» L6L9öö Dr. lossD D L k DON VON 1 8 9 7. 163955 Än Len hochw. Herrn Dr. Josef Pasek, Domeapitular, F.D. Consislorialrath, Canoniens Theologalis und Theologie-Professor in Marburg. Mit Freude genehmige Ich Ihr Manuscript: „Der Dom von Marburg, ein Bild der Glaubens¬ treue seiner Bewohner". Zu seiner Veröffentlichung durch den Druck ertheile Ich im Sinne der apostolischen Constitution »(Moiorum a.0 munorum VIII. Kal. Kobruarii 1896« sehr gerne die Erlaubnis in der angenehmen Über¬ zeugung, dass die lobenswerte Skizze einen überaus edlen Zweck verfolgt und geeigenschaftet ist, Liebe zum altehrwürdigen Dom und hiedurch auch zur hl. Kirche zu erwecken und werkthätig zu machen. Gottes Segen begleite das lehrreiche Büchlein auf seiner Wanderung! Marburg, Kirchweihfest — Octav, am 24. Octvber 1897. -f Michaels Fürstbischof. Seiner fürstbischöstichen Gnaden dem hochmürdigften und stochgebornen Herrn Herrn Ar. Wichael' Wapotnik, Fürstbischof non Lavmrt etr. etc. dem munistcenteir Förderer kirchlicher Kunst- thätigkeit in tiefster Ehrfurcht gewidmet vom Verfaffer. In sprach o in der Domkirche zu Marburg am Feste der Kirch¬ weihe den 17. October 1897. Gegenstand: Eine Skizze der Geschichte des Domes, verbunden mit sittlichen Nutzanwendungen. Spruch: „So oft wir das Fest der Kirchweihe würdig begehen, erneuern wir geistlicher Weise an uns das Werk des Kirchcnbaues". (8. August. 252. ssrmo üe tsmx.). Einleitung. arburgs Dom ist eine dreischiffige Basilika; das Mittelschiff hat Oberlichter, die Seiten¬ schiffe aber haben Pultdächer. Fremde Besucher erstaunen beim Ein¬ tritte in unseren Dom: „Ein gewaltiger Bau, kunstvoll geschmückt, und erhebende Andacht darinnen!" Der Bau ist beiläufig fünfzig Meter lang und fasst etwa 2000 Menschen. Die Richtung des Baues ist genau nach den kirchlichen Normen orientiert. 8 I. Entstehung des Domes. jx?^ie Diöeesanchronik „Das Bisthum und die I Diöcese Lavant" von Monsignore Dompropst .M I Ignaz Orožen erzählt im I. Bd., S. 6: „Der Dom wurde wahrscheinlich auf den Fun- damenten der früheren, von den Landes- Lw fürsten erbauten Pfarrkirche im Jahre 1520 aufgebaut". Wer sind aber diese Landesfürsten? Ein sieb¬ zigjähriger Kampf wüthete im 9. Jahrhunderte zwischen den einheimischen untersteirischen Fürsten und den vordringenden Franken. Fürst Brazlavv huldigte ungebrochen im Jahre 884 dem Karolinger Karl dem Dicken. Im Kriegsgetümmel baut man aber keine Kirchen?) Im Jahre 1090 vollzog sich ein Gütertausch zwischen der Beuedictiner-Abtei St. Paul in Kärnten und dem Markgrafen Engelbert I. aus dem Hause Sponheim-Truxen, und erhielt dieser hiebei Roswein, Täubling, Brunndvrf, Pvtschgau, Dobreng und das Zirknitzthal bis gegen St. Ägiden?) Auf Engelbert I. folgte als Herr auf Ober- marburg und über das Gebiet von Marburg dessen Sohn Bernhard. Seine Gemahlin Kunigunde war Tante Ottokars III. des Traungauers und Mark¬ grafen von Steher. Als sich beide Nachbarn im Jahre 1147 auschickten, an dem zweiten Kreuzzuge 9 Zonales 8. Ituälisrti anno 838. Xnnalsb I<'uläenses anno 855. et 900. Stcir. Gesch.-Qncltcn IX. 39. "st Zahn, Urknndenbuch, I. 39, 103. Stcir. Gesch.-Qucllen X. 99. 9 gegen die Türken theilzunehmen, bestimmte Bern¬ hard seinen Nachbar Ottokar zum Erben, wenn er selbst mit Tod abgehen sollte. Das geschah auch wirklich auf dem zweiten Kreuzzuge: Graf Bernhard von Marburg starb als christlicher Held, und sein Ruhm streift an den der heiligen Glaubensbekenner.H Gerade dieser neue Landesfürst, Ottokar der Traungauer, dürfte die Domkirche in Marburg ge¬ baut haben, da er auch Seizkloster gebaut hat. Er starb am 31. December 1164 zu Fünfkirchen. (Dr. Jac. Max. Stepischnegg: Das Karthäuser-Kloster Seiz, Marburg 1884, S. 7). Bei der damaligen Kirchweihe mag der von Salzburg gekommene consecrierende Bischof etwa so gesprochen haben: „Ihr seid nicht mehr Fremdlinge und Gäste, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes". (Ephes. 2, 19). Der bischöfliche Consecrator wird aber auch ernstlich er¬ innert haben: „Niemand kann einen andern Grund legen außer dem, welcher gelegt ist, welcher ist Christus Jesus. . . . Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes wohnt in euch? So aber jemand den Tempel Gottes verdirbt, wird jenen Gott verderben. Denn der Tempel Gottes ist heilig, was ihr seid." (1. Cor. 3, 11. 16. 