37/4tf Die Zuschneidekunst. Populare Darstellnng einer proportionalen Theorie fiir člen Zuschnitt der Herrenkleider und Uniformen. Ein vollstandiger Meisterkurs zum Selbstunterrichte. Von n. KUNC Fachlehrer im Gevverbeforderungsdienste des k. k. Handelsministeriums. (Verfasser der «Toiletle» fiir Damenbekleidung und der «Schnittvorlagen» fiir Mannerkleider.) Mit zwolf groCen Original-Schnittafeln und vielen Text-Figuren. Dritte neu bearbeitete und vermehrte Auflage. Naohdruok verboten. Laibach 1904. Im Selbstverlage. — Druck von Ig. v. Kleimnayr & Fed. Bamberg. Die Zusclineidekimst. Populare Darstellung einer proportionalen Theorie fur den Zuschnitt der Herrenkleider and Uniformen. Ein vollstandiger Meisterkurs zum Selbstunterrichte. Von n. KUNC Fachlehrer im Gevverbeforderungsdienste des k. k. Handelsministeriums. (Verfasser der «Toiletle* fur Damcnbekleidung und der «Schnittvorlagen* fiir Mannerkleider.) Mit zwolf groBen Original-Schnittafeln und vielen Text-Figuren. Dritte neu bearbeitete und vermehrte Auflage. Nachdruck verboten. Laibach 1904. Im Selbstverlage. — Druck von Ig. v. KIeinm;i3 r r & Fed. Bamberg. Alle Rechte filr Zeichnungen und Text vorbehalten. M otto: «Wenn das Zuschneiden atifhoren wird cine Kunst zu sein, dann wird das Schneider- gewerbe eine Kunst \verden.» Joh. Richter. Vorrede zur dritten Auflage. Tim der Faehgenossenschaft das Entstehen und die Tendenz meiner Arbeit vor Augen zu fiihren, habc ich dieser Auflage das VVesentlirhe aus den Vorreden zur zweiten und ersten Auflage beigefiigt, Es geniigen daher zu dieser dritten Auflage nur wenige Begleitworte. Seit dem Jahre 1899 als Fachlehrer im Gewerbeforderungsdienste des k. k. Handelsministeriums zur Leitung der damals neu eingefiihrten Wander- Meisterkurse berufen, hatte ich Gelegenheit, m ir h von den tatsachlichen Ver- hiiltnissen in unserem IIandwerke in den bedeutendsten Stadten unserer Monarchie aus eigener Anschauung zu iiberzeugcn. Audi meine in diesen Zeitraum fallenden Reisen in einige fiir die Schneiderei maCgebenden Stiidte des Auslandes sowie das Studium des im Jahre 1899 im Verlage von Otto Spamer in Leipzig erschienenen « Handbuches der angewaiulten Anatomie* von Dr. Ludvig Pfeifer boten mir geniigend Anregungen zur Be- urteilung des Wertes und der Zweckmafiigkeit der verschiedenen Richtungen in den Systemen der Zuschneidekunst. Mit Recht darf ich sagen, daB meine urspriinglich auf praktischer Erfahrung aufgebauten Grundsatze durrh spatere Forschungen und Erprobungen nicht nur nicht alteriert, wohl aber hestatigt wurden, und dafi sich eine bedeutende Anzahl tiitiger Meister durrh den Selbstunterrirht aus meinenWerken zu tiichtigen Fachleuten herangebildet hat. Infolge Einfuhrung der Wander-Meisterkurse vird zwar der Kreis jener, \velche ihr Fachvissen durrh Selbstunterrirht vervollkominnen miissen, bedeutend eingeengt, doch werden meine Werke — so hoffe ich — auch in der Zukunft einen liatz in den Blichereien strebsamer Fachlcute finden. Laibach im Mai 1904. Der Ver las.se r. Aus der Vorrede zur zweiten Auflage. Seit. ich inein Werk «Die Zuschneidekunst» das erstemal der Offentlichkeit ubergab, ist fast ein Dezennium vertiossen. Anderweitige Arbeiten, so 'besonders die Verfassung meiner Werke: «I)ie Toilette*, liber den Zusclinitt der Damen- kleider und der «Schnittvorlagen», sowie auch der Umstand, daB ich die zvveite Auflage der »Zuschneidekunst* ganz neu bearbeiten \vollte, verzbgerten die llerausgabe derselbeu, ob\vohl die erste Auflage bereits vergriffen war. Es freut mich sagen zu konnen, daB mein erstes bescheidenes Werk bei den Fachmannern wohlwollende Anerkennung fand und daB mir zahlreiche Beweise der Dankbarkeit von seiten der Selbstlernenden zugekommen sind. Aus diesen Griinden hielt ich es fiir meine Pflicht, alle Erfahrungen, welche ich mir als Besitzer eines nicht unbedeutenden Mafigeschaftes und als Lehrer an der von mir im Jahre 1891 gegrilndeten Fachlehranstalt fiir das Zuschneidcn der Herren- und Damenbekleidung wahrend dieses Zeitraumes neu erworben babe, auch jenen zuguto kommen zu lassen, ivelche die Belehrung liber die Zuschneide- kunst aus ineinem neuen Werke schopfen werden. Der IIandwerker lernt nie aus! Die praktische Ausiibung des Geschiiftes zeigt stets neueWege undVorteile zur Erreichung besserer Schnittaufstellungen; die Tatigkeit als Fachlehrer gibt aber den besten AufschluB dariiber, wie man zu lehren hat, um praktische Fachleute heranzubilden. Das Studium der modernen Zuschneidekunst ist angesichts der hieftir not- wendigen Vorkenntnisse im Rechnen und Zeichnen, welche zumeist ermangeln, sogar bei miindlicher Untenveisung in der Schule schwierig; desto mehr aber beim Selbstunterrichte. In unserer groBen Fachliteratur finden sich aus diesen Griinden die verschiedenartigsten Schnittaufstellungsarten. Es fehlt daher einem Fachschriftsteller, \velcher im Besitze einer Fachbibliothek ist, nicht an An- regungen. Deshalb finden wir auch in jedem Werke vei’wandte Einzelheiten sowohl beziiglich der Schnittaufstellung als auch der Lehrmethode, was iibrigens, nachdem das Endziel unserer Bemilhungen ja das gleiche ist, nicht anders sein kann. Ich bin bei der in der ersten Ausgabe meines Werkes angenommenen Schnittaufstellungsmethode so\vie auch bei der ursprunglichen Darstellungsart geblieben und werden die geehrten Leser nur eine genauere Reproduktion meiner Originalzeichnungen nebst Vermehrung derselben vorfinden. Wohl aber ist die Darstellungsweise im Texte so\vic selbst die Neben- einanderstellung der Zeichnungen und Figuren derart ausgefiihrt, daB sie dem Selbstlernenden die Auffassung der notrvendigen theoretischen Begriffe in an- sclianlicbster Weise vermittelt und erleichtert. Eines habe ich im Augc behalten. (Jbwohl der Rockschnitt bei meiner Methode in Einem, d. h. Riicken- und Vorderteil zusammen, konstruiert wird, \vas ich fiir ziveckmahiger halte, schon aus dem Grunde, weil dabei eventuelle ErganzungsmaBe am leichtesten beniitzt werden, so habc ich doch die ver- schiedenen Stellpunkte des Schnittes derart angebracht, dati es dem Praktiker leicht moglich wird, die zusammenhangende Konstruktion des Riickenteiles mit dem Vorderteile zu trennen uiul jeden Teil fiir sicli — eventuell aucli direkt auf den Stoti' — zu zeichnen. Ich komme dadurch audi jenen entgegen, welche dieser Art des Zuschneidens den Vorzug geben. Der praktische Fachmann wird, sobald er die theoretischen Grundsatze der Methode griindlich aufgefaBt hat, audi bei separater Zeichnung der Rockteile stets jene richtige Verbindung derselben herzustellen \visscn, welche, in der Methode im Zusamiiieuhaitge dargestellt, und begriindet, den verschiedenen Kbrperformen angemessen ist. Schon in der ersten Ausgabe meines Werkes versuchte ich die Lehrmethode so zu vereinfachen, dali sie dem Auffassungsvermogen der breiten Schichten unserer Facligenossen entgegenkommen und dem Bediirfnisse nach der Selbst- belehrung geniigen soli. Dieser Tendenz habe ich auch jetzt alle.s andere untergeordnet. So\vohl die Zeichnungen als auch der belehrende Text ver- meiden alle Komplikationen. Es ist leider Tatsache, dati noch heute eine grofie Anzahl von Facligenossen nach veralteten Methoden arbeitet, \veil es den meisten nicht moglich ist, an entfernten Lchranstalten cine hohere Ausbildung zu suchen. Diesen Facligenossen soli mein Werk auch fiirderhin den Weg zur Ausbildung bahnen und ein sicherer \Vegweiser in der Praxis sein! Laibach im Janner 1899. Der Verfasser. Aus der Vorrede zur ersten Auflage. Der VVert einer wirklich fiir den Selbstunterricht verfafiten Zuschnittmethode liegt nach meiner Ansicht weniger in der Komplikation des Systems als in der Einfachheit. Dali man mit letzterer auskommt, beweisen viele Facligenossen, welche mit den einfachsten Methoden die schbnsten Erfolge erzielen. Notwendig ist aber, dali die Belehrung in einer methodischen Art geschieht; dah sie, dem allgemeinen Auffassungsvermogen angepalit, den Lernenden zum Naclidenken und selbstandigen Schaffen