477Saša Jazbec: TRANSLANGUAGING UND SEIN POTENZIAL FÜR DEN DAF-UNTERRICHT ... Saša Jazbec UDK 811.112.2'243'246:37.091.3 Philosophische Fakultät, Universität Maribor DOI: 10.4312/vestnik.16.477-494 Slowenien Izvirni znanstveni članek sasa.jazbec@um.si TRANSLANGUAGING UND SEIN POTENZIAL FÜR DEN DAF-UNTERRICHT SOWIE FACHSPRACHLICHEN DAF- UNTERRICHT 1 EINLEITUNG1 Der Fremdsprachenunterricht und der fachsprachliche Fremdsprachenunterricht, vor al- lem der LOTE-Sprachen-Unterricht2, stehen heutzutage wegen vieler Veränderungen vor großen Herausforderungen. Zu diesen Herausforderungen zählen bspw. der dominan- te Status des Englischen unter den Sprachen, Migrations- und Globalisierungsprozesse sowie die Mediatisierung der Welt. Es scheint, und die Praxis bestätigt das, dass die didaktischen Konzepte für die aktuellen Schüler nicht mehr ausreichen. Aus dem dazuge- hörigen wissenschaftlichen Diskurs sind sowohl Diskussionen als auch Kritik und neue Lösungsansätze hervorgegangen (vgl. bspw. Dietrich-Grappin, Hufeisen 2023; Opitz, Sambanis 2023). Hier anknüpfend ist das Anliegen dieses Beitrags, das Potenzial des theoretisch gesehen jungen Ansatzes Translanguaging zu präsentieren und mit Beispie- len aus der Praxis didaktisch zu beleuchten. Laut Translanguaging soll man, anstatt vom Wechsel zwischen Sprachen oder von der Sprachmischung zu sprechen und die Sprachen zu trennen, lieber den Begriff „fließend von einer zu einer anderen Sprache überzugehen“ gebrauchen. Kurzum, man soll Sprachen fluide verwenden und den Gebrauch des ganzen linguistischen Repertoires der Schüler im Unterricht fordern und fördern und somit ihr kommunikatives Potenzial maximieren. Von einem solchen Verständnis des Sprachenler- nens (auch Fremdsprachenlernens sowie fachsprachlichen Fremdsprachenlernens) geht man im Rahmen des Translanguaging aus, vor allem aber liegt ihm ein anderes Verständ- nis von Sprachen zugrunde als beim Code-Switching. Es handelt sich um ein anderes 1 Der Beitrag ist im Rahmen des Forschungsprogramms Interkulturelle literaturwissenschaftliche Studien (Nr. P6-0265) entstanden. 2 LOTE-Fremdsprachenunterricht ist die Abkürzung für „Languages Other than Englisch“, die sich in den gegenwärtigen Quellen für das Gegensatzpaar Englisch und Non-Englisch etabliert. 478 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE/JOURNAL FOR FOREIGN LANGUAGES Denken und demnach sollte auch anders unterrichtet werden.3 Außerdem wird auf das Konzept Translanguaging auch aus linguistischer und aus sprachdidaktischer Perspektive eingegangen. Den theoretischen Überlegungen darüber folgt die Darstellung des didakti- schen Potenzials des Translanguaging für den DaF-Unterricht bzw. den fachsprachlichen DaF-Unterricht anhand eines gelungenen Beispiels des „Translanguaging-Klassenzim- mers“ von Herrn Brown in den USA sowie anhand zweier didaktischer Vorschläge für einen DaF- und fachsprachlichen DaF-Unterricht mit Elementen des Translanguaging- Ansatzes, die durch ein pädagogisches Experiment untermauert werden. 2 DAS KONZEPT TRANSLANGUAGING – THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN 2. 1 Das Konzept Translanguaging aus linguistischer Perspektive Der Begriff Translanguaging stammt von dem walisischen Begriff trawsieithu. Der Pädagoge Williams verwendete ihn in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, um damit die sy- stematische und geplante Verwendung von zwei Sprachen (Englisch und Spanisch in Wales) im Rahmen einer Unterrichtsstunde zu benennen. Der Begriff wurde später ins Englische als translinguifying übersetzt. Baker (2001) formulierte ihn dann in translanguaging um. Trans- languaging steht für eine spezifische Sprachpraxis im Sprachenunterricht, bei der zwei Spra- chen oder das ganze linguistische Repertoire eines Individuums verwendet werden, mit dem Ziel, einen Inhalt möglichst optimal zu kommunizieren. Um Missverständnisse zu vermeiden, muss an dieser Stelle verdeutlicht werden, dass diese Sprachpraxis kein Übersetzen, d. h. kein translating ist (Williams 2002: 29) und auch kein Code-Switching, d. h. kein Sprachwechsel (Bialystock 1990), sondern translanguaging (dazu mehr Kapitel 2.2). Das deutschsprachige Äquivalent zu translanguaging ist Translingualismus. In Analogie zu multilingualism, dessen Äquivalent Mehrsprachigkeit lautet, oder bilingua- lism, was auf Deutsch auch Zweisprachigkeit genannt wird, könnte man alternativ für das Äquivalent zu translanguaging den deutschsprachigen Hybrid Übersprachlichkeit vor- schlagen. Trotz dieser Überlegung zur deutschsprachigen Variante des Begriffs Trans- languaging wird im Beitrag weiter so wie in anderen deutschsprachigen Publikationen (bspw. Seidl 2020 und Kirsch, Mortini 2016) der Begriff Translanguaging verwendet. Wei (2016: 18) hebt vor allem die Bedeutung des Präfixes trans- im Begriff Trans- languaging hervor und erklärt somit auch das Translanguaging: • es handelt sich um eine fluide Sprachpraxis, die sich trans- bzw. jenseits des sozial konstruierten Systems der Sprachen und Strukturen ausdehnt, sie transzendiert und diverse sinnstiftende Systeme aktiviert; 3 Während Translanguaging in der bilingualen Forschung bzw. im bilingualen Unterricht schon angewendet wird er im Fremdsprachenunterricht weder etabliert noch gründlich erforscht. 