57 ZUZ – LII – 2016 In der spätgotischen Architektur im historischen Land Krain (Kranjska) setzte sich bei Neubauten mehrschiffiger Kirchen der Typus der Hallenkirche durch, viel stärker als in irgendeinem anderen Land des Ostalpenraumes. Das Konzept des Grundrisses der Pfarrkirche St. Kanzian in Kranj (Krainburg) wurde bereits im ersten Viertel des 15. Jahrhunderts definiert, doch erst vor 1460 das Kirchenschiff eingewölbt. Und dieser Typus des Kirchenschiffes wurde zum Prototyp der meisten Kirchen in Oberkrain (Gorenjska), Unterkrain (Dolenjska) und Innerkrain (Not- ranjska), sowohl in Städten und Märkten, aber auch bei Kloster- und Wallfahrts- kirchen.1 Obwohl die Kirche in Kranj nur ein einziges Mal sowohl im Grundriss als auch im Raumkonzept genau wiederholt wurde, nämlich in der Kirche von Cerknica,2 wurde die Hallenkirche mit ihrem Sterngewölbe, gestützt auf schlanke achtkantige Pfeiler, von Mitte des 15. bis zum ersten Viertel des 16. Jahrhunderts zum dominanten kirchlichen Raumtypus. Es gab aber auch einige Varianten dieses Typus, entweder im Sinne einer Raumreduktion auf zwei Kirchenschiffe, die durch Raummangel bedingt war (z. B. Sv. Primož nad Kamnikom), oder einige Beispiele mit einem einfacheren Schema, dem Kreuzrippengewölbe (Krtina, Brunk),3 oder 1 France Stelè, Gotske dvoranske cerkve v Sloveniji, Zbornik za umetnostno zgodovino, XV, 1938, pp. 1–43; Samo Štefanac, Die Hallenkirchen des 15. Jahrhunderts in Gorenjsko (Oberkrain), Gotik in Slowenien (Ljubljana, Narodna galerija, 1. 6.–1. 10. 1995, ed. Janez Höfler), Ljubljana 1995, pp. 80–88; Robert Peskar, Gotska arhitektura na Goriškem: stavbarske delavnice (1460–1530) = Architettura gotica nel Goriziano: i cantieri (1460–1530), Nova Gorica 1999; Samo Štefanac, Die Pfarrkirche des hl. Kanzian in Kranj und ihre Stellung in der spätgotischen Architektur Mitteleuropas, Bayern und Slowenien in der Früh- und Spätgotik (edd. Janez Höfler – Jörg Träger), Regensburg 2003, pp. 105–114; Robert Peskar, Zur Baugeschichte und dem Grundriss der Pfarrkirche des hl. Kanzian in Kranj, Bayern und Slowenien in der Früh- und Spätgotik (edd. Janez Höfler – Jörg Träger), Regens­ burg 2003, pp. 115–123. 2 Robert Peskar, in: Gotik in Slowenien (Ljubljana, Narodna galerija, 1. 6.–1. 10. 1995, ed. Janez Höfler), Ljubljana 1995, pp. 94–95: cat. 31. 3 Štefanac 1995, cit. n. 1, pp. 86–88: catt. 27–28; Peskar 2003, cit. n. 1, pp. 115–116. Meister Stefan aus Krainburg, der letzte Vertreter der spätgotischen Architektur in Oberkrain samo štefanac 58 auch als Zentralbau mit einem Pfeiler in der Mitte (Moste bei Komenda).4 Zu er- wähnen ist weiter das ursprünglich nicht eingewölbte Hallenschiff der Pfarrkirche in Trebnje.5 In Anbetracht dieser Kirchenarchitekturen erscheint die Kirche St. Lukas in Spodnje Prapreče als besondere Ausnahme (Abb. 1). Die Kirche in Prapreče gilt in der slowenischen kunstgeschichtlichen Literatur schon seit langem als ein bedeutendes Kunstdenkmal des 16. Jahrhunderts.6 Die letzten Jahre brachten aber neben gründlichen Restaurierungsarbeiten auch einige genauere Untersuchungen ihrer Architektur und Ausmalung.7 Es handelt sich um eine Kirche, deren Entstehung relativ gut dokumentiert ist. An der Außenwand des Presbyteriums ist die Jahreszahl 1519 angebracht, die eine Orientierung über den Baubeginn liefert.8 Noch aussagekräftiger aber ist das Votivfresko von Hans Heritsch im Presbyterium, dem vermutlichen Auftraggeber, aus dem Jahre 1522.9 Im Kirchenschiff befindet sich an der südlichen Arkadenwand das Votivfresko des Baumeisters Stefan, das 1524 datiert ist. Diese Jahreszahl findet sich auch auf einer der Konsolen des Schiffsgewölbes, wobei der Name des Meisters Stefan mit seinem Meisterzeichen auch auf einem der Gewölbefelder des Presbyteriums über dem Altar dokumentiert ist. Die schriftlichen Quellen erwähnen zwei Weihen der 4 Bei den Restaurierungsarbeiten am Ende des vergangenen Jahrhunderts wurden unter dem Pflas­ ter des Langhauses Fundamente eines zentralen Pfeilers entdeckt, an den Wänden aber Spuren von Konsolen des Gewölbesystems. Da die Konsolen nicht in den Ecken des Schiffes angebracht sind, son­ dern an den Längswänden, kann angenommen werden, dass die Kirche dem Typus der »sechsecki­ gen Kirchen« zugeschrieben werden kann, der seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts besonders im Süden Bayerns und im Salzburgischen verbreitet war. Aber auch in Kärnten ist ein Beispiel bekannt (Berg). Cf. Norbert Nussbaum, Die Braunauer Bürgerspitalkirche und die spätgotischen Dreistüt- zenbauten in Bayern und Österreich: Ein raumbildnerisches Experiment des 15. Jahrhunderts, Köln 1982. Die Dokumentation über die Funde in Moste wird im Denkmalamt in Kranj (Zavod za varst­ vo kulturne dediščine OE Kranj) aufbewahrt, eine wissenschaftliche Veröffentlichung gab es bisher nicht. 5 Robert Peskar, O stavbni zgodovini župnijske cerkve v Trebnjem in njenem mestu v razvoju poznogotske arhitekture v Sloveniji, Acta historiae artis Slovenica, 2, 1997, pp. 7–22. 6 Stane Stražar, Črni graben. Od Prevoj do Trojan, Lukovica 1985, pp. 271–280; Samo Štefanac, in: Gotik in Slowenien (Ljubljana, Narodna galerija, 1. 6.–1. 10. 1995, ed. Janez Höfler), Ljubljana 1995, pp. 119–120: cat. 44 (beide mit Angaben über ältere Literatur). 7 Andreja Kos, Arhitektura cerkve sv. Luka v Sp. Praprečah pri Lukovici, Ljubljana 2001 (Diplom­ arbeit, Univerza v Ljubljani); Andreja Kos, Arhitektura cerkve sv. Luka v Sp. Praprečah, Zbornik ob- čine Lukovica 2004. Ob 700-letnici prve pisne omembe Šentvida in Lukovice (edd. Stanko Pelc et al.), Ljubljana – Lukovica 2004, pp. 100–115; Andreja Kos, Freske v cerkvi sv. Luke v Sp. Praprečah pri Lukovici in njihova vpetost v slikarsko delavnico, Zbornik občine Lukovica II (ed. Stanko Pelc), Ljub­ ljana 2014, pp. 154–174. 8 Die Jahreszahl am südöstlichen Stützpfeiler des Presbyteriums wurde aufgelöst von Janez Höf­ ler, Srednjeveške freske v Sloveniji, I: Gorenjska, Ljubljana 1996, p. 145; Kos 2001, cit. n. 7, p. 85. 