zeigt. Im mittleren -.Th.sile Ler Rohre befindet sich eins kurze Säule einer gefärbten Flüssigkeit, z. B. Schwefelsäure.. Ist-die Luft in beiden Kugeln gleich warm, so bleibt die Flüssig¬ keit ruhig stehen; sobald aber eine der Kugeln nur im Mindesten mehr., erwärmt ist, als die andere, bewegt sich dis Flüssigkeit gegen die kältere Kugel hin. Leslie's Differenzial - Thermo¬ meter unterscheidet sich vom vorigen nur dadurch, daß die Zw.ischen- röhre kürzer ist und daß es deshalb.aussieht, wie Fig. 272 nach¬ weiset. Eine Seals an. einem Arms gibt die Temperarurdifferenz beider Kugeln nach Graden des gewöhnlichen ThermoMerers an. Ersetzt man die gläsernen Kugdln durch große- Metallgesäße mit sehr dünnen Wänden, so erhalt man ein noch empfindlicheres In¬ strument, wie es Ni tch i e empfohlen hat. Nimmt man in einem jener Instrumente statt Luft Dünste von Alkohol oder Äther, so crhälc.man das von Schmidt und später wieder, von Howard angegebene Differenzial-Thermometer, welches viel empfindlicher ist als alle vorhergehenden, weil durch Erwärmung einer Kugel nicht blos der bereits vorhandene -Dunst ausdehnsamer wird, son¬ dern zugleich neue Dünste entstehen. Dieses Instrument läßt sich aber nicht wie ein gewöhnliches Thermometer graduiren, sondern gibt Klos die Wärmeveränderungen im Allgemeinen an. 186. Um . sich vom Alksstrahlen der Warme zu überzeugen, bringe man einen erwärmten. Körper, z. B'. ein Stück heißeS Me¬ tall oder ein Gefäß mit.heißem Wasser in die -Nahe eines Diffe¬ renzial,Thermometers und schütze eine .Kugel desselben vor dein hei¬ len Körper durch einen undurchsichtigen Schirm. Da wird die üeie Kugel -mehr, als die andere erwärmt , wenn sich das Thermo¬ meter unterhalb des warmen Körpers- befindet. Da Luftströmungen die genannte Wirkung nicht hervorbringen können, so muß die Wärme die Luft durchdringen, um zum Thermometer zu gelangen. Auch der Umstand, daß eine erwärmte Thermomcrerkugel im luft- l-cren Raume viel schneller erkaltet, als dieses bei der bloßen üaltpfianzung der Wärme durch das Glas erfolgen könnte, be- , daß die Wärme die Kugel verlasse und durch den leeren 440 Fortpflanzung der strahlenden Wärme. Raum zu dem Gefäße übergehe, worin die Leere gebildet ist. Das sogenannte Spuken stark geheizter Ofen ist das Werk der strahlen¬ den Wärme; denn rührte dieses von der erhitzten Luft her, so könnte es nicht durch einen Schirm abgehalten werden, wie es doch hier der Fall ist. 187. Die strahlende Wärme geht geradlinig,, ohne merkliche Schwächung durch die Luft, wird durch die Bewegung derselben nicht merklich gestört, und pflanzt sich mit einer ungemein großen Ge¬ schwindigkeit fort, deren eigentliche Größe bisher noch gar nicht gemessen werden konnte. Die geradlinige Fortpflanzung der strahlenden Wärme ist daraus abzunehmen, daß eine Kugel des Differenzial-Thermometers gegen die Einwirkung eines erhitzten Körpers vollkommen geschützt wird durch einen metallenen Schirm, der vermöge seiner Form und Größe nur die geradlinig ausfahren¬ den Strahlen abzuhalten vermag. Die ungeheure Geschwin¬ digkeit, mit der die Wärmestrahlen die Luft durcheilen, bewei¬ sen viele Erfahrungen: Bringt man einen erwärmten Körper in die Nahe eines empfindlichen Thermometers, so steigt dieses augen¬ blicklich, ja auch durch das Gefühl verräth sich die Nähe eines sol¬ chen Körpers in einem Momente, selbst in Fällen, wo an eine Mittheilung der Wärme durch die Luft gar nicht gedacht werden kann. Die Luft (vielleicht alle anderen Gase) läßt, die Wärme¬ strahlen fast ungehindert durch; feste und tropfbare Körper hingegen behalten nach Maßgabe ihrer Natur, Dicke und Farbe einen grö¬ ßeren oder kleineren Thcil derselben zurück, und sind nur für den Rest durchdringlich, diatherm. Der durchgelaffene Theil wird wie das Licht, aber in einem anderen Grade, gebrochen. Das Ver¬ mögen der Körper, Wärmestrahlen durchzulassen, steht nicht mit ihrer Durchsichtigkeit im Verhältnisse; oft sind weniger durchsichtige mehr diatherm als durchsichtigere ; es scheint sogar, als könnten eini¬ ge undurchsichtige Körper Wärmestrahlen durchlassen. Die von heißen Körpern ausstromenden Wärmestrahlen durchdringen einen Körper desto leichter, je näher die Temperatur der Wärmequelle der Gluhhihe steht. Je länger der Weg ist, den Wärmestrahlen bereits in einem Körper zurückgelegt haben, desto weniger werden sie in einer fol¬ genden ebenso großen Strecke absorbirt. Es gibt in den Körpern vielleicht ebenso verschiedene Grade der D>a- thermität, als es Grade der Durchsichtigkeit gibt. Nach Mellon' läßt von 100 einfallenden Wärmestrahlen durch: Klares Steinsalz Reflexion der strahlenden Wärme. 44t 92,Flintglas 67, Schwefelkohlenstoffs, klarer Kalkspats) 62, Crown- glas 49, Terpentinöhl 3k, gelbes Nüböhl 30, Schwefeläther 2k, Schwefelsäure k7,Alkohol 1g?Wasser 11. Eine 8 Mill, dicke Glasplatte ließ von 1000 Strahlen 619, eine 4 Mill, dicke 576, eine 2 Mill, dicke 549 durch. Den Brennpunct einer Brennlinse aus Hellem Glase, welchemKohlenfeuer Licht und Wärme zusendet, kann man ohne Scha¬ den auf die flache Hand leiten, nicht aber den einerLinsevon braunem Glase. Ein rothes Glas ließ bei einem Versuche von 100 Strahlen 53, ein orangegelbes 44, ein goldgelbes 33, ein apfelgrünes 26, ein hellblaues 42, ein dunkelblaues 19, ein hell violettes 45 durch. (Mellon: in -A LL-m. 53. 5.) 188. Die Wärmestrahlen, die ein Körper nicht durchläßt, werden zum Theile von ihm absorbirt und erwärmen ihn, zum Theile werden sie aber refleclirt. Von der A b so r pti o n zeu¬ gen alle Phänomene, aus denen man auf das Daseyn der strah¬ lenden Wärme schließt (186). Von der Reflexion überzeugt man sich leicht mittelst eines metallenen Hohlspiegels. Stellt man ein Thermometer mit der Kugel in den Brennpunct desselben, und bringt in einige Entfernung davon einen erwärmten Körper, der seine Strahlen auf den Spiegel schicken kann; so bemerkt man alsogleich eine Erhöhung der Temperatur im Brennpuncte, zum Beweise, daß sich dort die Wärmestrahlen vereiniget haben und daß sie daher vom Spiegel zurückgeworfen worden seyen. Stellt man zwei solche Spiegel gegen einander (Fig. 273) und bringt in den Brennpunct des einen den erwärmten Körper, in den des an¬ deren eine Kugel des Thermometers; so wird auch da eine Tem¬ peraturerhöhung wahrgenommen, welches nur durch Reflexion der Wärme in beiden Spiegeln erklärt werden kann. Weil sich die Wärmestrahlen in demselben Brennpuncte der Hohlspiegel vereini¬ gen- fl, welchem die Lichtstrahlen sich schneiden; so muß auch für erstere der Reflexionswinkel dem Einfallswinkel gleich seyn. Die Möglichkeit, Wärmestrahlen zu polarisiren, ist behauptet, hierauf geleugnet, und neuestens, wie es scheint, durch Forbes endlich unwidersprechlich bewiesen worden. Am leichtesten stellt man hierher gehörige Versuche mit Turmalinplättchen an, wie man sie zu Ver¬ kochen über Lichtpolarisation braucht, wobei man erfährt, daß solche 'n der Lage, wo sie weniger Licht durchlafsen, auch weniger für die Wärme durchdringlich sind. (Pogg. Ann. 21.311. <>C 134.) Ein Wärmestrahlwird, so wie ein Licht- und Schallstrahl, e>n der Grenze zweier Mittel in zwei Theile zerlegt, wovon einer 4t2 Einfluß der Oberfläche auf Wärmestrahlung, reflectirt, der andere absorbirt oder durchgclaffen wird. Ob es eine Inrerferenz der Wärme gebe, ist noch nicht ausgemacht. (Pogg. Ann. 27. 462.) 189. Nach dem Voransgegangenen muß man in Betreff des Verhaltens der Körper zur strahlenden Warme ein dreifaches Ver¬ mögen unterscheiden, nämlich: das Strahlungs- oder Emis¬ sionsvermögen, das Absorpti o n §- und das Re flexionS- vcrmög en. Wir wollen jedes einzelne näher betrachten. — DaS S c ra h lung s v e rm ög e n eines Körpers hängt von seiuerTem- peratur und von der Beschaffenheit seiner Oberfläche ab. Je höher seine Temperatur ist, desto mehr und desto intensivere Mrme- strahlen sendet er aus, aber bei derselben Temperatur strahlen Kör¬ per, die mit metallischer Oberfläche versehen sind, weniger Wärme ans als andere- und solche, deren Oberfläche glatt und polirt ist, über¬ haupt weniger als jene, die eine rauhe Oberfläche haben, wahr¬ scheinlich, weil mit der Rauhheit der Oberfläche die Anzahl derAus- strahlungspuncte zunimmt. Die Härte der Oberfläche und ihre Farbe scheint auf die Wärmestrahlung keinen Einfluß zu haben. Übrigens findet bei jeder Temperatur ein Ausstrahlen Statt, und wennKör- per im Gleichgewichte der Wärme stehen, so empfängt jeder der¬ selben ebenso viel Wärme, als er abgibt. Ein solches Gleichgewicht heißt daher mit Recht ein bewegliches. Es kommen aber die Wärmestrahlen, welche ein Körper aussendet, nicht blos von seiner Oberfläche, sondern auch aus seinem Innern, wie sich schon aus der Durchdringlichkeit der Körper für die Wärme abnehmen, aber auch durch Versuche zeigen läßt. Den großen Einfluß der Beschaffenheit der Oberfläche auf die Wärme¬ strahlung beweiset ein schöner Versuch, der von Leslie herrührt. Man nehme einen hohlen Würfel von Eisenblech, der auf einet Seite polirt, auf der zweiten mit einer Glasplatte bedeckt, auf du' dritten matt geschliffen, auf der vierten berußt ist, und stelle ihn einem Hohlspiegel gegenüber, in dessen Brennpuncke sich ein^eni- pfindlicheS Thermometer befindet. Weirdet man nun die polirte sute des Würfels gegen den Spiegel, so bemerkt man ein Steigen du' Flüssigkeit im Thermometer. Ist dieselbe zum Stillstehen gekonumn, so steigt sie alsogleich von Neuem, wenn man den Würfel mit der Elasseite gegen den Spiegel kehrt. Noch beträchtlicher steigt sle¬ menu man die matte, und noch mehr, wenn man die schwarze Seite des Würfels dem Spiegel zuwendet. Auf ähnliche Weift ha' Leslie den Einfluß der Politur der Oberfläche kennen gelehrt. Verschiedene Intensität derWärmestrahlen. 413 überzog einen hvhlcn Würfel mit blankem Zinnblech und fand seine Wirkung auf ein im Brennpuncte eines Hohlspiegels stehendes Ther¬ mometer — 12. Ritzte ec das Zinn der Länge ngch, so zejgte sich sein Strahlungsvermögen --- 19, that, er dasselbe auch nach der Quere, so wurde es auf 23 gesteigert und endlich gar auf 26, als er auch Striche nach vielen anderen Richtungen gezogen hatte.— Aus dem Gesetze, daß ein Körper bei übrigens gleichen Umständen desto mehr Wärme aussendet, je höher seine Temperatur ist, läßt es sich leicht begreifen, daß von zwei Körpern von ungleicher Tem¬ peratur durch bloßen Austausch der Wärmestrahlen der wärmere erkalten, der kältere erwärmet werden müsse- Darauf beruht die scheinbare Reflexion der Kälte durch Hohlspiegel, die Erkaltung eines Thermometers, dessen Kugel im Brennpuncte eines gegen den heiteren Himmel gekehrten Hohlspiegels eine Nacht hindurch steht. Daß die von einem Körper ausstrahlende Wärme wenigstens zum Theile aus seinem Inn,ern komme, davon überzeugte sich Leslie ans folgende Art: Er überzog einen blanken Spiegel, dessen Strah- lungsvermögen er kannte, mit einer Leimschichte von bestimmter Dicke und untersuchte hierauf sein Strahlungsvermögen, trug dann eine zweite, dritte rc. Schichte auf und nahm die Bestimmung des Strahlungsvermügens nach jeder dieser Operationen von Neuem vor. Die erste Leimschichte setzte das Strahlungsvermögen des Spiegels auf u. herab, jedes folgende Aufträgen einer neuen Schichte erhöhte aber dieses Vermögen, und als der ganze Überzug Z. Dicke hatte, war das Strahlnngsvermögen des Spiegels aufT seiner ursprünglichen Kraft erhöht. 190. Es haben nicht alle Strahlen, die von demselben Puncte ausfahren, einerlei Intensität, sondern diese ist bei den senkrecht gegen die strahlende Fläche ausgehenden am größten, bei dm schief gegen sie ausfahrenden desto kleiner, je mehr sie gegen die ausstrahlende Fläche geneigt sind. Eine warme Kugel, deren Strahlen durch eine an einem Schirme angebrachte Öffnung aus em Thermometer gelangen, bewirkt an letzterem kein stärkeres Zeigen, als eine ebene Scheibe von demselben Durchmesser und derselben Beschaffenheit der Oberfläche, wiewohl die Kugel bei ihrer viel größeren Oberfläche mehr Wärmestrahlen, aber darunter viele lehr schief ausfahrende, auf das Thermometer sendet. Man kann auch beweisen, daß ihre Intensität mit dem CosinuS des Ausstrah¬ lungswinkels im verkehrten Verhältnisse stehe. Die von einem Puncte ausfahrenden Wärmcstrahlen divergiren auf ihrem Wege und treffen demnach eine Fläche in desto geringerer Dichte, je 444 Emisstons- und S trah l n n g s v er m ög e n. .größer das Quadrat der Entfernung dieser Fläche vom AuSströ- mungspuncte ist. 191. Die Erfahrung lehrt, daß sich in jedem Systeme von Körpern, die sich gegenseitig Wärme zusenden können, eine blei¬ bende Gleichheit der Temperatur herstelle, die Oberflächen dieser Körper mögen wie immer beschaffen seyn. Da nun diejenigen, wel¬ che ein größeres Strahlungsvermöge» besitzen, auch offenbar mehr Wärme von anderen aufnehmen müssen, um jeneS Gleichgewicht möglich zu machen; so muß das Abso r p t i o n s v e rm ö g e n desto größer seyn, je größer das Emissionsvermögen ist, und von denselben Umständen abhangen, wie dieses. Leslie hat die Gleichheit dieser zwei Vermögen auch durch einen directen Versuch erwiesen. Da ein Körper von den ihn treffenden Wärmestrahlen offenbar jenen Theil reflectirt, welchen er nicht aufnimmt, so muß sein Reflexionsvermögen mit seinem Absorptionsvermögen im ver¬ kehrten Verhältnisse stehen und durch alle jene Umstände vergrößert werden, welche dieses verkleinern und umgekehrt. Leslie sand folgende Werthe für das Strahlungs- und Absorptions¬ vermögen der nachstehenden Körper: Lampenruß — 100; Wasser — ION; Schreibpapier — 98; Glas —90; Tuschmasse — 88; Eis — 85; mattes Blei — §5; Quecksilber — 20; glänzendes Blei — 19; polirtes Elsen — 15 ; polirtes Zlnn —15 ; polirtes Gold, Silber, Kupfer—12; Graphit---^ 75; Mennig mit Hausenblase ausgetragen — 80; Crownglas — 90; Siegellack ---- 95; harziger Überzug —95. Das Reflexionsvermögen fand derselbe Gelehrte wie folgt: Messing und Bronze — 100 ; Silber----90; Stanniol ----80; Stahl —70; Blei----60; Zinnamalgam —10; Glas---M; geöhltes Papier ------S. Von der Gleichheit' des Strahlungs- und Absorptionsvermögens kann man sich auf folgende Weise überzeugen- Man stelle in den Brennpunct eines Hohlspiegels die gläserne Kugel eines Thermometers, und halte dem Spiegel gegenüber eine warme geschwärzte Zinnplatte von bestimmter Temperatur. Ihre Wirkung auf das Thermometer sey —IstO. Nun setze man an dieStelle dieser Platte eine blanke Zinntafel von derselben Temperatur. Ihre Wir¬ kung mag —12 seyn, so daß sich das Strahlungsvermögen beider zu einander verhält wie 100:12. Hierauf bringe man in den Brenn- punct des Spiegels ein Thermometer mit zinnerner Kugel und beob¬ achte die Wirkung der geschwärzten Fläche auf sie. Sie sey—-- '° Wird nun die Wirkung derselben Fläche auf die geschwärzte zinnerne Kugel eines Thermometers untersucht, so findet man eine Zahl, die sich zu 2.5 so verhält, wie 100:12, in unserem Falle 20. Eine an¬ dere Art, diesen Versuch anzustellen, lehrt Ritchie (Pogg- Verhältnis; d. Strahlungs-,Absorpt. - u. Reflex.-Vermögens. 445 28. Z87.) BeideWirkungen derOberfläche auf diestrahlende Wärme zeigt recht ausfallend folgenderVersuch: Nimmt man eine Glastafel, belegt eine ihrer Seiten zur Hälfte mit Zinnfolio, und hält sie mit der zum Theile bekleideten Seite air ein Feuer, berührt dann die Hintere Seite mit der Hand ; so fühlt Man hinter der Metall- bekleidnng kaum einige'Erwärmung, während diese hinter dem freien Theile sehr merklich ist. Wendet man aber die unbedeckte Seite der Tafel gegen das Feuer und berührt sie ander Metallseite mit der Hand, so ist die Wirkung gerade umgekehrt. 192. Das Verhältnis; des Strahlungsvermögens eines Körpers zu seinem Absorptions- und Reflexionsvermögen und der Einfluß der Oberfläche der Körper auf dasselbe sind in practischer und theoreti¬ scher Hinsicht gleich wichtig. Sie geben uns den nützlichen Wink, Körper, welche die Wärme zurückhalten sollen; wie z. B. Dampf- cylinder, Wärmeleitungsröhren, Feuerschirme rc. mit polirter, am besten metallischer Oberfläche zu versehen. Es beruht auf diesem Grundsätze auch der Gebrauch eines Differenzial-Thermometers, wo¬ von eine Kugel versilbert ist, als P y r o s co p, d. i. als Meßinstru¬ ment für die strahlende Wärme. Weil nämlich die Wärmestrahlen von der metallischen Oberfläche eines so adjustirten Differenzial- Thermometers refleotirl werden, während sie auf die unbedeckte Ku¬ gel frei einwirken und die Flüssigkeit im Instrumente in Bewegung setzen; so wird man aus der Bewegung der Flüssigkeit in diesem Instrumente auf die dasselbe treffenden Wärmestrahlen schließen können. Aus den vorhergehenden Grundsätzen erklären sich viele Erscheinungen, z. B. der Nutzen der schwarzenFarbe der Menschen im heißenKlima und die wohlthätige Einrichtung der Natur, daß sich bei großer Hitze auf ihrer Haut eine glänzende Flüssigkeit ausscheidet; warum Flüssigkeiten in alten (berußten), am Feuer stehenden Töpfen früher (nach Fox 6j Mal früher) kochen, als in neuen; die wohlthätige Einrichtung, daß die aufwärts gekehrte Seite der Blätter bei Pflan¬ zen meistens glänzender, als die der Erde zugewendete ist; die er¬ quickende Kühle im Freien, zur Zeit, wo es in Städten erstickend heiß ist; die geringe Abkühlung der Luft in Städten während der Nacht und viele andere Erscheinungen, welche in die Meteorologie gehören. Auch die oben erwähnte Spaltung eines Wärmestrahles beim Übergänge von einem Mittel in ein anderes ist unzähliger Anwendungen fähig. Auf ihr beruht der Nutzen der Doppelfenster, Doppelthüren, der weiten Kleider, die schlechte Leitungsfähigkeit der Pelzwerke, Federn, des Schnees re., bei denen ein Warme- sirahl unzählige Reflexionen erleidet. 446 Leitungsfähigkeit fester Körper. 193. Die Wärme, welche in das Innere eines Körpers eüi- gedrungen ist, sucht sich darin so zu vertheilen, daß alle Puncte dieselbe Temperatur erlangen. Die Geschwindigkeit, womit sich die Wärme im Inneren eines Körpers fortpflanzt, ist der Maßstab für die innere Leitungsfähigkeit desselben, und man nennt denjenigen einen besseren Leitendesten innere Leitungsfähig- keit größer ist. Überhaupt pflegt man einen Körper, dessen LeitungS- fähigkeit gering ist, einen schlechten, und einen solchen, dessen Leitungsfähigkeit groß ist, einen guten Leiter der Wärme zu nen¬ nen. Erstere heißen auch oft, wiewohl unrichtig, Nichtleiter. Man sieht zugleich, daß die äußere (oberflächliche) Leitungs¬ fähigkeit eines Körpers von seiner inneren wohl unterschieden werden müsse. 194. Die innere Fortpflanzung der Wärme wird durch den Aggregationszustand der Körper modificirt. In festen Körpern geht die Wärme von einem Theilchen, welches unmittel¬ bar von der Wärmequelle erwärmt wurde, in das zunächst daran grenzende, von diesem in das folgende u. s. w., bis sie im ganzen Körper ins Gleichgewicht gekommen ist. Versuche über die Fort¬ pflanzungsgeschwindigkeit der Wärme in festen Körpern fordern un¬ gemeine Vorsichten und eine sehr große Genauigkeit; ein Umstand, der macht, daß man noch keineswegs die verschiedenen Körper nach ihrer Leitungsfähigkeit im angegebenen Sinne zu ordnen im Stan¬ de ist. F r a n k li n und J n g h e n h ouß untersuchten die Emir- mungsgeschwindigkeit der Bietalle, indem sie gleich dicke und gleich lange Metalldrähte, wie die Zähne eines Kammes, an ein Holz¬ stück befestigten, sie gleichförmig mit Wachs überzogen, dann senk¬ recht mit dem freien Ende in heißes Leinöhl tauchten und aus der Höhe, bis zu welcher das Wachs in derselben Zeit an verschiedenen Metallen schmolz, auf ihre Leitungsfahigkeit schlossen. Anders »er¬ fuhr Despretz. Er gab den zu untersuchenden Körpern die Ge¬ stalt gleicher Prismen, überzog ihre Oberfläche mit einer Schicht eines schwarzen Firnisses, um ihnen ein gleiches Strahlungsver mögen zu ertheilen, versah sie an verschiedenen Puncten mit Lo¬ chern , die bis in die Mitte der Masse reichten, stellte Thermome¬ ter darein, füllte die Zwischenräume mit Quecksilber oder Ohl au-v und erwärmte sie mittelst Lampen, die so angebracht waren, das das der Wärmequelle nächste Thermometer eine bestimmte Tempe¬ ratur angab. Wurde nun der Wärmegrad beobachtet, den Ms Leitungsfähigkeit tropfbarer Körper. 447 Thermometer, wenn es einen stationären Stand erreicht hatte, zeigte; so konnte man daraus und aus der Temperatur der Luft die Verhältnisse der Leitungsfähigkeit berechnen. Man kann die Folge von Mecallstücken in Betreff ihrer Wärmeleitung schon durch die bloße Empfindung bestimmen, wenn man sie mit einem Ende einer bestimmten Wärmequelle aussetzt und das andere Ende mit der Hand berührt. (Pogg. Ann. 1g. 507.) Auf obige Weise fanden Franklin und J n g h e n h ouß, daß die Metalle, vom besten Leiter angefangen, so auf einander folgen: Silber, Kupfer, Gold, Zinn, Eisen, Stahl, Blei.Nach F isch e r ist die durch seine Versuche bestimmte Ordnung der Metalle fol¬ gende: Silber, Kupfer, Gold (nicht ganz rein), Palladium, Pla¬ tin. Besprech fand das Leitungsvecmögen folgender Körper von der ihnen beigesetzten Größe: Gold 1000, Silber 973, Platin981, Kupfer 898.2, Eisen 374.3, Zink 308.0, Zinn 303.9, Blei 179.6, Marmor 23.6, Porcellan 12.2. Muncke's Versuchen zu Folge, nimmt die Leitungsfähigkeit ab, wenn die Temperatur steigt. Nach ihm ist bei mittleren Temperaturen, die Leitungsfähigkeit des Gla¬ ses — 1 gesetzt, die des Holzes — 0.6756, ;ene des gebrannten Thons —0.9334. Es bedarf keiner künstlich angestellten Versuche, um sich zu überzeugen, daß die Metalle zu den besseren, die Erd¬ arten, Glas, Asche, Kohle, Holz, Wolle, Seide:c. zu den schlech¬ teren Leitern gehören. Übrigens ist es sehr wahrscheinlich, daß die innere Fortpflanzung der Wärme auch durch Strahlung vor sich ge¬ he und daß eine Masse im Inneren desto besser leite, je homogener sie ist und je weniger sie von Zwischenräumen unterbrochen wird. Aus der verschiedenen Leitungsfähigkeit fester Körper erklärt man mit Leichtigkeit das Warmhalten unserer Kleider; warum Bäume durch Umwinden mit Stroh, nnd Saaten durch eine Schneedecke vor Frost gesichert werden; warum hölzerne Stuben wärmer sind, als gemauerte; warum man metallene Gefäße mit hölzernen Handgrif¬ fen versieht; warum man aus hölzernen Böden wärmer steht, als auf steinernen; warum Reiter durch die Steigbügel im Winter so viel Kälte zu leiden haben; warum man im Winter wohl Holz, aber nicht Eisen oder ein anderes Metall mit der Zunge ungestraft berühren darf. Hierauf beruhet auch die zweckmäßige Einrichtung unserer Öfen und Kochgefäße nach Rumsord's Angabe- (Dessen schöne Versuche sind in Gilb. Ann. Bd. 4 und in seinen kleinen Schriften, Weimar 1805, zu finden.) 195. Bei tropfbar flüssigen Körpern ist die Fortpflanzung der ^Larme verschieden, je nachdem die Erwärmung von Oben oder von Unten Statt findet. Wird die Erwärmung von Oben veranstaltet. 448 Leitung Kfähigkeit der Gase. so geht die Fortpflanzung der Warme in ihnen so vor sich, wie in festen Körpern, und da bewahren sich tropfbare Flüssigkeiten durch¬ aus als schlechte Wärmeleiter; geschieht aber die Erwarmung von Unten, so steigen die bereits erwärmten Th eile wegen ihres kleine¬ ren speeifischen Gewichtes in die Hohe und machen kälteren Platz. Es entsteht daher eine Strömung in der Flüssigkeit, welche die Erwarmung bedeutend beschleunigt. Man kann sie sichtbar darstel¬ len, wenn man, nach Rumford'sAnleitung, sein zertheiltenBern¬ stein in Wasser gibt und dieses dann erwärmt; da sieht man die Bernsteinstücke im Inneren der Masse aufwärts, in der Nähe der Wände aber abwärts ziehen. Igö. Bei aüsdehnsamen Flüssigkeiten ist die unmittelbareMit- theilung der Warme zwar nicht factisch uachgewiesen, kann aber der Analogie nach vorausgesetzt werden. Die Fortpflanzung der Wärme durch das Aufsteigen der erwärmten Theile ist aber hier in einem noch stärkeren Grade, als bei tropfbaren Flüssigkeiten vorhanden. Die Fortpflanzung der Wärme durch Strömungen lehrt, daß Flüs¬ sigkeiten am besten und am leichtesten erwärmt werden, wenn man die Wärme von Unten auf sic- wirken läßt; aus ihr beruht die langsame Erwärmung hoher, auf die gewöhnliche Weiss geheizter Zimmer, ihre hohe Temperatur an der Decke und die Zweckmä¬ ssigkeit der nach Meißner's Anleitung eingerichteten Heizung. Nach dieser Methode kann die Luft in einem Gemache auf eine zweifache Art erwärmt werden. Man kann den Ofen in ein abge¬ sondertes, kleines, geschlossenes Gemach (Heizkammer) stellen, und die daselbst befindliche, stark erwärmte Luft in die zu beheizenden Zimmer, deren Anzahl sich oft auf drei oder vier beläuft, durch eine etwa 4 — 5 Fuß über dem Fußboden angebrachte Öffnung lei¬ ten, die kalte aber, durch einen ähnlichen Canal, der sich in der Nähe des Fußbodens befindet, dahin zurückführen; man erstatt dabei den Raum für den Ofen, entgeht der oft so lästigen strah¬ lenden Wärme, kann die Wärme der Zimmer durch Schließen und Öffnen der Luftlöcher nach Belieben reguliren und soll auch Brenn¬ materiale ersparen. Das zweite Verfahren besteht darin, daß man den Ofen mit einem thönernen oder auch metallenen Schirm um¬ gibt, welcher etwa 6 Zoll vom Ofen absteht. So wie die Luft in dem Zwischenräume erwärmt ist, steigt sie in die Höhe; die käl¬ tere folgt von Unten nach und man kann so mit einem einzi¬ gen Ofen ein sehr großes Gemach ziemlich gleichförmig erwär¬ men. (Heizung mit erwärmter Lust, von P. T. M e i ß »er. Wien, 1827.) Erkältungsv-ersuche. 449 197. Zu den Bemegungsgesetzen der Wärme gehören auch MS/ die man bei Versuchen über die Abkühlung warmer Körper in kälteren Mitteln wahrgenommen hat. Solche Versuche haben mehrere angestellt, darunter müssen aber die von Rumsord und vorzüglich jene von Dulong und Petit besonders hervorgehoben werden. Bei Rumford's Versuchen wurde nicht unterschieden, ob der Körper die abgegebene Wärme durch Strahlung oder durch Mittheilung an die Luft verloren habe; man brachte ihn in ein großes Zimmer von bekannter und beständiger Temperatur, be¬ stimmte an einem damit in Verbindung stehenden Thermometer die Temperatur nach gewissen Zwischenzeiten und nahm daraus das Gesetz der Erkaltung ab. Bei D ul o n g's und P etit's Versuchen wurden aber sowohl die Gesetze des Wärmeverlustes durch Strah¬ lung als auch die des Verlustes durch Mtttheilung besonders be¬ stimmt. Um mit aller möglichen Genauigkeit zu verfahren, wurde durch vorläufige Versuche ausgemictelt, daß eine Flüssigkeit, wie z. B. Quecksilber, in einem Gefäße von einerlei Substanz einge¬ schloffen, das Grundgesetz der Erkaltung in seiner vollen Reinheit und Einfachheit darstelle, ohne durch eine mäßige Veränderung der Größe (man nahm Kugeln von 2—7 Centimeter Durchmesser), oder der Gestalt des Gefäßes (es wurde mit Kugeln und Cylindern experimentirt) gestört zu werden. Bei dem eigentlichen Versuche wurde ein Quecksilberthermometer bis zu einer bestimmten Tempe¬ ratur erwärmt und hierauf schnell in einen Ballon von Kupfer ge¬ geben, der zur Vermeidung aller Einwirkung durch Strahlung in¬ nerlich mit Lampenruß geschwärzt war und sich in einem Wasser¬ bade von bekannter Temperatur befand. Um die Gesetze der Erkal¬ tung durch Strahlung zu erfahren, wurde im Ballon die Luft möglichst verdünnt und selbst der Rest derselben in Rechnung ge¬ bracht, das erwähnte Thermometer,hineingesetzt, so daß seine Ku- gel des Ballons Mittelpunkt einnahm, und endlich der Stand des Thermometers nach gleichen Zwischenzeiten beobachtet. Der Quo¬ tient aus der Temperaturänderung und der dazu verwendeten Zeit gab die Abkühlungsgeschmindigkeit an. Auf gleiche Weise wurde auch "erfahren, um die Erkaltung durch Mittheilung auszumitteln, nur mit dem Unterschiede, daß der Ballon mit irgend einer trockenen ^uftart gefüllt war und daß man von der gesummten Erkaltung "ach der Hand die durch Strahlung bewirkte abzog. Mittelst ?ol- cher Versuche fand man folgende Resultate: I) Nicht alle Körper Naturlehrc. S.Auft. 2'' 450 E rk a lr ti n g s g e s e h e. erkalten gleich schnell, selbst wenn sie eine gleiche Form, Große und Oberfläche haben. 2) Die Erkältung in der Luft geht desto schneller vor sich, je größer der Temperaturunterschied zwischen dem erkaltenden Körper und seiner Umgebung ist; doch stehen die Er- kaltungsgeschwindigkeiten nicht, wie Newton meinte, im geraden Verhältnisse mit den Temperaturunterschieden, nähern sich aber die¬ sem Verhältnisse desto mehr, je geringer der genannte Unterschied ist. 3) Im leeren Raume von beständiger Temperatur läßt sich die Erkaltungsgeschwindigkeit e> durch die Formel e> —Lisa.-—1)ans° drücken, wo t die Temperarurdifferenz zwischen dem Erkaltungsorie und dem erkaltenden Körper, AI und « beständige Größen sind, von denen a—1.0077 ist. Die Erkallungsgeschwindigkeit nimmt daher ab, wie die Glieder einer geometrischen Progression, ver¬ mindert um eine beständige Größe, während die Temperaruruber- schüsse eine arithmetische Reihe darstellen. 4) Die Erkaltung, wel¬ che ein Gas sür sich, abgesehen von der Ausstrahlung, bewirft, ist völlig unabhängig von der Beschaffenheit der Oberfläche der Kör¬ per und hängt bloS von der Temperarurdifferenz zwischen dem Gase und dem erkaltenden Körper und von der Spannkraft des Gases ab. Diese Erkaltungsgeschwindigkeit ck läßt sich durch die Formel ck — ausdrücken, in welcher t die Temperaturdifferenz, b —1.233 bedeutet, m aber eine Größe ist, welche von der Natur des Gases und von den Dimensionen des erkaltenden Körpers abhangt. Es ändert sich daher ck in einer geometrischen Progression, wenn die Temperakurüberschüsse auch eine geometrische bilden. Die gesamnue Abkühlung wird demnach durch M (rck — 1)-s-m? ausgedrückk. 198. Nach den erwähnten Erkaltungs- und Erwärmungsgeft- tzen geht auch die Fortpflanzung der Wärme im Inneren der Körper ror sich, weil dazu nur nothwenbig ist, daß ein Theil eine- solchen Körpers wärmer ist als ein anderer. Wird z. B. eine Äe- lallstange mit einem Ende in eine Wärmequelle gebracht, so bekom¬ men nur die äußersten Theile dieses Endes die Warme unmittelbar von der Wärmequelle. Sobald aber ein Theilchen der Materie nur ü" Mindesten mehr als das nächste daran grenzende erwärmt ist, es diesem Wärme mittheilen, von diesem Theilchen bekommt!» wieder sein benachbartes u. s. f. und so erhält jeder materielle ssunll der Stange von dem vorhergehenden Wärme und gibt sie a» re» nachfolgenden ab, wirkt aber auch auf die in einiger Entfernt"-!' befindlichen Puncte vor und hinter sich so, daß die Fortpflani^ Gleichgewicht der Wörme. 45t im Inneren als eine wahre Strahlung von Punct zu Punct ange¬ sehen werden muß. Die Größe des Warmezuwachses eines PuncteS ist demnach die Differenz der empfangenen und abgegebenen Wär¬ me, und die Größe der Erwärmung hängt von dieser und der Em¬ pfänglichkeit des Körpers für die Wärme ab. Man kann ohne den geringsten Fehler annehmen, daß diese Erkaltung und Erwärmung eines Theilchens durch das daran grenzende nach dem Newton'- schen Gesetze vor sich gehe und daher dem Wärmeunterschiede pro- pvrtionirt sey. Während die gegenseitige Erwärmung und Erkal¬ tung im Inneren der Masse vor sich geht, erfolgt auch ein Wär¬ meverlust an der Oberfläche, theils durch unmittelbare Mittheilung an die Umgebung, theils durch Ausstrahlen. Da dieser Verlust mit der Temperatur wächst, so sieht man leicht ein, daß die Tempera¬ tur obiger Stange im Allgemeinen nur so lange zunehmen kann, bis der Wärmezufluß dem Wärmeverluste gleich kommt. Sobald dieses Statt findet, muß die Temperatur der Stange stationär seyn. Man kann die Vertheiluug der Wärme in einem Körper durch Ver¬ suche bestimmen und sich überzeugen, daß die Temperatur von der unmittelbar erhihten Stelle an gegen das fernere Ende abnimmt, und zwar sind die Temperaturen Glieder einer geometrischen Reihe, wenn die Entfernungen der erwärmten Stellen von der Wärmequelle Glieder einer arithmetischen Reihe sind. Dieses Gesetz hat Diot durch einen directen Versuch bestätiget, indem er an mehreren Stel¬ len einer Eisenstange Thermometer anbrachte, deren Kugeln in die Stange eingesetzt waren, und ihre Temperatur, nachdem sie konstant geworden war, beobachtete. Drittes Kapitel. Gesetze des Gleichgewichtes der Wärme. 199. Die Wärme eines Körpers, dessen' Temperatur weder 'm Wachsen noch im Abnehmen begriffen ist, muß sowohl mit der Warme der Umgebung, als auch mit den Kräften, welche den klein¬ en Theilen des Körpers eigen sind, im Gleichgewichte stehen. Das erstere Gleichgewicht wird Statt finden, wenn derKörpereben- viel Wärme aussendet, als er von der Umgebung bekommt, das ^tztere, wenn die Theile desselben in eine solche Entfernung von 29 * 452 W arm e c a p a c i tä t. M i s ch un g s m e t h o d e. einander gebracht sind, daß die Kraft, welche die Annäherung der Theile bestimmt, der abstoßenden Kraft der Wärme gleich und entge¬ gengesetzt ist. Daher muß hier von der Wärmemenge in Körpern und von den Wirkungen der Wärme auf Körper die Rede seyn. Capacität und specifische Wärme. 200. Zwei heterogene Körper von einerlei Temperatur und gleich viel Masse enthalten doch nicht gleich viel Wärme in sich, son¬ dern es braucht jeder Körper zu einer bestimmten Temperatur eine gewisse, von seiner Natur abhängige Wärmemenge. Die Wärme¬ menge, welche ein Körper von der Masse — I braucht, um eine Temperaturerhöhung von 1" L'. anzunehmen, heißt seine specifi¬ sche Wärme, und das Vermögen, die specifische Wärme aufzuneh¬ men, seine Capacität für die Wärme. Wenn man die specifische Wärme der Körper durch Zahlen ausdrücken will, so muß man erst darüber übereingekommen seyn, was man als Einheit der Wärme¬ menge annimmt. Als solche wird jene Wärmemenge angenommen, die 1 Pf. Eis von 0" 17. braucht, um in Wasser von derselben Tem¬ peratur überzugehen. Demnach ist die Wärmemenge 2, 3, 10 rc. diejenige, welche 2, 3, 10 rc. Pf. Eis von 0" 6. in Wasser ron 0" <7. verwandelt. Die Capacität ist der specifischen Wärme propor- tionirt. Gewöhnlich nimmt man die Capacität des reinen Wassers als Einheit an und mißt die der übrigen Körper nach dieser Ein¬ heit. Es hat daher ein Körper die Capacität 2, 3 rc-, wenn seine specifische Wärme 2, 3 rc. mal größer ist als die des Wassers. Heißt die Capacität eines Körpers 6, seine specifische Wärme und - die specifische Wärme des Wassers; so hat man 6:1, mit¬ hin L—<7cr. Die Folge wird lehren, daß a —ist. 201. Die Capacität der Körper für die Warme läßt sich durch mehrere Mittel bestimmen. Eines der einfachsten besteht darin, daß man den Körper, um dessen Capacität es sich handelt, bis zu einem bestimmten Grade erhitzt, ihn hierauf in eine bestimmt Menge Wasser oder in eine andere Flüssigkeit von bekannter a.em peratur senkt, und die gemeinschaftliche Temperatur des Gemenges beLimmt, wenn das Gleichgewicht der Wärme hergestellt ist. Z-d' Es werde 1 Pf. Wasser von 0° (7. mit einem Pf. Eisenfeile von 36° vermengt und die Temperatur des Gemenges — 4" gefunden. Es bringt demnach die Wärmemenge, welche die Temperatur des Erkaltungsmethode. 453 Eisens um 36 — 4 — 32° erhöht, im Wasser nur eine Tempera¬ turerhöhung von 4° hervor, und jenes braucht daher Lmal weni¬ ger Wärme als Wasser, um dieselbe Temperaturerhöhung zu erfah¬ ren, oder seine Capacität ist ^ — 0.125. Es ist klar, daß der Körper, dessen Capacität auf diesem Wege erforscht werden soll, nicht in der Flüssigkeit, worein man ihn taucht, auflöslich seyn solle. Auch darf man nicht vergessen, daß dieses Verfahren nur in so ferne richtig ist, als sich die Capacität der Flüssigkeit nicht mit der Temperatur ändert. Mit voller Sicherheit ist dieses nur bei Temperaturen der Fall, deren Differenz nicht gar groß ist; darum darf auch die Temperatucdifferenz beider Körper nicht bedeutend seyn, und man kann durch Anwendung größerer Massen es dahin bringen, daß man es auch bei kleinen Temperaturunterschieden mit großen Wärmemengen zu thun hat. Überdieß muß man auf den Wärmeverlust durch das Gefäß und die Abkühlung während der Zeit des Versuches Rücksicht nehmen. Wenn die Massen der zwei zu mengenden Körper ungleich sind, wird man auch nicht so leicht durch bloßes Raisonnement zum Ziele gelangen, sondern man muß ju diesem Ende eine eigene Rechnung führen. Hat der wärmere Körper die Masse it/, die Capacität <7, und vor dem Versuche die Temperatur D der kältere dicMassem,die Capaci¬ tätund vor dem Versuche die Temperatur r, ist ferner die statio¬ näre Temperatur des Gemenges nach dem Versuche r und die spe- cifische Wärme des Wassers -r; so hat der erstere die Wärmemenge Ea — -r) verloren,ider andere die Wärmemenge moa —e) gewonnen, und es ist , O m t-r — e) Ea (T'—(r — r) oder - — §7(7-^. 202. Ein anderes Mittel, die Capacität zu bestimmen, hat Mayer zuerst angegeben.Es beruht darauf, daß ein warmerKör- dtr bei übrigens gleichen Umständen desto schneller bis zur Tempera¬ tur seines Mittels abkühle, je kleiner seine Capacität ist. Um durch dieses Mittel zu einem richtigen Resultate zu gelangen, muß man die Körper, um die es sich handelt, mit gleicher Oberfläche versehen und zu diesem Ende jeden derselben in ein fein polirtes, metallenes Gehäuse einschließen, bis zu einem bestimmten Grude "märmen und dann die Zeit bestimmen, die er braucht, um die Temperatur der Umgebung anzunehmen. Diese Zeit steht im ge- 454 Eis a p p arat. raden Verhältnisse mik seiner Capacität. Dulong und Petit haben diesen Weg mit Vortheil eingeschlagen. 203. Ein drittes Mittel beruht auf der Bestimmung derEis- menge, die ein Körper zu schmelzen vermag. Man braucht zu seiner practischen Ausführung ein eigenes Instrument, welches L aplace und Lav visier angegeben und C a l o ri m e ter genannt haben. Dieses besteht aus zwei Gefäßen (Fig. 274), wovon eines in dem anderen steckt. Das inneres dient zurAufnahme des zu untersuchen¬ den Körpers und des zu schmelzenden Eises, während das äußere <7 blos zum Behälter desjenigen Eises bestimmt ist, das den erwär¬ menden Einfluß der äußeren Umgebung auf das innere Eis abhal¬ ten soll. Das innere Gefäß hat unten ein kleines Behältnißwel¬ ches mit einem Hahne verschlossen und durch ein Sieb vom oberen Theils getrennt ist; es dient zur Aufnahme des Wassers, das aus dem inneren Eise entsteht. Beim Gebrauche wird zuerst der Zwi¬ schenraum zwischen beiden Gefäßen mit klein zerstoßenem Eise von 0" <7. angefüllt und auch das Innere fast ganz damit versehen. Hierauf kommt der Körper ^4 hinein und zwar, wenn er fest ist, in ein netzartiges Gefäß, wenn er tropfbar ist, in eine eigens dazu bestimmte Büchse; der übrige Raum wird mit Eis erfüllt, der Deckel aufgesetzt, auch mit Eis belegt, die Zeit abgewartet, bis A' die Temperatur 0° 17. hat, die vom inneren Eise entstandene Wasser¬ menge genau bestimmt und hieraus die Capacität von berechnet.Ist s- die Capacität des Körpers, mit dem man den Versuch anstelle, '4 seine anfängliche Temperatur und M seine Masse, a die stecifi- sche Wärme des Wassers, so istZ4D<7<- seine Wärmemenge. Werden iV Pfund Eis von 0° <7. geschmolzen, so ist die Zahl 7V zugleich die dazu nöthig gewesene Wärmemenge und man hat demnach 7V AIDt7s^7V und hieraus 17 —- hpst die zu untersuchende Masse tropfbar, so muß man auch die Masse m des Gefäßes, welches man beim Versuche braucht, sei»* anfängliche Temperatur t und seine Capacität o vorläufig kennen. Heißt in diesem Falle 7V' die geschmolzene Waffermenge, st man offenbar - (ED-st- moch -- ' und daher <7-- M7a 204. Keines der angeführten Mittel läßt sich, in der Weist angewendet, wie hier gesagt wurde, zur Bestimmung der Capacität der Gase. 455 citat der Gase brauchen, weil man wegen ihrer zu geringen Dichte ein zu großes Volum derselben anmenden müßte, um ein nur mäßig genaues Resultat zu erhalten. Die Abkühlungsmerhode (202) ist für solche Körper überhaupt unanwendbar, weil auf ihre Ab- kühlungszeit die größere oder kleinere Beweglichkeit ihrer Theile ei¬ nen bedeutenden Einfluß ausübt und auch die Gefäße einen zu gro¬ ßen Theil ihrer Wärme aufnehmen; aber die Mischungsmethode läßt sich so modific-ren, daß man durch sie der Wahrheit sehr nahe kommen kann und zwar auf folgende Weise: Mau leite das Gas, nachdem man es in einem mir kochendem Wasser umgebenen Gesäße auf 100" L. gebracht hat, in einem gleichförmigen, langsamen Stro¬ me in ein Rohr, welches in schlangenförmigen Windungen durch ein mit Wasser von bestimmter Temperatur gefülltes, geschlossenes Gefäß geht, lasse das Gas durch das andere Ende der Röhre wieder entweichen und beobachte die Temperatur des Wassers, nachdem sie stationär geworden ist. Da in diesem Zustande dem Wasser vom Gase gerade so viel Wärme zugeführt wird, als cs an die Umge¬ bung abgibt; so werden offenbar die Erhöhungen der Temperatur, welche das Wasser bei übrigens gleichen Umständen durch verschiede¬ ne Gase erhalten hat, den Capacitäten dieser Gase proportionirt seyn. Setzt man nun die Capacität eines Gases — 1, wie man dieses mit der atmosphärischen'Luft zu thun pflegt; so erhält mau leicht die Capac>'jgten der übrigen Gase nach dieser Einheit. Diese Methode kann man auch zur Bestimmung der Capacität der Dünste anwenden, nur muß man dem zu erwärmenden Wasser schon vor¬ läufig eine Temperatur ertheileu , die nicht geringer ist, als diejs- '"ge, bei welcher sich die Dünste gebildet haben, damit diese nicht den tropfbaren Zustand überzugehen gezwungen werden. 205. Um die Capacität der Gase in Bezug aus die des Was- s"'s zu finden, sucht man die Erwärmung, welche eine bestimmte Menge atmosphärischer Luft, die man successiv durch eine der vsri- Zeu ähnliche Röhre leitet, im Wasser hervorbringt, und berechnet daraus das Verhältnis; der Capacitäten des Wassers und der at¬ mosphärischen Luft. (Suppl, S. 678.) Alle diese Capacitäten beziehen sich auf die Masse — 1, d. i. auf ein Pfund; wollte man sie auf das Boluin — 1, d. h. auf einen Ku- bikfuß reducireu und daher die Zahlen, welche die Capacitäten aus- drüiken, so abändern, daß sic der Wärmemenge proportionirt sind, welche man braucht, um die Temperatur eines Kubikfußes eines 456 Zweifache Capacität der Körper. Körpers um 1" 6. zu erhöhen; so dürste man obige Größen nur mit der Dichte der entsprechenden Körper multipliciren. 206. Bei allen aufgezählten Untersuchungsmethoden zieht sich der Körper, um dessen Capacität es sich handelt, während des Ver¬ suches durch Erkaltung zusammen und dehnt sich durch Erwärmung aus, man erfährt also seine Capacität unter einem beständigen Drucke und unter veränderlichem Volum. Man kann die Untersuchung bei verschiedener Größe dieses Druckes anstellen, von verschiedenen Temperaturen der zu untersuchenden Körper ausgehen und sehen, wie die Capacitäten der Körper unter so ver¬ schiedenen Umständen ausfallen. Aber damit ist nicht alles geschehen, sondern man muß auch die Capacitäten der Körper kennen lernen, wenn sich ihr Volum während des Versuches nicht ändert, d. h. die Capacitäten unter beständigem Volum und veränder¬ lichem Drucke. Diese kann man, wenigstens vor der Hand, noch nicht unmittelbar finden. Für Gase gelangt man aber auf fol¬ gendem Wege zum Ziele: Bekanntlich hängt die Fortpflanzungs¬ geschwindigkeit des Schalles in einem Gase von dessen specisischer Expansivkraft und von der bei der Compression der Gasschichcen in der verdichteten Welle eintretenden Wärmeentwicklung, letztere aber von dem Verhältnisse der Capacität unter beständigem Drucke zu der unter beständigem Volum ab. Berechnet man demnach die Schallgeschwindigkeit in diesem Gase aus der Toc-l öhe einer Gas¬ säule von bestimmter Länge und hierauf ohne Rücksicht auf den Wärmeeinfluß nach der Nemton'schen Formel (/. 324); so gibt das Quadrat des Quotienten, den man durch Division der erste¬ ren Geschwindigkeit durch die letztere erhält, das Verhältniß der Capacität des Gases unter beständigem Drucke zu dem unter be¬ ständigem Volum (Suppl. S. 683). Da man nun erstere Capacität aus dem Vorhergehenden kennt, so ist es leicht, die letztere zu sim den. Für feste Körper hat man in der neuesten Zeit einen ähnlichen Weg eingeschlagen. Wird ein solcher, drahlförmig gezogener Körper schnell durch eine bedeutende Kraft gespannt, so daß er eine Ver¬ längerung erleiden muß, bei der nun erlangten Länge unverändert erhalten und gleich darauf seine Tonhöhe untersucht, so wird aus derselben seine Spannung berechnet werden können. Untersucht man einige Zeit darauf seine Tonhöhe abermals, so kann aus dieser wieder seine Spannung berechnet werden und der Unterschied beider Spannungen kann nur durch eine Tcmperaturänderung des Drahte Gesetze der Capacität. 457 erzeugt werden, die er durch eine Volumänderung erlitten Hal, und man ist im Stande, diese Temperaturänderung, daraus das Verhältniß zwischen der Capacität bei constantem Drucke und bei constantem Volum abzunehmen und so letztere selbst zu finden. Für tropfbare Körper hat man noch kein Mittel zu demselben Zwecke. (Dulong in Zeitsch. 6. 474. Weber in Pogg. Ann. 20.177 ) 207. Aus derlei Untersuchungen ergeben sich nun folgende Resultate: 1) Die Capacitäten verschiedener fester und tropfbarer Körper sind verschieden, sie mögen nun bei demselben Drucke oder bei demselben Volum angenommen werden. Die Capacitäten der chemisch einfachen Gase sind einander gleich und zwar sowohl die unter beständigem Drucke als die unter beständigem Volum; we- nigsteils liegen die bei Versuchen gefundenen Differenzen innerhalb der wahrscheinlichen Fehlergrenzen. Der Exponent des Verhältnisses der Capacitäten unter gleichem Drucke und unter gleichem Volum ist nach Dulong 1.421, nach Moll's und Beck's Schallver- snchen 1.4152. Verschiedene chemisch zusammengesetzte Gase haben verschiedene Capacitäten. Bei jedem solchen Gase scheint aber der Exponent des Verhältnisses seiner Capacität unter constantem Drucke zu dem unter constantem Volum — 1.337 zu seyn. 2) Die Atome chemisch ähnlich zusammengesetzter Körper scheinen gleiche Eapacitäten zu haben, oder was dasselbe ist, bei chemisch ähnlich zusammengesetzten Stoffen haben stöchiometrische Quantitäten (Mengen, die sich wie die Atomengewichte verhalten) gleiche spe- "ßsche Wärme. Ist das Atomengewicht, S die specifische Warme eines Körpers, so ist eine Größe, welche für Körper von ähn¬ licher chemischer Zusammensetzung denselben Werth hat. Sie be- ü'ägt nach Dulong und Petit für Metalle (mitAusnahme von Antimon und Arsenik) 0.375, nach Neumann für Oxyde mit einem Antheil Sauerstoff und einem Antheil Metall — 0.697, i'ei solchen mit 2 Th. Metall und 3 Th. Sauerstoff 1.782, bei Siilphuriden mit 1 Theil Metall und 1 Th. Schwefel 0.757. Meumann in Pogg. Ann. 23. 1.) Avogadro suchte dieses besetz »och mehr zu verallgemeinern, As LA-'m. 55. 80; 113.) 3) Die Capacitäten unter demselben Drucke sind sowohl bei den bereits untersuchten festen, als bei den gasförmigen Kör- Pern größer als die unter beständigem Volum, und man muß sich vorstellen, die einem Körper bei constantem Drucke mirgetheilte ^ärme werde zum Theile zur Temperaturerhöhung desselben, zum 458 Capacität einiger fester und tropfbarer Körper. Theile aber zur Vergrößerung seines Volums verwendet. 4) Das Verhältnis; der Capacität unter beständigem Drucke zu dem unter beständigem Volum bleibt (wenigstens für Gase) bei allen Tem¬ peraturen dasselbe. 5) Die Capacität bei beständigem Drucks wächst sowohl bei festen als bei flüssigen Körpern mit der Tem¬ peratur und ein Körper braucht mehr Wärme, damit seine Tem¬ peratur von 100' auf 101° steige, als damit sie von 0° auf 1" erhoben werde. 6) Die Capacität bei beständigem Drucke nimmt bei Gasen (für andere Körper kennt man noch kein Resultat) ab, wenn die Größe des Druckes zunimmt, jedoch in einem geringeren Verhältnisse als der Druck und man muß z. B. den Druck auf seine ILfache Größe steigern, damit die Capacität auf die Hälfte herab¬ gesetzt werde. Folgende Tafel gibt Belege zu diesen Gesetzen: Capacität einiger fester und tropfbarer Körper. 459 Ca pačita r einiger Gase (nach Dulong). L. Ausdehnung durch die Wärme. 208. Die Wärme steigert die abstoßende Kraft der kleinsten Körpercheilchen. Im Inneren einer Masse hebt sich dieser Zuwachs für jedes Theilchen auf, die an der Oberfläche liegenden aber er¬ leiden einen Druck von Innen nach Außen, welchem zu Folge sie sich von ihren Nachbartheilchen entfernen, und indem sie dadurch auch für diese die Gleichheit des Zuges und Gegenzuges aufheben, auch sie zur Bewegung nach Außen bestimmen. So kommt es, daß alle eheste durch die Wärme von einander entfernt werden und der Körper ein größeres Volum einnimmt. Man kann sich demnach die Wirkung der Wärme als einen von Innen nach Außen auf die Kör- pertheile gerichteten, und den Cohäsionskräften entgegenwirken- den Druck vorstellen. Das Gesetz derAusdehnung der Körper durch lüe Warme muß daher durch die Vertheilung und Größe der Cohä- sionskrafr in denselben bestimmt werden. Körper, in denen die Cohä- sionskräfte gleich vertheilt sind, werden auch beim Erwärmen nach aüen Richtungen gleich ausgedehnt werden, und dieTheile, welche vor der Erwärmung in einer Kugelfläche lagen, werden sich auch nach der Erwärmung in einer solchen befinden. Anders muß es sich mit Kör¬ pern verhalten, in denen die Cohäsionskräfte nach verschiedenen Dichtungen verschieden vertheilt sind. Da werden die bei einer be- 'lurimten Temperatur in einer Kugelfläche liegenden Theilchen sich d" einem höheren Wärmegrade in einer anderen Fläche befinden. Der Erfahrung zu Folge sind alle flüssigen Körper, und von den leflen die unkristallisirten gleichförmig dichten, in der Regel von der t60 Maß der Ausdehnung. ersteren Art, ebenso die kristallisirten, welche ins vielare (reguläre oder teffularische) System gehören, und diese dehnen sich beim Er-, wärmen nach allen Richtungen gleich stark aus. KristallisirteStoffe, welche nicht in das genannte System gehören, dehnen sich nach ver¬ schiedenen Richtungen verschieden aus, und zwar die ins rhomboe¬ drische oder pyramidale System gehörigen nach der Richtung der Hauptaxe anders als nach den Richtungen der Nebenaxen, nach allen diesen aber gleich stark; die übrigen haben nach jeder He eine andere Ausdehnung. (Neu mä n n in Pogg. Ann. 27. 240.) 209. Bei festen Körpern, die sich nach allen Richtungen gleich stark ausdehnen, bestimmt man unmittelbar meistens nur die lineare Ausdehnung, welche eine bestimmte Temperaturerhöhung erzeugt und berechnet aus dieser die Vergrößerung des Körper¬ inhaltes. Man bedient sich dazu eigener Instrumente, die man, wiewohl uneigentlich, Pyrometer nennt. Fig. 275 stellt ein solches Pyrometer vor. Der zu untersuchende; Körper AA wird an einem Ende L fest eingespannt, am anderen hingegen an den kürzeren Arm eines Winkelhebels aöo angestemmt, Lessen längerer Arm öe über einer eigenen Scale spielt und darauf gleichsam di« Verlängerung der Stange vergrößert darstellt. (Nasmylh in Pogg. Ann. 9. 608. Suppl. S. 87.) Die kubische Ausdeh¬ nung ist das Dreifache der linearen. Heißt nämlich die Dimension, um die es sich handelt, bei der ursprünglichen Temperatura, das Volum des betreffenden Körpers v, seine lineare, auf diese Di¬ mension bezogene Ausdehnung durch die Erwärmung g«, einen echten, meistens sehr kleinen Bruch bedeutet, und die Z» nähme des Volums g»; so ist offenbar v:e-(1-^g)^aH^(Iff-/r)b —^:a'(1ff-3/e-f-3-r'ff-?- oder weil man /?, gegen/r vernachlässigen und mit v und a " vidiren kann, I: I -s- 3^r, mithin g — 3/-. Bei kristallisirten Körpern erkennt man das Gesetz der Aus¬ dehnung nach verschiedenen Richtungen, indem man bei verschiede¬ nen Temperaturen ihre Flächen- und Körperwinkel mißt. Nach Mitscherlich verändern sich die ebenen Winkel eines Kalk¬ spachrhomboeders bei einer Temperaturerhöhung von 80° R- 8z M. und zwar werden alle stumpfen Winkel kleiner, die com- plementären spitzigen größer; die Veränderungen stehen mit Sc- Temperatur in geradem Verhältnisse. Die Ausdehnung Cubische Ausdehnung. 461 0" — 100" L. nach der Richtung der Hauptaxe ist um 0.00342 gro¬ ßer als nach den anderen Axen. An manchem Kristalle werden aber bei der Erwärmung die stumpfen ebenen Winkel größer und ihre Komplementwinkel kleiner. (Pogg- Ann. 1. 125; 10- 137.) Nach Fresnel kann man sich von der ungleichen Ausdehnung der Gipskristalle nach verschiedenen Richtungen auf folgende Weise überzeugen: Man löse von einem solchen Kristalle sehr dünne Blättchen ab und leime sie so auf einander, daß sich ihre Axen rechtwinkelig kreuzen, mit einem Leim, der in der Wärme weich wird und beim Erkalten erhärtet. Erwärmt man ein solches Dop¬ pelplättchen und läßt es hierauf wieder kalt werden, so erscheinen beide Theile desselben auf eine Weise gekrümmt, aus der man abnehmen kann, nach welchen Richtungen in der Ausdehnung her Plättchen die größte Differenz herrsche. Es ist klar, daß diesem nach die bei der doppelten Brechung (101) aufgefundenen Größen sich nur auf eine bestimmte Temperatur (die gewöhnliche Lufttempe¬ ratur) beziehen, bei viel höheren oder minderen Wärmegraden aber anders ausfallen müssen. 210. Die Ausdehnung der festen Körper durch die Wärme ist weder für verschiedene Körper und dieselbe Temperaturänderung gleichgroß, noch für denselben Körper den verschiedenen Wärme¬ graden proportionirt, indeß kann man doch für Temperaturen, welche innerhalb des Fundamentalabstandes des Thermometers lie¬ gen, die Ausdehnung eines Körpers seiner Temperatur proportio¬ nal sehen. Bei höheren Temperaturen ist die Ausdehnung viel gro¬ ber, als nach diesem Gesetze. Denkt man sich Thermometer aus Platin, Kupfer, Glas, Eisen re., so wird nach D u long's und P e ti t's Versuchen das erste 311°.6, das zweite 328°.8, das dritte 352°.9 und das vierte 372°.6 ange¬ ben, während ein Luftthermometer 300° angibt. Ausdehnung einiger fester Körper von 0—100° <7. Spiegelglas . Flintglas . Platin . ^pießglanz Gußeiße» . ' --U7 ' HZ - Weich. Schmiede- eisen . . . -^ Weich.Eisendraht —1„ Gold . . . Kupfer . . . —^ Messing. . . Stahl - . . Wismuth . . Silber . . . 3-nn - - - Blei . . . -z-^7- Zink . . . -chx 2k l. Die Verschiedenheit der Ausdehnung fester Körper für denselben Temperaturunterschied begründet die Möglichkeit, Körper '0" einander zu verbinden, daß sie bei bestimmten Temperatur- 462 Ausdehnung tropfbarer Körper. Änderungen bestimmteBewegungen annehmen oder unverändertdie- selbe Länge beibehalten; auch viele Vorsichten bei der Verbindung verschiedener Körper mit einander werden dadurch nothwendig ge¬ macht. Die ungemeine Kraft, mit der sich solche Körper auSdch- nen, wenn sie erwärmt werden, und sich wieder zusammenziehen, wenn man sie abkühlt, laßt sich oft vorrheilhaft benützen. Auf der Verbindung zweier sich ungleich ausdehnender Metalle beruht Brequet's und H o lz m a n n's Metallthermometer. Brequet's Thermometer (Fig. 276) besteht aus drei zusammengeschraubten, schraubenförmig gewundenen Plättchen von Silber, Gold uudPla- tin, die am oberen Ende befestiget, und am unteren L mit eiucin Zeiger versehen sind, der über einer kreisrunden Scale mit der gewöhnlichen Thermometertheilung spielt. Holzmann's Thermo¬ meter (Fig. 277) hat die Form einer Taschenuhr. Der eigentliche thermometrische Theil desselben ist ein bogenförmiges Doppel¬ plättchen aus Eisen und Messing oder aus Platin und Messing, an welchem letzteres Metall den inneren Theil abgibt. Dieses ist an einem Ende am Gehäuse befestiget, am anderen aber mit einem Rechen-- in Verbindung, der mit seinen Zähnen in ein Getriebe eingreist, welches an der Axe eines Zeigers L angebracht ist. Der Zeiger spielt auf einer mit der Thermometerftale versehenen Platte. — Auf der Ungleichheit der Ausdehnung verschiedener mit einander verbundener oder verschieden erwärmter Körper beruht das Krachen eiserner geheizter Ofen, metallener Dächer oder des Eile- an strengen Wintertagen; das Zerreißen eiserner Klammern in Gebäu¬ den, die man bei großer Kälte angebracht hat, ohne ihnen einen Spielraum zu gestatten ; die Nothwendigkeit bei metallenen Wasstr- oder Dampfleitungsröhren die sogenannten Ausgleichungsröhrm anzubringen, an metallenen Kesseln und großen Pfannen ringsum einen Zwischenraum zu lassen; das Zerspringen gläserner Gesäß- bei schneller Erhitzung oder Erkältung; das Abschäleu oder Za springen der Glasur an Gefäßen bei schnellen Temperaturänderuu- gen. Die Kraft, mit welcher sich erwärmte Körper ausdehnen, «f im Stande, ungeheure Hindernisse zu überwinden. Man kann dur sie die Kraft starker Pressen ersetzen. Eben so verhält es sich "" der Energie, womit sie sich beim Erkalten zusammenziehen. lard hat dadurch stark gewichene Mauern in ihre normale-au- zurückgeführt. 2l2. Die Ausdehnung t r o p fb ar e r Flüssigkeiten durchs Wärme läßt sich unmittelbar dadurch bestimmen, daß man si^'" thermometrische Flüssigkeiten behandelt und sie zum Füllen von-rhe. mometern braucht, die eine verhältnißmäßig ziemlich große Gesetze der Ausdehnung tropfbarer Flüssigkeiten. t6Z haben/ deren Rauminhalt gegen den der Röhre genau bekannt ist. Wird ein solches Thermonieter verschiedenen Temperaturen ausge¬ setzt, und für jede derselben das Volum der Flüssigkeit bestimmt, so hat man die Aufgabe gelöst. Daß man dabei auf die Ausdeh¬ nung des Gefäßes Rücksicht nehmen und ihren Einfluß in Rechnung bringen müsse, versieht sich von selbst. Man kann zu demselben Ziele auch dadurch gelangen, daß man die Dichte der Flüssigkeit bei mehreren Temperaturen nach den (I. 164 u. 165) angegebenen Methoden sucht und daraus auf ihr Volum schließt. Wie die Aus¬ dehnung der Gase durch die Wärme untersucht wird, und was hier¬ über die Erfahrung lehrt, ist bereits Seire 459 u. f. gesagt worden. 213. Durch solche Versuche hat man sich überzeugt, daß jeder tropfbaren Flüssigkeit bei einerlei Temperaturänderung eine beson¬ dere Ausdehnung entspreche und daß sich keine durchaus der Tem¬ peratur proportional ausdehne. In der Regel kann man aber doch für Temperaturen, die weit von denen entfernt sind, bei welchen die Flüssigkeit ihren Aggregarionszustand änderr, eine Proportio¬ nalität zwischen der Ausdehnung und dem ihr entsprechenden Wär¬ megrade annehmen. In der Nähe ihres SiedpuncteS dehnen sie sich in einem größeren Verhältnisse aus, als die Temperatur wächst, 'n der Nähe der Temperatur, bei der sie fest werden, verhalten sich ober nicht alle auf gleiche Weise. Einige, z. B. Quecksilber, ziehen sich beim Erkalten immer mehr zusammen und dehnen sich auch beim Erwärmen stärker aus als bei höheren Temperaturen, bei anderen, wie z. B. beim Schwefel, findet das Gegentheil Statt; ja eini- ge haben gar oberhalb ihres Eispunctes die größte Dichte und deh- nen sich daher bei weiterer Erkaltung unter diesen Punct aus, statt sich zusammenzuziehen. Dem Wasser kommt diese merkwürdige Eigenschaft zu. Dasselbe hat nach Stampfer die größte Dichte bei 3° R. — 3.75 Q, nach Hallström bei 3°.9O <7. mir einem wahrscheinlichen Fehler von -j-O°.O4. (Jahrb. des polytechn. ^nsiic. in Wien. B. 16. Muncke über die Ausdehnung tropf¬ barer Flüssigkeiten durch die Wärme in den Msm. pnessnter ck 2'o/n. /. Die Resultate die¬ ser Versuche enthält auchZeitsch. 10. 366. Hallström ist Pogg. Ann. l. 129; 34. 220.) 464 Dichte und spec. Gewicht des Wassers. Ausdehnungsgefetzs tropfbarer Körper» 465 Nachstehende Tabelle enthält das Volum einiger Flüssigkeiten für die nebenstehenden Temperaturen nach Muncke's Versuchen: Eine wässerige Lösung von salzsaurem Natrum mit dem specisischen Gewichte 1.010 hat das Maximum der Dichte bei 1°.5 R. Salzwasser von 1.027 specifischem Gewicht hat nach Erman (Pogg. Ann. 12.463.) kein solches Maximum; nach Despretz haben aber alle Salzlösungen ein solches. Aus diesem Verhalten des Wassers erklärt es sich, warum tiefe Wässer so selten gefrieren, warum das Gefrie¬ ren erst eintritt, wenn die Temperatur der Luft schon längere Zeit hindurch unter 0° <7. stand. Ob einer Flüssigkeit ein Maximum der Dichte zukomme oder nicht, erfährt man am leichtesten, wenn man sie erwärmt, hierauf abkühlen läßtund die Abkühlungsgeschwiudig- keit beobachtet. Diese ist immer in der Nähe des Maximums der Dichte ein Minimum. — Vergleicht man die Ausdehnung eines Körpers in seinem festen Zustande mit der in seinem tropfbaren, so wie es Erman für mehrere Körper gethan hat; so findet man, daß sie für dieselbe Temperakuränderung im flüssigen Zustande grö¬ ßer ist als im festen, doch scheint es zwischen den Ausdehnungen in beiden Zuständen einen Zusammenhang zu geben. So z. B. dehnt sich das Rosse'sche Metallgemische nach Erman von 0°—30° R., wo essest ist, und von80° an, wo es flüssig ist,nach demselben Gesetze aus. Auch der Phosphor befolgt bei seiner Ausdehnung im festen und flüssigenZustande dasselbe Gesetz und nur während des Schmel¬ zens erleidet er eine plötzliche Ausdehnung. (Pogg. Ann. 9. 557.) — Die Ausdehnung der Gase und Dünste hängt mit ihrer Ex¬ pansivkraft so innig zusammen, daß alles, was über diese gesagt wurde, auch von jener gilt und daher nicht besonders dargestellt zu werden braucht. Naturlehre. 5. Ausi. 20 466 Schmelzen. 214. Die abstoßende Kraft der Wärme wirket nicht blos der Anziehung homogener Körperlheile entgegen, sondern auch jener, die unter heterogenen Massen Statt findet und die Adhäsion be¬ gründet. Daher kommt es, daß Wasser, welches bei der gewöhn¬ lichen Temperatur ein Metall,z. B. einen Silberlöffel, leicht benetzt, in einem solchen bedeutend erhitzten zu einem Tropfen zusammen- lauft, und gar keine Adhäsion zum Metall zeigt. Vielleicht hat Perkin's Erfahrung, nach welcher Wasser aus einem durchlöcher¬ ten aber stark erhitzten eisernen Behälter nicht auslauft, etwa so wie Quecksilber in einem Haarsiebe, ohne auszulaufen, heruni- getragen werden kann, einen gleichen Grund. (Buff in Pogg. Ann. 2ö. 591.) 6. Änderung des AggregationSzustandes durch die Wärme. 215. In einem festen Körper hat die anziehende Kraft der Theile über die abstoßende der Wärme das Übergewicht. Sind aber diese Theile einmal durch die Wärme so weit von einander entfernt worden, daß dieses nicht mehr weiter geschehen kann, ohne ihre gegenseitige Anziehung in eine Abstoßung zu verwandeln; so sind sie an ihrem Schmelzpuncte und die geringste Steigerung ihrer Temperatur erzeugt ein Übergewicht der abstoßenden Kraft über cke anziehende und den Übergang des festen Zustandes in den tropfbar flüssigen, d. h. ein Schmelzen. Durch Dehnen eines Körpers mittelst einer von Außen angebrachten Kraft kann man kun Schmelzen bewirken, weil dadurch nicht eine Entfernung aller Theile von einander erzeugt werden kann. In guten Wärmeleitern geht das Schmelzen, wenn es einmal an einer Stelle begonnen hat, rasch vorwärts und erstreckt sich durch die ganze Masse, wenn solche Körper überhaupt der gehörigen Temperatur ausgesetzt finde bei schlechten Leitern hingegen dauert es eine geraume Zeit/ die ganze Masse geschmolzen ist. Einige Körper brauchen dazu nur eine mäßige Temperatur, wie z. B. Wachs, andere eine ungemein hohe, wie z. B. Gold, Eisen, Platin. Die Kohle scheint »nur allen die höchste Temveratur zum Schmelzen zu erfordern. Manche Körper, wie z. B. alle organischen und auch viele unorganilche, erleiden eher eine chemische Zersetzung als sie die zum Schmelzen nöthige Temperatur erlangt haben, bei einigen kann man der Zersetzung dadurch vorbeugen, daß man sie unlcr einem sehr Wärmebindung. 467 Drucke erhitzt. So ist es Hall gelungen, selbst Marmor zu schmelzen. 216. Während ein Körper schmilzt, nimmt er keine höhere Temperatur an und eine Vermehrung des Wärmezuflusses kann nur eine Beschleunigung des Schmelzens, keineswegs aber eine Temperaturerhöhung hervorbringen. So behält Eis in dem wärm¬ sten Zimmer die Temperatur von 0" <7. Die zufließende Wärme übernimmt die Function der Formänderung deS Körpers und hhrt auf zu erwärmen. Man nennt sie die gebundene Wärme, und sagt: Beim Schmelzen der Körper wird Wärme ge¬ bunden. Diese gebundene Wärme ist es, welche die Größe der zwischen den einzelnen Körpertheilchen herrschenden abstoßenden Kraft so weit steigert, daß solche Theile, die ohne den Zutritt der Wärme auf einander anziehend wirkten, nun bei derselben Entfernung eine abstoßende Wirkung auf einander ausüben. (Vergl. I. 145.) Um die Wärmemenge zu finden, welche beim Schmelzen der Körper gebunden wird, bedient man sich am besten der Mischungsmethode. Wollte man z. B- dieses bei Eis thun, so nehme man eine Quan¬ tität desselben — m von der Temperatur 0" 6. und eine Wasser¬ menge von der Temperatur 7° und der spccifischen Wärme mische beide mit einander und bemerke die Temperatur der Mi¬ schung e. Hier ist offenbar -me die Wärme, welche dem ags Eis entstandenen Wasser zugewachsen ist, (T'—r) diejenige, welche das Wasser verloren hat. Braucht eine Masseneinheit Eis zum Schmelzen die Wärmemenge r?, so ist die für die Eismasse m zu demselben Zwecke nöthige Wärmemenge, und man hat: HZ (7°—r)—crme Urk erhitzten Raume auszuhalten, wie dieses mit So land er, ^äanks und Bla g d en in einerTemperaturvon mehr als 12D<7. "r Fall war. Setzt man ein Schälchen Wasser in ein größeres Ge- wß mit Schwefelärher und bringt beide unter den Recipienren der sUflpumpe, ft kann man durch fleißiges Verdünnen der Luft das "äusser zum Frieren bringen. Dasselbe kann man auch erreichen, wenn man statt des Äthers Schwefelsäure nimmt, welche die ent¬ standenen Wasserdünste absorbirl. Befeuchter man die Kugel eines 47t D e still i re n. Dampfheizung. in einem Recipienten befindlichen Thermometers mitSchwefeläther, stellt ein Schälchen mit Schwefelsäure in die Nahe und verdüim dann die Luft, so kann eine bis zum Gefrieren des Quecksilbers steigende Erkaltung hervorgebracht werden. Auch durch Verdunste» der flüssigen schwefeligen Säure kann man Quecksilber zum Gefrie¬ ren bringen. Wollaston's Kryophorus gidk einen ferneren Beleg für obige Behauptung ab. Dieser besteht (wie Rumford'S Thermoscop) aus zwei Glaskugeln, die durch eine ziemlich lange Glasröhre mit einander verbunden sind. Eine derselben enthältWas- ser, übrigens ist der ganze Apparat luftleer. Taucht man die leere Kugel in Schnee oder Eis, so friert das Wasser in der andern» Daniel l's, Körners, Le s lie's^'Hygrometer beruhen auch auf der Wärmebindung beim Verdünsten, O. Anwendung der Dünste. 225. Die Gesetze der Dunstbildung finde» beim Destilli- ren ihre Anwendung; der Dunst selbst aber wird zum Heizen und Trocknen und als bewegende Kraft beiDampfmaschinen angewendet. 226. Beim Destilliren hat man die Absicht, eine Flüssig¬ keit von einer anderen, minder flüchtigen zu trennen. Man bringt deshalb zum Behufs der Destillation die gemischre Flüssigkeit in ein eigenes Gefäß, welches Kessel oder auch Blase genannt wird, und erhöht ihre Temperatur, bis der flüchtigere Bestand- theil sich in Dünste verwandelt. Diese werden in einen eigenen Be Hölter, den Co n d e n sa t o r, geleitet, der meistens von kaltem Wasser umgeben ist und denselben eine hinreichend große Oberfläche darlste tet, damit sie wieder in den tropfbaren Zustand übergehen. Man Hat zu diesem Behufs vielerlei Apvarate; Fig. 279 stellt einen, Fig. 280 einen anderen dieser Apparate vor. 227. Da der Dunst, besonders der Wasserkunst, so viele ge bundene Wärme enthält, so wird er zur Fortleitung der Wärme vorzüglich gebraucht werden können; darum benützt man ihn aiub zum Erhitzen von Flüssigkeiten, wohl auch zum Erwärme» Zimmerluft. Zu ersterem Zwecke wird der in einem eigenen Kessel erzeugte Wasserkunst durch mehrere Rohren unmittelbar in di-Flul sigkeir geleitet, welche erwärmt werden soll, oder wenn dieses »^ angeht, so läßt man den Dunst nur die Wände des Gefäßes beruh- Dampfmaschine. 475 mi, welches diese Flüssigkeit enthalt. In jedem Falle erreicht man den Vortheil, daß man für mehrere abgesonderte Massen dieser Flüssigkeit nur einen Hauptkessel und eine Feuerstelle braucht. Fig. 281 stellt einen solchen Wasserkessel, in welchem die Dünste erzeugt werden, sammr dem Füllapparate vor. ist der Kessel, L ein Wasserbehälter, welcher durch eine Röhre mit dem Inne¬ ren des Kessels communicirt und letzteren mit Wasser versieht. Die¬ se Röhre ist durch einen Kegel geschloffen, welcher an einer Stelle L des einarmigen HebelS aüo befestiget ist. Dieser Hebel hat am freien Ende 6 eine hohle Metalllugel, welche im Wasser schwimmt, und, indem sie an dessen Oberfläche erhalten wird, die Röhre <7 schließt, sobald eine hinreichende Waffermeuge im Kessel ist, wi¬ drigenfalls aber neues Wasser nachfließen läßt. 1) sind Röhren, durch welche der Dunst an seinen Bestimmungsort geführt wird.— Zum Behufs der Heizung wird der Dunst auS einem eigenen Kessel durch Röhren geleitet, welche durch die zu heizenden Zim¬ mer gehen. Das aus der Verdichtung der Dünste entstehende Was¬ ser wird wieder in den Kessel zurückgeführt. 228. Die wichtigsten Dienste leister der Wasserdunst durch seine Expansivkraft, indem er dadurch das bewegende Princip der Dampfmaschinen wird. Die wesentlichen Bestandtheile einer Dampfmaschins sind: der Kessel, der Dampfcylinder mit dem Kolben und der Condensator. Der Kessel enthält das Wasser, welches in Dunst verwandelt werden soll und befindet sich deshalb über einem eigenen Feuerherde, er ist auch mit mehreren Nähren versehen, wovon einige dazu dienen, um den Wasserstau!) und die Expansivkraft der vorhandenen Dünste anzuzeigen, ande- re,um das Wasser zuzuleiten, endlich eine, wodurch die Dünste vom Kessel in den D a m pfc y li n d er gehen. Dieser enthält den Kolben, welcher luftdicht an die Wände des Cylinders anschließt und durch die Expanfivkraft der Dünste bewegt wird. Er ist oben »ad unten luftdicht verschlossen und selbst die Kolbenstange geht ^U'ch eine gut schließende Stopfbüchse. Mit dieser Kolbenstange reht alles in mittelbarer oder unmittelbarer Verbindung, was durch "e Dampfmaschine bewegt werden soll. Die Dünste, welche bereits 'öie Wirkung gethan haben, kommen vom Cylinder in den Con- ^nsator, wo sie mittelst kalten Wassers verdichtet werden. 229. An einigen Dampfmaschinen wird der Kolben nur nach ^iuer Richtung durch die Dünste getrieben, nach der entgegen- 476 Kurze Geschichte derselben. gesetzten muß er durch das Übergewicht der Maschinenrheile, vor¬ züglich des Balancierst bewegt werden. Diese nennt man Maschi¬ nen mir einfacher Wirkung. Bei anderen treiben die Dün¬ ste den Kolben abwechselnd nach einer und nach der entgegengesetz¬ ten Richtung und diese heißen Maschinen mit doppelter Wir¬ kung. In einigen Maschinen ist die Spannkraft der arbeitenden Dünste um ein Geringes großer, als der Druck der Atmosphäre, bei anderen übersteigt ihre Expansivkrafr diesen Druck 2, 3, ja Ili und mehrmal. Erstere nennt man Maschinen mit niederem Drucke, letztere Maschinen mit h o h e m Drucke. An einigen Dampfmaschinen kennen die Dünste aus dein Kessel so lange in den Eylinder treten, als sich der Kolben hebt oder senkt, bei anderen wird dieser Zutritt gehemmt, wenn der Kolben etwa auf halbem Wege ist, und der Expansion der Dünste die fernere Bewegung des Kolbens überlassen. Solche Maschinen führen darum den Na¬ men Expansionsmaschinen. Wenn man eine Vorrichtung, bei welcher Wasserkünste eine B-m- gung hervorbringen, eine Dampfmaschine nennen will, soistH-- r o von Alexandrien, der 120 Jahre v. CH. lebte, der Erfinder der¬ selben: denn in der von ihm angegebenen Maschine wird eine hohle mit Wasserdunst gefüllte metallene Kugel durch Rückwirkung des hcrausströmenden Dampfes in drehende Bewegung gesetzt. Schlicht man aber derlei Apparate als nicht hiehcr gehörig aus, so begunu die Geschichte der Dampfmaschinen mit einem Patente, welches Savery, ein englischer Capitän, i. I. 1698 auf eine Maschia« erhielt, in welcher mittelst Wasserdünsten die Luft aus einemPum- pcnstiefel vertrieben und hierauf durch Abkühlsn der Dünst- -l» leerer Raum darin erzeugt wurde, in welchen nun das Wasser »e- eincm Brunnen durch den Luftdruck emporstieg, (A r a g o hällCau-- für den Erfinder der Dampfmaschine.) Diese in jeder Hinficht fib- unvollkommene Vorrichtung wurde durch Newcom en i.J- dadurch wesentlich verbessert, daß er über hem Dampfkessel eiueu hohlen Cylinder mit einem beweglichen Kolben anbrachte, welch-- durch die Dünste gehoben wurde, und wenn er den höchsten erreicht hatte und durch eingespritztes Wasser die Dünste verdich- waren, durch den Druck dec Atmosphäre wieder hinabsauk. Dw-o abermaliges Zulassen der Dünste konnte der Kolben neuerdings zuw Steigen und durch Verdichten derselben wieder zum Sinken g-bu--,- und so eine anhaltende Bewegung unterhalten werden. Ansaak- mußte man den H hu, welcher die Dünste in den Cylinder tret-" ließ oder ihnen den Weg versperrte, mit freier Hand bewegt aber ein Knabe, Humphry Potter, der diesem Geschäfte k-m-e Forts, der Geschichte der Dampfmaschine. 477 Geschmack abgewinnen konnte, verfiel auf den Gedanken, eS der Maschine selbst zu übertragen und führte ihn alsogleich aus, indem er den Kopf des Hahnes mittelst Schnüren mit dem bewegten Me¬ chanismus verband. Ungeachtet dieser Verbesserung war die genann¬ te Maschine noch immer mangelhaft; insbesondere verursachte das Einspritzen des Wassers in den Cylinder und die den oberen Theil des Kolbens frei berührende Luft eine sehr große Abkühlung. Diese vermied I. Watt dadurch, daß er den Cylinder luftdicht schloß, die Kolbenstange durch eine Stopfbüchse gehen ließ und so der Lust den Zutritt zum Kolben verwehrte, noch mehr aber durch Erfindung des Condensators, der neben dem Cylinder befindlich, die Dünste von ihm aufnahm und sie durch eigens eingespritztes Wasser verdich¬ tete, ohne den Cylinder mit dem kalten Wasser in Berührung zu bringen. Nun war zwar die Maschine zu Arbeiten geeignet, bei de¬ nen nur ein Zug nach einer Richtung nöthig ist, wie z. B- zum Wasserheben, man konnte sie aber nicht zum Betriebe von Maschi¬ nen brauchen, die eine ununterbrochene Kraft fordern, weil dir Wir¬ kung der Dünste nur einseitig war. Watt setzte seinen Verbesserun¬ gen die Krone auf, indem er doppelt wirkende Maschinen baute und sie demnach zur Erzeugung jeder Bewegung qualificirte. Spä¬ ter hat er.auch das Princip der Expansion bei seinen Maschinen angewendet. Eine Watt'sche Dampfmaschine mit doppelter Wirkung stellt Fig. 282 vor. Von der Röhre kommen die Dünste durch " oder S mittelst des Hahnes c, in den Cylinder L und bewegen den Kolben <7, mit dessen Stange L" der Balancier in Verbin¬ dung steht, welcher dem Schwungrade <7 seine Bewegung mittheilt. Die Dünste, welche ausgedient haben, gelangen durch die Röhre in den Condensator Zkf welcher in einer Cisterne mit kaltein Wasser steht und dieses durch den Jnjectionshahn « eingespritzt er¬ halt. Das im Condensator erwärmte Wasser wird nebst der entwi¬ ckelten Lust durch die Pumpe / herausgepumpt und ein Theil da¬ von in den Behälter ük gebracht, von wo es durch eine andere Pum- pe/'in den Dampfkessel gelangt und zur Speisung desselben dient. Der Cisterne führt die Pumpe L kaltes Wasser zu. Alle diese Pum¬ pen stehen mit dem Balancier in Verbindung und werden durch ihn >» Thätigkeit gesetzt. Bei der abgcbildeten Stellung des Hahnes <- gelangen die Dünste aus dem Kessel unter den Kolben und die über dem Kolben befindlichen in den Condensator. Macht dieser Hahn eine Vierteldrehung, so bekommt er die Stellung, welche lV^cigt, und dann können die Dünste unter den Kolben treten und die über «hm befindlichen in den Condensator gelangen. Bei der Watt'schen Dampfmaschine wirkt der Dunst selbst in dem Falle, wo man ihn absperrt, bevor noch der Kolben seine ganze Bewegung vollbracht hat, keineswegs mit aller Kraft, die er durch Expansion quszuüben im Stande ist. Um diese Kraft in 478 Berechnung d. Kraft einer Dampfmaschine. ihrer ganzen Größe zu benützen, hat Woolf zwei DampfnM» mit einander verbunden, wie sie Fig. 283 verstellt, deren einer 5—8mal mehr Capacität hat als der andere. Die Dünste kommen vom Dampfkessel zuerst in den kleineren Cylinder, z. B. über den Kolben und drücken ihn hinab. Dabei gelangen die unter demKolbm befindlichen Dünste in den zweiten größeren Cylinder übec denKol- ben und treiben diesen durch ihrs Expansion ebenfalls abwärts. Haben die Kolben ihren untersten Platz erreicht, so wirken die Dünstern dem ersten Cylinder von Unten und die oberhalb desselben befindlichen werden unter den Kolben des zweiten Cylinders getrie¬ ben, um auch diesen zu heben. Auf ähnliche Weise haben Aitkui und Steel drei Cylinder neben einander angebracht. Die Kraft, mit welcher dieDünste im größeren Cylinder bei ihrer Ausdehnung wirken, ist reiner Gewinn. Alle diese Maschinen sind aber zu voluminös und zu schwer, als daß man sie zu Bewegungen benü¬ tzen könnte, wo sie selbst ihren Ort ändern müssen, wie z. B. j» Dampfwägen und Dampfschiffen. Trevithick hat zuerst in Eng¬ land und Evans in Amerika Maschinen mit so hohem Druckegt- baut, daß man dis Dünste aus dem Dampfcylinder unmittelbar in die Atmosphäre hinauslassen und daher den Condensatorganz ent¬ behren konnte. Unter den neueren Verbesserungen, der Dampfim- fchinen hat keine mehr Aufsehen erregt, als die von P erkin s im Jahre 1.823 bekannt gemachte, wiewohl über die eigentlichen Bor- theile dieser Maschine noch bis zum heutigen Tage kein zuverläWis Resultat bekannt gemacht wurde. Perkins Dampfmaschine hatkei- nen Dampfkessel, sondern dafür ein im Feuer stehendes Gefäß M Kanonengut mit drei Zoll dicken Wänden, das er Generator nennt. Das Wasser wird in diesem Gefäße so erhitzt, daß es,wen» eine kleine Portion desselben durch eine Druckpumpe herausgetriel« wird, Dünste liefert, die gegen einen Q. Zoll mit der Kraft »on 500 Pferden drücken. Diese Dünste treten in einen 18 Z. langm- 2 Z. weiten Cylinder und treiben den Kolben in einerMin.Avma hin und her mit einer Kraft von 10 Pferden. Endlich muß us i einer Maschine gedacht werden, in welcher man statt der Wag"'- dünste tropfbare Kohlensäure anwendet, die unter gewissenUmsl-u- den ausdehnsam wird und mit ungeheurer Kraft aus einen Kolb» wirkt. Es ist kein Zweifel, daß solche Maschinen an Kraft alle st genannten Dampfmaschinen weit übertreffen würden, wenn -u, besondere Umstände ihre Einrichtung schwierig machten. 230. Um den Effect einer Dampfmaschine zu berechnen, man nur die Expansivkraft der Dünste im Dampfcylinder und Condensator und die den Dünsten dargebotene Fläche des zu kennen. Jene Expansivkräfte erkennt man aus der Tempels des WafferS im Kessel und im Condensator, mittelst der S. Große ihres Effectes. 479 mitgetheilten Tabelle. Bei den gewöhnlichen Maschinen mit Con- densatoren erleidet der Kolben durch die Dünste einenDruck, welcher dem Drucke einer Quecksilbersäule gleich kommt, deren Basis der gedrückten Kolbenfläche, deren Höhe dem Unterschied der Expansiv- kräfte der Dünste im Kessel und Condensator gleich kommt. Bei Dampfmaschinen ohne Condensator hat man statt des Gegendruckes der nicht verdichteten Dünste den der Atmosphäre zu setzen. Jener Druck wird aber keineswegs ganz zur Erzeugung der nützlichen Wir¬ kung der Maschine verwendet, sondern eS muß davon feuer Theil abgezogen werden, welcher nölhig ist, um der Reibung des Kolbens das Gleichgewicht zu halten, die Hülfspumpen und die Steurung zu bewegen; ein anderer Theil geht wegen der Abkühlung des Cylinders, wegen Beschleunigung des Dampfes, wegen unvollkom¬ mener Condensirung desselben rc. verloren. Der Rest dient dann eigentlich als nützliche bewegende Kraft und von dieser hangt der Effect der Maschine ab. Diesen Effect schätzt man in der Regel durch das Gewicht reinen Wassers, welches die Maschine in einer Mi¬ nute einen Fuß hoch hebt oder, wiewohl minder zweckmäßig und weniger bestimmt, nach der Anzahl der Pferde, deren Arbeit sie verrichtet. Man nimmt da an, daß ein Pferd in 1 Sec. 400 Pfund F- hoch heben kann. Man darf aber dabei nicht vergessen, daß es bei einer Maschine nicht allein auf den Effect, sondern auch auf kie Consumtion des Brennmaterials ankommt, durch welche man erzielt, und daß von zwei Maschinen offenbar jene vorzu- zühen seyn werde, welche denselben Effect mit dem geringsten Bedarf an Brennmateriale leistet. DerBedarf desselben steht nicht immer mit den Leistungen einer Maschine im geraden Verhältnisse. Eine Maschine mit der Kraft von hundert Pferden bedarf nicht zehnmal mehr Brennmaterial, als eine von zehn Pferdekräften, und Maschinen mit hohem Druck bedürfen nicht in demselben Ver¬ hältnisse mehr Brennstoff als sie mehr leisten. Darum und weil be viel weniger Raum einnehmen, werden letztere fast allgemein "steren vorgezogcn, und wo dieses nicht geschieht, liegt der Grund der größeren Gefahr des Zerspringens. Jndeß kennt man heut zu ^.age ziemlich zuverlässige Mittel, solchen Unglücksfällen Vor¬ zügen, wie z. B. die Anwendung gut unterhaltener Sicherheits¬ ventile, Verminderung der Überlastung derselben, öfteres Befreien Kessels vom Pfannenstcin, den Gebrauch von Zapfen aus leicht Muffigem Metalle, Vermeidung gußeiserner Kessel, vorzüglich 480 Quellen der Wärme und Kalte. Sonnenlicht. zweckmäßige Einrichtung und öftere Untersuchung der Wasser zu- führenden Pumpen. (Zeitsch. 7.477. Pogg. Ann. 25.5st6.) Durch Vervollkommnung der einzelnen Lheile der Dampfmaschinen Hut man ungemeine Ersparungen an Brennmateriale ohne Beschränkung der Leistungen erzielt. Im Jahre 18dl hob nach Berichten aus Amerika (Dupin Mecha¬ nik B. 3. S. 344) eine Maschine der besten Art nachWatt's Cou- strvction mit einem Scheffel Kohlen in 1 Min. 15,760000 Pf.Was- ser, im I. 1815 hatte man sie schon so weit verbessert, daß diese Wirkung auf 20,766000 Pf. stieg, ja mittelst einer nach Woolfs Princip construirten Hochdruckmaschine erlangte diese Wirkung die Größe von 46,255250 Pf. In England hebt die beste, nach aber Art construirte Maschine mit 1 Bushel ll.7 Metzen) Kohlen 40 Millionen Pf. Wasser 1 Fuß hoch. Eine neuere Maschine hebt aber mit demselben Kohlenbedarse 61,764166. Bei einer »on Grose in Cornwallis erbauten Dampfmaschine, die ihrer Güte wegen berühmt ist, kommt diese Wirkung gar auf 92,327000 Pf 2. 309. 7. 425.) Mit den i. I. 1823 in England gangbaren Dampfmaschinen würde man die 186 Mill. Zentner wie¬ gende egpptische Pyramide, deren Bau 100,000 Menschen durch zwanzig Jahre beschäftigte, mit 36,000 Menschen in achtzehn Stun¬ den aufbauen können. Die 64 Dampfmaschinen, welche man in Cornwallis allein zur Trockenlegung der Bergwerke anwendet, leisten so viel, wie 44,800 Pferde.— (B e rnou lli Anfangs-' gründe der Dampsmaschinenlehre. Basel, 1834. Prechtl's Euey- klopädie. Art. Dampf. B aumgart ner's Mechanik. Wien, 1834 S. 305.) Bier Les Kapitel. Quellen der Warme und Kälte. 231. Die Quellen der Wärme auf der Erde sind: 1) -n Sonne. 2) Stoß und Reibung. 3) Chemische Wirkung. 4) Elec- tricität. 5) Der Lebcnsproceß. 232. Daß die Sonnenstrahlen erwärmen/ ist eine Erfahrung? welche wahrscheinlich mit dem Menschengeschlechts ein gleiches ilstre- hat/ daß aber ihre erwärmende Kraft, unter übrigens gleichen ständen, von den Körpern abhängt, die davon getroffen werden- ist wahrscheinlich eine viel jüngere Kenntniß, von deren Richtig u! wir durch unzählige Erfahrungen überzeugt werden. Wenn von zwei Thermometern, die ganz mit einander überernstinnnen? Wärmeentwicklung farbiger Körper. 4fit die Kugel des einen schwärzt und sie dann beide in eine» von der Sonne beschienenen Ort bringt; so steht das Quecksilber in dem mit der geschwärzten Kugel bedeutend höher, als im anderen. Legt man Tuchlappen von verschiedener Farbe über Schnee und läßt sie von der Sonne bescheinen, so schmilzt der Schnee immer zuerst unter den dunkleren Lappen. Schwarze Kleider sind bei Sonnen¬ schein wärmer als lichte, schwarzes Holz erhitzt sich im Sonnen¬ lichte stärker als anderes. Geschwärzte Eier kann man in der heißen Zone im Sande sieden. Stellt man mehrere Glasstürze über ein¬ ander und bringt sie in directes Sonnnenlicht, nachdem man in dem inneren Raume des innersten ein Thermometer aufgehängt har; so findet man daselbst die Wärme viel größer als von Außen. Saussure hat auf diese Weise eine Erwärmung von 87° N. hervorgebracht, während die Temperatur derAtmosphäre nur 20° R. betrug. Bei gleicher Beschaffenheit der vom Lichte beschienenen Körper hängt die Stärke der Erwärmung von der Dichte des auf¬ fallenden Lichtes und von der Beschaffenheit der Körper ab, durch die es geht, bevor es den zu erwärmenden Stoff trifft. Nach For¬ des verliert das Sonnenlicht beim Durchgänge durch eine 6000 F. dicke Schichte der reinsten Luft nahe ^tel seiner erwärmenden Kraft. Hieraus wird es begreiflich, wie man mittelst Convex- ünsen und Hohlspiegel eine Temperatur hervorbringen kann, dec kost kein Körper zu widerstehen vermag, warum solche Instru¬ mente in großen Höhen besser wirken als in tiefer liegenden Ge- Zenden.Nach Flaugergues erwärmen die Sonnenstrahlen gleich stark, sie mögen von der Mitte oder vom Rande derSonnenscheibe kommen. Obiges Verhalten schwarzer Körper hat schon früher Picket und neuestens Leslie zur Bestimmung der Intensität des Lichtes an¬ gewendet. Wird nämlich an dem Differenzial-Thermometer von Leslie eine Kugel geschwärzt, während die andere ihre natürliche Beschaffenheit beibehält; so wird jene im Lichte mehr erwärmt, als diese, wenn auch beide gleich stark beschienen werden, und zwar ist der Unterschied der Erwärmung, welcher sich aus dem Stande der Flüssigkeit im Thermometer abnehmen läßt, desto größer, je in¬ tensiver das Licht auf die Kugeln wirkt, und man setzt den Unter¬ schied zwischen den stationären Temperaturen beider Kugeln der In¬ tensität des Lichtes proportional. Dieses Instrument ist demnach ein Photometer. Mittelst dessen fand Leslie das Sonnenlicht 12000nial stärker, als das einer Wachskerze. Aber nach Herschel'» NaturlehrelS. Auff. 31 482 A ctin o m e r e r. wohlbegründetem Urtheile beruht dieses Verfahren auf einem falschen Principe, weil die stillstehende Temperatur eben so gut die erkaltende als die erwärmende Einwirkung auf das Thermometer mißt. Die erwärmende Kraft der Sonne kann man nur durch Bestimmung der Wärmemenge, die in einer gegebenenZeit einer den direkten Strah¬ len ausgesetzten Fläche von derselben zngeführt wird, messen. Z» diesem Behufs braucht Herschel ein Instrument, das einem Ther¬ mometer ähnlich ist, nur hat es einen größeren farblosen Behälter, der mit einer intensiv blauen Flüssigkeit gefüllt ist, damit dieLicht- absorption im Innern vor sich gehe, und eine in willkührliche aber gleiche Theile getheilte Scale. Will mau dieses Instrument brau¬ chen, so hängt man es zuerst eine Minute lang frei in den Schatten und beobachtet die Veränderung seines Standes, hierauf ebensso lang in die Sonne und bemerkt abermals die Veränderung seines Standes; endlich bringt man es wieder in Schatten, und beobachtet seinen Stand wieder. Man hat nun zwei Veränderungen im Schat¬ ten und eine im Sonnenschein. Das Mittel aus den zwei ersten von der im Sonnenschein abgezogen, gibt die von den Sonnen¬ strahlen während ciner Minute bewirkte Ausdehnung der Flüssigkeit. Herschel nennt dieses Instrument Actinometer. (Pegg.Ann. 32. 661. Kurzer Bericht von Versuchen und Instrumenten, die sich auf das Verhalten der Luft zur Wärme und Feuchtigkeit bezie¬ hen, von John Leslie. Leipzig, 1823. S. 123 S. 58 u. s. w.) 233. Das mittelst eines Prismas in seine farbigen Bestandteile zerlegte Sonnenlicht zeigt an verschiedenen Stellen auch eine ver¬ schiedene erwärmende Kraft. Mello ni hatcs wahrscheinlichst' macht/ daß dieses von der Wärme absorbirenden Kraft und der Diathcrmität des Prisma's abhängt/ und die Wärmestrahlen der Sonne/ welche auf die vordere Fläche des Prisma's fallen/ ent¬ halten Strahlen von jeder Brechbarkeit/ werden aber in dem Maße mehr absorbirt, ;e weniger brechbar sie sind, so daß demnach von jenen Warmestrahlen, die eine den rochen Lichtstrahlen gleich' Brechbarkeit besitzen, weniger absorbirt wird, als von den mit dem gelben Lichte gleich brechbaren rc. und das Maximum der Er¬ wärmung durch die ungleiche absorbirendeKraft des Prisma's vom rochen gegen das violette Ende des Spectrums geschoben wird. leichter aber die Substanz des Prisma's von Wärmestrahlen durch¬ drungen wird, desto mehr rückt dieses Maximum wieder gegen dai rothe Ende des Spectrums hin, und so kommt es, daß für Sud stanzen von verschiedener Diathermilät und verschiedenem Absorption- vermögen jenes Maximum in eine andere Stelle fällt. Warme Les farbigen Sonnenlichtes. 483 Nach Seebeck fällt die wärmste Stelle des Speckrums außerhalb des Roth, wenn das Prisma aus Flintglas besteht, hingegen in das Roth selbst, wenn das Prisma aus Crownglas, aus gewöhnli¬ chem weißen Glase gemacht ist, oder gar in Gelb bei einem durch Glasscheiben gebildeten, mit Wasser, Alkohol oder Terpentinöl)! gefüllten Gefäße, endlich zwischen Roth und Gelb, wenn dieses hohle Prisma mit starker farbloser Schwefelsäure oder mit einer klaren Lösung von Queckstlbersublimat gefüllt ist. Nach Melloni liegt die wärmste Stelle eines durch ein Steinfalzprisma gemach¬ ten Spectrums um die ganze Länge des Farbenbildes außerhalb des Roth. Man kann die am meisten erwärmende Stelle im Far¬ benbilde leicht entdecken, wenn man eine Sammellinse von sehr großer Öffnung in der Mitte mit einer Papierscheibe deckt (so, daß nur ein Ring von ihr übrig bleibt, der ein kreisförmig gebo¬ genes, dreiseitiges Prisma vorstellt), auf diese Linse direktes Son¬ nenlicht fallen läßt, und das hinter ihr entstehende kreisförmige Spectrum auf ein mit Wachs überzogenes Papier fallen läßt.Da wo die Erwärmung am stärksten ist, fängt das Wachs zuerst zu schmelzen an. Den Strahlen der Sonne analog verhalten sich auch die anderer leuchtender Körper. Nach P owell sendet jeder solche Körper nebst den Lichtstrahlen zweierlei Wärmestrahlen aus; die einen gehen durch Glas und andere durchsichtige Körper und wer¬ den wie Lichtstrahlen gebrochen, die anderen werden von jeden» durchsichtigen festen oder tropfbaren Körper zurückgehalten. (Hei- sch e l's Untersuchungen über die Natur der Sonnenstrahlen. Celle, 1801. Seebeck über! die Wärme im prismatischen Sonnenbilde. In den Abhandlungen der Berliner Akademie. Berlin 1820 S. 393 u. s. w. Melloni in cke (7/um. 53. 5.) — Außer der erwärmenden Wirkung der Sonnenstrahlen bemerkte S ch e e le noch eine andere, welche dem farbigen Lichte zukommt. Er fand nämlich, daß ein Papier, welches mit Chlorsilber, das in Gestalt eines weißen Salzes erscheint, bestrichen ist, im rothen Strahle gar nicht geändertem violetten hingegen vorzüglich stark geschwärzt wird. Diese Wirkung kommt dein Lichte rein als solchem zu und fehlt dort ganz, wo das Licht seiner leuchtendenKraft beraubt wird. So fand Arago, daß Chlorsilber an der Stelle, wo es vonzwei Sonnenstrahlen getroffen wird, die sich durch Interferenz aufheben, keine Veränderung erleide. Dieser Umstand erschwert die gewöhn¬ liche Erklärung der chemischen Wirkungen des Lichtes nach der Emanationshypothese nicht wenig und hat diese Hypothese nun auch jener Stütze beraubt, auf welcher die Hoffnung vieler ihrer Verehrer beruhte. Seebeck machte die Erfahrung, daß bas Chlor- silber iin rothenLichte in demTheils des prismatischen Farbenbildes, wo die stärkste Hitze herrscht, rosenroth gefärbt werde, und über- sougte sich, daß Sonnenlicht, welches durch ein farbiges Glas geht. 31 " 48 t Erwarmung durch Stoß und Reibung. dieselben Wirkungen hervorbringe, wie das gleichfarbige Licht im Farbenbilde. Die Nöthung des Chlorsilbers soll da sogar noch schneller erfolgen, als im Farbenbilde. Seht mau ein Gemenge von Chlorgas und Wasserstoffgas direkten violetten Sonnenstrahlen ans, so erfolgt ihre Verbindung plötzlich mit einer starken Explo¬ sion. Weißes Sonnenlicht wirkt ebenfalls, aber nur wegen seine- violetten Antheils (1). Nach Heßler iZeitsch. n. F. 3. 338)hängt die das Chlorsilber schwärzende sreducirende) Kraft des farbigen Lichtes auch von der Materie des Prisma's ab, welches da- Spectrum liefert. Man will iiberdieß noch andere Erscheinungen aufgesunden haben, welche einen Gegensatz zwischen den chemische» Wirkungen an den beiden Enden des Farbenbildes darthun sollen, allein man kann hierüber noch keineswegs mit voller Sicherheit urtheilen. 234.Wenn man auf einen festen Körper einen schnellen Stoß ausübt, so wird er in der Regel erwärmt. Percufsionspulver braucht zur Entzündung nur einen kräftigen Schlag, Knallsalze entzünden sich schon beim geringsten Stoße; eine Eisenstange kann durch blo¬ ßes Hämmern bis zum Glühen erhitzt werden. Durch den Stoß eines Stahlstückes gegen einen harten Stein werden Theile von er¬ sterem abgeschlagen und zum Glühen gebracht, daher sie als Feuer¬ funken erscheinen. Bei dem gewöhnlichen Feuerschlagen bedienen wir uns dieses Mittels. Die Luft, auf ein Fünftel ihres VolumS schnell zusammengedrückt, erhitzt sich so sehr, daß sie einen Feuer¬ schwamm anzuzünden vermag (wozu eine Temperatur von nahe 288° <7. gehört), wie man dieses besonders am sogenannten Lust¬ feuerzeuge (einem einerseits geschloffenen, hohlen Cylinder miteins« luftdicht schließenden Kolben) sieht. Ähnliche Wirkungen bringt dis Reibung hervor. Eiserne Werkzeuge, wie Bohrer, Sägen, erwärmen sich beim Gebrauche, ein Mühlstein kann sich beim Leer¬ gehen bis zur Entzündung des Holzwerkes erhitzen, an unge- schmicrten Wagenapen und an Zapfen schnell bewegter Maschinen¬ räder geschieht dasselbe. Zwei Stücke Holz kann man durch An¬ einanderreiben in Flammen setzen. Ein Radschuh wird beim ^e- brauche so heiß, daß man ihn nicht ungestraft berühren darf. Nach Rumfo rd kann man durch Reibung eine unbeschränkte Wist meincnge entwickeln. Als ein messingener Cylinder in einer He) lung, die 18 Pf. Wasser enthielt, so schnell herumgedreht wurd^ daß er in einer Minute 32 Umdrehungen machte, stieg die Tcm- peratur des Wassers in einer Stunde von 60° bis 130° und u zwei Stunden bis zur Siedhitze. Da vy rieb im leeren RmM' Große der durch Druck erreg reu Wärme. 485 bei k>° 0. zwei Eisstücke cm einander und brachte sie dadurch zum Schmelzen. Merkwürdig ist die evu Pietet gemachte Erfahrung, daß manche weiche Substanzen beim Reiben mehr Wärme entwi¬ ckeln, als harte. 235. Die durch Stoßen erzeugte Wärmeentwicklung hat ih¬ ren Grund in der dadurch bewirkten Verdichtung der Körper, mit¬ hin in der Verminderung ihrer Capacität. Daß bei dieser Opera¬ tion eine Verdichtung eintrete, ist theils au» der Natur der Sache ersichtlich, theils durch direkte Versuche erweislich. Ein Metall har immer nach dem Hämmern eine größere Dichte als vor demsel¬ ben (Tabelle auf Seite 127). Die Wärmemenge, welche durch Compression eines Gases entwickelt wird, kann man nach diesem Principe sogar berechnen. Sie ist nämlich so groß als diejeni¬ ge, die das Gas braucht, um sein voriges Volum wieder zu er¬ langen. Heißt die Wärmemenge, die es bei dem um ver¬ minderten Volum hat — 1, die beim ursprünglichen Volum — 1-j-w, so ist offenbar 1-1-w zu 1, wie die Capacität <7 un- tek constantem Drucke, zur Capacität c unter constanrem Volum. ES ist aber für chemisch einfache Gase — 1.421 , mithin 1-l-m: 1— 1.421:1 und daher die bei der Compression um des ursprünglichen Volums bei 0° 6. entwickelte Wärmemenge a' —0.421. Für zusammengesetzte Gase ist diese Wärmemenge eine andere als für einfache, doch scheint sie wieder für alle zusam¬ mengesetzte gleich zu seyn und 0.337 der beim ursprünglichen Volum vorhandenen Wärmemenge zu betragen. Kennt man ein¬ mal die durch Compression von entwickelte Wärmemenge, so läßt sich die für jede andere Compression berechnen, indem sie mit der Compression gleichen Schritt hält. Die aus dieser Wärmeent¬ wicklung hsrvorgehende Erwärmung steht im verkehrten Verhält¬ nisse mit der soecifischen Wärme des Gases. — Ein fester Körper er¬ wärmt sich durch Stoßen nur so lange, als er dadurch verdichtet wird. Hat er einmal eine gewisse Dichte erreicht, so kann er durch d>e Kraft, wodurch er sie erreichte, nicht weiter verdichtet werden und sie ist auch nicht weiter im Stande, ihn zu erwärmen. Dar¬ um wird ein Körper auch durch den ersten Stoß mehr erwärmt als durch einen zweiten rc. Nach Berthollet erhitzte sich eine Sil- derplatte durch den ersten Stoß eines Stempels um 9 .6 tiä, durch "u zweiten um 4 .06, durch den dritten um 106. Für eine Ku- Kälte durch Verdünnung. pferplatts betrug diese Temperaturerhöhung 1°.56, 2".6O, 0"8I. Körper, welche durch die uns zu Gebote stehenden Kräfte nicht stark verdichtet werden können, erhitzen sich auch durch Stöße nur unbedeutend; darum wird eine tropfbare Flüssigkeit durch Stöße nicht merklich erwärmt. Den inneren Verlauf der Sache bei der Wärmeerregung durch Reibung kennt man keineswegs so gut, wie den beim Stoße. Mit der Reibung scheint zwar die Wärme¬ entwicklung gleichen Schritt zu halten, und nachMorosi wächst die Wärme mit der Dauer der Reibung, jedoch in einem geringe¬ ren Verhältnisse als diese Dauer; aber man kann nicht anneh¬ men, daß die sich reibenden Körper so lange an Dichte zunehmen, als die Reibung anhält, wiewohl anfangs eine Verdichtung Statt haben mag. Die Wärmeerregung ist zwar desto intensiver, je mehr die sich reibenden Körper zusammengedrückt werden , aber auch bei einem sehr sanften Drucke kann man bei hinlänglicher Geschwindig¬ keit eine starke Erwärmung 'zu Stande bringen. 236. Es ist leicht einzusehen, daß, weil durch Verdichtung der Körper Wärme entsteht, ihre Verdünnung die Quelle von Kälte werden müsse. Legt man ein dünnes Streifchen Cautschouc auf die Lippen und verdünnt es durch einen schnellen Zug; so em¬ pfindet man die dabei Statt habende Erkaltung. Verdichtet man Luft in einem Gefäße sehr stark, läßt sie hierauf bis zur Tempera¬ tur der Atmosphäre abkühlen und dann durch eine kleine Öffnung herausdringen; so erkaltet sie sich dabei so sehr, daß sie Wasser in einer kleinen Glaskugel zum Gefrieren zu bringen vermag. Es wird aber dazu' erfordert, daß nicht blos die herausdringende, son¬ dern auch die im Gefäße zurückbleibende Luft dünner werde. Die stark gespannten, aus einem Dampfkessel ins Freie herausströmen¬ den Dünste fühlen sich kalt an. Läßt man stark verdichtetes Gas in einen langen Cylinder überströmen, so erwärmt sich dieser an dem Ende, wo das Gas einströmt, und erkältet sich am entgegengesetzten. 237. Durch chemische Einwirkung der Stoffe auf ein¬ ander wird fast immer Wärme oder Kälte erzeugt. Dieses wird wohl begreiflich, wenn man bedenkt, daß mit der chemischen Mi¬ schung und Scheidung fast immer Änderungen im Aggregationsz»- stande der Körper und in ihren Capacitäten vorgehen. Hieher ge¬ hörige Beispiele gibt es unzählige. Lebendiger Kalk und Schwefel¬ säure erhitzen sich mit Wasser. Kalk, Baryt, und Strontian kön¬ nen durch Beimischung von Schwefelsäure gar glühend werden. Warmeänderung durch chemisch« Processe. 487 Terpentinöhl wird durch starke Salpetersäure bis zur Entzündung erhitzt, chlorigsaures Kali gibt in Berührung mit Schwefelsäure eine bedeutende Hitze. Weingeist erwärmt sich mit Wasser rc. rc. Die meisten bei chemischen Wirkungen eintretenden Erwärmungen haben ihren Grund in einer Verdichtung der Körper. Hierauf beruhen auch die sogenannten kaltmachenden Mischungen. Bei einer Mischung von fallt die Temperatur 3 Th. Salmiak, 5 Salpeter, 16 Wasser von -I- 10° bis —10° R- DieÄnderungen derTemperatur bei chemischen Processen und bei derÄnderung des Aggregationszustandes eines Körpers sind gewöhn¬ lich sehr bedeutend, und daher auS ihrer Wirkung leicht wahrzu- »ehmen. Es gibt aber solche Änderungen, die nur in einem sehr geringen Grade, und zwar dann Statt finden, wenn feste Körper von Flüssigkeiten beneht, oder wenn flüssige Stoffe eingesogen wer¬ den, so daß man das Benetzen und Eingesogenwerden gleichsam als einen geringen Grad der Formänderung eines Körpers ansehen kann. — Die ersten Erfahrungen im Reiche dieser Phänomene machte P uille t mit Thermometern, wodurch eine Temperatur¬ änderung von 0".01 0. bemerkt werden konnte, und sand, daß bei dem Benetzen und Einsaugen immer Wärme frei werde- Ist die netzende Flüssigkeit Wasser, so ist für alle unorganische Stoffe die frei werdende Wärme innerhalb der Grenzen von bis enthalten, es finden aber fast dieselben Grenzen Statt, wenn man statt Wasser, Öhle, Alkohol, Essigäther nimmt. Bei der Ab¬ sorption ist die Wärmeentwicklung größer als beim bloßen Ve netzen, wie man es leicht voraussehcn kann, wenn man bedenkt, daß Absorption eigentlich ein verstärktes Benetzen ist. (Schwei gg. I- 36. 193.) 238. Von der Wärmeentwicklung durch Electridität wird in b" Electricitätslehre besonders gehandelt und über die vom Lebens- proceß bedingte kann hier nur wenig gesagt werden. Der Lebens- "°"ß erzeugt auf eine auf physikalischem Wege unerklärliche Weise fortwährend Wärme. Ein Theil dieser Wärme kommt aller- auf Rechnung der Luftzersetzung beim Achmen, der Assimila- twn der Nahrungsmittel und der steten Verwandlung der Stoffej 488 Warme mit Licht. allein dieses reicht bei weitem nicht hin, das Phänomen der vitalen Wärmeentwicklung ganz zu erklären. Der Mensch hat eine ven der Temperatur seines Mittels fast ganz unabhängige Wärme; was vom Wärmeüberflufse nicht in seine Umgebung abfließen kann, wird zur Schweißbildung verwendet, und den zu starken Abfluß bei großer Kälte ersetzt sein Organismus bis zu einer gewissen Grenze durch gesteigerte Thätigkeit. Etwas Ähnliches findet bei vielen Thieren Statt, ja selbst in der Pflanzenwelt scheint mit der Lebensthätigkeit Wärmeentwicklung; gleichen Schritt zu halten. Fünftes Kapitel. Wärme in Verbindung mit Licht. 239. Man kann jeden Körper durch bloßes Erwärmen zum Leuchten bringen; selbst jene Körper, die bei einer gewissen Tem¬ peratur eine chemische Zersetzung erleiden, entziehen sich diesem Gesetze nicht, wenn man sie in verschlossenen, hinreichend festen Gefäßen behandelt, die das Entweichen der ausdehnsamen Stoffe, welche bei der Zersetzung entstehen, verhindern. Wiewohl es wahr¬ scheinlich ist, daß alle Körper schon bei einer geringen Temperatur¬ erhöhung leuchten und daß dieses Licht nur zu schwach sep, um durch unsere, an das starke Sonnenlicht gewöhnten Augen wahr¬ genommen werden zu können, wie vorzüglich die von Dize au- gestellten Versuche (Gilb. Ann. 4. 410) zu beweisen scheinen; st gibt es doch nur eine bestimmte Temperatur, bei welcher fie in einem für uns wahrnehmbaren Grade Licht aussenden. Dieser läßr sich aber nicht genau angeben, weil der Übergang von der dunklen Wärme in Licht auf eine unmerkliche Weise geschieht. Beobacht-- man z. B. eine Eisenstange, die mit einem Ende in eine Schnuck' esse gehalten und darin zum Glühen (Leuchten) gebracht wird; st sieht man bei hinreichender Hitze das Ende derselben weiß glühen- nicht weit davon herrscht nur Rothglühhitze und weiter davon er¬ scheint die Stange dunkel, wenn man sie in der Tageshelle anfi-h-- aber im Dunkeln leuchtet oft selbst letztere Stelle noch merklich- 240. Licht- und Wärmeentwicklungen finden vorzüglich b" energisch vor sich gehenden chemischen Processen Statt. Wiew^ es Fälle gibt, wo derlei Entwicklungen eintreten, wenn ein Stoll V erbre n n e n. 489 in seine chemischen Bestandrheile zerfalle (wie z. B. beim Chlor- stickstoff, der unrer Wärme-sund Lichterscheinungen in Chlor und Stickstoff zerfallt, beim Wasserstoffsuperoryd, Jodstickstoff, den Oryden des Chlor re.), so treten diese doch ohne Vergleich öfter bei chemischen Verbindungen ein. Ein solcher Verbindungtproceß ron Stoffen, der mit Licht- und Wärmeentwicklung verbunden ist, ist das Verbrennen. Es gibt zwar auch ein Verbrennen, wo nur Wärme ohne Licht erscheint, so wie ein anderes, wo nur Licht ohne Wärme aufrritt, von diesen ist aber hier nicht die Rede. Zum Verbrennen gehören demnach wenigstens zwei Körper, wo¬ von einer, »ach der gewöhnlichen Vorstellungsweise, das Ver¬ brennen erleidet und deshalb das Brennmaterial«, der Brennstoff oder der brennbare Körper heißt, während der andere das Verbrennen von jenem bewirkt und feuer näh¬ rend er oder Zünd-Körper genannt wird. Derselbe Körper spielt beim Verbrennen nicht immer dieselbe Rolle und er kann bald als Brennstoff, bald als Zündstoff aufrreten. So ist z. B. Schwe¬ fel gegen Kupfer Zündstoff, gegen Sauerstoff Brennstoff, Chlor ist gegen Phosphor und Wismuth Zündkörper, aber nicht gegen Stickstoff. Der vorzüglichste Zündkörper ist der Sauerstoff, daher man auch gewöhnlich unter Verbrennen die mir Wärme- und Licht¬ entwicklung verbundene Vereinigung des Sauerstoffes mit irgend einem Körper versteht und im gemeinen Leben nur jene Körper brennbar nennt, welche sich gegen den Sauerstoff als Brennstoffe verhalten. 241. Sollen zwei Stoffe den Verbrennungsproceß hervor- bringen, so müssen sie nicht blos eine große Verwandtschaft zu einander haben, sondern sich auch unter günstigen Umständen be¬ finden. Das Phänomen des Verbrennens findet immer nur, wie >ede chemische Verbindung, bei einem bestimmten Wärmegrade Statt. manchem Körper reicht dazu schon die gewöhnliche Lufltempe- vatur, oft selbst die Wintertemperatur hin, wie z. B. beim Was- f"'stoffperphosphorid, und diese entzünden sich daher von selbst, so- bald sie in die Luft oder in Sauerstoffgas kommen. Man nennt sie Pyrophore. Dis meisten brauchen aber dazu eine höhere Tem¬ peratur als in der Atmosphäre vorkommt, und man muß sie daher ^Hitzen. Die Größe der erforderlichen Erhitzung ist für verschiedene Körper und selbst für dieselben Körper unter verschiedenen Ver¬ hältnissen verschieden; in der Regel brauchen ausdehnsamc Stoffe 490 Einleitung des Verb» e nn ungs p ro c esses. eine größere Erhitzung als feste oder tropfbare, compacte Kor?» eine größere als poröse und fein zertheilte; bei den meisten Kör¬ pern wird das Verbrennen durch Vermehrung der Berührmigs- puncte mit dem Zündstoffe befördert, bei einigen aber tritt dasGe- gentheil ein. Manche Stoffe lassen sich durch Tränken in Salzauf- lösungen dahin bringen, daß sie gar nicht brennen. Von dieser Art ist Schafwolle in Salzsoole getränkt. Da diese zugleich ein schlech¬ ter Wärmeleiter ist, so eignet sie sich besonders zu feuerabhalten- den Gewändern, darum sie auch von Aldini zu diesem Behuf« empfohlen worden ist. Phosphor brennt schon bei 37j°, Schwefel bei 294° 0., aberWasserflch gas fordert dazu Rothglühhitze, öhlbildendes Gas eine noch höhere Temperatur. Die poröse Kohle, wie sie -beim unterdrückten Ver¬ brennen von Linnen entsteht, entzündet sich schon durch einen Fun¬ ken, während compacte Holzkohlen und Coaks dazu viel kräftigere Mittel brauchen; auch Kiesel brennt vor dem Erhitzen in der Lust leicht, während es nach dem Erhitzen sowohl im Sauerstoffgase als in atmosphärischer Lust unentzündlich ist. Die Temperaturerhöhung, welche manchen Körper in der atmosphärischen Luft entzündet, ver¬ mag dieses nicht mehr, wenn die Luft bis auf einen gewissen Grad verdünnt ist, weil es da an der hinreichenden Anzahl Beriih- rungspuncte zwischen Yem Brennstoffe und dem Sauerstoffe fehlt. Nach D a vy läßt sich ein Gemenge aus 2 Rtheilen Wasserstoffgas und I Rth. SauerstoffgaS bei achtzehnfachec Verdünnung, ein au- 2 Rtheilen Hydrogengas und 5 Rtheilen atmosphärischer Lust be¬ stehendes, bei einer sechsfachen Verdünnung nicht mehr durch den elektrischen Funken anzünden. In der atmosphärischen Luft läßt sich eine Stahlfeder durch einen glühenden Schipamm nicht zum Vei- brennen bringen, wohl aber im Sauerstoffgase; (Davy in Gilb. Ann. 56. 150.) Phosphor in Baumwolle gewickelt oder mit eüma gepulverten Körper, z. B. Schwefel, Holzkohle, PlatinschwaiM, Antimon, Arsenik, Zinnober, Kalk, Salpeter, Flußspath, säure rc. bestreut, entzündet sich hingegen leichter in vcrdümü-r Luft als in der von natürlicher Dichte. Lampenschwarz erzeugt d>« Entzündung des Phosphors schon in freier Luft. (Blach« Pogg. Ann. 2Z. 151.) Ein Gemenge von Phosphorwaff«rstoffga° im Minimum und atmosphärischer Luft entzündet sich bei der g«- wöhnlichcn Luftwärme, wenn es unter einen geringeren gebracht wird, als der Luftdruck ist. 242. Die zur Einleitung des VerbrennungsprocesseS nöth>^ Erwärmung kann durch ein beliebiges Wärmeerregungsmittel Herr«'- gerufen werden und es ist für da - Verbrennen selbst einerlei, Glühlampe. 49! welcher Wärmequelle man schöpft. Man zündet oft Schwamm durch concentrirtes Sonnenlicht, unsere Kerzen und das Brennholz durch Mittheilung von einem schon brennenden Körper an, bei den so¬ genannten chemischen Feuerzeugen (wo Schwefelkerzchen mit chlorig- saurem Kali überzogen sind und in Schwefelsäure getaucht werden), ist es ein chemischer Proceß, der zur Entzündung die Warme lie¬ fert, bei anderen Zündmaschinen wirkt ein elektrischer Funke, beim Feuerschlagen der Stoß, die Wilden reiben zwei Hölzer auf ein¬ ander, bis sie brennen. Manche poröse Körper verdichten einige Gase so stark, daß die dadurch erregte Warme zu ihrer Entzün¬ dung hinreicht. Dieses ist z. B. mit dem fein zertheilten Platin, mit Gold- oder Silberplättchen, nach H ar e auch mit Asbest oder Holzkohle der Fall (welche man unter einem luftleeren Necipienten in eine Lösung von Chlorplatin getaucht, dann 24 St. getrocknet und zuletzt geglüht hat), die Knallgas bis zur Entzündung in ihren Poren verdichten können. (Pogg. Ann. 17. 101; 31. 512.) Etwas Ähnliches scheint bei gepulverten Kohlen die Selbstentzündung zu bewirken. (Zeitsch. 9. 228. Vergleiche Mri/. Mag-. Aug-. 1833 p- 89 oder Heßler's Jahrb. 1. Jahrgang S. 57.) Wird Eisen¬ oxyd durch Wasserstoffgas zu Eisen reducirt, so erscheint letzteres als gepulverte Masse, die sich in Berührung mit atmosphärischer -uft schnell entzündet. 243. Der auf solche Weise einmal angefachte Verbrennungs- proceß dauert unter günstigen Umständen fort und es entwickelt sich ohne äußere Beihilfe Licht und Warme, ja letztere ist es eigent¬ lich, wodurch das Verbrennen unterhalten wird. Es gibt aber doch Fälle, wo ein Körper zwar nicht die zu seinem mit Lichtentwicklung verbundenen Verbrennen nöchigeWärme entwickelt, aber einen an¬ deren dadurch glühend erhalten kann. Von der Art ist jAlkohol. Aurd über dem Dochte eines Alkohollampchens ein spiralförmig ge¬ wundener dünner Plarindraht, oder eine mit Platin überzogene Glaskugel angebracht, das Lämpchen angezündet und, wenn der Platindraht glüht, wieder ausgelöscht; so kann durch das fortge¬ setzte langsame Verbrennen des Alkohols der Draht glühend erhal¬ ten werden. Ein solches Lämpchen heißt Glühlämpchen. Weh- tend dieser Licht- und Wärmeentwicklung erleidet der verbrennende Körper eine gänzliche Änderung seiner Natur. Oft verbindet er sich bloS mit dem Zündstoffe und es bleibt nach beendigtemProcesft das >-roduct dieser Verbindung zurück oder es wird unter einem ver- 492 Fortdauer des Verbrennens. flüchtigst. So wird Eisen beim Verbrennen in Eisenoxyd, Kohleu- stoss in Kohlensäuregas verwandelt. Viele Körper, wie z. B. alle organischen, erleiden aber dabei eine Zersetzung; ein Th-il ver¬ brennt, der andere bleibt als unverbrennbare Masse zurück. Diese bilden die Asche, die Schlacken re. Aus der Verflüchtigung derVer- brennungsproducte erklärt sich der eigenthümliche Geruch, den einige Körper, wie z. B. Federn, Klauen rc. beim Verbrennen verbrei¬ ten. Übrigens sind diese Products selbst bei demselben Körper nach dem beim Verbrennen herrschenden Hitzegrade verschieden. 244. Zur Fortdauer des Verbrennungsprocesses ist nothnien- dig, daß der Brennstoff mit Sauerstoff in Berührung stehe, daß dieser fortwährend mit einer gewissen Geschwindigkeit zuströme und den Brennstoff an hinreichend vielen Puncten berühre, daß die flüchtigen Verbrennungsproducte oder die des Sauerstoffs beraubte Luft entweichen könne, und daß dem brennenden Körper nicht zu viel Wärme durch Ausstrahlen oder durch die Umgebung entzogen werde. Die beim Verbrennen entwickelte Wärme erregt schon für sich einen Luftstrom, wodurch atm. Luft zugeführt, die des Sauer¬ stoffs beraubte zum Aufsteigen gezwungen wird, so das? der da¬ durch entstehende leere Raum durch andere Luft erfüllt werden muß; allein in vielen Fällen genügt dieser Lufcstrom nicht, um dem Ver brennungsproceffe die nölhige Lebhaftigkeit zu verleihen, und man muß einen künstlichen Luftstrom herbeischaffen. Dieses geschieht durch Blasbälge, Fächer, oft auch schon dadurch, daß man den bren¬ nenden Körper mit einer Röhre umgibt, und so die aufsteigende Luft zwingt, eine größere Geschwindigkeit anzunehmen. Doch mnß dieser Luftstrom der Größe des brennenden Körpers angemessen seyn, damit nicht etwa die Lufttheile beim brennenden Körper schneller vorbeigeführt werden, als sie die nöthige Wärme erlangt haben. Darum kann man einen brennenden Körper ausblasen, darum verkleinert sich in einer Lampe die Flar-me, wenn man fn mit einem zu hohen oder zu engen Zugrohre umgibt und dadurch die Geschwindigkeit des Luftstroms zu sehr erhöht; darum brenn- comprimirtes Gas, das aus dem Gasbehälter herausstromt, nur bei einer bestimmten Ausflußöffnung. Wenn man den Zutritt oon Sauerstoffgas hindert, so hört der Verbrennungsproceß Dieses geschieht oft durch luftdichte Einhüllung des brennenden Körpers, mit Wasser, Asche ec., durch eine dem Verbrennen nicht Wärmeentwicklung beim Verbrennen. 4M »ünstige Lust, z/ B. durch schwefligsaures Gas, ja sogar durch brennbare Körper, die den Abfluß der zur Unterhaltung nicht mehr geeigneten Luft erschweren, wie z. B. Häckerlinge. Hierauf beruht der Nutzen aller gegen Feuer sichernden Anstriche, aller Feuerlösch¬ mittel rc. Man braucht nach Clöment zum vollkommenen Verbrennen von l. Pf. trockenen Holzes 4.58 Pf. atm. Luft od. 1.0579 Sauerstoffgas, 1 ,, Holzkohle . . 11.00 >. - 2.541 — 1 „ gewöhnliche Kohle 13.94 » - 3.220 — Beim gewöhnlichen Verbrennen wird nicht aller Sauerstoff der Luft consumirt, sondern er entweicht zum Theil mit dem Stickgase und der kohlensauren Luft, daher braucht man zum vollkommenen Ver¬ brennen fast '/z mehr Lust, als oben angegeben wurde. — Die Nothwendigkeit einer hinlänglichen Anzahl von Berührungspunkten zwischen Breun-und Zündstoff erklären es, warum jeder Körper verlischt, wenn er in atmosphärische, bis zu einem gewissen Grade ' verdünnte Luft kommt. So verlischt Wasserstoffgas in 8fach ver¬ dünnter Luft, aber Schwefel brennt noch bei 15facher, Phosphor bei 63facher Verdünnung der Luft, Wasserstoffperphosphorid blitzt noch in möglichst verdünnter Luft. Wenn man in einer abgeschlosse¬ nen Portion atm. Luft zu gleicher Zeit eine Wachskerze, Waffer- stoffgas, Schwefel und Phosphor anzündet; so verlischt zuerst die Kerze, dann das Hydrogengas, hieraus der Schwefel und endlich der Phosphor. Wenn einem brennenden Körper so viel Wärme ent¬ rissen wird, daß der Rest nicht hinreicht, sein Brennen zu unterhalten, so verlischt er. Darum hört eine glühende Kohle auf zu brennen, wenn man sie aus ein großes, kaltes Stück Eisen legt, ja ein Hau¬ fe brennender Kohlen verlischt, wenn man die einzelnen Kohlen aus einander breitet; deshalb brennen Flammen durch ein Draht- steb von bestimmter Feinheit des Geflechtes. So z. B. brennt eine Weingeistflamme nicht mehr durch ein solches Sieb, wenn lOOÖff- uungen auf den Q. Zoll desselben kommen; wohl aber Wasserstoff¬ gas. Darauf beruht D a v y's Sicherheitslampe seine kleine Laterne aus dünnem, siebartig geflochtenen Metalldrahte), mit der man flch in Örter wagen darf, wo Knallluft enthalten ist, ohne befürch¬ ten zu dürfen, daß sich die Entzündung außerhalb des Drahtge¬ flechtes fortpflanze. (Vergl. Libri in Zeitsch. 3. 204.) EineLaterne wit Drahtgeflecht umgeben kann man mit brennender Kerze mitten in Stroh oder Heu stellen, ohne eine Fortpflanzung des Feuers befürchten zu dürfe». Der zu geringen Lichtstärke, welche eine solche Lampe für sich gibt, kann man durch einen beweglichen Hohl¬ spiegel abhelfen, den man dahin wendet, wo man die Beleuchtung am besten braucht. Kommt man mit einer solchen Lampe in einen 49t Flamme. Raum, der brennbare Lust enthält, so erscheint die gewöhnlich«, Flamme mit blauer Spitze von desto größerer Länge, je mehr solches Gas vorhanden ist, die Gegenwart des Kohlensäurcgases gibt sich durch häufigeren Rauch und trübes Brennen kund. Ans einem ähnlichen Grunde beruht auch Aldini's Sicherheitspanzer (ein aus Metalldraht geflochtenes Überkleid), das man überein salzgetränktes Wollenkleid anzieht, um gegen Flammenseuer geschützt zu werden. Brennendes Holz, Papier, ja selbst Terpentinöl,! wird durch einen Überwurf von Häckerlingen schnell gelöscht, selbst ein in Häckerling gestellter Körper vermag denselben nicht anzuzünden. lZeitsch. n. F- 2. 379.) Es ist merkwürdig, daß das Sonneniicht den Verbrennungsproeeß schwächt, wie sich dieses aus Mac- Keever's Versuchen ergab, der Wachs- und Unschlitlkerzcn im Finstern, im Schatten und in einem vom direkten Sonnenlichte beschienenen Orte brennen ließ und bemerkte, daß davon im ersten Orte am meisten, im zweiten etwas weniger, im dritten endlich am wenigsten verzehrt wurde. 245. Feste und tropfbare Körper, die beim Verbrennen keine flüchtigen Producle liefern, glühen dabei blos, ausdehn- same hingegen brennen mit einer Flamme. Diese ist nämlich das verbrennende leuchtende Gas. Feste oder tropfbare Körper, die dem Verbrennen ausdehnsame Stoffe liefern, können zugleich mir Glich und mit Flamme brennen. Jene flüchtigen Theile, welche nicht du zum Brennen nöthige Hitze haben, bilden den Rauch. Dieser be¬ steht hauptsächlich aus fein zertheilter Kohle und Wasserkünsten, oft auch (wie z. B. beim Verbrennen des Silbers oder Eise»» ui Sauerstoffgas) aus fein zertheiltem Oxyde. Kommt er in einen kältern Raum, so verdichtet er sich und setzt seine minder flüchtigen Theile als Ruß ab. Es ist klar, daß das Erscheinen des Rauche» immer ein Zeichen eines unvollkommenen Verbrennens sei- blos glühenden Körpern geht das Verbrennen nur an der Obersts- vor sich; jene, die mit einer Flamme brennen, können ihrer gau- zen Masse nach in Brand gesetzt werden, wenn der Sauerstoff »' ihr Inneres eindringen kann. 246. Die Flamme eines brennenden Körpers hat eine oben zu- gespitzte Gestalt, weil das zum Leuchten erhitzte Gas leichter ist, als die atm. Luft und daher in derselben aufsteigt; nur durch einen künstlichen Luftstrom kann man der Spike des Flammcnkegels eine ander- Richtung geben. Ihre Größe richtet sich nach der Menget auf einmal entwickelten Gases und nach dem Zuflüsse von Sauer- 485 Farbe der Flammen. stoffgas. An einem Gasbehälter kann man die Flamme nach Belieben vergrößern, indem man die Ausflußöffnung erweitert. Eine gewöhn¬ liche Gasflamme brennt nur an der Oberfläche, das inwendige Gas kommt erst zum Leuchten, wenn es die oberste, äußere Flammen¬ grenze erreicht. Davon überzeugt man sich, wenn man eine solche Flamme durch ein Drahtnetz abschneidet und von oben in sie hinein¬ sieht; denn man findet sie in der Mitte dunkel und gleichsam mir Rauch erfüllt. Man kann ein Stückchen Phosphor mitten hinein¬ halten, ohne daß es brennt; so wie man aber mit einem Löthrohre Lust hineinbläst, beginnt das Gas im Inneren der Flamme zu leuch¬ ten und der Phosphor fängt Feuer. Eine Flamme, durch welche ein Luftzug geht, wie bei der Argand'schen Lampe, bildet einen leuch¬ tenden Ring. Die Flamme ist nur durchscheinend, keineswegs voll¬ kommen durchsichtig; daher zwei Flammen bei weitem nicht so viel Licht nach einem Orte hinsenden, wenn sie hinter einander stehen, als wenn sie sich neben einander befinden. 