O^. Ein Besuch im Gordon an ber bosnischen Grenze. Von ^^>^.__«^»^ Druct von I. v. Kleinmayr uud F. Valnlicrg. Wie die Kulpa in ihrcm obcm Laufe Krain von Kroatien trennt, so bildet sic weiter abwärts die Grenze zwischen Civil- lino Militä ^Kroatien. Pel Pctrinia erhebt sich auf ihrem rechten Ufer ein liebliches nnd malerisches Hügcl-nndVerg-land, welches der Militärgre n z e einen eigen« thümlichcnNciz vcrlcihtund einen nm so angenehmern Eindruck macht, als man, von Agram kommend, durch d,c meilenweitc Ebene Civil - Kroa ti ens ermüdet ist. Stlindc um Stunde breitet sich diesc zwischen der Save uud der K ulpa ans, und der Vlick des Reisenden schweift, wenn einmal die Ägrain cr Verqe im Rücken liegen, unanfgehalten über die unabsehbaren Maisfelder hin, aus denen nur selten hin nnd wieder ein sviher, weider Kirchthurm hervortancht nnd oem irrcudeu Äuge einen unerquicklichen Ruhepuukt gewährt. Wie lockend schauen da von drüben die bewaldeten Anhöhen mit ihren gefälligen Umrissen, mit ibrem reizenden Grüu, mit ihrer Verheißung erfrischenden Schattens herüber! Der freundlichen Einladung lieber Bekannten folgend verließ ich an einem schönen Herbsttage Nachmittags Agram um einmal die Grenze und den Cord o n zn bcsnchcn. Der Eilwagen brachte mich Nachts nach Petrinia. uon wo ich nach wenigen Stunden ruhigen Schlafs am andern Morgen vor Sonnenaufgang in das Gebiet dcr Grenze 1 hineinfuhr. Ein Paar kleiner kroatischer Pferde, mnthiger, unermüdlicher Nenner, führte mich in der Morgenfrischc schnell den guten Weg in das Gebirge hinauf, wo mir die eben anfgeliendc Sonne dic Aussicht in die kroatische Ebene beleuchtete, während unter mir die Kulpa, stellenweise von dampfenden Morgennebeln verschleiert, nchig dahinfloß. Nach einigen Stunden senkte sich der Weg wic-dcr abwärts und dic Gegend wnrdc ebner. In den Dörfern, durch welche unser Weg führte, war bereits Leben, und besonders waren dic Weiber und Kinder mit Austreiben und Tränken des Viehes u. dgl, beschäftigt. Fast alle Frauen und Mädchen trngen, wenn sonst ihre Arbeit es gestattete. die Spindel in dcr Hand nnd spannen. Die Tracht der Männer war von dcr in Civil-Kroatien gebräuchlichen, dem einförmig weißen, über den leinenen Veinkleidcrn getragenen Hemd etwas verschieden. Ncbcr demselben waren sie nämlich noch mit einer Weste von dunkler oder von himmelblauer Farbe bekleidet-natürlich fehlte hier wie dort anch die unvermeidliche, netzartige Tasche (!<»'!>!>) nicht. Den Kopf deckte ein breitkrämviger Filz ' oder Strohlmt. bisweilen eine Pelzmütze. Die Weiber hatten häufig eine leinene, mit einem breiten rothen Randstreifen geschmückte Schürze vorgebunden Vcrbeirathctc Frauentragenein leinenes Tuch derart ans dem Kopfe, baß ein Zipfel nach vorn steht nnd über dcr Stirn mittelst einer Glasperlen-nadel befestigt ist - oft sieht man statt dessen auch dic Haare rückwärts in ein kleines buntes Häubchen zn-sammengeprßt. Mädchen bedecken den Kopf nicht und lassen das Haar rückwärts iit Flechten herabhängen. Dieses wird in der Mitte gescheitelt, nach beiden Seiten glatt gestrichen uiw dnrch Einschmieren von Speck geglättet. Wir begegneten einem besser, mehr festlich gekleideten hübschen Mädchen, welches rothe Strümpfe trng. Von fern tauchten ans dcr nun wieder cbencr» Gegend die Thürme von Gliua, dem Stabsorte des zweiten Banal-Regiments, auf, wo ein gutes Frühstück nach der frischen Morgenfahrt nicht übe! mundete. während die neuesten Wiener und audcrc Zeitungen dnrchftogen wurocn, Ein Stabsort in der Grenze ist ciner kleinen Kreisstadt zn vergleichen, wenn man nur die Civil» Verwaltung einer solchen in's Militärische übersetzt. Nie die ganze Grenze eine Militär-(5owuie und der Bauer zugleich Soldat ist, so ist natürlich das ganze i'and in Regimenter, jedes Regiment in Compagnien eingetheilt. Der Oberst im Stabsorte und unter ihm die Hanvtlrute in den