17). Janus Eunenkel, gestorben 1230, berichtet über diesen Besitzwechsel: „Der Grave Pernhart von Marchpurg der dinget dem Marchgraven Otachern von Steyr das Haus zu Marchpurg uud den markt und daz dazu gehört . .. demselben grauen Pern¬ harten gehörten an diese dicnstmanen: die Trewner (Drannthal), die von Chending sHaidin), die von Lenbenbach (Lembach), die von Mnrchpurch nnd alle Truchsner". Handschrift in der k. n. k. Hofbiblivthek in Wien, Nr. 2733. Steir. Gesch. Quellen X. 100. jirones, die Freien von Sanneck I. 35, -H» 10 -Hh- II. Rascher Wechsel. ttokar IV., der Sohn des eben oben genannten Ottokar III., erlangte die Herzogswürde, wurde aber vom Aussatz befallen. Am 17. August 1186 verschrieb er sein Erbe, also auch Marburg, dem Herzog von Öster- s reich aus dem Hause der Babenberger und starb, erst 29 Jahre alt, im Jahre 1192. Es wird berichtet, dass ihn der Prälat von Rein nach der Darreichung der heiligen Wegzehrung ungeachtet der größten Gefahr der Ansteckung aus Verehrung und Mitleid küsste, — ein schönes Beispiel der Treue des katholischen Priesters, der treu ist und treu bleibt bis in den Tod, weil er treu ist um Gottes willen. Im Jahre 1201 findet sich in einer Grenz¬ bestimmung (OroLen, op. eit. I. 523) bereits eine Andeutung von der Pfarre Marburg. Im Jahre 1248 wird aber die Kirche von Marlnrrg ausdrücklich erwähnt. (Steir. Gesch.-Quellen X. 105). In der Zeit von 1252 bis 1260 herrschten über Marburg die ungarischen Arpaden. Von 1260 bis 1276 hatte Steiermark Ottokar von Böhmen inne, und in seinem Steuerregister (klatioimnum Sturms 1264) findet sich die erste Matrik für die Bewohner des steirischen Unterlandes. Unter Otto¬ kars Hörigen hat schon so mancher seinen Namen gesucht, um mit dem Alter desselben zu prunken. Das richtige Adelsbuch ist aber im Himmel oben: „Darob freuet euch nicht, dass euch die Geister unterworfen werden; freuet euch vielmehr, dass eure Namen eingeschrieben sind in den Himmeln." (Lu¬ kas 10, 20). III. Die romanische Basilika von Marburg. ^9 >e erste Kirche Marburgs war roma nisch oder I im Nundbogenstil gebaut und dreischiffig. I Nur ein Gewölbejoch im östlichen Abschlüsse des nördlichen Seitenschiffes dürfte davon noch vorhanden sein, und weiset uns dieses G das bekannte Kreuzgewölbe auf. In gleicher Weise schauen in dieser nördlichen Abseite aus den östlichen drei Bogenträgern noch die romanischen Capitälgesimse der nun eingeschlosfenen aus Quadern gebauten Pfeiler beraus. Im „Kirchenschmuck", Graz 1883, S. 81—85 findet sich ein Abriss der romani¬ schen Arcadenstellungen unseres Domes, sowie ein Grundriss desselben. Für die geschichtliche Entwicklung der Pfarr¬ umschreibungen ist von Bedeutung der Umstand, dass im Jahre 1450 der Stadtpfarrer von Marburg, Collator von Zellniz, Gams und St. Peter genannt wird. (Steir. Gesch.-Quell. X. 105). IV. Gothisicrnng des Tomes. sxMi as Mittelschiff wurde durch die halbrunden I Dienste, aus'denen die Zierrippen des Tonnen- gewölbes hervorgehen, gothisch stilisiert und um etwa fünf Meter erhöht in der Zeit von ' . 1520 bis 1523, unter dem Baumeister Hans Weiss, nach dem Tode und vielleicht mit den Mitteln des Kaisers Maximilian, woran jener Denk- stein erinnert, der sich im östlichsten Strebepfeiler an der Nordseite der Sacristei befindet. (OroLen, op. vit. I. 527). Von Weiss ist auch Burg Marburg laut Inschrift auf der Loggia derselben erbaut worden. (Mitch, d. C. C. IV). Ein zweiter Denkstein: „Linhart Holzmann diezeit Zechmeister 1520" findet sich rechts von der Kanzel in Zweidrittel-Höhe der nordseitigen Mittelschiffswand. Das Opfer, das Holzmann bei der Bauführung gebracht, hat in Marburgs Ge¬ schichte Anerkennung und sicher auch bei Gott die Belohnung erhalten. Das nördliche Seitenschiff mit seinem edlen Sterngewölbe (fünf Kappen desselben wurden 1886 neu gewölbt) dürfte zu Beginn des 15. Jahrhunderts gothisiert worden sein. Das Werkzeichen des Bau¬ meisters, Schwert und Wanderstab, aus dem näm¬ lichen Fußpunkte ausgehend, ist wohl an der treff¬ lichen Arbeit, und zwar an der Console des Dienstes des westlichsten Gewölbeträgers zu sehen, sein Name ist jedoch unbekannt. Vielleicht wollte der Schöpfer dieses Werkes mit seinem Abzeichen den ernsten Ge¬ danken ausdrücken, dass des Menschen Leben auf Erden ein Kriegsdienst ist. (Job 7, 1). Das südliche Seite n schiff erhielt seine gothische Einwölbung laut Inschrift auf den Gewölberippen »anno Domini N6000XDV« iin Jahre 1445, vielleicht durch Hans Riesenberger, der als gebürtiger Grazer das Hoforatorium des Domes in Graz und im Jahre 1471 den Priesterchor des ältesten der drei gothischen Dome am Rhein umgebaut hat, ich meine das edle Münster von Freiburg in Baden. (H. Knackfuß, deutsche Kunstgeschichte, I. 285). Der Priesterchor des Marburger Domes ist laut Inschrift an der dritten Lisene (Standort des -O-- 13 hl. Apostels Bartholomäus) der nördlichen Wand im Jahre 1521 dem Schiffe vorgelegt worden. Auf