247. Die Farbe einer Flamme hängt von der N a tu r des Brenn- und Zündstoffes, von der größeren oder geringeren Leb¬ haftigkeit des Verbrennens und von derB eim ischung fremdartiger Bestandtheile ab. Nach Bremst er gibt jeder unvollkommen brennende Körper gelbes Licht. Selten hat eure Flamme an allen Stellen einerlei Farbe, unten ist fast jede blau. Phosphor, Zink, Arsenik brennend weiß, Selen azurblau, Soda¬ salze gelb, Kalisalze blaß violett, Kalksalze ziegelrot!), Strontian- salze karmoisinroth, Lithionsalze roth, Barytsalze blaß apfelgrün; Kupsersalze grün oder grünlichblau, Eisensalze weiß. Zu allen diesen Versuchen passen salzsaure Salze am besten. Man tränkt damit einen Docht oder mischt sie zu Weingeist.. Schwefel brennt in atm. Lust mit bläulicher, in Saue rstoffgas; mit violetter, im oxydirtenStick¬ gase mit gelblich rother Flamme. Weingeist, in welchem Borsäure oder salpetersaures Kupfer aufgelöst wurde, brennt grün, mit salz- saurem Baryt gelb, mit salzsaurem Strontian roth, mit Kampher weiß; wird ein Stückchen Kalk auf den Docht gelegt, brennt er grün und roth. Verbrennt man Weingeist von 0.835 spec. Gew. in einer Lampe ohne Docht und gestattet der Flamme eine Länge v"" Z Z., so erscheint sie völlig blau; bringt man aber die Länge der Flamme auf I —IjZ., so erscheint sie beinahe weiß. Wird dieser Weingeist stark gewässert, und mittelst eines Dochtes angc- zündet, so gibt er fast lauter gelbes Licht. Eine gewöhnliche Gas¬ flamme leuchtet mit schönem weißen Lichte, wenn sie eine Länge t!>6 Leuchtvecmögen der Flammen. von I — 2 Z. hat; rcducirt man durch Verkleinerung der Ausflliß- offnung diese Länge auf 2 —3 L., so sendet sie fast lauter blaues Licht aus. Brennt Öhl ohne a. ocht init großer Flamme, so gibt es ein blaues Licht mit vielem Weiß, vermindert man den Öhl- zuffuß, so wird die Flamme blau mit einer gelben Stelle, bei fort¬ gesetzter Verminderung des Öhlzuflusses wird sie endlich ganz blau. 248. Das Leuchtvermögen eines brennenden Körpers hängt besonders von seiner Dichte und von seiner Natur ab. In der Regel leuchten die gewöhnlich viel dichteren glühenden Körper mehr als die mit einer Flamme brennenden minder dichten, und die Leuchtkraft der letzteren wird durch einen festen Körper, der bei der größeren Hitze der brennenden Gase sehr stark glüht, ungemein erhöht. Eine Wasserstoffgasflamme leuchtet nur sehr wenig, die vom verdichteten Knallgase hingegen sehr stark, die Flamme deS öhlbildenden Gases, bei der fein zertheilte Kohle ausgeschieden wird, viel stärker; doch wird die Lichtstärke beider noch mehr erhöht, wenn man einenPlatindraht in die Flamme holt, weil dieser schnell weiß glühend wird. Die Flamme des gewässerten Weingeistes gibt ein sehr schwaches Licht, tränket man aber den baumwollenen Torht einer Weingeistlampe mir salzsaurer, schwefelsaurer und kohlen¬ saurer Soda, so erhält man eine starke leuchtende Weingeistflamme. Ein Tropfen Ohl auf den Docht gegeben, oder 0.15 Terpentinih! dem Weingeiste beigemischt, ertheilt der Flamme die Jntenfltat eines Kerzenlichtes. Phosphor brennt in der Luft mit starkem, aber dem Auge noch wohl erträglichen Lichte, im Sauerstoffgase hingegen mit blendendem Glanze. Alle Bedingungen der erhöhten Lichteni- wicklung scheinen beim Kalke zusammenzuwirken, den man in eme mit Sauerstoffgas angefachte Weingeistflamme bringt; darum leuchtet er auch mit einem ungemein intensiven Lichte. (Talbot und Blackadder in Zeitsch. 1. 403. Drummond ebend. 1. 306, Pleischl ebend. I. 390. Döbereiner in Schweige I. 62. 87.) Eine gewöhnliche Kerzenflamme hat unten einen blauen Rand, der» einen schwach leuchtenden Saum übergeht; gleich über dem befindet sich ein kegelförmiger dunkler Raum und zwischen dicD und jenem Saume der leuchtendste des Ganzen. Anders verhält sich bei einer Flamme, die mit einem Löthrohre angeblasen Diese hat gleich im Inneren einen langen, nicht leuchtenden Kegc-, welcher sich wie dec äußere Saum der gewöhnlichen Keczenfla»""' Wärmeentwicklung beim Verbrennen. 497 verhält. — Rumford hat über die Lichtstärke brennender Körper viele interessante Versuche angestellt. Nach diesen braucht man, um durch eine bestimmte Zeit eine gleiche Lichtstärke zu erlangen, fol¬ gende Mengen des Brennmaterials dem Gewichte nach: Von einer gut geputzten Wachskerze 100, von einer gut geputzten Unschlittkerze 101, von einer ungeputzten Unschlittkerze 229; von Baumöhl in einer Argand'schen Lampe 110, von demselben in einer Lampe mit breitem Dochte 129, von Ripsöhl in einer gewöhnlichen Lampe 125, von Brennöhl in derselben Lampe 120. Bei Kerzen kommt es auf die rechten Dimensionen des Dochtes an; ist dieser zu kurz, so ent¬ steht einAbfließen der geschmolzenen Masse und durchzu vielSchmel- zen derselben eine der Lichtentwicklung nachtheilige Wärmeconsum- tion; ist er zu lang, so erzeugter Schatten, kühlt zu schnell ab, scheidet unverbrannte Kohle aus und vermindert so die Lichtstär¬ ke. Hat eine Kerze mehrere Dochte, so müssen dieselben eine sol¬ che Entfernung von einander haben, daß die einzelnen Flammen nicht vollkommen geschieden erscheinen. Christison undTurner haben mitRumford's Photometer eine Reihe sehr wichtiger Ver¬ suchs über das Gaslicht angestellt. Nach diesen Versuchen wird die Lichtstärke eines Gaslichtes durch Verlängerung der Flamme bedeu¬ tend gesteigert und zwar in einem größeren Verhältnisse als die Gasconsumtion. Bei Gas aus Steinkohlen erhält man bei einer gleichen Gasconsumtion von Flammen, deren Länge2,3,4,5Zollbe- trägt, die Lichtstärken 100, 109, 131, 150,150 und für Gas ausÖhl, für dieselben Flammenlängen, die Lichtintensitätcn 100, 282, 560, 582, 604, so daß also durch bloße Verlängerung der Flamme ohne größeren Gasaufwand die Lichtstärke auf das 6fache gesteigert wer¬ den kann. Auch als man dem Gase mehrere in einem kreisförmigen Ringe liegende Ausflußöffnungen von bestimmter Größe und An¬ zahl verschaffte, war die Lichtstärke größer, als wenn man eine ein¬ zige Öffnung angebracht hätte, welche in derselben Zeit die nämliche Gasmenge ausströmen ließ. Man konnte so ohne Vermehrung des GasbedarfeS die Lichtstärke IZmal vergrößern. 24g. Von der Lichtstärke eines leuchtenden Körpers ist die entwickelte Wärmemenge ganz verschieden. Diese ist desto größer, le vollkommener und schneller das Verbrennen vor sich geht und je weniger Körper an der Erhitzung Theil nehmen, die nichts zum ^"brennen beitragen. Flammen geben eine größere Hitze als blos glühende Körper, jedoch sind auch diese nicht an allen Stellen gleich heiß. Em Platindraht, den man quer in eine Kerzenflamme hälr, wird da, wo er ihren äußersten Saum berührt, glühend, in dem hellleuchtenden Theile derselben berußt, und im innern dunkeln Ke¬ gel weder glühend noch überhaupt stark erhitzt. Warme Luft, einem Naturlehre. 5. Aust. 498 Bestimmung der Wärmemenge. brennenden Körper zugeführt, erzeugt mit demselben Aufwand von Brennmaterials mehr Hitze als kalte, indem sie nicht auf Kosten deö brennenden Stoffes erwärmt zu werden braucht, augenblicklich mit ganzer Starke den Brand nährt und ihn dadurch mehr concen- trirt. Deshalb gehen auch bei Hochofen, welche mit warmer Lust gespeiset werden, die Gichten sehr langsam nieder. Die größte Hiße erzeugt verdichtetes, aus einer engen Röhre herausströmende-, brennendes Knallgas oder nach Pleischl, ein Gemenge ausKoh- lenwafserstoffgas und Sauerstoffgas, wie dieses in Newmanns Knallgebläse angewendet wird. (Zeitsch. 1; 64.Gilb.Ann. 55.247; 62. 339. Schweigg. I. 22. 385.) 250. Die beim Verbrennen frei gewordene Wärme kann man durch den Eisapparat (203) so wie durch Ru m ford's Calorimeter bestimmen. Dieses besieht aus einem kupfernen Gefäße (Fig. 284), in dem sich eine schlangenförmig gewundene, ebenfalls kupferne Röhret befindet, welche durch besten Boden geht, und unterhalbdes- selben einen Trichter <7 bildet. Das Verfahren beim Gebrauche diese- Instrumentes besieht dem Wesen nach in Folgendem: Es wird die zu verbrennende Substanz unter die Mündung der Schlangenröhre gelegt, daselbst angezündet, vor und nach dem Versuche gewogen und die Temperaturerhöhung bemerkt, welche dem Wasser im Ca¬ lorimeter dadurch zu Theil geworden ist. M. Bull hat sich j» demselben Zwecke eines anderen Apparates bedient, der einem kleinen Zimmer (von 512 K. F. Inhalt) glich, das mit doppelte» Wänden versehen war, und in welchem das Verbrennen i» einem eigenen Ofen vor sich ging. Die gewöhnlichen Materialien, die man zum Behufs der Wärme¬ entwicklung verbrennt, Zsind Holz, Holzkohlen, Steinkohlen und Torf. Frisches Holz enthält immer viel Wasser, das der Wärme¬ entwicklung schadet; nach M. Bull belauft sich der Wassergehalt im Mittel aus42 vom Hundert, selbst Holz, das schon 8 —12Monat- m der Luft getrocknet wurde, enthält noch 25 pCt. Nach Bull geben selbst gleich stark ausgetrocknete Hölzer nicht gleich viel Wärme. Nach desselben Versuchen sind die entwickelten Wärmemengen bei gleichem Volum des Holzes folgende: Verkleinerte Rinde 100, Eiche 8° - Esche 77, Buche 65, Ulme 58, Birke-48, Kastanie 52, Weißbuche 65, Fichte 54, Pappel ital. 40. Alle Gattungen Holzkohlen entwickeln beim Verbrennen gleich viel Wärme, die compacteren verbrennen langsamer als die mehr porösen. Gewöhnliche Kohlen enthalten G immer 7pCt. an unverbrenulichen Troffen. Kohlen liefern im Durch- Verbrenn ungsrheorien. 499 schnitte 3mal mehr Wärme, als eine gleiche Gewichtsmenge Holz. Steinkohlen liefern nach Bull im Durchschnitte der Wärme, welche ein gleiches Gewicht Holzkohlen gibt. GuterTorf liefert nach Blavies, nur '/z von der Wärme, welche Steinkohlen geben. Nach Despretz geben Hydrogen beim Verbrennen die größte, die Metalle die kleinste Menge Wärme, und zwar s/z von der, welche ein gleiches Quantum Kohle liefert. Schwefel liefert beiverschiedener Dichte der Luft gleich viel Wärme, wahrscheinlich gilt dasselbe auch für andere Körper. Rach Versuchen verschiedener Gelehrten werden durch I Pf. von nachstehenden Körpern ,so,viele Pf. Wasser von !) — 100° erwärmt, als die beigesetzten Zahlen ausweisen: Wasserstoff¬ gas 221.25; Kohlenwasserstoffgas 63.75; Kohlenoxydgas 18.57; trockenes Holz 36.66; Holz mit 20 pCt. Wasser 29.45; do. mit 25 pCt. Wasser 26.00; Holzkohlen 70.50; Steinkohlen der besten Qua¬ lität 70.50 ; Coaks von lOpCt. Aschengehalt 63.45 ; Torf gewöhn¬ licher 15-00 ; Baumöhl 90.44; gereinigtes Rüböhl 93.07; Schwc- feläther (0.728 sp. G.) 80.30; Alkohol (0.8176 sp. G.) 61.95; Talg 71.86; weißes Wachs 94.79; Steinöhl (0.827 sp.G.) 73.38; Phos¬ phor 75.00; Terpentinöhl 45.00. 251. WoherbeimVerbrennen dieWärme und das Licht komme, laßt sich nach dem gegenwärtigen Zustande der Wissenschaft noch nicht ausmicteln. Stahl nahm zur Erklärung dieser Phänomene einen eigenen Stoff, das P h l o g i st o n an, von dem er voraussetzte, daß ihn alle brennbaren Körper enthalten, daß er beim Brennen entweiche und dadurch Licht und Wärme erzeuge. Lav visier weinte, das Verbrennen werde durch einfache Wahlverwandtschaft vermittelt, indem nämlich der brennende Körper den Sauerstoff der atm. Luft aufnimmt und dadurch die HWärme, wodurch jener als Gas existiren konnte, frei macht. MitderWärme entwickelt sich aus dem Sauerstoffe auch das Licht. Allein es läßt sich durch Rech¬ nung Nachweisen, daß die frei gewordene Wärme mehr beträgt, al» im Oxygengase enthalten seyn kann und der etwa beim Ver¬ brennen vorgehenden Capacitätsänderung zuzuschreiben ist. Andere lassen das Verbrennen durch doppelte Wahlverwandtschaft vor sich Zbhen, und nehmen demnach an, der Sauerstoff verbinde sich mir d^m brennbaren Körper, und der Wärmestoff des ersteren mir dem ^ichtstoffe des letzteren. In der neuesten Zeit hat die sogenannte rleccrv-chemische Theorie viele Anhänger erhalten, von ihr kann a 'er erst später die Rede seyn. Besteht daS Wesen der Wärme in Bewegung, so ist die Frage, woher die beim Verbrennen ent¬ wickelte Wärme rührt, nicht schwer zu beantworten. - 32 * MO Sechstes Kapitel. Theoretische Ansicht der Wärmephänomcne. 252. Man erklärt sich fast allgemein die Erscheinungen der Wärme durch Annahme einesWärmestoffes. Die Schlußweise, durch welche man die Erklärung leistet, ist ungefähr folgende: An¬ genommen, daß es einen Wärmestoff gebe, so muß er auch inKör- pern von der niedrigsten Temperatur noch vorhanden seyn und in jedem Körper einen gewissen Grad von Eppansivkraft besitzen, der von seiner Anhäufung und von der Größe der Anziehung adhängt, die zwischen ihm und dem Körper obwaltet. Je größer diese Anzie¬ hung ist, desto mehr wird seine Ausdehnsamkeit geschwächt, desto kleiner ist also bei derselben Wärmemenge die Temperatur desKor- pers und desto größer ist dessen Capacität. Nähert sich einem war¬ men Körper ein anderer, in welchem der Wärmestoff eine geringere Spannung hat, so wird er von jenem in diesen überströmen, bis er in beiden eine gleiche Ausdehnsamkeit besitzt; deshalb wird einer abgekühlt, der andere erwärmt. Die Geschwindigkeit, mir welcher der Übergang des Wärmestoffes von einem Körper in den anderen ge¬ schieht, muß nothwendig von dem Unterschiede der Spannung des Wärmestoffes in beiden abhängen. Der mit einem Körper durch Anziehung verbundene Warmestoff bewirkt durch Reaction eineVer- größerung des Volums, welche, bei übrigens gleichen Umständen, mit der Menge der Wärme zunehmen muß, aber ihr nur da pro- portionirt ist, wo sie ein reines Resultat des Wärmestoffes ist- 3» festen Körpern wird der Wärmestoff durch seine Eppansivkrafc der noch überwiegenden Cohärenz entgegenwirken; durch Anhäufung des Wärmestoffes wird aber diese Kraft immer mehr geschwächt, bis sie so weit abgenommen hat, daß die Lheile in eine Entfer¬ nung von einander kommen, bei welcher die Unterschiede der An¬ ziehung einzelner Stellen verschwinden. Sobald dieses erreicht ist, sängt der Körper an zu schmelzen. Ist er ganz tropfbar fluffig ge¬ worden, so braucht es doch noch eine neue Einwirkung des Wärme¬ stoffes, um den cppansibeln Zustand zu erzeugen, weil dazu "" gewisses Übergewicht der abstoßenden Kraft des Wärmestoffes über die Anziehungskraft der kleinsten Theile der Körper erfordert wird; cs geht, selbst wenn diese zwei Kräfte mit einander ins Gleichge¬ wicht getreten sind, ein Körper nicht bei dem geringsten Wärme- Unzulänglichkeit des Wärmestoffes. 50 ! zuflusse in den expansiblen Zustand über, weil äußere Kräfte die Spannkraft des Wärmestoffes einige Zeit überwältigen. Solche Kräfte sind: Der Druck der Atmosphäre, oder wenn sich die Flüs¬ sigkeit im luftleeren Raume befindet, der Druck der entstandenen Dünste, und im Inneren noch dazu das Gewicht der oberen Schich¬ ten. Jndeß findet doch dabei der Übergang in den ausdehnsamen Zustand an der Oberfläche stets Statt, wenn der abstoßenden Kraft kein Hinderniß entgegensteht. 253. Man sieht hieraus, daß die Erklärung der meisten Wär- meerscheinungen aus dieser Hypothese, im Allgemeinen genommen, nichts Schwieriges an sich hat- Allein die Leichtigkeit, womit man. mittelst dieser Annahme die Wärmephänomene selbst dem gemei¬ nen Verstände begreiflich machen kann, ist aber auch das Einzige, wodurch sich diese Hypothese empfiehlt. Man darf sich aber darauf nicht viel zu Gute thun; denn man findet bei der Erklärung der Wär¬ mephänomene immer nur jene Gesetze wieder, die man bei der qua¬ litativen Annahme des Wärmestoffes schon vorausgesetzt hat. Ab¬ gesehen davon, daß man den Wärmestoff noch nicht isolirt darstel¬ len konnte, daß er nicht die Eigenschaften anderer materieller Din¬ ge z. B. Schwere, Undurchdringlichkeit rc. haben kann, so reicht er nicht einmal zur Erklärung aller Wärmephänomene aus; denn man erklärt daraus schwer oder gar nicht: 1) wie sich die Wärme un¬ ter allen Temperaturen strahlend fortpflanzen könne und von Kör¬ pern ausströme, die eine geringere Temperatur haben als die Um¬ gebung. Man kann sich überhaupt von dem Zustande einer ausdehnsa¬ men Flüssigkeit, deren Fortpflanzung strahlend geschehen soll, wie dieses mir dem Wärmestoffe seyn müßte, keine klare Vorstellung machen und es scheint, als läge in dieser Annahme selbst ein Wi¬ derspruch, indem man Fortpflanzung der Bewegung (in Strahlen) mit dem Fortschreiten der bewegten Masse verwechselt; 2) wie sich "e Wärme, die bei der Annahme eines Wärmestoffss durch eine Zuziehung von Seite der Körper in ihnen festgehalten wird, durch den leeren Raum fortstrahlen könne, der doch nicht mit einer neuen Kraft die des Körpers aufhebt. Man kann nicht einwenden, daß, was wir leeren Raum nennen, doch mit feinen Stoffen, z. B. mit Äther erfüllt sey, weil die Vertheidiger des Wärmestoffes meistens den Äther läugnen. Geben sie diesen zu, so bedarf es keines ande¬ ren Stoffes mehr zur Erklärung der Wärmephänomene; 3) wie ein Körper ununterbrochen mit gleicher Stärke glühen und dabei 502 Analogie zwischen Schall, Licht und Warme. immerfort Wärme in die Umgebung senden könne, welches beson¬ ders nach Rumsord's Versuchen beim Reiben und auch bei Me¬ tallen geschieht, welche durch Electricität glühend gemacht werben. Diese Schwierigkeit kann man nicht etwa durch Annahme einerVer- minderung der Capacität erklären, denn bei Rumfords berühm¬ tem Versuche mit den Kanonen hatten die Bohrspäne eine milder ganzen Masse des Metalls gleiche Capacität, auch nicht dadurch, daß man annimmt, der Wärmestoff werde dem glühenden Körper von anderen wieder gleich! zugeführt; denn diese Annahme streitet gegen ein anerkanntes Naturgesetz, vermöge welchem nur der kältere Körper vom wärmeren Wärme gewinnt und nicht um¬ gekehrt. 4) Wird einmal zur Erklärung der Wärmephänomene ein eigener Stoff angenommen, so kann eine Wärmeerregung nur in einem Freimachen dieses Stoffes oder in der Verminderung der Ca¬ pacität bestehen; allein die Wärmeerregung beim Reiben läßt sich daraus nicht erklären, und man ist gezwungen anzunehmen, es werde da wirklich Wärme erzeugt, nicht blos schon vorhandene in Freiheit gesetzt. (Vergleiche 234.) 5) Endlich ist das Verhältnis zwischen Licht und Wärme nicht wohl erklärbar, besonders wenn man sich bei ersterem für das Vibrationssystem ausspricht, das doch von den optischen Erscheinungen am meisten begünstiget wird. 254. Wenn man die Wärmeerscheinungen mit denen besuch¬ tes und des Schalles vergleicht, so findet man eine sehr große Über¬ einstimmung zwischen denselben. Licht und Wärme existiren häufig in demselben Körper gleichzeitig oder gehen in einander über, und es ist höchst wahrscheinlich, daß dasjenige, was für uns nur Wär¬ me ist, für andere Wesen schon als Licht wirke, so wie die Schwin¬ gungen einer Saite von Einem noch gesehen und nicht gehört, von anderen aber gehört und nicht gesehen werden können oder beides zugleich. Wenigstens ist uns hieraus das Sehen der Raubthiere der völlig dunkler Nacht und besonders das Sehen der Fische erklärbar, die am Grunde des Meilen liefen Meeres wohnen. Wärme und Licht erleiden dieselben Veränderungen und befolgen dieselben Er¬ setze, Beide pflanzen sich im leeren Raume und in der Luft von gleicher Dichte geradlinig, mit ungeheurer Geschwindigkeit fort, beide werden gebrochen, reflecrirt, absorbirt rc. und beide im All¬ gemeinen nach denselben Gesetzen. Zwischen Schall und Wärme g>kt es eben so viele Analogien. Beide werden durch Reiben erregt und Körpern mitgetheilt; beide pflanzen sich strahlend fort; beide erlei- Thermische Vibrations Hypothese. 503 den Reflexionen und beide werden beim Übergange von einem Mit¬ tel ins andere geschwächt. Gleichwie Schallstrahlen einen Körper zum Tonen bringen können, eben so vermögen Wärmestrahlen Kör¬ per zu erwärmen; während ein Körper mitklingt, pflanzt sich auch der Klang durch ihn sort, und während ein Körper durch einen ande¬ ren erwärmt wird, gibt er auch Wärme an die Umgebung ab. Da nun unwidersprechlich bewiesen ist, daß das Wesen des Schalles in Schwin¬ gungen bestehe, ja eine strahlende Fortpflanzung nur aus Schwin¬ gungen begreiflich wird, indem die Erfahrung keine Flüssigkeit zeigt, deren Theile strahlend (in gerader Linie) fortschreiten; so fordern die Regeln der Analogie anzunehmen, das Wesen der Wärme be¬ stehe, so wie das des Schalles und deS Lichtes, in einer vibrirenden Bewegung. Ob aber die Schwingungen des Äthers oder jene der Körpertheile oder beide zusammen den Grund der Wärmephänome¬ ne enthalten, darüber sind selbst die Vertheidiger dieser Ansicht nicht einig. Vielleicht ist die Wärme nur Licht, welches nicht die nöthi- ge Intensität hat, um die Flüssigkeiten des Auges zu durch¬ dringen und auf die Netzhaut zu wirken. So viel ist aber gewiß, daß sich die Gesetze der Bewegung und Fortpflanzung der Wärme aus der Hypothese der Vibrationen genügend erklären lassen. Was in der Emissionshypothese Wärmemenge, Wärmevertheilung, Wä rm e c a pacit at, Temperatur, Erwärmung und Er¬ kaltung ist, das ist im Sinne der Vibrationshypothese leben¬ dige Kraft der schwingenden Theile, Vertheilung dieser Kraft in einer Masse, lebendige Kraft der einzelnen Molekel oder Atome, Geschwindigkeit der Bewegung dersel¬ ben , Z u n a h m e und Abnahme der lebendigen Kraft rc. cft tu e/iaisun et cis ses crum M'ts et crum maull- ./actunes. 2 2om. I>cr/- L beeist, 1828. A T>ecrL!se on, /reut Aonc/on 1833). Dritter Abschnitt. Magnetismus. Erstes Kapitel. Allgemeine, magnetische Erscheinungen. 255. Unter den Eisenerzen befinden sich einige, welche von Nacur aus die merkwürdige Eigenschaft besitzen, Eisen anzuziehen. Man heißt sie M a g n ete, und die Kraft, welche sie auf das Eisen ausüben, magnetische Kraft. Eben diese Eigenschaft kommt innerhalb gewissen Temperaturen auch dem Kobalt, Nickel, Chrom und Mangan zu; ja durch Kunst können nicht blos diese, sondern alle anderen Metalle und viele nicht metallische Substanzen zu Ma¬ gneten werden. Diese nennt man aber dann künstliche Magnete, zum Unterschiede von jenen, die man schon magnetisch in der Na¬ tur antrifft, und welche natürliche Magnete heißen. Eisen in zertheilter Form, wie es z. B. aus Eisenoxyd durch Wasserstoff ausgeschieden wird, kann nicht magnetisch werden. (Pogg. Ann. 17. 421.) Außer der Kraft, Eisen anzuziehen, kommt den Magne¬ ten noch eine andere, nämlich die Electricität zu erregen, zu; hi" soll aber nur von jener Anziehung die Rede seyn. Nicht jeder Ma¬ gnet wirkt mit gleicher Kraft auf Eisen, «inige sind nur im Stan¬ de, ganz kleine Eisenmassen an sich zu ziehen und sie zu tragen, andere hingegen tragen Stücke von vielen Pfunden. Man kann weder auS ihrer Größe noch aus ihrer Gestalt auf die Stärke ihrer Kraft schließen. Oft sind kleinere Stücke eines Magnetes kräftig» als große, oft ist das Umgekehrte der Fall. Starke Magnete fin¬ det man stets nur am Ausgange eines magnetischen Eisenerzlagers oder, wie die Bergleute sagen, zu Tage. 256. Die magnetische Kraft Äußert sich schon in einer gewis¬ sen Entfernung vom Magnete, und es können kleine EisentheiU schon von bedeutenden Distanzen angezogen werden. Es ist kein Un¬ terschied in der Stärke dieser Anziehung bemerklich, ob sich zwischen dem Magnete und dem afficirten Eisenstücke Luft oder irgend ein anderer Körper befindet, ja selbst durch den Körper deS Menschen Magnetpole. Gesetz der Anziehung und Abstoßung. 505 wirkt diese Kraft, nud nur solche Massen, die selbst magnetische Kraft besitzen, hindern ihre Wirksamkeit. 257. Ein Magnet hat nicht an allen Stellen dieselbe Kraft. Davon überzeugt man sich am leichtesten, wenn man ihn mit Eisen¬ feilspänen in Berührung bringt und die Anhäufung derselben an verschiedenen Stellen beobachtet. Da sieht man deutlich, daß die magnetische Kraft in einem Querschnitte, der von beiden Enden des Magnetes nahe gleichweit absteht, am kleinsten (oder eigentlich gleich Null) ist und von da aus gegen die Enden zu schnell wächst. Fig. 285 stellt einen Magnet mit den angehängten Spänen vor. Man kann sich füglich den Magnet aus zwei Hälften aeü und ackü beste¬ hend denken, die in einer indifferenten Ebene ab an einander gren¬ zen und Pole genannt werden. 258. Wenn man einem Magnete die Gestalt eines verhält- nißmäßig langen Prisma's gibt, ihn mit einem Hütchen versieht und auf eine verticale Spitze stellt, damit er sich ungehindert in einer horizontalen Ebene bewegen könne; so wird er der Kraft ei¬ nes anderen Magnetes in dieser Ebene folgen können und geeignet ftyn, über das Verhalten der Pole zweier Magnete A und 2 ge¬ gen einander Aufschluß zu geben. Durch dieses Mittel erfährt man, baß jeder Pol des Magnetes A einen Pol des Magnetes 2 anzieht, den anderen abstoßt und umgekehrt. Die Pole, welche sich anzie¬ hen, werden freundschaftliche, diejenigen, welche sich absto- ßen, fe in d lich e Pole genannt, sodaß sich das Verhalten zweier Magnete zu einander auf folgende Weise ausdrücken läßt: Unter den vier Polen zweier Magnete gibt es zwei freundschaftliche und zwei feindliche, und die zwei Pole desselben Magnetes sind stets entgegengesetzter Natur. Vermöge dieses Gesetzes richten sich zwei bewegliche Magnete, wenn sie über einander frei hängen, immer lS/ daß ihre ungleichnamigen Pole nach Einer Seite zu liegen. Obiges Gesetz ist zum Behufs vieler magnetischer Spielwerke an- gewendet worden; es gibt uns aber auch ein sicheres Mittel an die Hand, zu erkennen, ob ein Körper magnetische Kraft besitze oder nicht. Man darf ihn nämlich nur einem Magnete, der seine ver- muthliche Stärke nicht um gar viel übertrifft, nähern und sehen, ob bei irgend einem Punctc eine Abstoßung Statt findet. Nur in diesem Falle sind beide Körper magnetisch. Auf die Anziehung kann man sich bei dieser Beurtheiluug nicht mit Sicherheit ver¬ lassen. 506 Magnetische Abweichung und Neigung. 259. Ein Magnet, der so auf einer Spitze ruht, wie term Fig. 29 l abgebildete, oder der an einem feinen Faden hangt, richtet sich immer mit einem Pole gegen Norden, mit dem anderen gegen Süden. Deßwegen heißt man jenen den Nordpol, kiesenden Südpol des Magnetes und diese seine Eigenschaft überhaupt ma¬ gnetische Polarität. Die Verticalebene, in welcher sich die Pole eines frei hängenden Magnets, als Linie betrachtet, befin¬ den, heißt m agn etisch er Meridian. Vergleicht man diesen mit dem geographischen Meridiane des Bes^Aungsortes, so fin¬ det man, daß beide sich unter einem Winkel schneiden, welcher die Abweichung sAsc2r'/r.Ltr'o9 des Magnetes heißt. Hat man einen Magnet in seinem Schwerpuncte so befestigt, daß er sich zugleich um eine horizontale Axe drehen kann, so bemerkt man, daß sich sein Nordpol unter die Horizontalebene hinabsenkt. Der Winkel, welchen er mit dem Horizonte macht, wird die Neigung (üre/i- natro) des Magnetes genannt. Eine auf der Axe eines imSchwer- punete aufgehängten Magnetes senkrechte Ebene heißt der magne¬ tische Äquator. Da nun jeder Pol eines Magnetes einen befondern Namen hat, so läßt sich das oben (258) angeführte Gesetz der Einwirkung zweier Magnete auf einander auch so ausdrückeu: Gleichnamige Pols sto¬ ßen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. 260. Schon aus diesen Erscheinungen kann man abnehmen, daß die Erde wie ein Magnet auf einen anderen Magnet wirke; man kann dieses aber noch mehr durch Folgendes bekräftigen: Haü man eine weiche Eisenstange in den magnetischen Meridian und gibt ihr eine Neigung gegen den Horizont, welche der Jnclination des Magnetes gleicht, so lehrt die Erfahrung, daß sie alsogleich ma¬ gnetische Polarität zeigt und zwar bekommt das nach Norden ge¬ wendete Ende den Nordpol, das entgegengesetzte den Südpol, ver¬ liert diese Eigenschaft aber augenblicklich, sobald man sie aus dieser Richtung in irgend eine darauf senkrechte bringt. Eigentlich istem- Eisenstange nur in letzterer Lage ganz ohne magnetische Polarität, in jeder anderen besitzt sie diese in einem desto größeren Grade, M mehr sich ihre Richtung der zuerst genannten nähert, in dieser sie am größten. ES ist leicht einzusehen, daß der Nordpol eines Magnetes und, falls der Erde, wie einem anderen Magnete, Pole zu- kommen, der gegen Norden gelegene, magnetische Pol der Erd- Mag n erisch e S Fluidum. 507 freundschaftliche, mithin ungleichartige Pole sind, und daß man daher jenen Südpol nennen soll, wenn man diesen Nordpol heißt. Jndeß ist es in Deutschland Sitte, den nach Norden gewendeten Pol eines Magnetes Nordpol, den nach Süden gekehrten Südpol zu nennen. 261. Diese Phänomene sind von jenen des Lichtes und der Wärme so sehr verschieden, daß man sie nicht aus derselben Grund¬ ursache herzuleiten vermag. Man nimmt fast allgemein zu ihrer Erklärung eine ungemein feine, unwägbare (ätherische) Flüssigkeit an, welche aus zwei von einander verschiedenen Theilen oder auS zwei besonderen Flüssigkeiten besteht. So lange beide Theile dieses Fluidums in einem Körper so verbunden sind, daß keiner vorherrscht, befindet sich der Körper im natürlichen Zustande; so wie aber der eine oder der andere Theil vorherrscht, treten die magnetischen Phänomene hervor. Es ist klar, daß, wenn in einem Thile eines Körpers die eine Flüssigkeit vorherrschend vorhanden ist, in dem an¬ deren die zweite vorherrschend seyn muß, und man begreift daraus, warum ein Körper stets aus zwei magnetischen Hälften von entge¬ gengesetzter magnetischer Natur besteht. Die gleichartigen magne¬ tischen Flüssigkeiten erzeugen gleichartige Pole und stoßen sich dem- nach gegenseitig ab, die ungleichartigen begründen ungleichartige Pole und ziehen sich gegenseitig an. Das magnetische Fluidum geht nicht von einem Körper in einen anderen über, denn ein Magnet verliert nichts von seiner Krasr, wenn man ihn mit irgend einem Körper berührt; ja nicht einmal in dem Falle, wo der berührende Körper durch den Magnet selbst magnetisch wird, findet ein solcher Übergang Statt. Man darf sich aber auch nicht verstellen, daß beim Magnetischwerden des Eisens oder eines anderen Körpers ein magnetisches Fluidum in die eine, das andere in die zweite Hälfte bes neuen Magnetes übergehe und demnach das Fluidum im In¬ neren deS Körpers bedeutende Ortsveränderungen vornehme; denn wenn man ein magnetisirtes Stück Eisen in beliebige Stücke zer- Hdueidet, so ist jedes derselben ein ganzer Magnet mit zwei Polen, welches nicht seyn könnte, wenn nicht an jeder Stelle des Eisens K'ide magnetische Fluida vorhanden wären. Daher kann daS Ma- anetsichwerden eines Körpers nur dadurch vor sich gehen, daß die Nennung der zwei magnetischen Fluida nur in einem ungemein meinen Stücke jenes Körpers, in einem magnetischen Ele¬ mente desselben, erfolgt. Die Große eines solchen Elementes 508 Künstliche M a g n et i siru ng. hangt von der Natur der Körper und von ihrer Temperatur ab. Die Trennung der zwei magnetischen Flüssigkeiten in einem Ele¬ mente erfolgt nicht bei allen Körpern mit gleicher Leichtigkeit/ aber je leichter diese Trennung erfolgt/ desto leichter geht auch ihre Wie¬ dervereinigung von Statten. Man nennt die Kraft, welche sich ter Trennung widersetzt, Coercilivkrafr. Nach der hier aufgestellten Ansicht über den inneren Verlauf der magnetischen Phänomene wird zum Magnctischwerden eines Kör¬ pers erfordert, daß er das magnetische Princip in sich enthalte und daß es in seine zwei ungleichartigen Bestandtheile getrennt werden könne. Wenn auch ein Körper durch das gewöhnliche Verfahren nicht magnetisch wird, so darf man ihm darum das magnetische Princip noch nicht absprechen; denn seine Cocrcitivkraft kann ja so groß seyn, daß unsere gewöhnlichen Mittel nicht im Stande sind, die Trennung des magnetischen Priucips in den magnetischen Ele¬ menten zu bewerkstelligen- Zweites Kapitel. Verfahren, künstliche Magnete zu erzeugen. 262. Viele Körper können durch eine besondere Behandlung in k ün stlich e M a g n e t e verwandelt werden. Die Mittel, wo¬ durch man dieses erreicht, sind: Eine bestimmte Lage gegen die Erde, Annäherung eines Magnetes bis zur Berührung oder auch ohne dieselbe, Streiche n mit einem Magnet, Einwir¬ kung eines electrischen Stromes, nach einigen auch eine bestimmte Art der Bestrahlung durch Sonnenlicht. Weicht homogenes Eisen wird durch jedes dieser Mittel schnell und stark magnetisch, doch behält es seine magnetische Kraft nicht viel lan¬ ger, als die magnetisirende Einwirkung dauert; dasselbe findet in den übrigen Körpern Statt, mit Ausnahme des Stahles, des Nickels, Kobalts, Chroms und Mangans, die allein eines sest'st' ständigen, den magnetisirenden Einfluß lange überdauernden Ma¬ gnetismus fähig sind. 26Z. Wenn sich eine sehr weiche, homogene, hinreichend lange Eisenstange außerhalb des magnetischen Äquators befindet, so zeigt sie magnetische Polarität, und das gegen Norden g" Magnetismus der Lage. 5W kehrte Ende derselben Hal nördlichen Magnetismus. Dieser wird noch starker, wenn die Stange in den magnetischen Meridian gebracht wird, und erreicht seine größte Stärke, wenn die Stange in dieser Ebene zugleich die Neigung einer Magnetnadel annimmt. Durch mechanische Behandlung z. B. durch Schlagen, Feilen, Drehen, Winden, schnelles Abkühlen rc. wird die Empfänglichkeit für den Magnetismus in dieser Lage erhöht und derselbe oft auch dauernd gemacht. Ein eiserner Draht erlangt schon magnetische Kraft, wenn man ihn mit einer Zange,hält, die vom magnetischen Äquator abweicht, und es bekommt sein oberes Ende einen Süd - das untere einen Nord¬ pol. Allein dieser Magnetismus erlangt eine viel größere Stärke, wenn man den Draht in der genannten Lage schlägt, biegt, dreht, streckt, feilt oder sonst mechanisch verändert. Macht man Eisen roth- glühend und löscht es in lothrechter Lage im Wasser ab, so wird es magnetisch und das obere Ende erhält den Süd- das untere den Nordpol. Den stärksten Magnetismus erlangt ein Eisenstab, wenn er vcrtical gestellt wird und mit seinem unteren Ende auf einer an¬ deren verticalen Eisenstange ruht, während man auf das obere mit einem Hammer schlägt. (Gilb. Ann. 67. 319; 68. 260-) Bei allen diesen Operationen ist es eigentlich der Erdmagnetismus, der ma- gnctisirend wirkt, die mechanische Behandlung des zu magnetisireu- den Körpers disponirt denselben nur zur leichteren Trennung seiner .magnetischen Kräfte. 264. Es ist klar, daß der Erdmagnetismus durch die Kraft jedes -anderen starken Magnetes vertreten werden kann. Nähert man-einem künstlichen oder natürlichen Magnete ein Eisenstäbchen, so erhält das dem Nordpole dieses Magnetes nächste Ende einen Süd¬ pol, das andere einen Nordpol. Ist einer dieser zwei Körper leicht beweglich und die magnetische Kraft stark genug, so nähern sich ^eide bis zur Berührung. Der Anziehung des Eisens durch einen Magnet geht immer eine solche Magnetisirung voraus, und man soll daher nicht sagen, der Magnet ziehe das Eisen an, sondern jener mache dieses zu einem Magnete, woraus dann die Anziehung von selbst folgt. Ein an einem Magnete 'hängendes Eisenstäbchen ist selbst wieder im Stande, ein zweites zu magnetisiren, es anzuzie¬ hen und oft selbst zu tragen, dieses ein drittes, viertes :c. ec. bis endlich das vereinte Gewicht von solchen Stäbchen größer wird, als b'-e magnetische Kraft des ersteren, in welchem Falle sie sich von ihm kennen und insgesammt die magnetische Kraft verlieren. 510 Einfacher Strich. Doppelstrich. 265. Eines der kräftigsten Mittel, künstliche Magnete zu er¬ zeugen, ist das Streichen mit einem Magnet. Je nachdem man dieses mir einem einzigen Magnetpole oder mit'zwei entge¬ gengesetzten Polen auf einmal vornimmt, heißt der Strich der einfache oder D o p p e l strich. Beim einfachen Striche setzt man einen Pol des Streichmagnetes auf die Mitte der zu magne- tisirenden Stange, führt ihn gegen ein Ende derselben hin und zieht ihn am Ende seitwärts ab, oder über das Ende hinaus. Dieses Verfahren wiederholt man öfters, ohne aber je die Stan¬ ge vom Ende gegen die Mitte zu streichen. Hierauf setzt man den anderen Pol des Streichmagnetes auf die Mitte des zu erzeu¬ genden Magnetes, und streicht mit demselben gegen daS an¬ dere Ende hin, ohne je einmal umgekehrt zu streichen. Da er¬ hält nun jede Hälfte eine Polarität, welche der des aufgesetzten Poles entgegengesetzt ist, aber durch dieses Verfahren erlangt ein nur etwas dicker Stab nie den größtmöglichsten Grad des Ma¬ gnetismus, er bekommt oft in der Mitte abwechselnde Nord- und Südpole (Folgepuncte), besonders wenn man mit dem Magnete an einigen Stellen länger verweilt, als an anderen und wenn der Stab lang und von hartem Eisen oder gar von Stahl ist. Es ist diese Methode aber sehr brauchbar, wenn es sich darum handelt, ein Stahlblech nur an bestimmten Stellen zu magnetisiren. Nimmt man einen Magnet, der an einem Ende abgerundet ist, und zeich¬ net mit demselben auf einem rein gescheuerten Stahlbleche Figuren, so nimmt dieses an den gestrichenen Stellen Magnetismus all und man kann die Figuren sogar durch aufgestreute Eisenfeile sichtba^wa- chen und sie bleiben es oft Monate lang. (H a l d atin Zeitsch-7.. 367-) 266. Die practische Ausführung des Doppelstriches ist, ungeachtet sie dem Wesen nach stets dieselbe bleibt, doch verschieden, je nachdem man gerade oder hufeisenförmig gebogene Stäbe magne¬ tisiren will, welche letztere Gestalt man einem Magnete oft darum gibt, um mit einem einzigen Eisenstücke, das man Anker oder Trag eisen nennt, beide Pole auf einmal beschäftigen zu kön¬ nen und so diese eine größere Last tragen zu machen. Um nun einen hufeisenförmigen Stab A (Fig. 286) durch den DoPpelstrich zu nia- gnetisiren, legt man ihn auf einen Tisch, bringt den Anker 7> an die beiden Endflächen desselben und setzt den ebenfalls Hufeisen förmigen Streichmagnet L mit jedem Pole auf einen Schenkel de- Hufeisens und zwar so nahe als möglich am Anker und in aufrech"'- Verschiedene Arten des Doppelstriches. 51! Stellung. In dieser führt man ihn in gleichmäßigem Zuge und mit unverändertem Drucke parallel zu den Schenkeln des Hufeisens/ bisüber dieWölbung desselben hinaus/ und wieder/ ohne das Huf¬ eisen zu berühren / zurück. Nach mehreren Strichen dieser Art hat der Stab schon das Maximum der Kraft/ der er fähig ist/ ange¬ nommen und zwar hat jeder Schenkel die mit dem aufgesetzten Pole des Streichmagnetes gleichnamige Polarität. Man kann auch umgekehrt verfahren/ den Streichmagnet mit beiden Polen auf die Schenkel des Hufeisens an der Wölbung aufsetzen (Fig. 287)/gegen die Endflächen desselben hinstreichen und den Streichmagnet über den¬ selben hinausführen/ wobei es gerade nicht wesentlich ist/ daß der Anker vorgesetzt, werde. Da erhält jeder Schenkel des Hufeisens die dem aufgesetzten Pole entgegengesetzte Polarität und man kann da¬ her mittelst dieser Methode'den / mittelst der vorhergehenden er¬ zeugten Magnetismus aufheb'en oder die Pole umkehren. 267. Hat man eine einzige gerade Stange durch Doppelstrich zu magnetifiren / so setzt man beide Pole eines Hufeisenmagnetes oder die entgegengesetzten Pole zweier Magnetstäbe auf die Mitte derselben auf oder führt sie in gleichmäßiger Bewegung entweder nach derselben oder in entgegengesetzter Richtung bis an die Enden des Stabes und wieder gegen die Mitte zurück/ und hebt sie dann nach mehreren Strichen von der Mitte über die Stange ab. Es thut gute Wirkung, die zwei Streichstäbe mit^,20° gegen den zu streichenden Stab zu neige» / manche legen sie gar auf diesen Stab und ziehen sie längs desselben hin. Auch weiche Eisenmaffen unter diesen Stab zu legen/ wird empfohlen. Übrigens ist dieses Verfah¬ ren bei weitem nicht so ausgibig wie jenes/ welches sich anwenden laßt, wenn man ein oder mehrere Paare gerader Stäbe zu ma- ZNetisiren hat. Mit zwei derlei Stangen verfährt man so: Man ^lst sie in paralleler Lage auf einen Tisch/ verbindet ihre Endflä- t' en mit zwei Ankern und setzt einen Hufeisenmagnet mit seinen Polen in aufrechter Stellung in der Nähe eines Ankers auf die »wei Stabe (Fig. 288). Hierauf führt man den Srreichmagnet in lfloichmäßigem Zuge gegen das andere Ende hin und sogar uoer dasselbe hinaus, führt ihn aber, ohne die Stäbe zu be- 'uhren, wieder auf die erste Stelle zurück und wiederholt dieses Verfahren einige Mal. Die Stellen, wo die Pole aufgesetzt wurden, ^halten eine dem betreffenden Pole gleichnamige Polarität. Man ^»n auch zwei Hufeisenmagnete auf einmal auf solches Stangen 5l2 K reis str ich. und zwar entweder beide in die Mitte der Stangen aufsehen, oder jeden in die Nahe eines Ankers, aber immer so, daß der¬ selbe Stab zugleich von zwei ungleichartigen Polen berührt wird. Im ersteren Falle zieht man die Magnete in entgegen¬ gesetzter Richtung gegen die Anker hin und über sie hinaus, im letzteren gegen die Mitte hin und dann quer über die Stange weg. — Hat man mehrere Paare gleicher Stäbe zu magne- lisiren, so kann man deren mehrere der Länge nach an einan¬ der legen, so daß sie zwei verlängerte Stangen sormiren, die sich durch Anker verbinden und so magnelisiren lassen, als hätte man es nur mit zwei Stangen zu thun. (Hoffer in Zeil. n. F. 2. 197; 3. 193.) 268. Eine besondere Modifikation des Doppelstriches ist der Kreisstrich. Bei diesem werden vier Stahl- oder Eisenstäbe so gelegt, daß sie ein Quadrat bilden, und auf diesem zwei Magnete nicht weit von einander mit ungleichnamigen Polen mehrmal ringS herum geführt. Wenn man mehrere Magnetstäbe durch einen Ring in der Richtung seiner Halbmesser steckt, so daß die ungleichnami¬ gen Pole einander gerade gegenüberstehen und einen kleinen Raum zwischen sich übrig lassen; so kann man durch diesen einen Eisenstab oder einen Draht durchziehen und ihn dadurch magnetisiren. Auf diese Weise erhält derselbe nach seiner Länge so viele Pole, als man Ma¬ gnetstangen angewendet hat, und jeder derselben liegt in einer mit seinerAxe parallelen Linie. Ein solcherMagnet ist dann ein Trans¬ versalmagnet. In der neueren Zeit hat man am Sonnenlichte ein neues Mittel, Magnetismus zu erregen, kennen gelernt. Morechini fand zuerst daß eine Stahlnadel magnetisch werde, wenn man sie in den violet¬ ten Theil des prismatischen Farbenbildes stellt oder durch eine Sam¬ mellinse dieses Licht concentrirt auf sie fallen läßt. M. Somnier- ville hat diesen Versuch dahin abgeändert, daß sie die zu magneti- sirende Stahlnadel zurHälfte mitPapier bedeckte und sie dann dur- violettes Licht beleuchtete. Sie fand nach einiger Zeit die Nadel ma¬ gnetisch und zwar hatte immer der dem Lichte ausgesetzte Theil eim" Nordpol. Auch blaue und grüne Strahlen bewirken dasselbe, mn wohl erst nach längerer Zeit; die orangen gelben und rothen Stra-' len brachten aber keine Wirkung'hervor. Stahlnadeln von L. Dicke werden auch magnetisch, wenn man sie an einem Ende pe lirt und dann dem vollen directen Sonnenlichte aussetzt: da bekomms das polirte Ende immer den Nordpol. Man kann auf diese.We>o Wovon die Starke künstlicher Magners abhängr. 513 an einem Stücke so viele Nordpole erzeugen, als es polirte Stellen gibt. Es gehört aber dazu ziemlich intensives Licht, deßhalb (und viel¬ leicht auch aus noch andern bisher unbekannten Gründen) gelingen solche Versuche nur in den schönsten Sommermonaten. Daß die Er¬ wärmung daran keinen Antheil habe, sieht man daraus, daß man solche Nadeln mittelst des Lichtes auch unter Wasser magnetisiren kann. (Zeitsch. /. 263.) Es haben zwar Rieß und Moser diele Einwirkung des Sonnenlichts läugnen zu müssen geglaubt, weil sie bei ihren Versuchen keine Magnetisirung durch Licht zu Stande bringen konnten; allein bei vorliegendeu positiven Resultaten scheinen mir negative anderer Experimentatoren keinen hinreichenden Grund gegen das Daseyn photomagnetischer Erscheinungen abzugeben, um so mehr, da Z a n t e d e schi's später zu erwähnende Erfahrungen über den Einfluß des Lichtes auf Magnete vorliegen. (Pogg. Ann. 16- 563.) —Über das Magnetisiren durch Electricität wird in der Folge die Rede seyn. 269. Die Stärke eines so erzeugten Magnetes hängt bei sonst gleichen Umständen von derKraft des Streichmagnetes und von der materiellen Beschaffenheit, Gestalt und Größe der zu magneki- sirenden Stange ab. An und für sich kann man mit einem schwa¬ chen Streichmagnete wieder Nur schwache magnetische Kräfte we¬ cken; allein mittelst eines besonderen Kunstgriffes kann man es da¬ hin bringen, daß selbst schwache Magnete zu kräftigen magneti¬ schen Magazinen verhelfen. Magnetisirt man z. B. einige gleich¬ geformte Hufeisen nur schwach, und legt sie dann mit ihren gleich¬ namigen Polen über einander, so geben sie schon einen viel stärke¬ ren Magnet. Mit diesem kann man ein anderes Hufeisen schon stär¬ ker magnetisiren. Nimmt man dieses zu dem ganzen Bündel, trennt dafür ein anderes davon und magnetisirt es wieder mir dem nun abermals stärker gewordenen zusammengesetzten Magnete, so nimmt es selbst wieder eine stärkere Kraft an und so kann man, indem man dieses Verfahren auf alle einzelnen Hufeisen anwendet, zuletzt einen sehr starken zusammengesetzten Magnet erhalten. Auf diese Weise hat Knight sein magnetisches Magazin bereitet, daS nns 480 Stahlstangen von I F. Länge bestand und 1000 Pf. wog. Gerade Stäbe verbindet man mit ihren gleichnamigen Polen einem einzigen Bündel, und legt an ihre Pole Platten aus wei¬ chem Eisen mit vorstehenden Füßen (Fig. 289), damit man an die¬ selben einen Anker anbringen kann. Diese Verrichtung nennt man d-- A r m atu r eines Magnetes. Naturlehre Aufl. 514 Beschaffenheit des Materials zu Magneten. 270. Die Stäbe/ welche zu Magneten bestimmt sind, sollen auS feinkörnigem, gleichartigem und durchaus gleichmäßig hartem Stahle bestehen und an der Oberfläche glatt gefeilt oder gar ge¬ schliffen seyn. Zu große Härte ist der Empfänglichkeit für den Ma¬ gnetismus, zu geringe Härte der Dauer desselben nachtheilig. Ei¬ senadern, Unterbrechungen der Conkinuität und der Gleichartigkeit be¬ nehmen dem Stahle die Empfänglichkeit für starken Magnetismus. Gut ist es, wenn die Breite eines Stabes ein Mehrfaches seiner Dicke und letztere überhaupt nicht bedeutend, jedoch auch nicht un¬ ter Z. ist. Bei Hufeisen sollen die Schenkel möglich parallel und enge an einander gebogen seyn. Der Anker soll aus weichem Eisen bestehen, der Größe des Magnetes angemessen seyn und sich gut, wennauch nur in einerLinie, an die Pollflächen anschließen. Gerade Stangen tragen selten mehr als ihr eigenes Gewicht, Hufeisen oft das zehnfache desselben. Verbindet man mehrere hufeisenförmig gebogene Stäbe Mit einander, so gibt man dem mittleren die größte Dicke und Länge und macht die äußeren an Dicke'und Länge abneh¬ mend. (Fig. 290.) Den Anker trägt dann nur der mittlere Stab. Magnete von einigen Granen tragen ost mehr als das Mache ihre) eigenen Gewichtes, Magnete von 1—2 Pfund kaum das Zehnfache desselben. Cavallo sah einen'Magnet, der 7 Gr. wog und doch ZOll Gran trug. Ein Magnet, der 3 Gr. wog, trug armirt 10Z2 Gran, ein anderer von 1 Gr. Gewicht trug armirt 76-i Gr. Der größte der.bekannten ar m i r t en Magnete befindet sich imTai)- lor'schen Museum; er wiegt sammt der Armatur 307 Pf- trägt 230 Pf. 271. Maguetisirt man ein dünnes gerades Stahlplättchen, bringt daran ein Hütchen an, und stellt es damit auf eine Spitze, oder hängt es an einem feinen Seidenfaden auf, damit er sich sin bewegen könne; so hat man die Vorrichtung, welche man Ma¬ gnetnadel heißt. Fig. 291 stellt eine solche vor, wie sie »ui einer verticalen Spitze ruht. Man gibt einer Magnetnadel häußA die Gestalt eines vierkantigen Prisma's oder eines schmalen und ver- hältnißmäßig langen Rhombus. Nach Katers Anleitung 1821 />. 104) ist die beste Form einer Magnetnadel e.u durchbrochenes Rhomboid (Fig. 294) von 5 Zoll Länge und 2 Breite. Sie wird aus klhrfederstahl bereitet, bei der Rothglühh^' gehärtet und dann temperirt, indem man sie von der Mure dis zu einem Zolle von jedem Ende anlaufen laßt, damit die blaue Magnetnadel. 5l5 Farbe wieder verschwindet. Die Politur hat auf die magnetische Capacitat einer solchen Nadel keinen Einfluß. Ihre Richtkrafr wächst im Verhältniß ihrer Lange und Masse. Meistens unterschei¬ det man ihre Pole durch die Farbe, oft auch durch ihre Gestalt. Man kann Magnetnadeln auch aus Nickel und Kobalt, ja nach Lampadius sogar aus einer Legirung von Platin oder Gold und Nickel machen, welche vor den stählernen den Vorzug haben, daß sie nicht so leicht rosten. — Dieses wichtige Werkzeug zeigt dem Schiffer zur See die Himmelsgegenden und ist bei einem be¬ wölkten Himmel sein vorzüglichster Führer, es dient dem Geome¬ ter bei Messungen unter der Erde oder durch Wälder zum Win¬ kelmesser und Führer und leistet überhaupt die besten Dienste, wenn Gegenstände, z. B. Sonnenuhren, Meßtische rc. nach be¬ stimmten Richtungen gestellt werden sollen. In manchem Falle ist eine Magnetnadel von Nutzen, welche sich nur in der Ebene des magnetischen Äquators bewegen kann und darum astatisch heißt. Sie wird vom Erdmagnetismus nicht affioirt und bleibt in dieser Ebene in jeder Richtung stehen, wenn ihr Schwerpunct in die Drehungsaxe fällt. Ampöre hat eine solche Nadel angegeben; Fig- 292 stellt sie vor; Schmidt hat sie vereinfachet (Gilb. Ann. "0. 243). Man kann sich aber auch eine Nadel verschaffen, die bei jeder Abweichung vom magnetischen Meridiane in Ruhe bleibt und deßhalb a statisch genannt zu werden verdient, wenn man zwei gleich starke Magnetnadeln mit. einander unveränderlich so verbin¬ det, daß ihre ungleichnamigen Pole nach derselben Gegend hin gerich- tec sind, wie Fig. 293 « und ö zeigt. Drittes Kapitel. Gesetze der magnetischen Kräfte ,i m Gleich¬ gewichte. 272. Ein Magnet ist der Inbegriff mehrerer magnetischer Ele- wente, deren jedes von der Erde angszogen und abge; ol>e und zwar beides mit gleicher Intensität. Dieses geht da"Ua daß das Gewicht eines Stahlstabes durch Magnettsiren m > ' S ' nngsten geändert wird. Sind Alt und M5 (F'g. 2st->) > 33 * 516 Mathematische Pole. einei, Magnetes, so wird jeder Punct derselben von derErde angezo¬ gen und abgestoßen. Sind AL) undLO die Richtungen und Großen der Kräfte, welche die Puncte A und L anziehen, AL und diejenigen, welche sie abstoßen; so stellen die Diagonalen A6 und M der Pa¬ rallelogramme AL6L und LLLO die zwei Resultirenden vor. Auf ähnliche Weise findet man diese Resultirende jedes anderen Punctes der zwei Magnethälften; alle die Resultirenden eines Poles find offenbar einander parallel, aber der Große nach verschieden, sie ha¬ ben auch eine ihnen parallele Resultirende und es ist klar, daß die Resultirende derKrafte des einen Poles jener der Kräfte des anderen nur dann das Gleichgewicht halten kann, wenn ihre Richtungen mit derMagnetaxeAL zusammenfallen. Umgekehrt kann man schließen, daß die Axe eines Magnetes, an welchem die Kräfte des Erdma¬ gnetismus im Gleichwichte stehen, in der Richtung der magneti¬ schen Kraft der Erde liege. Demnach zeigt die Richtung eines frei schwebenden, in seinem Schwerpuncte aufgehängten Magnetes die Richtung der magnetischen Kräfte der Erde für den Beobachtungs¬ ort an. 273. Die Resultirende aller anziehenden und abstoßendenKref- te, welche zwischen der Erde und jedem Puncte eines Magnetxo- les Statt finden, muß der Summe dieser einzelnen Kräfte gleich seyn und ihren Angriffspunct. zwischen der indifferenten Ebene und dem äußersten Puncte des Poles haben. Der Mittelpunct dieser magnetischen Kräfte (/. 92) ist der mathematische Pol und die gerade Linie, welche die-zwei Pole eines Magnetes verbindet, die Axe desselben. Man kann demnach annehmen, ein magnen- schcr, schwerer Körper werde von drei Kräften afficirt: i) Von der Schwere, die vom Schwerpuncte vercical abwärts wirkt. 2) Von zwei gleichen, magnetischen Kräften, die in den Polen ihre An- griffspuncte haben und mit der Richtung des Erdmagnetismus pa¬ rallel sind. Wird der Magnet in seinem Schwerpuncte untersiuhi, so ist die Wirkung der Schwere auf ihn aufgehoben und er gehorche ganz allein den magnetischen Kräften (Suppl. S. 712). Wirktaus einen Magnet außer dem Erdmagnetismus und der Schwere »oä ein anderer Magnet, so muß er eine Richtung annehmen, wel¬ che mit jener der Resultirenden aller dieser Kräfte zusamt- fällt. Ist ein solcher nur um eine, durch seinen Schwerpu»^ gehende Axe beweglich, so folgt er der horizontalen Resullircnb>" der ihn afficirenden Kräfte. Magnetisches Pendel. 517 274. Um eine der gegenwärtigen Entwicklung der Wissen¬ schaft angemessene Kenntniß des magnetischen Zustandes eines Kör¬ pers zu haben, ist es nothwendig, daß man nicht nur seine ganze magnetische Kraft oder sein Tragvermögen überhaupt, sondern auch die Anordnung und Stärke des Magnetismus an verschiede¬ nen Puncten desselben zu jeder Zeit anzugeben im Stande sey. Das Gewicht, welches ein Magnet zu tragen vermag, gibt für delicats Untersuchungen kein sattsam scharfes Resultat. Ein solches erhält man aber, wenn man den zu prüfenden Magnet im Schwer- puncte an einen sehr feinen, biegsamen Faden aufhängt, ihn im magnetischen Meridian in Ruhe kommen läßt, dann aus der Lage des Gleichgewichtes bringt und sich selbst überläßt. Da wird er wie ein horizontales Pendel oscilliren und die Anzahl der Schwin¬ gungen, die er in einer bestimmten Zeit vollbringt, steht mit sei¬ ner magnetischen Kraft in Verbindung. Ist nämlich (Fig. 296) ein solcher Magnet in der Lage des Gleichgewichtes, der in die Lage ad gebracht worden ist, zu die ihn richtende magnetische Krafr, und der Ablenkungswinkel —a; so ist -v a die Kraft, wel¬ che den Magnet in die Lage zurückzuführen sucht. Da nämlich /'in einer mit parallelen Richtung wirkt, so sei öo—/> und man zerlege sie in die mir al- parallele ös und in die darauf senk¬ rechte cs und man sieht leicht ein, daß l-6 durch den Widerstand der Are aufgehoben und die Bewegung nur durch 66 bestimmt wird. Es ist aber ea—l>6 sür eba — zv sla. a. Die Größe ist das Produkt aus dem horizontal wirkenden Theil des Erdmagnetismus und der Kraft des Magnetes, mithin der letzteren Kraft proporcio- nirt, wenn der Erdmagnetismus als unveränderlich angenommen wird. Ist nun lV die Anzahl der Schwingungen, welche zwei gleich gestaltete und gleich träge Magnete in einer bestimmten Zeit vollbringen, und p die Kräfte, welche die Schwingungen unterhalten: so hat man Denselben Zweck erreicht man auch durch Beobachtung der Zeit, in welcher eine bestimmte Anzahl Schwingungen vollbracht wird. Hei¬ ßen D und t diese Zeiten, und p die Kräfte, welche die Schwin¬ gungen unterhalten, so ist: 7" : t- — z, : ck>. Es ist klar, daß man auf solche Weise auch die Kraft dessel¬ ben Magnetes unter verschiedenen Verhältnissen sinken kann. 318 Prüfung der Stärke eines Magnetes. 275. Ist der Magnet, dessen Kraft unter verschiedenen Ver¬ hältnissen untersucht werden soll, vermöge seiner Gestalt oder au- anderen Gründen nicht zum Oscilliren geeignet; so kann man auch dadurch zum Ziele gelangen, daß man seine Einwirkung auf die Schwingungen eines kleinern Hilfsmagnetes beobachtet, dessen Coercirivkraft so groß ist, daß sein magnetischer Zustand durch die Nähe jenes Magnetes nicht modificirt wird. Man läßr nämlich die¬ sen Hilfsmagnet zuerst unter dem Einflüsse des Erdmagnetismus schwingen und zählt die Anzahl IV der Schwingungen, welche er in einer bestimmten Zeit macht, bringt dann unter ihm den zu prüfenden Magnet so an, daß die Richtung seiner Einwirkung mit der des Erdmagnetismus parallel ist, und beobachtet die Anzahl As seiner nun in derselben Zeit vollbrachten Schwingungen wieder. Heißt die hier wirkende magnetische Kraft der Erde AL, die des Hilfs» Magnetes AI'; so ist offenbar AI-s-Al^IV^ ^ÄI IV' Finder man, nachdem der zu prüfende Magnet eine Verände¬ rung erlitten hat und die Kraft AI in AI" übergegangen ist, die Zahl der Schwingungen des Hilfsmagnetes unter dem vereinten Einflüsse des zu prüfenden Magnetes und des Erdmagnetismus , unter dem bloßen Einfluß der Erde aber wieder IV; so ist Al-s-AI' —IV" AI — IV- mithin aus (I) und (2) AI — IV- — IV- Al' — IV"'- — IV- 276. Untersucht man nach dieser Methode eine Stahlstrnge nachdem man sie ein-, zwei- oder dreimal rc. mit einem Magnet ge¬ strichen hat, so erfährt man den Zuwachs der Kraft, den ste durch jeden Strich erhält und überzeugt sich, daß diese Zunahme mit st' dem folgenden Strich geringer wird, jemehr sich der magnetilste Zustand der Stange jenem der Sättigung nähert. — Jede Umkeh¬ rung der Pole eines Magnetes schwächt seine Empfänglichkeit fnt den Magnetismus und es ist daher ein Stab immer des stärksten Magnetismus fähig, wenn seine Pole noch nie umgekehrt worden sind. Ja selbst wenn man einen Magnet, dessen Pole umgekehrt worden sind, seine erstere Polarität wieder geben will, so ist ß"' ihn jene Slreichmethode am ausgiebigsten, durch die er zuerst n" Änderung der magnetischen Kraft. 519 giietisirt wurde. (Quetelet in eis e/rrm. 53. 148.) Ein hohler Stab nimmt einen stärkeren Magnetismus an, als ein mas¬ siver von gleicher Masse. Übrigens ist ein Magnet gleich nach dem Streichen und bevor der Anker weggerissen worden ist, am stärk¬ sten, jedes Wsgreißen des Ankers schwächt seine Kraft, aber desto weniger, je öfter man den Anker bereits weggerissen hat; zuletzt kommt man dahin, daß kein weiteres Wegnchmen des Ankers mehr schwächend auf die magnetische Kraft einwirkt. Weiches Eisen hälc den Magnetismus stark und lange, wenn man den Anker nicht weg- nimmt, das erste Wegnehmen des Zlnkers vernichtet aber gewöhn¬ lich die ganze Kraft desselben. In einem Bündel gleich stark ma- gnstisirter Stahlstäbe haben die äußeren stets eine stärkere Kraft als die inneren und überhaupt eine geringere als die Summe der magnetischen Kräfte aller einzelnen Stäbe war. Dieses scheint an- zudeuten, daß auch in einem einzigen Stabe die magnetische Kraft von Außen nach Innen abnehme. 277. Schon durch die bloße Prüfung des Tragvermogens eines Magnetes, noch besser aber durch die vorher erklärten Schwingungs¬ beobachtungen erfährt man den Einfluß des Lichtes, der Wärme und der mechanischen Behandlung auf einen Magnet. Jede Erschütterung schwächt den Magnetismus, Schlagen und Stoßen kann denselben ganz vernichten, die Einwirkung desLichres soll nach Zantedeschi (Zeitsch. 1. 365) die magnetische Kraft steigern. Die Wärme wi..r schwächend auf die Kraft se l bst stä n d i g er Magnete. Schon Gilbert hat dieses erfahren und Saussure hat, um diesen Einfluß zu er¬ kennen, ein besonderes Instrument (M ag n e t o m et er) eonstruirt, bei welchem ein Eisenpendel durch einen Magnet desto mehr aus der Hage, wohin es die Schwere versetzt, gebracht wird, je mehr jener darauf wirkt. Viel schärfere Resultate erhält man aber mittelst der Echwingungmethode, wie sie Christie, Hauste en, Kupfler 30. 113) und neuestens Rieß und Moser (^°gg- Ann. 17. 403) zu diesem Behufs angewendet haben. Die ^ntsruichungen der letzteren haben über die Einwirkung der Wär- me auf den Magnet das meiste Licht verbreitet und zu folgenden Resultaten geführt: Man muß eine zweifache Wirkung der Wärme ^uf Magnete unterscheiden, die eine ist bleibend, wenn auch die Temperatur, von der sie hcroorgebracht wurde, vorübergegangen st, die andere verschwindet mit der sie erzeugenden Temperatur und kehrt mit ihr wieder zurück; erstere hängt von dem Stoffe ab. 520 Wirkung der Wärme. an welchen der Magnetismus gebunden ist und ist daher im Eisen anders als im Stahl, im weichen Stahle anders als im gehärteten, die letztere geht den Magnetismus allein an und ist von der Natur des Magnetes unabhängig; jene läßt sich nicht im Allgemeinen in Rechnung bringen, für letztere gibt es Formeln, nach denen man sie berechnet. Wird ein Magnetstäbchen aus weichem Stahl in hei¬ ßes Wasser getaucht, nach dem Abkühleu untersucht, dann wieder eingetaucht und dieses Verfahren hinter einander öfter wiederholt, so findet man seine magnetische Kraft nach jedem Eintauchen schwä¬ cher, wenn es auch weder durch Oxydation, noch auf andere Weiseeine Änderung seiner Natur erlitten hat, aber die Schwächung nimmt ad, je öfter man bereits den Versuch vorgenommen hat und zuletzt be¬ nimmt ihm ein ferneres Erhitzen nichts mehr von jener Kraft, die er im kalten Zustande besitzt. Magnetisirt man einen solchen Kör¬ per abermals, bis er seine anfängliche Kraft wieder erhalten hat,so wirkt eine Erhitzung gerade wie vorher auf ihn. Stäbchen aus har¬ tem Stahl verhalten sich ganz anders, sie verlieren durch Erhitzen mehr, als weiche, haben aber nach dem vollständigen Erkalten eine stärkere Kraft als während des Erkaltens und verlieren, wenn man sie mehrmal magnetisirt und immer wieder erhitzt, dadurch jedes¬ mal weniger, bis sie endlich gegen jede Erhitzung ganz unempfind¬ lich werden und daher keiner bleibenden Einwirkung von Seite der Wärme mehr unterliegen. Bei weichem magnetisirten Eisen gibt es überhaupt keine solche bleibende Einwirkung der Wärme und da der Magnetismus desselben kein anderer seyn kann, als jener des Stah¬ les, und dieser eine Schwächung durch Temperaturerhöhung erleidet, so geht daraus hervor, daß durch Wärme zugleich die Empfäng¬ lichkeit des Eisens für Magnetismus erhöht wird, und daß sich Eisen beide Wirkungen der Wärme compensicen. Die vorübergehende Wirkung der Wärme läßt sich für cylindrifta 2 Zoll lange Stahlnadeln nach der Formel ft—0.üv04bl> ft' — t) -i, für Nadeln von 34 L. und etwas darüber nach der Z»' mcl ft— 0.000324) fr'—e) -l berechnen, wo ^'und /die^' tensitäten des Magnetismus für die Temperaturen e- und e ' und -l den Durchmesser der Nadel in Par. L. bezeichnen. Ku psfer's Versuchen hat ein Magnctstab, der von 43° auf 8^'- erwärmt worden war, bei letzterer Temperatur nur etwa 0.8 --s der vorigen Kraft, aber selbst als er wieder auf I3"Ä. abgekühlt»" betrug seine Stärke nur 0.94 der ursprünglichen. — Soll ein ---a gnet seine Kraft möglichst unverändert beibehalten, so muß man 0' Verth eil» n g der magnetischen Kräfte. 52^ and glashartem Stahle verfertigen, nach dem Magnetismen meh¬ rere Male hinter einander in etwa 40" heißes Wasser tauchen, ihn möglichst vor jeder Erschütterung sichern und das Oxydiren dessel¬ ben verhüthen. Letzteres soll dadurch am leichtesten gesehen, daß man ihn imKalkwasscr liegen läßt oder in ein Tuch wickelt, das vorläufig in Kalkwasser oder in eine wässerige Glaubcrsalzlösung getaucht und hierauf gut getrocknet worden ist. 278. Außer der Stärke der gesummten Kräfte eines Magnetes ist noch die V e r t h e i l u n g derselben im ganzen Körper von Wich¬ tigkeit. Diese kann man wohl oberflächliche dadurch kennen lernen, daß man den betreffenden Magnet in Eisenfeile legt und sieht, an welchen Stellen sich dieselbe am meisten anlegt, oder indem man sich kleine Drahtstücke von möglichst gleichen Dimensionen verschafft, die so leicht sind, daß der Magnet an jeder Stelle wenigstens ei¬ nes derselben zu tragen vermag. Hängt man an jede der zu verglei¬ chenden Stellen des Magnetes zuerst ein solches Drahtstück, daran ein zweites, drittes rc. und überhaupt so viele, als der Magnet zu tragen vermag; so wird man natürlich jene Stelle als die stärkste erkennen, wo die meisten Stücke dieser Art an ein¬ ander hängen. Die Pole, als die Mittelpunkte der magnetischen Kräfte ßndet man leicht mittelst einer Magnetnadel, in deren Nähe und zwar senkrecht auf die Richtung des magnetischen Meridians, man den zu prüfenden Stab hin- und herschiebt, bis man die Lage trifft, wo die Magnetnadel nicht abgelenkt wird. Da liegt nun der Pol in dem Querschnitte, in welchem sich der magnetische Meri¬ dian befindet, und auf den daher die Magnetnadel hinweiset. Viel schärfere und unter sich numerisch vergleichbare Resultate erhält man aber durch Schwingungsversuche oder mittelst der Co ulom lo¬ schen Dreh wage. Zum Behuf der ersteren stellt man den zu prü¬ fenden Magnet in verticaler Lage vor oder hinter einen sehr harten und kleinen magnetischen Cylinder, der an einem biegsamen Faden hängt, s°, daß dieser durch jenen nicht aus dem magnetischen Meridiane gebracht wird und zählt die Anzahl der Schwingungen, welche er >n einer bestimmten Zeit macht, nimmt dann denselben Versuch wieder vor, nachdem man den Cylinder erhöht oder gesenkt und ihm dadurch einem andern Querschnitte des zu prüfenden Magnetes gegenüber gestellt hat. Da kann man aus diesen Schwingungszah- und aus denjenigen, die der Cylinder gibt, wenn er blos ver¬ wöge des Erdmagnetismus oscillirt, das Verhältniß der magneti- 522 Coulomb's magnetische Dr eh wage. schon Kräfte in verschiedenen Querschnitten leicht mittelst der in275 entwickelten Formel finden. Man darf aber dabei nicht übersehen, das; man dem Nordpole des oscillirenden Magnetes stets die Süd- hälste des zu prüfenden und dem Südpole jenes die Nordhälfte die. seS gegenübersiellen müsse. 279. Die magnetische Drehwage (Fig. 297) besteht auS eiilem prismatischen oder cylindrischen, horizontal schwebenden Ma¬ gnete v/, der mittelst eines sehr feinen elastischen Drahtes in ei¬ nem Glaskasten aufgehängt ist. Dieser Kasten hat in der Höhe, in welcher sich die A.re des Magnetes befindet, entweder, falls er cylindrisch ist, eine Kreistheilung, oder wenn er (wie in derZeich- nung) prismatisch ist, eine dieselbe vertretende Chordcnscale 6, an der man die Große der Ablenkung des Magnetes messen kann. Der Draht ist unten durch ein Gewicht 7) in Spannung erhalten und oben am Deckel eines cylindrischen röhrenförmigen Aufsatzes st befestigt, daß man ihn heben und senken, aber auch drehen und zugleich den Drehungswinkel an einer besonderen Kreistheilung ab¬ nehmen kann. Soll dieses Instrument zu obigem Zwecke gebraucht werden, so läßt man die Magnetnadel im magnetischen Meridiane in Ruhe kommen, ohne daß der Draht eine Torsion erleidet, bringt dann ihm zur Seite den zu untersuchenden Magnet in ver- ticalcr Stellung so an, daß er demselben seine feindliche Polhälftezu¬ wendet. Hierdurch erfolgt eine Ablenkung des Magnetes derWage. Diese bringt man durch Winden des Melalldrahtes auf eine bestimmte Größe, z. B. auf 4°, hebt oder senkt dann den schwebenden Ma¬ gnet, damit er einem anderen Querschnitte des verticalen Magne¬ tes gegenüber zu stehen komme und bringt durch Auf- oder Zudre¬ hen des Drahtes den Abstoßungswinkel wieder auf die vorige GrHe und nimmt denselben Versuch für jeden zu prüfenden Querschnitt des verricalen Magnetes vor. Um nun aus diesen Date» die gesuch¬ ten Größen zu finden, muß man überlegen, welche Kräfte bei st- dem Theile dieses Versuches auf die Magnetnadel wirken. Düst wird durch den Erdmagnetismus im magnetischen Meridiane erhal¬ ten. Wird ihr ein Magnet nahe gebracht, der sie abstoßt, s° t"" ste aus dem Meridiane und wird in dieser neuen Lage von dreiK^t len afficirt, nämlich von dem Erdmagnetismus, von der Krast de- feindlichen Magnecpoles und von der Elasticitär des Drahtes, ver¬ mindert man durch Drehen des Drahtes den Abstoßungswinkel, ü ändert man dadurch jede der drei Kräfte und es hält nun das Gebrauch derselben. 523 strebende- Magnete-, vermöge de-Erdmagnetismus in den ma« gnetischen Meridian zurückzukehren, vermehrt um da- Bestreben de-Drahtes sich aufzuwickeln, den abstoßenden Kräften der Ma¬ gnete das Gleichgewicht. Da muffen nun vorerst die ersteren zwei Kräfte homogen gemacht werden, damit man ihre Resultirende finden könne. Dieses geschieht, indem man zu erfahren sucht, um wie viele Grade der Draht im freien Zustande gedreht werden müsse, damit sein Bestreben sich auszudrehen, dem Bestreben des schwe¬ benden Magnetes, aus einem bestimmten Abstoßungswinkel (in unserem Falle 4°) in den magnetischen Meridian vermöge de- Erd¬ magnetismus zurückzukehren, da- Gleichgewicht halte. Diese- ge¬ schieht leicht, indem man, wenn der Magnet der Wage sich selbst überlassen ist und daher im magnetischen Meridiane steht, den Draht so stark dreht, bis die beabsichtigte Ablenkung vom Meri¬ diane erfolgt. Kennt man diese Größe, so ist es leicht einzusehen, daß der gefundene Torsionswinkel, vermehrt um den Abstoßungs¬ winkel und um die überdies; dem Drahte ertheilte Torsion der absto¬ ßenden Kraft, der Magnete proportionirt sey. Gesetzt man habe gefunden, daß eine Torsion des Drahtes von 340" den Magnet um 4° aus dem Meridiane bleibend verrücke und daß, um diese Ablenkung während der Einwirkung einer Stelle eines anderen Magnetes hervorzubringen, die Torsion des Drahtes 420", während der Einwirkung einer anderen Stelle desselben Magnetes aber 560" betragen müsse. In diesem Falls verhalten sich die Kräfte dieser Stellen wie die Zahlen 340 4-4 4-420:340 -I-4 4- 560 — 764:904 oder nahe wie 10:12. 280. Wir verdanken vorzüglich Coulomb und in der neue¬ sten Zeit Kupff er die genaue Untersuchung der Vertheilungs der magnetischen Kraft in verschiedenen Magneten und der Lage ihrer indifferenten Stelle und ihrer Pole. Coulomb hat durch Ver¬ suche mit langen und verhältnißmäßig dünnen, cylindrischen und prismatischen Stäben gefunden, daß die Kraft derselben in der Mitte gleich Null sey und von da zu beiden Seiten bis zu den End- puncten sehr schnell wachse, so daß, wenn man die betreffende Ent¬ kernung von der Mitte des Stabes als Absciffe, die ihr entspre¬ chende Kraft als Ordinate verzeichnet, die durch ihre Endpunkte ge¬ führte Curve, welche gleichsam die Vertheilung de- Magnetismus vrrstcllt, gegen die Endpuncte de- Stabe- zu schnell steigt. 524 Verrückung der Pole. Für Stabe von verschiedener Länge/ deren Dicke aber nur dieser Länge beträgt, gilt dieselbe Curve, mithin auch dasselbe Ge¬ setz der Kraftvertheilung. Diese schnelle Zunahme der magnetischen Kräfte gegen die Enden zu macht, daß die Pole, als die AngnffS- puncce der resultircnden Kräfte einer Magnethälfte immer nahe am Ende der betreffenden Hälfte liegen. Jede Änderung in der Ver- theilung der magnetischen Kraft verrückt natürlich auch die Lage der Pole. Eine solche Verrückung wird erzeugt durch die Annähe¬ rung eines Magnetes, durch Erwärmen einer Magnethälfte, durch Zuschärfen oder Abrunden eines Endes, ja sogar durch die verschie¬ dene Stellung des Magnetes gegen die Erde, indem nämlich der Ma¬ gnetismus eines Körpers durch jenen der Erde in einer Lage ver¬ stärkt, in einer anderen geschwächt wird, wieder in einer andere» dadurch gar keine Affection erleidet. Die Zunahme dec Kraft jedes Magnetpoles gegen sein Ende ist eine natürliche Folge der Wirkung der magnetischen Elemente auf ria- ander. Man denke sich eine Reihe solcher Elemente A, 6, (Fig. 298), deren Nordpole a, a" ic., deren Südpost L, L', L", L'" rc. sind, und betrachte die Wirkung, welche aufjedes einzelne Element von den übrigen ausgeübt wird. Der Pol ä de» Elementes^/ wird von den Polena", rc. angezogen und von den Polen L', L", rc. abgestoßen; weil aber die ersteren näher an a liegen als die letzteren, so bekommt die anziehende Krast das Übergewicht und durch diese wird ein Theil der Krast M L gebunden und eben dadurch noch mehr Kraft in -- frei. Es demnach in die Kraft des Poles « das Übergewicht. Auf da» Element L wirken die Elemente 6, rc. ebenso, wie auf^- und auch hier wird die Kraft des Poles a' die vorwaitende, aber weil auf L eine gleiche aber entgegengesetzte Wirket ausübt, wie <7, so wird die vorwaltende Kraft des Poles " kleiner als die des Poles a u. s. f. Ein von anderen Elemente» symmetrisch umgebenes Element kann keine Kraft außer» M'd a» den auf der entgegengesetzten Seite liegenden Elementen wird die vorwaitende Kraft die der Pole L", rc. sey». einem Versuche, den Coulomb über die Vertheilung der 'M gnetischen Kraft in einem 27 Zoll langen Stahlstabe angeM h-^- crgab sich, daß die Größe dieser Kraft in den Stellen, deren Ent¬ fernung vom Nordende 9, 1, 2, Z, 4, 5, 6 war, durch die Zah^ 165, 9l), 48, 23, 9, g ausgedrückt wurde. Derselbe Gelehrtes»» durch Rechnung, daß die Pole dieser Srange 18 L. von jedem Em- entfernt waren. An rautenförmigen langen Maguetstäben liegen Änderung deS Magnetes wahrend des Streichens. 525 Pole nicht weit vom Centrum. Bei sehr kurzen Magneten befinden sich die Pole um '/« der Länge von jedem Ende entfernt; breite und kurze Magnete haben ost mehrere Pole, bei Ringen liegen sie nicht immer in einem Durchmesser. Bei pfeilartigen Magneten gibt es selten constante Pole. Man kann den Ort der Pole recht leicht mit¬ telst eines kurzen weichen, in einer Glaskugel befindlichen Draht¬ stückesfinden, das man auf einem horizontal liegenden Magnete von der Mitte aus gegen das Ende hinführt; denn an der Stelle eines Poles steht dieses vertical, an jeder anderen Stelle schief oder- gar horizontal. — Ein bis zur Sättigung magnctisirter, an einem Ende abgerundeter Stab hat die indifferente Stelle in der Mitte, wird jenes Ende zugespitzt, so rückt derJndifferenzpunct der Spitze näher. Bei einer Erhöhung der Temperatur rückt der Mittelpunkt der Kräfte dem Mittelpunkte der Stange immer näher. Etwas Ähnliches geht vor, wenn eine Eisenstange erwärmt wird, die blvs vom Erdmagnetismus affieirt wird. Erwärmt man nur einen Pol eines Magnetes,so entfernt sich derJndifferenzpunct vom erwärm¬ ten Ende, erkältet man ihn,so rückt dieserPunct näher an den Pol. Letzteres erfährt man am leichtesten, wenn man eine kleine Magnet¬ nadel zwischen zwei in derselben Horizontalebene befindliche und auf ihrer Richtung senkrechte Magnetstangen so «»bringt, daß die Nadel nicht aus dem magnetischen Meridiane verrückt wird, in welchen, Falle die Jndifferenzpuncte beider Magnete in die Richtung dec Magnetnadel fallen. Wird nun ein Pol einer der zwei Stange» erwärmt, so wird die Magnetnadel alsogleich abgelenkt, zum Be¬ weise, daß der Jndiffercnzpunct verrückt worden ist. Die Richtung dieser Ablenkung gibt zugleich die Richtung dcr Vewcguug des Jn- differenzpuncteS an. 281. Merkwürdig ist die Veränderung, welche der Magne¬ tismus eines geraden oder hufeisenförmigen Stahlstabes wahrend des Streichens erleidet. Wenn man den Nordpol eines Ma¬ gnetes auf das Ende (Fig. 299) der Eisenstange aufsebt, so erhalt einen Südpol und L einen Nordpol; fährt man nnn mn dem Magnete von nach -9, so hat, sobald man in ü ange- ^>>gt ist, L den Südpol und den Nordpol, mithin ist während ^er Bewegung des Magnetes -^vom Südpol in den Nordpol über- gegangen und L umgekehrt'vom Nordpol in den Südpol, und es muß jener Magnet sich auf irgend einem Punkte abi befunden ha- während weder Nord- noch Südpol war, und eben so in/-, mährend dasselbe mit Zl Statt fand, lbi und /) heißt Brug m a n n, dieses zuerst entdeckte, Jndifferenzpuncte. Man muß aber ''"fe Jndifferenzpunkle von den in jedem Magnet vorhandenen. 526 J n d ifferenz p un c t, eulminirender Punct. wo gleichsam die zwei polare» Halsten an einander grenzen, wohl unterscheiden. Jene finden sich bei allen Eisen« und Stahlsraben und haben nur bei verschiedenen Dicken und Langen und bei einem ver¬ schiedenen Grade ihrer Härte, so wie bei einer verschiedenen Stärke des Magnets, auch verschiedene Lagen. — Die Polarität von L, welche durch Berührung des Punctes A mit einem Pole des Ma¬ gnets erzeugt wird, nimmt nicht augenblicklich ab, wenn man da¬ mit von A gegen .8 sährt, sondern es bekommt der so erzeugte Pol seine größte Stärke, wenn sich der Magnet etwa inbefindet; zieht man den Magnet weiter nach L, so nimmt diese Polarität wieder ab, wird bei^ —o und gehl endlich in die entgegegengesetzte über. Der Punct 6 heißt nach van Swinden, dessen Aufmerk¬ samkeit wir seine Kennrniß verdanken, der culminirende Punct. (Brugman n's phil. Versuche über die magnetische Materie, aus dem Lateinischen, Leipzig 1784.) Setzt man auf ein Huf¬ eisen, dem der Anker vorgelegt ist, einen Streichmagnet, so wie Fig. 286 zeigt, so Hasret der Anker augenblicklich fest und jedes Ende hat die Polarität des darauf gesetzten Poles. Führt wanden Slreichmagnet gegen die Wölbung hin, so nimmt der Magnetis¬ mus jedes Schenkels ab, ohne jedoch seine Polarität zu ändern und erlangt ein Minimum, wenn der Streichmagnet in einer gewissen Entfernung von den Endflächen steht. Hat das Hufeisen durch wie¬ derholtes Streichen gegen die Wölbung hin das Maximum sein" Kraft erreicht, so findet man stets in der Nähe der Wölbung an jedem Schenkel einen Folgepunct. Anders ist es, wenn der Streich¬ magnet an der Wölbung aufgesetzt, und das Streichen von da ge¬ gen die Enden vollführt wird (Fig. 287). Da hält, wenn der Srreichmagnet aufgesetzt ist, der Anker noch gar nicht fest/ und man bemerkt erst ein Festhalten desselben, wenn man mit dew Streichen gegen die Ankerflächen zu auf eine gewisse Stelle ge- kommen ist, und dieses Festhalten nimmt zu, so wie man den Streichmagnet von da den Enden zuführt. Zieht man den Magn" in der Nähe der Endflächen weg, so nimmt die magnetische K"st des Hufeisens während des Wegziehens rasch ab, und ist, wen" der Streichmagnet das Hufeisen nur mehr an wenigen Pu»cl-n berührt, ganz verschwunden, so daß der Anker von selbst E fällt, kehrt aber mit neuer Stärke augenblicklich zurück, sobald d^ Streichmagner ganz weggezogen ist. Dieses Sviel der Kraft? das Resultat der gemeinschaftlichen Wirkung des Strcichmagnet-- Gesetz der Anziehung und Abstoßung. 527 des magnetischen Hufeisens und des Ankers. (Hoffer in Zeitsch. n. F. 2. 360.) 282. Die Einwirkung zweier magnetischer Elemente auf ein¬ ander steht bei gleicher Entfernung im geraden Verhältnisse ihrer magnetischen Kräfte. Bei ungleichen Entfernungen wächst ihre Ein¬ wirkung, so wie das Quadrat ihrer Entfernung abnimmc. Dieses Gesetz hat schon i. I. 1781 Della Bella bewiesen, Coulomb hat dasselbe, ohne jene Arbeit zu kennen, mittelst seiner Dreh- wage und durch Schwingungsversuche gefunden. Es wurde zu die¬ sem Ende an die Seite des horizontal schwebenden Magners der Drehwage ein verticaler Magnet gestellt, der jenen abstieß. Bei einem Versuche betrug der Abstoßungswinkel 24", wenn der Draht gar keine Windung hatte, hingegen 17°, wenn er eine Windung von 3 X36O— 1080° hatte. Der Magnet der Drehwage konnte, vorläufigen Versuchen gemäß, durch eine Windung von 35° um 1° abgelenkc werden, mithin durch eine Torsion von 24 X 35° —840" um 24" und durch eine Torsion von 17 X 35" —595° um 17°. Es verhielt sich also diese ablenkende Kraft beim Abstoßungswinkel 24" zu der beim Abstoßungswinkel 17° wie 24-1- 840:17 -1-1080 -s- 595 — 864:1692 oder nahe wie 1:2, während sich die Quadrate der Abstände wie 24°: 17° —576 :289 oder fast wie 2:1 verhiel¬ ten. Etwas Ähnliches findet man für die magnetische Anziehung. Bei einemOScillationsversuche hat Coulomb gefunden, daß eine Magnetnadel, die unter dem bloßen Einflüsse des Erdmagnetismus in einer Minute 15 Schwingungen machte, deren in derselben Zeit 24 vollbrachte, als er ihr den ungleichnamigen Pol eines Magnets in der Ebene des magnetischen Meridians auf 8 Zoll Entfernung gegenüberhielt, und endlich 41, als diese Entfernung nur 4 Zoll betrug. Hier verhalten sich die Entfernungen wie 2:1 und hie anzie¬ henden Kräfte des Magnets wie 24° —15°: 41° —15°—351:1456, d- i. nahe wie 1: 4. 283. Ein Magnet sucht in jedem Körper, in dessen Nähe er kommt, die beiden Bestandtheile des magnetischen PrincipS von einander zu trennen und ihn selbst zu einem Magnet zu machen, aber der Erfolg dieses Bestrebens ist bei übrigens gleichen Umstän¬ den desto bedeutender, je kleiner die Coercirivkrafr eines solchen Körpers ist. Darum sind Versuche über die Einwirkung verschiedener Körper auf die Richtung eines frei schwebenden Magnets oder über d>e Einwirkung eines Magners auf einen anderen frei schwebende» 528 Bestimmung der Coercitivkraft. Körper besonders geeignet, uns über die Große der Coerciliokra in verschiedenen Materien und über den Einfluß äußerer Umstände auf dieselbe Aufschluß zu geben. Wenn man eiserne Stabe nach ein¬ ander in eine gewisse Lage und Entfernung gegen eine sehr beweg¬ liche Magnetnadel bringt und die Ablenkung beobachtet, welche sie durch jeden einzelnen erleidet; so erfährt man dadurch die Große der Einwirkung dieser Stäbe. Barl ow fand auf diesem Wege, daß Stäbe von verschiedener Härte in der Richtung der magnetischen Neigung auch verschieden auf eine Magnetnadel einwirken. Nach sei- nenVersuchen ist dieEinwirkung des Schmiedeisens am größten,hier¬ auf folgt weicher Gußstahl, dann weicher Brennstahl, dann natür¬ licher weicher Stahl, hierauf derselbe gehärtet, und zuletzt Gu߬ eisen. Es hat daher Schmiedeisen die kleinste, Gußeisen die größte Coercitivkraft und die der'übrigen liegt in der angeführten Ord¬ nung zwischen beiden. Die Coercitivkraft ist in demselben Eisen bei verschiedenen Temperaturen verschieden, besonders bei der Weiß-und Rothglühhitze. Biegr man ein Stück Eisen hufeisenförmig, so kam man zwischen die zwei Arme desselben, die und L heißen mögen, einen Pol eines Magnetes so stellen, daß er durch das Eisen keine Ablenkung erleidet, mithin beide Arme desselben gleich stark darauf einwirken. Erhitzt man nun das Eisen in der Nähe von L bis zum Weißglühen, so wird der Magnet von A angezogen, lhut man dasselbe in der Nahe von so zieht den MagM an. Erhitzt man z. B. L bis zum Weißglühen und hält an den Hinteren Theil des Hufeisens einen Pol eines starken Magnete-/ so erhält das kalte Ende einen stärkeren Magnetismus als 1», sobald aber beim Auskühlen die Temperatur von -L zur Rath- glühhitze herabgesunken ist, hat L die größere, Kraft. (Barlow in Gilb. Annalen 73. 229. Ritchie in Pogg. Annalen Hieraus kann man schließen, daß die Coercitivkraft des weißglu- henden Eisens durch den Einfluß des Magnetes nicht überwältig werde, die des rothglühenden hingegen leichter als die des kalten, mn hin daß die Weißglühhitze die Coercilivkrckft steigere, die RothM Hitze sie hingegen schwäche. Barlo w's Behauptung, daß die Wirkung eines Magnetes auf Eisen, welches sich gerade zwischen" Dunkel- und Hellrothglühhitze befindet, die entgegengesetzte s der sep, die bei kaltem Eisen Statt findet, ist unrichtig. Merkwürdig > es, daß ein Stäbchen aus weichem Eisen, dessen Coercitivkraft da-- zwei hinreichend entfernte Magnete, zwischen dercn entgegen Magnetismus der Lage. 529 setzten Polen es sich befindet, nicht überwältigt und welches daher durch sie nicht magnetisch wird, alsogleich als Magner erscheint, wenn es in dieser Lage durch einen harten Körper, wie durch Mes¬ sing, Kupfer, Zink, Glas oder Holz der Länge nach gerieben wird- Nach Coulomb gibt es keine Substanz, die gegen einen Magnet ganz unempfindlich ist, deren Coercirivkraft daher nicht einigerma¬ ßen davon afficirtwird; denn kleine srei schwebende Nadeln von was immer für einem organischen oder unorganischen Stoffe nehmen eine bestimmte Stellung an, wenn man sie zwischen die entgegen¬ gesetzten Pole starker Magnete bringt, und setzt man sie in Schwin¬ gungen, so werden sie auffallend durch die Magnete beschleunigt- Merkwürdig ist es, daß alle Legirungen, die Eisen enthalten, ja reines Eisen selbst, wenn es aus mehreren unregelmäßig angehäuft ten Bruchstücken bestehl, zwischen den Polen starker Magnete eine Lage annehmen, bei welcher ihre Längenaxen mit der Axe der Ma¬ gnete einen Winkel einschließen, welches beweiset, daß sie selbst magnetisch geworden sind, daß aber ihre Pole in einer O.uerlinie (transversal) liegen. (See deck in Pogg. Annalen 10. 203. Becquerel ebend. 12. 622.) 284. Körper, deren Coercitivkraft gering ist, werden schon durch den Erdmagnetismus in einen magnetischen Zustand versetzt, sobald sie eine dazu paffende Lage haben, und dieses ist der Fall, wenn sie sich außer dem magnetischen Äquator befinden. Eine vertical stehende weiche Eisenstange hat immer Unten einen Nord¬ pol, Oben einen Südpol, ja nachH an st e e n ist dieses mit jedem vertical stehenden Körper, sogar mit Bäumen, Mauern rc. der Fall. In einer MasseUaus weichem Eisen oder Stahl bringt das Vorhandenseyn der absichtlich durch Magnelisiren und der durch die Erde erzeugten magnetischen Kraft merkwürdige Erscheinungen her¬ vor. Hat ein solcher Körper die Gestalt eines Stabes, so ist in ei¬ ner verticalen Stellung desselben sein Magnetismus stets größer, wenn der Nordpol abwärts gekehrt ist, als wenn er aufwärts ge¬ richtet ist, weil im ersten Falle die vom Erdmagnetismus erregten Pole mit den gleichnamigen, im zweiten hingegen mit den ungleich¬ namigen, künstlich erzeugten zusammenfallen- Besonders auffallend iw das Verhalten regulärer, z. D. sphärischer oder kubischer, vom Erdmagnetismus afficirter Körper, welches zuerst Barlow (Gilb, ^lnn. 73. ,wd hierauf S ch m i d t (ebend- 74. 225) näher un¬ tersucht haben. NachBarlow gibt es in einerKugel gewisseKreft Naturlehre. 5. Ausl. 530 Erdmagnetismus. se, in welchen sie auf einen Magnet gar nicht einwirkt, während sie in anderen Stellungen bald anziehend, bald abstoßend wirst. Dasselbe findet niit Würfeln Statt. Ist z. B. A/V (Fig. M) st, ne horizontal schwebende Magnetnadel, ihr Mittelpunct, 7,7/, /7/ eine störende Eisenmasse in drei verschiedenen Logen, wovon/ so steht, daß der durch den Mittelpunct der Magnetnadel (/gehen¬ de magnetische Äquator 177) den Mittelpunct der Eisenmasse trifft. In jeder derj drei Lagen ist die Eisenmasse durch den Erd¬ magnetismus in zwei magnetische Hälften getheilt, § ihr Südpol, er ihr Nordpol, während /V der Nordpol und A der Südpol der Magnetnadel ist. s wirkt auf/Vanziehend und auf-5abstoßend, ^hin¬ gegen auf /V abstoßend und auf As anziehend. Die Pole u und r wirken auf /V stärker als auf A und beide Wirkungen erfolgen zu¬ sammen eben so, als wenn /V und A in <7 vereinigt wären. Des¬ halb müssen n. und s in 7 auf (7 gleich stark, aber entgegengesetzt wirken, und können keine Ablenkung der Magnetnadel hervorbrin¬ gen, während in /7 der Pol rr und in 77/ der Pol § vorherrschend auf (7 wirkt, und daher dort der Nordpol der Nadel abgestoßen, hier angezogen wird. Diesem gemäß sind leicht zwei Eisenmasten denkbar, die auf eine Magnetnadel zwei gleiche und entgegenge¬ setzte Einflüsse ausüben und sie daher gar nicht aus ihrer Lage dringen, und man wird sich vorstellen können, wie die Wirkung einer Eisenmasse auf einen Magnet durch Zugabe einer anderen Eisenmasse, die eine bestimmte Stellung einnimmt, aufgehoben werden könne. Von dieser Art ist die sogenannte neuiralistrendc Platte, welche Barlow aufSchiffen anbringr, um durch ste den Einfluß des Eisens auf den Compaß bei jeder Ortsveränderung deS Schiffes aufzuheben. Viertes Kapitel. Erdmagnetismus. 285. Es ist erwiesen, daß die Erde selbst magnetische §räl^ besitzt. Diese Kräfte mögen an Stärke, Anzahl und Richtung'^ immer beschaffen scyn, so haben sie doch gewiß für jeden Punct b" Erde eine bestimmte Resultirende, deren Richtung die Ape einer frei schwebenden Magnetnadel anzeigt. Auf die nähere Bestimm»^ Declina torium, Inclina tori um. 53t dieser Richtung muß nun der Physiker vor Allem ausgehen. Sie ist bekannt, wenn man die magnetische Abweichung und Neigung an jedem fraglichen Puncte der Erdoberfläche gefunden hat. 286. Zur Bestimmung der magnetischen Abweichung hat man eigene Instrumente, sogenannce D e clinato rien, die meistens sehr complicirt gebaut und kostspielig sind. Allen bis jetzt bekannten macht das von Gauß angegebene den Rang streitig. Dieses besteht aus einem I —25 Pfund schweren, an Seidenfaden oder Metalldrahc hängenden Magnetstab von 1 — 4 Fuß Länge und angemessener Breite und Dicke. An einem Ende dieses Stabes ist senkrecht darauf ein kleiner Planspiegel aufgesetzt. Der Stab befindet sich in einem Ka¬ sten, durch dessen Decke der Aufhängungsfaden geht, und der seit¬ wärts eine Öffnung hat, welche etwas großer ist als jener Spie¬ gel. Diesem gegenüber, etwa in der Entfernung von 16 F. befindet sich ein Theodolich, dessen Fernrohr die Axe im magnetischen Me¬ ridian hat und auf die Mitte des Spiegels gerichtet ist. Der Theo¬ dolits» steht etwas hoher, als die Magnetnadel hängt, und daher muß das Fernrohr stets etwas nach abwärts geneigt seyn. Am Stativ des Theodolith befindet sich eine in Millimeter getheilte horizontal laufende Scale, in einer auf den magnetischen Meridian senkrechten Richtung. Der Werth derselben läßt sich leicht nach Graden, Mi¬ nuten und Secunden finden. Von der Mitte des Objectivs hängt ein feiner, durch ein Gewicht gespannter Faden herab, und be¬ zeichnet auf der Scala den Puncl (Nullpuncr), welcher mit der optischen Axe des Fernrohrs in derselben Verticalebene liegt. Durch das Fernrohr sieht man im Spiegel einen Theil der Scale. Richter man das Fernrohr zuerst auf ein Object von bekanntem Azimuth und dann auf das Bild des Nullpunctes der Scale im Spiegel, so hat man die zur Berechnung der Abweichung ndthiger Daten. 287. Auch zur Bestimmung der magnetischen Neigung hat wan ein besonderes Instrument, welches magnetisches Jncli- na tori um heißt. Die Construction eines solchen Instrumentes >st noch delicater als die eines Declinatoriums, weil es sehr schwer hält, einen Magnet genau in seinem Schwerpuncce zu unterstützen und um eine horizontale Axe sehr beweglich zu machen. Jndeß kann man durchein von I. Mayer angegebenes, sehr sinnreiches Ver¬ fahren doch sehr genaue Resultate erhalten. Man kann aber auch aus der Anzahl der Schwingungen, welche ein Magnet in einer gewissen Zeit macht, wenn er in der Ebene des magnetischen Me- Z4 * 532 - Magnetische Intensität. ridians und dann in einer darauf senkrechten verticalen Ebene oscil- lirt, seine Neigung mit großer Schärfe bestimmen. Oscillirt näm¬ lich ein Magner ii. der Ebene des magnetischen Meridians um eine horizontale Axe, so wirkt auf ihn die ganze Kraft des Erdmagne¬ tismus—geschehen aber die Oscillationen in einer darauf senk¬ rechten verticalen Ebene, so bewegt ihn nur der vermal wirkende Theil des Erdmagnetismus. Ist / die magnetische Neigung, so ist letztere Kraft H n'n. /. Werden in einer gewissen Zeil in ersterer Ebene äV, in der zweiten n. Oscillationen gemacht, so hat man —srA / und daher sm /— (Suppl. S. 718.) 288. Uber die Starke der magnetischen Kraft derj Erde an verschiedenen Puncten ihrer Oberfläche geben Versuche mit Schwin- gungsmagnercn die genauesten Aufschlüsse. Der G a u ß'sche Apparat (286) ist dazu besonders geeignet, weil die schwere Nadel anhal¬ tend in sehr kleinen Bogen schwingt, von fremden Einflüssen höchst unabhängig ist, und sich die Dauer einer Schwingung mit großer Scharfe bestimmen läßt. Aus dieser Dauer läßt sich mittelst Rech¬ nung die absolute Große des horizontalen Theiles des Erdmagne¬ tismus finden. Zur Bestimmung der relativen Große dieser Kraft dienen beobachtete Schwingungszahlen, die in bestimmten Zeiten vollbracht werden. (274) Dividirt man die so gefundenen ab¬ soluten oder relativen magnetischen Kräfte durch den Cosinus der magnetischen Neigung, so erhält man die Kraft des ganzen Erd¬ magnetismus. Man nimmt gewöhnlich bei Bestimmung der rela¬ tiven Intensitäten des Magnetismus die von A. Humboldt im Jahre 1799 in Peru bestimmte Stärke des Erdmagnetismus als Einheit an. Man darf aber hier, so wiebeiSchwingungsversuchen zum Behuseder magnetischen Inklination, nicht vergessen, daß die Resultate derselbe» nur dann mit einander vergleichbar sind, wenn der Magnet stets die¬ selbe Kraft behält oder die Änderung derselben in Rechnung ge- bracht werden kann; denn die Kraft welche auf ein magnetische Pendel wirkt, ist eigentlich das Product aus der Kraft des Mag»'' tes in die der Erde, und zwei solche Kräfte verhalten sich nur da»» wie die Kräfte der Erde, wenn der Magnet stets dieselbe Intensiv behält. Weil es aber schwer ist, einen Magnet von ganz unvecair- derlicher Kraft zu erhalten und auch Variationen seiner Kraft J so g o »lische Linien. 533 nicht mit voller Sicherheiten Rechnung bringen lassen; so hat Poisson ein anderes von den Veränderungen der magnetischen Kraft einer Nadel unabhängiges, Mittel angegeben, welches in der neuesten Zeit von Niest und Moser mit einer von ihnen ange¬ brachten Verbesserung angewandt worden ist- (Pogg. Ann. 18- 226; 19. 161; LZ.' 228. Schweigg. Zourn. 57. 79. Lreen«tar «--> ms- ,e, «neors d.'. 6a urr. 6o-7eei?rA«e, 1833. Pogg. Aun. 28- 241, 593.) 289. Die magnetische Abweichung ist, so wie alle übrigen Ele¬ mente des Erdmagnetismus, in der neuesten Zeit mir besonderem Ateiste und- von ausgezeichneten Gelehrten (Humboldt, Er¬ man, Hansteen, Arago rc.) uncersuchr worden. Die Resul¬ tate dieser,als glich der alteren Beobachtungen sind folgende: Die Abweichung der Magnetnadel ist nicht an allen Orten dieselbe; eS gibt Stellen der Erde, wo. gar Leine Abweichung ist, und wo daher der Nordpol einer Magnetnadel genau nachdem Nordpol der Erde hinwei¬ ser, in einigen Orten ist die Abweichung westlich, wie z. B. gegen¬ wärtig in ganz Europa, in anderen östlich , wie z. B. jetzt an der Westküste von Amerika.-Linien, welche durch Orte von gleicher Ab¬ weichung gehen, heißen i so go n is.ch e.. Solche Linien von 0" Ab¬ weichung gab es im Jahre 1829 auf der Erde nach Erman (Pogg, Ann., 21. 119) nur zwei, doch hat jede mehrere Zweige. Eine dieser Linien geht durch das Festland von Asien bei Nischnei Nowgorod, das Ochozker Meer, den großen Ocean, dann durch den Continent von Neuholland zum Südpol der Erde; die andere geht vom Südpole der Erde aus, durchschneidet den südlichen atlantischen Ocean, tritt etwas nördlich von Rio-Janeiro in den amerikanischen Eonrinent und durchschneidet Nordamerika. Diese beiden Linien sind sich an Gestalt keineswegs völlig ähnlich und gleichen überhaupc nicht Linien von einfacher Krümmung. Die iso- goniichen Linien von anderen Abweichungswerihen sind an Gestalt lehr verschieden. Erman führt vier verschiedene Formen derselben an, und zwar I) geschlossene, d. h. solche, die in sich zurückkehren, ohne einen der beiden astronomischen Erdpole zu erreichen; 2) zu- uickkehrende, d. h. solche, die von einem Ecdpole ausashen und wieder dahin zurückkehren, ohne den anderen Pol zu treffen; 3) ^'euzende, d. h. solche, die von einem Pole zum anderen geyen, endlich 4) solche, die sich an einem Puncte in zwei Zweige spalten, in einen znrückkehrenden und in einen kreuzenden. Die Gestalt und 53 t Änderungen der magnetischen Abweichung. ' Lage dieser ist keineswegs unveränderlich; denn die Abweichung unterliegt beständigen Änderungen und die Magnetnadel rückt an einigen Orten jährlich um einige Minuten nach Westen, an ande¬ ren nach Osten, wieder an anderen bleibt sie aber einige Zeit ohne merkliche Bewegung. Vor Anfang dieses Jahrhundertes war die westliche Abweichung in ganz Europa im Zunehmen, balduiachAn¬ fang dieses Säculums blieb sie einige Zeit unverändert, nun nimmt sie aber ab, und wird ohne Zweifel, wenn sie — 0 geworden und dann in östlicher Richtung ihr Maximum erreicht hat, wieder zurückkehren. Die ganze Bewegung ist demnach eine oscillatorische, allein nicht eine einfache, sondern eine aus mehreren Oscillationen von kürzerer Dauer zusammengesetzte. Man bemerkt nämlich an einer sehr empfindlichen Magnetnadel, wie die nach Ga uß's Me¬ thode adjustirte ist, eine tägliche und jährliche Bewegung derselben. In der nördlichen Erdhälfte bewegt sich der Nordpol einer Magnet¬ nadel von Morgen zwischen 6 — 9 Uhr, wo er den östlichsten Stand hat, bis gegen 1—2 Uhr rasch nach Westen und kehrt dann, mit einer geringen Unterbrechung, bis 1—2 Uhr Morgens allmälig wieder nach Osten zurück. Nach I —2 Uhr beginnt eine zweite "Schwingung von 7stündiger Dauer, die aber nicht so re¬ gelmäßig der Zeit nach erfolgt, auch der Größe nach völlig unbe¬ deutend ist s'und mehr als ein 'unbestimmtes Schwanken ange¬ sehen werden kann. Die Zeit des Maximums der westlichen Ab¬ weichung tritt in den Sommermonaten früher ein, als in den Wintermonaten; alles erfolgt aber in Tiefen, wo keine Tem- peraturänderung mehr vorgeht, eben so wie auf der Erdober¬ fläche. In der südlichen Halbkugel findet in Bezug auf die Mch- tung dieser Bewegungen gerade das Entgegengesetzte Statt. Größe dieser täglichen Oscillationen ist nicht blos in verschiedenen Orten, sondern selbst an demselben Orte zu verschiedenen Zeiten verschieden. Im Allgemeinen wächst'diese Größe mit der geographi¬ schen Breite und ist am Äguator am kleinsten, an den Polen ani größten. Das jedem Tage" entsprechende Mittel der Declinatio» findet zwischen 10 — II Uhr Vormittags Statt. Dieser Werth variirt aber von Tag zu Tag, weil die Abweichungsnadel an einer jährlichen Oscillation unterliegt. Es geht nämlich ihr NiN pol in der nördlichen Halbkugel vom November, wo er den lichsten Stand hat, gegen Osten, und erreicht im Mai seine östlich^ Stellung, von wo er wieder nach Westen zurückkehrt. Innerho Magnetischer Erdäquator. 535 März und Mak findet das Mittel der jährlichen Abweichung Statt. Aus oem Gebundenseyn dieser Veränderungen an fixe Stunden und Monate geht schon hervor, daß sie nicht an allen Orten in dem- selben Augenblicke beginnen, sondern daß der Anfang einer Oscil- lation von Ost nach West (mit der Sonne) forkrücke. — Außer Liesen regelmäßigen Bewegungen einer Abweichungsnadel gibt es auch noch unregelmäßige, eigentliche Storungen, denen bald locale, bald allgemeine Ursachen zum Grunde liegen. Diese Stö¬ rungen zeigen sich entweder als unruhiges Schwingen der Nadel oder als Abweichung von dem gewöhnlichen Stande. Beide nehmen mit der geographischen Breite ab, erstere sind aber bei schwachen Nadeln und an der Erdoberfläche stärker als bei starken Nadeln und in Tiefen von beständiger Temperatur. Die stärksten Störungen tre¬ ten zur Zeit eines Nordlichtes ein und zeigen sich selbst an Orten, wo das Nordlicht nicht sichcbar ist, erstrecken,sich auch mit bewun¬ derungswürdiger Gleichzeitigkeit auf ungeheure Entfernungen, in- deß hat man derlei Störungen auch anderen Meteoren, z.B. starken Schneefällen, vorangehen gesehen, (Dove in Pogg.Ann. 19-357.) Nach Gilpins Beobachtungen beträgt die größte tägliche Variation der Declinationsnadel in London 19'. 6, die kleinste 10'. 2, Cas- sini's Beobachtungen geben in Paris dieses Maximum mit 15'.2, das Minimum mit 9', 1j an. Nach Dove beträgt die mittlere Os- cillation der Declinationsnadel zu Freiberg im Monate März 11' 12". 8; im Mai 12' 41". 6; im Juni 12'58". 8; im Aug. 12' 21". 2; im Sept. 11' 25" 8; im Rov. 8'37". 8; im Dec. 3'49". 8. Nach 30jährigen Beobachtungen in Stockholm hat sich die Abweichung vom Jahre 1786 an, wo sie 15" 37' W. war, bis zum Jahre 1808, wo sie 16" 20' betrug, um 43' also jährlich um 2' geändert. In Peking ist die Abweichungsnadel von Dec. 1831 bis Mai 1832 um 12' nach West gegangen, 290. Auch die magnetische Neigung (ist "nicht allenthalben von gleicher Art und Größe. An einigen Theilen der Erde (ganz Europa gehört dahin) senke sich der Nordpol der Magnetnadel un¬ ter den Horizont, an anderen der Südpol, d. h. an einigen Or¬ ten herrscht eine nördliche, an anderen eine südliche Nei- gung; eg sind aber auch Stellen der Erde, wo es gar keine Nei- gung gibt, Die Linie, welche durch diese Stellen geht, heißt der wagnerische Äquator dec Erde. Die Gestalt desselben ist, ven neuesten Untersuchungen zu Folge, bei weitem nicht so compli- 536 Magnetische Neigung.' cirt, als man noch vor Kurzem glaubte. Nach Duperrey (/an. Ao (Vrr'm. 45. Z71) schneidet derselbe den geographischen Erdaqua. tor nur an zwei Stellen, deren eine im atlantischen, die andere im großen Oceane (beide nahe in der Ebene des Pariser Meridians) liegt, er entfernt sich von da aus vom geographischen Äquator, je¬ doch, so lang- er nur kleine und wenige Inseln trifft, nur wenig, und erlangt seinen größten nördlichen und südlichenAbstand (von un¬ gefähr 15°) von demselben in den großen Continenten, durch die er geht. Seine nördliche Hälfte hat mit seiner südlichen viel Ähnlichkeit. Fig. 301 stellt den Zug des magnetischen Erdäquacors dar. Die Li¬ nien, welche durch Orce von gleicher Neigung gehen, heißen iso- klinische. Diese sind nicht etwa dem magnetischen Äquator (der iso- clinischen Linie von 0°) parallel, doch nähern sie sich nach Erman mehr dem Parallelismus als die isogonischen, sind sammtlich ge¬ schloffen und von doppelter Krümmung. Je mehr man sich vom ma¬ gnetischen Äquator gegen Norden entfernt, desto größer wird die nördliche, und je weiter man ihn gegen Süden verläßt, desto grö¬ ßer wird die südliche Neigung. — So wie die Abweichung, unter¬ liegt auch die magnetische Neigung beständigen Veränderungen, doch hält es schwer, dieselben genau zu bestimmen und man ist hierin noch bei weitem nicht so weit als mit der Abweichung. Nach Ku- pffer hat die magnetische Neigung zu Petersburg um 10 Uhr Abends sein Minimum, um IO Uhr Morgens sein Maximum, doch, ist die Stunde des Maximum beständiger als jene des Mini- -muiu. Dis tägliche Variation ist im Sommer größer als im Wm' ter. Der Unterschied ist im Mai am größten, im December am kleinsten. Gegenwärtig nimmt die magnetische Neigung in Europa ab. Nach Hansteen betrug im Jahre 1780 im mittleren Europa die jährliche Abnahme derselben 5'—6', sank bis zum Jahre 1830 auf 3' herab und wird wahrscheinlich noch vor dem Schluffe dieses Jahrhunderts den kleinsten Werth erreichen. Hier 'folgen einige Neigungswerthe (-s- bedeutet nördliche, —südliche Neigung). 3lu53; 3. 361; 6. 309; 9. 49. Zeitschr. 2. 212; 8. 219 u. 221. Schuhmachers astron. Nachrichten 9. 303 Pogg. 28.) 292. Von großer Wichtigkeit ist für den Physiker die Frage, mie man sich den Magnetismus der Erde zu denken habe, um so- roohl das Beständige als das Veränderliche der magnetischen Phä- 538 N ar irr des Erdmagnetismus. namene begreifen zu können. Es ist klar, daß die Erde ihren Ma¬ gnetismus weder ihrer Stellung im Welträume, noch ihrem Eisen¬ gehalte verdanke; denn in beiden Fällen märe dieser Magnetis¬ mus nicht ein selbstständiger, und die Wärme müßte ihn erhöhen, während sie doch der Erfahrung zu Folge auf denselben schwächend «inwirkt. Auch dem magnetischen Einflüsse der Sonne kann die Erde diese ihre Kraft nicht verdanken ; denn wäre dieses der Fall, so müßte der nördliche Magnetismus in der nördlichen, und der südliche in der südlichen Halbkugel nach Aufgang der Sonne wachsen, und in jener die Abweichungsnadel! Morgens gegen Osten, Abends gegen We¬ sten gehen, welchem die Erfahrung widerspricht. Demnach ist der Magnetismus der Erde ein selbstständiger und wird ohne Zweifel, wie die Folge lehren wird, durch elektrische Ströme bedingt. Eini¬ ge Physiker haben es versucht, den Magnetismus der Erde aufMa- gnetaxen zu redueiren und dabei gefunden, daß man zur Erklärung dec magnetischen Phänomene zwei solche Axcn im Innern der Erde annehmen müsse, die sich durchkreuzen und deren Bewegungen die Variationen, welche die Erfahrung am Erdmagnetismus nachwei¬ set, begründen müssen. Es ist aber noch eine andere, und wie eS we¬ nigstens vor der Hand scheint, naturgemäßere VorstellungSart möglich. Man kann sich nämlich den Magnetismus in der Erdrinde denken, annehmen, daß in der nördlichen Erdhälfte nördlicher, in der südlichen südlicher Magnetismus vorherrsche und seine Stär¬ ke vom Äquator gegen die Pole zunehme, jedoch nicht in bei¬ den Erdhälfken gleichförmig, sondern auf der südlichen Halbkugel anders als auf der nördlichen. Die Verrheilung dieser Kraft mun natürlich durch die erwärmende Kraft der Sonne beständigen Varia¬ tionen unterliegen, die ebenso periodisch wiederkehren, wie ls'^ Einwirkung der Sonne. Die Rechnung zeigt, daß nur kleine Än¬ derungen der Wärme erforderlich sind, um die großen magnetische Veränderungen hervorzubringen, welche die Erfahrung nachwew" Demnach wären die Änderungen des Magnetismus der Erde an bu Vertheilung der Wärme in ihrer Rinde gebunden; die tägliche^ Nationen würden durch die tägliche Ab- und Zunahme dec Wärme, die jährlichen durch kleine periodische Änderungen in der mittler" JahreSwärme, die Lage und Gestalt des magnetischen Äquator? ? Erde in dem Gesetze der Vertheilung der Warme in beiden^ halsten, die Gestalt, die Beschaffenheit und Größe der Abweich""' Magnetisch e"E r d p o le. 539 durch das Gesetz der Warmevertheilung überhaupt der Lage nach bestimmt. (Moser in Pogg. Ann. 28. 273; 34, 63.) Halley hat vier magnetische Pole in der Erde angenommen, Eu¬ ler zwei; allein da das Gesetz, nach welchem die angenommenen Pole auf eine» Magnet wirken, nicht bekannt war, so konnte man damals die Richtigkeit dieser Annahme und! ihre Übereinstimmung mit der Erfahrung nicht durch Rechnung prüfen. Mayer war der erste, de/ auf Rechnung gestützt die Polarität der Magnete aus ei¬ nem im Innern der Erde angenommenenMagnete herlcitete. Bist erklärte die Abweichung und Neigung der Magnete aus kleinen, hie und da zerstreuten Magneten in der Erde, Steinhäuser aus der Bewegung eines in der Erde befindlichen, kleinen magneti¬ schen Planeten; Hansteen kehrte wieder zur Annahme zweier Magnete von verschiedener Stärke zurück, die cylindrisch sind, sich im Innern der Erde schneiden und ihre Pole tief unter der Ober¬ fläche der Erde haben. Der eine Nofdpol soll im nordwestlichen Amerika, der andere im nordöstlichen Sibirien, ein Südpol unter Neuholland, der andere unter dem Feuerlande liegen. Um die Va¬ riationen der Abweichung, Neigung und Intensität zu erklären, er- theilt er den Polen dieser Magnete eine Bewegung und zwar läßt er die beiden Magnetpole der nördlichen Halbkugel sich nach Osten, die in der südlichen, nach Westen bewegen. — Die Variationen der magnetischen Neigung erklärt man durch die Annahme, die Linie ohne Neigung rücke von Ost nach West fort und lege in einem Iah« re 13''/z zurück. Wenn bei dieser Bewegung die Linie ohne Neigung einem Orte näher kommt, so wird die Neigung daselbst vermindert, wenn sie sich von ihm enrfernt, vergrößert. Kupffer sucht auch die Variationen der Abweichung aus der Bewegung der Linien ohne Abweichung zu erklären. So wie sich eine solche Linie einem Ort« nähert, nimmt daselbst die Abweichung ab 'und umgekehrt. Da es mehrere solche Linien ohne Abweichung gibt, so wird sich einem Or¬ te die eine nähern, die andere aber davon entfernen, und die Ab¬ weichung kann sich darum nur bis zu einer bestimmten Größe än¬ dern. Es ist klar, daß diese Bewegungen mit denen der magneti¬ schen Erdpole in unmittelbarer "Verbindung stehen. Foster und Barlow erklären auch die täglichen magnetischen Variationen aus der Annahme, daß die magnetische Axe' der Erde um ihren mittle¬ ren Ort täglich einen Kreis beschreibe, dessen Halbmesser 2'—3' 'm Bogen betragt. (Jeitsch. 1.64, 3. <82, 325 und 332. Verze- lius Jahresbericht 1827. S. 51. — Ha nsteen's Untersuchungen über den Magnetismus der Erde. Christiania 1819- Gilb. Ann. 29. I. und 251. Suppl. S. 752—771.) 510 Fünftes Kapitel. Gesetze ö.etz Magnetismus in Bewegung. 293. Man winde einen sangen mir Beide übersponn'enenMu ttlldraht (am besten von Silber ober von feinem Kupfer) m Fom einer Schraube, Md stiebe sie über einen Pol einer schwerm, sehr empfindlichen, aufgehängcen Magnetnadel, so daß diese in kleinen Bögen schwingen kann, ohne die Spirale zu berühren, uad thue dasselbe mit einem"gleichen zweiten Draht und einer zweiten Magnetnadel, die so weit von der ersten entfernt ist, daß keine directe Einwirkung zwischen ihnen Statt finden kann. Setzt n»n nun die erste in Schwingungen, so wird dadurch die zweite nicht sm mindesten afficirl, so lange nicht die Enden der beiden Drahte, welche die Spiralen bilden, mir einander so verbunden find, da» sie eine ununterbrochene Kette bilden. So wie aber bleje Ver¬ bindung hergestellt ist, und man die eine Magnetnadel ia Schwingungen versetzt/gerakh auch die'aüdere in Oscillakioimi von gleicher Elongation, so das; sich auf solche Weise die in einem Orte erregten Oscillationen mit derselben Amplitude in die großen Fernen fortpflanzen lasten. (Magnetische Telegraphen.) i)mnm man die eine Magnetnadel weg, ohne an der anderen etwas zu an dern, so gerärh letztere auch in Bewegung, so wie man »m Pole eines Magnetes in die Nähe der Spirale, am besten in diele!-- hineinfährt. Nadeln aus Kupfer oder einem anderen nicht niagwn scheu Metalle üben, auf einander keine solche Wirkung aus. Erfahrung beweiset, da^ ein bewegter Magnet auf den- draht wirkt und diesen in den Stand seht, einem zweiten Bewegung zu ertheilen. Die Wirkung eines bewegten auf einen Merallkörper zeigt sich noch directer dadurch, daß eine Metallscheibe (am besten aus Kupfer) mittelst eines feuien,> dens sehr beweglich aufhängr, und unter derselben einen Huf-^ magnet in verriealer.Stellung in schnelle rocirende Bewegung Da wird alsobald auch die Kupferscheibe nach derselben Bewegung kommen und sogar rotiren. Da jedcrWirkung eun genwirkung entspricht, so mufi auch eine bewegte Mctallscha e einen Magnet wirken und ihn in Bewegung zu setz"' n RotationS magnetiš m us. 511 Dieses zeigt sich in der That an einer Magnetnadel, die sich frei schwebend über einer schnell rotirenden Kupferscheibe befindet. Bei einer mäßigen Geschwindigkeit der rotirenden Scheibe wird der Magnet nach der Richtung der Rotation abgelenkt und verharrt unkereinem gewissen Ablenkungswinkel, so lange die Geschwindig. keit der Scheibe unverändert bleibt, diese Ablenkung wird aber de¬ sto größer, je schneller man die Scheibe dreht und endlich fangt der Magnet selbst zu rotiren an. Man kann sogar die Einwirkung der Scheibe auf den Magnet durch die Größe des Ablenkungswinkels oder durch die Zeit einer Rotation des Magnetes messen. 294. Die hier benannten Erscheinungen zeigen daher unwi- dersprechlich eine Einwirkung bewegter Magnete auf Metallkörper und umgekehrt. Nicht metallische Körper, die man statt der Drahte und der Scheiben auzuwenden versucht hat, bleiben durchaus ohne eine solche Wirkung. Mittelst delicaterer Versuche hat man aber auch eine Wirkung des Magnetes auf solche Körper und umgekehrt bemerkt, ja solche Versuche haben sogar zur Entdeckung dieses Theiles der magnetischen Erfahrungen Veranlassung gegeben. Arago machte nämlich im Jahre 1825 die Entdeckung, daß der Schwingungsbo¬ gen einer Horizontalschwingenden Magnetnadel über einer darunter befindlichen Kupferscheibe sehr schnell vermindert und die Nadel viel eher zur Ruhe gebracht wird, als in Ermanglung einer solchen Unterlage. Ähnliches erfolgte, wenn die Nadel über einem ande¬ ren Metalle, ja in geringem Maße sogar, wenn sie über GlaS, Wasser, Holz, oscillirte. Christie hat zuerst bemerkt, daß directes Sonnenlicht die Schwin¬ gungsbögen einer oscillirenden Magnetnadel, so wie eine naHe Ku- Pfcrscheibe vermindere, und dieses einem magnetischen Einflüsse des Lichtes zugeschrieben. Allein diese Wirkung ist wenigstens nicht ganz magnetischer Natur und wird höchstwahrscheinlich größtentheils bloS durch aufsteigende Luftströme bewirkt. sZxitsch. 3. 96 u. 157; 6. 325.) Die Berminderung des Schwingungsbogens einer unter dem Einfluß, wie dec vorher besprochenen oscillirenden Magnetnadel, rührt theils vom Luftwiderstände, theils von jenem Einflüsse her. Um beide Wirkungen von einander zu sondern, sei die Anzahl dec Schwingungen, welcher die Nabel in Gegenwart des einwirkendcn Körpers machen muß, damit ihr Schwingungsbogen um m Grade abnimmt, n dieselbe Größe, wenn die Nadel ohne Einwirkung je¬ nes Körpers oscillirt, und die Abnahme deS Schwingungsbogens bloS 512 Gesetze des N o t a l i o n s m a g n e t i s tn u §. vom Widerstande des Metalls hcrrührt. Da ist offenbar die An¬ zahl Schwingungen, welche nöthig ist, damit der äußere Einfluß ohne Widerstand des Mittels der Schwingungsbogcn um m" ver- mindert, mithin m—die Verminderung des Schwingungsbogens, welche während der n Schwingungen durch jenen Einfluß allein hcrvorgebracht wird; durch diesen Einfluß a>- n lein hatte der Schwingungsbogcn nach Schwingungen sge- funden aus der Proportion m :er) um dieGröße m abgenommen.j 295. Die Geschwindigkeit der Rotation ist nicht das Einzige/ wo¬ von die Einwirkung eines bewegten Körpers auf den Magnet abhängt. Ein starker Magnet wird durch dieselbe Scheibe stärker abgelenkt/ all ein schwacher; aber zurErzeugung einer großen Einwirkung ist ein ge¬ wisses Verhältnis; in der Größe des Magnetes und der Kupferschei¬ be nochwendig. Ein sehr kleiner Magnet wird durch eine sehr gro¬ ße Scheibe so wenig merklich afficirl, als ein großer Magnet durch eine sehr kleine Scheibe. Je weiter der Magnet von der Scheibe entfernt ist, desto geringer ist ihre Einwirkung, ste nimmt ober in einem größeren Verhältnisse ab, als die Entfernung des Magnetes von der Scheibe wächst. — Körper, die zwischen den Magner und die Kupferschcibe gebracht werden, schwächen die Wirkung, wenn ste selbst eine solche beim Rotiren hervorzubringen vermögen. Eine Eisenplatte hebt diese Wirkung ganz, eine Kupferplakte zum Theil auf, Glas, Holz, Papier rc. lassen sie ungeschwächt durch- vor¬ züglich schwächend wirkt die Unterbrechung der Continuität derM tallmasse. Eine sternförmig ausgeschnittene Kupferscheibe wirst oh¬ ne Vergleich weniger, als eine massive; die Wirkung einer Scher¬ be kann man durch einen Schnitt sehr verringern, doch kehrt ihre vorige Kraft wieder zurück, wenn man beide Stücke zusammen>°- thet. Ein spiralförmig gewundener Draht wirkt schwächer, als eine Scheibe von demselben Durchmesser und von derselben Masse- Ku¬ pfer in Pulverform wirkt ohne Vergleich schwächer, als in einer j" sammenhängenden Masse. Eine hart gehämmerte Platte wirst star¬ ker als eine ausgeglühte, doch soll eine Temperaturänderung b" Platte ihre Wirkung nicht merklich ändern. Dieselben Geseke z" Krast rok ir end e Scheiben. 513 ge» sich in Betreff der Einflusses einer Kupferplatte auf eine oscil- lirende Magnetnadel. Eine Magnetnadel, deren halber Schwingungsbogen ohne Einfluß ei¬ nes nahen Körpers nach 108 Schwingungen von 18° aus 9" abnahm, verminderte sich in der Nähe einer 2 L. dicken Kupferscheibe nach 7, in der Nähe einer 0.8 L. dicken nach 11 Schwingungen um eben so viel. Eine Platte, die den Ausschlagswinkel eines Magnetes nach 8 Schwingungen um 10" verminderte, bewirkte dasselbe erst nach 10 Schw., wenn sie entzweigeschnitten war und die beiden Hälften hart an einander lagen. Ein Magnet, dessen Schwingungsbogen über einer Kupferplatte nach 160 Schw. von 20° auf 10" herab¬ sank, brauchte dazu nur 64 Schw., wenn mittelst eines elastischen Fadens seine Oscillativnen beschleuniget wurden. — A r a g v em- pfieht, die Stärke eines Magnetes nach dem Gewichte zu schätzen, das man ihm anhängen muß, um ihn durch eine Scheibe, die mit einer gewissen Geschwindigkeit)srotirt, um einen gewissen Winkel abzulenken. 296. Es ist klar, daß die Ablenkung eines Magnetes durch eine rotirende Kupferscheibe von einer Kraft herrühren müsse, die nach der Tangente der Scheibe mirkc. Diese ist aber nicht die einzi¬ ge, welche von einer solchen Scheibe ausgeht; sondern es gibt de¬ ren noch zwei andere, wovon eine auf der Ebene der Scheibe senk¬ recht steht, die andere mit derselben parallel ist. Die erstere wirkt auf jeden Pol eines Magnetes abstoßend und zeigt sich, wenn man einen Magnetstab vertical auf eine Wage hangt, ihn daselbst ins Gleichgewicht setzt und unter ihm eine Kupferscheibe rotiren läßt; benn da wirb alsogleich das Gleichgewicht gestört und die Seite, wo der Magnet aufgehängt ist, erscheint leichter. Die mit der Ebene der Scheibe parallele Kraft wirkt in der Nähe des äußeren Umfan¬ ges der Scheibe und etwas innerhalb desselben vom Cenlrum gegen die Peripherie, hingegen über einen gewissen Kreis hinaus, wo sie gleich Null ist, von der Peripherie zum Centrum. Davon über¬ zeugt man sich mittelst einer Jnclinationsnadel. Stellt man diese so über die Scheibe, daß sie eine vertical« Richtung annimmt, setzt dann die Scheibe in Bewegung; so wird sie in der Nähe des Umfan¬ ges der Scheibe gleichsam vom Centrum abgestoßen. Weiter ein¬ wärts bleibt die Nadel vertical und noch weiter einwärts wird sie end¬ lich vom Centrum gleichsam angezogen. Tas Verhältnis; dieser drei Kräfte zu einander ändert sich mit der Geschwindigkeit der rokiren- den Scheibe. 514 Magnetisches Princip. 297. Ungeachtet aller unsererKenntnisse über die Wirkungsweise des magnetischenPrincips ist uns dasselbe doch seiner Naim nach noch ganz und gar unbekannt. Er wirkt unmittelbar auf keinen unserer Sinne, und es ist keine anderweitige Wirkung desselben erwiesen, als die bereits angeführten; denn die chemischen Proceffe, welche durch Beistand des Magnetismus erzeugt worden seyn sol¬ len (Pogg. Ann. 13. 631. Schweigg. I. 56. 24. Zeitsch. 7.92), sind keineswegs hinreichend bestätigt. Es bleibt uns daher für die Annahme einer eigenen magnetischen Flüssigkeit kein anderer Grund als der, daß sich dadurch die magnetischen Phänomene unserem Ver¬ stände zusammenhängend darstellen lassen. Mehr hierüber im fol¬ genden Abschnitt. (Über Magnetismus siehe außer den schon ange¬ führten Werken: 7'. ArsLsnt. <7« magnete. Tob. Cavallo Abhandl. der Lehre vom Magnete. Leipzig 1773. Aus¬ führlich handelt darüber der Supplementband S. 712.-771.) vierter Av schnitt. Electricität. Erstes Kapitel. Elektrische Erscheinungen und Quellen der Elec- tricität überhaupt. 298. (gleichwie Eisen durch eine gewisse Behandlungsweisä die Kraft erlangt, anderes Eisen anzuziehen, so kann feder Körper die Kraft erhalten, andere kleine Körperchen schon von einiger Ent¬ fernung her anzuziehen, und sie, sobald er sie berührt hat, wieder abzustoßen, oft auch einen Lichtschein und einen Geruch um sich zu verbreiten, wie langsam verbrennender Phosphor, und selbst, wenn man ihn dem Gesichte nähert, eine Empfindung hervorzubringen, alS wäre man in ein Spinnengewebe gerathen. In diesem Zustande heißt der Körper elektrisch und die sich so äußernde Kraft führt den Namen Electricität. Am leichtesten wird man Liese Phä¬ nomene hervorbringen, wenn man eine Glas- oder Harzstange mit einem wollenen Lappen reibt und derselben kleine Papierschnitzchen nahe bringt. Zuerst hat man sie am Bernstein ferecLium) hervor¬ gebracht und ihr darum obigen Namen gegeben. 299. Nicht immer sind an einem elektrischen Körper alle ge¬ nannten Phänomene wahrnehmbar, sie zeigen sich überhaupt nur- wenn sich die Electricität in einem bestimmten Zustande befindet und eine ziemlich bedeutende Stärke erlangt hat; die Anziehung und die darauf folgende Abstoßung begleiten aber selbst die schwächste Electricität und darum kann man aus dem Stattfinden derselben mit der meisten Sicherheit auf die Gegenwart der Elect. schließen. Um sie leicht zu erkennen, braucht man am besten eine Metallna- (Fig. 303) mit einem gläsernen Hütchen, die auf einer feinen Spitze ruht, und auf derselben leicht beweglich ist, wohl auch eine kleine an einem Seidenfaden hängende Korkkugel. Sowohl jene Nadel als diese Kugel werden von einem elektrischen Körper schon von ferne angezogen und, sobald Berührung eingetreten ist, wieder abqestoßen. Naturlehre. t>. Aufl. 316 Leiter, Halbleiter, Isolatoren. 300. Wenn man die genannte, auf einem gläsernen Hütchen spielende Nadel mit einer geriebenen Glas- oder Siegellackstange berührt, so zeigt sie sich nach der Berührung an allen Stellen elec- trisch und zieht selbst leichteKörper an. Es ist ihr demnach dieElec- tricität wilgerh eilt morden.Dieses bemerkt man aber an dersel¬ ben nicht, wenn das Hütchen, worauf sie spielt, von Metall ist. Es muß also das Glas die weitere Mittheilung der Electricität verhin¬ dert haben. Dieses bewährt sich noch mehr durch einen anderen Ver¬ such, bei welchem man mit einem electrischen Körper eine Glas-oder Harzstange berührt. Letztere zeigt sich nämlich nach der Berührung nicht azr allen Stellen, sondern nur da, wo sie mit dem elcctrischen Körper berührt worden ist, electrisch, während sich ein auf Glas ruhender Metallkörper, ungeachtet ihm nur an einem Puncte Elec¬ tricität mitgetheilt worden ist, an allen Stellen electrisch zeigt. Das electrisirte Glas verliert auch, wenn man es mit der Hand berührt, nur an der Berührungsstelle seine Electricität, das Me¬ tall hingegen durchaus. Körper, die sich wie das erwähnte Me¬ tallstück verhalten, heißen gute Leiter der Electricität, jene hingegen, die dem Glasstücke in ihrem Verhalten ähnlich sind, schlechte Leiter oder Isolatoren. Indessen lassen sich nicht alle vorhandenen Körper in diese zwei Elasten bringen; denn der Über¬ gang von einer in die andere geschieht nur allmählig so, daß cuuge Körper nicht zu den schlechten und nicht zu den guten Leitern ge¬ zählt werden können. Diese heißt man Halbleiter. Es hängt aber die Leicungsfähigkeit der Körper für die Electricität von der Intensität der Electricität und von anderen Umstanden ab. o» den guten Leitern gehören: Alle Metalle, gut gebrannte Kohle, Erze, lebende Vegetabilien und Thiere, feuchte Erde, die meisten Salze, viele Flüssigkeiten, Dünste und Säuren Schlechte Leiter sind: Alle Harze, Glas, Seide, und Federn, alle durchsichtigen Edelsteine, trockene Metalloide, trockene Gase, durch Druck tropfbar gemachtes Cyan und Ehler- (Zeitsch. 