479Saša Jazbec: TRANSLANGUAGING UND SEIN POTENZIAL FÜR DEN DAF-UNTERRICHT ... • es hat nicht nur für das System von Sprachen, sondern auch für Kognition und sozi- ale Strukturen des Individuums eine transformative Kapazität; • es hat transdisziplinäre Folgen für die Re-Konzeptualisierung von Sprachen, Spra- chenlernen und Sprachgebrauch in der Linguistik, Psychologie, Soziologie und Bildung. Die Definition von Wei geht auf verschiedene Aspekte von Translanguaging ein, von der fluiden Sprachpraxis, die vom Menschen und seinen sprachlichen Ressourcen ausgeht und die traditionellen Grenzen zwischen Sprachen relativiert, über die Folgen, die das Konzept für das Denken des Individuums und der Gesellschaft hat, bis hin zu einer neuen Positionierung und Auffassung von Sprache(n) für das Lernen und Lehren sowie die Forschung. Kirsch und Mortini behaupten, der Begriff Translanguaging „beschreibt den Pro- zess, in dem Personen flexibel und strategisch auf ihr gesamtes sprachliches und nicht- sprachliches Repertoire zurückgreifen, um zu kommunizieren, Wissen zu konstruieren, Verständnis zu erzeugen und ihre sprachliche Identität auszudrücken“ (2016: 23). Wenn man die Definition betrachtet und bspw. an ein Kind denkt, das zwei- oder mehrsprachig aufwächst, dann kann man sie nur bestätigen. Um das Ziel zu erreichen, bspw. die Be- dürfnisse zu stillen, greifen mehrsprachige Kinder zu allen möglichen sprachlichen und auch nicht-sprachlichen Ressourcen. Das Resultat einer solchen „sprachlichen Aktion“ ist bspw. der Satz: Schokolade? Nimam pojma, wo sie ist, muca papala. [Schokolade? Keine Ahnung, wo sie ist, die Katze hat sie aufgegessen]. Die Akteure im nichtinstitutionellen Umfeld, konkret die Eltern des Kindes, kümmern sich nicht um die sprachliche Formulie- rung, sondern um den Inhalt der Aussage. Im institutionellen Umfeld dagegen würden die Lehrer dem vorherrschenden monolingualen Paradigma im (Fremd-)Sprachenunterricht folgend den Schüler korrigieren oder ihn darauf aufmerksam machen, dass man Sprachen nicht mischen darf bzw. dass das Code-Switching im Fremdsprachenunterricht eher ver- mieden als verwendet wird. Das Konzept Translanguaging stammt aus dem bilingualen Bereich und ist in der bi- lingualen Forschung wissenschaftlich und praktisch fundierter (vgl. z. B. Blackledge und Creese 2010; Creese und Blackledge 2010; Wei 2011; Cenoz und Gorter 2015; García und Wei 2014; Hornberger und Link 2012; Otheguy et al. 2015) als bspw. im Fremd- sprachenunterricht, wobei es sich allgemein um ein junges Forschungsfeld handelt (dazu bspw. Nagy 2018; Seidl 2020). Die Translanguaging-Theorie, die die bilinguale For- schung entwickelt, geht davon aus, dass Sprachen, so wir sie sie kennen, bspw. Deutsch, Slowenisch, Englisch, Kroatisch, Ungarisch, soziale Konstrukte sind, und plädiert da- für, dass die Schule alle Sprachen, alle Sprachpraktiken der Schüler nutzen muss und nicht nur die in den Schulen legitimierten (Wei und García 2017). Bilinguale Menschen 480 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE/JOURNAL FOR FOREIGN LANGUAGES mögen, so Garcia (2015, Interview4), zwar sozial gesehen zwei getrennte Sprachen ha- ben, aber sie seien doch eine Person mit einem inneren Sprachsystem. „Das sind nicht zwei Einsprachige in einem, sondern das ist ein zweisprachiger Mensch“, betont García in einem Interview (2015, Interview). Dieser zweisprachige oder sogar mehrsprachige Mensch hat also eine mentale Grammatik, aber zwei oder mehrere Sprachen. Die Sprachen, die laut García linguistisch konstruierte Entitäten bzw. sozial, politisch, national und wissenschaftlich motivierte Konstrukte sind (García 2009), sind aus individueller Perspektive strikt getrennt. Aus der Perspektive der Menschen bilden sie aber ein Repertoire bzw. eine mentale Grammatik. Das Individuum wählt daraus, je nach den unterschiedlichen Situationen, einzelne rele- vante Bestandteile aus. Die These, dass ein Repertoire sowie eine mentale Grammatik zwar vom Außen als zwei oder mehr repräsentiert sind, aber im Inneren eine oder eins sind, veranschaulichen García, Johnson und Seltzer (2017: 21) mit dem Bild des Flus- ses bzw. sie nennen es translanguaging corriente. Ein Fluss durchzieht scheinbar zwei durch ihn getrennte Gebiete und so werden auch die Sprachen eines mehrsprachigen Menschen als scheinbar getrennt wahrgenommen – an einem Ufer das Sprachsystem der einen Sprache, der Familiensprache, und am anderen Ufer, das der anderen Sprache, der Unterrichtssprache. Der Fluss verläuft jedoch auf einem nicht sichtbaren Flussbett und dieses ist verbunden, die beiden getrennten Gebiete sind eigentlich eines. Ein solcher Fluss – ein translanguaging corriente – durchzieht auch zwei oder mehrere Sprachen und das mentale System des Menschen sowie auch den Unterricht. Er ist, wie das Wasser selbst, nicht beständig, sondern verändert sich laufend durch die sprachlichen Praktiken der Schüler und der Lehrer und passt sich den Gegebenheiten an. Wei, neben García ein wichtiger Forscher des Translanguaging, behauptet: Translanguaging is that it is not conceived as an object or a linguistic struc- tural phenomenon to describe and analyze but a practice and a process – a practice that involves dynamic and functionally integrated use of different languages and language varieties, but more importantly a process of know- ledge construction that goes beyond language(s). […] It has the capacity to enable us to explore the human mind as a holistic multi-competence […]. (Wei 2018: 27; Hervorhebung S. J.) Aus Weis Auffassung geht genauso wie bei García hervor, dass man nicht über den Gebrauch von verschiedenen Sprachen sprechen soll, sondern von einer Sprach- praxis, die sich jenseits der Sprachen auf die Wissenskonstruktion und die holistische 4 Dass hierdurch eine Benachteiligung entstehen kann, indem mangelhafte sprachliche Kenntnisse oder Ausdrucksmöglichkeiten allgemein mangelhaften kognitiven Fähigkeiten eines Individuums gleichgesetzt werden, ist ein Problem, das insbesondere für schulische Bewertungen von Relevanz ist und auf das Translanguaging eine Antwort bietet. 