den unbekannten Bauführer deuten wohl die Buch¬ staben N. '1? des Schildchens hin. Vielleicht war es ein Tade. Mareo Ant. Tade baute 1585 an der Burg in Graz; Tade M. Dionisio baute 1568 an der Stiftskirche zu Eggenberg, und Tade Peter führte 1564 den Bau des Landhauses in Graz zu Ende. (Josef Wastler, Steirisches Künstler-Lexicon, S. 165—166). Die kostbarste Perle des herrlichen Presby¬ teriums bilden zweifelsohne die steinernen Sedilien gegenüber dem bischöflichen"^THröne des hoch- würdigsten Oberhirten. Nach dem Adel der Formen wäre man versucht anzunehmen, dass dieselben nicht in der letzten gothischen Stilphase (1520), sondern 100 Jahre früher angefertigt worden seien. Abgebildet erscheinen diese graziösen Sitzbekrönungen im „Kirchenschmuck" 1873, S. 141. V. Tnrkeunoth. Jahre 1529, also kurz nach der Fertig- stellung der Domkirche, wurde Marburg vou i sOlst den Türken heimgesucht. Allein die Bürger- schuft leistete so wackeren Widerstand, dass d die Türken unverrichteter Dinge und mit ft leeren Händen abziehen mussten. (Vgl. „Türkensturm auf Marburg 1529. Eine dramatische Erzählung. Graz 1829.") - 14 -Sch- Im Jahre 1532 erschienen die Türken abermal vor Marburg. Da sie jedoch weder durch List, noch durch Gewalt den Durchzug durch die Stadt ge¬ winnen konnten, schlugen sie bei Meiling eine Brücke über die Drau und zogen über das Pettauer-Feld in ihre Heimat ab. Gewiss haben damals die Be¬ wohner von Marburg in ihrer schönen Pfarrkirche bei dem Allmächtigen Trost und Hilfe gesucht und haben sie auch gefunden. VI. Josef Holzingcr's Schnitzwcrkc. '5ÄWs in weiteres herrliches Kunstwerk des Priester- sss chores sind die Reliesdarstellungen des Lebens vW des heiligen Johannes des Täufers, her- iMp gestellt durch Josef Holzinger, Bürger in Marburg und Besitzer des HaüseS Nr. 85, 'iV etwa an der Kreuzung der Herrengasse und der Pvstgasse. Der Meister lebte lant Pfarrmatrik noch im Jahre 1771. Von ihm rührt auch die so naturgetreue und tiefempfundene Schnitzerei der Tabernakelthüre in der Kreuzkapelle her: Das Opfer Melchisedechs und das Mannasammeln in der Wüste, treffliche Darstellungen der Lehre vom hl. Messopfer (Psalm 109, 4) und von dem wunderbaren Brode, das uns bei der heil. Kommunion gereicht wird und von dem Jesus spricht: „Eure Väter aßen das 15 Manna in der Wüste und sind gestorben. Dies ist das Brod, welches aus dem Himmel herabsteigt, damit, so Jemand von selbem isst, er nicht sterbe." (Joh. 6, 49. 50). Über das Martyrium des heil. Johannes, welches Gegenstand der Holziuger'scheu Darstellungen ist, berichtet der Evangelist: „Am Geburtstage des Herodes tanzte die Tochter der Herodias inmitten und gefiel dem Herodes, woraufhin er mit einem Eide versprach, ihr zu geben, was sie nur verlangte. Sie aber, angeleitet von ihrer Mutter, sagte: Gib' mir zur Stelle auf einer Schüssel das Haupt Jo¬ hannes des Täufers . . . Und er schickte ab und ließ den Johannes enthaupten in dem Kerker". (Matth. 14, 6—10). Des glorreichen Blutzeugen herrliches Grabdenkmal, welches seine kostbaren Überbleibsel einschließt, befindet sich in einer Kapelle des nördlichen Seitenschiffes des imposanten Domes von Genua. Die Gebeine des Blutzeugen sind im Jahre 1097 von Myra nach Genua gebracht worden. Bier Porphyrsäulen dieses Ciboriumaltares, auf Stilobaten aufruhend, halten das flache Dach empor, dessen Stirnflächen zum vollen Gebälk gegliedert sind. Der Erbauer war Giacomo della Porta, vielleicht ein Verwandter jenes Meisters Paul Porta, der den Domthurm zu Marburg im Jahre 1623 in Re¬ naissance aufgeführt hat. Eine Abbildung der Ruhe¬ stätte des glorreichen Patrones der Domkirche zu Marburg findet sich in: I. Graus, Reise nach Spanien, S. 22. 16 -4^- VII. Neue Heimsuchungen. /'NN/m Jahre 1601 brannte die Domkirche ab und stürzten hiebei die westlichen Gewölbe- suche ein. Es erfolgte die Reconstruction, obgleich nur nothdürftig, wovon man sich überzeugen kann, wenn man die dünne Wäl¬ z' bung gegen den Thurm hin näher besichtigt. Im Jahre 1623 wurde der Thurm angeblich 40 Klafter hoch anfgeführt und zwar, wie bereits gesagt, durch Meister Paul Porta. Der Taufstein wurde 1634 gesetzt. Derselbe bringt uns das ernste Wort Christi in Erinnerung: „Wahrlich sage ich dir: Wenn nicht jemand wieder¬ geboren ist von neuem, kann er nicht sehen das Reich Gottes." (Joh. 3, 3). Was ist aus unserem weißen Taufkleide geworden? Nur zwei Wege führen zum Himmel, der enge Pfad der Unschuld und der beschwerliche Weg der Buße. Es gibt wohl auch eine breite und scheinbar bequeme Straße, allein diese führt ins ewige Verderben, und der Herr sagt, dass viele auf derselben wandern. (Matth. 