9 Kos 2001, cit. n. 7, pp. 84–86; Kos 2004, cit. n. 7, p. 102. SAMO ŠTEFANAC 59 ZUZ – LII – 2016 2. Sp. Prapreče, K. St. Lukas, Grundriss 1. Sp. Prapreče, K. St. Lukas, Außenansicht von Südosten 60 SAMO ŠTEFANAC Kirche noch vor der Fertigstellung des Schiffes, 1523 und 1535,10 ebenso wie den Namen des Auftraggebers und sogar den Namen des Baumeisters. Wichtig ist zu- dem, dass das Gebäude in späteren Jahrhunderten keinen wesentlichen Umbauten unterzogen wurde.11 Im Grundriss (Abb. 2) unterscheidet sich die Kirche von Prapreče ganz we- sentlich von den typischen spätgotischen Kirchen in Oberkrain (Gorenjska) mit einem langen Chor und den gerade abschließenden Seitenschiffen. Auch hier gibt es zwar einen zwei Joch langen Chor, auch die beiden Seitenschiffe haben einen Altarraum mit einem Fünfachtel-Abschluss. Es handelt sich nicht um einen s. g. „Staffelchor“, wie z. B. in der Wallfahrtskirche Ptujska gora (Maria Neustift), wo der Raum des Kirchenschiffes ohne Zäsur in den Chor übergeht, vielmehr werden in Prapreče alle drei Altarräume durch triumphbogenartige Öffnungen mit dem Schiff verbunden. Auch das Langhaus unterscheidet sich im Grundriss stark von den Hallenkirchen in Oberkrain, da das Hauptschiff breiter ist als die Seitenschiffe, die durch klar ausgedrückte Arkadenwände mit achteckigen Pfeilern getrennt sind, die ohne Zäsur in die gleich profilierten Arkaden übergehen. Andererseits wurden beim Einziehen des Gewölbes die im zentralslowenischen Raum am häufigsten verwendeten Schemata angewandt. So wurde im Presbyterium und in der Chorka- pelle an der Nordseite ein Rautensterngewölbe verwendet ebenso im Hauptschiff, während in der Chorkapelle an der Südseite das doppelparallele Gewölbe gewählt wurde und in den Seitenschiffen das Kreuzrippengewölbe ohne Querrippen, aber alternierend mit dem vierzackigem Stern, der in beiden Schiffen im zweiten Joch von Osten vorkommt. Auch die Bauplastik folgt nach ihrer Typologie den Formen und Motiven, die für Krain charakteristisch sind. Die Konsolen im Langhaus sind entweder geometrisch oder figural, die Kapitelle der Dienste im Presbyterium sind 10 Janez Höfler, Gradivo za historično topografijo predjožefinskih župnij na Slovenskem: Kranjska, Ljubljana 2015, p. 84: 1523 wird die Weihe des Hauptaltars, des Petri­Altars an der Evangelium­Sei­ te sowie des Marienaltars »ad archum chori« (also im Triumphbogen) erwähnt. Aus der Notiz von 1535 geht nicht hervor, ob damals die ganze Kirche noch einmal geweiht wurde oder nur der neue Barbara­Altar. Dass die Kirche Mitte der 20er Jahre des 16. Jahrhunderts schon in Funktion war, davon zeugt auch der Bericht über das Zusammentreffen am 18. Oktober 1525, bei dem nach Aus­ sage einer Priestergruppe schon lutheranischer Gottesdienst gefeiert wurde. Das ist darüber hinaus eines der ältesten Zeugnisse des Sympathisierens mit lutherischen Ideen auf dem slowenischen Ge­ biet. (Kos 2004, cit. n. 7, p. 103, mit Angabe älterer Literatur). 11 Der einzige schwerwiegendere Eingriff in das Gebäude war der Ausbau des Glockenturms an der Westseite des nördlichen Seitenschiffes in der Mitte des 17. Jahrhunderts. Es ist aber interessant, dass durch den Glockenturm nicht die Gebäudestruktur selbst beeinträchtigt wurde, da in seinem Innern sogar das gotische Gewölbe des Seitenschiffes erhalten blieb. (Kos 2001, cit. n. 7, pp. 106–107; Kos 2004, cit. n. 7, pp. 101–102). Bei der Restaurierung wurden die einst zugemauerten Triumphbögen der Seitenkapellen geöffnet und die Fenster, die bei Umbauten eine rechteckige Form erhalten hat­ ten, wieder in die ursprüngliche gotische Form zurückgebaut. 61 ZUZ – LII – 2016 3. Sp. Prapreče, K. St. Lukas, das Kircheninnere gegen Osten 62 mit pflanzlichen und figuralen Motiven geschmückt, während die Schlusssteine in Form von Rosetten, Wappenschildern und Medaillons mit Figuren auftreten. Was die Kirche von Prapreče am meisten von den zeitgenössischen Kirchen in Oberkrain unterscheidet, ist natürlich die stark hervortretende gestaffelte Raum- konzeption, die bereits im Grundriss durch die schmäleren Seitenschiffe und die klar ersichtlichen Arkadenwände zu erkennen ist (Abb. 3, 4, 5, 6). Wegen dieser Arkadenwände wirkt das Kircheninnere im Gegensatz zu zeitgenössischen Kir- chen in Oberkrain ausgesprochen longitudinal, obwohl sich das Grundrissverhält- nis zwischen Länge und Breite des Langhauses – ähnlich wie bei den Hallenkir- chen – an die Quadratform annähert. Zwar sind die Arkadenöffnungen ungefähr um die Hälfte niedriger als das Gewölbe im Hauptschiff, so dass es zwischen den Arkaden und den Gewölben einen breiten nackten Mauerstreifen gibt, während die Gewölbe in den Seitenschiffen nur etwas höher reichen als die Arkaden. Der Raum vermittelt den Eindruck einer Pseudobasilika. Wäre die Kirche statt mit ei- nem einheitlichen Satteldach mit zwei Pultdächern über den beiden Seitenschif- fen gedeckt, gäbe es auf den Arkadenwänden wirklich genug Platz für basilikale Fenster. Da aber die kürzlich durchgeführten Restaurierungsarbeiten keine Spur von nachträglich zugemauerten Fenstern über den Seitenschiffen feststellen konn- te, kann man annehmen, dass das Gebäude von Anfang an als Kirche mit einem Einheitsdach und ohne basilikal belichtetes Hauptschiff konzipiert war. Trotz- dem ist es auf Grund der aufgefundenen Konsolen auf dem Dachboden über den Wänden der Seitenkapellen am Triumphbogen nicht ganz auszuschließen, dass die ursprünglich geplanten Verhältnisse zwischen den Kirchenschiffen doch et- was anders waren und dass das heutige Erscheinungsbild der Kirche eine Folge der Planänderung während des Baus war. Es wurde sogar die Vermutung geäu- ßert, dass der Bau ursprünglich als Hallenkirche geplant gewesen sein könnte.12 Man muss aber festhalten, dass die beiden Chorkapellen der Breite und der Höhe nach mit den Kirchenschiffen übereinstimmen, was wiederum die Vermutung zu- lässt, dass es während der Errichtung zu keinen größeren Veränderungen des Plans kam. Darüber hinaus wurde die Kirche in so kurzer Zeit erbaut, dass für größere Planänderungen auch gar keine Zeit war. 12 Es handelt sich nicht um Konsolen in richtigen Sinne des Wortes, sondern um Steine, die quer zur Orientierung der Kirche aus der Wand des Triumphbogens des Hauptchores ragen, um sie bei einer eventuellen Überbauung der Triumphbogenwände der Seitenkapellen miteinander zu verbin­ den. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die beiden Triumphbogenwände der Seitenkapellen dün­ ner sind, während sich der Kirchenschiffteil des Gebäudes auf den Triumphbogen nur anlehnt, nicht aber mit ihm durch eine Konstruktion verbunden ist. Daraus kann man schließen, dass das Presby­ terium bereits fertig gestellt war, als mit dem Bau des Langhauses begonnen wurde. (Kos 2001, cit. n. 7, pp. 104–107; Kos 2004, cit. n. 7, pp. 102–103). SAMO ŠTEFANAC 63 ZUZ – LII – 2016 4. Sp. Prapreče, K. St. Lukas, das Kircheninnere gegen Westen 64 SAMO ŠTEFANAC In der älteren slowenischen Literatur wurde die Staffelkirche als Bautyp in der Regel als eine Evolutionsstufe zwischen Basilika und Hallenkirche behandelt. Die- se These entstand im Zusammenhang mit der Architektur-Interpretation der Kir- che auf Ptujska gora, wo der Gewölberücken in den Seitenschiffen um eine Spur niedriger angesetzt ist als im Hauptschiff.13 Der Betrachter bekommt daher un- willkürlich den Eindruck, dass es hier zu der oben erwähnten Architekturform unabhängig von der Entwicklung im größerem mitteleuropäischen Raum gekom- men sei, doch heute gibt es mindestens zwei Gründe für die Annahme, dass diese These nicht mehr bindend ist. Vor allem gibt es im deutschen Raum die Hallen- kirche in reinster Form schon seit dem Auftauchen dieses Typus in der Mitte des 13. Jahrhunderts (z. B. Kirche der hl. Elisabeth in Marburg an der Lahn, die Dome in Paderborn, Minden und Verden etc.).14 Andererseits wird heute auch die Kir- 13 France Stelè, Ptujska gora, Celje 1940, pp. 84–88 (Ljubljana 19662, pp. 102–105); Nace Šumi, Arhitektura XVI. stoletja na Slovenskem, Ljubljana 1966, p. 55; Ivan Komelj, Gotska arhitektura na Slovenskem. Razvoj stavbnih členov in cerkvenega prostora, Ljubljana 1973, pp. 182–186; Marijan Zadnikar, Ptujska gora. Visoka pesem slovenske gotike, Ljubljana 19922, p. 44. 14 Norbert Nussbaum, Deutsche Kirchenbaukunst der Gotik, Darmstadt 19942, pp. 48–59, 85–93. 5. Sp. Prapreče, K. St. Lukas, Blick aus dem nördlichen Seitenschiff gegen Südosten 65 ZUZ – LII – 2016 6. Sp. Prapreče, K. St. Lukas, südliches Seitenschiff gegen Osten 66 SAMO ŠTEFANAC che von Ptujska gora als eine Hallenkirche betrachtet, da der geringe Höhenüber- schuss des Hauptschiffes nur als Folge des natürlichen Auslaufens des Gewölbe- profils bei den schmäleren Seitenschiffen angesehen wird, während die Rippen in allen Schiffen aus den auf der gleichen Höhe angebrachten Kapitellen und Kon- solen hervorgehen. Es zeigt sich aber auch, dass die Staffel- und Hallenkirchen in den deutschen und österreichischen Ländern zeitgleich und in einer ähnlich gro- ßen Zahl entstehen. Das Langhaus des Stephansdomes in Wien war noch im 14. Jahrhundert als Hallenkirche konzipiert, im 15. Jahrhundert entschied man jedoch, das Hauptschiff mit höheren Gewölben zu errichten. Und eben diese Lösung be- einflusste wahrscheinlich die Bauweise bestimmter Kirchenbauten in Nieder- und Oberösterreich,15 aber auch in der Steiermark (das gilt vor allem für die Kirchen in Graz: Die Hof-, die Stadtpfarr- und die Franziskanerkirche), wo sich ein Jahrhun- dert davor der Typus der Hallenkirche weitgehend eingebürgert hatte (Neuberg, Strassengel, Mariazell etc.).16 In Oberkrain ist die Kirche von Prapreče wirklich die einzige Staffelkirche,17 ihr Architekturkonzept wird aber besser zu beurteilen sein, wenn man in einem größeren geographischen Raum Umschau hält. Rund um den Bau der Kirche in Kranj (Krainburg) und anderer großen Stadtkirchen, erblühte die Bautätigkeit in Oberkrain kräftig, vor allem seit der Mitte des 15. bis fast zur Mitte des folgenden Jahrhunderts. Es entstanden Bauhütten, deren Tätigkeit nicht nur auf Oberkrain und andere Teile Krains beschränkt blieb. Die Meister dieser Hütten spielten eine bedeutende Rolle bei der Durchsetzung spätgotischer Architekturformen auch im Wippachtal (Vipavska dolina), am Karst, im Land Görz und in Ostfriaul,18 ebenso wie auch im Kvarner und in Istrien, und sogar auf dem Gebiet der Republik Venedig. Die so genannte „Werkstatt von Kamnik“ (Stein) weitete ihre Tätigkeit sogar auf die Steiermark aus. Vom Wirken der Oberkrainer Meister in den erwähnten Regionen zeugen die Steinmetz- und Meisterzeichen der anonymen Baumeister und Stein- metze ebenso wie die der namentlich und herkunftsmäßig bekannten Meister. Zu 15 Ergänzend ist anzumerken, dass gleichzeitig auch Kirchen mit einem sehr ähnlichen Grundriss errichtet wurden, die aber in ihrer Ausführung stark variieren. So haben z. B. die Pfarrkirchen in Kilb und Steyr einen Grundriss mit einem Staffelchor, doch ist die erste Kirche gestaffelt, die zwei­ te jedoch eine Hallenkirche (cf. e. g. Günter Brucher, Gotische Baukunst in Österreich, Salzburg – Wien 1990, pp. 181–192). 16 Brucher 1990, cit. n. 15, pp. 168–170. 17 Hier werden nicht jene Kirchen behandelt, deren gestaffeltes Kirchenschiff durch Umbauten und stufenweisen Verbreiterungen des Kirchenschiffsraumes entstand (z. B. die Schiffe in Crngrob und Mošnje, ehemalige Pfarrkirche in Stara Loka). 18 Peskar 1999, cit. n. 1, passim. 67 ZUZ – LII – 2016 erwähnen sind z. B. Andreas aus Bischoflack (Škofja Loka), der im Isonzogebiet und in Julisch Venetien tätig war19 und Peter aus Laibach (Ljubljana), der die Kirche Ma- ria Schnee in Čepić in Istrien baute und mit Peter Bezlaj, dem Architekten des alten Rathauses in Laibach und einiger Kirchen in der Umgebung von Laibach (Bežigrad, Vič) identifiziert werden kann.20 Wenn also das hier behandelte Gebiet auf weitere Länder ausgedehnt wird, wo die Oberkrainer Meister tätig waren, vergrößert sich auch das Spektrum der Architekturtypen. Es überwiegen zwar einschiffige Gebäu- de, doch in Istrien gibt es auch dreischiffige Staffelkirchen. So die bereits erwähnte Marienkirche in Čepić, ein dreischiffiger Bau ohne Gewölbe mit einem Rautens- terngewölbe im Presbyterium (Abb. 7). Die Arkaden, die die Kirchenschiffe mitein- ander verbinden, sind auf Säulen gestützt, deren Kapitelle mit Akanthus, Girlanden und menschlichen Köpfen schon die Frührenaissanceformen des venezianisch-lom- bardischen Typus kopieren. In diesem ehemals im venezianischen Gebiet gelegenen 19 Peskar 1999, cit. n. 1, pp. 71–73, 250–252. 20 Samo Štefanac, Peter Bezlaj (Petrus de Lubiana), Gotik in Slowenien (Ljubljana, Narodna gale- rija, 1. 6.–1. 10. 1995, ed. Janez Höfler), Ljubljana 1995, pp. 91–92: cat. 30; Samo Štefanac, Gli inizi dell’architettura »all’antica« in Istria, Saggi e memorie di storia dell’arte, 30, 2006, pp. 215–221. 