Compagnieorten bilden zugleich die Spinen der Verwaltung in den Kreisen (Regimentern) nnd Bezirken (Compagnien), Die Cmtheiluug in Bataillone und somit die Stellung eines Majors bat blost militärische, keine ad« mimstrative Bedeutung. Die Grenzer (Soldaten« Baueru) leben in sogenannten Haus-Communionen, d. h. die nächsten Verwandten in absteigender ^inie, oft sechs bis sieben Familien in einem grosten Gehöfte beisammen, nntcr denen der Chef des Hanfes groste Autorität und Macht hat. Nachdem mau Glina vcrlasscu hat, fährt mm« elne Zeit lang auf der großen, ansgezeichnetcn Ebanssee, welche nach K a r l st a d t führt. writer, und biegt dann links ill cine ebenfalls sehr gnt gehaltene Straße ein. ^.'ängs dem Glinal' ach, der durch ein von sanften Hügclabhängell eingeschlossenes Tbal in möaildrischen Windungen ans dem an der bosnischen Grenze befindlichen höliern Gebirge ber-abkommt, führt dieser Weg zunächst dnrch nachlässig angebaute Felder und dnrch große Strecken brach liegenden Bandes. Die Bevölkerung ist hier im Verhältniß zum Ranme so gering, der Vobcn auch nicht gerade so frnel'war nnd dabei so wenig gepflegt, daß man nicht einmal von einer Dreifelderwirtschaft sprechen kann. Es ist wenig erfrenlich längere Zeit durch solche öde, nnbrbantc Gegend ,zu reifen, uud wenn nicht die Hügel immer ansehnlicher würden nnd bisweilen von fern hobc blaue Gebirge sich zeigten, so würden selbst die Windungen dev Glina-b a ch r 6 znr V.inken, und die Obstbäume, am Rande des Weges nicht mehr genügen länger die Aufmerksamkeit wach zn halten. Endlich einmal ein Dorf, d. l». einige wenige beisammen stehende Gehöfte, schön in Bäumen gelegen, und dann von Neuem die ein' sonnigen, brachliegenden Hügelabhange. Anf den Feldern waren fast um Weiber mit der Ernte bc< schäftigt; die thätigsten Schnitterinnen hatten das Hemd !> li» l)>!M!' hochgeschürzt nnd nnrfcltcn die Beine mit Leinwand bekleidet und mit schwarzen Tuchstreifen krenzweis umwickelt. Wir begegneten hin nnd wieder einem Vanern z» Pferde. Die Vancrnpfcroe sind Nein lind von sehr schlechten« Ansseben, aber noch schlechter ist die Anschlmmg. Ein Brustgurt von Hanf, mit cincm gleichen Nackeugurt und dünnen Striken als Zugstrickcn , ein Stuck'starken Bindfadens ils Zügel, das ist oft alles, ^ach cincr Biegling des Weges zeigen sich höhere. bewaldete Verge und an ihrem Fuße einige nette, schon von fern angenehm auffallende Gebäude, während links ranchende Essen über eine Anhöhe cmpon'agcn. Endlich erreicht man den lieblichen Ort. Gefällige und größere Gebäude, cin großer Plat), ein schattiges Seitenthal mit schöner Straße und Allee, mehrere Kirchen, liebliche Spazicrgäuge mit wcblgcpfiegten und sauber gehaltenen Blumen-und Gartenanlagcn mit GarlcnsitM und Tempeln, von denen Flaggen wehen, schöne, reinliche Gcbände. offenbar Vadhäuser, kurz in tiefster Mgescbiedeu' heit mitten in der Ocde, nahe der türkischen Grcuze, cin kleines elysischcs Plätzchen gleich einer Oase in der Wnste. das ist der Vadeort Topusko. das l'roatischc Gastein, in dessen Nähe die Eisenwerke der Petrovagorahntte liegen, Im freundlichen Vadearzt (Regimentsarzt), fand ich M nicht geringer Neberraschnng einen alten Bekannten, der mit der grössten Liebenswürdigkeit mir gern alles Sehenswcrthc des Ortes zeigte: die verschiedenen Schlamm ° und Mineralbäder, das Militärspital, die Spaziergänge des Nikolaiberges, den für den Besuch des Kaisers Franz I. uud seiner Gemahlin 1818 erbauten Gartenpavillon (Gloriette), die Gattenanlagcn und den lchten Ucberrest der alten, 1222 gegründeten Eifterzinscr« Abtei, ein schönes gothisches Portal. Mit besonderer Befriedigung be« obachtete ich die große, überall, in den Bädern wie im Spitale, in den Spaziergänger wie im Gasthofe herrschende Reinlichkeit und Sanbcrkcit, Die Volkstracht ist hier von der in der Gegend von Glina gebräuchlichen wiedcrnm verschieden, und