7, 13). Eine schwere Heimsuchung Gottes traf Mar¬ burg im Jahre 1680, denn es starben in der Stadt¬ pfarre vom 8. Juli bis Ende December d. I. bei einer Bevölkerung von vielleicht 1800 Seelen nicht weniger als 158 Personen, möglicherweise aber auch mehr. Es scheint fast, dass nicht alle Sterbefälle ausgeschrieben worden find, wenigstens nicht Der¬ jenigen, die, auf der Flucht begriffen, von der Pest hinweggerafft worden sind. In einer im Jahre 1813 an das F. B. Seckauer Ordinariat gerichteten Ein¬ gabe der Stadtgemeinde Marburg wird nämlich ge- sagt, die St. Barbara-Votivkirche auf dem Kalvarien¬ berge sei von den wenigen nach der Pest im Jahre 1680 am Leben gebliebenen Bewohnern Marburgs, welche hiezu mit eigenen Händen das Materiale hinauftrugen, erbaut worden. Den Grundstein zu dieser St. Barbarakirche legte der Seckauer Fürst¬ bischof Johann Graf von Thun am 11. Mai 1681. (OroLen. op. eit. I. 533 und 539). Damals wurde auch die Mariensäule auf dem Hauptplatze von Marburg aufgerichtet, ein glänzen¬ des Zeugnis für den Glauben der Bewohner Mar¬ burgs an die unbefleckte Empfängnis Mariä. Noch immer sorgen Marburgs christliche Frauen für die abendliche Beleuchtung dieser Statue, und so soll es immer bleiben! Legt ja doch die Kirche der seligsten Jungfrau die tröstlichen Worte in den Mund: „Welche Licht verbreiten über mich, die werden das ewige Leben haben." (Sirach 24, 31). VIII. Die Xavcrikapcllc. j^^ie Laverikapelle an der Südseite des Domes I 'st ein Zubau aus der Barockzeit, und zwar "ZI I aus deni Jahre 1715, was sich aus dem Chronogramm am Scheidebogen der Kapelle ergibt: »In üonoroN OIVI krandlsLI postls G at IZnIs patronl nostrl ornata«. Ja, vor der Pest der Sünde und vor dem ewigen Feuer 2 -4S-- 18 bewahre uns o Herr! Hier findet sich auch au der Evangeliumseite das Grabdenkmal des Pfarrers F. Strašek, unter dem der Bau zu Ehren des Hb Franz Xaver aufgeführt worden ist. Lieben doch auch wir diesen großen Heiligen und ahmen wir seinen Glaubenseiser wenigstens durch Beiträge zu Missionszweckeu, und sodann auch seine Sanftmuth nach. Er disputirte nämlich einmal vor einem heidnischen König in Asien drüben mit einem götzendienerischen Bonzen über die Wahrheit der katholischen Kirche. Von Letzterem in ohnmäch¬ tigem Grimme angespuckt, wischte er sich ruhig den Unflath vom Gesichte; diese himmlische Sanftmuth führte sogleich die Bekehrung des heidnischen Königs herbei. „Jesus, sanftmüthig und demüthig vom Herzen, mach auch mein Herz gleich Deinem Herzen !" (Ablass von 300 Tagen, einmal täglich. Pius IX. 25. Jän¬ ner 1868). Die Malerei wurde 1873 durch Jakob Brollo erneuert. IX. Tic Krenzkapclle. (b/H.eiläufig in die gleiche Zeit fällt die Erbauung uM L der Kreuzkapelle, in welcher sich auf dem » Altäre das Kreuz befindet, welches früher vor der Kirche auf dem Friedhöfe stand, das jst, dE jetzigen Domplatze, und auf das eiu Gotteslästerer einen Schneebal geschleudert hatte. Marburgs Bewohner erachteten es für ihre 19 Pflicht, den Frevel durch Anbringung des Kreuzes an ausgezeichneter Stelle zu sühnen. Betheiligen auch wir uns gerne an den Sühn¬ andachten der Bruderschaft des heiligsten Herzen Jesu, welche eben die Bestimmung hat, Jesus abzu¬ bitten für die Unbilden, die ihm angethan werden, worüber er sich gegenüber der seligen Margaretha Alacoque im Jahre 1675 so rührend beschwert hat. (Schneider, Herz-Jesubüchlein, S. 225). Ich zweifle gar nicht daran, dass Marburgs Bewohner der geplanten Aufstellung von zwei schönen Altären zu Ehren der hochheiligen Herzen Jesu und Mariä anläßlich des 50jährigen Regierungsjubiläums Sr. k. u. k. Apostolischen Majestät ihre kräftige Unter¬ stützung werden angedeihen lassen. Die Kaveri- und die Kreuzkapelle wurden vom Fürstbischof Leopold Grafen Firmian, der 1724 bis 1727 die Seckauer Diöcese regierte, feierlich consecrirt. Die Ausmalung des Spiegelgewölbes der Kreuzkapelle, die Kreuzauffindung durch die Kaiserin Helena dar¬ stellend, besorgte 1775 der berühmte kaiserliche Hof¬ maler Josef Adam Ritter von Mölk (I. Wastler, op. oit. S. 103). X. Der Marburger Glockenguss. m Jahre 1710 erfolgte der Guss der großen Glocke durch Conrad Schneider in Cilli laut Inschrift „Im Namen Gottes bin ich durch große Hitze und Feuerflammen gefloßen; Conradus Schneider von Cilli hat mich ge¬ gossen 1710". Der Sage nach opferten Mar- 2* -8' 20 -K- burgs Frauen zu diesem Zwecke ihre silberneu Gürtel, und darum klingt die herrliche Glocke so silberhell und wonnevoll. Professor Joh. Anton Suppantschitsch, geboren zu Laibach am 22. Mai 1788, gestorben zu Capodistria am 26. Juli 1833 verherrlichte diesen