7. Čepić, Kirche Maria Schnee, das Kircheninnere gegen Osten 68 SAMO ŠTEFANAC Kirchenbau, unterschrieben sich 1492 zwischen den Bögen an der südlichen Arka- denwand Peter aus Laibach und Mattias aus Pola (Pula), jeder mit seinem eigenen Meisterzeichen.21 Obwohl es logisch erscheinen würde, das „mediterran“ anmuten- de Langhaus dem Meister aus Pola zuzuschreiben und das „nordische“ Presbyteri- um dem Laibacher Meister, so muss doch erwähnt werden, dass die „Unterschrift“ der beiden Meister im Langhaus angebracht ist. Alles spricht dafür, dass Matthias im Rahmen der nordischen Baumeisterorganisation ausgebildet wurde, da er sonst nicht ein Meisterzeichen verwendet hätte. Zu allem Überfluss wiederholt sich das Meisterzeichen Peters sowohl in einem kleinen Wappenschild als auch an der Ar- kade im Kirchenschiff. Daraus kann geschlossen werden, dass die Kirche als Frucht der Partnerschaft beider Meister entstand, ohne spezifischer Teilung der Aufga- benbereiche in der Kirche.22 Im Rahmen dieser Untersuchung ist aber vielleicht wichtiger, dass es sich hier um eine Staffelkirche handelt. Die Höhenstaffelung der nicht eingewölbten Kirchenschiffe folgt der Neigung der Dachschrägen, die in der Nähe der Adria klimatisch bedingt weniger steil sind als im zentralslowenischen Raum. Deshalb ist auch die Staffelung mäßig stark, aber merkbar, da es über den Arkaden einen größeren Streifen glatter Mauer gibt, während das Hauptschiff im oberen Teil ohne Belichtung bleibt. Leicht gestaffelt ist auch das Tonnengewölbe der Kirche der hl. Dreifaltigkeit in Hrastovlje, wobei es sich hier um ein stilmäßig wenig ausgeprägtes Gebäude handelt. Unter den Forschern galt diese Kirche lange Zeit als ein romanischer Bau. Erst in der jüngsten Zeit wurde festgestellt, dass sie um 1480 erbaut wurde,23 und sicher nicht von den in den Bauhütten des Nordens ausgebildeten Baumeistern aus dem mittelslowenischen Raum. Daher wird diese Kirche in diesem Beitrag nicht als Vergleichsbeispiel herangezogen. Nur einige Kilometer südlich von Čepić, ebenso auf dem ehemaligen Gebiet der Serenissima, liegt Oprtalj und die dortige Pfarrkirche St. Georg (sv. Jurij), die 1526 datiert ist.24 Sie gehört zum selben baulichen Typus (Abb. 8) mit einem Rau- 21 Radovan Ivančević, Crkva sv. Marije Sniježne kod Čepića, Radovi odsjeka za povijest umjetno- sti, 2, 1960, pp. 16–30. 22 Štefanac 2006, cit. n. 20, pp. 215–221. 23 Radovan Ivančević, Crkva Sv. Trojstva u Hrastovlju: romanika ili renesansa?, Radovi Instituta za povijest umjetnosti, 12–13, 1988–1989, pp. 127‒137. 24 Radovan Ivančević, Župna crkva u Oprtlju, Radovi Odsjeka za povijest umjetnosti, 4, 1963, pp. 19–43: dieses Werk ist nach wie vor die fundamentale monographische Abhandlung über die Ar­ chitektur dieser Kirche, die in der älteren Literatur mit Ausnahme bei Antonio Alisi, der die Kirche nur erwähnt, vollkommen übersehen wurde. Cf. Antonio Alisi, Istria città minori (edd. Giuseppe Pavanello – Maria Walcher), Trieste 1997, p. 193. Auch Dario Alberi, Istria. Storia, arte, cultu- ra, Trieste 2009, pp. 670–671, beschränkt sich auf eine sehr oberflächliche Beschreibung der Kir­ chenarchitektur. Die Ausführungen von Ivančević übernimmt und ergänzt Marijan Bradanović – 69 ZUZ – LII – 2016 tenstern eingewölbten zwei Joche langen Chor. Das Langhaus wurde durch zwei Pfeilerreihen auf drei Schiffe aufgeteilt mit je vier Jochen, von denen das mittlere breiter ist (Abb. 9). Auch die Schiffe sind eingewölbt, das Hauptschiff mit sechsza- ckigen Sternen, die Seitenschiffe mit Kreuzgewölben. Das ursprüngliche Gewöl- besystem ist leider nur in den beiden östlichen Jochen des Langhauses erhalten geblieben, außerdem wurden bei der Errichtung des barocken Altars die Rippen des Chorabschlusses abgeschlagen. Ähnlich wie in der Kirche von Čepić verbindet das Langhaus in Oprtalj in seiner Architektur die mediterranen und die „nördli- chen“ Elemente vor allem wegen den von den Säulen getragenen Arkaden. Es ist aber interessant, dass die Kapitelle in Oprtalj eine viel konservativere Form haben als jene in Čepić, da sie jene Muster wiederholen, die in der venezianischen Archi- tektur schon im inzwischen weit zurück liegenden 14. Jahrhundert üblich waren, in Istrien aber bis zum Ende des 15. Jahrhunderts verwendet wurden.25 Da diese Marijan Bradanović, Sljedbenik „Majstora iz Kranja“ u službi Serenissime, Acta Bullearum, I, 1999, pp. 85–92; Marijan Bradanović, Spomenici Općine Oprtalj, Oprtalj = Portole (edd. Vladimir Lay – Ivan Zupanc), Oprtalj 2009, pp. 104–157. 25 Ljubo Karaman, Pregled srednjovjekovne umjetnosti u Istri, Historijski zbornik, 2, 1949, p. 122, vergleicht die Kapitelle mit jenen im Dom von Pola, die gegen Ende des 15. Jahrhunderts entstanden sind. Cf. Alessandro Quinzi, in: Istria città maggiori. Capodistria, Parenzo, Pirano, Pola. Opere 8. Oprtalj, Pfarrkirche St. Georg, Grundriss 70 SAMO ŠTEFANAC Kirche zur Gänze eingewölbt ist, wirkt trotzdem ihre Architektur eher „nordisch“, wobei sich von selbst die Frage stellt, ob es sich bei der Form des Langhauses nicht vielleicht um eine unmittelbare Nachahmung der nahen, aber gut drei Jahrzehnte älteren Kirche von Čepić handelt. Obwohl die monumentalste und nach dem Architekturkonzept komplexeste spätgotische Kirche Istrien in Oprtalj in den älteren Übersichtswerken über die Kunst in Istrien vollkommen übersehen wurde, machte schon France Stele in der zweiten Ausgabe seiner Studie über die Kunst im Küstenland (Umetnost v Primor- ju) auf sie aufmerksam und bezeichnete sie als das reichste Beispiel einer stern- förmig eingewölbten Kirche außerhalb Krains.26 Bis heute am gründlichsten ist wohl die Studie von Radovan Ivančević aus dem Jahre 1963.27 Der Autor widmet sich in seinem Artikel sowohl den Umständen der Entstehung der Kirche und ih- rem Vorgängerbau als auch der Frage, ob sich eventuell dessen Teile im heutigen Bau erhalten haben. Er analysiert auch ihre Architektur und die Bauplastik. Dabei kam er zu der Erkenntnis, dass in der heutigen Kirche Reste eines älteren Kirchen- baus nicht mit Sicherheit zu erkennen sind.28 Er liefert auch ein wichtiges Detail. Im Chor, auf dem Türsturz des Portals in die Sakristei ist die Jahreszahl der Ein- weihung eingemeißelt, das Jahr 1526, darunter befindet sich die Unterschrift des Baumeisters, jedoch ohne Angabe des Eigennamens, der durch das Meisterzeichen ersetzt ist. Vielleicht ist es auch kein Zufall, dass der Name des Bischofs von No- vigrad, Antonio Marcello de Petris neben der Jahreszahl der Einweihung nicht auf- scheint, sondern nur sein Wappen (Abb. 10). Die Inschrift selbst ist abgekürzt und Ivančević interpretierte sie so: „HOC FECIT MAGISTER (Zeichen des Meisters) DE CRAINBURG“.29 Mit der Feststellung der Herkunft des Meisters der Kirche d’arte dal Medioevo all’Ottocento (edd. Giuseppe Pavanello – Maria Walcher), Trieste 1999, p. 275. In Wahrheit sind die Kapitelle in Oprtalj in ihrer Form wesentlich konservativer als jene in Čepić, die durch zahlreiche Renaissanceelemente geschmückt sind. 26 France Stelè, Umetnost v Primorju, Ljubljana 19602, pp. 46–47, 109–110. In der ersten Ausga­ be des Buches (1940) wird die Kirche von Stelè nicht erwähnt, vermutlich weil sie von der älteren Literatur nicht erwähnt wurde. Auch bei seinen Feldforschungen konnte er diese Kirche vermutlich nicht besichtigt haben, da Istrien in der Zeit der Entstehung seiner Studie jenseits der Grenze von Rapallo lag. 27 Ivančević 1963, cit. n. 24. 