10. 124.) Zu den Halbleitern gehören: Alabaster, Marmor, die meisten Erden und Steine. Aus der verschiedene" Leitungsfähigkeit der Körper ist es begreiflich, daß ein guter Leiter- der seine Electricität behalten soll, mit Nichtleitern umgeben, d->- isolirt werden müsse. 301. Wegn man der auf Glas ruhenden Metallnadel dr> Elecrricität einergeriebenen Glasstange mittheilt, so wird sie von jeder' Positive/ negative Electricität. 517 anderen geriebenen Glasstange abgestoßen, von einer geriebenen Sie¬ gellackstange hingegen angezogen. Eben so wird eine Nadel, welcher die Electricität einer geriebenen Siegcllackstange.mitgerheilt wor¬ den ist, von derselben abgestoßen, von.einer geriebenen Glasstange hingegen angezogen. Bringt man innerhalb eines Glassturzes zwei Goldblättchen er und ü (Fig. 304) an, deren jedes mit einem nach Außen gehenden Metallstifr leitend verbunden ist, und rheilt jedem der zwei Plättchen die Electricität einer 'geriebenen Glas- oder Siegellackstange mit, so stoßen sie sich ab; electrisirt man aber ein Plättchen durch eine geriebene Glasstange, das andere durch eine geriebene Siegellackstange, so ziehen sie sich an, und zeigen sich, sobald sie sich berührt haben und man in der relativen Stärke der beiden Electricitäten das rechte Masi getroffen hat, ganz ohne Eleelrieität. Hat man die Electricitäten nicht im rechten Maße an- gewendet, so erscheinen beide Plättchen, nachdem sie sich berührt haben, mit-er im Übermaße vorhandenen Electricität. Es ist dem¬ nach die durch Reiben des Glases erregte Electricität von der durch Reiben des Harzes erzeugten wesentlich verschieden, und eine kann die andere aufheben. Weil man anfangs glaubte, diese Electricitäten kommen dem Glase und Harze eigenthümlich zu, so nannte man auch die eine G l as e l e c tr i ci r ät, die andere Harzeleclrici- tat'; allein, weitste nicht allein im Glas und Harz, sondern in jedem anderen Körper erzeugt werden, ja sowohl die eine als die andere im Glas oder Harz erregt werden kann, endlich weil sich diese Electricitäten wirklich wie die positiven und negativen Großen >n derMathematik verhalten; so verfährt man zweckmäßiger, wenn man die eine positive (-s-Ai), die andere negative (—Ai) nennt. Es ist zwar gleichgültig, welche diesen oder jenen Namen bekommt, aber gewöhnlich nennt man die durch Reiben des polirten Glases mit Leder oder Tuch'erzeugte die positive, mithin die andere die negative. Aus obigem Verhalten der auf gleiche oder auf verschiedene Weise electrisirren Körper folgt das Fundamen- talge;etz, daß gleichnamig electrisirrs Körper sich abstoßen, ungleich¬ namig electrisirte hingegen sich anziehen. Diete von du Fay entdeckte Verschiedenheit der elertrischen Zustände laßt sich recht augenscheinlich darstellen, wenn man einen glatten "varzknchcn an einer Stelle mit einem clectrisirten Glase, an einer anderen mit electrisirtem Harze berührt, und diese Stellen mit feinem Staube bepudert. Dieser stellt sich an den electrischen Stel- 35 * 548 Quellen der Electricitat. len zu einer besondern Figur zusammen, die bei der Electricitat vom Glase nach Außen strahlig ist, wie Zig. 305 bei der vom Harze hingegen mehr punctirt, wie Fig. 305 L zeigt. Man heißt diese Figuren nach ihrem Entdecker, Lichtenberg, Li ch tenberg'sche Figuren. ssDe mee/rocko narue am «e etecNici , «uče. /. tt. 1778.) 302. Tie Electricität kann auf so mannigfaltige Weise erzeugt werden , daß es wohl schwerlich eine Veränderung in der Körper¬ welt gibt, wobei nicht Electricitat erregt wird, wenn man dieses auch nichr immer beabsichtiget. Jndeß lassen sich alle diese Erregungs- mittel auf folgende zurückführen: Berührung, Druck, Trennung, Reibung, Formänderung, Tempera¬ ruränderung, chemische Wirkungen, Einfluß deS Magnetismus und die Lebenskraft. Neuestens will man auch am Lichte eine electrisirende Kraft gefunden haben, doch ist man hierüber noch nicht zur Gewißheitgelangt (Schweigg.J.52.76). Welche von diesen Quellen auch wirksam seyn mag, so treten doch immer beide Electricitäten, die positive und negative zugleich in einem solchen Verhältnisse auf, daß sie sich gegenseitig neutralißren, es können auch, wenn man ihrem Abfließen durch schlechte Auer vorbeugt, beide gesammelt werden. Oft leitet man aber absichtlich eme der beiden Electricitäten in die Erde ab, um sich desto ungestörter mir der anderen befassen zu können. Wir werden in der Folge jede dieser Quellen näher kennen lernen. 303. Die Electricitat kann sich im Zustande des Gleich' gewichtes oder im Zustande der Bewegung befinden.^" jenem gibt sie sich durch Anziehung und Abstoßung, in diestm durch mehrere sehr interessante Wirkungen zu erkennen. Instrumente, welche zur Untersuchung der Electricitat im Gleich¬ gewichte dienen, heißen El ec tro sco p e , wohl auch Elet' tr'o meter und beruhen auf der anziehenden und abstoßend«" Kraft der Electricitat. Man hat deren mehrere von verschiede¬ ner Structur und verschiedenem Grade der Empfindlichkeit, z. B. das K o rkku g el-Electroscop, das Bennet'sche,Volta¬ sche, H en ley'sche Electroscop. Das K orkkug el-Electrostep besteht aus zwei Kork- oder Hollundermarkkugeln, die an fel"«" Fäden so aufgehängt sind, daß sie sich im natürlichen Zustande « rühren, wie Fig. 306 zeigt. Das Benne t'sche Electroscop (Flst besteht aus zwei feinen Goldplottchen, die mit einem Ende an Electroscop. ElectrischeS Princip. 549 einem gemeinschaftlichen leitenden Stifte befestiget und zur Ab¬ haltung des Luftzuges in ein gläsernes Gefäß mit leitendem Boden eingeschloffen sind. Das Gefäß ist seitwärts, wo es die Goldblätt¬ chen berühren können, mit Zinnplättchen belegt. Man kann eines von den zwei Plättchen auch durch eine kleine Metallkugel ersetzen, die seitwärts durch das Gefäß geht und dem einen Plättchen gegen¬ übersteht. Volta's Electroscop unterscheidet sich vom vorigen nmr dadurch, daß es statt der Goldplänchen feine Strohhalme hat (Fig. 308). Um die Divergenz dieser Strohhalme einigermaßen messen zu können, ist an der Seitenwand des Gefäßes ein eingetheilter Kreisbogen enthalten. Henley's Electroscop (Fig. 309) besteht aus einem Kügelchen von Hollundermark oder Korkholz, das an einem leitenden Stifte steckt, welcher mit einem Ende am Mittel- puncte eines in Grade getheilten Quadranten so befestiget ist, daß es sich ungehindert in der Fläche desselben bewegen kann. Der Ge¬ brauch eines Electroscopes zur Bestimmung, ob Elecrricitätim Gleich¬ gewichte vorhanden sei oder nicht, ist für sich klar. Um zu bestim¬ men, ob diese Electricität positiv oder negativ sey, theilt man dem Electroscope vorläufig eine bestimmteElectricität mit und nähert ihm hierauf den Körper, dessen Electricicät untersucht werde» soll. Er¬ folgt Anziehung, so sind ungleichnamige Electricitäten im Spiele,, hingegen gleichnamige, wenn sich Abstoßung kund gibt. 304. Als Grundursache der electrischen Erscheinungen nimmt man fast allgemein einen eigenthümlichen, unwägbaren (ätherischen), ausdehnsamen Stoff an, der sich, wie die magnetische Materie, in den Körpern befindet und elecrrische Materie genannt wird. Einige (die Unitarier), an deren Spitze Äpinus und Fran klin stehen, betrachten diese Materie als einfach, und nehmen an, daß der natürliche Zustand der Körper in einem Gleichgewichte derselben destehe, während sie den Zustand der positiven Electricität als Folge ihrer unnatürlichen Anhäufung, den der negativen als Folge ihres Abganges ansehen. Andere (die Dualisten) sind hingegen dec -Meinung des Robert Sy m mer, welcher behauptet, die electrische Materie bestehe aus zwei Stoffen (ss^ L) , die sich gegenseitig an- .OHen und, mit einander im gehörigen Verhältnisse verbunden, den natürlichen Zustand der Körper begründen, während ei» Körper positiv electrisch erscheint, wenn er den einen, negativ electrisch, Menn er den anderen dieser Bestandtheile vorwaltend enthalt, -9>ach dieser Ansicht verhält sich da» electrisch,Fluidum wird«» magnetifche, 550 Electrisirmaschine. unterscheidet sich aber darin wesentlich von demselben, daß ej j» allen Körpern zersetzt werden und sich nicht blos im Innern dersel¬ ben mit mehr oder weniger Leichtigkeit bewegen, sondern auch von einem in den anderen übergehen kann. Schlechte Leiter widerstehen seiner Bewegung mit einer gewissen Kraft, gute Leiter hingegen gestatten diese Bewegung ohne großen Widerstand. — Nach der Ansicht der Unitarier wird bei sedem Acte der Electrisirung das electrische Fluidum in einem Körper angehäuft und dadurch der¬ selbe positiv electrisch, wahrend der andere Körper, der jenes Flui¬ dum lieferte, negativ electrisch wird. Nach der Ansicht der Dua¬ listen gehr jede Electrisirung gleichsam durch eine doppelte Wahl¬ verwandtschaft vor sich. Das electrische Fluidum der dabei eine Rolle spielenden Körper wird zersetzt und einer nimmt den positiven, der andere den negativen Theil davon auf. — Welche von diesen beiden Ansichten die richtigere sei, ist schwer zu entscheiden. Fast alle Phänomene lassen sich nach beiden gleich gut erklären. Doch hat die neueste Zeit der Hypothese der Dualisten an die Hand ge¬ arbeitet. Es ist aber noch eine andere, und, wie es scheint, der Wahrheit näher kommende Vorstellungsweise möglich, von der iU der Folge die Rede seyn soll. Zweites Kapitel. Electrisirmaschine und Dolta'sche 305. Die Electrisirmaschine und die Voltas Säule sind die kräftigsten Mittel, Electricität zu erregen. Darum soll von ihnen im Allgemeinen gleich hier die Rehe seyn, wiewohl e- noch nicht an derZeit ist, ihre Einrichtung aus den Gesetzen d» Electricität abzuleiten, weil man doch zur Entwicklung dieser Gck'0 Electricität in hinreichender Stärke zu Gebote haben muß. der Hand wird es ein Leichtes seyn, aus diesen Gesetzen die 'nen jener wichtigen Instrumente abzuleiten. — Die EleU'' sirmaschine ist eine Vorrichtung, mittelst welcher daszum der Electricitatsentwicklung nörhige Reiben zweier Körper an ander erleichtert und die Ansammlung der Electricität bewerb wird. Sie besteht aus einem Körper, der gerieben einem andere^ der -zum Reiben desselben dient, und aus ei Saü.lc.- 4 ' Kraft einer Electrisirmaschine. 55 L besonderen Theile jum Auffangen der erregten Electricität. Der zu reibende Körper wird so eingerichtet, daß man ihn um eine feste Are drehen kann und hat deshalb die Form einer Scheibe oder eines Cylinders, oft sogar, jedoch minder gut, jene einer Kugel oder einer Glocke. DerKörper, welcher gerieben wird, das Reibzeug, wird mitreist Federn an jenen angedrückt. Die entwickelte Electri- cität wird in einem eigenen, gut leitenden, wohl abgerundeten und isolirten Körper, dem Conductor, gesammelt. Der gerie¬ bene Körper besteht meistens aus Glas, wiewohl er an älteren Maschinen auch aus Porcellan, Schwefel, Seidenzeug, Holz rc. besteht, und hat meistens die Gestalt einer Scheibe, weil sich diese an das R^eibzeug am besten anlegt und demselben auch die größte Fläche darbietet. Das Reibzeug ist ein ledernes Kiffen, welches mit einem Amalgam überstrichen wird, daS am besten aus 1 Th. Zinn, 1 Th. Zink und 2 Th. Quecksilber besteht und dasKien- mayer'sche Amalgam heißt. Solcher Reibzeuge braucht man bei einer Scheibenmaschine vier; sic werden mir zwei- oder mehrfachen Flügeln aus Wachstaffet versehen, die sich an das Glas anlegen und es bis zu der Stelle bedecken, wo die Electricitär an den Con¬ ductor abgegeben wird. Soll im Glase viel Electricitär frei werden, so muß man die des Reibzeuges in die Erde ableiten, damic sie nicht jene des Glases durch ihre Anziehungskraft binde; darum werden auch die Reibzeuge leitend mit dec Erde verbunden. Es ist aber gut, sie auch zum Jsoliren einzurichteu, damic man auch aus ihnen die /3 sammeln und so an einer Maschine beide 1- erhal¬ ten kann. Der Eonduccor wird aus Messingblech verfertiget, ec kann aber auch aus Holz bestehen, das mit Stannifolio überzogen t^- Fig. 310 stellt eine Scheibenmaschine vor, in welcher die Scheibe, H das Reibzeug, 6 der Conductor ist. (G r e n's Journ. 4- ch B o h n e n b e r g e r's Beschreibung einiger Eleccrisirmaschinen. Stuttgart, 1783. Suppl. S. 772.) 306. Die Kraft einer Electrisirmaschine hängt ab von den Di¬ mensionen, der Härte und Glätte des geriebenen Körpers, von dem gleichförmigen, an keiner Stelle unterbrochenen Anschlieiwn der Reibzeuge an den geriebenen Körper und von ihrer gehörigen Grüße, von der Güte des Amalgams und seiner gleichförmigen ^ercheilung, von der Dicke und isolirenden Kraft der Taffetflügel, von der gehörigen Größe und Abrundung des Conductors und cnd- lich von der gehörigen Isolirung aller Theile, welche die Eiectriciräl 552 V olta'sche Säule. aufzunehmen bestimmt sind. An einer guten Electrisirmaschine zeigen sich die oben angeführten electrischen Phänomene in vorzüglich ho¬ hem Grade. Die Anziehung ist schon in einer bedeutenden Entfer¬ nung vom Conductor wohl merklich. Man nennt den Raum, in¬ nerhalb welchem sie erfolgt, die elektrische Atmosphäre. Bringt man dem Conductor einen guten Leiter nahe genug, so schlägt ein Funken auf ihn über, häufige Funken fahren von den Reibzeugen zum Conductor, auch ein eigenthümlicher Geruch wird bald rings um die Maschine wahrgenommen werden. Auf den Er¬ scheinungen der electrischen Anziehung an einer Electrisirmaschine beruhen eine Menge elektrischer Spielwerke z. B. die electrische Spinne, der elect. Tanz, das elect. Glockenspiel, der elect. Hagel, das elect. Vogelnest rc. Um einen electrischen Strom zu erhalten, setzt man den geladenen Conductor mit der Erde, oder noch besser mit den Reibzeugen in Verbindung. Da geht der Strom durch den diese Verbindung herstellenden Körper. 307. Eine Zink- und eine Kupferplatte oder zwei andere he¬ terogene Metallplatten mit einander in Berührung gebracht, die Berührungsstelle mag so klein seyn als man will, heißt ein Volt a'- sches Element, und in einem solchen findet man stets das eine Me¬ tall, in unserem Falle das Zinkst), positiv, das andere, hier das Kupfer ssX), negativ electrisch. Man nimmt gemeiniglich an, diese Electricität habe in der Berührung der zwei heterogenen Metalle ihren Ursprung und nennt sie darum auch oft Berührungs- electricität, zum Unterschiede von der durch Reibung erzeug¬ ten, welche Reibungselectricität genannt wird. Mehrere Volta'sche Elemente in derselben Ordnung so zusammengefiellt, daß eines vom nächstfolgenden durch eine nicht metallische gut leiten¬ de Flüssigkeit getrennt ist, machen eineV o lta'sche Säule oder Batterie. Die Arr der Zusammensetzung der einzelnen Elemente ist sehr verschieden, je nachdem die Anzahl der Elemente groß °d« klein, und die Ausdehnung jedes einzelnen bedeutend oder gering ist, oder man viele Elemente in einen kleinen Raum zusammendrän- geu und mit wenig Flüssigkeit ausreichen will. Wenige (höchstens 20) und nicht gar große Platten stellt man am liebsten in der -Ordnung rc. in Form einer vertikalen Säule (Fig. 315) zwischen GlaSstaben zusammen, so daß, wenn die unterste Platte Kupfer ist, die oberste aus Zink besteht oder um¬ gekehrt- Der feuchte Leiter L besteht da gewöhnlich aus Tuch- Bau derselben. 553 Pappscheiben, welche in aufgelöstem Kochsalz oder Salmiak, noch besser in einer schwachen Säure, wie z. B. in Essigsäure, worin etwas Kochsalz aufgelöst ist, getränkt wurden. Will man mehr Platten zusammenstellen, so bildet man von ihnen mehrere solche Säulen, stellt sie neben einander und verbindet das Kupserende der einen mit dem Zinkende der anderen mittelst "guter Leiter. Um das Reinigen der Platten zu erleichtern, welches immer vorgenom¬ men werden muß, wenn der Apparat einige Zeit im Gange war, und auch um größere Platten anwenden zu können, braucht man die sogenannten V e ch e r- und Trogapparate. Ein B e- cherap parat (Fig. 3l6) besteht aus einer Anzahl gläserner Ge¬ fäße, welche den flüssigen Leiter enthalten, und aus eben so vielen Paaren Metallplatten, wovon immer eine Zink- mit einer Kupfer¬ platte mittelst eines Metallstreifens verbunden ist; diese werden in die Gefäße so eingehängt, daß in jedes derselben immer eine Kupfer- und eine Zinkplatte zu stehen kommt. Graf Stadion nahm statt derZinkplatte eine bloße Zinkstange und statt der Kupfer- platte einen hohlen kupfernen Cylinder, jede Zinkstange ist mittelst eines Bogens an den folgenden Cylinder gelöthet. (Fig. 31.7.) Verzelius empfiehlt als den einfachsten Volta'schen Becher¬ apparat jenen, wo jede Zinkplatte durch eine bloße Zinkkugel ver¬ treten wird, in welche ein Kupferdraht eingelöthet ist, der in einen Bogen gekrümmt, am anderen Ende etwas breitgeschlagen wird und so gleich statt der Kupferplatte dient. Man kann statt gläserner Gefäße auch schmale kupferne anwenden, sie in eine Reihe neben einander stellen und die in jedes einzelne eingehängte Zinkplatte nut dem nächstfolgenden Gefäße verbinden. Ein Trogapparat (Fig- 3k8) hat folgende Einrichtung: Er besteht aus einem Kasten von Holz, Steingut oder Porcellän mit Fugen zur Ausnahme der Platten, deren jede meistens aus zwei zusammengelöthsten einzel¬ nen Platten von Kupfer und Zink, sogenannten Doppelplatten, besteht, und die so angeordnet werden, daß immer eine ihre Kupfer- scite der Zinkseite der folgenden zuwendet, wodurch schon erreicht wird, daß, wenn die erste mit Kupfer anfängt, die letzte mit Zink aufhört. In die Zellen wird der flüssige Leiter gegossen. Die ein- zelnen Zellen dürfen nicht unter einander communiciren. Um dieses desto leichter zu erreichen, macht man Tröge von Porcellän oder anderem Töpferzeug, die schon in Zellen cingetheilt sind. Da wer¬ den aber die zwei Platten eines Elementes nicht zusammcngelothet, sondern mittelst eines beiderseits angelötheten Metallstreifens ver¬ bunden, damit sie in zwei benachbarte Zellen des Troges gestellt werden können. Man macht auch gerne die Kupferplatte doppelt so lang als die Zinkplatte (Fig. 3l9), und biegt sie dann um diese herum, ohne daß sich beide berühren. Um alle Elemente dieses oder 55-! Pole der Volta'schen Säule. des vorhergegangenen Apparates zugleich in die Zellen cinsenken und wieder herausheben zu können, sind ihre Verbindungsböqen an eine gefirnißte, hölzerne Leiste befestigt (Fig. 320). Will man einzelne, besonders große Elemente anwenden und doch dabei mit wenig Flüssigkeit ausreichen; so wird zwischen die zwei Platten eines Elementes Sohlenleder oder auch Tuch gelegt und hierauf das Ganze spiralförmig zusammengewundcn, jedoch ohne daß sich die zwei Platten irgendwo berühren. Man kann die Zinkplatten auch in offene Hülsen von Kupfer so stellen , daß sie sich nirgends berüh¬ ren und durch gefirnißte Holzstäbe von einander gehalten werden. Mit250 solchen Paaren, wo die Zinkplatte 7 Zoll lang und 5 Zoll breit war, hat Hare eine Säule gebaut, die er Deflagrator nannte. 308. Bei einer Volta'schen Säule zeigt sich jede Kupfer- platre negativ, ;ede Zinkplatte positiv electrisch. Die äußersten Platten heißen die Pole der Säule, und zwar einer derselben Zink- oder p o sitiv er, der andereK upfer- oder n eg ativer Pol. Werden beide Pole durch einen leitenden Körper, dem so¬ genannten Polardraht verbunden, so tritt der elektrische Strom ein, und dieser geht durch den Leiter und durch die Säule, und kehrt daher immer in sich zurück; daher man auch eine geschlossene Säule eine eleccrische Kette nennt. Die Stärke einer Voltäschen Säule hängt ab von der Reinheit der sich berührenden Flächen, von der Natur und LeitungsfLhigkeit des flüssigen Leiters, von der Anzahl und Große der Platten, mitunter auch von der Art ihrer Z u sam m e n st el l ung. Die Platten müssen rein sepn, und cs ist gut, wenn sie vor jedem Gebrauche gereinigt wer¬ den. Als leitende Flüssigkeit thul eine wässerige Auslosung vonKoch- salz oder Salmiak, noch mehr aber verdünnte Salpetersäure etwas Schwefelsäure oder Salzsäure versetzt, sehr gute Dünste Je conoentrirter eine solche „Flüssigkeit ist, desto wirksamer wnd die Säule. 300. Bei der Volta'schen Säule ist der Zwischenkorper stets ein flüssiger Leiter; man kann aber auch aus lauter festen Lettern eine Säule bauen, die daher mit Recht den Namen einer tröste- nen Säule führt. Die berühmtesten Säulen dieser Art sind von Zamboni. (Gilb. Ann. 49, 35, 47, 183; 51. IL2; 55. 472.) Sie bestehen aus Gold- nnd Silberpapier, wohl auch aus bloßem Silber- oder G.sldpapier, das auf der Papierseire n>u Manganoxyd eingerieben ist. Bringt man einige Tausend jolch^ Trockene Säulen. 555 Platten in gehöriger Ordnung in eine gläserne Röhr«/ versieht sie oben mit einem leitenden Knopfe und stellt deren zwei Röhren nahe an einander, so daß in einer die Goldseite, in der anderen die Silberseite des Papiers aufwärts gekehrt ist; so kann ein zwischen sie gestelltes, zartes, isolirtes Pendel abwechselnd angezogen und abgestoßen werden, mit einer Kraft, die man so weit verstärken kann, daß sie ein Uhrwerk in Bewegung setzt. Fig. 321 stellt diese Säulen vor. Die Wirksamkeit einer solchen Säule ist aber keineswegs von der Art, daß dadurch einer Uhr eine gleichförmige Bewegung ertheilt werden könnte, sondern sie nimmt ab, wenn die Luft¬ feuchtigkeit wächst, wird stärker, wenn die Temperatur steigt und zwar fast im geraden Verhältnisse mit der Temperaturveränderung, wenn dieselbe langsam eintritt (Zeitsch. 7. 360). Durch die Feuch¬ tigkeit des Papieres wird ihre Kraft gesteigert, aber nach Jag er's Erfahrungen (Gilb. Ann. 62. 227) zeigt sich selbst eine Säule aus möglichst getrocknetem Papiere noch wirksam. Watkins (Pogg. Ann. 14. 380) hat eine trockene Säule aus einem einzi¬ gen Metalle gebaut. Er wählt dazu Zinkplatten, die er auf einer Fläche polirt, auf der anderen rauh läßt und sie in einen Trog so einsetzt, daß alle polirten Flächen nach derselben Seite Hinsehen und zwischen je zwei Platten eine etwa j Linie dicke Luftschichte bleibt. Hier vertreten die zwei verschiedene Flächen die zwei Me¬ talle und die zwischen zwei Metallplatten befindliche (feuchte) Luft¬ schichte das Papier. Trockene Säulen hat Behrens aus Flintensteinen, die einerseits mit Zink, andererseits mit Kupfer überzogen waren, Deluc ausGold- papierund verzinntem Eisenblech, Bist aus Zink, Kupfer und Salpeterscheiben, Jäger aus Zink, Kupfer,Firniß und Harz oder Seide, Ritter aus Zink, Kupfer und trockenem Schafledcr, Kämtz aus vielen organischen Stoffen, wie z. B. aus Zucker und Hefen, Wachs und Leinöhl, Gummi und Salep rc. rc. construirt. (Schwcigg. I. 56, 1.) Bohn en berg er hat zwei kleine, Zambo- nische Säulen, zwischen welchen ein Goldplättchen hängt, als Elcc- troscop empfohlen. (Tübinger Blätter 1.380 oder Schweigg. J.25. 159.) Wirklich zeigt ein solches Instrument nicht nur die kleinsten Spuren derL, sondern auch zugleich ihre Beschaffenheit. Man kann aber auch eine einzigeSäule zu dieseinZwecke brauchen, wie Bec¬ querel zuerst gethan hat. (Zeitsch. n. F. 1. 188.) 310. Auch mittelst eines festen und eines flüssigen ''Kör- '"s kann Electricität epregt werden, indem man die Flüssigkeit 556 Zweielementige Säule. abwechselnd mit einer größeren und kleineren Fläche deS festen Kör¬ pers in Berührung bringt. Dieses geschieht in Zamboni'S z wei e l e me n tig e r Säule. Diese erhält man, wenn man mehrere Zinnplättchen so schneidet, daß jedes in eine feine Spitze auslauft, sie in mit Wasser gefüllte Uhrgläser so stellt, daß jedes Plättchen auf zwei neben einander stehenden Gläsern gleichsam rei¬ tet, und immer in ein Glas von einem solchen Plättchen die Spitze, von einem anderen der breitere Theil, zu stehen kommt. Da bemerkt man an dem äußersten Plättchen eine eleetrische Spannung, die mehrere Tage anhält, ohne daß eine Veränderung an den Zinn¬ plättchen wahrzunehmen wäre. Das Stielende des Zinns hat in der Regel —L, das andere -ss-L. (Gilb. Ann. 60. 15k.) Wenn sich die eleccrische Spannung verloren hat, welches meistens nach ein Paar Tagen geschieht, so kann man sie durch Zusatz von etwas Kochsalz wieder erwecken. Drittes Kapitel. Electricität im Gleichgewichte (eleetrische Spannung) und ihre Wirkung in die Ferne. 311. Um zur Kenntniß der Gesetze des Gleichgewichtes der A oder der electrischen Spannung zu gelangen, muß man die Inten¬ sität der L an jedem Punete des Körpers, in welchem sie sich "" Gleichgewichte bestnder, ausmilteln können. Diese läßt sich aber nicht wie die Dichte eines schweren Stoffes auS dem Gewichte er¬ kennen, darum muß man sie aus der Größe ihrer Wirkung abneh¬ men, und ein Instrument anwenden, das diese Wirkung mißt. Dazu dient die anziehende und abstoßende Kraft eines eleet. Körpers, und diese mißt man durch die Größe der Torsion eines elastischen Fa¬ dens, der mir ihr im Gleichgewichte steht, oder durch die Anzahl von Schwingungen, welche der angezogene Körper in einer gewißen Zeit unter dem Einflüsse der Anziehung vollbringt. Zu ersteru» Behufs dient Coulombs eleetrische Wage, zu letzterem ein Mw res, gut leitendes, an einem feinen isolirenden Faden hängende-' horizontales Stäbchen. Coulombs eleetrische Wage hat diesA e Einrichtung wie seine magnetische (Fig. 297), nur wird statt MagneteS AA ein isolirendeS Stäbchen (am besten auS einem ieine" Untersuchung der anziehend. Kraft der Electrieitat. 557 Schellackfaden bestehend) gebraucht, das an einem Ende eine lei¬ tende Kugel oder eine kleine Scheibe von Goldpapier trägt. Am Nullpuncte der Eintheilung des cylindrischen oder prismatischen Kastens steht eine andere leitende Kugel von gleichem Durchmesser mit der ersteren oder mit dem Scheibchen, die man auch wegne-h- men und mit einer Goldpapierscheibe ersetzen kann, welche Scheibe übrigens so eingerichtet ist, daß man ihr von Außen Electrieitat mittheilen kann. 312. Um die anziehende Kraft eines eleetrischen Körpers mir^ telst Schwingungsversuchen zu bestimmen, wird das vorhin ge¬ nannte Stäbchen dem eleetrischen Körper nahe gebracht, damit es von ihm durch Vertheilung electrisirt werde, in Schwingungen versehr, und die Zahl der in einer bestimmten Zeit vollbrachten Schwingungen angsmerkt. Das Quadrat dieser Schwingungsanzahl ist dann der anziehenden Kraft des eleetrischen Körpers proportionirt. Um mit Coulombs Wage die Größe der eleetrischen Abstoßung zu messen, theilt man der Kugel der Wage und dadurch der sie be¬ rührenden Scheibe des Hebels Ai mit, worauf diese sich abstoßen. Hierauf führt man den Hebel auf eine bestimmte Stellung zurück, indem man dem Drahte durch Drehung von Oben eine Win¬ dung nach einer der Abstoßung entgegengesetzten Richtung er- theilt. Will man nun zwei Abstoßungen mit einander bei gleicher Entfernung des Hebels von seiner natürlichen Lage vergleichen; so darf man nur die nöthigen Windungen des Drahtes durch die Größe des Abstoßungswinkels vermehren und die so erhaltenen Zahlen verhalten sich wie die Repulsionen. Hat man z. B. dem Drahre in einem Falle eine Windung von 70°, im anderen eine Windung von 185° ertheilen müssen, um eine Ablenkung von 10° zu erhal- ten; ft verhalten sich die Repulsionen wie 70-s-10: 185-f-10 ^80:1gZ. Auf ähnliche Weise verfahrt man beim Messen der Metrischen Anziehung. Zum Übertragen der Electricität von einer stelle eines Körpers in den Hebel oder in die ihm gegcnüberstehende ^ugel dient am besten ein Scheibchen aus Goldpapier mit einem Stiele aus Schellack, an dem man es hält. Diese heißt darum auch P r o bescheibe. -13. Die abstoßenden und anziehenden Kräfte sind, bei glei¬ chen Entfernungen, den Intensitäten der Ai direct proportionirt und wr angemessenster Maßstab. Davon überzeugt man sich, wenn man isolirte Kugel electrisirt, sie dann mir der Probescheibe berührt. 358 Gesetz der Anziehung und Abstoßung. ihre Electricität in die Coulomb'sche Wage übertragt und die Größe der Abstoßung bestimmt. Berührt man diese Kugel nachher mit einer zweiten ganz gleichen Kugel, so wird offenbar die Electri- eität jedes ihrer Puncte auf die Hälfte reducirt; wenn man dann wieder die Größe ihrer abstoßenden Kraft bestimmt, so findet man sie auch nur halb so groß, als im ersteren Falle. Bei ungleichen Entfernungen befolgen die Anziehungen und Abstoßungen ein an¬ deres Gesetz, das man leicht ausmittelt, wenn einmal.bekannt ist, in welchem Verhältnisse die electrische Kraft abnimmt, wenn die Entfernungen in einem gewissen Verhältnisse wachsen. Dieses Gesetz hat Coulomb mit seiner Drehwage ausgemittelt und Egen (Suppl. 786.) hat die Richtigkeit seiner Resultate durch sehr genaue Versuche bestätiget. Zu diesem Zwecke machte Cou- lomb folgenden Versuch: Er drehte den Hebel mittelst deS Drahtes so, daß die Kugel des Hebels die ihm gegenüberste¬ hende ohne Windung des Drahtes berührte , theilte hierauf beiden Kugeln eine geringe Electricität (mittelst des Kopfes einer isolirten Stecknadel) mit, durch welche die Kugel am Hebel um einen Winkel von 36° abgestoßen wurde. Drehte er nun abermals den Draht um 126° gegen die Ordnung der Zahlen am Kreise des Gehäuses, so fand er, daß die Kugel nur mehr um 18° von ihrer natürlichen Stellung abstand. Es verhielt sich daher die Starke der electrischen Kraft in beiden Abständen wie 36 :126 -I- 18 — 36:144 — 1:4, die Abstände waren aber im Verhältnisse 2:1-Äuf ähnliche Art verfuhr er,um das Gesetz derAnziehung zu finden,wel¬ ches zwischen Körpern, deren electrische Zustände einander entge¬ gengesetzt sind. Statt findet, und überzeugte sich, daß sowohl für electrische Abstoßung als für Anziehung das Gesetz gilt: Die Stärke der Kraft steht im verkehrten Verhältnisse mit dem Quadrate dec Entfernung. Es herrscht demnach von dieser Seite für Electricität und Magnetismus dasselbe Gesetz. (Suppl. 782 — 788.) 314. Da man bei Versuchen über die Anordnung der einem Körper nur einen Punct nach dem anderen untersuchen kann, so ist klar, daß man zu unrichtigen Folgerungen verleitet würde/ wenn in der Zwischenzeit der Körper einen Theil seiner 1^ verlöre» hätte und man nicht darauf Rücksicht nähme. Ein solcher Verlw't ist aber unvermeidlich, indem auch der auf das beste isolirte Kört" theils den isolirenden Stützen, theils der Luft, besonders wenn l^ feucht ist, immer etwas von seiner L mittheilt. Man wird Gesetz des L Verlustes. 559 mir dann bei Versuchen über die Anordnung der L in einem Kör¬ per zu einem richtigen Resultate gelangen, wenn man im Stande ist, diesen Verlust in Rechnung zu bringen, welches wieder nur der Fall'ist, wenn man das Gesetz, nach welchem er erfolgt, kennt. 315. Um das Gesetz des 1c Verlustes kennen zu lernen, hat Coulomb den Verlust durch die unvollkommen isolirenden Stützen von dem durch die Luft abgesondert. Er überzeugte sich zuerst davon, daß eine Schellackstange von 4 L. Dicke und 16—20 L. Lange eine mäßig electrisirte Kugel von Hollundermark, deren Durchmesser 5 — 6 Linien beträgt, vollkommen isolire: denn ihr Electricitätsverlust war gleich, sie mochte durch ein oder durch meh¬ rere solche Stängelchen getragen werden. Wurde daher eine Schel¬ lackstange, wie die angegebene, als Hebel einer Wage gebraucht, und die genannte Hollundermarkkugel dem Hebel gegenüber gesetzt; so konnte man gewiß seyn, daß der Electricitätsverlust, den sie erleidet, bloS auf Rechnung der Luft komme. Coulomb fand, daß dieser Verlust in einerlei Zeit und bei einerlei FeuchtigkeitSzustand der Luft stets der Intensität der L proportionirt, übrigens aber vom Leitungsvermögen des elektrischen Körpers und, bei einer geringen elektrischen Spannung, auch von der Gestalt dieses Körpers unab- hangig sey. — Da man nun den 1c Verlust einer Kugel kannte, die mittelst einer Schellackstange vollkommen isolirt war und daher blos der Luft 1c abgeben konnte; so brauchte man nur den Verlust desselben Körpers zu beobachten, wenn er von einer Glasstange getragen oder an einem Seidenfaden aufgehängt war, davon dell Verlust durch die Luft abzuziehen, um den Verlust durch unvoll¬ kommene Jsolirung von Seite der Stützen zu erhalten. Auch hier fand man, daß sich die Leitungsfähigkeit eines Körpers unter übri- gens gleichen Umständen nach der Intensität der L richte und so wie diese Intensität abnehme. — Man sieht hieraus, daß für sehr kleine Grade der Electricität fast alle Körper völlige Nichtleiter sind, fo daß es gar nichts Ungereimtes wäre, zu behaupten, es befinde sich in allen Körpern, ungeachtet ihrer leitenden Verbindung unter "»ander, immer ein gewisses Quantum freier Electricität. einem von Coulomb angestellten' Versuche, wo der Verlust blos durch die Lust erfolgte, war die abstoßende Kraft der deiner Windung des Drahtes von 270° proportionirt. Nach t Minute mußte man diese Windung um 6° vermindern, um denselben Abstoßungs- Winkel jzu erhalten, so daß nun die Abstoßung nur einer Windung 316. Wenn einem leitenden Körper L mitgetheilt wird, so sammelt sich diese ganz auf seiner Oberfläche und bildet daselbst eine dünne Schichte. Davon überzeugt man sich durch viele Versuche. Deckt man die Oberfläche einer Kugel mit zwei halbkugelförmigen, mit isolirten Handgriffen versehenen Schalen und theilt ihr dann L mit; so findet man sie nach Wegnahme dieser Schalen ganz ohne L, zum Beweise, daß die L in den Schalen, mithin ander Oberfläche, ihren Sitz hat. Electrisirt man eine mit einem Loche versehene Kugel, so zeigt eine in dieses Loch gesenkte Probescheibe, nachdem man sie sorgfältig, ohne Berührung der Ränder heraus¬ genommen hat, keine Spur von L. An der Oberfläche des Kör¬ pers wird die Z nicht etwa durch eine besondere Anziehungskraft, sondern blos durch die Luft, welche ein schlechter Leirer ist, zurück¬ gehalten. Daß dabei keine Anziehung im Spiele sey und daher verschiedene Körper nicht eine verschiedene Capacität für die L besi¬ tzen , in dem Sinne, wie dieses von der Wärme gilt, erkennt man daraus, daß eine Kugel von einer anderen electrisirten gleich viel L aufnimmt, sie mag aus was immer für einem Materiale bestehen, hohl oder massiv seyn, wenn nur die Größe der Ober¬ fläche in allen diesen Fällen dieselbe ist. Daß aber die Luft wegen ihrer schlechten Leitungsfähigkeit die L zurückhalte, beweiset der Umstand, daß ein Körper im luftleeren Raume seine augen¬ blicklich verliert und daß diese in verdünnter Luft desto leichter van einem Körper in einen anderen durch die Luft übergeht, je weit» die Verdünnung getrieben ist. 317. Die Electricität ordnet sich auf der Oberfläche eines Kör- prrs immer so an, daß die Wirkungen der einzelnen Elemente der Oberfläche auf einen Punct im Innern der Masse des Körpers sich gegenseitig aufheben. Dieses Gesetz gibt die Grundlage der Rech¬ nungen über die Anordnung der in leitenden Körpern ab führt zu Resultaten, welche durch die Erfahrung auf das gcnauest- bestätigt werden. Versuche lehren z. B., daß die tbi auf einer K» 560 Gesetz der Anordnung der L. von 264° entsprach. Die mittlere Electricitätsmenge war nun der 27N-P.264 Größe---—267° proportionirt und von dieser betrug der 6° entsprechende Verlust Nach lCou lomb beträgt bei trockener Luft dieser Verlust in 4 M. in der Regelbei feuchter Lust steigt er ost auf der mittleren Spannung. Wirkung der Spitzen. 56L gel nach allen Seiten eine gleich dichte Schichte bilde und obiges Gesetz führt zu demselben Resultate, wie man sich leicht auf folgen» de Weise überzeugen kann. Es sey Fig. 322 ein größter Kreis einer Kugel, in welchem zwei, unter einem kleinen Winkel sich schneiden¬ de Sehnen aö und cts gezogen sind. Man denke sich mit dem Durch¬ messer aal und Le auf der Oberfläche der Kugel Kreise beschrieben und untersuche die Dichte der daselbst angehäuften L unter obiger Bedingung. Es sey die Dichte der Electricitätsschichte in aci gleich /, die in öö gleich r und daher und t.Ls- die daselbst an¬ gehäufte Electricitätsmenge; die Wirkung auf o von Seite der er- I. ar/- r'.Ls' fieren muß gleich — und von Sette der letzteren glerch n ' . I.aü" r.ös' , aal Ls seyn, und man hat -—— — - , Allem es ist — " ae Lo Lo Lü mithin auch I—r. An einem elliptischen Körper verhält es sich an¬ ders. Da hat die A an den mehr gekrümmten Stellen eine größere Dichte als an den minder gekrümmten, so zwar, daß, wenn eine Axe des Ellipsoides etwa zehnmal größer ist, als die andere, die L an den Endpuncten jener 100 mal dichter ist als an den Endpuncten die¬ ser. An zugespitzten Körpern ist der Unterschied derDichte derLgar groß, ja die Rechnung zeigt, daß die Dichte an einer Spitze un¬ endliche Male größer sey, als an den flachen oder abgerundeten Stellen desselben Körpers, so daß man daraus recht wohl begreift, warum die L an den Spitzen stets im Stande sey, die schlecht lei¬ tende Luft zu durchbrechen und daselbst abzufließen, und auch, war¬ um die L durch Spitzen so leicht ausgenommen werde. Werden zwei sich berührende Kugeln von ungleicher Größe electrisirt; so "hält ihre Berührungsstelle gar keine Eleetricität, in einiger Ent¬ fernung davon beginnt diese merklich zu werden, wächst aber bei der kleineren schneller als bei der größeren und der Berührungsstelle entgegengesetzt erhält die kleinere mehr Eleetricität als die größere. Hebt man die Berührung der Kugeln aus und entzieht sie ihrem gegenseitigen Einflüsse, so vertheilt sich die Eleetricität auf jeder derselben gleichförmig, doch erscheint sie auf der kleineren in dem Maße stärker als auf der größeren, als ihr Durchmesser kleiner das Verhaltniß der Electricitätsintensitäten überschreitet aber 'üe jenes von 1:1.65. Auch diese Vertheilung der Electricitat nut beiden Kugeln ist von der Natur und Größe ihrer Masse un¬ abhängig. Naturi-hre, 5. Auff. 26 562 Wirkung der L in die Ferne. 318. Untersucht man die Intensität der L eines Körpers en verschiedenen Puncten zu verschiedenen Zeiten, nachdem er entwe¬ der durch die Luft oder durch unvollkommene Jsolirung einen Theil seiner L verloren hat; so überzeugt man sich, daß das Verhältnis dieser Intensitäten an verschiedenen Puncten stets dasselbe bleibt, die absolute Menge der L mag wie immer ab- oder zugenommen haben. Diese Erfahrung erlaubt die Folgerung, daß durch denZu- wachs einer doppelten oder dreifachen Menge der L auch jedes Ele¬ ment des elektrischen Körpers doppelte oder dreifaches bekommeund daß sich größere und kleinere Electricitätsmengen stets nach demsel¬ ben Gesetze anordnen und ins Gleichgewicht treten. 319. Die im Gleichgewichte befindliche Electricität afficirt na¬ he gebrachte Leiter auf eine eigene Weise und die Anziehung, welche bisher als Äußerung solcher Electricität angesehen wurde, ist erst eine Folge dieser Wirkung der Electricität in die Ferne. Es ist diese Wirkung von vorzüglicher Wichtigkeit, weil darauf die Theorie der wichtigsten elektrischen Apparate beruht und weil sie über die Natur des elektrischen Princips die meiste Aufklärung gibt. Zu Versuchen über diese Wirkungen braucht man einen länglichen isolirten Körper, wie ihn Fig. 311 vorstellt, an dem man in verschiedenen Puncten kleine Korkkügelchen an seinen Fäden so aushängt, daß sich immer zwei und zwei berühren. Ist dieser Körper ein guter Leiter der L und man bringt ihn mit dem Ende in die Atmosphäre des Con¬ ductors einer Maschine, der z. B. -s- L hat, so erfährt man Fol¬ gendes: 1) Die Kugeln gehen auseinander und zeigen, daß der Leiter electrisirt sey. 2) Diese Divergenz der Kugeln findet an beiden Enden A und L am stärksten Statt, wird gegen die Mitte immer schwächer, so, daß es daselbst einen Punkt gibt, der gar kein Zeichen der Zurückstoßung merken läßt. 3) Nähert man den divergirenden Fäden ein Electroscop, so zeigt es am Ende negative, am Ende L positive Electricität. 4) Zieht man den Leiter zurück, ohne ihn zu berühren, so hört alle Divergenz der Kugeln auf und er befindet sich im natürlichen Zustande. Der Con- ducror der Maschine hat aber ^nichts von seiner Electricität verloren, außer was er auch sonst durch die Luft und durch die unvollkommene Jsolirung verloren hätte. Der Leiter hat also seine nicht dum Mittheilung erhalten. Man sagt, er sey durch V e rth e ilunZ electrisirt worden. 5) Berührt man das Ende Z, während der Atmosphäre —hat, so geht vonL ein Funke in den Fu'b" Wirkung der L in die Ferne. 563 über, der Leiter verliert in L seine L, wahrend in die Faden stärker als vorhin divergiren. 6) Nimmt man nach der Berührung den Leiter aus der electrischen Atmosphäre, so zeigt er durchaus — L. 7) Alle diese Erscheinungen lassen sich so oft hervorbringen, als man will, ohne schwächer zu werden, wenn nur der Eonductor der Maschine immer gehörig stark electrisirr ist. Ist der in der electrischen Atmosphäre befindliche Körper ein schlechter Leiter der L; so wird wohl auch das vordere Ende — L zeigen, aber-j-L wird nicht bis in die zweite Hälfte desselben abgestoßen, sondern bildet in der Nähe eine electrische Zone—L, die an der nächst daran grenzenden wieder ein -l- D durch Vertheilung hervorruft u. s. f., so, daß ein solcher Körper aus einer Reihe auf einan¬ der folgender Zonen besteht, die abwechselnd — L und -I- L haben. Die Richtigkeit dieser Thatsachen ist neuestens von Pfaff in Abrede gestellt (Schweigg. I. 61. 391), und dagegen behauptet worden, ein in einer z. B. positiven, electrischen Atmosphäre befindlicher Leiter zeige an allen Stellen positive Electricität und es sey an ihm ' weder negative Electricität zu entdecken, noch eine indifferente Stelle vorhanden.Da ich aber obige Versuche oft genug angestellt und bei gehöriger Vorsicht immer die angegebenen Resultate erhalten habe, aber auch der würdige Gelehrte, weicher ihre Richtigkeit bestreitet, die von ihm angestellten Behauptungen aus Experimenten ableitet; so muß ich vermuthen, es sey bei denselben der doppelte Einfluß, welchem das gebrauchte Electroscop dabei ausgesetzt ist, indem es von der L des Conductors und von dem durch Vertheilung electrisirten Körper zugleich afficirt wird, nicht gehörig berücksichtiget worden. Aus der Natur der Electricität läßt sich hierüber nichts voraussetzen, da eben diese Natur vorzüglich aus der vertheilenden Wirkung der Electricität erklärt werden soll. Gegen Pfaff's Behauptung, daß die negative Electricität sich in dem, dem positiv electrischen Körper nahen Ende des Leiters nicht äußern kann, weil sie durch jene po¬ sitive Electricität ebenso gebunden ist, wie sie vorher durch die dem Leiter eigene L gebunden war, glaube ich bemerken zu müssen, daß sich die bekannten Gesetze der Anziehung und Abstoßung der 1k nur auf freie L, nicht auf das noch nicht rege gewordene, in den Kör¬ pern ruhende Princip der L beziehen, und daß aus diesen Gesetzen die electrische Vertheilung so, wie sie vorhin dargestellt wurde, folge. Vergleiche hiemit 329. 320. Die Phänomene der electrischen Vertheilung verbreiten L'cht über die Anziehung und Abstoßung, welche ein electrisirter 36 * 564 Franklin'sche Tafel. Körper auf einen anderen ausübt, und über den inneren Hergang bei der Mittheilung der A. Sobald nämlich ein Körper in die elec- trische Atmosphäre kommt, wird er selbst durch Vertheilung elektrisch, und die Anziehung, welche er erfährt, ist das Resulrat des Be¬ strebens der zwei entgegengesetzten Electricitäten, sich zu vereinigen. Je näher er dem anziehenden Körper kommt, desto mehr L wird in ihm durch Vertheilung entwickelt und desto größer ist das Be¬ streben der entgegengesetzten L, sich zu vereinigen, bis endlich, bei einer gewissen Entfernung (Schlagweite) beider Körper von einan¬ der, die L die zwischen ihnen befindliche, schlecht leitende Körper¬ schichte zu durchbrechen vermag, in welchem Falle ein Funke über¬ geht, die zwei entgegengesetzten Electricitäten sich vereinigen und sich gegenseitig neutralisiren, so daß dem durch Vertheilung electri- sirten Körper nur mehr jene L übrigbleibt, welche mit der des an¬ deren gleichnamig ist und daher auf sie abstoßend wirkt. Demnach geht die sogenannte Mittheilung nicht so vor sich, wie etwa Wasser von einem Gefäße in ein anderes überfließt, sondern der gleich an¬ fänglich electrisirte Körper verliert einen Theil seiner freien L durch Neutralisation desselben mittelst der entgegengesetzten .L des an¬ deren Körpers und dadurch wird in diesem eben so viel gleichnamige L frei. 321. Die meisten Vorrichtungen, welche nebst der Electrisir- maschine und den Electroscopen den gesummten elektrischen Apparat ausmachen, beruhen auf der Electrisirung durch Vertheilung. Du wichtigsten derselben sind: Die Franklin'sche Tafel und die Leidnerflasche, die elektrische Batterie, der Elektro¬ phor und der Condensator. 322. Wenn man eine dünne Glastafel auf beiden Seite» mit Zinnplättchen belegt (armirt) so, daß nur ein etwa zwei Finger breiter Rand an beiden Seiten frei bleibt, den man zur Abhaltung der Feuchtigkeit mit einer Auflösung von Siegellack in Weingeist überstreicht, so hat man diejenige Vorrichtung, welche Fr ankli ri¬ sche Tafel genannt wird. — Theilt man einer belegten Fläche derselben, z. B. -j-lii mit, so wird dadurch auch das Glas, wel¬ ches mit der Belegung in Berührung steht, elektrisirt. Diese zersetzt die natürliche Electricitäts^ L), welche im Glase enthalten ist, auf der entgegengesetzten Fläche des Glases, — L wird angezogen/ -ß- L abgestoßen. Letztere fließt, wenn diese Fläche nicht isolirt ist/ in den Boden ab, wovon man sich leicht überzeugen kann, we» Leidn erflasche. Elect. Batterie. 565 man die Glasfläche isolirt und ihr dann einen guten Leiter nähert; denn da sieht man, während die andere Fläche electrisirt wird, Funken übergehen, mit denen man sogar eine zweite ähnliche Ta¬ fel electrisiren kann. Die Tafel heißt in diesem Zustande geladen. Daß bei diesem Verfahren das Glas wirklich geladen werde und daß man die Belegung nur brauche, um ihm die L auf einer Seite leicht mitzutheilen, auf der anderen sie leicht abzuleiten, lehrt fol¬ gender Versuch : Man nehme eine dünne Glastafel, armkre sie statt mit Zinnfolio mit Metallplatten und lade sie. Nimmt man hierauf mittelst isolirenderHandgriffe die Platten von der Glastafelweg und berührt sie mit dem Finger, damit sie die L verlieren; so lehrt die Erfahrung, daß, sobald man diese Platten wieder als Armatur auf die Glastafel gibt, die indes; unberührt geblieben ist, dieselbe gela¬ den erscheine. Man kann statt Glas mit Vortheil eine dünne Tafel von Glimmer oder von jedem anderen schlecht leitenden Körper brauchen. — Eine Flasche, die in- und auswendig mit Metall be¬ setzt ist, wie eine Franklin'sche Tafel, bis auf einen schmalen Strei¬ fen am oberen Rande, stellt eine Leidner flasche vor. Gegen¬ wärtig gibt man ihr folgende Einrichtung: Ein dünnes'Zuckerglas wird in-und auswendig mit Stannifolio so belegt, daß nur ein zollbreiter Streifen am Rande in- und auswendig unbelegt bleibt. Diesen bestreicht man, um die Belegungen-gut zu isoliren, mit einem Firniß oder mit Siegellack, stellt einenMetalldraht so hinein, baß er den Boden berührt, ein Paar Zoll über das Gefäß heraus¬ fleht und in einen Knopf endet (Fig. 312). Halt man den Knopf ber Flasche an den wohl electrisirten Conductor einer Maschine, während die äußere Belegung in leitender Verbindung mit der Erde steht; so wird die Flasche, wie vorhin die Franklin'sche Tafel, geladen. 323. Wenn man mehrere Leidnerflaschen oder Franklin'sche tafeln so mit einander verbindet, daß alle inneren und alle äuße¬ ren Belegungen mit einander in leitender Communication stehen, so erhält man eine electrische Batterie (Fig. 313). Es ist ^ar, daß diese geladen wird, wenn man blos dem Knopfe einer Fla¬ sche aus dem Conductor der Maschine mittheilt, und daß sie aus¬ geladen wird, wenn man blos die innere Belegung einer Flasche wir ihrer äußeren durch einen guten Leiter in Verbindung setzt. Eine Batterie vertritt eigentlich eine große Leidnerflasche, hat aber vor dieser den bedeutenden Vorzug, daß man sie nach Belieben 566 Electrophor. vergrößern und verkleinern kann, indem man neue Flaschen zugibt oder einige von der Communication mit den übrigen ausschließt, endlich wird durch Beschädigung einer Flasche nicht gleich die ganze Batterie unbrauchbar, wie dieses bei einer großen Flasche immer der Fall ist. Wenn man mehrere Franklin'sche Tafeln oder Leidnerflaschen neben einander stellt und die eine Belegung der einen mit der anderen Belegung der zunächst folgenden in leitende Verbindung seht; so wird auch das ganze System der Tafeln oderFlaschen geladen wer¬ den, wenn man auch nur der einen Belegung der ersteren L mit- theilt; allein die Stärke der Ladung nimmt vom ersten Elemente angefangen ab, und zwar desto schneller, aus je dickerem Glase diese Elemente gemacht sind. Eine solche Zusammenstellung nennt man eine elec irische Säule. 324. Ein äußerst wichtiges Instrument ist der von Wilke er¬ fundene und von Volta verbesserte Electrophor (Fig. 314). Dieser besieht aus einem glatten Harzkuchen, der in eine gut leitende Form gegossen wird, und aus einem wohl abgerundeten, ebenfalls leitenden Deckel von etwas geringeren Dimensionen als der Harz¬ kuchen isi, und welcher mittelst seidener Schnüre isolict werden kann. Wird der Harzkuchen mit einem Fuchsschwänze oder mit Katzenfell gerieben, so wird er negativ electrisch. In diesem Zustande lassen sich folgende Erscheinungen hervorbringen: 1) Untersucht man den auf dem Kuchen liegenden Deckel, so zeigt er oben die des Kuchens (—L), unten die entgegengesetzte (-j- L). 2) Stellt man den Deckel auf den Kuchen und hebt ihn wieder auf, ohne ihn berührt zu haben, so gibt er kein Zeichen der L. 3) Berührt man ihn, während er auf dem Kuchen liegt, mit dem Finger, so bemerkt man einen kleinen Funken, und der dann aufgehobene Deckel zeigt -I-L. 4) Berührt man nach Auflegung des Deckels, mit einem Finger die Form, mit dem anderen den Deckel, so erhält man ei¬ nen "Stoß. Der dann aufgehobene Deckel verhalt sich wie in 3). 5) Richtet man den Electrophor so ein, daß der Kuchen aus decForm genommen werden kann; so findet man am Kuchen, so lange der Deckel aufliegt, unten -j- L. Die Form zeigt oben —L, unten -si- 6) Alle diese Erscheinungen erfolgen, die Form mag isolirt sey»/ oder nicht, nur mit dem Unterschiede, daß die isolirte Form nach dem Berühren in 4 und nach der Aufhebung des Deckels —zeigt- und daher bei der Berührung einen Funken gibt. Condensator. 567 Die Wirksamkeit eines Elektrophors hängt von der Größe des Ku¬ chens, von seiner Härte, Glätte und Dichte, und von der Form und Beschaffenheit des Deckels ab. Man erhöht sie durch Vergrö¬ ßerung, Pressen, Abschleifen und Poliren der Harzmaffe, durch Wahl eines Deckels, der ohne Spitzen und eben ist, und sich gut an die Harzfläche anschließt. Die beste Harzmasse zu einem Elek¬ trophor erhält man aus 10 Th, Gummilack, 3 Th. Harz, 2 Th- ven. Terpentin, 2 Th. Wachs und Th. Pech. Man kann statt des Harzkuchens auch eine Glasrafel nehmen, allein diese hält die L nicht lange genug, Weber ersetzte ihn gar durch eine Luftschichte. Wodurch man ihn aber imm^r ersetzen mag, so bleiben doch die Erscheinungen dieselben, mit der einzigen Ausnahme, daß man, wenn der elektrische Körper -l-F hat, in allen erwähnten Phäno¬ menen auch statt -l-L, — L und umgekehrt erhält. Man bedient sich des Elektrophors mit Vortheil zu Zündmaschinen; man kann auch Flaschen damit laden. Als Reibzeug braucht man am besten Fuchsschwänze, Katzen-, Hasen- oder Marderfelle und trockenen warmen Flanell. 325. Alle diese Erscheinungen des Elektrophors sind Folgen der Electrisirung durch Vertheilung. Die —des Kuchens bewirkt im Deckel eine Zerlegung der sie zieht -s- L an, stoßt — ab; daher die Erscheinungen 1,2,3. Im Kuchen selbst erzeugt — der oberen Fläche unten ->-A. Diese zersetzt wieder ^12 der Form, zieht — L an und stoßtab; daher die Phänomene 4,5, 6. (Hummel in Zeitsch. n. F. 2. 213.) 326. DerCondensator, ein im Jahr- 1782 von Volta zuerst bekannt gemachtes Instrument, dient, schwache Electricitä- ten zu entdecken, die mittelst eines gewöhnlichen Electroscops nicht wehr entdeckt werden können. Er besteht in seiner einfachsten Form aus einer halbleitenden meistens marmornen, runden Platte als Basis (Fig. 323) und aus einem isolirten, leitenden, runden Deckel L. Man kann aber auch zwei Metallplatten von gleicher Große nehmen, wovon eine die Basis, die andere den Deckel bildet und mit einem gläsernen Handgriffe versehen ist. Beide müs¬ sen an der Flache, wo sie sich berühren, mit einer dünnen Firniß- schichre überzogen werden. Diese Firnißschichte läßt sich auch durch eine Luftschichte ersetzen. In diesem Falle bekommt die Basis drei kleine Siegellack- oder Glastropfen, die dem Deckel als Stütze bienen und deren Hohe die Dicke der Luftschichte zwischen Bags und Deckel bestimmt. Oft werden beide Metallscheiben a und 5 (Fig. ^24) mittelst eigener Träger, wovon der zu 5 gehörige aus Glas, 568 Gebrauch und Theorie des CondensatorS. der andere aus Metall ist, auf einem Gestelle befestiget, und las¬ sen sich mittelst einer Schraube einander nähern oder von einander entfernen, a kann man auch um eine in der Nähe des Gestelles befindliche Charnier drehen und ganz umlegen.Zu vielen Zwecken ist; die Einrichtung sehr bequem, wo die Platte «desCondensators (Fig. 325) mit einem empfindlichen Electroseope b> in Verbindung steht, dann ist die darauf stehende c mittelst eines gläsernen Hand¬ griffes isolirt; a ist, des leichreren Gebrauches wegen, seitwärts mit einem Knöpfchen versehen uird vertritt die Stelle des Deckels, c die der Basis. 327. Beim Gebrauche des CondensatorS verfährt man so- Während der Deckel auf der Basis ruht, berührt man ihn mit dem Körper, in welchem man L vermuthet, hebt dann den Deckel auf und untersucht mittelst eines Electroscops, ob er Zeichen derbävon sich gebe. Oft ist die zu erforschende bä eines Körpers so gering,daß man den Deckel des CondensatorS öfter berühren muß, um bl daran wahrzunehmen; nicht selten führt auch dieses zu keinem Re¬ sultate. In solchen Fällen berührt man mit dem von der Basis ab¬ gehobenen Deckel des CondensatorS den eines zweiten, und unter¬ sucht dann an diesem das Daseynesectrischer Spuren. Dabei hat mau aber sehr darauf zu achten, daß beide Condensatordeckel von einerlei Material seyen und daß nicht durch einen etwaigen Stoß erst wäh¬ rend der Untersuchung L erregt werde. 328. Um die Wirkung des CondensatorS aus der Vertheilung der L zu begreifen, denke man sich den mit einer Harzschichte über¬ zogenen Deckel dieses Instrumentes auf die leitende Basis gestellt. Bringt man nun mit dem Deckel einen z. B. positiv elecrrischen Körpers in Berührung, so wird jener selbst durch Mittheilung elek¬ trisch, allein er braucht, um mit A ins elektrisch« Gleichgewicht z» kommen, mehr bä, als wenn er nicht auf der Bazis stände; denn die ihm im Augenblicke derBerührung mstgetheiltebä-zersetzt dieiffb, der Basis, stoßt -k- bä derselben ab und zieht — bä an. Diese — L wirkt aber auf die freie -l- bä des Deekels zurück, bindet ei¬ nen Theil derselben und schwächt so ihre electrische Spannung. Die¬ ses bewirkt, daß von ^b ein neuer Thesl der bä in den Deckel über¬ geht, der einen ferneren Theil der bä der Basis zerlegt, so dar- bas Spiel von Neuem beginnt und so lauge fortdauert, bis zi¬ schen der freien -s- -bl des Deckels und der — L der Basis ein vollkommenes Gleichgewicht eingetreten ist. Der Exponent des V" Gleichgewicht der durch Vertheilung erregten L. 569 hältnifses zwischen der Electricität, welche der Deckel von auf- nimmt , wahrend er auf der Basis steht, und derjenigen, die er aufnehmen würde, wenn er sich nicht auf der Basis befände, heißt die condensirende Kraft des Condensators. Vom Conden- sator ist Cavallo's Collector und Benner's Dupli- cator nicht wesentlich verschieden.(Gren'sJourn. 1.275. Gilb. Ann. 9. 124; 13. 208; 17. 414; 42. 376.) 329. Die durch Vertheilung an einem Leiter erregten Electrici- täten stehen nicht für sich im Gleichgewichte, sondern werden blos durch den Einfluß der vertheilsnden Electricität im statischen Zustan¬ de erhalten. Poisson hat die Anordnung und Beschaffenheit der Electricität zweier guter L leiter, dis gegenseitig auf einander wir¬ ken, durch Rechnung bestimmt. Die Grundlage derselben ist das in 313 erwiesene Gesetz der Anziehung und Abstoßung und die Vor¬ aussetzung , daß im electrischen Gleichgewichtszustände die resulti- rende Wirkung aller Electricitätsschichten auf irgend einen Punct im Innern des Körpers —0 sei. Der Rechnung nach befinden sich zwei berührende leitende Kugeln, denen Electricität mitgetheilt worden ist, im Berührungspuncte im natürlichen Zustande. So wie man sie aber von einander entfernt, nimmt die kleinere Kugel an der der größeren gegenüberliegenden Stelle durch Vertheilung ent¬ gegengesetzte Electricität an. Bei größerer Entfernung wird die vertheilende Wirkung der L kleiner, die genannte Stelle der kleineren Kugel kehrt in den natürlichen Zustand zurück, und bei noch größerer Entfernung zeigt dieselbe Stelle die L der größe¬ ren Kugel. 330. Die Gesetze des Gleichgewichtes der L, von denen hier die Rede war, sprechen sich in der Leidnerflasche und in der Vol- talchen Säule besonders aus, daher vom statischen Zustande dercki in diesen Apparaten besonders die Rede seyn soll. Eine Leidnerflasche "scheint immer an der Belegung, der man -k-Ai mitgetheilt hat, mir positiver Ai, an der entgegengesetzten aber mit negativer, und beides ziehen sich an. Ihre Intensität kann durch Laden so weit gesieigert werden, als der durch die schlechte Leitungsfähigkeit be¬ gründete Widerstand des Glases, durch welches sich -s-Ai und — A mil einander vereinigen wollen, gestattet. Ze dicker das Glas ist, "sto mehr wird eS bis zu einer solchen Entladung brauchen, allein die einer Glasfläche mitgetheilte L die entgegengesetzte der an- 570 Gleichgewicht der L der Volta'schenSäule. deren Fläche nur durch Vertheilung rege macht, so wird bei übrigen- gleichen Umstanden die Ladung desto schwächer ausfallen, je großer die Glasdicke der Flasche ist. 331. Daß an einem Volta'schen Elemente beide Electricitäten vorkommen, ist bekannt. Jede der zwei Electricitäten ist aber ander Berührungsstelle am stärksten und es scheint, als wirkten die zwei Platten durch die in ihnen erregteElectricität condensirend aufein¬ ander (F e ch n er in Schweigg. 1.55. 223). Verbindet man die bei¬ den Bestandtheile der Kette mit einem schlechten Leiter, so wird am elect. Zustande derselben nichts geändert; dasselbe erfolgt auch, wenn man einen Halbleiter als Verbindungsmittel braucht, aber der Halb¬ leiter nimmt selbst einen besonderen electrischen Zustand an. Wird z. B. ein mit Zink zusammengelötheter Kupferstreifen halbkreis¬ förmig gebogen und von einem Ende des Halbkreises zum anderen init reinem Wasser durchnäßtes Papier, Asbest oder Baumwolle gespannt, hierauf die Kupferplatte mit der Hand gehalten und so¬ wohl die Zinkplatte als auch verschiedene Stellen des Halbleiter- mittelst eines Condensators untersucht; so findet man das Zink eben so stark positiv electrisch, als wäre der Halbleiter gar nicht da¬ mit in Verbindung, dieser selbst hat in der Nahe des Zinkes -k- A von gleicher Starke mit dem Zink, in einiger Entfernung davon geringere Electricität, in derNähe des Kupfers aber gar keine. Eben so findet man, wenn man das Zink in der Hand hält, das Kupfer, in Betreff seiner negativen Electricität, und im Halbleiter ist ebenso angeordnet wie vorher -s- L, seine am stärksten electrische Stelle befindet sich in der Nähe des Kupfers, in derNähe des Zin¬ kes hingegen befindet er sich im natürlichen Zustande. Berührt man weder die Zink- noch die Kupferplatte und untersucht den Halbleiter, so findet man ihn in der Nähe der Zinkplatte positiv, in der Nähe der Kupferplatte negativ electrisch. 332. An einer thätigen, isolirten Volta'schen Säule zeigt be¬ kanntlich der Zinkpol mittelst eines Electroscops -s-Ai, der Kuvstr- pol — Al und beide Electricitäten erscheinen gleich stark. Deshalb heißt auch jener der positive, dieser der negative Pol der Säule. Eben so zeigt jede andere Zinkplatte der Säule wenigste"' mittelst des Condensators -k-L, jede Kupferplatte —L; die Intensi¬ tät der L nimmt mit der Entfernung der Platten von jenem Pale¬ der mit ihr gleichnamige L hat, in einer arithmetischen Reihe ab. Ist ein Pol der Säule mit der Erde in leitender Verbindung, >a Ritt er' s L adu ng s säule. 571 steigt die Spannung des anderen auf das doppelte und dann zeigt die Säule nur die Clectricität des letzteren Poles. Bringt man die äußere Belegung einer Leidnersiasche von beliebiger Größe mit einem Pole, und die innere mit dem anderen in genaue Berührung; so wird dieselbe schnell bis zu der Spannung geladen, welche dem Pole eigen ist. Van Ma rum lud auf diese Art mit einer Säule von ganz kleinen Platten eine ungeheure Batterie augenblick¬ lich zu einem Grade, wozu er sonst mehrere Umdrehungen seiner Riesenmaschine gebraucht hätte. Eine trockene Säule verhält sich wie eine nasse, jedoch ist ihre Spannung kleiner als die einer nas¬ sen von einer gleichen Anzahl Platten. Man kann auch mit einer solchen Säule eine Leidnersiasche oder eine Batterie laden, aber die Ladung erfolgt nicht augenblicklich, sondern man braucht dazu eine merkliche Zeit. Werden die Pole einer thätigen Volta'schen Säule durch einen Halbleiter verbunden, so treten Phänomene ein, wel¬ che mit den an einer einfachen Kette unter denselben Verhältnissen bemerkbaren völlig übereinsiimmen ; der Halbleiter erscheint, so wie die Säule, mit zwei Polen, seine positive Spannung nimmt vom Zink zum Kupfer ab, seine negative hingegen in derselben Rich¬ tung zu; er behält diesen Zustand selbst noch einige Zeit bei, wenn er von der Säule getrennt ist. Eine abwechselnde Lage von Metallplatten unh feuchten Leitern verhält sich auch so wie ein Halbleiter. Wird eine Säule aus solchen mit befeuchteten Tuch¬ lappen wechselnden Platten mit den Polen einer Volta'schen Säule >u Verbindung gesetzt und nach einiger Zeit wieder getrennt; so "scheint sie wie die Volta'sche Säule geladen und bringt alle Phä¬ nomene hervor, die man an solchen Säulen bemerkt. Dasselbe er- folgt, wenn man die Säule mit dem Reibzeuge und dem Conduc¬ tor einer in Gang gesetzten Electrisirmaschine einige Zeit hindurch in Verbindung läßt. Man nennt sie darum Ladungssäule oder secundäre Säule. Ritter hat sie zuerst construirt (Gilb, 'lan. ig, 48Z). Einer solchen Säule ähnlich ist ein etwa 4 Linie dicker Silberdraht, dessen beide Enden man abwechselnd, eines mit dem positiven, das andere mit dem negativen Pole einer starken ^äule in Verbindung gebracht und dieses etwa 1 Stunde lang fort- ^letzt hat. Da erscheint mittelst eines guten Condensators jedes wahrende mir einer electrischen Spannung und zwar das eine mit positiver, das andere mit negativer L. (Zeitsch. 9. 241.) 572 Viertes Kapitel. ElectriciLät in Bewegung (electrischerStrom). 333. Wenn die in einem Körper angesammelte L nicht durch schlechte Leiter zurückgehalten wird, so fließt sie ab und der Körper kehrt in den natürlichen Zustand zurück, falls er nicht in sich selbst die Quelle eines fortwährenden Electrischwerdens hat. Man stellt sich vor, diese Fortpflanzung gehe so vor sich, daß das erste Ele¬ ment des guten Leiters, durch welchen sie erfolgt, durch Verthei- lung electrisirt werde, und an die L, welche die Vertheilung bewir¬ ket, ihre entgegengesetzte L abgebe. Dadurch wird die ihr gleichnamige L frei und wirkt eben so auf das L des folgenden Elementes des Leiters, wie auf das erste Element gewirkt wurde. Auf diese Weise ist das Abfließen der L eines Körpers das Resultat einer immer weiter fortschreitenden Zersetzung und Zusammensetzung der 2-i, mithin der Fortpflanzung einer Bewegung, wobei das Bewegte die Lage seines Gleichgewichtes nur sehr wenig verläßt, und dieses Fortschreiten macht den elec irischen Strom. Oft pflanzen sich zwei entgegengesetzte L in entgegengesetzten Richtun¬ gen durch einen Körper fort, in welchem Falle die Phänomene des Stromes besonders auffallend sind. Wenn von der Richtung des electrischen Stromes die Rede ist, so meint man immer jenen der positiven Electricität. 334. Es ist bekannt, daß man in einem Körper, der beides zugleich enthält, den electrischen Strom erregt, indem man die aut entgegengesetzten versehenen Stellen durch einen guten Leim verbindet. In einer geladenen Leidnerflasche wird der electrh-» Strom eingeleitet, indem man den Knopf der Flasche mit der äußeren Belegung in leitende Verbindung setzt; bei einer EleUs" sirmaschine mit isolirten Reibzeugen, wenn man die Reibzeuge »in dem Conductor, und in einer Volta'schen Säule, indem man du beiden Pole mit einander leitend verbindet. Eine solche geschleifte Säule hat nun eigentlich keine Pole mehr und der Strom geht 1°' wohl durch die Säule als durch den Polardraht. Bei einer Leionet flasche bedient man sich zur Führung des Stromes des sogenannte" Ausladers. Dieser besteht aus Drähten, welche an einem mir leitenden Kugeln versehen, am anderen um eine Charnier -e weglich sind und mittelst eines gläsernen Handgriffes gefaßt werde" Auslader. G eschw i ndig k eit d e r L. 573 können. Vorzüglich bequem istHenley's allgemeiner Auslade», an welchem die zwei mit den Belegungen der Flasche zu verbinden¬ den Metalldrahte so eingerichtet sind, daß man den Strom durch einen beliebigen Körper leiten kann. Fig. 326 stellt ihn vor. Man kann einen electrischen Strom auf mehreren Wegen sortzuleiten suchen. Kann er mehrere Wege zugleich einschlagen, welches z. B. geschieht, wenn man gleichzeitig mehrere Polardrähte oder mehrere Auslader anwendet; so vertheilt er sich unter alle diese nach Maßgabe ihrer Leitungs¬ fähigkeit. Sind sie alle gleich gute Leiter, so vertheilt sich derStrom in alle gleich; ist ihre Leitungsfähigkeit ungleich, so geht durch den besseren Leiter ein stärkerer Strom als durch den schlechteren. Da, wie die Folge zeigen wird, ein längerer Leiter eben dadurch schon schlechter leitet als ein kürzerer, so wird bei ungleich langen Leitern von sonst gleicher Beschaffenheit doch durch den kürzeren ein stärke¬ rer Strom gehen. Die Electricität kann sich auch durch den leeren Raum fortpflanzen, indem dieser, seiner Natur nach, kein positi¬ ves Hinderniß abgeben kann. Zu Versuchen hierüber liefert jedes gute Barometer die nöthige Vorrichtung. 335. Ob sich ein electrischer Strom momentan oder nur mit sthr großer Geschwindigkeit fortpflanzs, war bis jetzt unbekannt; denn beiden im Jahre 1747 von Watson angestellten Versuchen konnte man an einem 4 engl. Meilen langen Bogen, keine Spur twer suecessiven Fortpflanzung der Electricität wahrnehmen; aber neuestens hatWheatstone durch ein sehr sinnreiches Verfahren 'nicht blos die successive Fortpflanzung, sondern auch die Größe der Geschwindigkeit der Electricität ermittelt: Es wurde nämlich ein >20 engl. Meilen langer, isolirter Draht so angeordnet, daß der von einer geladenen Leidnerflasche an beiden Drahtenden und an eener in der Mitte des Drahtes angebrachten Unterbrechung über¬ springende Funke eine horizontale Richtung hatte und man vlle drei Funken aul einmal übersehen konnte. Das Bild dieser funken konnte man in einem kleinen Planspiegel sehen, der um horizontale Axe sehr schnell gedreht wurde. Dieses Bild hat 'umilich eine doppelt so große Geschwindigkeit als der Spiegel, und schreibt einen ganzen Kreis, während der Spiegel nur 180° zu- ^rklegt. Erscheint nun, unter der Voraussetzung einer succefsiven Fortpflanzung der Electricität, ein Funke nach dem anderen, wie der Annahme eines einzigen electrischen Fluidums gemäß ist, ok>" zeigen sich die zwei an den beiden Drahtenden und hierauf je- 57k Elect. Strom einer Leidnerflasche. ner in der Mitte, wie es dem Vorhandenseyn zweier electrischer Fluida entspricht; so müssen die Bilder der drei Funken, statt in einer geraden horizontalen Linie, in drei einander parallelen erschei¬ nen, weil jedes von einer anderen Stelle des Spiegels reflecürt wird. Macht nun der Spiegel in 1 Sec. 800, mithin das Bild in derselben Zeit 1600 Umdrehungen, so bemerkt man eine Ablenkung der Funken von 4Z., und die Geschwindigkeit der Eleciricitat ist da¬ her entweder 576000 engl. Meilen oder nur halb so groß, je nach¬ dem die Störung des electrischen Gleichgewichtes jenes Drahtes von einem Ende desselben ausgeht und bis zum anderen sortrücki, oder an beiden Enden gleichzeitig beginnt und bis zur Mitre fortschreitet. Die Lichtlinien erscheinen stets so, wie Fig. 327 er und ä zeigt, je nachdem der Spiegel rechts oder links gedreht wurde, und die Anfangspunete der zwei äußern Linien liegen stets in derselben Ver- ticalen. Niemals erscheinen die Lichtlinien so, wie Fig. 327 cund ä zeigt, und doch hätte es so seyn müssen, wenn die Fortpflanzung der Electricikät der Annahme eines einzigen FluidumS gemäß er¬ folgte. Demnach legt die Electricität in obigem Drahte, der aus Kupfer bestand, in 1 Sec. 28L000 engl. Meilen (115200 W-M-) zurück. 336. Der elecrrische Strom, welchen eine Leidnerflasche lie¬ fert, ist zwar nicht anhaltend, aber die Ladung der Flasche wird auch nicht durch eine einzige Berührung aufgehoben, sondern man bemerkt auch noch bei einer zweiten, dritten rc. Berührung der Belegungen Spuren eines electrischen Stromes. Auf ein seht empfindliches Electroscop wirkt eine Leidnerflasche selbst noch nach vielen Berührungen mittelst des Ausladers, zum Beweise/ ktb ihr noch einige elecrrische Spannung übrig geblieben sey. — einer Electriflrmaschine, deren Reibzeug mit dem Conductor >u- tend verbunden ist und die fleißig inThäligkeit erhalten wird, ist k" Strom fortdauernd. Am continuirlichsten erscheint er aber an cniu geschlossenen Volta'schen Säule, weil diese sich fast augenblicklichw"- der ladet und das ersetzt, was sie durch den Polardraht verlort" hat. In einer solchen liefert jedes Element seinen besonderen Strem nach derselben Richtung, für den Strom jedes Elementes geb'" alle übrigen Elemente den Schließungsdraht ab und Strom ist gleichsam die Summe der Ströme aller mente. Wenn der Schließungsdraht gut genug leit... . man an ihm, sobald die Kette geschloffen ist, keine Spur der gesamt einzelnen et, so b-m-m Wirkungen des elect. Stromes. 575 Wirkung auf dcrS Electroscop. Nur wenn der Draht nicht alle L abzuleiten vermag, bleibt ein Theil ihrer Spannung zurück und gibt sich durch das Electroscop, wenigstens mittelst eines Conden- sators, zu erkennen. Eine trockene Säule erlangt die durch einen Polardraht abgeleitete L nicht so schnell wieder, sondern sie braucht dazu einige Zeit, daher ist auch der Strom durch einen Polardraht, der bleibend die beiden Pole einer solchen verbindet, nicht so unun¬ terbrochen, wie bei der nassen Volta'schen Säule. Letztere gibt da¬ her unter günstigen Umstanden allein einen völlig ununterbrochenen Strom. Übrigens bleibt ein solcher electrischer Strom unverändert, wenn er auch durch einen Raum geht, welcher zugleich von anderen Strömen nach beliebigen Richtungen durchgangen wird. (Zeitsch. 7. 337,,351.) Wirkungen des elektrischen Stromes. 337. Der elektrische Strom bringt in Körpern, durch die er geht, sehr merkwürdige Wirkungen hervor; nämlich Erschütte¬ rungen und S in n e s a ffe cti o n e n an empfindenden Wesen, Licht- undW ä r m e p hä n o m e n e, mechanische Verändern«- g en, chemische Z e r se tz ung e n und M ag n e tisi r un g. Über¬ dies wirkt er auch theils mittelbar (magnetisirend), theils unmit¬ telbar (electrisirend) in die Ferne. Jede dieser Wirkungen muß nun besonders erörtert werden. 338. Wenn man einen hinreichend stark elektrischen Körper »ütden Fingern oder mit einem anderen Theile des Körpers berührt; so empfindet man, besonders in den Gelenken, durch welche der elek¬ trische Strom geht, einen Stoß, der die Folge der fortschreiten¬ den Zersetzung und Zusammensetzung der na^rlichen L in den Or¬ ganen des Körpers zu seyn scheint. Vorzüglich empfindlich wird dieser Stoß, wenn beide L in entgegengesetzten Richtungen ihren ^eg durch den Körper nehmen. Dieses ist der Fall, wenn man z.D. mit einer Hand den Conductor einer starken Electrisirmaschine, mir der anderen die Reibzeuge berührt, besonders aber, wenn man zu¬ gleich mit den beiden Belegungen einer geladenen Leidncrflasche oder mit den beiden Polen einer Volta'schen Säule in leitende Verbin¬ dung tritt. Die Erschütterung durch die Entladung einer Leidner- iia>che von einiger Größe hat fast in dem Augenblicke Statt, wo die Entladung erfolgt, ist aber auch fast nur momentan, wieder elektrische Strom. Sie kann durch eine große Anzahl Personen, 576 Elea tri sch er Schlag. die sich mit den Händen fassen und einen zusammenhängenden Leiter bilde»/ geführt werden. Der durch eine große Flasche oder gar durch eine Batterie erzeugte Stoß kann eine Lähmung, Blut¬ speien und andere Übel hervorbringen; man kann dadurch sogar Thiere tödten. Eine große Flasche mit geringer Ladung kann einen eben so wirksamen Stoß ertheilen, wie eine kleine, stark geladene; doch will man in der Natur dieser Stoße einen Unterschied bemerkt haben. — Eine Volta'sche Säule gewährt in Betreff der Erschütte¬ rung, die ihre Entladung erzeugt, besondere Phänomene, weil sie einen anhaltenden eleotrischen Strom liefert. Berührt man mit den Fingern, die durch eine Salzauflösung leitend gemacht worden sind, die beiden Pole der Säule und schließt die Kette durch den Körper; so empfindet man einen Schlag, wie aus einer LeiLnerflasche, der aber, wenn die Säule stark und der flüssige Leiter leitend genug ist, durch längere Zeit mit kleinen Unterbrechungen anhält. Beim Offnen der Kette tritt ein ähnlicher Stoß ein. Die Stärke dieser Schläge hängt von der Richtung des Stromes gegen den Verlauft« durch ihn afficirten Nerven und von der Drahtlänge ab. Geht er dem Verlaufe des Nerves nach, so haben beide Erschütterungen, die beim Schließen und die beim Offnen der Kette erregte, einerlei Stärke, hat er aber eine entgegengesetzte Richtung, so ist die letztere schwa¬ cher als die erstere, doch ist der Unterschied nicht für alle Individuen gleich groß (Zeitsch. 8. 90). Der Schlag einer Voltasschen Säule kann durch mehrere Personen, die sich mit feuchten Händen fassen, geleitet werden; an wunden Stellen ist die Affection besonders schmerzhaft. Wenn die Säule sehr stark ist, so wirkt sie scho» auf die Finger, wie ein heißer Körper. Diese Schläge sind bei dersel- ben Säule stärker, wenn man zuerst ein Stück Metall anfaßt und mit diesem die Pole berührt, wahrscheinlich, weil da auch die Be¬ rührungsfläche größer ist. Übrigens richtet sich die Stärke der Stöße vorzüglich nach der Anzahl der Plattenpaare, aus denen die Säule besteht und wächst mit dieser. Bei einer Säule von 10 — 20 Plat¬ ten bekommt man schon einen geringen Schlag; großplattige Apa¬ rate wirken hierin fast wie die mit kleinen Platten, denn die groM/ bekannte Säule, welche Children erbaute und die aus 20 pelplatten von 6 F. Länge und 2-^ F. Breite bestand, äußerte auf das Electroscop und auf den menschlichen Körper keine größere Su- kung, als eine Säule von eben so vielen, kleinen Platten. Eine Säule von 10 Elementen, mit Platten, deren jede 4 O.. Fuß Zuckungen durch Eleckricikät. 577 wie sie das hiesige Museum besitzt, gibt gar keinen wahrnehm¬ baren Schlag. Eine Z a mb o nisch e Säule gibt nie einen bemerk¬ baren Stoß. 339. Der electrischs Strom erzeugt in einem thierischen Kör¬ per eine Contraction und Expansion der Muskelfasern, durch welche höchst wahrscheinlich erst die eigenihümliche Empfin¬ dung, welche den electrischen Stoß begleitet, heroorgebracht wird. Non dieser Wirkung überzeugt man sich am leichtesten mittelst der Hinterschenkel eines jüngst getödteten Frosches, von denen man die Haut abgezogen hat. Leitet man durch diese Schenkel einen elect. Strom, der sich auch nicht durch den geringsten Stoß mehr zu erkennen gibt; so treten in denselben Zuckungen ein und zwar nach Maßgabe der größeren oder kleineren Vitalität des Thie- res und der Richtung des Stromes, wie die vorher erwähnten Erschütterungen, entweder beim Schließen und Offnen der Kerte oder nur bei ersterem oder bei letzterem allein. (M a rianini in Zeiisch. 5. 433; Nobili ebend. 8. 230; 9. 110; Matteuccr ebend. 9. 486.) Da schon die kleinste einfache Kelte solche Eon- traetionen bewirkt, wie z. B. wenn man mit einem Kupfcrstücke den Muskel eines Schenkels, mit einem Zinkstücke den Nerv des¬ selben berührt und die Metalle selbst mit einander in Berührung setzt; so ist ein Froschschenkel ein ungemein empfindliches Prü- sungsmittel für einen electrischen Strom; er war sogar die erste Veranlassung, die zur Entdeckung der Contactelectricitäc führte. 340. Der electrische Strom einer Volta'schen Säule afficirc die Sinne anfeine eigene, merkwürdige Weise. Berührt man ein Augenlied, das man vorher naß gemacht hat, mit einem, das andere mit einem anderen Metalle; so bemerkt man in dem Augen¬ blicke, wo diese Metalle unter sich in Berührung gebracht werden, einen Lichtschein. Mit einer Säule von 20 — 30 Elementen erreicht n>an dieses schon, wenn man einen Pol derselben mit, der Hand berührt, den anderen aber mittelst einer Metallstange mit irgend eniem Theile des Gesichtes in Verbindung bringt. Schließt man ben Kreis einer Säule von 30 — 40 Elementen durch die Ohren, uidem man die von den Polen kommenden Leitnngsdrähte wie Son- ben in den Gehörgang steckt; so erhält man eine starke Erschütterung 'm Kopfe und empfindet zugleich ein besonderes Geräusch. In der Nase soll der negative Pol, nach Ritter, ein Niesen erregen, der posi- Naturlehre L. Auff. 27 578 Electrischer Funke. tive eine Abstumpfung der Empfindlichkeit hervorbringen. Auf der Zunge erzeugt der positive Pol einen sauren, der negative einen alkalinifchen Geschmack. (Lehrbuch des Galvanismus rc. von Fechner. Leipzig 1829. S. 485 u. f.) 341. Die Eleciricitär kann sich in einem guten Leiter ohne die mindeste Spur einer Lichterscheinung fortpflanzen; aber freie, an keinen Stoff gebundene Electricität erscheint leuchtend. Der elect. Funke, welcher in der Luft von einem Körper in den an¬ deren übergeht, ist demnach freie Electricitat; denn er durchbohrt gleichsam die Luft und drückt sie zusammen, wie man leicht durch einen Versuch zeigen kann, den man mittelst des Apparates Fig. 328 anstellt. Dieser Apparat stellt gleichsam einCommunicalions- gefäß mit Quecksilber vor, wovon ein Arm geschloffen ist und die zum Überschlagen eines electrischen Funkens durch die Luft in die¬ sen Arm nöthige Einrichtung hat. So wie der Funke überschlagt, sieht man das Quecksilber im engeren, offenen Arme steigen, zum Beweise, daß der Funke nicht durch die Masse der Luft gegangen sey, sondern dieselbe beseitiget habe. Dieser Funke richtet sich nach der Natur, Große und Gestalt der Leiter, nach dem Mittel, in welchem er Statt findet und nach der Intensität der L. Da dem Übergänge der Ai von einem Körper in einen anderen durch ein schlecht leitendes Mittel immer eine Electrisirung des letzteren durch Venheilung vorausgeht ynd diese desto starker seyn muß, je besser jener leitet und je länger er ist; so wird in demselben Grade auch das Bestreben der zwei entgegengesetzten Al, das Zwischenmittel zu durchbrechen und einen electrischen Funken zu erzeugen, zunehmen. Aus dem Vorhergehenden und aus dem Einflüsse der Gestalt der Körper auf die Anordnung der Ai kann man die Verschiedenheit der electrischen Lichtphänomene vollkommen begreifen. Der CondiM" einer Electrisirmaschine gibt desto längere Funken, je stärker seme electrische Spannung, je mehr gekrümmt und''je reiner (spitzen¬ freier) seine Oberfläche ist. Aus einer kleinen, auf den Conductor aufgesetzten Kugel kann man längere Funken ziehen als aus dem Conductor selbst. In eine hölzerne (nicht vorzüglich gut leitende) Kugel gehen ganz kurze Funken über, längere in eine messingene/ besonders wenn dieselbe klein und mit der Erde leitend verbunden ist; eine Spitze erhält die L schon aus einer sehr großen Entfer¬ nung ohne merklichen Funken. Je mehr man die Luft verdünnt, desto weiter schlägt der Funke über, je mehr man sie verdichtet/ Farbe des elect. Funkens. 579 desto kürzer wird er. Die Funken einer Volta'schen Säule sind im¬ mer nur sehr kurz, weil auch die Spannung der L einer solchen im Vergleich mit jener einer L Maschine nur sehr gering ist. Es gibt zwar schon ein einziges Element von 1Q. Fuß Oberfläche einen kleinen Funken; dieser wird bei übrigens gleichen Umstanden desto stärker, je mehr solche Elemente zu einer Batterie zusammengesetzt werden; aber selbst die große Batterie der Royal-Jnstirution, dis aus 2000 Doppelplatten von 32 O-. Zoll Oberfläche bestand, gab dem berühmten Davy nur Zoll lange Funken und erst als man die Lust zwischen den Enden der Polardrähte stark verdünnt hatte, wuchs ihre Länge auf 4 Zoll. Mittelst eines sehr langen (am besten spiralförmig zusammengewundenen) Polardrahtss erhält! man die stärksten Funken (Nobili in Pogg. Ann. 27. 436). Daß ein solcher beim Offnen einer Kette eben so¬ wohl wie beim Schließen derselben eintreten müsse, ist für sich klar. Doch kann letzterer durch Umstände, welche den ersteren nicht affi- ciren, bedeutend verstärkt werden. An trockenen Säulen hat man noch keine Funken wahrgenommen. Kurze Funken erscheinen gerade, lange hingegen zickzackförmig, wahrscheinlich, weil sie die Luft vor sich verdichten und den verdichteten Schichten seitwärts aus¬ weichen wollen. 342. Die Farbe des elect. Funkens richtet sich nach der Dichte und Leitungsfähigkeit des Mittels, nach der Intensität der elect. Spannung und nach der Natur der Körper, die den Funken geben und aufnehmen. Durch ein dreiseitiges. Glasprisma betrachtet, zeigt der clectrische Funke ein lebhaftes Farbenbild; ja sogar Fraun- h o fer'sche Linien hat man darin bemerkt und gefunden, daß sich dieses Lichc vom Sonnenlichte wesentlich unterscheide. Beachtens« werth ist die von Fusinieri gemachte Beobachtung, daß durch den electrischen Funken ponderable Stoffe in einem sehr fein zer¬ teilten Zustande übertragen werden. So z. B. bemerkte er, als er zwischen einer goldenen und einer silbernen Kugel, deren jede wir einer Belegung einer Batterie in Verbindung stand, eine blanke Silberscheibe aufstellte und die Batterie durch sie entlud, auf jeder Seite dieser Scheibe einen vergoldeten Fleck. s^ionnais c/i L7.ri- rc. IL25. Lim. L7. 450.) Übrigens bildet ein electrischer Funke uucht ein ununterbrochenes Ganzes, wenn er auch dem freien Auge lo erscheint. Mittelst eines schnell rotirenden, gegen die Dcehungs« geneigten Planspiegels kann man sich von der Jntermittenz der 27 * 580 Elektrischer Knall. meisten continuirlich erscheinenden elektrischen Lichtphäuomene über¬ zeugen. In verdichteter, atmosphärischer Luft ist der electrischeFunke sehr leb¬ haft, .imKohleusäuregas weiß und intensiv, im Wasserstoffgas roth und schwach, in Wasserdünsten gelb, in Alkohol"- und Ätherdimslen seladongrün. Geht der Funke von Metall in Metall über, so ist er meistens weiß, nimmt ihn eine Hand auf, violett; ein in Wasser überschlagender Funke ist roth. Manche Farbenverschiedenheit scheint von der Intensität der L" abzuhängen, denn selbst unter denselben Umständen ändert sich die Farbe, wenn sich die elektrische Span¬ nung ändert. (Schweigg. I. Z. 1ä5.) Auf den Gesetzen der elektri¬ schen Lichterscheinungen beruhen mehrere elektrische Apparate,z.V. die elektrische Spirale, die elektrische Illumination; das Leuchten der Barometer hat auch darin seinen Grund. Einige Physiker wol¬ len an der Gestalt des Funkens einen Unterschied bemerkt haben,;« nachdem er aus einem positiv oder aus einem negativ elektrischen Körper kommt. 343. Der Übergang eines starken Funkens durch die Lust ist immer von einem cigenthümlichen Schalle begleitet, den sich jeder leicht erklären kann, welcher weiß, daß dieL die Luft durchboh¬ re, sie zusammendrücke und hinter sich einen leeren Raum zurücklaffe. Kleine Funken, wie sie eine Volta'sche Säule gibt, verursachen nur ein Knistern, die Funken aus dem Conductor einer kräftigen Maschine erregen schon ein Krachen und der verstärkte Funke einer Leidnerflasche einen förmlichen Knall. 344. Den Phänomenen des elektrischen Lichtes sind jene Wir¬ kungen des elektrischen Stromes analog, durch welche Körper durch¬ scheinend oder phosphor es cirend werden. Steckt man m einen Apfel zwei Leitungsdrähte so , daß sie in dessen Jnnerm nicht weit von einander abstehen, und leitet dann einen Schlag durch sie; so erscheint der Apfel durchscheinend. Dasselbe kann man mit Tannen¬ holz, Eiern rc. machen. Leitet man einen Funken über ein Stück Kreide, so zeigt sich nach der Explosion ein Lichlstreifen auf demsel¬ ben. Etwas Ähnliches bewirkt man durch einen Schlag, den man über Zucker, Schwerspat!), calcinirte Austerschalen :c. leiler.Kor-' per, wie z. B. Flußspath, welche durch Calcinirsn die Eigenschaft em- gebüßt haben, nach der Erwärmung im Dunkeln zu leuchten, be- kommen dieselbe wieder, wenn man elektrische Schläge über st? leitet, selbst wenn sie von der L nicht unmittelbar berührt mü¬ den; ja selbst solche Körper, die von Natur aus nicht geeignet sm- Erhitzung durch Ele ctricität. 58! durch Erhitzung zur Phosphorescenz gebracht werden zu können, neh¬ men durch Warme PhoSphorescenz an, wenn man electrische Schlä¬ ge über sie geleitet hat. Oft phosphorescirt ein Körper, der diese Eigenschaft schau von Natur aus hat, nach dem Behandeln mit elec- trischen Strömen in einer anderen Farbe als vorher. (Pear soll in Zeitsch. 9. 234; 10. 110. Heinrich über Phosphorescenz der Körper. Nürnberg 1811 und 1812.) 345. Der electrische Funke hat eins erwärmende Kraft, durch die er nicht blos das Thermometer steigen macht, sondern auch brennbare Körper anzuzünden vermag. Schon der vom Conductor einer Electrisirmaschine, vom Electrophor oder von einer Volta'- schen Säule kommende Funke entzündet Knallluft (electrische Pi¬ stole, Zündmaschine), Schwefelächer, Colophoniumstaub, Phos¬ phor rc., um so leichter bewirkt dieses der verstärkte Funks einer Leidnerflasche; doch musi manchmal, wie z. B. beim Anzünden des Schießpulvers der electrische Strom durch einen in die Kette gebrach¬ ten minder guten Leiter (z. B. durch nassen Spagat) verzögert werden. Gießt man in ein konisches Metallgefäß eine geringe Mengs einer Salzauflosung, setzt das Gefäß mit einem Pole einer kräfti- genVoltasschen Säule in Verbindung und taucht eine Metallkugel in die Flüssigkeit, welche mit dem anderen Pole der Säule communi- ürt; so kommt die Salzlösungschon nach wenigen Minuten zum Sieden. Der electrische Strom wirkr auch auf die besten Leiter er¬ wärmend, wiewohl er durch sie ohne Funken geht und diese Er¬ wärmung ist oft hinreichend, den Leiter glühend zu machen, zu schmelzen oder gar zu v e r fl ü ch t i g e n. Dis letzteren Wirkun¬ gen erfolgen aber nur bei der Anwendung hinreichend großer Fla¬ schen, Batterien oder der Volta'schen Säule. Legt man auf wei- ßes Papier einen Streifen Blattgold und leitet den Schlag einer Leidnerflasche durch ihn, so verschwindet das Metall mit einem Dölitz; legt man einen solchen Streifen zwischen zwei Glasplatten, bringt sie in eine kleine Presse und leitet dann den verstärkten Fun¬ ken durch, so findet man das Metall ins Glas eingeschmolzen. Lei¬ tet man einen starken Schlag durch dünnen Eisendraht, so erglüht dieser und wird in kleine feurige Kügelchen zerstiebt. Je stärker die La¬ dung der Flasche und je dünner der Draht ist, desto mehr wird er durch den elecrrischen Strom erhitzt. Die Länge desselben hat auf Ae Erhitzung keinen Einfluß, wenn nur die erkaltenden Ursachen in der ganzen Längs gleich wirken. Nach Harris bewirkt dieselbe 6^2 Erhitzung durch Electricikät. Electricitatsmenge, sie mag was immer für eine Intensität (Dich¬ te) haben, stets dieselbe Erhitzung. Leicht oxydirbare Metalle werden zwar beim Schmelzen durch den electrischen Strom fast immer zu¬ gleich oxydirt, aber die schwer oxydirbaren, wie z. B. Silber, Gold, brauchen dazu besonders starke Batterien. Jedes Metall gibt da ein O.ryd von besonderer Farbe, aus dec man fast immer wieder das Metall selbst errarhen kann. 346. Die Kraft des Stromes einer Volta'schen Säule, Me¬ talldrahte glühend zu machen und zu verbrennen, richtet sich mehr nach der Große als nach der Anzahl ihrer Plattenpaare. EineZink- platte von einem Quadratzoll Oberfläche, die mit einer ununter¬ brochenen Kupferplatte zu beiden Seilen umgeben ist und mit die¬ ser durch einen sehr kurzen und feinen Platindraht in Verbindung steht, erregt ein Glühen des letzteren, wenn sie in eine verdünnte Säure getaucht wird (Wollastons Feuerzeug). Säulen mit gro¬ ßen Platten erregen aber dieses Phänomen in einem erstaunlichen Grade. Children's Apparat macht einen Platindraht von ^Zoll Dicke und 18 Zoll Länge, der als Polardraht gebraucht wird, so hell glühend, daß man den Lichtglanz kaum ertragen kann, und schmilzt ihn endlich gar. Wurde im obengenannten Apparate der Royal-Jnstitucion eine Kohle von 1 Zoll Länge und Zoll Dicke in die Kette gebracht und die Polardrähte auf^ Zoll genähert; ;o begann mehr als die Hälfte davon schnell zu glühen und man konnte hierauf, begünstigt durch die große Leitungsfähigkeit der durch Hitze verdünnten Luft, die Enden zweier solcher Kohlen 4 Zoll weit von einander entfernen, ohne die Entladung durch die Luft zu unter¬ brechen, ja es bildete sich da ein ungemein glänzender, nach ^en gekrümmter Lichtbogen, der jede Substanz, welche man dazwischen brachte, schmolz und selbst Quarz, Saphir, Kalk verflüchtigte- An Children's Apparat war die Wärmeerregung so groß, daß mam damit Metalle schmelzen konnte, welche im Ofenfeuervöllig unschmelzbar sind, wie z. B. Iridium. Eine Volta'sche Säule kann aber nur einen Draht von bestimmter Dicke glühend machen, je Licker dieser Draht ist, desto stärker muß der electrische Stro'N feyn, um ein Erglühen desselben zu bewirken. Auch die tur des Drahtes hat darauf großen Einfluß und es scheint, werde nur ein solcher Körper glühend gemacht, welcher der Elcctu- kität einen gewissen Widerstand entgegensetzt. Ein Strom, der ei¬ nen Silberdraht ohne Erhitzung desselben durchftrömt, bringt einen Chemische Wirkungen der Eleckr Očitat. 583 Draht zum Glühen, der aus abwechselnden Silber- und Platinstu¬ cken besteht. Dieser Umstand deutet darauf hin, daß die Wärme durch den electrischen Strom nicht wie bei einer Compression gleich¬ sam ausgetrieben (ausgedrückt), sondern erz engt werde, cks (H. 40. 371.) 347. Der electrische Strom sucht jeden Körper, der kein gu¬ ter Leiter ist, mithin durch dessen Masse er sich nicht ungehindert fortpflanzen kann, zu durchbrechen, und bewirkt demnach, wenn ec stark genug ist, ein Zersplittern desselben. Leitet man einen starken electrischen Strom mittelst zweier, etwas von einander ab¬ stehender Drähte durch die Aushöhlung eines kleinen Mörsers, den man mit einem Korkpfropfe verschlossen hat; so wird der Pfropf mir Gewalt herausgetrieben. Leitet man ebenso einen electrischen Strom durch Papier, Holz, Glas rc., so durchbohrt er sie. Dieses ge¬ schieht auch oft an Leidnerflaschen, die sich selbst durch die Glaswände entladen. Die Geschwindigkeit des Stromes ist so groß, daß selbst ein frei hängendes Goldblatt durchbohrt werden kann. Wird der Strom einer Leidnerflasche mittelst zweier Drähte, die durch eine mit Wasser gefüllte Glasröhre gehen und in derselben etwa » Zoll von einander abstehen, durch das Wasser geleitet, so zersprengt er das Glas. Die ausdehnende Kraft der -kr ist so groß, daß durch ei¬ nen Schlag, den man durch einen Wassertropfen leitet, der in ei¬ ner Glaskugel mir 1 Zoll dicken Wänden eingeschlossen ist, die Ku¬ gel in Stücke zerrissen wird. Der Funke einer Volta'schen Säule vermag keine so großen, mechanischen Wirkungen hervorzubringen. 348. Unter allen Wirkungen der L sind die chemischen Zersetzungen (Electrclysirungen) bei weitem die wichtigsten, ^ie werden hervorgebracht, indem man den electrischen Strom durch den zu zersetzenden Körper leitet. Nach der gewöhnlichen Art, solche Versuche anzustellen, wird der betreffende Körper so in den electrischen Kreis eingeschoben, daß die positive-bi nach einer, dis negative nach der entgegengesetzten Richtung durch ihn strömen muß. mit gemeiner L einen Zersetzungsversuch zu machen, bringt man den zu zersetzenden Körper zwischen die Spitzen feiner Plakin- drähts und leitet die L durch ihn, mit der Vorsicht, daß kein Fun- ko über ihn oder nebenvorbei schlage, weil dieser in der Luft Sal¬ petersäure bilden würde, setzt dann den Eonductoc der Maschine mit einem, die Reibzeuge mit dem anderen Drahte in leitende Ver- dindung und dreht die Maschine. Bringt man auf solche Weise 58 ! Sauerstoff- und Wasserstoffpol. ein Stück Lackmuspapicr, verbunden mit einem Stücke Curcuma- papier, beide mit einer Glaubersalzlösung befeuchtet, zwischen die beiden Drähte, so zeigen sich schon nach wenigen Umdrehungen der Scheibe an der Eintrittsstelle der positiven A Spuren von Säu¬ re, an der Eintrittsstelle der negativen Spuren von Alkali, zum Beweise, daß das Glaubersalz zersetzt worden und einer der zwei Bestandtheile am positiven, der andere am negativen Pole aufgetre¬ ten sey. Auf ähnliche Weise werden mit der Volta'schen Säule Zersetzungsversuche gemacht. Soll z. B. mit einer solchen Wasser zersetzt werden; so leitet man von sedem Pole der Säule einen Golb- oder Platindrahr an das Wasser, so, daß die Enden der Drähte eine dünne Wafserschichte zwischen sich haben. Da bemerkt man alsogleich eine Lufrentwicklung und findet, wenn man die Luftblasen auffängt, am positiven Pole Sauerstoffgas, am negativen Wasserstoffgas und zwar genau in dem Verhältnisse, wie sie im Wasser vorhanden sind, vorausgesetzt, daß man dasselbe vordem Versuche gut von Luft gereiniget und auf jenen Theil der Gase Rücksicht genommen hat, der beim Versuche absorbirt wird. Die¬ ser Umstand hat dem positiven Pole der Volta'schen Säule auch den Namen Sauerstoffpol, dem negativen den Namen Was¬ serstoffpol zugezogen. Braucht man zum Leitungsdraht am po¬ sitiven Pole ein oxydirbares Metall, so erscheint an demselben kein Sauerstoff, dafür oxydirt sich aber der Leitungsdraht daselbst. So wie Wasser werden auch Säuren, Salze rc. zersetzt, und es wan¬ dert immer einer der ausgeschiedenen Bestandtheile zu einem, der an¬ dere zum zweiten Pole. Dadurch characterisirt sich die Electrolysi- rung vorzüglich und unterscheidet sich von jeder gewöhnlichen Zerse¬ tzung, wo die Zersetzungsproducte vermengt zum Vorschein kom¬ men, wenn die Zersetzung auch von Electrieität herrührt. Ungeachtet mau bei Zersetzungsversuchcn in der Regel den positiven und den negativen A,' Strom zugleich wirken läßt, sv ist diese- doch nicht unumgänglich nothwcndig, sondern es reicht dazu schon der einfache positive oder negative Strom allein hin. So z. V. ge¬ lingt obiger Versuch mit gemeiner L" eben so gut, wenn man nnr einen Draht mit dem Conductor verbindet und den' anderen in du Erde gehen läßt. Mit einer Volta'schen Säule läßt sich ein sol¬ cher Versuch nicht wohl austellen, weil ihr einfacher Strom zu schwach ist; doch ist es gestattet, auzunchmen, derselbe würde auch gelingen, wenn man im Stande wäre, den einfachen Strom hinreichend zu steigern. — Wo immer zwei hetcrogeneKürper sich be- Überführung der Stoffe. 585 röhren, entsteht eine galvanische Kette, die durch einen dritten Körper ausgeladen wird und chemische Wirkungen erzeugt. So schmeckt Wein aus einer zinnernen Kanne anders als aus einem gläsernen oder thönernen Gefäße, weil hier die Flüssigkeit der Lip¬ pen und der Wein eine Kette bilden, die durch das Zinn entladen wird; Kupferplatten mit eisernen Nägeln zusammengenagelt gehen bald zu Grunde; gelötheteGefäße werden zuerst an den Löthstellen matt; Quecksilber mit einem anderen Metalle gemischt, oxydirt sich leichter, als wenn es rein ist; bleierne, kalkführendes Wasser enthaltende Röhren werden nur an jenen Stellen durch abgesetzten Kalk verstopft, wo sie zusammengelöthet sind. — So wie man durch L chemische Wirkungen erzeugt, eben so kann man andere da¬ durch verhindern. So sichert Da vy den Kupferbeschlag der Schiffe durch kleine, an denselben befestigte Zinn-, Zink- oder Eisenstücke, die das Kupfer electro-negativ machen und daher die zerstörende Wirkung der Bestandtheile des Seewassers auf sich selbst leiten. So sichert man Eisen durch Zink gegen den Rost; so erhält sich versil¬ bertes Eisen in Salpetersäure, ohne von letzterer angegriffen zu werden, und aus ähnlichem Grunde kann man Silber in Schwefel¬ säure in gußeisernen Kesseln auflösen. (Pogg. Ann. 3. 21.1.; 4.466. Schweigg. I. 57. 23.) 349. Die durch elecrro-chemische Zersetzung frei gewordenen Stof¬ fe erscheinen, wie gesagt, immer an den Stellen, wo die in den zersetzbaren Körper eintritt. Gewöhnlich befinden sich dort auch die Pole, doch ist dieses nicht nothwendig, wie folgender Versuch zeigt: Man theile die obere Hälfte eines Glasgefäßes (Fig- 32s)) durch eine Glimmerplatte in zwei Abheilungen a und l>, fülle in dassel¬ be eine starke Lösung schwefelsaurer Bittererde ein, bis sie etwa 1 Zoll über den unteren Rand der Scheidewand reicht, und gieße dann in eine Abtheilung auf die Salzlösung behutsam eine Schich¬ te Wasser. Taucht man nun in die blos Salzlösung enthaltende Abtheilung l> den positiven, in die andere a den negativen Polar- drahc, letzteren aber so, daß er nicht bis zur Salzlösung hinab- eeichl; so wird alsogleich eine Blasenentwicklung eintreten und die Salzlösung zersetzt werden. Aber die an'der Seite des negativen PoleS frei werdende Bittercrde häuft sich nicht am Pole an, son¬ dern bleibt an der Grenzfläche vom Wasser und der Salzlösung. Vertheilt man die zu zersetzende Flüssigkeit z. B. eine wässerige Tlanbcrsalzlösung, in mehrere Gefäßes, L, <7, (Fig- 33V) Uellt dieselben in eine Reihe zusammen, verbindet sie mit einander lei¬ tend durch angefeuchtete Asbestfäden und taucht dann die Polardräh- 586 Electro-pofitive und negative Körper. te s und / in die zwei äußersten Gefäße; so findet auch nur in diesen ein Freiwerden der Bestandtheile des zersetzbaren Stoffes Statt. Wenn man aber statt des Asbestes Draht nimmt, so be¬ merkt man an jedem Ende derselben Wirkungen der electro-chemi- schen Zersetzung und es scheidet sich in diesem Falle in c, L, nach ser Ordnung angeführt worden; darum hieß auch der vorhergchen - negativ gegen den nachfolgenden, den man positiv nannte. Sauer! macht den Anfang, Kalium beschließt diese Reihe, das ist, es ersch-n der Sauerstoff stets am positiven, Kalium am negativen Pole. Grund der Überführung der Stoffe. 587 350. Weil die frei gewordenen Stoffe, in der Regel, an den Polen erscheinen, so war man der Ansicht, diese Pole wirken an¬ ziehend auf den einen, abstoßend auf den anderen Bestandtheil des zersetztwerdenden Körpers. Allein diese Ansicht ist nicht zulässig, weil schon durch Wirksamkeit eines einzigen Stromes Zersetzungen eintreton (348), die Ablagerung der Zersetzungsproducte nicht noth- mendig an den Polen Statt haben muß (349) und endlich, weil die Zersetzung und Fortführung der Bestandtheile nicht von der che¬ mischen Verwandtschaft der anwesenden Substanzen abhängig ist, so, daß ost derlei Überführungen gerade bei kräftigem Verwandtschaften der Bestandtheile eines Körpers in höherem Maße Statt fin¬ den als bei geringeren. So z. B. hat F a r ad ay gefunden, daß, wenn verdünnte Schwefelsäure und eine solche Quantität einer wäs¬ serigen Glaubersalzlösung, welche eben so viel Säure enthielt, durch denselben electrischen Strom zersetzt wurden, von ersterer 2L — 3mal weniger von einem Pol zum anderen fortgeführt wurde als von letzterer, ungeachtet die Verwandtschaft der Schwefelsäure zum Na- trum viel größer ist als zum Wasser. Überhaupt geht aus Allem hervor, daß die Pole einer geschlossenen Kette nur die Thore sind, durch welche die L einem Körper zugeführt wird und daß das Frei¬ werden der Stoffe und ihr Wandern an einen bestimmten Ort nicht wesentlich von einer äußeren Kraft herrühre, sondern dadurch, daß die Verwandtschaften der Körper durch die -kch als einer nach eutge- gengesetzten Richtungen gleich stark aber entgegengesetzt wirkenden Kraft, dahin abgeändert werden, daß sie in einer Richtung stärker ju wirken vermögend werden als in einer anderen. Ist (Fig. ZZi) der positive, L der negative Pol einer Kette, zwi¬ schen welchen sich ein Körper befindet, dessen chemische Bestandtheile «und L sind, so wird durch den electrischen Strom die Affinität der Theilchen « zu ü in der Richtung vermindert, in der Rich¬ tung hingegen vermehrt. Das Theilchen a', welches in der Rich¬ tung an s grenzt, und das vor der Einwirkung des electrischen Stromes mit L' verbunden war und im chemischen Gleichgewichte stand, bekommt durch diesen Strom eine größere Verwandtschaft zu als zu ü', trennt sich daher von d' und verbindet sich mit d, so daß demnach a frei und gleichsam abgestoßen wird, während sich " mit L- rc. verbindet und nächst L das letzte r (L") so wie das an grenzende « aus aller Verbindung tritt. Demnach erfolgt die Fort- stihrung der Stoffe in der electrischen Kette durch eine Reihe von Zersetzungen und Zusammensetzungen in entgegengesetzten Ruchtun- 588 Chemische Kräfte der Electricität. gen, bis zu den Grenzen des zersetzbaren Körpers, wo dieselben ausgeschieden werden, weil sie keinen Stoff finden, mit dem sie sich verbinden könnten. Daraus begreift man, wie Leiter, welche die zu zersetzende in mehrere Gesäße vertheilte Flüssigkeit verbinden, selbst gleich Polen erscheinen können, warum am positiven Pole stets eine Oxydation eintritt, falls der Polardraht vxydirt ist und der zersetzte Körper Sauerstoff enthält. 351. Die chemische Kraft eines electrischen Stromes ist der absoluten Menge der Electricität direct proportionirt und die¬ selbe L Menge erzeugt, wenn sie schon chemisch wirkt, immer dieselbe Wirkung, so verschieden auch ihre Intensität seyn mag. Diese wichtige Wahrheit hat Faraday zuerst streng erwie¬ sen. Man überzeugt sich davon, wenn man durch eine bestimmte Electricitätsquelle, wie z. B. durch ein Volta'sches Element von bestimmter Größe und Beschaffenheit, Wasser zersetzt. Dieses läßt sich nämlich durch Zusatz von Sauren und Salzen leitender machen, so daß cs von derselben L Quelle in derselben Zeit mehr oder weni¬ ger L durchleitet, es wird durch die Zeit nicht verändert, und seine Bestandtheile lassen sich, da sie gasförmig erscheinen, leicht und mit Schärfe messen. Die Electricität, welche eine Maschine bei einer bestimmten Anzahl Umdrehungen, oder eine Volta'sche Säule von bestimmter Stärke in einer gewissen Zeit liefert, zer¬ setzt dieselbe Wassermenge, es mag das Wasser mehr oder weniger und durch was immer für eine Beimischung leitend gemacht wer¬ den, und die Leitungsdrähte mögen stark oder schwach seyn, und sich mit dem aus dem Wasser abgeschiedenen Sauerstoff verbinden oder nicht, so daß demnach ein Gefäß von der Form Fig- i-32, in welchem die Wasserzersetzung vor sich geht und das die angesam¬ melten Gase zu messen erlaubt, ein sehr verläßliches Normalmad für die L aögeben kann. Es ist einleuchtend, daß die größere A'>- tungsfähigkeit der Polardrähts und des zu zersetzenden KörperS die Zersetzung beschleuniget. . Faraday wendete bei Versuchen über dis Zersetzung des MastU', verschiedene Gefäße zum Auffangen der entwickelten Gase an, ua mer aber gingen die Platindrähte, welche die ins Master ten, in Platten aus. Er fand dieselbe electrolytische Wirkung dci - d esc Platten mochten 0-7 Zoll breit und 4 Z. lang, 0.5 3- und 0.8 Z- lang oder gar 0.02 Z. breit und 0.5 Z. lang ftö"- mußte dafür gesorgt werden, daß sich die Gase nicht miede. - Electrolyte. Jonen. 589 Wasser verbanden, und daß die Lösung derselben in Wasser mög¬ lichst gering ausfiel. Als man drei Zersctzungsinstrumente aufstellte, wv sich der electrische Strom, nachdem er durch das erste gegan¬ gen war, in zwei andere zertheilen und sich hierauf wieder vereini¬ gen mußte, so fand inan die Summe der Ga,e in den zwei letzten Gefäßen gleich jenen in dem ersten. — Man erhielt immer dasselbe Resultat, das Wasser mochte durch Schwefelsäure, durch Ätzkali oder Ätznatrum, durch Bittersalz oder Glaubersalz leitend gemacht worden seyn. Eben sowenig fand man einen Unterschied in der zerse¬ tzenden Kraft der L', der positive Polardraht mochte aus Platin, Kupfer oder Zink bestehen. (Faraday in Pogg- Ann. 33. 310.) 352. Nicht jeder zusammengesetzte Körper kann durch den electrischen Strom zersetzt werden, selbst wenn er die L hinreichend leitet, und jene Körper, welche eine solche Zersetzung erleiden können, fordern dazu eine bestimmte Intensität der Ob ein Körper durch L ohne Mithilfe secundarer Kräfte, wie z. B. der Verbindbarkeit seiner Bestandtheile mit Len Polardrähten oder dem zur Erhöhung der Leitungsfähigkeit des stutzigen Körpers beigemischten Stoffe, zersetzbar sey oder nicht, hängt von der Natur und dem Verhält¬ nisse seiner Bestandtheile, nicht von dem Grade ihrer Verwandt¬ schaft zu einander ab. So z. B. wird hartes Glas, wenn es auch durch Glühhitze leitend gemacht worden ist, durch L doch nicht zer¬ setzt, ungeachtet seine Bestandtheile sehr leicht gebunden sind. Fa¬ raday nenn: zusammengesetzte Körper, welche electrolysirbar stnd, Electrolyte, und die Substanzen, in welche dieselben zerfallen, in so fern sie zu den Eintrittsstellen der beiden^ wandern, Ionen. Unter Körpern, die aus denselben Jonen bestehen, mit¬ hin in Bezug auf ihre Bestandtheile nur quantitativ verschieden sind, gibt es nur einen Electrolyte». Die Jonen sind unter sich verbindbare Stoffe. Die Quantitäten der durch eine bestimmte Menge L erzeugten Jonen sind ihren Atomengewichten proportio- ncrt und können füglich eleclro - chemische Äquivalente genannt werden. Um sich davon zu überzeugen, braucht man nur einen öeuinnnten Elcctrolyten und zugleich Wasser einem electrischen Strome auszusetzen und die äluanritäten der in beiden ausgeschie- cenen Bestandtheile zu messen. Man wird finden, daß sie sich zu einander verhalten wie ihre Atomengewichte. folgendes Beispiel mag das Gesagte erläutern. Bei der Zerse¬ tzung von Jinchlorur sand man, daß der negative Platindraht 590 Primäre, secundare Zersetzungspuncte. durch Aufnahme vou Zum um 3.2 Gran zugenommen habe. Durch denselben Strom wurden aber 3.85 K. Z. Gase aus Wasser enthal¬ ten, welche 0.49742 Gran wogen, indem 100 K. Z. solchen Gasts 12.92 Gran geben. Setzt man das Atomengewicht des Wassers—9 (Wasserstoff—1), so hat man 0.49742 : 3.2 — 9 : 57.9 und letztere Zahl ist in der That sehr nahe das Atomengewicht des Zinns. Fol¬ gende Tafel enthält die von Faraday bestimmten Jonen, mit ihren electrischen Äquivalenten: Nach Maßgabe der Stromstärke, welche Körper zu ihrer Electroly- sicung brauchen, folgen dieselben, den bisher angestellten Versu¬ chen zu Folge, so aus einander: Jodkalium (gelöst), Chlorsilber (ge¬ schmolzen), Zinnchlorür (geschmolzen), Chlorblei (geschmolzen), Salzsäure (gelöst), Wasser, durch Schwefelsäure leitend gemacht. Jeder vorausgehende braucht einen geringeren Strom als der nach¬ folgende. 353. Nicht alle bei electrolytischen Versuchen frei werdenden Stof¬ fe sind unmittelbare (primäre) Resultate der electro-chennschen Kraft, sondern manche derselben werden erst durch Wirkung der primäraus- g-schiedenen Substanzen (Jonen) auf den Polardraht oder auf die im Elektrolyts enthaltenen Bestandtheile erzeugt und sind demnach secundare Zersetzuugsproducrs. Wendet man z. B. bei der Zer¬ setzung des Wassers Kohle als Polardraht an, so erscheint am po- Anhäufung der Z ers«tz u ngs p r o d u cte. 59t sitiven Pole statt des Sauerstoffes Kohlensäure und Kohlenoxydgas, offenbar secundäre Producte. Ebenso ist das Blei, welches aus essig- saurem Blei ausgeschieden wird, ein seeundäres Product, entstan¬ den durch die reducirende Kraft des Wasserstoffes, den das Wasser der Essigsäure liefert. Überhaupt spielt der Wasserstoff durch seine reducirende Kraft bei electrolytischen Versuchen eine große Rolle, wie schon früher Fischer gezeigt hat. (Fischers Verhältnis) der chemischen Verwandtschaft zur galv. Elect. Berlin 1830. Ver¬ gleiche Pfaffin Schweig. I. 64. 1.) Ob ein Zersetzungsproduct primärer und secundarer Natur sey, erkennt man oft schon aus sei¬ ner Natur, am besten aber aus der Quantität, in der es zum Vor¬ schein kommt. So z. B. wird wohl Niemand obiges Kohlenoxydgas für ein primäres Resultat halten. Vermöge solcher secundärenWir¬ kungen hat die Natur der Polardrähte einen starken Einfluß auf die electro-chemische Wirkung, ungeachtet sie sonst nur als Leiter in Be¬ trachtung kommen. 354. Wenn man den electrischen Strom durch dünne Drähte in die zu zersetzende Flüssigkeit leitet, so hängen sich ihre Bestand- theile, falls sie fest sind, in der Regel an sie an, und bei Anwen¬ dung schwacher electrischer Kräfte und besonderer Vorrichtungen, mittelst welcher die Ausscheidungen sehr langsam erfolgen, können llch die frei werdenden kleinsten Theile ganz regelmäßig, eines nach dem anderen anordnen, so daß man auf diesem Wege manchen Körper krystallisirt erhält, der bei keinem anderen Mittel in Krystall- form erscheint. (Becquerel in Zeitsch. 6. 351; 8. 93.) Wenn man einen Polardraht in eine ebene, polirte Scheibe ausgehen läßt, wahrend der andere in eine Spitze ausläuft und der Ebene dieser Scheibe senkrecht gegenübersteht; so legt sich meistens das Product ^r Zersetzung, welches an dem der Scheibe entsprechenden Pole er¬ scheint, j„ Form concentrischer Kreise an, deren Mittelpunct der Boitze des anderen Polardrahtes gerade gegenübcrsteht. Nobili hat diese ringförmigen Ablagerungen mit besonderem Fleiße unter- lucht. Man bringt sie mit sehr schwachen electrischen Strömen in kurzer Zeit hervor. Effigsaures Kupfer mit Salpeter gemischt, ge¬ währt an einer mit dem negativen Pole verbundenen, polirten Silber- Platte eine schöne Erscheinung dieser Art. (Nobili in Zeitsch. 2. ^5; 3. 65. Pogg. Ann. 33. 537. SchweGg. I. 54. 40.) Nach Zechner reicht es zur Erzeugung solcher Figuren hin, die in einer essigsauren Kupferoxydlösung befindliche Silberplatte einige 592 Elektrische Strömungen. Minuten mit einem Zinkstäbchen zu berühren. (Schweigg. I. 55, 442.) 355. Die Wirkung zwischen den Polardrähten und den Be- standtheilen der Körper und die durch Electricität begünstigte Ver¬ bindung der in der Kette befindlichen Körper bewirkt besondere, oft sehr interessante Bewegungen, die schon vor mehreren Jahren von Erman entdeckt wurden, aber erst in der neuesten Zeit vonHer- schel, Pfasf, R irrige n. a.genauer beachtet wurden. Bedecktman Quecksilber mit einer dünnen Schichte einer leitenden Flüssigkeit, z. B. Schwefelsäure, und setzt die zwei Pole mittelst Plgtindraht mit dieser in -leitende Verbindung, ohne durch sie das Quecksilber zu berühren; so entstehen Strömungen, die nach Umständen bald von einem, bald von beiden Polen ausaehen, bald eine gerade, bald eine krumme Bahn einschlagen und sich überhaupt nach der Natur des flüssigen Leiters, nach der Reinheit und Menge des Quecksilbers, und nach der Stärke der Adhäsion desselben an das Gefäß, worin cs sich befindet rc. richten. Starke Säuren geben auch starke Strö¬ mungen, so daß man sie schon mit einer einfachen Kette hervorbrin- gen kann. In einer sauren Flüssigkeit wird das Quecksilber vom positiven Pol¬ weggelrieben, in einer alkalischen gleichsam angezogen. Berührtbei Anwendung eines Alkali der negative Polardraht das Quecksilber, so plattet es sich ab, es beginnt eine Strömung vom positiven Pol- aus und dauert auch noch einige Zeit fort, nachdem der Draht zu¬ rückgezogen worden; berührt aber der positive das Quecksilber, so erfolgt eine schwache Contraction, das Quecksilber oxpdirt sich und wird zähe. Übergießt man Quecksilber L. hoch mit einer gesättig¬ ten Kochsalzlösung und legt einen kleinen Kupfervitriolkrppall vor¬ sichtig darauf; so wird das Quecksilber allmälig matt und überzich- sich mir einerHauk. Berührt man es durch di-e Salzlauge mitein»' Stück reinen Eisen; so zerreißt die Haut und verliert sich, cs'br- ginnen Strömungen, der Krystall vermindert sich zusehends unb verschwindet endlich ganz. Eben so geräth ein kleinerQuecksilbcrtre- pfen in einer gesättigten Auflösung von salpetersaurein Qu-cksilb-'- oxydul in eins heftige rotirende Bewegung, wenn man ihn einem reinen Zinkstäbchen berührt, und diese Bewegung hört m-bt eher auf, als bis die Bildung des Zinkamalgams vollendet 's- (Schweigg. I. 48. 190. Pogg. Ann. 8. 106; 17.472.) 356. Die Polardrähte, , welche eine Zeit lang zur Zerfttzu"!! eines Körpers z. B. des Wassers durch den elektrischen Strom P' Wirkung der Säule auf sich selbst. 593 dient haben, erlangen dadurch die Kraft, diese Zerlegung selbst dann noch anhaltend forkzusetzen, nachdem sie von der Säule getrennt worden sind; man kann sie selbst aus der Flüssigkeit herausnehmen und reinigen, ohne ihnen dadurch ihre Kraft zu nehmen. Denn mor¬ den sie neuerdings in dieselbe gebracht, so setzen sie die Zerlegung fort und verlieren jene Kraft erst in einigen Tagen. Nach Pfaff sind nicht alle Metalle in gleichem Grade geeignet, diese Kraft zu erlangen. Eisen- und Zinkdrähte zeigen sie im höchsten Grade, in einem geringeren Silber-, Platin- und Golddrähte; an Mes¬ sing- und Bleidrähten bemerkt man sie gar nicht. Daraus folgt aber nur, daß ihre eleetrischs Kraft die Affinität der Theile des zu zerle¬ genden Körpers .nicht zu überwinden vermöge, keineswegs aber, daß sie diese Kraft gar -nicht annehmen; denn La Ri v e hat auf ei¬ nem anderen Wege selbst an solchen Drahten, die keine chemi¬ sche Wirkung mehr hervorbrachten, deutliche Zeichen eines herrschen¬ den electrischen Stromes bemerkt. 357. Da der electrische Strom im Polardrahte einer Volta¬ schen Säule anhaltend ist, so muß mit jeder Entladung der Säule eine Ladung verbunden seyn und daher in der- Säule selbst ein Strom Statt finden, dessen Richtung dem int Polardrahte entge- gengesetzt ist. Durch diesen Strom wird die leitende Flüssigkeit zwi¬ schen den Platten zerfetzt, denn es ist Bedingung der Wirksamkeit einer Volta'schen Säule, daß diese Flüssigkeit ein Electrolyt sey. Die Bestandtheile derselben werden an die Metalle, welche die electrischen Pole vorstellen, übertragen und die Säule gleichsam in eine trockene verwandelt, ihre Thätigkeit geschwächt und endlich ganz aufgehohen. Mit der Zersetzung des feuchten Leiters tritt auch eins Temperaturerhöhung ein, aber diese ist nicht an allen Theilen der Säule gleich groß, sondern nimmt, nach.Murray, vom negati¬ ven Ende gegen das positive zu. Lange bevor eine Säule zu wirken aufhört, hat der Strom seine Conrinuität verloren und die Säule kraucht einige Zeit, um die Ladung anzunehmen, die der Draht vermöge seiner Leitungsfähigkeit abzuleiten vermag. Oft wird eine Säule wieder thätig, wenn man die Zinkplatten vom Opyde befreit vder den Apparat erwärmt. 358. Die chemischen Wirkungen der L weisen sehr deutlich auf euie innige Verbindung zwischen den electrischen und chemischen Kräften der Körper hin. Man hat sogar zu beweisen gesucht, daß ledem Theilchen (Atome) eines Körpers eine bestimmte Menge A Naturlehre. 5. Aust.' 38 594 Magnetisirende Kraft der L eigen sey, und daß gerade das Zuführen einer gleichen Menge im entgegengesetzten Sinne dessen Zersetzung bestimme. Verbindet man dieses mit der erwiesenenWahrheit, daß die chemischen Äquivalente mit den electrischen (352) zusammenfallen, so erscheinen die Ato- mengewichte als jene Körpermengen, welche gleichviel L enthalten oder gleiche electrische Kräfte besitzen. Es beruhen demnach die Verbindungen nach bestimmten Verhältnissen auf der Electricität der Atome, und die gleichen Quantitäten L sind es, welche sowohl jene Verhältnisse als die Atomengewichre bestimmen. 359. Der electrische Strom ertheilt jedem Körper, durch den er geht, magnetische Kraft. Der Polardraht einer thätigen Volta'schen Säule zieht Eisen an wie ein Magnet, er mag aus was immer für einem Materiale bestehen, wenn er nur die L hin¬ reichend leitet, doch dauert dieses nur so lange, als der electrische Strom anhält, und sobald dieser aufhort, verschwinden auch alle Spuren des Magnetismus. Der Zustand eines solchen Magnetes ist bis jetzt noch nicht so weit ausgemittelt, daß man seine Pole an¬ zugeben im Stande wäre, und wenn es überhaupt erlaubt ist, von magnetischen Polen eines solchen zu reden, so muß man ihn als einen Transversalmagnet ansehen. Eisenfeile, die man ihm nähert, hängen sich nicht so an ihn an, wie sie dieses an einem gewöhnli¬ chen Magnete thun, sondern sie wickeln ihn ein und legen sich der ganzen Länge nach quer um ihn herum. Diese merkwürdige Wir¬ kung des electrischen Stromes hat zuerst Arago wahrgenommen. 360. Die magnetische Kraft des electrischen Stromes offenba¬ ret sich auf eine merkwürdige Weise dadurch, daß man durch einen solchen Strom Eisen und Stahl magnetisiren kann. Wird derStrom eines Elektromotors schief über ein Eisenstäbchen geleitet, so erlangt dasselbe schon magnetische Kraft. Diese wird noch größer, wenn der Strom das Stäbchen rechtwinkelig kreuzet, und endlich noch viel bedeutender, wenn man mehrere electrische Ströme querüber das Stäbchen gehen läßt. Letzteres findet Statt, wenn man den Polardraht zu einer hohlen Schraube zusammenwindet und den zn magnetisirenden Körper darein legt; denn in diesem Falle kann man sich die Richtung jedes Schraubenganges in zwei zerlegt den¬ ken, wovon eine auf der Axe der Schraube senkrecht steht, wäh¬ rend die andere mit ihr parallel lauft. Letztere bringt keine hiey" gehörige Wirkung hervor und cs vertritt daher die Schraube eben so viele quer über das Stäbchen gespannte Polardrähte, als Schrat Elektromagnete. 595 benwindungen in die Lange desselben fallen. Die magnetisirend e Kraft, welche da unter günstigen Umständen eine Volta'sche Säule entwickelt, ist unglaublich. Man kann durch dieses Mittel ein weiches Hufeisen, das überfirnißt, mit «Weide und mit einem etwa 1 L. dicken Kupferdraht in mehreren Spiralen umwickelt ist, und dessen Enden mit den Polen eines mäßigen Elementes in Verbindung ste¬ hen, stark magnetisiren und dieser Magnetismus bleibt, selbst wenn der Strom aufgehört hat, bis man den-Anker wegnimmt, in welchem Falle er aber ganz verloren geht. Die Größe dieser Kraft hängt von dem Verhällniß zwischen der Stärk« des elektrischen Stromes und der Masse des Eisens, dem Gewichte des Ankers, der Form der Berührungsfläche zwischen beiden, von der Leitungsfähigkeit, Dicke und Länge des Drahtes, von der Anzahl der Windun¬ gen und endlich von der guten Jsvlirung derselben ab. Die Ver- theilung einer bestimmten Anzahl Windungen über den ganzen Ei¬ senkörper oder nur über einen Theil desselben, und über welchen Theil, ob derselbe aus einem Drahte besteh? oder aus zweien, die Politur des Eisens, die Entfernung der Pole von einander hat auf den zu erregenden Magnetismus keinen Einfluß. Vierkantige Stäbe bekommen sowohl in runden als in eckigen Spiralen dieselbe Kraft, wie runde, wenn man für die'Jsvlirung der Kanten gut gesorgt hat. (Magrini in Ann. cieiia so. 1835. />. 100. Dal Negro in Zeitsch. n. F. 1. 321; 2. 