Opfersinn der Frauen Marburgs iu einem der edlen That würdigen Liede?) Noch bedeutungsvoller sind aber die Worte, welche der heilige Geist selbst über die fromme Haus¬ mutter gesprochen: „Ein starkmüthig Weib, wer findet es? Wie von Ferne, ja von den äußersten Enden gekommen ist ihr Wert, Vertrauen hat auf sie ihres Mannes Herz, und an Gewinn wird es nicht fehlen. Sie erweist Gutes und nie Böses alle Tage ihres Lebens. Sie erwirbt Wolle und Flachs und arbeitet nach ihrer Hände Kunstfertigkeit . . . . Am frühesten Morgen steht sie auf und gibt Zehrung ihren Hausgenossen und Speise ihren Mägden . . . . Sie versucht und gewahrt, dass gut sei ihre Ge¬ schäftigkeit; nicht erlischt des Nachts ihre Leuchte. Ihre Hand legt sie an Wichtiges und ihre Finger erfassen die Spindel. Ihre Hand öffnet sich den Armen und ihre Arme breitet sie ans nach den Dürftigen. Nicht fürchtet sie für ihr Haus des Schnees Kälte; denn ihre Hausgenossen sind doppelt gekleidet. . . . Angesehen ist ihr Manu am Thore, wenn er sitzet bei den Räthen des Landes .... Kraft und An- muth sind ihr Gewand und lachen wird sie am letzten Tage .... Ihren Mund öffnet sie mit Weis¬ heit und das Gesetz der Milde ist auf ihrer Zunge „Die große Glocke in Stadtpfarrthurm zu Marburg." Nach einer Volkssage vom Professor I A. Suppantschitsch, — im „Aufmerksamen" vom 30. Mai 1822). -S- 21 --8- .. .. Ihre Söhne treten auf und preisen sie als die Glückseligste; auch ihr Mann lobt sie... . Trügerisch ist Anmuth und eitel ist Schönheit; eine Frau, die den Herrn fürchtet, diese wird gepriesen werden." (Sprichwörter 31, 10—30). Bei Lesung dieser herrlichen Schriftstelle besinnt man sich gerne jener Worte, die der hochselige Fürst¬ bischof Anton Martin Slomrek im Jahre 18t>0 bei der Gründung des katholischen Frauenvereines von Marburg gesprochen: „Wohl bekannt ist es mir, wie viel Gutes und Schönes in Marburg durch die wohlthätigen Hände edler Frauen geschieht; allein ihre Kräfte sind zersplittert, ihre Wohlthaten oft mißbraucht. Vereinte Kräfte allein sind imstande Großes zu wirken. Darum sind Vereine ein großes Zeitbedürfnis und ein katholischer Frauenverein der kostbare Augapfel jeder katholischen Stadt, der Segeu in alle Kreise der Anmuth verbreitet. Von jeher waren hochgesinnte Frauen das höchste Glück ganzer Völker sowie einzelner Familien; sie sind helfende Engel in der Noth in allen Städten und Gemeinden; gewiß werden auch die Frauen Marburgs das in sie gesetzte Vertrauen nicht nur glänzend rechtfertigen, sondern noch weit übertreffen." Der unter der Lei¬ tung des hochwürdigen Herrn ?. M Jacob Bohinc, Dom- und Stadtpfarrers und Consulenten des ka¬ tholischen Frauen-Vereines, stehende edle Bund hat nach einer beiläufigen Schätzung des offen zutage Liegenden schon über achtzigtausend Gulden Almosen gespendet und so manches verwaiste Mädchen glück¬ lich in eine bessere Lebensstellung eingeführt. Die Zahl der Vereinsmitglieder betrug im Jahre 1896 bereits 391. Gott gebe dem lobenswerten Vereine seinen Segen und führe demselben alle jene katho- 22 -K- lischen Frauen zu, die, wie der Geist Gottes in der oben angegebenen Stelle (Proverb 31) sagt, eines lachenden Mundes zu sterben wünschen. Ja, Barm¬ herzigkeit überwindet das Gericht. (Jak. 2. 13). Aber auch des am 27. Mai 1881 gegründeten und unter der Leitung des Ist 1'. hochwürdigen Herrn Domdechantes Laurentius Herg stehenden Vereines zur beständigen Anbetung des allerheiligsten Altars- sacramentes und zur Ausstattung armer Kirchen der Lavanter Diöcese, in welchem Vereine die katholischen Frauen und Jungfrauen Marburgs eine ganz her¬ vorragende Stellung einnehmen, muss lobend Er¬ wähnung geschehen. Der für die Zierde des Hauses Gottes bestverdiente Verein hat, wie Seine fürst¬ bischöflichen Gnaden, der hochwürdigste und hoch¬ geborene Herr Fürstbischof Dr. Michael Napotnik in der erhebenden Ansprache bei der 14. Paramenten- ausstellung im Jahre 1897 hervorgehoben haben, bisher Paramente im Werte über 24.000 fl. an dürftige Kirchen vertheilt, und zählt derselbe gegen¬ wärtig über 12000 Mitglieder. XI. An der Neige des achzehttten Jahr- hundertes. Jahre 1783 wurde der Friedhof gegen Nordwest vor die Stadt verlegk^tnd an r seiner Stelle entstand der geräumige Dom- platz. Die reconstruierte Lichtsäule an der 99 Südseite der Domkirche ist ein sinniges Er¬ st' innerungszeichen der Friehofsruhe, die einst 24 Xll. Marburg wird fiirstbischöflichc Ncsidcuzstadt. (Wi) ulässlich der bevorstehenden und lange Jahre angehofften Verlegung der Residenz des Fürstbischofes von Lavant nach Marburg spendete für diesen Zweck die löbliche Stadtgemeinde Marburg 20.000 