28 Im Gegensatz zu Ivančević vermutet Bradanović (Bradanović 2009, cit. n. 24, pp. 117–119), dass die Reste der alten, vermutlich romanischen Kirche im unteren Teil der Nordwand zu sehen sind. 29 Ivančević 1963, cit. n. 24, pp. 26–27; ebenso liest die Inschrift auch Bradanović 2009, cit. n. 24, pp. 120–121. Die zum Teil erhaltene Jahreszahl auf einem der Kapitelle im Schiff interpretiert Ivančević als 1531 und erwähnt aufgrund dessen vorsichtig die Möglichkeit, dass das Schiff erst da­ mals fertig gestellt wurde (Ivančević 1963, cit. n. 24, p. 29). Auch Bradanović lässt die Möglichkeit einer späteren Fertigstellung zu (Bradanović 1999, cit. n. 24, p. 87). 71 ZUZ – LII – 2016 9. Oprtalj, Pfarrkirche St. Georg, das Kircheninnere gegen Osten 72 SAMO ŠTEFANAC von Oprtalj bestätigte sich die These von Stelè über die Verbindung der Kirche von Oprtalj mit der spätgotischen Architektur in Oberkrain. Ivančević machte auch auf das identische Steinmetzzeichen auf der Hl. Geist-Kirche in Štrped in der Nähe von Buzet aufmerksam.30 Es handelt sich um einen bescheidenen nicht eingewölbten Bau mit einem kurzen Chor mit Rautensterngewölbe, der vermutlich im Jahr 1500 entstanden ist (Abb. 11). Das Zeichen des „Meisters aus Krainburg“ taucht hier an einigen Stellen im Presbyterium auf als ein gewöhnliches Steinmetzzeichen, was zweifelsohne die Rolle unseres Meisters als Gesellen beweist. Das ist im Hinblick auf ein viertel Jahrhundert Zeitverschiebung in der Chronologie der Entstehung der beiden Kirchen auch ganz logisch. Das Zeichen in Štrped bezeugt demnach die frühe Tätigkeit des damals wahrscheinlich noch nicht selbständigen Steinmet- zes. Bekannt ist aber auch ein Werk, das als ein „spätes“ bezeichnet werden kann. 30 Radovan Ivančević, Crkva sv. Duha kod Štrpeda u Istri, Radovi Odsjeka za povijest umjetnosti, 6, 1969, pp. 17–26. 10. Oprtalj, Pfarrkirche St. Georg, Abschrift der Unterschrift des „Meisters aus Krainburg“ auf dem Portal der Sakristei (nach Ivančević, 1963) 11. Štrped, Kirche Hl. Geist, Grundriss 73 ZUZ – LII – 2016 Es handelt sich um das Zeichen des „Meisters aus Krainburg“ im Wappen-Schild- chen im Chor der Pfarrkirche des St. Michael in Biljana in Goriška Brda (Görzer Eggen), datiert 1534 (Abb. 12, 13).31 Da es sich sowohl in Oprtalj als auch in Bilja- na in Goriška Brda um ambitionierte und anspruchsvolle Projekte handelt, kann man annehmen, dass es sich um einen nachgefragten Baumeister handelt, der in seiner Zeit auch einer der bekanntesten im Raum Istriens und Westsloweniens war. Mehr als das geht aus den bisher bekannten Daten nicht hervor. Ein Vergleich der Kirchen in Prapreče und Oprtalj zeigt, dass die Architektur der beiden Kirchen ähnlich konzipiert ist. In beiden Fällen handelt es sich um zur Gänze eingewölbte dreischiffige Bauten mit einem langen Chor und einem in der Höhe gestaffelten Langhaus. Ähnlich sind auch die Wahl der komplizierten Ge- wölbe-Schemata im Hauptschiff (rhombisch in Prapreče und sechszackige Sterne in Oprtalj) sowie der Kreuzgewölbe in den Seitenschiffen und die Verwendung von Medaillon-Schlusssteinen in beiden Architekturen. Natürlich dürfen die Unter- schiede nicht übersehen werden: neben der bereits erwähnten Arkadenform, die in Prapreče durch Pfeiler, in Oprtalj aber von Säulen mit Kapitellen getragen wird, ist die Höhenstaffelung der Schiffe in Oprtalj weniger ausgeprägt. Auch die beiden Seitenschiffe werden nicht mit Kapellen abgeschlossen. Aber auch das stimmt nur bedingt, da die Schiffe in Oprtalj nicht mit einer geraden Wand abschließen, son- dern im Osten in flach abgerundete Nischen verlängert sind. Der Abschluss wird durch zusätzliche Rippen in Form des Buchstaben „Y“ in den östlichen Jochen be- tonnt. Es handelt sich also doch um eine Art Kapellen, obwohl in einer sehr redu- zierten Form. Auch das reiche Gewölbe-Schema in einigen Jochen der Seitenschiffe ist in beiden Kirchen vorhanden, obwohl in Prapreče das zweite Joch im Osten rei- cher mit Gewölbe ausgeschmückt ist. Hinsichtlich der Höhenstaffelung der Schiffe, gilt die gleiche Feststellung wie im Fall von Čepić. Die Neigung der Dachschräge, die im mediterranen Raum nämlich flacher ist, bedingt eine weniger ausgeprägte Staffelung der Kirchenschiffe als in Mittelslowenien, wo bei steiler Neigung der Dachschräge unter dem Dach Raum für eher höhere Arkadenwände entsteht und somit auch für das Gewölbe im Hauptschiff. Aus den Ausführungen geht hervor, dass die beiden Kirchen von Prapreče und Oprtalj typologisch in die selbe Gruppe eingeordnet werden können und dass die Staffelkirche von Prapreče doch kein so exklusives Beispiel darstellt, wie es den Anschein hat, wenn man nur Beispiele in Krain betrachtet und sich nicht in ei- nem größeren Raum, wo Krainer Baumeister tätig waren, umsieht. Es stellt sich 31 Komelj 1973, cit. n. 13, pp. 232, 235; Peskar 1999, cit. n. 1, pp. 83–86, 265–268. 74 die Frage, ob die beiden Kirchen noch etwas mehr verbindet als nur derselbe Ar- chitekturtypus, da die Entstehung und die Fertigstellung der beiden Kirchen nur zwei Jahre auseinanderliegt. In Prapreče unterschieb sich Meister Stefan, in Opr- talj aber ein etwas rätselhafter „Meister aus Krainburg“, der seinen Vornamen ver- schwieg. Der Name des Meisters Stefan auf seinem Votivfresko in der Kirche von Prapreče, wo seine Herkunft nicht verraten wird, ist schon lange bekannt. Erst in der jüngsten Zeit wurde eine zweite Unterschrift des Meisters entdeckt, die auf einem der Gewölbefelder im polygonalen Abschluss des Presbyteriums zu finden ist. (Abb. 14).32 Hier ist auch das Zeichen des Meisters aufgemalt, der von drei ra- dial verlaufenden Strichen, die aus einem Punkt ausgehen, zusammengesetzt ist, der äußerste linke Strich knickt am Ende nach hinten und hinab. Der Vergleich mit dem Zeichen des „Meisters aus Krainburg“ zeigt, dass dieser spiegelverkehrt ist (der rechte Strich ist geknickt) und dass die Winkel zwischen den Strichen in Prapreče schärfer sind. Beide Zeichen haben demnach dieselben Elemente und 32 Kos 2001, cit. n. 7, pp. 