481Saša Jazbec: TRANSLANGUAGING UND SEIN POTENZIAL FÜR DEN DAF-UNTERRICHT ... Multikompetenz des menschlichen Verstandes fokussiert. Sowohl García als auch Wei u. a. verweisen in ihren Studien auf eine Seite der Sprachen, die bisher in traditionelle- ren linguistischen Theorien und folglich auch im pädagogischen Diskurs, Fremdspra- chenlernen inklusive, etabliert wurde und darauf, dass diese in der neuen globalisierten und mehrsprachigen Welt relativiert wird. Das Translanguaging soll verhindern, dass Menschen die sog. „Smartphone-Sprachlogik“ verwenden bzw. sie leben und danach unterrichtet werden. Die „Smartphone-Logik“ sei eine von Garcías größten Frustrationen, postuliert sie in einem Interview aus dem Jahr 2015. Wenn man auf einem Handy einen Text schreibt, etwa an die Familie, dann schreibt ein bilingualer Mensch nie nur in einer Sprache. Er benutzt ständig Wörter aus verschiedenen Sprachen und versucht sein sprachliches Re- pertoire ohne Einschränkungen zu benutzen. Aber beim Handy muss man sich entschei- den, man muss eine Sprache auswählen, sonst schreibt es das Falsche bzw. korrigiert die Wörter automatisch (manchmal ist das humorvoll, manchmal peinlich). „Das iPhone kennt nicht Translanguage (sic!)“ (2015 Interview und García und Kate Seltzer 2016: 22). Obwohl die Technik Garcías Frustrationsproblem schon behoben hat, ist ihre Meta- pher immer noch überlegenswert. Das Translanguaging ist die Fähigkeit solche Sprach- funktionen auf dem Handy zu ignorieren und alle Sprachressourcen fluide zu nutzen, da sie zum Repertoire des Bi- bzw. Multilingualen gehören. Tatsache ist, dass Bilinguale kommunizieren, ohne Rücksicht darauf, ob ihre Wörter der einen oder anderen Sprache angehören. In der Gesellschaft – und vor allem in der Schule – dominiert aber das andere traditionelle, eigentlich das „Handy-Paradigma“, das Sprachen trennt, Grenzen zwischen Sprachen hervorhebt und Sprachmischungen sowie Sprachwechsel nicht unterstützt, sondern sanktioniert. Beim Translanguaging als einem „Gegen-das-Handy-Paradigma-Verständnis“ von Sprachen setzen die pädagogischen Grundannahmen des Ansatzes an. 2. 2 Das Konzept Translanguaging aus sprachdidaktischer Perspektive Wenn aus linguistischer Perspektive Translanguaging für die Entwicklung des ganzen linguistischen Repertoires des Individuums ohne Rücksicht auf die Einhaltung der ge- sellschaftlich und politisch definierten Grenzen zwischen Sprachen steht (Otheguy, et al. 2015: 281), ist Translanguaging aus der didaktischen Perspektive ein neuer Ansatz, der die Entwicklung des ganzen, komplexen linguistischen Repertoires mit didaktischen Strategien unterstützt und fördert (Cenoz 2017: 194). Dieser Ansatz ist im Vergleich zu dem traditionellen „monolingualen Habitus“ (Gogolin 1994) oder „two solitudes“ (Cummins 2008) radikal anders. Nach Gogolin wird in Deutschland, aber man kann behaupten auch anderswo, jeder Unterricht (auch jeder Fremdsprachenunterricht sowie jeder fachsprachliche Fremdsprachenunterricht) von einer Sprache dominiert. Kurzum Mehrsprachigkeit wird monolingual unterrichtet; nach Cummins gibt es „two solitudes“, 482 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE/JOURNAL FOR FOREIGN LANGUAGES d. h. Muttersprache und Fremdsprache(n) werden beim Fremdsprachenunterricht isoliert und voneinander unabhängig behandelt und die verschiedenen Muttersprachen in einer Klasse werden ignoriert (Cummins 2008). Der Translanguaging-Ansatz will diese kon- struierte Kommunikation ändern und erreichen, dass das, was inoffiziell bereits in der Klasse stattfindet, offiziell wird. Dağhan-Aslan und Kıray stellen in diesem Kontext tref- fend fest, der Translanguaging-Ansatz mache die Komplexität des Sprachaustausches zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft im Unterricht sichtbar (2020: 1370). Das Wichtigste beim Translanguaging-Ansatz ist, dass er schülerorientiert ist, dass er das Lernen der Fremdsprache aber auch verschiedener Muttersprachen in einer Klasse for- dert und fördert, dass er dadurch die Grenze zwischen der Schule und dem Zuhause von Schülern verwischt und auch eine tiefere Auseinandersetzung mit behandelten Inhalten ermöglicht. Laut dem aktuellen fremdsprachlichen Paradigma lernen Schüler Fremdsprachen im gegenwärtigen Unterricht auf einem sog. monolingualen Weg, d. h. die Zielsprache ist die einzige Sprache, die unterrichtet wird und in der auch unterrichtet werden sollte. Ein effektiver Fremdsprachenunterricht sollte die Fremdsprache als Ziel und als Medium der Kommunikation verwenden und somit den Schülern einen optimalen fremdsprachlichen Input ermöglichen, um später dann einen optimalen fremdsprachlichen Output erzielen zu können. Dagegen stellt den Ausgangspunkt beim Translanguaging, wie oben erwähnt, die kommunizierende Person mit ihren vielfältigen (fremd-)sprachlichen Ressourcen dar. Die wesentlichen Ziele des Translanguaging sind folglich nicht etwa native-like Sprechende einer Fremdsprache, sondern die Erfüllung drei wesentlicher Funktionen für Schüler: 1) eine aktivere Teilnahme am Unterricht, 2) eine bessere Ausarbeitung ihrer Ideen und 3) ein intensiveres, konstruktiveres Aufwerfen von Fragen (García & Leiva 2014). Damit unterstützt das Translanguaging sowohl das metalinguistische Bewusst- sein der Schüler als auch ihr kritisches Sprachbewusstsein. Schließlich bietet das Trans- languaging Vorteile auch für Lehrer: Translanguaging versetzt den Lehrer in eine neue Rolle, eine Rolle des Mitlernenden, der nicht nur von der Sprache, sondern auch von den kulturellen Praktiken der Schüler lernt (García, Johnson und Seltzer 2017). Der Vorschlag, dass man den fremdsprachlichen Input in Klassen auf Kosten ver- schiedener Muttersprachen, die beim Translanguaging offiziell zu Wort kommen kön- nen bzw. dürfen, reduziert, widerspricht dem Ansatz, sich durch einen möglichst großen fremdsprachlichen Input beim Fremdsprachenunterricht dem natürlichen Mutterspra- chenerwerb zu nähern (bspw. Skela, Dagarin Fojkar 2019). Weiter noch kann man be- haupten, dass ein quantitativ und qualitativ intensiver, fremdsprachlicher Input sowie aktives und intensives Lernen direkt zum Ziel führen, eine Fremdsprache auf einem Ni- veau (von A1 bis C2) zu beherrschen. Mit einem intensiven und qualitativ hochwertigen fremdsprachlichen Input sind jedoch mehr als 2 Stunden pro Woche und das Lernen zu Hause gemeint. Da die LOTE-Sprachen meist nur in der Schule und wenig zu Hause ge- lernt werden und die meisten Lehrer sich vor allem mit der Motivation ihrer Schüler für 483Saša Jazbec: TRANSLANGUAGING UND SEIN POTENZIAL FÜR DEN DAF-UNTERRICHT ... das Fremdsprachenlernen beschäftigen, scheint der Vorschlag, ein anderes Lernparadig- ma bzw. einen anderen didaktischen Ansatz vorzuschlagen, nicht ganz abwegig zu sein. Neben dem fremdsprachlichen Input, der beim realen Fremdsprachenunterricht meist sowieso schon jetzt nicht 100 % fremdsprachig ist, worüber viele Lehrer berichten und man aufgrund vieler Unterrichtsbeobachtungen in Slowenien und auch anderswo behaupten kann, sticht dabei noch ein anderes Problem hervor: die kognitive Unterschät- zung von Schülern (bspw. Skela, Dagarin Fojkar 2019; Schart 2019). Dieses zeigt sich bei den Schülern, aber auch und vor allem bei Erwachsenen, bspw. bei Migranten. Die meisten haben vermutlich schon ein Schulsystem, einige sogar ein Studium absolviert und/oder sind Fachleute auf einem bestimmten Gebiet. Dann setzten sie sich mit einer Fremdsprache auseinander und sie werden nicht nur sprachlich, sondern auch intellektu- ell, beim Fremdsprachenlernen, auf ein Anfängerniveau reduziert, bspw. Guten Tag. Wie heißen Sie? Wie alt sind Sie? Das vorherrschende Lernparadigma tendiert dazu, dass sie die Fremdsprache möglichst schnell lernen. Dabei wird auf die Kenntnisse und Wissen in den Sprachen, die sie schon erlernt haben, meist verzichtet. García (2009) erläutert diese Lernpraxis wie folgt: Wenn einem zweisprachigen Schüler gesagt wird, er soll auf seine Muttersprache beim Unterricht verzichten, der in einer anderen als seiner Muttersprache abläuft, dann kann man das mit einer Situation vergleichen, in der ihm die Hände hinter den Rücken und die Augen verbunden werden und er sollen dieselben Aufgaben lösen, wie die Schüler mit freien Händen und unverbundenen Augen. Dieses Unbehagen oder sogar den Zorn bestätigte auch ein Schüler beim fachsprach- lichen DaF-Unterricht, bei dem auch Studierende als Beobachter beteiligt waren. Bei einer Stunde, die den Wortschatzerwerb zum Ziel hatte, versetzte der Lehrer die Schüler ständig in eine Rolle, in der ihnen gezeigt wurde, was sie noch nicht können. Das The- ma waren Fachbegriffe, die sprachlich gesehen dem Niveau B2 oder nach dem Refe- renzrahmen (Europarat 2001) sogar einem höheren Niveau zugeordnet werden können. Eigentlich aber waren das die Grundbegriffe und Konzepte ihres Faches, die sie schon vor einigen Jahren erlernt haben und sie fühlten sich fachlich deutlich unterfordert. Am Ende der Stunde drehte sich ein Schüler zu den Studierenden um und sagte: Wissen Sie [Studierende], bei den anderen Fächern [d. h. nicht DaF] sind wir nicht so retardiert wie hier [beim DaF]. Wir können uns vorstellen, dass ein noch so qualitativ hochwertiger fremdsprachlicher Input dieses Unbehagen nicht auflöst, dass in einem solchen didakti- schen Kontext die Motivation für das Fremdsprachenlernen stark reduziert und der Erfolg beim Fremdsprachenlernen minimiert werden. Die in dieser Situation entstandene Benachteiligung, die mangelhaften sprachlichen Kenntnisse oder Ausdrucksmöglichkeiten werden mit allgemein mangelhaften kognitiven Fähigkeiten eines Individuums gleichgesetzt und das ist ein Problem, mit dem sich ins- besondere das schulische Lernen, Fremdsprachenlernen und das fachsprachliche Fremd- sprachenlernen auseinandersetzen müssen. Translanguaging bietet m. E. eine mögliche Antwort darauf. Es könnte einen anderen Weg für das Fremdsprachenlernen bahnen, noch 484 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE/JOURNAL FOR FOREIGN LANGUAGES genauer für das fachsprachliche Fremdsprachenlernen. Demnach wären alle Mutterspra- chen in der Klasse wichtig und man sollte und dürfte sie legitim verwenden und somit könnte auch das Fachwissen, das in verschiedenen Sprachen erworben wurde, aktiviert und in den Lernprozess einbezogen werden. Mit dem Translanguaging-Ansatz würde man das bisherige traditionelle monolinguale Paradigma dekonstruieren und ein neues konstruieren. 