92.) Daß man mit einem solchen temporären Magnet durch Streichen starke Skahlmagnete er¬ halten kann, ist für sich klar. Ein Stahlstab, der so lang ist, wie der Abstand der beiden Schenkel des weichen Hufeisens, soll, wenn er im rothglühenden Zustande an dessen Pole gehalten und hier¬ auf in kaltem Wässer gehärtet wird, schon dadurch allein starken und dauernden Magnetismus annchmen. sAn». als 57« 442.) Es ist klar, daß diese Wirkung der 23 von der Menge derselben ab¬ hängt, die in einer gegebenen Zeit beim zu magnetisirenden Dräh¬ te vorbeigeht; denn nach D a v y's- Erfahrungen wird' eine Stahlna¬ del fast gar nicht magnetisch, wenn man, quer darüber, einen elek¬ trischen Schlag durch Schwefelsäure oder durch die Lust leitet, wah¬ rend ihm derselbe, durch einen Metalldraht vorbeigeführt, eine starke magnetische Polarität ertheilt. Man kann immer die Lage der Pole des so zu erzeugenden Magnetes angeben. In einer rechts- gewundenen Schraube wird immer jene Hälfte die Nordhälfte, wel¬ che dem Eintritte der negativen 23 am nächsten ist, und daher die 38 * 596 Savary's magnetisch«! Versuche. andere die Südhälfte; in einer links gewundenen Schraube erfolgt das Gegentheil. Der electrische Strom aus einer Leidnerflasche be¬ wirkt im Allgemeinen dieselben Erscheinungen, wie der einer Vol- ta'schen Säule und zwar ertheilt er einem Drahte noch stärkeren Magnetismus; doch zeigt er besondere Eigenthümlichkeiten. Bringt man nämlich über einem horizontalen, langen Drahte dünne und kurze Stahlstücke in einer auf den Draht senkrechten Richtung so an, daß sie eine ungleiche Entfernung vom Drahte Haben, und ent¬ ladet dann eine Leidnerflasche oder eine Batterie durch diesen Draht; so findet man zwar die Stahlstücke magnetisch, aber die gleichna¬ migen Pole liegen nicht bei allen an derselben Seite, sondern wenn z. B. das dem Strome nächste Stäbchen den Nordpol an der rechten Seite hat, so findet dieses in der Regel auch noch beim zweiten, dritten rc. Statt, doch ist ihre Kraft immer schwächer, je weiter sie vom Strome entfernt waren, hierauf folgt aber eine Reihe, an denen der Nordpol links liegt, auf diese wieder eine andere mit rechts gelegenen Nordpolen u. s. f. Die Anzahl dieser Abwechslun¬ gen hängt, nach Savary, der dieses Phänomen entdeckte, von der Stärke des Stromes, von der Länge des Leitungsdrahtes, von den Dimensionen der Metallstücke und von ihrer Coercitivkraft ab- Derselbe Gelehrte hat ferner gefunden, daß die Lage der Pole eines Stahlstückes und die Stärke ihrer Kraft auch durch die Substanz modificirt werde, in die man es einhüllt. Eine dicke Kupferplatte hemmt die magnetisirende Kraft ganz, eine dünne unterstützt sie. Dasselbe thun auch andere Metalle (Pogg. Ann. g. 443). Nach Moll wirkt die magnetisirende Kraft des electrischen Stromes durch Elfenbein, gebrannten Thon, Stein, Holz, ja selbst eine an und für sich diese Kraft hemmende Metallhülle bleibt ohne Wir¬ kung, wenn sie mit einigen kleinen Lochern versehen ist. (Zeitsch- 6. 342.) Es scheinen hierbei schon magneto-electrische Ströme im Spiele zu seyn, von denen erst später die Rede seyn wird. Auch L lambias Erfahrung, welcher gemäß in einem Leiter, der eine Leidnerflasche entladet, zwei gleichzeitige, einander entgegengesetzte Ströme eintreten, wovon nur der stärkere magnetisirt, scheint in diese Categorie zu gehören. (Pogg. Ann. 34. 84.) Sturgeon hat zuerst auf die mächtige magnetisirende Kraft eines schwachen electrischen Stromes aufmerksam gemacht. Ein weiche- Hufeisen von 29 Pf. mit Spiralen von 5 Mill, dickem Eiftndraht- erhielt durch eine einfache Kette von Platten mit 1ä! Mill. Durch' Oersted's electro-magnetische Versuche. 597 meffer eine Tragkraft von 48 Pf. und mit einer solchen von Platten von 70 Q. Centimeter Oberfläche eine Kraft von 124—I5Z Pf. Einem II Pf. schweren weichem Hufeisen ertheilte ich stets mit ei¬ nem Zinkkupferelement von 1 Q. Fuß Oberfläche und 2 L. dicken Kupferdrähten eine Kraft von 120 Pf., mit einem Elemente von 4 O. F. aber stets eine Kraft von 200 Pf. Ten Eyk hat hierin das Größte erzielt und einemHufeisen von 59j Pf. Gewicht mit ei¬ nem Elemente von 4'/s O. F. Oberfläche eine Tragkraft von 2063 Pf. ertheilt. (Moll in Zeitsch. 9. 106 und in Pogg. Ann. 29. 468; Ten Eyk in Schweigg. I. 65. 115.) Dal Negro magnetistrte drei Hufeisen L, 6, mit demselben Strom. wog 1-5, 43 0.35, 47 0.292 Kilog. und cs trug nach der Hand 9.6, A7-5, <7 4.62 Kilog. mittelst eines flachen, hingegen 16-8, 7.8, <7 8.33 Ki¬ log. mittelst eines convexen Ankers. Ein Hufeisen mit Kupferspira¬ len erhielt eine Tragkraft von 5.9 Kilog., mit Eisenspiralen aber nur 5-9 Kilog. Merkwürdig ist das von D a l N e g ro gefundene Ge¬ setz, nach welchem sich die magnetisirende Kraft eines Elektromotors nicht nach der Größe der Oberfläche, sondern nach dessen Umfang richten soll. (Zeitsch. n. F. 2. 286.) 361. Nichts ist natürlicher/ als die Vermuthung, daß der elektrische Strom, der im Stande ist, den Polardraht zu magne- lisiren, auch eine Magnetnadel afficiren müsse. Oersted hat im Jahre 1820 diese Einwirkung zuerst kennen gelehrt und dadurch zu allen electro-magnetischen Entdeckungen, die schnell auf seinen Fund folgten, den Weg gebahnt. Dieser Gelehrte fand nämlich, daß der elektrische Strom einer Volta'schen Säule unter gewissen Umständen eine Magnetnadel aus ihrer Richtung bringe. Um die Gesetze dieser merkwürdigen Wirkung des elektrischen S tro- mes leichter zu übersehen imd für sie kürzere Ausdrücke wählen zu können, denke man sich immer nur den positiven Strom, der im Polardrahte vom Zinkpole zum Kupferpole, in der Säule aber vom Kupferpole zum Zinkpvle geht und abstrahire vom negativen Strom gänzlich, vergesse aber nicht, daß dieses nur der Abkürzung wegen geschieht, keineswegs aber zum Behufs einer Erklärung. Unter diesenVoraussetzungen erfährt man folgende Gesetze: 1) Jstderelek- trische Strom von Süd nach Nord gehend, mit der Axe einer ho¬ rizontal schwebenden Magnetnadel parallel und letztere mit er¬ sterem in einerlei Verticalebene; so wird die Abweichung der Ma¬ gnetnadel, nicht aber ihre Neigung geändert, und zwar wird der Nordpol nach West abgelenkt, wenn der elektrische Strom über der Nadel vorbeigehr, hingegen nach Ost, wenn er sich unter der 598 Gesetze des Elektromagnetismus. Nadel befindet. 2) Hat der electrische Strom dieselbe Richtung und steht die Magnetnadel in gleicher Höhe mit ihm; so wird ihre Nei¬ gung, nicht aber ihre Abweichung geändert, und zwar wird der Nordpol herabgezogen, wenn der electrische Strom an der Westseite des Magnetes vorbeigeht, hingegen erhöht, wenn er sich an seiner Ostseice befindet. 3) Geht der electrische Strom von Nord nach Süd, so erfolgen alle dieseAblenkungen nach entgegengesetzterRich- tung. 4) Macht der electrische Strom mit dem magnetischen Meri¬ dian einen spitzigen Winkel, so erfolgt die Ablenkung wie vorhin, nur schwächer. Man kann sich vorstellen, als ließe sich dieser Strom nach zweiRichtungen zerlegen, wovon einer im magnetischen Meri¬ dian liegt und auf die Magnetnadel nach den frühem Angaben wirkt, während der andere auf dem magnetischen Meridian senk¬ recht steht und keine Wirkung auf sie äußert. 5) Der Ablenkungs¬ winkel ist desto größer, je wirksamer die Säule ist und je näher der electrische Strom am Magnete vorbeigeht. Biot, Savary und Schmidt fanden, daß die ablenkende Kraft verkehrt wie die Entfernung wachse. Ob sich zwischen dem Magnete und dem Polar- drahte gute oder schlechte Leiter der L befinden und ob der Polar¬ draht gerade ist oder Biegungen hat, ist einerlei. Eine ganze Bat¬ terie bewirkt keine größere Ablenkung einer Magnetnadel als ein einziges Element derselben, wenn nur die angewandten Drähte Lick genug sind, um alle Elect. des Elementes leiten zu können. 6) Eine astatische Magnetnadel wird von einem eleckrischen Strome so gestellt, daß ihre magnetische Axe auf der Richtung des Stro¬ mes senkrecht — kann alle diese Gesetze auf einmal über¬ sehen, wenn man sich den Beobachter, in den elecrrischen Strom versetzt und mit dem Gesichte nach der Magnetnadel hingewendek denkt, so daß die L von seinen Füßen zum Kopfe geht. In diesem Falle wird der Nordpol der Magnetnadel stets links abgelenkt. Aus dem Ganzen geht hervor, daß vom Polardrahte eine vor dec Hand unbestimmte Kraft ausgehe, welche die Magnetnadel in eine auf dem electrischen Strome senkrechte Richtung zu stellen sucht und zwar so, daß ihr Nordpol an der linken Seite des im Strome be¬ findlichen Beobachters liegt. Daß eine gewöhnliche, nicht astatsiäft Magnetnadel nicht in diese Richtung kommt, sondern in einer Zn"' schenlage im Gleichgewichte steht, rührt davon her, daß sie von zwei Kräften, nämlich vom Erdmagnetismus und von der Kraft des electrischen Stromes zugleich afficirt wird. Ist daher (8^' Electro-magnetischer Apparat. 599 333) ein Querschnitt des Polardrahtes in der Ebene des PapierS, durch welchen der electrische Strom von der Vorderseite des Papie- res gegen die Rückseite geht, so wird er eine Magnetnadel so zu stellen suchen, wie die Pfeile anzeigen, deren Spitzen ihren Nord¬ pol bedeuten. 362. Zu Versuchen über diese und die nachfolgenden electro-mag- netischen Erscheinungen braucht man einen besonderen Apparat, welcher den Namen eines e leer ro - m ag n e tisch en führt. Am¬ pöre hat zuerst einen solchen angegeben, es sind aber nach der Hand noch mehrere andere bekannt geworden, die theils einfacher, theils vollständiger sind als der Amp ö r e'sche. Don folgenden habe ich stets sehr bequem und wirksam befunden: (Fig. 334) ist ein Bret von 18 Z. Lange und 9 Z. Breite, welches mit Stell¬ schrauben zum Horizontalstcllen versehen ist. 6 und D sind zwei auf demselben senkrecht stehende Säulen von Holz oder Glas, durch deren jede der ganzen Länge nach ein Kupferdraht geht, der etwa 1 Z. über die Säule hervorragt und in eine federnde Hülse 6, A von demselben Metall auslauft. 6 und 1/ sind zwei kleine Ver¬ tiefungen, von welchen offene oder verdeckte Drahtleitungen aus¬ gehen, deren eine 6a von 6 »ach a führt, und sich daselbst an den durch O gehenden Draht leitend anschließt, während die andere Hb dasselbe mit dem durch 6 gehenden Draht thut. Ai ist eine kreisrunde, etwa 1 Z. unter die Oberfläche des Bretes reichende Vertiefung, welche durch einen von der Leitung 6a auslaufenden Draht o mit 6 in Verbindung tritt. In der Mitte dieser Vertie¬ fung befindet sich eine mit einer Schraubenmutter versehene, durch die ganze Breldicke gehende Öffnung von 1—2 L. Durchmesser, mit einem eingeschraubten, oben pfannenartig erweiterten Me¬ tallstücke. Beim Gebrauche werden die Vertiefungen 6, H und mit Quecksilber gefüllt. In die Hülfen A und A paffen eigene Metallstücke 6 und älck, die mit loffelformigen Pfannen verfehen sind. Zu diesem Postamente gehören noch dieHülfsapparare 6—A) von deren Anwendung im Verlauf dieses die Rede seyn wird. Will man nun über die magnetische Kraft eines von A durchstromten Po¬ lardrahtes einen Versuch anstellen, so steckt man einen Kupferdraht durch die beiden Hülsen 6 und A, führt die Polardrähte einer thä- tigenVolta'schen Säule oder einer einfachenKette in die mitQueck- silber gefüllten Grübchen 6 und K und nähert dem Drahte feine Eisenfeile. Dieselbe Vorrichtung dient auch zu Versuchen über die 60l> Multiplic a k ore n. Ablenkung der Magnetnadel und man braucht nur eine empfindli¬ che, um eine verticale Axe bewegliche Magnetnadel über oder unter den Draht, oder eine um eine horizontale Axe bewegliche, links oder rechts an den Draht zu stellen, um diese Ablenkung zu erführen. 363. Ein schwacher electrischer Strom bewirkt auch nur eine geringe Ablenkung der Magnetnadel, mehrere parallele, nach der¬ selben Richtung fortlaufende, schwache Ströme können aber eine so große Wirkung erzeugen, wie ein einzelner sehr starker Strom. Da der Polardraht einer Volta'schen Säule seiner ganzen Länge nach ununterbrochen von durchströmt wird, so kann man auch mit Erfolg einen langen Draht mehrmal auf eine Magnetnadel wir¬ ken lassen, wenn man ihn ringförmig zusammenwindet und die Magnetnadel in die Öffnung des Ringes stellt. Auf diese Weise er¬ hält man S ch w e i g g e r's M u l ti p li o a t o r (Fig. 335) ein In¬ strument, welches für bewegte Electricicät dasselbe ist, was ein Elec- troscop für ruhende Li leister. (Gilb. Ann. 68. 206.) Man macht es ausnehmend empfindlich, wenn man nach Nobili's Vorschlag (Pogg. Ann. 8. 338.) den Polardraht zu zwei ovalen, in entgegengesetzten Richtungen laufenden Ringen windet und in ihre Öffnungen zwei mit einander verbundene astatisch zusammengesetzte Magnetnadeln hängt (Fig. 336). Zu besonderen Zwecken hat man auch Multipli¬ katoren , bei denen start des ringförmig und mehrfach gewundenen Drahtes ein Blech in die durch Fig. 337 dargestellte Form a gebogen, und zwischen die beiden Schenkel desselben eineMagnetnadel gebracht ist, die mit einer, außerhalb des oberen Blechschenkels angebrachten verbunden worden, und mit derselben ein astatisches System bildet. (Schweigg. 57. I.) Die Empfindlichkeit von Mulriplicaroren mit lan¬ gem Drahte hängt von der Leirkraft des Drahtes, von der İln pung der einzelnen Windungen, von der Anzahl derselben und von der Art ihrer Windung ab. Man hat außer den genannten noch verschiedene andere Einrichtungen der Multiplikatoren erdacht, um gr empfindlicher oder um ihre Anzeigen den elektrischen Strömen pro¬ portional zu machen, C o ll a d o n hat statt des Drahtes Kupferstreifen 62.), Ha re Zinnfolio gewählt, Hachette hat gap den Polardraht zuerst um die Schenkel eines hufeisenförmig gekrümmten Eisens ge¬ wunden und die Magnetnadel zwischen diese Schenkel gestellt, damit As, wenn dec durch den Draht gehende L Strom das Eisen mague- Wirkung eines Magnetes auf eine» Polardrahc. 801 lisch gemacht hat, durch ihre Annäherung an den einen oder den anderen Schenkel das Daseyn,die Stärke und die Richtung des electri- schen Stromes anzeige. (Pogg. Ann.27.560.) Person hatdieselbe zu erreichen geglaubt, indem er den Polardraht in Form einer hohlen Schraube zusammenwand und die Nadel in ihre Axe stellte. Auch die Aufhängung der Magnetnadel ist verschieden. Beim einfachsten Multiplikator ruht sie auf einer Spitze, bei Nobili's Multiplika¬ tor hängt sie an seinen Seidenfäden, Har e hängt sie an einen sei¬ nen Glasfaden. Man kann einen einzigen langen Polardraht brauchen, oder deren zwei neben einander anwcnden, wie Nörrenberg und später Nobili empfohlen haben. Die Windungen werden nicht im¬ mer aus gleiche Weise gemacht. Marianini (Zeitsch. 4.42.) win¬ det den Draht fächerförmig (Fig. 338), damit die Nadel, wenn sie unter einer Windung vorbeigegangen ist, alsogleich unter eine andere komme; Nervander r/e 55.156.^ ringsum eine cyliu- drische Schale in gleichen Abständen von einander (Fig. 339). Bis¬ her hat man aber -mehr Sorgfalt aus die Windungen als auf die Magnetnadel verwendet. Große und starke Magnete, wie sie Gauß vorschlägt, scheinen mehr zu nützen, als alle bisher angewandten Mittel, um die Empfindlichkeit der Multiplikatoren zu erhöhen. 364. Gleichwie ein fixer Polardraht eine bewegliche Magnet¬ nadel in Bewegung setzt, ebenso muß ein fixer Magnet auf einen beweglichen Polardrahtwirken. Um dieses zu zeigen, schiebe man den beweglichen Leiter es und die Beschaffenheit des genäherten Poles das Gegentheil Statt findet. Ein um eine vertikale Axe beweglicher MulriplicaroiM bient zu demselben Zwecke. Ein spiralförmig um zwei Glasstücke ge» wundener Polardrahc (), besten abwärts gehendes Ende in das Quecksilber in X taucht, wahrend sein aufwärts gerichtetes in ei¬ nen Haken auslauft, mit dem er in die Pfanne X eingreifl, folgt nnem Magnetpole so wie ein Magnet dem anderen. 365. Auch der Erdmagnetismus zeigt seinen Einfluß auf einen Polardraht und dreht ihn, wenn er um eine Are beweglich ist, 602 Wirkung der Polar drahte auf einander. dahin, daß der elektrische Strom auf der magnetischen Axe der Crde senkrecht steht und sich wieder jener ihrer Pole, welcher mit dem Nordpole eines gewöhnlichen Magnetes gleichartig ist (also ihr Südpol), zur Linken des im Strome befindlichen Beobachters befin¬ det. Ein um eine vertikale Axe beweglicher Polardraht stellt sich daher immer in eine auf dem magnetischen Meridiane, der um eine horizontale Are bewegliche hingegen in eine auf dem magnetischen Äquator senkrechte Ebene. Ersteres zeigt sich an dem vorher beschrie¬ benen beweglichen Leiter, letzteres an einem ähnlichen aber äquilibrir- ten Leiter A, der mit jeder seiner zwei Endspitzen a in die löffelförmige Erweiterung eines Einsatzes D undülck reicht und demnach um eine horizontale Axe beweglich ist. Der bewegliche Leiter nimmt durch den Einffuß des Erdmagnetismus eine Richtung von nach -5. gleich einer Magnetnadel. 366. Aus dem Vorhergehenden ist zu vermuthen, daß auch ein Polardraht auf einen anderen eine Wirkung ausübe. Dieses hat Ampere in der That nachgewiesen und gezeigt, daß sich zwei Polardrahte, wovon wenigstens einer beweglich ist, stets in eine Lage zu versetzen suchen, bei welcher beide elektrische Ströme die¬ selbe Richtung haben und daß sich zwei elektrische Ströme, wenn sie sich neben einander befinden, anziehen oder abstoßen, je nachdem sie dieselbe Richtung oder entgegengesetzte Richtungen haben. Man kann sich von letzterem überzeugen, wenn man zwei äquilibruue Leiter U neben einander auf die Pfannen D und AI bringt und den la Strom durch sie gehen laßt. Da ziehen sich nämlich die Polardrahte an. Vertauscht man aber einen der zwei Leiter mit dem in L dargestellten, in welchen dec Strom eine entgegenge¬ setzte Richtung hat, so erfährt man, daß sich die zwei Lemr absioßen. Selbst die Theile desselben Stromes stoßen sich ad- Um dieses zu sehen, bedient man sich eines durch eine Querwand in zwei Facher getheilten Gefäßes (Fig 340), füllt in jedes Fach Quecksilber ein, setzt eines in a mir dem positiven, das andere nl ü mit dem negativen Pole einer Volta'schen Säule in Verbindung und legt auf das Quecksilber einen Metalldraht U, der beide si¬ cher mit einander verbindet. Sobald der elektrische Strom beginnt/ gleitet der Leiter eck längs der Oberfläche des Quecksilbers hin und entfernt sich von a und ü. Man kann die Wirkung zweier eleciu- scher Ströme auf einander allgemein so ausdrücken: Zwei Strome/ die sich dem Scheitel eines Winkels nähern oder sich davon entfernen/ Electro-magnetische Rotationen. 603 ziehen sich an, zwei solche hingegen, deren einer sich dem Scheitel eines Winkels nähert, wahrend sich der andere davon entfernt, stoßen sich ab. (Man muß aber den Begriff eines Winkels auch auf eine gerade Linie ausdehnen und zwei Stücke einer solchen als die Schenkel eines Winkels von 180° betrachten.) 367. Wenn man die Einwirkung eines electrischen Stromes auf einen Magnet, wie sie in Fig. 333 dargestellr wurde, näher betrachtet, so kommt man leicht auf die Vermuthung, daß der Nordpol des Magnetes um den Polardraht nach einer Richtung, der Südpol desselben aber nach der entgegengesetzten Richtung zu ro tiren strebe. Daß bei den vorhergehenden Versuchen diese Ro¬ tation nicht eintrat, kann daher kommen, daß der Magnet sich nicht frei bewegen konnte und seine zwei Pole eine entgegengesetzte Be¬ wegung einschlagen wollten. Ob diese Vermuthung richtig sey, wird man erfahren, wenn man einen electrischen Strom nur auf einen Pol eines freien Magnetes wirken läßt. Dieses kann man erreichen, wenn man die Vertiefung X (Fig. 334) mit Quecksilber füllt, in dieses Quecksilber durch einen verticalen mit der Pfanne 7- communicirenden Draht einen electrischen Strom leitet, endlich in das Quecksilber ein Magnetstäbchen gibt, welches darin durch eine angehängte Platinmasse mir verticaler Axe schwimmend erhalten wird. So wie der electrische Strom beginnt, fängt auch der Ma¬ gnet an, sich um den Polardraht zu bewegen nach einer Richtung, die sich nach der vorhergehenden Regel (361) vollkommen rich¬ tig bestimmen läßt. Hieraus ist leicht zu errathen, daß sich auch ein beweglicher Polardraht um einen Magnet bewegen wird. Man kann dieses zeigen, wenn man den in der Grube X befindlichen Metallstifr durch einen runden Magnetstab ersetzt, und statt des Stiftes I, mit der Pfanne den Leiter 7 in die Hülse 12 schiebt. Der abwärts hängende Theil desselben ist beweglich, reicht mit der Spitze an das Quecksilber in X und wird durch eine kleine Glaskugel gehin¬ dert, den Magnet zu berühren. Sobald dis Thätigkeit der Säule be¬ ginne, fängt das Umkreisen des Polardrahtes an und dauert fort, so lange die Thätigkeit der Säule anhält. So wie der magnetische Pol geändert wird oder die mit dem Pole der Säule verbundenen Drähte verwechselt werden, ändert sich auch die Richtung der kreisenden Bewegung. Diesen Versuch hat Faraday zuerst angestellt. Der Apparat, durch den man ein Rotiren des Polardrahtes um ei¬ nen Magnet und umgekehrt erzeugt, läßt sich auf mannigfaltige 604 Rotationsapparat. Weise abändern. Man kann den Polardraht wie eine Magnetnadel auf eine verticale Spitze, die auf der Magnetstange angebrachtiff, stellen, und eines oder beide seiner Enden in ein Quecksilbergefäß abwärts biegen; man kann sogar um jeden Pol eines hufeisen¬ förmigen Magnetes einen solchen Polardraht anbringen und zu¬ gleich eine Bewegung um beide Pole erzeugen. Barlow hat an einem gabelförmig ausgeschnittenen Polardrahte l7 ein sternförmi¬ ges Rädchen angebracht, dessen Spitzen in Quecksilber reichten und dessen Ebene sich zwischen den Schenkeln eines hufeisenförmigen Magnetes befand. Dieses Rädchen wird durch den elektrischen Strom mit ungemeiner Geschwindigkeit umgedreht. Richtet man einen cylindrischen Magnet so ein, daß er sich um seine eigene verticale Axe bewegen kann, und leitet einen elektrischen Strom durch ihn, der nur auf einen seiner Pole wirket; so beginnt die¬ ser sich schnell um seine eigene Axe zu drehen. Davy hat selbst an flüssigen Leitern, z.B. am Quecksilber, an geschmolzenem Zinn deut¬ liche Rotationen erzeugt. Er bediente sich dazu eines Gefäßes, durch dessen Boden zwei verticale Drähte gingen, die ringsum, bis auf ihre oberste Fläche mit Siegellack überzogen waren. Wurde Queck¬ silber in das Gefäß gegeben, bis es die Drähte deckte und durch sie eine mächtige Volta'sche Säule entladen; so erhob sich das Queck¬ silber über den Drähten in kegelförmiger Gestalt und schlug Wellen. Wurde derPol eines Magnetes über einen jener Drähte angebracht, so senkte sich der Kegel, verschwand bei größerer Annäherung des Magnetes ganz, und ging endlich gar in eine Vertiefung über, aber das Quecksilber fing um denselben Pol zu rotiren an. (Schweigg- I- 40. 332.) Nach Fechner kann man eine Flüssigkeit durch fol¬ gende Vorrichtung in eine electro-magnetische Rotation versehen: Man stelle auf den Pol eines ausrechtstehenden Magnetes eine Kupferschale von 4 — 5 Zoll Durchmesser, die in der Mitte aufwärts gedrückt ist, um in dieser Stellung ruhig zu verharren. Auf diesen in die Höhe gedrückten Theil lege man einen Zinkring und giesst mit einer Salmiaklösung gemischte Salzsäure in die Schale, damit durch das Kupfer und Zink ein elektrischer Strom erregt werde, der durch die Flüssigkeit geht. Letztere beginnt nun besonders Mel am Zinkringe zu rotiren und nimmt selbst hineingelegte Papier¬ stückchen mit. (Schweigg. I. 55.15.) Ritchie hat denselben Zweck auf eine andere Weise erreicht. (Pogg. Ann. 27- 552.) 368. Es läßt sich auch durch das Aufeinanderwirken zweier elektrischer Ströme ein Rotiren hervorbringen. Um dieses einznst- Heu, denke man sich einen nachaö (Fig. 341) und einen zweiten nach einer auf aü senkrechten Richtung oU gerichteten elektrischen Strom. Nach dem früher (366) ausgesprochenen Gesetze stoßen sich die nach au und cck gerichteten Ströme ab, die nach ob und eck gerich- Rotationsversuche. 605 teten hingegen ziehen sich an und es würde der Polardraht ad nach ad fortschreiten, wenn es möglich wäre, ihm nach dieser Richtung die nöthige Beweglichkeit zu verschaffen. Ist aber der Polardraht aü drehbar, so wird dieses Fortschreiten in eine Rotation übergehen. Um¬ wickelt man daher ein Glasgefäß (Fig. 334) mit einem durch einen Seidenüberzug isolirten Kupferstreifen; so kann dieser dem Polar¬ drahte ab in Fig. 341 um so mehr substituirt werden, da er zu¬ gleich als Multiplicator wirkt und den Effect des clectrischen Stro¬ mes, welcher durch ihn geleitet wird, steigert. Den Polardraht für den zweiten, verticalen Strom erhält man, wenn man ein Drahtstück an zwei Stellen unter einem rechten Winkel biegt, so daß es aus zwei verticalen und einem horizontalen Theile besteht, wie aöcck, dasselbe unten mit einem kreisförmigen Kupferstreifen versieht, es auf einen durch den Boden des Gefäßes gehenden Stift beweglich stellt und in dieses Gefäß säuerliches Wasser gibt, das den Kupferreif berührt. Leitet man nun einen electrischen Strom so, daß er in dem verticalen Stifte aufsteigt, an dessen Ende in zwei Theilen gegen ü und o geht, hierauf abwärts durch ö' ren entgegengesetzt, findet aber nur indem Momente Statt, w» der erregende Strom zu wirken anfangt, und erneuert sich, aber wieder nur momentan und in einer dem ersteren secundären Stroinr Sekundäre elektrische Ströme. 607 entgegengesetzten, mithin in einer mit dem erregenden übereinstim¬ menden Richtung, dann wieder, wenn jene Einwirkung aufhört. Zwischen dem ersten und zweiten secundären Strome befindet sich wohl der Leiter in einem besonderen (eleerrotonischen) Zustande, den man aber bis jetzt nicht weiter kennt. Aus dem Gesagten ist klar, daß man einen secundären electrischen Strom erzeugen kann, wenn man zwei Leiter neben einander anbringt, jedoch ohne daß sie sich berühren , einen derselben mit einem thätigen Electromotor in Verbindung setzt, und dann diese Verbindung wieder aufhebt, oder auch, indem man einen Leiter dem Polardrahte eines thätigen Electromotors schnell nähert und ihn hierauf wieder entfernt. 370. Ein secundärer elektrischer Strom bringt alle jene Wir kungen hervor, die ein primärer von derselben Stärke und Richtung erzeugt. Er bewirkt Zuckungen an Froschschenkeln, erregt den eigen- thümlichen Geschmack auf der Zunge, die Lichterscheinung vor dem Auge und lenkt eine Magnetnadel ab, ja gerade diese Wirkungen sind es, aus deren Eintreten Faraday auf das Stattfinden solcher Ströme schloß. Zur Erregung derselben braucht man besondere Vor¬ richtungen, nämlich einen massiven mit isolirtem Kupferdraht schrau¬ benförmig umwickelten Cylinder (Fig. 343) und einen anderen, hohlen, L, in dessen Höhlung jener paßt, und der an beiden En¬ den mit vorstehenden Rändern versehen ist, um das Herabgleiten der vielfach über einander liegenden Drahtwindungen zu verhindern. Schiebt man den Cylinder in den Cylinder 8, und bringt die beiden Drahtenden des letzteren mit den Froschschenkeln oder mit ber Zunge oder mit den Drähten eines Multiplikators in Verbin¬ dung, den des Cylindcrs mit den Polen eines Elektromotors; so treten Zuckungen, Lichtphänomene oder eine Ablenkung der Magnetnadel ein, in dem Augenblicke, wo man die Verbindung mn dem Elektromotor hergestellt oder wieder aufgehoben, zum Beweise, daß in beiden Fällen ein. elektrischer Strom in 8 Statt gefunden hat. Die Ablenkung der Magnetnadel gibt insbesondere von der Richtung und Stärke dieses Stromes genaue Rechenschaft und es zeigt die Richtung ihrer Ablenkung beim Schließen dieser Kette, daß der sekundäre Strom dem primären entgegengesetzt sey, ihr schnelles in Ruhe kommen, daß der sekundäre Strom nur mo¬ mentan war, ihre abermalige Ablenkung beim Offnen der Kette, "ß abermals ein secundärer Strom Statt gefunden, und die Oröße und Richtung derselben, daß dieser dem ersteren der Rich- 608 M a g n e t o - El e c t ri c i tä t. tung nach entgegengesetzt, der Größe nach aber gleich sey. Verbin¬ det man die Drähte des Cylinders L statt mit einem Multiplicator mit den Enden eines anderen Drahtes, der spiralförmig um eine Glasröhre geht, in welcher sich eine Stahlnadel befindet, setzt den Cy- linder mit dem Electromotor in Verbindung und zieht die Nadel zuruck, bevor diese Verbindungen aufgehoben werden, so findet man die Nadel magnetisch. Wird aber diese Verbindung aufgehoben, so lange sich die Nadel noch in der Glasröhre befindet, so zeigt diese keinen, oder doch nur einen sehr geringen Magnetismus, zum Bewei¬ se, daß die Wirkung des ersteren Stromes durch jene des zweiten ganz oder zum Theile aufgehoben worden sey. Da, wo die Nadel noch einige magnetische Kraft erübriget, entspricht diese der Rich¬ tung des ersteren Stromes. Man darf aber darunt nicht auf eine größere Intensität dieses Stromes im Vergleiche zum nachfolgenden schließen; denn ein Magnet braucht zur Umkehrung seiner Pole einen stärkeren Strom als zur ursprünglichen Erzeugung des¬ selben. 371. Da ein Magnet bei den electro-magnetischen Wirkun¬ gen die Elecrricität in Bewegung so glücklich vertreten kann; so glaubte F a ra d a y, auch bei dieser Reihe von Erscheinungen den primären Strom durch einen Magnet ersetzen zu können. Der Erfolg entsprach seiner Erwartung vollkommen ?/nd man erhielt nicht blos die vorerwähnten Wirkungen des secundären Strome, sondern bei zweckmäßiger Unterbrechung der Leiter sogar Funken und Wirkungen auf das Electroscop. Werden dis Drähte deS Zy¬ linders L mit dem Schenkel eines Frosches, mit der Zunge oder mit einem Multiplicator leitend verbunden, so tritt alsogleich am Froschschenkel eine Zuckung, an der Zunge der eigenthümliche Ge¬ schmack und am Multiplicator eine Ablenkung der Magnetnadel ein, wenn man einen Magnetstab in die Spirale schiebt, zum Beweise, daß der Magnet einen electrischen Strom erregt habe/ und dasselbe findet Statt, wenn der Magnet auS der Höhlung des Cylinders U gezogen wird. Die Richtung der Ablenkung der Magnetnadel zeigt, daß der secundär electrische Strom beim schieben des Magnetes jenem entgegengesetzt, beim Ausziehen gegen mit jenem übereinstimmend sey, den man de' Theorie zu Folge im Magnet voraussetzen muß. des Magnetes, wodurch derselbe in die Spirale oder aus derselben zurückgezogen wird, äußert sich durch einen »euen- r Amperes" Jede Bewegung hineingeschobe" Stärke der magneto-elect. Wirkung. 609 wiewohl nur schwachen Strom. Besonders wirksam ist aber die Mitteeinos Magnetes, wo beide Pole aneinander grenzen, ja selbst, wenn man dem ruhig in der Spirale liegenden Magnet ein weiches Eisen nähert und dadurch die Lage seiner mathematischen Pole und seiner indifferenten Stelle verrückt, erzeugt er einen neuen secundaren Strom. Durch schnelles auf einander folgen¬ des Herausziehen und wieder Einschieben des Magnetes in die Spirale kann man selbst mittelst eines sehr schwachen elect. Stromes starke Ablenkungen einer Magnetnadel hervorbringen. (Amp «re in A/rn. cke tMun. 48. 402. Dal Negro in Zeitsch. n. F- 145.) Es versteht sich von selbst, daß man zu diesen Versuchen statt eines selbstständigen Magnetes einen Electromagner brauchen kann, so daß also ein elect. Srrom Magnetismus erzeugt, und dieser wieder einen secundaren Strom hervorruft. Selbst secundäre Ma¬ gnete sind zu derlei Versuchen brauchbar. Umwickelt man den Anker eines Magnetes mit einem isolirten Kupferstreifen (Fig. 344) oder einer Drahrspirale, so treten die Zeichen eines secundären elect. Stromes an diesem Drahte oder dem Kupferstreifen ein, sobald man den Anker an den Magnet bringt und ihn dadurch zum secun¬ dären Magnet macht, oder ihn von demselben zurückzieht; ja ge¬ rade dadurch erhält man am leichtesten Funken und Wirkungen auf ein empfindliches Electroscop. (Faraday in Pogg. Ann. 25.142, 161; 34.292. Ritchie ebend. 29. 464; 31. 203. Lenz ebend. 483; 34. 385. Zeitsch. n. F. 1. 74.) 372. Die Stärke der magneto-electrischen Wirkung eines Ma¬ gnetes steht im geraden Verhältnisse mit der Anzahl der Drahtwin¬ dungen des Leiters und ist von der Weite dieser Windungen, von der Dicke und Substanz des Drahtes ganz unabhängig. In Betreff der Anzahl der Windungen gilt aber dieses Gesetz nur bis zu einer bestimmten Grenze, über welche hinaus eine weitere Vermehrung der Windungen keine Steigerung der elcctromotorischen Kraft mehr hervorbringt, weil die Leitfähigkeit mit wachsender Länge des Drahtes, mithin auch mit der Anzahl seiner Windungen abnimmt, ein be- uimmter Eisenkörper nur eine gewisse Anzahl Windungen unmittelbar aufnehmen kann, und die etwa folgenden über die ersteren gelegt werden müssen; doch liegt diese Grenze bei längeren Ankern, dickeren Drähten und engeren Windungen weiter heraus, als bei kürzeren Ottern, dünneren Drähten und weiteren Windungen. (Lenz in Pogg- Ann. 34. 385.) Naturlehre. 5. Aufl. 39 ÜIO Magneto-electrischcr Drehapparat. 373. Man hat neuestens auch Mittel gefunden, mehrere se¬ kundäre Strome von derselben Richtung schnell hinter einander durch einen Leiter zu fuhren, und durch dieselben alle jene Wirkungen zu erzeugen, wozu sonst nur anhaltende Ströme gebraucht wurden, wie z. B. Erschütterungen, Glühphänomene und chemische Zerse¬ tzungen. Ist nämlich ein kräftiger Hufeisenmagnet (Fig. 34'5) mit vertikal aufwärts gerichteten Schenkeln mit einem Mechanismus verbunden, durch den er in eine schnelle rotirende Bewegung ver¬ setzt werden kann, und ihm entsprechend ein weiches Hufeisen kl so befestiget, daß dessen Schenkel bei jeder Rotation desMagnetesck genau in die Verlängerung der Schenkel dieses Magnetes fallen, sind ferner die Schenkel, des letzteren Magnetes mit Drahtspiralen reichlich versehen (indem nämlich jeder derselben in einem hohlen Cylinder von der Form kl (Fig. 343) steckt); so muß offenbar bei jeder Notation des Magnetes das Hufeisen kl zweimal und zwar entgegengesetzt magnetisch werden. Eine bestimmte Polarität des Hufeisens kl wird zunehmen, während sich der entsprechende Pol des Magnetes ^k den Schenkeln von kl nähert, hingegen wieder ab¬ nehmen, wenn er sich von denselben entfernt, und der Übergang von einer Polarität in die andere wird Statt haben, wenn die Ebenen, worin die Magnetschenkel und die Hufeisenschenkcl liegen, einen gewissen Winkel machen. In den Spiralen jedes Schenkels des Hufeisens kl werden demnach während jeder halben Rotation von ck zwei entgegengesetzte eleet. Ströme auf einander folgen. Leitet man von der einen Spirale ein Drahtende in ein Gefäß « nM Quecksilber, von der anderen wieder ein Drahtende in ein Gefaßt, bringt in einiger Entfernung von diesen zwei Gefäßen zwei andere 6 und ck an, die ebenfalls Quecksilber enthalten, und aus denen die eleet. Ströme durch Drähte weiter geführt werden sollen; st braucht man nur einen Mechanismus (Gyrotrop), der die Verbin¬ dung zwischen den Gefäßen a, k> und c, mit o in Verbindung tritt, und der Wechsel gerade da eintrit't, wo auch der elektrische Strom seine Richtung umkehn. und man wird in den aus den Gefäßen e und ck gehenden Drähi-u Ströme von einerlei Richtung haben, und sie so, wie den Stiou> einer Volta'schen Säule zu Erschütterungen, Glühversuchen, bü' Erklärung des RotatiousmagnetiSmus. 61! serzersebungen rc. brauchen können. (Pixii's magnet, elect. Appa¬ rat in Pegg. Ann. 27. 390; 398.-P ohl's Gyrotrop in Pogg. Ann. 34. 185. 500. Nitchie ebend. 32.539.) 374. Die eleetromotorische Wirkung eines Magnetes auf einen Leiter während der Bewegung enthält auch den Grund zu jenen merkwürdigen Phänomenen, welche S. 540 u. f. unter dem Na¬ men Rotationsmagnetismus aufgeführt worden sind. Es ist nämlich schon für sich klar, daß ein ruhender Magnet in einer in seiner Nähe bewegten Metallscheibe elect. Ströme Hervorrufen muß, und daß dasselbe Statt findet, wenn die Scheibe ruht und der Magnet sich bewegt. Daß aber Liesen Strömen jene Phänomene in der That zugeschrieben werden müssen, geht aus folgenden Versuchen hervor: Eine Kupferscheibe AI (Fig. 346), welche um die Axe a beweglich ifi, wurde so zwischen die zwei Pole »und s eines Hufeisenmagne¬ tes gestellt, daß der Rand noch unter den Polebenen stand, und sowohl dieser Rand (welcher zu diesem Ende amalgamirt war), als auch die Axe mit einem Multiplicator verbunden, hierauf aber die Scheibe schnell gedreht. Die Nadel des Multiplicators zeigte eine bleibende Ablenkung. Dasselbe trat in gleicher Ordnung und Stärke ein, als man die Scheibe so weit hob, daß ihr Rand in die Ebene der Pole fiel oder gar über dieselbe hervorragte. Änderte man die Richtung der Rotation, so wich auch die Nadel nach entgegengesetzter Richtung aus. Dasselbe erfolgte, wenn die Pole des Magnetes verwechselt, aber die Richtung der Rotation beibehalten wurde. Auch als man nicht die genau zwischen den Polen befindliche Stelle des Randes, sondern eine 50—60° davon abstehende mit dem Multiplicator in Verbindung setzte, erfolgte eine Ablenkung, sie wurde aber immer schwächer, je weiter der Eerbindungsdraht von der Polebene abwich. Als man die Scheibe nur einem Magnetpole gegenüberstellte, traten dieselben Wirrungen e>n, nur in einem etwas geringeren Grade, und man konnte auS der Richtung der Ablenkung der Nadel den Schluß ziehen, daß, wenn sich die Scheibe horizontal und schraubenrecht dreht, und der Nordpol eines Magnetes über derselben steht, der erregte elect. Strom vom Centrum der Scheibe beim Magnetpole vorbei, zum blmkreise derselben geht, und in den entfernt vom Pole liegen¬ den Lheil der Platte zurückkehrt. Fig. 347 stellt solche Ströme mit¬ telst der punctirtcn Linien dar. 39 * 612 Magneto.elect. Wirkung einer rot. Scheibe. 375. Bei einer horizontalen, schraubenrecht gedrehten Kupfer? scheibe öao (Fig. 348), über welcher sich eine horizontal schwebende Magnetnadel befindet, hat man es demnach mit der gleichzeitigen Wirkung zweier Magnetpole er. und s zu thun. Ersterer erzeugt in der ihm entsprechenden Scheibenhälfte einen Strom, der vom Centrum a zum Umkreise ö, letzterer einen solchen, der vom Umkreise c nach cr geht; mithin entsteht durch die vereinte Wirkung beider Pole ein Strom, der von c nach ö gerichtet ist. Fig. 349 stellt diese Strome vor. Bekanntlich führt aber ein beweglicher Leiter, den L durchströmt, einen seitwärts befindlichen Magnet in tangentieller Richtung um sich herum, und davon er¬ klärt sich die Ablenkung einer Magnetnadel durch eine rotirende Kupferscheibe und umgekehrt. Daß alle Wirkung aufhört, wenn keine Rotation mehr Statt findet, ist klar, denn nun gibt es kei¬ nen secundäreu elect. Strom mehr, auch der große Einfluß der Continuität der Masse auf derlei Phänomene ist leicht begreiflich. 376. Die in einer rotirenden Kupferscheibe erregten Ströme haben ihre Wirkungsmittelpuncte er und s zu beiden Seiten des wirksamen Magnetpoles. Da die elect. Vertheilung nothwendig da, wo sie zu Ende geht, stärker seyn muß, als da, wo sie gerade an¬ fängt, weil jene mit der ganzen Summe der Kräfte wirkt, welche die Platte durch den Magnetpol erhalten hat; so hat die Resultante aller Ströme eine schiefe Richtung auf den Magnetpol, und der vertical aufwärts wirkende Theil dieser Kraft muß den Magnetpol abstoßen. Die Lage der Wirkungsmittelpuncte rr und L richtet sich natürlich nach der Lage der Projection des Magnetpoles auf der rotirenden Platte. Rückt dieser Pol gegen das Centrum der Platte, so bewegen sich auch n, und s dahin, und es wird nach Maßgabe dieser Annäherung des Poles an das Centrum der Platte die Vertheilung mehr oder weniger über dieses Centrum hinausrücken, und die Kraft der secundäreu Ströme wird den Magnetpol, wenn derselbe nahe am Centrum liegt, zu demselben hinziehen, liegt ec aber nahe am Umfange, von demselben abstoßen. Was von einer Kupferscheibe gesagt wurde, gilt auch von Scheiben aus anderen Metallen und guten L Leitern, allein die Einwirkung schlechter Leiter z. B. des Glases, Holzes und selbst der Gase ist noch nicht aus den bekannten Gesetzen der magneto-electrischen Vertheilung er¬ klärbar; darum wurden alle Phänomene des Rotationsmagnetismuo unter den magnetischen aufgezählt und nicht als bloße Anwendung Maß des electrischen Stromes. L1Z der magneto-electrischen behandelt. (Faraday in Pogg. Ann. 25. 120; Nobili in Zeitsch. n. F. I. 93; Pogg. Ann. 26. 401.) Maß des electrischen Stromes. 377. Gleichwie die eleet. Spannung durch die Große der An¬ ziehung und Abstoßung, als ihrer vorzüglichsten Wirkung gemessen wird, ebenso bestimmt man die Intensität des elect. Stromes und die relative Mengeder in einer gegebenen Zeit durch einen Leiter ge¬ henden L durch ihre Wirkungen. Es sind aber nicht alle Wirkungen der bewegten 23 zur Bestimmung ihrer Quantität brauchbar, weil nicht alle einer numerischen Vergleichung fähig sind, wie z. B. die physiologischen, andere von zu vielen Nebenumständen übhängen, wie z. B. die Licht- und Wärmeerscheinungen. Darum beschrankt man sich beim Messen der electrischen Strome fast ausschließlich auf die chemischen und electro-magnetischen Wirkungen derselben. 378. Es ist schon früher (351) gezeigt worden, daß die Menge des von einem electrischen Strom zersetzten Wassers bei ge¬ höriger Vorsicht ein richtiges Normalmaß für die Menge der durch- stromenden Electricitäc abgebe. Statt Wasser kann man auch mit Erfolg Salzsäure, Jodwasserstoffsäure und mehrere andere Körper brauchen. Jodkaliumlösung ist nicht so sehr ein Mittel zur Bestim¬ mung der Stromstärke, als zur Erkennung des Daseyns eines electrischen Stromes; denn ein mit dieser Lösung und zugleich mit einer Stärkmehllösung bestrichenes Papier zeigt schon die Spuren eines electrischen Stromes, den eine halbe Umdrehung der Scheibe einer Electrisirmaschine liefert. 379. Ein noch leichter anwendbares Mittel, die Stärke und Richtung eines electrischen Stromes zu bestimmen, ist die Wir¬ kung desselben auf eine Magnetnadel, besonders mittelst eines Mul- tiplicators. Denkt man sich den Beobachter in den Körper, worin der electrische Strom herrscht, versetzt und auf die Magnetnadel dinsehend, so geht der Strom von seinen Füßen zum Kopfe, falls der Nordpol des Magnetes links ausweicht, hingegen vom Kopf zu den Füßen, wenn der Nordpol rechts abgelenkt wird. Ist Lis (Fig. 350) die Richtung eines electrischen Stromes in der Ebene des magnetischen Meridians, die Richtung, in welche er eine Magnetnadel verseht; so ist seine electro - magnetische Kraft dec Tangente des Ablenkungswinkels san. proportionirt. Denn da die Magnetnadel durch den Erdmagnetismus allein die Richtung Lio, M essung s m e t h o d e n eines elect. Stromes. durch die Wirkung -o des electrischen Stromes allein die darauf senkrechte Richtung Alm, annehmen würde, durch beide aber nach IV,r kommt; so ist IV^ die Resultirende beider Kräfte und man hat: jvM—errn, : oos ean, oder z> — ean. Für kkeine Ablenkungswinkel kann man die Kraft des Stromes dem Winkel selbst proporticnirt setzen. Statt diesen Winkel zu beobach¬ ten, kann man auch die an einem elastischen Fgden Hangende Ma¬ gnetnadel Lurch Torsion des Fadens in den magnetischen Meridian zurückführen und die Anzahl der hierzu nöthigen Torsionsgrade der electro-magnetischen Kraft des Stromes proportional setzen, oder endlich kann man auf diese Kraft aus der Anzahl der Schwingungen schließen, die eine astarische Magnetnadel über dem Polardrahte in einer bestimmten Zeit vollbringt. Die electro-magnetische Kraft des electrischen Stromes ist aber der absoluten Menge der in Be¬ wegung befindlichen L proportionirt; denn wenn man einen Elek¬ tromotor von constanter Kraft nach einander mit 1, 2, 3, 4 ganz gleichen Polardrahten schließt und die Ablenkung einer Magnetnadel beobachtet, wie esBecquerel (Zeitsch. I. 435) gethan hat; so erfährt man, haß der Ablenkungswinkel, falls er klein ist, der Anzahl der Polardrahte, mithin auch der Anzahl der einander glei¬ chen, wirksamen Ströme proportional ist. Da aber 2, 3, 4 gleiche Ströme offenbar 2, 3, 4 mal mehr führen, als ein einzelner; so ist pbige Behauptung gerechtfertiget. Zu demselben Schlüsse kommt man, wenn man eine bestimmte Menge z. B. jene enier auf einen bestimmten Grad geladenen Batterie bald schneller, bald langsamer durch einen Leiter gehen laßt und immer die ablenkeude Kraft derselben beobachtet. Man kann demnach die Tangente des Ablenkungswinkels oder nach Umständen den Ablenkungswinkel selbst der Stärke des electrischen Stromes oder der Menge der bewegten L proportional setzen. 380. Es wäre zu wünschen, daß man von der Große einer bestimmten Wirkung derL, die durch einen Leiter strömt, auf dm Größe jeder anderen Wirkung mit Zuversicht schließen könnte. Allem dazu fehlt es noch an verläßlichen Versuchen. Nach Faraday soll die L Menge, welche einen Gran Wasser zersetzt, einen Pla- tindraht von Z. Dicke in der Luft durch 3L M. roth glüh^d erhalten können. Diese L würde aber eine Batterie laden, d>e 800,000 Mal größer ist, als eine solche, die man Lurch 30 Um- Hindernisse des slect. Stromes. 6t5 drehungen einer sehr kräftigen Scheibenmaschine zu lade» vermag, und demnach das größte Thier zu tobten im Stande soyn. 381. Die vorerwähnten Mittel zur Bestimmung der Stärke electrischer Ströme lassen sich dazu brauchen, um die L, welche eine Electrisirmaschine liefert, mit jener einer Volta'schen Säule oder einfachen Kette zu vergleichen. Bei einem in dieser Beziehung von Faraday angestellten Versuche ergab sich, daß eine einfache Kette, aus einem Z. dicken Kupfer-und einem ebenso dicken Platindraht, die Z. von einander abstanden und § Z. tief in ein Gemenge von einem Tropfen Vitriolöhl und 4 Unzen destillir- tem Wasser von 60° F. getaucht waren, an einem Multiplicator, dessen Draht aus Kupfer bestand, 18 Fuß lang und Z. dick war, in 7^-Minuten einen ebenso starken Strom lieferte, wie 30 Umdrehungen einer Electrisirmaschine, deren Scheibe 50 engl. Zoll im Durchmesser hatte und bei einer Umdrehung von A Sec. Dauer, 10—12 Funken von der Länge eines Zolls gab. L. Hindernisse des elect. Stromes sLeitungs- widerstand). 382. Man hat keinen Grund der Behauptung zu widerspre¬ chen, der electrische Strom erfahre in den Körpern, durch welche er geht, einen Widerstand, und es sey derjenige Körper der bessere Electricitätsleiter, in welchem dieser Widerstand- am geringsten ist- Man soll daher nicht von der Leitfähigkeit der Körper, son¬ dern nur vom Leitungswiderstande sprechen; wo man aber den er¬ steren Ausdruck braucht, da muß man darunter j-uw Eigenschaft verstehen, welche dem Leirungswiderstande verkehrt proportionirt ist. Der Leitungswiderstand spielt in allen FMnl , wo "es »ich um den electrischen Strom handelt, eine so bedeutende'Rolle, daß man daraus wohl begreift, warum sich die Physiker so viele Muhe gegeben haben, die Gesetze derselben auszumittclN und die Ord¬ nung zu bestimmen, in welcher die Körper nach Maßgabe dieses Widerstandes oder ihrer Leitungsfähigkeit auf einander folgen. Die Mittel, durch welche man zum Zwecke zu gelangen hoffte, sind sehr verschieden. Van Ma rum schloß auf das Leitvermögen der Metalle aus der Länge der durch einen electrischen Strom von be¬ stimmter Stärke geschmolzenen, gleich dicken Drahtstücke, welche aus diesen Metallen bestanden, Priestley, Harris rc. aus L e ilu ng s wid e rsta n d. der Größe der Erhitzung, die solche Drähre durch den electrischen Strom erleiden nach der Voraussetzung, der Leitungswiderstand sey bei gleichen Dimensionen der Erhitzung proportional; allein alle diese Mittel führen nicht zu hinreichend genauen Resultaten. Grö¬ ßeren Werth haben jene Untersuchungen, bei denen man obige Größe dadurch auszumitteln sucht, daß man die betreffenden Kör¬ per als Polardrähte einer thätigen Volta'schen Säule braucht und entweder die dadurch bewirkte Verminderung der Spannung der¬ selben (Erman's Methode), oder die von der Säule hervorge- brachle electro-magnetische Wirkung (B e c gu e rel's, OhmS, Marianini'S u. Barlow's Methode) oder die chemische Wir¬ kung des Stromes beobachtet. (Ohm in Schweigg. I. 04. 20.) Rousseau bestimmt die Leitungsfähigkeit der Körper mittelst eines eigenen Instrumentes, das er Diagometer nennt. Es besteht aus einer trockenen Säule und aus einer innerhalb eines gläsernen Recipienten befindlichen, sehr beweglichen Magnetnadel, derenMa- gnetismus nur dazu dient, ihr stets eine bestimmte Richtung zu ge¬ ben. Diese Nadel berührt mit einem Ende ein Stück Kupfer, das durch den zu untersuchenden Stoff mit einem Pole der Säule inCommu- nicakion gesetzt wird. Je besser dieser Körper leitet, desto mehr wird die Magnetnadel abgelenkt. Auf diesem Wege hat Rousseau die geringste Verfälschung anBaumöhl entdeckt. Pfaff endlich benutzt dazu den Umstand, daß der elektrische Strom Schießpulver nur dann entzündet, wenn er durch eine Strecke eines minder guteuLei- ters gehen muß, und bestimmt die Leitungssähigkeit durch die Län¬ ge dieser Strecke, welche zum Gelingen des Entzündungsversuches nothwendig ist. (Rousseau in Pogg- Ann. 2. 192. Pfafl Schweigg. I. -18. 476.) 383. Der gesammte Leitungswiderstand derL in einerKette, de¬ ren Krafts? ist, besteht aus dem Leitungswiderstande indemElectro- motorselbst undaus jenem im Polardrahte. Heißt ersterer ?,letzterer trom dem Wertye -, proporttomrt und man hat: Widerstand des Überganges. 617 Nimmt man den Widerstand im Eleccromotor als Einheit an, so ist1, mithin -:-7 — l -4-1? : l -j- y also das Verhältniß ^ durch einen guten Leiter z. B. durch eine Platinplatte, e"" ? t-nde Schwächung derselben erzeugt. Man kann sich dieses -K -r- srandes sogar dazu bedienen, um einen Strom auf -men besttmm- t-n Normalzustand herabzusetzen, indem man ihn zwingt, mehrma, von dem flüssigen Leiter in eine Metallplatte überzugehen. Anwendung mehrerer solcher Platten erfahrt man bald, daß mch i-de derselben auf den L Strom eine gleiche schwächende Wirkung ousube, sondern daß dieser Strom durch die erste mehr ols die zweite, durch diese mehr als durch die dritte geschwächt mer e 385. Aus den bisher angestellten Untersuchungen über Leitungswiderstand haben sich folgende Resultate erge en - nige Körper heben, als Polardraht gebraucht, die ner Volta'schen Säule ganz auf, ihr LeitungSmiderstand ver,cy b-t also in Bezug auf die Größe der Electricitätsguelle, Lei tungsg esehe. sind für diesen Grad von Electricitat vollkommene Leiter, wie z. B. Metalle; andere schwachen diese Spannung gar nicht, sind also als Nichtleiter anzusehen, wie z. B. Glas, Seiden.; andere vermindern"die Spannung beider Pole gleichmäßig, theilen sich aber selbst in zwei electrische Halsten wie eine Ladungssäule (332), können demnach unvollkommene, zweipolige Lei¬ ter heißen, wie z. B. nasses Papier; andere leiten nur die Elec- tricitat eines Poles ab, isoliren aber die des anderen, heißen daher mit Recht einpolige, unvollkommene Leiter und zwar po¬ sitiv-einpolige, wenn sie die Electrieität des positiven Poles ableiten, wie z. B. die Flamme des Alkohols, des Wassersioffga- ses, des Wachses und Ohles, oder n eg a ti.v-ein polig e, wenn sie die des negativen Poles ableiten, wie z. B. trockene Seife, Bleiweiß, die Flamme des Phosphors. Diese von Erman entdeck¬ ten Leitungsgesetze haben in der neuesten Zeit bedeutende Einsprü¬ che erfahren, insbesondere hat Ohm zu zeigen versucht, daß die einpoligen Leiter eigentliche Isolatoren seyen, und daß die schnelle¬ re Ableitung einer Electricitat von der Bildung eines neuen Stof¬ fes am betreffenden Pole abhange, der dieselbe durch entgegenge¬ setzte Electrieität neutralisirt. Übrigens bedarf dieser Gegenstand noch einer weiteren Untersuchung. (Erman in Gilb.Ann. 22. 14. Ohm in Schweigg. I. 59. 385.) 2) Die Leitfähigkeit eines Körpers steht im geraden Verhältnisse mit der Stärke der zu lei¬ tenden Electricitat. 3) Die Leitfähigkeit eines Metalles ist oh¬ ne Vergleich größer als die des besten flüssigen Leiters. Charakte¬ ristisch ist es für die Metalle, daß sie die L leiten, ohne zersetzbar zu seyn, während die meisten anderen'Körper beim Leiten zersetzt werden. 4) Die Leitfähigkeit eines Metalldrahtes steht im ver¬ kehrten Verhältnisse seiner Länge und im direccen seines Ouerfchnit- tes. 5) Die Leitfähigkeit wird durch die Temperaturerhöhung >" einigen Körpern, wie zr B. in Metallen, geschwächt, in anderen, wie z. Br Schwefelsilber, verstärkt. 6) Viele Körper isoliren im starren Zustande schwache L, leiten sie aber im flüssigen, und wer¬ den dann auch zersetzt, wie z. B. Wasser, Bleioryd, Kali, Ka¬ liumchlorid, Schwefelantimon, Borar. Nur Quecksilberjodid sio- lirt im starren und leitet die L im flüssigen Zustande, ohne dabei zersetzt zu werden. Es gibt aber auch flüssige Körper, welche die nicht leiten. AuS diesen Gesetzen erklärt man mehrere überrasche"^ Erscheinungen, z. B. warum man eine Voltassche Säule leicht" L eitun g S g e s etze. 6? 9 isolirt als den Conductor einer nur etwas kräftigen Electrisirma- schine; warum ein Zinkkupferelement im Wasser eine Spannung zeigt/ wie in der Luft; warum ein langer Polardraht von einer sehr gut leitenden Masse bei derselben Säule keine stärkere Ab¬ lenkung der Magnetnadel hervorbringt/ als ein kürzerer von einer viel weniger leitenden Masse; warum ein dünnerer Draht leichter durch einen electrischen Strom glühend wird als ein dicker; war¬ um ein nur schwach glühender Draht alsogleich lebhafter glüht, wenn man ihn an einer Stelle mit Eis umgibt; warum glühendes Glas, geschmolzenes Siegellack, Pech, Wachs die Electricitat nicht mehv isoliren rc. Die numerischen Daten, welche man bei Untersuchungen über daselec- trische Leitvermögen verschiedener Körper fand, sind folgende: Nach Becquerel: Kupfer---100; Gold-^93.60; Silber--- 73.60; Zink----28.50; Platin — 16.40 ; Eisen —15.80 ; Zinn — 15.50 ; Blei —8.30; Quecksilber--3.45; Kalium— 1.33. Rach Ohm-hder auch auf den Leitvngswiöcrstand der Säule Rücksicht nahm): Ku¬ pfer—ION; Gold— 57.4; Silbcr---35.6; Zink---33.3; Messing — 28.0; Eisen----17.4; Platin-----17.1; Zinn--16.8; Blei 9.7. Nach Davy: Silber —109.1; Kupfer---100; Gold —72.7; Blei — 69.1; Platin---18.2; Palladium---16.4 ; Eisen--14.6- (Bec¬ querel in Schweigg. I. 44. 359. Ohm ebend- 44.245 ; 46. 137. Davy in Gilb. Ann. 71. 251. Faraday in Pogg. Ann. 31.225). Marjanini drückt das Leitvermögen der folgenden Salzlö¬ sungen (in 100 Th. Wasser) so aus, wie es die beigesetzten Zahlen bezeichnen: Salzs. Platin 418, Salpetersäure 358, salzs. Gold 307, salp. Silber 298, saures, salpeters- Quecksilberprotoxyd 278, schwe¬ felst Kupfer 258, Schwefelsäure 239, Sauerkleesäure 179, Salz¬ säure 164, essigs. Kupfer 154, Salmiak 150, sauerkleest Kali 149, salzs. Eisenammoniak 136, Phosphors, mit phosphoriger Säure 127, salzs. Kalk 110, lWeinsteinsäure 98. 66, Weinsteins. Kali 92, Essigsäure 87, Citronensäurs 85.71, Alaun 85, salzs. Natrum 84.79, schwefelst Kali. 80, Salpeter 78-3, benzoest Kali 76.56, Glaubersalz 74.2, melansaures Ammoniak 71.15, Benzoesäure 70.67, kohlens. Natrum 69.2, neutral, chlorst Kali 68.9, Kalibicar¬ bon. 66.7, essigs. Natrum 64.9, schwefelst Magnesia 62.64, saures Weinsteins. Kali 62.4, Eisenvitriol 62.26, salzs. Baryt 60, estigst Kali 59-2, salpeters. Kali 57, salzs. Eisenoxyd»! 56.53, Kali 55.68, chlorst Baryt 53.23, schwefelst Zink 51.64, Brechweinstein 50.7, Phosphorsaures Natrum 46, Borax 45.31, Phosphors. Kali 44.74, Natrum 32.6, Ätzammoniak 26.45, Blausäure 18.27, cisenblaust Natrum 10.96, destill. Wasser 1.00, Alkohol 0.323. Nach Förste¬ mann: Salzsäure 2.464, Essigsäure 2.398, Salpetersäure 2-283, 6M Reibung. Ammoniak 2.177, Schwefelsäure 1.737, Kalilauge 1.70g, Koch¬ salzlösung 1.672, Vleizuckerlösung 1.56Ü, Meerwasser l.ggg, Nach Pfaff: Verdünnte Salzsäure, salzs. Platin, salzs. Eisenoxyd, verdünnte. Salpetersäure, Salmiak, salpeters. Silber, conc. engl. Schwefelsäure, salpeters. Quecksilberoxyd, englische Schwefelsäure mit 4 Th. Wasser, starkersiWcinessig, verdünnte Phosphorsäure, Zinkvitriol, Kupfervitriol, Alaun, salzs. Zinnoxydul, Weinstein¬ säure, Ammoniak (0.980), klees. Kali, salpeters. Blei, Eisenvi¬ triol, essigs. Kali, kohlens. Kali und Natrum, salzs. Manga», Weinsteins. Kali, beuzoes. Kali, Borax, Brechweinstein, essigsaurcs Natrum, schwefelst Mangan, chlorst Kali, schwefelst Natrum, salzs. Blei, essigs. Blei, destill. Wasser. (Marianini in Schweigg. I. 49. 22; 284, Förstemann in Kast. Arch. 6. 82.) 6. Nähere Erörterung der Mittel, L zu erregen. 386. Das am längsten bekannte Mittel zu erregen, ist die Reibung. So verschieden auch die sich reibenden Körper seyn mögen, so erhält doch jedesmal einer derselben -st- ckl, der andere — L, in einem Grade, welcher durch mehrere bekannte Umstände, aber auch durch einige uns unbekannte Ursachen bestimmt wird. Gute Leiter geben beim Reiben leichter einen elektrischen Strom, als eine Spannung, weil sich die entwickelten § in dem Augenbli¬ cke, wo die Reibung aufhört oder auch nur nachläßt, neutralisiren und daher nicht zu einer leicht und ohne Condensation bemerkba¬ ren Spannung anwachsen. In solchen Fällen bedient man sich demnach zur Prüfung der Beschaffenheit und Größe des erregten elektrischen Zustandes eines Multiplikators. Ist einer der sich rei¬ benden Körper ein guter, der andere ein schlechter D Leiter, so laßt sich die L leicht zu einer namhaften Spannung bringen und durch Electroscope mit oder ohne Condensator wahrnehmen. 387. Die Menge der durch Reiben erregten Electricitat hängt von der Stärke des Druckes, von der Natur der Körper und von ihrer Temperatur ab. Schon die schwächste Reibung erzeugt bemerkbare D. So z. B. werden Schwefelblumen und Mennig schon beim Fallen durch die Luft elektrisch; der aus einem bestaubten Buche, beim Zusammenschlagen desselben erregte Staub macht schon die Goldplättchen eines Electroscops divergiren, selbst ein ge¬ gen eine Glastafel gerichteter, durch einen Blasbalg erregter Luft¬ strom ertheilt ersterer D. Je größer aber der angewendete Dcu> ist und je schneller die Reibung vor sich geht, desto mehr erzeugt Reib ungs reih e der Körper. 621 man. Darum muß man die Reibzeuge einer Electrisirmaschine mit starken Federn an die Scheibe andrücken und letztere schnell drehen. Die hygroscopische Beschaffenheit der geriebenen Oberfläche ist der L Entwicklung hinderlich, darum taugen auch weiche (meist was- serzichende) Gläser zu Electrisirscheiben nicht gut und bei feuchtem Wetter, wo selbst hartes Glas mit einer dünnen Wasserschichte überzogen ist, wirken selbst gute Maschinen schlecht; darum hilft das Abwischen mit warmen Tüchern so sehr. Die Große der sich rei¬ benden Flachen ist nicht ohne Einfluß auf die L Entwicklung, doch ist es kaum möglich, gar große Flächen vollkommen mit einander in Berührung zu bringen. Wo mau aber dieses nicht erreicht, da hat man an den von der Berührung ausgeschlossenen Stellen nicht blos Puncte, die keine L geben, sondern solche, welche die Verbin¬ dung der zwei bereits entwickelten L begünstigen. 388. Reibt man zwei Metallplatten auf einander, so hängt die Beschaffenheit der L jeder Platte von der Natur derselben ab. In der Reihe: Antimon, Arsenik, Cadmium, Eisen, Zink, Sil¬ ber, Gold, Kupfer, Zinn, Blei, Platin, Palladium, Kobalt, Nickel, Wismuth ist immer das vorhergehende positiv, das nach¬ folgende negativ electrisch. Die Befchaffenheit der Oberfläche, die Gestalt der sich reibenden Flächen, hat auf die Richtung des so er¬ regten electrischen Stromes keinen Einfluß, nur das mechanische Zertheilen der Masse stört diese Ordnung und der zertheilte Körper Hacin der Regel eine Neigung negativ zu werden; es gibt aber koch Fälle, wo er positiv ist, ja gepulvertes Antimon ist sogar ge¬ gen eine Antimonplatte positiv. Metallopyde und Suchhunde sind ui der Regel gegen ihre Metalle negativ. Die Wärme ändert oft die Beschaffenheit der Reibungselectricität. Kupferfeile ist negativ gegen Platten von Zink, Blei, Zinn, Eisen, Wismuth, Antimon; mit Platin, Gold und Silber wird sie gar nicht electrisch; Zinkfeile aber ist bei der Lufttemperatur positiv ge¬ gen Platin, Gold, Silber, Kupfer und Zinn. 389. Für schlechte L Leiter läßt sich nicht leicht eine Reihe ßnden, wie die vorher angeführte, weil die Beschaffenheit der durch Reibung solcher Körper erregten D' nicht blos von der Natur, son¬ dern auch von der Beschaffenheit der Oberfläche dieser Körper mäch¬ tig abhängt. Der Disthen nimmt sogar -l-oder— an, je nachdem man eine oder die andere seiner Flächen mit Seide reibt. 622 Druck. Im Allgemeinen hat eS den Anschein/ als wenn jener Körper die größte Neigung für—L hätte/ dessen Theile am meisten aus ih¬ rer natürlichen Lage gebracht werden. Wenigstens erklärt es sich daraus, warum von zwei Seidenbändern, die über Kreuz gerieben werden, das nach der Länge der Fasern bewegte positiv, das quer bewegte negativ electrisch wird; warum die Wärme die Körper ge¬ neigt macht, negativ electrisch zu werden; warum Seide schnell in der Luft bewegt, positiv und daher dis Luft selbst negativ electrisch wird. Cavallo hat cs versucht, die Körper in Bezug auf die Be¬ schaffenheit der von ihnen erregten Reibungsclectricität zu ordnen und sie in folgende Reihe, vom electro-posicivsten angefangen, zu¬ sammengestellt: Katzenfell, polirtes Glas, Wollenzeug, Federn, Holz, Papier, Seide, Schellack, mattes Gas. 3gO. Der innere Grund der L Entwicklung durch Reibung ist völlig unbekannt. Die beim Reiben entwickelte Wärme scheint nicht zugleich die Quelle der L zu seyn, weil letztere nicht in dein Masse reichlicher entwickelt wird, in welchem sich die Temperatur beim Reiben steigert. Der Umstand, daß sich beim Reiben ein eigen- thümlicher Geruch verbreitet, und daß das Amalgam auf den Reib¬ zeugen der L Maschinen ein sehr leicht oxydirbarer Körper seyn muß, leitet zwar auf die Vermulhung, die Reibung leite eine» chemischen Proceß ein und dieser sey die eigentliche Quelle der bä Allein es ist nicht erwiesen, daß jener Geruch mit der L Entwick¬ lung in nothwendiger Verbindung stehe, ja Davy's Versuche, bei welchen sich ergab, daß eine kleine Electrisirmaschine in Wajser- stoffgas, in kohlensaurem Gas rc. L entwickle und in letzterem so¬ gar mehr als in atm. Luft, ist dieser Ansicht sogar entgegen. Ta- Wahrscheinlichste ist, daß die durch Reibung erzeugte Molecularbe- wegung die erste Quelle der L sey. 391. Ein anderes Erregungsmittel der L ist die durch bcu Druck bewirkte Annäherung ihrer Theile. Schon vor vielen Jah¬ ren haben mehrere Physiker hierüber Versuche angestellt und meh¬ rere Körper gefunden, welche durch Druck merklich electrisch wer¬ den. Insbesondere fand diese Eigenschaft Haüy in einem hoho" Grade an kleinen Doppelspathen. In diesen kann man durch blei«"' Druck zwischen den Fingern-l-L erregen. Eben so hat Lides bemerkt, daß eine isolirte Metallscheibe — L erhält, wenn man sie an gefirnißten Taffet andrückt. Dessaignes hat diese Beu suche noch mehr erweitert. Dcßungeachtet wußte inan noch »iche- Gesetze de'r. ^..Entwicklung durch Druck. KN ob die Fähigkeit, durch Druck electrisch zu werden, allen oder nur einigen Körpern zukomme, bis durch Becguerel's Untersuchun¬ gen die wichtige Wahrheit völlig sicher gestellt wurde, daß durch Druck, jeder Körper in einen elektrischen Zustand versetzt werden kann. Becquerel verfertigte aus dem zu untersuchenden Körper ein Scheibchen, befestigte es mittelst Siegellack an ein Glasstäb- chen, das zur Vermeidung der Electrisirung durch etwaige Reibung mit einer hölzernen Handhabe versehen war, überzeugte sich zuerst, daß hieran gar keine freie L hafte und drückte nun das Scheibchen an ein zweites eben so befestigtes, isolirtes oder an einen anderen be¬ liebigen Körper. Versuche, die er auf diese Weise mit vielen Kör¬ pern, z. B. mit Korkholz, Hollundermark, Cautschouc, Orange¬ schalen, Stärkmehl, Doppelspath, Gips, Flußffath, Schwerspath, mit mehreren Metallen und selbst mit eingedickten Flüssigkeiten an- gestellc hat, lehrten, daß die an einander gedrückrsn Körper, wenn sie isolirt sind, entgegengesetzte Electricitäten zeigen, ist aber nur einer davon isolirt, so gibt zwar dieser immer Spuren freier U, aber am anderen sind die der entgegengesetzten nur dann merk¬ lich, wenn er ein schlechter Leiter ist. Welcher von beiden positiv oder negativ electrisch wird, scheint vom Verhältnisse ihrer Ela- sticität abzuhän^en. Die Menge der L wird durch die Natur der zusammengedrückten Körper, durch .die Stärke des Druckes und durch die Leitfähigkeit, Temperatur und Beschaffenheit der Oberfläche der gedrückten Stoffe bestimmt. Blätteriger Gips wird durch Druck viel stärker electrisch als Kalkspath. Körper, die sich stark adhäriren, geben mehr Electricität als solche, die dieses nur lu einem geringen Grade thun. Bei denselben Körpern und einem mäßigen Drucke ist die entwickelte Electricitätsmenge dem Drucke nahe proportionirt. Je geringer die Leitfähigkeit der zusammen- Sedrückten Körper ist, desto größer wird die Menge der frei gewor¬ renen Electricität bei übrigens gleichen Umständen. Drückt man ei¬ ne» guten und einen schlechten Leiter an derselben Stelle mehrere- nmle hinter einander mit veränderter Stärke zusammen, so sin¬ ket man bei der Trennung eine Electricität von solcher Särke, wie Iw dem stärksten Drucke entspricht. Bei guten Leitern vereinigen sich lw entgegengesetzten Electricitäten im Augenblicke, wo der Druck uufhörc, und man kann nur durch eine sehr schnelle Trennung der Körper einen Theil der frei gewordenen Electricität retten; je ge- liuger aber ihr Leitungsvermogen ist, desto weniger braucht man 62>! Trennung der Th eile. bei der Trennung eilig zu verfahren, um noch freie L mahrzu- nehmen. Übrigens wird aber doch bei einerlei Leitungsvermögen und bei einerlei Druck die Menge der Electricität mit der Schnelligkeit der Trennung im geraden Verhältnisse stehen. Dieses bemerkt man besonders, wenn man eineKork- und eine Orangenscheibe zusammen¬ drückt und sie bald schneller bald langsamer von einander trennt. Den Einfluß der Temperatur auf die Electricitätserregung beweiset der Umstand, daß zwei Korkscheiben, die man durch Entzwei- schneiden eines Stückes erhalten hat, in dem Falle, wo sie durch einen Druck keine electrische Ladung annehmen, sich mit Erfolg in die allgemeine Regel fügen, sobald eines dieser Stücke erwärmt wird. Dasselbe zeigen zwei Doppelspathe. Läßt man aber denDruck so lange auhalcen, bis beide Körper wieder dieselbe Temperatur an¬ genommen haben, so wird man sie ohne die geringste Spur derL von einander trennen. Der Feuchligkeitszustand modificirt die Men¬ ge der frei gewordenen L bedeutend; denn man findet, daß z. B. Schwerspath, Gips, Glimmer u. s. w. immer dann nach dem Drucke merkliche L zeigen, wenn sie früher abgetrocknet wurden. Die Beschaffenheit der Oberfläche hat in so weit auf die hierzu erörternden Phänomene Einfluß, als sie die Leitfähigkeit än¬ dert. So wird z. B. der sonst schlecht leitende Doppelspath ein gu¬ ter Leiter der wenn man ihm seine Politur benimmt, und er¬ hält dann nur im isolirten Zustande seine Electricität. (Gilb. Ann. 73. 117; Pogg. Ann. 12. 174.) 3g2. An die Electricitätserregung durch Druck schließt pch un¬ mittelbar die durch Trennung der Theile an. 'Ein Glimmerplätt¬ chen, das gespalten wird, zeigt im Dunkeln ein lebhaftes Licht/ Zucker und Kreide thun beim Zerstoßen dasselbe. Daß dieses electri- schen Ursprunges sey, erkennt man daraus, daß, wenn man an einem Glimmerplättchen die Spaltung nur an einem Ende macht, Hiera»! die Blätter an isolirende Handgriffe befestiget und mit diesen du Trennung vollendet, diese Blätter sich merklich elektrisch zeigen. So wie Glimmer verhalten sich alle blätterigen und überhaupt alle vollkommen krystallisirten Körper, wenn sie rein gespalten, nicht zerrissen oder gebrochen werden, doch geschieht dieses nicht benu Spalten nach jedem, sondern nur nach einem bestimmten Blätter- durchgange. So z. B. erscheinen Theilungsstücke eines Topases nur dann electrisch, wenn die Spaltung nach dem auf der Haupts senkrechten Blätterdurchgange vorgenommen wurde. — DaS Elett"- Chemische Wirkung als Quelle der L. 625 siren durch Spalten ist dem durch Drücken sehr ähnlich. Denn wird z. B. ein Glimmerblatt gespalten und dann jeder der zwei Theile durch Berühren mit der Hand seiner Electricität beraubt/ dann aber wieder zusammengedrückl; so findet man sie wieder nach dem Aus¬ einandernehmen eben so electrisch wie nach der ursprünglichen Tren¬ nung. (Pogg. 12. 150.) Nach Dumas zeigt Borsäure/ die in einem Platintiegel geschmolzen worden ist/ hierauf aber fest wird und kleine Sprünge bekommt, an jedem Sprunge ein lebhaftes Licht, das man selbst bei Tage bemerken kann. 393. Weil der electrische Strom chemische Wirkungen erzeugt, so ist es schon darum wahrscheinlich, daß chemische Procefse, die ohne Einstuß der Ai vor sich gehen, mit L Entwicklungen verbun¬ den seyen, und die Richtigkeit dieser Vermuthung wird durch folgen¬ de Erfahrungen bestätiget: Verbindet man zwei völlig gleiche Gold¬ oder Platinplättchen mit einem Multiplicator und taucht sie dann, entweder beide zugleich oder eines nach dem anderen, in Salpeter¬ säure; so bleibt die Magnetnadel ruhig, zum Beweise, daß durch das Eintauchen kein electrischer Strom erregt worden sey. Nimmt man aber statt Gold oder Platin oxydirbare Metallplatten z. B. von Kupfer oder Zink, und taucht zuerst die eine, dann die andere in die Saure, so tritt alsogleich ein electrischer Strom ein, aus des¬ sen Richtung man erkennt, daß das zuerst eingetauchte, also der stärkeren chemischen Einwirkung ausgesetzte Plättchen negativ elec¬ trisch geworden sey. Dasselbe erfolgt, wenn man Platin- oder Toldplättchen gleichzeitig in Salpetersäure taucht und dann in die Nähe des einen einen Tropfen Salzsäure gießt, die Königswasser erzeugt, wodurch das Metall chemisch angegriffen wird. Gibt man in ein Gefäß eine Säure, in ein anderes ein Alkali und verbindet beide mit einander durch einen in Wasser getränktem Asbestfaden, nachdem man in jedes dieser Gefäße ein Ende eines Multiplicators getaucht hat; so tritt alsogleich eine Ablenkung der Magnetnadel ein, als Alkali und Säure durch Aufsaugen in dem Asbestfaden Üch berühren und sich chemisch zu verbinden anfangen. Dabei zeigt sich die Säure positiv, das Alkali negativ electrisch. Der Satz, daß bei chemischen Verbindungen einer Säure mit einem Alkali er¬ stere positiv, letzteres negativ electrisch werde, gilt in seiner gan¬ zen Allgemeinheit, selbst in Bezug auf den relativen und erweiter¬ ten Begriff einer Säure (I. 63). So z. B. wird Wasser, wenn üch mit einer Säure verbindet, mithin, die Rolle einer Basis Naturwhrc 5. Aufl. ^0 626 Electricitak der Berührung. spielt, negativ, wenn es mit Zlikali eine chemische Verbindung ein- geht, wo es als Säure wirkt, positiv electrisch, geradeso, wie obige Regel sagt. Von zwei ungleich gesättigten Salzlösungen wird bei der chemischen Vereinigung derselben stets die stärkere posi¬ tiv, die schwächere negativ. Gegenseitige Zersetzungen von Neu- tralsalzen geben keine L. Man kann annehmen,.daß beimVerbren- nen der Sauerstoff (Zündstoff) die Rolle einer Säure, der Brenn¬ stoff jene einer Basis spiele und in der That erscheint nach Pouil- l e t's Versuchen, das Verbrennungsproduct positiv, der Brennstoff negativ electrisch. (Becquerel in «loL'/rim. -LI.5). Pouillst stellte einen Kohlencpliuder in leitender Verbindung mit der Erde unter die- Bodenplatte eines Condensators und zündete ihn an- Die aufsteigende Säule von Kohlensäuregas zeigte sich po¬ sitiv electrisch. Wurde bieser Cplinder aus die obere Platte des Con¬ densators gestellt und das Brennen durch einen Luststrom unter¬ stützt; so zeigte sich der Cylinder negativ electrisch. Bei derlei Ver¬ suchen muß man wohl bedenken, daß auch die Temperaturänderung L erzeugen kann. Bei Experimenten über L Entwicklung durch che¬ mische Wirkung, bei denen man die freie L in ihrer Spannung er¬ kennen will, hat man wohl zu bedenken, daß die Größe dieser Spannung mitunter auch von der Leitfähigkeit der betreffenden Substanzen abhängt, Daher ist es oft von Nutzen, eine der beiden L' in die Erde abzuleiten, um der anderen mehr Freiheit zu ver¬ schaffen. Die Wichtigkeit dieses Verfahrens geht aus folgenden, von La Rive angestellten Versuchen hervor: Erhitzt man einen Schmelj- tiegel und gießt einige Tropfen Flüssigkeit hinein, die auf ihn che¬ misch wirkt, so wird dadurch erregt; weil aber die Flüssigkeit schnell verdünstet, so führt sie die -l-L" weg und macht dadurch — frei. Nimmt man statt einiger Tropfen eine größere Menge Flüssig¬ keit, streicht die Wärme nicht hin, dieselbe in Dünste zu verwandeln, —L wird nicht fortgeführt und- daher auch -s-L' nicht bemerkbar. 394. Es ist schon früher bemerkt worden, daß von zwei sich berührenden heterogenen, Metallen eines positiv, das andere nega¬ tiv electrisch wird. Man überzeugt sich davon leicht auf folgende Weise: Man nehme eine 1 Z. große, recht glatte Zink- und eine eben so große Kupferplatte, befestige jede derselben an einen ist- lirenden Handgriff, fasse beide Platten bei diesen, bringe sie mit ein¬ ander in Berührung, trenne sie hierauf und übertrage die L der «inen oder der anderen an einen Condeusator. Dieses Verfahren wiederhole man 5 —6mal. Der Condeusator zeigt dann deutlich Volta's Fundamentalversuch. 627 die der Platte. Man kann die Platten auch zusammenlvthen, um dem Einwurfe auszuweichen, daß die L etwa durch Druck oder Rei¬ bung erzeugt worden sey. Dieser Versuch heißt der Volta'sche Fundamentalversuch, weil ihn V o l r a zuerst zur Befesti¬ gung einer gegen Galvani gerichteten Behauptung angestellt hac und er die Basis dec ganzen Theorie der Berührungselectricität aus¬ macht. Der eigentliche Ort der cki Erregung stst die Berührungs¬ stelle, doch Verbreiter sich bei guten Leitern die frei gewordene L über die ganze Oberfläche der sich berührenden Körper. Es kann darum die Berührnngsstelle unbeschadet der zu erregenden L belie¬ big klein seyn, wenn nur die. Oberflächen der sich berührenden Kör¬ per einander nahe genug kommen. Volta erhielt an einem Plat¬ tenpaare von Silber und Zink, wo die Zinkplatte nur an drei kleinen Spitzen mit dem Silber in Berührung stand- aber beide Platten im übrigen einander so nahe waren^ daß kaum Licht durch den Abstand derselben scheinen konnte, eben so starke A, als wenn die ganzen Flächen einander berührten und diese L war viel inten¬ siver, als jene, welche die Platten gaben, als man sie unter ei¬ nem Winkel zusammenlöthete, wo es daher wohl viele Berührungs- puncte gab, aber der Rest der Metallflachen stark von einander abstand. Volta nennt die noch unbestimmte Kraft, durch deren ^Hörigkeit diese Erregung eintritt, elektromotorische Kraft. Ihre Wirksamkeit besteht darin, das elecrrische Princip in den zwei sich berührenden Körpern zu trennen, in einem derselben einen bestimmten Antheil im anderen einen entsprechenden Theil —L anzusammeln und deren Wiedervereinigung über die Berührungsstelle hinüber zu verhindern. Alois Galvani, ein berühmter Arzt und Lehrer der Physik zu Bologna, hatte von ungefähr entdeckt, daß ein Frosch, dem die -Haut abgezogen war und der überhaupt gar kein Zeichen des Le¬ bens mehr von sich gab, in convulsivische Bewegungen gerieth, wenn er in eine elektrische Atmosphäre kam, während man dem elektrischen Körper Funken entzog und zugleich den Frosch mit einem Leiter der Electricität berührte. Er wollte diesem Einflüsse der L weiter nachspüren und bereitete sich zu diesem Zwecke Frösche, indem er sie tödtete, ihnen die -Haut abzog und die Eruralnerven entblößte. Einst hing er solche Frösche mittelst kupfer¬ ner Haken an eine eiserne Terrasse auf und fand, daß die Füße plötzlich zu zucken «»fingen, wenn sie das Eisen berührten. G a I- vani widmete dieser Erscheinung eine besondere Aufmerksamkeit 40.* 628 Entdeckung der B e r ü h r u ngs e lec t ricität. und fand, daß man diese Zuckungen am leichtesten hervorbringen könne, wenn man Muskel und Nerv zugleich mit verschiedenen Me¬ tallen berührt, die Metalle aber selbst mittelst eines guten Leiters der L" in Verbindung setzt, daß sie aber alsogleich ausbleiben, wenn man statt der Metalle einen schlechten Leiter anwendct. Dieses mit obiger Erfahrung zusammengehalten, brachte ihn auf die Meinung, daß durch gleichzeitiges Berühren der Muskeln und Nerven eine darin enthaltene Lllri Umlauf gesetzt werde und daß dadurch eine Ent¬ ladung erfolge. Volta wiederholte dieselben Versuche mit kriti¬ schem Blicke, und fand sich durch die dabei Statt findenden Er¬ scheinungen veranlaßt, die Sache umzukehren und anstatt die Me¬ talle als bloße Leiter und den animalischen Körper als Erreger der -t? anzüsehen, erstere als Erreger der L und letzteren als bloßenAb- lcitcr derselben zu betrachten. Dazu vermochte ihn besonders derUm- stand, daß die Zuckungen an einem Frosche sehr schwach ausfallen, wenn er mit gleichartigen Metalle» berührt wird, und daß sich zwei isolirte Metallplatten, wovon eine aus Zink, die andere aus Kupfer besteht, während und nach ihrer Berührung mittelst des Condensators elektrisch zeigen. — Einem Froschschenkel ähnlich verhalten sich auch die Organe anderer jüngst verstorbener Thiere, ja man wollte sogar aus dem Eintreten oder Unterbleiben der Contractionen bei derBe- rührung. mit einer einfachen Kette den Scheintod vom wahren Tode unterscheiden. Man hat über diesen Gegenstand viele Versuche bei Hingerichteten Verbrechern angestellt und merkwürdige Erscheinungen hervorgebracht. Aldini bewirkte durch eine Volta'sche Säule an ei¬ nem solchen Leichname eine heftige Bewegung der Füße, die Augen öffneten sich und schlossen sich wieder, Mund, Backen und das ganze Gesicht verzerrte sich heftig. Ure brachte gar an einer solchen Leiche den Athmungsproceß wieder in Gang, doch hörte derselbe,>ut dem elek¬ trischen Strome wieder auf. Ein erst getödtctes Schaf kann durch den elektrischen Strom in konvulsivische Bewegungen versetzt wer¬ den, die den Anfällen von Epilepsie gleichen. Eine ausgrrissene Krebsschere, durch die dieser Strom geht, zwickt heftig zusammen; eine an einen Tisch angenagelie Ochsenzunge zieht sich, wenn man L durch sie leitet, so stark zusammen, daß sie den Nagel ausziehn Legt man auf eine Zinkscheib e ein Silberstück und darauf einen Blut¬ egel, so zeigt dieser kein Unwohlseyn, so länge er nur das Silber berührt; so wie er aber darüber hinaus auf das Zink kommt, prallt er wie vom Schmerz getroffen plötzlich zurück. 395. Wenn man die L verschiedener Elemente mittelst eine» Condensators untersucht, so findet man wohl, daß dieselbe von der Natur der Elemente abhangt, aber man ist nicht im Staude, auf diesem Wege genaue Resultate zu erlangen, wenn es sich un> die relative Starke der F handelt, weil dieselbe immer nur sehr Gesetze der electro motorischen Kraft. 629 schwach ist. Anders verhalt es sich, wenn man diese L in Bewegung kommen läßt und den Strom mittelst eines Multiplicators mißt. Dieses geschieht aber nicht etwa dadurch, daß man die sich berüh¬ renden Metalle mir den Multiplicatordrähten verbindet, denn auf diesem Wege zeigt sich keine Spur eines electrischen Stromes, weil die electromotorische Kraft dieser Drähte jene des Elementes auf¬ hebt. Mit Erfolg geschieht dieses, wenn man die Metalle mittelst des Multiplicators in Berührung setzt und dann die Kelte durch einen fluffigen, durch L zersetzbaren Leiter schließt. Allein da ist das Resultat nicht mehr so rein, weil außer der Bcrührungselec- tncität auch noch jene der chemischen Zersetzung dieses Leiters ins Spiel kommt. Volta, der den Multiplicator noch nicht kannte, hak die relative Stärke der L verschiedener Elemente durch die Zu¬ ckungen der Froschschenkel zu bestimmen gesetzt. 3g6. Durch vielfache Versuche hat man folgende Gesetze der elektromotorischen Kraft kennen gelernt: 1) Von den zwei sich be¬ rührenden Körpern ist stets einer positiv, der andere negativ elek¬ trisch. 2) Die metallischen Körper lassen sich in eine Reihe (Span¬ nungsreihe) zusammenstellen, so daß in derselben jeder vorherge¬ hende in Berührung mit einem nachfolgenden -f-L, der nachfol¬ gende aber— L erhält. 3) Die Intensität der L ist für dasselbe Körperpaar so konstant, daß immer dieselbe Differenz im electri¬ schen Zustande Statt findet, es mögen beide isolirt seyn oder einer derselben mit der Erde in leitender Verbindung stehen. Hat dem¬ nach die L in einem Körper die Spannung -f-a, im anderen —er und herrscht daher zwischen beiden die elektrische Differenz 2a, so znuß, falls der erstere mit der Erde leitend verbunden und da¬ her seine Spannung —0 ist, der andere die Spannung —2a an¬ nehmen. 4) Verschiedene Körperpaare erhalten eine verschiedene elektrische Spannung und zwar eine desto größere, je weiter sie in der Spannungsreihe von einander abstehen. Kennt man die lIröße der elektrischen Spannung je zweier in der Spannungs¬ reihe unmittelbar auf einander folgender Körper numerisch, so findet man auch jene zweier anderer in dieser Reihe wie immer von einander abstehender Körper; denn sie ist gleich der Summe der Spannungen aller in dieser Reihe zwischen jenen Körpern vorkommenden Stoffe. Marianini hat folgende Spanuungsreihe durch Versuche mit dem Multiplicator gefunden: Kohle, die lange der Luft ausgesetzt war; strahliges Graubrauusteinerz; Graumauganerz; uukcpstallistrter 6Z0 Spannungsreihe. Schwefelkies; magnesichaltiger Magnetkies; kryst. Arsenikkies; Graphit; gediegenes, goldhaltiges Tellur; Gold; Platin; Kupfer¬ kies ; Blättertellur; Kobaltglanz; Fahlerz; Arseniknickel; frisch bereitete, langsam in der Luft erkaltete Kohle; oxydulirtes Schwe¬ feleisenerz; Bleiglanz; glänzendes Rothgültigerz; Antimonsilber und wenig oxyd. Arsenik; Quecksilber; Silber; angelauf. Spie߬ glanz; Arsenik; Molybdänglanz; kryst. Zinnstein; angelauf Ku¬ pfer; glänzender Spießglanz; erhitzte und dann schnell im Wasser sbgelöschte Kohle; Nickel; angelauf. Wismuth; sehr oxyd. Messing; glänzendes Kupfer; Messing; kryst. Magneteisen; Eisen; angelauf Blei; Mangan; Zinn; glänz. Blei; lebh. brennende dann in Wasser getauchte und hierauf geprüfte Kohle; Zink. — Pvuil- let stellt folgende Spannungsreihe auf: Platin; Palladium; Tellur; Gold; Silber; PhoSphoreisen; Schwefelblei; Schwefsl- kupfer; Reißblei; Antimon; Phosphorkupfer; Schwefelwismuth; Quecksilber; Legirung aus I Antimon, 1 Zinn; Leg. aus 1 Anti¬ mon, 2 Kupfer; Arsenik; Glockenmetall; Schwefelantimon; Bron¬ ze; Kupfer; Messing; Wismuth; reines Antimon; Leg. auslWis- rnuth, 4 Quecksilber; Leg. aus 1 Antimon, 2 Eisen; Stahl; Ei¬ sen; Schriftmetäll; Ijnn; Leg. aus 1 Wismuth, 20 Zinn; Leg. aus IZinn, 10 Quecksilber; Blei; Schnellloth; d'Arcetisches Ge¬ mische; Leg. aus 1 Blei, 4 Quecksilber; Zink, Zinn und Queck¬ silber; Leg. aus Zink und Quecksilber. Volta's Reihe ist folgen¬ de: Zink, Blei/ Zinn, Eisen, Kupfer, Silber, Reißblei, mehre¬ re Kohlenarten, kryst. Braunstein. Nach diesem Gelehrten ist die elektrische Differenz zwischen Zink und Blei —5, zwischen Blei und Zinn —1, zwischen Zinn und Eisen —3, zwischen Eisen und Ku¬ pfer — 2 und zwischen Kupfer und Silber — 1. Demnach ist die elektrische Differenz zwischen Zink und Kupfer — 5-l-1-k-3-l-2 — 11 und jene zwischen Zink und Silber —5-l-1-l-3-I-2-l-k—d2. Nach Munk af Rosen sch öld erregen selbst schlecht leitende Kör¬ per Berührungselectricität. Einer derselben, nämlich Bleisuperoxyd soll sogar der stärkste negative Elektromotor seyn- (Pogg. Ann. 35. 46.) Jede dieser .Reihen gilt nur für einen bestimmten .flüssigen Lei¬ ter, wenn es sich um eine geschlossene Kette handelt; denn diese Flüssigkeit ändert oft die Richtung des Stromes, der sich aus der Beschaffenheit der Spannung ohne feuchtem Leiter sich berührender Me¬ talle hätte ergeben müssen. So z. B. fand Davy mit gewöhn¬ lichen Säuren folgende Reihe: Rhodium, Iridium, Platin- Kohle, Gold, Tellur, Palladium, Silber, Kupfer, Blei, Anti¬ mon, Wismuth, Eisen, Zinn, Cadmium, Ammoniumamalgam, Zink, Zinkamalgam, Barium und sein Amalgam, Kalium und seine Amalgame. Mi t A lkali lösu ngen : Platin, Gold, Pal¬ ladium, Silber, Eisen, Kupfer, Blei, Zinn, Zink, Alkalimetal¬ le und ihreAmalgame. Mit Schwefelleberlösungen: Kohle, K ra ft e in e r ein fa ch e n K e t c e. 631 Gold, Palladium, Platin, Silber, Wismuth, Eisen, Kupfer, Zinn, Zink. — L a N i v e erhielt folgende Reihe: Mit v e rdüun¬ ter iS alp et e r sä u re: Silber, Kupfer, oxydirtes. Eisen, Ei¬ sen, Blei, Quecksilber, Zinn, Zink. Mit cone. Salpeter¬ säure: Oxydirtes Eisen, Silber, Quecksilber, Blei, Kupfer, Eisen, Zink, Zinn. — Die kleinste Änderung der chemischen Na¬ tur oder selbst der Oberfläche dec Electromotoren ändert den elek¬ tromotorischen Rang eines Körpers. Zwei ganz gleiche Zinkplatten geben keines, wenn sie sich gegenseitig berühren; wird aber eine davon mit einer Silberplatte auch nur einmal gerieben oder läßt man sie einige Zeit mit einer solchen in Berührung, so gibt sie, mit der anderen in Verbindung, —L 397. AuS der electro-magnetischen Wirkung einfacher Ketten hat man gefunden, daß unter denselben Umständen die Stärke des elektrischen Stromes der Oberfläche der Plattenpaare proportio- nirt sey, daß aber ihre Masse darauf keinen Einfluß habe. Von Plattenpaaren, die einerlei materielle Beschaffenheit und dieselbe Oberfläche haben, liefert dasjenige einen stärkeren elektrischen Strom, wovon ein größerer Theil mit dem feuchten Leiter in Berührung steht und die Starke des Stromes ist der Größe des eingetauchten TheileS proportwnirt. Die Wirksamkeit einer Kette aus Kupfer und Zink wird bedeutend gesteigert, wenn man der Kupferplatte eine größere Oberfläche gibt als der Zinkplatte und diese zu beiden Sei¬ ten mit ersterer umgibt, wie dieses in den Fig. 319 u. 320 abgebil¬ deten Apparaten geschieht. Ein ähnliches Verhalten bemerkte M a- rianini an dem negativen Theile mehrerer einfacher Ketten, so daß es scheint, als fordere die Natur der Sache für den negativen Elektromotor stets eine größere Oberfläche als für den positiven. Marian in! meint, die Steigerung der Wirkung des elektrischen Stromes in diesem Falle könne nicht von einer bloßen Vermehrung der Ausströmungspunete für die Elektricität herrühren, weil die cleet. Kraft nur wenig vermindert wird, wenn man eine Seite des Kupfers und des Zinks mit Wachs überzieht und so von Lieser Seite das Ausströmen der L hindert; allein Ritchie's Versuche (Zeitsch. 9.251.) zeigen, daß im letzteren Falle der Strom wirklich nur halb so stark sey, wie im ersten. — Man darf bei diesen Versuchen nicht vergessen, daß der elektrische Strom auf seinem Wege mannigfal¬ tige Modifikationen erleiden kann, die ihn schwächen und überhaupt, daß die Stärke des Stromes nicht blos von der Größe der elektro- 632 Einfluß des flüssigen Leiters. motorischen Kraft, sondern auch von der Leitfähigkeit der Stof¬ fe, welche die Electromotoren bilden, abhänge. 398. Eine Volta'sche Kette kann bei derselben Natur und Größe der Platten einen Strom von sehr verschiedener Größe hervor¬ bringen, nach Maßgabe des Zustandes der Oberfläche, der Neigung der Platten gegen einander und ihrer gegenseitigen Entfernung. Bi¬ ge on fand, daß ein Zinkkupferelement bei derselben Behandlung den stärksten Strom gab, wenn die Kupferplatte durchlöchert war, einen schwächeren, wenn dieselbe nach zwei auf einander senkrech¬ ten Richtungen gefurcht, einen noch schwächeren, wenn sie rauh ge¬ feilt, einen schwächeren, wenn sie geebnet, und endlich den schwäch¬ sten, wenn sie polirt war. Solche Platten geben auch bei paralleler Stellung den stärksten Strom, jede Neigung gegen einander schwächt ihn. 399. Von besonderem Einflüsse auf die Stärke des electri- schen Stromes einer einfachen Kette ist die Dicke der die Platten trennenden Schichte des flüssigen Leiters, seine Continuität, Leitfähigkeit und electrische Zersetzbarkeit. Der Strom nimmt in demselben Verhältnisse ab, in welchem die Dicke der flüs¬ sigen Schichte zunimmt. Dieses kann man leicht erfahren, wenn man zwei Platten in verschiedenen Abständen von einander in einen Trog einsetzt, den Zwischenraum mit dem flüssigen Leiter ausfüllt und die Stärke des Stromes mit dem Abstande der Platten ver¬ gleicht. — Der Einfluß der Zersetzbarkeit und Leitfähigkeit des flüs¬ sigen Leiters zeigt sich in vielen Fällen. So z. B. wird Wasser von einem schwachen Strom nur dann zersetzt, wenn es durch Schwefelsäure, das so empfindliche Jodkalium nur dann, wenn es durch ein Lösemittel flüssig und dadurch leitend gemacht wird. Die kleinste Beimengung, die den flüssigen Körper leitender macht und seine Zersetzbarkeit erhöht, verrälh sich alsogleich durch Verstärkung des Stromes. So z. B. kann eine Zinkplatinkette in schwacher Schwefelsäure Wasser nicht zersetzen, selbst wenn man ziemlich gro¬ ße Metallplakten anwendet, setzt man aber der Schwefelsäure ei¬ nige Tropfen Salpetersäure zu, so bewirken selbst bloße Drähte aus Platin und Zink Wasserzersetzung. Auf diesem Wege zeige» sich die kleinsten Veränderungen des flüssigen Leiters. So z- 'B. wirkt destillirtes Wasser verschieden nach Verschiedenheit des beim Destilliren gebrauchten Condensators. Ein nicht zerlegbarer flüssi¬ ger Leiter wie z. B. Quecksilber hindert die Wirkung einer Kelte Chemische Hypothese. 633 völlig. Vom Einfluß der Continuität auf den elektrischen Strom war schon früher (384) die Rede. 400. llber den Ursprung der hier besprochenen A sind die Phy¬ siker verschiedener Meinung. Volta sah die Berührung der Me¬ talle als die eigentliche Quelle der L an, nach dieser Ansichi wird auch diese L Berührungsclektricität genannt, doch geben ihr auch jene Physiker diesen Namen und sprechen von Elektromotoren und von elektromotorischer Kraft, welche nicht die Berührung als die eigentliche unmittelbare Quelle der Al ansehen. Bald nachdem Volta diese seine Ansicht aufgestellt hatte, erhoben sich gegen die¬ selbe F a br o ni, Parrot, W o ll a st o n rc. 'und sahen die chemi¬ sche Wirkung, welche zwischen einem oder beiden sich berührenden Metallen und einem feuchten Leiter Statt findet, als daS M'fmunr mor-E der L an. Heut zu Tage hat diese Ansicht an Faraday einen gewichtigen Vertheidiger gewonnen und scheint über die Be¬ rührungshypothese das Übergewicht erhalten zu wollen. Deßun- geachtet ist aber dieser Gegenstand noch nicht zur Erledigung reif und man kann in einem Elementarwerke nicht viel mehr thun, als beide Ansichten mit den Gründen ihrer Vertheidigung anzuführen, denselben die eigene Ansicht beizufügen und der Zeit, so wie den weiteren Bemühungen der Physiker, die gänzliche Entscheidung zu überlassen. 401. Nach der chemischen Hypothese liegt der letzte Grund der Electricitätsentwicklung einer einfachen, nicht geschlossenen Kette in der Verwandtschaft eines der sich berührenden Metalle zum Sauerstoff der Luftfeuchtigkeit und in der Zersetzbarkeit der letzte¬ ren, jene einer solchen Kette im geschlossenen Zustande in der Ver¬ wandtschaft eines der beiden Metalle zu den Bestandtheilen des feuch¬ ten Leiters und wieder in der Zersetzbarkeit des letzteren. Das zweite Metall dient selbst dann, wenn es keine Verwandtschaft zu einem Vestandtheile des Leiters hat, zur Aufnahme einer der beiden durch chemische Wirkung frei gewordenen Elektrikitaten und ist unurn- gänzlich nothwendig, wenn die Al frei auf ein Electroseop wirken oder in Bewegung gesetzt werden sollen. Meistens herrscht zwilchen jedem der sich berührenden Metalle und einem Bestandtheile des feuchten Leiters eine Verwandtschaft und je größer der Unterschied tiefer Verwandtschaften ist, desto kräftiger treten die beiden Elec- trikitaten hervor und da dieser Unterschied für dieselben Metalle denselben flüssigen Leiter konstant ist, so muß eS auch die 63 k Vergl. zwischen der chcm. und C o nta kt - Hypothese. durch dieselben bedingte L Menge seyn. In einer Reihe sich ohne feuchten Zwischenleiter berührender Metalle ist offenbar die Sum¬ me der Verwandtschaftsdifferenzen aller gleich der Differenz zwi¬ schen dem ersten und letzten Metalle; daher ist auch die durch selbe erregte äbl gleich groß, es mögen alle Metalle unter sich in Berüh¬ rung stehen, oder nur die zwei äußersten Glieder derselben. Man sieht hieraus, daß die Gesetze der elektromotorischen Kraft mit der chemischen Hypothese recht gut vereinbarlich sind, daß der wesent¬ liche Unterschied zwischen dieser und der Berührungshypothese nur darin bestehe: Nach der Berührungshypothese wird L durch eine den Metallen inwohnende, in denselben durch Berührung erregte, von allen bekannten Kräften verschiedene Kraft hervorgerufen, oh¬ ne materielle Veränderung dieser Metalle; beide spielen dabei eine active Rolle, und nur der feuchte Leiter verhält sich ganz passiv, indem von demselben nur gefordert wird, daß er der L keinen star¬ ken Widerstand entgegensetze und nicht in diö Spannungsreihe ge¬ höre. Nach der chemischen Hypothese wird nur die L, welche in dem feuchten Leiter gebunden war, frei, weil die chemische Verei¬ nigung seiner Bestandtheile aufhört und die L Entwicklung gehört in die Reihe der in 393 betrachteten. Die Metalle, entweder beideodec nur eines derselben, wirken nur durch ihre Verwandtschaft zu den Bestandtheilen des flüssigen Leiters, es ist eine Berührung von zweien nothmendig, damit ein Gegensatz chemischer Wirkungen Statt finde und die L, welche die weitere Zersetzung des Leiters und die Oxydation eines Metalles hindert, in das andere abgestoßen werden könne, und die Flüssigkeit verhält sich nicht blos passiv als Lei¬ ter wie in der Berührungshypothese, sondern sie wirkt durch die chemische Verwandtschaft ihrer Bestandtheile und durch ihre Zer¬ setzbarkeit. Während nach der Berührungshypothese die Körper in zwei Klaffen zerfallen, nämlich in solche, welche als Elektromoto¬ ren und Leiter, und in solche, welche blos als Leiter wirken; so sind sie nach der chemischen Hypothese entweder Leiter ohne Electrolyte zu seyn oder Leiter und Electrolyte zugleich. Nach der Berührungs¬ hypothese wird die Vereinigung der durch Berührung von einander getrennten A von der elektromotorischen Kraft verhindert, nach der chemischen Hypothese steht der Vereinigung der zwei entwickel¬ ten L nichts im Wege und die chemische Wirkung ersetzt fortwäh¬ rend, so lange sie forrdauert, das, was durch Neutralisirikng d" beiden L verloren gegangen ist. Gründe für und gegen diese Hypothese. 635 402. Zu Gunsten der Berührungs- und gegen die chemische Hypothese spricht die Erfahrung Pfaff's, daß ein Zink-Kupfer¬ element auch in vollkommen trockenem, kein Oxygen enthaltendem Wasserstoff-, Kohlenwasserstoff-, Stickstoff- und Kohlensäuregase, ja sogar im leeren Raume elektrische Spannung zeigt As 4k. 236.); ferner, daß ein Gsld-Platinelement in der Luft electrisch erscheint, ohne daß man eine chemische Wirkung des Was¬ sers oder der Luft auf eines der zwei Metalle wahrnehmen kann; endlich, daß eine zweielementige Säule ohne Spur einer chemischen Wirkung L entwickelt (310). Dagegen sprechen für die chemische und gegen die Berührungshypothese folgende Erfahrungen: Der flüssige Leiter hat einen entschiedenen Einfluß auf die Stärke und Beschaffenheit der L eines Electromotors, er muß immer ein zersetzbarer Körper seyn, und je größer seine chemische Wirkung auf die sogenannten Electromotoren ist, desto stärkere L wird her¬ vorgerufen. Wirkte er blos vermöge seiner größeren Leitkraft-, so müßte er bei allen Metallcombinationen gleich starken Einfluß haben, welches nicht der Fall ist. Flüssigkeiten erregen für sich schon in Berührung mit einem Metalle Electricität, und die Richtung eines elektrischen Stromes in einer Kette hängt nicht blos von den Metallen, sondern auch von der Flüssigkeit ab, und oft wird der Strom blos durch eine geringe Änderung des flüssigen Leiters um¬ gekehrt. Zwei in einem flüssigen Leiter stehende Metalle sind schon electrisch, bevor sie sich selbst berührt haben, denn eS entsteht schon vor Herstellung ihrer Berührung ein Funke. Den großen Einfluß, den die Beschaffenheit der Oberfläche eines Metalls bei größerer Rauheit oder Glätte auf seine Stelle in der Spannungsreihe aus- ubt, läßt sich wohl aus der chemischen, aber nicht aus der Contact- hypothese einsehen; und man begreift z. B. recht wohl, daß eine Metallplatle, die auf einer Seite rauh, auf der anderen polirt ist, wie die in Watkin's Säule, der Affinität zum Sauerstoff "" jener leichter nachgebe als an dieser. Endlich läßt sich Nachweisen, in einem Elemente die durch Zersetzung des feuchten Leiters Üei gewordene Electricität der Quantität nach gerade so groß sei, als b>e, welche die Oxydation des einen Metalles fordert rc. rc. Salpetersäure ist bei einem Zinkplatinelemente sehr, bei einem Gold¬ platinelemente gar nicht, oder nur sehr wenig wirksam. Eisen ist gegen Kupfer in einer Salzlösung oder Säure positiv, in einer Schwefelleberlösung negativ - electrisch. Eine Kette aus Kupfer und 636 Hypothese der Molecularwirkung. Eisen zeigt in einer Schwefelleberlösung gleich anfangs einen sehr starken elektrischen Strom; dieser nimmt aber zusehends ab und geht endlich in den entgegengesetzten über. Dasselbe bemerkt man ag einer Bleizinnkette, in concentrirter Salpetersäure. Merkwürdig und entscheidend ist folgender Versuch, den Faraday angestellt hat: Es wurde ein amalgamirter abgewogener Zinkstreif A in Schwefelsäure getaucht, die sich in einer pneumatischen Wanne be¬ fand, und auf I Maß Säure 30 Maß Wasser enthielt, und eine mit derselben Säure gefüllte Flasche darüber gestürzt. In dieselbe Wanne und auch unter dieselbe Flasche wurde noch ein zweiter ab¬ gewogener amalgamirter Zinkstreif gebracht und mit Platin in Be¬ rührung gesetzt. Während am ersteren kaum eine Luftblase zu be¬ merken war, trat am Platin eine starke Wasserstoffgasentwicklung ein und der Zinkstreif F wurde sichtlich oxydirt. Als der Versuch 10 — 12Min. gedauert hatte, wurde er abgebrochen, der Streifen herausgenommen, mit destillirtem Wasser gewaschen, getrocknet und gewogen. Man fand sein Gewicht unverändert. Als dasselbe mit dem Streifen L vorgenommen wurde, fand man, daß er durch Oxydation 3.45 Gran verloren hatte. Das entwickelte Wasserstoff¬ gas betrug 12.15453 K. Z., und daher der Sauerstoff, der damit in Verbindung war, 6.02726 K. Z., so daß demnach zu schließen war, es seyen 2.3535544 Gran Wasser zersetzt worden. — Dieses Gewicht verhält sich demnach zu jenem des oxydirten Zinkes wie 2.35: 3.45, d. h. wie die elektrischen Äquivalente des Wassers und Zinkes, und die aus der Wasserzersetzung frei gewordene 2? reicht vollkommen und geradehin, um so viel Zink zu oxydiren als wirk¬ lich oxydirt worden ist. 403. Die Gründe, welche für die chemischeHypothese sprechen, sind unstreitig gewichtiger als jene, welche dieVertheidigerder Eon- tacthypothese zu ihren Gunsten anführen, aber keine dieser zwei Am sichten vermag die Schwierigkeiten der anderen zu heben, und dieses sehe ich als einen Fingerzeig an, daß keine derselben der Wahrheit ent¬ spreche. Ich glaube derselben durch folgendeAnsicht näher zu kommen: Die Physiker halten schon längst die Kräfte, welche der Adhäsion, und jene, welche der chemischen Verwandtschaft zum Grunde liegen, nicht für wesentlich verschieden, ja einige haben es sogar versucht, die Verwandtschaftsgrade nach der Große der Adhäsion zu rechnen. (Scholz's Physik. 4. Aust. 1.152.) Es ist dem Geiste der Wissenschaft nach ihrem gegenwärtigen Stande nicht unangemessen, die chemische Anziehung als eine verstärkte AdhäsionSkrafr anzusehen. Prechtl (Pogg. A. 15.223.) har in der That dis innige Verbindung zwischen der Adhärenz der Metalle und ihrer electrischen Differenz d. h. ihrer re- Hy p or h e se der M ole cular wirk uri g. 637 lativen Stelle in der Spannungsreihe nachgewiesen, Becque¬ rel hat gezeigt, daß auch durch Capillaritätsmirkung, die bekannt¬ lich ganz auf der Adhäsion und Cohärenz beruht, Electricität er¬ regt werde. Ferneristaus Gi rard's Versuchen, so wie aus der Theo¬ rie der Haarröhrchen (Pogg. Ann. 5.41) bekannt, daß die Adhäsion eine Änderung der Dichte der flüssigen an feste grenzenden Körper¬ schichten bewirke. Auf diese Thatsachen gestützt, denke ich mir die Electricitätserregung bei einem Volta'schen Elemente als den Erfolg der Molecularverändcrung, welche sich berührende Körper, zwi¬ schen denen eine Adhäsion Statt findet, durch die Adhäsionskraft erleiden. Diese Veränderung bezieht sich oft nur auf die Dichte, bei intensiver Kraft und günstigen Umstanden auch wohl auf die chemi¬ sche Natur der Körper. Diese Ansicht bedarf nicht der Annahme einer neuen Kraft, wie jene der Contacthypothese, und macht doch das Erscheinen von Electricität ohne chemische Wirkung erklärbar, sie hat mit der chemischen Hypothese gemein, daß sie wie diese die Erscheinungen einer einfachen Kette aus den Molecularkräften ab¬ leitet, daß der flüssige Körper durch diese Kraft und nicht blos als Leiter wirksam gedacht wird, und daß die Bestandtheile der Kette durch ihre physische Veränderung die Quelle der Electricität werden, die Berührung aber diese Veränderung möglich mache. Sie steht nach ihrem Sinne der chemischen Hypothese näher als der Contact¬ hypothese, welche eine L Entwicklung ohne weitere Veränderung der Körper annimmt, ja die chemische Ansicht ist ein besonderer Fall von dieser. Das gleichzeitige Auftreten chemischer Wirkungen mit L Entwicklungen, und daß die chemische Kraft einer einfachen Kette in dem Maße ab- und zunimmt, wie die chemische Wirkung zu dem flüssigen Leiter und den Bestandtheilen der Kette kleiner oder größer wird, steht mit dieser Ansicht im besten Einklänge. Es geht aus derselben hervor, daß die electrische und die Molecular- üaft eines und dasselbe sind, und daß letztere jedesmal alsElectri- duat erscheint, wenn sie aus einer Wirkungsweise in eine andere^ übergeht, wie z. B., wenn sie aufhört, die Bestandtheile des Woffers zusammenzuhalren und dafür das Zink ozydirt. (D a v y D anarct. 1807 und 1826.) 404. Aus jeder der hier über den Ursprung der Electricität m einem Volta'schen Elemente aufgestellten Hypothesen wird be- g"iflich, daß eine Volta'sche Säule, d. h. ein Aggregat in dersel- b"' Ordnung auf einander folgender Elemente, deren jedes vom 638 Theoretische Ansicht der Volra'schen Säule. anderen durch einen flüssigen Leiter getrennt ist, die Erscheinungen der einfachen Kette im verstärkten Maße darstellen müsse. Nach der Contaerhypothese gehören Flüssigkeiten nicht in die Spannungsreihe der Metalle. Darum nimmt jedes Plattenpaar einer Säule von jedem anderen Elemente -6 an, und die A, welche ein Element an einen Leiter abgibt, erhält sie alsogleich wieder durch die Wirk, samkeir der electromotorischen Kraft. Daher die Verstärkung der L der Säule durch Vermehrung der Elemente. Nach der chemischen Hypothese ist der flüssige Leiter ein zersetzbarer Körper, dessen Bestandtheile zu einem der beiden Metalle eine stärkere Verwandt¬ schaft haben, als zum anderen. Durch die stärkere Kraft wird die che¬ mische Zersetzung des Leiters bewirkt, und dadurch -j-L in einem Metalle, —L im anderen angehäufr, der-Leiter selbst- nimmt jene L auf, welche dem ihn berührenden Metall zukommt, aber die fortdauernde chemische Wirkung ersetzt alles wieder, was durch Fortleitung weggskommen ist. Die dritte oben ausgestellte Hypo¬ these erklärt die fraglichen Phänomene wie die letztere, nur mit dem Unterschiede, daß die chemischen Kräfte auch Adhäsionskräfte seyn können, und daß man demnach zur. Erklärung der elektrischen Phänomene wohl die Annahme eines besonderen elektrischen Flui¬ dums entbehren könne. Es sey in einem Plattenpaare aus Zink und Kupfer die ElectricitätS- menge des Zinkes -l-a, ie des Kupfers — « und man bringe auf die Kupferplatte einen leitenden, feuchten Lappen L, den wir vor der Hand als nicht elektromotorisch wirkend ansehen wollen. Dieser nimmt von der Kupferplatte so viel L" auf, daß er mit ihr eine gleiche Spannung erhält, dieser Verlust, wird aber im Kupfer augenblicklich durch die elektromotorische Kraft oder durch chemische Wirkung wieder ersetzt und sein Electricitätszuständ ist wieder---- Es haben daher die Theile der Säule in der Ordnung, wie sie auf einander folgen, die Electricitäten —-r, —Legt man auf L eine zweite Zinkplatte so nimmt auch diese durch den feuchten Leiter an der Electricität der ersten Kupferplatte Theil und der Zustand der Säule ist einzelnen Theilen «folgender: -l-a, — a, —«, —a. Nun lege man auf ein zwei¬ tes /k. Als Leiter nimmt dieses L die Electricität — a an, als Er¬ reger erhält es abermals —«, das bekommt-l-a und dieses -k-- wird allen rückwärts befindlichen Gliedern mitgetheilt, so daß dem¬ nach in der Säule folgende elektrische Zustände Statt finden: Krafr der Volta'schen Säule. t>39 Da§ erste Element als Erreger, das zweite als Leiter DaS zweite Element als Erreger; das erste als Leiter Beide El. als Leiter und Erreger Auf ähnliche Weise erhält man in folgende Eleetricitätszustände der Das 1. Element als Erreger, > die übrigen als Leiter j-i -l-2a, NON —2a. einer Säule aus 3 Elementen einzelnen Theile: 2 /e -e' -5 L' Das 2. als Erreger, die übri- , 3 - t-I-a -t-a-s-a-t-a—a—a—a— a gen als Leiter j Das 3. als Erreger, die übri- > , ,,,,,, > !-l-a -I-a-I-a-i-a-l-a-l-a-t-a— a gen als Leiter 1 Lille 3 Elemente als Leiterund > . ? , „ . . !->-3«g-a-^- a -z-a —a —a —3-r Erreger > Es nimmt demnach die Spannung sowohl dec Zink- als der Kupferplattcuvon ihrem Pol an nach der entgegengesetzten Seite ab, wie die Glieder einer arithmetischen Reihe, gerade wie eS die Er¬ fahrung zeigt. Die Differenz zwischen der letzten Zink - und Küpferplatte ist hier ---- 6«. Steht aber die Kupferplatte mit der Erde leitend in Verbindung, so ist ihre L ---0; und daher, wenn diese elektrische Differenz zwischen den äußersten Platten Statt fin¬ den soll, jene der äußersten Zinkplatte —6«, d. h. doppelt so groß als vorhin. 405. Die Spannung einer Volka'schen Säule hängt bekannt¬ lich von der Natur und Anzahl der Elemente und nicht von deren Ewße ab, auf die Stärke des Stromes hingegen hat außer der Wirksamkeit der einzelnen Elemente auch noch die Leitfähigkeit deS Polardrahces und die Gleichheit der Kraft aller Elemente großen Einfluß. Je besser der Polardraht leitet, und je gleicher die Wir¬ kung aller einzelnen Elemente ist, desto energischer wird der elec- trische Strom. Säulen mit Platten verschiedener Natur oder Grä¬ bt und mit verschieden wirksamen Leitern haben nie eine bedeutende Kraft. Da die Spannung eines Elektromotors im geraden Ver¬ hältnisse mit der Anzahl seiner Plattenpaare wächst; so sollte man Ziauben, es müsse auch die Stärke des elektrischen Stromes in einem solchen Apparate wie die Anzahl der Plattenpaare zunehmen. Allein Marian ini hat sich überzeugt, daß diese Wirkung viel kleiner ist als die Summe der Wirkungen aller einzelnen Platten- p"re. Der Grund dieser Erscheinung liegt darin, daß mit der 640 Wirkung der auf die Kraft der Kette. Anzahl der Plattenpaare auch der Leitungswiderstand wächst und endlich so groß wird, daß dagegen der Widerstand des Polardrahtes verschwindet. Ist die elektromotorische Kraft eines Elementes — der Widerstand in demselben —jener im Polardrahte — 7, so ist die Kraft der einfachen Kette — --- und die Kraft einer Säule aus »Ele- - menten —--mithin kleiner als n . —-Verschwindet n» -l- ? gegen so ist diese Kraft —.-, d. h. derPlattenanzahl propor- tionirt; verschwindet aber>7gegen n/?, so ist jene Kraft — — — -—, u ? also von der Plattenanzahl unabhängig. 406. Der electrische Strom bringt sowohl in einfachen Ket¬ ten als in Batterien und Säulen Effecte hervor, die auf ihn selbst zürückwirken und seine Stärke und Richtung abändern. Es wirkt ein electrischer Strom unmittelbar auf die erregende Kraft ein und macht den Körper, in welchen der Strom von der Flüssigkeit ein¬ tritt, gegen jenen, von welchem er in die Flüssigkeit gelangt, positiv-electrisch. Dieses zeigr folgender Versuch: Man nehme zwei ganz homogene Silberplatten, tauche jede derselben in eilt Glas mit Wasser, verbinde sie mit einander außerhalb der Gläser leitend, und bringe in eines der Gläser, dem Silber zur Seite, einen Zinkstreifen, in das andere ebenso einen Kupferstreifen und verbinde diese letzteren selbst mit einander zu einem Zinkkupferele- mente. Nimmt man nach einigen Minuten die Silberplattcn aus der Flüssigkeit, verbindet sie mit einander zu einer einfachen Kette, so erscheint die Platte, welche sich neben dem Kupfer befand, und in welche die Electricikät vom Wasser einströmte, positiv, die an¬ dere negativ. Diese Änderung erleidet ein Körper um s„ leichter, je öfter man ihn einem elektrischen Strome bereits ausgesetzt hat, sie erstreckt sich aber nur auf den in die Flüssigkeit getauchten Theil desselben. Daraus folgr nun, daß in einem in einer Flüssigkeit befindlichen Plattenpaare der Strom immer schwächer werden und endlich gar in entgegengesetzter Richtung auftreten müsse. Dieses fand Marian ini bei einem Elemente aus Graphit und Platin in einem Gemische von 100 Th. Wasser und 1 Th. Schwefelsäure. Da erschien zuerst das Platin negativ, der Graphit positiv; nach Unterschied zwischen d. Volta'schen Säule u. einer El.-Maschine. 6'»1 öfterem Eintauchen verschwand der Strom ganz und trat endlich mit entgegengesetzter Richtung auf. Die Zeit, innerhalb welcher diese Veränderung vor sich geht, hängt vom feuchten Leiter ab und ist desto kürzer, je besser dieser leitet. Wasser bewirkt nie eine vollkommene Umkehrung des Stromes; Platten, die nicht oxydirbar sind, wie z. B. von Gold und Platin, kehren, wenn sie einige Zeit der Luft ausgesetzt sind, wieder in ihre ur¬ sprüngliche elektrische Reihe zurück. Aus diesem Verhalten folgr, daß die Kraft eines Electromotors blos durch die Wirkung des einige Zeit lang Statt findenden elektrischen Stromes eine Änderung erleide. Marianini hat dieses durch eigene Ver¬ suche mit Volta'schen Säulen näher erörtert und sich überzeugt, daß der Verlust, den ein solcher Apparat erleidet, gleich nach dem Schließen der Kette am schnellsten erfolge, in der Folge immer langsamer vor sich gehe und endlich eine bestimmte, unüberschreitbace Grenze erreiche. Diese Abnahme erfolgt (nach Fechner) desto schneller, je kürzer der die Kette schließende feste oder flüssige Lei¬ ter, je größer die Zahl der Plattenpaare und je kleiner die erre¬ gende Oberfläche jedes Paares ist, schneller, wenn die Fläche des positiven Körpers die des negativen übertrifft als umgekehrt. Übri¬ gens hängt sie auch von der Natur der Platten und der flüssigen Leiter ab und befolgt selbst bei ganz gleich construirten Ketten, de¬ ren anfängliche Stärke dieselbe ist, einen verschiedenen Gang. Eine einfache Kette, mit großen, weit von einander abstehenden Platten aus Zink und Zinn, mit stark saurem Wasser oder noch besser mit Kupfervitriollösung, durch einen langen Polardraht geschlossen, wird ihre Kraft nur sehr langsam verlieren. (Marianini in Jeitsch. 3. Z65. g. 241. Fechner in Schweigg. I. 63; 249.) Der Grund dieses Phänomens scheint darin zu liegen, daß durch den elektrischen Strom die Oberfläche der Metalle verändert und so die chemische Action, welche die Z Entwicklung bedingt, modi- ficirt wird. Säulen mit amalgamirten Zinkplatten sind darum auch wirksamer und dauernder, weil die Zinkfläche immer rein bleibt, indem das gebildete Oxyd schnell durch die freie Säure entfernt wird. 407. Aus diesen Beobachtungen ergibt sich klar der Unter schied, zwischen dem elektrischen Zustande einer Elektristrmaschine und einer Volta'schen Säule. Bei jener ist die Bedingung der ^Entwicklung bie Reibung, bei dieser die Berührung, mit beiden ist aber eine Mo- Naturlehre. s, 642 Electricität durch Erwärmung. lecularwirkung verbunden, und in so ferne fließt die Electricitat beider Apparate ans derselben Quelle; was bei dieser die beiden Pole sind, das ist bei jener das Reibzeug und der Conductor; bei jener herrscht eine starke Spannung und ein nicht anhaltender Strom, bei dieser eine geringe Spannung und ein mächtiger, dauernder Strom; dort wegen der starken Spannung ein kaum zu bezwingen¬ des Bestreben, aözufließen, durch die Luft in bessere Leiterüber¬ zugehen, und lange, kräftige Funken zu bilden, hier ein so ge¬ ringes Bestreben, abzufließen, daß man gewöhnlich alle Jsolirungs- mittel vernachlässiget, und selbst, um den Strom durch den Körper zu leiten, die Epidermis durch Salzwasser leitend machen muß, ebendarum auch schlechte, kurze Funken; dort wegen der großen Spannung eine ungeheure Wirksamkeit der Spitzen, hier eine Spitze nicht viel leitender als ein stumpfer Körper; dort schwache, chemische Wirkungen und nicht sehr bedeutende, magnetische Kräfte, hier ein starkes, electrolytisches und magnetisirendes Vermögen. 408. Zu den wirksamsten Erzeugungsmitteln der gehört auch die Wärme. Bringt man am Deckel eines guten Conden- sators einen Platindraht an, dessen über den Deckel hervorragen¬ des Stück spiralförmig zusammengewunden ist, und erhitzt dasselbe zum Rothglühen; so findet man, wenn man die Basis des Con- densators mit der Hand, und die Spirale mit einem feuchten Pa¬ pier oder mit einem durch Hitze leitend gemachten Glasstabe be¬ rührt, den Condensatordeckel negativ, den Papierstreifcn oder den Glasstab positiv-electrisch (Zeitsch. 10. 200). An schlechte«. Leitern treten durch Erwärmung beide 4c deutlich hervor. Dieses zeigt fich besonders auffallend am Turmalin. Wird nämlich ein solcher bis 30" ^. gleichmäßig erwärmt, so erscheint er an einer Hälfte positiv, an der anderen negativ, und wird dieses immer mehr, je höher seine Temperatur steigt, doch darf sie nicht stationär werden. So¬ bald sie nicht mehr steigt, verschwindet auch die 4c; sobald sie ab¬ zunehmen beginnt, erscheint der Kristall wohl wieder electrisch, koch hat, wenn die Erkaltung seine ganze Masse trifft, der Theil, welcher vorhin -s- 4c zeigte, nun — 4c. Der Übergang von einem clectrischen Zustande in den entgegengesetzten erfolgt sehr schnell. Die Stärke seiner 4c ist der Erwärmungs- oder Erkaltungsge¬ schwindigkeit nicht proportionirt. Ist nur ein Theil eines Turmalin? im Erwärmen oder Erkalten begriffen, so verhält sich dieser so, al? bestünde der Kristall aus zwei Thcilen, deren jeder für sich einen Electricität der Kristalle. 643 eigenen, selbstständigen, electrischen Zustand annimmt, welcher dem des anderen Theiles entgegengesetzt ist. Doch zeigt er unter gewissen Umständen nur eine L, ohne daß man wahrnehmen kann, was aus der anderen geworden ist. Zerschneidet man einen Turma¬ lin, während er electrisch ist, so erscheint jedes Stück desselben mit einer positiven und einer negativen Hälfte und zwar haben die Flächen, welche mit einander verbunden waren, entgegengesetzte L Man kann einen Turmalin selbst zu Pulver zerstoßen und doch wird jedes Theilchen Zeichen des zweifachen electrischen Zustandes von sich geben. Es sind aber nicht alle Turmaline der electrischen Erregung durch Wärme in gleichem Grade fähig, in der Regel werden die kleinsten am leichtesten electrisch. Turmaline, welche einer starken Electrisirung fähig sind, werden durch schnelle und durch langsame Erwärmung gleich electrisch. — Ähnliche Erschei¬ nungen bemerkt man auch an anderen, selbst an künstlich erzeugten Kristallen, besonders an solchen, deren Kristallflächen an den zwei einander gegenüberstehenden Enden nicht symmetrisch angeordnet sind; es sind aber nicht immer zwei electrische Pole wie beim Tur¬ malin, sondern oft mehrere vorhanden. So z. B. hat ein Boracit acht electrische Pole, wenn er auch nur eine Linie im Durchmesser hat. Einen Topaskristall fand Haüy an beiden Enden negativ, in der Mitte positiv-electrisch; nach Erman (Pogg. Ann. 25. 615) hingegen hat ein brasilianischer erwärmter Topas in der Axe und parallel mit derselben -—L, senkrecht darauf-l-L. Auch ist die zur Eleclricitätserregung nothige Temperaturgränze nicht bei allen gleich. Der Turmalin braucht eine Wärme von 30° <7. Galmei ist schon bei der gewöhnlichen Lufcwärme electrisch. (Zeitsch. 4. 356. Schweigg. I. 43. 87. Pogg. Ann. 13. 628.) Kristalle, au dene» man durch Temperaturänderung Eleckricität erre¬ gen kann, sind: Turmalm, Topas, Axinit, Boracit, Mesotyp, Prehnit, Zinkoxyd, Sphen, Scolecit, Mesolit, Kalkspach, gelber Beryll, Schwerspach, schwefelsaurer Strontian, kohlensaures Blei, Diopstd, rother und blauer Flußspach, Diamant, Auripigment, Analcim, Amethyst, Quarz aus der Dauphine, Jdokras, -König¬ stein, natürlicher Schwefel, Granat, Dichroit, weinsteinsaures Kali und Natron, Weinsteinsäure, kleesaures Ammonium, chlorsaures Kali, Bittersalz, schwefelsaures Ammonium, Eisenvitriol, blausaures Kali, Zucker, essigsaures Blei, kohlensaures Kali, Citronensäure, Quecksilbersublimat. 41 * 6t! L h erm o-Ma g n c cis m us. 409- In einer Kette von zwei oder mehreren Metallen, wel¬ che man an der Verbindungsstelle erhitzt cder erkaltet, kommt ein electrischer Strom zum Vorschein. Setzt man eine Stange aus Wismuth ^-8 (Fig. 351) mir beiden Enden eines reinen Ku- pfcrbogens 6" in Berührung, indem man sie entweder blos zusam- mendrückt oder auch zusammenlöthet, stellt sie dann in den ma¬ gnetischen Meridian und erwärmt oder erkältet die eine Berüh¬ rungsstelle, ohne die Temperatur der anderen zu ändern; so wird eine darüber oder darunter befindliche Magnetnadel abgelenkt zum Beweise, daß ein Strom erregt worden ist, den man füglich einen thermo-electrischen nennen kann. Ähnliche Resultate gewähren andere Metalle. Die Stärke und Richtung des Stromes hängt von der Natur der miteinander verbundenen Metalle ab, und wenn man für eine bestimmte Temperaturdifferenz die thermo-electrischeWir¬ kung der einzelnen Metalle kennt, so kann man daraus leicht die¬ selbe für jede aus ihnen gebildete Kette finden, indem sie dem Un¬ terschiede der thermo - electrischen Wirkungen der einzelnen Metalle gleich ist. In derselben Kelte wächst die Stärke des Stromes mit der Temperaturdifferenz der einzelnen Stellen. Es gibt für die Kör¬ per ebenso eine thermo-electrische Reihe, wie es eine Spannungs- reihe (396) gibt. In der nachfolgenden Reihe lenkt jedes Metall, das mit einem der folgenden verbunden und an der südlichen Verührungsstelle erhitzt wird, den Nordpol, der im Innern des Vogens schwebenden Ma¬ gnetnadel westlich, das mit einem vorangehenden verbunden wird, lenkt ihn östlich ab: Wismuth, Nickel, Kobalt, Palladium, reines Platin, Uran, reines Kupfer, Mangan, Titan, Messing, Queck¬ silber, Blei, Zinn, Chrom, Molybdän, Rhodium, Iridium, Gold, Silber, Zink, Wolfram, Cadmium, Stahl, reines Eisen, Arsenik, Antimon, Tellur. Seebeck, der diese Reihe bestimmte, nennt das Wismuthende das östliche, das Tellurende daswestliche; man könnte ersteres auch das, negative, letzteres das positive nen¬ nen. Die kleinste chemische Verunreinigung eines Metalls ändert dessen Stells in dieser Reihe und kann daher dadurch erkannt wer¬ den. Nach Becquerel hat man für die nachstehenden Metalle folgende thermo-electrische Kräfte, denen die Kraft einer Kupftr- eisenkette als Einheit zum Grunde liegt,für Temperaturen unter 50": Eisen — 5.000; Silber —4.070; Gold — 4.052; Zink—4.035; Kupfer — 4 000; Zinn —3.890; Platin —3.680. (Pogg-17 535 ) Bildet man aus abwechselnden Stücken zweier Metalle eine Kette, Wie sie z. B- Fig. 352 vorstellt, und erwärmt eine, daun zwei Thermo, Magnetismus. 6i i hierauf drei Verbindungsstellen a (welches bei der in obiger Figur dar¬ gestellten Combination am leichtesten mittelst eines erhitzten Stabes geschieht) u. s. f., wie dieses Fourier und Oersted und zuletzt Nobili gethan haben; so wächst die Ablenkung der Magnetnadel mit der Anzahl der erhitzten Stellen. Durch dieses Mittel hat No¬ bili einen thermo-slectrischen Multiplicator von solcher Empfind¬ lichkeit erhalten, daß man damit Temperaturänderungen von 1" N. erkennen kann. Dieser besteht aus einer Anzahl von zusaniinengelötheten Wismuth-Antimonelementen, welche in einem Behälter so eingelassen sind, daß nur die oberen Löthstellen dem Einflüsse einer Wärme-oder Kälteguelle ausgesetzt werden können, während dis unteren ihre Temperatur unverändert beibehalten (Fig. 353). Dis zwei äußersten Metalle der Kette (die thermo- electrischen Pole) werden mit dem Fschuer'schen Multiplicator (Fig. 337) in Verbindung gebracht. (Pogg. Ann. 17-535; 20.245; 27. 