anleitet. Ist die Lehrmethode nicht derart beschaffen, so treibfsie den Anfanger, vvelcher nicht in der Lage ist, eine Fachschule zu besuchen, der Schablone, das ist der Umvissenheit, direkt in die Arme! Mein Buch soli den Zweck haben, das veraltete gedankenlose Zuschneiden nach dem sogenannten Reduktionsschema und nach diversen Schablonen ent- 6 hehrlich zu machen. Solche Zuschneidebehelfe, mit welehen die Handwerker heutzutage liberftutet werden, offnen nicht nur der Pfuscherei Tiir utid Tor, sondern verhindern auch jeden Fortschritt, indem sie die «Meister» zu reinen Kopiermaschinen herabwiirdigen. In der harten Schule der Praxis habe ich selbst den Mangel eines methodischen Lehrbuches empfunden, trotzdem ich mieh im Laufe der Zeit in den Besitz der meisten Lehrbiicher setzte. Erst die Zusammenkunft mit Herrn Johann Richter aus Tetschen a. d. Elbe im Jalire 1884 in VVien gab mir die erwtinschte Gelegenheit, jene zum Selbst- unterrichte geeignete Lehrmethode zu tinden, welche meinen Ansichten zusagte. llerr Johann Richter, mein verehrter Freund, gab im Jalire 1879 eine »kurze Anleitung in der Technik des Zuschneidens* heraus und verfafite spater auch jene Zeichenvorlagen fiir die geiverblichen Fortbildungsschulen, welche vom hohen k. k. Ministerium tur Kultus und Unterricht mit Erla.fi vom 14. April 1881 approbiert und auch bei der Triester Ausstellung im Jalire 1882 pramiiert wurden. Jene Zuschnittmethode, nach welcher auf Grundlage des einzigen Mafies der Obenveite ein fiir den «Normalkbrper» passender Schnitt konstruiert werden kann, war mir zwar bekannt, sie ist auch, da dem alten franzbsischen Systeme Lavignes, dessen Schiiler Richter im Jahre 1845 in Pariš geivesen ist, iihnlich, bei vielen Fachgenossen noch in Amvendung, doch entnahm ich erst der methodischen Lehrvveise Richters jene Begriindung des Systems, ohne welche nach meiner Ansicht jedes Wissen eine Halbheit bleibt. Diese Kenntnis erleichterte mir ivesentlich die Venvendung der Normal- modelle verschiedener Methoden zu praktischen Vergleichen und Versuchen. Ob\vohl in ncuester Zeit durch die Erfindung von Melkpparaten fiir die direkte Konstruktion theoretisch die hochste Leistung vollbracht wurde, bleibt doch die Kenntnis der Grundlagen eines proportionalen Systems aus praktischen Griinden ein unabweisliches Bediirfnis fiir jeden Fachmann. Diese Kenntnis dem Selbstlernenden so beizubringen, dali er sie vollkommen begreift, ist die Ilaupt- aufgabe eines fiir den Selbstunterricht verfafiten Buches, damit sich das Talent des Lernenden in der Praxis frei entfalten und stets Besseres schaffen kann. Auch Richter fiihrt uns in seinem Werke iiber das Normalmodell hinaus zur direkten Konstruktion; ich aber glaube, seinem Normal-Systeme jene Er- ganzung gegeben zu haben, welche es zu einem, wie ich aus Erfahrung sagcn kann, brauchbaren Propoi“tionalsysteme fiir die allgemeinen Bediirfnisse der breitesten Schichten unserer Standesgenossen macht. Mein Werk ist also eine praktische Fortsetzung des in den gewerblichen Fortbildungsschulen in Osterreich eingefiihrten Fachzeichnens zur Selbsterlernung eines Proportionalsystems. In diesem Sinne empfehle ich dasselbe der Otfentlichkeit und der wohl- \vollenden Beurteilung meiner Fachgenossen. Laibach im Juli 1890. Dei* Verfasser. 7 I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII. XIV. XV. XVI. XVII. XVIII. XIX. XX. XXI. XXII. XXIII. XXIV. XXV. XXVI. XXVII. XXVIII. XXIX. XXX. XXXI. XXXII. XXXIII. XXXIV. XXXV. XXXVI. Inhaltsverzeiclmis des Textes. Seite Kap. Uber Zuschnittmethoden im allgemeinen.•.9 » Uber die Theorie des proportionalen Zusehnittsystems.11 » Wie man das Schnittzeichnen lernen soli.14 » Wie die HauptmaBe zu nehmen sind.15 » Uber die Teilungseinheiten.17 » Erklarung der Zeiclien.19 » Die Konstruktion des Grundrisses zum Taillenschnitt.19 » Die Konstruktion der Stellpunkte und Ililfslinien im Grundrisse .... 21 » Uber das Zeichnen des Taillenschnittes.23 » Die Konstruktion der Schnitte fiir verschiedene Korperhaltungen und Korper- formen.25 » Die Zeichnung der Riickenteilschofio.33 » Der Scbnitt der Gehrocke, Reverse und GehrockschoBe.34 » Der Sclmitt der Jacketts und der JackettschoBe.36 » Der Sclmitt der Fracks und der FrackschoBe.37 » Darstellung der SchoBrichtungslinie und die Verbreiterung der SchoBe . . 38 • Darstellung der Anlage und Kontrollmessungen an Modellen.39 » Die Konstruktion und Zeichnung der Armel.40 » Die Konstruktion des Sacco.42 » » » » » » » » » Die Konstruktion des zweireiliigen Sacco und der Uberrocke. Darstellung der Richtungslinie fiir den Vorderteil. Die Konstruktion des Sacco und der Uberrocke fiir dicke Personen . . . Die Konstruktion der Uniformblusen. Die Konstruktion des Knabensacco. Die Konstruktion der Schnitte fiir abnormalen Korperbau. Darstellung der Kragenschnitte. Die Konstruktion der Gilets. Die Konstruktion der Beinkleider. Die Konstruktion der Gamaschen. Die Konstruktion der Mantel, Pelerinen und Kapuzen. Die Konstruktion der Beamten- und Militiir-Uniformen. Die Konstruktion der Talare. Die Konstruktion der Jagdjoppen und Sportsaccos. Die direkte Zeichnung auf den Stoff fiir Saccos, Uberrocke, Ulster und Raglans .. Uber die Bearbeitung der Kleidungsstticke. Uber die Anproben. Die Konstruktion der Damentaillen nach der Proportionaltheorie . . . . MaBtabelle. U 46 47 48 49 49 54 55 57 65 65 69 73 74 75 78 79 81 84 8 MaBanleitung. I. Kapitel. Uber Zuschnittmethoden im allgemeinen. Unsere lieutige Wissenschaft in der Zuschneidekunst hat nachweisbar eine mehr als 200jahrige literarische Entvicklungsgeschichte. An dem Aufhaue der- selbon partizipieren alle Nationon, bei velchen die urspriinglichen Nat.ional- trachten dureli die < europiiische Kleidung« verdrilngt \vurden. V on Frankreieh ausgehend, verbreiteten sicli neue Kleiderfonnen liber die ganze zivilisierte Welt. Die Macht der Mode besiegte alle Vorurteile und liahnte sicli unaufhaltsam iliren Weg bis in die entlegensten Erdemvinkel. Nadi primi¬ tiven Vorlagen oder nach Augenmafi konstruierten unsere Vorfahren die ndtigen Schnittrnodelle, bis die im Jahre 1828 erfolgte Erfindung des dteduktions- schemas« durch Compaigno und Fontaine in 1’aris die Mdglichkeit ergab, im kleinen gegebene Schnittformcn in jede beliebige Grofic umzuzeidinen. I)ie VVichtigkcit. dieser Erfindung erhellt aus der Tatsache, dafi das Iteduktions- sdiema audi gegemviirtig fiir geivisse Darstellungen niclit vermifit iverden kanu und dafi dasselbe einer sehr grofien Zalil von Fachgenossen nocli lieute als Zuschneidebehelf dient. Mit der moderhen Zuschneidekunst hat das Reduktionsschema heutzutage freilieh nichts mehr zu tun. Audi die Kenntnis einer sonstigen mechanischen Schnittaufstellung ist fiir den Meister niclit, mehr geniigend, da nur selbstiindige Ivonstruktion der Schnitte uiiter Zugrundelegung \virklicher Kdrperniafie die volle Bewegungsfreiheit bei Modenveriinderungen bieten kann. Es \viirde volil zu weit liihren, ven n ich die Entvicklung der Sclinitt- niethoden, deren es trote anscheinender Ahnlidike.it eine Unzalil gibt, zu er- klaren versuchen viirde. Die Kenntnis der iilteren Literatur verdanken vir in erster Linie Heinricli Klenim, dem veltbekannten Mitbegrtinder der «Euro- piiischen Modenakademie • in Dresden. Seine veitverbreiteten Biicher populari- sierten in unserer Fachvelt zuerst die Reduktionsschema-Methode und leisten jenen, denen die Auffassung theoretischer Grundsatze zu schvierig ist, nocli immer bessere Dienste, als manclie andere fachliche Machverke. Der Begrilnder einer besonderen Bichtung var (t. A. Muller. Seine im Jahre 18GB erschienene ‘Authropo-Trigonometrie. bildete das Fundament fiir manclie spiitere Dreieck- und Kreisbogen-Konstruktionen. Ebenso leistete das in dem monumentalen Werke «Die Fachvissenschaft des Schneiders* angevandte proportionale Svstem der Fachvelt praktisch und theoretisch die vorziiglichsten Dienste. i 10 Neben den genannten Autoren gibt es freilich auch noch eine grobe Anzahl mehr oder minder