2.2.1 Translanguaging und Code-Switching Bevor auf konkrete Vorschläge für den translingualen Fremdsprachenunterricht sowie translingualen fachsprachlichen Fremdsprachenunterricht eingegangen wird, soll das Translanguaging noch kurz im Vergleich zum Code-Switching thematisiert werden. Code-Switching ist ein Konzept, das theoretisch älter als Translanguaging ist, prak- tisch aber gab es und gibt es beide schon seit jeher. In der Literatur über den Fremd- und Zweitsprachenerwerb der 80er und 90er Jahre wird Code-Switching als Teil der Kommunikationsstrategien (bzw. Interlanguage) verstanden (Bialystock 1990, Tarone et al. 1990, Faerch und Casper 1990, Corder 1990). Es wird mit flexibler Anpassung des Sprachverhaltens an die konkrete kommunikative Situation verbunden, aber vor allem mit Defiziten in der Sprachkompetenz. Beim traditionellen Fremdsprachenlernen wird das Code-Switching entweder als Vermeidungsstrategie behandelt (man weicht vom Thema ab, weil die sprachlichen Ressourcen fehlen) oder als Leistungsstrategie (man weicht von Ressourcen einer Zielsprache ab, indem man auf alternative Ressourcen zugreift) (ebd.). Die Äußerung „Leg den pencil auf den Tisch“ kann man aus linguistischer Perspek- tive wie folgt erklären: Laut dem Code-Switching wird die Äußerung als ein Mischen zweier sprachlicher Systeme (der Zielsprache Deutsch und der eingebetteten Sprache Englisch) gedeutet. Die Perspektive des Code-Switching ist die externe Perspektive aus der Sicht der getrennten Sprachsysteme. Nach Translanguaging dagegen würde man den Satz als das Resultat eines einzigen, eigenen sprachlichen Systems verstehen. Dabei wird die Innenperspektive des sprechenden Subjekts hervorgehoben. Code-Switching fokussiert eine gesellschaftspolitische Definition der jeweiligen Sprachen, basiert auf zwei/mehreren monolingualen Normensätzen und erkennt sozial- politische Grenzen zwischen Sprachsystemen an. Es legt auch nahe, dass das Vermischen der jeweiligen Sprachen entweder strategisch abweichend oder fehlerhaft sei. Dieses kann zu einer negativen Wahrnehmung bilingualer Menschen beitragen, da ihre Sprache beispielsweise als „gebrochen“ empfunden werden kann. Translanguaging dagegen ist in einer an Sprecher und Gemeinschaft orientierten Perspektive auf die Verwendung von Sprachen verwurzelt, überwindet bzw. transzendiert die Grenzen der jeweiligen Spra- chen und etabliert und befürwortet eine fluide Sprachpraxis. Es definiert die Verwendung des gesamten kommunikativen bzw. sprachlichen Repertoires als eine authentische, legi- time und reiche Sprachpraktik und bekräftigt somit bi- bzw. multilinguale Identitäten und damit verbundene Denkweisen. 485Saša Jazbec: TRANSLANGUAGING UND SEIN POTENZIAL FÜR DEN DAF-UNTERRICHT ... Die Äußerung „Leg den pencil auf den Tisch“ kann man auch aus didaktischer Per- spektive der Ansätze Code-Switching und Translanguaging behandeln: Das Code-Swit- ching will den Lernprozess so organisieren, dass Schüler nur einen Teil des sprachlichen Repertoires nutzen, konkret in der Äußerung nur Deutsch, und dass sie das neue sprach- liche Repertoire einsetzen, um vor allem die Fremdsprache, hier Deutsch, aber auch den Inhalt lernen. Translanguaging dagegen fordert die Schüler auf, das gesamte sprachliche Repertoire im Unterricht flexibel einzusetzen, um vor allem im Unterricht den Inhalt zu kommunizieren, aber auch die Sprachen, hier Deutsch und auch die Muttersprache(n), in der Klasse zu lernen. 3 DIDAKTISCHES POTENTIAL DES TRANSLANGUAGING FÜR DEN DAF-UNTERRICHT UND DEN FACHSPRACHLICHEN DAF-UNTERRICHT 3.1 Ein Beispiel des Fremdsprachenunterrichts nach dem Translanguaging Ansatz Im Weiteren wird kurz das in der fachlichen und auch wissenschaftlichen Öffentlichkeit bekannte und diskutierte Klassenzimmer von Andy Brown geschildert (Brown 2016). Brown ist, wie den Quellen zu entnehmen ist, ein Vertreter des Translanguaging. Er inkorporiert Translanguaging in seine Didaktik und stellt das Verfahren und seine Refle- xionen den Interessierten zur Verfügung (vgl. García und Seltzer 2016). Brown ist Klassenlehrer und auch Lehrer für Englisch als Fremdsprache in NYC. Seine Klasse ist sprachlich heterogen, darin gibt es 5 Muttersprachen: Spanisch, Pol- nisch, Arabisch, Ukrainisch und Englisch. In seiner Klasse werden dem Translangua- ging-Ansatz entsprechend alle Sprachen gehört und gesprochen. Brown baut im Klas- senzimmer sog. Translanguaging-Spaces (Wei 2018) auf, indem er sicherstellt, dass das sog. „linguistic landscape“ an Wänden, Plakaten, auf dem digitalen Whiteboard und in den Schülerbüchern alle Klassensprachen umfasst, obwohl dies offiziell ein eng- lischsprachiges Klassenzimmer ist. Die Schüler werden in den Translanguaging-Spaces auch aufgefordert, ihre Muttersprachen zu verwenden, unabhängig davon, wieviel da- von von den anderen tatsächlich verstanden wird. Interessanterweise erklärt Brown sich dabei als „monolingual Englisch“. Er lernt zwar Fremdsprachen, bspw. Spanisch, aber andere Sprachen seiner Schüler kennt, versteht und spricht er nicht. Trotzdem fordert er die Schüler regelmäßig auf, eine Aussage in ihrer Muttersprache zu formu- lieren