39–40; Kos 2004, cit. n. 7, p. 104; Kos 2014, cit. n. 7, p. 157. SAMO ŠTEFANAC 12. Biljana, Pfarrkirche St. Michael, Gewölbe im Presbyterium 75 ZUZ – LII – 2016 man kann mit Sicherheit annehmen, dass es sich um das Zeichen ein und desselben Meisters handelt.33 Der „Meister aus Krainburg“ ist demnach niemand anderer als Meister Stefan, der Erbauer die Kirche St. Lukas in Prapreče. Mit der Identifikation der beiden Meister als einer einzigen Person erhalten wir einen den fruchtbarsten, oder sogar den fruchtbarsten Baumeister des ersten Drittels des 16. Jahrhunderts im größeren Einflussgebiet Krains. Mit der Zusammenfügung der bekannten Daten des „Meisters aus Krainburg“ und des Meisters Stefan können der Lebensweg und der Wirkungsbereich unseres Meisters zumindest teilweise rekonstruiert werden. Es versteht sich von selbst, dass die Jahreszahl seiner Geburt nicht feststellbar ist, doch bis 1500 dürfte er bereits die Lehrzeit als Steinmetz absolviert haben, da er damals schon sein Steinmetz- zeichen verwendete. Man kann daraus schließen, dass er erwachsen oder an der Schwelle des Erwachsenenalters stand. Die Arbeit in Štrped ist auch Stefans erster 33 Es sei angemerkt, dass eine spiegelverkehrte Darstellung der Steinmetz­ und Meisterzeichen sehr häufig vorkam, auch ihre Ausführung und die Proportionen waren oft inkonsequent. Cf. e. g. Peskar 1999, cit. n. 1, passim; ähnliche Schlüsse zieht auch Ivančević 1963, cit. n. 24, pp. 35–37. 13. Biljana, Pfarrkirche St. Michael, Wappen-Schildchen mit dem Zeichen des „Meister aus Krainburg“ auf dem Gewölbe des Presbyteriums 76 SAMO ŠTEFANAC dokumentierter Kontakt mit Istrien, doch angesichts der zeitlichen Distanz zum Bau der Kirche in Oprtalj darf kein unmittelbarer Zusammenhang mit seiner spä- teren Tätigkeit in Istrien gezogen werden. Es folgt eine Zeit von fast zwei Jahrzehn- ten, in der es keine Daten über die Tätigkeit des Meisters Stefan gibt. Vermutlich erhielt er in dieser Zeit auch den Status des Meisters. Die nächste Erwähnung, die mit dem Meister unter Umständen zu vereinbaren wäre, ist die leider heute nicht mehr erhaltene Inschrift aus dem Jahre 1519 auf dem Portal der Kirche S. Giovan- ni al Timavo (slov. Štivan na Timavi) bei Duino (Devin), wo ein gewisser „magis- ter Stephanus“34 genannt wurde. Da hier jedoch kein Meisterzeichen vorhanden war, kann er nicht mit Gewissheit mit unserem Meister identifiziert werden, ob- wohl es keine treffenden Gründe gibt, daran zu zweifeln. Mit dem Bau der Kirche am Timavo wurde 1472 begonnen. Als sie 1483 im Itinerarium des venezianischen Chronisten Marin Sanudo35 als neu erwähnt wurde, war sie zweifelsohne bereits in Verwendung, welche Arbeiten aber um das Ende des zweiten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts an ihr durchgeführt wurden, ist jedoch nicht bekannt. Es kann sein, dass es sich nur um kleinere Reparaturen an einem Teil des Langhauses handelt, oder um eine gründlichere Rekonstruktion des Langhauses oder aber, das Lang- haus wurde erst zu dieser Zeit errichtet. Gerade die Unterschrift des Meisters wür- de auf die Möglichkeit größerer Bauarbeiten hindeuten. Die Kirche wurde im Ers- ten Weltkrieg stark beschädigt, wodurch die Erkennung allfälliger Bauphasen auf dem Gebäude erschwert wird. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass das Langhaus nie eingewölbt war, sodass sich sein Aussehen in den 70er Jahren nicht wesentlich von jenem aus dem Jahre 1519 – nach der vermutlichen Erneuerung des Langhau- ses – unterscheidet. Es ist aber natürlich auch nicht ganz auszuschließen, dass das von Sanudo erwähnte Gebäude in den Jahren unmittelbar nach der Errichtung nur aus dem Presbyterium bestand. Etwa gleichzeitig mit der – angenommenen – Arbeit in S. Giovanni begann auch die Errichtung der Kirche in Prapreče (1519–1524), die schon nach einigen Bausaisonen vollendet war. Unmittelbar danach folgte die Arbeit in Oprtalj (1526). Die beiden hier behandelten Kirchen eint noch ein gemeinsames Merkmal, da bei- de wegen des Terrains, auf dem sie errichtet wurden, eine Herausforderung für den Baumeister darstellten. Die Kirche von Prapreče steht auf einem Hang, weshalb eine stufenweise Hebung des Bodenpflasters im gesamten Raum notwendig wurde, 34 Die Inschrift war noch am Ende des 19. Jahrhunderts sichtbar: Rodolfo Pichler, Il castello di Duino, Trento 1882, pp. 49, 458; Peskar 1999, cit. n. 1, pp. 63, 240; Kos 2004, cit. n. 7, pp. 104, 106. 35 Marin Sanudo, Itinerario di Marin Sanuto per la terraferma veneziana nell’anno MCCCCLXXXIII, Padova 1847, pp. 145–146. 77 ZUZ – LII – 2016 ebenso wie auch eine stufenweise Erhöhung der Arkaden in Richtung des westli- chen Langhausteiles und eine Steigung des Sockels auf der Außenseite. In Oprtalj ist die Situation umgekehrt, aus technischer Sicht ist sie vielleicht noch anspruchs- voller. Die Kirche steht hier am Gipfel einer Erhebung, wo keine ausreichende ebene Fläche für den gesamten Bau vorhanden war. Stefan musste hier das Presbyterium und die Sakristei „unterkellern“. Es entstand ein niedriger Raum, eingewölbt ohne Rippen, der mit der Kirche nicht funktionell verbunden ist, weshalb man nicht von einer Krypta sprechen kann, Ivančević nannte diesen Raum vorsichtig „Substruk- tion“.36 Bisher war es nicht möglich, sein Meisterzeichen unter den Steinmetzzei- chen in Prapreče zu finden. Es gibt daher keinen Beweis dafür, dass er an diesem Gebäude auch als Steinmetz gearbeitet hätte, während in Oprtalj seine Zeichen an einigen Stellen an den Fenstern im Presbyterium vorhanden sind. 36 Ivančević 1963, cit. n. 24, passim. 