bekannter Fachmiinner, namentlieh Franzosen, Deutsche und Englander, welche an dem groben Baue mitwirkten und deren Namen der Jetztžeit in Erinnerung gebracht zu iiaben ein Verdienst Mottls* ist. In dem Eifer, Neues und Besseres zu schaffen, verwissenschaftlichte man zwar von manchen Seiten die Theorien iiber die Gebiihr. Wenn es uns aber heute moglich ist, auf Grundlage einfachster Metlioden doch sicher zu arbeiten, so verdanken wir diese Einfacbheit doeh einzig und allein den komplizierten wissenschaft- lichen Forschungen und den unzahligen praktischen Versuchen unserer Vor- giinger, ja selbst den Mibgriffen mancher Autoren! Tatsaehe ist, dab heute die iibcrgrobe Mehrzahl sowohl der Fachschriftsteller als aucli der Praktiker trotz der sonstigen gegenteiligen Anschauungen dariiber einig ist, dab ein sogenanntes «Proportionalsystem», bei welchem man unter Zugrundelegung einer groberen oder geringeren Zalil von Hauptmaben einen Schnitt konstruieren kann, die sicherste und praktischeste Methode des Zu- schneidens bildet und dab eine Berichtigung der normalen Scbnittformen tur «abnormale» Korper und Haltungen durch Ergiinzungsmabe vorzunehmen ist. Durch unzahlige praktische Versuche wurde iibrigens die Proportionaltheorie so vervollkommt, dab sie, richtig angeivandt, in den meisten Fallen schon in den Hauptmaben die richtige Korperform einschliebt. Es gibt auch mehrere sogenannte *direkte Metlioden*, bei ivelchen alle Stellpunkte des Schnittes durch Mabe festgestellt werden sollen. Ich kenne aber iibrigens nur cine \virklich direkte Zuschnittmethode. Es ist dies A. Kunkels Mab- und Schnittsystem, wahrend alle iibrigen ‘direkten* Mabmethoden, ivelehe mir bekannt sind, eine grobe Zalil von Stellpunkten aus anderen Maben ableiten und deshalb den Proportionsmethoden beizuzahlen sind. A. Gunkel, seinerzeit Lehrer an der Deutschen Bekleidungsakademie in Dresden, erfand einen Mebapparat, mit welchem es moglich ist, den ganzen Mantel des Rumpfes in ebene Fliichen abzuwickeln, ohne irgend eine Proportions- lehre anzuivenden. Wenn auch diese Methode bei der praktischen Arheit zu schvierig ist, weil nicht nur das Mabnehmen, sondern auch die Umformung der «Modelle» in Modeformen schon eine grobe Praxis voraussetzt, so kann doch seine Erfindung wohl die geometrisch richtigste Mab- und Schnittmethode genannt werden. Im iibrigen ist es aber selbstverstandlich, dab jede Methode ihre beson- deren Vorteile bat, dab es aber keine gibt, \velche, \vie Klenim richtig bemerkt, schlieblich selbst zuschneiden \vtlrde. Man kann auf Grundlage jeder Methode praktischer Zuschneider verden, nur mub man dieselbe griindlich lernen und, was die Ilauptsache ist, in der (jiiiize auffassen und richtig amvenden. Unter Zuschnittmethode wird seit jeher eigentlich nur die Konstruktion des anliegenden Taillenschnittes verstanden. Mit der Vermehrung der Kleider- formen enveiterte sich aber auch dieser Begriff. Dem modemen Schneider ist * «Die neuosten Fortschritte in der Zuschneidekunst», iieransgegeben von Wendclin Mottl, Prag 1903. 11 mit einev Methode, \velche ihm nur dic Konstniktion einer Taillc zeigt, selir \venig gedient; er mufi auch wissen, \vie auf Grundlage der Methode verschie- dene andere Kleiderformen zu konstruieren si ud. Die Methode muh, falls sie praktischen Wert haben soli, den Fachmann befahigen, neue Kleiderformen selbstandig zu entwerfen. Da es cine Unzahl von Kleiderformen gibt, welche am Korper, ausgenommen die Schulter, gar nicht anliegen und die Schonheit derselben weniger vom Anpassen als vom rirhtigen Sitz oder Fali abhiingig ist, so ist es augenscheinlich, dafi uns selbst die allergenaueste Kopie der Korper- form noch immer nicht befahigen kann, die technische Ausftihrung lose sitzender Kleider zu verstehen und dah es hiefiir besonderer durch die Pra\is erworbener Erfahrung bedarf. Es ist eine bekannte Tatsache, dafi es viel leichter ist, im Schnitte eine korrekte, vollkommen anliegende Taille herzustellen, als einen schdnen, lose sitzenden Rock. Bei vielen, namentlich direkten Methoden sind nun alle sogenannten Uberkleider durch Umformung des anliegend konstruierten Taillenschnittes herzustellen. Ich halte diese Methoden ftir schwieriger und namentlich fiir Anfanger sehr gefahrlich. Aus diesem Grunde habe ich in meinen Schnittkonstruktionen auch fiir Uberkleider nnmittelbare Schnittmethoden ange- \vendet und so den Anfangern die grofitrndgliche Sicherheit und Einfachheit fiir den Zuschnitt der modernen Kleidung geboten. II. Kapitel. Uber die Theorie des proportionalen Zuschnitt- systems. I)ie proportionalc Theorie griindet sich auf die Tatsache, dafi der menschliche Korper als Ganzes in gewissen bestimmten Verhaltnissen zu den einzelnen anato- mischen Korperteilen steht. Wenn z. B. ein Mann von grofier Statur ist, so ist es sicher, dafi alle Korperteile vom Kopfe bis zum Fufie gleichmafiig (proportional) grofier (liinger) sind als bei einem Manne von kleiner Statur. Die Anatomie lehrt uns, aus der Grofie eines einzelnen Knochenteiles auf die Grofie der ganzen Statur zu schliefien. Schon in alten Zeiten begriindeten Maler und Bildhauer feste Normen zur Herstellung menschlicher Figuren in der VVeise, dafi sie den Korper in der Lange in 8 oder 7 7a Abstufungen einteilten, wovon jede die Lange des Kopfes hatte. Leonardo da \'inci schreibt in seinen hinterlassenen Schriften: « Die Natur hat bei Bildung des menschlichen Kdrpers beobachtet, dafi das Gesicht vom Kinn bis zum Vorderkopf den zehnten Teil der ganzen Korperliinge bildet. Der gleiche Abstand findet sich in der Iland w'ieder, \venn man sie vom Gelenke bis zur Spitze des Mittelfingers mifit. Der Kopf vom Kinn bis zur Spitze des Scheitels ist der achte Teil und der Fufi der siebente Teil des normalen menschlichen Kdrpers. Vom Kopf bis zu den Sohlen ist es genau so weit, \vie von der Spitze der einen zur anderen Iland bei aus- gestreckten Arinem* i * 12 Die Anatomen sind selbstverstandlich noeli genauer, und haben namentlich die in der Neuzeit zumeist an Soldaten vorgenommenen Korpermessungen sehr interessante Aufschliisse liber die Proportionsverh8.lt nisse des Korpers ergeben. Es wurden Tatsachen festgestellt, welche die Schneider in der Praxis schon liingst bemerkt hatten, so besonders die Ungleichheit der Kbrperhalften in bezug auf Liinge, Breite und Haltung. Uns interessieren anatomische Messungen nur insotveit, als wir davon Nutzen ziehen. Die Ausgangspunkte derselben sind jedoeh zumeist andere als wir sie brauchen konnen. Unser Perut' ist ja eigentlich nicht, den Korper in der Kleidung so zu zeigen wie er virklich ist, sondern moglichst so, wie er sein soli, d. h. ebenmiiBig und schon. Wir miissen unseren Geschmack an den Formen normaler Korper bilden und bei Ausiibung unseres Handiverkes trachten, jeden Korper durch entsprechende Konturen des Schnittes, IJberbriickung der 1 Jn- ebenheiten, plastische Behandlung der Schnitteile in der Kleidung schon und ebenmaBig erscheinen zu lassen. La.ngwierige anatomische Abhandlungen, wie sie manche Fachschriftsteller belieben, halte ich fiir entbehrlich und hode, daB die in einigen Kapiteln dargestellten Figuren so viele An- haltspunkte bieten, als \vir sie bei unserer Schnittmethode benotigen. Da ich den Unterricht mit der Konstrukti«« (Schnittauf- stellung) eines anliegenden Taillenschnittes, wie dies allgemein iiblich und begriindet ist, beginnen werde, so interessiert uns in erster Linic die Bauart des Rumpfes (Oberkorpers) von der Taillenmitte bis zum Ilalse. (Siehe Abbildung 1, welche das Knochengeriiste des Korpers darstellt.) Wir sehen da, dali der Riicken und der Brustkorb unter dem siebenten Halsivirbel, Punkt A, beginnt und ober der Taillenlinie, Punkt C, endet. Die Wirbelsiiule besteht aus 24 Einzelstiicken; sie triigt oben den Kopt' und vom achten bis zuin neunzehnten Wirbel die zwolf Rippenpaare, \velche im Zusammenhange mit derselben den Brustkorb darstellen. Die oberen sieben Wirbel entspreehen dem Ilalse, der siehente hervorragendste Boru ist fiir uns der Ausgangspunkt des MaBes der Rtickenliinge. Die Linic C bezeichnet die Lage der Taille, somit den Endpunkt der Rtickenliinge, die unterste ivagrechte Linie aber die Grenze zwischen Ober- und Unterkorper. Die \Yirbelsaule erscheint gekriimmt, und betragt der Durch- messer dieser Kriimmung in der Taille bei normalem Korper 6 cm. Nachdem das Knochengeriist nach beendetem Wachstum das eigentlich Bleibende des Korpers ist, so dient uns dasselbe als der sicherste Anhaltspunkt des MaBnehmens. Auch zeigt uns das Knochengeriist, an welchen Stellen wir anliegende Kleider enge oder weit maehen miissen, um durch die Bekleidung kein unangenehmes Gefiihl hervorzubringen. Die Brust erweitert sich beim Atmen, woraus folgt,, daB selbst die anliegendste Taille an der Brust geniigeml Spielraum haben mufi, um diesein Umstande Rechnung zu tragen. Eine Schniirung Abb. 1. 