oder etwas in ihrer Muttersprache, bspw. Ukrainisch, laut vorzulesen. Nach dem Vorlesen in der bspw. polnischen Sprache lautet sein Kommentar: Danke. Und macht das [was du in deiner Muttersprache vorgelesen hast] Sinn für dich? (Brown 2016). Er versteht kein Polnisch und er fordert auch den Schüler nicht auf, das Vorgelesene 486 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE/JOURNAL FOR FOREIGN LANGUAGES ins Englische zu übersetzten oder zusammenzufassen. Vor allem aber schafft er es, den Stress zu überwinden, als Lehrer nicht alles zu verstehen, was die Schüler sagen und reden. Das nächste, wichtige Ziel, das er mit einer solchen Einstellung gegenüber allen Klassensprachen in der Klasse erreicht, ist, dass er die Grenzen zwischen Sprachen re- lativiert und den Schülern das Bewusstsein vermittelt, dass alle Sprachen gleich wichtig sind. Dazu ist er nicht ein allwissender Lehrer, sondern Ko-Lerner und die Schüler sind sehr motiviert ihm ihre Sprache, bestimmte Ausdrücke beizubringen, ihn bei der Aus- sprache zu korrigieren usw. Das Lernen in einer solchen Lernumgebung bei einer solchen Lernstimmung ist erfolgversprechend. Das Klassenzimmer sieht wie eine Lernwerkstatt aus, in der wirklich alle Schüler arbeiten und der Lehrer Brown keine Probleme mit etwa- igen unmotivierten Schülern hat. Ein weiteres Anliegen von Browns Arbeit, das aber erst langfristig ersichtlich wird und empirisch noch nicht bewiesen wurde, ist auch eine hohe Stufe des Sprachbewusstseins, metalinguistischen Wissens und kritischen Denkens, das seine Schüler bei einer solchen Arbeit in der Klasse entwickeln sollten (siehe dazu Wei 2011), sowie – last but not least – dann noch ein neues, für die jetzige Zeit relevanteres Konzept der Mehrsprachigkeit. 3.2 Didaktische Vorschläge für einen DaF- Unterricht bzw. den fachsprachlichen DaF-Unterricht mit Elementen des Translanguaging-Ansatzes Aus der Perspektive der Fremdsprachendidaktik kann Translanguaging als eine Lehr- strategie verstanden werden, auf die Lehrer zurückgreifen können. Konkret bedeutet das, dass Lehrer „translanguaging spaces“ organisieren oder das spontane Agieren von Schü- lern in diesen Räumen erlauben und dass sie auch die sog. „translanguaging rings“ nach Bedarf anbieten. Im Weiteren werden die zwei Lehrstrategien erklärt und mit Beispielen untermauert. 3.2.1 „Translanguaging spaces“ oder Translanguaging-Räume „Translanguaging spaces“ (Wei 2011, 2018) sind Räume, konkret im Fremdsprachenun- terricht sind das Zeiträume, in denen die Schüler ihr gesamtes Repertoire beim und zum Lernen einsetzen können. Außerhalb dieser Räume wird weiter noch das Ziel verfolgt, dass die Schüler lernen müssen, sich korrekt in der Fremdsprache auszudrücken und ihre Muttersprache zu unterdrücken. Hier wird kurz das Resultat eines pädagogischen Experiments dargestellt, das die These bestätigt, dass das Einsetzen von Translanguaging-Räumen im Fremdsprachen- unterricht positive Auswirkungen auf den Unterricht selbst und auf die Arbeit sowie die Motivation der Schüler hat. 487Saša Jazbec: TRANSLANGUAGING UND SEIN POTENZIAL FÜR DEN DAF-UNTERRICHT ... Der Unterrichtsablauf: Die Schüler (13 bis 15 Jahre) der 7., 8. und 9. Klasse in einer Gesamtschule in der Umge- bung von Maribor lernen Deutsch als Fremdsprache als obligatorisches Wahlfach unter- schiedlich lang. Ihre sprachlichen Kenntnisse und auch ihre Motivation für das DaF-Ler- nen sind unterschiedlich. Bei allen ist die Kluft zwischen dem, was sie sagen wollen, und dem, was sie auf Deutsch sagen können, sehr groß. Für das Experiment hat die Lehrerin mit ihnen wie üblich im DaF-Unterricht eine kurze Geschichte behandelt. Als Transfer sollten die Schüler dann eine Fortsetzung der Geschichte schreiben. Die Methode kennen die Schüler und laut der Erfahrung der Lehrerin sind diese Fortsetzungen in der Regel sehr kurz und inhaltlich sowie sprachlich sehr bescheiden und begrenzt. Die Lehrerin befolgte beim Experiment den Vorschlag und eröffnete in dieser Trans- ferphase einen Translanguaging-Raum, d. h. sie forderte die Schüler auf, eine Fortsetzung zu scheiben und hob hervor, dass sie dabei alle Sprachen, die sie kennen, verwenden dür- fen. Nach einem „Das-gibt’s-doch-nicht!-Gefühl“ bei den Schülern, so die Beobachtung des Unterrichtsgeschehens, begaben sie sich an die Arbeit. Sie schrieben die Fortsetzun- gen mit einem unglaublichen Eifer und einer unglaublichen Motivation. Dabei sprühte die Klasse vor Ideen und Gedanken. Nach 20 Minuten baten sie die Lehrerin um mehr Zeit, um ihre Geschichten zu Ende schreiben zu können.5 Die Fortsetzungen, die die Schüler geschrieben haben, sind quantitativ gesehen deutlich umfangreicher als beim Schreiben außerhalb der Translanguaging-Räume und vor allem waren die Schüler sehr motiviert, sie zu verfassen. Inhaltlich waren sie auch in- teressant, unterschiedlich verwickelt, aber im Durchschnitt viel besser als die Ergebnisse sonstiger Arbeit im DaF-Unterricht. Sprachlich gesehen waren sie eine bunte Mischung verschiedener Sprachen. Die Schüler haben den Anweisungen folgend Sprachen fluide verwendet. Dies kommt innerhalb eines Textes zum Ausdruck, im dem die Sprachen Slowenisch, Englisch und Deutsch verwendet werden oder auch so, dass der ganze Text bspw. auf Ukrainisch oder Kroatisch geschrieben wurde. Nachfolgend sind einige Ausschnitte aus den Texten, die die Translanguaging- Praxis belegen, angeführt. Die