14. Sp. Prapreče, K. St. Lukas, Unterschrift des Baumeisters Stefan mit dem Meisterzeichen im Presbyterium 78 SAMO ŠTEFANAC Die Kirche in Biljana in Goriška Brda von 1534, die letzte bekannte Arbeit des Meisters Stefan, übersteigt in der Monumentalität und Komplexität ihres Plans andere spätgotische Architekturen im Westen des slowenischen Raums, ausge- nommen vielleicht die Kirche in S. Giovanni in Timavo und der Dom von Görz. Ihr zwei Joch langer Chor mit dem Rautensterngewölbe blieb ziemlich unverän- dert erhalten und ist neben jenem in S. Giovanni der einzige Chor in Westslowe- nien mit bis zum Boden reichenden Diensten, die mit Baldachinen und Konsolen geschmückt waren. In diesen sollten Statuen Platz finden, was zweifelsohne die Bedeutung des Auftrages beweist. Nur auf Grundlage der Form des Presbyteri- ums kann jedoch nicht auf den Entwurf des Langhauses geschlossen werden, wäre dieser gebaut worden.37 Der Lebenslauf des Meisters Stefan aus Krainburg (Kranj) kann eventuell mit noch einer Information ergänzt werden, auf die Andreja Kos aufmerksam machte.38 1515 wird nämlich in Laibach (Ljubljana) ein gewisser „Steffan Maurer“ erwähnt, der einen Garten auf der Gorica als Pächter innehatte. Chronologisch könnte diese Angabe jedenfalls in die Biographie Stefans passen und der Titel „Maurer“ hätte auch bedeuten können, dass er damals noch nicht den Status Meister hatte, doch unimittelbare Beweise dafür gibt es nicht. Es darf auch nicht vergessen werden, dass der Baumeister von Oprtalj seine Herkunft genau definierte, als er das Wort CRAINBURG schrieb. Damit meinte er sicher nicht ganz Krain, sondern konkret die Stadt Krainburg (Kranj). Wäre er ein Laibacher Bürger gewesen, hätte er sich ziemlich sicher als Laibacher unterschrieben, so wie einige Jahrzehnte davor Peter Bezlaj in Čepić es getan hatte. Natürlich konnte zwischen 1515, als Stefan in Lai- bach erwähnt wird, und 1526, als er sich in Oprtalj unterschrieb, in seinem Leben Vieles passiert sein. Trotzdem ist hinsichtlich der Identifizierung Vorsicht geboten, da der Name Stefan ziemlich häufig vorkommt. Schwierig ist auch die Organisation seiner Werkstatt zu rekonstruieren, da sich die Steinmetzzeichen auf seinen Wer- ken in der Regel nicht wiederholen. Eine Ausnahme ist eines der Zeichen in Opr- talj, das mit dem Zeichen von Biljana identisch sein könnte. Doch das ist jedenfalls zu wenig für eine vertiefende Auseinandersetzung mit Stefans Gehilfen.39 Ähnlich 37 Peskar 1999, cit. n. 1, pp. 83–86, 265–268, 364–367. Zwischen der Arbeit des Meisters Stefan in Oprtalj und in Biljana liegen zwar acht Jahre, in denen nichts über Stefans Tätigkeit bekannt ist. Wenn man doch annimmt, dass sich der Bau des Langhauses in Oprtalj bis in die 30er Jahre des 16. Jahrhunderts hinzog und dass der Meister in dieser Phase noch mitarbeitete, wird die Lücke wesent­ lich kleiner (Ivančević 1963, cit. n. 24, p. 29; Bradanović 1999, cit. n. 24, p. 87). 38 Kos 2001, cit. n. 7, pp. 112–129; Kos 2004, cit. n. 7, p. 105. 39 Ivančević 1963, cit. n. 24, Steinmetzzeichen VII in der nicht paginierten Bildbeilage; Peskar 1999, cit. n. 1, pp. 365–366, Steinmetzzeichen 9 und 14. 79 ZUZ – LII – 2016 verhält es sich mit den Bauplastiken in seinen Werken, da auch die Analyse von Andreja Kos die Möglichkeit, dass der Meister auch Konsolen und Schlusssteine anfertigte, weder ausschließen noch bestätigen konnte.40 Zu erwähnen aber ist, dass in seinem Opus eine gewisse Typologie der Bauteile, vor allem bei den Me- daillon-Schlusssteinen,41 die sowohl in Štrped als auch in Prapreče, Oprtalj und Biljana vorkommen, vorhanden ist. Darauf macht Robert Peskar in seiner Analyse der Arbeiten des „Meisters aus Krainburg“ aufmerksam. Ob ein ständiges Team von Steinmetzen den Meister bei seinen Projekten begleitet hatte, ist durch die schwache Qualität der Plastiken schwer zu beurteilen, da das für das 16. Jahrhun- dert überhaupt typisch ist. Trotzdem gilt es den Vorschlag Marijan Bradanovićs zu prüfen, der einem Nachfolger Stefans das Relief des venezianischen Löwen am ehemaligen Gemeindepalais in Oprtalj von 1529 zuschreibt, dessen anthropomor- phe Physiognomie tatsächlich an einige Konsolen in der dortigen Kirche erinnert.42 Sollte sich diese Zuschreibung bestätigen, wäre das das einzige bekannte Werk ei- nes Steinmetzes aus Krain mit einer ausgesprochen venezianischen Ikonographie. Der Schaffensweg Stefans dauerte lange dreieinhalb Jahrzehnte und es besteht kein Zweifel, dass er in seiner Zeit einer der führenden und nachgefragtesten Meis- ter in Krain und im weiteren Einflussbereich Krains war. So wie ehedem Peter Be- zlaj war auch er im venezianischen Istrien erfolgreich tätig. Seine Arbeiten zeigen, dass er fähig war, anspruchsvolle Aufgaben zu lösen und sich mit ernsten baulichen Herausforderungen auseinander zu setzen, so etwa bei der Errichtung von monu- mentalen Kirchen auf unebenem Terrain. Er war Zeitgenosse des Meisters Jurko aus Loka (Bischoflack), bekannt vor allem dank des erhaltenen Vertrages für den Bau des Presbyteriums in Crngrob.43 Doch gerade wegen der Verzögerungen und Ver- wicklungen rund um den Bau in Crngrob kann angenommen werden, dass Stefan ein fähigerer und verlässlicherer Baumeister war. Andererseits brachte der Meister aber keine Neuerungen in die Krainer Bauart in stilistischer Hinsicht. Immerfort bleibt er seinen Gewölbe- und Raumschemata treu, die zu seiner Zeit schon seit ei- nem Jahrhundert üblich waren. Das Beharren auf den Formen des 15. Jahrhunderts ist aber auch ein allgemeines Merkmal der Oberkrainer Architektur des 16. Jahr- hunderts, während in den Nachbarländern schon um die Jahrhundertwende neue 40 Kos 2004, cit. n. 7, pp. 107–110. 41 Peskar 1999, cit. n. 1, pp. 83–86, 265–268. 42 Bradanović 1999, cit. n. 24. 43 Ana Lavrič, Pogodba z mojstrom Jurkom iz Loke za zidavo prezbiterija in zvonika v Crngrobu, Razprave I. razreda SAZU, XV, 1986, pp. 135–153. 80 SAMO ŠTEFANAC Gewölbeschemata mit gebogenen Rippen sowie Räume mit Wandpfeilern ange- wandt wurden. Das schönste Beispiel dafür sind die Umbauten in den Kirchen des Pfarrers von Konjice (Gonobitz), Valentin Fabri, in der Steiermark und Kärnten.44 Umso konservativer ist die Architektur Stefans im Vergleich mit dem Schaffen eines anderen Zeitgenossen, des Meisters Bartholomäus Viertaler aus Südtirol, der im be- nachbarten Kärnten einen vollkommen neuen Typus des spätgotischen vegetabilen Rippengeflechts schuf. Es sieht so aus, als hätte Krain mit Ausnahme von Kranjska Gora trotz der geographischen Nähe auf diese Neuerung gar nicht reagiert.45 Im Opus Stefans sind auch keine Renaissanceelemente zu finden, wobei diese in seiner Zeit in Krain nicht mehr ganz unbekannt waren. Peter Bezlaj kannte wahrscheinlich schon Ende des 15. Jahrhunderts die Neuerungen in Venedig. Heute kann nicht da- rüber geurteilt werden, ob der Grund dafür in der Unfähigkeit Stefans, Neuerungen zu verfolgen, zu suchen ist, oder ob es an der Interesselosigkeit der Auftraggeber lag. Ergänzend soll angemerkt werden, dass in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Oberkrain trotz Konservativität den Status des regionalen Zentrums in der Bautä- tigkeit behielt und so wie im Jahrhundert davor die Meister aus Krain weiterhin be- deutende Aufträge auch aus dem umliegenden Ländern erhielten. Stefan aus Krainburg war demnach seinem Stil nach zwar ein konservativer