die rothe Farbe wird bereits vorherrschend So tragen die Männer rothe Westen, lind blanc sind fast nicht mehr zn finden; der Strohhnt ist fast ganz verschwunden, dagegen zeigt sich bereits vielfach die rotbc griechische Mähe. Anch erblickt man schcn hie und da einen Schere schauer in seiner imilenschcu Tracht, welche mit ihrer rothen Jacke nnd der lothen viereckigen Mühe fast schon an den Orient erinnert. Die Weiber kleiden sich wie in der Gegend von Glin a, nnr daß sie ein weißes Tuch geradlinig einfach nnd bisweilen auch zusammengelegt l'ibcr den Kopf hängen und wie alle Serl'innen dieHacne seit' wärts in sslechten vor den Schultern beralchängen lassen; vielfach trageu sie anch schon Opanke n. äußerst derbe nnd dauerhafte türkische Schuhe, und fast allgemein dicrückwärtige Schürze, P r egat sba, welche aus Tuchenden u. dgl. nicht ohne Geschmack vcr> fertigt n,'ird. Die Veamteu der Petrovagorahü tte, eben-falls zum Theil alte Bekannte, wetteiferten in Freundlichkeit uud Zuvorkommenheit, nicht nur bei Besichtigung des Werkes, sondern in jeder Beziehung dem Fremdlinge den Aufenthalt augeuehm zn machen. Da meine Freunde erfnbren, dasi ich den Cordon zu besuchen wünsche, wurden alsbald die uöthigeu Anstalten getroffen, und nach schnell eingenommenem Mittagsmahl fuhr ich mit zwei hier ansässigen dentschcn Lands-lruten hinauf ins Gebirge um den nächsten Cordons-posten zn erreichen. Unmittelbar längs der türkischen Grenze zieht sich nämlich der österreichische Grenzcordon hin, eine Reihe von vcrthcidignngsfähigenGrcnzwachthällsern, welche nicht weiter von einander entfernt sind, als der Gesichtskreis es gestattet, nnd deren Besatzung nnter Aufsicht der Cordons- Majore die militärische, polizeiliche, sanitätische nnd zollamtliche Bewachung dcr Grenzen versieht. Auf wenig gebahnten, fürFnhrwcrke, wie nnsern Wagen, eigentlich nicht geeigneten Wegen, durch Wälder und Felder nnd öde Gegenden, über Berge nnd durch Thäler erreichten wir in kurzer Zeit die türkische Grenze, Zu unserer Linken sahen wir ans einer Bcrganhohc den Cordons - Hanptmantls-Postcn Ol'ljci nnd noch höher gelegen die Majorsstation. Zn unserer Rechten wurden einige zu einem bosnischen Dorfe gehörige Hütten sichtbar, dessen Namen wir jedoch weder von einem reitenden Vancrn, noch von einer uns begegnenden Patrouille erfahren konnten. Wir befanden uns jcht in einem Thale, durch welches ein nubcdentcndcr Gcbirgöbach stoß, dcr jedoch die Fortsetzung unserer Fahrt verhinderte. Da die nächste Brücke aus Vernachlässigung ganz» lich unbrauchbar geworden war, sahen wir uns genöthigt längs des Ufers hinzufahren, bis wir cine. strengllng dic Höbe des Verges, ans dessen Gipfel der Posten Ol'ljei, das Zirl nnserer ^al'rt, gelegen ist. Vei der Tschardakc, so heißt ein solches Wachthans im Cordon, angelangt, verlicsien wir den Wagen nnd begaben uns in das Hans und znm koininandirenden Offizier. Einer incinerBegleiter fand in deinselbcn zn nilscrcr großen Frncdc einen alten Vct'annten, der uns mit Zuvorkommenheit empfing und bereitwilligst dic Ncugier dcsFremdcn befriedigte. Nachdem wir in seinem, nur mit einem gepolsterten, zugleich als Schlafstätte dienenden Kanapee, zwei Tischen und einigen hölzernen Stühlen nothdnrflig versehenen Zimmer Play genommen hatten, wanderte die einzige vorhandene türkische Pfeife herum, während auf dcm Tische vor uns einige Vändc Vulwcr'schcr Nomanc aus der Negimentsbibliothek in Glina lagen. Nach kurzer Rast begannen wir die Besichtigung des Platzes. Die T s ch ardakc ist ein steinernes zweistöckiges Haus, in welches nur eine einzige, kleine Thür führt. Die ebenerdigen Näume, welche als Stall, VorratlMmmcr, Keller u. dgl. bcuüßt werden, haben keine eigentlichen Fenster, sondern nur schirsischartenähnlichc Oeffnnngen. Im obern Stocke l'efinden sich die beschriebene Offizierswohnung, die Wach^innncr und die Küche. Uni