Texte sind authentisch, was den Sprachgebrauch und die Abweichung von sprachlichen Standards einer Sprache oder die Kombination mehrerer Sprachen angeht. Die Texte hier sind Auszüge aus den Fortsetzungen, die der Text, den die Lehrerin erstellt hatte, auslöste. Der Text handelte über Laura, die sich an einem Win- tertag sehr langweilt, und Jan, der dann kommt und etwas unternehmen will. Ko sta si umila obraz sta šla igrat človek nejezise pa sta vzela kokice in sta šla gledat film z naslovom Grinch imela sta oblečene iste pižame. in uno Jan glih ni najboljši pri unu zato pa mu gre zelo dobro človek nejezise. (Maj, 12 Jahre) 5 Die Lehrerin hat gesagt, dass es noch nie passiert ist, dass die Schüler für eine offenere Aufgabenstellung, die dazu noch schrifltich angefertigt werden sollte, mehr als 20 Minuten Zeit gebraucht hätten, geschweige denn um mehr Zeit gebeten hätten. 488 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE/JOURNAL FOR FOREIGN LANGUAGES Nato pa se Jan spomni i have odl motobike in my garage so you can go spaktirat rucksack an i will go po my motor bike, se vidima čez 20 min pri tebi. (Alex, 13 Jahre) Posle Doručka otišli su da se spakuje za kuči, kad su se spakovali otišli su kuči vozili su se 2 sata iz planine kuči kad su došli su se odmorili od sküana i tako se jim se Dan zaključijo. (Minja, 14 Jahre) Der Film was sehr gut. Laura und Jan went to Schnee und the go sankati. They sankati down the hrib und sta treščila to a dreva. Laura hurt die nos und Jan breake the sanke. (Laura, 13 Jahre) Die Textprodukte sind analytisch sehr interessant, denn sie zeigen einerseits, dass die sprachlichen Repertoires einiger Sprachen dominieren (bspw. Slowenisch) bzw. dass darin verschiedene Sprachen vorkommen (Englisch, Deutsch, Slowenisch, Kroatisch), die den Schülern helfen, ihre Gedanken und Ideen zu versprachlichen. Andererseits sind sie das Analysematerial für den Lehrer, für die weitere Planung des Unterrichts, für das bessere Kennenlernen der sprachlichen Kompetenzen und auch die noch fehlenden Kom- petenzen der Schüler. Darüber hinaus sind sie aber auch die Produkte, in denen alle Spra- chen der Klasse, die die Schüler beherrschen, eine Stimme bekommen (können). 3.2.2 Translanguaging rings oder Translanguaging-Ringe „Translanguanging rings“ (García, Solorza & Sánchez: 2019 25) sind Ringe, die im Un- terricht um die Schüler herum aufgebaut werden und ihnen ermöglichen, sich an Auf- gaben zu beteiligen, die ohne Hilfe (im weitesten Sinne des Wortes) nicht durchführbar sind. Es handelt sich um eine Art „scaffolding“ oder um ein konstruiertes, fiktives Gerüst, womit dem Lehrer und auch den Schülern ermöglicht wird, individuell und ausgerichtet auf die Bedürfnisse jedes Schülers einzugehen. Die sog. Translanguaging-Ringe können Folgendes umfassen: • unterschiedliche Zugänge wie etwa Murmelphasen in Paaren an strategischen Punk- ten der Stunde, die Ermutigung, sich in der Familiensprache auszudrücken und Mit- schüler übersetzen zu lassen, Raum zu schaffen für das Ausdrücken von Meinungen und Gefühlen, für offene Fragen zum Thema, gemeinsames Lesen und Schreiben, generatives Schreiben/freies Schreiben sowie Rollenspiele • unterschiedliche Medien (zweisprachiges Lehrmaterial), Technik- und Überset- zungsunterstützung (Google-Translator, DeepL), Nachschlagewerke, Wörterbücher und Glossare, multimediale Angebote, Visualisierungen • unterschiedliche Sozialformen, wie die Zusammenarbeit mit anderen Schülern und in kleinen Gruppen, Austausch mit anderen Schülern, zeitgleiche individuelle Arbeit einzelner Schüler und Plenum oder Gruppenarbeit anderer Schüler 489Saša Jazbec: TRANSLANGUAGING UND SEIN POTENZIAL FÜR DEN DAF-UNTERRICHT ... Das Anliegen dieser Translanguaging-Ringe ist es, die Zone der proximalen Ent- wicklung des Schülers zu erweitern (Vygotsky 1978) und jeden Schüler individuell zu unterstützen. 4 FAZIT Im Beitrag wurde der theoretisch gesehen junge Ansatz Translanguaging aus sprachli- cher und didaktischer Perspektive diskutiert und mit Beispielen aus einem didaktischen Experiment im DaF-Unterricht beleuchtet. Die fremdsprachlichen Produkte der Schüler, die an dem Experiment teilnahmen, zeigen laut Translanguaging einen fluiden Einsatz von Sprachen, auch Sprachvarietäten, und zwar zugunsten einer tieferen Auseinanderset- zung mit behandelten Inhalten und einer Fortsetzung des Textes. Um Missverständnisse zu vermeiden, soll an dieser Stelle betont werden, dass in diesem Aufsatz nicht für eine beliebige, ständige, bunte Mischung von allen möglichen Sprachen plädiert wird, sondern dafür, den Schülern die fluide Verwendung von Spra- chen gelegentlich in den sog. Translanguaging-Räumen oder -Ringen zu erlauben bzw. zu ermöglichen. Obwohl die Förderung der fremdsprachlichen Kenntnisse in so organisier- ten didaktischen Räumen weniger stark als üblich im Fremdsprachenunterricht gefördert wird, können die Schüler hier eine bessere Ausarbeitung ihrer Ideen erzielen und somit motivierter arbeiten. Dazu soll und darf man alle Fremdsprachen, alle Muttersprachen in der Klasse verwenden und somit könnte auch das nichtsprachliche Wissen – beim fach- sprachlichen Fremdsprachenunterricht das Fachwissen – das in verschiedenen Sprachen erworben wurde, aktiviert und in den Lernprozess einbezogen werden. Auch der Lehrer profitiert von Translanguaging, denn sie wird in die Rolle eines modernen