kaibacher Wo ch c n b l a t t «um Nuhen und Vergnügen. Freitag den 3. August »3l7. Das Testament eines Bettlers. A ein Mensch ist so entsetzlich arm, daß er nicht einem andern etwas geben könnte; und wZnn er nur Haare am Kopfe hat, so kann er sich eine Locke abschneiden und sie zum Geschenke machen. Schon aus diesem einzigen Umstände kann man nach den sirengsten Regellt der Syllogistik den richtigen. Schluß machen, daß auch ein Bettler bci seinem Tode sin Testament machen könne; denn woraus der Mensch in seinem Leben Nutzen zieht, und was auch nach seinem Tode nützlich verwendet werden kann, mit dem kann er auch nach Willkuhr letztwillig anordnen. Es fällt daher das, verwundern hinweg, wenn ich den Lesern das Te^a-ment eines Bettlers vorlege^ dcn ich sehr gut kannte. Es lautet wie folgt: Ich steche nchig, aus meiner Seele liegt kein Fluch betrogener Wmsen, keine Verwünschungen nntndnicktev Wittwen; mein Herz foltern keine Vcrläumdungen, die ,das Glück und Fortkommen eines andern untergruben; mein Gewissen ist rein, ich sehe muthiZf dem Tode ins Gesicht, vor dem nur der Bösewicht zittert. Kein Wohlleben erschwert mein Hinscheiden , keine Reichthümer feßeln mein Herz an die Welt; ich trenne mich leicht von meinem Elende. Da ich mit allen Menschen immer friedfertig lebte, so will ich nicht durch meinen Tob einen Anlaß zum Streit gebe», und verfüge daher leytwillig und wohlbedächtig, Folgendes: Nachdem ich in meinem Leben sehr oft die Erfahrung machte, daß die Liebhaber des Ehrabschneldens gewöhnlich bei einer Hochzeit und bei einem Leichenbegrabniffe die erste Gelegenheit haben, ihre bösen Zungen zu wetzen, so bitte ich, wenn cs thunlich ist, mich bei der Nacht m aller Stille zu begraben, damit ich den Leuten die Sünde erspare, denn der Bettler ist dem Stachel boshafter Nachreden nicht minder ausgesetzt, wie der Reiche. Ich habe in meinen Leben mehr Hunger als Appetit gehabt; ich hielt diesen Hunger für ein entsetzliches Unglück, aber er Machte nur danft sm Gtuck schwarzen Brodes zu einer beneidenswerchen Mahlzeit. Diesen Hunger vermache ich allen jenen, denen vor lauter genießen kein Genuß mehr schmeckt, die mit ekelhaftem Widerwillen zu ihren üppigen Gchlüßeln sich fttzen, und bei sinnreichen Künsten ihrer Köche fieberhaft gähne«; fur diese Wohlthat sollen sie absr verbunden seyn, von ihrem Usberstußs vier und zwanzig hungrige Poeten zu futtern. Ich Habs in der Welr sehr viel gelitten; ich hatte blos deßwegen Feinde, weil ich verdiente Freunde zu haben; selbst als Bettler wurde ich heimlich bs-neidec und öffentlich unterdrückt. Ich habe viel Unrecht und Verachtung, Spott und Wsrlaumdung ertragen müssen, meine Gefühle wurden bis zur Verzweiflung gersitzt. Von diesen Gefühlen vermache ich einen Theil denjenigen, welche auf eine ähnliche Art die Herzen der Menschen foltern, damit sie erfahren, wie es demjenigen zu Muthe ist, den sie tyvannisiren; den andern Theil vermache ich den Richtern/ damit sie lernen, erst Menschen zu seyn, ehe sie Menschen richten. Meinen Pfeifenkopf vermache ich einem müßigen Stutzer. Dieses LeZat wird ihm gewiß nicht unangenehm seyn , da er an diesem Kopfe ew getreues Portrait seines eigenen findet; denn beide sind , so la«ge sie Köpft sind, bohl und leer, und werden nur durch das Mmuhen fremder Menschen gefällt; beide worden nur durch jremdes Feuer erwärmt, wirbend und thätig, und beide verdampfen bald wieder,w3nn man sie nicht auf's neue fällt. Meine Krücke, auf die ick meinen siechen Körper zu stützen pflegte, vermache ich zum Com-mandostab einem eroberungssichtigen Usurpator. Wenn er im Fieber semer Herrschsucht über den Plan brütet, anferschla, gsnsn Bürgerlichen die Stufen seiner Große zu bauen; wenn seine Seele, auf