13 des Kdrpers in der Taillenlinie C unmittelbar ober den Htifteuknochen in deri sogenannten Weichteilen ist abor nicht nur zulassig, sondern fiir scblanke Per- sonen sogar angenehm. Abbildung 2 veranschaulicht uns den in 7 1 / 2 Kopfliingen eingeteilten Korper. Die Mabe desselben sowie die Haltung nennen wir ♦normal*. An diesen Figuren bemerken wir folgende, bei normalem Wuehso stets wiederkehrende Proportion: 1.) Kopflange vom Scheitel bis zum Kinn, 2.) vom Kinn bis zu den Arnibohlen, 3.) von den Annhbhlen bis zu den Htiften, 4.) von den Htiften bis zum Spalt (Unterkorper). Praktische Erfahrungen bewiesen uns aber, dab die Lange des Oberkbrpers, inso\veit uns seine Plastik zur Konstruktion des Schnittes dient, auch mit seiner Breite proportioniert ist und dab Abvveichungen von dieser Hegel nur dureh abnormale (nicht gerade) Haltung oder dureh Fleisch- und Fettansammlungen (Dicke) bedingt werden. Auf diesem Erfahrungssatze bcruhen seit alten Zeiten die sogenannten Oberweitensysteme und die Mbglichkeit der Herstellung eines Schnittes aul Grundlage des Mabes der Obenvcite. Die Grundlage hiefiir schuf im zweiten Dezennium des vorigen Jahrhunderts J. H. Michel in London, der Erfinder der *Drittel-Methode *, welche sicli nach vielen Variationen und Verbesserungen dureh andere Fachmiinner bis auf die heutige Zeit erhalten hat. Bahnbrechend \virkten u. a. fiir die Aufhellung der Korperverhaltnisse die Franzosen Lavigne und Roussel sowie der Erlinder des «Konformateurs* Pierre Rornlel in Pariš. u \Yie wichtig die Ertindung des Konformateurs var, erhellt aus der Beschreibung Mottls in seinem Werke: «Die nouesten Fortschritte der Zuschneidekunst«, welche ich hier folgen lasse: *llm den Leih gleichsam auszupunktieren, vic es die Bildhauer tun, hat Pierre Rondel um das Jahr 1877 einen Konformateur konstruiert, d. i. eine von Gummi gemaehte Jacke, an \velcher vertikale und liorizontale Streifen, die sich naeh Bedarf ausdehnen, gemacht sind und die der zu Messende anzieht. Hierauf wird das Mafi gleichsam vom Konformateur ab- gelesen, d. h. die Ruckenhohe, das Avancement, die Brust- und Ruckenbreite, die Halsweite etc. werden mit dem Zentimeter abgemessen. So unbedeutend diese Ertindung anfangs zu sein schien, so groBartig sind die Ideen, welche man aus derselben ziehen konnte. Solange man den Schnitt des Oberkorpers in Kreisformen machen zu mtissen glaubte, muBten tur die richtige Ruckenlage und Stellung^allerlei Regeln aus- tindig gemacht werden, die meist sehr kompliziert und schwerfiillig waren. Erst der Mechanismus Pierre Rondels muBte uns zeigen, daB der Riicken eigentlidi in gerader Fliiche und Linie mit den Linien des Vorderteiles zu zeichnen ist, und so entfielen plotzlich alle Lehren von Positionen und die Riickenhbhe und das Vorderbustenmafi kamen in ihre naturliche Ilauptbedeutung, da sich nacli diesen und den anderen Mafien der Wuchs von sich selbst herausstellt.» \Vie es die praktische Erfahrung ermoglichte, selbst diese Methode noch zu vereinfachen und auf Grundlage dreier Hanptmafie korrekte Taillenschnitte herzustellen, wie dies auch in meinen Konstruktionen auf Grundlage einer mehr als 20jahrigen praktischen Erfahrung durchgeftihrt ist, dariiber in den folgenden Kapiteln. III. Kapitel. Wie man das Schnittzeichnen lernen soli. Der Selbstunterrieht in der Zuschneidekunst ist keinesfalls leicht. Die Konstruktion geometrischer Schnitttiguren und das Zeichnen geschmackvoller Konturen (Umrisse) erfordert selbst bei miindlicher Untenveisung viel Geduld und Ausdauer. Trotzdcrn ist die Selbstbelehrung nicht unmoglich, wenn man gewisse Voraussetzungen genau beachtet. Das ineiste ist aber an der Lehr- methode und an dem testen Willen des Lernenden gelegen. Die llnzulanglich- keit des einen oder des anderen verschuldet zumeist, daB aus vielen «auch zum Selbstunterrichte» verfafiten Lehrbiichern der Eernende keinen Nutzen zieht. Es geniigt auch keineswegs, daB der Eernende mechanisch nacharbeitet, verfehlt ist es auch, alles auf einmal erfassen zu wollen. Ich vcrde aus diesen Griinden das gesamte MaBnehmen nicht unter einem behandeln. Die wichtige Begriindnng, warum dies und jenes gerade so und nicht anders zu machen ist, werde ich an den beziiglichen Stellen anfiihren. Der Lernende muB sich in die Grundsatze der Theorie schon nach Aufstelliing der ersten Zeichnung hineintindcn, soli daher weitere Konstruktionen erst dann beginnen, wenu er die erste vollkommen begriffen hat. Wenn der Lernende diese Andeutungen beherzigt, wird ihm die Fortsetzung des Studiums nur Freude machen, da die Theorie ja auf der ersten Zeichnung beruht, alles iibrige somit keine Schwierigkeiten mehr bieten karm. Fines ist aber unausweichlich, trotzdem die meisten Schneider sonderbarer\veise gerade daran AnstoB nelnnen: dics ist die Bezeiclmung der Schnitte mit Buchstaben. Es ist zwar Tatsache, daB in manchen Lehrbuehern cine derartige Kombination und eine so groBe Zahl von zusammengesetzten Zeiehen vorhanden ist, daB es \virklich schwer moglich ist, dieselben dem Ge- dachtnisse einzupr-agen. Bei meiner Methode benotigen wir zu jeder Konstruktion nur einen Teil des Alphabets und ist den einzelnen Buchstaben hochstens noch die Bezeiclmung mit einer Ziffer, z. B. Oj, Arusw., beigefiigt. Ich habe in der Fortsetzung der Schnittkonstruktionen zumeist die Bezeiclmung mit Buchstaben unterlassen, (leshalb ist es notvvemlig, dati der Lernende bei den ersten Zeieli- nungen die an den Vorlagen beliudliclien Buchstaben, mit welcheu die ver- schiedenen Stellpunkte des Schnittes benannt sind, an die gleiclie Stelle notiert. Tut er dies einigemale, so machen ihm diese Bezeichnungen, ohne welche ja der Selbstunterricht unmoglich ware, keine Schwierigkeiten mehr. Wie notwendig aber die Kenntnis der Benennung aller rvichtigen Stellpunkte des Sclmittes ist, erhellt daraus, daB es uns erst dadurch moglich wird, jedes beliebige Mafi am Korper zu nehmen und es am Schnitte an gleicher Stelle zu verwenden. Leider herrscht in der Benennung der Stellpunkte in unserer Fachliteratur die grofite Zertahrenheit. In jedem Werke tinden sich andere Benennungen. Ich hielt es fiir zweckmaBig, die Stellpunkte, insoweit es tunlich war, so zu be- zeichnen, \vie sie Richter in seinen Vorlagewerken fiir die ge\verblichen Fort- bildungsschulen benannt hat. Mein Werk bildet daher auch aus diesem Grunde die beste praktische Fortsetzung der genannten Zeichenvorlagen. IV. Kapitel. Wie die Hauptmane zu nehmen sind. (Sielie die Mafianleitung auf Seite 8.) Die Grundlage meiner Methode zur Ilerstellung eines Uockschnittes (Taille) beruht auf drei Hauptmafien, und zwar: I. Die Oberweite G B. Dieselbe ist ober dem Gilet unter den Armen, iiber den starksten Teil der Schultern und der Brust zu nehmen, und betragt dieser Umfang fiir unser Normalmodell 96 cm. Da die Konstruktion des Schnittes fiir den halben Korper von der Brustmitte bis zur Ruckenmitte geschieht, muB dieses MaB halbiert 'verden, betragt deshalb 48 cm. 16 Diese Messung erfordert strenge Genauigkeit, vveshalb man sorgen mufi, dala das Mafiband ilicht unter die Schulterbander rutscht. Eine unrichtig ge- messene Obenveite verdirbt die avichtigsten Konstruktionspunkte. 