439. Z-itsch. n. F. 1. 187.) 4l0. Man kann selbst an einem einzigen Metalle durch Er¬ wärmen einen electrischen Strom erzeugen/ wenn man dafür sorgt, daß sich dis Erwärmung nicht gleichförmig auf die ganze Masse er¬ streckt. Wird ein Kupferdraht zu einem Vierecke zusammengsbogen, wie Fig. Z54 zeigt, und das hervorstehende Ende ö erwärmt, so tritt ein electrischer Strom in der Richtung der beigesetzten Pfeile ein. Windet man die mit einander verschlungenen Enden eines Multiplicators schraubenförmig zusammen und erhitzt sie dann, so weicht alsoglsich die Magnetnadel aus, zum Beweise, daß ein electrischer Strom eingetreten sey. Verbindet man mit jedem Ende eines Multiplicatordrahtes einen getrockneten Thoncylindsr, erhitzt einen derselben am äußersten Ende und berührt ihn dann mit dem zweiten; so zeigt sich alsoglsich ein vom warmen zum kalten Cylin- der gehender Strom. Versuche über Ther^o-Electricirät in einem "nzigen Metalle gelingen besonders gut mit kristallinischen Metal¬ ls, z. B. mit Wismuth, Antimon rc. rc. An "einem Wismuth- oder Antimonringe, dec mit einer Flamme an einer Stelle erwärmt worden, sand Seebeck zwei Punote, deren Erwärmung die stärkste, und zwei andere, deren Erwärmung gar keine gibt; wan muß sie aber an jedem Ringe eigens aufsuchen. Erhitzt man kine» Cylinder oder ein Prisma von Wismuth an einer Stelle und stellt sie dann im magnetischen Meridian unter eine lebendige Ma¬ gnetnadel, und dreht dabei den Stab um seine Are; so findet man immer mehrere Stellen, von welchen die Nadel afficirt wird. Die- 646 V erh LI rniß zw ische n Ele c c. u. Magnetismus, se liegen meistens mit der Axe des Stabes parallel, und je zwei derselben haben eine Stelle zwischen sich, welche gar nicht auf die Nadel wirkt. Jelin hat durch hölzerne Stäbe, in denen nach bestimmten Richtungen längs der Are leitend« Drähte gezogen wa¬ ren, durch welche ein schwacher elektrischer Strom geleitet werden konnte, dieselben Wirkungen erhalten, wie an einem erhitzten Wismuthstabe. (Seebeck in Pogg. Ann. 6. 133, 253. Yelin in Gilb. Zinn. 73. 415. Schweigg. I. 37. 21. Nobili iu Zeitsch. 4. 350; 10. 200, 221; Skurgeou in Zeitsch. 10. 221.) 411. DieThermo-Electricität erkennt man wohl am leichtesten durch ihre Wirkung auf ein Electroscop oder auf einen Multiplikator; doch bringt sie auch die anderen Wirkungen hervor, welche die Rei- bungs- und Contactelectricität erzeugt, muß daher mit diesen für identisch gehalten werden. Nach Nobili werden durch sie Frosch¬ schenkel inZuckungen versetzt (Pogg. Ann. 14. 161). Botto hat mittelst derselben Wasser zersetzt (Pogg.'Ann. 28.238). Wärmeerre¬ gung ist aber bis jetzt noch nicht beobachtet worden. 412. Es ist kein Zweifel, daß in einem lebenden Körper unab¬ hängig von der durch Molecularwirkung erregten durch denLebens- proceß beständig L erregt werde, und große Physiologen haben die A als beständigen Begleiter der Lebensthätigkeit angesehen. Die Haare von Katzen, Pferden rc., ja selbst von jungen Personen sind oft ohne äußere Veranlassung so stark electrisch, daß sie sträu¬ bend kn die Höhe steigen; Pflanzen sah man im intensivsten Leben Licht ausstrahlen. P o uillet hat die durch Vegetation entwickelte L durch mehrere directe Versuche bestimmt. Einige Fische, z. B. der Zitteraal , der Zitterrochen ssna/a tonzisrio), Zitterwels (ireüunuL Stachelbauch ("te'tnoAou eiset.), Spitzschwanz (tnr'o?-r'ueu§ eZsct.) können elektrische Schläge, wie eine geladene Leidnerflasche ertheilen, und an denselben haben in der That auch die Anatomen ein der Volta'schen Säule ähnlich^ Organ entdeckt, welches an der unteren Fläche positive, an der oberen negative Lerzeugt. J.D avy hat die Identität dieserL mit der Reibungs- und Berührungselectricitat factisch nachgewiesen, indem er mittelst derselben Stahlnadeln magnetisirt, die Magnet¬ nadel abgelenkt und chemische Wirkungen hervorgebracht hat. sl-onA. et saun». /.) 413. Aus den bis hieher vorgetragenen Sätzen geht deutlich hervor, daß Electricität und Magnetismus mit einander in inniger Verhältnis) zwischen L und Mag n erismus. 647 Verbindung stehen und daß eine dieser Potenzen die andere erzeugt. Unter allen Umstanden verhalt sich ein Magnet wie ein System electrischer Ströme, und umgekehrt bringt ein solches System Wir¬ kungen hervor, welche wir an einem Magnete zu sehen gewohnt sind. Waren an Magneten noch anderweitige Wirkungen electrischer Strome nachgewiesen, so könnte gegen die Behauptung, der Ma¬ gnetismus sey immer nur das Resultat electrischer Ströme, mithin eine secundäre, von der Electricität herrührende, nicht eine selbst¬ ständige Kraft, kein weiterer Zweifel aufkommen. Vor der Hand hat man solche Wirkungen noch nicht nachweisen können, und somit mußAmpere's Behauptung, ein Magnet sey ein Körper, des¬ sen Theilchen von electrischen Strömen in senkrecht auf seiner Axe liegenden Ebenen umflossen werden, so viel Wahrscheinlichkeit sie auch haben mag, und so sehr auch die daraus gefolgerten Schlüsse in der Erfahrung eine feste Stütze finden, noch immer als bloße Hypothese betrachtet werden. Entsteht die Frage, woher denn die electrischen Ströme rühren, welche nach dieser Ansicht den Erd¬ magnetismus begründen sollen, so kann man darauf antworten, sie seyen thermo-electrischer Natur. Solche Ströme müssen im Erd¬ körper durch die stets wandelbare und immer nur auf einen Theil der Erde wirkende erwärmende Kraft der Sonne hervorgebracht werden, sa es ist das Daseyn electrischer Ströme überhaupt in Erzgängen bereits factisch nachgewiesen (Zeitsch. 10. 118). Die große Übereinstimmung in der Richtung der Linien gleicher Wärme an der Erdoberfläche und gleicher magnetischer Kräfte, das Zusam¬ mentreffen der irdischen Magnetpole mit den Wärmepolen der Erde sprichtsehr zu Gunsten dieser Ansicht. Barlow hat sogar an einem Globus, in welchen er nach gewissen Richtungen Drähte eingezogen hat, durch die er electrische Ströme leiten konnte, gerade so, wie sie die Sonne durch ihre erwärmende Kraft Hervorrufen muß, magne¬ tische Verhältnisse gefunden, welche mit den auf der Erde beobach¬ teten viele Übereinstimmung zeigten. Vor der Hand, und zwar sa lange, bis die Fortschritte der Wissenschaft weitere Aufschlüsse gewähren, mag es erlaubt seyn, jeden Magnet als ein System electrischer Ströme und die Electricität selbst als das Resultat der Molecularkräfte zu beobachten und somit auf die Annahme einer eigenen magnetischen und electrischen Flüssigkeit zu verzichten. Über diesen Abschnitt siehe nebst den schon angeführten Wer¬ ken: Franklin's Briefe von der Electricität. Leipzig 1758. Ver- 048 L i r e r a r u r. suche über die Electricität von Ada m s.Wien 1786. L. Mahon'S Grundsätze der Electricität. Leipzig 1789. D o nd orfs Lehre von ^er Electricität. Erfurt 1784. Praclische Electricitätslehre von Lan¬ genbuche r. Augsburg 1788. Elemente der Electricität und Elek¬ trochemie von Singer. Breslau 1819. Grundzüge der reinen Electricitätslehre von Le sch an. Wien 1826. A. Galvani's Ab¬ handlung über die Kraft der lhierischen Electricität. Prag 1793. Volla's Schriften über die thierische Electricität. Prag 1793 und 1796. Volta's neueste Versuche über den Galvanismus. Wien 1803. A. Humboldt über die gereizte Muskel- und Nervenfa¬ ser. Berlin 1797 — 99. Der Proeeß der galvanischen Kette von G. F. Pohl. Leipzig 1826. Die galvanische Kette, mathematisch be- grbeitet von Ohm.Berlin 1827. äug-gro cü e^se-ren-s eZe/tt-o-me- tercüö ciei 7). Ft. Mariani'n r. fensLra 1822. Maßbestimmungen über die galvanische Kette von G. Th. Fechner. Leipzig 1831. Llemonrs e7 7-. IVoürir. 1834. cis ^essetnrcite et clu /n<2§ne/r^me eto. z>ar LI. Leo^uee-sü Zan» 1834. Der Supplementband enthält pie hierher Gehöriges. N a t u r l e h r e. Nrttter Ttzeil. Naturerscheinungen im Großen. Einleitung. 1. (Do wie man durch Vergleichung der Naturerscheinungen zur Kenntniß der Naturgesetze geleitet wird und also jene vorzugs¬ weise zur Entdeckung dieser gebraucht werden; eben so kann man auch die einmal klar erkannten Naturgesetze wieder benützen, um daraus Naturerscheinungen zu erklären. Vorzüglich interessant ist dieses/ wenn man die bereits bewiesenen Gesetze der Sinnenwelt auf die Erscheinungen anwendet/welche im Großen auf unserer Erde/in derAtmosphäre und an den Himmelskörpern wahrgenommen werden. Diese Erscheinungen auf ihre letzten Gründe zurückgeführt/ machen den Gegenstand der angewandten Na¬ turlehre aus/ die hiernach in die physischeGeographie/ Me¬ teorologie und Astronomie zerfällt/ wovon es die erste mit der Beschaffenheit und den Veränderungen der Erde/ die zweite mit den Erscheinungen in der Atmosphäre und letztere mit den Phä¬ nomenen an Himmelskörpern und ihrer Erklärung zu thun hat. 2. Die Fortschritte/ welche man bis jetzt in diesen sehr wich- t'gen Zweigen des menschlichen Wissens gemacht hat, sind sehr un¬ gleich. Die Astronomie hat sich auf den Flügeln der mathematischen Analyse zu einer solchen Höhe und Vollkommenheit erhoben, daß ei» vollständiger Unterricht hierin allein einen Lehrcurs von meh¬ reren Jahren ausfüllen könnte, aber Zuhörer erfordert, die mit allen Kunstgriffen der Mathematik ausgerüstet sind; die physische Geo¬ graphie und Meteorologie liegen hingegen fast noch in der Wiege und erwarten erst von der reinen Naturlehre Wachsthum und Gedeihen. 652 Erster Äd schnitt. Physische A st r o n o m i e. Erstes Kapitel. Himmelskörper überhaupt. 3. ^^em unbefangenen Beobachter erscheint die Erde im so¬ genannten platten Lande als eine horizontale Ebene, und der Him¬ mel als ein Gewölbe, das auf der Erde aufliegt und an welchem sich die Sonne, der Mond und das unzählige Heer der Sterne be¬ finden. Alle diese Himmelskörper scheinen von uns gleich weit ent¬ fernt zu seyn, weil uns alle Mittel, durch welche wir die Entfer¬ nungen irdischer Gegenstände nach bloßem Augenmaße zu beurthei- len pflegen, verlassen und wir daher keinen Grund zu haben glau¬ ben, einen näher als den anderen anzunehmen. Darum nennt man 1-ne hohle Kugel, in der wir uns zu befinden glauben, die Him¬ melskugel oder Himmelssphäre. 4. Werblos nach sinnlichem Scheine urtheilt, könnte verleitet werden, zu meinen, die Hälfte des Firmaments werde von der Sonne, die andere Hälfte von den Sternen eingenommen, weil das freie Auge nach Sonnenaufgang gewöhnlich keinen Stern fleht. Allein schon die sehr gemeine Erfahrung, daß die Flamme einer brennenden Kerze in einem von der Sonne stark beschienenen Orte gar nicht gesehen wird, kann auf die Vermuthung führen, daß wir bei Tage die Sterne blos wegen des unzählige Male stärkeren Son¬ nenlichtes nicht sehen; darin wird man noch mehr durch den Um¬ stand bestärkt, daß am Morgen kurz vor Sonnenaufgang noch der ganze Himmel mit Sternen übersäet ist, wovon nach Sonnenauf¬ gang kaum einer mit freiem Auge bemerkt wird. Zur vollen Ge¬ wißheit ist diese Wahrheit dadurch gebracht, daß man mittelst eines guten Fernrohrs selbst bei Hellem Tage Sterne sehen kann. 5. Die Erscheinungen, welche wir täglich an Sonne und Mond bemerken, nämlich, daß sie, an einer Himmelsgegend, die Fiestern e. Planeten, Cometen. 6s3 man Aufg ang s geg end, Orient, Ost nennt, auf. und an der entgegengesetzten, welche A b e nd, U n t e rg a n g, O c cid e nt, West heißt, untergehen, bieten sich uns auch an den Sternen dar, bis auf einige wenige, die nur eine scheinbare Ausnahme von dem allgemeinen Gesetze machen, so daß die Bewegung von Ost nach West dem ganzen Himmel gemein ist. Sie heißt tägliche Bewegung, weil ein Tag von einem Auf- oder Untergange bis zum nächst folgenden verfließt. 6. sinter den Sternen gibt es einige, die immer an demselben Puncle des Horizontes auf- und untergehen und beständig dieselbe Lage gegen einander beibehalten, so daß man erst nach einer Reihe von Jahren eine kleine Änderung ihrer relativen Lage bemerkt. Diese heißen Fixstern e ; sie machen bei weitem den größten Theil der sichtbaren Himmelskörper aus. Andere hingegen gehen fast täglich an einem anderen Puncte der Ostgegend auf, be¬ schreiben bald größere, bald kleinere Bögen, und ändern ihre Lagegegen einander und gegen die Fixsterne. Diese heißenJrrsterne, Pla¬ neten Von beiden verschieden sind die Cometen (eome/as), welche meistens einen lichten Schweif oder Ring um sich haben. Die Sonne bietet in Betreff ihrer Bewegung Erscheinungen bar, welche mit den an Planeten beobachteten völlig übereinstimmen; bie Folge wird aber lehren, daß sie doch nicht zu den Planeten zu zahlen ist, weil diese Übereinstimmung nur scheinbar ist. 7. Man kennt jetzt 1k Planeten: Merkur § , Venus die Erde z, Mars , Ceres ?, Pallas Juno Z , Vesta L , Jupiter 2 , Saturn h und Uranus r, nebst 18 Nebenplaneten °ber Begleitern der Hauptplaneten, wovon die Erde einen, Jupiter vier, Saturn sieben und Uranus sechs hat. Der vorletzte Planet >st überdies noch mit einem Ringe umgeben, der nach Einigen aus zwei, nach Anderen aus mehreren concsnirischen Theilen besteht. Uranus ward 1731 von Herschel, Ceres 1801 von Piazzi, Kallas 1802 von Olbers, Juno 1804 von Harding, Vesta ^807 von Olbers entdeckt, die übrigen waren schon den Alten bekannt.— Es ist aus dem Vorhergehenden klar, daß die Planeten uebst der dbm ganzen Himmel gemeinschaftlichen täglichen Bewegung auch noch eine eigene haben müssen. Man nennt sie ihre jähr¬ liche Bewegung. Sie sind der Erde ohne Vergleich näher als die Lüsterne und erscheinen im Gesichtsfelde guter Fernröhre als voll- 654 Tägliche Bewegung. kommene Scheiben ; an den meisten bemerkt man sogar Flecken, die ihre Lage gegen den Rand der Scheibe verändern und darum auf eine Axendrehung schließen lassen. Zweites Kapitel. Tägliche Bewegung der Himmelöspl)ärc. 6. Da es bei derBeurtheilung einer Bewegung vorAllemauf den Standpunct ankommt, von dem man sie beobachtet; so muß zuerst der Ort der Erde in der Himmelssphäre näher bestimmt wer¬ den. Zu diesem Behufs lehrt die Erfahrung, daß der Abstand zweier fixer Puncle an der Himmelssphäre, z. B. zweier Fixsterne, von einander von derselben Große erscheint, diese Puncte mögen ge¬ rade auf-oder untergehen oder sich in was immer für einer Lage zwischen dem Auf- und Untergange befinden und deutet hierdurch an, daß der Punct, für welchen dieses Statt findet, als Mittel- punct der Himmelssphäre angesehen werden könne. Da dieses von jedem Orte auf der ganzen Erdoberfläche gilt und zwei Fixsterne überall einen gleichen Abstand von einander zu haben scheinen; so muß auch jeder Puncc der Erde als Mittelpunct der Himmels¬ sphäre angesehen werden können, d. h. die Größe der Erde muß gegen die Größe der Himmelssphäre verschwinden. 9. JederPunct der Himmelssphäre beschreibt vermög der täg¬ lichen Bewegung innerhalb eines Tages einen ganzen Kreis. Ist die Lage dieses Kreises bestimmt und zugleich bekannt, in welchem Puncte derselben sich ein Stern befindet, den man als fixen Punctder Himmelssphäre betrachten kann, wie dieses mit den Fixsternen der Fall ist; so ist die tägliche Bewegung dieses Sternes gegeben. Zum Behufs dieser Bestimmungen muß man jeden Punct des Himmels auf Ebenen beziehen können, welche die Coordinatenebenen (1.82) vor¬ stellen, nach denen überhaupt ein Punct im Raume bestimmt wer¬ den kann. Weil aber hier alle Puncte gleichsam an der Himmels- sphäre erscheinen, so bedarf man nur zwei solcher Ebenen, oder weil diese die Himmelssphäre in Kreise schneiden, zweier Kreise- Diese Ebenen oder Kreise wird man am besten durch die tägliche Bewegung selbst bestimmen. Weltgegenden, Weltaxe, Mittagsebene. 655 10. Stellt sich der Beobachter so, daß seine rechte Seite nach Ost, seine linke nach West gerichtet ist; so sieht er nach derjeni¬ gen Gegend hin, welche Mitternacht, Nord genannt wird, und kehrt den Rücken der Mittagsgegend, Süd, zu. Be¬ trachtet man die Sterne in der nördlichen Himmelsgegend, so be¬ merkt man, daß einige nie untergehen, sondern innerhalb eineS Tages einen ganzen Kreis über dem Horizonte beschreiben. Dieser Kreis ist desto größer, je naher der Stern bei seiner tiefsten Stel¬ lung dem Gesichtskreise kommt. Man nenntsolcheSterne Circum- polarsterne. Hieraus kann man wohl schließen, daß auch die andern Sterne, welche auf- und untergehen, einen ganzen Kreis beschreiben und daß ein Theil desselben nicht für uns sichtbar sey, weil er unter dem Horizonte liegt; alles dieses wird erst zur vollen Gewißheit, wenn man beobachtet, daß Sterne, die nur kurze Zeit unsichtbar sind und unter dem Horizonte verweilen, zu vollkommenen Circumpolarsternen werden, wenn man sich naher nach Norden be¬ gibt, wahrend andere, die nach Süden zu liegen und in unseren Ge¬ genden nur kurze Zeit über dem Horizonte verweilen, ganz unsicht¬ bar werden. Reiset man in südlichere Länder, so erfährt man das Gegentheil; da verschwinden nämlich nördlich liegende Sterne ganz und südlich liegende, uns ganz unsichtbare, werden sichtbar; ja in Südamerika und in vielen anderen südlichen Gegenden gibt es ^ircumpvlarsterne, die bei uns gar nie aufgehen. H. Weil die Fixsterne immer in derselben Lage gegen einan¬ der bleiben, so müssen sie bei der täglichen Bewegung Kreise be¬ schreiben, deren Ebenen mit einander parallel sind und deßhalbPa¬ rallelkreise heißen. Die ganze Bewegung geschieht um eine gemeinschaftliche Linie, welche die Weltaxe (Himmelsaxe) heißt und in unseren Gegenden gegen den Horizont geneigt er¬ scheint. Die Punete der Himmelssphäre, welche die Axe trifft, heißen die P„le und zwar der gegen Norden liegende, der Nordpol, der andere der Südpol. Bei uns liegt nur der Nordpol über dem Horizonte und zwar, wie natürlich, in der Nähe desjenigen Ster- ues, box peri kleinsten Parallelkreis beschreibt und deßhalb auch Po¬ larstern genannt wird. Der größte Parallelkreis heißtÄqua lo r, der Punct am Himmel, den die durch den Scheitel eines Bcobach- drrs gehende, verticale Linie trifft, heißt Zenith, der ihm gerade entgegengesetzte, Nadir. Eine durch das Zenith und die Pole ge¬ hende Ebene heißt Mittagsebene. Sie theilt den Bogen, den 656 Ecliptik rc. die Sterne über dem Horizonte beschreiben, in zwei gleiche Theile, und in ihr haben sie den größten und kleinsten Abstand vom Hori¬ zont, d. i. die größte und kleinste Hohe. Ist ein Gestirn im Me¬ ridiane, so sagr man, es culminire. Der Durchschnittspunct des Horizontes und der Mittagsebene gegen Süden heißt der Süd- punct. Sonst heißt jeder größte Kreis, welcher durch die beiden Pole geht, ein A bw e ichungs kre is. Eine Ebene, welche durch den Mittelpunct der Himmelssphäre geht und mit dem Äquator ei¬ nen Winkel von etwa 23j° einschließt, heißt E c li p tik, und ein auf der Ecliptik senkrechter und durch einen Pol derselben gehender Kreis wird B reiten kr eis genannt. Die Ecliptik sowohl als dieAquato- rialebene schneiden die Himmelssphäre in größten Kreisen und diese beiden Kreise schneiden sich selbst wieder in zwei Puncten. Einer da¬ von heißt F rü hli ngs nachtgleichepunct, der andere H erbst- nachtgleichepunct. Der durch den Frühlingsnachtgleichepunct gehende Abweichungskreis wird als der ersteAbweichun gs kreis angesehen. Eine auf dem Horizonte senkrechte Ebene heißt Verti- calebene. Sie sowohl als der Horizont schneiden die Himmels- sphäce in größten Kreisen. Der Horizontalkreis führt den Namen Azimuthalkreis. Stellt (Fig. Z55) <7 den Ork eines Beobachters vor, 675 die durch t7 gehende Verticale, 75 sein Zenikh, M den Horizont, AdcuNord- pol, den Südpol, H> die Weltaxs, vZ« eine durch <7 gehende,auf senkrechte Ebene; so ist die Ebene des Äquators, die des Meridians, und die mit parallelen Kreise AL, AZ, Ar, 6g, LL, ZZ, Parallelkreise, wovon A/und Z7e ganz über dem Horizonte liegen, während andere solche Kreise vom Horizonte ge¬ schnitten werden, so daß ein Theil über, der andere unter dem Ho¬ rizonte liegt. Erstere Theile heißen Tag bögen, letztere Nacht¬ bögen. itZm ist die Ecliptik, Z^der Frühlingsnachtgleichepunct, ZAV ein Stück eines Breitenkreises, ZZA/r ist zugleich ein Verticalkreis. Mehrere dieser Kreise, wohl auch alle kann man an einer Ringku¬ gel oder an einer künstlichen Himmelskugel vorstellen. 12. Zur Bestimmung eines Punctes am Himmel dienen meh¬ rere der genannten Ebenen und Kreise und zwar: I) Ein Abwei¬ chungskreis und der Äquator. 2) Ein Verticalkreis und der Hori¬ zont (Azimuthalkreis). 3) Ein Breitenkreis und die Ecliptik. Bevor man zur Bestimmung einzelner Puncte schreitet, müssen aber diest Ebenen und Kreise selbst bestimmt seyn. P olh o h e, Ä q uators h ö h e. «57 13. Den genauesten Beobachtungen gemäß ist die tägliche Be¬ wegung eine g l e ich form ig e; daher müssen die zweiTheile eines Parallelkreises, welche zu beiden Seiten des ihn schneidenden Me¬ ridians liegen, in gleichen Zeiten zurückgelegt werden. Stellt man daher ein Fernrohr, welches sich um eine horizontaleAxe drehen kann, so, daß ein in der Axe des Rohres vertical gespannter, sehr seiner Faden in einer Ebene liegt, welche die Bahn eines Circumpolar- sternes in zwei Theile theilt, die in gleichen Zeiten zurückgelegr werden; so bewegt sich dieses Fernrohr im Meridiane und dieser ist daher seiner Lage nach bekannt, wenn man es dahin gebracht hat, ein Fernrohr so zu stellen. Ein Fernrohr, wie das genannte, heißt ein Miktagsrohr oder Passageinstrument und spielt in der practischen Astronomie eine große Rolle. Im Gesichtsfelde dieses Fernrohres sind mehrere sehr feine Fäden von Spinnen oder von Platin ausgespannt, wovon einer horizontal steht, während die übrigen eine verticale Lage haben. Einer von diesen befindet sich ge¬ nau in der Ebene de» Meridians, die anderen sind in gleichen Ab¬ ständen von diesem zu beiden Seiten angebracht. Mittelst eines ein- getheilten Kreisbogens kann man auch den Winkel bestimmen, den die Axe des Rohrs mit dem Horizonte macht. In der Mittagsebene liegt natürlich die Weltaxe und ist daher in ihr durch den Winkel gegeben, den sie mit dem Horizonte macht und den man Polhö¬ he nennt. Er ist gleich der halben Summe aus der größten und kleinsten Höhe eines Cireumpolarsternes. In Fig. 355 ist die Polhöhe und wird durch den Meridianbogen ist/r gemessen, ferner die größte, die kleinste Hohe eineS dem Pole nahen Ster¬ nes. Aberund .daher ——-l- /A 2/7^1 A einmal die Polhöhe bekannt, so braucht man zur Bestimmung der Lage des Äquators nur den Winkel zu kennen, den dieser mit dem Horizonte macht. Er heißt die Aqua- torshöhe und ist das Complement der Polhöhe. In Fig. 355 stellt diesen Winkel vor, für welchen man hat: ^<7//—frtL 90 ' — Es ist demnach der Äquator und da¬ her auch jeder darauf senkrechte Kreis durch das Vorausgegangenc bestimmt. Die Bestimmung einer horizontalen und einer vertiealen Ebene ist für sich klar und von der Bestimmung der Ecliptik wird in der Folge die Rede seyn. Natursehre, S. Aufl. 658 Abweichung und gerade Aufsteigung, Höhe und Azimuth. 14. Ein Punct am Himmel ist bestimmt, wenn man seinen Abstand von zwei der vorhergehenden zusammengehörigen Ebenen (Kreisen) kennt. Es ist aber dieser Abstand nicht als gerade Linie, sondern als Kreisbogen-zu verstehen. Weil nun von den zwei Krei¬ sen, durch die man nach dem Vorhergehenden einen Punct bestim¬ men kann, einer auf dem anderen senkrecht steht; so wird stets der Abstand eines Punctes von einem dieser Kreise durch einen Bogen des anderen gemessen werden. Der Abstand eines Punctes vom Äquator heißt seine Abw eich ung, der Abstand vom ersten Abwei¬ chungskreise seine gerade Aufsteigung. Die Abweichung ist nördlich oder südlich, je nachdem sich der fragliche Punct in der nörd¬ lichen oder südlichen Halbkugel befindet. Der Abstand eines Puncres vom Horizonte heißt dessen Hohe, der Abstand vom Höhenkreise, welcher durch den Südpunct geht, sein Azimuth. Der Abstand von der Ecliptik heißt die Breit e, der Abstand wom Breitenkreise, der durch den Frühlingsnachtgleichepunct geht, seine Lange. Man kann jede dieser Größen durch Beobachtung finden, aber auch auS zwei zusammengehörigen, z. B. aus der Höhe und dem Azimuth zwei andere, z. B. Lange und Breite berechnen. Am gewöhnlichsten werden Höhe und Azimuth, und Abweichung und gerade Aufstei¬ gung durch Beobachtung ausgemittelt. 15. Die Abweichung findet man, wenn man die Mittagshöhe des fraglichen Punctes beobachtet und davon die Äquatorshöhe ab¬ zieht. Ist z. B. iL (Fig- 358) dieser Punct, so ist /lll seine Mit¬ tagshöhe, die Äquatorshöhe und L/I—seine Ab¬ weichung. Ilm die gerade Aufsteigung w zu bestimmen, wird die Zeit t beobachtet, welche zwischen den Culminationen des Punctes, um den es sich handelt, und des Frühlingsnachtgleichepunctes vergeht und dann so geschlossen: Da in 24 Stunden 360° des Äqua¬ tors durch den Meridian des Beobachtungsortes gehen; so müssen in der Zeit t durch denselben gehen, und man hat 15 t. 16. Höhe und Azimuth erfahrt man am bequemsten mittelst eines Theodolithes. Dieser besteht aus zwei concentrischen, horizon¬ talen Kreisen, wovon der innere auf zwei verticalen, gleich hohen Stützen ein kleines Mittagsrohr und einen verticalen Kreis tragt. Stellt man dieses Instrument so, daß der Nullpunct des horizon¬ talen Kreises in den Meridian und zwar gegen Süden fällt, und der Nullpunct des verticalen mit der horizontalen Axe des Gestalt der Erde. 659 rohrs in einerlei Hohe liegt; so schneidet bei jeder anderen Lage des Fernrohrs der Index am horizontalen Kreise das Azimuth, der am verkicalen die Höhe jenes Punctes ab/ den man in der Mitte des Gesichtsfeldes des Fernrohrs sieht. Drittes Kapitel. Gestalt und Größe der Erde und ihre Axen- dr e h un g. 17. Es gibt Siele Erscheinungen/ dis sich nicht anders erklären lassen/ als wenn man annimmt, daß die Erde nach allen Seiten convex sey, Die vorzüglichsten dieser Erscheinungen sind folgende: W'enn man von West nach Ost reiset, so bemerkt man, daß die Sonne immer desto früher aufgeht/ je weiter man kommt; ja auf einer solchen fortgesetzten Reise kommt man wieder an den Ort, von wo man ausging, zurück, ohne irgendwo, umgekehrt zu seyn. Begibt man sich von Süden weiter nach Norden, so erhebt sich der Nordpol im Verhältnisse zur Größe des zurückgelegten Weges', es werden immer mehrere Sterne Circumpolarsterne, während am südlichen Himmel immer mehrere unter den Horizont zu stehen kom¬ men und gar nicht mehr aufgehen. Vorzüglich gehört hierher die Art, wie sich entfernte Gegenstände zur See oder in großen Ebe¬ nen zeigen, wenn man sich ihnen nähert und wenn man sich von ihnen entfernt. So z. B. erblickt man an einem fernen Schiffe, dem man sich nähert, zuerst nur den obersten Theil des Mastbau¬ mes, und wenn sich ein Schiff entfernt, so verliert sich zuerst der unterste Theil aus dem Gesichtskreise. —> Was es für eine Krüm- M"ng sey, die der Erde zukommt, ist durch alle diese Gründe noch Nicht ausgemacht. Wie sie aber immer beschaffen seyn mag, so ist doch so viel gewiß, daß die Erde einer Kugel sehr nahe kommt, weil ihr Schatten bei Mondesfinsternissen immer kreisrund erscheint. Berge und Erhabenheiten, die sich auf ihrer Oberfläche.befinden, können dieses nicht umstoßen, weil sie gegen die Größe der Erde ganz verschwinden so, daß die höchste Gebirgskette der Erde ihr die Kugelform so wenig benimmt, als feiner Staub einem Globus von Mehreren Schuhen im Durchmesser. 18. Die Erscheinungen der täglichen Bewegung lassen sich auf 42 * 660 Axendrehung der Erde. eine zweifache Art erklären. Entweder bewegen sich wirklich alle Fixsterne in 24 St. von Ost nach West um die Erde oder es dr-hr sich die Erde in derselben Zeit von West nach Ost um ihre Axe. Der Sinn deS Gesichtes kann hierin eben so wenig einen Schieds¬ richter abgeben, als er einen den Fluß abwärts Schiffenden beleh¬ ren kann, ob das Schiff abwärts oder die am Ufer befindlichen Ge¬ genstände aufwärts gehen. Es müssen daher andere Gründe für die Wirklichkeit einer oder der anderen Bewegung sprechen. 19. Schott der Umstand, daß die Umwälzung eines einzigen, verhältnismäßig sehr kleinen Körpers die Erscheinungen eben so her¬ vorbringt, wie die Bewegung von Millionen unendlichmal größe¬ rer Massen, muß die Axendrehung der Erde wahrscheinlich machen; aber noch mehr muß diese Wahrscheinlichkeit ans Licht tre¬ ten, wenn mau zugleich die Entfernung dieser Körper in Betrach¬ tung zieht. Es ist gewiß, daß der nächste Fixstern wenigstens eine Entfernung von 23000 Millionen Erdhalbmeffern hat. Geht er in 24 St. um die Erde, so muß er einen mehr als sechsmal größeren Kreis beschreiben und daher eine Geschwindigkeit haben, welche die des Lichtes öOOOmal übertrifft. Nimmt man eine Axendrehung der Erde an, so darf jeder Punct des Äquators nur 5400 geog. Mei¬ len in 24 Stunden zurücklegen, wozu eine Geschwindigkeit hin¬ reicht, die nur wenig großer als jene des Schalles ist. Zu diesem kommt noch, daß die Planeten auch eine Axendrehung haben, daß diese sogar bei der Sonne nicht fehlt. Warum soll gerade die Erde von diesem Gesetze ausgenommen seyn? 20. Die Wahrscheinlichkeit der Umdrehung der Erde wird durch die Betrachtung mechanischer Gründe zur völligen Gewißheit erhoben. Die kreisförmige Bewegung der Himmelskörper um die Erde könnte nur durch Centralkräfte hervorgebracht werden, deren Mittelpunct in der Erde liegen müßte. Was sollte aber das für eine Kraft in der Erde seyn, die sich so weit erstreckte und im Stande wäre, die ungeheuren Massen mit so großer Geschwindigkeit herum- zutreibsn? wie ließe es sich erklären, daß durch diese Kraft alle Körper, deren Entfernung von der Erde gewiß sehr verschieden iß/ in derselben Zeit um sie herumgeführt würden, so daß ihre wahre Geschwindigkeit im Verhältnisse mit der Entfernung wüchse, wah¬ rend alle anderen Kräfte desto schwächer werden, je weiter sich ch" Wirksamkeit erstreckt? wie wäre es möglich, daß gerade die Körper- Geographische Breite. 6L1 welche im Äquator stehen, so große Kreise beschreiben, und daß die Kreise gegen die Pole zu immer kleiner werden? 21. Wird die Bewegung der Erde als wirklich angenommen, so muß sie sich auch auf die Atmosphäre erstrecken. Ihre oberen Theile muffen sich schneller bewegen, als die unteren und daher bewir¬ ken, daß ein frei fallender Körper etwas gegen Osten von der ver- ricalen Linie abweicht. Auch davon überzeugt man sich durch die Er¬ fahrung, wie vorzüglich Reich's neueste Versuche beweisen. Aus al¬ lem diesen sieht man, daß man für die Axendrehung der Erde so vie¬ le Beweise hat, daß nur jene noch daran zweifeln können, die über¬ haupt nicht zu überzeugen sind. 22. Diesen Gründen gemäß beschreibt jeder Punct' der Erde einen Kreis und nur zwei in einer durch denMittelpunct der Erde gehenden, geraden Linie liegende Puncte sind von dieser Bewegung ausgenommen. Diese Puncte sind die Pole dec Erde und zwar der in der Nordhälfte liegende der Nordpol, der entgegengesetzte der Südpol. Obige gerade Linie heißt die Erdaxe. Die verlän¬ gerte Erdars stellt die Himmelsape vor. Demnach ist letztere durch erstere bestimmt. Die Kreise, welche einzelne Puncte der Erde bei ihrer Arendrehung beschreiben, sind mit einander parallel und heißen daher mit Recht P a r alle lk c e i se d e r Erde. Der grö߬ te Parallelkreis ist der Äquator der Erde. Die Ebene des Erdäquators fällt in die des Himmelsäquators und dieser wird, so wie die Weltare, durch die Lage der Erdaxe bestimmt. Man kann nun, dieses Zusammenhanges wegen, die bekannte Lage der genann¬ ten Linien und Ebenen am Himmel dazu benützen, um die Lage eines Ortes auf der Erde zu bestimmen. So wie ein Punct am Him¬ mel durch Abweichung und gerade Aufsteigung bestimmt wird, eben 1° ist ein Punct auf der Oberstäche der Erde durch seine Breite und Länge gegeben. 23. Die Breite eines Orte- wird gemessen durch den Bo¬ sten seines Meridians, der zwischen ihm und dem Äquator liegt, ^-'ie heißt nördliche oder südliche Breite, je nachdem der Oct dem Nordpole oder dem Südpole näher liegt, und ist immer der Polhöhe des. Ortes gleich. Es sey <7 (Fig. 356) der Mittelpunct ber Erde, wovon einen durch die Pole gehenden Durchschnitt verstellt, ein Ort auf ihrer Oberstäche, seine Verticale, sein scheinbarer Horizont, /> einer der Erdpole, der entsprechende ^ol am Himmel, Hü der Äquator der Erde, mithin A6N die Breite 662 Geographische Lange. von Wegen der gegen die Himmelssphäre verschwindenden Große der Erde kann man die Richtung A?', nach welcher von A aus gesehen wird, mit <7^ parallel annehmen undals die Pol¬ höhe von ansehen. Unter dieser Voraussetzung ist LL'A — weil die Seiten dieser Winkel auf einander senkrecht stehen. Dieser Satz setzt uns in den Stand, die Lage der Parallelkreise der Himmelssphäre in jedem Orte von bekannter Polhöhe Voraussagen und angeben zu können, daß diese unter dem Äqnator aufdemHo- rizonte senkrecht stehen, unter dem Pole mit ihm parallel laufen und daß diese Ebenen nur^ außer denPolen und außer dem Äquator eine schiefe Lage gegen den Horizont haben. 24. Die Länge eines Ortes ist derWinkel, den der Meridian dieses Ortes mit irgend einem bekannten/ als ersten angenomme¬ nen Meridiane macht. Sie wird mithin durch den zwischen beiden Meridianen gelegenen Bogen des Äquators gemessen. Pto lomäus zog seinen ersten Meridian durch die canarischen Inseln/ als die äußerste, westliche Grenze des damals bekannten Continents, und viele nehmen noch heut zu Tage den durch Ferro gezogenen Mit¬ tagskreis für den ersten an, aber meistens zieht jede Nation durch ihr vorzüglichstes Observatorium ihren Hauprmeridian. Je nachdem ern Ort östlich oder westlich vom ersten Meridiane liegt, hat er auch eine östliche oder eine westliche Länge. Es wäre sehr zu wünschen, daß alle Astronomen und Geographen denselben Meridian als er¬ sten annähmen, oder doch einen solchen, der durch einen unverän¬ derlichen, immer wieder bestimmbaren Punct der Erde geht. Fängt man in zwei Orten, deren Längenunterschied zu finden ist, die Zell mit der Culmination desselben Sternes zu zählen an; so muß dec Zeitunterschied t beider Orte, in demselben Augenblicke, nach der Proportion 24:t—360:-r die gesuchte Längendifferenz geben. Des¬ halb dienen zur Bestimmung dieser Differenz vorzüglich Uhren, die sich ohne Störung ihres Ganges von einem Orte zum anderen tra¬ gen lassen, oder solche Phänomene, die in beiden Orten zugleich gesehen werden können oder bei denen der Zeitunterschied ihres Er¬ scheinens der Rechnung unterworfen werden kann, wie z. B. Feuer¬ signale, der Anfang und das Ende einer Mondesfinsterniß oder einer Verfinsterung der Jupiterslrabanten, Sternbedeckungen durch den Mond, dieLage bekannter Sterne gegen den Mond rc. rc. Liegt einer der beiden Orte im ersten Meridiane; so ist hiedurch zugleich Nutzen der geogr. Breite und Länge. LL3 die absolute Länge des anderen gegeben. Dasselbe findet Statt, wenn die Länge des einen der beiden Orter schon aus vorläufigen Beobachtungen bekannt ist. Man braucht daher nur die Länge eines Ortes unmittelbar nach dem ersten Meridiane zu bestimmen, dis Längen der übrigen ergeben sich, indem man stets einen Oct mit einem schon früher bestimmten vergleicht. 25. Wiewohl die Bestimmung der geogr. Länge und Breite für das feste Land von der größten Wichtigkeit ist, weil man dadurch manches schon den Alten bekannte Land der Lage und Größe nach näher zu bestimmen vermochte und vielen neu entdeckten Ländern ihren Ort auf der Erdoberfläche genau anwies; so hat sie doch für den Seefahrer noch größeren Vortheil, indem dieser dadurch in den Stand gesetzt wird, den Ort seines Schiffes in sedem Augenblicke anzugeben, die Sicherheit seines Weges und die Zweckmäßigkeit sei¬ ner Richtung zu beurtheilen. Leider sind zur See viele Mittel, die man auf dem festen Lande zur Bestimmung der Länge anwenden kann, fast ganz unanwendbar, wiewohl man sie da am meisten be¬ dürfte, und man muß oft, wenn Wolken den Anblick der Gestirne und hiemit alle Mittel, die der Himmel darbietet, rauben, aus der blos oberflächlich geschätzten Geschwindigkeit und Richtung des Schiffes die Länge des Ortes beurtheilen, besonders wenn einem keine genaue Uhr zu Gebote steht, die allen Schwankungen des Schiffes und den zur See stmzk einwirkenden äußeren Einflüssen trotzt. (Siehe: kurze Geschichte der Bemühungen die Meereslange zu finden, von Hassenkamp. Rinteln 1774. ^crc/r Ae r>onu tucki/rs et snt/tuckrAs. Aie/unt 1790.) 26. Durch Angabe der Länge und Breite wird man in den Stand gesetzt, auf einer Kugel, welche die Erde im verjüngten Maßstabe vorstellig alle Ortschaften zu verzeichnen und Erdglo- beu zu verfertigen, wohl auch nach den Regeln der Projection Land- und Seekarten zu verzeichnen. Die vorzüglichsten ProjectionLarten für Landkarten sind folgende r 1. Die orthographische, welche entsteht, wenn man sich an einem Puncte der Erde § (Zig. 357) eine berührende Ebene denkt und von den zu bezeichnenden Puncten der Erdoberfläche -ri<- dfe auf Senkrechten a«, itk, zieht. Ist derBerührungspunct ein Pol, so heißt ldiese Projection orthographische Polar- Projection. Da sind alle Parallelkreise wieder Kreise in der Projektionsebene und alle Meridiane geradeLinien. 2. Die stereo¬ graphische Projection. Bei dieser denket man sich das Auge O 66 ! Projektion zu Landkarten. (Fig. 358) in einem Puncte der Kugeloberfläche, welche dem zu ent¬ werfenden Lande gegenübersteht und die Projectionsebenc als einen größten Kreis, dessen Durchschnitt ist. Wenn man die Projec- tionsebene in den Äquator legt, so erscheinen die Meridiane als ge¬ rade Linien, die Parallelkreise als Kreise und O stellt denPol vor. Die Bögen ^-r, --L, La der Kugeloberfläche werden auf durch sä', LV vorgestellt, welche man bekommt, indem man von a. L, a gerade Linien nach dem Auge O zieht. Nach diesen Projek¬ tionen wird aber eine Karte dem Urbilde nicht allenthalben ähnlich. 3- Die Kegelprojection. Diese braucht, man zur Darstellung kleiner Theile der Erdoberfläche. Berührt z. B. der Kegel «La (Zig. 359) die Kugelfläche in der Zone Lckv«, so erhält man durch Abwick¬ lung des Kegels auf einer Ebene die Parallelkreise ckc, Le alsKreis- bögeu von den Halbmessern -la, La und die Meridiane werden ge¬ rade in a zusammenlausende Linien. — Bei der Abbildung kleiner Stücke der Erde, die man als eben betrachten kann, zieht man die Parallelkreise und Meridiane als gerade, sich unter rechten Winkeln schneidende Linien so, daß sie Rechtecke bilden, oder wenn dieses nicht wohl angeht, so vermindert man die Grade der äußerstenPa- rallelkreise im gehörigen Verhältnisse gegen die der Meridiane und verbindet dann die Theilungspuncts durch gerade Linien, damit man Trapeze erhalte, welche von Rechtecken desto mehr abweichen, je größer der Breitenunterschied der äußersten Parallelkreise ist. — Seekarten werden am zweckmäßigsten nach einer Projection ent¬ worfen, vermöge welcher die Meridiane und Parallelkreise Rechtecke mit einander machen, so daß die Grade der Parallelkreise einander gleich bleiben, aber die der Meridiane in demselben Verhältnisse wach¬ sen, in welchem die Grade der Parallelkceise der Kugeloberfläche abnehmen. Man nennt sie Mercators oder reducirte Kar¬ ten. Sie gewähren den Vortheil, daß die Richtungen der Winde mit allen Meridianen der Karte gleiche Winkel uikd gerade Linien ma¬ chen, während sie auf der Kugel krumme Linien, sogenannte Loxo- dromien bilden. (Mehr hierüber liefert: M ayer's gründlicher und ausführlicher Unterricht zur praktischen Geometrie. Erlangen 1815. H Th. Kapitel 3 — 7. Littrow's theoretische und practijche Astronomie. Wien 1821. 2. B. S. 336.) 27. Aus der durch obige Gründe bewiesenen Bewegung der Erde laßt sich schon schließen, daß sie keine sphärische Gestalt haben könne, sondern an den Polen etwas abgeplattet seyn müsse, .wenn sie sich ja einmal in einem Zustande befunden hat, wo die Theile dem Zuge der Schwere ungehindert folgen konnten; denn die auS ihrer Axendrehung entstandene Fliehkraft mußte die Schwere am Äquator am meisten vermindern und daselbst eine Protuberanz, an Elli p ti citat der Erde. 665 den Polen hingegen eine Abplattung hervorbringen. Man ist sogar im Stande, die Größe der Abplattung der Erde blos aus der bei ihrer Axendrehung entstehenden Fliehkraft oder aus der Wirkung, die der Mond auf die Erde wegen ihrer Abplattung ausübt, zu be¬ rechnen. Sie laßt sich aber auch durch Messungen der Meridiangrade in verschiedenen Breiten und durch Beobachtung der Pendellänge an verschiedenen Orten finden. Zum Behufs der Gradmeffungen wird zuerst der Unterschied der Polhöhe zweier Orter bestimmt. Da dieser die Größe des dazwischen gelegenen Bogens des Meri¬ dians in Graden angibt; so kann man, wenn er geometrisch nach Klaftern bestimmt ist, hieraus auf die Größe eines Grades schlie¬ ßen. Diese Messungen, auf solche Art vorgenommen, zeigen bald, daß die Meridiangrade in verschiedenen Breiten eine verschiedene Größe haben und mit der Breite zunehmen, mithin daß die Erde an den Polen abgeplattet sey. Nimmt man nun an, die Erde sey ein durch Umdrehung einer Ellipse entstandenes Sphäroid, so reicht die Länge zweier Meridiangrade hin, den Unterschied zwischen der großen und kleinen Halbaxe der Ellipse, d. i. die Differenz zwi¬ schen der halben Axe des Äquators und jener des Meridians der Erde zu bestimmen. Man nennt diesen Unterschied, in Theilen der As'e des Äquators ausgedrückt, die Größe der Abplattung oder die Ellipticität der Erde. Jndeß sind die bei den Gradmes¬ sungen so leicht zu begehenden Beobachtungsfehler so zahlreich, daß es wohl zu gewagt scheint, alles bis ins kleinste Detail für wahr ju halten, was daraus folgt; ja selbst bei völliger Fehlerlosigkeit der Messungen kann schon der Umstand die daraus gemachten, auf die ganze Erde ausgedehnten Folgerungen sehr verdächtig machen, daß die Gestalt einzelner Unregelmäßigkeiten der Oberfläche der Erde, welche in die gemessenen Grade fallen, von einem elliptischen ^phäroide abweicht. — Um die Abplattung der Erde ausPendelbe- obachtungen abzuleiten, muß man die Länge des Secundenpendels ag Orten von sehr verschiedener Breite bestimmen, von dieser das Verhältniß der Schwere in diesen Stationen ableiten und aus diesem ^"hältnisse auf das der Entfernung der Stationen vom Centrum der Erde schließen. Wenn man die Resultate der Berechnung der Abplattung aus dec Fliehkraft, aus Gradmeffungen und Pendel- ^vbachtungen mit einander vergleicht; so findet man leider so große -!-üffereii>en, daß man die Aufgabe noch keineswcges für vollkom¬ men gelöst halten darf. Aus der Größe der Fliehkraft folgt nach 666 Dimensionen der Srde. Pvory eine Abplattung von aus astronomischen Bestimmun- aus den Gradmeffungen (nach La place) im Mittel und aus den Pendelbeobachtungen (nach Sabine) ^g^-. Unter allen diesen verdient das aus Pendelbeobachlungen abgeleitete Resultat das meiste Zutrauen. 28. Nimmt man die Abplattung von -^7— vor der Hand als richtig an; so erhält man folgende Großen, welche die Gestalt und Dimensionen der Erde näher bestimmen: Halber Durchmesser des Äquators .... — 3271952 Toisem Halbe Axe - - 3260634 » Halbmesser fiir 45° 3266260 » Halbmesser eines Kreises, der mit dem Meri¬ diane von gleicher Größe ist .... 3266295 » Halbmesser einer Kugel von gleichem Inhalte mit dem Erdellipsoide . 3268175 » Länge eines Meridianquadranten .... 1347.667 Weil. Kubikinhalt der Erde nahe 2650686000 K. M. (Brandes in Gehler's Wörterbuch V. 3. S. 832 u. s.) 29. Wiewohl die Größe der Erde gegen die Himmelssphärs verschwindet und daher der scheinbare Ort eines Punctes dieser Sphäre von dem Standpuncte des Beobachters auf der Erde ganz unabhängig ist; so ist doch ein Erdhalbmeffer nicht auch gegen die Ent¬ fernung der Planeten, des Mondes und der Sonne verschwindend klein und es hängt der scheinbare Ort dieser Körper am Himmels¬ gewölbe von dem Standpuncte des Beobachters auf der Erde ab. Stellt (Fig. 360) einen Durchschnitt der Erde vor, welcher durch zwei Beobachtungsorte und Z geht, aüo den Durchschnitt der Himmelssphäre, an welcher uns die Himmelskörper erscheinen; so wird ein Stern § von aus gesehen in /, von Z aus gesehen in s erscheinen. Der Winkel den. die Gesichtslinien und in -5 machen, heißt die Parallaxe des Sternes, llm rich¬ tige und übereinstimmende Resultate über die relative Lage der Himmelskörper zu erhalten, reducirt man alle, gegen deren Ent¬ fernung die Größe der Erde nicht verschwindet, auf den Ort, wo sie vom Mittelpuncte der Erde aus erscheinen. Ist 6° (Fig. 360) der Mittelpunct der Erde und eines Durchschnittes derselben, wel¬ cher in einer durch den Stern ä" und den Beobachrungsort ge¬ henden Verticalebene liegt; so erscheint von 6 aus gesehen im Puncts s" der Himmelssphäre; mithin muß die scheinbare Höhe des Parallaxe. 667 SterneS um die Parallaxe (7 vermehrt werden/ damit man seine wahre Höhe finde. Daß diese Parallaxe immer kleiner werde, je mehr sich L" dem Scheitelpuncte nähert, und daß sie im Zenith selbst verschwinde, ist klar. Ähnliche Cvrrectionen müssen auch an der Abweichung und geraden Aufsteigung eines solchen Gestirnes angebracht werden, um sie vom Einflüsse des Standortes auf der Erde zu befreien^ 30. Man hat verschiedene Methoden, die Parallaxe eines SterneS zu finden, die desto mehr Genauigkeit gewähren, je näher der Körper der Erde steht. Ilm aber die Parallaxe vom Einflüsse der Höhe des Gestirnes, bei dem sie gefunden wurde, zu befreien, muß man sie auf jene reduciren, welche der Himmelskörper im Ho¬ rizont hat. Ist A die Horizontalparallaxe des Sternes ^5, <7—er die Höhenparallaxe desselben Sternes V, n der Erdhalbmesser; so hat man: n:—s-'u /r: 1; —er: eo§ mithin, weil LL — L'sZ ist, rr/r /r : I F-u -r: sos und Lru Zr —-—— . 31. Die Parallaxe eines Gestirnes 6" dient oft zur Bestim¬ mung seiner Entfernung vom Mittelpuncte der Erde und seiner Größe. Denn im Dreiecks ist n:-5<7—s-uZr: I, und daher /r, Denkt man sich einen Beobachter in L, so erscheint ihm der Halbmesser der Erde unter dem Winkel ^Al7—Zr. Bestimmt wan nun den scheinbaren Halbmesser g deS Gestirnes von der Erde a»S gesehen, so muß er sich zu seiner Horizontalparallaxe Zr ver¬ halten, wie der wahre Halbmesser des Gestirns 11 zum Halbmesser der Erde n, oder es ist g:Zr —L:n, und daher L — Ä n und für 1 wird A — Zr Uber dieses Kapitel siehe: Anleitung zur allgemeinen Kennt- >üß der Erdkugel von Bode. Berlin 1820. Lehrbuch der mathema- tischen Geographie von Fries. Leipzig 1814. Allgemeine mathe¬ matische Erdbeschreibung von Hoch stet ter. Stuttgart 1820. A-s 1-Zuns -Zs Za Zerns /rar- I5. Lou§asr-, et -Ze Za 6orr-Zamirre. 1787—1788. Lehrbuch der mach, und physischen Geographie von 668 Bewegung der Sonne. Schmidt. Göttingen 1829. Handbuch der mach, und physischen Geographie von Muncke. Heidelberg 1830. (Als !A"'Theil seines Handbuches der Naturlehre.) Viertes Kapitel. Scheinbare Bewegung der Sonne und jähr¬ liche Bewegung der Erde. 32. Schon der Umstand, daß den nächtlichen Himmel immer andere Sterne schmücken und daß erst nach einem Jahre wieder dieselben zum Vorschein kommen, zeigt, daß der Sonne nebst der täglichen Bewegung, die sie mir dem ganzen Himmel gemein hat, auch noch eine eigene zukommen müsse; allein noch mehr überzeugt man sich davon und zugleich von der Richtung dieser Bewegung, wenn man einen Fixstern mit der Sonne einige Zeit hindurch ver¬ gleicht. Geht man von dem Tage aus, wo ein solcher Fixstern mir der Sonne zugleich aufgeht, so wird man bald bemerken, daß er¬ sterer schon nach einigen Tagen der Sonne gleichsam vorauseile, nach ungefähr drei Monaten schon culminire, wenn diese aufgeht, »ach einem halben Jahre bei Sonnenaufgang untergehe und daß erst nach einem ganzen Jahre derAufgang beider wieder in dieselbe Zeit falle. Die jährliche Bewegung der Sonne ist daher der täglichen entgegengesetzt. 33. Man hat mit großer Genauigkeit die Lage der Sonnen¬ bahn an der Himmelssphäre kennen gelernt, indem man aus der Beobachtung der Mittagshöhe der Sonne auf ihre Bewegung in der Richtung des Meridians und aus dem Zeitunterschiede zwi¬ schen ihrer Culmination und der eines Fixsternes auf ihre Bewe¬ gung in der Richtung der Parallelkreise schloß; denn die Resulti- rende beider Bewegungen gibt die Lage der Sonnenbahn. Dadurch fand man, daß diese Bahn in einer Ebene liege, die den Äquator schneidet und gegen ihn unter einem Winkel von nahe 23° 28', mithin gegen die Erdaxe unter einem Winkel von 66° 32' geneigt sey. Der Durchschnitt dieser Ebene mit der Himmelssphäre gibt ei¬ nen Kreis am Himmel, der schon früher (11) unter dem Namen Ecliptik vorkam und dessen Neigung gegen den Äquator die Gesetze der Bewegung der Sonne. 689 Schiefe der Ecliptik genannt wird. Die Puncte, wo die Ecliptik den Äquator schneidet, sind schon vorhin Äquinoctial- puncte genannt worden und zwar heißt derjenige, in welchem sich die Sonne im Anfänge des Frühlings befindet, Frühlingsäqui- n octialpunet, der andere, den die Sonne im Herbstanfange cmnimmt, H e r b siä q u in oc tia lp u n ct. Der nördlichste und südlichste Punct der Ecliptik heißt Solstitialpunct, und zwar jener S o m m e r s o l st i ti a l p u n c t, dieser W i n r e r s o l st i t i a l- punct; die durch sie gehenden Parallelkreise führen den Namen Wendekreise. Die Parallelkreise, in welchen die Pole derEclip- tik liegen, nennt man Polarkreise. Die Meridiane, welche durch die Solstitial- und Äquinoctialpuncte gehen, heißen Co tur¬ nen. Schon in den ältesten Zeiten hat man die Ecliptik in zwölf gleiche Theile oder Zeichen getheilt, wovon also jedes 30 Grade enthält. Sie haben von den benachbarten Sternbildern die Namen: Widder, Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Jungfrau, Wage, Scorpion, Schütze, Steinbock, Wassermann, Fische und führen der Ordnung nach die Zeichen» V/ n, De -N, nx, Nch, X. 34. Wenn man die Zeit, welche die Sonne braucht, um vom Frühlingsäquinoctialpuncte zum Herbstäquinoctialpuncte zu kommen, mit der vergleicht, in welcher sie von diesem Puncte zu lenem gelangt; so findet man, daß sie zu ersterem Wege fast um 6 Tage mehr braucht als zu letzterem. Es ist daher die Bewegung der Sonne in ihrer Bahn keine gleichförmige. Genaue Beob¬ achtungen haben kennen gelehrt, daß die Geschwindigkeit der Son¬ ne in einem Puncte ihrer Bahn am größten sey, der sich in der Nähe des Wintersolstitialpunctes befindet, daß sie von da an immer kleiner, in einem dem Sommersolstitium nahen Puncte am klein¬ sten werde und von hier aus gegen ersteren wieder wachse. Mit der größtenGeschwindigkeir beschreibt sie täglich einenBogen von I°.0104, mit der kleinsten einen Bogen von O".9534, und ihrer mittleren Geschwindigkeit entspricht ein Bogen von 0".9856. Diese Änderun¬ gen der Geschwindigkeit könnten auch scheinbar sepn und durch eine Änderung der Entfernung hervorgebrachr werden; denn derselbe Äoogen erscheint kleiner oder größer, je nachdem er mehr oder we¬ niger vom Beobachter entfernt ist. Wirklich zeigen Beobachtungen, daß die Sonne gerade da, wo ihre Geschwindigkeit znnimmt, eer Erde näher komme und daß ihre Entfernung von der Erde wachse. 670 Sonnenbahn. wenn ihre Geschwindigkeit im Abnehmen begriffen ist; denn ihr scheinbarer Durchmesser, der mit ihrer Entfernung im verkehrten Verhältnisse steht, nimmt in jenem Falle zu, in diesem ab. Allein wenn die Veränderungen der Geschwindigkeit der Sonne blos von ihrer Entfernung abhingen und an und für sich ihre Geschwindig¬ keit beständig wäre; so müßte sich ihr scheinbarer Durchmesser gerade in demselben Verhältnisse vermindern, in welchem ihre Geschwin¬ digkeit kleiner wird. Dieser nimmt aber in einem zweimal größeren Verhältnisse ab, als ihr Durchmesser, und es muß daher die Ge¬ schwindigkeit der Sonne wirklich kleiner werden, indem sie sich von uns entfernt und umgekehrt. Der Erfahrung gemäß ist das Product ihrer Entfernung in das Quadrat des in einer Zeiteinheit zurückge¬ legten Bogens eine beständige Größe. 35. Wenn durch Beobachtungen des scheinbaren Durchmessers der Sonne Die Veränderungen der Entfernung (des Radius Vec- tors) und durch die Größe des in einem Tage zurückgelegten Bo¬ gens in ihrer Bahn die Lage des Mittelpunktes der Sonne Tag für Tag gegeben ist; so kann man auch Tag für Tag die Lage und Länge des Radius Vecrors verzeichnen und durch die Endpuncte eine krum¬ me Linie ziehen, welche die Sonnenbahn vorstellen wird. So über¬ zeugt man sich, daß diese Bahn eine Ellipse ist, in deren einem Brennpuncte sich die Erde zu befinden scheint. Die Exeentrici- tät dieser Ellipse ist sehr gering, denn die große Axe derselben be¬ trägt 1. 03416, wenn man die kleine—1 setzt. Den Punct der Sonnenbahn, der die größte Entfernung von der Erde hat, nennt man ihr Apogäum, denjenigen, dessen Entfernung von derErde am kleinsten ist, Perigäum. Die gerade Linie, welche beide Puncte verbindet, oder die große Axe der Ellipse heißt Ab si d en l in ie. 36. Die Erscheinungen der jährlichen Bewegung der Sonne lassen sich sowohl aus einer wirklichen Bewegung der Sonne um die Erde von West gegen Ost als aus einer Bewegung der Erde um die Sonne von Ost gegen West erklären. Der bloße Augen¬ schein kann hier so wenig einen Schiedsrichter abgeben, als er es bei der täglichen Bewegung zu thun vermochte; es müssen daher an¬ dere Gründe für die eine oder die andere dieser Bewegungen spre¬ chen. Diese fallen aber alle zu Gunsten der Bewegung der Erde um die Sonne aus, wie Folgendes zeigt: Es mag die Bewegung der Sonne oder derErde als wirklich angenommen werden; so muß sie durch Centralkräfte bewirkt werden, weil nur dadurch die be« Jährliche Bewegung der Erde. 671 der krummlinigen Bewegung entstandene Fliehkraft aufgehoben werden kann und weil die beschriebenen Sectoren ihren Zeiten proportionirt sind. Allein die Folge wird zeigen, daß die Sonne ein viel größerer Körper sey als die Erde. Wie kann daher die Erde eine Centralkraft besitzen, welche die Sonne in ihrer Bahn erhält? um wie viel natürlicher ist es, der Sonne diese Kraft anzuwe'i- sen und so den kleinern Körper um den größeren sich bewegen zu lassen. Die Gründe, welche etwa ein Erdbewohner für die Bewe¬ gung der Sonne um die Erde haben dürfte, hat auch ein Bewoh¬ ner jedes anderen Planeten für die Bewegung der Sonne um die¬ sen Planeten, weil wir an jedem derselben eine jährliche Bewegung wahrnehmen. Allein abgesehen von der Schwierigkeit, welche die beobachtete Ungleichheit der Umlaufszeiten der Sonne um jeden ein¬ zelnen Planeten mit sich führen würde; so geriethe man in direc- ten Widerspruch mit den unumstößlichen Gesetzen der Bewegung, während alles im besten Einklänge mit diesen Gesetzen ist, wenn man eine Bewegung der Erde um die Sonne annimmt. Fünftes Kapitel. Ergebnisse aus der täglichen und jähr¬ lichen Bewegung der Erde. 37. Aus der im Vorhergehenden bewiesenen zweifachen Bewe¬ gung der Erde und aus den Änderungen der Elemente ihrer Bahn lassen sich alle Phänomene, welche die relative Lage der Erde über¬ haupt und die jedes Pünctes derselben gegen die Sonne betref- i^u, vollkommen begreifen. Vermöge dieser Bewegungen beschreibt Uder Punct der Erde in einer gegebenen Zeit eine Bahn, welche die Resultirende der Wege ist, die er durch jede einzelne Bewe- §"ug für sich zurücklegen würde und die daher für jeden einzelnen 6all leicht zu finden ist, wenn man nur jede einzelne Bewegung genau kennt. 38. Von der Axendrehung der Erde hängt der Wechsel von Tag und Nacht, sowie überhaupt der Auf- und Untergang der Gestirne ab. Denkt man sich einen Halbmesser der Erde durch einen Punct-^ der Erd¬ oberfläche außer derErdape biszurHimmelssphäre verlängert, so trifft L72 S ter n rag, Sonnentag. Zeitgleich» n g. er wegen der täglichen Bewegung der Erde immer andere Puncte. Be¬ findet sich nun in dem Puncte der Himmelssphäre, welchen er trifft, ein Fixstern; so wird dieser dem Erdbewohner, der seine eigene Be¬ wegung von West nach Ost nicht gewahr wird, einen Kreis amHin- mel zu beschreiben scheinen, der desto größer ist, se naher der Win¬ kel, den der Radius von mit der Erdaxe macht, einem rechten kommt. Ist dieser Winkel—0 oder liegt >1 in einem Pole, so wird der Punct am Himmel zu ruhen scheinen und also ein Pol der Him¬ melssphäre scyn; beträgt jener Winkel 90H so wird seine Bahn am größten, sie liegt im Himmelsäquator. Die Umlaufszeit eines Fix¬ sternes ist demnach zugleich die der Umdrehung der Erde um ihre Axe. Man 'nennt sie einen S t e r n t a g und theilt sie in 24 gleiche Theile, Sternstund en ab. Jeder Punct des Äquators beschreibt in einem solchen Tage 5400 Meilen, mithin in einer Secunde 1426 Par. Fuß. In Puncten außer dem Äquator ist diese Bewe¬ gung langsamer und zwar nachVerhältniß des Cosinus ihrer Breite. 39. Vermöge der jährlichen Bewegung der Erde haben alle ihre Theile eine gleiche Geschwindigkeit und legen im Durchschnitt in einem Tage einen Weg von 346. 836 Meilen, mithin in einer Secunde nahe 4 M. zurück. Diese Bewegung ist der täglichen der Richtung nach entgegengesetzt und daher kommt es, daß die Zeit, in welcher die Sonne einen Umlauf um die Erde zu machen scheint, größer ausfällt als die, in welcher ein Fixstern dasselbe thut. Man nennt die Zeit eines scheinbaren täglichen Sonnenumlaufes Son¬ nentag und seinen 24üc» Theil eine Sonnen stunde. Wegen der Ungleichförmigkeit der jährlichen Bewegung der Erde ist der Sonnentag nicht immer gleich lang. Weil dieses den Geschäften des bürgerlichen Lebens, die man stets nach Sonnenzeit regulirt, nicht günstig ist; so nimmt man eine Sonne an, welche ihre jährliche scheinbare Bahn in derselben Zeit zurücklegt, wie die wahre, allein mit stets gleicher Geschwindigkeit und parallel mit dem Äquator- Man nennt sie die mittlere Sonne, die Zeit ihres Umlautes mittleren Sonnentag, ihren 24sten Theil mittlere Son¬ nenstunde u. s. f. Der Unterschied zwischen der wahren und mitt¬ leren Sonnenzeit heißt Zeitg leich ung. Es liegt in der Natur der jährlichen Bewegung der Erde, daß die wahre Zeit bald der mittleren voreilt, bald hinter ihr zurückbleibt. Viermal des Jah¬ res fallen die mittlere und wahreZeit zusammen, oder die Zeitgleu chung ist —0. Dieses geschieht ungefähr den II. Februar, lö.Mai, Julianische, Gregorianische Zeitrechnung. 673 26. Juli und I. November. Die größte Zeitgleichung beläuft sich ungefähr auf 30 M. Ein Sterntag hat 23 St. 56 M. 4.1 S. nach mittlerer Sonnenzeit. Unsere Uhren zeigen in der Regel mitt¬ lere Sonnenzeit, nur die Astronomen lassen ihre Uhren oft nach Sternzeit gehen. Eine Sonnenuhr zeigt wahre Sonnenzeit und kann daher mit einer mechanischen Uhr nicht immer Harmoniken. 40. Von der jährlichen Bewegung der Erde hängt die Dauer des Jahres ab. So heißt nämlich die Zeil, innerhalb welcher die Erde wieder zum Frühlingsäquinoctialpunct zurückkehrt und zwar nennt man dieses insbesondere tropisches Jahr zum Unterschiede vom sideri- schen. Es beträgt 365 T. 5 St. 48 M. und 50. 832 S. oder 365.24255 T. Im bürgerlichen Leben rechnet man das Jahr zu 365 Tagen, nur jedes vierte Jahr bekommt 366 Tage und heißt Schaltjahr; der eingeschaltete Tag ist der 23. Februar. Diese Zeitrechnung wurde von Julius Cäsar 46 I. vor Christi Geburt eingeführt und heißt deßhalb J uli a n isch e Zeitrechnung. Allein da hierbei das Jahr zu 365. 25 Tage gerechnet ward, beging man jährlich einen Fehler von 0.00745 T., welcher in 400 Jahren schon 2.980 Tage betrug. Dieser Fehler machte im Jahre 1582 schon 10 Tage. Dadurch wurde der Papst Gregor XIII. bestimmt, im Jahre 1582 jene 10 Tage wegzulaffen und anzuordnen, daß für die Zukunft alle 400 Jahre drei Schalttage vernachlässiget werden. Deßhalb waren schon 1700, 1800 gemeine Jahre, wiewohl sie dec Regel nach Schaltjahre hätten seyn sollen, auch wird 1900 wieder ein gemeines Jahr seyn. Jndeß wäre dadurch nicht aller künftigen Verwirrung vorgebeugt, weil man in 400 Jahren doch noch einen Fehler begeht, wenn nicht zugleich dafür durch besondere Anord¬ nungen gesorgt wäre. Da nebst der von der Natur gegebenen Zeiteinthellung in Tage auch noch die in Wochen von 7 Tagen besteht, so bekommt jedes gemei¬ ne Jahr Wochen 1 T. und jedes Schaltjahres—52 Wo¬ chen 2 Tage. Ein gemeines Jahr endiget mit demselben Wochen¬ tage, mit welchem es anfing, und der Anfang des nächsten ge¬ meinen Jahrs fällt auf den folgenden Wochentag. Bezeichnet man die ersten 7 Tage des Monats Jänner mit den Buchstaben -2,2t, 2), 2?, 2^, (7 und dis folgenden wieder nach derselben Ordnung mit ^2 angefangen; so muß der letzte Tag eines gemeinen wahres -"2 seyn, wenn der erste ^2 ist. Der Buchstabe, welcher auf den er¬ sten Sonntag des Jänners fällt, heißt Sonntagsbuchstabe. Naturlehrs 5. Aufl. 674 Sonne n zirkel. Jahrszeiten. Dem Gesagten zu Folge rückt der Svnntagsbuchstabe in verkehrter Ordnung von 6 nach jährlich um eine Stelle weiter, nur in einem Schaltjahre geschieht dieses um zwei Stellen. Auch bekommt das Schaltjahr zwei Sonntagsbuchstaben, einen vor und einen nach dem Schalttage. Gabe cs keine Schaltjahre, so würde derselbe Sonn¬ tagsbuchstabe alle 7 Jahre zurückkehren; ist aber jedes vierte Jahr ein Schaltjahr, so geschieht dieses erst nach 4X7—28 Jahren. Diese Periode von 28 Jahren heißt Sonnenzirkel. Denselben Namen führt auch die Zahl, welche anzeigt, das wie vielte dieser Periode ein gegebenes Jahr sey. (Littrow's Kalendariographie. Wien 1828.) 41. Von besonders großem Einflüsse ist die Neigung der Erdbahn gegen ihre Rotationsaxe; denn davon hängt die ver¬ schiedene Neigung der auf die Erde einfallenden Sonnenstrahlen ab, welche mit ihrer erwärmenden Kraft in Verbindung stehen, sowie die Dauer ihrer Einwirkung. Stünde die Erdaxe senkrecht auf der Ecliptik, so würden die Strahlen der Sonne zu Mittag in demsel¬ ben Orte das ganze Jahr hindurch unter demselben Winkel einsal- len und daher bei übrigens gleichen Umständen auch täglich nahe die¬ selbe Erwärmung hervorbringen; allein bei der Einrichtung der Dinge, wo die Erda.re unter 66° 32'gegen die jährliche Bahn geneigt ist, ändert sich dieser Winkel täglich. Es sey z. B. -5 die Sonne (Fig. 361), L ein Durchschnitt der Erde in einer Lage gegen die Sonne, L' derselbe in derjenigen Lage, welche die Erde nach einem halben Jahre einnimmt,-k'-s die Erdaxe, Aa der Erdäquator, Ildec Punct der Erde, welcher zu Mittag die Sonne im Scheitel hat, o und o' ein anderer, auf den die Mittagsstrahlen schief auffallen, ar und 0'2' seine Scheitellinie. Man sieht da deutlich, daß der Einfalls¬ winkel in der Lage L gleich äor;, in der Lage L' aber A02' ist/ wo offenbar erstererWinkel kleiner als letzterer ist. Im astronomischen Sinneheißtfür einen in der nördlichenHalbkugelderErdegelegeneu Ort die Zeit, wahrend welcher die nördliche Abweichung der Sonne wächst, Frühling, diejenige, wahrend welcher sie abnimmt, Sommer, diejenige, während welcher die südliche Abweichung wächst, Herbst, und endlich jene, während welcher diese abnimmt, Winter. Während in der nördlichen Halbkugel Sommer ist/ herrscht in der südlichen Winter, während des Herbstes der nördlichen Hemisphäre hat die südliche Frühling und umgekehrt. Diese Jahreszeiten sind nicht von gleicher Dauer, weil auch die jährliche Bewegung der Erde nicht gleichförmig ist. Jetzt dauert bei Verschiedene Tageslänge. 675 uns der Frühling 92 T. 21 St. 16 M., der Sommer 93 T. 13 St. 52 M. , der Herbst 89 T. 17 St. 8 M. und der Winter 89 T. 1 St. 31 M. — In der Neigung der Erdape gegen die Erd¬ bahn liegt auch der Hauptgrund, warum die Sonne nicht das ganze Jahr hindurch gleich lang über dem Horizonte verweilt, oder wie man zu sagen pflegt, warum es nicht gleich lang Tag ist.Jst z. B. 6 (Fig. 362) ein Punet der Erde, der die Polhohe hat, mithin M sein Horizont, Icha die Weltaxe, der Äquator, L6, Dck, 6g-, LL Parallelkreise, welche in 9, n, s, t vom Horizonte ge¬ schnitten werden; so stellen Ad, Le/, O/-, XtdieTheile der Parallelkreise vor, welche über dem Horizonte liegen, hingegen 6a, yb, nct, §g-, tL diejenigen, welche sich unter demselben befinden. Betrachtet man nun die scheinbare Bewegung der Sonne während eines täglichen Umlaufes als gleichförmig; so geben solche zwei Stücke des Parallelkreises der Sonne das Verhältniß zwischen der Dauer von Tag und Nacht für diese Zeit an. Hieraus sieht man, daß Tag und Nacht gleich sind, wenn sich dw Tonne im Äquator befindet, daß der Tag länger ist als die Nacht, wenn die Sonne gegen 1* abweicht, und zwar desto mehr, je großer diese Abweichung wird, und daß das umgekehrte Verhältniß Statt findet, wenn die Sonne gegen abweicht. Wenn größer wird,so schneidet auch L/r die Parallelkreise in noch ungleichere Stücke; daher muß in derselben Zeit die Differenz zwischen Tag und Nacht desto größer seyn, je größer die Polhöhe eines Ortes ich Deshalb ist in Ländern, deren Breite oder Polhöhe — 0 ist, das ganze Jahr Tag und Nacht gleich, und aus dieser Ursache dauert der längste Lag in Örtern von großer Polhöhe mehrere Wochen, ja Monate, bis bei einer Polhöhe von 90° das ganze Jahr nur in einen Tag und eine Nacht zerfällt. Folgendes Verzeichniß gibt die Dauer des längsten Tages für Länder von gegebener Polhühe. 42. Die Elemente der Erdbahn sind nicht unveränderlich, son¬ dern alle bis auf die große Axe der Ellipse unterliegen kleinen Ver¬ änderungen. Genaue Beobachtungen haben gelehrt, daß sich die Lage der Fixsterne gegen den Äquator alle Jahre ändere, während sie gegen die Ecliptik unverändert bleibt. Diese Veränderung rührt davon her, daß die Äquinoctialpuncte auf der Ecliptik jährlich um eine gewisse Große von Ost nach West fortrücken so, daß sie in 72 Jahren um einen Grad weiter kommen oder in nahe 26,000 Jahren (platonisches Jahr) einen ganzen Umlauf machen. Es ist daher die Erdaxe nicht völlig unbeweglich, sie geht in 26,000 Jahren einmal um die Pole der Ecliptik herum. Man nennt diese Bewegung das Vorrücken der Nachtgleichen oder die Präcession. Aus derselben folgt, daß die Erde kürzere Zeit brauche, um wieder zur Nachtgleiche, als um wieder zu demselben Fixsterne zurückzu- kehren, oder daß die tropische Umlaufszeit kürzer sey als die sideri- sche oder wahre. Letztere beträgt 365.25638 Tage. 43. Als das Phänomen des Vorrückens der Nachtgleichen schon im Reinen war, bemerkte Bradley doch noch kleine periodische Ungleichheiten in der Neigung der Ecliptik gegen den Äquator und in der Präcession, die man erklärt, wenn man annimmt, daß sich die Erdpole nicht in einem Kreise bewegen, wie dieses das Vorrü¬ cken der Nachtgleichen allein sür sich fordert, sondern daß dieses in einer kleinen Ellipse geschehe, deren Umfang in 18 Jahren zurück¬ gelegt wird, welche Ellipse aber selbst ihren Mittelpunkt im Um¬ fange des Kreises hat, der vermöge der Präcession beschrieben wird. Diese Bewegung begreift man unter dem Namen der Nutation (Wanken der Axe). 44. Die Schiefe der Ecliptik erleidet zwar schon durch die Nu¬ tation eine kleine Veränderung, die alle 18 Jahre wieder von Neuem beginnt; allein selbst abgesehen von dieser Veränderung un- A n om aliftisches Ja hr. Ab erra ti on. 677 terliegt dieser Winkel einem periodischen Wachsen und Abnehmen. Nach La Place beträgt der ganze Umfang dieser Veränderung 6° 20'/ und dazu braucht es mehrere tausend Jahre. 45. Die Sonnenferne und Sonnennähe fallen nicht immer in dieselbe Stelle der Erdbah»/ sondern sie rücken jährlich um eine kleine Größe in der Ecliptik vor, so daß die Erde etwas mehr Zeit braucht, um wieder zur Sonnennähe, als um wieder zu einem Fix¬ sterne zurückzukehren. Erstere Umlaufszeit heißt anomalisti- sches Jahr und beträgt 365.259713 Tage. Diese Veränderung ist unter dem Namen: Bewegung der Absidenlinie, bekannt und be¬ trägt jährlich 1I".8. 46. Vermöge der Präcefsion und Nutation ändert sich nur die Lage der Sterne gegen den Äquator und die Ecliptik, nicht aber ge¬ gen einander. Allein Bradley bemerkte an den Fixsternen auch noch eine kleine, periodische Änderung ihrer Lage gegen einander. Um sich diese Bewegung vorzustellen, lasse man jeden Fixstern »ährlich einen kleinen, mit der Ecliptik parallelen Kreis, dessen Centrum der mittlere Ort des Sternes ist und dessen Durchmesser, von der Erde aus gesehen, ungefähr 20" beträgt, eben so beschreiben, wie die Sonne sich in der Ecliptik bewegt, jedoch so, daß diese immer um 90" voraus ist. Dieser Kreis erscheint am Himmelsgewölbe als Ellipse von größerer oder kleinerer Excentricität, je nachdem der Stern weniger oder mehr von derEcliptik entfernt ist. In derEclip- tikselbst geht diese Ellipse in eine gerade Linie über. Dieses Phäno¬ men führt den Namen Aberration. Daß es nicht durch eine den Sternen eigene Bewegung hervorgebracht werde, sondern in einer Bewegung außer den Gestirnen seinen Grund habe, laßt sich schon aus der allen Sternen gemeinschaftlichen Größe des Kreises vermuthen, der nur durch seine Projection auf die Himmels¬ sphäre eine mehr oder weniger excentrische Ellipse erzeugt. Da über¬ dies alle diese Kreise mit der Ecliptik parallel liegen und der Oct des Sterns in diesem Kreise in so genauer Verbindung mit dem der ^onne steht; so bleibt wohl kein Zweifel, daß der Grund dieser Erscheinung in der Bewegung der Sonne oder der Erde liege. Eine genaue Betrachtung der Sache zeigt, daß sich alles bis auf die kleinsten Zahlenwerthe erkläre, wenn man die durch andere Ericher- uungen bewiesene, succeffive Fortpflanzung des Lichtes mit der jahr- lichen Bewegung der Erde zusammensetzt. Wi- dieses geschieht, mag folgende Betrachtung lehren: Es sey-5 (Fig. 363) ein ^n rn 678 Pla n e te nbe w e gu n g. der dem Beobachter A einen Strahl 6A zusendet, welcher in einer Zeiteinheit den Weg 6A zurücklegt. Bewegt sich der Beobachter in derselben Zeit von nach <7, so zerlege man 6A in die mitA6 pa¬ rallele 66-^6A und in 66; erstere wird durch die Gegenbewegung des Beobachters ausgehoben und dieser sieht demnach den Stern in der Richtung 66 in §. Hat der Beobachter eine entgegengesetzte Bewegung 66, soszerlege man die Geschwindigkeit des Lichtes 66 in die mit 6-8 parallele 66 66 und in 66, es wird erstere aufgehoben und der Beobachter sieht den Stern nach 68 in Es ist klar, daß man aus dem Verhältnisse der Geschwin¬ digkeiten 6A und 66 — A6 den Winkel ^66 berechnen könne. Dieses findet nun leicht Anwendung auf die Erde. Diese bewegt sich in ihrer Bahn in einer bestimmten, nach einem halben Jahre aber in gerade entgegengesetzter Richtung und erlangt erst nach einem Jahre wieder dieselbe Richtung; daher muß ein Stern in einem Jahre eine Ellipse beschreiben, welche der Erdbahn ähnlich ist und deren große Halbaxe unter dem Winkel §62 er¬ scheint; man findet ihn — 10".2 undeben sogroßgibtihndieRech- nung aus dem Verhältnisse der Geschwindigkeit des Lichtes und der Erde an. Sechstes Kapitel. Die Planeten und ihre Bewegung um die Sonne. 47. Die Bewegungen der Planeten erscheinen von der Erde aus viel verwickelter, als die scheinbare Bewegung der Sonne; fie gehen aber fast alle in einem Gürtel vor sich, welcher Thierkreis heißt, mit der Eeliptik parallel ist und von ihr in zwei gleiche Theile gerheilt wird. Zwei Planeten, Venus und Merkur begleiten immer die Sonne und heißen untere Planeten, die anderen entfernen sich bis 180° und werden obere Planeten ge¬ nannt. Wenn ein Planet oder auch ein anderer Himmelskörper so gegen die Sonne oder einen anderen Körper zu stehen kommt, daß ihr Langenunterschied 180° beträgt, so sagt man, er sey in Oppo¬ sition, sind ihre Längen gleich, so ist er in.Conjunction, beträgt der Längenunterschied 90°, in-Quadratur. 48. Die eigene, von der täglichen unabhängige Bewegung der Richtung der Planetenbewegung. 679 Planeten bietet merkwürdige Veränderungen dar. Man bemerkt, daß zu einer Zeit ihre Bewegung langsamer wird, hierauf völlig aufhört, so daß die Planeten wie Fixsterne ihren Platz eine gerau¬ me Zeit hindurch unverändert einzunehmen scheinen. Nach einiger Zeit nehmen sie eine der ersten entgegengesetzte Richtung an, mit der sie bis zu einem gewissen Grade der Geschwindigkeit fortfah¬ ren; ist dieser erreicht, so nimmt ihre Geschwindigkeit wieder ab, wird gleich Null und es beginnt wieder die Bewegung nach der er¬ steren Richtung. Man sagt, ein Planet sey st a t i o n ä r, wenn er keine eigene Bewegung zu haben scheint, er sey rechtläufig, wenn er sich von West nach Ost bewegt, rückläufig, wenn er eine entgegengesetzte Richtung hat. Unter allen diesen Bewegungen ist die rechtläusige doch die größte, so daß man im Allgemeinen sa¬ gen kann, alle Planeten bewegen sich vo n West nach Ost. Die Planetenbahnen erscheinen demnach, von der Erde aus gesehen, so verwirrt, daß es schwer hält, sich Kräfte zu denken, durch welche sie hervorgebracht werden sollen. Dieses muß um so auffallender seyn, daselbst die scheinbare Bewegung der Sonne so regelmäßig ist und sich die Natur gleichsam untreu geworden zu seyn scheint, indem hier ihre sonstige Einfachheit und Einheit vermißt wird. Es könnte wohl der Fall seyn, daß diese Verwirrung nur scheinbar wä- re, und daß wir uns nur nicht an dem Platze befinden, von wo aus die Planetenbahnen angesehen werden müssen, um sich in ihrer Re¬ gelmäßigkeit zu zeigen. In der That bleiben zur Erklärung dieser Erscheinungen nur zwei Wege übrig: entweder sind die Plane¬ tenbewegungen wirklich so verwickelt, wie sie erscheinen, und wir befinden uns im Mittelpunkte oder doch innerhalb ihrer Bahnen, oder sie erscheinen uns nur so verwirrt, weil wir uns nicht an der gehörigen Stelle befinden. 49. Die allen Astronomen, an deren Spitze Ptolomaus steht, sahen die Erde als Mittelpunct der Planetenbahnen an und erklärten sich ihre verwickelte Bewegung dadurch, daß sie an- nahmen, jeder Planet bewege sich in einem Kreise aöoet (Fig. 364), der Eprcykel heißt, deffeq Mittelpunct sich einem anderen Kreise um di? Erde T' bewegt, den man excen tri- kchen Kreis nannte, weil 2' außer seinem Mittelpunkte liegt. Nach dieser Hypothese hat der Planet die schnellste directe Bewe¬ gung, wenn er sich in seiner größten Entfernung L von der Erde befindet, weil da seine Bewegung im Epicykel und die des Epicy- 680 Bewegung der Planeten um die Sonne. kels im Kreise nach derselben Richtung geschieht. Bewegt er sich aber im Bogen oAa, so scheint er eine der vorigen entgegenge¬ setzte Richtung, mithin eine rückgängige Bewegung zu haben, ob¬ gleich seine wahre Bewegung stets rechtgängig ist. Wiewohl diese Hypothese die Planetenbahnen ans eine Bewegung in Kreisen zu¬ rückführt und im Allgemeinen die Erscheinungen zu erklären scheint; so fehlt doch bei dieser Ansicht die sonst so erhebende Einheit der Na¬ tur, weil sich die Erde in einer einfachen krummen Linie ohneEpi- cykel bewegt, hingegen jeder Planet einen eigenen Epicykel for¬ dert, bei Mars gar ein dritter Kreis mit dem Epicykel und dem excentrischen Kreise angenommen werden müßte, endlich jede neue Entdeckung am Himmel eine neue Schwierigkeit mit sich bringt. 50. Da nun die Erde nicht der Mittelpunct der Bewegung der Planeten seyn kann, so handelt es sich darum, einen Punct zu finden, von dem die Planetenbahnen angesehen werden müssen, um so einfach zu erscheinen, als es dem Character der bereits be¬ kannten, immer sehr einfachen Gesetze der Natur gemäß ist. Ein solcher Ort ist die Sonne. Um dieses einzusehen, muß man Mittel kennen, aus dem Orte, wo ein Planet, vom Mittelpunkte derEr- de gesehen, erscheint und der geocentrische Ort heißt, den zu bestimmen, wo er vom Mittelpuncte der Sonne aus erscheinen würde, welchen die Astronomen den h e l i o c e n tri s ch e n Ort nen¬ nen. Die einfachste Methode bieten uns für obere Planeten ihre Oppositionen und Conjunctionen dar, weil da ihr geocentrischer Ort mit dem heliocentrischen zusammenfällt. Zwei auf einander folgende Oppositionen eines Planeten geben zwei heliocentrische Orter des¬ selben und mithin seine Bewegung zwischen beiden Oppositionen, von der Sonne aus gesehen. So überzeugt man sich, daß die Be¬ wegung dieser Planeten von der Sonne aus gesehen, so wie die der Erde um dis Sonne, regelmäßig vor sich gehe, daß z. B. Jupiter von einer Opposition zur anderen einen Bogen von 13°.—14° und Saturn einen Bogen von 35° — 37° um die Sonne zurücklege und daß diese Bewegung stets nach derselben Richtung erfolge. Von den unteren Planeten läßt es sich schon daraus darthun, daß ihre Bahnen die Sonne, nicht aber die Erde einschließen, weil sie nie in Opposition kommen; aber noch deutlicher wird dieses durch Beob¬ achtung ihrer Lichtgestalten. Kehrt uns ein solcher Planet die ganze beleuchtete Scheibe zu, so muß sich nothwendig die Sonne zwischen ihm und der Erde befinden, wie dieses beim Monde im vollen Lichte Ordnung, in der die Planeten auf einander folgen. 681 der Fall ist; steht er aber so, daß wir nichts von der beleuchteten Seite bemerken, wie beim neuen Monde, so muß er sich zwischen der Sonne und der Erde befinden. Man nennt jene Stellung die obere, diese die untere Conjunction der Planeten. Genaue Beobachtungen lehren aber, daß ein unterer Plantet von der obe¬ ren Conjunction in die untere und von dieser wieder in jene über¬ gehe, mithin um die Sonne herumkomme, ohne jemals die Erde in seine Bahn aufzunehmen. Für Jupiter und Saturn läßt sich der Satz, daß sie sich um die Sonne bewegen, sogar aus P to lo mäu s's Bestimmungen be¬ weisen. Die Verfinsterungen der Trabanten Jupiters geben nämlich ein Mittel an die Hand, das Verhältnis; seiner Entfernung von der Er¬ de zu jener der Sonne von der Erde zu bestimmen. Es ley z. B. § (Fig. 365) der Ort der Sonne, der Ort der Erde, Jupiter, der einen conischen Schatten wirst. Ist die Dauer der Finsterniß eines seiner Trabanten genau bestimmt, so befindet sich der Trabant im Augenblicke des Mittels dieser Dauer in Opposition mit Jupiter, und sein Ort, vom Mittelpunkte Jupiters aus gesehen, fällt mit dem zusammen, wo Jupiter vom Mittelpunkte der Sonne aus er¬ scheint. Da man ersteren aus den bekannten Bewegungen Jupiters und des Trabanten berechnen kann, so ist dadurch für diesen Au¬ genblick auch der heliocentrische OrtJupiters gegeben. Da auch des¬ sen geocentrischer Ort und der Ort der Sonne für diesen Augenblick bekannt ist, so hat man im Dreiecke §^2"die Winkel mithin auch 255^, und aus anderen Angaben die Größe der Seite 2^, mithin auch und 2"^. Es sind also aus jeder Verfinste¬ rung eines Jupitertrabantens die Elemente des Dreiecks -^lt'und mithin der Ort Jupiters gegen den der Erdeund derSonne bekannt. Verbindet man viele so gefundene Örter Jupiters mit einander, so zeigt die Verbindungslinie die Bahn dieses Planeten, aus derman abnimmt, daß er sich um die Sonne bewege. Aus ähnliche Weise bestimmt man aus dem Verschwinden und Wiedererscheinen des Saturnringes seine Entfernung von der Erde, die 9'/, Mal größer ist, als die der Sonne von der Erde. Dieses Verhältniß gibt aber P to l o mäus selbst für das des Halbmessers der Saturnbahn zum Halbmesser seines Epicykels an, und daher ist dieser Epicykel die Erdbahn. 61. In welcher Ordnung sich die Planeten um die Sonne be- wegen, lehren folgende Betrachtungen: Venus und Merkur zeigen durch ihre geringen Digrefsionen von der Sonne, daß sie letzterer näher stehen als die Erde, während die übrigen Planeten von ihr 682 Gesetze der Pla n e r en b e w eg u ng. weiter entfernt sind und bei ihrer Conjunction nicht wie jene vor, sondern hinter der Sonnenscheibe vorbeigehen. Von beiden steht aber wieder Merkur der Sonne näher, als Venus, weil er eine geringere Diguession hat und Venus manchmal bedeckt, wie z. B. im Mai 1737'geschah. Die übrigen Planeten folgen in der Ord¬ nung: Mars, Jupiter, Saturn und Uranus; denn die Änderung des scheinbaren Durchmessers von der Conjuncrion zur Opposition ist bei Mars großer als bei Jupiter, bei diesem größer als bei Sa¬ turn, bei diesem bedeutender als bei Uranus; daher muß auch die Entfernung der Sonne von der Erde gegen ihre Entfernung vom Mars größer seyn, als gegen die vom Jupiter u. s. f. oder was dasselbe ist, es muß obige Ordnung Statt finden. Die neu ent¬ deckten Planeten: Ceres, Pallas, Juno und Vesta haben ihre Bah¬ nen zwischen denen des Mars und Jupiters. Der Erde ist ihr Platz zwischen Venus und Mars angewiesen. 52. Durch diese Untersuchungen ist nur die Folge der Plane¬ ten und daß ihre Bahnen die Sonne in sich schließen, dargethan; wie aber diese Bahnen beschaffen sind und nach welchem Gesetze sich in ihnen die Planeten bewegen, ist dadurch nicht ausgemacht. Die Bestimmung dieser Puncte verdanken wir Kepler, einem der größten Manner aller Zeiten, der es sich zur Aufgabe seines Lebens gemacht hat, die Gesetze der Planetenbewegungen aufzn- decken. Ptolomäus ging von dem Grundsätze aus, daß sich die Planeten in kreisförmigen Bahnen mit unveränderlicher Geschwin¬ digkeit um die Erde bewegen und daß letztere sich außerhalb des Mittelpunctes dieses Kreises befinde, so daß die Bewegung jedes Planeten, von der Erde aus gesehen, scheinbaren Ungleichheiten un¬ terliegen müsse, welche desto größer sind, je bedeutender die Ercen- tricität seines Kreises ist. Copernicus wich nur darin vom vo¬ rigen ab, daß er dis Planeten um die Sonne laufen ließ, er be¬ hielt aber die, Hypothese des exzentrischen Kreises bei. Kepler hin¬ gegen unterwarf alle Puncte der Planetenbewegungen einer stren¬ gen Prüfung, zeigte die Unzulänglichkeit der Hypothese des excen¬ trischen Kreises und der gleichförmigen Bewegung und fand:!) Daß sich alle Planeten in Ellipsen um die Sonne bewegen und daß sich letztere im gemeinschaftlichen Vrennpuntte aller dieser Ellipsen be¬ finde. 2) Daß die in gewissen Zeiten beschriebenen Sectoren den Zeiten proportionirt seyen. 3) Daß die Quadrate der Umlaufszei¬ ten mit den Würfeln der Entfernungen im geraden Verhältnisse Copernikanische, Ptolomäische, Tychonische Weltordnung. 683 stehen. Durch diese Gesetze ist alles bestimmt, was auf die Bewe¬ gung der Planeten Bezug hat, man kann bei einem Planeten aus seiner Umlaufszeit auf seins Entfernung von der Sonne und um¬ gekehrt aus dieser Entfernung auf seine Umlaufszeit schließen. Die¬ ses ist besonders wichtig für die Bestimmungen neuer Planeten. Als Uranus ungefähr ein Jahr entdeckt war, kannte man schon aus zwei Oppositionen den Bogen, den er in der Zwischenzeit zurückge¬ legt hatte, und mithin die Zeit, in welcher er in mittlerer Bewe¬ gung einen Umlauf um die Sonne macht. Aus der bekannten Um¬ laufszeit ließ sich hierauf mittelst des dritten Kepler'schen Gesetzes seine Entfernung von der Erde berechnen. Die Planetenbahnen liegen nicht in derselben Ebene, sie schneiden die Erdbahn unter Winkeln, wovon der größte (für Ceres) über 34°, der nächstfolgen- pe (fürJuno) aber schon nur 13" beträgt. Die Durchschnittspuncte einer Planetenbahn mit der Ecliptik heißen Knoten und zwar einer der aufsteigende, der andere der absteigende. Die Excentricitäten der Planetenbahnen sind verschieden; die größte Excentricität hat die Bahn der Juno, die kleinste jene der Venus. Auch ihre Umlaufszeiten sind ungleich und werden, dem dritten Kepler'schen Gesetze gemäß, desto größer, je weiter der Planet von der Sonne absteht. 53. Die Ordnung der Planeten, wie sie erwiesen wurde, be- Zreift man gewöhnlich unter dem Namen des C operni cani- schen Systems, und unterscheidet es von dem Ptolo mai¬ schen, nach welchem sich alle Planeten, so wie die Sonne, um die Erde bewegen nach der Ordnung: Merkur, Venus, Sonne, Mars, Jupiter, Saturn, und vom Tychonischen, in welchem zwar die Planeten um die Sonne gehen, aber diese sammt ihrem Gefolge um die Erde, so daß die Halbmesser der Merkur- und Ve- »usbahn kleiner, die der übrigen Planetenbahnen größer sind, als der Halbmesser der Sonnenbahn. Folgende Tafeln geben die vor¬ züglichsten Zahlenwerthe an, durch welche die Planetenbahnen und chee jährlichen Bewegungen bezeichnet werden. 684 Tabellen. I. Entfernung der Planeten von der Sonne in deutschen Meilen und Excentricität ihrer Bahn. 2. Siderische Umlaufszeit und Geschwindigkeit in 1 Secunde. Bewegung des Mondes. 685 Es folgen demnach die Planeten nach Verhältniß der Excen- tricität ihrer Bahn so aufeinander, von dem angefangen, dessen Bahn am excentrischsten ist: Juno, Ceres, Pallas, Merkur, Mars, Vesta, Saturn, Jupiter und Uranus, Erde, Venus. Die Neigung der Bahn gegen die Ecliptik wachst in folgender Ord¬ nung: Ceres, Juno, Pallas, Vesta, Merkur, Venus, Sa¬ turn, Mars, Jupiter, Uranus. Die aufsteigenden Knoten der Bahnen liegen in folgender Ordnung in der Ecliptik: Merkur, Mars, Uranus, Venus, Ceres, Jupiter, Vesta, Saturn, Ju¬ no, Pallas. Nach der Lage des Apheliums stehen die Planeten in folgender Ordnung: Juno, Mars, Jupiter, Merkur, Saturn, Vesta, Erde, Pallas, VenuS, Ceres, Uranus. Siebentes Kapitel. Bewegung der Nebenplaneten und Finster¬ nisse. 54. Unter den Nebenplaneten ist der Mond für einen Erd¬ bewohner bei weitem der wichtigste; darum soll er auch zuerst be¬ trachtet werden. Von der Bewegung des Mondes überzeugt man sich durch dasselbe Mittel, wodurch man die scheinbare .Bewegung jedes anderen Himmelskörpers kennen lernt, nämlich durch Verglei¬ chung seines scheinbaren Ortes mit dem eines Fixsternes. Auch diese erfolgt von West gegen Ost, in einer Bahn, deren Ebene durch bie Erdegeht und gegen die Ecliptik geneigt ist. Die Bahn selbst elliptisch und in einem Brennpunkte dieser Ellipse befindet sich b:e Erde so, daß sich der Mond eben so um die Erde bewegt, wie die Erde um die Sonne. Es lassen sich auf ihn alle Kepler'schen besetze anwenden und die Elemente seiner Bahn sind ähnlichen, /a uoch mehreren und größeren Veränderungen unterworfen, als die Elemente der Erdbahn und der übrigen Planeten. So rücken die knoten der Mondesbahn täglich um 3' 10". L von Ost nach West fort, und machen daher in 19 Jahren einen Umlauf; derPunct seiner Erd¬ nahe bewegt sich hingegen täglich um 6'40". 9 von West nach Ost und bammt daher in ungefähr 9 Jahren einmal herum; die Neigung seiner Bahn gegen die Ecliptik ändert sich von 5° 17" bis 5° 0 13 . 686 Mondenmonat. Lichtgestalten. Auch die Bewegung des Mondes weicht von der rein elliptischen Bewe¬ gung oft stark ab und ist überhaupt sehr vielen Veränderungen un¬ terworfen, deren einige groß sind und leicht bemerkt werden kön¬ nen, mährend sich andere nur erst bei ungemein scharfen und sehr oft wiederholten Beobachtungen zeigen. 55. Die Zeit von einer Conjunction eines Fixsternes mit dem Monde bis zur nächstfolgenden heißt sid e risch e U m laufszeit, side risch er Monden monat. Von dieser ist die periodi¬ sche Umlaufszeit, d. i. die Zeit, in welcher der Mond seine Länge um 360° ändert, um so viel verschieden, als er braucht, den Bo¬ gen zu durchlaufen, um welchen die Aguinoctialpuncte in einem Monate zurückgehen. Die Zeit von einer Conjunction des Mondes mit der Sonne bis zur nächstfolgenden heißt synodische Umlaufs¬ zeit. Sie ist wegen der eigenen Bewegung der Erde länger als die siderische. Wegen der Änderung der Absidenlinie und der Kno¬ tenlinie des Mondes muß auch die Zeit der Zurückkunft zur Erd¬ nähe (der anomalistische Monat) und die, nach welcher er wieder zu dem Knoten kommt (der Drachenmonat) von der siderischen Umlaufszeit verschieden seyn. 56. Unter allen diesen ist der synodische Monat, dessen Dauer 29.53059 (29 T. 12 St...) Tage beträgt, für das gemeine Leben am merkwürdigsten/ weil er mit den Lichtgestalten (Phases) des Mondes in Verbindung steht. Der Mond zeigt uns nämlich die ganze Scheibe beleuchtet, oder es ist Vollmond, wenn er mit der Sonne in Opposition ist. So wie er sich von da entfernt, nimmt der beleuchtete Theil ab, es ist a b n eh m e n d e r M ond, und beträgt zur Zeit der Quadratur nur noch die Hälfte der gan¬ zen Scheibe. Über die Quadratur hinaus wird der beleuchtete Theil noch kleiner, bis zur Zeit der Conjunction die ganze Scheibe dunkel und daher Neumond ist. Von da nimmt die Große des beleuchteten Theiles wieder zu, wie sie vorhin abge- nommen hat. Dieses alles zusammengcnommen, zeigt deutlich/ daß die Lichtabwechslungen, davon Herkommen/ daß der Mond uns manchmal die ganze von der Sonne beleuchtete Scheibe, manch¬ mal nur einen Theil derselben, manchmal die unbeleuchtete Seite zukehre, wie man aus Fig. 366 abnehmen kann, wo -l' die Ee- de, >5 die Sonne, -0 den Mond bedeutet und der nicht beleuchtete Theil des Mondes, durch die Schattirung vom beleuchteten geschie¬ den ist« Tabellen. 687 57. Die Trabanten der übrigen Planeten bewegen sich um ihre Hauptplaneten auf ähnliche Weise und nach denselben Gesehen, wie sich der Mond um die Erde bewegt. Auch von der Erde aus ge¬ sehen erscheinen diese Bewegungen sehr einfach. Befindet sich der Trabant in einem seiner Knoten, so scheint er um den Planeten zu vscillirsn-er entfernt sich von ihm, nähert sich ihm wieder, entfernt sich nach der entgegengesetzten Seite und kehrt wieder zurück. Befin¬ det er sich aber außer dem Knoten, so erscheint uns seine Bahn als eine mehr oder weniger excentrische Ellipse. Den Bewegungen der Tra¬ banten ähnlich ist die des Ringes, welcher den Saturn umgibt. Alle wichtigeren Puncte der Trabantenbewegung ersieht man am besten aus folgender Tafelt 58. Bei der Opposition oder Consunction des Mondes ereig- nen sich manchmal jene merkwürdigen Erscheinungen, die man So n- "en- und Mondesfiusternisse nennt. Eine Mondesfin- sierniß ist die Folge des Eintritts des Mondes in den Erdschat- 688 Sonnenfinsterniß. ten; sie ereignet sich daher nur zur Zeir des Vollmondes und be¬ ginnt damit, daß sich die beleuchtete Mondesscheibe am östlichen Rande zu verdunkeln anfängt. Nach und nach rückt diese Verdunk¬ lung immer weiter, verbreitet sich bei sogenannten totalen Finster¬ nissen über den ganzen Mond, bei partialen nur über ein größeres oder kleineres Stück desselben, das man nach ecliptischen Zollen an¬ gibt, wovon jeder des scheinbaren Mondesdurchmessers beträgt. Fig. 367 stellt die Erde A mit ihrem Schatten und ein Stück ab der Mondbahn vor. Läge die Mondesbahn ganz in der Ecliptik, so mü߬ te bei jedem Vollmonde eine Mondesfinsterniß Statt finden; allein wegen der Neigung der Mondesbahn gegen die Ecliptik ereignetfich eine solche nur dann, wenn der Vollmond zu einer Zeit eintritt, wo sich der Mond in der Nähe der Knoten befindet und seine Breite geringer ist, als die Summe aus dem Halbmesser des Mondes und dem des Erdschattens da, wo der Mond ihn schneidet. Wäre z. B. (Fig. 368) AL ein Stück der Mondesbahn, AL ein Stück der Ecliptik, -r der Mittelpunct des Mondes im Augenblicke der Oppo¬ sition, b der eines Durchschnittes des Erdschattens in der Entfer¬ nung des Mondes von der Erde, und die zu a und b gehörigen Kreise die Mondesscheibe und der Durchschnitt des Erdschattens; so ist leicht zu ersehen, daß nur dann ein Durchschneiden beider Kreise Statt haben kann, wenn die Breite des Mondes ab kleiner ist, als die Summe der Halbmesser beider Kreise. — Son nenfinstey nisse entstehen dadurch, daß der Mond zwischen die Sonne und die Erde zu stehen kommt, und finden daher nur im Neumonde Statt. Dieselbe Ursache, aus welcher sich nicht bei jedem Vollmonde eine Mondesfinsterniß ereignet, macht auch, daß nicht bei jedem Neumonde eine Sonnenfinsterniß entsteht, sondern nur dann, wenn die Breite des Mondes bei seiner Conjunction kleiner ist, als die Summe des scheinbaren Sonnen- und Mondeshalbmessers. 3» Fig. 369 ist L die Erde, § die Sonne, M der Mond mit seinem Schatten. — Sonnenfinsternisse sind wie die Mondesfinsterniffe, ent¬ weder total oder partial, wohl auch noch ringförmig. Wenn die gerade Linie, welche vom Auge des Beobachters nach dem Mittel- puncte der Sonne gezogen wird, nicht durch den Mittelpunct des Mondes geht, so ist für diesen Ort die Verfinsterung nur partial- Selbst wenn ersteres Statt findet, wird nicht immer die ganze Scheibe verfinstert erscheinen, sondern wenn der scheinbare Durch¬ messer deS Mondes kleiner ist, als jener der Sonne, so bleibt ein Sonnenfinsternis;. 689 leuchtender Ring der Sonne unbedeckt und die Finsternis; ist ring¬ förmig. Übrigens sieht man leicht ein, daß auch die verschiedene Ent¬ fernung der Sonne und des Mondes vom Mittelpuncte der Erde eben so wie die Breite des Mondes einen großen Einfluß auf die Größe der Verfinsterung haben müsse, weil dadurch der scheinbare Durch¬ messervergrößert oder verkleinert wird. Eine ähnliche Wirkung bringt auch die Höhe des Mondes über dem Horizonte eines Ortes hervor, woraus begreiflich wird, warum die Größe der Sonnenfinsternisse in verschiedenen Orlen der Erde verschieden ist, wahrend doch Mon« deSfinsterniffe allenthalben gleich groß erscheinen. Alles, was man in Betreff der Mondes- und Sonnenfinsternisse fra¬ gen kann, läßt sich genau auf weit entfernte Zeiten durch Rechnung angeben, weil die Lage der Mondbahn gegen die Ekliptik, die Bewegung des Mondes und der Sonne, ihre Entfernung von der Erde und die Größe des Erdschattens gegeben sind. Auf diese Weise findet man, daß in 18 Jahren nur 70 Finsternisse erfolgen können, worunter 29 Mond- und gl Sonnenfinsternisse sind, daß jedes Jahr im Durchschnitte vier Finsternisse hat und daß die Finsternisse un¬ gefähr nach 19 Jahren wieder in derselben Ordnung zurückkehreu. (Ausführliche Anleitung zur trigonometrischen Berechnung der an einem gegebenen Orte sichtbaren Sonnenfinsternisse von J. W. M ü Il¬ le r. Sulzbach 1815- Littrow's Darstellung der Sonnenfinster¬ nisse. Wien 1820.) — Aus der Bewegung des Mondes und de Sonne ergeben sich besondere Epochen, welche zur Bestimmung hi¬ storischer Ereignisse dienlich sind. Der Zeitraum, nach welchem die Mondesphasen, z. V. der Neumond, wieder auf denselben Jahres¬ tag fallen, heißt Mond eszirkel und beträgt 19 Jahre,weil 223 Mondesumläufe fast genau in 19Jahrengeschehen. Die Zahl, welche anzeigt, das wievielte ein gegebenes Jahr im Mondeszirkel sey, heißt g olde ne Zahl. Sonnenzirkel und Mondeszirkel mit einan¬ der und mit einer dritten, nicht astronomischen Periode von 15 Jah¬ ren, welche J n d u c ti o n s z i r k eloder Rö m e r z i n s z a hl heißt, multiplicirt, geben 7980 als die julianische Periode, nach welcher Sonntagsbuchstabe, goldene Zahl und Zinszahl wieder auf denselben Jahrstag fallen. Siehe hierüber: Anleitung zurZeitkunde, herausgegeben von G. F. von Vega. Wien und Leipzig 1801. 59. Da die Planeten einen Schatten werfen, wie unsere Erde, so werden ihre Trabanten auch manchmal in denselben ein- trsten und verfinstert werden. Solche Finsternisse sind besonders bei den Jupiterstrabanten häufig und werden zum Behufs der irdischen Längenbestimmungen von den Astronomen fleißig beobachtet. Naturlehre. s. Aufl. 44 690 Achtes Kapitel. Die Kometen und ihre Bewegung. 60. Die Kometen erscheinen meist unerwartet und mit einem auffallenden Äußeren. Sie bleiben nur kurze Zeit sichtbar, nähern sich dabei mit stark zunehmender Geschwindigkeit der Sonne im¬ mer mehr, so daß sie sich manchmal ganz in den Sonnenstrahlen verbergen; hierauf entfernen sie sich wieder von ihr, ihre Ge¬ schwindigkeit nimmt ab, bis sie mit freiem Auge und zuletzt auch mit Fernrohren unsichtbar werden. Sie bestehen meistens aus einer trüben, veränderlichen Dunstmasse; wenige haben in dieser einen festen Kern, der selbst bei den meisten vielleicht noch weniger dicht ist als unsere Atmosphäre, weil man nahe an ihm selbst sehr kleine Sterne mit ungeschwächtem Lichte sieht. Bei manchem Ko¬ meten hat die Dunstmafse eine runde Gestalt, bei den meisten aber dehnt sie sich in einer Richtung in Form eines Schweifes aus, welcher von der den Kern umgebenden Dunsthülle wesentlich verschieden seyn soll; er ist bald gerade, bald gekrümmt (Komet vom I. 1807 und 1812), bald ganz, bald in mehrere Büschel getheilt, aber meistens von der Sonne abgewendet. Diesen Schweif bekom¬ men die Kometen wahrscheinlich erst, wenn sie sich der Sonne stark nähern, ja man hat sogar Kometen bemerkt, die das erste Mal einen Schweif hatten, bei ihrer Wiedererscheinung aber keine Spur davon merken ließen. Ihr Licht ist bald gelblich (K. vom Z. 1618), bald rörhlich, bald weiß (K. vom I. 1577), bald grünlich (K- vom I. 1811). 61. Die Kometen haben außer der täglichen Bewegung, bis eine Folge der Axendrehung der Erde ist, auch eine eigene. Die Richtung der letzteren ist nicht, wie bei den Planeten, immer die von West nach Ost, auch selten innerhalb des Thierkreises gelegen; ja bei einigen fast auf der Erdbahn senkrecht (K. v.J. 1707). Man weiß nun mit Bestimmtheit, daß die Kometen im Allgemeinen die¬ selben Gesetze der Bewegung befolgen, wie die Planeten, daß sie sich wie diese um die Sonne bewegen und sogar auch in einer Ke¬ gelschnittslinie. Allein die Beschaffenheit dieser Bahn weicht vor¬ züglich dadurch von der den Planeten eigenen ab, daß sie, wenn sie eine Ellipse ist, eine weit größere Excentricität hat, als die der Natur und Anzahl der Kometen. 691 Planetenbahnen, daß sie aber auch eine Hyperbel seyn kann. Von eini¬ gen Kometen ist es erwiesen, daß sie in Ellipsen um die Sonne gehen. Man kennt ihre Umlaufszeit und kann ihr Wiedererscheinen Voraussagen. So war dieses mit dem Kometen der Fall, der zuerst im Jahre 1682 von H alley beobachtet und berechnet wurde und mit einer kleinen Verspätung wirklich erschien. Er ist seit dieser Zeit schon mehrmal beobachtet worden. Man sah ihn das letzte Mal im Jahre 1835. In der neuesten Zeit berechnete Encke einen von Pons entdeckten Kometen, der nnr eine Umlaufszeit von 1208 Tagen hat und im Jahre 1822 in Süden am berechneten Orte gesehen wurde. Im Jahre 1832 hat man ihn wieder recht gut sehen können. 62. Uber die Natur der Kometen läßt sich wenig mit Gewi߬ heit sagen. In älteren Zeiten hielt man sie für bloße Lichterschei¬ nungen und für Vorbothen großer Unglücksfälle, heut zu Tage ist unsere Kenntniß derselben so weit gediehen, daß man mit Be¬ stimmtheit weiß, sie seyen gleich den Planeten außer unserer At¬ mosphärebefindliche Weltkörper, ohne jedoch über ihre weitere Be¬ stimmung und über das Verhältniß, in welchem sie gegen die ande¬ ren Körper unseres Sonnensystems stehen, etwas Näheres sagen zu können. 63. Daß die Kometen an Zahl die Planeten übertreffen, muß jedem einleuchten, der weiß, daß fast jährlich einer oder mehrere gesehen werden, die sich von denen unterscheiden, welche früher schon beobachtet wurden und daher als neue Ankömmlinge betrachtet werden müssen. Die früheren Zeiten waren auch nicht minder reich an Kometenerscheinungen, wiewohl uns wenig davon berichtet wird, aber selbst die mit der Aufmerksamkeit der Astronomen in gleichem Verhältnisse wachsende Anzahl solcher Erscheinungen rechtfertigt schon diese Annahme. Man beobachtete bis zum 1.1790 kaum 80 Kometen und von diesen gehört die Hafte dem letzten Jahrhunderte a»; bis jetzt kennt man deren nahe 400. Wie viele mögen noch heut zu Tage vorübergehen, ohne gesehen zu werden oder nur in südlichen legenden sichtbar seyn, wo sie von keinem beobachtenden Auge be¬ merkt werden? Auch stimmt Alles mit der Annahme überein, daß stch die Kometen nicht wie die Planeten in einer schmalen Zone be- wegen, sondern gleichförmig im Raume vertheilt sind. Da nun bis jetzt beinahe 60 Kometen beobachtet wurden, welche der Lwnne naher kamen als Venus und deren gewiß eben so viele unbeobachtet 44 * 692 Sonnenflecken. vorübergegangen sind, ferner im Durchschnitte alle 500 Jahre die¬ selben Kometen wieder sichtbar werden, so mag der Raum zwischen der Sonne und derVenus wohl 600, mithin der zwischen der Sonne und der Bahn des Uranus wenigstens -400,000 Kometen enthalten. Wie viel mehr mögen aber noch außerhalb der Bahn des Uranus liegen? Es machen daher die Kometen wirklich den größten Theil unseres Sonnensystems aus. Neuntes Kapitel. Nähere Betrachtung der Sonne und der Planeten. 64. Die Sonne galt in frühem Zeiten, besonders bei den Anhängern der Aristotelischen Philosophie für das Vorbild aller Reinheit, bis im Anfänge des 17ren Jahrhunderts entdeckt wurde, auch sie habe dunkle Flecken. Spatere Beobachtungen haben dieses bestätigt und zur vollen Gewißheit erhoben. Diese Flecken sind verschieden an Zahl, Größe und Beschaffenheit. Manchmal erscheint die Sonnenscheibe längere, Zeit hindurch ganz makellos; so z. B. hat man von 1650 bis 1670 kaum einen und von 1695 bis 1700 gar keimen Flecken beobachtet; in den Jahren 1816, 1817 u.s.w. waren sie sehr häufig. Die Menge der zugleich vorhandenen und ihre Größe ist sehr verschieden. So fand Sch ein er deren auf ein¬ mal 50 und König in Manheim 38. Herschel beobachtete 1779 einen Sonnenflecken, der schon mit freiem Auge gesehen werden konnte und mehr als 50,000 Q. Meilen einnahm; meistens aber sind sie so klein, daß man sie nur mit Fernröhren deutlich sieht- Die Sonnenflecken haben meistens einen sehr schwarzen Mitteltheil und um ihn eine minder dunkle, liebliche Einfassung. Jndeß gibt es auch solche, welche ohne schwarzen Kern erscheinen. Einen solchen beobachtete H ev e l im Jahre 1643, der fast ein Drittel des Son- uendurchmessers einnahm und sich endlich in mehrere dunkle Flecken auflöste. Nach Schröter zeigen sich die Nebelflecke bei den stärk¬ sten Vergrößerungen streifenartig und unregelmäßig begrenzt, der Nebel verschwindet bald auf der einen, bald auf der anderen Seite des Kerns und oft entsteht nahe am Sonnenrande statt des Nebels ein lichter Ring; andere behalten aber den Nebel selbst am Rande. Sonnenfackeln. Größe der Sonne. 693 Überhaupt sind diese Flecken immerwährenden Änderungen unter¬ worfen, sie vergrößern und verkleinern, trennen und vereinigen sich und ändern dabei Gestalt und Größe. 65. Die Sonnenflecken bewegen sich insgesammt vom östlichen Rande der Sonnenscheibe gegen >.en westlichen, verschwinden da¬ selbst, wenn sie überhaupt so lange dauern und sich nicht schon auf der uns zugekehrten Scheibe auflösen, und kommen oft wieder am östlichen Rande zum Vorschein. Hieraus schließt man auf eine Axendrehung der Sonne, deren Dauer 25 T. 14 St. L M. be¬ trägt. 66. Außer den dunklen Theilen bemerkt man auf der Son¬ nenscheibe auch noch solche, die mehr leuchten als der übrige Theil und So nn e n fa ck eln genannt werden. Herschel vergleicht sie mit den Runzeln eines welken Apfels. Viele derselben liegen ein¬ zeln und nicht scharf begrenzt auf der Sonnenscheibe, manche sind an einander gereiht und erscheinen wie Landschaften voll Berge und Thäler; man erkennt sie aber meistens erst, wenn sie nahe am Ran¬ de der Sonne stehen. 67. Uber die Natur der Sonnenflecken und Sonnenfackeln gibt es sehr verschiedene Meinungen. Einige halten sie gegen alle Wahrscheinlichkeit für dunkle, um die Sonne kreisende Körper, an¬ dere für dunkle, aus Sonnenvulkanen ausgeworfene Körper, an¬ dere für ausgebrannte Stellen des Sonnenkörpers und noch andere für Stellen, wo die leuchtende Sonnenatmosphäre durchbrochen ist und uns einen Blick auf den dunklen Sonnenkörper »erstattet. Letz¬ tere Meinung hat an Wahrscheinlichkeit gewonnen, seit Arago einen Unterschied zwischen dem von gasförmigen und dem von festen »der tropfbaren Körpern ausgehenden Lichte nachgewiesen und ge¬ zeigt hat, daß das Sonnenlicht mit dem Lichte gasförmiger Körper übereinkomme. 68. Wiewohl die scheinbare Größe der Sonne jener des Mon¬ des beinahe gleich kommt, so ist doch ihre wahre Größe der des Mondes weit überlegen. Aus ihrer Parallaxe, die nur nahe 8 .5 beträgt, folgt, daß ihre Entfernung von der Erde nahe 2l Millio¬ nen Meilen betrage. Ihr scheinbarer Durchmesser hat 32 2 .9 und daher ihr wahrer 112.4 Erdhalbmefser, woraus folgt, daß sie an Oberfläche die Erde 12,641 mal, an körperlichem Inhalte 1.421150 , mal übertrifft. < 69. Der bekannteste der Planeten ist ohne Zweifel Venu s. 694 Venus. Merkur. nämlich jener Stern, den man gewöhnlich Abendstern oder Morgenstern nennt. Beobachtet man ihil, wenn er anfängt, des Abends sichtbar zu werden, so findet man, daß er sich täglich mehr von der Sonne entfernt, bis seine Entfernung 48° beträgt, dann kehrt er wieder zu ihr zurück und verschwindet endlich ganz in den Sonnenstrahlen. Bald darauf sieht man Morgens einen ähn¬ lichen Stern vor der Sonne aufgehen, sich von ihr immer weiter, zuletzt bis 48° entfernen, hierauf eben so wieder zu ihr zurückkeh¬ ren. Es ist wohl kein Zweifel, daß dieses derselbe Stern, wieder vorhin erwähnte, sey. Der scheinbare Durchmesser der Venus ändert sich von 9" bis 65. Ihr wahrer Durchmesser beträgt 1633 Meilen, also nur um 86 Meilen weniger, als der Durchmesser der Erde. Sie erscheint sehr hell glänzend, manchmal gar so, daß man sie bei Tage sieht. Mittelst Fernrohren bemerkt man an ihr ähnliche Licht- phasen wie beim Monde, zum Beweise, daß sie, so wie dieser, ein dunkler Körper ist, der sein Licht von der Sonne bekommt. Auch Flecken sieht man an ihr und Unebenheiten von einer solchen Grö¬ ße, daß sie die Berge auf der Erde weit übertreffen, aus deren Periodischem Verschwinden und Wiedererscheinen schon Cassini auf eine Axendrehung von ungefähr 23j St. schloß. Schröter fand unter diesen Bergen mehrere von 7 Meilen Höhe. Die meisten und größten befinden sich auf der südlichen Halbkugel und bilden dort Ketten, deren einige 200 Meilen lang sind. Schröter will auch , twas einerDämmerungÄhnliches an der Lichtgrenze bemerkt haben und vermuthet hieraus das Daseyn einer Atmosphäre. 70. Der Planet Merkur zeigt ähnliche Bewegungen wie Venus, nur mit dem Unterschiede, daß er sich nur bis auf 28° von der Sonne entfernt. Wegen dieser geringen Entfernung ist er auch schwer zu sehen. Der scheinbare Durchmesser des Merkurs wechselt von 4"—11 ".6; sein wahrer Durchmesser beträgt 580 Meilen. Er hat vorzüglich im südlichen Theile hohe Gebirge, welche die höchsten der Erde fast dreimal übertreffen und Züge von 40 Meilen Breite und 80 Meilen Länge bilden, einen klaren Dunstkreis und eine Axendrehung von ungefähr 24 St. Er zeigt Phases wie der Mond. Venus oder Merkur sieht man, nachdem sie unsichtbar geworden sind, manchmal wie schwarze Scheibchen durch die Sonnenscheibe gehen und so gleichsam eine Sonnenfinsterniß verursachen. Dieses Ereigniß ist für den Astronomen von großer Wichtigkeit, weil es Mars, Jupiter, Saturn, Uranus. 695 ihm Mittel verschafft, die Sonnenparallaxe kennen zu lernen. (Merk¬ würdigkeiten von dem Durchgänge der Venus durch die Svnnen- scheibe von Ko hl. Greifswalde 1768.) 71. Mars hat ein feuerrothes Licht und eine sehr ungleiche Bewegung. Sein Durchmesser wächst von 3".4 — 27".2. Sein wahrer Durchmesser halt 963 Meilen. Er hat auf seiner Oberfläche bedeutende Flecken, wovon mehrere sich sehr schnell verändern und daher wahrscheinlich seiner Atmosphäre angehören, andere aber be¬ ständig sind und auf eine Umdrehung von ungefähr 24 Stunden schließen lassen. Seine Pole zeigen ein glänzenderes Licht, als die anderen Theile, gerade als wenn er dort mit Eis bedeckt wäre. 72. Jupiter ist nach derVenus der glänzendste Planet. Sein scheinbarer Durchmesser beträgt 30" — 49": sein wahrer Durch¬ messer hält 18900 Meilen oder 11.006 Erddurchmesser, so daß sein Volum das der Erde 1333 mal übertrifft. Seine Scheibe ist an den Polen merklich abgeplattet, voll Ungleichheiten und Flecken, vorzüglich in der Gegend seines Äquators, deren periodisches Ver¬ schwinden und Erscheinen eine Axendrehung von 9 St. 56 M. an¬ zeigt. Einige dieser Flecken ändern sogar ihren Platz auf der Schei¬ be des Jupiters oft innerhalb weniger Stunden, so daß man glaubt, es seyen Wolken, welche in einer unruhigen Atmosphäre durch Winde bewegt werden. 73. Saturn erscheint mit etwas blasserem Lichte als ein Fixstern der ersten Größe, unter einem Durchmesser von 15" — 21"; sein wahrer Durchmesser beträgt 17258 Meilen. Seine Scheibe ist merklich an zwei Stellen abgeplattet, so daß der Durchmesser, welcher mit seinem Äquator 45° macht, am größten ist; allein die Abplattung ist nach Schröter nicht immer von einerlei Größe, ohne daß doch bei dieser Veränderung die Regelmäßigkeit der Ge¬ stalt leider, so daß es scheint, als wäre der Planet von einer flüs¬ sigen Masse umgeben, die einer Art Ebbe und Fluth unterworfen ist- Er zeigt beständige und veränderliche Flecken, die eine Umlaufs¬ zeit von ungefähr 10 St. verrathen. 74. Uranus erscheint durch Fernröhre mit einem Durchmes¬ ser von 3".5 — 4".3 und einer merklich abgeplatteten Scheibe; sein wahrer Durchmesser beträgt 7500 Meilen. 75. Die Planeten Ceres, Pallas, Juno, Vesta er¬ scheinen von sehr geringem Durchmesser. Der kleinste von ihnen ist Vesta; sein Durchmesser betragt nur 58 Meilen; alle vier aber ha- 696 Der Mond. den nach Schröter ein sehr Helles blendendes Licht und sind viel¬ leicht selbst leuchtende Körper. Sie muffen gewaltige Atmosphären haben, weil sie oft, besonders Ceres, von einer Art Nebel einge¬ hüllt erscheinen, oft aber mit ganz reinem Lichte strahlen. Vergleicht man alle bisherigen Angaben über das Eigenthümliche je¬ des Planeten, so findet man: daß die Planeten eine verschiedene scheinbare und wahre Größe haben, daß jeder derselben etwas ab¬ geplattet sey, eine Bewegung um seine Axe von West nach Ost habe und daß die Neigung der Drehungsaxe gegen die jährliche Bahn bei jedem von anderer Größe sey. Am größten erscheint uns bei der größten Annäherung an die Erde Venus, die übrigen folgen in dieser Beziehung so aufeinander: Jupiter, Mars, Saturn,Mer¬ kur, Uranus, Pallas, endlich Ceres, Pallas, Juno, Vesta. In Betreff ihrer absoluten Größe stehen sie in folgender Ordnung vom größten zum kleinsten: Jupiter, Saturn, Uranus, Erde, Venus, Mars, Merkur, Pallas, Ceres und Juno, Vesta. Die größte Rotations- geschwindigkeit oder die kürzeste tägliche Umlausszeit hat Jupiter, hierauf folgen: Saturn, Venus, Merkur, Mars, Erde, die Ro¬ tationszeit der übrigen ist unbekannt. Die größte Abplattung hat Jupiter, die übrigen folgen so: Saturn, Uranus, Merkur, Venus, Erde, Mars. /Die größte Neigung der Rotationsaxe gegen die jährliche Bahn hat Jupiter, die der übrigen nimmt in folgender Ordnung ab: Merkur, Erde, Saturn, Mars, Uranus. Für die übrigen ist diese Größe noch unbekannt.! 76. Unter den Nebenplaneten kennen wir natürlich keinen so genau, als den treuen Begleiter unserer Erde, den Mond. An seiner Oberfläche bemerkt man schon mit freiem Auge ungleichartige Flecken; aber Fernröhre zeigen dieses viel deutlicher und lehren uns viel Interessantes an ihm kennen. Man überzeugt sich, daß die leuchtenden, glänzenden Theile, die wie einzelne Punkte, Ringe oder Adern den Mondkörper völlig besetzt halten, Erhöhun¬ gen, die dunkleren aber Thäler und Vertiefungen seyen. Denn, wenn solche leuchtende Theile an die Beleuchtungsgrenze zu stehen kommen, so ragen sie aus dem Dunkel wie Funken hervor, gerade wie die Gipfel unserer Berge, welche noch Licht von der Sonne bekommen, während die Thäler schon im Dunkel liegen; am Rande erscheinen sie gar wie Zacken. Sie werfen auch einen Schatten, der sich wie bei irdischen Gegenständen mit dem Stande der Sonne ändert. Messungen haben gelehrt, daß diese Mondberge säst um L höher sind, als .die höchsten Berge unserer Erde. Auch die Ge- Oberfläche des Mondes. 697 stakt der Mondberge ist interessant. Einige sind flach wie unsere nie¬ deren Bergreihen, andere steil und stehen entweder in einzelnen Massen da oder gehen in Ketten fort und theilen sich in Äste. Vorzüglich häufig kommen jene Berge vor, welche wie ein kreis¬ runder Wall gebildet sind; diese umgeben zuweilen einen Theil der Ebene, die ihnen zur Basis dient, schließen aber auch oft Vertie¬ fungen wie die Krater unserer Vuloane ein. Letztere sind immer vollkommen rund, nicht sehr hoch und haben nach Außen einen sanften Abhang und eine sehr große Basis. Auch ist die Tiefe des Kraters desto größer, je kleiner sein Durchmesser ist, und das Vo¬ lum des Walles entspricht völlig der Vertiefung, so daß man wohl annehmen kann, solche Ringberge seien durch vulcanische Ausbrüche entstanden, die am Monde noch jetzt Statt finden müs¬ sen, weil man schon öfters im dunklen Theile der Scheibe plötzlich glühende Stellen bemerkt hat und weil nicht selten nach einem wohl wahrnehmbaren Leuchten einer Stelle der dort befindliche Berg eine Änderung zeigt. Aus einigen Wällen ragt in der Mitte ein neuer Berg hervor. Die Ebenen und Thaler im Monde erkennt man aus ihrem aschfarbenen Lichte. Sie sind nicht unbedeutend und sowie auf der Erde von Hügeln und Bergen durchschnitten. Man hielt kiese Flecken ehemals für Meere, allein davon ist man zurückge¬ kommen, weil man bemerkte, daß sie kein ganz gleichförmiges Licht haben, wie es beim Wasser der Fall seyn müßte. Etwas dem Wasser Ähnliches kann man am Monde gar nicht wahrnehmen. Man hat eigene Karten, welche die Mondesfläche darstellen. 77. Wenn der Mond eine Atmosphäre hat, so muß sie auS einem sehr feinen Stoffe bestehen; ganz kann man sie ihm nicht ab¬ sprechen, weil sich bei Sonnenfinsternissen etwas wie ein grauer Ne¬ bel um den Mondkörper zeigt und weil kurz vor und nach dem Neu¬ monde etwas unserer Dämmerung Ähnliches an den Hörnern des erleuchteten Theils des Mondes erscheint. Man will in dieser At¬ mosphäre sogar ein, unseren Wolken ähnliches, nur vielmal schwä¬ cheres Phänomen entdeckt haben. (Schröter's selenotopographi- sche Fragmente. Göttingen 1791.) 78. Der Mond muß sich in derselben Zeit, in welcher er sy- nodisch um die Erde geht, um seine Axe bewegen, denn sonst könn¬ te er uns nicht immer dieselbe Seite zukehren. Wenn uns auch pe¬ riodisch manchmal kleine Theile seiner entgegengesetzten Scheibe sichtbar werden, so kommt dieses auf Rechnung der Gleichför- 698 Axendrehung und Größe des Mondes. mlgkeit seiner Axendrehung und der Ungleichförmigkeit seiner Be¬ wegung um die Erde, der Neigung seiner Bahn gegen die Ekliptik und seiner Axe gegen seine Bahn, und daher, daß wir uns nicht im Mittelpunkte der Erde, sondern auf ihrer Oberfläche be¬ finden. 79. Der wahre Durchmesser des Mondes beträgt 480 geo¬ graphische Meilen, mithin seine Oberfläche 727,600 Quadratmei- len oder von der Erde, und sein Volum 58^ Millionen Kubik¬ meilen, mithin 50 mal weniger als das der Erde. Seine Entfer¬ nung von der Erde hat 51,800 Meilen. Aus allem bisher vom Monde Gesagten wird man leicht die Frage beantworten können, wie es daselbst mit dem Wechsel des Lichtes und der damit in Verbindung stehenden Wärme aussehe. Die Sonne befindet sich nie nördlich oder südlich vom Mondäquator. Die Bewohner des Äquators dieses Himmelskörpers haben die Sonne beständig im Zenith, die unter den Polen beständig im Horizonte. Der Tag im Mond fällt mit dem synodischen Mondenmonatvon Wj Erdtagen zusammen und jeder Ort hat die Sonne 15 Tage unun¬ terbrochen über, 15 Tage unter dem Horizonte und fast immer ist Tag und Nacht gleich. Eben so sehen die Mondbewohner die Sterne nur alle 29j Tage einmal auf- und untergehen, aber die Erde scheint ihnen fast unbeweglich zu stehen und nur kleinen Schwankungen unterworfen zu seyn. In der Mitte der uns zugekehrten Seite steht sie beständig im Zenith. Am Rande des Mondes sieht man die Erde immer im Horizonte, in den mittleren Punkten in einer Hö¬ he, die weniger als 90° beträgt. Die Bewohner der von uns ab¬ gewendeten Mondscheibe bekommen die Erde nie zu sehen, wenn sie nicht aus die andere Seite Reifen unternehmen. Dafür ist auch das Schauspiel, das ihnen die Erde darbietet, desto prächtiger. Sie erscheint fast viermal größer im Durchmesser als uns der Mond, nimmt alle Lichtgestalten vom ersten Schimmer des Neumondes bis zum Glanze des Vollmondes an, zeigt sich dem Beobachter in 24 Stunden von allen Seiten, und schon mit unseren unbewaff¬ neten Augen würde man daselbst eine Erdkarte entwerfen können; ja mit unseren Fernrohren würde man auf dem Monde nicht bloS unsere Gebirgszüge, sondern sogar einzelne Erhöhungen, Städte und Thürme, den Lauf der großen Flüsse, ja sogar den Zug einer Armee beobachten können. 80. Die physische Beschaffenheit der übrigen Nebenplaneten ist uns völlig unbekannt. Weil sie bei ihrer ungemein großen Ent¬ fernung doch nur sehr klein sind, so zeigen sie selbst durch die be¬ sten Fernröhre keine begrenzten Flecken und man kann auf das Grund der Planetenbewegung. 689 Daseyn von Unebenheiten auf denselben nur aus der veränderlichen Stärke ihres Lichtes schließen. Am Saturnringe allein erkennt man, wenn er eine günstige Lage hat, durch gute Fernrohre mehrere Helle und dunkle Stellen, die auf bedeutende Unebenheiten schlie¬ ßen lassen. Zehntes Kapitel. Ursache der Planetenbewegungen. 81. Die große Übereinstimmung in der Bewegung aller Kör¬ per des Sonnensystems läßt schließen, daß sie alle durch Kräfte her¬ vorgebracht werden, die nach denselben Gesetzen wirken; ja man kann schon deshalb die Vermuthung wagen, daß es nur eine einzige Kraft sey, deren Wirksamkeit durch die Entfernung der Pla¬ neten modificirt wird. Zur vollen Gewißheit wird diese Vermuthung erst, wenn man die Erscheinungen der Planetenbewegung nach ma¬ thematischen Principien beurtheilt. Da die Planeten krumme Bah¬ nen beschreiben, so muß durch ihre Bewegung ein Bestreben ent¬ stehen, sich vom Mittelpuncte der Bahn zu entfernen; weil dieses aber nicht geschieht, so muß auch eine andere Kraft da seyn, wel¬ che der Fliehkraft cntgegenwirkt und ihre Wirkung aufhebt. Weil die Planeten sich so bewegen, daß die um die Sonne beschriebenen Sectoren den Zeiten, in welchen sie beschrieben werden, proportio- nirt sind; so muß ihre Bewegung eine Centralbewegung seyn und die Centripetalkraft muß in der Sonne ihren Sitz haben. Weil die Bahnen der Planeten Ellipsen sind, in deren einem Focus sich die Sonne befindet, so muß, wie man streng beweisen kann, die Cen¬ tripetalkraft abnehmen, wie das Quadrat der Entfernung zunimmt. Weil die Quadrate der Umlaufszeicen den Würfeln der halben, gro¬ ßen Axen der Planetenbahnen proportionirt sind, so ist die Centripe¬ talkraft der Sonne für alle Planeten von derselben Natur und wird blos durch die Entfernung modificirt. Ja diese Kraft muß sich auf jedes materielle Theilchen eines Planeten erstrecken, weil sonst der Erfolg der Centripetalkraft auch von der Masse derPlaneten abhän- gen müßte und das gerade genannte Kepler'sche Gesetz nicht Statt finden könnte. Dieses alles zusammengenommen zeigt, daß alle Planeten in ihren Bahnen durch eine Anziehungskraft erhalten 700 Gravitationsgesetz. werden, welche in der Sonne ihren Sitz hat, auf alle materielle Theile mit gleicher Stärke wirkt, und so abnimmt, wie das Qua, drat der Entfernung wächst. 82. Da sich die Nebenplaneten nach denselben Gesehen um die Hauptplaneten bewegen, wie diese um die Sonne, indem sie um ihre Hauptplaneten Ellipsen beschreiben, den Zeiten propor- tionirte Sectoren zurücklegen und, wo deren mehrere einen Haupt¬ planeten begleiten, wie bei Jupiter, Saturn und Uranus, auch die Quadrate der Umlaufszeiten den Würfeln der Entfernungen proportionirt sind; so muß auch von den Hauptplaneten eine Kraft ausgehen, welche dieselben Gesetze befolgt, wie die Centralkrafrder Sonne. Wiewohl diese Schlüsse nur für Planeten gelten, welche Tra¬ banten haben, so laßt sich schon der Analogie nach schließen, daß auch die trabantenlosen Planeten von diesem Gesetze keine Ausnahme machen werden, ja die runde Gestalt derselben ist allein schon hin¬ reichend, uns davon zu überzeugen, indem diese nur bei einem Be¬ streben aller materiellen Theile nach einem gemeinschaftlichen Mit- telpuncte Statt finden kann. 83. Da nun die Intensität der Centripetalkraft der Sonne und der Hauptplaneten ganz allein von der Entfernung abhängt; so muß sich die Anziehung, welche in der Sonne ihren Sitz hat, nicht blos auf die Planets, sondern auch auf ihre Trabanten und auf die Kometen erstrecken, und die Anziehung der Hauptplaneten muß auch bis zur Sonne reichen, so daß man sagen kann, diese Anzie¬ hung ist wechselseitig; jeder Körper zieht alle anderen an, jeder wird von allen anderen ungezogen, und die Anziehung ist eine allgemeine Eigenschaft der Materie, muß da¬ her mit der Menge derselben zunehmen. Der allgemeinste Ausdruck des Anziehungsgesetzes ist also. ^,woilck die anziehende Mas¬ se bezeichnet, O die Entfernung, in welcher sie auf einen Körper wirkt, und die Anziehung der Masse — 1, in der Entfernung — 1, so wie in /. 