„/nitzeit, >U>»»l str A»»." «r. 4« Kr-itag, I« Aprtt tSV». »III Jahrgang Die ^Nlarburge? Zettun tun,," erscheint jeden Eonntog, Mittwoch und Freitag. Preise — sür Marburg: ganzjährig e fl., halbjähiig SP., vierteljährig 1 sl. SV kr', flir Zustellung ins H«uß monatlich IVkr. — mit Postversendung: ganzjährig 8si., l)albjährig 4 st., vierteljährig S st. Die ein Mal gespaltene Tarmondzeile wird bei einmaliger Einschaltung mit IV, bei zweimaliger mit IS, bei dreimaliger mit 20 sr. berechnet, wozu für jedesmalige Einschaltung 30 kr. Inseraten-vtempelgebühr kommen. Zur schichte des Tiiges. Utber die Gtsetztsvorlagm, lvelch« dem ungarischen Reichs-tage zugedacht ft«d. verlautrt noch wenig Sicheres; nur die gusammen« btr«f»«g von Ksmmiffionen läßt Schlöffe zi». In erster Reihe wird itber SteuerresOrmen berathen werden. Derattige Reformen ivären eine Vöhl that; aber es »äre »erfehlt, zu glauben, daß damit eine veränderte Stimmung im Lande hervorzurufen wäre. Zunächst kann an eine Verringerung der Grsammtlast nicht gedacht werden, vielmehr läßt die leßtjährige Vorlage des Staatshaushaltes, obwohl sie mehr zur Verhütung als zur Er«öatich»ng eines Tinblickes in die ginanzzustände geschaffen schiei», auf vermehrte StaatsbedSrfnifs» schließen. Die größere StreNj^e bei drm Ein schützungsversahren wird nicht allzu hohe MehrbetrSt,e ergeben. Fast vierzig Millionen betrugen am Zahresansang noch die bis dahin aufgesammelten StenerrAckstände; dieselben sind also erheblicher, als nach dem vorjährigen A«swejse. Mehr, als mit grolier Entschledenheit an alten Rückständen elngetrieben worden, isl an neuen Ruckständen, trA zweijähriger überaus gnuftiger Ernten, hinzugetreten. Äm Laus» des Vinters haben sich die Verhältnifie wohl noch ungünstiger gestaltet Wo aber in d^r Berwaltun,, erspart «erden soll, läßt fich bei Aortdauer des gegenlvärtig herrschenden Stzftems nicht absehen. Nach lange« Proben und Beralhungen hat fich nun die russischr Regier« ng für die Einsührung des Berdan'schen Hinterladers entjchlossen. Die Verfertigung der Verl^an Patrone geschieht übrigens in Rußland selbst, während die Fabrikation des Gewehres ausschließlich in Amerika vor sich geht. Letzteres ist ein sehr großer Uebelstand. der die Herstellu^ der Gewehre, wenn es sich (was geiviß anzunehmen ist) um große Massen ha«delt. bedeutend vertheuert und allerlei Aufälligkeiten aussetzt. Schweden hat dies auch eingesehen, indem es durch thetls von Amerika eingesührle. theils im Inland selbst verfertigte Moschinen jeßt Re«ington Gewehre jämmtlich im Lande herstellen läßt. Segenwärlig ist die erste Lieferung von Maschinen zur Arzengnng von verdan Patronen, und zwar im alten Arsenalgebäude zu Petersburg im Gange. Fünfzig Arbeiter können täglich zwanzigtausend Patronen artfertigen, »vas bei dieihundert Arbeitstagen im Jahre eine jährliche Erzeugung von sechs Millionen ausmachen würde. Es find aber «och andere Lieserungen dieser Maschinen in Amerika bestellt, welche sämmtlich im Laufe des Sommers fertig sein sollen. Alsdann kann allerdings die tägliche Gezeugung auf einmalhundertachtzigtaujend Stück getrieben werden. Die vielen Auflösungen von öffentlichen BersammluNilen. welche in den letzten Lagen zu Paris stattgehabt, sind keinesivegs durch heftige Reden und dergleichen hervorgerufen worden. Diese Maßregeln find einfach die Folgen der neuesten Aufträge, tvelche die Polizeikommissäre erhalten, und die daraus abzielen, der Ausiibung des Bereinsrechtes alle möglichen Schwierigkeiten entgegenzustellen und sie so seltener, wenn nicht unmöglich zu