das ganze obere Stockwerk läuft ein hölzerner Gang, dessen Vodcn sell'st mit einzelnen Schieplocheru versehen ist. Das Haus ist nur mit Schindeln gedeckt. Alles ist höchst einfach, aber praktisch eingerichtet. Die Vcsapung dieser Tschardake besteht in Friedenszeiten ans 2l> Mann, worunter NSchcr c sch ane r, welche eigentlich den Dienst der Grcnzkavalleric »ersehen. Wöchentlich wird sie abgelöst, nnd die nen ankommende» ^entc bringen sich ihre Provision ans eine Woche mit In feiten unruhiger Aufregung nnd drohen« der Pest wird die Stärke der Mannschaft verdoppelt, in Kriegszeilen verdreifacht. Oblici ist zugleich RasteIlort, d. h. einer der Grenzpunktc, au welchcui unter militärischer Ueberwachnng wöchentlich ein Markt (N astcll) für den Verkehr der beiderseitigen Grenzbewohner abgehalten wird. Daher befindet sich hier zugleich ein Quarantänehaus und ein Rastcllplatz. Zwischen der Posten-Tschardakc und dein Qnarantänegebändc befindet sich das Alarmbrctt, der Alarmmörser und die Fcucrsignal-Stange. Jenes wird zur ersten Signali-sirung eines etwa heranrückenden feindlichen Hansens mit zwei darneben hängenden hölzernen Hämmern geschlagen, welcher Klang in der einsamen Stille dieser wenig bewohnten Gegenden, von den Pergwän« den widerhallend, weithin durch die Waldschluchtcn erklingt. Genügt aber das nicht, so wird der stets geladene Mörser abgefeuert, und der fernkrachende Signalschliß, mich wohl Signalfeuer bringen bald die ganze belvaffncte Grenzbevölt'ernng in Vewegnng. Achnlich »raren iin 16., N5. und 17. Jahrhunderte in den deutschen Grenzmarken, besonders in Nrain, dic ^ärinsignalc für den Einbruch verheerender Türken-borden eingerichtet. Viele jener Kirchen uud Kapellen, die man zum Theile noch hentc in diesen Geqenden hoch ^l'en anf nnzlMNglich scheinenden Ver^stipfeln erblickt, waren mit einemdnrch Manrrnnd Gral'en ge-schützten Tal>»r ningel'en nnd dienten znglcich al^j W^ichthänscr. Kraidschüsft, Kraidfener nnd Glocken-schlage benachrichtigten von dort ans die benachbarten VandbeivohncruondcrdrohendenGefahr nnd ricfendic bewaffnete Macht znr Hilfe des bedrohcten Pnnktc^. Ocfter ernenertc Gesetze verordneten in strain die genane Anwendung dieser Signale. Zwei Kraidschnssc beoentctcn, dap der Feind sich versannnle, drci, daß er im Anznge, vier oder darüber, dast er in's ^!and ein-gebrochen nnd bereits mit Angcn gesehen worden sei; alsdann begannen die Kraidfcner anfznlodern nnd die Glockenschläge zn ertönen. In diese furchtbare, längst vergangene Zeit glaubt der Besucher derSchardakc sich zurückversetzt. Vom Contnmnzgebäudc begaben wir uuö anf den Nastcllvlatz. Dicht uutcrhalb Obljei liegt am Vcrgabhange cine zweite Tschardakc, i»mge< bcn von allerhand hölzernen Varacken und Einfric« dignngcn. Die Tschardakc selbst, auf schönes, zu Tagc stehendes Eisenerz gebaut, ist der obcu be« schricbencn vollkommen gleich. In ihrer nächsten Nähe befindet sich cine größere hölzerne Halle, in weicher, durch Panieren getrennt, die österreichischen nnd linkischen Känfcr nnd Verkänfer mit einander verkehren. Da der Hanvthandcl in diesen Gegenden inir Getreide nnd Viel) betrifft, welche dic türkischen Vl'onicr znm Vcrkanf bringen, so sind anch hiefür besondere Vorlebrnngcn getroffen. So schließt sich ml icnc hölzerne Halle eine Art hölzernes Gc^ mach, in das von der türkischen Seite ein Paar Getreideschlitlröhrenvonmißcnhinein führen, während dnrch Niederlassnng eines Klapptisches ein Fenster entstcbt, dnrch welches die Vezalilnng der Kanf-snlnlnen gesänebt. Seitwärts sieht man ferner ein Gehege, in welchem die Bosnier das Vieh znm Kanfc alissteilen, nnd welches in eine schmale Varriere zum Austreiben des gckanften Viehes endigt, wo dann zngleich in der dabei befindlichen hölzernen Hntte dem österreichischen Zollbeamten der Zoll bezahlt wird. Rückwärts dieses Rastellplaheö anf österreichischem Gebiet