Lehrers, bspw. eines Mitlernenden versetzt. Zuallerletzt kann behauptet werden, dass das pädagogische Experiment ein guter Beweis ist, dass mit den „didaktischen Translanguaging-Schritten“ das bisherige, traditionelle monolinguale Paradigma im Fremdsprachenunterricht, auch fachsprachlichen Fremdsprachenunterricht, dekonstruiert und ein neues, mehrsprachiges Paradigma konstruiert werden kann. Dafür müsste man aber noch viele pädagogische Experimente ausführen und analysieren, Lehrer aus- und fortbilden, konkrete didaktische Szenarien entwickeln usw., was als das Forschungsdesiderat für die Zukunft formuliert werden kann. 490 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE/JOURNAL FOR FOREIGN LANGUAGES LITERATUR BAKER, Colin (2001) Foundations auf Bilingual Education and Bilingualism. Cleve- don: Multilingual Matters. BIALYSTOCK, Elain (1990) Communication Strategies. A Psychological Analyses of Second-Language Use. Cambridge: Basil Blackwell. BROWN, Andy (25. Februar 2016) Andy’s Advice for Teachers[Video]. 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Predvidevamo, da bo treba spremeniti obstoječo monolingvalno paradigmo dela pri pouku tujega jezika. Na razpolago so različni bolj ali manj učinkoviti pristopi in v prispevku se osredotočamo na čezjezičnost (angl. translanguaging). Gre za nov pristop obrav- nave in rabe jezikov, ki izhaja iz posameznika in njegovega enega samega jezikovnega repertoarja, ki je vir vseh jezikovnih virov tega posameznika. Uporabo teh virov je možno z vidika koncepta čezjezičnosti razumeti kot prehajanje med jeziki oz. fluidno rabo vseh razpoložljivih jezikovnih virov. Zlasti je to prehajanje pomembno pri premostitvi komunikacijskih zadreg zaradi omejenih tujejezikovnih kompetenc oz. pri premostitvi prepada med strokovnim znanjem posameznika in omejenim tujejezikovnim znanjem. Koncept čezjezičnosti je v prvem delu prispevku obravnavan s teoretskega jezikovnega in didaktičnega vidika. V drugem delu pa je opisano poučevanje učitelja Browna iz Amerike, ki uspešno dela po pristopu čezjezičnosti, in predstavljena sta dva didaktična predloga za udejanjanje čezjezičnosti v razredu, to sta t. i. čezjezični prostori (angl.translangu- aging spaces) in čezjezični obroči (angl. translanguanging rings). Prvi predlog je ponazorjen s pedagoškim eksperimentom, v katerem pokažemo, da je prehajanje med jeziki za vsebinsko pe- strost izjemnega pomena, četudi je v tem času razvijanje tujejezikovne kompetence oz. razvijanje sposobnosti komuniciranja v nemščini zapostavljeno. Drugi predlog samo opiše možne didaktične načine v razredu. Menimo, da smo teoretsko opredelili in ilustrativno pokazali, da je pristop čezje- zičnosti pomemben potencial za pouk tujega jezika nemščine, pa tudi za pouk nemščine kot tujega jezika stroke. Ključne besede: čezjezični prostori, čezjezični obroči, prehajanje med jeziki, neangleščine, nem- ščina kot tuji jezik (stroke) ABSTRACT TRANSLANGUAGING AND THE POTENTIAL OF GERMAN AS A FOREIGN LANGUAGE OR LANGUAGE FOR SPECIFIC PURPOSES Foreign language teaching, especially the teaching of non-English languages, is facing significant challenges today due to the status of English among languages and in the context of migration, globalization, and mediatization. The old, familiar methods that have long been successful with 494 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE/JOURNAL FOR FOREIGN LANGUAGES regard to language learning and teaching are now no longer effective, do not motivate learners, and do not achieve the results that teachers want. The current monolingual paradigm of foreign language teaching will thus have to change, and various different approaches are available. This paper focuses on translanguaging, a new approach to language processing and use that starts with the individual and their single linguistic repertoire. These resources can be understood from the perspective of translingualism as a transition be- tween languages or a fluid use of all available linguistic resources. This transition is essential in bridging the communication gap between the individual’s professional knowledge and limited foreign language skills, or overcoming the communication constraints caused by limited foreign language competencies. The first part of the paper discusses the concept of translingualism from a theoretical linguistic and didactic perspective. In the second part, the teaching of Tessa Brown, an American teacher who has been working successfully with the translingual approach, is described, and two didactic proposals for implementing translingualism in the classroom – namely the so- called translingual spaces and translingual rings – are presented. The first proposal illustrates a pedagogical experiment in which cross-linguistic transitions are essential for contextual diversity, even if developing foreign language competence or communicative skills in German needs to be addressed. The second proposal describes possible didactic methods in the classroom. We have theoretically identified and illustratively shown that the cross-linguistic approach has significant potential for teaching German as a foreign language, as well as for teaching German as a language for specific purposes. Keywords: translanguaging spaces, translanguaging rings, crossing between languages, non-Eng- lish languages, German as a foreign language (languages for specific purposes)