mache«. Man hofft den gewollten Zweck dadurch zu erreichen, d^ß man die lvesltzer der Räumlichkeiten, wo die Versammlungen stattfinden, durch Drohungen brstimmt. dieselben nicht rnehr herzugeben, und daß man durch anhaltende Auflösung der Versammlungen und fortgesetzte Verfolgung der Vorstände und Redner derselben einen gewissen Schreckrn verbreitet, der den großen Haufen von dem Besuche derselben abhalten soll. Die Verurtheilung der Redner und Vorstünde zu Gefängnißstrafen würde selbstverständlich noch den Vortheil bieien. daß man die einflußreichen Redner für einige Zeit beseitig.!, was in Anbetracht der bevorstehenden Wahlen jedensalls eine doppelte Arrnehmlichkeit für die Regierung darbieten «uß. __ A«r Besteuerungsfrage. Marburg. 1v. April. Allezeit Mehrer der Steuern! — Diese Bezeichnung haben die Abgeordiete« des österreichischen Reichsrathes. so lange dersell>e besteh», unläugbar sich erworben und ist diese Unsterblichkeit die gewiffeste. welche ihnen die Geschichte verbürgt. Unmöttliches kann Niemand leisten — darf somrt auch von Niemand gesordert iverden ; wer es dennoch vom jetzigen Abgeordnetenhause erivartel. hat stch nur selbst getäuscht. Was mit den Kräslen dieses Hauses erzielt werden kann, geschieht; die Resorm der Steuer» — die stückweise hal nach wiederHollen und vergeblichen Anlaufen endlich begonnen. Tante ltherese. V»» A. ». (N. Fortsetzung.) ^Ich muß tviffen. was es rvar. Var es Ver»atb. so «uß ich ihm zuvorkommen. Der Oberst, der jene Worte meiner Mutter sagen ließ, ta» nicht das Werkzeug des elenden Verräthers werden. Er allein hat hier z« befehlen. Ich werde zu ihm dringen, an das Lager seines ver w«»deten Sohnes. Würde er da widerstehen können? Ünd wenn doch^ Adalbert. Du fülilst Dich wieder kräftia — ich sehe es Dir an." ^Ich skhle mich wieder kriftig. Therese!" der Verwundete richtete fich auf. zum Seiche«, daß er wahr spreche. ^Wohlan. Vuschmann. so macheu Sie Alles zur sofortigen Flucht fertig. Aber verlassen Sie dieses Stübchen nicht eher, als bis ich wieder da bin Wir müffe« zusammenbleiben. Adalbert, zusammen leben oder sterben." Sie verließ das Gemach durch die Thür, die in den schmalen dunk le» Gang führte. Der Verwalter schloß hinter ihr zu. Sle ging in das Zimmer des Schwachfinnige». „Freiherr Max. mit wem sprachen Sie im Gange?" Ihr Geficht war strenge, befehlend ; es lag eine furchtbare, eine Entschloffenheit zum Aenßerften darin. Der Iire erschrak vor iljr. aber wie ein Kind. Er antwortete gehorsam. „Mit dem Fremden. Mamsell Therese, den Sie in die Zimmer meines Vruders einquartiert haben." .Und mit wem noch?" „Es Wae ein Offizier von de« Franzosen da unten; ich glaube, der Adjutant des Obersten." „Und über wen sprachen Sie?" „Nun. über den preußischen Offizier, den Sie in das Tburmslübchen ei«q«artiert haben." „Sie haben ihn den Franzosen verrathen s" „Ich. ich. Mamsell Therese 7 Drr Fremde h«t ih« verrathen. Ich zeigt« ihnen nnr die Thür des Thurmstübchrns. Ich hatte Alles gehört, und. Mamsell Therrse, diese Preußen haben fich hier in Westphalen nicht gut benommen." „Freiherr Maz." sagte meine Tante, „wenn die Franzosen den preußischen Offizier finden, wissen Sie, was mit ihm geschieht?" „Nun?" ^Sle erschießen ihn." „Ah! Aber warum ist er preußischer Offizier?" „Und. Freiherr Maz. wissen Sie. iver dieser preußische Offizier ist?" „Nun? nun?" „Es ist Ihr Neffe, der Freiherr Adalbert. Ihr» haben Sie del» Franzosen verrathen. „Ah. mein eigener Neffe? Der künftige Herr 7 Auch mein Herr! Der Reichsfreiherr l" Der Irre lachte lustig, indem er die Worte sprach. Golt weiß es. ivelche sonderbare Verkettung und Verivirrung von Gedanken das Lachen in ihm erzeugte. Die Tante ivnrde von einem Grauen erlaßt, sie erricth. was geschehen sei. und sie mußte lveiter. Sie verließ den Irren und ging die Treppe hinunter, zu dem unten an der Halle belegenen Zimmer ihres Vrnders Franz. Dort war der Oberst der französischen Karabiniers an dem Lager seines auf deu Tod verivundeten SohneS.