befindet sich ein kleiner, lieblicher Hain, in dessen Schatten die österreichischen Handels - nnd ^andiente lagern; vorwärts drüben anf türkischem Gebiet erstreckt sich eine Wiese am Äergabhang hin, anf welcher etwa 12—13 Hütten ans trockenem Reisig einen sonderbaren Anblick darbieten; das ist der Lagerplatz der Türken. Wöchentlich einmal belebt sich dieser todte Platz; von beiden Seiten kommen die Menschen lierzn in ihren verschiedenen, znm Theil höchst malerischen Trachten, vielleicht von verschiedener Abstammnng. Religion nnd Sprache, dic Ne° wohncr verschiedener Orte, Districtc und Reiche, ans den Schluchten Bosniens und von den Bergen der Militärgrcnze, cm bnntes, cigrnthnulliches Genusch, das uus seltsant anmuthet. Wir fnhlen fnr das Treiben nnd Thun dieser Vienschen keine weitere Theilnahme, aber ihrc Sitten und Gedranche, ihn Vcbcnöwcisc und ihvc Cllllurzliständc intcvcssn-cn uns. Einc der leyteu Ncisighiilton druln'n ist da^ türkische Kliffchmls. Mlin findet dort ein gutes. aber dickes Mockagetränk; imr iiuf Begehr wird Zucker hinein« gethan, Ist mm der EMMtsfremid l'l^st ein ge^ meiner Panier, s^ bedient sich der schmnhigc Kliffe-siedcr ohlic Zögern seines eigenen Angers 5mn Uln-rühren; ist oer Begehrende aber eine PerM von Distinktil)n. ft schneidet er ein Zweiglein von dem trockenen Reisig seiner Hütte ad und steckt es als Vöffcl in das schwarzbrannc Getränk. Es war das erste Mal, dast ich mich an der türkischen Grenze befand, und alles, was ich sah nnd hörte, erschien mir so neu und sonderbar, dast ich dein Wunsche nicht widerstehen konnte, die nächste, etwa eine Viertelstunde weit entfernte bosnische Nohnnng zn besuchen, lim ein Beispiel des Bebens der armen bosnischen Raja zn betrachten. In Bosnien, wie in alten türkischen Landern, ist dcr Türke Besitzer und Herr alles Grundes uud trägt Waffen. Der Christ ist unbcwaffnct und nur dcr Vcbaucr des Bodens, cine Art Colour, den dcr Gruudhcrr uach Belieben mit dem Grnnde verlaufen , oder uon demselben vertreiben kann, uud der dem Gruudhcrrn und dcr Regierung eiucn über« mäßigen Antheil dcr Ernte, (lrclinn :c.) abliefern muß. Natürlich ballet er nicht mehr als uuumgäng' lich nöthig, »ud de>- Weinbau ist ilnii gänzlich verboten. Diese Umstände, verbunden mit der türkischen Willkür- nnd Gewaltherrschaft lönueu den fremden schou im Voraus anf eiil ziemliches Vild des Elends gefaßt machen, welches dennoch von,der Wirklichkeit immer noch übertroffen werden wird. Der freundliche Tschardakcu ° Commandant willfahrte meinem Wlinftbe nnd ging, gefolgt von seiner militärischen Dicustbegleitnng, einein Grenzer-Korporal und einem S ch c r e sch ane r, mit nn^ zur er-wähnten bosnischen Hütte. Wö wir nnö derselben näherten, fanden wir sie so elend, daß wir sie fiir unbewohnt hielten. Vci derselben anqelommen wnr-den wir von etwa 4 — ll großen und Neincn Hnn-den angefallen. Während einer meiner beiden Bekannten selbst seinen eigenen qroßen Hund, ein äußerst bissiges Thier, welckcö mit uns gekommen war, zurückhielt, entspann sich nun um uns ycrnm ein förmliches Gefecht gegen diese gefährlicheil Vc-stien. Der Schere sch a ncr hatte alsbald einc gerade daliegende lange Stange, der Korporal einen Knüttel ergriffen, nuö der Hütte, waren einige zerlumpte und schmutzige Weiber gekommen und hatten Stöcke auf-gchobeu, wir aber staudcn ruing in der Mittc des Kreises, bis unsere sonderbaren Vertheidiger nach einer mehrere Minuten dauernden Anstrengung die, bellenden und hculcuden Angreifer in die Flucht gc» schlagcu l?attcn. Nach erlangtem Siege und Her« stelluug ruhiger, geordneter Zustände begab ich mich in die Hütte, zu deren etwas crhöhctcm Eingang über einen um das Haus herumlaufenden kleinen schmutzigen Graben ein schmales, steilgelcgtcs, äußerst glattes Brett führte. Kaum war ich eingetreten, so breitete ein altes Weib, dessen Gesicht Spuren ehemaliger