Baumeister, doch kann er nicht nur als ein demütiger mittelalterlicher Meister an- gesehen werden. In Oprtalj befinden sich seine Unterschrift und das Meisterzei- chen unmittelbar unter dem Wappen des Bischofs, sein Meisterzeichen in Biljana ist am östlichsten Schlussstein in der Achse des Gebäudes, also über dem Hauptal- tar angebracht, ähnlich wie in Prapreče, wo sich seine Unterschrift und das Meis- terzeichen im Presbyterium ebenso über dem Altar befinden. Doch am aussage- kräftigsten ist das Votivfresko, das er an einer sichtbaren Stelle im Langhaus der Kirche in Prapreče anbringen ließ, wo er mit seiner Familie im Bittgebet dargestellt ist (Abb. 15). Das Bild zeigt ihn als einen erfolgreichen Meister, der in der dama- ligen Gesellschaft eine bedeutende Stellung und entsprechendes Ansehen erwor- ben hatte. Die Inschrift, in der besonders betont wurde, dass er das Fresko selbst 44 Matej Klemenčič, Župnijska cerkev v Konjicah in gradbena dejavnost Valentina Fabrija, Gotika v Sloveniji = Gotik in Slowenien = Il gotico in Slovenia. Nastajanje kulturnega prostora med Alpami, Panonijo in Jadranom = Vom Werden des Kulturraums zwischen Alpen, Pannonien und Adria = La formazione dello spazio culturale tra le Alpi, la Pannonia e l‘Adriatico (Ljubljana, Narodna galerija, 20.–22. 10. 1994, ed. Janez Höfler), Ljubljana 1995, pp. 111–129; Matej Klemenčič, Die Bautätigkeit des Valentin Fabri, Gotik in Slowenien (Ljubljana, Narodna galerija, 1. 6.–1. 10. 1995, ed. Janez Höf­ ler), Ljubljana 1995, pp. 78–80: cat. 24. 45 Samo Štefanac, Bartlmä Viertaler und dessen Stellung in der Architektur des frühen 16. Jahr­ hunderts in den östlichen Alpenländern, Symposium zur Geschichte von Millstatt und Kärnten 1998 (ed. Franz Nikolasch), Millstatt 1998, pp. 12–20. 81 ZUZ – LII – 2016 finanzierte, verrät, dass er auch vermögend sein musste. Das Bild Stefans ist kein verschämtes Autoporträt eines Künstlers, im Gegensatz zu den in der Dekoration der Bordüre versteckten Bildnissen des Johannes Aquila oder zu den, nur mit ei- nem Meisterzeichen im Wappen-Schildchen versehenen Bildern des s. g. „Meisters des Krainburger Schiffsgewölbes“ in Radovljica und Podnanos.46 Das Fresko Ste- fans zeigt den Meister als einen selbstbewussten Angehörigen der Gesellschaft in der zeitgenössischen bürgerlichen Kleidung.47 Der anonyme Maler malte die Szene, 46 Peskar 1999, cit. n. 1, figg. 37, 75. 47 Kos 2001, cit. n. 7, pp. 114–115; Kos 2004, cit. n. 7, p. 104. Die Autorin verweist auf die Kleide­ rordnung von 1517, nach der sich die Angehörigen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten nach ihrer Kleidung zu unterscheiden haben. Die Ausstattung Stefans auf dem Fresko könnte auf seinen hohen, vielleicht sogar adeligen Stand hinweisen (seine Bekleidung mit dem Pelzkragen erinnert an jene des Auftraggebers, Johannes Heritsch auf dem Fresko im Presbyterium), natürlich unter der Voraussetzung, dass sich alle an diese Kleiderordnung hielten. 15. Sp. Prapreče, K. St. Lukas, Votivfresko des Meisters Stefan im Langhaus 82 SAMO ŠTEFANAC soweit er das schaffte, in einem Renaissanceraum mit perspektivischem Boden- pflaster und niedriger Mauer vor einem blauen Hintergrund. Damit stellte er Ste- fan aus Krainburg, der in seiner stilistischen Orientierung eher ein konservativer Baumeister war, als eine künstlerische Persönlichkeit der neuen Renaissancezeit dar. Eine rasche Durchsicht des künstlerischen Materials aller Gattungen dieser Epoche zeigt, dass es sich hier zweifelsohne um eines der ältesten, wenn nicht so- gar um das älteste Beispiel dieser Art auf dem slowenischen Gebiet handelt. Übersetzung: Irena Bruckmüller Bildnachweis: Samo Štefanac (1, 4–6, 14, 15); Janez Höfler (7); Robert Peskar (9, 12, 13); Fotothek der Abteilung für Kunstgeschichte, Philosophische Fakultät, Universität von Ljubljana (2); Ivančević 1963, cit. n. 24 (8, 10, 11). 83 ZUZ – LII – 2016 Mojster Štefan iz Kranja, zadnji protagonist gorenjske poznogotske arhitekture POVZETEK S svojo stopnjevano ladjo je cerkev sv. Luka v Spodnjih Praprečah (pribl. 1519–1524), v kateri se je kot stavbenik podpisal mojster Štefan, ob času nastanka edina arhitek­ tura tega tipa na Kranjskem, kjer na začetku 16. stoletja med večladijskimi stavbami še vedno dominira dvoranski tip cerkva, in edino približno sočasno paralelo najdemo v arhitekturi župnijske cerkve v dokaj oddaljenem Oprtlju (1526) na nekdaj beneškem ozemlju v Istri. Čeprav slednja kaže nekoliko več mediteranskih prvin (npr. obliko­ vanje arkad, ki jih nosijo stebri s kapiteli), sta si cerkvi po arhitekturni zasnovi dovolj blizu, da si lahko zastavimo vprašanje o njuni morebitni medsebojni povezanosti. V koru oprtaljske cerkve se je podpisal »Mojster iz Kranja«, ki pa je namesto imena upo­ dobil svoj mojstrski znak. Isti znak se kot navaden kamnoseški znak pojavlja tudi v koru nekoliko starejše cerkve Svetega Duha v Štrpedu pri Buzetu (ok. 1500), kot pra­ vi mojstrski znak v ščitku pa na oboku kora cerkve sv. Mihaela v Biljani v Goriških brdih (1534), kar dokazuje več kot tri desetletja dolgo ustvarjalno pot umetnika. Ne­ davno odkritje mojstrskega znaka stavbenika Štefana ob njegovem podpisu na oboku kora prapreške cerkve, ki je enak znaku Mojstra iz Kranja, pa dokazuje, da gre v resni­ ci za istega mojstra, tako da tudi podobnost med arhitekturnima zasnovama prapre­ ške in oprtaljske cerkve ne more biti zgolj naključje. Tako je Štefanovo delo izpričano na štirih spomenikih, od tega je bil pri treh glavni mojster, ni pa izključeno, da bi leta 1519 delal tudi na ladji cerkve sv. Janeza na Timavi (S. Giovanni al Timavo) pri De­ vinu, a napis na portalu, na katerem je bilo zabeleženo ime »magister Stephanus«, se žal ni ohranil in teze ne moremo preveriti. Vsekakor je bil Štefan eden najplodovitej­ ših stavbenikov svojega časa, po drugi strani pa je po stavbnih zasnovah, uporabljenih obočnih shemah in dekorativnem repertoriju dokaj konservativen. A ne glede na to ga moramo obravnavati kot predstavnika novega, renesančnega časa, saj je dal v ladji prapreške cerkve naslikati votivno fresko, na kateri je v meščanski (ali celo plemiški) opravi upodobljen kot samozavesten pripadnik tedanje visoke družbe in ne kot skro­ men srednjeveški rokodelec. Članek v slovenščini je v celoti dostopen na: www.suzd.si/zbornik [Štefanac 3] Sp. Prapreče, K. St. Lukas, das Kircheninnere gegen Osten ZUZ – LI – 2015 [Štefanac 15] Sp. Prapreče, K. St. Lukas, Votivfresko des Meisters Stefan im Langhaus