2. Die Unterweite J—C. Dieselbe wird fiir Ročke gleichfalls ober dem Gilet, und zwar um die Taillenlinie, d. h. ober den Hiiften gemessen, ohne das Mafiband zu spannen. Fiir unser Modeli babe ieh die Unterweite mit 84 cm angenommen. Da wir dieses Mafi auch nur zur Halfte benotigen, betragt es somit 42 cm. 3. Die Riickenlange A—C. Das Mafi der Riickenlange (auch kurze Taille genannt) wird gefunden, \venn man mit dem Mafibande ober dem Ročke vom Halse an bis zu jener \vagrechten Linie in der Taille mifit, \velche bei Messung der Unter\veite das angelegte Mafiband bildet. Ftir unser Normalmodell betragt dieses Mafi 45 cm. Diese Messung bedarf einer niiheren Erklarung. Trotzdem uns ein Blic-k auf die Ab- bildungen 1 und 2 belehrt, \vie wichtig dieses Mafi ist, da uns dasselbe die hintere Lange des Rumpfes (Riickenpartie) anzeigt, welche Liinge nicht nur aus der Grofie der Statur, sondern auch aus der Korperhaltung resultiert, ist cs Tatsache, dafi dieses Mafi von vielen Schneidern gar nicht beachtet wird. Die bekannte Schwierigkeit, die Riickenpartie in Einklang mit der Brustpartie zu bringen, ist eine Folge der Unterlassung dieser Messung. Wir nehmen zwar zur Konstatierung der Lange der vorderen (Brust-) Partie auch kein Mafi, da wir dasselbe vorerst sowolil aus der Proportion, bei gerader Korperhaltung aber auch aus der Riickenlange ableiten konnen. Die Messung der Riickenlange ist aber unerlafilich, und sind alle alten Schnitt- methoden, welche dieses Mafi nicht als Grundlage zur Konstruktion anwenden, als unsicher zu verwerfen. Bei vielen Methoden wird das Mafi der Riickenlange sogar in zwei Teilen genommen und die Riickenhohe vom Punkte B bis A (siehe die erste Figur der Abbildung 2) separat konstatiert. \Vir werden im Verlaufe des Unterrichts- ganges und bei ErgiLnzungsmafien, sovvie auf andere Mafie, auch auf dieses noch zuriickkommen. Vorlaufig envahne ieh nur folgendes: Nach meinen langjahrigen praktischen Erfahrungen reichen die envahnten drei Hanptmafie zur Konstruktion eines proportionalen Rockschnittes vollkommen aus. Diese Hauptmafie sind auch die einzigen, \velche ohne Apparate, ohne Anlage von Giirteln und ohne Punktierung des Kdrpers annahernd richtig gemessen verden konnen. Eine Methode, welche fiir Anfanger berechnet ist, darf das Ivonstruktionssystem nie auf die Grundlage eines Mafies stellen, welches unsicher zu nehmen ist. Aufier- dem sind aber die meisten Kunden lieute noch immer nicht so korrekt ge- klcidet, dafi man ihren Korper so sicher wie die Anprobierbiisten messen kdnnte. Nach meiner Ansicht sollen und konnen beliebig vielc Erganzungsmafie ge¬ nommen \verden, der Zuschneider soli dieselben jedoch erst zur eventuellen 17 Korrektur des nacli den Hauptmafien aufgestellten Schnittes venvenden, falls er, durch langeres MaBnehmen geiibt, sich auf die vollkommene Ilichtigkeit der- selben verlassen kanu. Als Ausgangspunkt der Messung der Riickenlange sowie aller von diesem Punkte ausgehenden Erganzungsmafie dient theoretisch der hervorragendste Dorn des Ilalsivirbels, Abbildung 1, Punkt A, praktisch aber jene Hbhe, an welche der Kragen anzusetzen ist. Nachdem wir dieses MaB liber den Rock nehmen, so ist darauf Riicksicht zu nehmen, ob die Kragennaht an der richtigen Stelle am Nacken ist oder nicht. Der Endpunkt der Riickenlange ist in der Taille, Punkt C, Abbildung 1. Ohne Anlage eines MaBgtirtels wird dieser Endpunkt in folgender Weise gefunden: Man driicke bei ausgespreiztem Daumen und Zeigeiinger, liinter dem zu Messenden stehend, mit beiden Handen in die Weichteile, bis man den Hiiften- knoehen fiihlt. Nun lixiere man den Punkt, wo der Daumen der linken Kand liegt, dadurch, daB man den Zeigeiinger der recliten Hand an jene Stelle (Rtickenmitte) setzt, wodurch der rechte Daumen und die linke Hand, welche das Mafiband bereits in der Hand halten mufi, zum MaBnehmen vom Punkte A bis C herunter frei wird. Bei sorgfaltigem MaBnehmen kann dieses MaB bis auf V a cm richtig genoinmen werden, und dies geniigt. Nachdem audi die Obenveite und Untenveite liber das Gilet unterhalb des angezogenen Ilockes gemessen werden kann, ist die Manipulation hdchst einfach, und bedarf es nur einiger tlbung und Aufmerksamkeit, um stets verlafiliche Haiiptimifie zu erlangen. V. Kapitel. Uber die Teilmigseinheiten. Bei jedem Schnittsystem ist eine sogenannte «Berechnung» notivendig, wo- durch aus geivissen Hauptmafien Bruchteile derselben zur Fixierung nicht gemessener, zwischen den Hauptmafien betindlicher Stellpunkte abgeleitet iverden. Diese Unterteilung ergibt sich eben aus der Proportion des Kdrpers. Es gibi daftir so vielc und verschiedene Regeln, teils leiehter, teils schwieriger Art, dafi die Anftihrung derselben kaum moglich wiire. Manche Autoren lehren die Berechnung in Dezimalen, \vobei als Teilungs- einheit der volle Mafibetrag beniitzt ivird. Audi geschieht oft die Teilung mittelst minimaler Briiche, z. B. Achtel, Sechzehntel, Zwanzigstel. Solehe Berechnungen iiihrten fast immer zur Beniitzung von Tabellen, auf welchen solehe Berech¬ nungen zusammengestellt sind. Das drehbare Kastchen Mlillers war seinerzeit das bekannteste Rechnungsmittel dieser Art. Ich fiir ineine Person bin nun ein Gegner aller iiberdussigen Berechnungen und Schahlonen, da dieselben notgedrungen stets zur mechanischen Amvendung ftihren iniissen. 18 AuBerdem ist es aber in der Praxis vollkommen gleichgultig, ob ein Stell- punkt um einen oder zvvei Millimeter heriiber oder hiniiber gestellt ist. Es gentigt vollkommen, Fehlern von liber einen Viertelzentiineter auszmveichen. Ich lmbe daher bei meiner Methode die Stellpunkte der Riickenlange nur in halbe Streeken eingeteilt. Dadurch ist es dem Zuschneider moglich gemacht, die Stellpunkte obne jede Berechnung, einfach mittelst. Uinbiegens des Zentimeter- bandes ganz genau einzustellen. Zur Berechnung der aus der Obenveite resultierenden Stellpunkte ver- minderte ich die Zitfer der Teilungseinheit. Anstatt die Teilung aus der halben Obenveite, z. B. 48, zu suchen, bentitzte ich die Halfte davon, also 24. Die Teilungseinheit resultiert daher bei meiner Methode aus rinem Viertel ('U) der gauzeu Oberweite. Diese Einheit bezeichne ich mit einem * (Štern). Hat nun eine Person 100 cm ganze Obenveite, so ist die Einheit davon 25 cm. Da \vir aber nur die Halfte der ganzen Obenveite zur Konstruktion von Schnitten be- notigen, so ist die Teilungseinheit stets die Halfte dieses MaBes. Bei 48 daher 24, bei 46 23, bei 40 20 usvv. AVir haben also, um bei diesen Beispielen zu bleiben, statt der Obenveite stets nur die »Einheit* zu teilen, und zvar in die Halfte, in Drittel und Viertel. Abgesehen nun davon, dati die Teilung einer so kleinen Ziffer leichter erscheint, ist es auch moglich, diese Teilung oline Berechnung genau durclizufiihren, wenn man die beztigliche Lange des MaBbandes in Drittel oder Viertel umbiegen odei' sich einen Papierstreifen, an vvelchem man Vi der jeweiligen ganzen OI)enveite anzeichnet, zu diesern Zvvecke herrichten vili, wie dies an den MaBstaben unter den Fig. 5 und 6 der Tafel 1 ersichtlich ist. Ubrigens bringe ich aber am Schlusse dieses AVerkes auch eine Tabelle mit der fiir verschiedene Einheiten bereits durchgefuhrten Berechnung zur eventuellen Bentitzung. Zu einigen Bruchteilen der Einheit vverden auch Zugaben von V 2 bis 2 cm gemacht, z. B.: bei einer Einheit von 24 cm betragt Vi davon 6 cm. AVill ich nun diesen 6 cm eine Zugabe von 1 cm machen, so sage ich: Vi mehr 1 macht hei 24 cm lem (oder Vi + 1 = 7). AVollte ich nun einen Bruchteil der Einheit vermindern, z. B.: V 3 von 24 ist 8, und ich benbtige nur 7 cm, so sage ich: ’/:s weniger 1 und bezeichne dies folgend: 1 / 3 -j- 1 = 7. In gleicher VVeise sind die notigen Zugaben und Abbriiche zu den Haupt- maBen der Riickenlange und der Untervveite an den Schnittafeln bezeichnet. Auch die Untervveite ist so geteilt, dafi auch dieses MaB ohne Berechnung mittelst Umbiegens des MaBbandes beniltzt