griper Schönheit zeigte, dessen Leib aber ein arg zerrissenes Gewand bedeckte, ein grobes leinenes Tuch vor mir auf dem Boden aus uud nöthigte mich zum Sitzen. In einem Wiukel des Raumes richteie sich ein alter, etwa siebzigjähriger Greis empor, währcud in einer andern Ecke auf ebener Erde Kohlengluth unter der Asche glomm. Da ich kein Wort uon der Sprache dieser ^cutc verstand, rief ich meinen draußen harrenden Begleitern ebenfalls hereinzukommen. Als das geschehen, uahmcu der Offizier und ich mit untergeschlagenen Fiisien auf dem ausgebreiteten Tuche Platz, während den Anderen eine Art kleiner niedriger Sitze gereicht wurden, welche einfach aus cinem hölzernen Bogen mit drei darein befestigten, ganz kurzen Pflöcken bestanden, so daß ein gebildeter Europäer die Kunst sich darauf niederzulassen nicht begreift. Auch uusere militärische Begleitung kam herein uud bald sammelte sich iu der Thür ciue Anzahl kleiner nnd halberwachsener Knaben uud Mädchen. Ich koml tc uicht begreifen, woher diese alle so bald kamen und wie der kleine Raum so viele Personen fassen konnte. Nährend die mitgebrachte türkische Pfeife mittelst Kohle aus der Glnth in Brand gesetzt wurde uud herumwandcrte, betrachtete ich Haus nnd Bewohner. Hin und her in Kroatien und Kram findet man manche elcndc Hütte, aber eine erbärmlichere mensch» lichc Wolnuing, die noch auf den Namen eines Hansel Anspnlch macht, ist nicht leicht zn denken, ^lnf steinerner Unterlag erheben sich vicr hölzerne Wände, welche einen Ranm von etwa ll) —> 12 Onadratklaftcr unischlicßen - darüber sind als Dach an einigen dünnen Balken Vrctter befestigt, welche, selbst schon halb morsch lind durchlöchert, oben in der First nicht einmal zusammenschließen, so dast sie cbcn sowobl dem von der Feuerstätte aufsteigenden Nanch einen Ansgang, als den heißen Sonnenstrahlen des Hochsommers und den kalten Regengüssen des Spät» herbstes freien Gingang gestatten. Oinigc Neine listen und anderes hölzernes Geräth, einige Stücke schlnnhiger Leinwand nnd mehrere Maiskolben bilden den ganMHansratl)dicseszumTheilmitVrettcrn gc« dielten Raumes, der jedoch dnrch eine hölzerne Wand in zwei ungleiche Theile geschieden ist. Zu dem kleinern Namne führte eine hölzerne Thnr, die ich neugierig öffnete nnd dann die eigentliche kleine Wohnstnl'e erblickte, in welcher sich zu meiner Ver-wnndemng eine Art Ofen und ein höchst einfacher Webltnhl befanden. Während meiner Vetrachtnng des Hauses hatten sich meine Begleiter, kundig der Landessprache, die sich von der anf der österreichischen Seite der Grenze gebräuchlichen nicht unterscheidet, mit den Bewohnern in ein Gespräch eingelassen. Ein jnnges, hübsches, schmutziges Weib hatte sich inzwischen auf den Voden zur Feuerstätte hiugekniet, die Kohlen aufgeblasen nnd einen Maiskolben anf die Glutl) gelegt; nachdem sie densclbeu mit Maisstrol) von dcr Asche gcsänl'crt hattc, umwand sie ihn mit einem trockenen Maisblatt nnd reichte ihn so dein Freindlinge dar, welcher zngleich von dieser Gastfreiheit drr Arnillth gerührt und über den Wohlgeschmack des Dargebotenen crstannt war. So wnrdc dcr Ncihe nach Jeder der Gästc bew'irthet. Mirza, so hieß das jnnge Weid, war eigent« lieh dic Herrin des Hansel, denn sie war die Frau des Vesihers; da aber ihr Gatte gerade abwesend war, so spielte dessen Mnttcr, eine Witwe uon etwa !W Jahren, die einst schön gewesen sein mußte, die Hanptrolle. Beide Frauen trngcn dieselbe Tracht, wcc dicßseits der Grenze, natürlich jedoch die einfache Hanstracht. Die Witwe hatte den Kopf mit einem zusammengelegten Tnche bedeckt, unter welchem zn beiden Seiten schöne Haarflechten '.wr den Schultern herabhingen. Mirza trng zwar nnr einfach das leinene Hemd nnd Kopstuch, doch auch einige Ninge mit österreichischen Silbermün^en nnd in den Haarflechten einige Hwan^igcr. Sie und die Alte gingen bannst, Zufällig befand sich anch