fl. und einzelne Bürger noch aus ihren Privat¬ mitteln 11.000 fl.; der hochwürdige Clerus spendete 14.000 fl. und der hochselige Fürstbischof Anton Martin Slomšek opferte unter Anderem für die Her¬ stellung des F. B. Priesterhauses aus seinen Mitteln 20.000 fl. Am 4. September des Jahres 1859 hielt der hochwürdigste Fürstbischof Anton Martin seinen feierlichen Einzug in die neue, bräutlich geschmückte Residenz, und so ist Marburg, das sich stets durch seine Treue zum heiligen Glauben und seine An¬ hänglichkeit an das rechtmäßige Herrscherhaus aus¬ gezeichnet Hal, nach Verlauf von 711 Jahren aber¬ mals Residenzstadt geworden, nicht mehr eines Gaugrafen, wie einer Bernhard von Sponheim- Truxen gewesen (-f 1148), sondern eines katholischen Kirchenfürsten, der seit dem Jahre 1318 auch Reichs¬ fürst ist. Ein würdiges Denkmal (im Presbyterium) ver¬ kündet der Nachwelt den Ruhm des Gründers des Bischofsitzes in Marburg. Das Monumen t wurde vom Bildhauer Johann Zajec um 5000 ^^ergestellt. Eine solche Würde, der 'Sitz eines Fürstbischofes sein, legt aber der Stadt Marburg auch Pflichten auf. Die Mahnung des Weltapostels: „So ermahne -4K- 25 ich euch nun . . . würdig zu wandeln des Berufes, zu welchem ihr berufen worden" (Ephes. 4, 1), gilt im ausgezeichneten Sinne auch der fürstbischöflichen Residenzstadt Marburg. XIH. Recmlftructionsarbcitcn seit dem Jahre 1885. 'b Domkirche ist im Laufe der Zeit theilweise » schadhaft geworden. Über Anrathen eines kunstsinnigen und für historische Denkmale sehr interessierten Mitgliedes des hochwür- " digen F. B. Domcapitels, nämlich des schon öfter citierten Verfassers der Diöcesanchronik, gieng man vom Vorhaben des Niederreißens ab, weil mit dem altehrwürdigen Doine ein gutes Stück der Geschichte Marburgs seines sichtbaren Er¬ innerungszeichens wäre beraubt worden. Die Reconstructionskosten betrugen 30.926 fl. 67 kr. und trug ein Drittel derselben der hochwür¬ digste und hochgeborne Herr Patron, zu zwei Dritteln aber die löbliche Stadtgemeinde Marburg. Der Herr Baumeister Johann Guido Wolf aus Graz nahm die Reconstruction am 1. Mai 1885 in Angriff und am 171 Juli 1886 stand das bestens gelun¬ gene Werk vollendet da. Unter anderen wurde hiebei das Hauptthor mehr in die Mitte der Fayade verlegt, die Bogenträger wurden durch Auskleidungen ver¬ stärkt, die Bogenformen spitzbogig unificiert und der ganz stilwidrige Vorbau vor dem südlichen Eingangs- thore demoliert. Die Grabsteine wurden aus dem -8» 26 '-Sch- Fußboden und der Innenseite der Kirchenmauern an die Außenseite versetzt und mit einem Gitter gegen Beschädigungen versichert. Auf dem Bogenfelde des Zuganges zum nördlichen Seitenschiffe findet sich ein auf diese Reconstruction bezugnehmendes, von?. 1'. Herrn Domdechant L. Herg verfasstes Chronogramm: LLdesIa rVInao proXINa VonVstlVs rgasOIklLala. Den steinernen Unterbau des Hochaltares be¬ sorgte Herr Meister Grein aus Graz. Am 17. August 1889 erhielt dieser Altar seine kirchliche Benediction. Am 28. März 1890 wurde der äußerst ge¬ schmackvolle von Benedikt Mößmer in Graz ange¬ fertigte Hochaltarau fsatz benediciert. Die Bildhauer¬ arbeit dieses Aufsatzes ist von Peter Neuböck aus Graz. Die Kosten der Herstellung trug der hochselige Fürstbischof Jacob Maximilian, der gerade während der Aufstellung des Altares aus dem Leben schied. Sein Andenken bleibt für immer mit Marburgs Dom verbunden, da er sein besonderer Protector und Gönner gewesen. Die Planierung des Presbyteriums und die Pflasterung desselben mit bunten Cementplatten kostete per Quadratmeter 3 fl. 85 kr., im Ganzen aber 1338 fl. 56 kr. Am 19. October 1890, am Kirchweihsonntage, also gerade vor sieben Jahren, wurde die glücklich restaurierte Domkirche von Seiner Fürstbischöflichen Gnaden, dem Hochwürdigsten und Hochgeborenen Oberhirteu, Dr. Michael Napotnik, nach römisch- katholischem Ritus feierlich consecriert. Mit dem ehrfurchtsvollsten Danke sei die Gnaden¬ gabe Sr. kais. u. königl. apost. Majestät Franz Josef I. im Betrage von 1000 fl. erwähnt, welche für die wür¬ dige Herstellung der Domkirche in Marburg aller- 27 gnädigst bewilligt wurden. Das Wort des ruhm¬ reichen Königs und gottbegnadeten Psalmensängers David „Ich liebe die Zierde Deines Hauses und den Ort der Wohnung Deiner Herrlichkeit" M- 25, 8) wird auch mit vollsten Rechte unserem gottesfürchtigen allerhöchsten Herrn in den Mund gelegt. Deshalb betet und singt man aber auch mit Freude und Begeisterung: „Ewig bleibt mit Habsburgs Throne Österreichs Geschick vereint." Am 19. December 1891 gelangte der imposante bischöfliche T hro n, angefertigt von Benedikt Mößmer nm beiläufig 