vverden kann. 19 VI. Kapitel. Erklarung der Zeichen. Bei der Konstruktion der Schnitte" bendtigen wir verschiedene Linien und Zeichen, deren Erklarung hier folgt: Es bezeichnet: * Einlieit (Viertel der ganzen Oberweite), cm Zentimeter, + plus (mehr), - 7 - minus (\veniger), = gleich, — bis, — wagreehte Linie, senkrechte Linie, | rechter Winkel, □ Quadrat (Viereck), -—- Kreisbogen, X Durchschnittspunkt, Anhalten. Hier bemerke ich noeh, daC sieh der Lernende die in den bisherigen Kapitelu gegebenen Erklarungen einpragen linili. da ich dieselben bei den nun iolgenden Schnittkonstruktionen nicht wiederholen werde. Vil. Kapitel. Die Konstruktion des Grrundrisses zum Taillen- schnitt. Dargestellt auf Tafel 1, Fig. 4. Die Fig. 1 bis 3 zeigen, in gleieher Grobe mit dem Grundrisse ausgefiihrt, den Brustkorper (Biiste) einer normal gebauten Person. Die an diesen Figuren befindliehen wagrechten und senkrechten Linien nebst der mit gebrochener Linie ausgefiihrten Schnittkontur haben den Zweck, dem Lernenden die Lage und Begrenzung der Konstruktionspunkte und die Grundlagen meiner Methode am Kdrper selbst in anscliaulichster Weise darzustellen. Zur tlbung sind alle Konstruktionen mit dem ZentimetermaCe in uatiirliclier Griitie auszufiihren. Der Lernende nehme einen Bogen geniigend groBes Papier, ein groBeres Winkellineal, Bleistift und MaBband in die Hand. Als Hauptmafie 20 liir diese Normaliigur schreibe man sich vorerst am Bogen nachsteliende Mahe in der unter der Fig. 4 dargestellten Form auf: Oberweite 48, Unterveite 42, Riickenlange 45. Einbeit (#) 24. Die Hiilfte der Einheit ist 12, ein Drittel 8, ein Viertel 6 cm. Nun ziehe einige Zentimeter vom oberen Rande des Papierbogens entfernt, unter Beachtung der Fig. 4, die obere wagreclite Linie. Auf dersclben stelle den Mafibetrag der Oberweite, hier also 48 cm, ein. Den Anfangspunkt bezeichne mit O, den Endpunkt mit Oi. Von diesen beiden Punkten ziehe mit genauer Anlage des Winkels senkreehte Linien in der beilaufigen Liinge der oberen vagrechten Linie. Auf der vorderen senkrechten Linie stelle vom Punkte O aus den Betrag der Einheit, hier 24 cm, hinunter und bezeichne diesen Punkt mit g. Von diesem Punkte ziehe mit Anlage des Winkels die zvveite wagrechte Linie bis zur hinteren Senkrechten und bezeichne den AnschluBpunkt mit B. Nun benbtigen wir das Mali der Riickenlange, velche hier 45 cm betrilgt. Lege nun das Maliband mit dem lialben Betrage der Riickenlange, also 22 Va cm, auf den Punkt B und bezeichne oben unter dem Punkte Oi den Anfang des MaBbandes mit A, unten aber die Riickenlange 45 cm mit C. Mit anderen AVorten heifit das: der Betrag der lialben Riickenlange gilt proportional als Riickenhohe. Daher sind 22 Va cm vom Punkte B hinauf bis A und 22 x /2 cm vom Punkte B herunter bis C einzustellen. Nun lege den AVinkel an die riickwartige Senkreehte bei C an und ziehe die dritte Wagrechte bis zur vorderen Senkrechten. Den AnschluBpunkt vorne bezeichne mit i. Nun teile die obere AVagreehte in die Hiilfte, hier 24 cm, und ziehe die mittlere Senkreehte, deren Punkte oben mit 0>, an der Kreuzung der g—B- Linie mit D und an der i —C-Linie mit H zu bezeichnen sind. Ober dem Punkte O 2 notiere zur A^ermeidung von Irrtiimern die Einheit (hier 24 *). Diese ebene Flache geniigt uns nun, um den lialben Oberkorper, dessen groBte Breite von der Brustmitte Punkt g bis zur Rtickenmitte Punkt B 48 cm betrilgt, vom Ilalse an (siehe die plastischen Figuren) bis zur Taille knapp zu umhiillen. Die Linie O — Oi nennen vir (Jrundlinie, \veil vir damit die Konstruktion beginnen. Die Linie g — B zeigt uns die Anlage des MaBbandes bei Messung der Oberveite und tiviert die Annlochtiefe, velche normal stets V 4 der ganzen Oberveite (1 *) betragt. AVir nennen sie Brustlinie. Die Linie i—C bezeichnet die richtige Taillenlange oder die Anlage des MaBbandes ober den Hiiften bei Messung der Untenveite. Sie heiBt Taillenlinie. Die senkreehte Mittellinie 0> — H durchschneidet an der Achsel das Schliisselbein und teilt den Korper in den vorderen und hinteren Teil. 21 Vlil. Kapitel. Die Konstruktion der Stellpunkte nnd Hilfslinien im G-rundrisse. Dargestcllt auf Tafel 1, Fig. 5. Wir begin n en mit dem Riickenteil. Vom Punkte A zielie nach vor eine kurze Linie und stelle auf derselben V* * -J- 1, hier also 7 cm, fiir den Punkt m ein. Von diesem Punkte zielie eine kurze Linie nach oben und stelle von m hinauf 1 1 / 3 cm ein. Dieser Punkt ist mit M zu bezeichnen und bildet die 11 n 1 s - spit.ze des Riickenteiles. Die Strecke (Lange) zwischen A und B teile in die Iliilfte, hier 11 1 Ucm, Punkt At Von diesem Punkte zielie die Riickenliiiie bis zur Mittellinie. Auf dieser Riickenlinie stelle vom Punkte A l aus die Riickenbreite mit 20 cm (normal 3 U * -(- 2) ein und bezeichne den Endpunkt mit N. Vom Punkte N zielie eine Linie herunter bis zur Brustlinie und verlšingere sie um 2 cm iilier die Riickenlinie hinauf. Die Erhohung von 2 cm ober der Riickenlinie und die Einstellung von 3 cm von der Riickenlinie hinunter zum Punkte Ni, zusaminen b cm, bilden die Breite des Riickenteilspiegels. Fiir die Breite des Riickenteiles in der Taille stelle vom Punkte C aus gleichfalls 5 cm ein und bezeichne den Punkt mit Ci. Nun zielie noch von der Erhohung der Riickenlinie und vom Punkte Ni kurze Striche fiir die Endpunkte des Riickenteilspiegels und verbinde dieselben, \vie an der Fig. 5 ersichtlich, oben um 1 / 2 cm liber die Riickenbreite hinaus mit dem Punkte M und vom Punkte Ni aus zum Punkte Ci mit Hilfslinien. Auf der Brustlinie mache 5 cm von der schriigen Hilfslinie entfernt den 1'unkt d als llilfspunkt zur Zeichnung des Riickenteiles. Es eriibrigt uns noch, die Taille nach Mode zu verliingern. Zu diesem Zwecke ziehe 2 cm unter dem Punkte C eine Wagrechte bis iiber die vordcre Senkrechte hinaus. Nun schreiten \vir zur Konstruktion des Vorderteiles. Vom Punkte D aus stelle nach vor 1 U hier also 6 cm, fiir den Punkt E, den gleichen Betrag stelle auch vom Punkte On fiir E l ein. Ziehe sodami die Senkrechte vom Punkte El herunter und bezeichne sie an der Kreuzung mit der Taillenlinie mit dem Zeichen E 2 . Diese 1 / 4 * von der Mittellinie nach vor gestellte Linie konstruiert uns das sogenannte normale Avancement (Ariiiloehvnrtritt) und \vird daher Vortrittslinie genannt. Nun stelle vom Punkte El aus nach vor 1 / 3 *, hier also 8 cm, fiir den Punkt F, velcher die Halsspitze des Vorderteiles bedeutet. Vom Punkte El stelle gleichfalls Vs * also 8 cm, herunter fiir Punkt 1 und ziehe von dort eine \vagrechte Linie bis iiber die vordere Senkrechte hinaus. Diese Linie 1 nennen vir HalsausSChnittlinie (siehe Fig. 2). Nun haben vir noch vom Punkte O 2 aus den Punkt Tji fiir die Senkung 'bu’ Achsellinie des Vorderteiles einzustellen. Zu diesem Zrvecke messen vir die halbe Strecke zvischen den Punkten A — Al des Riickenteiles, Punkt Li, ab, hier betriigt die halbe Liinge von \\ l Ucm annahernd 5 3 / 4 cm. Diesen Betrag 22 stelle nun vom Punkte O 2 an der Mittellinie herunter flir Punkt Li und ziehe von dort eine kurze Linie nach dem Riicken zu. Jetzt messe die Lange der schriigen Achsellinie des Riickenteiles vom Punkte M bis gegen N ab und stelle die gleiclie Lange von F bis auf die von Li ausgehende Linie ein. Da die Halsspitzen M und F genau zusammengesetzt werden sollen, so ist es selbst- verstandlieh, dati die Achsellinien beider Teile gleich lang zu ziehen sind. Nun liaben \vir noeli die iiber die vordere Senkrechte, daher aus deni Rahmen des Crrundrisses liinaustretenden Punkte L, G und J einzustellen. Wir \vissen, dafi die nach dem MaBe der Obenveite eingestellte Fliiche g—B in Wirkliehkeit wohl einen testen unbe wegl i eh en Korper knapp umhilllen \viirde, daB sie aber zur Bekleidung eincs lebenden Korpers, welcher unter Ausdehnung des Brustkorbes atmet und sich bewegt, nicht geniigen kann. Auch verliert das Modeli etwas durch die Nahte, Einlagen, Futter usw. Wie an der Schnittkontur der Fig. 1 ersichtlich ist, verliert der Sehnitt auch 1 