- Die Tonte hatte das Richtige errathen. Sle erfuhr es später Mit allen seinen Einzelnheiten von dem Irren selbst. Der Irre hatte sich ängstlich in sein Zimmer ringeschlossen. als draußen am Hause der Kamps begann. Die alte Magd Christine hatte ihm ku^ vorher gesagt, die Franzosen schössen die tvestphältschen EdeUeute lodt. Aber als verdampf zu Ende ivar. als er gar kein Schießen mehr vernahm, und nur in dem dunklen Gange hin und her gehen Hörle, da überwog die Neugierde seine Furcht ; er mußte wissen, was im Hause geschah. Er lauschte, an seiner Thür und vor derselben. In dem Gange brannte, wie geivöhnlich. eine Lampe. Er sah die Frau des Fremden mit der alten Christine die Treppe hinuntergehe«, während der Fremde selbst oben im Zimmer blieb und würde neugieriger, wohin sie gehen mochte? Ein eiliger Schritt kam leise die Treppe'h'rauf. Er eikannte Am Volte Athen diese Btrhandlunge» spurlos vorüber. Auf die ei»e und ewige Frage: „Werden die Steuern vermindelt?" — hören wir immer und überall die trostlose Antwort: „Nein!" Wir legen die Klage über den Steuerdruck zu de« übrigen Beschwerden, dir seit Ial^ren sich Verge hoch gethürmt — und treten wir im Geiste zu den vtrsam» melten Vertretern unseler Intertssen. dann lassen wir jede Hoffnung draußen. Wie dem je^igen Hsuse der Abgeordnettn der Berus zur Eeseß-gebung überhaupt muß abgesprochen werden, so auch in diesem besonderen gaNk. Sine gerechte Besteuerungl — ist der lauteste Nothrus im ganzen, großen Oesterreich ; nur eine Steuer! — ist der tierechtigste Anspruch aller Pfliäitigcn; nur die reine Vermögens- und Elntommensteucr mit verhältnißmäßig liufsteigendem Sitz! — daS istS. wat die Wiffenschast vom Hauslzalt de» Staates, von der Wirthschaft des Voltrs lehrt, wa» sich in den politisch sreiesten und wirthschaftlich blühendsttn Staaten bewährt. Diese eine Steuer kann nur vo« einer wirklichen Vertretung des Volkes beschlossen werden — aus dem Boden einer Bersassung. zu welcher die jetzige sich vcrhält. wie der schmale lliaum. aus d,m wir stehen un!' kämpfen, zum schönen stolzen Bau der BolkSsreiheit — diese Steuer kann nur beschlossen werden auf dem Boden einer volksthümlichen Verfassung. Diese eine Steuer wird aber nur dann eine zweifellos gerechte sein und bleiben, wenn die Eikornen des BolkeS das Gesetz nur vorberathen. nur entwerfen und das allgemeine Stimmrecht das Recht „ämlich eines jeden großjährigen, nnbefcholtenen Staatsgensssen. zu wShlin und gewählt zu werden — zum eigentlichen Rechte der Abstimmung über Beifassung und Gesetz stch erweitert. Auf Grund dieses AbftimmnngsrechteS würde die von der Regierung beantragte, von der Vertletung vorberathene Steuer nur dann geznhlt werden müssen, wenn dieselbe in den ösfentlichen ^.!