1200 fl. zur Aufstellung. Die Zeichnung hiezu lieferte Herr Architect Robert Mikowicz. Im Jahre 1891 fertigte der hiesige Bildhauer- Herr Matthäus Rath in der Zeit vom 10. August bis 12. November zu den zwei früheren zehn neue steinerne Balda chi ne zur Bekrönung der Apostel¬ statuen um 1000 fl. meisterhaft an. Sie stellen die himmlischen Kronen der heiligen Zwölfothen dar. „Du hast o Herr eine Krone über sein Haupt gesetzt, eine Krone aus kostbarem Edelstein", wie es im geistlichen Stundengebet der heiligen Märtyrer heißt. Aber das sind gar hohe Kronen! Es sind in der That thurmartige Kronen, denn Gott der Herr be¬ lohnt die für ihn verrichteten Arbeiten reichlich, wie er zu Abraham sagte: „Ich bin Dein Schirmer und Dein übergroßer Lohn". (I. Nos. 15, 1). Am 7. Juli 1892 wurden die Apostelstatuen, angefertigt von Jacob Gschiel aus Graz, gemalt aber von Wilhelm Sirach, auf ihre ausgezeichneten Stand¬ orte im Priesterchore gebracht. Ja, viel haben die hl. Apostel für Jesus ge¬ arbeitet, und sie haben für ihn auch ihr Leben ge¬ opfert. Darum ist aber an ihnen auch in Erfüllung 28 -8- gegangen die Verheißung des Herrn: Amen, ihr, die ihr mir gefolgt seid, bei der Wiedergestaltung, wenn sich gesetzt haben wird der Sohu des Menschen auf seiner Herrlichkeit Thron, werdet sitzen auch ihr auf zwölf Thronen, richtend die zwölf Stämme Israels. (Aallk. 19, 28). So fühlt man sich jetzt im Presbyterium, bei Jesus Christus im Allerheiligsten Altarssacramente, zwischen den heiligen Erzengeln Michael und Gabriel und den heiligen zwölf Aposteln so recht zu Hause, als wäre man schon beim lieben Vater im Himmel oben und betet so leicht mit Andacht und Vertrauen: „Vater, der Du bist in dem Himmel, geheiligt werde Dein Name!" Wir sind in der That nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, hinaufgebaut auf die Grund¬ lage der Apostel und Propheten, indem Haupt- Eckstein selber Jesus Christus ist, in welchem der ganze Bau zusammengefügt heran wächst zu einem heiligen Tempel des Herrn. (Lpstos. 2, 19. 20. 21). Weiters wurden durch die Munificenz Seiner Fürstbischöflichen Gnaden um 365 fl. die zwei Sanctusleuchter und um 150 fl. der bischöfliche Amtsleuchter auf der Evangeliumseite beschafft (durch den Bildhauer Matthäus Rath und den Vergolder An¬ gelo Zoratti) letzterer Candelaber mit Beziehung auf die Schriftstelle: „Ich sah sieben goldene Leuchter, in mitten derselben Einen, gleich eines Menschensohne . . . und er hatte in seiner Rechten sieben Sterne . . . Und er sagte: Ich bin der Erste und der Letzte . . . ich habe die Schlüssel des Todes und der Unter¬ welt . . . Das Geheimnis der sieben Sterne, welche Du gesehen hast in meiner Rechten, und die sieben goldenen Leuchter ist dieses: die sieben Sterne sind die Engel (Bischöfe) der sieben Kirchen, und die sieben Lenchter sind die sieben Kirchen." (tlpok. 1, 12—20). Ja, der Bischof ist der Lichtstern, die brennende Kerze, die sich in apostolischer Thätigkeit verzehrt, und wir sind der Leuchter, auf dem das Licht Allen leuchtet, und woher sich das Licht der gesunden Lehre und richtiger Zucht strahlenförmig nach allen Seiten ergießt. In des Bischofes hohem Kirchenamte ver¬ einigt sich die Lehrgewalt, die Priesterwürde und die Regierungsgewalt in treuer Unterordnung unter der obersten Gewalt des heiligen apostolischen Stuhles, vollständig entrückt aber jedem dreisten Absprechen von unberufener Seite. „Wie nämlich der römische Papst Lehrer und Hirte der ganzen Kirche ist, so sind die Bischöfe Hirten und Häupter ihrer Kirchen, welche sie zur Verwaltung überkommen haben. Des¬ halb ist den Bischöfen die ihrer ausgezeichneten Amtsstellung entsprechende Ehrfurcht zu bezeigen und gebürt ihnen in ihrem Amtsbereiche unbedingter Gehorsam". (Rundschreiben des hl. Vaters Leo XIII. »6um multu« vom 8. December 1882). XIV. Des Tomcs herrliche Glasmalerei. >Mnd nun wendet sich das Auge freudig den hl gemalten Fenstern im Priesterchore zu. Dar- hl scher sei nur Dieses bemerkt. Die drei Tapeten-Fenster an der Süd- seite des Chores lieferte Carl Josef Schirmer > aus Graz und kostete jedes derselben 450 fl. Von den gemalten Fenstern der beiden schrägen 30 Seiten des Chorabschlusses kostete jedes 1350 fl., und stiftete dasjenige an der Epistelseite, darstellend die Enthauptung des hl. Johannes, die löbliche Stadt¬ gemeinde Marburg und prangt an demselben auch das Stadtwappen von Marburg, nämlich das ehe¬ malige Grazerthor mit dem hl. Geiste darüber. Das Fenster an der Evangelienseite, darstellend den Besuch der seligsten Jungfrau Maria bei ihrer Base Elisabeth, stifteten die andächtigen Frauen und Jungfrauen dieser