dem Scheidewege steht, entweder Tausends stiner Brüder zu schonen, oder der Grille seines Ehrgeitzss zu opfern; wenn die Laune seines Hochmuths döm Entschlüsse sich nahet, Ms fchenblut wie Wasser stießen zu machen: dann ergreife er diesen Scab, und enimere sich, daß derjenige, der die Gewalt hat, sie nicht deßwsge» besitzt, um der Menschheit wehe zu thui»; er denks, daß es von dem Winks seiner Laune und Grille abhängt, Tausende von Familien zu weit größeren Bettlern zu machen, als jener war, der ihm bei seinem Tode diesen Stab, als Mensch dem Menschen wohlmeinend, zu einem Vermächtnisse hinterließ. Meins Geduld, die mich getreu bis zum Grabe begleitet hatte, vermache ich em«m Theaterdirektour, unter der aus? drücklichsn Vödmgntß, daß er sie täglich auf einige Stunden an einen Erzieher und Lehrer zur Nutznießung überlasse« Meinen Rock vermache ich demjenigen , der dis submisssn BüMnge der Leute als einen schuldigen Tnbut annimmt, unv in dem abscheulichen Irrthume lebt, haß man die Verehrung seinen Verdiensten und die CompNmente seinen Eigenschaften zolle. Disser soll mancl> mahl im Jahre in diesem Rocke unter den bekanntesten seiner kriechenden Sklaven erscheinen, und er wird sich überzeugen, baß nicht er und seins Verdienste, sondern der Schneider und einige Ellm Tuch die Ursschi jener Huldigungen sind. Nach«? dem ich noch vor meinem Tode dieftolze Freude erlebt habe, daß die Raffmeris meines erleuchteten Jahrhunderts dle Kunst erfand, sogar aus Stroh Papier zu verfertigen , um die Lumpen zu schone« , so bitte ich mein Strohlager in PMse zn verwandeln, und dieses 5ann so zu vertheilen, daß hievon der größere Theil denjenigen zukomme , die von ihren Schreibereien , welche Niemand lesen kann, reiche Einkünfte beziehen. Sie sollen so barmherzig seyn, sich auf diesem Papier wenigstens einer leserlichen Unterschrift ihres Nahmens zu üben. Da endlich ein Haupt' oder Universalerbe die Grundfeste eines Testaments ist, so ernenne ich zu selbem alle jene junge Herrn, die auf den Reichthum ihrer Vater pochen. Diesen vermache ich insgesammt meinen leinenen Bettelj'ack, sie sollen öfters daran denken, daß von der reichen Verschwendung ver Jugend nur ein kleiner Schritt zum Bettelstäbe des Alters ist. Sollte es diesem Testamente an irgend einer gesetzlichen Formalität fehlen , so bitte ich meiu« Lsser, es wenigstens als ein Codicill anerkennen zu lassen. Abenthmer und wunderbare Rettung der Mannschaft des an der westlichen Küste von Afrika gescheiterten Schiffes Commerce, (Fortsetzung.) ' Das Wrack näherte sich unterdessen schnell ftiner gänzlichen Auflösung; selbst das große Boot war nicht mehr wasserdicht; sie hatten weder Mundvorrach noch Wasser, weder Ruder, Steuer, noch Conipaß und Quadranten, um ihre Fahrt darnach zu richten. Porter wagte sich aber mit äußerster Lebensgefahr noch einmal schwimmend an's Ufer, und wir glücklich genug die zwei Ruder und einen kleinen Sack Geld, den sie bei ihrer ersten Lan- dung vergraben hatten, zmück zu bringen. Nachdem sie alles geordnet hatten , schickten sie sich dazu an , das Boot durch die umgebenden Klippen durchzuarbeiten. Sechs Tage und sechs Nachte ruderten die eilf Unglücksbruder in verschiedenen Richtungen umher, bis sie endlich am Ende des sechsten Tages Land entdeckten. Als sie näher kamen , gewahrten sie eine sandige Vay, ruderten darauf los untz wurden von einer großen Welle an's Land geworfen. Bei diesem lenten Stoß ging das elende Bsot ganz auseinander. Der Ort, an welchem sie gelandet hatten, war, wie sie nachmals erfuhren, Cap Barbas, nicht weit vom Cap Blanco, und wo ihr Schiff zu Grunds gegangen war, Cap Bojador, etwas weiter nördlich. Sie wendeten sich nun nach Oste» zu, mußten zuweilen über