>tr-fammlungen der Bollbürger angenommen worden — das heißt: wenn die Mehrheit der Stimmfähigen sich dafür erklärt. Ditses ist das wahre Steuerbewiltigungsrccht des Volkes und muß inOksterreich um so entschiedener und rastlose» angestrebt werden, je schwerer die Lasten sind, je unnöthiger die Bedürsnisse, sür welche der Staat die kaum erschwinglichen Steuern verwendet. Lermischte Nachrichtell (Che fe i ndlichc Genossenschaften.) In China gibt eS eht' feindliche Welbergenossenschafttn. Th. Sampson beschreibt zw?i derselbe«! Die Mäk^chen, welche eine solche Genossenschaft bilden, sind manchmal Töchter wohlhabender Häuser, andere dagegen sind arm. Dies, werden vom Ertrage der Arbeit Atlrr erltalten. Der Bund hat keine slrnlgen Formen oder Regeln und trägt gewissermaßen einen Pijvatcharakler. ES thun sich nach Belieben vier, süns oder zehn Mädchen zusammen ; mtinchmal miethen sie sich bei einer achtbaren Witwe ein. welche die Aussicht führt und sie gewissermaßen alS ihre Töchter betrachtet. Es kommt ,,ber vor. daß si< doch der Feierlichkeit v-r Verheiratung sich unterziehen, sich also scheinbar verehelichen und dennoch Mitglieder deS Bundes bleil>en. Sie wohnen Nicht bei dem angetrauten Manne und haben auch keinerlei Berkehr mit ihm. Es kommt weiter vor. daß dkr ganze Bund sich auflöst. ab,r nur. ivknn Alle zusammen sich zu einer Heirat entschlossen. Dunn sieht es jener Angetrauten frei, zu ihrem Manne zu gehen. Der Letztere hat sie natürlich nur unter der Annahme geheiratet, daß sie über kurz oder laug sich rut schließen werde, in sein HauS zu kommen. Sehr ost geschieht dies aber nicht; das Mädchen verharrt bei seinem Entschlüsse, und dann »Verden die den Kutscher deS Fremden. Der Mensch ging in das Zimmer zu scin m Herrn. Der Irre schlich ihm nach und lauschte an der Thür. „Herr Kommandant." hörte er den Kutscher zu seinnii Herrn sagen, „die Franzosen haben unten im Stall Ihre Pferde erknnnt" „Teufel l" fluchte entsetzt der Kommandant. „Sie fanden dann auch Ihren Wagen." „Und dann?" „Sie sprachen von Desertiren und Uebergehen zn drm Adjiitanten deS Obersten, um ihm Anzeige zu machen." Noch eintnal fluchte der Kommandant. Dann sagte er zu dem Kutscher: „Geh! Sage keinem Menschen etivas. Achte «nis Alles. Fällt etwas vor. so theilst Du es mir mit." Der Autscher giNjj. und der Irre lauschte wieder an seiner Thür. Die Frau drS Kommandanten kehrte zurück. Der Irre folgte auch ihr und horchte wieder an dem Zimmer. „Friedrich," hörte er die Fran sagen, „ich koinme von der Mutltr deS UnMtklichen." „WaS ivollte sie von Dir?" „Sie hat mich beschworen. Dich vor eincm zweiten Morde zu betvahren." „Mas wußte sie davon?" „Sie muß Alles «vissen. Auch dieser ziveite Mord gebe ihr Haus an " Der Kommandant schien auszufahren. „Wie? Ihr Haus? — Welcher Gedanke! — Ich l)in gerettet." „Was sprichst Du. Friedrich?" „Es muß so sein — ich hätte es gleich d^nk?« können. Ich bin gerrltkt " „Fricdrich, Du lviUst in der That dfn ziveitcn Mord begehen? Jener preußische Offizier —" „Ich weiß, wer er ist." „Und Du willst ihn verrathtn?" „Verratben 7 Zedcr ist sich selbst der Nächste. Weistt Du. daß die Franzosen unsere Anivesenheit hier im Schlosse kennen? Dcr Kutscher ivar eben hier; sie haben meine Pfnde und den Wagen erkannt, und haben von Desertiren gesprochen. Der Oberst iveisi in diesem Augenblick Alles." „Und Du willst Dich durch einen zweiten Mocd retten. Friedrich?" „Thorheit!" Eltern desselbtn von dem in seiner Ertv.)rtung getäuschten Manne mit Klagen bestürmt. Wenn nun solch eine verheiratete Fra«, die doch keine solche ist. gefährlich erkrankt, dann kommt sie in des Mannes Haus; man schafft sie nämlich hin. damit sie dort sterbe. Nach chinesischen Begriffen erfordert es der Anstand, daß die Frau im Hause des ManueS den letzten Athemzug thue. Die Behörden, welche von solchen mißvergnügten Männern vielfach zum Einschreiten aufgefordert werden, sind jenen Genossenschasten sehr abhold und haben auch schon