100, als Lehnsatz angenommen wurde. 84. Die Leichtigkeit, mit der man aus diesem Gesetze die Phä¬ nomene der irdischen Schwere erklärt, läßt schon vermuthen, daß die Anziehungskraft der Himmelskörper mit der Schwere einerlei sey. Der Umstand, daß dieses Gesetz die Wirkung eines Körpers von seiner Masse abhängig macht, bringt diese Vermuthung fast zur Gewißheit, aber unwiderleglich thut es folgende Betrachtung Folgerungen daraus. 7M dar: Da sich der Mond fast in einem Kreise um die Erde bewegt, so gibt der Quersinus des Winkels (/. 258) die Größe des Weges an, um den er sich in einex Zeiteinheit durch Wirkung der Cen- tripetalkraft der Erde nähern würde, wenn er nicht durch die Tan¬ gentialkraft seitwärts abgelenkt würde. Dieser Quersinus läßt sich ans der Beobachtung des in einer Zeiteinheit zurückgelegten Bo¬ gens finden. Sucht man hierauf den Weg, um den sich der Mond in einer Zeiteinheit der Erde nähert, wenn die irdische Schwere sich bis zu ihm erstreckt, nach der Voraussetzung, daß sie abnimmt, wie das Quadrat der Entfernung wächst; sa findet man mit den nöthigen Correctionen genau dieselben Resultate, wie durch das vo¬ rige Verfahren, zum Beweise, daß die Centripetalkraft der Erde, die den Mond erhält, eigentlich die Schwere der Erde sey. Man kann daher wohl allgemein die der Materie eigene Anziehung Gravitation nennen und an ihr das unsichtbare Band erken¬ nen, welches die Körperwelt zusammenhält, welches den wohltä¬ tigen Lauf der Himmelskörper und den unbeachteten Fall eines Stäubchens nach denselben Gesetzen regiert. 85. Eine notwendige Folge dieses Gesetzes ist, daß sich nicht blos die Planeten um die Sonne bewegen, sondern daß sich das ganze Planetensystem sammt der Sonne um einen gemeinschaftli¬ chen Mittelpunkt (Eenrrum der anziehenden Kräfte) dreht, der aber noch innerhalb des Sonnenkörpers liegt, weil die Sonne alle Planeten zusammengenommen an Masse weit übertrifft; die Son¬ ne hat daher nur wegen ihrer größeren Masse, nicht aber wegen einer physikalischen Eigenschaft, die Macht, die Planeten um sich herumzuführen. Könnte die Masse irgend eines Planeten so sehr vermehrt werden, daß sie die der Sonne und der übrigen Planeten überträfe, so würde dieser die Sonne ihrer Würde entsetzen und sie mit den übrigen Planeten um sich herumführen. Ja gibt es unter dem Heere der Sterne einen, dessen Masse die Summe der Mas¬ sen der Sonne und der Planeten übertrifft; so muß das ganze Pla- netensystem sammt der Sonne auf ähnliche Weise um ihn herum- gehen, wie sich z. B. Jupiter sammt seinen 4 Trabanten um die Sonne bewegt. 86. Eine andere Folge des allgemeinen Gravitationsgesetzes ist, daß die Planeten selbst auf einander einwirken und sich in ihren vein elliptischen Bewegungen stören; ja selbst die Sonne muß eini- Ze Schwankungen erleiden, die aber wegen der geringen Masse 702 P s rturb atio n en. der Planeten gegen die der Sonne sehr unbedeutend sind. Genaue und lang genug fortgesetzte Beobachtungen zeigen diese Störun¬ gen, welche die Astronomen P e r tu rb ati on e n nennen, genau so, wie sie die nach dem Gesetze der Gravitation gemachten Rech¬ nungen angeben; sie lehren, daß die Planeten nach ihrer verschie¬ denen Lage gegen einander auch verschieden auf einander einwirken, bald rückwärts, bald vorwärts, bald zur Sonne hin, bald von ihr weggezogen werden und daß ihre Geschwindigkeit dadurch bald vermehrt, bald vermindert wird. Hiermit weicht der Ort, den ein Planet in seiner Bahn wirklich einnimmt, von dem ab, welchen er ohne Störungen nach der rein elliptischen Bewegung einnehmen würde und selbst alle Elemente der Ellipsen erleiden dadurch Ver¬ änderungen, sie werden bald enger, bald weiter, schieben sich um den Brennpunct, den die Sonne einnimmt, herum, und nur dieLange der großen Axe bleibt unverändert. Auf diese Weise erweitert sich z.B. die Erdbahn beständig seit Jahrtausenden, modificirt dadurch den Erfolg der Einwirkung der Sonne auf den die Erde begleitenden Mond so, daß seine Geschwindigkeit stets, wenn auch nur unge¬ mein wenig zunimmt, und eben daher kommt es auch, daß die Schiefe der Ecliptik seit ungefähr 4000 Jahren abnimmt. Es ist wohl begreiflich, daß unter allen Einwirkungen, welche die Erde erleidet, die der Sonne wegen ihrer großen Masse und die des Mondes wegen seiner Nähe am bedeutendsten seyn müssen. Für sie wird sogar dis Gestalt der Erde einen Einfluß auf die Größe und Beschaffenheit der Störungen haben, weil ihre Entfernung von der Erde nicht so groß ist, daß man die Erde als Punct ansehen könnte, und sie auch keine Kugel ist, bei der man die ganze Masse in einem Puncte vereinigt annehmen kann. Genaue, nach dem Gra¬ vitationsgesetze angestellte Rechnungen lehren auch, daß durch diese Einwirkung auf die an den Polen abgeplattete Erde das Vorrücken der Aquinoctialpuncte und das Schwanken der Erdaxe hervorge¬ bracht werde. Solche Rechnungen geben nicht blos das Daseyn ge¬ wisser Bewegungen, sondern auch ihre Größe an; durch sie hatman die Periode vieler Bewegungen früher kennen gelernt, als man sie aus Beobachtungen abnehmen konnte, ja auf manchs Phänomene ist man früher durch Resultate Les Calculs aufmerksam gemachtwoc- den, als sie durch Beobachtungen erkannt wurden, und in allen Fällen Hal sich das Gravitationsgesetz als vollkommen richtig bewährt. 87. Aus dem Gesetze der Gravitation kann man auch die Masse, Masse, Dichte der Palleten. 703 das absolute Gewicht und die Dichte jedes Planeten, so wie den Raum berechnen, den auf ihm ein Körper im freien Falle in der ersten Secunde zurücklegt. Diese Berechnung gründet sich auf Folgendes: Da die Anziehung jedem einzelnen materiellen Theilchen eigen ist, so muß sie mit der Masse des anziehenden Körpers zunehmen; an¬ dererseits kann man aber die Anziehung durch den Quersinus deS Bogens schätzender in einer Zeiteinheit zurückgelegt wird und wel¬ cher desto größer ist, je schneller die Bewegung vor sich geht oder je kleiner bei derselben Entfernung die Umlaufszeit ist. Vergleicht man daher die Bahnen, welche in gleichen Zeiten um zwei Centralkörper zurückgelegt werden, so gibt ihr verkehrtes Verhältnis; das der Mas¬ sen der Centralkörper. Auf diese Weise hat man das Verhältniß der Sonnenmaffe zur Masse jedes Planeten bestimmt, der von Traban¬ ten umgeben ist. Die Massen der Planeten, welche keine Trabanten haben, muß man aus den Perturbationen, die sie an der Erdbahn anrichten, abnehmen. Auf diesem Wege hak man die Masse deS Mars und der Venus kennen gelernt und sich überzeugt, daß die Masse des MerkurS nur sehr klein sey, weil seine Störungen gar nicht merklich sind, wiewohl man die wahre Größe derselben nicht genau zu bestimmen im Stande war. Jndeß nimmt man sie so an, wie sie sich aus der Voraussetzung ergibt, daß die Dichte der Pla¬ neten im verkehrten Verhältnisse mit ihrer mittleren Entfernung von der Sonne stehe. Aus der Masse, verglichen mit dem Volum, erkennt man die Dichte der Himmelskörper, so wie den Hallraum in der ersten Secunde, wie folgende Tafel zeigt. 704 Sternbilder. 88. Durch die hier betrachtete Gravitation bekommen die Him¬ melskörper ein,Bestreben, sich der Sonne zu nähern. Zur Erklärung ihrer jährlichen Bewegungen ist aber noch eine zweite momentan wir¬ kende Kraft, die Tangentialkraft nothwendig. Nimmt man an, daß ein Planet durch was immer für eine Ursache einen nicht durch sei¬ nen Mittelpünct gehenden Stoß erhalten habe; so hat er dadurch die zur Centralbewegung nöthige Tangentialbewegung und zugleich seine Arendrehung erlangt. Der ParallelismuS seiner Axe während der jährlichen Bewegung folgt unmittelbar aus der Trägheit der Materie. (/. 269.) EilfLes Kapitel. Fixsterne. Größe des Weltalls. 89. Bei weiternder größte Theil der sichtbaren Sterne be¬ steht aus Fixsternen. Um sie nur einigermaßen zu übersehen, hat man den ganzen Himmel gleichsam in Bezirke eingetheilt, die in jedem einzelnen vorkommenden Sterne Constellation oder Sternbild genannt und jedes mit einem besonderen Namen be¬ zeichnet, von dem sich aber durchaus nicht auf die Gestalt, der die Constellation ähnlich ist, schließen läßt. Man lernt sie kennen durch Sternkarten, Himmelsgloben, noch leichter aber durch Burja's Abbildungen, wo jedes Sternbild auf starkem Papier verzeichnet ist, in dem die Sterne durch runde Löcher vorgestellt werden. Es gibt 106 Sternbilder, wovon 45 der nördlichen und 61 der südli¬ chen Halbkugel angchören. (Eine nähere Beschreibung der Stern¬ bilder findet man in V o igt's Lehrbuch der populären Sternkunde. Weimar 1799. S. 72 — 109. Lalande's Sternkunst. Leipzig 1775. S. 129 —149. B o de's Anleitung zur Kenntniß des gestirn¬ ten Himmels. Berlin 1820. Neuer Himmelsatlas von Harbins- Göttingen 1809.) 90. Der erste Blick auf den gestirnten Himmel lehrt schon, daß nicht alle Fixsterne gleich stark glänzen und daß einige derselben vorzugsweise stark leuchten, andere hingegen ein so schwaches Licht haben, daß man sie nuuin sehr heiteren Nächten sieht. Die glän¬ zendsten Sterne heißt man Sterne der ersten Größe, die nächst¬ folgenden Sterne der zweiten Größe u. s. f. Mit freiem Auge sieht Entfernung, Größe u. Anzahl d. Firsterne. 705 man nur die Sterne der ersten 6 Größen. Sterne der ersten Große gibt es nach Einigen 20, nach Andern nur 12, Sterne der zwei¬ ten Größe 50 — 60, der dritten Größe 200 rc. Die glänzendsten darunter sind Sirius im großen Hunde und Kanopus im Schiffe. Das Licht des ersteren ist nach Herschel 324 mal stär¬ ker als das eines Sternes der sechsten Größe. Die Anzahl der Sterne der folgenden Elasten wächst mit der Zahl der Elasten sehr rasch. Die ersten 6 Elasten enthalten schon 5000 und die ersten 11 Elasten nach La lande 50,000 Sterne; die Sternenmenge der fol¬ genden Elasten ist unzählbar. 91. Die Entfernung der Fixsterne von der Erde ist so groß, daß sie nicht blos von verschiedenen Punkten der Erde, sondern so¬ gar von jedem Puncte der Erdbahn aus an derselben Stelle des Himmels erscheinen und daher sowohl der Durchmesser der Erde als jener der Erdbahn gegen ihre Entfernung verschwindet. Änderte sich der Platz eines Sternes am Himmel für zwei einander gerade gegenüberstehende Stellen der Erdbahn, d. h. ihre doppelte jährli¬ che Parallaxe nur um 2", wäre mithin diese Parallaxe selbst nur 1'; so betrüge seine Entfernung schon — 20.6264 Halbmes¬ ser der Erdbahn (Erdweiten), oder 672000 Millionen Meilen, ein Raum, den eine Kanonenkugel mit einer Geschwindigkeit von 1000 Fuß für 1 Secunde erst in 2.896000 Jahren zurücklegen würde; aber ein solcher Winkel würde bei der großen Vollkom¬ menheit der astronomischen Meßinstrumente den Astronomen nicht entgangen seyn, und man muß demnach die Entfernung des näch¬ sten Fixsternes über diese Grenze hinaus versetzen. 92. Die Größe der Fixsterne läßt sich eben so wenig genau bestimmen, als ihre Entfernung, weil dazu die Kenntniß ihres scheinbaren Durchmessers gehört, die uns gänzlich fehlt. Herschel will den scheinbaren Durchmesser der Wega des Aldebaran 1j", der Capella 2Z" gefunden haben. Ist dieses richtig, so müssen die Halbmesser dieser Sterne 7, 30, 50 Millionen Meilen betragen, und daher unter Voraussetzung ihrer Kugelgestalt die Sonne an körperlichem Inhalte 46656,4173281 und 19465109 mal über¬ treffen. 93. Nicht minder Erstaunen erregend ist die Anzahl der Fix¬ sterne. Herschel konnte in der Gegend derKeule Orions in einem Streifen von 15" Länge und 2" Breite 50000 Sterne deutlich er- N-tturlehre. S. Auff. 706 Milchstraße. Nebelsterne. kennen. Da dieser Streif der 1375ste Theil der Himmelssvhäre ist, so müßte die ganze Oberfläche des Himmels 68755000 Sterne ent¬ halten, wenn man annähme, daß sie überall eben so dicht beisam¬ men stehen. Allein sie stehen an vielen Stellen noch viel dichter und man kann ohne Übertreibung annehmen, daß jede Quadrat- minute wenigstens einen Stern enthalte und daher die Gesammt- zahl der sichtbaren Sterne 148507200 sey. Allein dieses sind nur die nächsten Sterne, von den weiter entfernten erkennt man nicht mehr als einen matten Schimmer; wie viele mögen aber bei der nur sehr unvollkommenen Durchsichtigkeit der Luft ganz unsichtbar seyn? Das unbewaffnete Auge sieht selbst in der heitersten Nacht nur den kleinsten Theil jener Sterne, welche man mittelst eines Fernrohrs sieht und da selbst die raumdurchdringende Kraft dieser Instrumente beschränkt ist, so können auch sie nur wieder die nähe¬ ren Sterne sichtbar machen. 94. Die Sterne stehen am dichtesten in der sogenannten Milch¬ st r a ß e, welche den ganzen Sternenhimmel als eine Zone von unglei¬ cher Breite, die sich an einigen Stellen in zwei Zonen theilt, faß in der Richtung eines größten Kreises umfaßt. Ihr milchiger Schim¬ mer kommt von dem verworrenen Lichte einer zahllosen Menge von Sternen her; an den beiden Polen dieses Gürtels ist der Himmel am wenigsten mit Sternen besehr, je mehr man sich aber davon entfernt, desto dichter erscheinen sie. Höchst wahrscheinlich bilden die Sterne der Milchstraße ei» eigenes Slsrnensystem, dessen Mit- telpunct nahe an unserem Sonnensysteme liegt, ein System, wie cs deren mehrere, ja unzählige gibt. Man sieht nämlich an vielen Stellen des Himmels lichte Stellen, deren einige sich nur durch vorzügliche Fernrohre in einzelne Sterne auflösen lassen und wieder andere, über welche selbst die besten Fernrohre nichts vermögen, oder die sie nur wieder in nebelartige lichte Puncte auflösen. Man nennt sie Nebelflecken. Herschel hat deren über 3000 ent¬ deckt. Auch diese würden, gleich der Milchstraße, die Erde wie ein Gür¬ tel zu umspannen scheinen, wenn diese sich innerhalb desselben und nicht weit von dessen Mittclpunct befände, und umgekehrt würde uns die Milchstraße, wenn wir uns um 100 ihrer Durchmesser außer ihr befänden, nur wie ein Nebelfleck von 17" erscheinen. 95. Die Fixsterne müssen leuchtend e Körper, wie unsere Son¬ ne, seyn, weil sie von einer so großen Entfernung noch gesehen wer¬ den können. Sollten aber wohl diese Millionen Sonnen nicht auch D o p p L l st e r II e. 707 von Planeten umgeben seyn, denen sie Licht und Wärme zusenden? Man kann füglich die Vermuthungen noch weiter treiben und es für wahrscheinlich halten, daß alle diese Sonnensysteme selbst wie¬ der eine Bewegung um einen Centralkörper haben. Dieses machen vorzüglich jene Sterne wahrscheinlich, die durch Fernrohre als zwei oder gar als mehrere Sterne erscheinen und daher D o p p el stern e oder m eh rfache Sterne heißen. Man kann annehmen, daß unter je 40 Fixsternen immer wenigstens ein Doppelstern sey. Die Entfer¬ nung der zwei Sterne eines Doppelsternes scheint verschieden. Es gibt deren viele mit einer Winkelentfcrnung von weniger als 2" bis über eine halbe Minute. Fast immer ist einer der zwei Sterne leuchtender als der andere, und selbst bei den mehrfachen Sternen ragt einer in der Regel an Lichtstärke weit über die anderen hervor. Von solchen Doppelsternen lehrt nun die Beobachtung, daß sich die kleineren, minder leuchtenden um den leuchtenderen bewegen und ein durch Attraction verbundenes, besonderes System ausmachen. Dasselbe bemerkt man auch an den mehrfachen Sternen, wo sich eine ganze Gruppe von Sternen um einen Stern bewegt. 96. Merkwürdig sind dieVeränderungen, die man an einzel¬ nen Sternen bemerkt. Einige haben einen periodischen Lichtwechsel; so nimmt z. B. Algol innerhalb 69 Stunden an Lichtstarke ab und zu, ein Stern im Wallfische hat eine solche Periode von 332, ein anderer in derWafferschlange eine von 494 Tagen. Man glaubt, diese Erscheinung komme von einer Axendrehung der Sterne, durch welche uns bald ein stärker, bald ein schwächer leuchtender Theil der Sternoberfläche zugewendet wird. Man hat auch schon Sterne be¬ merkt, die plötzlich hell leuchtend erscheinen, einige Zeit sichtbar blei¬ ben und dann eben so plötzlich wieder verschwinden. Von der Art war der Stern, welcher 1572 in der Cassiopea sichtbar wurde. Er erschien, übertraf bald alle andere Sterne an Lichtglanz, änderte seine Farbe öfters und verschwand nach 6 Monaten, ohne seinen Platz am Himmel zu verändern. Jeder Fixstern hat auch eine eigene Bewegung im Raume, die aber erst nach einer langen Reihe von Jahren bemerkbar wird. Uber die Richtung und Größe dieser Be¬ wegung läßt sich noch nichts Sicheres behaupten. 97. Aus allem Bisherigen geht hervor, daß das unendliche Heer der Himmelskörper aus mehreren Systemen bestehe, deren Theik durch das Gesetz der gegenseitigen Anziehung zu einem Gan¬ zen vereiniget sind. Das kleinste dieser Systeme ist das der a.raban 45 * 708 Litera tur. ten und ihres Hauptplaneten ; das nächst größere bilden die Pla¬ netensysteme, deren einem unsere Erde angehört. Millionen solcher Planetensysteme mit ihren Sonnen bewegen sich um einen größeren Centralkörper und bilden wieder ein höheres System; eine ungemes¬ sene Zahl solcher Systeme erkennt wieder einen anderen Central¬ körper als Beherrscher und bildet ein System, wovon unsere Milch¬ straße und vielleicht jeder Nebelfleck eines vorstellt, und so übcrsteigi der sichtbare Theil der Schöpfung schon die engen Grenzen unseres Verstandes, und doch ist er gewiß nur der Vorhof des unendlichen Tempels, defsenj.Größe unser Vorstellungsvermögen übersteigt. — Nähere Belehrung über diesen Abschnitt suche man außer den ange¬ führten in folgenden Werken: klk. As kl rr ta ncke. ck'anr'z 1771-^-81. k>ar'te e/e'msnta-ne oeromispar ,7. kl. klrot. k'anelr 1810. et /inat/yue zmr M. cks klamöne. 1814-Astronomie von Bohnen berger. Tübingen 1811. Theoretischeu.practischeAstronomie von Littrow. 2 Th. Wien 1821. k>arts As messnkr/us cs/sL/g flank'. >5. kl a- t L cs. k'crn/L k kk. k'narts ck ,5' e /i u- Lent, k'etenLöounZ-1822. Populäre AstronomievonJ. Littrow. Wien 1825. Populäre Astronomie von Frankenheim. 2. Aufl. Braunschweig 1829. Vorlesungen über Astronomie von J. I. Lir- trow. Wien 1830. TW e L ter Avsehnttt. Physische Geographie. Erstes Kapitel. Beschaffenheit der Erde im Allgemeinen. 98. 88as über die Gestalt und Größe der Erde bekannt ist, enthalt der erste Abschnitt dieses Theiles. Es ist aber überdies noch die Dichte des Erdkörpers als physikalische Eigenschaft desselben be- merkenswerth. Cavendish untersuchte dieselbe im Jahre 1797 mit einer der Coulomb'schen Drehwage ähnlichen Vorrichtung, indem er die Anziehung der Erde mit der einer Masse von bekannter Dichte verglich, und fand sie gleich 5.48. Dubourguet be¬ richtigte dieses Resultat und setzte es auf 4.5 herab. Maskely- n e leitete die Dichte der Erde von der Anziehung ab, welche ein Berg in Schottland, Namens Shehallien, auf ein Bleiloth ausübte, und fand sie mittelst der von Hutton und Playfair bestimmten Masse des Berges gleich 4.71. Carlini endlich be¬ stimmte die Einwirkung des Mont Cenis auf die Schwingungen eines Secundenpondels und leitete daraus die Dichte 4.39 ab. Nimmt man 4.71 als wahren Werth der Dichte an, so findet man das Gewicht der ganzen Erde gleich 10345960 Trillionen Pfund. Nimmt man an, die Erde sey einmal flüssig gewesen, so folgt daraus schon von selbst, daß ihre Dichte gegen den Mittelpunet zu immer grö¬ ber wird, weil da nokhwendig die leichteren Massen auf den dich¬ teren schwimmen mußten. Diese Vermuthung wird zur Gewißheit, wenn man bedenkt, daß die Massen, welche die Erdrinde bis zu einer Tiefe von 1000 F. bilden, eine mittlereDichte von 1.5^ ge¬ ben; denn neben diesem kann obiges Resultat nur bestehen , wenn bie Erde gegen den Mittelpuncr an Dichte zunimmt, wie schon Newton vermurhete und auch aus Pendelversuchen unmittelbar 710 W e l t t h e i l e. folgt. Selbst die vom Erdmittelpunote gleichweir abstehenden Schich¬ ten haben nicht einerlei Dichte,^sondern es gibt hierin örtliche Verschiedenheiten, weil es im Inneren der Erde viele Klüfte und Hohlen gibt und die Substanzen, aus welchen die Erde besteht, nicht allenthalben genau in derselben Ordnung auf einander folgen. An Pendelschwingungen lassen sich diese Ungleichheiten recht wohl bemerken. 99. Die Oberfläche der Erde ist größtentheils vom Meere bedeckt, das feste Land ragt aus dem Meere in Gestalt drei sehr großer und vieler kleineren Inseln hervor. Die größte darunter enthalt Europa (phönizisch: Land der Weißen), Asien und Afrika (Sandland); die nächst kleinere Am e ri ka, die dritte ist Australien. Man rechnet auf Europa 172000 Quad. Meilen, auf Asien 640000, auf Afrika 530000, auf Amerika 570000, auf Australien 140000, auf gesammte kleinere Inseln 1000000, daher hat das gesammte feste Land 3052000 Quadratmeilen, wäh¬ rend die gesammte Erdoberfläche über 9 Mill. Quadratmeilen ent¬ hält, so daß. sich demnach die Oberfläche des Landes zu der des Meeres wie 1:2 verhält. Von den größten Inseln der Erde, welche den Namen Welttheile führen) liegt nur Australien .ganz in der süd¬ lichen Halbkugel, von den anderen hingegen befinden sich Europa ganz, Afrika und Amerika aber großtentheils in der nördlichen Halbkugel;, überhaupt verhält sich in der südlichen Halbkugel die vom Meere bedeckte Fläche zum festen Lande wie 3:1, während dieses Verhaltniß in der nördlichen nahe 3:2 ist, auch erstreckt sich das bekannte feste Land in der nördlichen Hemisphäre weiter gegen den Pol, als in der südlichen. Dagegen hat die südliche Erdhälfte vorzüglich viele kleine Inseln, besonders nahe am Äquator; die mei¬ sten liegen aber einander sehr nahe, so daß sie immer ganze Grup¬ pen bilden- Dieses zeigt sich besonders an der Südseite von Asten, wo sich die Inseln Ceylon, Sumatra, Borneo, Java, Celebes, Mindanao, Neuguinea, die Molucken, die Philippinen, die Freundschafts- und die Gesellschaftsinseln befinden. 100. Der Umriß des festen Landes und des Meeres ist nicht von der Art, daß man darin etwas Regelmäßiges, an ein mathe¬ matisches Gesetz Gebundenes währnehmen könnte, auch stimmen nicht alle Theile desselben mit einander überein; denn Amerika ist am meisten von Nord nach Süd, die alte Welt mehr von Ost ge¬ gen West ausgedehnt. Nur darin stimmen alle Continente mit ein- Quellen. 71! ander überein, daß sie gegen Süden in eins Spitze auslaufen und gegenNorden sich erweitern; selbstmanche vergrößeren Inseln haben diesen Charakter. Die Conrinente der alten und neuen Welt sind durch schwale Landengen in zwei Theile getheilt, diese durch die Landenge von Panama, sene durch die Landenge von Suez; beide Landengen liegen in der nördlichen Halbkugel und in nicht sehr verschiedenen Breiten. Zweites Kapitel. Gewässer der Erde. 101. Das Wasser, welches den größten Theil der Erdöber- flciche bedeckt, ist in einem beständigen Kreisläufe begriffen. Es wird durch die Wärme in Dünste verwandelt, steigt gegen Himmel und bildet die Wolken, fällt von diesen wieder als Regen, Schnee, Ha¬ gel re. herab, dringt in die Erde ein, erscheint wieder inQuellen, sammelt sich in Seen und Flüssen und wird von ihnen zuletzt dem Meere als dem allgemeinen Wasserbehälter zugeführt. 102. Die Frage, woher die Quellen ihr Wasser bekommen, hat schon die ältesten Naturforscher beschäftiget. Weil man aber durchaus wollte, daß allen Quellen dieselbe Ursache Nahrung gebe, und dabei das, was bei einer als Erklärungsgrund hinreichte, ver¬ änderen widersprach, so kam man lange nicht ins Reine, Heut zu Tage weiß man mit Grund, daß mehrere Ursachen den Quellen ihr Entstehen geben und daß sich sogar bei mancher Quelle mehrere Ur¬ sachen zugleich wirksam beweisen, wenn auch dabei die eine oder die andere vorzüglich thätig ist. Am wirksamsten beweiset sich in Betreff deS HervorbringenS der Quellen daS aus der Atmosphäre gefallene Wasser. Dieses dringt in die Felsenritzen ein, fließt darin fort, dis eS einen Widerstand findet, wird hydrostatisch gehoben und kommt daher an Stellen zum Vorscheine, wo es die Beschaffenheit deS BodenS gestattet. Man hat, um die umfassende Wirksaniisic dieser Ursache zu zeigen, die Wassermsnge zu berechnen gesucht, welche auS einem Lande in einem Jahre mittelst der Flüsse wegge- sührt wird, sie mit derjenigen verglichen, welche jährlich auS der Armofphäre niederfällt, und gefunden, daß letztere die erstere weit 712 Ursprung der Quellen. übertrifft und daß daher, ungeachtet des für das vegetabile undthie- rische Leben nöthigen Bedarfs, noch eine hinreichende Menge als Rest bleibe, um alle Quellen zu speisen. So fand Mariotte, daß in der Gegend von Dijon auf eine französische Quadratmeile jährlich 238050000 Kubikfuß Wasser fallen; er verlegte die Quelle der Seine 60 Meilen oberhalb Paris und nahm an, daß sie auf eine Breite von 50 Meilen das atmosphärische Wasser aufnehme. Hierdurch würde sie jährlich 714150 Millionen Kubiksüß Wasser erhalten. Er fand aber, daß kaum § davon durch die Königsbrücke zu Paris fließe und daß, wenn auch vom obigen atm. Wasser ^wie¬ der verdünstec und eben so viel sür Pflanzen und Thiere verbraucht wird, doch noch zur Unterhaltung der Quellen und Flüsse übrig bleibe, welches mehr als hinreichend ist. Wenn auch gegen diese Be¬ rechnung nicht ungegründete Einwürfe gemacht werden können, wie sie denn auch wirklich gemacht worden sind; so ergibt sich doch aus anderen, sicheren Versuchen Dalton's, daß das Re¬ gen- und Schneewasser wenigstens dreimal das an Menge über¬ trifft, welches durch die Flüsse ins Meer geführt wird. Das durch¬ gesinterte und zum Theile durch Druck, zum Theile durch Capilla- ritat gehobene Meerwasser kann auch einigen Quellen Nahrung geben; allein Quellen von dieser Art müssen sich durch ihr salziges Wasser von den anderen unterscheiden, weil das Mserwaffer durch bloßes Aufsteigen, sey es auch durch die feinsten Spalten und Ri¬ tzen, von den chemisch damit vereinigten Stoffen nicht befreit wer¬ den kann, auch können solche Quellen nicht hoch über dem Meeres¬ spiegel liegen. Weil sich im Inneren der Erde viele ausgebreitete Wasserbehalterbefinden müssen, so ist es auch denkbar, daß die durch Beschaffenheit der Erde oder durch locale Ursachen bewirkte Erwarmung das Wasser zum Verdunsten bringe; die Dünste steigen in die Höhe, gehen durch Erkaltung wieder in tropfbaren Zustand über und kommen in solchem zum Vorscheine. Es kann auch dec Fall eintreten, daß das in der Erde vorhandene Wasser durch die Kraft eines expansiblen Körpers herausgelrieben wird und so nicht nur eine Quelle überhaupt, sondern sogar einen völligen Spring¬ brunnen bildet, 103. Die verschiedenen Quellen unterscheiden sich von einan¬ der durch die Menge, Beschaffenheit undTemperakur ihres Wassers und durch ihre Beständigkeit oder ihren Wech¬ sel, Einige Quellen fließen ununterbrochen und man bemerkt durch- Periodische Quellen. 7!3 auS keine regelmäßige Ab- und Zunahme ihres WasserS; dieses ist besonders bei den gebohrten (artesischen) Springquellen der Fall, deren Wasserbehälter sehr lief liegt und von dem atmosphärischen Einflüsse nur wenig afficirt wird. Die meisten Quellen erleiden aber durch den Einfluß der Witterung und der Jahreszeiten Ände¬ rungen ihres Wasserreichthums. Quellen, welche blos vom Nebel und Regen gespeiset werden, nehmen in heißen Sommern allmälig ab und treten mit dem Beginne der feuchten und regnerischen Jah¬ reszeit wieder mit erneuerter Kraft ein; jene, welche ihr Wasser dem geschmolzenen Schnee der Gebirge verdanken, haben wieder im Sommer, wo der Schnee schmilzt, den meisten Zufluß. Einige Quellen fließen nur einige Zeit und versiegen zu einer anderen gänz¬ lich. In diese Claffe gehören die sogenannten Hung erq uell en oder Th e uerbru n n en, die nur bei anhaltender Dürre oder in sehr regnerischen Jahren fließen. Andere haben noch kürzere Perio. den ihres Fliehens und Aussehens. Zwei Quellen bei Wallis in Graubündren, die nur ungefähr 25 Schritte von einander entfernt sind, fließen nur vom Anfänge April bis in den Herbst; eine ande¬ re im Canron Bern, der sogenannte Engstlerbrunnen, fließt von der Mitte Mai bis in die Mitte August, allein nur von 4 Uhr Nachmittags bis etwa 8 Uhr Morgens. Solche Quellen heißen Frühlingsbrunnen und haben in dem, während der warmen Monate, geschmolzenen Schnee ihren Grund. — Quellen, die wie der Engstlerbrunnen einen täglichen Wechsel zeigen, gibt es mehrere. So soll in Peru auf dem Berge Piro eine Quelle seyn, die nur Nachts lauft, wenn es nicht zuvor geregnet hat. Eine Quelle bei Fontestorbe in den Pyrenäen soll in den Sommermona¬ ten 36j Minuten fließen, dann 32j Minuten aussetzen und nur eintretender Regen soll einen ununterbrochenen Fluß bewirken. Eine andere bei Nismes gibt in 20 Stunden zweimal Wasser, sie stießt 7 Stunden lang und setzt dann durch 3 Stunden aus. Das Wasser der Quelle in Plinius Landhause bei Como nimmt deS Ta- Aos dreimal ab und zu. Dieses periodische Fließen hat wahrscheinlich darin seinen Grund, daß sich im Innern der Erde ein Wasser¬ behälter befindet, der mittelst eines gekrümmten Hebers mit dem Ausflußorte der Quelle in Verbindung steht, wo dann natürlich die Heberwirkung nicht eher beginnen kann, als bis das Wasser im Russin so hoch sieht, daß der Heber gefüllt ist, sobald aber dieses geschieht, säuft es ganz aus. Die berühmtesten periodisch fließenden 714 Temperatur der Quellen. Quellen hat Island an seinen Springguellen aufzuweisen. Aber die große Anzahl aller hier vorkommenden wird vom sogenannten Geiser übertroffen, der sich zwei Tagreisen vom Hekla befindet. Es ist hier eine natürliche Rohre von 19 Fuß im Durchmesser und von unbekannter Tiefe, über welcher sich das Wasser ein Becken gemacht hat, dessen oberer Rand 9 Fuß hoch ist und 56 Fuß im Durchmesser hat. Durch diese Röhre springt daS Wasser siedend heiß verschiedene Male des Tages auf eine Hohe von 90 Fuß und führt oft Steine mir sich auf eine bedeutende Höhe. Daß hier vul- canische Wirkung im Spiele sey, erleidet wohl keinen Zweifel. — Manche.Quellen erleiden Veränderungen, welche mit dem Gange der Witterung in Verbindung stehen und heißen deshalb wetter- launige Quellen. Einige verursachen ein Geräusch bei schlech¬ tem Wetter. Von der Art ist der Polterbrunnen in Paderborn, der Tambour in Auvergne. Die Ursache des Rauschens liegt im Frei¬ werden der im Wasser enthaltenen Luft, welches beim Hervortreten in die Atmosphäre geschieht. Andere Quellen werden bei drohendem Regenwetter trübe; dieses kommt wohl daher, daß dem Regen meistens eine Verminderung des Luftdruckes vorhergeht, welche ein Austreten der in oder unter dem Wasser enthaltenen Luft und mithin ein Aufrühren des Bodensatzes bewirkt. 104. Die Temperatur der meisten Quellen stimmt in der Regel mit der mittleren des Ortes überein, wo sie entspringen, nur in geringen Breiten ist sie etwas niederer als die des Ortes, in großen Breiten hingegen wieder etwas höher. Es gibt aber doch Quellen, deren Temperatur von der Wärme der Luft unabhängig ist. Bei einigen ist sie stets geringer als die Lufttemperatur, bei anderen größer. Auf dem Berge Pila in Frankreich befindet sich Wasser, welches das ganze Jahr hindurch so kalt ist, daß man eS nicht trinken kann; eine ähnliche Wassersammlung befindet sich auf dem Berge Genevre. Medevi am Wettersee in Schweden hält un¬ veränderlich eine Wärme von 6»". Übrigens versteht es sich von selbst, daß eine Quelle, die eine beständige Temperatur hat, welche der mittleren Wärme der Luft gleich ist, im Sommer käl¬ ter, im Winter wärmer erscheint als die Luft. — Quellen, welche wärmer sind als die Luft, gibt es in ziemlicher Menge. Sie wer¬ den meistens als Bäder zur Heilung körperlicher Gebrechen ange¬ wendet, erhalten ihre Wärme durch örtliche Ursachen und sind in der Regel Eigenthum vulcanischer Gegenden. Die vorzüglichsten Mineralwasser. Sauerbrunnen. 715 heißen Quellen sind die in Island, zu Karlsbad, Aachen, Baden bei Wien, Gastein im Salzburgischen, Abano bei Padua, Plom- biers in Lothringen, Barege und Bagneres in den Pyrenäen, Aix in Savoyen, Bath in England, Mehadia in Ungarn. — Die Temperatur warmer Quellen ist verschieden. Einige sind nur lau, eine Quelle zu Abano bei Padua hat 79° R., eine bei Olve auf Island 80°, der Sprudel in Karlsbad 55", die Quelle zu Bath 45°, die heißeste von Aachen 40°, .von Barege 38Z", in Gastein 38", von Plombieres 30°.4—>53".6. Einige dieser Quellen haben, so weit unsere Wärmemessunae^i reichen, immer dieselbe Tempera¬ tur gehabt, die sie jetzt haben, andere sind von ihrem Wärmegrade sehr abgewichen, besonders zur Zeit vulcanischer Ereignisse. Vor ungefähr 30 Jahren verminderte sich die Wärme einer der Karls- baderQuellen bei einer Erderschütterung bedeutend, kehrte aber nach einiger Zeit mit der vorigen Kraft wieder zurück; die Quelle zu Bagneres erlitt durch eine ähnliche Erscheinung eine Temperatur¬ erhöhung. 105. Da das Wasser in der Erde, bevor es einen Ausgang findet, durch Gebirgsmassen fließen muß, welche mancherlei auf- losliche Stoffe enthalten; so muß es mit verschiedenen Substanzen geschwängert hervortreton. Am reinsten ist'das Quellwasser, wel¬ ches aus Granit oder Sandgebirgen hervorkommt, ohne jedoch so "in zu seyn wie das Regenwasser. Dasjenige hingegen, welches durch Kalkgebirge oder Gipslager fließt, nimmt von diesen Sub¬ stanzen mehr oder weniger auf, bekommt dadurch einen eigenthüm- lichen Geschmack und wird hart. Wasser, das sehr viele minerali¬ sche Bestandtheile enthält, heißt Mineralwasser. Wiewohl das meiste Quellwasser einen Antheil kohlensaurer Luft mit sich führt, f» gibt es doch einiges, das vorzüglich viel davon enthält, dadurch einen säuerlichen Geschmack annimmt und deshalb Sauerbrun¬ nen heißt. Solche Wässer enthalten auch immer einen solchen'Be- standtheil, der sich mit der kohlensauren Luft verbindet, so daß darin nebst anderen auch kohlensaure Salze vorkommen. Bei vielen sind dieses kohlensaure Alkalien, wie z. B. bei den Brunnen zu Eger, Teplitz, Pyrmont, Bilin, Marienbrunn; nicht selten dohlensaures Eisen, wie z. B. Bilin, Selters, Spaa, JohanneS- dninn rc. Einige Wasser enthalten vorzüglich viel Kochsalz, wie die unzähligen sogenannten Salzquellen, oder andere salzsaure Salze, wie z. B. bei Erfurt, Wiesbaden; andere enthalten 7lü Mechanische Beimengungen des Wassers. Bittersalz (schwefelsaure Bittererde) aufgelöst, wie z. D. das Seit- schützer, Sedlitzer und Pilnaer Wasser in Böhmen; andere verbrei¬ ten ringsum einen schwefeligen Geruch von enthaltener Schwefel¬ leber (Schwefelkali), wie z. B. daS Badnermasser, der Slink- brunnen zu Marienbrunn, das Zlchener- und Weilbacherbad. Sei- fenariige Wasser besinden sich bei Plombiers, solche, die schwefel¬ saures Kupfer enthalten, bei Neusohl'in Ungarn, bei Altenburg im Erzgebirge, bei Fahlun in Schweden. Sie verwandeln schein¬ bar Eisen in Kupfer, weil sich das Eisen in der Schwefelsäure deS Wassers auflösec und dafür das Kupfer zurückbleibt. Die Kalk- und Kieselsinter führenden und meistens heiße Wasser haben die Eigen¬ schaft, hineingelegte Sachen mit einer Rinde zu überziehen und gleichsam zu versteinern. Von der Art ist besonders das Karlsbader Wasser, das bei Tours und bei Tivoli. Merkwürdig ist in dieser Hinsicht die Quelle von Hua/roa r-sülea, 30 Meilen von Lima in Südamerika. Diese breitet sich über das nächste Land aus und ver¬ härtet selbst zu einem gelblichen Steine, den man von jeder beliebi¬ gen Form haben und dann zum Baue verwenden kann, wenn man dienliche Formen mit diesem Wasser füllt und sie einige Zeit ruhig stehen läßt. 106. Daß aus der Erde hervorquellendes Wasser häufig solche Stoffe mechanisch mit sich fortreißen müsse, die es nicht chemisch aufzulösen vermag, ist wohl begreiflich. Solche Substanzen setzen sich aber, nachdem dar Wasser in Ruhe gekommen, von selbst wie¬ der ab, während man zur Bestimmung der chemisch vereinigten besonders feiner chemischer Kunstgriffe bedarf. Unter allen solchen mechanisch mit dem Wasser gemengten Stoffen sind die brennba¬ ren am merkwürdigsten, welche unter dem Namen Steinöhl und Naphta bekannt sind. Die Hauptgegend, wo sich derlei Stoffe in Quellen befinden, ist unweit der persischen Stadt Baku. Sie schwimmen als speeifisch leichtere Körper auf dem Wasser der Quelle, das man in eigene Behälter leitet, um sie abschöpfen und alsHan- delsartikel veräußern zu können. Oft entzündet sich die Naphra selbst und dann erscheint die ganze Wasserfläche brennend; noch öfter wird sie absichtlich in Flammen gesetzt. An einigen Orten kommt sie ohne Wasser zum Vorscheins wie dieses am sogenannten Feuerorte der Fall ist, den die Perser für heilig halten. Daselbst erscheinen bei trockener Witterung starke, gelblich blaue Flammen, die man mit¬ telst eines Fächers auslöschen kann. Die armen Bewohner dec Flüsse. Bett derselben. 717 dortigen Gegend brauchen daher nur ein Rohr in den gestampften Lehmboden ihrer Hütten zu stecken und seinem oberen Ende ein brennendes Papier zu nähern, um eine dauernde, etwa § Fuß hohe Flamme zu erhalten, die ihnen zu ihren Arbeiten Licht gibt. In China hat man eigens angelegte (gebohrte) Brunnen von 1000 bis 2000 Fuß Tiefe und 5 bis 6 Zoll Öffnung, die Wasser mit viel Salzgehalt und zugleich brennbares Gas liefern, das man in Rohren fortleiten und zur Beleuchtung benutzen kann (Zcitsch. n. F. 2.284). 107. Das Wasser fließt von den Quellen vermöge seiner Schwere in tiefer gelegene Stellen, vereinigt sich zu Bächen und endlich zuFlü sse n und Strömen, wovon sich letztere ins Meer ergießen, mithin ihren ursprünglichen Namen vom Ursprünge bis zum Ausflüsse ins Meer behalten. Die Quellen der meisten Flüsse liegen in sehr hohen Gebirgen. So hat der Rhein am St. Gott¬ hard, der Po amViso, die Loire in den Sevennen, die Garonne in den Pyrenäen, die Tiber in den Apenninen, die Drau in den Tyroler Alpen, die Elbe im Riesengebirge die Quelle. Wenn auch einige Flüsse, wie z. B. der Don, der Tigris, der Hoangho aus Seen hervorfließen; so bekommen doch diese ihr Wasser von Quel¬ len, und man kann den Ursprung der Flüsse aus Quellen für ein ^gemeines Gesetz halten. 108. Der Weg eines Flusses verfolgt immer die niedrigsten Stellen der Erdoberfläche. Da nun diese nicht in einer geraden Linie liegen, so muß auch die Richtung seines Laufes verschieden seyn und sein Bett muß mancherlei Krümmungen machen. Im Allge¬ meinen nimmt die Anzahl dieser Krümmungen gegen den Ausfluß hin zu. Ungeachtet der vielfältigen Krümmungen eines Flußbettes hat doch der größte Theil einerlei Strich, und es ist auffallend, daß bedeutende Flüsse in ihrem Laufe mehr nach Ost und West als nach Nord und Süd gerichtet sind. 109. Die Neigung des Bettes gegen den Horizont oder des¬ sen Gefalle ist bei den verschiedenen Flüssen verschieden. Der Ama¬ zonenfluß hat auf 1000 F. nur Zoll Gefälle, die Loire § F-, der Rhein zwischen Straßburg und Dortrechl g-, die Donau zwi¬ schen Ulm und Donauwerth Ja selbst derselbe Fluß hat nicht an allen Stellen denselben Abhang des Bettes. Die Loire fällt an eini- Zen Orten um einen Fuß m 1520 F., an anderen in 2490 F. In der Regel ist das Gefalle großer Flüsse gegen den Ursprung hin ani größten, gegen den Ausfluß am kleinsten. Überhaupt ist ein 718 Wasserfall. Breite des Bettes. Flußbett nicht wie eine mathematische geneigte Ebene anzusehen, sondern es gibt da eben so, wie auf dem festen Lande, Anhohen und Vertiefungen, nur ist die Summe der ersteren kleiner als jene der letzteren und die Differenz beider Summen gibt das eigentliche Gefälle. 110. An vielen Stellen befinden sich im Flußbette Felsen, welche das daran stoßende Wasser reflectiren und Wirbel erzeu¬ gen. Von der Art ist der Donauwirbel bei Grein. Oft hat es plötz¬ liche Absätze, über welche das Wasser mit Gewalt herabstürzt und einen Wasserfall bildet. Einer der bekanntesten Wasserfälle ist der des Staubbaches unweit Bern, der gegen 1100 F. hoch geschätzt wird, aber nur auf 900 gemessen ist. Der Reichenbach hat einen Wasserfall von 200 F., der Rheinfall bei Schaffhausen beträgt 30 F., der Fall des Velino bei Spoleto 200 F. Die zwei Cataracten zu Viigtil unter dem Polarkreise haben vielleicht eine Höhe von 1000 F. Ein kleines Bild dieser Erscheinungen gewähren wohl auch der Wasserfall der Traun bei Lambach, der Schleier-, Kessel- und Bärnfall bei Gastein. Die im Alterthum berühmten Nilfälle sind nicht sehr ansehnlich und der größte beträgt nur 50 F. Die größten Fälle hat Amerika aufzuweisen. Der Niagara hat eine Breite von 720 F. und stürzt in zwei Armen über eine Höhe von 137 F. herab, der Sturz des viel kleineren Flusses Bogota in Neu-Granada beträgt gar 200 — 300 Klafter. 111. Die Breite des Flußbettes ist so veränderlich wie die Beschaffenheit der Gegend, wodurch es geht. Oft engen es Gebirge bedeutend ein und bewirken dadurch ein Aufsteigen des Wassers. Die größte Erscheinung dieser Art bietet der Connecticut dar, wel¬ cher durch Gebirge von der Breite von 400 Ellen auf 15 Fuß ein¬ geengt wird. Ein ähnliches Phänomen zeigt der gewaltige Amazo¬ nenfluß an der Stelle, die Pongo de Manseriche genannt wird; in sehr vermindertem Maßstabe findet dasselbe mit der Donau vor Grein und bei Orsowa, mit der Elbe bei Leirmeritz uud Außig Statt. Gegen den Ausfluß erweitert sich gewöhnlich das Flußbett bedeutend und theilt sich auch nicht selten in mehrere Arme. Solche Arme haben der Po und die Donau 7, die Wolga 13. Jedoch ist die Anzahl dieser Arme veränderlich, weil das Wasser immer etwas Sand ab¬ setzt und dadurch sein eigenes Bett erhöht. Der Nil soll vor Zei¬ ten 7 Mündungsarme gehabt haben, jetzt hat er deren nur zwei, die schiffbar sind. Die Verengungen des Flußbettes befinden sich >" Wa s s erm e n g e. 7 ll) der Regel immer da, wo es von Fclsenmassen durchzogen wird, die Cataracten oder Wirbel erzeugen. Schon dieser Umstand macht cs wahrscheinlich, daß die Flüsse an solchen Stellen die Gebirge durch¬ brochen und sich mit Gewalt einen Weg gebahnt haben. Hierin wird man noch mehr bestärkt, wenn man sieht, daß die Gegen¬ den oberhalb solcher Stromengen auffallende Spuren von Über¬ schwemmungen durch süßes Wasser an sich tragen, wie sich dieses an vielen Stellen nachweisen läßt. Einige Flüsse haben noch fetzt ganze Gebirge im Wege, aber letztere bieten ihnen Öffnungen dar, an deren gehöriger Erweiterung das Wasser gewiß das Seinigs ge- lhan hat und in welche sie sich nun ergießen können, so daß ihr Lauf eine Strecke hindurch unterirdisch ist und dann wieder zu Tage er¬ scheint. Hierher gehört die natürliche Brücke in Virginien, welche über den Cedernfluß führt und gleichsam nur ein Bogen eines ein¬ gestürzten Kalkgemölbes ist; ein ähnliches Phänomen sieht man an den sogenannten Ofen der Salzach bei Golling. Krain bietet meh¬ rere sehr interessante Fälle dieser Art dar. Das Bett der Rhone ist bei der sogenannten ck'onts Au U/rous auf 60 Schritt weit durch ein Felsenstück bedeckt; der asiatische Ganges stürzt sich auch in einen Felsen und kommt eine Strecke davon wieder zum Vorschein. Einige Flüsse verlieren sich im Sand, wie dieses mir einem Arme des Guadalquivir in Spanien und des Rheins in Holland der Fall ist, andere nehmen gar in Morästen ein Ende, ohne wieder zum Vorschein zu kommen. Wahrscheinlich geht da das zu sehr ausge¬ breitete Wasser durch Verdünstung verloren oder gelangt in einen unterirdischen Abfluß. 112. Die Wa sse rmen ge, welche ein Fluß führt, ist in der Regel desto größer, je länger sein Laufist und je mehr Neben¬ flüsse oder Bäche er aufnimmt. Unter allen Flüssen der Welt sind die amerikanischen die größten und unrer diesen zeichnet sich der Amazonenfluß, der St. Lorenzfluß, der Laplata, der Mississippi und Orinoco vorzüglich aus. Die größten Flüsse Asiens sind: Der Indus, Ganges, Kiangho (blauer Fluß), der Hoangho (gelberFluß), Amur, Jenisey, Ob. Die größten afrikanischen sind der Nil, Niger, Senegal, Gambia. Unter den europäischen Flüssen ist die Wolga der größte. Überhaupt sind die diesem Weltiheile angehörigen im Ver¬ hältnisse zu den Flüssen der anderen Welttheile nur sehr klein, ja der einzige Laplata soll so viel Wasser führen, als alle europäischen Flüsse zusammen. — Die Wassermenge eines Flusses ist nicht immer 720 Geschwindigkeit. Sl ro m str ich. gleich groß. Durch das Schmelzen des Schnees oder durch häufige Regengüsse schwellen die Flüsse an, treten manchmal sogar über ihr Bett hinaus und überschwemmen das Land. Dieses ist besonders bei solchen Flüssen der Fall, in die sich viele Nebenflüsse ergießen. Am merkwürdigsten sind aber jene Überschwemmungen, die immer zu bestimmten Zeiten eintreten und von denen oft die Fruchtbarkeit des Bodens abhängt, wie beim Nil. Dieser hat immer vom De¬ cember bis März das niedrigste Wasser, vom März bis Juni wächst erbeständig fort und nimmt hierauf ebenso wieder ab, wie er anwuchs. Die Ursache dieser periodischen Erscheinung liegt in den Regengüssen, welche auf dem Mondgebirge und im abessinischen Hochlande, wo die Quellen des Nils liegen, vom April bis September dauern. Ähnliche, wenn auch nicht so segenreiche Überschwemmungen ver¬ ursacht auch der Ganges, der Euphrat, der Indus, der Mississippi und Laplata. 113. Die G eschwindigkeit, mit welcher das Wasser in Flüssen fortschreitet, hängt hauptsächlich vom Gefälle ab und ist in dieser Hinsicht wie die Bewegung über eine schiefe Ebene zu betrach¬ ten.Allein die Geschwindigkeit nimmt nicht beständig zu, wie dieses bei einer ununterbrochenen schiefen Ebene der Fall ist, weil auch das Flußbett dem Laufe des Wassers viele Hindernisse in den Weg setzt, die Neigung deshalb an vielen Stellen Unterbrechungen erleidet, viele die Geschwindigkeit hemmende Serpentinen vorhanden sind, und sich oft ein anderer Fluß einmündet, dessen Richtung mit jener des Hauptflusses einen zu großen Winkel macht. Jndeß nimmt doch die Geschwindigkeit solcher Flüsse, die eine ziemliche Strecke gerade fortlaufen, wie dieses bei den amerikanischen fast durchaus und bei den europäischen nahe am Ausflüsse der Fall ist, mit dem durch¬ laufenen Wege zu. Das Wasser hat auch nicht in allen Theilen eines Querschnittes dieselbe Geschwindigkeit. Ohne alle Hindernisse der Bewegung würde die Geschwindigkeit mit der Tiefe zunehmen, und ein Fluß müßte am Boden die größte Geschwindigkeit haben, allein wegen der Ungleichheit des Bodens befindet sich die größte Geschwin¬ digkeit immer nahe an der Oberfläche. Eben so ist die Geschwindig¬ keit an verschiedenen Puncten der Breite verschieden, woran wohl die Hindernisse, welche die Ufer dem Flusse in den Weg setzen, den größten Antheil haben. Man nennt den Ort, wo die Geschwindig¬ keit am größten ist,den Stromstrich. Dieser befindet sich bei ge¬ raden Ufern meistens in der Mitte, bei gekrümmten ist er aber dem Oberfläche des Wassers. Flußwasser. 721 hohlen Ufer am nächsten. — Da bei einem Flusse, der weder im Anschwellen noch Abnehmen begriffen ist, durch jeden Querschnitt gleich viel Wasser fließen muß, wenn sich nicht inzwischen ein ande¬ res Gewässer in ihn ergießt; so muß seine mittlere G esch w in dig- keit desto großer seyn, je enger das Flußbett ist. Daher hat der Connecticut dort, wo er durch Felsen sehr eingeengt wird, eine solche Geschwindigkeit, daß er die schwersten Metalle mit sich fortreißt, ohne sie untergehen zu lassen, und daß man selbst mit Gewalt kein Brecheisen ins Wasser stoßen kann; aus diesem Grunde vermehren Brücken, Wehren, Separationswerke u. s. w. die Geschwindigkeit der Flüsse so sehr. — Die schnellsten Flüsse des Erdbodens sind die Donau, der Indus, der Tigris und der Amazonenfluß. Erstere hat im unteren Theile ihres Laufes 5 F., letzterer gar 7 F. Geschwin¬ digkeit. Um sich die große Geschwindigkeit der Donau erklären zu können, muß man ihren langen Lauf von 250 Meilen in Betrach¬ tung ziehen und bedenken, daß sie, ungeachtet ihre Quelle nicht hoch liegt, doch viele an hohen Orten entspringende Flüsse aufnimmt, wie z. B. den Inn, die Drau u. d. m. 114. Die Oberfläche des Wassers eines Flusses ist nicht eben, sondern convep oder hohl. Ersteres findet bei Flüssen Statt, die in der Strombahn bedeutend schneller fließen, als in den übri¬ gen Theilen; letzteres bemerkt man beim Auslaufe der Flüsse ins Meer, wenn die Meeresfluth in ihr Gebiet eindringt; denn da ver¬ mindert sie die Geschwindigkeit des Wassers außerhalb des Strom¬ striches weniger als im Stromstriche und macht, daß jenes höher steht als dieses. 115. DasFlußwasser ist so wenig rein als irgend ein Quell¬ wasser, jedoch gibt es keinen Fluß, der ein mineralisches Wasser führt, wenn man einige kleine Bäche im russischen Reiche und ein Paar Flüsse in Nordafrika ausnimmt, die Kochsalz führen und wovon einige so salzig sind, daß ihr Wasser gar nicht getrunken wer¬ den kann. Die Bestandtheile, welche das Wasser mit sich führt, kommen vom Boden des Flußbettes her, werden bei einem schnel¬ len Laufe zum Theile mechanisch mit fortgerissen und bei geringer Geschwindigkeit wieder abgesetzt. Von solchen Theilen hat dann auch das Wasser seine Farbe. Das hellste Wasser führt der Euphrat, Ganges und die Themse, der Nil hat ein weißes Wasser, wenn ec nicht hoch steht, der Hsangho in China ist gelb; nach H umb oldr gibt es in Amerika einige kaffehbraune Flüsse. Manche Flüfsi führe« Nakurlehre. 5. Aufl. 722 Stromgebiete. Sumpf. Gold in ihrem Sande, wie z. B. der Po, die Aar, die Phasis in Asien und besonders die Flüsse in Guinea. 116. Es wäre sehr interessant, die Wassermenge zu ken¬ nen, welche alle Flusse zusammen ins Meer tragen. Um diese zu finden, Müßte man die mittlere Geschwindigkeit und den Durch¬ schnitt jedes Flusses genau kennen, was aber jetzt bei weitem noch nicht der Fall ist. Um genäherte Resultate zu erhalten, setzt man diese Wassermengen den Stromgebieten proportional, d. i. dem Flä¬ cheninhalte der Gegend, die ihnen Wasser zusendet. Diese findet man 250 mal größer als die des Rheins, von dem man aus Mes¬ sungen weiß, daß im Mittel durch seinen Querschnitt am Nieder¬ rhein jährlich 0.1959 Kubkkmeilen Wasser fließen. Hierdurch erhält man für die Wassermenge aller Flüsse den genäherten Werth von ungefähr 49 K. Meilen, welche man wegen häufigem Anschwellen der Flüsse wohl auf 75 erhöhen kann. Die Erfahrung lehrt die Stromgebiete in geogr. Meilen, wie folgt: 6,088 3,578 1,638 1,357 1,236 2,378 1,443 1,410 0,439 4,412 3,598 0,874 2,800 2,072 117. Wenn das Wasser wegen der zu tiefen örtlichen Lage nicht abfließen kann,so bildet es einen See oder S u m p f. Ersteres findet dann Statt, wenn das Wasser eine beträchtliche Ausdehnung und eine so große Tiefe hat, daß Wasserpflanzen die Ebene der Oberfläche nicht zu häufig unterbrechen, letzteres hingegen, wenn die Oberfläche größtentheils durch Gewächse, die am Boden wachsen, unterbrochen ist. 118. Das Entstehen eines Sees kann man sich auf man¬ nigfaltige Art erklären und die Richtigkeit dieser Erklärungsarten an Seen. Ihr Entstehen. 723 verschiedenen Wassersammlungen nachweisen. Entsteht eine Quelle von hinlänglichem Wasserreichthume und dis durch einen starken Druck herausgetrieben wird, in einer kesselförmigen Vertiefung; so muß das Wasser den Kessel so weit ausfüllen, bis es einen Abfluß fin¬ det oder bis die Oberfläche so weit vergrößert wird, daß durch Ver¬ dünstung so viel Wasser verloren geht, als die Quelle zuführt. Solche Seen gibt es in vielen Gebirgsgegenden und aus ihnen kommen oft die namhaftesten Flüsse hervor. Der See Iwan, aus dem der Ton entspringt, und viele Seen in Amerika sind von dieser Art. Es kann auch geschehen, daß ein Fluß in einer Gegend in eine ähnliche keffelförmige Vertiefung kommt, wo er sich ausbrei¬ ten und so eine örtliche, einen kleinen See vorstellende Erweite¬ rung seines Bettes erleiden muß, oder daß er in seinem Laufe auf Hindernisse geräth, die eine Anschwellung des Wassers und dadurch einen See erzeugen. Hier kann das Wasser, wenn es eine große Höhe erreicht hat, wieder abfließen, so daß es den Anschein hat, als wenn der Fluß durch den von ihm unabhängig existirenden See ginge, oder es kann die Wassermasse so viel an Oberfläche gewin¬ nen, daß der Verlust durch Verdünstung und der Zufluß durch den Strom sich das Gleichgewicht halten. Im ersten Falle hat der See Zufluß und Abfluß, im zweiten Falle nimmt er auf sichtbarem Wege Wasser auf, hat aber keinen bemerkbaren Abfluß. In die Reihe der ersteren Seen gehört der Genferfee, durch den die Rhone fließt, der Kostnitzer See, den der Rhein durchströmt, im österreichischen Salzkammergute der Traun - und Hallstädtersee. Nordamerika hat deren sehr viele aufzuweisen. In die zweite zählt man den ungeheuren See, der gewöhnlich das caspische Meer ge¬ nannt wird, den Aralsee, das todce Meer u. s. f. Ersterer nimmt die Wolga, den Jaik und Emba, letzteres den Jordan auf, ohne einen sichtbaren Abfluß zu haben. Überdieß können auch noch Über¬ schwemmungen, Erdfälle und vulcanische Ausbrüche Seen erzeugen. Ostfriesland hat noch jetzt einen unterirdischen See, der mit einer sesten Erdrinde überzogen ist. Stürzt diese ein, so ist die Anzahl der Seen wieder um einen vermehrt. In Calabrien entstanden beim Erdbeben im Jahre 1753 über 100 Seen. Der See Averno bei Puzzuolo verdankt einem eingestürzten Vulcane sein Emjtehen. 119. Die Seen sind auf derErde verschieden ve rth ei lt, je¬ doch kommen in gemäßigten und kalten Gegenden mehr vor, ms in heißen, wahrscheinlich weil daselbst die Verdünstung durch die ?24 Gestalt, Größe, Tiefe der Seen. höhere Temperatur so sehr begünstigt wird, daß ihr ein Zufluß aus Quellen oder Flüssen nicht so leicht das Gleichgewicht halten kann. Es ist kaum zu bezweifeln, daß die Seen ehemals in einer größeren Anzahl vorhanden waren, als jetzt. So scheint Böhmen ein aus- getrockneter Scegrund zu seyn. Nach Herodot war ganz Thessa¬ lien ein von Bergen umschlossenes Gewässer. Das Verschwinden der Seen kommt wahrscheinlich aus Rechnung der Gebirgsdurchbrü¬ che, durch welche sich das Wasser einen Ablauf bildete. 120. Die Größe und Gestalt der Seen ist sehr mannig¬ faltig. Der caspische See ist einer der größten auf der Erde. Sein Flächeninhalt beträgt 5000 — 6000 Quadratmeilen. Von großer Ausdehnung ist auch der Baikal- und Aralsee in Asien, der Wen¬ ner- und Wettersee in Schweden, der Ladoga- und Onegasee in Rußland. Bei den meisten Seen ist eine Dimension gegen die an¬ dere vorwaltend, besonders bei denen, welche in Gebirgsgegenden vorkommen. Die im flachen Lande nähern sich mehr der Kreisferm. 121. Einige Seen haben eine ungeheure Tiefe. So findet man im Wsttersse an einigen Stellen bei 300 Klafter keinen Grund. Der schottlandische See Tay ist tiefer als 690 Klafter, und der Genfersee hat an der savoischen Seite ziemlich nahe am Ufer 800 — 900 F. Tiefe. Jndeß ist die Tiefe eines Sees eben so wenig un¬ veränderlich als die eines Flusses. Gebirgsseen nehmen zur Regen¬ zeit bedeutend zu. Einige entleeren sich gar periodisch und füllen sich dann wieder, wie dieses beim Cirknitzerses in Kram der Fall ist. Solche Phänomene lassen sich ganz genügend aus einer Heberwirkung erklären, die dann beginnt, wenn die in der Erde befindlichen, den Heber vertretenden Höhlen so weit mit Wasser erfüllt sind, daß es die Abflußöffnungen erreicht. 122. Das Seewasser ist nicht rein, sondern enthält die mannigfaltigsten chemisch aufgelösten und mechanisch beigemengten Stoffe. Einige, wiewohl die wenigsten Seen führen eine bedeu¬ tende Menge aufgelöstes Kochsalz, wie z. B. der caspische See, und viele im nördlichen Asien. Einige Seen in Ungarn führen Na- trum. Das sogenannte todte Meer enthält, außer einer sehr bedeu¬ tenden Menge Kochsalz, auch noch insbesondere das sogenannte Ju¬ denpech. Dieses steigt vom Boden des Sees in die Höhe, nach¬ dem Rauchsäulen und übelriechende Ausdünstungen seine Ankunft verkündigt haben, welche große vulcanische Thätigkeit vermuthen lassen. Weltmeer. 725 123. Sümpfe und Moräste entstehen nur da, wo die Beschaffenheit des Bodens und der Zufluß nicht so beschaffen ist, daß sich ein See bilden könnte, und doch das Wasser nicht ablau¬ fen kann. Dle meisten Sumpfe hat Afrika aufzuweisen. Moräste gibt es ,rm nördlichen Europa in großer Menge und Ausdehnung. An vielen Stellen ziehe man daraus Bäume hervor und gewinnt Torf. 124. Das Weltmeer ist die ungeheure Wassersammlung, welche ein unter sich zusammenhängendes Ganzes ausmacht und das feste Land von allen Seiten umgibt. Es dringt vielfältig in das feste Land ein und bildet Arme, die man Meerbusen nennt, wohl auch große Bin n e n m eere, hat in seinen Theilen verschiedene Benennungen, welche von angrenzenden Ländern, von ihrer Lage gegen die Weltgegenden, wohl auch von minder wesentlichen Merkmalen hergenommen sind und überhaupt viel Will¬ kürliches an sich haben. Die vorzüglichsten Theile des Weltmeeres sind: 1) Has atlantische Meer, zwischen Europa und Nord¬ amerika bis zum n. Polarkreise; 2) das äthiopische Meer, zwischen Afrika und Südamerika; 3) das indische Meer, zwischen den bei¬ den Halbinseln Indien und der Ostküste Afrika's; 4) das stille Meer von der östlichen Grenze des indischen Meeres bis zur Westküste von Amerika; 5) das nördliche Eismeer, vom Nordpole bis an die Nord¬ küsten von Europa, Asien und Amerika; 6) das südliche Eismeer, vom Südpole bis zum äthiopischen, indischen und stillen Meere. Die vorzüglichsten Meerbusen sind das mittelländische Meer, das selbst wieder als besondere Meerbusen, das adriatische und schwarze Meer bildet, die Ostsee, das weiße Meer, das rothe Meer (arabischer Meerbusen), der persische Meerbusen, die Meerbusen von Benga¬ le» und Siam, von Cochinchina und Kamtschatka (OchotzkerMeer) und von Californien, der mexieanische Meerbusen, die Bassins- und Hudsonsbai rc. 125. Die Seiten des Meeresbeckens, welche man insgemein Küsten nennt, erheben sich an vielen Orten weit über die Fläche des Meeres und fallen steil gegen das Wasser ab, an anderen sind sie nicht viel höher als der Wasserstand. Hohe, schroffe, felsige Küsten sind meistens dort, wo das Meer tief und sehr stürmij a ist, sie sind aber wahrscheinlich durch das Meer selbst erzeugt, im dem das Land so lange weggeschwemmt und untergraben wurde, Felsen dem weiteren Vordringen ein Ende machten. Die höchst. 726 Meeresboden. Tiefe des Meeres. bekannte Küste der Erde ist die an der Westseite von St. Kilda, einer der hebridischm Inseln; ihre Hohe beträgt gegen 600 F. über die Meeresfläche. Die norwegischen Ufer sind auch fast durch¬ gängig steil und hoch. Zu den niedrigsten Küsten gehören jene von Holland, die eigentlich durch Kunst dem Meere abgewonnen wur¬ den und beinahe niedriger als das Wasser sind. Niedrige Ufer haben oft in der Nähe lange, über den Wasserstand hervorragende Sand¬ hügel, welche durch das Meer oder durch Flüsse angeschwemmt wurden und Dünen heißen. Durch allmählige Vergrößerung schließen sie sich an die Küsten unmittelbar an und werden zu einem eigentlichen Gestade. Von diesen muß aber der sogenannte Strand unterschieden werden, d. i. derjenige Theil des Meerufers, der nur bei niedrigem Wasser aus demselben hervorragt, bei hohem aber von demselben überdeckt wird und den landenden Schiffen große Ge¬ fahr bringt. Ein Strand kann durch günstige Umstände zu einer Düne und endlich gar zu festem Gestade werden. 126. Der Me e re s bo d e n ist im Ganzen wenig bekannt. Es läßt sich aber ohne weitere Untersuchung einsehen, daß er so wie das feste Land Erhöhungen, Thäler und Ebenen hat. Die meisten Inseln liegen in dem Zuge, in welchem die Gebirgskette eines nahen festen Landes liegt, zum Beweise, daß diese Ketten selbst unter dem Meere fortlaufen. Auch das Gestein, welches die Küsten bildet, findet man gewöhnlich noch eine ziemliche Strecke weit vom Lande, so daß man wohl annehmen kann, die Bestandtheile des festen Landes seyen mit denen des Meeresbodens im Allgemeinen übereinstimmend. Ungeachtet dieser Übereinstim¬ mung der Bestandtheile des Meeresbodens und des festen Landes hat ersterer doch einiges Eigenthümliche. Dahin gehören die in einigen Gegenden des Meeres, besonders iu der Südsee, so häu¬ figen Korallenbänke. Diese erheben sich vom Grunde des Meeres zu einer solchen Höhe, daß sie oft nahe an den Wasserspiegel rei¬ chen und unzähligen Inseln zur Unterlage dienen, oft aber vom Wasser bedeckt bleiben und die Schifffahrt ungemein gefährlich machen. 127. Von den Erhöhungen und Vertiefungen des Meeres¬ bodens hängt die Tiefe des Meeres ab. Man hat bis jetzt wenige genaue Resultate über diesen Punct, weil seine Untersuchung zu schwierig ist. Das sicherste Mittel, die Tiefe zu messen, ist ohne Zwei- Farbe des Meermassers. 727 fel ein an einer langen Schnur Hangender Körper von Blei; allein dieses laßt sich nur bei geringen Tiefen anwenden, weil bei gro¬ ßer Tiefe das Blei durch die Schnur,^welche specifisch leichter ist als das Wasser, getragen wird und daher nicht bis auf den Bo¬ den hinabsinkt. Deshalb bedient man sich zur Erforschung bedeuten¬ der Tiefen sogenannter Bathometer. Das brauchbarste Instru¬ ment dieser Art gab Hook an. Es besteht aus zwei an einander gehängten Körpern, wovon der eine specifisch schwerer, der andere specifisch leichter ist als Wasser. Laßt man sie ins Wasser, so macht sich der leichtere alsogleich vom schwereren los, sobald er den Mee¬ resboden erreicht hat, und steigt in die Höhe, so daß man aus der Zeit, welche verfloß vom Augenblicke des Untersinkens bis zum Em¬ portauchen, die Tiefe berechnen kann. Die Tiefe wechselt von eini¬ gen Ellen bis zu mehreren hundert Schuhen. Die größte gemessene Tiefe soll 1200 Klafter betragen. In der Regel nimmt die Tiefe zu, wie man sich vom festen Lande entfernt und zwar desto schneller, je steiler die Küsten aufsteigen. Sehr steile Küsten haben selbst zunächst an sich so große Tiefen, daß Schiffe nicht ankern können, wäh¬ rend ihnen flache Ufer wegen zu großer Seichtigkeit keine Annähe¬ rung gestatten. Merkwürdig ist der schnelle Wechsel der Tiefe in Gegenden, wo sich Korallen-oder Sandbänke befinden. Als Bei¬ spiel des letzteren Falles mögen die großen Sandbänke in Neufound- land dienen, wovon die größte 80 Seemeilen lang, 20 breit ist, und 40 Klafter unter Wasser steht, so, daß die Schiffe ohne Gefahr darüber segeln können, zu beiden Seiten aber ist das Meer uner¬ gründlich tief. 128. Die Farbe des Meermassers ist gewöhnlich grünlich, ins Blaue spielend; jedoch können der verschiedene Zustand der Luft, die Beschaffenheit des durchscheinenden Bodens, beigemischte orga¬ nische Stoffe die Farbe verschieden modificiren.An den westindischen Inseln ist das Wasser so durchsichtig, daß man auf dem mit wei¬ ßem, reinen Sande bedeckten Grunde jeden kleinen Gegenstand be¬ merkt und ein Fahrzeug in diesem Gewässer wie in der Luft zu hängen scheint. Von besonderer Klarheit soll das Wasser im arabi¬ schen Meerbusen seyn; im rothen Meere erscheint es wegen der häu- flgen Korallen röthlich. Bei stürmischem Wetter erscheint das Meer weiß, vor der Mündung des Platastromes hat man es oft »oth ge¬ sunden und Gewürme als die Ursache dieser Färbung angesehen. An der westlichen Seite Afrika's zwischen 20 — 34 nördlicher Breite ?2Ä Leuchten d. Meeres. B e st a n d t h. d. M e erwass. und um Florida ist das Meer, wie eine Wiese, grün gefärbt, weil es von organischen Stoffen ganz überzogen wird. 129. Eine für die Seefahrer sehr interessante Erscheinung ist das Leuchten des Meeres. Oft läßt nämlich ein Schiff so, wie es das Wasser durchschnitten hat, leuchtende Furchen hinter sich, manch¬ mal bemerkt man aber nur da Licht, wo die Wellen zusammen¬ schlagen; oft erscheint eine bedeutende Strecke wie mit unzähligen Sternen bedeckt. Es ist als ausgemacht anzusehen, daß dieses Phä¬ nomen durch kleine Thiere (Medusen, Sachen, Beroen, Physa- lien, Phyffophoren, Rizophysen re.) hervorgebracht werde, die vor¬ züglich im Leben, aber auch noch im Tode phosphoresciren, beson¬ ders wenn dieses durch Reibung und Wärme begünstiget wird. 130. Das Meerwasser hat einen bitteren und salzigen Ge¬ schmack, und bekommt leicht, wenn es in Ruhe steht, einen üblen Geruch; ersterer kommt von den in demselben aufgelösten Salzen (salzsaurer, schwefelsaurer und kohlensaurer Bittererde, kohlen¬ saurem Kalk, Kochsalz) her. Die Salzigkeit des Meerwassers »st in verschiedenen Meeren und in verschiedenen Längen - und Breitengraden verschieden. Das Wasser des atlantischen Meeres ist salziger als jenes der Südsee, und der indische Ocean ist gegen den atlantischen Ocean hin salzreicher als gegen die Südsee zu. Im atlantischen Meere ist die Salzigkeit am westlichen Theile größer als am östlichen, die Südsee scheint aber in allen Längen¬ graden einerlei Salzigkeit zu haben. In den großen Oceanen gibt es sowohl am nördlichen als südlichen Theile ein Maximum der Salzigkeit. Das nördliche steht weiter vom Äquator ab als das südliche. Der verschiedene Salzgehalt des Meerwassers ist Ursache seiner verschiedenen Dichte, die man durchschnittlich mir 1.02 an¬ gibt. An Stellen, wo das Meer tiefer ist und welche von den Küsten entfernter sind, ist auch das Wasser salzreicher; Meerbusen, die mit dem großen Oceane nur durch schmale Canäle zusammen- hängen, sind ärmer an Salz als der weite Ocean, das mittel¬ ländische Meer ist allein der stärkeren Verdünstung wegen daran reicher. Große, sich ins Meer ergießende Ströme, vermindern die Salzigkeit desselben und äußern diesen ihren Einfluß oft meilenweit von der Mündung. Nach Lenz (Pogg. Ann. 20. 73) ist der Salz¬ gehalt des Meeres vom Äquator bis 45° Breite in allen Tiefen Innerhalb 1000 Klaftern derselbe. — Der Salzgehalt des Meeres, zll dessen Erklärung viele zum Theile sehr sonderbare Hypothesen Ebbe und Fluch. 7A) ausgestellt worden sind, kommt demselben ohne Zweifel ursprüng¬ lich zu und die Salzlager, welche man auf dem Continente so reichlich antrifft, sind demnach Sedimente des Meeres, das einst diese Gegenden bedeckte. Damit stimmt der Umstand vollkommen überein, daß sich bei Salzlagern auch Überreste von Seethieren und Seepflanzen finden. In dem berühmtesten aller Salzlager, bei Wieliczka, sieht man deutlich, wie das Salz den Lauf der Kar¬ pathen verfolgt, und da, wo es an die Berge grenzt, mit einer solchen Biegung aufhört, wie sie beim Wellenschläge nothwendig entstehen mußte, auch findet sich unter den dortigen Salzgattungen eine etwas bitter schmeckende. Die Verschiedenheit des Salzgehaltes rührt von der verschiedenen Ausdünstung und diese von der größeren oder geringeren Bewegung der Luft über dem Wasser und von ihrer Temperatur ab. 131. Wiewohl das Meer im Ganzen keine von seiner Schwe¬ re abhängende fortschreitende Bewegung hat, so gibt es doch man¬ nigfaltige Bewegungen seiner Fluthen, die oft für die Schifffahrt von großer Bedeutung sind. Dahin gehören die Ebbe und Fl u th, beständige, periodische und unregelmäßige Strömungen und endlich der W e ll e n s chlag. 132. Unter Ebbe und Fluth versteht man das periodische Abnehmen und Anschwellen des Wassers, deren jedes täglich zwei¬ mal erfolgt. Ungefähr 6 Stunden nach der Fluth tritt die Ebbe ein, und diese wechselt nach einer gleichen Zwischenzeit wieder mit ber Fluth: doch verspätet sich die periodische Wiederkehr der Fluth täglich um ungefähr so viel, daß ihre Periode genau mit der hal¬ ben täglichen Umlaufszeit des Mondes zusammenfällt. In offener See schwillt das Wasser von Osten her an und läuft gegen Westen wieder ab, an den Küsten wird aber sowohl die Richtung als die Geschwindigkeit und Größe des Zu- und Abströmens durch die be¬ sondere Lage und die Krümmungen der Küsten, durch Strömun- gen, wohl auch durch das Einmünden der Flüsse und durch Winde bedeutend modificirt. Zwischen den Orkney- und den schetländischen Inseln fließt das Wasser von NW. zu und nach SO. ab, m der Davisstraße kommt es von S. und fließt nach N. ab; die mittlere Geschwindigkeit des Zu- und Abflusses wird in offener See zu 2 angenommen, an den Küsten fällt sie oft so klein aus, daß auf einen Tag statt zwei Fluthen nur eine kommt, wie dieses bei Westighien der Fall ist, auch erfolgt der Zu- und Abfluß nüyt 730 Gesetze der Ebbe und Fluth. immer mit derselben Geschwindigkeit. In der Meerenge von Malacca stießt das Wasser einen Theil des Jahres hindurch 9 Stunden lang zu und nur 3 St. lang ab, bei Vera Cruz dauert der Zu- und Abfluß gar 24 St. und es herrscht daselbst wahrend eines Tages gar nur eine Fluth und eine Ebbe. Die Höhe der Fluth ist nicht immer dieselbe, sondern unterliegt bedeutenden Ver¬ änderungen und diese stehen in deutlicher Beziehung mit den Mondesphasen und mit der Entfernung des Mondes von der Erde. Gegen die Zeit deS Vollmondes und des Neumondes wachsen sie und gegen die Zeit der Viertel nehmen sie wieder ab, doch treffen die größten Fluthen (Springfluthen) erst Ij Tag nach dem Voll¬ oder Neumonde ein und auch die kleinsten (Nippfluthen) fallen nicht genau auf die Mondesviertel. Die Zeit des Eintrittes der Fluth wird beschleunigt, wenn der Mond von der Conjunction oder Opposition der Quadratur zugeht, und verzögert, wenn derselbe von der Quadratur der Conjunction und Opposition entgegengeht. Selbst die Springfluthen sind periodischen Ungleichheiten unterwor¬ fen; sie sind zur Zeit der Nachtgleichen am größten, zur Zeit der Sonnenwende am kleinsten, doch sind wieder in den Wintermona¬ ten die Springfluthen der nördlichen Halbkugel Morgens stärker als des Abends, umgekehrt in den Sommermonaten. So wie sich die Sonne, noch mehr aber der Mond der Erde nähert, wachsen die Fluthen so, daß die größten aller Fluthen dann eintreten, wenn die Nachtgleiche mit einem Neu- oder Vollmonde und der Erdnähe des Mondes und der Sonne zusammentrifft. —» Beim Ausflusse der Elbe beträgt der Unterschied zwischen dem höchsten und niedrigsten Wafferstande 10—'12 F., bei den canarischen Inseln steigen die Springfluthen auf 7 — 8 F., an den portugiesischen und spanischen Küsten auf 12 F., in der Bai von Bisoaya auf 15 F., in der Bai von St. Malo auf 15 F., bei Cherbourg be¬ trägt die Fluthhöhe 19 F., bei Cowes 14 F., bei Havre und Dovre 18 F., bei Dieppe und Calais 17 F. Die Fluth reicht ost weit in die Flüsse hinein und erzeugt an den Mündungen Sand¬ bänke (Barren). 133. Man leitet heut zu Tage allgemeine Ebbe und Fluth von der anziehenden Kraft der Sonne und des Mondes ab, und rechtfertiget dieses durch genaue Berechnung dieser Phänomene aus der Gravitation. Diese Berechnung beruht auf Folgendem: Es sey 6 (Fig. 370) der Mittelpunkt der Erde, dieselbe sey ringsum von Erklärung der Fluth. Strömungen. 73! Wasser bedeckt und dieses habe in jenem Gleichgewichtszustände, in welchen es blos durch die irdische Schwere versetzt wird, die Gestalt aeLck. Ist ein Körper, der anziehend auf die Erde wirkt, und seine Entfernung von derselben von solcher Größe, daß gegen sie der Erdhalbmcffer nicht verschwindet und daher die Theile in n, e, 5, A, eine verschiedene Anziehung erleiden; so kann das vorige Gleichgewicht nicht weiter bestehen und die Flüssigkeit wird eine andere Gestalt annehmen müssen, damit wieder Gleich¬ gewicht eintrete. Da a mehr gegen hin gezogen wird als letzteres hingegen mehr als ö, so wird sich dem Körper die Ober¬ fläche des Wassers in a mehr, in ö aber weniger nähern als der feste Theil der Erde, dessen Annäherung an jener seines Mittel- pnnctes gleich ist, und das Wasser nimmt demnach die Gestalt ci/Z^ö an. Es käme das Wasser ins Gleichgewicht, wenn die Erde keine Azendrehung und der Körper keine Bewegung hätte; vermöge der Axendrehung der Erde und der Bewegung des Körpers A um dieselbe bleibt es aber in steter Bewegung, es strömt fort¬ während von o und ck nach a und ö hin, aber die Stellen a undü rücken selbst um die ganze Erde herum. Ist nun der Mond, so begreift ma daß durch ihn täglich an derselben Stelle zwei Fluthen und zwei Ebben hervorgebracht werden. Auf ähnliche Wei¬ se wirkt auch die Sonne, aber die von ihr erzeugten Fluthen wer¬ den kleiner seyn, ungeachtet ihre Anziehung größer ist, als jene des Mondes, weil ihre Entfernung von der Erde so groß ist, daß sie die Punete a, ö, e, A und <7 fast gleich stark anzieht. Hallen die von der Sonne und die vom Monde herrührende Aluth zu¬ sammen, so geht daraus eine Springfluth hervor; fällt die Mon- dcsfluth in die Sonnenebbe, so resultirt daraus eine Nippfluth. Hier wurde der Leichtigkeit wegen die ganze Erde mit Wasser bedeckt angenommen. Wenn auch dieses in der Wirklichkeit nicht Etatt findet, so wird dadurch im Wesen der Theorie doch nichts geändert, sondern es werden nur locale Abänderungen hervorgebrachc. (Eine genaue Theorie dieser wichtigen Erscheinung findet man in esterts, tom. -v. 63 et tom. und ltt Schmidt's Handbuch der math. und phys. Geographie. Gömngen 1830. B. 2. S. 532.) . 134. Die Strö m u n g e n sind vorzüglich für die Schmsahl von großer Wichtigkeit und werden darum von den Seefahrern s ci- ß'g beobachtet. Sie rühren im Allgemeinen von den herrschenden 732 Ä g u a t o r i a l st r o m. Winden, von der Arendrehung der Erde/ von der verschiedenen Temperatur und Salzigkeit des Meermaffers / vom zeitweiligen Schmelzen des Polareises/ von der ungleichen Ausdünstung/ von Ungleichheiten des Bodens und endlich von der durch einströmende Flüsse mitgetheilten Geschwindigkeit her. Unter den allgemeinen Strömen ist der A g ua t o r ia l str om (von den Holländern Dü¬ nung genannt) der wichtigste; er herrscht zwischen den Wende¬ kreisen/ ja selbst bis zum 28. Grad nördl. Br. und fließt mit einer mittleren Geschwindigkeit von 9—10 Meilen in 24 St. im All¬ gemeinen von Ost nach West/ aber durch den Widerstand der Kü¬ sten erhält er oft eine andere Richtung. Ein andererwichtiger, beständiger Strom ist der G o l p h stro m. Dieser entsteht durch den Äguatorialstrom im mericanischen Meerbusen/ geht anfangs durch den Canal von Bahama nördlich/ hierauf nordöstlich und dann östlich und wird dabei immer breiter und langsamer. Östlich von Boston ist er 80/ im Meridian der Azoren gar 160 Seemeilen breit, und hat eine Geschwindigkeit von einer Meile in der Stun¬ de. In 45° — 50° nördl. Br. theilt er sich in zwei Arme/ wovon einer südlich geht und unter Madeira wieder zu seinem Ursprünge zurückkehrt/ der andere aber in nordöstlicher Richtung gegen die Küsten von Europa zieht, an den norwegischen und irländischen Kü¬ sten gleichsam reflectirt wird, nach West zurückkehrt und mit einem aus dem Eismeere durch die Davisstraße kommenden Strome ver¬ eint gegen die Ostküste Grönlands zugeht. Man erkennt sein Da- seyn leicht aus der höheren Temperatur und auS der blauen Farbe seines Wassersund dem häufigen Tange, den er mit sich führt. — Es gibt noch viele andere beständige Ströme, aber sie sind noch nicht so genau untersucht, wie die vorhergehenden. Ein sol¬ cher geht vom baltischen Meere inS deutsche, vom schwarzen Meere in den Bosphorus und seitwärts wieder zurück re. Auch viele perio¬ dische Strömungen sind bekannt. Den größten Theil des Jahres hindurch geht das Wasser um das Cap Horn und Feuerland vsM stillen in den atlantischen Ocean. Im indischen und chinesischen Meere gibt es mehrere periodische Strömungen. Vom October bis Mai strömt das Wasser in das roths Meer und vom Mai bis October fließt es wieder zurück. Im chinesischen Meere herrscht von Mitte Mai bis Mitte August ein nordöstlicher und von Mitte August bis Mitte Mai ein südwestlicher Strom. Zufällige Strömungen können überall durch anhaltende Winde und durch Wirbel. Wellen. Festes Land. den Wechsel des WasserreichthumS einmündender Flüsse erzeugt werden. — Stoßen starke Strome in entgegengesetzten Richtungen aufeinander, so entstehen daraus Wirbel, die manchmal noch durch den Widerstand des Wassers an Felsen, auch durch Reflexion desselben bedeutend verstärkt werden, aber den Schiffenden setzt nicht mehr so fürchterlich sind als ehemals. Solche Wirbel sind die sogenann¬ ten Scylla und Cha ribdis, der Mahl- oderM o sk e stro m an der norwegischen Küste, der chalcidischs Strudel zwischen Euböa und Attika, mehrere Wirbel im indischen Meere, bei Japan :c. rc. 135. Durch den Stoß des Windes entstehen die Wellen. Bläst der Wind mit der Oberfläche des ruhigen Wassers parallel, so kann er durch Reibung die Wellenbewegung anfachcn, trifft er¬ ste aber schief, so wirkt er, wie ein in das Wasser geworfener Kör¬ per. Aus S. 252 u. f. ist klar, nach welchen Gesetzen alles vor sich geht. — Die Höhe und Breite der Wellen richtet sich nach der Stärke und Richtung des Windes und nach der Aufeinander¬ folge seiner Stöße, aber auch nach der Tiefe des Wassers, daher man auch letztere aus dem Wellenschläge beurtheilen kann. Die mittlere Höhe der Wellen beträgt nicht über 6 F, sie ist in der Nordsee größer als in der Ostsee und im mittelländischen Meere, im atlantischen Oceane sind die Wellen vorzüglich lang und breit. Der Wellenschlag ist nur in offener See völlig regelmäßig, wenn ihm keine Klippen im Wege stehen, an Felsen.entstehen die so¬ genannten Brechen (reflectirte Wellen) und an Ufern die Bran¬ dungen. (System einer allgemeinen Hydrographie des Erdbodens von Otto. Berlin ILIO.) Drittes Kapitel. Festes Land. 136. Das feste Land erhebt sich in verschiedener Höhe über das Meer und steigt in der Regel desto mehr auf, je weiter es vom Meere entfernt ist. Der Verticalabstand der größten Höhe von der kleinsten ist nicht genau bekannt. Setzt man die größte ^iefe >.e? Meeres gleich der halben Höhe des höchsten Berges über die Mee- Vesfläche, so erhält man für jenen Abstand etwa 6000 Klafter und diese machen den 573—336, 5^-336—0.00144^-335-99856,n^---0.10467 und weil1^5 — 0.0000018585 ist, m 56320 (loF 7> — a')- Heißt in einer anderen Station der auf 0° 17 reducirte Barometer¬ stand so erhält man die Höhe derselben durch die Formel m — 56320 (loA Z> — tag' n') šii¬ ti nd aus beiden den Höhenunterschied beider. Stationen: — m — 56320 « — lvA a) Diese Formel gilt aber nur für die Temperatur — 0° <7 und für ganz trockene Luft, ja sie sctztssogar voraus, daß die Schwere auf die obere und untere Luftschichte gleich stark und in beiden so wirke, wie in einer Breite von 45». Alle diese Punete trifft man aber nie in der Wirklichkeit so an, wie es hier verlangt wird; daher muß man obige Formel so einrichten, daß sie auf jeden verkommenden Fall paßt. Der numerische Eoefficient dieser Formel ändert sich mit der Wärme, weil dadurch auch das Verhältniß zwischen der Dichte des Quecksilbers und der Luft verändert wird. Man kann füglich annehmen, jener Coefficient sey der Temperatur proportionirt und gehe dann für die Temperatur r in 56320 s1-l-0 00375.r) über. Der Werth von r ist die mittlere Temperatur beider Stationen, als welche man gewöhnlich die halbe Summe der Temperaturen 7M Barometrische H öh en m essung. beider Stationen annimmt. Ist demnach die Temperatur der Lust in der unteren Station r, in der oberen-'; so hat man: m' —m — 56320 (1 -l- 0.00375.—-—) (lc>§a— loA «'). Die Correction für die in der Luft enthaltenen Dünste bezieht sich auf zwei Puncte, 1) auf die Änderung des Luftdruckes durch den Zutritt der Dünste, 2) auf die Änderung der Ausdehnungsgröße trockener Luft durch die Wärme, welche durch Beimengung der Dünste eintritt. Heißt die Spannkraft der Dünste in der unteren Station s, in der oberen so verhält sich der Druck von Seite der Dünste zum Druck von Seite der Luft in der unteren Station nahe wie in der oberen wie e':a', falls die Dünste wie die Luft nachObcn zu an Dichte abnehmen; allein da nach An¬ derson die Dünste viermal schneller abnehmen als die Lust, so hat I 1 man nur die Verhältnisse nahe wie s : a und —e':a'. Daher 6 6 ist der Druck der trockenen Lust in der unteren Station a — e -, in 6 deri oberen «' — —. Das Volum trockener Luft ändert sich durch 6 Beimengung von Dünsten in der unteren Station in dem Ver' hältnisse 1 -j- — :1, in der oberen wiel-l- : I. Seht a— e a—6 man nun für s oder «' die mittlere Spannkraft der Dünste <2 <2 und für -r dieiimittlere Barometerhöhe ; so hat 'Man eint Änderung des Lüftvolums und daher auch des specifischen Gewich- tes in dem Verhältnisse 1-l------ : I, ü-j-a — (e-I-e) Werden diese Correctionen in obiger Formel angebracht, st wird: m' — m — 56320 (^1-l-0.00375.— / e-s-e' X / «- e' X !1 -p--: —'— I I tvF la-) — /os la'-) I Die Correctionen wegen der Abnahme derSchwere nach Oben lassen sich am einfachsten dadurch anbringen, daß man ein für alle¬ mal den Coefficienten 56320 um 150 Einheiten vergrößert. Die H ö h e n f o r m e l. 737 Correetion, wodurch die Formel für jede geogr. Breite ? brauch¬ bar wird, verrichtet man mittelst des Factors 1-l-0.002837 Auf diese Weise erhält man als allgemeine Formel, welche den Höhenunterschied zweier Stationen in P. F. angibt: m'— m—56470 (l -l- 0.00375 . — V a. -i- a — js-l-e)/v 6 6 / ( 1 -l- 0 002837 -°» ? Für Fälle, wo keine gar große Schärfe verlangt wird, reicht die Formel aus m — nr'— 56470 ^l.-l-0.002 . je -4- r')^ ^loZ «'— log Soll die Formel die Höhenunterschiede im Wiener Fußmaß ange¬ ben, so muß man statt obigen Factors 56470 setzen 57992. Wenn die Stationen, deren Höhenunterschied man sucht, nicht gar weit Von einander entfernt sind, so kann man diesen Unterschied nach den gleichzeitigen Barometerhöhen in beiden berechnen; ist aber ihre Entfernung groß, so muß man für und -r die aus vielen Beob¬ achtungen genommenen mittleren Höhen setzen. Im ersten Falle ist weder die Tageszeit noch der Zustand der Atmosphäre, bei denen man die Beobachtung macht, gleichgültig. Die Theorie der thermometrischen Höhenmessung besteht in Folgendem: Bekanntlich haben die aus dem siedenden Wasser auf¬ steigenden Dünste eine Spannkraft, welche dem jedesmaligen Luft¬ drucks gleich ist, und beide werden demnach durch dieselbe Queck¬ silbersäule gemessen; ferner herrscht zwischen der Spannkraft -r jener Dünste und der Temperatur - der oberen siedenden Schichten eine !- Relation, die sich durch folgende Gleichung ausdrücken läßt: 47 23.945371 c ZoLf a ---— 2.2960374 ° 800-1-3- Substituirt man in derFormelfll) statt a den Werth, so erhält man 439062 299147-n- Die Correctionen wegen der Luftfeuchtigkeit, der Temperatur und den Änderungen der Schwere lassen'jsich wie bei der barometrischen Formel anbringen. Zur leichteren Berechnung geringer "Berghohen dient folgende Tafel: L bezeichnet den auf 0° L reducirten Barometerstand, 7/die Höhe, 7) die Differenz zweier auf einander folgender Hohe». Alles bezieht sich auf Wienermaß. Nqturlehre 5- Aufi. 738 Hypsometrische Tafel. Ihr Gebrauch. Beim Gebrauche nehme man, aus der Columne die Zahl, welche den Barometerstand L in der ersten Station, nach Hinweg¬ lassung der Bruchtheile einer Linie, bezeichnet, hierauf multiplicire man die weggelassenen Zehntellinien mit derZähl aus der Columne D, welche dem Barometerstände entspricht, und addire dieses Pro. duet zu ersterer Zahl, thüe hierauf dasselbe für den Barometer¬ stand der zweiten Station; so erhält man durch die Differenz der zwei so gefundenen Zahlen die verlangte Höhe — Um diese für die Luftwärme in beiden Stationen zu corrigiren, multiplicire man den tausendsten Thöil der gefundenen Höhe mit der doppelten Sum¬ me der Temperaturen beider Stationen und gebe das Product mit seinem Zeichen zu Z. B. aus 24 gleichzeitigen, im botanischen Garten in Wien und am Leopoldsberge bei Wien angestellten Beobachtungen ergab sich die auf 0° 6 reducirte Varometerhöhe in Wien — 339.1 L. und die am Leopoldsberge — 330-5 Der Zahl 339 entsprechen in der Tabelle . . . 3078 v-1 ....... . 7 mithin 339-1 - . . . . ... 3085 Eben so entsprechen der Zahl 330 in der Tabelle - - 2400 0-5 . . . ' . 38 mithin 330.5 . . . . 2438 und daher der Höhenunterschied 3085-2438--- 647 Laodhöhen. 739 Die Temperatur in Wien war 14.40, die am Kahlenberge 14-42. mithin die doppelte Summe 57-64 und 57.64X0.647 —37.4 und daher die gesuchte Höhe 647-l-37 —684 F. Siehe hierüber: Die Hypsometrie mittelst physischer Beobachtungen von A- Supp an. Innsbruck 1834. Das Höhenmessen mit dem Thermometer von I. W. Gintl. Wien 1835. 138. Das Joch einer Gebirgskette ist selten so schmal, als die vorhin gemachte Vergleichung mit der Kante eines dreiseitigen Prisma's anzuzeigen scheint. Es gibt wohl besonders in Deutschland einige Puncte, wo das Joch nicht die Breite eines Hauses hat, wie z. B. am Brenner in Tyrol, wo das Dachwaffer eines Hauses von einer Seite dem adriatischen, von der anderen dem schwarzen Meere zu fließt, oder im Dorfe Siechingen im Würtembergischen, wo von einem Hause sich das Regenwasser zum Theil in den Neckar, und mithin in die Nordsee, zum Theil in die Donau und dadurch ins schwarze Meer ergießt. In den französischen Gebirgen beträgt die Breite kaum eine Meile, in Norwegen bei Langsiels 8 —12 Meilen, in Amerika gar 50 Meilen. Man heißt diese Gegenden Landhöhen oder Landrücken. — Die berühmtesten Land¬ höhen befinden sich in Amerika, nämlich die von Titicaca und An- tisana (2050— 2155 W. K. hoch), von Quito und Caxumarca (1530 Kl.), von Bogota (1407 Kl.) und Mexico (1199 Kl.). Asien hat, so weit man es kennt, nur zwischen den Gebirgsketten des Himalaya und Kuenlun Landhöhen, die sich den amerikanischen zur Seite stellen lassen. Die persische Landhöhe hat nur 667 W.K. Afrika ist uns zu wenig bekannt, als daß man die Landhöhen genau anzugeben im Stande wäre. Das Hochland Abessinien ist wohl unter allen das bekannteste und auch nach allen Nachrichten so hoch, daß es dem Hochlande Quito noch am ersten an die Seite gestellt werden dürfte. Europa hat kein Hochland aufzu¬ weisen, welches sich mit denen der übrigen Welttheile messen könnte. Das schwäbische Hochland hat nur 450 Kl. Höhe, das Plateau zwischen den Alpen und dem Jura 267 —- 277 Kl. und das in Spanien 359 Kl. Höhe. Selbst das Hospiz auf dem großen Bernhard, der höchste bewohnte Ort Europa's und noch dazu keine Gebirgsebene, liegt tiefer als die benannten Landhöhen der anoe- ren Welttheile. 139. Selten behält ein Joch eine lange Strecke hindurch die¬ selbe Richtung, sondern es wendet und biegt sich nach verschiede- 47 * 740 Passe. Abfall der Gebirgsjoche. neu Gegenden. Von der Richtung der Gebirgsrücken hängt die Gestalt eines Landes ab, das sich über das Meer erhebt. In Ame¬ rika lauft ein mächtiges Gebirge von Süd nach Nord und das Land hat auch in dieser Richtung die größte Ausdehnung. In Nord¬ amerika läuft ein Gebirge von Nord nach Süd längs der Westküste und ein anderes an der Ostküste von Nordost nach Südwest und davon hängt die dreieckige Gestalt des Landes ab; dasselbe findet in Südamerika Statt, wo nebst dem von Nord nach Süd laufenden Gebirge auch noch eine Gebirgskette von Nordost nach Südwest hinzieht. In Asien ziehen die größten Gebirge von Ost nach West durch das Land und dieser Welttheil ist auch in dieser Richtung am ausgedehntesten; Indien erhält seine dreieckige Gestalt wie Nord- und Südamerika durch besondere Bergketten; Afrika erhält seine Gestalt durch Gebirgsketten, die in der Nähe des Meeres hin¬ laufen; in Europa erstrecken sich die größten Gebirge von Nordost nach Südwest und in dieser Richtung ist dieser Welttheil auch am ausgedehntesten. — DieH öhe des Joches ist in derselben Gebirgs¬ kette verschieden. Ist die Kette selbstständig und von allen Seiten mit Ebenen umgeben, so liegt ihre größte Höhe in der Mitte; ist sie aber nur ein auslaufender Zweig eines größeren Gebirgs¬ stammes, so hat sie indem Theile die größte Höhe, welcher dem Centrum am nächsten ist, und verflächt sich immer mehr. 140. Beträchtliche und schnelle Abfälle eines Gebirgsjoches bilden Pässe, welche als Vereinigungspuncte zweier getrennter Länder angesehen werden können, und ihrer, in Bezug auf die benachbarten Theile des Gebirges, niederen Lage ungeachtet, ost eine bedeutende absolute Höhe haben. Auf diese Weise verbinden die Pässe über den Brenner und St. Gotthard das westliche Deutschland mit Italien, der Paß des Puymorin Frankreich mit Spanien u. d. m. Oft werden Gebirgszüge von Flüssen durchbro¬ chen, wie dieses z. B. die Elbe bei Königstein, der Rhein zwischen Mainz und Köln thut. Daher folgt auch die Wasserscheide nicht den Gebirgszügen. 141. Der Abfall einer ganzen Gebirgskette besteht aus einer großen Anzahl besonderer Abfälle, die man ersteigen muß, um den Gipfel oder das Joch zu erreichen. Die mittlere, aus allen diesen zusammengesetzte Neigung der Seitenflächen wechselt bei gewöhnli¬ chen Gebirgsketten von 2° — 6°, der südliche Abfall der Alpen von den höchsten Punkten an beträgt nur 34°. Allein es scheint eine Wüsten. 741 allgemeine Regel zu seyn, daß die beiden Abhänge einer Gebirgs- kette ungleich sind und daß immer einer kürzer und steiler als der andere ist. Die Pyrenäen, Alpen und Karpathen haben den stärk¬ sten Abfall gegen Süden, das Erzgebirge, die Sevennen, Voge¬ sen und der Jura gegen Osten, die Anden in Amerika sind gegen Westen am steilsten. Man kann es als Regel ansehen, daß die Ge¬ birge immer dort den steilsten Abhang haben, wo sie ein Becken einschließen, es mag dieses nun festes Land seyn, oder Wasser ent¬ halten. So sind alle Gebirge, welche Böhmen umgeben, gegen dieses Land hin am steilsten, der Schwarzwald und die Vogesen sind gegen das Rheinthal am steilsten; die Berge, welche den Genfersee einschließen, kehren diesem den kürzesten Abhang zu, sa selbst bei kleineren Becken findet dieses Statt. So ist der Traun¬ stein an der Seite des Traunsees, der Watzmann an der Seite des KönigsseeS am schroffsten. 142. Die Gebirgsketten haben häufig an den Abhängen senk¬ recht auf ihrer Länge tiefe Einschnitte, welche Thäler bilden, die von den vorhin genannten, von ganzen Gebirgsketten gebildeten unterschieden werden müssen und eigentlich nur große, bis zum Fuß der Kette herabsteigende Rinnen formiren. Diese Thäler theilen die Kette in kleinere, untergeordnete Arme und Zweige, von denen alles das gilt, was von der Hauptkette gesagt wurde. Ihr Joch fällt nicht gleichförmig ab, sondern hält sich oft lange in einer be¬ deutenden Höhe, und senkt sich dann plötzlich; sie laufen oft über den Fuß der Hauptkette hinaus. Erstrecken sie sich bis zum Meere und endigen sich da schnell, so nennt man sie ein Cap oder Vor¬ gebirge. 143. Den Gebirgsgegenden stehen die sogenannten Wüsten sowohl in Hinsicht ihrer physischen Beschaffenheit, als auch durch die Rolle, welche sie in der Geschichte der Erde spielen, gerade gegenüber. Wenn jene dem Auge eine unendliche Akmnigfaltigkeit darbieton, so ermüden es diese durch eine eben so große Einförmig¬ keit. So wie jene die Geburtsstätte der Quellen und Flüsse sind, die gewürzreichsten und kräftigsten Pflanzen nähren, unzähligen Thieren zum Aufenthalte dienen und von ihren höheren Puncten das herrlichste Panorama darstellcn; so sind diese wasserarm und trocken, von aller Vegetation entblößt, meistens nur mit Sand und kleinen Steinen bedeckt und gewähren dem Wanderer das lchauerliche Bild einer todtcn Welt. — Wiewohl die Wüsten in 712 Oasen. Llanos. der Regel allenthalben, wo sie vorkommen, denselben Grund¬ charakter einer großen, der Vegetation im Allgemeinen ungünsti¬ gen Ebene behalten.; so werden sie doch im Einzelnen durch die Beschaffenheit des Bodens, durch das Clima und ihre Höhe über die Meeresfläche näher bestimmt. — Die Wüsten von Asien und Afrika sind eigentliche Sandmeere und bestehen aus unermeßlichen Strecken, die mit Flugsand oder mir großen Kieselstücken über¬ säet sind; sie lassen sich vom CapBojador an bis jenseits des Indus in einer Strecke von 1400 geogr. Meilen verfolgen. Die größte ist die Sahara, die wie ein ausgetrockneter Meeresarm ganz Afrika zwischen dem 15. und 31.° nördl. Br. durchsetzt und 65000 Q. Meilen faßt. In ihr spricht sich der Charakter einer Sandwüste am schrecklichsten aus. Sie bietet dem Auge nichts als eine uner¬ meßliche, durch keinen Hügel unterbrochene Ebene dar, nichts als brennender Sand, mit dem die Winde ihr verderbliches Spies treiben, bedeckt den pflanzenleeren Boden, keine Quelle findet sich . daselbst, und nur selten stoßt man auf künstliche, in den Sand ge¬ grabene Brunnen, zu welchen dem Wanderer die in Sand ge¬ steckten Knochen von umgekommenen Thieren den Weg zeigen, die häufig wieder verschüttet oder von Jnsectenschwärmen erfüllt sind. Die Lust ist wolkenlos, heiß, rökhlich trübe, mit dem fein¬ sten Sande überladen, von keinem Regen erfrischt und von keinem Vogel besucht. Nur wenige Orte dieses grauenvollen Meeres ragen, wie Inseln, mit ihrer üppigen Vegetation aus dem Sande hervor; sie werden Oasen genannt. Eine andere große Wüste Afrikas ist die Ly bische, welche vom Nilthale begrenzt wird. Jenseits der Landenge von Suez sängt die Wüste Nedsjed an, die das ganze Innere von Arabien ausfüllt. Der Euphrat ist die östliche Grenze der arabischen und syrischen Wüste. Persien wird vom caspischen Meere an bis zum indischen von ungeheuren Sand¬ meeren durchschnitten, unter denen die an Salz reichen Wüsten von Adjemin, Kerman und Mekan die hauptsächlichsten sind. Nach Humboldt beträgt dec Erdstrich, den diese Sand¬ wüsten einnehmen, die Oasen abgerechnet, gegen 112,000 geogr. Quadrarmeilen. 144. Die Ursachen der Abwesenheit aller Vegetation in den bisher genannten Wüsten ist der Mangel an Wasser, der durch das Clima und die Lage hervorgebracht ist und die Armuth an Vegetation selbst wieder bedingt. Dieses zeigen die Oasen dieser Steppen. 743 Wüsten und der Umstand / daß selbst dort/ wo das Clima kälter ist, aber wegen der Hohe über der Meeresstäche und der Beschaffenheit des Bodens alles Wasser abfließt/ die Gegend das traurige Bild einer Sandwüste darstellc, wie dieses bei der asiatischen Wüste Co bi zum Theile der Fall ist. Diese bedeckt nämlich einen großen Theil der großen Gebirgsebene Asiens und hat am westlichen Theil in einer nördlichen Breite von 35—-4-" große Strecke»/ die mit Flugsand bedeckt sind. Der Einfluß des Wassers zeigt sich vorzüglich an den sogenannten Llanos in Amerika/ ander Wüste Kara o in Südafrika und an vielen Gegenden/ die bei einem anderen Clima gewiß Sandwüsten wären/ nun aber in die Reihe der so¬ genannten Steppen gerechnet werden dürfen. DieKarao hat ungefähr 1000 geogr. Quadratmellen / liegt zwischen hohen Ber¬ gen und ist selbst von nicht unbedeutenden Thonschicfergebirgen durchzogen/ stellt aber doch auch Ebenen von 30 — 40 Quadrat¬ meilen dar. Ihr Boden besteht auch aus Thon und Sand. Dieser wird während des Sommers so ausgetrocknet/ daß er mächtige Sprünge bekommt/ an vielen Stellen ganz ausgedorrt ist und die Vegetation verliert/ während er an anderen/ wasserreichen mit dem schönsten Pflanzenschmucke prangt. Sobald aber die kühlere Jahreszeit Regen bringt/ so erwachen die in der Erde vergrabenen Wurzeln und Samen/ und bald lockt die üppige Vegetation die Bewohner der nahen Gebirge mit ihren Heerden herbei. Ein ähn¬ liches Schauspiel bieten die Llanos in Amerika dar. Sie liegen, wie die Sahara, im heißen Erdstriche/ besitzen aber ein mehr feuchtes Clima und erscheinen daher in jeder Jahreshälfte in einer anderen Gestalt. Wenn im Sommer unter dem senkrechten Strahle der Sonne die Pflanzendecke abgebrannt und derBoden ausgetrocknet ist und selbst der sonst kühlende Ostwind neue Hitze bringt; so wetteifern sie an Unfruchtbarkeit mit Sahara; sobald aber die Regenzeit ein¬ tritt, überzieht sich der ganze Boden mit den mannigfaltigsten Gräsern. 145. Die Steppen gleichen durch ihren Mangel an ab¬ wechselnden Vertiefungen und Erhöhungen den Wüsten, unterschei¬ den sich aber von ihnen dadurch, daß sie den Sommer hindurch mit Pflanzen besetzt sind, worunter viele Salzpflanzen Vorkommen, die wenigstens den Schein einer Wüste tilgen. Solcher Steppen gibt es besonders in Asien viele. Sie erstrecken sich von der chinesischen Mauer bis zum Aralsee, fast ununterbrochen 1000 geogr. Meilen 744 Höhenzüge. Asiatische GebirgSzüge. weit. Dazu kommen noch die nördlich von Astrachan liegenden und diejenigen, welche sich zwischen der Wolga, dem Don und Dnieper bis zur sogenannten beßarabischen Wüste hinziehen. — Eine der größten Steppen der Erde befindet sich in Amerika. Sie zieht von der Küstengebirgskette von Caraccas bis zu den Waldern von Guyana und beträgt nach Humboldt 14000 Quadratmeilen. 146. Es haben sich mehrere ausgezeichnete Gelehrte bemüht, alle Höhenzüge der Erde als Verzweigungen eines gemein¬ schaftlichen Hauptstammes darzustellen. Sie nehmen z. B. den Hauptgebirgsstamm in Asien an, lassen ihn durch die Mitte dieses Welttheils hinziehen, Äste nachSibirien undJndien absenden, mit dem Stamme aber nach Europa fortlaufen und einen Zweig nach Afrika senden, der diesen Welttheil durchsetzt, ununterbrochen ldurch das Meer fortlauft, den Antillischen Archipelagus und den Continent von Mexico bildet und nach Nord- und Südamerika Zweige aus¬ laufen läßt. Es scheint aber zu einer genauen Durchführung die¬ ser Hypothese eine genauere Kenntniß der Gebirgszüge nothwendig zu seyn, als man gegenwärtig besitzt, wo man ganze Welttheile, wie Afrika, in dieser Beziehung so gut wie gar nicht kennt, ja selbst bei dem gegenwärtigen Zustande unserer Kenntnisse ist man oft, um einen Zusammenhang aller Gebirge aufbringen zu kön¬ nen, gezwungen, einen Gebirgszug als Fortsetzung eines anderen, von jenem durch weite Ebenen getrennten anzusehen, Man thut daher wohl besser und bleibt den directen Angaben der Erfahrung getreuer, in jedem Welttheile mehrere Bergsysteme anzunehmen, wovon jedes ein für sich bestehendes Ganzes ausmacht; doch kann sich auch eines an das andere förmlich anschließen. M 147. Asien hat mehrere merkwürdige Bergfysteme: Das Bergsystem des Ural oder das Pojassowoi-Pawdinskoi-Gebirge, des Caucasus, des Taurus undAntitaurus, des Altai, Tiankhan, Kuenlun und des Himmelsgebirges (Himalaya) rc. Das Uralgebirge fängt nicht weit vom caspischen Meere unter 45° nördl, Br. an, und geht von Südost nach Nordwest bis ins Eismeer fort; die caucasischen Gebirge ziehen von SO. nach NW. 95 Meilen lang zwischen dem caspischen und schwarzen Meere fort und erreichen mit dem Berge Caucasus die größte Höhe, nämlich 2839 W. Kl. Die mittlere Höhe, der Kamm dieser Kette, beläuft sich auf 1387 Kl. Das System des Altai im weiteren Sinne erstreckt sich von Ost llgch West zwischen den Parallelen vyn 50 — 59" .nördl. Br-, Europäische Gebirgssysteme. 745 160 Meilen tief in die Kirgisensteppe, ohne bedeutende Hohen zu erreichen. Das Bergsystem Thiankhan, von Pallas Bokhdo genannt , ist vom Altai gegen Osten durch eine hohe, von SSW. nach NNO. laufende Bergrippe, Khingkhan-Oola, getrennt, liegt in einer mittleren Breite von 42", erreicht im Bokhda-Oola (heiligen Berge) seine größte Höhe, zieht östlich nach Barkoul, verflacht sich da in die große Wüste Co bi und erstreckt sich nördlich von Kaschgar gegen Samarkand. Das Bergsystem des Kucnlun oder Kulkun beginnt im Westen mit dem blauen oder Zwieöel- gebirge (Thsungling) und zieht sich gegen Osten nach den Quellen des Hoangho hin. Das System des Himalaya trennt Kaschmir, Nepal und Butan von Thibet und steigt im Dhawalagiri bis zu 4513 W. Kl. an, zieht größtentheils von NW. gegen SO. und ist mit dem Kuenlun durch Nebenketten verbunden. 148. Die Gebirgssysteme A frika's sind nur wenig bekannt. Unter 1l)o nördl. Br. läuft ein Gebirge, die Mondberge ge¬ nannt, hin, ein anderes am Vorgebirge der guten Hoffnung, und endlich an der Nordwestküste der Atlas mit seinen Ausläufern. Eben so wenig kennen wir die Gebirgssysteme Australiens. 149. Die europäisch en Gebirgssysteme sind aus einleuch¬ tenden Gründen am besten bekannt. Das Hauptgebirge Europa's sind die Alpen (weißen Berge). Sie dehnen sich von 23" — 35" der Länge und von 44°—48" nördl. Br. aus und haben ihre Haupt¬ richtung von WSW. nach ONO. Ihre größte Höhe beläuft sich auf 2523 Kl., die mittlere Höhe der Kämme auf 1208 Kl. und ihre Pässe auf 1231 Kl. Der Hauptgebirgsstock ist der St. Gott¬ hard mit einer Höhe von 1463 Kl. Er gehört zu den lepontinischen Alpen, welche die Schweiz von Piemont trennen und sich vom Monte Rosa (2457 Kl.) bis zum Muschelhorn (1608 Kl.) und Bernhard (1449 Kl.) erstrecken. Vom Gotthard gehen vier Haupt¬ gebirgszüge aus; einer geht westlich, theilt sich an der Quelle der Maas und Marne in einen nordwestlichen und in einen süd¬ westlichen Arm, wovon ersterer nach England rc., Verändere nach Spanien führt, der zweite geht südlich zu den Apenninen, der dritte südöstlich zu dem Balkan, der vierte nordöstlich zu den Kar¬ paten und dem Wolhonskoiwalde, von wo aus sich wieder Zweige zum Ural und zu den finnischen und norwegischen Gebirgen ziehen. Der westliche Gebirgszug bildet zuerst die Berneralpen, die in der Jungfrau (2214 Kl,), dem Finsteraahorn (2268 Kl.), dem 748 Alpe n. Mönch (2170 Kl.), dem Ritzli (1735 Kl.) und dem Schreckhorn (2161 Kl.) ihre größte Höhe erreichen , bis zum Genfersee hinab¬ steigen und die Verbindung der Alpen mit dem Juragebirge, den Sevennen und Ardennen bewirken. Ein nach SW. laufender Zweig dieses Astes der Alpen schließt sich mit dem Mont. Louis (663 Kl.) an die Pyrenäen, einem europäischen Hauptgebirge, an, die vom mittelländischen Meere zum biscaischsn Meerbusen sortlaufen und in dem Mont Marbore (1795 Kl.), Mont Calm (1833Kl.), Pic de Cascade (1725 Kl.), Pic dePosets (I810Kl.) ihre größten Höhen erreichen uud die Pyrenäische Halbinsel mit Gebirgszügen versehen, die im Albuzarras (1488 Kl.) und Cun- tre de Mulhazem (1895 Kl.) am höchsten aufsteigen. Der in süd¬ licher Richtung vom St. Gotthard ausgehende Alpenzug bildet die penninischen Alpen, welche Piemont von Unter-Wallis scheiden und sich vom Monte Rosa bis zum Bonhomme (1301 Kl.) er¬ strecken. Ihre höchsten Gipfel sind der Montblanc (2526 Kl.), die Aiguille d'Argentier (2158 Kl.), Aiguille de Gsant (2230 Kl.), der Dodeinanz (2150 Kl.), das Matterhorn (2369 Kl.), der Velan (1767 Kl.). Mit dem Bonhomme beginnt der Zug der grauen Alpen, die Piemont von Savoyen trennen und sich bis zum Mont Cenis (1891 Kl.) erstrecken, mit welchem sic auch ihre größte Höhe erreichen. Mit diesem Berge beginnt der Zug der cottischen Alpen, dis über den Mont Genevrc (1070 Kl.) bis zur Quelle des Var fortziehen und Piemont von der Dauphine trennen. Ihre Höchsts Spitze bildet der Berg Viso (2108 Kl.) mit der Quelle des Po. Von da an heißen die Alpen S e e a l p e n; sie trennen Frankreich von Italien. An diese schließen sich die Apenninen an, welchem südlicher Richtung Italien durchziehen, die Berge Velino (1346 Kl.), Sybilla (1203 Kl.), Grau Sasso (1412 Kl.) bilden und in den Abruzzen am meisten aufsteigen. Der Vesuv (631 Kl.) und der Ätna (1758 Kl.) gehören zu Aus¬ läufern dieses Gebirgszuges. Der südöstlich vom St. Gotthard ausgehende Zug führt den Namen der rhätischen Alpen und schei¬ det Deutschland von Italien. Ein Hauptzug derselben geht dem Inn entlang zur Quelle der Etsch und bildet die Tiroleralpen mit der Ortlerspitze (2058.6 Kl.), demDanzewelle (1657 Kl.), Fundl- kopf (1262.6 Kl.), hohen Fürst (1792.1 Kl.), Gilftersberg (1317.79 Kl.), der Hatscheroewand (1673.9 Kl.), dem Kaiser¬ joch (1639 Kl.), Schweinferjoch (1973.3 Kl.), Similaunspitz Amerikanische Gebirgssysteme. 747 (1904 Kl.), Wildspitzferner (1985.3 Kl.) rc. Am Monte Pelegrino beginnen die kornischen Alpen und laufen bis zum Terglou (1506.1 Kl.) fort mit vielen Höhenpuncten, z. B. dem Gro߬ glockner (1998.5 Kl.), der Hafnernspitz (1614.1 Kl.), Hünerberg (1364.3 Kl.) Kreutzeck (1422.4 Kl.), Marehkahrfpitz (1485.6 Kl.), Petzeck (1727.1 Kl.), Sandkopf (1626.6 Kl.), Schwert (1630.3 Kl.), Sonnblick (1595.3 Kl.), Steinwandkahr (1516.8 Kl.), Unholde (1410.2 Kl.), Wildhorn (1317 Kl.). Am Terglou begin¬ nen die ju lisch en Alpen mit dem Karst. An diese schließen sich die din arisch en Alpen an, und laufen an den Küsten des adriatischen Meeres hin, erreichen im Mont Dinario (1197 Kl.) ihre höchste Spitze, theilen sich dann in mehrere Zweige, die bis zum schwarzen Meere und durch Griechenland zum mittelländischen Meere hinziehen und den Hämus (Balkan) mit den Bergen Orbe- los (1539 Kl.), Lacha, den Olympus der Alten (1046 Kl-), Monte Santo, einst Athos, bilden. Der in nordöstlicher Richtung von St. Gotthard ausgehende Gebirgszug sendet viele Nebenzweige aus, zu denen das Arlgebirge, der Schwarzwald mit der rauhen Alp, das Fichtelgebirge und das Harzgebirge mit dem Brocken (576 Kl.) gehören. Auch der Böhmerwald mit dem Dreiseffelberge (478 Kl.), das Erzgebirge und die Sudetten mit der Riesenkuppe (815 Kl.) und der Sturmhaube gehören hieher. Letztere hängen mit den mährischen Gebirgen zusammen, die bis zur Quelle der Beczawa und Weichsel fortziehen und sich dort an die Karpathen anschließen. Dieses Gebirge scheidet Gallizien von Ungarn und erreicht in der Lomnitzer-(1385Kl.) und Käsmarkerspitze (1363 Kl.) und dem großen Krywan (1286 Kl.) seinen höchsten Punct. Längs des nordöstlichen Zuges dieses Gebirges gelangt man zum Wol- chonskoiwald, einer bedeutenden (400 — 500 Kl.) hohen Land¬ ebene mit Wäldern, Sümpfen und Morästen. An einen nach Nord gehenden Ast dieses Gebirges schließen sich die Kivlen an, die Schweden und Norwegen von einander scheiden, deren größte Hö¬ hen aber kaum 1000 Kl. erreichen. 150. Amerika hat bedeutende Gebirgssysteme. Das vorzüg- lichste, ja dasjenige, wovon vielleicht alle anderen bloße Verzwei¬ gungen sind, sind die Cordilleras de los Andes (Kupfer- gebirge), die Amerika von Nord nach Süd in einer Länge von 2500 Meilen und einer Breite von 18 — 20 Meilen durchziehen. Sie bilden die Hochebene von Mexico mit mehreren bedeutenden Höhen- 718 Classification dir Gebirgsarten. puncten, theilen sich in Südamerika in parallel laufende Äste und erreichen daselbst mit dem Chimborazo die größte Höhe (3445 Kl.). In Nordamerika theilen sie sich in viele Äste, wovon sich der längste bis zum Cap Wallis erstreckt und sich an die von Asien übersetzenden Gebirgszüge anschließt. 151. Alles Bisherige bezieht sich blos auf das Äußere des fe¬ sten Landes; es bietet aber auch das Innere der Erde große Merk¬ würdigkeiten dar, indem wir daselbst Massen erblicken, die an che¬ mischer Beschaffenheit, Lagerung und Verbreitung rc. von einander abweichen, in ihrem Schooße die edelsten Metalle und die herrlich¬ sten Edelsteine enthalten. Aus ihnen kommt die erquickende Quelle und die verderbliche Lava und ihre Natur und Anordnung ist der treueste Zeuge der großen Veränderungen, welche die Erde erlitten hat. Unsere Kenntnisse erstrecken sich zwar nur auf einen sehr ge¬ ringen Theil der Erdrinde und vom Innern der Erde haben wir gar keine Erfahrungskenntniß, aber das, was wir von der Erdrinde kennen, beweiset hinlänglich, daß die mannigfaltigen Materialien, aus denen sie besteht, nach bestimmten Gesetzen auf einander folgen und nicht ordnungslos unter einander gemengt sind. Man kann füglich alle Gebirgsarten, welche die Erdrinde bilden, in zwei Clas- sen bringen, in jene, welche organische Überreste enthalten und in solche, wo keine derlei Überreste vorkommen. Jene sind fast immer geschichtet und Mangel an Schichtung gehört zu den Ausnahmen , diese hingegen sind in der Regel ungeschichtet und nur als Ausnahmen kommen Schichtungen vor; jene sind ohne Zweifel Absätze (theils mechanische, theils chemische), aus Wasser oder wie die Geognosten sagen, sie sind neptu irischen Ur¬ sprungs, diese hingegen kann man mit eben so viel Grund als Products der Erstarrung erhitzter Massen, als plutonische Pro¬ ducts, ansehen. 152. Die Gebirgsarten, welche keine organischen Überreste enthalten, lassen sich füglich in primitive (Urgebirge) und in vulkanische Gebirge eintheilen. Die Urgebirge bilden in der Regel die Basis der übrigen Gebirgsarten und nehmen den untersten Platz ein, doch kommen sie manchmal auch zwischen jüngeren Ge¬ birgsarten eingekeilt vor, ragen oft über alle anderen hervor und bilden die höchsten Puncte der Erdoberfläche. Sie haben ein kristal¬ linisches Gefüge und nur wenige erscheinen in Schichten. Ihr chemischer Hauptbestandtheil ist die Kieselerde, dann folgt die Thon- Vulkanische Gebirge. 749 erde, Kali, Bittererde und Soda; Kalk und Flußsäure kommen zerstreut, Eisenoxyd und Mangan häufig vor. Das meiste in dieser Gebirgsart vorkommende Gestein ist aus mehreren Mineralkörpern zusammengesetzt und erscheint als Granit, Gneis, Glimmerschiefer, Talkschiefcr, Hornblendefels rc. Man kann bei diesen Gebirgen keine bestimmte Ordnung angeben,in berste nach einwärts auf einander folgen; doch walten in den unteren Lagen Granit, Gneis und Glimmerschiefer vor. 153. Die vulcanischen Gebirge find Trachyt-, Basa lt- Gebirge und Erzeugnisse der jetzt noch thätigen V ul ca n e (Lava). Die Trachytgebirge bestehen hauptsächlich aus Trachyt, einem far¬ bigen Feldspathe, enthalten aber auch Perlstein, Obsidian, Kling¬ stein rc. und bilden meistens conische Berge, wie z. B. die Euganäi- schen Hügel bei Padua, den Mont d'Or, Puy de Dom, das Siebengebirge in Rheinpreußen, viele Berge in Ungarn, vor¬ züglich aber in der Andenkette. Buch sieht den Trachyt als einen durch heiße Dämpfe veränderten Granit an. Die Basaltgebirge ha¬ ben ihren Namen vom Basalte, einem Gemenge aus Augitkörnern, Feldspath und Eisenoxydul, aus dem sie bestehen. Sie haben die Gestalt abgestumpfter Kegel, wie Glocken, stehen zuweilen einzeln, zuweilen in Gruppen geordnet, wie dieses auf den canarifchen Inseln, in Auvergne, in Böhmen der Fall ist, sind meistens kahl und nur kleine Gesträuche vegetiren sparsam auf ihrem Rücken. Weil der Basalt eine große Neigung hat, in sechsseitigen Säulen zu zerklüften, so bilden sich häufig in Basaltgebirgen mächtige Spalten und einzeln stehende Basaltmassen. Der Riesendamm in Irland besteht aus Basalt und bildet eine 70 Meilen fortlaufende Straße, die Riesenstraße. Dieses Gestein kommt häufig zwischen anderen Gebirgsmaffen eingekeilt vor, und da bemerkt man oft in dem benachbarten Gesteine Veränderungen, wie sie nur durch eine hohe Temperatur hervorgebracht werden konnten. So z. B. wird der Kalkstein kristallinisch und härter, der Granit glasig rc. Die Lavagebirge bestehen im Allgemeinen aus Lava, einer Masse, die dem Trachyte und Basalte sehr ähnlich ist und ganz das Bild einer im Fortfließen erhärteten Masse gewährt, auch gewiß im ge¬ schmolzenen Zustande aus dem Inneren der Erde hervorgetrieben wurde, weil man noch heut zu Tage oft Zeuge solcher Auswürfe der Vulcane ist. Die betreffenden Berge haben Kegelform, oben eine trichterförmige Öffnung (Krater) und heiße Vulcane. 750 Geschichtete Gebirge. Nach v. Buch Heilen sich alle Vulcane der Erdoberfläche in Cen¬ tral-und Reih en v ule an e. Erstere bilden den Mittelpunkt einer großen Menge nach allen Seiten beinahe gleichmäßig wirken¬ der Ausbrüche, letztere liegen in einer Reihe hinter einander in ge¬ ringen Entfernungen. Einige erheben sich wie Kegel aus dem Grunde des Meeres und bilden gleichsam den Fuß eines primitiven Gebirges, das in derselben Richtung ihnen zur Seite auslaust, ost stehen sie auf dem höchsten Rücken dieser Gebirge und bilden den Gipfel derselben. Zu den Centralvulcanen rechnet v. Buch die liparischen Inseln, den Ätna, die phsegräischen Felder und den Vesuv, Island, die azorischen, canarischen, Cap verde'schen In¬ seln, die Gallopagos, die Sandwichsinseln, die Marguesas, die Societätsinseln, die freundschaftlichen Inseln und Bourbon. Als Reihenvulcane betrachtet er: Die griechischen Inseln, die west¬ australische Reihe, die Inseln von Sunda, die Reihe der Molucken und Philippinen, der japanischen und curilischen Inseln und von Kamtschatka, die Reihe der aleutischen Inseln, der Marianen, die von Chili, Quito, den Antillen, Guatimala, von Mexico. Als zweifelhafte Centralvulcane führt er an: Den Demavend, den Ararat, den Seiban-Dagh, die tartarischen Berge östlich von China. (Buch in Pogg. Ann. 10. 1-) 154. Die Gebirgsarten, welche organische Überreste führen, folgen in einer bestimmten Ordnung auf einander. Damit ist aber nicht behauptet, daß alle ÄAneralmaffen, welche man in einer Ge¬ gend in einer bestimmten Aufeinanderfolge beobachtet hat, in jeder anderen ebenso angetroffen werden und dasselbe Gestein nur in ernenn Glieds dieser Aufeinanderfolge vorhanden sey; es fehlen oft einzelne Glieder in einer Gegend oder werden durch andere er¬ setzt, und dasselbe Gestein wiederholt sich in den über einander be¬ findlichen Schichten öfter, allein ein Gestein a mit bestimmten or¬ ganischen Resten, das sich in einer Gegend unter einem Gesteine ö befindet, kommt nirgends über a vor und wenn K 'sich öfter wie¬ derholt, so enthält es doch in jeder Folge andere organische Über¬ reste. Die geschichteten, organische Überreste führenden Gebirge, werden von den Geognosten in mehrere Unterabtheilungen gebracht. Die Anhänger der We rn e r'schen Schule, zu welcher die Deutschen fast ausschließlich gehören, theilen sie in a u fg e sch w e m m k es Land, in Flötz- und Ubergangsgebirg e und die neueren derselben unterscheiden selbst unter den Flötzgebirgen die jüngeren von den älteren und nennen jene Gebirge der tertiären, diese Gebirge der secundären Formation, ja gegenwärtig sind einige Organische Überreste. 751 sogar geneigt, die jüngsten Flötzgebirge von den spateren zu unter¬ scheiden und eine quaternäre Formation anzunehmen. Die Mehrzahl der englischen Gelehrten in diesem-Fache, die sich über¬ haupt durch ihre rastlosen Bemühungen und den glücklichen Ersolg derselben ein wohl begründetes Recht erworben haben, gehört zu werden, theilen die organische Überreste enthaltenden Gebirge in obere (ruzienion übermittlere (ikn^snmnck-a/), mittlere (meckr'ai) und untermittlere (LukMeckr'ai). Die letzteren entsprechen den Ubergangsgebirgen der Deutschen g rö ß- rentheils, die oberen enthalten das aufgeschwemmte Land und die Gebirge der tertiären Formation und die übrigen lassen sich in die anderen Formationen einreihen. — Die aufgeschwemm¬ ten Gebirge bilden da, wo sie vorkommen, die oberste Lage der Erdrinde, steigen nicht hoch auf, bestehen aus lauter Gerolle und Materien ohne feste Consistenz mit versteinerten Knochen, Conchylien und Dammerde. Die tertiären Formationen liegen zunächst unter den vorher betrachteten, bestehen aus Sand, Thon und Mergel, GipS, weißgrauem Kalke von verschiedener Consistenz (Grobkalk), Mühlstein, Nagelflue, mit Resten von See- und Landthieren, Süßwasserproducten und Cotyledonen. Die sec un¬ baren Formationen sind einfacher in ihren Bestandtheilen, be¬ stehen größtentheils aus Kalk und- feinkörnigem Sandstein (Jura¬ kalk, Alpenkalk, Zechstein), Kreide, Steinkohlen und enthalten zahlreiche Überreste von Pflanzen und Thieren. Das Übergangs¬ gebirge nimmt unter den Gebirgen mit organischen Resten-, da wo es mit denselben vorkommt, den untersten Platz ein, besteht aus Grauwacke (grauem, feinkörnigem, festem Sandsteine), sandigem Kalksteine rc. mit Abdrücken und Resten von Thieren und Pflanzen niederer Organisation z. B. Palmen, Ammoniten, Madreporen rc. . 155. Die organischen Überreste, welche in den Ubergangsgebirgen verkommen, beziehen sich nur aufHolz,Schilf, Korallen, Schnecken ec. überhaupt auf Thiere und Pflanzen von der niedrigsten Organisa¬ tionsstufe, es sind aber oft von diesen, besonders von Fischen nur Ab¬ drücke in Thonschiefer vorhanden. In viel größerer Menge finden sie sich in den secundären und tertiären Formationen. Da kommen zuerst in ausgebreiteten Lagern die Steinkohlen vor, für deren organischen Ursprung unzählige Gründe sprechen. Denn >ie haben 752 Steinkohlenflötze, dieselben chemischen Bestandteile wie die Pflanzen, wir sehen noch heut zu Tage vor unsern Augen Holz in der Erde in einen Körper (Pechkohle) übergehen, welcher große Ähnlichkeit mit der Steinkohle hat, man findet Schilfe im Schieferthon und im Sand¬ stein in Steinkohlenmafse verwandelt. Diese Gründe zeugen nicht blos für den organischen Ursprung der Steinkohlen überhaupt, son¬ dern machen es höchst wahrscheinlich, daß sie verwandelte Pflanzen sind. Für Letzteres spricht auch noch der Umstand, daß in Stein¬ kohlengebirgen die Spuren von Gewachsen desto zahlreicher werden, je naher,man den Steinkohlen kommt und daß sie in den Stein¬ kohlen selbst aufhören, welches nur begreiflich wird, wenn man eine Verwandlung derselben in Steinkohlenmasse annimmt. Allein da bleibt noch immer die Frage zu beantworten, was das für Pflan¬ zen sind, die in Steinkohlenmasse umgewandelt wurden, ob sie auf dem Platze gewachsen, an dem sie jetzt vorkommen, oder ob sie durch gewaltsame Transporte dahin gebracht worden, endlich, wodurch sie diese Änderung erlitten. Das Vorkommen der Stein¬ kohlenmasse in engen Klüften, wie sie Werner und Charpen¬ tier in der Lausitz wahrgenommen haben , dasDaseyn von Stein¬ kohlenadern im Gesteine der Steinkohlengebirge und der Umstand, daß das den Steinkohlen nächste Gestein mit ihrer Masse geschwän¬ gertist, läßt sich kaum anders erklären, als daß man annimmt, die Materie der Steinkohlen sei einmal flüssig gewesen und die Pflanzen seyen an demselben Platze gestanden, wo sie die Ver¬ wandlung in Kohle erlitten haben. Es ist übrigens sehr wahrschein¬ lich, daß diese Pflanzen Schilfe waren, weil gerade diese Pflanzen in wahre Steinkohle verwandelt vorkommen, wie man aus ihren Abdrücken ersieht, die sich im Schieferthon und Sandsteine befin¬ den. — Außer Steinkohlen befinden sich in diesen Gebirgen noch andere unzweideutige Überreste organischer Körper. Im sogenann¬ ten Mufchelkalksteine trifft man eine unzählige Menge von Schol- .thieren in einer solchen Ordnung beisammen, wie sie sich noch jetzt im Meeresgründe befinden. In vielen Gebirgslagern finden sich Knochen von Thieren, deren Originalien nicht mehr existiren, und von anderen, die jetzt in anderen Weltrheilen leben. Merkwürdig sind überdies noch die in Sandsteingebirgen vorkommenden Braun¬ kohlen, welche aus vergrabenen Bäumen entstanden seyn müssen, weil neben ihnen noch halb verkohlte Baumstämme liegen und an vielen Kohlen noch die holzige Textur auffallend bemerkt werden kann. Torf. Gänge. 753 Das aufgeschwemmte Land enthält Reste aus dem Pflanzen- und Thierreiche. Es finden sich darin ganze verschüttete Wälder mit Bäumen, die zum Theile noch auf den Wurzeln stehen, Zweige und Blätter haben und zu Bauholz verbraucht werden können, während andere schon zum Theile in Braunkohle verwandelt oder ganz versteinert sind. Auch der Torf befindet sich in dieser Ge¬ birgsformation, der eine aus Pflanzentheilen, aus Wurzeln, Stängelchen, Blättern zusammengesetzte, in einen schwärzlichen und brennbaren Stoff verwandelte Substanz vorstellt, der aber auch oft Gegenstände des Kunstfleißes, z. B. Münzen, Äxte, ganze Fahrzeuge enthält, zum Beweise seines geringen Alters. Von thierischen Überbleibseln befinden sich im aufgeschwemmten Lande besonders Knochen von Elephanten, Pferden rc. Man kann aber auch hier die Überreste der Thiere, die noch jetzt in dem Clima wohnen, wo sie gefunden werden, von denen unterscheiden, die einem anderen Clima eigen sind und daher auch unter anderen eli- matischen Verhältnissen an den Orten gelebt haben müssen, wo sie durch ihre Reste ihr Andenken zurückließen. Zu den letzteren gehö¬ ren die Knochen von Elephanten, Rhinocerossen, Hiänen, die man bei Canstadt im Würtembergischen in der Nähe eines umge¬ stürzten Palmenwaldes fand, und das Elephantenskelet, welches in Thüringen aus einer Tiefe von fünfzig Fuß ausgegraben wurde. Wiewohl solche Knochen fast in jedem aufgeschwemmten Lande von etwas größerer Ausdehnung vorkommen, so scheint doch hierin das asiatische Rußland allen Ländern den Rang streitig zu machen. Denn es gibt daselbst nach Pallas keinen Fluß, in dessen Bette oder an dessen Ufern nicht Knochen von Elephanten und anderen dieser Gegend jetzt fremden Thieren gefunden werden. Wiewohl diese Knochen meistens einzeln, zerbrochen und abgerundet vor¬ kommen, so trifft man doch nicht selten auch ganze Cadaver sogar mit ihren Haaren an und zwar, was besonders zu bemerken ist, mitten unter Seemuscheln und anderen, dem Meeresboden eige¬ nen Körpern. 