cm an der Brustlinie zwischen der Kontur des Riickenteiles und jener des Seitcnteiles bei Punkt d. Diese Umstande bedingen daher eine Zugahe Piir die Brustervveiterung iiber die urspriingliche vordere senkreclite Linie O - i. Verliingere daher die Brust- und die Taillenlinie iiber die vordere Senkrechte hinaus. (Bei spiiteren Konstruktionen kiinnen diese Linien gleichzeitig mit dem Einstellen der Punkte g und i weiter hinausgezogen verden.) Diese Brustenveiterung ist nun in praktischer Weise wie folgt zu konstruieren: Vom Punkte 1 aus stelle bis L den berechneten Betrag der Riickenbreite, hier also 20 cm ein. Vom Punkte E aus stelle 1 #, hier also 24 cm, bis G ein. Vom Punkte En aus stelle fiir Punkt J die halbe IInterweite mit der Zugabe von 4 cm ein. Nachdem wir die Unterweite fiir diesen Sehnitt mit 42 cm angenommen haben, so ist die Iialfte davon 21 cm. Mit Zugabe von 4 cm ist daher vom Punkte E 2 aus ein Betrag von 25 cm fiir den Punkt J einzustellen. Nun ziehe noch vom Punkte J eine senkrechte Linie herunter und stelle auf derselben vom Punkte Ji aus V 4 *, hier also 6 cm, fiir Punkt V. Diesen Punkt verbinde durch eine Linie mit dem an der Mittellinie befindlichen Punkte h. SchlieBlich haben wir noch den normalen Anssclinitt der Tailleneinhiegung, welcher unter den Schulterbliittern beginnt und an der Taillenlinie zwischen dem Punkte Ci des Riickenteiles und dem Punkte K des Seitenteiles endet, zu bestimmen. Diesen Ausschnitt erfordert die bereits enviihnte Kriimmung der VVirbelsaule. Der Durchschnitt dieser Kriimmung betršigt normal 6 cm. Wir wiirden daher keinen groben Fehler machen, wenn wir uns den Ausschnitt ein- fach 6 cm entfernt vom Punkte Ci des Riickenteiles bis zum Seitenteile fiir Punkt K bezeichnen wiirden. Dies ist auch theoretisch richtig. Wenn wir die plastische Form des Korpers an der Fig. 1 von der Ilalsgrube an bis zum Nabel herunter betrachten, so sehen \vir, daB die Brustkontur des Korpers von der Brustmitte an herunter bis zum Nabel um ein geringes sogar vortritt. Da 23 aber der Uinfang des Kbrpers in der Taille trotzdom um 6 cm geringer ist als iiber die Brust, so mufi natiirlichenveise dieser Betrag in der Taille hinten herausgenoinmen werden. Nachdem sich aber der Durchschnitt der Tailleneinbiegung sowohl infolge abnormaler Korperhaltung als auch infolge der Fleisch- oder Fettanlagen in den Weichteilen iindert, so hat uns die praktische Erfahrung gezeigt, dali wir diesen Ausschnitt audi auf einc andere sehr zutreffende Art bestimmen kbnnen. Wie ich im Laufe des Lehrganges noch erklaren werde, lafit sich die Taillen¬ einbiegung schliefilich auch durch das Malo feststellen. Ieh habe jedoch fiir alle Fiille in meinen Konstruktionen so verlafiliche Anhaltspunkte fiir diesen Z\veck gegeben, dalo sie jeder Zuschneider unbesorgt amvenden kann, und zwar auf folgende Weise: Punkt E 2 bildet den Durchschnittspunkt zur Teilung der Unterweite. Wir haben daher die Halfte davon, das ist 21 cm, mit Zugabe von 4 cm fiir die Enveiterung schon nach vor zum Punkte J eingestellt. Nun stelle die andere Halfte, somit \vieder 21 cm, unter Zugabe von 2 cm fiir die Nahte, daher zusammen den Betrag von 23 cm, vom Punkte E 2 nach riickvarts ein. Da wir jedoch 5 cm der Untenveite schon am Uiickenteile besitzen, so miissen \vir dieselben selbstverstandlich von den 23 cm ahhrechen, den Punkt K somit vom Punkte E 2 aus mit dem Betrage von nur 18 cm einstellen, wie dies auf Fig. 5 dargestellt erscheint. Um jedoch das Abbrechen der jeweilig eingestelltcn Breite des Riickens in der Taille nieht berechnen zu miissen, legt man einfach das Zentimeterband mit der Ziffer des Betrages der Breite des Riickenteiles, hier also mit der Ziffer 5, auf den Punkt E 2 und stellt, indem man das Mafoband dort festhiilt, die halbe Untenveite mit Zugabe von 2 cm, hier also 23 cm, fiir den Punkt K ein. Nachdem noch von den Punkten K und Ci kurze senkrechte Hilfslinien gezogen werden, ist der proportionale Rruudrili bis zur Zeichnung der Schnitt- konturen fertig. Es \viiren zwar zu dieser Normaltigur noch viele theoretische Grundsatze sowie praktisch envorhene Erfahrungen zu envahnen, ich unterlasse dies aber vorderhand und \verde alle notigen Einzelheiten erst an passenden Stellen und auch im SchluBkapitel behandeln. IX. Kapitel. n Uber das Zeichnen des Taillenschnittes. Dargestellt auf Tafel 1, Fig. 6. An dieser Zeichnung findet der Lernende alle Linien und Punkte des Grund- ] 'isses. Es handelt sich also nur danim, die hier in verkleinertem Mafistabe dargestellton Schnittkonturen schon und richtig in natiirlicher GroBe naclizu- z eichnen. Das Konturenzeichnen ist die sehbnste Seite der Zuschneidekunst, es Gildet den Geschmack und ftihrt zur vollen Meisterschaft im Fache. 24 Das Zeichnen der Konturen liifit sich iibrigens nicht beschreibeh. Genaue Anschauung, FleitS nnd anhaltende Ubung ermoglichen aber auch das Erlernen dieser Kunst. Bei der Zeichnung der Schnittkonturen halte sich der Lernende an folgendo Regeln: Beginne stets mit dem Zeichnen des Riickenteiles. Die Linie A — C bildet hier schon an sich die Kontur der Riickennaht, ist daher mit dem Linčale vom Punkte A bis unter C herunter stiirker zu markieren. Sodann ziehe die Halskontur im leichten Bogen nach innen gesdnveift von A nach M, sodann die Achselkontur von Al bis n so, dalj dieselbe von M aus bis zur Lange von zirka l) cm um ein geringcs nach innen gesdnveift wird. Der Riickenspiegel und die Seitenkontur des Riickenteiles laufen in schbnem Bogen vom Punkte n, Ni liber d nach Ci. An der verlangerten Taillenlinie unter dem Punkte Ci ist der untere Abschnitt des Riickenteiles 'U cm tiefer anzuzeichnen. (Teli bemerke hier tur alle Palic, dalj die Abweichungen der Konturen von den geraden Linien an allen Schnitten nnr dann mit Ziffern bezeichnet simi, wenn die Abweichung mehr als '/4 cm betriigt.) Beginne nun mit der Zeichnung des Vorderteiles, am besten mit der Kontur des Seitenteiles (Kaiserschnittes). Hiezu ist vom Punkte K liber d cine Ililfs- linie zu ziehen und die Kontur vom Punkte Ni aus derart zu fiihren, dalj an der Brustlinie beiin Punkte d das Seitenteil einen Abstand von der Riieken- teilkontur im Betrage cines Zent.imeters erhiilt. (Dieser Punkt ist bei nieiner Metliode vvichtig, was ich spiiter erkliiren werde.) Nach unten zu, gegen Punkt K, ist die Kontur an der Hilfslinie zu fiihren. Zur Erleichterung der Zeichnung des Armloches markiere von der Brust¬ linie nach aufwarts Vs *, hier also 8 cm lioch, den Punkt e. An dieser Stelle schneidet die Armlochkontur, welchc von Ni aus in der dargestellten Art iiber die Punkte D und E zu fiihren ist, die Vortrittslinie. Die Abiveichung der Kontur betriigt in der Armhohle 1 cm, an der Stelle der vorderen Armmuskel 2 cm. Der Lauf der Achsel-, Hals- und Brustkontur ist, aus der Zeichnung genau ersichtlich; ebenso der Lauf' der Taillennaht, \velche vorne bei V um 1 1 / 2 cm hdher als die Linie und riickiviirts 1 cm tiefer zu zeichnen ist. Der Seitenteil \vird geivbhnlich vom Vorderteile getrennt, \vas schlielJlich an beliebiger Stelle unter dem Arme geschehen kiinnte. Hier lauft die nur in der VVeichgegend etvvas geschweifte Kontur des Seitenteiles bei Punkt H unmktelbar an der Mittellinie und weicht gegen das Armloch zu 2 cm nach vorne ab. Uber die Notvvendigkeit von Hrust- oder Baucheinschnitten (Siisons) werde ich bei Erkliirung der Behandlung der Schnitteile Genaueres anfiihren. Es bleibt hier nur noch zu erwahnen, dalj der Riickenteil und der Vorder- teil am Halse mit den Punkten M und F, am Riicken aber an den Punkten der Brustlinie zusammengesetzt werden mulj. Deshalb hat die Seitenteilspitze im Armloehe um das Ndtige vorzutreten. Wenn nun alle Schnittkonturen aus- gefllhrt sind, schneide genau nach denselben das Modeli auseinander, und die Schnitteile sind zur Anlage auf den Stoti' behufs Zuschneidens fertig. 