manche Verordnungen erlassen, um junge Mädchen vom Veitritte abzumahnen; sie richten aber gewöhnlich damit sehr wenig auS. (Frankreich.) Der Auflvand sür den Krieg und für den Unter« richt stellt sich in Frankreich seit dem Jahre 18»3 folgendermaßen: Krieg und Flotte. Oesfentlicher Unterricht. (Algier und die Kolonien nicht inbegriffen) Franken 1853 1SÜ4 Z855 18Ü6 1857 1858 1859 1860 1861 1862 1863 1864 1865 1866 403 720 1063 880 517 499 814 646 647 653 658 643 577 584 Mil!. 925.938 584 159 179.967 755.419 541.931 174.558 935.152 214.222 992.382 997 534 364226 500 758 933.366 620 401 22 22 19 19 20 20 20 20 21 24 26 27 28 29 Mill. Franken 869.802 170.648 719095 866.550 281.967 523.906 S96.162 857.978 322.23S 674.596 219.762 486.194 735.638 660 417 325 Mill. 385.651 Zusammen 9310 Mill. 720.037 Än einem Zeitraum von vierzehn Iahren hat also daS ziveite Kaiser-reich für die Ministerien des Krieges und der Flotte (Algier und die ltolonien nicht einbegriffen) die ungeheuere Summe von neun Milliarden dreihundertundzehn Millionen verbraucht, während in demselben Zeitranm dem öffentlichen Unterricht nur dreihundertsünfundzwanzig Millionen zu-floflen. In solchem Wahnwitz ist Methode l . (Richter und P o l i z e i A n w a l t.) Die Berliner „Tribüne" erzählt folgende Gerichtsfzene ganz absonderlicher Art. die sich vor einigen Tag,n vor dem Berliner Polizeigerichte abgespielt. Der Polizei.Untvalt *) hatte gegen einen Manu die Anklage wegen Arbeitsscheu erHoden; nach Verlksung derselben äußerte der Einzelrichter jedoch, daß ihm die Begrün-dung unklar sci, da die Anklage ja selbst zugebe, daß der Mann nach, der ihm ertheilteu Verivarnung Wohnung und Unterkommen beschafft habe; der Begriff der Arbeitsscheu im gesetzlichen Sinne fti hier also nicht zu« treffknd. Der Polizei Anwalt entgegnete und gerieth in eine gereizte Stim» mung; die Debatte, ivelche sich zwischen Anivalt und Richter entspann, nahm solgenden Abschluß: Richter: Herr Polizei Anwalt, ich muß auf Ihre Bemerkungen erwidern, daß Sie sich hier nicht im Polizei-Präsidium. sondirn im Stadtgerichte befinden, daß die Ausübung deS HauSrechteS hier mir zusteht und ich nöthigenfallS davon werde Gebrauch z> machen wissen. — Anwalt: Nuit. das werde ich abwarttN. — Richter: Ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu sagen, daß ich nach derartigen Vorkommnissen selner nicht mehr daS Vergnügcn zu haben wünsche. Sie hier zu sehen.— Anivalt: Was Sie »vünschen. ist Mir vollständig gleichgiltig. — Richter Potizei-Anwalt heißt der Ankläger bet Polizei-Uebertretungen, ist also in diesen Kälten, was bei schwereren TesetzeS.Uebertretungen der Staatsanwalt. „Mkin Gott, mein Gott! Und jene unglückliche Mutter rief für dieses ziveite Verbr,chen daS Blut aus unsere armen Kinder herab. DaS ein« von ihnen liegt schon kratlk da. im Fieber. Friedrich „Thorheit, Charlotte! Sollen sie mich erschießen? Jener preußische Offizier oder ich. es bleibt keine Wahl. Gehe in daS Zimmer zu den Kindern. Ich glaube Jemanden kommen zu hören." Es kam in der That Jemand die Wendeltreppe herauf. Der Irre mußte in den Sriiengang zu seinem Zimmer zurück. Er sah einen fran-zösischen Offizier vorbeigehen. Es war der Adjutant des Obersten, der in das Zimmer des Fremden ging. Der Irre schlich ihm wieder nach, horchte wieder, vernahm wieder. ivaS drinnen gesprochen wurde. „Kommandant." sagte der Adjutant, „ich habe auf Befehl des Obersten Ihnen anzukündigrn. daß Sie Gefangener sind." „Ich Gefangener, mein Herr ?" erwiderte verwundert der KommaN' dant. „Darf ich fragen, warum?" „Sie