6c>sktr/LAas 1803. Lun /a ckes zran §önc>z>s on t/rs e>c>1oano§. 1825. Buch in Pogg. Ann. 10. 169. Davy in Zeitsch. 5. 222.) 167. Mit den Ausbrüchen derVuleane stehen die Erd beb en in Verbindung. Diese sind horizontale, zuweilen wirbelnde Schwin¬ gungen des Bodens, die in unbestimmten Zwischenräumen nach verschiedenen Richtungen, mit großer aber meßbarer Geschwin¬ digkeit geschehen und oft von starken, senkrecht in die Höhe gehen¬ den Stößen begleitet sind. Dabei spaltet sich oft mit einem unter¬ irdischen Getöse die Erde, es dringen Wasser und entzündete, schwe¬ felig riechende Dämpfe hervor, das Meer und die Atmosphäre werden unruhig, Gebäude stürzen ein und begraben die unglückli¬ chen Bewohner unter ihren Trümmern, neue Seen werden gebil¬ det, alte ausgetrocknet. Berge aus dem Meere und auf dem flachen Lande in die Höhe getrieben, schon vorhandene verschlungen und so ganze Gegenden verwüstet und umgestaltet. — Die Erdbeben sind an keine Jahres- oder Tageszeit gebunden, sie ereignen sich in kal¬ ten und warmen, nassen und trockenen Jahren und bei jedem Alter des Mondes. Meistens sieht man plötzliche Stürme, große Unruhe des Meeres und der Seen, unregelmäßiges Fließen der Quellen, ein dumpfes unterirdisches Getöse, Unruhe der Thiere, trübe Be¬ schaffenheit der Luft als Vorboten dieses traurigen Ereignisses an, doch kann man keines von allen diesen für ein untrügliches Vor¬ zeichen halten, weil sie eintreten, ohne daß ein Erdbeben darauf erfolgt und manche Erdbeben ohne sie erfolgen. — Die Ursache der Erdbeben ist gewiß dieselbe, welche in Vulcanen vorzüglich und zwar eoncentrirt thätig ist. Es ist aber nicht nöthig, anzunehmen, daß überall, wo man Stöße verspürt, die Ursache der Erdbeben unmittelbar wirke, indem sich die Erschütterungen nach Art des Schalles fortpflanzen können.(Kries von den Ursachen der Erdbe¬ ben. Gekrönte Preisschrift. Leipzig 1826.) 168. So wirksam auch die bisher besprochenen, auf beständige Veränderung der Erdoberfläche hinarbeitenden Kräfte sind und wie sehr sich auch durch die Länge der Zeit ihre Wirkungen anhäufen mögen; so können wir doch daraus nicht alle Umwälzungen der Erde Entstehen der ersten Berge und Thaler. 765 ableiten, von denen uns die gegenwärtige Beschaffenheit der Erd¬ rinde die unumstößlichsten Beweise liefert. Wie ausgedehnt, hoch und anhaltend müßten jene Überschwemmungen gewesen seyn, von welchen Conchylien und andere Wasserthiere in mehreren fußhohen Lagern auf den Gipfeln der höchste» Berge abgesetzt wurden, wie oft müßten sich derlei Überschwemmungen wiederholt haben, wenn von ihnen so viele, durch fremdartige Zwischenlager getrennte Ab¬ lagerungen organischer Reste herrühren sollten, und wie wäre es begreiflich, daß sich hie und da an höheren Stellen mehr derlei Ab¬ sätze gebildet haben, als an tiefer liegenden? Es gibt uns aber der Bau der Erde selbst den Fingerzeig, wo wir die Quelle so umfas¬ sender Veränderungen derselben zu suchen haben. Die abgerundete, am Äquator durch die Schwungkraft herausgetriebene Gestalt der Erde beweiset hinreichend, daß sich dieselbe einst in einem flüssigen Zustande befunden habe, und die kristallinische Beschaffenheit der untersten bekannten Lagen der Erdrinde, nämlich der Urgebirge, ihr Eindringen zwischen andere Gebirgsarten rc., zeugen für den Ur¬ sprung derselben auS einer geschmolzenen Masse und begründen die Annahme, der flüssige Zustand sey nicht durch Einwirkung eines che¬ mischen Auflösungsmittels, sondern durch Hitze hervorgebracht wor¬ den. Damit stimmt auch die (später weiter anzuführende) Erfahrung vollkommen überein, daß noch gegenwärtig die Erde eine ihr eigen- thümliche Temperatur besitze, welche von Außen gegen Innen zu¬ nimmt und berechtiget zu der weiteren Folgerung, daß sich der Erd¬ kern noch gegenwärtig in einem geschmolzenen Zustande befinde und nur mit einer festen Kruste überzogen sey. Im geschmolzenen Zu¬ stande mußte wohl die Erde ohne Erhöhungen und Vertiefungen seyn und das etwa auf ihr befindliche Wasser konnte bei so hoher Temperatur nur unter einem mächtigen Drucke bestehen, zu dessen Erzeugung die vorhandene heiße Dunstmaffe selbst das Meiste bei¬ tragen konnte. So wie aber der Proceß des Festwerdens begann, wußten sich durch den Kristallisationsproceß Erhöhungen, mirhin auch Vertiefungen bilden, wie wir dieses an geschmolzenen, geste¬ henden Massen so häufig im Kleinen bemerken. Somit liegt der Grund zur Entstehung der Unebenheiten der Erde im Abnehmen ihrer Temperatur. Die Urgebirge mögen das Product des ersten Kristallisationsprocesses gewesen seyn, auf welche sich dann die späteren (Flötz-) Gebirge aus dem Wasser absetzten. 766 Emporhebungen. N e lat. Alter d. Gebirge. 169. Die Beschaffenheit/ Lagerungsweise, Menge und Man¬ nigfaltigkeit der in Mtzgebirgen vorkommenden/ organischen Über¬ reste und die Lagerung der Schichten dieser Formationen zeigen deutlich/ daß hier mehr als ein ruhiges Absetzen aus Wasser im Spiele gewesen sey. Die Schichten dieser Gebirge befinden sich in ebenen Gegenden in fast horizontaler Lage, in der Nähe von bergig- ten Gegenden liegen diese Schichten geneigt, an den Abhängen der Berge beinahe oder völlig vertical. Wären solche Schichten in ver- ticaler Lage vom Wasser abgesetzt worden, etwa so, wie sich noch heut zu Tage Stalactiten an verticalen Wänden aus Wasser ab¬ scheiden; so müßten diese Lagen, wenn sie an zwei Bergen vorhan¬ den sind, in allen Zwischenpunoten in gleicher Höhe gefunden wer¬ den.Dieses ist aber nicht der Fall. DieKalkschichren des hohenBuet in Savoyen und des Montperdu sind gleichzeitige Formationen mit jenen än den Küsten des Canals, und doch erstrecken sich solche For¬ mationen im nördlichen Frankreich nicht über 600 F. Ferner liegen nach Saussure's Beobachtungen die eiförmigen Kiesclgeschiebe, welche sich oft in den Mtzgebirgen befinden, dort wo die Schichten eine horizontale Lage haben, stets so, daß ihre große Axe horizon¬ tal ist, mithin in ihrer stabilsten Lage, wo aber die Erdschichten ge¬ neigt sind, da sind auch die großen Apen aller Geschiebe, welche in der Richtung dieser Neigung liegen, eben so geneigt und nur jene trifft man noch mit der großen Axe in horizontaler Lage an, bei denen diese Axe mit der Ebene der Neigung einen rechten Winkel machen. Diese Gründe machen es höchst wahrscheinlich, daß selbst, nachdem die Erdkruste schon gebildet war, noch durch den fortgesetz¬ ten Erstarrungsproceß neue Berge aus dem Inneren der Erde em¬ porgestiegen seyen und die Kruste durchbrochen haben. Diese Hypo¬ these hat so viel innere Wahrscheinlichkeit und wird von so vielen äußeren Gründen unterstützt, daß sie gegenwärtig fast allgemein von Geologen angenommen wird. Man kann daraus nicht blos das Vor¬ kommen dicker Muschellagen auf den Gipfeln der höchsten Berge leicht begreifen, da diese einst tief liegender Meeresboden waren, sondern auch das relative Alter der einzelnen Gebirge nachweisen, wie dieses Beaumont mit Glück an viele» Gebirgen gethan hat. Denn es ist klar, daß solche Emporhebungen zu verschiedenen Zei¬ ten eingetreten seyn können, und daß jene Flötzgebirge, deren Schich¬ ten an den Abhängen der Gebirge nicht in horizontaler Lage Vor¬ kommen, bei der Erhebung der Gebirge schon vorhanden waren, Überschwemmungen. 76? mithin älter seyen als diese; jene aber, die sich in horizontaler La¬ ge bis zum Fuß der Gebirge erstrecken, müssen von jüngerer Bil¬ dung seyn, als die Gebir-go. Diesen Kriterien gemäß sind das säch¬ sische Erzgebirg, der Cvte d'Ot in Burgund und der Mont Pilasin Forez unter den von Beaumonr untersuchten Gebirgen die ältesten, weit jünger ist das Bergsystem der Pyrenäen und Apenninen, noch- jünger jenes der östlichen Alpen mit dem Montblanc. Der Haupt¬ gebirgsstock der Alpen, mehrere Ketten der Provence, der Balkan, der Caucasus, die Himalayagebirge und der Atlas sind viel spärereu Ursprunges. Merkwürdig ist es, daß die gleichzeitig entstandenen Gebirge stets in einem größten Kreise der Erde liegen und. daß dem¬ nach auch die Puncte des kleinsten Widerstandes dieselbe Lage haben mußten. Diesen Umstand benützte Beaumont, um darnach das Alter jener Gebirgsketten zu bestimmen, an denen er den Prüfstein des oben angegebenen directcn Kennzeichens ihres Alters nicht anle¬ gen konnte, und so ist er dahin gelangt, dreizehn einzelne Empor¬ hebungen anzunehmen. (H um b old t inPogg. Ann. 25. 1.) 170. Noch keine der in ungeheurer Anzahl aufgestellten geo¬ logischen Hypothesen har sich so reich an leichten und naturgemäßen Folgerungen dargestellt, wie die eben genannte. Es ist klar, daß die Emporhebung eines Gebirges aus dem Inneren der Erde desto mehr Kraft fordern, aber auch ein desto größeres Product liefern müsse, je dicker die bereits gebildete Erdkruste zur Zeit dieser Kata¬ strophe war, mithin je später sich dieselbe ereignete, und in der That sind die jüngeren Gebirge auch die höchsten. Daß bei solchen Ereignissen ein vielfaches Bersten und eine Theilung der empor¬ gehobenen Massen cintreten mußte, ist nicht zu bezweifeln und da¬ her mögen viele Thäler ihren Ursprung haben. Man.braucht nun nicht mehr zu fragen, wie denn die im Jura angetroffensn Granit- stücke von den Alpen durch das Thal der Aar an ihren jetzigen Platz kommen konnten; denn das Juragebirge ist jünger als die Alpen und das Thal der Aar. Daß an der Stelle solcher gewaltiger Narur- ereigniffe Thiere schnell und in Masse zu Grunde gehen mußten, ist kücht zu errathen und daraus begreift man wohl, warum man ganze Nester von Thieren in Lagen antrifft, die deutlich zeigen, daß dieselben eines schnellen Todes gestorben seyen, wie z. B. Fische, die ganz ausgestreckt, oft noch den Raub festhaltend oder mit der jüngst ver- lchlungenen Beute im Magen, angetroffen werden. Erhebungen des festen Landes ans dem Meere mußten nothwendig das Gleichgewicht 788 Litera tur. des Wassers" stören, weit ausgedehnte Überschwemmungen hervor- bringen und hiermit mittelbar die Wirkungen erzeugen, welche mir Überschwemmungen stets verbunden sind. Daß die mit der fortschrei¬ tenden Erkältung der Erde nothwendig verbundene Rückkehr des bei ihrer ursprünglich hohe» Temperatur in Dünste verwandelten Was¬ sers zu ähnlichen Catastrophen den Grund legen konnte, ist einleuch, tend. Das Factum der Emporhebungen der Urgebirge läßt nun wohl begreifen, daß die Bildung der Gänge durch Emporsteigen der fremd¬ artigen Massen, nicht durch eine Infiltration von Oben erfolgt seyn müsse. (Physische Erdbeschreibung von Mitterb ach er. Wien 1750. Kant's physische Geographie. Königsberg 1802. Bode's Kenntniß der Erdkugel. Berlin 1820. Först er's Einleitung in die allge¬ meine Erdkunde. Berlin 1820. Allgemeine physikalische Erdbeschrei¬ bung, von H ochstetter. Stuttgart 1823. Band 2 und 3. Ge¬ mälde der phys. Welt von I. G. Sommer. Prag 1818 —1825. Gehl er's Wörterb. neu bearb. Artikel: Erde (Erdkruste). Lehr¬ buch der mathem. u. phys. Geographie von Dr. I. C. Schmidt. 2 Bde. Göttingen 1830. Handbuch der mathematischen und physi¬ schen Geographie nebst Atmosphärologie von Dr. S. W. Muncke. Heidelberg 1830. Handbuch der physikalischen Erdbeschreibung von H.H. Link. Berlin 1826. Geschichte der natürlichen Veränderun¬ gen der Erdoberfläche vonH o ff. Gotha 1822. Ds saAIessre/'ie sseoas rss 6eoso§se. Ka?-!e 1816. Bakewell Einleitung in die Geologie rc. Freiberg 1815.Reichetzer Anleitung zurGeognosie. Wien 1821. D'Aubuisson Geognosie. Dresden 1821. Neues System der Geologie, von A. Ure 1830. Lsemene As Keosogse A. e s s a e ck'/s ass o^. Karre 1831. A Keosog-reas ilsa- rraas s>^-K. Ke sa Keesre. Korrckorr 1831. Ins Deutsche über¬ setzt von D e chen unter dem Titel: Handbuch der Geognosie von Ks sa L eesre. Berlin 1832. L^eterrr o/KeosoM' 5)- es. sHar> arrssoe. Korrcsorr 1831. 1A/ac-/>se.; o/ sseoso^ K^-ess. Lwnrson 1830.) Dritter Abschnitt. Meteorologie. 170. A^)ie Atmosphäre unserer Erde ist beständig inneren Be¬ wegungen und Veränderungen unterworfen, unaufhörlich wird das Gleichgewicht in ihr gestört, weil bald dort bald da eine Änderung in der Ausdehnsamkeit der Luft vorgeht und auch durch das Leben der Thiere und der Pflanzen die Bestandteile der Atmosphäre be¬ ständig geändert werden, mithin immer neue Ausgleichungen nothig sind. Dazu kommen noch diejenigen Erscheinungen im Luflkreise, welche durch das Licht, die Eleccricirät und vielleicht auch durch man¬ che unseren physikalischen Laboratorien, ganz fremde Thätigkeiten hervorgebrachr werden. Diese Phänomene folgen bald ganz regelmä¬ ßig, bald ohne erkennbare Regelmäßigkeit mit verschiedenem Grade der Geschwindigkeit aufeinander und machen zusammen die Wit¬ terung, oder, wie man zu sagen pflegt, das Werter aus. Die Erscheinungen des Luktkreises auf erkannte Naturgesetze zurückzufüh¬ ren, ist der eigentliche Gegenstand der Meteorologie, die man ja nicht mit der M e t e o r o g n o si e (M e t e o r o m a n ti e) oder der Kunst, die Witterung vorherzusagen, verwechseln darf. Von letzterer kennen wir kaum mehr als einige wenige Fragmente, die sich über¬ dies meistens fnur auf einzelne Gegenden beziehen. Erstes Kapitel. ,Von der Atmosphäre und ihren Veränderungen überhaupt. 171. Es ist aus den Gesetzen des Gleichgewichtes der Gase (7. 204) bekannt, daß die atm. Luft im Zustande der Ruhe die Erde wie eine Hohlkugel umgebe und bis zu jener Höhe reiche, Naturlehre. 5. rluff. 770 Höhe der Atmosphäre. wo dir Schwere jedes Theilchens seiner abstoßendenKraft das Gleich¬ gewicht hält. Um diese Höhe berechnen zu können, müßte man die Temperatur an der Oberfläche der Erde und das Gesetz, nach wel¬ chem sie sich nach Oben ändert, kennen. Leider ist man über dieses Gesetz nicht ganz im Rein n, doch stimmen fast alle Physiker darin überein, daß die Temperatur nach Oben entweder in demselben Ver¬ hältnisse abnehme, nach welchem die Entfernung von der Erde wächst, oder daß die Temperaturen von Unten nach Oben für gleiche Höhen¬ unterschiede wie die Glieder einer geometrischen Reihe abnehmen. Die größere Wahrscheinlichkeit liegt vielleicht auf Seite des letzteren Gesetzes. Schmidt hat die Höhe der Atmosphäre für beideAnnah- men und für die Voraussetzung berechnet, daß die Temperatur für eine Erhebung von 121.1 Loisen um 1° R. abnimmt. Er findet nach der ersten Annahme für die Äquatorialgegend, wo bei einem mittleren Barometerstände von 337.3 P. L. der mittlere Thermo¬ nieterstand -s- 22°.4 R. ist, die Höhe der Atmosphäre — 27631 Toisen — 7.22 geogr. Meilen, hingegen für die Stelle der Erde, wo bei einem gleichen mittleren Barometerstands die Temperatur — 0° ist, 25128 T. — 6.6 geogr. M. Für die zweite Annahme findet er die Höhe der Atmosphäre am Äquator — 104975 T. — 27.5 geogr. M., und an der Stelle, wo die mittlere Temperatur — 0° R. ist, 103518T.—27.1 geogr. M. Für welche von den beiden Höhen der Atmosphäre man sich auch erklären mag, so ist doch so viel gewiß, daß diese Höhe vomAquator gegen dis Pole zu abnimmt und daß die angegebenen Zahlen nur die Grenzen bezeichnen, inner¬ halb welchen die beständig bewegte Luft ihre Schwankungen macht. (Gilb. Ann. 62. 309. Zeitsch. 8. 420.) 172. Den bekannten Gesetzen des Gleichgewichtes gemäß sollte die Atmosphäre von Oben nach Unten an Dichte und Expansivkraft zunehmen und daher an der Erdoberfläche die größte Dichte besitzen. Allein dieses Gesetz wurde für den Fall einer allenthalben gleichen Temperatur entwickelt und muß daher in der Wirklichkeit, wo bei¬ nahe jede Lufrschichte eine andere Temperatur hat, große Ausnah¬ men erleiden. Insbesondere ist klar, daß die Dichte der Luft wegen des nach Oben abnehmenden Druckes abnehmen, wegen der nach Oben abnehmenden Temperatur aber wachsen soll. In der Regel ist zwar die erstere Wirkung die überwiegende und daher die Luft Oben dün¬ ner als Unten; es gibt aber doch Falle, wo das Gegentheil Statt findet. Daß der Luftdruck bei gleicher Entfernung vom Centrum der Brstandtheile der Atmosphäre. 771 Erde nicht derselbe sey, wie es die Gesetze des Gleichgewichtes ver¬ langen, ist schon früher gesagt worden. Sehr wichtige Erscheinun¬ gen bringt das in der Luft befindliche Wasser hervor, indem es das auffallende Licht mannigfaltig modificirt und auch auf die Erwar¬ mung und Erkaltung der Erde einen großen Einfluß ausübt, ja so¬ gar zur Entwicklung der Luftelecrricität beiträgt, durch welche die imposantesten Erscheinungen hervorgebracht werden. Alle diese Ver¬ änderungen der Lust bestimmen das Klima eines Ortes. Zweites Kapitel. Veränderungen der Bestandteile der Atmosphäre. 173. Die Hauptbestandtheils der Atmosphäre sind bekanntlich Sauerstoffgas, Stickgas, Kohlensäure gas und Mas¬ se rd unsre, es kommen aber überdies örtlich noch manche andere Stoffe, wie z. B. nach Wit tin g (Kast. Arch. 5. 189) freie Salz¬ säure, salzsaurer Kalk, Kohlenwasserstoff, organische Substanzen darin vor- Bei Gewittern hat man auch Salpetersäure in der Luft gefunden. Es unterliegt keinenp Zweifel, daff diese Stoffe nur als Gemengtheile neben einander existiren, ohne mit einander chemisch verbunden zu seyn; denn ein mechanisches Gemenge dieser Stoffs nach dem in der Atmosphäre vorhandenen Verhältnisse zeigt genau dieselben Eigenschaften, welche man in der atm. Luft bemerkt, z.B. dasselbe specifische Gewicht, dasselbe LichtbrechuNgsvermögen, Und ihre gleichförmige Mengung ist ganz den Gesetzen des Gleichgewich¬ tes der Gase gemäß (/. 209). Hingegen bemerkt man an der atm. Luft keine jener Eigenschaften, welche die chemischen Verbindungen von Stickstoff mit Sauerstoff characterisiren, ja das Verhälrniß dieser zwei Stoffe in der Atmosphäre widerspricht den stöchiometrischen Gesetzen geradezu. Eine natürliche Folge dieser Behauptung ist, daß jeder der Hauptbestandtheils der Atmosphäre gleichsam eine für sich bestehende Atmosphäre um die Erde bildet und daß der gelammte Luftdruck aus der Summe des Druckes dec Sauerstoff-, Stickstoff-, Kohlensäure- und Wasseratmosphäre bestehe. Die Dichte jeder die>er Atmosphären nimmt nach Oben nach dem M a ri o t te schen Gesetze ab- * 772 Gleichförmig keir ihrer Mengung. 174. Die Bestandtheile der Atmosphäre sind beständigen Ver¬ änderungen unterworfen. Durch Verbrennen, Faylniß, Gährung und durch das Arhmen der Thiere wird beständig Sauerstoffgas ver¬ zehrt, durch das Leben der Pflanzen, durch Gährung und Ver¬ brennen fortwährend Kohlensäuregas entwickelt, das Wasser ver¬ dunstet fast ununterbrochen. Diese Veränderungen gehen allerdings nur in den unteren Schichten der Atmosphäre vor, aber weil deren Bestandtheile nur mit einander gemengt sind, so existiren sie un¬ abhängig von einander, jeder steht nur mit sich selbst im Gleich¬ gewichte und der örtliche Abgang oder Uberschuß eines Theiles wird durch die Umgebung ausgeglichen. Daher muß jede Veränderung in den untersten Schichten auch auf die oberen wirken und demnach ein beständiges Bestreben herrschen, allenthalben eine gleichförmige Mengung der Bestandtheile der Atmosphäre zu erzeugen. Deßun- geachtet kann einer oder der andere dieser Bestandtheile an einem Orte ein relatives Übergewicht bekommen, weil der Abfluß, wel¬ cher zur Herstellung des Gleichgewichtes nothwendig ist, durch me¬ chanische Hindernisse, wie z. B. durch entgegengesetzte Lufrströme, durch anders Gase,durch verminderte Communication verzögert wird. Daher kommt es, daß das Kohlensäuregas und die Wasserdünste in den unteren Regionen in verhältnißmäßig größerer Menge vor¬ handen sind, als in den oberen, und daß in Kellern, Brunnen, vers tossenen Gängen rc. die Luft nicht selten entweder wegen zu ge¬ ringem Sauerstoffgehalte unathembar oder durch schädliche Gase, wie z. B. durch Kohlenwasserstoff-, Schwefelwasserstoff-, Kohlensäure¬ gas vergiftet ist. Hieraus wird ersichtlich, daß man nur niit Vorsicht Orte betreten darf, wo dec Luftwechsel erschwert ist, und man einen Abgang an Sanerstoffgas oder die Gegenwart schädlicher Gase zu be¬ fürchten Grund hat. Ein Licht an einer Stange vor sich herzu¬ tragen und sich durch das Erlöschen desselben an die Rückkehr mahnen zu lassen, sichert nicht immer gegen Unglück; denn licht¬ verlöschend und unathembar sind zwei sehr verschiedene Eigenschaf¬ ten. Es gibt Luf.arten, in denen die Lichter vorzüglich brennen und doch Menschen ersticken, und andere, in denen kein Geleuchte brennt, aber Menschen leben können. Glücklicher Weise kommen die ersteren seltener vor, als die letzteren.Atmosphärische Luft kann Kohlcn- fäuregas dem Volum nach enthalten, ohne schädlich zu werden, -ck^tel Volum Schwefelwasscrstoffgas der atm. Luft beigemengt, tödtet nach Dupuytren schon in 1 Minute ein Pferd, x^e! Schwanken des K v h l en sä u r e g eh a lces. 773 einen Hund von mittlerer Größe,—-—tel einen Vogel auf der Stelle. The na cd empfiehlt darum auch dieses Gas züm Vertilgen schädlicher Thiere ck« L/um. gg. ^57. Uber die unterirdischen Gasarten re. von A. v. Humboldt. Braunschweig 1799.) 175. Unter den Bestandtheilen der atm. Luft sind die Wasser¬ dünste und das Kohlensäuregas allein bald in größerer, bald in ge¬ ringerer Menge vorhanden, wahrend Sauerstoffgas und Stickgas stets in demselben Verhältnisse vorkommen; doch darf man dabei nicht vergessen. Laß die Mittel, welche uns zur Prüfung des Waffer- und Kohlensäuregehaltes der Luft zu Gebote stehen, weit empfind¬ licher sind, als jene, mittelst welcher wir die atm. Luft auf Sauer¬ stoff prüfen. Nach Th. von Saussurs betragt der Kohlensäure¬ gehalt der atm. Luft im Mittel — 0.0415 p. C. dem Volum nach, ein Resultat, dessen Richtigkeit neuestens von Watson bestätiget worden ist. (Er fand den Kshlensäuregehalt der Atmosphäre im Freien — 0.04135 und in der unreinen Atmosphäre von Bolton nur — 0.05300.) Der Kohlensauregehalt der Atmosphäre ist in trockenen Tagen größer als nach einem Regen, weil das Regenwas¬ ser einen Theil dieses Gases aufnimmt, bei anhaltender Sommer¬ hitze und bei anhaltendem Froste (der größeren Trockenheit wegen) größer, als in mäßig warmen und feuchten Tagen, über Wasser kleiner als über dem festen Lande, in Städten größer als auf dem Lande, auf Bergen größer als in Ebenen und bei windigem Wetter größer als bei Windstille. Es scheint ein periodisches Wachsen und Abnehmen des Kohlensäuregehaltes der Luft Statt zu finden und zwar fand Sa ussure, daß zu Genf und in der Umgebung in der Mitte des Tages das Minimum, gegen Ende der Nacht das Maximum der Kohlensäure vorhanden sey, daß dieselbe in den letzten Stunden der Nacht am schnellsten wachse, in den ersten des Tages am schnellsten abnehme. Auf Bergen ändert sich der Kohlen¬ säuregehalt durch den Einfluß der Nacht gar nicht, in Städten wächst er des Nachts minder als auf dem Lande. (Saussure in Gilb. Ann. 54.217; Zeitsch. 5. 356; 8. 351.) Wie veränderlich der Wassergehalt der Luft sey, ist ohnehin bekannt. Nach Dal- ton sollen die in der Luft befindlichen Dünste bald einer Queck¬ silbersäule von 0.1 Z. , bald einer Säule von 0.6 Z. das Gleich», gewicht halten, und daher auf Rechnung dec Dünste -7^ bis 17, also im Mittel der lOOte Theil des ganzen Druckes derAtmosphäre 7/r Thermische Verhältnisse. kommen. Demnach betragen die in der Luft enthaltenen Gase und Wasserdünste dem Volum nach dem Gewichte nach Druck in Zol¬ len beiläufig Sauerstoffgas 0.2100 . . 0.2308 . . . 6.668 Stickgas . 0.7796 . . 0.7624 . . . 22.031 Kohlensäuregas 0.0004 . . 0.0006 . . . 0.017 Wasserdünste 0.0100 . . 0.0062 . . . 0.179 1.0000 1.0000 28.895 Es ist klar, daß dieses Verhältniß nicht in allen Hohen herrschen kann, indem jede der vier Atmosphären für sich nach Oben an Dichte abnimmr. In einer Hohe von 10.000 F. entspricht der Sauerstoffarm, nur mehr ein Druck von 4.48 Z., der Stick- stoffatm. ein Druck von 14.81 Z., der Kohlensäureatm. ein Druck von 0,011 Z. und der Wasserarm, ein Druck von 0.0120 Z. Drittes Kapitel. Bertheilung der Wärme auf der Erde. 176. Der Zustand her Wärme der Erde und ihrer Atmosphäre hat auf das Gedeihen der Gewächse und auf das Leben der Thiere, ja selbst auf das Befinden des Menschen einen so großen Einfluß, daß es wohl der Mühe werth ist, die Vertheilung der Wärme und den jedem Erdstriche zu jeder Zeit eigenen Wärmegrad, so weites der Zustand unserer Kenntnisse gestattet, aus den bekannten Natur¬ gesetzen zu erklären, um so mehr, als durch den Wärmezustand das Klima eitles Landes vorzüglich characteriflrt wird und die meisten übrigen climatischen Verhältnisse, wie z. B. Trockenheit und Feuchtigkeit, Luftdruck und Lufcströme ;c. durch die Wärme bedingt werden. — Bekanntlich unterliegen sowohl die Temperatur der Erd¬ oberfläche als auch jene der ihr nahen Luftschichten bedeutenden Ver¬ änderungen und diese bieten zwei Perioden dar, eine tägliche Und eine j ä h r l i ch e, die mit der täglichen und jährlichen Bewegung der Erde, mithin mit dem Stande der Sonne gegen die Erde in der innigsten Verbindung stehen. Täglich nimmt die Temperatur Heiße und gemäßigte Zone. 775 von Sonnenaufgang bis 1—3 St. nach Mittag zu, und sinkt wieder von da an, bis sie ihr Minimum erreicht, wenn nicht Win¬ de, Wolken, Wasserniederschläge rc. diesen Gang der Warme stö¬ ren. Eben so steigt die Temperatur der einzelnen Tage im Allge¬ meinen von der Zeit ihres Minimums bis zu ihrer größten Höhe, und sinkt von da wieder bis zu ihrem kleinsten Werthe. Das Gesetz der Ab- und Zunahme der Temperatur, der Unterschied zwischen den beiden, sowohl täglichen als jährlichen Warmeextremen und der mittlere Zustand der Wärme richtet sich hauptsächlich nach der geogr. Breite und man rheill in dieser Beziehung die ganze Erde in fünf Zonen oder Erdgürtel, nämlich in eine heiße Zone, zwischen den beiden Wendekreisen, in zwei ge mäß ig te, zwischen jedem Wendekreise und dem Polarkreise derselben Erdhälfte, und in zwei kalte, von jedem Polarkreise bis zum entsprechenden Pole. 177. In der heißen Zone zerfällt das Jahr in zwei Jahres¬ zeiten, nämlich in die trockene, heiße Jahreszeit, und in die Re¬ genzeit. Wenn die Mittagssonne dem Zenirh nahe rückt und mit ihrem glühenden Strahle die Pflanzenwelt zu vertilgen droht, über¬ zieht sich der Himmel mit trübem Eewölke, es beginnt der tropische Regen, der mir Ausnahme einiger Tage und Stunden mehrere Monate anhält. Diese Erscheinung fällt zu beiden Seilen des Äqua¬ tors in entgegengesetzte Zeiten des Jahres. Sie fängt an der Nord¬ seite des Äquators desto früher an, je geringer die Breite des Or¬ tes ist, und rückt daher von Süden nach Norden fort; auch dauert sie desto länger, je früher sie vor dem höchsten Sonnenstände ein¬ trat. So z. B. beginnt die Regenzeit an der Küste 'von Guinea im April oder Mai, tiefer im Lande im Mai oder Juni, und end¬ lich im Flußgebiete des Gambia und Senegal im Juni oder Juli. 178. Die Länder dergemäßigtenZonen haben vier Jahres¬ zeiten, die bekanntlich durch die Namen Frühling, Som¬ mer, Herbst und Win ter bezeichnet werden. In diesen Gegen¬ den steigt im Sommer die Wärme nicht selten so hoch als im heißen Erdgürrel, aber dafür sinkt sie im Winter tief unter die geringste Temperatur der heißen Zone. Der Unterschied zwischen der höchsten und niedrigsten Temperatur wächst in dec Regel mit der Breite eines Ortes. Länder, welche der heißen Zone nahe liegen, kennen keinen rauhen Winter, der die Fluren tobtet, sondern nur -amge, wie wir sie im Frühlinge oder Herbste erleben, das Entblättern und Belauben der Bäume trennt nur eine sehr kurze Frist. L>o z. B. 776 Kalte Zone. dauert in Ägypten der heiße Sommer vom April bis November, dann loset ihn eine wahre Frühlingszeit ab. Nicht minder mild ist der Winter in Sicilien, Malta, im südlichen Spanien, auf den canarischen Inseln, in Südcarolina, Georgien und Louisiana, am Rio della Plata, auf den Südseeinseln u. s. f. Je weiter man sich von der Grenze der heißen Zone in die gemäßigte hinein entfernt, desto gleichmäßiger theilen sich die vier Jahreszeiten in das ganze Jahr, bis bei weiterer Annäherung an die Grenze des kalten Erdgürtels dec Winter die Oberhand gewinnt und einen Theil des Frühlings und Herbstes verschlingt. Es erreicht zwar der Sommer wegen der langen Dauer der Tage eine außerordentliche Hitze, so daß Pflanzen vom Keimen bis zur Reife nur etwa 6 Wochen brau¬ chen, die bei uns kaum in drei Monaten eben so weit gebracht werden können; dafür ist diese Zeit nur kurz und der schnell ein¬ brechende Winter so hefcig, daß die meisten Flüssigkeiten gefrieren, der Athem zu Reif erstarrt, alle Vegetation erstirbt, und nur we¬ nige Thiere, so wie der überall ausdauernde Mensch, Thätigkeit und Leben beurkunden. 179. In der kalten Zone zerfällt das ganze Jahr in einen flüchtigen Sommer und in einen langen Winter. Die an der Grenze des gemäßigten Erdgürtels befindlichen Länder nehyien zwar noch etwas an den günstigeren Verhältnissen desselben Theil, aber weiter davon kann die Sonne selbst bei der langen Dauer der Tage wegen ihrer geringen Höbe, wegen der häufigen Nebel und derDicke und Dichte der Luftschichten, welche die schief einfallenden Lichtstrahlen durchwandern müssen, bevor sie den Boden treffen, keine namhafte Erwärmung mehr Hervorrufen, um so mehr, als die meiste Wär¬ me zum Schmelzen des Eises verwendet wird. Uber 70° nördl. Br. hinaus steigt das Thermometer selbst im Sommer selten über den Eispunct und zwischen 79 — 80° nördl. Br. schmilzt der Schnee gar nicht mehr weg. 180. Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese Verschieden¬ heiten in der verschiedenen Einwirkung des Sonnenlichtes ihren Grund haben. Die Oberfläche der Erde wird durch die Sonnen¬ strahlen unmittelbar erwärmt, indem sie dieselben absorbirt, und diese Erwärmung muß natürlich bei gleichen Umständen desto grö¬ ßer ausfallen, je länger die Einwirkung der Sonne anhält, je dichter und je weniger schief ihre Strahlen auffallen. Der Luft wird aber diese Wärme auf verschiedene Arten mitgetheilt. Erstens Wirkung des Wassers. 777 verschluckt sie einen, wenn auch nur geringen Theil der einfallenden Sonnenstrahlen und erwärmt sich dadurch; 2) strahlt die erwärmte Erde ihre Wärme gegen die Luft aus und theilt ihr dadurch eine höhere Temperatur mit; endlich 3) erhalten die der Erde zunächst liegenden Luftschichten auch von der Erde unmittelbar Wärme. Alle diese Umstände machen, daß, wenn die Erwärmung der Erde durch dis Sonne nicht gar zu rasch und zu heftig vor sich geht, die Temperatur der Erde jener der nächsten Luftschichten nahe gleich ist. Hieraus ersieht man zugleich, daß die Größe und der Gang der Erwärmung nicht allein von der Kraft der Sonnenstrahlen, son¬ dern auch von der Beschaffenheit der Körper abhänge, welche von denselben getroffen werden. Da überdies die Wärme ihrer Natur nach von dem wärmeren Körper übergeht und selbst Lustströme dis Temperatur eines Ortes in einen anderen übertragen; so ist ersicht¬ lich, daß die Warmeverhältniffe außer der geogr. Breite auch noch davon abhängen müssen, ob ein Erdstrich festes Land oder mit Was¬ ser bedeckt ist, von welcher Beschaffenheit der Boden und nach wel¬ cher Richtung er vorzugsweise ausgedehnt, ob seine Atmosphäre ruhig oder von Winden oft heimgesucht ist, endlich in welcher Hö¬ he über der Meeresfläche er sich befind-t. 181. Das Wasser entwickelt aus den auffallende» Sonnen¬ strahlen wegen seiner großen Reflexionsfähigkeit weniger Wärme als der rauhe und alles Glanzes beraubte Boden des festen Landes, und erwärmt sich darum auch langsamer als der Continent. Dafür erkaltet es auch wieder langsamer, weil es wenig Wärme ausstrahlt, und weil die oberen erkalteten Schichten zu Boden sinken und durch tiefer liegende, wärmere ersetzt werden. Beim Ocean kommt noch dazu, daß so große Wassermaffen von ungleicher Temperatur stets mir einander communiciren und sich beständig auszugleichen suchen. Demnach wird das Seeclima, womit auch jenes der Inseln und der Küstenländer dem Wesen nach übereinstimmt, minder warme Sommer und gemäßigtere Winter haben als das Continentalclima, dessen Extreme viel weiter von einander abstehen und das mir Recht excessivss Klima genannt werden kann. Wegen der großen Gleichförmigkeit der Wasseroberfläche und dem Mangel an Erhö¬ hungen folgen die Warmeverhältniffe zur See überhaupt mehr der geogr. Breite als am festen Lande. 182. Das feste Land erwärmt sich wegen seiner Undurchsichtig¬ keit, Dichte und dem Mangel an Verschiebbarkeit seiner Theile in 778 Einfluß der Ausdehnung der Lander. der Regel stärkerund ungleichförmiger, erkaltet aber auch schneller und mehr als Wasser. Aus diesem Grunde haben große Continenre einen größeren Wechsel der Wärme, als kleinere Inseln und Kü¬ stenländer, wie sich dieses besonders in dem größten der Festlande, Asien, deutlich zeigt, dessen Inneres bei gleicher Breite eine größe¬ re Sommerhitze, aber auch eine größere Winterkälte hat, als Euro¬ pa. Daß Länder, welche von Meerbusen und Binnenmeeren viel¬ fach zerschnitten sind, wie z. B. Italien, Griechenland, Indien rc. mehr den Character eines See- als den eines Conkinenralclima's haben, jene hingegen, welche vom Meere fast geradlinig begrenzt werden, wie z. B. Afrika, Nordasien, Neuholland, vorzugsweise dem Continentalclima anheimfallen müssen, ist für sich klar. Aus dem Vorhergehenden begreift man leicht, warum das von so vie¬ len Meerbusen durchschnittene, von zwei Binnenmeeren eingefaßte, westliche Europa ein milderes Clima hat, als Asien. So liegen;. B. Amsterdam und Warschau, ferner Kopenhagen und Kasan nahe in demselben Polarkreise und haben doch so verschiedene mittlere Wär¬ megrade; noch auffallender ist die Differenz zwischen der grö߬ ten Sommerhitze und Winterkälte. So hat Peckiug einen Som- > mer wie Neapel und einen Winter wie Kopenhagen; Kasan hat während eines Theiles des Friihings und "Sommers die¬ selbe Temperatur wie Paris, wiewohl es um 7" nördlicher liegt und dessen mittlere Temperatur um 9° tiefer ist als jene von Paris. Bon Orleans und Paris bis London, Dublin, Edinburg und Franecker nimmt die mittlere Jahrestemperatur nur sehr wenig ab, ungeachtet Breitendiffcrenzen von 4—6° Statt finden; aber im öst¬ lichen Europa sinkt die mittlere Temperatur zwischen 45 — 55° Br. schon bei einer Breitendifferenz von 1° um 0°.62 <7. Während die mittlere Wärme des Festlandes in der Äquatorialzone 27°.7 beträgt, ist jene des Meeres ebendaselbst 25°.5. Das Meer erreicht dort sel¬ ten 28° und nie sah man die Meerestemperatur über 30°6, dieLuft über dem Meere hat nur selten 29° und vielleicht nie 32°. Der Boden der heißen Zone nimmt währenddes Tages sogar 52°.5an und den weißen Granitsand an den Wasserfällen des Qrinoco fand Humboldt 60°.3 heiß, während die Luft 29°.6 hatte. Monats lang ist die mittlere Lufttemperatur in den Tcopenländern 26°.5—35°, über dem tropischen Meere 23 — 27°; in Madras, Pondicheri, Ober¬ ägypten steigt die Wärme der Luft auf 40—46°-8 C. 183. Von großem Einflüsse auf den Wärmezustand eines Lan¬ des ist auch die Richtung der größeren Ausdehnung desselben. Länder der gemäßigten Zone erlangen sehr günstige Einfluß deS BodenS. 779 Wärmeverhältnisse, wenn sie sich bis in den heißen Erdgürtel hin¬ ein erstrecken/ erleiden aber eine bedeutende Wärmeverminderung, wenn sie bis zu den Polargegenden hinaufreichen. In jenem Falle wirken nämlich die in dem heißen Clima aufsteigenden/ gegen die gemäßigte Zone Hinstromenden Luftwaffen erwärmend auf die letzte¬ re ein, in diesem setzen kalte Luftströme die Temperatur der gemä¬ ßigten Zone mächtig herab. Hierin liegt ein Hauptgrund der beson¬ ders günstigen Wärmeverhaltnisse Europa's, der viel geringeren Temperatur Nordasiens und Nordamerikas und der größeren Kälte in der südlichen Halbkugel. Nur^ des ganzen Umfanges des Erdäquators fällt auf festes Land und von diesem kommen auf Afrika 0.461., aus Amerika 0.301, auf Asien 0.114 und auf Australien 0.124, es fällt daher der größere Theil des tropischen Kontinents in die Länder der alten Welt und gerade Europa befindet sich in jenem Theile desselben, der sich in der heißen Zone am meisten ausbreitet. Asien und Amerika erstrecken sich weiter ins Eismeer hinein als Europa, undinnerhalb dsrMe- ridiane, dis sie begrenzen, nimmt die See den größten Theil der heißen Zone ein, Die Länder der südlichen Halbkugel laufen gegen Süd, fast ohne Ausnahme, in Spitzen aus und haben darum ein Clima von der Natur des Seeclima's mit einem keineswegs heißen Sommer und einem mäßigen Winter. 184. Der Zu st and des Bodens hat auf das Clima keinen geringeren Einfluß als die Gestalt und Ausdehnung des Landes. Trockener, nackter, besonders sandiger Boden erhitzt sich wegen seines großen Absorptionsvermögens sehr stark und verliert keine Wärme durch Verdünstung. Cultivirter, mit Pflanzen be¬ setzter, besonders waldreicher Boden ist immer kühler als pflanzen¬ leeres Land, weil durch den Vegetationsproceß viele Wärme ge¬ bunden wird, die Sonnenstrahlen den Boden nicht erreichen können und die Wärmeausstrahlung von einer größeren Fläche erfolgt. Stagnirendes Wasser, Seen, Sümpfe und Moräste, so wie große Flüsse mäßigen, durch ihr geringes Erwärmungsvermogen, die Sommerhitze, und begegnen, wenn sie tief sind, auch der Winter¬ kälte; nur in großen Breiten hemmen sie den frühzeitigen Eintritt der Frühlingswärme. Die ungeheure Sahara ist aus diesen Grün¬ den so heiß (50° — 60") und sendet uns darum so mächtig wirkende Luftstrome zu; darum ist das Clima von Ostflorida und im südlichen, waldigen Negerlaude Afrika's ungeachtet der Nähe des Äquators >o 780 Einfluß der Winde. anmuthig; darum bringt die Ausrottung der Walder in heißen Gegenden so großen Nachtheil. Amerika's Wälder haben einen gro¬ ßen Einfluß auf die vorzugsweise große Luftfeuchtigkeit und die gemäßigte Wärme selbst des tropischen Theiles dieses Landes. 185. Länder, welche von kalten Winden häufig heimgesucht werden, sind kühler, als jene, die durch Gebirge dagegen geschützt sind. Wo häufige Gewitter Statt finden, wird auch die Luft häu¬ fig abgekühlt und die Hitze gemildert. Europa verdankt seine clima- tischen Vorzüge vor Ländern von gleicher Breite und Hohe mit¬ unter gewiß auch den Uralgebirgen, welche die kalten Nordostwinde abhalten, und den von den heißen afrikanischen Sandwüsten herbei¬ geführten Luftstromen. Einen großen Einfluß auf die Temperatur eines Landes haben auch die aus fernen Gegenden dahin gelangen¬ den Meeresströmungen. Norwegen scheint dem Golphstrome größten- theils sein gemäßigtes Clima zu verdanken. 186. Es liegt in der Natur der Lufterwärmung, daß die Temperatur der Luft nach Oben obnehmen muß. Die Luft kann nämlich desto weniger Licht absorbiren und sich dadurch erwärmen, je dünner sie ist; die von der Erde ausstrahlende Wärme wird die oberen Schichten weniger treffen und von ihnen weniger ausgenom¬ men werden, die Mitrheilung von der Erde aus wirket auf die oberen Luftschichten gar nicht und durch die von dec Berührung der unteren und oberen Luftschichten unter sich herrührende Erwärmung muß immer geringer werden, je weiter aufwärts es geht, endlich fällt die reichlichste Quelle der Erwärmung, welche von den auf¬ steigenden warmen Luststromen herrührt, in den oberen Regionen dürftig aus- weil sich die Luft beim Aufsteigen in denselben zu sehr ausdehnt und schon deshalb bedeutend erkaltet. Es wäre wichtig, das Gesetz zu kennen, nach welchem die Temperatur gegen Oben abnimmt, bis jetzt ist man aber noch zu keinem ganz sicheren Re¬ sultate gelangt, es hat vielmehr den Anschein, als fände für ver¬ schiedene Localitäten, in verschiedenen Jahres- und Tageszeiten auch ein verschiedenes Gesetz der Wärmeabnahme nach Oben Statt. Berge wirken auch noch dadurch auf das Clima eines Landes, daß sie den Sonnenstrahlen sehr mannigfaltig geneigte Flächen darbie¬ ten, sich gegenseitig beschatten und Nachts wegen ihrer besonders großen Oberfläche viel Wärme ausstrahlen. Je höher ein Ort über der Meeresfläche liegt, desto geringer ist seine Temperatur; doch herrscht auf Gebirgsebenen ein milderes Clima als in gleicher Höhe Einfluß der Höhe. Schneegrenze. 781 aufisolirten Bergen. Man kann beim Besteigen eines hohen Ber¬ ges mehrere Climate über einander ckütreffen. Wenn man sich von Rio de Guayaquil aus gegen den Gipfel des Chimboraoo erhebt, so findet man in einem engen Erdraume alle Climate schichtenweise über einander gelagert und sieht die Natur auf einer Tagreise sich rascher verändern, als wenn man tausend Meilen vom Äquator nordwärts reifete. A. v. Humboldt traf auf dem Rücken der Anden in einer Höhe von 5060 W. F. über der Meeresfluche das Clima von Algier, bei 8540 F. Höhe das Clima von Florenz an. Man wird offenbar überall, wo sich hinreichend hohe Berge oder Landschaften befinden, eine Höhe erreichen, in welcher der Schnee nicht mehr wegschmilzt. Man nennt sie die mittlere Schnee¬ grenze. Diese Höhe ist desto bedeutender, je geringer die Breite eines Ortes ist, in der Nähe der Pole ist sie — 0, so, daß dort schon an der Meeresfläche alles von ewigem Eise starrt, übrigens aber sehr von Localitäten abhängig. Die Linie, welche die mittleren Schnee¬ grenzen verbindet, ist nicht etwa diejenige, wo die Temperatur im Durchschnitte — 0° <7 ist. Am Chimborazo ist die jährliche Durch- schnitts-Luftwarme ander Schneegrenze >—1".5, am St. Gott¬ hard — 3°.7, in den Alpen —4A5, in der kalten Zone —6°. Die Schneegrenze folgt überhaupt mehr der Linie einer gleichen Sommerhitze und hangt nicht so sehr von der mittleren jährlichen Temperatur, sondern von jener des Sommers ab und wird häufig durch Localumstände, wie z. B. durch die Ausdehnung der betref¬ fenden Höhe, durch die Temperatur der Umgebung, den Feuchtig¬ keitsgrad der Luft während des Winters, durch die bei eintretendem Sommer vorhandene Schneemenge und durch die Zahl der heiteren und trüben Tage der wärmeren Jahreszeit bestimmt. Folgendes sind dle Höhen inP. F., um die inan, nach Beobachtungen an den beigesetzten Orten steigen muß, damit die Temperatur um 1" <7 sinke. 27 bedeutet Humboldt, 67 Gay-Lussac, A Ramond, 2) Dalton, 5' Saussure. Coffrc de Perotte Ä . . 569.6 Silla de Carracas 7/ . - 591.2 Fuerta de la Cuchilla 7/ . 569.6 Guadaloupe 77 ... . 598.7 Pic v. Teneriffa 77 . . 571.7 Nevado de Tvluca 77. . 613.4 Pichincha 77 622.3 Chimboraxo 77 ... . 629.0 Quito 77 . . . O . . 750 Mexico 77 774 Popayan 780 Bogota 77 "86 Paris 67 533.5 Ätna 547 Alpen 538 England 7> . . . . , 408 782 Mittlere Temperatur. Hieraus sieht mau, daß die Wärme auf Plateau's langsamer ab- niuimt, als in tieferen Gegenden. Nach d'Aubuisson ist die Er¬ höhung für eine Wärmeabnahme von 1°, zu Genf und auf dem Wernhardsbergs, für die einzelnen Monate in Metern wie folgt: Jänner 22t, Febr. 214, März 219, April 211, Mai 222, Juni 210, Juli 142, August 149, Sept. 164, Oct. 24l, Nov. 201, Dec. 246; im Mittel 203 M. — 624P. F. Saussure fand auf dem Col de Göant folgende Werthe iu Metern zu verschiedenen Stunden: Mittags 148, 2 Uhr 140, 4 U. 142, 6 U. 141, 8 U. 143, 10 U. 157, 12U. 171, 14 U. 189, 16 U. 210, 18 U. 195, 20 U. 180 , 22 U. 160, im Mittel 161.3 M. — 496 P.F. Bei Gay-Lussac's berühmter Luftfahrt stand das Thermometer au der Erdoberfläche auf 30675 in 5002 M. Höhe auf 5°.25, in 5675 M. Höhe auf 0°.5, in 5632 M. Höhe auf 0° und in der größten Höhe, die erreicht wurde, näm¬ lich in 6977 M. aus — 9°.5. Es scheint demnach die Wärme näher an der ErdoberflcUbs langsamer ab^unehmen, als in größeren Höhen, in großen Höhen hingegen sich in arithmetischer Progression zu vermindern. Folgende Tafel gibt die Grenzen des ewigen Schnees nach dcn neuesten und besten Bestimmungen an: 187. Das wichtigste der thermischen Verhältnisse wird durch die mittlere Temperarur und durch die täglichen und jährlichen Wärme¬ extreme bestimmt. Die mittlere Temperatur eines Tages ist eigentlich das arithmetische Mittel der Temperaturen aller Zeitab-- Bestimmung der mittleren Temperatur. 783 schnitte, aus denen ein Tag besteht. Weil sich aber die Warme wahrend einer Stunde nicht gar schnell ändert, so ist es hinreichend, wenn man zur Bestimmung der mittleren Tageswarme die Tem¬ peratur der Luft an einem Thermometer, das gegen die Sonnen¬ strahlen, gegen Wind und Regen und gegen die strahlende Warme wohl geschützt ist, von Stunde zu Stunde beobachtet. Beobachtun¬ gen dieser Art, lange genug fortgesetzt, führen zur Kenntnis' be¬ stimmter Regeln, nach denen man aus einer sehr geringen Anzahl zu bestimmten Stunden angestellter Beobachtungen die mittlere Tageswärme erhält. Humboldt hat aus mehreren in den Tropenländern und zu Paris angestellten Beobachtungen abgenom¬ men, daß die Temperatur bei Sonnenuntergang der mittleren Tageswärme nahe gleich komme; allein Kämtz findet aus den zu Padua und zu Leith angestellcen Beobachtungen, daß die so ge¬ fundene Temperatur von dem wahren Mittel zu stark abweiche, als daß man sie in allen Fällen als brauchbar ansehen könnte. Näher stimmt ein anderes von Humboldt empfohlenes Verfah¬ ren mit der Wahrheit überein, nach welchem durch das arithmetische Mittel aus der höchsten und niedrigsten Temperatur die beab¬ sichtigte Temperatur erhalten wird, und wenn auch nach Kämtz und Carlini selbst diese Regel nur ein beiläufig richtiges Re¬ sultat gibt, so kann sie doch durch eine Correction zum wahren Mittel der täglichen Temperatur führen (Siehe Suppl. S. 702). Fände die mittlere Temperatur selbst täglich zu derselben Stunde Statt, so wäre es wohl am zweckmäßigsten, gerade zu dieser Stunde zu beobachten und man erhielte auf einmal das erwünschte Resultat und dürfte auch die Stunde nicht mit aller Strenge enthalten, weil sich zu dieser Zeit die Wärme nur langsam ändert; allein das tägliche Mittel tritt nicht immer und allerwärts zu derselben Zeit ein. Nach den zu Leith, Apenrade und Padua angestellten, stündlichen Beobachtungen erhält man die mittlere Tagestemperatur aus zwei Beobachtungen, einer vor- und einer nachmittägigen, die um Itch Stunden von einander abstehen. Nach Brewster gibt die halbe Summe zweier in gleichnamigen Stunden (z. B. 10Uhr Morgens und 10 Uhr Abends) erhaltenen Resultate die mittlere Tagestempe¬ ratur. Beobachtet man täglich um 7 Uhr Früh und um 2 und 9 Uhr Abends, wie dieses nach den Bestimmungen der Manheimer meteorologischen Societät zu geschehen hatte, so erhält nian nach K ämtz das tägliche Mittel e durch die Formel / // // -z- 2/X e ----- 4 784 Mittlere Jahrestemperatur. wo ZA'Z, 71, n die um 7, 2, 9 Uhr beobachteten Temperaturen bezeichnen. Nach Humboldt gelangt man auch zum Zwecke,wenn man zu beliebigen Stunden beobachtet, die gefundene Temperatur mit der Zeit multiplicirt, welche zwischen ihr und der folgenden liegt, und die Summe dec Products durch 24 theilt. Am Wiener Observatorium wird um 8 Uhr Morgens, um 3 und 10 Uhr Abends beobachtet. Sind /1/, X die beobachteten Tem¬ peraturen, so ist die mittlere Wärme r durch folgende Gleichung gegeben: 7 -j- 7 10 L r — - 24 Jener Regel gemäß sollte auch das Mittel aus 2 um 12 Stunden von einander entfernten Beobachtungen die mittlere Tageswärme geben. Nach Kämtz eignen sich dazn besonders gut 4 Uhr Morgens und Abends und 10 Uhr Morgens und Abends. Bei mehreren mit dieser Regel vorgenommenen Proben sand ich sie fast immer bis auf 0°.1 <7 genau. (K ä m tz in Schweigg. I. 48-1. ZtumLo / -le le l-A-r. />. 491 u. f.) 188. Das arithmetische Mittel aus allen mittleren Tagestem¬ peraturen eines Jahres gibt die mittlere Jahrestempera¬ tur. Diese fällt nach H u m b o l d t nahe mit der mittleren Tem¬ peratur des Monats April und October> oder nach Kämtz noch näher mit dem Mittel aus den Temperaturen dieser zwei Monate zusammen und ist sehr nahe eine beständige Große. Kämtz (Schweigg. I. 55. 375) hat für mehrere Orte aus einer gro¬ ßen Anzahl daselbst angestellter Temperaturbeobachtungen die Tage ausgemittelt, deren mittlere Temperatur zugleich die mittlere Jah¬ restemperatur ausdrückt und folgende Resultate gefunden: Man kann den 24. April und 21. October als jene Tage ansehen, deren Temperatur der mittleren Jahceswärme gleich kommt. 189. DieTemperaturnimmt täglich beinahe nach demselbenGe- setze ab und zu, so daß demnach in gleichen Abständen von dem Zeitpuncte der größten und kleinsten Wärme derselbe Wärmegrad Statt findet; doch fällt die größte tägliche Wärme in verschiedenen Täglicher Gang der Wärme. 785 Orten auf verschiedene Stunden des Tages, und selbst in dem¬ selben Orte trifft sie nicht zu jeder Jahreszeit zu derselben Stunde ein. In derRegel herrscht die kleinste Tageswärme kurz (etwa20 M.) vor Sonnenaufgang und wächst von da bis zwischen 1-^-3 Uhr Nachmittags, wo die höchste Tagestemperatur eintritt. Der Unter¬ schied zwischen der höchsten und niedrigsten Tagestemperatur wächst in der nördlichen Halbkugel vom Winter zum Sommer, ist aber selbst in derselben Jahreszeit an verschiedenen Orten sehr verschieden und zwar desto größer, je trockener die Luft ist. Die Ursache der Ungleichheit dieserWärmeextreme zu verschiedenen Jahreszeiten liegt in der verschiedenen Dauer des Tages gegen die Nacht und in der größeren oder kleineren Sonnenhöhe; der Grund, warum diese Extreme in feuchten Orten einander näher sind als in trockenen, ist darin zu suchen, daß in ersteren die durch Erkaltung zersetzten Dün¬ ste die Luft undurchsichtig machen und die fernere Wärmeausstrahlung verhindern. Aus den zu Leith in Schottland durch zwei volle Jahre stündlich angestellten Thermometerbeobachtungen ergibt sich, daß daselbst die Zeit der geringsten Temperatur im Mittel auf S"' Früh, die der höchsten hingegen auf 2"> 40'Nachmittags fällt, daß die Wärnie schneller zu- als abuimmt, daß sie sich im Sommer regelmäßiger ändert als in den anderen Jahreszeiten. Nach Carlini tritt zu Mailand das Maximum der täglichen Wärme im Sommer um 3>> 23', im Winter um 1"' 2d' N. M., das Minimum hingegen im Sommer um 4"° 4', im Winter um 58'Früh ein. In Rio Ja¬ neiro ist die Temperatur Vormittags zwischen 7—10"' am höchsten, später führt der täglich eintretende Seewind eine erwünschte Abküh¬ lung herbei und stört demnach das allgemeine Gesetz. Die Curve, welche man erhält, wenn inan die Stunden des Tages als Abscis- sen, die in denselben Statt findenden Temperaturen als Ordinaten betrachtet, besteht aus parabolisch gekrümmten Stücken. (Kä mtz in Schweigg. Journ. 47. 385. Suppl. 701.) 190. Der jährliche Gang der Wärme hat mit dem täglichen viele Ähnlichkeit. Die geringste Jahreswärme fallt auf den Jänner, die größte auf den Juli, beide Extreme sind nahe um 6 Monate von einander entfernt, es steigt aber die Wärme vom kältesten o.age an nicht ohne Unterbrechung bis zum wärmsten und nimmt auch nicht ununterbrochen vom wärmsten bis zum kältesten ab, sondern der Übergang von einem Extreme zum anderen erfolgt mir melueren Naturlehre 5. Aust. 786 Jährlicher Gang der Wärme. Schwankungen. Dieses hat vorzüglich B ra n d es schon nachgewie¬ sen. Er hat nämlich für Orte von sehr verschiedener Breite auS vieljährigen Beobachtungen die mittlere Warme von je fünf Tagen jedes einzelnen Jahres gesucht und daraus folgende Gesetze des Ganges der Warme abgeleitet: Die größte Kalte fallt fast überall in die ersten Tage des Jänners und vermindert sich von da fort¬ während ohne allgemeine Unterbrechung bis gegen Ende desselben Monats, wo eine neue Wärmeabnahme eintrict, die mit geringen Abwechslungen einen halben Monat anhält. Nach Verlauf dieser Zeit, also in der zweiten Hälfte des Februars, beginnt wieder eine mildere Witterung, wird aber durch eine neue Kälte (Nachwinter) auffallend unterbrochen, die in den östlichen und nördlichen Gegen¬ den früher merklich wird, auch mehr erheblich ist als in Len west¬ lichen und südlichen. Brandes zeigt, daß sie durch einen Luft¬ strom erzeugt werde, der auS dem astatischen Eismeere oder dem nordöstlichen Rußland kommt und durch die erwärmende Wirkung der zu dieser Zeit in diesen Gegenden gerade aufgehenden Sonne hervorgebracht werden soll. Nachdem diese vorüber ist, fängt die Temperatur allmälig zu steigen an und wächst mit wenigen Unter¬ brechungen mit größeren oder geringeren Schritten bis zur Zeit der größten Sommerhitze. Diese tritt in den nördlichen Gegenden früher als in den südlichen ein, weil auch dort die Tage schneller wachsen als hier. Von dem Zeitpunkte der größten Wärme nimmt die Temperatur ab und zwar in den südlichen Gegenden langsamer als in den nördlichen, erreicht aber im zweiten Drittel des Augusts wieder einen ziemlich hohen Grad. Von da beginnt nun besonders in den nördlicheren Gegenden eine schnelle Abnahme der Wärme bis zum Anfänge Octobers, wo mit dem bekannten Nachsommer eine abermalige Erhöhung der Temperatur eintritt. Nach Verlaus des Nachsommers nimmt die Kälte mit wenigen Unterbrechungen bis zum größten Grade zu. (Untersuchungen über den mittleren Gang der Wärmeänderungen durchs ganze Jahr von Brandes. Leipzig 1820. S. 1 — 26.) Die jährlichen Wärmeeptreme wachsen mit der geogr. Breite der betreffenden Orte. In Cumana (10° 27' nördl. Br.) ist die Temperatur des heißesten Monats im Durchschnitte 29.1 <7, die des kältesten — 26.2, mit¬ hin die Differenz beider — 2".9 In Deutschland hat man sam 31. Dec. 178Wund am 31. Jänner 178ä) — 31°.2 Ll. be¬ obachtet und in Wien stieg jan der Sternwarte am 8. Juli 1819) Isothermen. 787 das Thermometer auf 36°.9 <7. Nach Giesecke (Scholz Physik -4. Aust. S. 542) war die niedrigste innerhalb 7 Jahren aus Grön¬ land beobachtete Temperatur—42°.5 <7.,- die höchste aber -t-31°.25. In Petersburg hatte man (1772) eine Winterkälte von — 38°.8 6. und (1788) eine Sommerhitze von 33°.4. Selbst in Abo beobachtete Leche eine Temperatur von 34°.2. In Paris beobachtete man (6. Febr. 1665) —21°.2 und (am 28. Juli 1793) eine Hitze von 38°-4 <7. Capikän P arry fand im Jahre 1819 in der Davisstraße tind Baffiusbai im Juli die höchste Temperatur —7°.7 <7., die geringste —3°.3, auf der Insel Melville (Breite 74° Z) im August die größte Wärme I7°-2, diö kleinste — 5°.5. In Spitzbergen (Breite 79°) soll in den Wintermonaken die Temperatur fast immer zwischen — 35° und —37° <7. schwanken und im Sommer nur sel¬ ten über 4°.5 <7. steigen. Im Winter bilden sich in diesen Gegenden die ungeheuren Eisfelder, welche die Polarmeere bedecken und oft einige hundert Meilen im Unfange haben, wohl auch die sogenann¬ ten Eisberge, die oft mit ungeheurem Getöse stückweise ins Meer stürzen, sortschwimmen, und besonders, wenn sie die Sonne brüchig gemacht hat, den Schiffen große Gefahr bringen. (Gilb. Ann. 62.1.) Nach Böüvard tritt zu Paris die größte Sommerhitze am 15. Juli, die größte Winterkälte am 14. Jänner, mithin 6 Monats nach jener ein, beide erfolgen 25 Tage nach dem Solstitium. Die vom wärmsten Monat Juli gleich weit abstehenden Monate März und November haben auch eine gleiche Temperatur (6°-48 und6°.78) und der 5. März hat genau dieselbe Temperatur wie der 24c Nov. Nach Kämtz fällt die höchste und geringste Temperatur des Jahres in nachstehenden Orten auf die ihnen beigesetzten Tage: Enontekis: 20. Jan-, 26. Juli Christiani«: 17. - 20c - Upsala: 16. - 21. - Fort Sullivan: 24- - 29. - Manchester: 12. - 27- - Turin: 3. - 27- - Padua: 15. Jan., 26. Juli Röm: 16. - 1. Aug- Capstadt: 2. Feb., 6- Juli FortJohnston: 18.Jän-, 21. - Abusheher: 12- - 18- - Im Mittel fällt demnach der kälteste Täg auf den 14- Jänner, der wärmste auf den 26. Juli. 191. DieVertheilung der Wärme auf der Erde wird am besten ersichtlich/ wenn man die Orte von gleicher mittlerer Temperatur durch Linien verbindet/ welche man isothermische Linien nennt. Fig. 371 stellt diese Linien für die nördliche Halbkugel dar. Man entnimmt daraus folgende Gesetze: Dieder höchsten «.emperatur ent¬ sprechende Isotherme ist die des Äquators. Sie entspricht an den Küsten der größeren Conrinente 27°.74; im Innern großer Länder 50 * 788 Zug der Isothermen. ist die Wärme etwas größer/ mitten im Ocean etwas kleiner. Die Iso¬ therme von 25° verläßt die Westküste Amerikas nördlich von Acapulco/ gehtdurch Cuba, tritt, nachdem sie etwas nach Süden hinabgestiegen ist, nördlich von den Inseln des grünen Vorgebirges in Afrika ein, hebt sich an der Westküste Afrika's nach Norden und schneidet die asiatische Ostküste westlich von der Insel Lunon. Die Isotherme von 20° geht durch Californien, schneidet die Westküste Europa's zwischen Madeira und den canarischen Inseln, läuft zwischen Creta und der Küste Ägyptens fort und verläßt Asien in der chinesischen Provinz Tsche-kiang. Die Isotherme von 15° geht durch Neu- Calefornien gegen die Azoren und erreicht Europa an der Grenze von Spanien und Portugal, zieht sich dann durch den römischen Staat, gehr durch das caspische Meer, senket sich hierauf nach Süden und erreicht Asiens Ostküste in der Insel Niphon. Die Isotherme von 10° geht von der Westküste Amerika's in Neu- Albion nach Neu-Pork, hebt sich da nördlich und erreicht ihre größte Breite bei London, lauft von da bei Frankfurt und Wien vorbei gegen Astrachan, und erreicht in der Wüste Schamo ihren südlichsten Scheitel. Die Isotherme von 5° verläßt Amerika bei Halifap, er¬ reicht Dronlheim in Norwegen und senkt sich dann gegen Riga und Moskau, hat bei Kiachta ihren südlichsten Scheitel und tritt im südlichen Theil von Kamtschatka in den großen Ocean ein. Die Isotherme von 0° senkt sich im amerikanischen Continente stark nach Süden, steigt aber beim Austritte aus demselben nördlich vonNeu- Foundland gegen Island bis zum nördlichen Theile von Norwegen, worauf sie aber schnell abwärts geht uud im asiatischen Continente die Ostküste am nördlichen Theile von Kamtschatka zu erreichen scheint. Die Gestalt dieser Linien zeigt deutlich das Daseyn zweier Puncre der Erdoberfläche (Kältepole) an, wo die Temperatur im Verhältnis; zur geogr. Breite am geringsten ist. Einer derselben liegt nördlich vom amerikanischen, der andere nördlich vom asiatischen Festlande. Da die Temperatur von Unten nach Oben eben so ab¬ nimmt, wie vom Äquator gegen die Pole, so wird selbst am Äqua¬ tor jeder Höhe eine mittlere Temperatur entsprechen müssen, wie sie in einer bestimmten Breite vorkommt. Fig. 372 zeigt jdie Iso¬ thermen dieser Art. 192. Von der mittleren Temperatur, besonders von jener der ein¬ zelnen Jahreszeiten, hängt insbesondere bei sonst günstiger Beschaffen¬ heit des Bodens, der Zustand der Vegetation ab, so daß man P fla n z e n - CIim a k ol o gie. 789 häufig von diesem Zustande auf die Temperatur einen Schluß zu machen im Stande ist. Paris und London haben fast dieselbe mitt¬ lere Temperatur (Paris 10".6 , London 10°.2) und doch kommen um Paris viele Gewächse sehr gut fort, die um London nicht ge¬ deihen. Ein Land, welches das ganze Jahr hindurch 10° L. Wärme hätte, würde nur wenige Pflanzen zur Reife bringen, während bei derselben mittleren Temperatur und einer mittleren Sommer¬ wärme von 21" und einer mittleren Winterkälre von — 3°, wie dieses in Wien der Fall ist, eine sehr üppige Vegetation herrschen kann. Jede Pflanze fordert zum Gedeihen und Reifen ihrer Früchte eine bestimmte Sommerwärme und mittlere Temperatur und kommt daher nur dort fort, wo diese herrscht. So z. B. fordert die Wein¬ traube eine mittlere Temperatur von 8".7, die Kastanie 9".3, die Olive 13".1, die Pomeranze 17", die Kaffehbohne 18°.1, derZucker 23°-7. Auf der Reise von Rio de Guayaquil nach dem Ehimborayo trifft man an der Fläche der Südsee bis zu einer Höhe von 2700 Fuß Palmen und Pisangs; Affen, Jaguare und bunte Papageyen haben hier ihren Aufenthalt. Von da bis zu einer Höhe von 9000 P. Fuß gedeihen die tropischen Eichen und Chinabäume, auch baum¬ artige Farrenkräuter. Weiter aufwärts bis 12000 F. finden in kal¬ ten beständigen Nebeln noch die Escallonien und die Zimtwintern sparsame Nahrung, aber auch diese hören auf, wenn man sich weiter aufwärts begibt, und es treten nur kräukerartige Alpenpflanzen, mit feiner Wolle dicht bewachsen, an ihre Stelle, bis endlich bei einer Höhe von 14760 F. nur gelblich leuchtendes Gras, zuletzt gar nur kryptogamische Gewächse den traurigen, halb nackten Boden bedecken, den außer wilden Lama's und dem Berglöwen wenige belebte Wesen besuchen. Über diese Höhe hinaus starrt die Natur V0M ewigen Eise. -le i/ As er 1. AcneeNe. 7^«-" er 1807. Einen ähnlichen Wechsel der Vegetation bemerkte Buch (dessen Reise nach Norwegen und Schweden. Berlin 1810) in den Alpen unter einer Breite von 45"-25 —46°.5, und in Norwegen unter einer Breite von 70°. Er gibt folgende Grenzen an: Für die Alpen. in P. F. Höhe. Weinbaugrenze . . 2432 Nußbaumgrenze . . 3564 Kirschbaumgrenze . 4164 Buchengrenze . . 4815 Alpenrose .... 6840 Schneegrenze . . . 8540 Für Norwegen. in P. F Höhe. Grenze d. Fichten . - 730 - Bicken . . 1483 - Heidelbeeren 1980 - LaÜL 2019 - Zwergbirken 2576 Schneegrenze . . . 3300 790 Allgemeines über das Clima. Wahl en berg theilt Lappland nach dem Wechsel der Vcgetabilien und des Cligia's in 5 Regionen ein: 1) in die Fichtenregion, welche bis 3200 P. F. unter die Schneegrenze reicht. Hier steht das Ther¬ mometer im Mittel auf-l-2° <7., unten wächst noch Gerste, oben nur mit Noth. 2) Kieferregion, welche sich etwa 3000 Fuß unter die Schneegrenze erstreckt. Hier beträgt die mittlere Temperatur 1,8 <7., es reifet kein Korn mehr, und nur unten lohnen Kartoffeln und Rüben den Anbau. 3) Birkenregion his 2000 Fuß unter der Schneegrenze. Die mittlere Wärme beträgt 1.4 <7.; oben kommt auch die Birke nur verkrüppelt vor. 4) Niedere Alpenregion 1400 F. unter der Schneegrenze. Hier schmilzt der Schnee kaum vor Ende Juli, es wachsen nur Zwergbirken und ; die mittlere Wärme ist 1° <7. 5) Die hohe Alpenregion, wo an vielen Stellen der Schnee gar nicht wegschmilzt, nur Alpen¬ kräuter mehr wachsen, und die kein Lappe mit seinem Zelte überschreitet. Aerol, 1812. Gilb- Ann. 41. 233.) 193. Alle bisher angeführten Umstände zufammengenommen bestimmen nach dem jetzigen Zustande unserer Kenntnisse, die climatischenVerhältnisse und den Gang der Wärme an jederStelle. Was bis jetzt die Erfahrung über den Wärmezustand der Erd¬ oberfläche gelehrt hat, besteht im Allgemeinen darin: Un¬ ser Clima hat sich seit den ältesten Zeiten nicht verschlimmert und die Winter sind nicht strenger geworden. Dieses läßt sich aus dem Gefrieren der Flüsse und der Meere, worüber wir vom grauen Alterthume Nachrichten haben, abnehmen. In keinem Orte der Erde erreicht ein gegen jede Strahlung geschütztes, 5 — 8 Schuh überdem Boden erhöhtes Thermometer 46° kJ, und im offenen Meere steigt es nur auf 31° <7.; die größte, ganz sichere, bis jetzt an einem in der Luft gufgehängten Thermometer beobachtete Temperatur ist 30° <7., die größte beobachtete —> Kälte 56°.2 <7. Das Meerwaffer hat an der Oberfläche nie eine Wärme von 32° kJ Die südliche Halbkugel ist bedeutend kälter als die nördliche. In dieser ist unter 31° Breite Eis keine Seltenheit mehr,-von 49° — 60° (wie etwa von Wien bis Petersburg) kommen schon einzelne Polareismaffen zum Vorschein, das Feuerland, in einer Breite wie Preußen, hat schon ewigen Schnee. In der nördlichen Halbkugel erstreckt sich das Polareis 9° vom Pole, in der südlichen 18° — 20°, hie und da selbst 30°. Schwimmende Eismassen hat man in beiden Grdhalften 40°, manchmal 41° — 42° vom Pole angetroffen. Tafeln. 791 Die Schneegrenze fallt unter dem Äquator in eine Hohe von 2460 Torsen über die Meeresfläche, in den Pyrenäen 1400, in den Alpen 1370 Torsen. In der Breite von Spitzbergen scheint sie in die Meeresfläche einzuschneiden. Europa und Afrika sind die ver- hältnißmäßig wärmsten Erdcheile, Amerika der kälteste. In Europa wfrd bis zu 67° 20 Breite Ackerbau getrieben, in Asien hört der Ackerbau unter 60° Br. auf, in Amerika kann selbst unter 51° Br. nicht mehr mit Vortheil gesäet werden. Zur weiteren Beurtheilung der Vertheilung der Wärme und zu weiteren Bele¬ gen für die bisher aufgestellten Beobachtungen dienen die fol¬ genden Tafeln, wovon die erstere die Abnahme der mittleren Temperatur bei wachsender Breite in der nördlichen Halbkugel, die zweite die mittlere Temperatur des heißesten und kältesten Monates der nördlichen und südlichen Halbkugel, die dritte endlich die mittlere Jahrestemperatur, so wie die Temperatur des heißesten und käl¬ testen Monats für mehrere Orte angibt. I. 762 Tafel. m. Bo d e nwä r m e. 793 194. Die täglichen und jährlichen Variationen der Wärme erstrecken sich nur auf eine bestimmte Tiefe in die Erde, über welche hinaus den ganzen Tag oder das ganze Jahr hindurch eine constante Temperatur herrscht. Diese Tiefe hängt von der Größe der Wärme¬ änderungen ab und wächst mit derselben. In unserer Breite sind die täglichen Variationen der Wärme nicht über eine Tiefe von 1K Fuß, die jährlichen nicht viel über 20 F. bemerkbar. In etwas größerer Tiefe hat der Boden im mittleren Europa in der Regel, wenn daselbst nicht chemische Processe vorgehen oder Quellen aus großen Tiefen aufsteigen, beständig jene Temperatur, welche der mittleren Luftwärme an der entsprechenden Stelle der Erdoberfläche gleich ist. In größeren Breiten ist die mittlere Wärme des Bodens (zum großen Vorrheile der Vegetation) höher als jene der Luft, in geringeren Breiten niederer, und man kann es als aus¬ gemacht ansehen, daß die Bodenwärme vom Aauator gegen die Pole desto rascher abnimmt, je mehr man sich dem Parallelkreiss von 45° nähert, höher hinauf aber einen langsameren Gang be¬ folgt. Die Ursache dieser merkwürdigen und für die Ökonomie der Natur so wichtigen Thatsachs liegt darin, daß die äußere Lufc- wärme in solche Tiefe vorzugsweise nur durch das eindringende atm. Wasser gebracht wird. Aber nur in einer Breite, welche der unseri¬ gen gleicht oder ihr nahe kommt, dringt dieses fast das ganze Jahr hindurch in die Erde ein, in größerer Breite schließt dje Winterkälte den Schooß der Erde und er ist nur offen für das wärmere Sommerwasser; in geringerer Breite, vom südlichen Euro¬ pa an bis zu den Wendekreisen, regnet es aber fast ausschließlich nur in der kälteren Zeit vom November bis April, in der heißen Zone ist die Regenzeit die kühlere. Die Linien gleicher Luftwärme sind von denen gleicher Ecdwärme in vielen Stücken verschieden und beide stimmen nur darin mit einander überein, daß sie nicht mit dem Äquator parallel laufen. Übrigens hängen letztere so gut von der geographischen Länge ab, wie erstere. (Humboldt in Gilb. Ann. 24. 46; Buch in Pogg. Ann. 12. 403; Kupffer ebend. 15. 159.) Folgende Tafel zeigt den Unterschied zwischen der Boden- und Lufttemperatur: 794 -Tafel der Bodentemperatur. Nach Rudberg's Beobachtungen ist die Temperatur der Erdrinde zu Stockholm wenigstens bis zu 3 F. Tiefe von der Tiefe unabhän¬ gig und zur Zeit beider Äguinoctionen in verschiedenen Tiefen die¬ selbe. (Pogg. Ann. 33. 251.) 195. Die Wärmeverhältnisse im Inneren der Erde sind ver¬ schieden, je nachdem sie sich auf das Weltmeer oder auf den festen Theil der Erde beziehen. Die Natur eines so beweglichen Körpers, wie das Wasser ist, wo die schwereren Theile fortwährend zu Boden sinken, bringt es mit sich, daß dessen Temperatur von Außen nach Innen abnimmt. Nach Lenz (Pogg. Ann. 20. 73) erfolgt diese Abnahme ziemlich rasch, wird aber nach einwärts immer langsamer und endlich unmerklich. Die Tiefe, wo dieses Statt findet, scheint mit dem Zunehmen der Breite immer aufwärts zu rücken; sie be¬ trägt bei 41°—32° Breite 200 — 300 T., bei 21° Br. 400 T. Die niedrigste Temperatur, welche Lenz fand, war 2°.2. Die Un- Wärme des Meeres. Erdwärms. 795 tersuchung erstreckte sich auf 1000 T. Tiefe. Anders verhält es sich mit der Temperatur im festen Theile der Erdrinde. Wäre die Tem¬ peratur der Erde blos von der Einwirkung der Sonne abhängig, so müßte sie gegen Innen sehr rasch abnehmen; die Erfahrung lehrt aber, daß die Temperatur der Erde gegen den Mittelpunct zu wächst. Man hat dieses aus Beobachtungen abgenommen, die man in natürlichen oder künstlichen Hohlen (Schachten und Bohrlochern) an Stellen machte, wo der Einfluß der äußeren Luft nur klein seyn konnte und jede Erwärmung durch Menschen und Lichter mög¬ lichst gemieden wurde, oder an wasserreichen artesischen Brunnen. Uber das Gesetz dieser Zunahme der Wärme hat man noch nichts Sicheres ausmitteln können. Die wasserreichen artesischen Brunnen um Wien geben in einer Tiefe von 80 F. eine Zunahme der Temperatur von 1° R. und eben dieses lehren im Durchschnitte die in England, Frankreich, Deutschland und Rußland vorge¬ nommenen Messungen derselben Art. — Es ist nicht leicht, diese Zunahme der Wärme in der Erde anders zu erklären, als durch die Annahme, die Erde habe in ihrem Innern noch einen be, deutenden Rest ihrer ursprünglichen Wärme; doch ist gewiß, daß sich die Temperatur der ganzen Erde seit 2000 Jahren nicht um vermindert habe, denn eine spsche Veränderung der Erdwärme wäre mit einer Volumveränderung verbunden, die sich durch ihren Einfluß auf die tägliche Umdrehungszeit der Erde deutlich kund hätte geben müssen und der den Beobachtern gewiß nicht entgan¬ gen wäre. (Cordier in Schweigg. I. 52. 365; Aan. cte tttrtm. 13. 283. Arago in seinen Aauuates zwae t'aa 1834, ?. 171. Pogg. Ann. 31. 365; 32. 284; 34. 191; 35. 109.) Uber dieses Kapitel ist als Hauptquelle anzusehen: HeetcseetrsL sae tez saures ctss ta/tswtoas cte§ tt§ne§ t.so/üeeme§ , und: (toastcteeattouL sae 1s tsm/). et /'etat tr^Feonr. cts t äte ctaur yaet^ass z>aette§ cts t'H. 7>ae tlt. cts Humtwtctt in dessen lbeag> Ureas cts 6eoto§ts et cts (tttmatotc>Frs arratc^rces. 1831, 793 Viertes Kapitel. Luftströmungen. 196. Jede im Verhältnisse zur Erdoberfläche fortschreitende Bewegung der Luft heißt Wind. Die zugleich mit der Erde statt findende Axendrehung der Atmosphäre macht daher keinen Wind, wohl aber muß jede Änderung der Ausdehnsamkeit der Luft einen solchen erzeugen. Lüstchen, Sturm, Orcan sind nur dem Grade nach verschiedene Winde. Die verschiedenen Winde unter¬ scheiden sich von einander vorzüglich durch ihre Richtung und Stärke, welche letztere wieder von ihrer Geschwindigkeit abhängt. 197. In der Regel benennt man einen Wind nach der Welt¬ gegend, von welcher er bläst. Stimmt diese nicht mit einer der vier Hauptweltgegenden überein, so setzt man den Namen aus den Hauptweltgegenden zusammen, zwischen welche seineRichtung fällt, nennt aber immer Süd oder Nord zuerst. So führt ein Wind, der von einer Gegend herbläst, die mitten zwischen Nord und West liegt, den Namen Nordwestwind (nicht Westnordwind), jener, dessen Richtung mitten zwischen Süd und Ost liegt, Südostwind (nicht Ostsüdwind). Winde, die aus einer Gegend kommen, welche zwi¬ schen Nordost, Südost, Südwest, Nordwest und einer Hauptwelt¬ gegend liegt, bekommen den Namen aus dieser und der Hauptge¬ gend. Sie heißen demnach Nordnordost-, Ostnordost-, Ostsüdost-, Südsüdost-, Südsüdwest-, Westsüdwest-, Westnordwest-, Nord¬ nordwestwinde. Man erkennt die Richtung derWinde aus der Rich¬ tung freistehender Dachfahnen, aus der Bewegung der zarren Baumäste, in Ermanglung eines andern Mittels auch aus der schie¬ fen Richtung einer herabfallenden Feder, Ein benetzter in die Luft emporgehobener Finger ist sters an der Windseite am kältesten. 198. Die Stärke (Geschwindigkeit) des Windes berechnet man aus der Bewegung eines leichten Körpers, z. B, einer Feder, aus dem Parameter der Bahn eines durch den Wind fortgetriebe¬ nen und zugleich durch die Schwere vertical herabgezogenen Körpers oder mittelst eigener Instrumente, die A n e m o m e t e r heißen und unmittelbar entweder die Höhe angeben, bis zu welcher ein bestim- tes Gewicht durch den Wind gehoben wird, oder die Große der Ver- Entstehung der Winde. 797 schiebung einer bestimmten Last oder endlich die Umdrehungszahl klei¬ ner Windflügel, aus denen sich durch Rechnung die Geschwindig¬ keit finden laßt. Wollastons Differenzialbarometer dürfte auch ein hierzu brauchbares Werkzeug abgcben. Herrscht nämlich an einem Orte der Luftdruck z>, an einem anderen der Druck so geht nach Schmidt aus diesem Unterschiede deS Druckes ein Wind von der Geschwindigkeit 2 1215 P. F. hervor. Die Größen /, und § mißt man aber am leichtesten mittelst des letztgenannten Instru¬ mentes. (Theorie und Gebrauch des hydrometrischen Flügels von Wolltmann. Hamburg, 17gO. Schmidr's Windmesser in Pogg. Ann. 14. 59.) Mäßige Winde haben in unseren Gegenden eine Geschwindigkeit von 12—15 F., bei einer Geschwindigkeit von 32 Fuß gehören sie schon zu den Stürmen. Man will aber schon Stürme von 120 F. Geschwindigkeit beobachtet haben. 199. Alle Bewegungen der Luft werden zunächst durch eine Änderung ihrer Ausdehnsamkeit hervorgebracht und diese Ausdehn- samkeit wird höchst wahrscheinlich in der Atmosphäre fast immer durch die Temperatur geändert. Tritt nämlich an einer Stelle der Luft eine Temperaturerhöhung ein, so wird daselbst die Ausdehn- samkeir gesteigert, es erfolgt eine Lustverdünnung und in Folge dieser ein Aufsteigen der Luft, welches wieder ein Zuströmen von den Seiten nothwendig macht. Die aufsteigende Luft muß zur Her¬ stellung des Gleichgewichtes oben wieder seitwärts abfließen, und somit hat eine Erwärmung eine dreifache Luftbewegung zur Folge, ein Aufsteigen, ein Zuströmen zur erwärmten Stelle in der unte¬ ren und ein Wegströmen von derselben in der oberen Region. Et¬ was ähnliches bewirkt eine Verminderung der Temperatur. — Die Sonne erzeugt vermöge ihrer erwärmenden Kraft unabläßig solche Strömungen und es sind jene Stellen der Erde, welche die größte Er¬ wärmung erleiden, als die Mittelpuncte der Luftströmungen anzuse¬ hen. Diese Stellen rücken natürlich wegen der Axendrehung der Erde in einem Parallelkreise um die Erde herum und es muß die Richtung der Strömungen durch die Axendrehung modificirt wer¬ den. So z. B. muß die aufsteigende Luft, da sie nicht die der grö¬ ßeren Höhe entsprechende größere Ilmdrehungsgeschwindigkeit hat, schief von Ost gegen West aufsteigen und der von Nord oder Süd kommende Strom muß, wenn er von einer größerengeographischen 798 Passatwinde. Breite in eine kleinere kommt, eine nordöstliche oder südöstliche Richtung annehmen. 200. Die größte, als solche das ganze Jahr hindurch anhal¬ tende Erwarmung der Erde findet bekanntlich in der heißen Zone und zwar vorzugsweise in jenem Parallelkreise Statt, welcher die senkrechten Strahlen der Sonne empfängt. Daselbst muß daher das vorerwähnte Aussteigen der Luft und ein Zuströmen von allen Seiten eintrelen. Die aus Nord und Süd kommenden Ströme haben eine kleinere Rotationsgeschwindigkeit, als der Gegend entspricht, wohin sie zielen, sie bleiben darum in der Richtung von West nach Ost zurück und erscheinen demnach als östliche Ströme. Darum muß dort, wo die Sonne im Zenith steht, und wohl auch in eini¬ ger Entfernung davon, ein beständiger Ostwind (Paffatwind) herr¬ schen. Dorr, wo die zwei entgegengesetzten Ströme gleiche Stärke haben, heben sie sich auf und der Wind erscheint rein östlich; außer¬ halb dieser Grenze aber entsteht durch Zusammensetzung des Nord¬ stromes mit dem aus der Axendrehung der Erde hervorgehenden Ost§ ströme ein N. O., durch Zusammensetzung des Südstromes mit demselben Ostwinde ein S. O. Wind. Demnach hat man drei Gür¬ tel; in dem mittleren herrscht ein schwacher Ostwind, der oft von Stürmen unterbrochen wird. Diese Region heißt die der Cal- men. An dec Nordseite dieser Region ist die des N. O. Passates, an der Südseite jene des S. O. Passates. Wäre die Eeliptik mit dem Äquator parallel, so würden diese Zonen unverändert bleiben, wegen der Änderung der Abweichung der Sonne rücken sie aber ins- gesammt gegen Nord oder Süd, je nachdem die Sonne gegen den nördlichen oder südlichen Wendekreis zugeht. Die mittlere Breite dec Region der Calmen ist nahe 6°, aber im August wächst die Breite dieses Gürtels auf 9°L, und vermindert sich im December auf2°j. Der N. O- Passat herrscht zwischen 2° u. 23° n. B., der S.O. Passat zwischen 2"u. 21° s. B. Demnach liegt der größere Theil der Region derCalmenin der nördlichen Halbkugel. Diese Windverhältnisse treten über großen Meeren am reinsten hervor, weil da die Erwarmung weniger durch fremdartige Einflüsse gestört wird als auf dem festen Lande, wo die verschiedene Erwärmungsfähigkeit des Bodens das Entstehen ande¬ rer Luftströmungen begünstiget. In der That bemerkt man den Pas¬ sat auch am deutlichsten in den drei großen Meeren der heißen Zo¬ ne, im großen Oceane zwischen Amerika, Asien und Neuholland, im atlantischen und im indischen Meere, jedoch mit Modifikationen/ M o u s s o n s. 799 die von den Eigsnthümlichkeiten dieser Meere herrühren. Dem un¬ teren Paffatwinde muß in der oberen Luftrcgion ein gerade entge¬ gengesetzter entsprechen, und demnach nördlich von dieser Region ein Südweststrom, südlich davon ein Nordweststrom bestehen. In welcher Höhe die Grenze der zwei entgegengesetzten Passate liege, ist nicht ganz ausgemacht. Auf der Silla de Caraccas fand Hum¬ boldt den Passat noch in der Höhe von 1350 Klaftern, auf Te¬ neriffa herrscht aber schon in der Höhe von 1500 Kl. ein Westwind. 201. Einige Gegenden gehöre» immerfort der Region der Pas¬ satwinde an, wiewohl diese Region der Sonne folgt und sich daher mit ihr nach N. und S. verschiebt, in anderen herrscht der Paffat- wind nur einen Theil des Jahres hindurch, so lange nämlich die Sonne, vermöge ihrer Abweichung, diese Gegend zur Passatregion wacht. Daselbsttritt also der Passatwind schon als ein periodisch wie¬ derkehrender und aussetzender Wind auf. Dieses ist im atlantischen Ocean zwischen 24—32° n. Br. der Fall. Solche an bestimmte Jahreszeiten gebundene Winde heißen M o u s s o n s. Sie herrschen einen Theil des Jahres hindurch »ach einer bestimmten Richtung und setzen den übrigen Theil ganz auS oder wehen nach entgegengesetzter Richtung. Von letzterer Arc sind die in einem gro¬ ßen Thcile des indischen Meeres, an den Küstenländern Asiens und Afrika's herrschenden Winde. Ihr Grund liegt in der ungleichen Er¬ wärmung der dieses Meer einschließenden Länder, welche zur selben Zeit gerade entgegengesetzte Jahreszeiten haben. Während dernörd- lichenAbweichung derSonne haben wirklich nördlich gelegene Grenz- länder die höhere Temperatur und der Wind weht über das Meer aus Südwest, während der südlichen Abweichung der Sonne hin¬ gegen kommt den südwestlich gelegenen Ländern die höhere Tempe¬ ratur zu und darum herrscht über dem Meere ein Nordostwind. (Dove in Pogg. Ann. 21. 177.) 202. Von derselben Art, wie die letztgenannten Winde, sind auch die L a nd- und S e ewi n d e, nur mit dem Unterschiede, daß ihre Periode nicht ein Jahr, sondern nur einen Tag beträgt. An den Küstenländern blaset nämlich Nachts in der Regel der Wind vom Land zur See, des Tages von der See auf das feste Land hin, weil sich das Land bei Tage eher und stärker erhitzt als der Spiegel des Wassers, Nachts aber auch schnellerundstärkerabkühlt. Solche Winde herrschen nicht blos an den Küstengegenden des Meeres, sondern auch an den Ufern großer Ssen, wie z. B. am Gardersee, am Bodenjec rc. 800 Winde unserer Gegenden. 203. Zwischen den Wendekreisen gibt es wohl auch eben so viele Veranlassungen zu Winden, wie bei uns, und ein starker Mass serniederschlag, eine Feuersbrunst, eine vulcanische Explosion, die verschiedene Erwärmung des festen Landes und der See muß daselbst eben so wie bei uns das Gleichgewicht der Luft stören. Aber die Ur¬ sache des Passatwindes, der Moussons und anderer regelmäßiger Winde überwiegt alle diese in kleinerem Maßstabe wirkenden Ver¬ anlassungen und darum werden nur sehr selten diese regelmäßigen Winde durch andere gestört. In unseren Gegenden und überhaupt im mittleren und nördlichen Europa har keine der Wind erregenden Ursachen über die übrigen ein so entschiedenes Übergewicht wie in der heißen Zone. Indessen haben selbst hier nicht alle einerlei Rang und es herrscht in den Winden auch bei uns mehr Regelmäßigkeit, als man gewöhnlich glaubt. Es ist klar, daß die Luft beständig gegen den Äquator zuströmen muß, denn sonst könnte es keinen Ostpassat innerhalb der Wendekreise geben. Ebenso kann nicht geläugnetwer¬ den, daß die zwischen den Tropen aufsteigende Luft gegen die Pole zurückfließen, einen Südwind erregen und sich so, wie sie kälter wird, immer mehr senken muß. Zuletzt werden nun beide Ströme, die sich zwischen den Tropen übereinander befinden, nebeneinan¬ der hinfließen, sich gegenseitig zu verdrängen suchen und an ihrer Grenze einen Strom von mannigfaltiger Richtung (Wirbel) erzeu¬ gen. Um dieses für das nördliche Europa außer Zweifel zu setzen, hat S chouw nach L a m berl's Formel aus der Dauer und Stärke der innerhalb längerer Zeit an mehreren Orten herrschenden Winde die mittlere Richtung derselben berechnet und folgende Resultate ge¬ sunden: Im nördlichen Europa haben im Allgemeinen die westli¬ chen (West, Nordwest, Südweü rc.) Winde über die östlichen (Ost-, Nordost-, Südostwinde) die Oberhand, dieses nimmt aber vom at¬ lantischen Meere gegen das Innere des Continents ab. Nahe am at¬ lantischen Meere haben die westlichen Winde mehr eine südliche Rich¬ tung, gegen das Innere des Landes wird diese Richtung gerade West oder Nordwest so, daß von West gegen Ost die Windesrich¬ tung immer mehr nördlich wird. In Europa ist im Winter die Richtung der Lusrströme meistens südlicher als in den übrigen Thei- len des Jahres und ihre Stärke im Januar oder Februar am grö߬ ten. Im Frühlinge entstehen häufig östliche Winde und die west¬ lichen kommen seltener vor. Im Sommer haben die westlichen Winde die Oberhand, im Herbste nimmt ihr Übergewicht ab und Mittlere W i n de s ri cht un g. 801 die südlichen Winde werden häufiger. Der Grund dieser Windver¬ hältnisse und ihrer Abhängigkeit von den Jahreszeiten liegt in dem herabsinkenden oberen Südwestpassatwinde und in der verschiedenen Erwärmung des Continentes und des atlantischen Oceans. Die herr¬ schende Windesrichtung ist die westliche, weil diese Richtung dem Pas¬ satwinde entspricht. Im Frühlinge und gegen Ende des Winters wird durch die größere Warme des Oceans gegen jene des Conti¬ nentes ein starker Oststrom erzeugt, der den Westftrom überwälti¬ get, im Sommer wird hingegen der westliche Passatstrom durch ei¬ nen anderen von westlicher Richtung unterstützt, der von der grö¬ ßeren Erwärmung des Festlandes gegen jene des Oceans herrührt. Der letztere Weststrom verliert sich aber mir vorrückendem Herbste, weil jene Temperaturdifferenz zwischen dem Ocean und dem festen Lande verschwindet und die immer südlicher werdende Abweichung der Sonne ertheilt dem Passatwinde eine südlichere Richtung. Man darf nicht vergessen, daß das, was man mittlere Windesrich¬ tung nennt, unreine durch Rechnung gefundene, nicht'wirklich vor¬ handene Größe sep, etwa wie die mittlere Temperatur oder die Resultirende einer gegebenen Anzahl von Kräften; deßungeachtetist die Einführung dieser Größe von großem Nutzen. Sie versinnlichet uns gleichsam das Dasepn zweier neben einander befindlicher Strö¬ me, deren einer eine nordöstliche, der andere eine südwestliche Nich- tung hat, deren Grenzlinie veränderlich ist und bald jenes, bald die¬ ses Land trifft. Die geringe Erwärmung des atlantischen Oceans während des Sommers verstärkt, die geringe Erkaltung des Oceans im Winter schwächt die westliche Richtung des Windes. Bezeichnet man die Richtung des Südwindes mit 0", die des Westwindes mit 90°, des Nordwindes mit 180° und des Ostwindes mit 270°; so findet man die mittlere Windesrichtung in folgenden von West nach Ost geordneten Stationen, wie die beigesetzten Zahlen zeigen: Lan¬ caster 34° 58'; Manchester 42° 3'; London 90° 58'; Paris 65" 4 (79° 40'); Amsterdam 71° 39'; Straßburg 313" 1'; Mannheim 115° 14'; Göttingen 36° 49'; Hamburg 78" 39'; München 59° 24'; Re¬ gensburg 140° 7'; Kopenhagen 62° 45' (58°59'j; Berlin 95°40'(9Z° 32'); Prag 75° 41'; Stockholm 94° 58'; Danzig 9t° 28'; Königs¬ berg 71°25'; Petersburg 112" 30'; Moskau 122°27. (Beiträge zur Climatologie von Schouw 1. Heft. Dove in Pogg. Ann. 13. 583. Schübler und Kämtz in Schweigg. I. 52. 257; 55. 135. ZaL/ea» Ze- e-cnt-, Ze- mneee- et Ze- eoucan- ate. /-ne Ztom ee, Z'-rri- 1806 ) Naturlehre. 5. Aufl. 802 Oscillationen der Atmosphäre. 204. Die Winde, meistens ein Erzeugniß der Temperatur^ Veränderungen, nehme» selbst einen großen Einfluß auf die Tem¬ peratur der Luft. Im Winter bringt uns der N. O. Wind die größte Kalte, weil er über den großen kalken östlichen Contincnr kommt, vermöge seiner Trockenheit heiteren Himmel erzeugt und dadurch die Wärmeausstrahlung begünstiget; der S. W. bringt die größte Wärme, weil er aus warme» Gegenden kommt und viele Dünste mit sich führt, deren Zersetzung eine ausgiebige Wär¬ mequelle eröffnet. Westliche Winde gehören in dieser Jahreszeit zu den wärmeren, weil sie über große Meere zu uns kommen und vermöge ihres Wassergehaltes stets bewölkten Himmel erzeugen. Im Sommer begünstigen aber die östlichen und südlichen Winde das Steigen der Temperatur und die westlichen und nördli¬ chen das Sinken derselben; erstere weil sie heiteren Himmel er¬ zeugen und der Sonne eine kräftige Einwirkung gestatten, letztere, weil bei ihnen das Gegentheil Statt findet. Am merkwürdigste» sind in Bezug ihres Einflusses auf die Temperatur die heißen, tro¬ ckenen, vielleicht giftigen Winde, welche in südlichen Ländern zeit¬ weilig herrschen und in verschiedenen Orten verschiedene Namen führen, wie Sirocco, Chamsin, Samum und Harmattan. (Kämtz in Schweigg. I. 30. 145.) Fünftes Kapitel. Oscillationen der Atmosphäre. 205. Wenn man ein Barometer nur eine kurze Zeit hindurch beobachtet, so überzeugt man sich, daß es beständigen Veränderun¬ gen unterworfen sey und bald in schnelleren, bald langsameren, bald größeren, bald kleineren Oscillationen steige und falle. Einige dieser Veränderungen kommen von den Variationen der Wärme, durch welche das Quecksilber svecifisch schwerer und leichter wird; man kann aber den jedesmaligen Barometerstand durch die /. 183 an¬ gegebene Correctionsmethode von diesem Einflüsse unabhängig dar¬ stellen und sich überzeugen, daß wirklich Änderungen im Luftdrucke Größe der Änderungen des Luftdruckes. 803 vergehen. Eine gute Übersicht aller innerhalb einer bestimmten Zeit verfallenden Barometerveränderungen gewinnt man aus einer graphi¬ schen Darstellung derselben. 206. Die Änderungen im Barometerstände sind weder an al¬ len Orten gleich groß, noch erfolgen siegleichzeitig. Diemiltle- re Ve rä n d e ru n g des Barometerstandes d. h. das arithmetische Mittel aus der Differenz zwischen dem höchsten und niedrigsten Ba¬ rometerstands in jedem Monate des Jahres richtet sich nach der Höhe, geographischen Breite und Länge des Ortes und nach an¬ deren Localverhältniffen. Sie wächst mit der geographischen Breite. Doch soll sie in der südlichen Halbkugel bei derselben Breite grö¬ ßer seyn als in der nördlichen. Am Äquator und zwischen den Wen¬ dekreisen beträgt die mittlere Baromererveränderung etwa 0.5 L., in der Nähe der Wendekreise 4 L. und in der gemäßigten Zone 5—12 L. (In Wien beträgt sie g L.) Sie wächst in dergemäßigten Zone mit der Höhe und nimmt in der kalten Zone mit derselben al. An der Ostküste von Amerika ist diese Veränderung bei gleicher Breite größer als an der Westküste von Europa und nimmt auch von da gegen das Innere von Europa immer mehr ab, so, daß Linien, welche Orte von gleichen Änderungen des Luftdruckes mit einander verbinden (isobaromelrische Linien), von der amerikanischen Küste an nach Norden hinaufsteigen, bis sie das Innere Asiens er¬ reichen, von wo sie sich wieder zu senken scheinen. Uber der See scheint sich der Barometerstand öfter und regelmäßiger zu ändern als in Binnenländern. Übrigens bleibt für einen und denselben Ort die mittlere Barometerveränderung von einem Jahre zum an¬ deren nahe gleich. Die höchsten, den einzelnen Monaten entspre¬ chenden Barometerstände weichen von einander zwei- bis dreimal stärker ab als die niedrigsten. (Dove in Pogg. Ann. 24. 205.) 207. Der Luftdruck ändert sich weder zu allen Zeiten noch an allen Orten gleich schnell. In der heißen Zone nimmt derselbe von den kälteren Monaten nach den wärmeren hin ab und steigt wieder mit abnehmender Wärme; in der gemäßigten Zone ist er in den Frühlingsmonaten geringer als im Sommer, in der kalten Zone findet das Gegentheil Statt. In der Negel ändert sich der Barometerstand im Winter häufiger als im Sommer, am meisten aber in den Nachtgleichen. — Die Größe der Oszillationen des Barometers in jedem Monate ersieht man aus folgender Tabelle, 51 * 804 Periodische Änderungen. wo die auf Wien Bezug habenden Resultate aus einem 11jährigen Durchschnitte erhalten sind. 208. Zwischen den Wendekreisen zeigen schon 24 stündige Ba¬ rometerbeobachtungen, daß die Oszillationen des Druckes der At¬ mosphäre periodisch wieder kehren und daß täglich zwei Ma- xima und zwei Minima Statt finden. Dieses mußte wohl auf den Gedanken bringen, es gebe auch außer den Wendekreisen solche re¬ gelmäßige Schwankungen des Barometers, aber man erkennt sie nicht unmittelbar, weil sie durch andere unregelmäßig eintretende unkennt¬ lich gemacht werden; nur aus einer sehr großen Anzahl zu der¬ selben Stunde angestellker Barometerbeobachtungen, bei denen sich die unregelmäßigen Schwankungen des Druckes aufheben, kann man deren Das-yn auch in dieser Zone erkennen. Gegenwärtig ist der Zustand unserer Kenntnisse in diesem Fache folgender: Fast auf der ganzen Erde, vom Äquator bis zu einer Breite von 79° und zu einer Höhe von 2000 Klaftern, erlangt das Barometer täg¬ lich zweimal seinen höchsten und eben so oft seinen niedrigsten Stand und zwar ersteren zwischen 82 und lOLUHr früh und zwischen 9 und HU. Abends, letzteren zwischen 3 u. 5 U. Abends und zwischen 3 u. 5 U. Morgens; nur in Ostindien sollen diese Variationen, nachH 0 rs- burgh's Beobachtungen, von dieser Regel abweichen und zur Re¬ genzeit an einigen Orten ganz ausbleiben. Man erkennt diese perio¬ dischen Schwankungen nicht allenthalben gleich leicht. Zwischen den Wendekreisen reicht eine sehr kurze Zeit hin, in einer Breite von Gesetze derselben. 805 440 bis 48" braucht man dazu wenigstens durch 15 bis 20 Tage fortgesetzte Beobachtungen. In der gemäßigten Zone ist im Winter die Zeit des vormittägigen und die des nachmittägigen Minimums dem Mittage um 1—2 Stunden näher als im Sommer. In der heißen Zone ist die Zeit des höchsten und niedrigsten Barometerstan¬ des an der Meeresfläche und auf Gebirgsebenen, die eine Höhe von 1800—1400 Klafter haben, dieselbe; in der gemäßigten Zone ist dieses wenigstens nicht überall der Fall und es tritt das Maximum in der Hohe früher ein als unten. In der Nähe des Maximums und Minimums ist der Barometerstand völlig stationär und zwar während einer Zeit, die von 15 Minuten bis 2 Stunden wechselt. Zwischen 15" nördlicher und südlicher Breite haben Winde, Erdbe¬ ben und die bedeutendsten Änderungen der Temperatur und des Feuch- tigkeilszustandes der Luft auf die Wiederkehr des Maximums und Minimums keinen Einfluß. Die Größe der täglichen Variationen des Barometerstandes nimmt gegen die Pole, zu ab, wie man aus der nachfolgenden Tafel ersteht und ist in der Regel im Sommer größer als in den anderen Jahreszeiten, besonders im Winter, und wenigstens in der gemäßigten Zone in der Höhe geringer als in der Tiefe. (Pogg. Ann. 8. 131; 9. 148; 1!. 27; 27. 345. Schweigg. I. 46. 438; 47. 137; öl. 169; 59. 129.) 209. Die Ursachen dieser regelmäßigen Veränderungen des- Druckes der Atmosphäre sind zweierlei, dynamische und physi¬ sche; erstere haben in der Anziehung der Sonne und des Mondes, letztere in der erwärmenden Kraft der Sonne und im Dunügehalte der Luft ihren Grund. Sonne und Mond bewirken nämlich durch ihre anziehende Kraft in der Atmosphäre ebenso wie im Meere eine Ebbe und Fluth, die innerhalb jedes Umlaufes dieser Himmelskör¬ per zweimal eintreten, überdies ändern sie durch die im Meere be¬ wirkte Ebbe und Fluth die Basis der Atmosphäre und die Gestalt 806 Ursachen der regelmäßigen Änderungen. der Erde, mithin die Kraft, mir welcher letztere auf die Atmosphäre wirkt. Allein diese Wirkungen sind so gering, daß man sie füg¬ lich für unmerklich ansehen kann (Pogg, Ann. 13. 137). Es muß demnach das in Rede stehende Phänomen größtentheils von der physischen Einwirkung der Sonne herrühren. Durch die erwär- mendeKraft der Sonne wird die Expansivkraft der Luft vermehrt, ein aufsteigender Luflstrom und ein Abfließen der Luft zu beiden Seiten des Mittelpunctes der Erwärmung erzeugt, und es muß daraus täglich zur Zeit der größten Luftwärme ein Minimum des Druckes, zur Zeit der geringsten Wärme ein Maximum desselben Statt finden. Gäbe es demnach keine andere Wirkung der Sonne, so könnte täglich nur ein Maximum und ein Minimum des Luft¬ druckes Statt finden. Allein, indem die Sonne erwärmend auf die Luft wirkt, befördert sie auch die Dunstbildung; durch Zunah¬ me der Dünste wird aber der Druck der Atmosphäre vergrö¬ ßert, es entsteht ein Maximum des Dunstdruckes zur Zeit, wo ein Minimum des Luftdruckes Statt findet und umgekehrt, und durch Zusammenwirkung dieser zwei Momente entstehen täglich zweiMa- xima und zwei Minima des Barymeterstandes, indem dis von der Dunstbildung herrührende Wirkung jener von der unmittelbaren Er¬ wärmung der Luft herstammenden zwar entgegengesetzt, aber nicht völ¬ lig gleich ist. Die täglichen Veränderungen des Barometers sind daher der Erfolg der Unterschiede zweier von einander verschiedenerVerän- derungen, des Druckes der trockenen Luft und jenes der Wasser¬ dünste. An Orten, wo eine Gleichheit dieser zwei Wirkungen ein- tritt, müssen die täglichen, regelmäßigen Schwankungen unterblei¬ ben, wie dieses in einigen Gegenden Ostindiens der Fall ist. Daß sich alles dieses in der That so verhalte, wie hier aus theoretischen Gründen wahrscheinlich gemacht worden ist, können nur Nachwei¬ sungen aus Beobachtungen darthun, bei denen die Änderungen des Druckes der trockenen Luft von den Änderungen der mit Wasserkün¬ sten gemengten scharf geschieden werden. Dieses hat Dove zu thun versucht und dazu die Beobachtungen, welche Neuber zu Apenrade qngestellt hat, benützt. Erfand, daß der Druck der trockenen Luft sowohl als jener der Dünste täglich nur ein Maxi¬ mum und ein Minimum habe, daß jener wachse, wenn dieser ab¬ nimmt und umgekehrt und daß der aus beiden hervorgehende Druck der Atmosphäre in der That täglich zweimal einen größten und eben so oft einen kleinsten Werth erlange. Jndeß befolgt der Wasserdunst Ursachen der unregelmäßigen Änderungen. 807 nicht überall einen der Wärme so gemäßen Gang wie zu Apenrade, wenn ja die Hygrometerbeobachtungen zu Lyon, Paris, Genf rc. denen zu Apenrade gegenübergestellt werden können, und obige Ansicht bedarf daher noch einer weiteren Begründung. (Dove in Pogg. Ann. 22. 219. Flaugergues in Zeicsch. 4. 231. Schweigg. I. 59. 1. Kämtz ebend. 59. 129, 154.) 210. Die Ursachen der unregelmäßigen Veränderungen des Luftdruckes liegen ebenfalls in der Wärme, in dem Wassergehalts der Luft und in ihrer Bewegung. Letztere kann auf zweifache Weise wirken, nämlich unmittelbar, indem bewegte Luft einen kleineren Druck ausübt, als ruhende, und mittelbar, indem dadurch der Wärmezustand und der Dunstgehalt der Luft geändert und an einer Stelle mehr Luft angehäuft wird, als das Gleichgewicht fordert. Die Wirkung der zwei ersteren Ursachen ist aus dem vorherge¬ henden klar. Durch den Zug hoher Gebirge, durch nahe große Ge¬ wässer werden die Erfolge der Thärigkeit aller dieser Ursachen oft stark modificirc. Daß Erdbeben, vulcanische Ausbrüche und über¬ haupt electrische Phänomene das Barometer affieiren können, läßt sich nicht wohl läugnen; allein man kann ihre Wirkungen, die übrigens nicht so häufig einlreten, als die obengenannten, noch nicht un¬ ter bestimmte Gesetze bringen. — Hieraus wird begreiflich, warum der Barometerstand, bei übrigens gleichen Umstanden, so eng mir der herrschenden Witterung, vorzüglich aber mit den Winden, zu¬ sammenhängt. Man kann es als allgemeine Regel ansehen, daß Südwinde im allgemeinsten Sinne des Wortes den tiefsten, Nord¬ winde den höchsten Barometerstand erzeugen und daß der mittlere Stand auch einem Winde von mittlerer Richtung entspreche. Ver¬ änderlichkeit der Winde beurkundet sich durch schnelle Schwankun¬ gen des Barometers, Stürme verursachen ein ungewöhnliches Stei¬ gen, noch öfter aber ein ungewöhnliches Sinken des Barometers. Dieses tritt immer an einem Orte am stärksten ein, den man da¬ her als das Centrum des kleinsten Druckes iansehen kann, und von wo aus der Druck nach allen Seiten zunimmt. Dieses Centrum wechselt oft seinen Platz sehr schnell. Auch den Gewittern pflegen merkliche, schnell auf einander folgende Schwankungen vorauozuge- hen. Ein großer Luftdruck ist nicht Ursache einer trockenen, ein ge¬ ringer nicht Ursache einer feuchten Witterung, sondern beide, so¬ wohl der Luftdruck als der Characrer der Witterung, sind durch Luftströme bedingt. 808 Mittlerer Luftdruck. Den Einfluß der Richtung der Winde auf den Luftdruck ersieht inan am besten aus folgender Tabelle, welche den mittleren Barometer¬ stand bei verschiedenen Winden an den nebenbei angezeigten Orten an¬ gibt. Die auf Wien bezüglichen Resultate sind aus Z jährigen Beob¬ achtungen erhalten. Berlin Paris Wien 335.85 336.14 331.26 IV 336.32 337.14 331.39 7^ 335.13 335.20 325.81 -5^ 333.61 334.03 330.52 § 60 O 333.06 334.55 336.36 333.94 335.37 334.76 330.19 330.25 329.68 336.62 337.0 330.58 Schübler hat die Barometerstände in Paris, Stuttgart und Wien für 1826 mit einander verglichen und vorbenanntes Gesetz bestätiget gefunden, Das Barometer befolgt an diesen drei Standpuncten einen ziemlich gleichförmigen Gang. Vom April bis Juli herrschten an al¬ len drei Orten Westwinde und da war der Druck der Luft in Paris meistens am größten und in Wien am kleinsten, während in den übrigen Monaten, wo meistens östliche Winds wehten, das Gegen- theil Statt sand. Brandes hat den Barometerstand an mehreren Orten für einige Tage des Decembers 1821 und des Febr. 1823 wo ungewöhnliche Stürme herrschten, mit einander verglichen und den Mittelpunct des geringsten Luftdruckes und dessen Bewegung nach¬ gewiesen. Am 24. Dec. um 6 Uhr Abends befand sich das Centrum des geringsten Druckes an der Küste von Bretagne und dehnte seine Wirkung, stufenweise abnehmend, ringsum aus, so daß die Linien von gleichem Drucke eine elliptische Gestalt hatten. Am25.Dec. um 6 Uhr Ab. befand sich dieses Centrum zu Dieppe und London und die Linien von gleichem Drucke waren mehr kreisförmig. Um 10 Uhr desselben Tages traf man das Centrum des geringsten Druckes in Deutschland und um 6 Uhr Abends war es gegen die norwegischen Küsten vorgerückt. (Buch in Gilb. Ann. 67-29 und 437- Schüb¬ ler in Schweigg. I. 52. 257. Dove in Pogg. Ann. 11. 545. 1826.) 211. Das arithmetische Mittel aus einer großen Anzahl von Barometerhöhen an demselben Orte gibt den mittleren Luft¬ druck daselbst und jenen Stand des Barometers, um welchen die Oscillationen desselben erfolgen. Je größer die Anzahl der dazu ge¬ brauchten Baromererhöhen ist, desto zuverlässiger fällt das Resul¬ tat aus; es ist aber auch nicht gleichgültig, an welcher Tageszeit die Barometerhöhe beobachtet wird. Der Barometerstand zu Mit¬ tag soll vom täglichen Mittel nur wenig abweichen, eben so das Mittel aus dem um g U. Ab. und um 10 Uhr früh gefundenen, Luftdruck an der Meeres fläche. M9 Am besten würde man fahren, wenn man des Tags 4mal und zwar zur Zeit der Maxima und Minima beobachten wollte. 212. Wäre die Atmosphäre vollkommen ruhig, ihre Tempe¬ ratur und ihr Wassergehalt allenthalben dieselbe, so konnte man aus theoretischen Gründen den mittleren Luftdruck an jedem Orte aus dem an einer bestimmten Stelle bekannten Drucke durch Rech¬ nung finden; allein die in der Luft stets vorhandenen Strömungen, so wie die Ungleichheiten der Temperatur machen diese Berechnun¬ gen aus theoretischen Gründen unmöglich und man bleibt demnach hierin ganz der Erfahrung überlassen. Diese lehrt, daß der mitt¬ lere Luftdruck an der Meeresfläche von der geographischen Breite abhänge. Aus SchouwS werrhvollen Untersuchungen (Pogg. Ann. 26. 395) ergeben sich, in Bezug auf den mittleren Barometerstand an der Meeresfläche in der nördlichen Halbkugel, folgende Gesetze: Vom Agitator bis zu einer Breite von 15" hat der mittlere Luft¬ druck eine Größe von 337—338"'Par. M., in derZone von 15°—30° ist das Mittel des Luftdruckes höher, nämlich 338—339"', in der Zone von 30"—45" gleich 337.5"'—339, zwischen der Breite von 45° und dem Polarkreise nimmt der mittlere Luftdruck bedeutend ab und beträgt nur 337.'"5—333"', innerhalb des Polarkreises scheint der mittlere Luftdruck wieder zu steigen. Die Ursache dieser Verschiedenheit des mittleren Luftdruckes liegt in dem meteorischen Eharacter der betreffenden Zonen. In der ersten Zone ist die Tem¬ peratur sehr hoch, und es treten häufige Wolkenbildungen und Wasserniederschläge ein, in der zweiten regner es fast nie, der Himmel ist fast immer heiter und der Wind weht ununterbrochen, in der dritten herrschen im Winter trockene Winde, im Sommer Wol¬ ken und Wafferniederschläge, die der warme S. W. Passar erzeugt, in der vierten Zone kämpfen ununterbrochen der zurückkehrende, obere Passat mit den entgegengesetzten kalten Winden, woraus häufige Wolkenbildungen und Wafferniederschläge erfolgen. Daß sich dieser Paffar nicht bis in die fünfte Zone erstreckt, scheint der Grund des daselbst hoher werdenden Barometerstandes zu ftyn. Nach Erman ändert sich der mittlere Luftdruck auch mit dergeogra- phischen Länge. Dieser Gelehrte fand in den azorischen Meridianen ein Maximum, in den kamtschatkischen ein Minimum des Luftdruckes, mithin eine Zunahme dess-lben von Kamtschatka gegen den Meri¬ dian der Azoren. (Erman in Pogg- Ann. 13. 121.) 810 Sechstes Kapitel. Wassermeteore. 213. Da die Atmosphäre beständig mit Wasser oder feuchter Erde in Berührung stehr, so muffen auch ununterbrochen Dünste entstehen. Die Menge der in einer gewissen Zeit an einem bestimm¬ ten Orte aus Wasser entwickelten Dünste bestimmt man mittelst ei¬ gener Instrumente, die man At m o m et er nennt und die in der Hauptsache aus Gefäßen voll Wasser bestehen, an denen man die Menge des durch Verdünsten verschwundenen Antheils durch das Gewicht oder mittelst einer Scale bestimmt, die man aber, um richtige Resultate zu erhalten, so tief in ein großes Wasser senken soll, als das Wasser in ihnen steht. Man Hal die Große der Ver¬ dünstung auf diese Weise an mehreren Orten untersucht und ge¬ funden, daß sie vom Äquator gegen die Pole hin abnimmt, daß sie in demselben Orte der nördlichen Halbkugel vom December bis Juni zunehme, von da an aber bis December wieder kleiner werde. Folgende Tabelle gibt die Größe der jährlichen Verdünstung für die darüberstehenden Breitengrade in W. Zollen an, wie sie theils durch Versuche, theils nach einer den Versuchen entsprechenden Hypothese ausgemittelt worden ist. Breite Verdünst. 90° 80 22.4 13.1. 70 60 15.3 19.4 50 40 25.7 34.4 30 ! 20 44.9 55.5 10 0 63,6 66.6 214. Die entstandenen Dünste suchen sich nach allen Seiten zu verbreiten und bilden eine Dunstatmosphäre um die Erde. Diese würde sich nach den allgemeinen Gesetzen ausdehnsamer Körper ins Gleichgewicht setzen, wenn ihnen nicht unzählige Hindernisse im Wege stünden. Wiffenswerth ist in Bezug auf diese Dunstatmo¬ sphäre der Gehalt an denselben oder die Spannkraft der Dünste und der Feuchtigkeitsgrad (/. 218). Uber großen Meeren hat die Dunst¬ atmosphäre nach Kämtz eine Spannkraft, welche dem Maximum der Dünste vom Meerwaffer entspricht. Von da aus verbreiten sich die Dünste ins Innere der Conkinente mit abnehmender Spann¬ kraft. Nach aufwärts nimmt der Druck der Dunstatmosphäre ab. Dunstgehalt und Feuchtigkeit. 811 Der Feuchtigkeitsgrad ist im Allgemeinen über dem Meere in allen Breiten nahe gleich und der Thaupunct liegt um 3."5 (7. un¬ ter der bestehenden Lufttemperatur. Nach oben nimmt die Feuch¬ tigkeit bei heiterem Wetter ab, bei Nebeln zu und in der Wol¬ kenregion herrscht das Maximum der Feuchtigkeit (100°). Die Änderungen der Dunstmenge und der Feuchtigkeit mährend eines Tages geben Beobachtungen in verschiedenen Orten verschie¬ den an. Nach den zu Apenrade angestellten, welche wohl ihrer großen Anzahl wegen den größten Werth haben dürften, wächst der Druck der Dunstatmosphäre von der kältesten Tagesstunde an bis zur wärmsten und das Maximum desselben fällt mit jenem der Wärme fast genas zusammen; nach Daniell's, zu London, an- gestellren Beobachtungen ist dieser Druck in den Frühlingsmonaten des Morgens größer als Nachmittags, die Feuchtigkeit ist aber bei der kleinsten Tageswärme am größten, bei der größten Temperatur am kleinsten. Eben so ist in der kältesten Jahreszeit der Dunstdruck am kleinsten, in der wärmsten Jahreszeit am größten, aber dis größte Trockenheit herrscht in der Regel im Mai, die größte Feuch¬ tigkeit im December. Winde haben auf den Dunstgehalt der Atmo¬ sphäre einen gar großen Einfluß und es scheint sowohl die Dunst¬ menge als die Feuchtigkeit bei östlichen und nördlichen Winden am kleinsten, bei südlichen am größten zu seyn, so daß diese beiden hy- grometrischen Größen bei einer Drehung des Windes von Nord nach Süd sowohl auf der Ostseite der Windrose als auf der West¬ seite derselben zunehmen. Die Größe der Veränderungen der hy- grometrischen Verhältnisse ist sehr verschieden. Die täglichen Ver¬ änderungen sind im Winter am kleinsten und scheinen im Frühlinge am größten zu seyn und nach Oben abzunehmen. (Dove in Pogg. Ann. 16. 285, 293; 22. 219. Kämtz in Pogg. Ann. 30. 43). Das im tropischen Himmelsstriche in der Luft enthaltene Wasser würde dis Erde 9Z. hoch bedecken ; in einer Höhe von 4200 F- enthält ein Vo¬ lum Luft nur mehr halb so viel Dunst als an der Meeresfläche. Der Feuchtigkeitsgrad über dem Meere beträgt in allen Breiten nahe 81° und der mittlere Dunstdruck ist 7."'159. Der Dunstdruck ist zu London —3."'69, zu Stuttgart 2."'8l8; der mittlere Feuchtig¬ keitsgrad ist in ersterem Orte 87.°1, in Paris 59.7. In der a;ia- tischen Steppe Platowskaja fand A. v. Humboldt nach anhalten¬ dem S. O. Winde um 1 Uhr N. M. bei einer Lufttemperatur von 23°.7 17. den Thaupunct — — 4°.3 <7., mithin nur eine Feuchtig- 812 T h a u. keit von 17 p. C. Die gesammte in der Luft enthaltens Waffermen- ge wird zu 3 Trillionen K. Z. angeschlagen. (L-ti/rL. eto/-. ^e. 215. Wenn die in der Luft enthaltenen Dünste einmal das Maximum ihrer Dichte erreicht haben / so werden sie durch die klein¬ ste Temperaturverminderung in tropfbaren Zustand versetzt. Diese Temperaturverminderung kann von dem durch Ausstrahlen erkalte¬ ten Erdboden, durch das Aufsteigen in kältere Luftschichten oder durch kältere Luftströme :c. hervorgebracht werden. 216. Sobald die Dünste das Maximum ihrer Dichte über¬ schritten Haden, bilden sie kleine Tröpfchen, welche die Luft ver¬ dunkeln und trübe machen, weil die auffallenden Lichtstrahlen so häufig eine theilweise Reflexion erfahren. Sie bleiben in der Luft schweben, bis sie eine gewisse Größe erreicht haben oder in die Nähe hygroscopischer Körper kommen. Sie erhalten sich in der Luft, un¬ geachtet ihre Dichte jene der Luft vielmal übertrifft, 1) weil sie wegen ihrer feinen Vertheilung eine im Verhältniß zu ihrer Masse zu große Oberfläche haben und daher nur äußerst langsam sinken können; 2) weil immer wärmere Luflströme aufwärts gehen und so dem Fallen der Waffertheile entgegenwirken; 3) weil sie durch die vielen Reflexionen, welche ein Lichtstrahl erleidet, der die mit so vielen Kügelchen geschwängerte Luft trifft, der Luft die Durchsichtigkeit benehmen und eben deshalb bewirken, daß die Luft¬ schichte, welche sie enthält, mehr von der Sonne erwärmt wird, als die reine durchsichtige Luft und daher auch ein geringeres speci- fischeS Gewicht erlangt, in die Höhe zu steigen sucht und die Dunst¬ kügelchen zu fallen hindert. Vergrößern sich die Wafferkügelchen, so fallen sie doch herab und erzeugen die bekannten, wässerigen Luft¬ erscheinungen, Thau, Reif, Nebel, Wolken, Regen, Schnee und Hagel. 217. Der Thau erscheint als ein wässeriger Beschlag an der Oberfläche der Körper im Freien. Uber sein Entstehen verdanken wir Wells die meiste Aufklärung. Seinen Erfahrungen gemäß zeigt sich der Thau nach einem heitern Tage zwar schonAbends im beschat¬ teten Grase, aber erst nach Sonnenuntergang entsteht er reichlich und vermehrt sich die ganze Nacht hindurch. Die Menge deS gefal¬ lenen Thaues beträgt in heiteren, windstillen Nächten am meisten, eine geringe Bewölkung mindert ihn, ein dicker Überzug des Him- Wolken. 813 mels verhindert sein Entstehen ganz. Er fallt reichlicher nach heißen Tagen und bei feuchter Luft, als wenn die Warme und Feuchtig¬ keit derselben gering war, und überhaupt nach Mitternacht mehr als vor,Mitternacht. Er überzieht bei übrigens gleichen Umständen jene Körper, die dem freien Himmel ausgesetzt sind, mehr als zu- gedeckte, in der Lust hängende mehr als auf dem Boden liegende, und Körper mit rauhen Oberflächen in größerer Menge als solche, deren Oberfläche glatt ist. Uber den letzteren Punct hat vorzüglich Harvey viele interessante Beobachtungen angestellt. Zu diesen Er¬ fahrungen fügte Wells noch die wichtige Entdeckung, daß jene Körper, die bethaut werden, immer eine geringere Temperatur haben, als die sie umgebende Luft, und daß mit diesem Unterschiede der Temperatur die Menge der Bethauung zunehme. Dieses läßt keinen Zweifel übrig, daß das Entstehen des Thaues auf folgen¬ dem Hergänge der Sache beruhe: Das Ausstrahlen der Wärme be¬ wirkt an den Körpern, welche dem freien, heiteren Himmel ausgesetzt sind, eine Verminderung der Temperatur, diese entziehen der angren¬ zenden Luftschichte die Wärme und machen, daß ihre Dünste das Maximum der Expansivkraft überschreiten, in tropfbaren Zustand übergehen und sich so an die nahen Körper absetzen. Man kann die Menge des in einer gegebenen Zeit als Thau abgesetzten Wassers bestimmen, wenn man ein metallenes Gefäß mit blankem Boden dem freien Himmel aussetzt und es vor und nach dem Bethauen ab¬ wiegt. Flaugergues fand so, daß das im Jahre 1823 abge¬ setzte Thauwaffer zu Viviers den Boden auf drei Linien bedecken würde, wenn es sich ansammeln könnte. uuü-. on Dorr' auch conneoteck rrltü it. Ly- Donckom 1815.) Wenn die Temperatur der Luft wäh¬ rend der Nacht unter den Gefrierpunct sinkt; so friert derThau und erscheint als Reif an Körpern. Man sieht leicht ein, daß ein Reif entstehen kann, selbst wenn die Temperatur der Luft ober dem Ge- frierpuncte steht. Mehlthau, Honigthau sind normalwidrige, von Pflanzen austretende Säfte und kein atmosphärischer Niederschlag. Aus dem Vorhergehenden erklärt man sich leicht: Warum der Thau und Reif im Frühling und Herbst so reichlich fällt; warum es in der Nähe großer Wässer und überhaupt in wasserreichen Gegenden so stark thaut; warum Niederungen so oft vom Reif heimgesucht wer¬ den, während höhere Gegenden, wohin sich die warmen und daher leichteren Luftschi hielt erheben, nur bethaut werden; warum man Wolken. 8!k Gewächse durch eine geringe Decke, z. B. durch Reisig, Rauch vor Reif schützen kann; warum derThau.bki Aufgang der Sonne wie¬ der verschwindet rc. re- 218. Wasser, das klein zertheilt in der Luft schwimmt und sie trübt, bildet Nebel und Wolken. Beide unterscheiden sich von einander nur Lurch ihre Höhe. Eine Wolke ist ein hochschwe¬ bender Nebel, oder der Nebel ist eine auf der Erde aufliegende Wolke; man kann daher beide mit dem allgemeinen Namen einer Wolke belegen. Davon überzeugt man sich, wenn man einen Berg besteigt, der in Wolken gehüllt erscheint; denn da trifft man in der Wolkenregion Nebel an. Die Wolken schweben keineswegs ruhig in der Luft, sondern nehmen an den Bewegungen der¬ selben Theil, schreiten nach verschiedenen Weltgegenden fort, he¬ ben und senken sich. Daß die eigentlichen Wolken bald höher bald tiefer schweben, erkennt man daraus, daß sie die Gipfel der Berge bald umhüllen, bald sie dem Auge frei geben. Man meint, nur die feinsten Wölkchen haben eine Höhe von einer Meile und darüber, die Regen- und Gewitterwolken ziehen meistens sehr tief, weil sie dichter und daher schwerer sind als die übrigen, heben sich aber wie¬ der, wenn sie einen Theil ihres Wassers durch Regen, Schnee rc. verloren haben. Im Sommer schweben die Wolken höher als im Winter und in der heißen Zone höher als bei uns. In der kalten reichen sie fast immer bis zum Boden herab und bilden jene Nebel, die den Schifffahrern so lästig sind. Das Treiben der Wolken ge¬ schieht mit großer Geschwindigkeit und nach einer Richtung, welche oft der des Windes in den unteren Regionen ganz entgegen¬ gesetzt ist. — Die Farbe der Wolken steht mit ihrer Dichte inVer- bindung. Sehr dichte Wolken absorbiren das Licht völlig und erschei¬ nen daher dunkel, dünnere lassen es zum Theile durch und reflecti- ren es zum Theile, sind daher mehr oder weniger weiß. Die der Sonne näheren und daher intensiver beleuchteten Wolken gewähren nicht selten ein herrliches Farbenspiel. — Die Größe einzelner Wolken ist sehr verschieden, jedoch erscheinen uns unter allen die Gewitterwolken am größten. Wenn auch manchmal der ganze Him¬ mel bewölkt erscheint, so ist dieses die Folge mehrerer sehr nahe ste¬ hender Wolken, deren es gewöhnlich sogar mehrere Schichten über einander gibt. Übrigens hängt die scheinbare Größe einer Wolke, wie die eines jeden anderen sichtbaren Gegenstandes, von ihrer Ent¬ fernung und von der Lage des Auges gegen ihren Ort ab. Die Höch- Gestalt der Wolken. 815 sten Wolken erscheinen immer wie Fasern und Streifchen, sind aber wahrscheinlich nicht minder ausgedehnt, als die uns so nahen Re¬ genwolken; die gegen uns schief stehenden Wolken erscheinen lang und schmal, wiewohl ihre Ausdehnung nach allen Richtungen gleich¬ mäßig seyn kann, weil sie nach ihrer Breite gesehen verjüngt er¬ scheinen. Auch das Anhäufen der Wolken am Horizont zu einer Zeit, wo sich um das Zenith herum nur wenige Wölkchen zei¬ gen, beruht auf einer optischen Täuschung. Manchmal vergrößert sich eineWolke sehr schnell, nicht selten vermindert sich eine eben so eilig. Daran mag vielleicht die Electricität einen Antheil haben; indeß sieht man auch wohl ein, haß sich auch in dem Falle eine Wolke vergrößern muffe, wenn sie durch den Wind in feuchte Luft¬ schichten von geringerer Temperatur getrieben wird. DieiVergröße- rung der Wolken ist nicht selten mit einem Steigen der Temperatur verbunden, weil Wolken der Erde die ausstrahlende Wärme zurück¬ senden. Das Verschwinden oderAbnehmen einerWolke wird daraus begreiflich, daß sie durch den Wind über Gegenden geführt wird, von denen warme oder trockene Luft hoch aufsteigt, oder daß diese ihr selbst vom Winde zugeführt wird. Hieraus sieht man auch ein, wie Winde die Wolken zerstreuen können. 219. Uber die Gestalt der Wolken verdanken wir dem Eng¬ länder Hogv ard die meiste Aufklärung. Er fand, daß alle Wol¬ ken unter 3 Hauptformen jund 4 abgeleiteten Formen erscheinen. Die Hauptformen sind: Die F ed erw o l k e (erüvuH, die Hau¬ fen wölke fcumrckllH und die Schichtwolke ffstvatllH. Die abgeleiteten sind: Die federige Haufenwolke (civno-cumu- die federige Schichtwolke (cr'vno-LtnatuH, die ge- schichteteHaufenwolke (cumeUo-Ltna/uH und die g e häuf- te federige Schichtwolke"oder Regenwolke (errmLuH. 220. Die Federwolke (Fig. 379) besteht aus zarten, pa¬ rallel laufenden oder verwirrten, manchmal bäum- oder lockenartig verzweigten Fasern. Sie ist nach anhaltend schönem Wetter die er¬ ste, welche das Blau des Himmels bleicht, zeigt sich bei trockener Witterung mehr faserig, bei feuchter und bevorstehendem Regen mehr verwaschen. — Die Federwolke geht häufig durch Verdichtung in die federige Schicht- oder Haufenwolke über. Die federige Haufenwolke (Fig. 380) besteht aus kleinen, weißen, meist runden, in Reihen geordneten Wölkchen, die man Schäfchen zu neiiPn pflegt. Sie erscheinen vorzüglich groß und gut begrenzt am 816 E n tst e h e n d er Schichrw o lk e. Abende warmer Sommertage und können nach anhaltend nasser Witterung für Vorboten einer besseren Zeit angesehen werden. — Die federige Schichtwolke (Fig. 381) characterisirt sich durch Mangel an Dichte, durch ihre große Ausbreitung im Verhältniß gegen die Menge ihrer Substanz und durch die Veränderlichkeit ih¬ rer Gestalt. Sie hat, wenn sie am Horizont steht, wo man ihren verticalen Durchschnitt sieht, das Ansehen weit ausgedehnterSchich- ten, wenn sie aber hoch steht, scheint sie aus zarten Wölkchen zu bestehen. Oft überzieht sie den ganzen Himmel oder einen bedeu¬ tenden Theil desselben wie mit einem weißen Schleier. Diese Wol¬ kenart ist es auch, welche, wenn sie am westlichen Himmel bei Son¬ nenuntergang steht und dünn genug ist, das herrliche Farbenspiel der Abendrörhe gibt, wenn sie aber dichter ist, einen trüben Son¬ nenuntergang verursacht und einem anhaltenden, aber sanften Land¬ regen vorhergeht. Die Schichtwolke (Fig. 383) ist eigentlich das, was man Nebel nennt, nämlich eine wie Wasser ausgedehnte, die Erde berührende Wolke. Sie entsteht häufig an Tagen, deren Temperatur gegen die der Nacht stark absticht. Nach Sonnenunter¬ gang lagert sie sich besonders häufig über liefe Gewässer, verschwin¬ det manchmal gänzlich, indem sie wie ein feiner Thau herabfällt, steigt nicht selten in die Höhe und geht in eine Haufenwolke über. Uber den Polarmeeren verweilen den ganzen Sommer hindurch dichte Nebel, die in eine Höhe von 150—200 Fuß reichen. Im Jahre 1783 überzog ein solcher Nebel, den man Höhenrauch nennt, fast das ganze Jahr hindurch die meisten Gegenden Europa's und stand wahrscheinlich mir den in diesem Jahr so häufigen unterirdi¬ schen Revolutionen in Verbindung. Die Entstehung der Schichtwolke laßt sich nach Davy's Ansicht auf folgende Weise erklären: Sobald in einer Gegend die Sonne unrergegangen ist, wird der Erde für die ausstrahlende Wärme, besonders wenn die Luft ruhig und der Himmel heiter ist, kein Ersatz zu Theil, es nimmt daher ihre Tem¬ peratur ab. Am festen Lande beschränkt sich diese Abkühlung immer auf die Oberfläche oder erstreckt sich doch nur in sehr geringe Tiefe, im Wasser hingegen, dessen Temperatur über 3° U. ist, sinken die abgekühlren Theile der Oberfläche zu Boden, wärmere treten an ihre Stelle und werden auf gleiche Weise wieder abgekühlt, nur unter 3° U. ist die oberste zugleich die kälteste Schichte, es erstreckt sich daher die Abkühlung auf die ganze Wassermasse. Ist nun diese hinreichend groß und hat sie wahrend des Tages eine Temperatur, Gestalt der Wolken. 