Vjelza, eine Schwägerin M ir za's, welche sich vor kurzem in einiger Ent-fernnng verheirathet hatte, bei der Mntter znm Ve-snch, n'l'durch >vir Gelegenheit hatten eine bessere Tracht und reichern Schmuck zu sehen. Sie trug cm leinenes, weises, mit einigen breiten rothen Randstreifen geschmücktes Tnch, ähnlich den Schürzen in der Gegend von Glina, ans dem Kopfe, Anf die Aufforderung meiner Vegleiter kauerte sie mit einiger Verschämtheit neben mir nieder, mir so Gelegenheit zu geben ihren Schmuck in der Nähe zn betrachten. Sic trug drei Ningc an der Hand , von denen zwe mit österreichischen Zwanzigern, der dritte mit grün» gefärbten! Glas oben bedeckt waren. Weit merk-würdiger noch >var ihr .^Usschnnick, cm langes Collier uon feinen Kcttchcn und Haaren, in welche österreichische Zwanziger, Zehner, Sechser, Silber« groschcn, messingene Rechenpfennige, messingene und weiße beinerne Knöpfe u. s. w. ciugcftochten waren, Da sie übrigens einen längern Weg zu Fuß zurückgelegt hatte, waren ihre Füße natürlich mit Opanken bekleidet. Die übrigen halbwüchsigen und kleinem Kinder an der Thür gehörten alle znr Familie' unter ihnen befand sich auch ein Enkel der Witwe, ein kleiner blondhaariger Knabe, dessen Vater von den Türken erschlagen worden war. Der greise Slevan aber, welcher in der Ockc lag und sich von seinen Stammgenosscn ans dein österreichischen Gebiet in der Kleidung wesentlich dadlirch unterschied, das' er nicht das Hemd über den Beinkleidern, son« dern diese über jenem trng, war Mirza's Vater. Während er sich seine hölzerne Pfeife, deren Kopf selbst aus eitlem Knorren von Virkenholz geschnitten war, stopfte und anzündete, erzählte er uns, dast er eigentlich einige Stunden uon hier sein Haus habe, welches sammt seiner Familie er jedoch aus Furcht vor den Türken (diese leben innnr nur in größerer Anzahl in den Städten beisammen) verlassen nnd sich hielier begeben, von wo er natürlich für den Fall der Mtl, sich leicht auf österreichisches Gebiet flüchten könnte. Welche Zustände, welche Verhältnisse! Jener lleine vaterlose Knabe, dieser ans dem Kreis seiner Familie geflohene Greis! Welche Armuth, welch Elend, welche beständige Furcht! Ihre Spuren mareu auf dem Gesichte drr arnien Witwe schmerz lich und delitlich cingegraben. Welche Häuslichkeit, welch Francnloos! Diese jungen Weiber lebenslang znr härtesten Arbeit eines Sklaven bestimmt! Welch äußerer Schmutz uud welch innere sittliche Reinheit ! Denn dießscits wie jenseits der Grenze ist des Weibes Keuschheit unantastbar und unverletzt, freilich nicht so wM ans hoher sittlicher nnd christlicher Entwicklung, fnr welche die griechische Kirche, zu der diese serbischen Stämme sich sämmtlich bekennen, ohnehin wenig genug thut, sondern aus Scheu vor den Folgen. Selbst der türkische Gewalthaber wird sich nicht leicht an einem christlichen Weibe vergreifen, weil er weiß, daß cr's mit scincin i'eben bnßcn muß, — Welch Gegensatz endlich zwischen den volkreichen Straßen von Paris und Wien, nnd diesen einsamen Tbalschlnchten Bosnien's! Als wir das Hans verließen, was auf dem glatten, als Zugbrücke dienenden Vrette nicht leicht zn bewerkstelligen war, begleitete uns die gan;c Familie mit Ansnabmedes Greises bis zn einer nahestehen-den Eiche, umer welcher sich cine Art Dreschplatz nnd eine Flachsbreche befanden. Hier sagten wir Lebewohl , Alie znm Abschicd mit blanken österreichischen Sechsern und neuen Krcnzern beschenkend. Von hier wanderten wir durch Maisfelder, eine Berglehne hinansteigend, gegen Obljei, Mhe der Höhe des Verges fanden wir einen Schlnchteinschnitt, an dessen E„de einige Quellen unter Gebüsch cut- sprangen. Dic cinc derselben lieferte ein herrliches Triukwasser. welches uns sehr willkommen war. Wir beschlossen deßhalb hier zu lagern, zu rasten und uns zu erquicken. Der Schere schau er breitete seine Federtasche und Tücher auf die Erde, worauf