haben Ihren Posten als Offizier des Kaisers, verlassen." „O, ich? Sie wisien doch, daß ich Offizicr der Gensdarmerie des Kaisers bin?" „Gewiß." „Wohlan! Als Offizier der GenSdarmerie deS Kaisers dürfte ich die besondere Pflicht haben. Verräther. die auS der Armee deS Kaisers deser-t!rt und zu seinen Feinden über^^egangen sind, ihrer gerechten Strafe zu überliefern. Ein solcher Verläther weilt in diefem Schlosse. Dem Kaiser ivird gerade an seiner Person besonders gelegen sein. Ich erfuhr, daß er ljier ivar. Er wurde hier geheim gehaltin, und es bedurste besonderer List, seinen verborgenen Schlupswink-l zu erfahren. Mir ist eS gelungen." „Darum sind Sie hier?" fragte der Adjutant. ^Darum sehen Sie mich hier!" ' „Mit Ihrer Gattin? Mit Ihren Kindern?" „So ist es. mein Herr. Die Reise hierher war in der gegenivSk' iigtn Zeit ein großes Opfer. Die Prtußen sind im Anrücken; Eie selbst haben noch vor kaum einer Stunde ein Gefecht mit ihnen bestanden. Der F-ind hätte in größtrer Anzahl vorgerückt. daS Gefecht hätte sonst sür Sic unglücklich sei» können. Der Feind iväre dan» in der heutigen Nacht oder morgen in der Stadt. Sollte ich meine Familie dort schütz- tljAgelt (zu h«m eintretenden Gerichtsdiener): Wenn der Herr Polizei-^schaute aus dem Fenster und bemerkte eine Gestalt; da bieselbt auf dtn Anwalt nvch ferukrhi« foelfähtt. in unangemessenem Tone zu mir zu spreche», so weise ich H>e an. ihn hinausführen. Der Polizei Anwalt wartet aber das Veitkre nicht erst ab. sondern ergreift schnell seine Akten und verschwind«». (Schulwesen.) Das Schulwesen der Stadt Worms gehöit zu den besten und wohlgeordnnsten. Es bestehen daselbst zwki HauplschultN mit je sieben Klassen, eine für Knaben und eine für Mävchen, eine Vor-bereltungsschule fi»r Knaben, welche das Gymnasium zu besuchen beadsich« tlgen, und eine Morgenschule für Mädchen, die durch häusliche Berhallnisse zu einem geringeren Auimaste von Schulbildung verurtheilt find. Alle diese Anstalten bilden zusammen die Gemeindeschule der Stadt. Dikselke wird von 1346Schültrn besucht. Worms hat nur 12.0VV Einwohner — 700 weniger als Marburg!--- Marburger Berichte. ^ wei Urlauber.) Kürzlich erschienen gegen 10 Uhr Nachts zwli vurschen Urlauber — im Wohnzimmer des Herrn Johann Strohmaier in Tresteruil». die nicht durch den Hof, sondkrn durch den W'ingarten in das Haus gekommen. Die Urlauber vkrlangten Wein ; Herr Strohmaier erklarte abkr: „Hier ist kein WirlhshauS l ' und fordrrte sie auf. stch zu enlsernen. was sie auch thaten. nachdem dkrBefipkr Knechte und Dinjer Herbeigeruf»«. Im Gasthause des Herrn sjelber verlangten sie ungestum zu trinkm und schlugen cinen gewaltigen Lärm. Nach eini« ger Zeit entfernten sie sich und kehrten bald wieder; sie hatten versucht, in das Haus des Herrn Strohmaier zn dringen, das mittlerweile versperrt worden. In der Wirthsslnbe setzten die Urlauber ihr Geschrei f»)rt ; als der ällere. der versicherte, ein Unteroffizier zu sein, ungarisch zu schimpfen begann, erhielt derselbe von einem Gaste, der als Kürahier läagere Zcit in Ungarn gewesen, in magyclrischer Sprache Antwort und wurden schließlich die NshtstArer von diesem Nbschieder und von einigen Knkchten des Hvases, weidlich zerdrosch««, auf die Straße befördert. (Och a den feu e r.) Am Dienstag Abend sind in Kranichsfeld zehn Gohnhituser sammt den Wirthschastsgebäuden abtiebrannt. Die Hilfkleistung von Seite der Ortsbewoljner und zumal der Hutaren wird gerühmt —, die lheilnahmslosigkeit der Nachbargemelnden aber skhr getadelt. Die Ursache des Vrandes ist noch unbekannt; doch