stets treukathvlischen und der Ver¬ ehrung der seligsten Jungfrau ergebenen Stadt, wovon auch die Legende unter dem Bilde Kunde gibt. Diese beiden Fenster wurden unter der Leitung des an¬ erkannten Meisters Dr. A. Jele von der Neuhauser'- schen Anstalt in Innsbruck um Ostern des Jahres 1887 hergestellt. Sammt der Einsetzung betrugen die Kosten für beide Fenster 2810 fl. 30 kr. Das herrlichste von allen, das farbenglühende und gleich einem riesigen Edelstein leuchtende Mittel¬ fenster kostete aber 1846 fl. 03 kr., und stiftete das¬ selbe der hochwürdigste Fürstbischof Jacob Maximilian. Ein wahres Meisterwerk ist dieses Fenster. Von dem feingetvnten zarten Dessin im Hintergründe hebt sich freie Architectur über der Hauptgruppe: Taufe Christi, gezeichnet von Professor Jele, ab. Drei Secundärbilder: Noös Eintritt in die Arche, Durch¬ zug der Israeliten durch das Rothe Meer, Christus und Nikodemus im Zwiegespräche über die Taufe, mit dem Wappen des hohen Stifters, die drei Sterne von Cilli als Herzschild, gestalten dieses Fenster zu einer der herrlichsten Zierden des stimmungsvollen altehrwürdigen Domes von Marburg. Himmlisches Licht fluthet durch dieses Fenster in die heiligen Hallen und durchtvnt dieselben mit lieblichem Wogen und erfüllt uns mit Andacht und unsäglicher, überirdischer Wonne. 31 -Ht- Schluss. So kann man denn auch von Marburgs Dom sagen, was der hl. Kirchenlehrer hinsichtlich des Hauses Gottes gesprochen: der hl. katholische Glaube hat diesen majestätischen Dom gegründet, christliche Hoff¬ nung hat ihn im Laufe der Jahre erweitert und erhöht, und christliche Liebe schmückt ihn jetzt in reich¬ lichem Maße mit kostbarer Zierde. (8. AuZustirn sorm. 27, n. 1.) Und wir haben heute das hohe Fest der Kirchweihe damit begangen, dass wir entsprechend der zum Vorspruche gewühlten Mahnung des näm¬ lichen heiligen Kirchenlehrers in geistlicher Weise durch fromme, sittliche Erwägungen an uns selbst das Werk des Kirchenbaues erneuert haben. (8. zVnZust, 252 sermo äs tomp.). Und so schließe ich diese meine Ansprache mit dem Gebete, das König Salomon nach Vollendung der Tempelweihe in Jerusalem gesprochen, wovon der heilige Text also berichtet: „Salomon trat vor den Altar des Herrn an¬ gesichts der Gemeinde Israel, und breitete seine Hände gegen den Himmel und sprach: Herr Gott Israels, Dir ähnlich ist nicht ein Gott im Himmel oben, oder auf Erden unten; Du hältst Deinen Dienern Bund und Gnade, wenn sie vor Dir wandeln mit ihren ganzen Herzen . . . Ist es zu glauben, dass Gott wahrhaft auf Erden wohnt? Wenn Dich ja der Himmel, und die Himmel der Himmel nicht zu fasten vermögen, wie viel weniger dieses Haus . . . Doch schaue auf das Gebet Deines Knechtes und auf sein Flehen, Herr mein Gott: Höre den Preis und die Bitte, die Dein Knecht heute vor Dir betet, dass offen seien Deine Augen über dieses Haus Tag und Nacht, über das Haus, von dem Du gesagt: Mein -8- 32 Name wird sein daselbst, um zu erhören das Gebet, welches au dieser Stätte Dein Knecht zu Dir betet . . . Wenn Dein Volk vor seinen Feinden flieht, weil es gegen Dich sündigen wird, aber Buße thut und kommt, um Deinen Namen zu bekennen, und fleht, und Dir abbittet in diesem Hause, so erhöre es im Himmel, und vergib die Sünde Deines Volkes . . . Wenn der Himmel sich verschließt, und es nicht regnet um ihrer Sünden willen, und sie flehen an dieser Stätte, und thun Buße vor Deinem Namen, nnd bekehren sich von ihrer Sünde wegen ihrer Strafe, so erhöre sie im Himmel, und vergib die Sünden Deiner Knechte . . . und zeige ihnen den rechten Weg, auf dem sie wandeln sollen . . . Wenn Hunger entsteht im Lande, oder Pest, oder Ver¬ derbnis der Luft, oder Getreidebrand, oder Heu¬ schrecken, oder Mehlthau, oder seiner Feinde Be¬ drängnis durch Belagerung der Thore . . . und wenn es zur Erkenntnis kommt, und seine Hände ausstreckt in diesem Hause, dann erhöre im Himmel und sei gnädig, und gib in der That Jedem nach seinen Wandel, wie Du sein Herz kennest, auf dass sie Dich fürchten alle Tage . . . Dass doch Deine Augen offen seien für das Flehen Deines Knechtes, und Deines Volkes Israel, und Du diese erhörest in Allem, was sie von Dir bitten; Du hast sie ja Dir ausgewählt als Erbe aus allen Völkern der Erde. Und es geschah, als Salomon fertig war, dieses ganze Gebet und Flehen dem Herrn vvrzubringen, da erhob er sich vor dem Altäre des Herrn, und er stellte sich also, und er segnete die ganze Gemeinde Israel mit lauter Stimme und sprach: Der Herr, unser Gott, sei mit uns, wie er war mit unseren Vätern, er verlasse uns nicht und verstosse uns nicht!" (III. Könige, 8, 22 — 57). Linst soit-il. b'mt.