wir uns niederließen, und alsbald ging die lange Pfeife im Kreise herum. Inzwischen kam der Korporal, der schon längere Zeit verschwunden war, mit einigen großen Paketen znrück, welche auf eiucm ausgebreiteten Tuche eröffnet wnrdcn. Sie enchiel» ten, Dank der frcundlicbcu Sorgfalt meiner Begleiter, in unserm Wagen verborgen gewesene Erfri» schungcn, Des Schcreschancrs langes und breites Dolchmcsscr, der Hantshar, diente uns als Tran-schirmcsscr; die Flaschen wurden entkorkt, und der dienstfertige Solin der Verge mischte an der Qnclle den trefflichen Nein mit dem erfrischenden Bergwasser. Die Sonne neigte sich dein Untergänge zu. Unsere Blicke schweiften von den Agramcr Bergen bis zu den hohen Gebirgen Bosuieu's, bis zn den blaueu Ototschaner Grenzbergeu und dem Kick bei ^iume; unter uns lagen anfder einen Seite die kroatische Ebene und das Hngel- nnd Vergland der Grenze, auf der midern die ciusanien, bewaldeten Thäler nnd Schluchten Bosniens, ein Vild, welches sich unvergeßlich der Seele einprägte. Der einzige Menschculaut. welcher aus diesem ganzen gropcn Gebiet au unsere Obren drang, war der Gesang und das Geschrei einiger bosnischen Hirtenknaben, welche eine kleine Hecrdc von Schafen, Schweinen und Puraus (Truthühnern) über die niedrigem Vergabhänge nach Hanse trieben. Zu meinen Füßen erblickte ich einen lieben Bekannten, eine Vlmnc, die mich ans allen meinen Reisen am weitesten begleitet hat, zn den Sanbdüncn an der Elbcmündung bei Hamburg, zum Friedliofe des I'^i-l' I.ncli,,!!'^ bei Paris, zn den olivcnrcichcn Siid-ablinngcn dcs Apennin, ilnd die mich nun hier wieder anf den bosnischen Grenzgebirgcn wie ein alter, lieber Bekannter ails der Heimat freundlich bc« grüßte, es war die Königskerze, Vclm^mn !!>n>i>üi>!. Es war bereits dunt'le Nacht, als wir von Oblj ei zu den feuerspeienden Essen der P etro v a-gorahüttc niid ^n dein traulichen Wirthshalisc in Topnsko zilrnckkcdrten, wo wir bei einMii Flaschen ansge;eichnctcr. echter Liebfrauenmilch i.'on den Ufern dcs Ndcines hier an der türkischen Grenze der fernen lieben gedachten. Dcr joviale Wirth, welcher sich an der Vcrwnndernng dcs Fremdlings crgöhte, hier cincn so vortrefflichen Rheinwein zn finden, brachte ans seinem Keller noch ein Gläschen alten, milden, duftigen, goldgclbcn Weines, eines Produktes der Grenze aus dem gcsegnclen Iabrc 1834, welches ganz seiner geographischen ^age entsprechend zwischen Tokaier nnd Cyperwcin die Mitte hielt. . Sebr befriedigt uon meincin Besuche im Cordon, von dcr Frenndlichkcit nnd Gastfreiheit der braven Vewohncr der Grenze, verließ ich andern Tags T o> pilsko, nm mich über Glina nnd Petrinia nach Sißekzn begeben. Noch anfmerksamer nnd theilnahm« voller betrachtete ich anf dcr Rückfahrt Land nnd keilte, dcn tapfern, abcr zum Landbau trägen Grenzer und sein uncrmüdct ficisiiges Wcib. Ich sah nicht ohne Erstaunen Weiber schwere basten auf dem Kopf, in dem durch den Gürtel allfgebauschtcn, obern Theile des Hemdes, das natürlich keine Taschen hat, eingekaufte Gegenstände, und in der Hand die rastlose Spindel tragen. Ich reichte dem Führer meines Wagens, als Mittel gegen seine Langeweile, eine Cigarre, und da ich bemerkte, daß er sie nicht an» zündete, bot ich ihm pantomimisch Fener an; „a -all net", war die fast unarticulirtc Antwort des treuherzigen, wenig dcutschredendcn Grenzers, „selber fressen besser", und ich sah mit stiller Verwunderung den Glimmstengel ohne Feiler ganz allmählig kürzer werden, über die nene Consumtionsart des künstlichen Fabrikates lächelnd. So. mannigfach beschäftigt, erreichte ich Nachmittags Sistek, das alte ^«'m der Römer, wo deren Denkmäler nnd spärlichen Vannberreste. so wie die großartigen modernen Vantcn des Bahnhofes, der Zllsammcilssuft der Kulpa nnd der Saoe, uud die Nahlstatt der grosteu Schlacht gegen die Türken (!K93) mnne Aliftncrksainkcit besonders fesseltell,