ist derselbe, nach der Zeit der Tnt-stehung zu schließen, schwerlich gelegt worden. (Konzert.) Das Konzert, welches am Dienstag im grosien Saale des Kaftuo stattfand, wurde mit der Ouverturc aus der Op«r-„Montetchi und EOpuletti" eröffnet und gebührt der Musikkapelle des Herrn Jakubiezek das Lob. dieselbe recht gut auSgrsührt zu haben. — „Neveil t,u Lioa" war die zweite Rummer. die von einer hie« sigen Meisterin »it drei Schülerinnen auf zwei Pianos zum Vor« trag gelona^te, sicherer Anschlag. gute HaltuNt, und ein gewisser Grad von Wertigkeit ließen eine treffliche Schule erkennen. „Raigerbeize", Ballade von Löwe, bot de« Sänger wenig Gelegenheit, seine Mittel zu entfalten. „Steirische Lieder" und: „Arie" aus der Oper: „Romeo und Znlie" wurden »it ieltener Reinheit und Sicherheit vorgetragen, gräul. Kreibig erreichte diirch ihre herzinnigen Deklamationen allgemeinen VetW. Der „gaustwalzer" von Lcht wurde in ivezug auf technische Fertigkeit biftens zur Geltung gebracht und hätten wir nur eine bessere Vertheilung von Licht und Schatten gewünscht. Sämmtliche Rummern wurden beisSUig ausgenommen. lverwundung.) Am IS. April zur Nachtzeit wurde Herr Baron Rsst (St. Magdalena) durch Hundegebell in seinem Hofe geweckt; er Anrus keine Antwort gab. so wähnte Herr Varon Rast, es sei ein Dieb und schoß seinen Revolver ab. Der vermeintliche Gauner war aber der Gärtner des Btsihers. der, gleichfalls in Folge des Hundelärms ertvachr. in den Hof gegangen. >m nachzusehen. Der Gärtner wurde von einijzen Schrotkörnerl» in die Weiche und in den rechten Fuß getroffen. Herr Baron Rast hat den Kall selbst beim Unteisnchungsgerichte angezeij^t. (Diebstahl in der Kirche.) Am 14. April Morgens entdeckte der Meßner der Domkirche. daß zwei Monstranzen im Gerthe von 500 st. und ein silbernes Kreuz im Werthe von 60 fl. gestohlen »vordin. Die Thüren der Kirche zeigten keine Spur von Gtivalt und dürsten wolzl die Thäter dieselben mit Dietrichen geöffnet haben; daS Tabernakel war aufgesprengt worden. Daö Verbrechen muß iu der Nacht zwischen 9 und 10 Uhr verübt worden sein, denn ei» Mädchen aus der Kärntner-Vorstadt gibt an, um jene geit zwei Männer in der Kirche bemerkt zu haben. Die Gauner sind vermuthlich verscheucht tvorden, sonst hätten sie gewiß auch einige von den Kelchen mitgenommen. Die größere Monstranze ist ein prachtvolles Kunstwerk. (Verein .,Fo rt schr i t t".) In der leßten Sitzung des politisch-voltswirthschaftl. Vereins wurde nach dem Antrage des Obmanns. Herrn Landtagsabgeordneten Fried. Brandstätter. beschlossen, wegen der bekaimten Btgräbnißfrage eine öffentliche Beisammlung auf den nächste» Sonntag Bormittag 10 Uhr in die Götz'sche Bierhalle einzuberufen, und soll dieser Versammlung nach dem Anlrage des Herrn Eduard Ianschitz auch die Frage, betreffend die ErhaUung der All»ea uvä tt^Iiok iv mvu»«r liVolwunßs, 1 v^ottkoffstr»«»«, LoNattuisssol»«» Mu» im ll. Stoole -u ,pr«odsQ dm. Vräin»tiou für äio ^rmou «rtdoU« »od tSsUvd voa 2—4 vdr edovä»>«!d»t. Xoktulls»vc>U zsz Voletor 6sr Aloäioin, l!l»8j»tor äor Sodurt»djlk«. V»oIi«»Saaix 259 kür 6io vivlsll Lvvsigo 6sr dor^Iioditvn Ikoilnsdm« d«i ävm ^blsdou uu6 üio «o ^adli'oivdv Lvxloitunßs doi äsm I^oiokvudexävKm»« m«ioe« unvOrevsiIiodvQ 0»ttov Osor'Hjx Kr'SRZi'S »prsvds iod im vis«»«» un6 »m ii»msll moiuor ^uxvdönxov äou ivvixst«» I)»vlc »v». «»durss, 1«. 