817 welche der Temperatur der Luft gleich oder nur wenig geringer, jedoch über 3° U. ist; so muß in einer heiteren und ruhigen Nacht ihre Temperatur an der Oberfläche größer seyn, als die des angren¬ zenden festen Landes und eben daher muß auch die Luft über dem Wasser wärmer seyn, als über dem Lande und mehr Dünste ent¬ halten, zugleich muß aber auch die Landluft beständig gegen das Wasser hinströmen, die daselbst befindliche Luft abkühlen und so den Nebel erzeugen. Die Menge desselben muß sich nach der Tiefe und nach der Temperatur des Wassers richten. Diese Erklärung hat man durch Beobachtungen an vielen Flüssen Deutschlands und Ita¬ liens bestätigt gefunden. Auch der Umstand ist dieser Erklärung gün¬ stig, daß nach Harvey's Erfahrungen (Aounn. äVn. 29) die Temperatur einer Nebelschichre in der Mitte geringer ist, als Oben und Unten. Da das feste Land in der Regel häufig mit größeren oder kleineren Wasserbehältern oder feuchten Stellen wechselt, so ist wohl begreiflich, wie sich oft ein Nebel weil über eine Gegend verbreiten kann. Er kann aber auch sein Entstehen der unmittel¬ baren Erkältung der Luft verdanken. — Die Haufen wolke (Fig. 382) zeichnet sich durch ihre halbkugelförmige Gestalt mit ge¬ nau horizontaler Grundfläche aus. Sie entsteht, wie die Feder¬ wolke, bei ganz heiterem Himmel als ein kleines unregelmäßiges Wölkchen, das allmälig zu einer bedeutenden Größe anwächst, die kleineren, herum befindlichen gleichsam aufnimmt und sich so zu einem Wolkenberge vergrößert. Sehr merkwürdig ist es, daß diese Wolken häufig an heiteren Tagen Morgens entstehen, bis zur grö߬ ten Tageshitze wachsen, am Abende wieder verschwinden und ein reines Firmament zurücklaffen. Die Ursache dieser Erscheinung liegt wahrscheinlich in der mit der Wärme zunehmenden Menge der Dün¬ ste, die mit der erwärmten Luft aufsteigen, in kältere Regionen kommen und dort zu Wolken werden. Diese senken sich wieder, sobald das Aufsteigen der wärmeren Luftströme ein Ende erreicht hat, kommen dabei in wärmere Regionen und gehen wieder in Dunst über. Mit dieser Ansicht steht die Erfahrung in gutem Einklänge, daß die mittlere Wärmeabnahme der Luft nach Oben schneller erfolgt aks die Abnahme des Thaupunctes, indem die Lufttemperatur schon in einer Hohe von 400—500 F., der Thaupunct aber erst in einer Höhe von 700 F. um 1° <7. abnimmt. Nicht selten verliert die Haufenwolke ihre halbkugelförmige Gestalt, nimmt nach Oben un¬ regelmäßig zu, wird dichter, hängt in Flocken über ihre Grundflä- 52 Naturlehre. 5. Aufl. 8!8 Regen. che herunter, und bildet so die geschichtete Haufenwolke (Fig. 384). Wenn sich bei dem periodischen Entstehen und Ver¬ schwinden der Hausenwolken eine große Neigung derselben zeigt, in die geschichtete Haufenwolke überzugehen, hat man immer Regen zu befürchten. 221. Der Übergang der jetzt beschriebenen Wolkenarten in die regnende Wolke ist mit merkwürdigen Erscheinungen beglei¬ tet: Die in niederen Luftschichten hinschwebende Haufenwolke halt in ihrem Fortgänge inne, vergrößert sich durch Aufnahme der über ihr befindlichen Federwolken und verwandelt sich so in eine geschichtete Haufenwolke, die Oben in lockige Fasern sich endiget, immer dunkler wird und endlich Regen herabfchüttet. — Der Regen ist eine Folge der Vergrößerung der einzelnen Waffertropfen, welche die Wolken bilden, und kann durch mannigfaltige Umstande herbei- geführt werden, wie z. B. dadurch, daß die Temperatur der Wolke fortwährend vermindert und so immer fort Dunst zersetzt wird, denn dadurch kommen sich die einzelnen Wassertröpfchen näher und fließen in größere zusammen; ferner durch einen Wind, der eine Wolke an ein mechanische» Hinderniß antreibt. Dadurch entstehen jene furchtbaren Regengüsse, die den Gebirgsländern so gefährlich sind und Wolkenbrüche heißen. Dieser Wirkung der Winde ist keineswegs die allgemein bekannte Erfahrung entgegen, daß ein starker Wind in den unteren Regionen den Regen hindere; denn es ist hier immer vom oberen Winde die Rede, an dem es selten fehlt, ter untere hingegen zerstreut die kleinen, herab¬ fallenden Tropfen und bewirkt, daß sie wieder verdunsten, be¬ vor sie die Erde treffen. Daher kommt auch das Fallen einzel¬ ner Tropfen bei windigem Wetter. Übrigens können wenige Wassertröpfchen, die sich nicht mehr in der Luft erhalten kön¬ nen, einen gewaltigen Regen herbeiführen, weil sie beim Sin¬ ken auf andere treffen und sich mit ihnen zu einer größeren Masse vereinigen. 222. Die Regentropfen sind in den oberen Regionen sehr klein, vergrößern sich aber allmälig im Herabfallen durch Wasser, welches sie durch ihre Erkältung auS der Luft ausscheiden. Darum sind auch die Regentropfen bei uns viel geringer im Durchmesser als in der heißen Zone, wo die Wolken wegen der größeren Luftwärme viel höher stehen. Oft sollen sie unter dem Äquator einen Zoll im Durch¬ messer haben, während sie bei uns selten mehr als einige Linien Regenmenge. 819 dick sind. Wegen des Widerstandes der Lust erlangen sie keine große Geschwindigkeit. 223. Die Regenmenge ist nach Zeit und Ort verschieden. In der Regel beträgt die in einem Jahre gefallene Regenmenge desto mehr, je hoher die mittlere Jahrestemperatur, mithin je größer das Maß der Ausdünstung ist; sie ist daher am Äquator größer als bei uns, und nimmc mit wachsender geographischer Breite ab. Höher gelegene Orte sollen reichlichere Regen haben als liefere (Kast. Arch. 6. 225), aber in derselben Verticalen ist die Regenmenge oben geringer als unten, wahrscheinlich, weil sich die kalken Regentropfen beim Fallen durch neuen Wassernieder¬ schlag vergrößern. Übrigens haben auf die jährliche Regenmenge auch der Zug der Gebirge, die Winde, welche Luftschichten von verschiedener Temperatur mit einander mengen, und andere Loca- liräten großen Einfluß. Offenbar muß es an jenem Abhange der Gebirge, den die Regenwolken zuerst erreichen, auch mehr regnen als an dem, worüber die Regenwolken erst schweben, wenn sie schon einen Theil ihres Wassergehaltes abgegeben haben. Da Re¬ genwolken meistens aus Süd oder West kommen, so ist es begreif¬ lich, daß im südlichen Deutschland und in Ungarn (dießseits der Alpen) verhältnismäßig wenig Regen fallt. Selbst die Vertheilung des jährlichen Regens auf die einzelnen Monate und Jahreszeiten ist an verschiedenen Orten verschieden. In der heißen Zone ist der ganze in einem Jahr fallende Regen auf den sogenannten Winter (Regenzeit) concentrirl und tritt beim höchsten Sonnenstände ein, wo die starken aufsteigenden Luftströme den größten Zufluß von kälteren Gegenden nothwendig machen. In größeren Breitengra¬ den der tropischen Zone, nämlich an den äußersten Grenzen der Pas¬ satwinde, erzeugen die herabsinkenden Aquatorialströme die Winter¬ regen. Je mehr man sich von der tropischen Zone entfernt, desto mehr vertheilt sich der Regen in das ganze Jahr, aber selbst da treten deutlich zwei Regenzeiten hervor und rücken immer mehr aus eitiander, je mehr man die Grenzen der Tropen verläßt, bis dieselben in einer großen Breite wieder in ein Regenma.rimum, das in den Sommer fällt, zusammenfallen. Man mißt die Regen¬ menge mittelst eines regelmäßigen zum Auffangen und Messen deo Regenwassers bestimmten Gefäßes (Regen m es> er, Ombro¬ meter), worunter das von Horn er angegebene besonders sinnreich ist. (Schweigg. I. 52. 26). WO R c g e n w a s s e r. Nach Anderson geben die Zahlen 73, 69, 59, 47, 35, 25, 19 14, 12, 11, 5 die Regenmenge unter dem Äquator (Breite 0°) und in den Breiten von 10°, 20, 30, 40 , 50 , 60 , 70 , 80 , 90° an; sie drücken nämlich aus, wie viel Zoll hoch das in einem Jahre fallende Regenwasser die Erde decken würde, wenn es sich ansammelte. Im südlichen Theile der großen Ebene Norditaliens, am Fuße der Apenninen, beträgt die jährliche Regenmenge nir¬ gends über 32 P. Z., am südlichen Abhange der Apenninen hin¬ gegen beläuft sie sich aus 42—4Z'Z. Am südlichen Abhange der Alpen, in der Ebene der Lombardie uud des venetianischen Kö¬ nigreiches fallen jährlich 54—55 Z., hie und da gar 80 — 90 Z. Wasser, in der Mitte der Ebene aber nur 36—37 Z. Der Som¬ merregen beträgt zu Bologna '/,, zu Pisa zu Rom '/z vom Herbstregen und zu Bologna und Pisa , zu Rom nahe zu Palermo '/g, zu Lissabon '/,z—'/,§ des Winterregens. Im ge¬ mäßigten Clima fallen bei einem mittleren Feuchtigkeitsgrade von 40° jährlich im Durchschnitte 20—30° Regen. In Cayenne fielen ini Februar 151", in der Mission St. Antonio de Javita am Ori- noco, wo es oft 5 Monate ununterbrochen regnet, in 5 St. 21"', und ein andcresmal gar in 3 St. 14'", in Bombay während den 12 ersten Tagen der Regenzeit 32". Genf hat zweimal so viel Re¬ gen als Paris, Petersburg so'viel wie Wien. In Jork fand man, daß sich die Regenmengen an drei Stationen, deren eine 29 F-, die andere 72' 8", die dritte 231' 10j" über dem Spiegel des Sees lag, im Jahre 1832 —1833 wie die Zahlen 661:853:1000, im Jahre 1833 —1834 wie die Zahlen 582:772:1000 verhalten. In einzel¬ nen Jahren wechselt die Regenmenge sehr stark. Die mittlere jähr¬ liche Regenmenge in Wien beträgt 16 P. Z. Im Jahre 1833 fie¬ len aber nur 13.5 Z., im Jahre 1834 nur 10Z-, im J. 1835 aber 17.3Z. Regen. Im südlichen Europa fällt das Maximum desNegens aufden Frühling und Herbst, in Deutschland auf den Sommer. Nach Kämtz ist an der Westküste Europa's die Regenmenge im Winter (December bis Februar) eben so groß, wie in den Sommermonaten; aber je wei¬ ter man ins Innere des Continents kommt, desto vorherrschender werden die Sommerregen. (Dove in Pvgg. Ann. 35. 375.) 224. Das Regenmasser ist besonders in den Monaten März und April rein, weil da wegen der geringen Luftwärme noch keine fremdartigen Substanzen mir den Dünsten in die Luft geführt wer¬ den; in warmen Sommermonaten hat es viele fremdartige Substan¬ zen beigemischt. Substanzen, wie z. B. Samenstaub, die durch Winds in die Luft geführt werden, fallen mit dem Regen wieder herab und erzeugen bei unwissenden Leuten die Meinung von Schwefel-, Blut¬ regen u. s. m. Dieselbe Bewandtniß har es mit dem Regnen der Schnee. 821 Thiers, z. B. der Frösche, die bei trockener Zeit im Skraßenstaube vergraben liegen und nach einem Regen wieder erwachen, wohl auch vom Winde fortgeführt worden seyn können. Zimmermann, der dem Meteorwasser eine große Aufmerksamkeit widmete, fand das specifische Gewicht desselben bei 14" -K. gleich 1.00010—1.00130, und will deutliche Spuren von Kalk, Talk, Kali, Eisen, Mangan, Salzsäure, Kohlensäure und organischem Stoff darin entdeckt haben. Nach Brandes enthielt das an einem Orte im Jahre 1825 aufgefangene Regenwasser 2.57 Gran festen Stoff. sSchweigg. I. 48. 153.) 225. Wiewohl die Regenwolken in der Regel niedriger schwe¬ ben als andere, so befinden sie Ach doch »yeistens in der Region des ewigen Schnees. Gehen daher die Dünste in tropfbaren Zustand über, so werden sie auch bald zu Eis, thauen aber beim Herabfallen wiederauf, wenn die untere Luft eins hohe Temperatur har, wi¬ drigenfalls fallen sie aber in Gestalt von Flocken herab und geben den Schnee. Das Regenwaffer ist daher meistens Schneewafser. Thauet derSchnee wahrend des Falles nichtganz auf, sondern sintert nur zusammen, wie dieses im Frühling und Herbst oft geschieht, so entsteht dadurch der Graupenregen. Man erklärt es sich hieraus, warum es in niederen Gegenden regnet, wenn es auf hohen Ber¬ gen schneiet, warum sich im Winter der Schnee bis an die Mee- resfiäche herab erstreckt, warum es in heißen Gegenden gar nicht schneiet. 226. Wenn der Schnee nicht sehr dicht fällt, erkennt man schon mit freiem Auge, daß er aus kleinen Sternchen besteht, die meistens sechseckig-sind; fällt er aberdicht, so hängen sich mehrere solche Gestalten an einander und bilden dann die großen Flocken, an denen man ein Gewebe aus feinen Nadeln erkennt. Fig. 385 zeigt mehrere Schneeflocken im vergrößerten Zustande. Der Ver¬ mischung der Schneeflocken mir Luft verdankt der Schnee seine starke Licht reflectirende Kraft und die blendend weiße Farbe, beigemischte meistens vegetabilische Substanzen färben ihn aber nicht selten merk¬ lich roth; man fand ihn öfters auch schon leuchtend. Folgende Tabelle gibt die Höhe an, zu welcher das Luftwasser jährlich steigen würde, wenn es nicht wieder verdunstete oder eingcsaugt und zersetzt würde. 822 E l e c t ro m e t e o r e. Siehe Hube über die Ausdünstung und ihre Wirkungen in der Atmosphäre. Leipzig 17g0. Untersuchungen über die Wolken und andere Erscheinungen in der Atmosphäre von T. Forster, Leipzig 1819. Beiträge zur Witterungskunde von Brandes» Leipzig 1820, Siebentes Kapitel, Electrometeore. 227. Sobald man die erstaunlichen Wirkungen der künstlich erregten Electricität erkannt hatte, mußte ihre Ähnlichkeit mit denen, welche der Blitz hervorbringt, auf die Vcrmuthung leiten, daß auch in der Atmosphäre freie Electricität walte und daß die Erscheinungen eines Gewitters von electrischen Entladungen her- rührsn. Man fand bald Mittel, diese Vermuthung durch Beobach- Luftelectricität. 823 tungenzurGewifiheit zu erheben. Indem man nämlich einen papier. neu, mit einem metallenen Seifte versehenen Drachen aufsteigen ließ und ihn an einer seidenen Schnur hielt, die mit feinem Metalldraht umwunden war, bemerkte man am Ende der Schnur Zeichen von electrischer Anziehung und Abstoßung, wohl gar stechende Funken, wie aus einer Leidnerflasche. Heut zu Tage herrscht über das Daseyn der Electricitat in der Atmosphäre gar kein Zweifel mehr. Man kann sich von ihrem Daseyn theils mittelstisolirter, an ho¬ hen Stangen angebrachter Drähte, theils mittelst eines Drachen, vor¬ züglich leicht aber mittelst einer etwa 1—2Kl. langen Stange über¬ zeugen, deren isolirtes, mit einem glühenden Schwamm versehenes Ende mit einem empfindlichen Electroscope oder mir einem Multipli¬ kator, dessen ein Drahtende bis zur Erde reicht, in Verbindung steht. 228. Man findet bei jeder Witterung Spuren von atmosphä¬ rischer Electricitat. Die allgemeinen Resultate, welche sich aus den Untersuchungen über die Luftelectricität ergeben haben, sind fol¬ gende: Bei heiterer Luft ist die Electricitat stets positiv und im Allgemeinen im Winter stärker als im Sommer, bei ruhigem Wet¬ ter stärker als während eines Windes. Ihre Intensität wächst von Unten nach Oben und ändert sich mit der Jahres - und Tageszeit. Sie erreicht täglich zweimal ihr Maximum und eben so oft ihr Mi¬ nimum. Nach Schübler fängt sie mit Sonnenaufgang an zu wachsen und erreicht einige Stunden darnach ihr erstes Maximum, von da an nimmt sie wieder ab und erlangt 1—2 St. vor Son¬ nenuntergang ein Minimum, steigt aber wieder von da an schnell und erreicht einige Stunden nach Sonnenuntergang ihr zweites Maximum. Von diesem Augenblicke an fällt sie die ganze Nacht hindurch, bis sie mit aufgehender Sonne abermals zu steigen be¬ ginnt. Im Somer tritt das erste Maximum am frühesten, im Winter am spätesten ein, während das zweite Mssrimum in Som¬ mertagen am spätesten, in Wintertagen am frühesten Statt hat. Bei ruhiger, heiterer Luft sind die Variationen der stii. großer als bei trüber und überhaupt im Mittel im Sommer fast doppelt so groß als im Winter. Dichte Wolken, Nebel und naßkalte Witte¬ rung stören überhaupt den regelmäßigen Gang der Electricitat völ¬ lig. Das aus der Luft fallende Wasser, ist fast immer, besonders im Sommer, electrisch, selbst die in der Nähe von Wasserfällen in der Luft schwebenden Wassertropfen sind stark positiv electrisch. Bei Nordwinden ist die Luftelectricität am häufigsten positiv, bei 824 Gewitter. Südwinden am häufigsten negativ electrisch ; die östlichen Winde haben mehr die Eigenschaft der nördlichen/ die westlichen mehr die,der südlichen Winde, doch sind überhaupt negative Niederschläge häufiger als positive. Starke Platzregen und Gewitterregen liefern mehr Electricität als sanfte Landregen. Wolken sind fast immer negativ electrisch. Daher mag es kommen, daß die Luftelectricität oft so sehr wechselt. Volta beobachtete in einer Minute einen 14maligen Wechsel der Electricität. Hagel und Schnee sind fast immer electrisch, der Nebel verliert oft vor seinem Falle die Elec- tricikät. — Die Quelle der Luftelectricität mag wohl mannigfal¬ tig seyn, allein seit Pouillet gezeigt hat, daß beim Ausschei¬ den der im Wasser aufgelösten Salze, während der Verdünstung des Wassers und bei der Vegetation Electricität frei werde, muß man wohl in diesem die Hauptquelle der atmosphärischen -L. suchen. Nach Pouillet liefert eine Flur von 25 Q. Klafter in einem Tage mehr positive Electricität, als man zum Laden der stärksten Batterie braucht. , 229. Als eine Folge der Anhäufung der Electricität in der Luft ist das Leuchten der Spitzen an Thürmen, Masten der Schiffe u. s. w. welches man Eliasfeuer, St. Helena nennt, anzu¬ sehen, und eines der erhabensten Meteore, nämlich das G ew i tt e r, dessen wesentliche Erscheinungen Donner und Blitz sind. Gewit¬ ter erfolgen in der Regel nur in windstillen Tagen und in der warmen Jahreszeit und zwar aus folgenden Ursachen: I) ist im Sommer die Verdünstung und die Menge aufsteigender Dünste, welche Electricität mit sich führen, am größten, und der Vegeta¬ tionsprozeß geht am lebhaftesten vor sich. 2) Schweben die Wolken im Sommer höher und theilen deshalb der Erde ihre Electricität nicht so leicht mit. 3) Sind die Nächte, wo die Luft am mei¬ sten feucht ist und der Erde Luftelectricität zuleitet, in dieser Zeit am kürzesten, und 4) bewirken die Sonnenstrahlen in den Wolken leichter eine Verdünstung und daher eine neue Anhäufung der Electricität. Der Juli ist der gewitterreichsts Monat. Winter¬ gewitter sind nichts Unerhörtes, aber doch eine Seltenheit. In der Regel wird ein Hrc desto öfter von Gewittern heimgcsucht, je hö¬ her seine mittlere Temperatur ist. An einigen Orten der heißen Zo¬ ne findet in der heißen Jahreszeit regelmäßig alle Tage ein Gewit¬ ter Statt. Von einer Weltgegend kommen mehr Gewitter als von den übrigen. In Wien ist meistens die Südwestseite die Wetterseite. Blitz. Blitz röhr en. 825 Nach Gronau ergibt sich aus 20jährigen Beobachtungen zu Berlin die jedem Monate entsprechende mittlere Anzahl der Gewitter, wie folgt: Jänner 14, Februar 18, März 26, April 132, Mai 293, Juni 453,Juli496,August423, September 160,October22, November 12, December 13. 230. Vor einem Gewitter häufen sich die Wolken an einer Region besonders stark an und nehmen an Dichte so zu, daß sie stellenweise ein völlig schwarzes Aussehen bekommen, gewinnen eine meistens abgerundete Gestalt, zeigen starke Abstufungen der Be¬ leuchtung und schweben meistens tief, es hangen an ihnen nach unten zu flockige graue Nebel, die Luft wird schwül, sehr elektrisch, und die Luftelectricität geht schnell vom Positiven ins Negative über und umgekehrt, es erfolgt eine feierliche Stille, welche jeden Laut, der sie unterbricht, verstärkt, hierauf folgen heftige Stürme, die von der Gewitterwolke aus nach allen Richtungen blasen^ in wirbelnder Bewegung Staub aufjagen und dem Zuge der Wetter¬ wolke folgen. Bald erleuchten Blitze, vom Donner verfolgt, den Himmel, bei jedem Schlage sieht man bedeutende Bewegungen in den Wolken und fast immer folgen ihnen Regengüsse, nicht selten auch Hagel. Nach dem Regen nimmt die Heftigkeit des Gewitters ab, weil er die Electricität ableitet, die Gewitterwolke wird fortge¬ trieben und zwar manchmal mit einer Geschwindigkeit, die oft 8—24 Meilen in 1 St. beträgt, aber nicht nach der Richtung, nach welcher der untere Wind weht, sondern oft sogar nach einer ganz entgegengesetzten Richtung; oft zertheilt sich die Welke und die Luft erhält eine erfrischende Kühle, wenn nicht wieder ein neues Gewitter im Anzuge ist. Oft endet das Gewitter mit einer gleich¬ förmigen Venheilung der Wolken über den ganzen Himmel. 231. Der Blitz ist ein elektrischer Funke, der in einer za¬ ckigen Linie, wie der Funke aus dem Conductor großer Electri- sirmaschinsn, zwischen zwei Wolken oder einer Wolke und der Erde Statt findet. Im letzteren Falle sagen wir, er schlage e in. Der Weg, den er nimmt, seine Farbe, seine Wirkungen auf irdische Gegenstände, z. B. die gewaltige Erschütterung, das Durch¬ bohren und Zertrümmern schlechter Leiter, das Schmelzen und Orydi- ren der Metalle, das Verglasen der Erden, das besonders in sandigen Gegenden Stattfindetund die sogenannten Blitzröhre» (Gilb.Ann. 55,121. Ri b b e n tr o p überBlitzröhren.Braunschweig 1830) erzeugt, das Entzünden brennbarer Substanzen, das Tödten der schiere. 826 Donner. Blitzableiter. sind genau so, wie sie sich von einem so verstärkten, electrischen Fun¬ ken erwarten lassen und wie man sie mittelst einer Electriflrmaschi- ne in sehr verjüngtem Maßstabe hervorbringt. Man kann gegen¬ wärtig, wo durch Wheatstone's Versuche (II. 335.) die Hypo¬ these der Unitarier so gut als widerlegt ist, nicht mehr fragen, ob der Blitz von der Wolke zur Erde fahre oder umgekehrt, doch kann man immerhin sagen, der Blitz fahre von jenem Körper, welcher der ursprünglich elektrische ist, in den, welcher durch Verkeilung electrisirt worden. 232. Der Donner ist der heftige Knall, welchen der elec¬ trische Funke erzeugt, wenn er die Luft durchbricht. Sein Rollen entsteht theils aus der Reflexion des Schalls durch Wolken, Berge u. s. w., theils aus der ungleichen Entfernung der Theile des Weges, den der Blitz nimmt, von uns. In der Regel ist derDon- ner, welcher den einschlagenden Blitz begleitet, mehr prasselnd, der, welcher von einer Wolke zur anderen fährt, mehr rollend; im letz¬ teren Falle kann man auch, nach Bellani's Bemerkung, den aus der Wolke hervorbrechenden Blitz wohl vom matten Lichte unter¬ scheiden, das sich gleich darauf durch die ganze Wolke erstreckt. Blitze, die sehr weit entfernt und nur von schwachen Donnerschlä¬ gen begleitet sind, erscheinen ohne Donner. Oft sind solche auch blos reflectirte Blitze eines unter dem Horizont befindlichen star¬ ken Gewitters. 233. Der Umstand, daß der Blitz sich nach denselben Gesetzen richtet, welche dem gemeinen electrischen Funken den Weg vorschrei- ben, brachte Franklin auf die Erfindung der Blitzableiter. Diese sind eiserne, starke 2^ >"> Durchschnitte), meinem En¬ de zugespitzte und zur Verhütung des Rostens vergoldete oder mit einer Platinspitze versehene Stangen, die auf einem Gebäude so errich¬ tet werden, daß sie 3—4 Fuß über die höchsten Theile desselben hervorragen. Da sich die Wirksamkeit einer solchen Stange, nach Charles, auf einen Umkreis erstreckt, dessen Halbmesser der dop¬ pelten Höhe der Stange gleicht, so müssen größere Gebäude mit mehreren solchen Stangen versehen werden. Alle werden mit ein¬ ander leitend verbunden und mittelst eiserner Stangen oder Kupfer¬ streifen oder nach Jelin mittelst Messingdrähten in die Erde hinab¬ geleitet. Jede größere Metallmasse eines Gebäudes soll in leitender Verbindung mit dem Ableitungsapparate stehen, weil der herab- fahrende Blitz in einer solchen einen secundären electrischen Strom Rückschlag. 827 (1l. 369). erzeugt, der ohne Ableitung so schädlich werden kann, wie der Blitz selbst. Bei einer guten Einrichtung dieser Stangen wird ein Gebäude vor Blitzschlägen hinreichend gesichert seyn, fe- dcch kann ein Blitz vom Ableiter abspringen, wenn er so stark ist, daß ihn der Conductoc nicht fassen kann, oder wenn er das Metall schmilzt, oder endlich, wenn er in die Nähe einer Metallmasse kommt, die durch Verkeilung eleccrisirt ist und nicht mit der Ab¬ leitungsstange in Verbindung steht. Dasselbe kann auch erfolgen, wenn häufiger Regen das Gewitter begleitet, welcher als natürli¬ cher und höherer Ableiter wirkt. Selbst im letzteren Falle wird nicht viel zu befürchten seyn, weil ein solcher Blitz in der Regel nicht zündet, indem ihn die Nässe des Daches selbst ableitet. Strohseile kann nur der als Ableiter empfehlen, dem die Gesetze der L. fremd sind. Überhaupt darf man, um die Wirkungsweise eines Blitzableiters nicht von einer falschen Seite zu betrachten, nicht vergessen, daß ein Ableiter nur in so ferne wirkt, als er durch Vertheilung electrisch geworden ist und die mit der Luftelec- tricität gleichnamige L. in die Erde abgegeben hat. Darum ist eine genaue Verbindung des ganzen Apparates mit der Erde so wesentlich. Ja wenn diese nicht Statt findet und ein Gebäude durch eine darüber hin ziehende Gewitterwolke durch Vertheilung electrisirt ist; so werden sich beide Electricitäten desselben nach Ab¬ zug dieser Wolke mächtig zu vereinigen suchen, einen secundären Strom erzeugen und auf die Körper, die dieser Vereinigung im Wege stehen, wie ein Blitzschlag wirken. Man nennt dieses Phänomen den Rückschlag. (Siehe: RaimaruS Vorschrif¬ ten zur Anlegung einer Blitzableitung an allerlei Gebäuden. Ham¬ burg 1778. Über die Blitzableiter, ihre Vereinfachung und die Verminderung ihrer Kosten von Dr. Plieninger. Stuttgart 1835. Anweisung zur Errichtung der Blitzableiter in Frankreich. Pogg. Ann. 1. 403.) Die Kenntniß der Gesetze der künstlich erzeugten Electricität gibt schon die Regeln an die Hand, durch die man sich am besten vor Blitz¬ schlägen bewahret. Sie laufen im Allgemeinen darauf hinaus, daß man die Nähe guter Leiter möglichst meide. Deshalb soll man sich im Freien unter keinen Baum flüchte», nicht der höchste Gegenstand der Umgebung zu seyn suchen, keine gar starke Bewegung machen, damit die Ausdünstung nicht zu sehr erhöht werde, nicht zu nahe an Häusern gehen, sondern lieber die Mitte einer Straße suchen, sich 828 Hages. i-i, Zimmer von Fenstergittern, Glockenzügen, ja sogar von den Mauern entfernen und lieber die Mitte eines Gemaches einnehmen, die Nähe rauchender Kamine meiden und möglichst dunstfreie Orte suchen u. s. w. 234. Gewitter sind auch häufig von Hagel begleitet. Die¬ ser besteht aus Eiskörnern von verschiedener Größe (1 Linie 3—6 Zoll im Durchmesser), die von Außen eine dichte, durchsichtige Eis¬ rinde, im Innern einen undurchsichtigen Kern aus Schnee, oft gar aus einer heterogenen Masse haben. Er fällt in einigen Gegenden viel öfter als in anderen, kommt zu allen Tageszeiten, am Tage und bei Nacht, doch in letzterer seltener vor; man hat ihn bei allen Temperaturen über und unter 0° beobachtet, doch scheint er nur der gemäßigten Zone eigen zu seyn, indem ein Hagelfall in den Tropenländern, unter 350 T. Höhe, zu den größten Seltenheiten gehört und auch in den Pvlargegenden nicht oft vorkommt. Er fällt in der Regel nur im Sommer. Die Wolken, welche ihn führen, sind tief, aufgedunsen, an den Rändern zerrissen und haben an ihrer Oberfläche unregelmäßige Hervorragungen. Ihre Höhe über der Erde ist meistens nur 400 Fuß, doch hat man auch sehr hohe Hagelwolken beobachtet. 235. Über die Entstehung des Hagels haben sehr verdiente Gelehrte, wie z. B. V olta, v. Buch, L icht e nberg rc. ihre Ansichten an den Tag gelegt, ohne daß einer derselben sich eines allge¬ meinen Beifalls zu erfreuen hätte. Beim Hagel kommt es vorzüg¬ lich darauf an, zu erklären, wie bei der größten Sommerhitze so große Eismassen entstehen können. Zu diesem Behufs nimmt Volta an, daß im Sommer die Wolken sehr hoch steigen und in sehr trockene Luftschichten kommen. Bescheint sie nun die Sonne, so entstehen an ihrer obern Fläche Dünste, die in die Höhe steigen, aber dabei in kältere Luftschichten gelangen und dort wieder zu einer Wolke verdichtet werden. Diese zwei über einander schwebenden Wolken müssen entgegengesetzte -bl haben und zwar die untere—--kl, die obere -ft--kl; die in dec unrern Wolke angefachte Verdünstung bindet Wärme und bringt die Wassertheile in derselben zum Ge¬ frieren. Die so entstandenen Eisstücke werden zwischen den zwei electrischen Wolken abwechselnd angezogen und abgestoßen, wie leichte Körper beim electrischen Tanze, und dadurch allmälig vergrößert, bis sie die Electricität der Wolken nicht mehr erhalten kann, wo sie dann herabfallen. — Gegen diese Ansicht spricht aber, daß nach Hages. 829 Gay-Lussac's Versuchen bei einer Temperatur über 8° (7. selbst in trockener, geschweige erst in der gewöhnlichen, meist schon Dün¬ ste enthaltenden Luft, durch Verdünstung keine Kälte erzeugt wer¬ den kann, wie sie zur Hagelbildung Noth thut, daß noch Niemand, so viele sich auch in Hagelwolken befanden, das Oscilliren derHagelkorner beobachten konnte, daß niemals Hagelkörner unter hoch gelegenen Fel¬ senvorsprüngen, Baumen rc., wohin sie doch bei ihrem Hin - und Herhüpfen gelangen müßten, gefunden wurden, daß selbst der electrische Tanz, dem das Oscilliren der Hagelkörner ähnlich seyn soll, zwischen einer Metallplatte und einer Wasserfläche nicht vor sich geht rc. — Nach v. Buch entsteht an Stellen, wo sich die Er¬ de sehr stark erhitzt, ein aufsteigender Luftstrom, der die feuchte Luft zu einer solchen Höhe emporführt, daß schon beim Aufsteigen und noch mehr in der obersten Stells sehr viel Wasser daraus aus¬ geschieden wird, das in Tropfen herabfällt, verdünstet, gefriert, durch neuen Dunstniederschlag aus der Umgebung vermehrt wird, wieder gefriert, und so Hagelkörner bilden. Auch mit die¬ ser Ansicht steht die Wärmebindung beim Verdunsten nicht im Einklangs, indem beim gewöhnlichen hygroscopischen Zustande der Luft durch Verdünstung keine solche Kälte entstehen kann; auch sieht man daraus nicht ein, warum Hagel stets nur bei Ge- wilterauSbrüchen Statt findet, man begreift nicht, wie sich beim Herabfallen der anfangs gewiß nur kleinen Hagelkörner so große, als sie bereits beobachtet worden sind (zu Mastricht fielen am 3. Au¬ gust 1827 Eisstücke von 6 Z. Durchmesser, in Padua am 26. Au¬ gust 1835 Stücke von 17 Centimeter Durchmesser), bilden kön¬ nen, wie ein Hagelfall möglich sey, der sich über ganze Länder er¬ streckt (Arago erwähnt eines solchen Falles, der sich durch ganz Frankreich bis nach Holland erstreckte) rc. Man muß demnach die x Bildung des Hagels zu den bis jetzt unerklärten Phänomenen zählen. Es ist leicht einzusehen, daß es Hagelableiter nicht in dem Sinne ge¬ ben könne, wie Blitzableiter. Eiserne im Freien ausgerichtete Stan¬ gen, die man als solche empfahl, können die L an so hoch schwebenden Wolken nicht ableiten, wie die sind, worin sich der Hagel bildet, und daher selbst nach V o l ta's Ansicht auch nicht die Bildung desselben hindern; ist er aber bereits gebildet, so kön¬ nen sie ihn höchstens durch Einsaugen der L°zum Fallen bringen, pnd daher mehr zu- als ableiten. Sollte aber, gegen unsere theo- 830 Wasserhose. * reiische Einsicht, ihre Wirkung so groß seyn, als men hie und da behauptet; so bleibt es unbegreiflich, daß Bäume oder Blitz¬ ableiter nicht auch zugleich Hagelableiter seyn sollten. Daß sie aber dieses nicht sind, lehrt die Erfahrung alljährlich, indem beholzte Gegenden und große, mit vielen Blitzableitern versehene Gebäude eben so gut vom Hagel getroffen werden, wie das flache Land mit seiner niederen Vegetation. 236. Von der Luftelectricität rührt höchst wahrscheinlich sene Erscheinung her, die man Wasserhose nennr. Man bemerkt nämlich: daß das Meer unter einer electrischen Wolke plötzlich zu wallen und unruhig zu werden anfäng-t, zur Gestalt eines hohlen 2—200 F. dicken und 30—1500 F. hohen Kegels anschwillt, und sich sammt der Wolke zum großen Schaden der Schiffe, die ihm in den Weg kommen, forttreibt und dabei sich beständig um eine Ape dreht. Wenn sich die Wolke und der Wafferkegel vereinigen, oder nur sich ziemlich nahe kommen, stürzt jene als Regenguß herab; manchmal tritt sie auf das Land hinaus und bewirkt im Sande dasselbe, wie im Wasser, wo dann eine Erscheinung ein- tritt, die man Erd trombe nennt. Fig. 386 gibt die Abbildung von Wasserhosen. Beide Phänomene entstehen meistens blos in der Nähe deS Landes und unter dem Einflüsse eines starken Tempera¬ tur- und Windwechsels, erscheinen nie bei ausgedehnten Gewittern oder bei einem weit um sich greifenden Winde. Kanonenschüsse sol¬ len sie, nach der Aussage der Seeleute, zerstören. (Gilb. Ann. 6. 30. und 158: 7. 49; 83. 95.) Nach Demaistre (Schweigg. I. 7. 291.) sind Wasserhosen nicht die Wirkung elektrischer Anziehungen, sondern der Wirbelwinde, welche durch die geweckte Fliehkraft die Luft gegen die Peri¬ pherie des vom Wirbel beschriebenen Kreises treiben und dadurch gleichsam ein Aufsaugen des Wassers bewirken. Demaistre schließt dieses aus einem Versuche, den er anstellte, indem er Wasser in einem Gefäße mit Mohnöhl deckte und letzteres durch ein Flügel¬ rad in drehende Bewegung versetzte. Da hob sich in der That das Wasser in der Axe kegelförmig in die Höhe; allein davon kann man nicht aus einen ähnlichen Hergang im Freien schließen, wo der Mangel an Seitenwänden den Effect stark modificirt. 237. Zu den electrischen Erscheinungen gehört auch das Nordlicht. Dieses zeigt sich bisweilen in der Nordgegend des Himmels als eine dunkle Wolke in Gestalt eines kreisförmigen. N v - d l i ch r. 83! vom Horizont begrenzten Segmentes, dessen Mittelpunct im ma¬ gnetischen Meridiane zu liegen scheint und das mit einem Hellen Ringe umgeben ist, aus welchem von Zeit zu Zeit häufige Licht¬ büschel von verschiedenen Farben nach allen Richtungen ausfahren, sich manchmal bis zum Zenith erstrecken, daselbst eine Art Krone bilden, deren Mittelpunct in der verlängerten Ache einer frei schwe¬ benden Magnetnadel gegen Süden hin zu liegen scheint. Einige besonders starke Nordlichter sollen auch ein Geräusch verbreitet ha¬ ben, wie das ist, welches ein Luftzug verursacht, doch wird dieses von Einigen gänzlich geläugnet. Fig. 387 stellt ein Nordlicht vor. Man sieht es in den Ländern von größerer Breite häufiger und schöner als bei uns, ja wir sehen nur jene Nordlichter, die hoch genug aufsieigen, um über unseren Horizont zu kommen. Aber auch nicht jede Gegend von großer geog. Breite ist dem Erscheinen der Nordlichter gleich günstig. Nach einigen sollen in Sibirien und in Nordamerika mehr Nordlichter sichtbar seyn als im nördlichen Eu¬ ropa. An demselben Orte ist manches Jahr reicher an Nordlichtern als ein anderes, vielleicht befolgen sie eine bestimmte Periode. Eine ähnliche Erscheinung findet man auch am Südpole und nennt sie Südlicht. Zur Erklärung dieser merkwürdigen Erscheinung haben Halley, Euler, Mairan, Franklin, Hell, Lichten¬ berg, Dalton, Biot, Hansteen das Ihrige beigetragen, ohne doch eine genügende Theorie zu geben. Man kann nur bis jetzt mir Gewißheit Folgendes sagen : Weil das Nordlicht nicht wie die Sterne eine tägliche Bewegung von Ost nach West zeigt, so muß es an der Axendrehung der Erde Theil nehmen und daher in der Atmosphäre seinen Sitz haben. Die größte Höhe eines Nord¬ lichtes soll 25000 Meter seyn. Es afficirt, der Erfahrung gemäß, häufig, aber nicht immer die Magnetnadel und ändert ihre Abweichung, indem es ihr Nordende abstoßl, wirke aber auf nicht magnetische, z. B. kupferne Nadeln, gar nicht, hat dabei mit dem Ausströmen der Electricität viele Ähnlichkeit und läßt sich nach T h i e n e m a n n gerade da am häufigsten sehen, wo die wenigsten Gewitter Statt finden. Es muß demnach die Electricität einen Antheil an seiner Er¬ scheinung haben. Wichtig ist Hansteen's Erfahrung, daß kurz vor dem Eintritte eines Nordlichtes der Erdmagnetismus eine un¬ gewöhnliche Stärke hat, die aber gleich nach dem Beginne des Nord¬ lichtes abnimmt und unter die gewöhnliche Stärke herabsinkt. Aus allen diesem geht hervor, daß das Nordlicht in einer electrischen 832 Lichtmeteor?. Entladung bestehe, über deren nähere Natur erst weitere Beobach¬ tungen die nothige Aufklärung geben müssen. (Zeitsch. 7. 242; 8. HO; 9. 212.) Achtes Kapitel. L i ch t m e t e o r e. 238. Es gibt viele Meteore, die ihr Entstehen ganz den Mo¬ difikationen verdanken, welche das Licht beim Durchgänge durch die Luft erleidet. Die vorzüglichsten derselben sind: 1) die Gestalt und Farbe des Firmamentes, 2) die Morgen- und Abend- röthe, 3) das Funkeln der Sterne, 4) das sogenannte Wasserziehen der Sonne, 5) die astronomische Strah¬ lenbrechung und Luftspiegelung, 6) Höfe um die Sonne, den Mond und um die Fixsterne, 7) Nebenson¬ nen und Nebenmonde, 8) Regenbogen, 9) das Zo¬ diak a l l i ch t. 239. Die atmosphärische Luft ist zwar keineswegs vollkommen durchsichtig; doch ist ihre Durchsichtigkeit so groß, daß sie uns erst in Schichten von sehr bedeutender Dicke sichtbar wird. Zur Beur- theilung der Entfernung der sichtbaren Luftschichten haben wir kein anderes Hülfsmittel, als die verschiedene Intensität der von ihnen in unser Auge gelangenden Strahlen. Da nun diese Intensität in der Regel rings um uns in gleicher Höhe gleich groß, nahe am Ze¬ nith aber größer ist, als tiefer abwärts; so scheint die sichtbare Luft¬ waffe unsere Erde wie eine am Zenith etwas eingedrückte Kugel zu umspannen. Daß sie uns blau erscheint, vermögen wir freilich nicht weiter zu erklären. Es liegt in der Natureinrichtung, daß von den durch die Erde der Luft zugesendeten Strahlen gerade die blauen vor¬ zugsweise reflecrirt werden. Die Durchsichtigkeit der Luft wird durch mehrere Umstände, vorzüglich durch beigemengte Stoffe und durchWär- mewechsel, bedeutend abgeändert, und darum wechselt die Farbe des Himmels vom intensivsten Blau durch alle Abstufungen desselben bis zum blassesten und zur gänzlichen Undurchsichtigkeit. Beigemeng¬ tes exxansibles Wasser macht die Luft durchsichtiger und erhöht daher Farbe bes Himmels. 833 den Ton ihrer blauen Farbe, aus demselben Grunde, aus welchem Papier durch Oylen durchsichtiger wird (S. 384), daher auch ein sehr dunkelblauer Himmel auf die Gegenwart vieler Dünste schlie¬ ßen läsit. So wie aber diese Dünste ihre Ausdehnsamkeit verlieren, machen sie den Himmel blafferund können ihm seine Durchsichtigkeit ganz benehmen. Andere nicht ausdehnsame, in der Luft befindliche Stoffe, wie z. B. der sogenanlite Sonnenstaub, wirken wie fein zertheiltes Wasser. Daher ist es begreiflich, warum der Himmel auf hohen Bergen ein dunkleres Blau hat, als in Thälern. Beim Sehen durch Fernrohre, bei Versuchen mit Brennspiegeln rc. über¬ zeugt man sich von Änderungen der Durchsichtigkeit der Luft, die man mit freiem Auge gar nicht wahrnimmt. Sie rühren wahrschein¬ lich von der ungleichen Verlheilung der Warme in der Luft und vom Wechsel ungleich warmer Luftschichten her, die wie heterogeneMit- tel auf das Licht wirken. Saussure hat die Blaue des Himmels mittelst eines eigenen Instrumentes (Cyanometer) bestimmt. — Der Grund dieser unvollkommenen Durchsichtigkeit der Luft liegt gewiß darin, daß sie kein stetiges Gemenge von ungleichartigen Körpern ist; denn ein Lichtstrahl wird nothwendig bei jedem Über¬ gange von einem Theilchen in den leeren Raum zum Theile refleccirt. Dieses zeigt sich vorzüglich.dadurch, daß die Blaue des Firmamen¬ tes desto dunkler ist, je mehr Wasserkünste sich in der Luft befinden, mithin je stetiger das Gemenge ist. Auf hohen Bergen fand Saus¬ sure die Luft völlig dunkelblau, und selbst in der Ebene erscheint sie uns nach einem Regen, besonders an der der Sonne gegen- überstehenden, heiteren Seite, von einem sehr gesatiigten Blau, das gegen die Sonne hin immer blasser wird und zuletzt völlig in Weiß übergeht. Saussure's Cyanometer besteht aus einer in 51 Felder eingetheil- ten Platte, deren Farbe vom lichtesten bis zum dunkelsten Blau wech¬ selt. Man erhält sie durch Vermischung des Blau mit Weiß oder Schwarz in verschiedenen, bestimmten Verhältnissen. Die Zahl des Feldes, dessen Blau mit dem des Himmels übereinstimmt, gibt den Grad der Bläue des letzteren an. Parrot hat ein anderes Cyanc- meter angegeben. (Gilb. Ann. 24. 69.j — Leslie bestimmt die Durchsichtigkeit des Raumes durch ein Diffsrenzialthermc-meter, das eine vergoldete Kugel hat und mit der anderen im Brennpuncte eines parabolischen Hohlspiegels steht. Diese Kugel erkaltet desto mehr, je Heller derHimmel ist- Er nennt dieses Instrument Äthrioscop. Naturlebre 5. Aufl. 834 Abend- und Morgenröthe. 240. Wenn der westliche Himmel heiter oder nur mit einem dünnen Wolkenschleier überzogen ist, so ziert ihn nach Sonnenun¬ tergang die herrliche Naturerscheinung, die Ab e n d r ö t h e, deren Farbe nach der verschiedenen Reinheit des Firmamentes von Gelb und Hellroth bis zum Dunkelroth wechselt. Wenn nämlich, die Sonne dem Untergange ziemlich nahe ist und leichte Wolken am Horizont stehen, so erscheinen dieselben in Osten roth. So wie die Sonne tiefer sinket, färben sich auch noch die westlichen dünnen Wol¬ ken mit demAbsndroth und die ganzeAbendgegend erscheint orange; dichtere, niedcrschwebende Wolken sind mit herrlichem Purpur be¬ gleitet, während höhere noch weiß erscheinen. Nach Sonnenunter¬ gang sieht man, wenn am Tage das Firmament schön blau war, ein zartes Roth am Himmelsgewölbe und in Osten, der Sonne gegenüber, einen dunklen, bogenförmigen Raum mit finsterem Blau, über diesem einen röthlichen und noch höher hinauf einen weißen Bogen. Uber diesem erscheint das gewöhnliche Blau des Firmamentes, das gegen Westen hin in mancherlei Abstufungen in dis Farbe der Abendröthe übergeht. Alle diese Erscheinungen treten mehr und weniger deutlich hervor, und ihre größere oder kleinere Entwicklung hängt von der Stellung der Wolken, von der Durchsichtigkeit der Luft und selbst von den am westlichen Hori¬ zont befindlichen irdischen Gegenständen ab. Am Morgen zeigt sich vor Sonnenaufgang unter ähnlichen Bedingungen^ an der Ostseite dieselbe Erscheinung, und heißt M o rg e n r ö t h!e. Diese Phäno¬ mene werden dadurch hsrvorgebracht, daß die Luft vorzugsweise blaues Licht reflectirt und gelblich rothes durchläßt. So. lange die Sonne hoch steht, gehen ihre Strahlen durch eine zu wenig dicke und zu wenig mit Dünsten beladene Luftschichte, als daß die ihr ei» genthümliche Färbung deutlich hervortreten könnte, je tiefer sie aber sinkt, eine desto dickere und desto mehr mir Dünsten geschwängerte Luft müssen die Lichtstrahlen durchwandern und die von der Luft vor¬ zugsweise durchgelassene Farbe muß bemerklich/werden. 24l. Weil die Dünste das Licht stärker brechen, als die reine Luft, so müssen sie, wenn sie vom Winde hin und her bewegt wer¬ den, eine Erscheinung an den Gestirnen hervorbringen, welche dem Flackern einer vom Winde bewegten Flamme ähnlich ist. Geschieht dieses sehr schnell, so erscheinen die Sterne auch größer und Heller. Es ist bekannt, daß man das Stattfinden dieser Erscheinung für einen Vorboten nasser Witterung ansieht. Aus der starken Licht brc- Mass er ziehen der Sonne. 835 chenden Kraft der feuchten Luft erklärt sich auch die auffallende, schein¬ bare Nahe sonst ferner Gegenstände. 242. Wenn die Sonne hinter einem Gewölks steht, das nahe daran ist, Regen herabzuschütten, durch einige Öffnungen dessel¬ ben hindurchscheint und die Luft beleuchtet; so reflectiren dieWafser- rröpfchen das Licht, und es erscheinen Streifen, die lichter sind, als ihr Grund. Diese Streifen scheinen gegen die Sonne hin zu con- vergiren und sich hinter der Wolke zu vereinigen, als wenn sich dort dis Sonne befände. Dieses Phänomen, welches unter dem Na¬ men Wasserziehen der Sonne bekannt ist, verkündet baldigen Regen. Es erscheint im Sommer öfter als im Winter und bei nie¬ derem Sonnenstands öfter als bei hohem. Seltener ereignet es sich, daß man Strahlen sieht, die von einem der Sonne gerade entge¬ gengesetzten Puncre des Firmamentes auszufahren scheinen, aber im¬ mer viel schwächer sind, als die vorhin besprochenen. Sie beruhen auf demselben Grunde, wie jene. Die von der Sonne ausgehen¬ den, nach der entgegengesetzten Gegend des Firmamentes hinfah¬ renden Strahlen werden durch Reflexion in den Dünsten der unteren Luftregion eben so sichtbar, wie ein Lichtstrahl in einem dunklen Zimmer durch Reflexion in den feinen, in der Luft schwe¬ benden Stäubchen, und wiewohl diese Strahlen parallel sind, so scheinen sie doch durch optische Täuschung gegen die fernsten Stellen zu convergiren, gerade so wie eine parallele Baumreihe gegen das von uns entfernteste Ende zu convergiren scheint. 243. Wenn das Licht in Vie Atmosphäre eintritt, so erleidet -es eine Brechung zum Einfallslothe; dasselbe erfolgt, so oft es von dünnerer in dichtere Lust übergeht. Darum muß ein Lichtstrahl, der durch die ganze Atmosphäre zu uns gelangt, eine nach Oben convexe Bahn beschreiben, die desto mehr gekrümmt ist, je länger der in der Atmosphäre zurückgelegte Weg des Lichtes ist. Die Wir¬ kung dieser Krümmung der Bahn eines Lichtstrahles ist, daß jeder Punct, der einen solchen Strahl in unser Auge abwärts sendet, höher zu liegen scheint. Am Horizont ist diese Wirkung am größten und am unregelmäßigsten, je näher dem Zenithe, desto kleiner und regelmäßiger erscheint sie, bis sie im Zenithe selbst ganz verschwindet. Die Kenntniß dieser Strahlenbrechung, die man, wenn die Strah¬ len von irdischen Objecten kommen, irdische, wenn sie von Himmelskörpern kommen, astronomische Strahlenbrechung nennt, ist bei der Bestimmung des Ortes eines entfernten Kör- S3 * 886 Atm. Refraction. Luftspiegelung. xers von großer Wichtigkeit. Vermöge derselben geht die Sonne früher auf und spater unter, so daß dadurch der längste Tag bei uns nahe um 8.5 M., in den Polargegenden um 1 Monat ver¬ längert wird. Dis Strahlenbrechung beträgt nahe am Horizont 30 M., in einer Höhe von 45° kaum 1 M., in einer Höhe von 75° nahe 16 See.; in mäßiger Entfernung vom Zenith ist sie der Tangente des Abstandwinkels proportional. 244. Die Brechung des Lichtes in derLuft erfolgt zwar in der Regel so, daß ein horizontal oder abwärts fahrender Strahl eine nach Oben convexe Bahn einschlägt, weil die Luft in der Regel oben dünner ist als unten, allein es gibt doch Fälle, wo wegen der hö¬ heren Temperatur der oberen Luftschichten das Gegentheil Statt fin¬ det und ein aufwärts fahrender Strahl wieder abwärts gekrümmt wird. Dadurch können von den Gegenständen, die unter dem Ho¬ rizonte liegen, Strahlen ins Auge gelangen und selbe sichtbar ma¬ chen, es können auch diese sowohl als auch die über dem Horizonte gelegenen Dinge doppelt, verkehrt, verschoben, in der Luft schwe¬ bend erscheinen, wie Fig. 373 zeigt. Alle diese Phänomene ereig¬ nen sich nur in großen (wenigstens 2 Stunden langen) Ebenen und sind unter dem Namen der Luftspiegelung, Seegesichc, Kimmung bekannt. Es sey ^4-6 (Fig. 374) ein Gegenstand, der sich unter dem Horizont <277 des Auges <2 befindet. Werden die Strahlen, welche von ausgehen, .so gebrochen, daß sie die Krümmung AO und ZO bekommen, so erscheint über 017 in aü. Werden die Strahlen, welche sonst über dem Auge vorbeige¬ gangen wären, in dasselbe abgelenkt, so kann nebst ab auch noch ein zweites Bild a'ö' erscheinen, das sogar verkehrt seyn kann, wenn der untere Strahl eine mehr convexe Linie beschreibt als der obere. 245. Bei feuchter Witterung sieht man nicht selten den Him¬ mel mit einem dünnen Wolkenschleier überzogen, und die Sonne, den Mond oder auch Fixsterne der größeren Art mit einem Ringe umgeben, der lichter ist, als der übrige Theil des Firmamentes und Hof heißt. Dieser zeigt sich oft mit Regenbogenfarben. Man unterscheidet aber zweierlei Höfe, kleinere mit dem Körper, den sie umgeben, zusammenhängende, die, falls sie gefärbt erscheinen, nach Außen roth sind und bald einen größeren, bald kleineren Durch¬ messer haben, und größere, vom Cenrralkörper ziemlich weit abste¬ hende, bei denen die rothe Farbe nach Innen gekehrt ist und deren H o f e. 887 Durchmesser gegen 45° beträgt; bei letzteren Hut man auch oft einen zweiten Farbenring in doppelt so großer Entfernung vom leuch¬ tenden Körper wahrgenommen. Fig. 388 zeigt dieses Phänomen. 246. Die Hofe hatHuy g h e n s aus der Brechung des Lich¬ tes in gefrornen Dunstkügelchen, ois einen undurchsichtigen Kern haben, Mayer aus der Brechung in Dunstbläschen zu erklären ge¬ sucht. Die neueste Erklärung hat Fraunhofer geliefert, bieder Natur der Sache mehr entspricht, als alle früheren. Die kleineren Höfe erklärt Fraunhofer aus einer Beugung der Lichtstrablen, die an den Rändern der in der Atmosphäre schwebenden Dunstkügel¬ chen vorbeifahren. Er beweiset, daß diese Beugung gerade so vor sich gehe, als wenn das Licht durch eine Öffnung von einem rem Kügelchen gleichen Durchmesser geleitet würde, und überzeugte sich, daß man im Gesichtsfelde eines achromatischen Fernrohres die S. 343 beschriebenen, einem Hofe der kleineren Art völlig ähnlichen Farbenringe sieht, wenn man vor dem Objeetivglase sehr viele, un¬ gemein kleine Glaskügelchen von beinahe gleicher Größe anbringt, und durch eine runde Öffnung einen starken Lichtstrahl darauf lei¬ tet. Diese Ringe sind desto größer, fe kleiner die Glaskügelchen sind. Es stellen nun die kleinen Scheibchen in Fig. 378 Dunstkü¬ gelchen vor, auf welche von der Sonne oder dem'Monde -5 direete parallele Strahlen auffalle», die am Rande jedes einzelnen Kü¬ gelchens gebeugt werden und nach der Beugung unter verschiede¬ nen Winkeln ausfahre». Gesetzt es fahren die vom Kügelchen b ge¬ beugten so aus, daß röche Strahlen, welche den ersten Ring bil¬ den, ins Auge o gelangen, so werden die rokhen des zweiten und dritten Ringes daS Auge verfehlen, und den Weg ö/, LZ- ein¬ schlagen. Dafür können vom Kügelchen u die rothen des zweiten Ringes nach o gelangen. Auf ähnliche Weise geschieht es mit den Strahlen von anderen Farben. Sind nun die Dunstkügelchen im ganzen Raume nach allen Richtungen zerstreut', so sieht daS Auge o Farbenringe um »5, wovon der erste, rothe in einem Abstand« öoA', der zweite rothe in einem Abstande uc>L vom leuchtenden Körper erscheint. Haben die Dunstkügelchen beinahe einerlei Größe, so haben alle homogenen Ringe einerlei Durchmesser, sie fal¬ len aufeinander und verstärken den Eindruck jedes einzelnen; ha¬ ben sie aber eine verschiedene Größe, so fallen die Ringe von ver¬ schiedener Farbe an denselben Platz, die Farben werden matter oder verschwinden ganz, so daß nur ein Heller Ring um den leuchtenden 838 Nebensonnen. Körper übrig bleibt. .Sind die Dunstkügelchen groß, so werden die Farbenringe sehr klein und können sim größere und Heller leuch¬ tende Gestirne nichr mehr gesehen werden, theils weil des größe¬ ren Durchmessers wegen die Farben in einander fallen, theils weil ihr Licht in so großer Nähe beim leuchtenden Körper verschwindet. In diesem Falle können aber noch um Fixsterne Höfe erscheinen. Man begreift wohl, daß man in einem sehr feuchten Zimmer um ein Kerzenlicht einen Hof wahrnehmen kann und daß der Mond und die Sonne durch ein stark mit Dünsten beschlagenes Fenster mit einem Hof erscheinen muß, während man im Freien dieses nicht be¬ merkt. — Die größeren Höfe erklärt Fraunhofer aus der Bre¬ chung des Lichtes in Eiskristallen aus sechsseitigen oder dreiseitigen Prismen. Er zeigt, daß sie nicht durch Beugung oder Brechung und Reflexionen in Dunstkügelchen oderDunstbläschen abgeleitet werden können, bestimmt aus seiner Formel den Durchmesser der größeren Höfe, der mit dem durch dis Erfahrung gegebenen sehr wohl über¬ einstimmt. Haben die Eisprismen eine pyramidale Zuspitzung, so lassen sich aus einer Brechung des Lichtes in denselben auch die zweiten größeren Höfe, ja durch Reflexion des in ein solches Prisma einfallenden Lichtes im Inneren desselben, sogar ein drit¬ ter, wie ihn Hevel gesehen haben will, vollständig, dem Maße nach erklären. (Dove in Pogg. Ann. 26. 310.) 247. Manchmal sieht man bei trüber Lufc und kalter Witte¬ rung nebst der wahren Sonne oder dem wahren Monde noch meh¬ rere andere, die man Nebensonnen und Neben monde nennt. Sie befinden sich im Umfange eines weißlichen, horizon¬ talen Ringes, dessen Breite dem scheinbaren Durchmesser des Ge¬ stirnes gleicht und der selbst von farbigen Höfen, die das Gestirn umgeben, durchschnitten wird. Dis Nebensonnen und Nebenmonde stehen in dem Durchschnitte des obigen Ringes und der Höfe, ha¬ ben nicht selten vom Gestirne abgewendete, weiße, lange Scbweife, und sind auch manchmal mit dem wahren Gestirne durch ein lich¬ tes Kreuz verbunden. (Fig. 38g.) Man bemerkte auch schon Neben¬ sonnen in einer vertikalen, lichten, dem Durchmesser des gerade aus¬ gehenden Gestirnes an Breite gleichen Säule. Selten zeigt sich das Phänomen der Nebensonnen in seiner ganzen Vollständigkeit, wo es aus wenigstens dreizehn Ringen oder Ringtheilen besteht, in deren Durchschnittspuncten die Nebensonnen erscheinen. — Auch Pis? Phänomene hat Fraunhofer zuerst mit allen Nebenum- Nebensonnen. 839 ständen völlig genau erklärt. Der Umstand, daß di« ausgehende Sonne durch ein Gitter angesehen, welches aus horizontalen, einander hinreichend nahen und gleich weit von einander abstehen¬ den Fäden besteht, das Phänomen der verticalen Nebensonnen ganz genau zeigt, brachte ihn auf den Gedanken, diese Erschei¬ nung entstehe durch Beugung des Lichtes an den Dunstkügelchen der Atmosphäre. Man denke sich in einer Schichte des Dunstkreises Dunstkügelchen, die gegen die Weltgegenden unregelmäßig verbrei¬ tet sind, aber doch so liegen, daß je zwei von ihnen für einen ho¬ rizontal auffallenden Strahl einerlei Entfernung haben. Fallen nun Strahlen der im Horizont befindlichen Sonne auf sie ein, so wer¬ den sie an ihren Rändern gebeugt, in vertikaler Richtung wirken sie aber viel näher auf einander ein, als in horizontaler, und brin¬ gen dieselben Phänomene hervor, wie die vorher genannten paral¬ lelen, horizontalen Linien. Daß keine Farben zum Vorschein kom¬ men, rührt davon her, daß wegen der Ausdehnung des Sonnen- durchmeffers die verschiedenfarbigen Streifen in einander fallen und durch ihren Gesammteindtuck die Empfindung der weißen Farbe er¬ zeugen. Weil der Abstand der Mitte je zweier Dunstkügelchen an verschiedenen Tagen verschieden seyn kann, so ist auch der Abstand der verticalen Nebensonnen nicht immer nothwendig derselbe, und weil dieser Abstand für verschiedene Kügelchen in einem großen Grade ungleich seyn kann, so erscheint oft gar keine Nebensonne, sondern nur ein jverticaler Lichtstreifen, d. i. eine sogenannte Feucrsäule, wie man sie manchmal sieht. Auch eine dem horizon¬ talen Ringe analoge Erscheinung lehrt Fraunhofer künstlich her¬ vorbringen. Radirt man in ein mit Gold belegtes Glas parallele, aber sehr ungleich von einander abstehende Linien, und sieht durch dieses, bei einer verticalen Richtung der Linien auf die Sonne, so erblickt man zu beiden Seiten derselben einen horizontalen, weißen Lichtstreifen, der so breit ist, wie der scheinbare Son- nendurchmefser, und so lang als das Glas. Sieht man die Sonne durch ein solches Glas an, worauf gerade, von einem Puncte aus¬ gehende Linien gezogen sind, und welches gegen die Sonne gehörig geneigt ist, so erblickt man einen vollständigen weißen Kreis. Gibt es nun im Dunstkreise kleine Körperchen, z. B. Dunstkügel¬ chen, Kristalle, die für den horizontal kommenden Lichtstrahl in verticalen Linien zu liegen scheinen, für das Auge des Beobachters eine regelmäßige Lage haben und deren Abstände gegen ihren Regenbogen. Durchmesser sehr klein sind; so bieten sie den Lichtstrahlen im ver¬ tikalen Sinne keine Zwischenräume dar, sondern decken sich, und die Strahlen werden daher nur in horizontaler Richtung abgelenkt und gelangen so ins Auge. Daher der horizontale Kreis. Seine Farbenlosigkeit kommt wieder von der verschiedenen Entfernung je zweier beugender Körper oder von ihrer verschiedenen Größe. Kön¬ nen auch im verticalen Sinne einige Strahlen gebeugt werden, so bemerkt man auch einen verticalen Lichtstreifen vom leuchtenden Körper aus, so daß dieser mit einem Kreuze erscheint. Wo der ho¬ rizontale Ring einen Hof durchschneidet, muß eine größere Licht¬ stärke herrschen, und es muß daselbst eine horizontale Nebensonne erscheinen, die noch dadurch verstärkt wird, daß wegen den im ho¬ rizontalen Sinne größeren Zwischenräumen der Eiskristalle nach dieser Richtung mehr gebeugtes Licht ins Auge des Beobachters ge¬ langen kann. Der Schweif, welcher Nebensonnen oft begleitet, kommt daher, daß die gebrochenen Strahlen zwar an bestimmten Stellen (wo sie den größern Hof bilden) am stärksten das Auge af- ficiren, allein doch auch außerhalb dieser Stelle noch eine empfind¬ bare Stärke haben (Theorie der Höfe, Nebensonnen von Fraun¬ hofer, in den astronomischen Nachrichten herausgegeben von Schumacher. Altona 1825. Heft 3. Pogg. Ann. 16- 67. Brandes in seinen Unterhaltungen für Freunde der Physik. 3. Heft S. 205.) Diese Lichtphänomene sind viel häufiger, als man gewöhnlich glaubt, Mayer hat in einem Jahre (April 1826 bis April 1827) um die > Sonne 47 große, 6 kleine Ringe, 13 horizontale und 7 werti- cale Nebensonnen, und um den Mond 12 große, 15 kleine Ringe beobachtet. Kleine Ringe sollen sich besonders bilden, wenn der Cirrocumulus am Himmel sich zeigt und auch desto größer seyn, je größere Flocken diese Wolkenart bildet. Große Ringe, Neben¬ sonnen, Nebenmonde re. fordern zu ihrem Entstehen entweder den Stratus oder den Cirrostratus. (Mayer in Kast. Arch. 13.237.) 248. Eine der schönsten Lufterscheinungen ist der Regen¬ bogen. Er erscheint in jenen Regenwolken, die von der Sonne beschienen werden und dem Auge des Beobachters gegenüberstehen, und zeigt die gewöhnlichen prismatischen Farben, wovon Violett nach Innen, Roth nach Außen vorkommt. Wenn diese Farben recht leb¬ haft sind, so bemerkt man auch einen zweiten Regenbogen mit einem größeren Halbmesser, als jener des ersteren ist, seineFarken Entstehung des RegenbogenS. 84L sind minder lebhaft und folgen in verkehrter Ordnung auf einander, so daß die innere roth, die äußere violett ist. Manchmal zeigen sich nur Stücke eines Regenbogens, sogenannte Regengallen. Re¬ genbogen, welche unter denselben Bedingungen durch den Mond ent¬ stehen, wie die genannten durch die Sonne, sind nicht so häufig und immer matter als erstere. 249. Die Entstehung des Regenbogens beruht auf der Bre¬ chung und Reflexion des Lichtes und der sie begleitenden Farbenzer- strsuung in den herabfallenden Wassertropfen. Es'sei (Fig. 375) ein Regentropfen, (7 sein Mitrelpunct, -5A ein Sonnen¬ strahl, der mit dem Horizont <277 den Winkel §7/(2 macht. Dieser wird beim Ausfallen auf A nach L gebrochen, da.zum Theile refl/c- rirt und beim Austritte wieder so gebrochen, daß er nach <2 gelangt. Man kann durch Rechnung zeigen, daß die Strahlen, welche pa¬ rallel auf A auffallen, auch wieder fast parallel nach <2 reflecrirt werden, wenn ALL —59° 24' ist, und daß daher, wenn in L das Auge des Beobachters .steht, es das Sonnenbild deutlich nach der Richtung sehen wird. Bei der Brechung wird der Lichtstrahl zugleich in seine farbigen Bestandtheile zerlegt so, daß von den in und um A auffallenden Strahlen nur eine Gattung derselben ins Auge kommen kann. Die Rechnung lehrt, daß, wenn der Winkel LLL, welchen der auffallende Strahl mit dem gebrochenen macht, 40° 16' beträgt, nur violette, wenn er aber 42° 2' betragt, nur rothe Strahlen nach L kommen werden, während bei einem Win¬ kel, der großer als jener, aber kleiner als dieser ist, das Auge von den zwischen Roth und Violett liegenden getroffen wird. Denkt man sich daher LL parallel mit 42° 2', L'LL—40° 16', so sieht man leicht, daß alle Tropfen, welche unter demselben Win¬ kel Strahlen aussenden und rings um LL Herumliegen, das Bild eines gefärbten Bogens erregen werden, dessen Breite 42° 2' — 40" l6'-s-30' (als scheinbarer Sonnendurchmesser), —2° 16' be¬ trägt, und dessen Höhe von der Sonne abhängt. Es sei <7 (Fig. 376) der Mittelpunct eines Wassertropfens, -5A einein- fallender Strahl, LlALl—e der Einfallswinkel, AI die Rich¬ tung des gebrochenen Strahls und —r, ferner L7) die Rich¬ tung des reflectirten Strahles, woraus folgt r, und 7)7^ die Richtung des austretcnden Strahles, mithin LRA'—2u der Winkel, den der Strahl nach zwei Brechungen und einer Re¬ flexion mit dem directen Strahle macht. Es ist klar, daß die den 842 Innerer Regenbogen. Winkel halblrende Linie <78 verlängert auch halbirt, und daß man hat e — r-j- u u---2,-e. Ist nun ein Strahl, der nach;seinem Austritte aus 0 zu den wirksamen gehört, so darf sich u für einen Strahl, der mit pa¬ rallel eintritt, nicht ändern. Wird nun für einen solchen Strahl aus r, —/ und aus e, e-1-!—so hat man dafür u — 2 — se-t-e) —2r — e-f-2^— ö » 7 d. I. n. »in / . ec>» e-t-»in e. eo» e —n. »in n. eo»^-f-n. »in o eo» i'(a) Weil aber der genannte Strahl, wenn ihn ein Auge zugleich mit dem ersten soll ausnehmen können, sehr nahe am ersteren liegen muß; so wird 00» r I, »in c — e, 00» —1, »in —f>, mithin aus (a) n. »in r -s- e.co» e ^-n »in i--t- » ^,«0» r oder c. «r>» e —n.fl.oo»/- und aus (n) J.eo» s —n. «c>»r, mithin ^.eo» n-co» r-, ferner aus (i) »in e' — n-»in daher rl.eo» e--I-»in L- — n- fco» r' -s- »in'r's n.- 4.eo»s°-t-1 — co»e--n^n- und ^n- —1 co» e V-> 3 Setzt man nun für n die jedem gegebenen Vrechungsverhält- niffe entsprechenden Zahlen, so kann man hieraus die Werths von o und « berechnen und obige Größen finden. 250. Den äußeren Regenbogen erklärt man sich auf ähnliche Weise. Es sei ein Lichtstrahl >5^, (Fig. 377) der auf den Regen¬ tropfen fällt, dessen Mittelpunct 6? ist. Dieser bekommt in durch Brechung die Richtung durch Reflexion in L und 0 die Rich¬ tung LO und DZi und endlich beim Austritte durch eine abermalige Brechung die Richtung L6>, und gelangt so ins Auge L>. Besteht der Lichtstrahl, wie es bei Sonnenstrahlen der Fall ist, aus un¬ gleich brechbaren Theilen, so tritt in L ein Lichtbüschel aus, wo¬ von nur ein bestimmter Theil ins Auge t) gelangt. Ist paral- Äußerer Regenbogen. 843 lel mir so kann man beweisen, daß rothes Licht ins Auge kommen wird, wenn SOck^50° 5g' ist, hingegen violettes, wenn dieser Winkel 54° 9' beträgt. So wie im vorigen Falle werden such die Tropfen, welche innerhalb der genannten Grenzen liegen, den farbigen Bogen erzeugen. Zieht man auf den Durchschnittspunct des einfallenden und austrcten- den Strahles von <7 die Gerade 66, so wird 66^-66^^-», —und LV67— 6LS— /M6— <71-^—,. Man hat daher alle Winkel um 6 herum, nämlich — 6^-1-227—4^ oder L —Z'-—7t, aber a> —e — 27 und daher a> — e —3 -l- S. Durch eine ähnliche Rechnung, wie die vorhin angestellte, findet ,man für die wirksamen Strahlen --^3? Zooi e-^/r. oo, woraus man mittelst der Gleichung n'zr ^r/r n erhält ooL e v * 8 ' Durch Substitution der für » gehörigen, numerischen Wcrkhe er¬ hält man obige Größe der Winkel. 251. Aus dieser Theorie (deren Richtigkeit man übrigens auch durch Versuche mit einer gläsernen Kugel prüfen kann, indem man sie erhöht oder erniedriget, bis man in ihr diese oder jene pris¬ matische Farbe wahrnimmt), läßt sich auch einsehen, daß bei uns nie ein Regenbogen gegen Süden erscheinen kann,l daß jeder Beobachter seinen eigenen Regenbogen sieht und zwar in jedem Augenblicke einen anderen, indem die Sonne ihre Lage gegen die Regenwolke in jedem Augenblicke ändert, daß er in jedem Augenblicke von an¬ deren Tropfen gebildet wird, daß besonders im flachen Lande, wo die Regenwolken gewöhnlich weit entfernt sind, nur ein Stück deS gefärbten Kreises über dem Horizont liegt. Es wird nämlich das sichtbare Stück des Regenbogens durch den Winkel (Fig. 375) Sos---SOS—SOS---42° 2' —LVI? ausgedrückt, wobei SOS die Sonnenhöhe bezeichnet. Man sieht daher nur einen Regenbo¬ gen, wenn die Sonnenhöhe kleiner als 42° 2' ist, und der sicht¬ bare Bogen hat selbst beim Sonnenuntergänge nur eine Höhe von 42° 2'. Auf hohen Bergen sieht man einen größeren Theil, und 81! Feuermeteore. man würde einen ganzen Kreis sehen, wenn das Auge 42° 2' un¬ ter den Horizont reichte. Dieses kann geschehen, wenn die Tropfen¬ wand dem Auge nahe ist, wie es bei Wasserfällen oft geschieht. 252. Außer den zwei leicht zu erklärenden Regenbogen zeigen sich manchmal auch noch ungewöhnliche Erscheinungen. Dahin ge¬ hören die umgekehrten Regenbogen"und diejenigen, welche außer dem ersten und zweiten Hauptbogen erscheinen. Erstere erklärt man sich auch unter anderen daraus, daß die Sonne sich in einem ruhig stehenden Wasser spiegelt, letztere kommen wahrscheinlich von den Lichtstrahlen, welche bei der Reflexion im zweiten Bogen die Tro¬ pfen durchdringen, auf andere Tropfen fallen und von diesen wie¬ der ins Auge des Beobachters gelangen. Chiminello, Mayer, Hube, Aoung, Schmidt geben andere Erklärungen dieser Erscheinungen. 253. Zu den leuchtenden merkwürdigen Lufterscheinungen ge¬ hört auch das Z o d i a k allicht, d. i. ein blasser, weißlicher Schim¬ mer, welcher die Gestalt einer schief liegenden Pyramide hat, de¬ ren Basis auf dem Horizonte steht, deren Spitze nach dem culmi- nirenden Puncte des Äquators gerichtet ist. Es erscheint nur zur Zeit der Nachtgleichen und zwar im Herbste vor, im Frühlinge nach Sonnenuntergang. Nach Mairan's Erklärung ist diese Erschei¬ nung die entweder selbst leuchtende over erleuchtete Sonnenatmo¬ sphäre, welche wegen des schnellen Umschwunges der Sonne eine linsen¬ förmige Gestalt hat. Daß man sie nicht immer sieht, kommt von der schiefen Lage der Eeliptik gegen den Horizont und der verschie¬ denen Dauer der Dämmerung. Allein es läßt sich nach dem Gesetze der Gravitation darthun, daß sich die Sonnenatmosphäre nicht ein¬ mal bis zur Merkurbahn erstreckt, mithin diese Erscheinung durch¬ aus nicht hervorbringen kann. Man muß deshalb diese Erscheinung zu den noch unerklärten zählen. Neuntes Kapitel. Feuermeteore. 254. Die sogenannten feuerigen Lufterscheinungen gehören zu den räthselhaftesten Phänomenen im Reichs der Natur. Man hat Irrlichter, Sternschnuppen. 845 über ihr Entstehen und Wesen nichts als mehr oder weniger ge¬ wagte Hypothesen. In die Claffe dieser Erscheinungen gehören die Irrlichter, Sternschnuppen und Feuerkugeln. 255. Die Irrlichter sind kleine Flämmchen, welche Nachts, vorzüglich an feuchten Orten, wo thierische Körper in Fäulniß übergehen, bemerkt werden, auf und nieder, hin und her Hüpfen, sich zu einem vereinigen und sich wieder trennen. Sie sind wahr¬ scheinlich gephosphorteS Wafferstoffgas, das sich succeffiv, an ver¬ schiedenen Puncten in verschiedener Menge entwickelt, und sobald es die unteren, vorzüglich Nachts durch die Pflanzen ausgehauch¬ ten Schichten kohlensaurer Luft überschritten hat, sich entzündet. Wenn sie auch ununterbrochen zu leuchten scheinen, so kommt die¬ ses doch nur davon her, daß die Luftentwickelung ununterbrochen vor sich geht und jedes verbrannte Theilchen gleich wieder durch ein anderes ersetzt wird. Durch den Luftzug können solche Theilchen verschiedene Bewegungen bekommen, sich heben und senken, ver- theilen und sich wieder vereinigen. 256- Die Sternschnuppen erscheinen als Sterne verschie¬ dener Größe Nachts manchmal plötzlich, bewegen sich mit großer, jedoch meßbarer Geschwindigkeit fort und verlöschen ohne eine Spur am Himmel zurückzulassen. Sie erscheinen manchmal sehr häufig, so daß Brandes am fünften Theile des Horizontes in einer Nacht 480 beobachtete, manchmal wieder sehr sparsam, und scheinen mit dem Gange der Witterung in Verbindung zu stehen. Nach Sch übler sollen die Sternschnuppen vorzüglich bei starker, positiver Luftelectricität zur Zeit des zweiten Maximums derselben gesehen werden. Nach Brandes wechselt die Höhe, in der sie vor¬ kommen, von 1—50 Meilen und sie können darum oft an sehr weit entfernten Orten zugleich gesehen werden, wie dieses z. B. am 13. Nov. 1832 geschah, wo man derlei Phänomene im ganzen mittleren Europa gewahr wurde, oder am 13. Nov. 1833, wo man ähnliche unzählige Erscheinungen in den nordamerikanischen Freistaaten beobachtete. (Pogg. Ann. 29. 447; 31. 159; 33. 169. Zeitsch. n. F. 2. 11.) Sie gehen meistens abwärts, jedoch auch manchmal horizontal fort und sogar aufwärts. Ihre Geschwindigkeit ist so groß, daß sie in ! Secunde 4 — 8 Meilen zurücklegen. (Beobachtungen über die Sternschnuppen von Brandes. Leipzig 1625.) 257. Von ähnlicher, nur dem Grade nach verschiedener Na- 846 Meteorsteine. tur scheinen die Feuerkugeln, fliegenden Drachen u. dergl. zu seyn. Die erscheinen oft zugleich mit den Sternschnup¬ pen unabhängig von Jahres- und Tagszeit, von Clima und Wet¬ ter, in Gestalt leuchtender Massen in einer so bedeutenden Hohe, daß man sie in weit entfernten Orten zugleich sehen kann. Sie be¬ wegen sich in einer gegen den Horizont mehr oder weniger geneig¬ ten Bahn mit sehr großer Geschwindigkeit abwärts, verschwinden ohne eine Spur zurückzulassen, oder zerspringen mit großem Ge¬ tose und lassen eine steinarlige Masse (Meteorsteine) in vielen Stücken, glühend heiß und weich, zur Erde fallen. Die Meteor¬ steine sind äußerlich mir einer dunklen Rinde überzogen, auf der sich hin und wieder geaderte oder blätterige Figuren zeigen, und bestehen aus mannigfaltigen, durch ein erdiges Cement verbunde¬ nen Substanzen, die sich mit geringen Abänderungen fast in allen Meteorsteinen gleichen, und aus Sauerstoff, Wasserstoff, Schwe¬ fel, Phosphor, Kohle, Kiesel, Kalium, Natrum, Magnesium, Calcium, Aluminium, Eisen, Mangan, Nickel, Kobalt, Chrom, Kupfer, Zinn und Molybdän bestehen, mithin aus lauter einfa¬ chen Stoffen, die den Erdkörper bilden helfen. Das Gewicht die¬ ser Massen wechselt von einigen Lothen bis zu mehreren Centnetn. Ihr specifisches Gewicht beträgt 3.5—4.28. Auch gediegenes Eisen sah man auf ähnliche Art herabfallen, und findet auch solches Eisen in ungemeinen Massen in mancher Gegend, wo alles die Vermu- thung unterstützt, daß es Meteoreisen sey. 258. Über den Ursprung der Meteorsteine hat man gar sehr von einander abweichende Meinungen. Einige lassen sie von Außen, z. B. vom Welträume oder von den Mondvulcanen in die Erd¬ atmosphäre gelangen, andere betrachten sie als schon vor ihrem Falle der Erde angehörig, entweder als Trabanten oder als Aus¬ würfe der Vulcane, oder als in der Atmosphäre zerstreute Stoffe- <—Wiewohl jede dieser Hypothesen ihre Schwierigkeiten hat, so scheint doch diejenige den Vorzug zu verdienen, welche die Me¬ teorsteine in der Atmosphäre kurz vor ihrem Falle entstehen läßt. Denn sie ist unter allen die einfachste, indem sie der fremden Weltkörper, deren Massen uns ganz unbekannt sind, zur Erklärung gar nicht bedarf, erklärt die Ähnlichkeit der Masse aller Meteorsteine und ihr körniges, einer zusammengebackenen Masse ähnliches Aus¬ sehen am genügendsten, stimmt mit Zimmerma nn's Erfahrung auf das Beste, vermög welcher das Regenwasser stets Spuren von Ursprung Lex Meteorsteins. 84? Eisen und Mangan enthält, und ist dem bekannten Gange der Natur am entsprechendsten, wie folgende Betrachtung zeigt: Die Bestandtheile der Atmosphäre sind in einem beständigen Wechsel be¬ griffen; Sauerstoffgas, Stickgas und kohlensaure Luft wird un¬ unterbrochen absorbirt und wieder entwickelt, Wasser verdunstet unaufhörlich und kehrt wieder als Regen, Schnee, Hagel u. dgl. zur Erde zurück. Von den meisten festen und flüssigen Körpern verflüchtigen sich auch beständig feine Theile und verbreiten sich in der Luft, ein einziger vulcanischer Ausbruch sendet vielleicht eben so viele Masse in die Luft, als er an Lava und Asche von sich gibt, und fast ununterbrochen steigen aus den VulcanenRauch¬ säulen auf, die gewiß nicht bloße Wasserdünste und chemisch reine Luftarten sind. Ist es daher nicht wahrscheinlich, daß diese Mas¬ sen auf ähnliche Weise der Erde zurückgegeben werden, wie das ihr entrissene Wasser durch Regen und Schnee wieder zurückkommt, und ist nicht ein Steinregen, wie man einen Metevrsteinfall zu nennen pflegt, der einfachste Weg, diese Ausgleichung zu bewir¬ ken? Dis größte Schwierigkeit, welche sich dieser Hypothese in den Weg stellt, ist der Umstand, daß diese Bildung einer mehrere Centner schweren Masse eine ungeheure Revolution in der Luft hervorbringen müßte, wenn sie sich daselbst plötzlich bildete, be¬ sonders da dieses immer in den höheren Regionen geschieht; fa man will gar nicht begreifen können, wie sich eine so große Masse in so dünner Lust, wie die im Entstehungsorte der Meteorsteine ist, plötzlich bilden kann. Allein die in der Luft durch die Bildung eines Meteorsteines entstehende Revolution kann doch nicht grö¬ ßer seyn, als diejenige, bei der noch größere Massen im auSdehn- samen Zustande in die Luft steigen, wie dieses bei Vulcanen, ja selbst bei einer einzigen Schlacht, wo mehrere tausend Feuer¬ schlünde sich, plötzlich öffnen, der Fall ist, oder beim Herabfallen von mehreren hundert Centnern Eis oder Wasser, wie es beim Hagel und Regen geschieht. Endlich braucht man gar nicht anzu- nehmen, daß sich diese Massen auf einmal bilden, ihrer Vergrö¬ ßerung bis zu dem Maße, wo sie herabfallen, kann lange vorge- arbeitet worden seyn, und der letzte, mit der Lichtentwickelung ver¬ bundene Proceß, ist nur der des plötzlichen Zusammenbackens in eine einzige Masse. Die Niederfälle von staubartigen, gallertartigen, dem geronnenen Blute ähnlichen Substanzen, die selbst nach Chladni von den Meteorsteinen nicht wesentlich verschieden sind. 848 W e t t s r a u z e i g e n. scheint in der Thar auf ein solches Entstehen hinzudeuten. Gegen das starke Glühen dieser Körper in der oberen, sehr verdünnten Luft wird man nichts einmenden können, weil man aus Versuchen weiß, daß jeder Körper in jedem Mittel, selbst im leeren Raume glühend gemacht werden kann. Übrigens ist es wohl begreiflich, daß selbst wegen des so schnellen Fallens und des dabei Statt finden¬ den Luftwiderstandes Glühhitze erregt werden könne. Das Zerpla¬ tzen in der unteren Region laßt sich recht wohl aus dem Wider¬ stande der Luft erklären, der so groß werden kann, daß die Luft die Stelle einer harten Unterlage vertritt, und so wie diese ein Zerschellen bewirkt. (Fischer in den Abhandlungen der Berliner Gesellschaft 1820. 1821. Chladni über Feuermeleore und über die mit denselben herabgefallenen Massen, mit Steindrucktafeln und deren Erklärung von Schreibers. Wien 1819. Jdeler über den Ursprung der Feuerkugeln und des Nordlichtes. Berlin 1832. v. Holger in Zeitsch. 7. 129, 279; 9. 323. v. Schreibers in Zeitsch. n. F. 1,193. B e rzelius in Pogg. Ann. 33, 1. 113.) Zehntes Kapitel. Ein-iges über Wette ran zeig en. 259. Nicht alle der abgehandelten Meteore sind für uns von gleicher Wichtigkeit. Die Wärmemeteore, die Winde, die wässe¬ rigen Niederschläge und zum Theile auch die Gewitter spielen durch ihren großen Einfluß auf die Vegetation und auf den thierischen Haushalt die Hauptrolle; darum bestimmt auch der Inbegriff der¬ selben vorzugsweise den Charakter des Wetters, und deren Eintreten vorherzusagen, war von jeher der Gegenstand vielfacher Bemühun¬ gen. Deßungeachtet sind wir selbst bei dem gegenwärtigen, weit vorgerückten Zustande der .Physik noch sehr weit vom Ziele ent¬ fernt und werden es wahrscheinlich immer bleiben, wenn man auch nicht läugnen kann, daß in neuerer Zeit auch hierin manches Wichtige geschehen ist. Die geringen Fortschritte in diesem Punete erklären sich leicht aus der Schwierigkeit des Gegenstandes. Findet doch der Astronom, welcher es nur mit einer einzigen Kraft, näm¬ lich mit der Gravitation, zu thun hat, wenn er ein Phänomen am Himmel vorherbestimmen will, viel Schwierigkeit, sobald nur mehr Wetterzeichen an Winden. H49 als zwei Himmelskörper zur Erzeugung dieses Phänomens, wenn auch nach demselben Gesetze Zusammenwirken, und der Meteorolog soll Phänomene vorherbestimmen, die von so vielen Ursachen ab¬ hängen, welche sich überdies nicht einmal der Größe nach bestim¬ men lassen und nicht gestatten, von derJntensitat derselben an einem Orte auf die an einem anderen zu schließen. Darum begründet auch jede sogenannte Wetterregel, sie beruhe auch auf dem besten theoretischen Fundamente, nur eine Wahrscheinlichkeit und keine Gewißheit. 260. Alle Wetterregeln lassen sich füglich in zwei Classen brin¬ gen. In die erste zähle ich jene, die sich nicht blos durch vielfache Beobachtungen allgemein bewährt haben, sondern deren Richtigkeit auch aus den anerkannten Naturgesetzen begreiflich ist, in die zweite jene, für welche wohl vielfache Erfahrungen sprechen, die man aber nicht zu erklären vermag, wiewohl sie mit der Theorie nicht im Widerspruche stehen. Solche, die anerkannten Gesetzen oder sich selbst widersprechen, sollen billig der verdienten Vergessenheit über¬ liefert werden. 261. Die sichersteisiWetterregeln ergeben sich 1) aus den Luft¬ bewegungen, d. h. aus den Winden und den Oscillationen des Barometers; 2) aus der Durchsichtigkeit der Luft und der Farbe des Firmamentes; 3) aus dem Aussehen der Sonne, des MondeS und der Scerne; 4) aus den Wolken; 5) aus der Feuchtigkeit der unteren Atmosphäre; 6) aus der vorhergehenden Witterung; 7) aus dem Mondesstande; 8) aus dem Benehmen mancher Thiere und Pflanzen. 262. Es ist aus dem früher Abgehandelten (204) klar, daß die Winde auf die Wärme und Feuchtigkeit der Luft einen sehr großen Einfluß nehmen müssen, weil sie uns die Luft entfernter Gegenden mit ihrer Temperatur und ihrem Wassergehalte zu¬ führen. Verbindet man damit noch die leicht erklärbare Thar¬ sache, daß warme Winde stets von Oben, kalte aber von Unten einbrechen, und die seit langem bekannte, wenn auch schwerer er¬ klärbare Wahrheit, daß Winde häufiger von Ost durch Süd und West nach Nord übergehen als umgekehrt und überhaupt, wenn sie in ersterer Richtung wechseln, nicht leicht oder nur auf kurze Zeit zurückspringen; so wird man sich den Zusammenhang zwischen den Winden und den Wärme- und Waffermeceoren leicht erklären können. Der Südwind bringt die wärmste und zugleich feuchteste Nakurlehre 5. Ausl. 850 Wetterz eichen am Barometerstand. Luft, der Nordwind die kälteste, und da ersterer leichter eine west¬ liche und nördliche, letzterer leichter eine östliche und südliche Rich¬ tung annimmt als umgekehrt; so ist klar, daß westliche Winde (in der weitesten Bedeutung), besonders südwestliche, mehr Nieder¬ schlage bringen müssen als östliche, besonders nordöstliche. Auf öst¬ liche Winde folgt in der Regel eine Temperaturerhöhung, auf westliche eine Temperacurverminderung. Bei östlichen Winden kritt die Bewölkung des Himmels und oft sogar der Regen scheinbar früher ein, als der Windmechsel, weil der Ostwind vom oberen, nicht sogleich bemerkbaren Südwinde verdrängt wird, bei westlichen Winden hingegen erfolgt das Wechseln des Windes und die Wolken- Lildung beinahe gleichzeitig. 263. Das Barometer wird mit Recht als einer der zuver¬ lässigsten Wetterpropheten angesehen; denn man kann fast immer mit Sicherheit von starken Veränderungen im Barometerstände auf Änderungen im Charakter der Witterung schließen. Gewöhnlich geht man aber noch weiter und betrachtet das Fallen des Barometers als Vorzeichen einer schlechten, das Steigen desselben als Vorzeichen einer günstigen Witterung. Ungewöhnlich starkes und schnelles Fallen des Barometers muß mit starken Störungen des Gleich¬ gewichtes verbunden seyn, und wird darum mit Recht als Zeichen eines bevorstehenden oder schon in mehr oder weniger weit entfern¬ ten Orten herrschenden Sturmes angesehen. Darum pflegen See¬ leute das Barometer fleißig zu beobachten, um aus dessen Stande abnehmen zu können, obes etwa Zeit sey, sich auf einen bevorste¬ henden Sturm vorzubereiten. Da der Übergang der Wasserkünste in tropfbaren Zustand eine Verminderung des Luftdruckes erzeugen muß, weil, wohl die Dünste, nicht aber die Wafsertropfen, den Druck der Atmosphäre vermehren helfen; so muß auch wohl in der Regel ein Sinken des Barometers schlechtes, ein Steigen gutes Wetter erwarten lassen, jedoch wird diese Erwartung nicht selten getäuscht, weil feuchte Luft nicht immer so weit gebracht wird, daß ihr Wassergehalt Regen erzeugen muß, und auch bei eintretender Kälte die schon vorhandene Feuchtigkeit ausgeschieden werden kann. Nach v. Buch unterbleiben Wasserniederschläge nicht, sobald das Baro¬ meter bei irgend einem Winde unter die diesem Winde entsprechende mittlere Höhe herabgesunken ist. Da auf östliche Winde meistens südliche folgen und durch Abkühlung der letzteren wässerige Nieder¬ schläge und zugleich ein Sinken des Barometers bewirkt werden; An der Farbe des Firmamentes. 851 so muß bei ihnen das Barometer vor oder wahrend des Regens fallen. Auf der Westseite erfolgt aber das Gegentheil; denn weil ein westlicher Wind in der Regel in einen nördlichen umschlagt, wodurch Regen und zugleich ein Steigen des Barometers bewirkt wird; so muß bei solchen Winden das Barometer während oder vor dem Regen steigen. 264. Die Durchsichtigkeit und Farbe der Lust (des Firmamentes) hängt bekanntlich von der Menge und dem Aggre- galionszustande des in der Luft enthaltenen Wassers ab und daher kann man von jener auf diese und auf die leicht sich daraus erge¬ benden Folgen schließen. So lange das Wasser im vollkommen ep- pansiblen Zustande in der Luft schwebt, macht es dieselbe desto durchsichtiger, in je größerer Menge es darin vorkommt. Daher sieht man die aus der großen Durchsichtigkeit der Luft sich erge¬ bende, scheinbare Nähe ferner Gegenstände, das schwarze Aussehen von Wäldern rc. rc. als Zeichen der überhand nehmenden Luft¬ feuchtigkeit an. Von dieser großen Durchsichtigkeit der Luft mag auch die stärker erwärmende Kraft der Sonne herrühren und darin der Grund liegen, warum man das Stechen der Sonne als Vor¬ zeichen einer Wetteränderung ansieht. Ungewöhnliche Heiterkeit des nächtlichen Himmels, durch welche selbst die kleineren Sterne sicht¬ bar werden, hat dieselbe Bedeutung; ein sanfter Schleier über ferne Berge läßt aus gleichem Grunde ein Fortdauern der günstigen Witterung hoffen. Das Erblassen des Firmamentes deutet den An¬ fang des Übergangs der Dünste in kleine Tröpfchen an und ist darum ein Vorbote wässeriger Niederschläge. Es wird meistens durch den in oberen Regionen schon eingetretenen Südwind verursacht. 265. Schon die Alten haben das Aussehen der Sonne, des Mondes und der Sterne, besonders beim Auf- und Untergange, zum Behufs der Meteoromantie benützt, und man sieht leicht ein, daß dieses mit Grund geschah, indem man daraus auf den Feuch¬ tigkeitszustand der Luft und daher auch auf die damit zusammen¬ hängenden Phänomene schließen kann. Geht die Sonne, der Mond oder ein Stern früher auf als gewöhnlich, so herrscht eine starke Strahlenbrechung und die Luft enthält viele Dünste; dasselbe ist der Fall, wenn die Scheibe des Mondes oder der Sonne beim Auf- gehsn ungewöhnlich groß oder oval erscheint. Eine verticale Neben¬ sonne oder ein Nebenmond hat eine ähnliche Vorbedeutung. Gehen die Gestirne, besonders aber die Sonne blaß, roth oder gar untek 54 * 852 Wetterzerchen an den Wolken. Wolken auf, so mag der übrige Himmel wie immer rein seyn, es ist doch ein baldiger wässeriger Niederschlag zu besorgen, weil schon ein südlicher (südöstlicher) Wind im Anzuge ist. Ja selbst wenn directer Ostwind herrscht, so zeigen doch die schon an der Ostseite vorhandenen hohen Wolken an, daß der in der Regel ihn ablosende südliche Wind diese Wolken in Regenwolken verwandeln werde. Darum geht ein solcher Sonnenaufgang nicht selten der Witterungs- anderung um 2 — 3 Tage voraus. Trüber Sonnenuntergang zeigt eine Anhäufung der Dünste am westlichen Himmel, und da im mittleren Europa die westlichen Winde die herrschenden sind, die Wahrscheinlichkeit, daß dieses Übermaß auch bald unseren Scheitel erreichen wird. Starkes Funkeln der Sterne, ungewöhnliche Große derselben, Hofe um sie, um die Sonne und den Mond müssen, ihrer Natur nach, nasse Witterung befürchten lassen und zwar letz¬ teres um so mehr, je großer sie sind, weil die Große der Hofe einen Beweis für ihre geringe Entfernung abgibt. 266. Ein fast immer sicheres Vorzeichen der bevorstehenden Witterung gibt die Gestalt, Lage und Veränderung der Wolken ab. Lange Federwolken verkünden Wind aus der Gegend, wohin ihre Spitze^ zeigen; dasselbe gilt von gedrängten, gehäuften Feder¬ wolken. Geschichtete Federwolken, besonders am westlichen Himmel, drohen mit anhaltendem sanften Landregen. Wenn Haufenwolken früh entstehen, bis Mittag sich anhäufen und Nachmittag wieder abnehmen, dauert schönes Wetter fort; sobald sie aber der Nach¬ mittag nicht mehr zu überwältigen vermag und der nächtliche Him¬ mel noch mehrere derselben antrifft, gehen sie in die geschichtete Haufenwolke über und bringen Regen. Die isolirt am Himmel schwebende Haufenwolke ist überhaupt ein günstiges Wetterzeichen, weil sie das Übergewicht der von der Erde aufsteigenden, warmen Luftströme über den Einfluß der Winde beweiset; darum sind solche Wolken bei uns im Winter, in den Polargegenden aber immer eine Seltenheit. Regenwolken lassen wenig befürchten, wenn sie am östlichen Himmel schweben, desto mehr aber, wenn sie an der West¬ seite stehen, weil sie im ersten Falle bei dem entschiedenen Überge¬ wichte der westlichen Winde von uns hinweg-, im zweiten aber zu uns herbeigeführt werden. Darum ist auch ein Regenbogen am Abende (östliche Regenwolken) ein gutes, am Morgen ein schlechtes Vorzeichen. Tief schwebende Wolken sind entweder sehr dicht und daher ihrer Zersetzung sehr nahe oder sie setzen eine große Feuchtig- An der Luftfeuchtigkeit. 853 keit der Luft voraus: sie sind daher immer von übler Vorbedeutung, besonders wenn sie sich in der Richtung befinden, von woher die herrschenden Winde blasen. Darum befürchtet man schlechtes Wetter, wenn die Gipfel der Berge von Wolken eingehüllt erscheinen, und hofft nicht eher auf Rückkehr eines besseren, als bis sich die Berge an der Regenseite wieder unbewölkt zeigen; darum dienen gewisse Berge, wie z. B. der Zopten in Schlesien, die nordwestliche Ge¬ birgskette um Wien als Wetteranzeiger. Das Wasserziehen der Sonne setzt sehr tief schwebende feine Wolken voraus und ist darum ein Regenzeichen. 267. Ungewöhnlich große Feuchtigkeit oder Trocken¬ heit der Luft in den unteren Regionen läßt auf nasse oder trockene Witterung für die Zukunft schließen. Darum sind Hygrometer- beobachtungen selbst in; dieser Beziehung nützlich. Wenn der Thau- punct des Schwefelätherhygrometers bei Sonnenuntergang über dem Eispuncte liegt, hat man selbst bei heiteren Nächten in der Regel keinen Reif zu besorgen, weil die Erkältung ohne Nebelbildung oder Wind nicht unter diesen Punct fortschreitet und bei eintrerendem Nebel oder Wind fast nie ein Reif sich bilden kann. Alles, was auf große Luftfeuchtigkeit schließen läßt, verkündet nasse Witterung. Darum ist das Rauchen der Wälder, das Niederschlagen des Rauches, das Stinken von Senkgruben, das Beschlagen der Mauern und Steine, das Nachlassen steifer Papiere, das Zerfließen der Salze, das starke Riechen des in der Luft liegenden Chlorkalkes, der ungewöhn¬ lich weiche Ton geleimter musikalischer Instrumente, der ungewöhn¬ lich Helle Ton ferner Glocken rc., oft von übler Vorbedeutung. 268. Plötzliche Änderung in der Stärke und im Zeichen der Luftelectrioität führt in der Regel eine Änderung im Cha- racter der Witterung mit sich. Das Verschwinden der Luftelectrioität deutet auf bevorstehenden Wind, nicht selten auf wässerige Nie¬ derschläge. 269. Der größte Theil der Wetterregeln, auf welche der ge¬ meine Mann einen so großen Werth setzt und die sogar zum Sprich¬ worts geworden sind, bezieht sich auf den Zusammenhang der Meteore und ihre periodische Wiederkehr, und es wird dabei stets von der Witterung der Gegenwart auf die Zukunft geschlossen. Viele dieser Regeln stehen unter sich im Widerspruche, andere setzen einen Zusammenhang zwischen Dingen voraus, die von ein¬ ander unabhängig sind, andere haben allerdings Grund und sind 854 Einfluß des Mondes. allein einer näheren Erwähnung werth. — Dem jährlichen Gange der Wärme gemäß sreht der Winter mit dem Frühlinge mittelst eines Nachwinters, der Sommer mit dem Herbste mittelst eines Nachsommers in Verbindung. Weder der Nachsommer noch der Nachwinter tritt immer zur selben Zeit ein, unterbleibt aber in der Regel nicht. Man sieht es als ein günstiges Ereigniß an, wenn der Nachwinter schnell auf den eigentlichen Winter folgt, weil daun die Luftwärme zeitlich genug den zum Keimen der Samen nothigen Grad erreicht. Darauf beruht es, daß man trockenen März so hoch ansetzt (Märzstaub ist goldeswerth), schone Witte¬ rung im Februar ungern sieht, rc. rc. Im südlichen Deutschland äußern die tropischen Regen der heißen Zone ihren Einfluß durch häufige Wafserniederschläge. Wenn diese eintreten, so beginnen sie im Anfänge Juni, und darum hält der Landmann einen Landregen in dieser Zeit für ein Vorzeichen eines nassen Sommers. Ein nasser Frühling und Sommer läßt einen trockenen Herbst, viel Schnee im Winter einen trockenen Sommer hoffen, weil wir uns unter diesen Umständen während des Frühlings und Sommers oder wäh¬ rend des Herbstes im Südstrome befinden und daher bei einem Wechsel in den Nordstrom kommen. Morgenregen gelten fast allge¬ mein als schnell vorübergehend, weil die fast immer herrschenden Westwinde die Regenwolken vertreiben und die Tageswärme die Wolken verdünnt; Abendregen hingegen werden als anhaltend an¬ gesehen, weil sie durch die nächtliche Kühle noch mehr verstärkt werden. Dauert nach einem Regen die Wärme fort, so bleibt der Südwind herrschend und wir haben eine Wiederholung eines Was¬ serniederschlages zu befürchten. Eben darum folgt auf ein Gewit¬ ter fast immer ein zweites, wenn nicht auf das erste eine erqui¬ ckende Kühle eintritt. Zu reichlicher Thau läßt auf viele Luftfeuch¬ tigkeit schließen, das gänzliche Ausbleiben des Thaues ist ein Zei¬ chen von herrschenden Winden oder von zu trüber Luft und deutet auf baldigen Regen. 270. Mehrere fleißige Beobachter wie Toaldo, Pil¬ gram, Schübler, Eisenlohr und Flaugergues wollen auch einen Zusammenhang zwischen der Witterung und dem Mon¬ desstande beobachtet haben, und zwar hat Schübler gezeigt, daß sich dieser Einfluß des Mondes auf die Regenmenge, Windes¬ richtung, den Barometerstand und Witterungsveräuderung beziehe. Eine Vergleichung vieljähriger Beobachtungen an verschiedenen Orten Thiere als Wetterverkünder. 855 lehrt, daß es am Tage des letzten Viertels am wenigsten regne, und daß die Regenmenge allmählig wachse, am Tage, wo der Mond im zweiten Octantcn steht, das Marimum erreiche und von da an wieder abnehme. Vom Neumonde bis zum zweiten Octanten wer¬ den in Deutschland die Süd- und Westwinde, um das letzte Viertel hingegen die Ost- und Nordwinde häufiger. Im letzten Viertel steht im Durchschnitte das Barometer am höchsten, im zweiten Octan¬ ten am niedrigsten und es ändert sich die Witterung am öftesten, wenn sich der Mond in der Erdnähe befindet; seine Kraft, das Wetter zu ändern, nimmt ab in folgender Ordnung: Neumond nach der Erd¬ nähe, Vollmond, Erdferne, die Quadraturen (Viertel), die Äqui- noctien, die Lunistitien. Nach Toaldo verhält sich die Wahrscheinlichkeit, daß sich das Wet¬ ter ändern wird, zu der des Gegentheils bei der Erdnähe des Mon¬ des wie 6:1, beim Neumonde nahe wie 6:1, beim Vollmonde wie 5:1, bei der Erdferne wie 4:1, bei den Vierteln nahe wie 2:1, bei den Äquinoctchn wie 2:1. (L»ar nrereo^otoKrhme. 1784. 131.) Nach Schübler verhält sich die Wirksamkeit des Mondes, die Witterung zu ändern, beim Vollmonde und letzten Viertel wie 1000:823, in der Erdnähe und Erdferne wie 1000: 588. (Über den Einfluß des Mondes auf die Änderungen der Atm. Leipzig v. Schübler. 1830- Kast. Arch. für Chemie und Meteor. 4. 13., 161. Eisenlohr in Pogg. Ann. 30, 72; 35, 141 und 309.) 271. Daß viele Thiere die bevorstehende Witterung durch ihr Benehmen anzeigen, ist bekannt. Es erklärt sich dieses zum Theile aus dem geübteren Empfindungsvermögen dieser stets im Freien le¬ benden Wesen, theils aus dem Umstande, daß sie ihre Nahrung bei bevorstehender Wetteränderung an einigen Orten leichter finden als an anderen. So z. B. fliegen Schwalben bei drohendem Regen sehr niedrig, weil sie in der Nähe des Bodens dieJnsecten, welche stets die trockenste und wärmste Luft suchen und ihnen zur Nahrung dienen, am leichtesten antreffen; Fische tauchen aus demselben Grunde öfter auf und haschen die über dem Wasser schwebenden In- sccten; Möven sammeln sich vor einem Sturme am Meeresufer, um der ausgeworfenen Fische habhaft zu werden. Das Ankommen der Zugvögel gilt meistens als Zeichen der nahen Frühlingswärme, weil diese Thiere der warmen, oberen Luft nachziehen und sich er¬ warten läßt, diese werde sich auch bald senken und die untere Luft 856 Literatur. erwärmen. Eben so sieht man daS Wegziehen derselben als Zeichen der bevorstehenden Wärmeabnahme an, weil die in den nördlichen Gegenden wohnenden Thiere ihren Aufenthaltsort alsogleich ver¬ lassen, sobald kalte Luft herrschend wird und durch ihr Ziehen in südlichere Gegenden auch die daselbst wohnenden ans Fortziehen er¬ innern re. rc. 272. Oft geschieht es, daß zu gleicher Zeit entgegengesetzte Wetterzeichen eintxeten und den Beobachter in Zweifel setzen, wel¬ chem von ihnen er mehr trauen soll. In einem solchen Falle läßt sich nur dann eine gegründete Vermuthung wagen, wenn eines dieser Zeichen über die anderen von entschiedenem Übergewichte ist; allein selbst im Falle eines einzigen Vorzeichens darf man das, was die vorhergehenden Regeln angeben, nur für Wahrscheinlichkeit halten. (Pilgram über das Wahrscheinliche der Witterungskunde. Wien 1788. Neue Ideen über die Meteorologie von de Luc. 1787. Lehrbuch der physischen Astronomie, Theorie der Erde und Meteo¬ rologie von I. T. Mayer. Göttingen 1805. Systematischer Grund¬ riß der Atmosphärologie von Lampadius. Freiberg 1806. Hand¬ buch der Naturlehrs von Schmidt. Zweite Abtheilung. Gießen 1813. Die Witterungskunde in ihrer Grundlage von Schön. Würzburg 1818. Anfangsgründe der Naturlehre von Muncke- 2. Abtheilung. Heidelberg 1820. Desselben Handbuch der Naturlehre. 2. Thl. Heidelberg 1830. Handbuch der Meteorologie von Kast¬ ner. Erlangen 1823. Meteors 1oZ7co2 e.rsay'L anct oö^erootronL üx I. Danret/. Donrton 1833. Kämtz Lehrbuch der Meteo¬ rologie. 2 Bd. Halle 1831 und 1832. Die Atmosphäre und ihre vorzüglichsten Erscheinungen von Dr. I. F. Günther. Franks, a. M. 1835. Register. (Die Zahlen bedeuten die Seite.) A. Ächdrehen 106. Abend (West) 653. Abendröthe 834. Aberration 677. Abfall 794. Abplattung, s. Erde. Absidenlinie 671. Absorption der Gase 165, des Lichtes 380, ist eine Wärmequelle480, Abs. der Wärme 442. Abstoßung 291, beiFlüssigkeiten grö¬ ßer als die Anziehung 113, der Wärme 466, elektrische 517, magnetische 505, 522. Abweichung, optische, wegen der Kugelgestalt 321, chromatische 328, magnetische 506, Gesetze derselben 533, und eigentliche Störungen 535, astronomische 656- Abweichungskreis 656. Accord, s. Ton. Achromatismus 330, achrom. Pris¬ ma 331, achrom. Linsen 321. Adhäsion zwischen festen u. tropf¬ baren 113, zwischen festen u. gasförmigen Körpern 165. Aequator, magnetischer 493, magn. Erdäquator 535, astron. 655, Erdäquator 661. Aequatorhöhe 657. Aequinoctien 656, 669. Aequivalente, chem., s. Atomen- gewichte. Aerodynamik, s. Bewegung. Aerostatik, s. Gleichgewicht. Aether 295, Aethrioscop 833. Affinität, s. Verwandtschaft. Aggregationszustand 26, Änderun¬ gen desselben 466. Akustik 239. Alkalien 48, alkalinische Erden 48. Alkohol 60, schützt vor Fäulniß 62, gibt verdünnt ein homogenes Farbenbild 318 , 495. Amalgam, Kienmayer'sches 551, s. Metalle. Ammoniak 48, schützt vor Fäul¬ niß 62. Analyse des Lichtes 313. Anamorphosen, katoptrische 308- Anemometer 796- Anwandlung znr leichten Reflexion oder Transmission 341. Anziehung 7, 28, allgemeine 700, chemische 29, fester Körper auf feste 89, auf flüssige 113, zwischen flüssigen 112, magne¬ tische 505, elektrische 547. Aplanatische Linsen, s. Linsen. Apogäum 670. Apparat, electro-magnetischer 599. Aräometer 124. Are eines Kristals 92, der Drehung 204 , der Welt 655 , der Erde 661. Register. 858 Armatur einer Leidnerflasche 56-1, des Magnetes 513. Astronomie 672. Atmometer 810. Atmosphäre, terrestrische. Hö¬ he derselben 770, Veränderun¬ gen ihrer Bestandtheile 771, Strömungen 796, Oscillationen 802, electrische 552, Er¬ scheinungen derselben 562, der anderen Planeten, s. dieselben. Atmosphärische Lust, s Lust. Atom 23. Atomengewicht 57. Atomist 13- Atwood's Fallmaschine 188, Aufgeschwemmtes Land 750. Aufsteigung, gerade 658. Auge 403. Ausdehnbarkeit 15. Aus-dehnsame Körper, s. Gas. Ausdehnsamkeit der Gase 137, ist beständig 142, wächst mit dem Drucke 142, durch Wärme 144, absolute und specifische 152, der Dünste 169, s. Dichte. Ausdehnung 11, festerKörper durch die Wärme, lineare 460, ku¬ bische 461, flüssiger Körper 462 des Wassers insbesondere 463.' Ausflußgeschwindigkeit, s-Geschwin- digkeit. Ausflußmenge des Wassers, berech¬ nete 220, aus einer Seitenwand 221. Auslader 572. Axe, der Schwingungspuncte 194, Kristallaxen 92, optische der doppelten Brechung 353, eines Magnetes 516, dec Welt 655, der Erde 661. Azimuth 656, Azimuthalkreis 656- Azot, s. Stickstoff. B. Bahn der Planeten 679, der Son¬ ne 668, des Mondes 685. Barometer 138, Differenzialbaro- meter 147, Correction wegen der Wärme 141, dient zu Hö¬ henmessungen 735, zu Wetter¬ anzeigen 850, periodische Ver¬ änderungen seinesStandes 804, physische, dynamische Fluth und Ebbe 805, unregelmäßige Schwankungen und deren Ur¬ sachen 807, mittlerer Stand 808. Barometerprobe, s, Luftpumpe. Basen 47, Verschiedenheit dersel¬ ben 48. Bathometer 727. Batterie, electrische 565. Becherapparat, s. Säule. Beobachten 4. Berg, s. Gebirg. Bergsturz 759. Bestandtheile, chemische 31. Beugung der Wellen 232, des Lich¬ tes 341, Art, Beugungsversuche anzustellen 342, Erscheinungen im durchgelaffenen weißen 343, im homogenen Lichte 343, an einem Drahte 344, durch meh¬ rere Öffnungen 344, bei weni¬ gen Strahlen 345, wenn viele gebeugte Strahlen guf einander wirken 346, im reflectirten Lich¬ te 346, neue Phänomene von Herschel 347, Erklärung 348. Beweglichkeit 14. Bewegung, absolute, relative 182, gleichförmige 183, beschleunigte 186, verzögerte 183, durch mo¬ mentane 185 und continuirlich wirkende Kräfte zusammen 185, Hindernisse derselben 211, der tropfb. Flüssigkeiten 217, aus- Register. dehnsamer Körper 235, Zusam¬ mensetzung und Zerlegung 185, Hindernisse 211, dadurch be¬ wirkte Modifikationen 216, der Wärme, tägliche, jährliche, s. Wärme, Himmelskörper, Son¬ ne, Erde. Bild 299, Lage und Größe des¬ selben bei Spiegeln 302, bei Linsen 327, 328, im Auge404, Größe 408, Entfernung 408, Lage 410, Bewegung 410, Farbe desselben 410. Birnprobe 15fl. Bläue der Lust 832, ihre Bedeu¬ tung 851. Vlasbalg 162. Blasinstrumente, s. Pfeifen. Blitz 826. Blitzableiter 826. Blitzröhren 825. Bodendruck 116. Bor 40, Brechbarkeit des Lichtes 308, ist für jeden farbigen Strahl eine andere 314- Brechung, gewöhnliche, des Lich¬ tes 308, Gesetze derselben 309, in sphärischen Linsen 322, dop¬ pelte 349, Gesetze derselben im Doppelspathe 351, in anderen Kristallen 353, in gepreßtem Glase 356, conische 356, theo¬ retische Erklärung 394, 402, der Wärme 430. Vrechungsexponent 311. Bvechungsvermögen 312. Breite, astronom. 658, geogr. 661. Breitenkreis 656. Vrenngläser, Brennlinie, Brenn- punct, Brennweite, Brennspie- bel, s. Linsen. Brennstoff, s. Verbrennen. Brillen, cylindrische, isochromati¬ 859 sche, periskopische, Sattelbril¬ len 406, 407. Vrillenmesser 407, Brom 38. C. Calorimeter 454, 498. Capacität, s. specifische-Wärme, Cassegrain's Fernrohr 431. Centralbewegung 199, Gesetze der¬ selben 200, werden von den -Planeten befolgt 682. Centralkräfte, Centripetalkraft, s, Centralbewegung. Centrum s, Mittelpunkt, Ceres 695. Chamsin 802, Chemie 29. Chemische Beschaffenheit, der Kör¬ per 29. Chladnische Figuren, s. Klang¬ figuren. Chlor 38. Chromatische Tonleiter, s. Ton¬ leiter. Coercitivkraft, magnetische 508, Verschiedenheit derselben 527. Collectivgläser, s. Linsen. Colu rn en 669. Combinationston, s. Ton, subjek¬ tiver. Comma 253- Communicationsgefäße 116. Communicationsrohr 258. Compensationen am Pendel, f, Pendel. Compresstonspumpe 149. Concavlinsen, s- Linsen. Condensator 567- Conductor 567. Conjunction 642, 678. Constellation 704. Contact, s. Berührung. 880 Register. . Continent 733, sein Inneres 748. Convexspiegel, Convexlinsen, s. Spiegel, Linsen. Copernicus Weltsystem 683. Crownglas, s. Glas. Culmination 656. Cyanometer 833. D. Dampf, s. Dnnst. Dampfmaschinen 475, Erfindung und Verbesserung 477, Berech¬ nung der Wirkung 478, Bedarf an Brennmateriale 480. Danieli' s Pyrometer21, Hygrome¬ ter 175. Declination, s. Abweichung. Declinatorium 531. Dehnbarkeit, ihre Größe und ihr Maß 102. Destilliren 474, Deutlichkeit 299, s. Abweichung, Mikroskope, Fernrohre. Diagometer 616. Diaphragma 421, 432. Dichroismns 386. Dichte 25, ist blos relativ 25, ver¬ schiedene einer tropfbaren Flüs¬ sigkeit 128, Bestimmung der¬ selben 122, der Gase 152 der Dünste 172, der Planeten 703, Dienung 732. Differenzialthermometer, s. Ther¬ mometer. Digestor, papinischer 470. Döbereiner's Eudiometer 36, Hy¬ grometer 175- Donner 826, Doppelspath, s. doppelte Brechung, Doppelsterne 707. Doppelbrechung, s- Brechung. Drachenmonat, s. Mondmonat. Drehwage, magnetische 522, elek¬ trische 556. Druck einer Flüssigkeit aufden,Bo¬ den 116, auf die Seitenwände 118, auf eingetauchte Körper 118, Hydrodynamischer218, der Luft 137, sein Einfluß auf das Ausströmen des Wassers 218, der Luft235. Dünen, s. Küsten. Dünste 27, Eigenschaften derselben 168, absolute Spannkraft der¬ selben 170, specifische 172, in der Luft 171, Duelle der Wärme 472, Verhalten derselben in der Atmosphäre 811, ihre Bildung 472, machen die Luft durch¬ sichtiger 832, sind gute Leiter der L" 546, praktische Anwen¬ dung 474, Ursachen, die sie in tropfbaren Zustand überführen 812. Durchgang der Blätter, s- Kristall¬ form. Durchkceuznng, s. Interferenz. Durchsichtigkeit 283, der Luft832. Dynamik 182. Dynamisten. 13. E. Ebbe und Flut 729. Erklärung 730, in der Atmosphäre 804. Ebene, schiefe 84. Echo 248. Einfallsloth 302. Einfallswinkel 308. Einheit der Ausdehnung 11, des Gewichtes 24, der Dichte 25, der Kräfte überhaupt 64, der Feuchtigkeit 173, der Ton¬ schwingungen 251, der Weiße, Bläue rc. 387, der absoluten und specifischen Wärme 452. Ekliptik 656, ihre Schiefe 669. Elasticität 100, vollkommene, un¬ vollkommene , Größe und Mo- R e g dulus derselben 100, Verhältnis; der Dehnung zur Kraft 101. Electricität 545, Glas-, Harz-, positive, negative 447, galva¬ nische oder voltaische 552, Lust- electricität 790, Quellen der 17 620, Mitthcilung 546, Ver¬ keilung 562, 17 im Gleichge¬ wichte 556, blos an der Ober¬ fläche anqehäuft 560, 17 in Bewegung 573, Geschwindig¬ keit derselben 573, Wirkungen derselben 575, nämlich Stoß 575, Zuckungen 577, Licht- 578, Wärme-581, mechanische 583, chemische Kraft derselben 589, chemische Kraft des Stromes 588, magnetische Wir¬ kungen der 17 und zwar auf einen Magnet 597, auf weiches Eisen 514, auf einen bewegli¬ chen Polardraht 602, dadurch erzeugte rotirende Bewegung 603, Maß derselben 613, Er¬ regung der 17 durch Reiben 620, durch Druck 622, durch Tren¬ nung 623, durch Berührung, durch Wärme 642, Intensität und Richtung 598, wird.durch den Ablenkungswinkel eines Magnetes gemessen 613. Electrisiren, s, Electricität, Quel¬ len derselben. Electrisirmaschine 550, Verhältniß zur Volta'schen Säule 641. Electrolyte 589. Elektromagnetismus 594. Electrometeore 822. Elektrometer, s. Electroscop. Electrophor 567. Electroscop von Vennet, Korkkugel Elect. von Volta, Henley 548, Bohnenberger, Becquerel 555. Element, chemisches 31, magne¬ tisches 507. i st e r. 861 Elmsfeuer 824- Elemente, chemische, s. Körper einfache. Emanationshypothese 294, Gründe gegen selbe 296, ihre Erklärung der optischen Erscheinungen 401. Emissionsvermögen für die Wärme 442, hängt von der Oberfläche 442, von der Neigung der aus¬ fahrenden Wärmestrahlen gegen die Oberfläche ab 443. Endosme 134. Entfernung, scheinbare 408, der Fixsterne, der Sonne der Pla¬ neten, s. diese. Epicykel 679. Erdaxe, f Axe. Erdbeben 764. Erde, ihr Magnetismus 530, ihre Wirkung aus einen Polardraht 601, ihre Gestalt 659, Größe 666, tägliche, 659, jährliche Be¬ wegung 670, Ergebnisse aus beiden Bewegungen 671, Ab¬ plattung 665, Dichte derselben 709, ihre Hauptgebirge 744, Wüsten 741, Meere 725, Ver¬ änderungen, die sie erleidet 757, durch Luft 757 , durch Wasser 758, Feuer 759, Kunstfleiß 787. Erden 48. Erdgürtel s. Zone. Erdtrombe 830. Erfahrungsnaturlehre 3, 8. Ergänzungstheilchen, s. Kristall- sorm. Erhebungen 766. Erkaltung, ihre Gesetze 449. Erleuchtung 380. Erscheinungen (Phänomene) 4. Erschütterung, electr., durch eine Maschine oder Flasche 575, eine Volta'sche Säule 576, an den Cruralnerven der Frösche vor¬ züglich bemerkbar 672. 862 Neg Erwärmung, Quelle der L 642. Essiggährung, s. Gahrung. Eudiometer 35, Eudiometrische Versuche 37. Exosme, s. Endosme. Expansionsmaschine, s. Dampf¬ maschine. Expansivkraft, s. Ausdehnsamkeit. Experimentiren 5. F. Fall, freier 188, über die schiefe Ebene 189. Fallmaschine, Atwoodische 188. Farben, objective 411, komple¬ mentäre 316, dünner Körper 336, Versuche hierüber im wei¬ ßen 336, im homogenen Lichte 338, Erklärung 339, subjective oder physiologische 412. Farbenbild aus heterogenem 313, aus homogenem Lichte 316. Farbenmesser 368, Farbenringe 337, polarisirte 369, Erklärung derselben 370, elek¬ trische 591, s. Farben dünner Körper, Licht, polarisirtes. Farbenzerstreuung 321, Erklärung 395. Färbung der Bilder410- Fäulniß 60. Federwolke, s. Wolken. Fernröhre 425, dioptrische, 425, katoptrische 430, Objektiv 425, Oculare 426, astronomische 428, holländische 426, Erd- sernrohr489, Herschel'sches 430, Gregorisches 431, Rewtoistsches 430, Cassegrain'sches 431, Prü¬ fung 433. Feste Körper, s. Körper. Festigkeit 103, der Metalle 104, -Hölzer und Stricke 104. i st e r. Feuchtigkeiksgrad 174- Feuer, s. Flamme, Verbrennen. Feuerkugeln 846. Feuermeteore 844. Feuerspritze 163. Figur, Figurabilität 11, Lichten- berg'sche 548, Finsterniß 687. Firmament 832, Farbe desselben 832. Fische, elektrische 646. Fläche, kaustische 305. Flamme 494, Gestalt 494, Farbe 405, LeuchLvermögen 496, Hitze¬ grad derselben 498, s. Ver¬ brennen. Fliehkraft 203. Flintglas, s. Glas. Flötenwerkpfeifen, s. Pfeifen. Flötzgebirge 750. Fluor 40. Flußsäure 47. Flüsse 717, Lage ihrer Quellen und ihre Krümmungen 717, Gefälle 717, Wasserfälle 718, Breite ihres Bettes 718, Wassermenge 719, Geschwindigkeit 720, Ge¬ stalt der Oberfläche 721, Farbe und Reinheit 721. Flüssigkeit 27, Maß derselben 107, ihre Zusammendrückbar¬ keit 110, Kräfte, welche darauf wirken 113, magnetische, elektri¬ sche, s. Magnetismus, Elec- tricicät. Fluth, s. Ebbe. Folgepuncte 510- Fcaunhofer'sche Linien, s. Farben¬ bild, homogenes. Frühlingsbrunncn 713. Funke, s.Flamme, Licht, elektrisches. Funkeln der Sterne 834,852. Register. G. Eährung, weinige 60, Essig- 61, faule Gährung 61. Gänge 754. Galvani, Entdecker der galvani¬ schen L 627. Galvanometer, s. Multiplicator. Gase 27, können tropfbar darge¬ stellt werden 28, werden absor- birt 165, Mittel, sie von Flüs¬ sigkeiten zu befreien 167, ihr Gleichgewicht 137, Bewegung 235, Ausdehnsamkeit E. Gasometer 162. Gebirge 733, Plutonische, neptu- nische 748, Ur-, Übergang-, Flötzgebirge, aufgeschwemmtes Land, obere, übermittlere,mitt¬ lere, untermittlere 750, Tra- chyt-, Basalt- und Lavagebirge 749, ihr Entstehen 735, ihr relatives Alter 736, ihre Höhe 731. Gebirgssysteme 744. Gefäßbarometer, s. Barometer. Gefüge, s. Kristallisation. Generator, s. Dampfmaschine. Geographie, physische 709. Geschwindigkeit 182, bei der gleich¬ förmigen Bewegung 183, bei der beschleunigten 186, Aus¬ flußgeschwindigkeit des Was¬ sers 219, in Röhrenleitungen 222, der Gase 236, in Rühren 236, des Schalles 244, des Lichtes 298 , der strahlenden Wärme 440, der Electricität 573. Gesichtsfeld, s. Fernröhre, Mikro¬ skope. Gesichtswinkel, s. Größe, scheinbare. Gewicht 24, absolutes 25, specisi- sches 25 , Art eS auszudrücken 863 26, ist die Resultirende der Schwerkräfte 75, Bestimmung desselben bei Wasser und an¬ deren Flüssigkeiten 123, bei fe¬ sten Körpern 124, bei Gasen 152. Gewitter 824, Ursache und Er¬ scheinungen 825. Gleichgewicht 63, stabiles, labiles. 77, der Kräfte an Maschinen 79, der Kräfte an festen Kör¬ pern 88, der Theile sesterKör- per unter einander 88, der Flüssigkeiten überhaupt 107, schwerer unzusammendrückba¬ rer, nicht adhärirender Flüssig¬ keiten 115, schwerer, zusammen- drückbarer, adhärirender Flüs¬ sigkeiten 128, fester Körper in Flüssigkeiten 119, der Gase 137, 156, der Atmosphäre 156, der durch undurchdringlicheScheide- wände getrennten Gase 160, der durch permeableWände getrenn¬ ten 163, der freien und absor- birten unter einander 165, der Dünste 167, der Wärme 451, bewegliches der Wärme 442, der magnetischen Kräfte 515, der Electricität 556. Glühlampe 478. Golphstrom 732. Goniometer 303. Gramme 24. Gravitation 700- Größe, scheinbare 408. Grundstoff, s. Körper, einfache, Grundton 250. Gyrotrop 610. H- Haarröhrchen 131, Theorie der Er¬ scheinungen in denselben 132, 864 Reg Erklärung mehrerer Erschei¬ nungen 133. Hagel 828. Hagelableiter 829. Halbleiter, s. Leiter. Halbschatten, s. Schatten. Harmattan 802. Harmonika, chemische 262. Harmonie, s. Ton. Haufenwolke, s. Wolken. Hauptschnitt 353. Hebel 79. Heber, anatomischer 117, Stech- 161, gekrümmter, 161, Sto߬ heber 224- Heberbarometer, s. Barometer. Helena, St., A24. Heliostat 303. Heliotrop 303. Heronsball, Heronsbrunn 162. Heß's Wassermaschine 205. Himmelskugel 652. Hinderniß, s. Bewegung. Höfe 836, Erklärung 837. Höhe, astronomische 656, terrestri¬ sche, wird vorzüglich durch den Luftdruck bestimmt 735. Höhenrauch 816. Höhlen, werden oft ausPendelsch. vermuthet 755, ihr Vorkom¬ men 755. Hohlspiegel, s. Spiegel. Holzmann's Meiallthermometer 462. Horizont 24, 652. Hören 287. Hörrohr 259- Hungerquellen, s. Quellen. Hydrat, s. Wasser. Hydrogen, s. Wasserstoff. Hydrostatik, s. Gleichgewicht der Flüssigkeiten. Hydrothionsäure, s. Schwefelwas¬ serstoff. i st e r. Hygrometer . von Herapath 174, Dalton, Daniell 174, Körner175, Döbereiner 175, Leslie 176, August 175, Sauf- sure's Haarhygrometer 177, Deluc's Fischbeinhygrometer, 180. Beurtheilung derselben- 180- Hypothese 5, 6. I. Jahr, tropisches, stderisches 673- anomalistisches 677, platoni¬ sches 676. Jahreszeiten 672,!in der heißen, gemäßigten, kalten Zone 775. Imponderabilien 10. Jnclinatorium 531. Jndifferenzpuncte magnetische 525, electrische 562. Jnductionszirkel, s. Römerzinszahl. Jnstexioskop 342. Instrumente, optische 415. Interferenz der Wellen 230, des Schalles 244, des Lichtes 332, Versuche darüber 333, Gesetze 334, Erklärung 336 des pol stoßenden Kraft gemessen 556, ist diesen Kräften proportionirt 557, Abnahme durch unvoll- kommeneJsolirung559,s. Elec- tricität im Gleichgewichte. Spectrum, s. Farbenbild. Spiegel 301, ebene 302, sphärische hohle 304, erhabene 307, cylin- drische, conische 308, parallele, Winkelspiegel 304. Sprachrohr 259. Springbrunn, s. Heronsbrunn, Communicationsgefäße. Stabilität, s. Gleichgew., stabiles. Statik, s. Gleichgewicht. Stechheber, s. Heber. Steifheit der Stricke 215. Steinkohlen 752, sind organischen Ursprungs 752. Steppen 743. Sternbild, s. Constellatio». Sterne, Fixsterne 653, 704, ihrs Anzahl 705, Entfernung 705, Größe 705, Circunipvlarsterne 655, Nebelsterne 706, Doppel- sterne 707, veränderliche Sterne 707. Sternschnuppen 845. Sterntag 672. Stickstoff oder Stickgas 34. Stimmorgan 267. Stoffe, indifferente 50, isomerische 57, polymerische und metame- rische 58. Stoß, gerader, centraler, unela¬ stischer Körper, 205, elastischer Körper 207, schiefer209, excen¬ trischer 210, des Wassers 224) der Luft 238, ist die Quelle der Wär¬ me 484, elektrischer 575, s. Er¬ schütterung elektrische. 872 R e g Stoßheber 224. Stoßmaschine 208. Strahlenbrechung, astronomische, terrestrische 835. Strand, s. Küste. Strom, s. Fluß, electrischer 573, secundärer 606. Stromstrich 720. Subjektiver Ton, s. Ton. Süd 653, Südpunct 656. Südlicht 831. Sumpf 725. Symbole, chemische 58. Syrene 249. L. Tafeln derAtomengewichte 32, der Dichte 127, 154, der Spann¬ kraft der Dünste 170, der Ton- werthe 251, der Brechve-mö¬ gen 320, der Länge der Licht¬ wellen 400, der elektrischen Äquivalente 590, Verhältnisse der Objektive zu den Vergrö¬ ßerungen bei Fraunhofer's und Plößl's Fernröhren 432, der CapacitLten 458, der Ausdeh¬ nung durch Wärme 461, 465, Änderung der Wasserdichte durch Wärme 464, der Sied- und Schmelzpunkte einiger Kör¬ per 471, erkältender Mischun¬ gen 471, magnetischer Neigun¬ gen 536, der Jonen 590, der Elektromotoren 621 , 630 , der Thermoelectromotoren644, der elektrischen Leiter 619, der Tageslänge an verschiede¬ nen Orten 675, der Elemente des Sonnensystems 684, der Trabanten 687, der Masse, Dichte und des Fallraums auf st s r. Planeten 703, der Stromge¬ biete 722, des Salzgehaltes im Meere 692, hypsometrische 70!, der Schneegrenze 782, der Ve- getativnsgrenzen789, derWär- mevertheilung und mittleren Lufttemperatur 791, der Boden¬ wärme 795, der mittlerenWin- desrichtungen 801, der Baro¬ meterveränderungen 804, der Barometerstände bei verschie¬ denen Winden 808, der Ver¬ dünstungsgröße 810, der Regen¬ menge 827. Tafel Franklin'sche 564- Taucherglocke 13. Täuschungen, optische 413. Teleskope, s. Fernröhre. Temperatur der Erdoberfläche 774, mittlere eines Tages 782, eines Jahres 784, Temperatur der .Erdrinde 793, des Inneren der Erde 794, jährlicher, tägli¬ cher Gang derselben 784, der obern Luftschichten 78'6 des In¬ nern der Erde 795. Temperiren der Tonleiter 254. Thau 812, Ursache seines Entste¬ hens 813- Thaumatrop 414. Theilbarkeit 22. Theodolith 658. Thermomagnetismus 644. Thermometer, Quecksilberthermo- meter 16, Vorsichten beim Bau desselben 18, allmälige Ver¬ schlechterung 19, Weingeist 19, Lust-145, dessen Vorzüge 146, Übereinstimmung mit dem Quecksilbertherm. 146, Diffe¬ rential- 439, Metalltherm. von Vrequet und Holzmann 462. Theuerbrunnen, s. Hungerqusllen. Thierkreis 669. R e g Töne 249, Folge Bezeichnung der¬ selben 299, Schwingungszahlen 251, große, kleine, halbe 252, subjektive 258. Tonleiter 250, chromatische 253. Tonverhältniß 252. Torf 753. Toricellische Leere, Röhre 136. Trabanten, s. Nebenplaneten. Trägheit 14. Transversalmagnet 512, Transversalschwingung, s. Quer¬ schwingungen. Trennung der Theile ist Quelle der L 624. Trevelyan'sches Instrument 262. Tribometer, s. Reibungsmesser. Trogapparat, s. Säule. Tropfbare Körper, s. Körper. Tycho de Brahe's Weltsystem 683, u. Übergangsgebirge 750. Überschwemmungen, allgemeine, 758. Überwucht 213. Undurchdringlichkeit 13. Unterstützungspunct, s. Hebel. Uranus 695. Ucgebirge 748. D. Vegetation, Quelle der Wärme 475, der Electricität 824, steht mit Clima in engem Verbande788. Venus 693. Verbindung, chemische 29, bringt L" hervor 625. Verbrennen 489, hiezu sind stets zwei Körper, ein bestimmter Wärmegrad 489, oder Berüh- Natnrlehre 5. Auff- i st e r. 873 rung mit gewissen porösen S of¬ fen erforderlich 491. Verdünstung 168, 810, Grenzen derselben 472, dabei entsteht stets Erkältung 473» jährliche für bestimmte Breiten 810. Vergrößerung der Mikroskope 416, 422, der Fernröhre 427 , 428, 433. Vernier, s. Nonius. Verwandtschaft, chemische 29, ein¬ fache 30, Hindernisse derselben 52, einfache und doppelte Wahl¬ verwandtschaft 30- Vesta 695. Vibrationshypothese 294, Darstel¬ lung derselben 391, Erklärung der geradlinigen und gleichför¬ migen Bewegung 293, der Re¬ flexion 393, der gewöhnlichen Brechung 394, der Interferenz 398,der Beugung 400,Verdop¬ pelten Brechung 395, der Po¬ larisation 397, der Farbenzer¬ streuung 395, der Absorption 401. Vollmond, s- Mond. Volum, s. Rauminhalt. Vorgebirge 741- Vorrücken der Nachtgleichen, s, Präcession. Vulcane 749, Erscheinungen bei Ausbrüchen 760, ihre Ruhezeit 761, Herd 762, wahrscheinliche Ursachen 763. Wage 80, Theorie derselben 81, Schnellwags 82, hydrostat. 124. Wahlverwandtschaft, s. Verwandt¬ schaft. Wanne, pneumatische 31. 56 874 Reg Wärme, strahlende 438, pflanzt sich geradlinig mit ungeheurer Ge¬ schwindigkeit fort 440, wird gebrochen, reflectirt, polarisirt 44t, die innere Fortpflanzung wird durch Aggregationszustand modificirt 446; Gesetze, nach denen sie sich richtet 449, ihre Wirkungen 459, ihre Quellen 480, Verbindung mit Licht 488, specifische452,wird durch dieMi- schungs- 52, Abkühlungsmetho¬ de 453 und durch Calorimeter 454 bestimmt, dehnt die Körper aus 45g, ändert den Aggrega- tionszustand 466, wird beim Schmelzen und Verdunsten ge¬ bunden 467, wird erregt durch Sonnenlicht 480, durch Stoß .und Reibung 484, durch che¬ mische Einwirkung 486, durch den Lebensproceß 487, schwächt die magnetische Kraft 520, theor. Erklärung durch Annahme eines Wärmesioffes 500, andere Ver¬ ni uthung 502. Wärmestoff 500, man erklärt aus ihm dieWärmephänomene501, Einwürfe dagegen 501. Wasser, reines 50, spec. Gewicht 123, Ausdehnung durch die Wärme 463, hartes, weiches ist mit andern Stoffen ge¬ mengt 50, hat Einfluß auf das Clima 777, Wirkungen des¬ selben auf der Erde 758, schwebt fein zertheilt in der Luft 812. Wasserhosen 830. Wassermenge, s. Flüsse. Wassermeteore 810, stehen mitWin- den im Zusammenhänge 849. Wassersäulenmaschine 117. Wasserstoffs 33. Wasserwage 120. i 6 s r. Wasserziehen 835. Wechselwind, s. Wind. Wein, Weingeist, s. Alkohol. Weingährung, s. Alkohol. Weingeistthermometer, s. Thermo¬ meter. Weiße eines Körpers 387. Weitsichtige 40 i. Welle des Wassers 225, Entstehen 226, Fortschreiten 224, Ge¬ schwindigkeit 227, Bewegung der kleinsten Theile, die eben die Welle bildet, 228, Durch¬ kreuzung 230, Reflexion 231, Beugung der Wellen 232, ste¬ hende Wellen 233, auf dem Meere 733. Wellenberg, s. Wellen. Wellenrinne 228. Wellenschlag, s. Welle. Wellenthal, s. Welle. Wellrad 83. Weltaxe, s. Axe. Weltmeer 725, Küsten 725, Be¬ schaffenheit seines Bodens 726, Tiese 726, Farbe 727, Leuch¬ ten desselben 728, Grund seiner Salzigkeit 728, eigenthümliche Bewegungen 729. Wendekreise 669. West 653. Wetterregeln 849, aus dem Win¬ de 849, dem Barometerstand 850, der Durchsichtigkeit und Farbe der Lust 851, dem Aus¬ sehen der Sterne 851, den Wolken 852, der Luftfeuchtig¬ keit 853, der Lustelectricitäk 853, aus vorhergehender Wit¬ terung 853, dem Mondesstande 854, dem Benehmen der Thiere 855, Widerstand des Mittels 214, Wiederhall, f. Echo. R r g Wind 796, Richtung, Starke 796, Theorie desselben 797, Passat- 798, Wechsel- 799, Land-und Seewind 799, unregelmäßige, 806, ihre mittlere Richtung 800, besondere Eigenschaften 802 , ihre Beziehung zum Wetter 849. Windbüchse 163. Winkelspiegel 304. Wirbel, s. Beugung. Witterung 769. Wolken 814, Farbe» Größe, Be¬ wegung 814, Gestalt 813, Be¬ ziehung auf das Wetter 852. Wolkenbruch 818. Wouls'sche Flasche, Apparat 31. Wurf, auf- oder abwärts 197, ho¬ rizontal 158, unter einem Win¬ kel 198. Wurfhöhe und Wurfweite 199. Wüsten 741, Ursachen des Mangels aller Vegetation 742. -3. Zahl, stöchiometrische 57, goldene 689- Zauberlaterne 436- i st e r. 875 Zeichensprache, chemische 58. Zeit, wahre, mittlere Sonnen- Sternzeit 672. Zeikgleichung 672. Zeitrechnung, julianische, gregoria¬ nische 673. Zenith 655. Zerlegung, Zusammensehung der Kräfte, der Bewegungen, s. Kraft, Bewegung. Zerreißen 103, Zerdrücken 105, Zerbrechen 105, Abdrehen 106. Zersetzung, chem., s. Scheidung. Zerstreuung des reflectirten, des gebrochenen Lichtes 381,Stärke derselben 350. Zerstreuungslinsen, s. Linsen. Zerstreuungsverhältniß 319. Zerstreuungsvermögen 320. Zodiakallicht 844. Zone, heiße, gemäßigte, kalte775. Zündkörper, s. Verbrennen. Zungenpfeisen, s. Pfeifen. Zusammendrückbarkeit der Körper überhaupt 15, der Flüssigkeiten 110, Folgerungen daraus 128, der Gase 142. Verbesserungen. Feite 91 Zeile 4 v. oben soll stehen Salpcterkristall statt Wasserkristall. ,> >«l » » 102 29b >> 3^4 » >. 658 1 v. oben „ 5 v. unten „ 8 v. unten „ 1 v. oben „ »4 v. unten >, Molekel „ Atome. Flüssigkeit „ Flüssigkeiten, ihrer „ sener. Sonnen- oder Kerzenlicht statt Sonnen- und Kerzenlicht. SS—ss^-ss statt SS—SS—öS ^k7 k- M K S H K « '^c / . E - M WIVxkMLIXä