Felsenrücke» klettern die sich bis in die See erstreckten. Bald fielen ihnen die Schuhe von den Fußen , welche von den scharfen Felsen wund und blutend waren, ihre Körper waren von Ver brennenden Sonnenhitze gänzlich ausgetrocknet, und dabei fthits es ihnen an Wasser, an Lcbensmitteln, und kent frisches Lüftchen kühlte ihre Qual. Den ganzen Tag legten sie nur vier Meilen zurück ohne die geringste Aussicht, die das User einfaßenden Klippen ersteigen zn können, und am Abend legten sie sich auf einsn Sandtzügel zur Ruhe nieder. Beim Erwachen am andern Morgen entdeckte Roley eins Art Fußpfad, welche sie auf eine Anhöhe leitete; wie groß war :hr Entsetzen, als sie von hieraus nichts als eine nach jeder Richtung ms Unendliche ausdehnende Sandwüste, so weit ihre Augen nur reichen konnten, vor sich sahen. Die meisten von ihnen legten sich nieder, entschlossen, i^r Ende ruhlg zu erwarten, und nur durch das H"n^n ihrer muth?gern Gefährten ließen sie sich bewegen sich weiter fortzuschleppen Beim Einbruch der Nacht schien der letzte Strahl der Hoffnung zn erlöschen , und dusters Verzweiflung bewache tiqte sich ihrer Seelen; auf einmal rief Clark aus: „Ein Licht! ich sehe in der Ferne ein Licht oder Fsuer." Dieß bs-lsbts von- Neuem ihren Milch. Nach einer ttost- und schlaflosen Nacht schleppten sie sich nach der Gegend, woher das Licht zu kommen schien, zn, und entdeckten bald eine Reihe Kännels und Araber, die eben beschäftiget waren sk zu tränken ; ein Mimn und zwei Weiber liefen soqleich auf sie zu; die armen Schiffbrüchigen warfen sich mit den Zeichen der tiefsten Unterwerfung zu Boden , und sichte» sie um Schutz und Hülfs an; ollein der Räuber schwang sein gezogenes Schwert, als wolle er sie niedermachen, nnh riß ihnen-, nnt Hülfe der beiden Weiber alle noch übrigen Kleidungsstücke vom Leibe. Andere Araber rannten jetzt auch herbei, fürchterlich schreiend und Sand in die Luft werfend,, und in wenigen Minuten standen die armsn Unglücklichen nackend bis auf die Haut da. Die Araber hatten eben so wenig M essen, als ihre armen Gefangenen, und bestand den aus etwa tausend Seelen, Weiliev Kinder «nd Mcnmc?; die Anzahl ihrer Kamesls helief sich auf vier oder fünf« 5 tausend. Sie wurden nun in zwei Par-thisn abgetheilt, 'und mußttn auf den ^ bloßen Rucken der Kameelc hinter dew ' Höcker sich fetzen. Die armen Gefangene!» mußten bald von den Kameelen absteigen und sis leitsn und zn Fuß begleiten'; dabei brannte die Eonne glühend heiß,, und bei jedem Schritt sanken sie bis an, dis Knie in den brennenden Sand; wenn sie absr von Mattigkeit überwältiget zu. Boden sanksn, so trieben die Barbaren mit fürchterlichen Hieben und Stichen si? weiter und lachten ihrer Qual, N^ch Mitternacht machten sis in einer klsinen Vertiefung oder Schlucht in der WAsts Halt. Hier bekamen sie, nich einem Ma'sch von vierzig Msilsn, zum ersten Mahle jsd:r sin h,ilb Maaß Kameolmilch , w.'lchss ihren Mag^n erwärmte, den brenne'den Durst etwas stillte und den Hunger einigermaßen befriedigte. (Der Beschluß folgt.) Wort. Räthsel. Die Perle, die dem Diadem Vom alwerehrten Kaiserhauph Ein Usurpator hat geraubt, Wirst du im ersten Worte sehn. Doch als die Völker sich verbanden, Ist auch desSchmuckesalterGlanz erstanden« Des zwe tt e n Wortes dnst'res Grau'n , Zum Schutz und Schrecken gleich bereit, Cin Denkmahl aus der ehr'nen Zeit, Kannst du noch mancher Orten schaut; Doch meist zerstört wirst du es finden, Es mußt' der Fäuste Rech< vor dem Gesetze schwinden. 3as Ganze nennt dir eine Stadt, Die in dem ersten reihend lieqt, Jedoch im zweiten Wol't' dich trügt da sie's nicht ln ^ noch bci sich hat. Nun wirst du wohl mein Räthsel kennen, Und leicht mir diese Stadt bei ihrem Nahmen nennen. F.. K.