1SSS ^NIM Zl'Sdi'v. S. 1541. Kundmachung. (2S6 IZadnar^t HanSN (260 nklt 8ouvt»x ävll 18. Ä. 5l. iv Kl«rdur^ «iv ooä l»t im Q»>tt>ota »ur l'rAudv" ra »prookoa. K. k. priv. Züdbaha-Vesellschafl. Vom 15. April d. I. angefangen wird provisorisch zwischen Präger» Hof und Agram, sowie Mischen KaNifta und Oedeuburg täglich in beiden Richtungen je ein gemischter Zug, welcher sich an die bestehenden Personenzüge der Linie Ofen Pragerhof nnschließt. vcrtehren. Mit demselben Tage wird ein btstehender Lastzug für den Personenverkehr zwischm Ofen-Giostk und zurück provisorisch benüht werden. Da< Nähere enthält daS Plakat. (262 Wien, 13. April 1L69. Die GenerRl-Direktis». (261 3. 262. Kundmachmg. Womit die Bestimmungen dks Gesetzes vom 10. Deeember 1868 L..V. B.Nr.k. betreffend die Maßregeln zum Schutze der geldsrüchte und Obstbäume gegen schädliche Insekten, zum Zwecke der Durchführung kurz zusammengefaßt bekannt Weben werden. g. 1. Sobald die Maikäfer in einer Gemeinde sich zeigen, sollen dieselben während der ganzen Flugzeit, besonders de» Morgen» von den Gesträuchen und Bäumen abgeschüttelt, aust^ejesen. in geeigneter Weise getödtet. dann ftgleich an einem geeigneten Orte in eine Trübe gebracht oder mit dem Dunger vermischt werden. g 2. Im Baufelde ist jeder Grundbescher verpflichtet, beim Aufbruche de» Boden» die Engerlinge hinter dem Pfluge, der Haue oder Schaufe aufzulesen und sogleich todten zu lassen. g. 3. Da» Abschütteln der Bäume und Gesträuche, sowie da» Ein sammeln und Tödten der Maikäfer oder anderer massenhaft auftretenden, der Kultur schädlichen Insekten, z. B. de» Kohlweißling», seiner Vier und Raupe (de» Krautwurme»), dann der Rübenraupe 7e. n. hat jeder Grund-befitzer, Pächter und Fruchtnießer auf den ihm eigenthümlichen, rückflchtlich von ihm gepachteten oder benüKten Grundstücken unentgeltlich zu besorgen. K. 4. Jeder Grundbesitzer, Pächter oder Fruchtnießer ist verpflichtet, im Frühjahre und im Herbste jeden Jahre» seine Obstbäume von den Raupen und der Raupenbrut zu reinigen und an seinen Obstbäumen alle jene Verrichtungen rechtzeitig vorzunehmen, welche nothwendig und geeignet find, da» Entstehen und die Vermehrung schädlicher Insekten zu verhindern. g. 8. Grundbesitzer. Pächter und Fruchtnießer, welche unterlassen oder sich weigern, den ihnen durch die Bestimmungen diese» Gesetze» oder durch die innerhalb derselben von dem Gemeindevorsteher erlassenen An-ordnungen auserlegteu Verpflichtungen nachzukommen, verfallen in eine Geldstrafe von 1 bi» 10 fl. zur Gemeindekasse. ^ Bei Unterlassung der nach diesem Gesetze obliegenden Arbeit»leistung hat der Gemeindevorstand außerdem auf Kosten der säumigen Parteien diese Arbeiten vornehmen zu lassen. Im Falle der Zahlungsunfähigkeit kann die verwirkte Geldstrafe in Arreststrafe. die erwachsenen Kosten aber in Arbeit»leistungen zu Gemeinde-zwecken umgewandelt werden. Mit der Ueberwachung der Ausführung obiger Bestimmungen, welche mit 16. April d. 3. allgemein zu beginnen haben, werden die Herren Biertelvorfteher und in»besondere die Polizei Organe betraut, welche die nöthige Nachschau zu pflegen und jede Unterlassung unnachsichtlich anzu zeigen haben. Stadtgemeindeamt Marburg am 9. April 1869. Die Abtragung de» sogenannten Schuscheg Hügel» an der St. Georgner Bezirk»straße wird im Minuendo Lizitation»wege hintangegebeu und die Lizitation für den NV. l. M. Bormittag» 10 Uhr an Ott und Stelle abgehalten werden. Hiezu werden Unternehmer mit dem Beifügen eingeladen, daß Bor-au»maß. Kostenüberschlag und Plan sowohl in der hiesigen Amt»kanM al» bei dem Bezirk»vettretung»mitgliede Herrn Franz Hauptmann, Gemeindevorsteher in St. Georgen eingesehen werden können. Bezirk»au»schuß Marburg am 12. April 1869. Konrad Seidl, Obmaun. liVvxvii ^Miiuax