25 X. Kapitel. Die Konstrnktion der Schnitte ftir verschiedene Korperhaltungen und Korperformen. Dargestellt auf Tafel 2, Fig. 7 bis 11. Um dom Lernenden einen hesseren Begriff iiber die Verschiedenheit der Schnittkonstruktionen, wie sich solehe unter logischer Amvendung unserer Theorie aus drei Hauptmafleu fur abnormale Korperhaltungen und Korperformen er- geben, zu bieten, liabe ich Schnitte fur ftinf verschieden gebaute Korper als Beispiele auf einer einzigen Tafel dargestellt. Ich werde in diesem Kapitel mit der Erklarung theoretischer Grundsatze fortfahren und bemerke, dati diese Grund- satze Geltung hahen beim Zusclmitte jeder wie immer henannten Kleidung des Oherkorpers. Diese Grundsatze sind also nicht nur beim Zuschnitte der Taillen, sondern ebenso beim Zuschnitte von Saccos, 1’aletots, Manteln, Gilets usw. sinngemafi anzmvenden. Ich setze voraus, dati der Lernende die Konstruktion des im vorigen Kapitel erklarten Normalschnittes bereits vollkommen begriffen hat und werde diese Konstruktionen nochmals auf eine andere Art erklaren. a) ScMiittaiifstellung’ fiir gerade Korperlialtung. Dargestellt auf Tafel 2 , Fig. 7. Der Schnitt dieser Figur ist mit der im vorigen Kapitel erkliirten normalen Konstruktion vollkommen gleicli. Nadi meiner Methode gilt als gerade (normale) Korperlialtung jene, bei tvelcher ein eventuelles genaues Mati, von den seitlichen llalsspitzen, d. h. von den Punkten M und F, herunter bis zur Brustlinie gemessen, die gleiche Lange ergeben wtirde (siehe Fig. 1 auf Tatel I). Dieses Verhiiltnis inull sich bei jedem Schnitte ftir gerade Korperlialtung und normale Bauart. ergeben, falls die Ittickenliinge richtig gemessen 'vurde. Diese Proportion ermoglicht uns eben, wie ich dies bei den Konstruktionen ftir abnormale Korperliingen erkliiren \verde, einen normalen Schnitt selbst mit Zugrundelegung des hlotieu Dbenveitenmaties zu konstruieren. Der Lernende \volle nun diesen normalen Schnitt in nattirlicher Griitie nacli folgender Erklarung nochmals aufstellen und zeichnen. Gerade Korper- haltung. Matic. 48, 42, 24 * d-5 Vs, 8, V*, 6 Obere ivagrcrlite Linie von 0—0l die Obenveite, Punkt O■> die Halfte, ven O bis g ftir die Brustlinie 1 *, von B nacli A und von B nach C je die halbe Rtickenliingc. Ftir die Breite des Ittickenteiles von A aus nach m 'U -j- 1 Un d liinauf ftir die llalsspitze Al 1 Va cm. 2 26 Riickenlinie Al in die Mitte der Riickenlmhe von A — B. Riickenbreite s / 4 + 2 . Riickenspiegel 2 ober und 3 unter der Riickenlinie, Riickenteilbreite unten 5 cm, Sch\veifung des Riickenteiles bei d 5 cm von der schriigen Hilfslinie aus. Armvortrittslinie 1 U von der Mittellinie nach vor. Halsspitze des Vorder- teiles Vs vom Punkte Ei aus. Halsausschnittslinie 1 / 3 von El herunter. Senkung der Achselnaht die Halfte der Lange des Riickenteiles zvvischen A und Al ?. Verbreiterung der Brustkontur von 1 bis L die Riickenbreite oder s / 4 -f- 2. Von E bis Gl *, von E 2 bis J die lialbe Untenveite mit Zugabe von 4 cm. Tailleneinbiegung von E:> aus, die halbe Unterweite mit Zugabe von 2 cm zum Punkte K, wobei das MaJBband an Punkt Ea mit dem Betrage der Riickenteil- breite anzulegen ist. Verlangerung der Taille nach Mode und Zweek des Kleidungsstiickes, hier 2 cm, und Verlangerung derselben vorne von Ji aus mit ’/ 4 Wenn der Lernende diesen Schnitt nun genau nach Vorlage gezeichnet bat, messe er noch folgende Proportionen nach: I)er Durchmesser des Armloches betragt V 2 *. Die Liinge der Taille von der Halsspitze aus bis zur unteren Seitenteilspitze ist mit der vorderen Liinge des Schnittes annahernd gleich. Der Lernende ersieht aus vorstehender Erklarung, dali unter Anvvendung der gleichen Theorie die Konstruktion eines jeden Schnittes ehenso gut aucli nach anderen Hauptmafien ausgefuhrt werden kanu. Konstruiere daher zur Einiibung noch zwei Schnitte mit nachstehenden Ilauptmafien: Oberweite 50, Unterweite 44, RtickenRnge 47, ferner Obenveite 44, Unterweite 38, Riickenlange 41. Viele Schneider legen besonderen Wert auf die Messung der Armtiefe, sagen wir eventuell von der Halsmitte aus oder vom Punkte F bis E. Dieses, nebenbei gesagt, unsichere Mafi bat aber, fiir sich allein genommen, wenig praktischen Wert, nachdem die Tiefe des Armloches viel sicherer aus der alterprobten Proportion ( 1 U der ganzen Oberweite) als nach MaB festgestellt werden kann und weil diese Tiefe ja gar nicht so wichtig ist. Es ist dies last der einzige Ort des Schnittes, wo ein kleiner Spielraum gestattet ist. Wichtig ist dieses MaB nur dann, \venn das GegenmaB iiber dem Riicken von der Spitze M aus bis zur Brustlinie oder bis zum Punkte D gleichfalls genommen cviirde. Nicht die Tiefe des Armloches, sondern die gegenseitige Hohe und Lage der Halsspitzen ist maBgebend fiir einen korrekten Sitz des Rockes. Ich bitte den Lernenden nun, die Lage der Halsspitzen auf den tibrigen, fiir abnormale Bauarten und Kdrperhaltungen konstruierten Schnitten Fig. 8 bis 10 zu beachten. Wir sehen da, dali sich je nach der Haltung des Korpers die Lage dieser Spitzen in der Weise verandert, dali fiir vorgebogene Korperhaltung (siehe Fig. 8) die Halsspitze des Riickenteiles hbher als die Grundlinie, jene des Vorderteiles aber tiefer als die Grundlinie kommt, wahrend beim zuriick- gebogenen VVuchse (siehe Fig. 9) das Gegenteil eintritt. Die praktische Erfahrung zeigt aber, dah diese Veritnderung nach keiner Richtung hin besonders grob ist. Fine im Betrage von 1 bis 2 cm konstruierte nngleiche Hiilie dieser Spitzen macht im Sitze des Rockes einen sehr bedeutenden 27 Eindruck und variiort. tatsachlieh zivisehen 1 / 2 bis 3 cm. Dara us folgt, daB wir zur Messung solchcr kleiner Differenzen am Korper so wenig Anhaltspunkte besitzen, daB wir dieselben olme Anlage von MeBapparaten oder Glirteln gar nicht vcrliililicli vornehmen kdinien, und daB es Tatsache ist, daB diese Differenzen vom Praktiker nach AugenmaB beurteilt werden konnen. GroBere Ungleichheiten kommen freilich audi vor , aber nur bei abnormen Kiirpern, welche man aber ohnehin auch nach anderen Richtungen messen kann und messen soli. Selbst in solchen Fallen habe ich aber unter gleichen Grundsatzen ohne iveitere MaBe die besten Resultate erzielt Jeder Schneider muB daher trachten, sich die Erkennung der Korperhaltung nach dem Auge anzueignen. Der Unterschied zwischen einer geraden, vorgeneigten oder zuriickgeneigten Statur ist ja sogar jedem Laien gelaufig, dem Schneider mufi aber diese Kenntnis, in Verbindung mit einem verlalllichen Malle der Ruckenlange, auch zur Konstruktion fur abnormale Korperhaltungen (Wuchs- fehler ausgenommen) geniigen. Bei meiner Methode, auf welcher sich der feststehende Punkt der Verbindung des Riickenteiles mit dem Vorderteile oder, technisch ausgedriickt, des Mantels der Riickenbuste mit jenem der Vorderbiiste aul' der Brustlinie belindet, der Riickenteil daher an gleicher Stelle, wie konstruiert, auch mit dem Seitenteile wieder zusammengesetzt werden muB, ist daher die richtige gegenseitige Hohenlage der Halsspitzen die wichtigste Bedingung fiir einen der Korperhaltung entsprechenden Schnitt. Wie \vir daher fiir abnormale Korper auf Grundlage dreier Hanptmafie kon- struieren milssen, um korrekte Schnitte zu erzielen, davon nachstehend. h) Sclmittaurstellung’ fiir vorgebogene Korperhaltung. Dargestellt auf Tafel 2, I<'ig. 8. Um diese Lehre nicht mit neuen ObenveitenmaBen kom- plizieren zu miissen und weil eine vorher gerade Person bei unveranderten BreitenmaBen infolge einer Beschaftigung, welche eine gebtickte Haltung erfordert, oder im Alter vorgebogen 'vird, nehmen wir wieder eine Oberweite von 48 und eine Untenveite von 42 cm als Beispiel. An der Riickenbuste der plastischen Abbildung sehen wir die gekriimmte Kontur des Riickens, gleiclizeitig aber auch die Verliingerung der Riicken- und die Verkiirzung der vorderen Brustpartie. Zugleich erscheint auch der Riicken breiter und die Brust enger und iacher. Diese Veriinderung der Korperhaltung kann selbstverstandlich ganz unbedeutend, aber auch bedeutend sein. Jedenfalls muB aber die Messung der Rtickenlange und Riickenbreite cin grdBeres MaB ergeben als die normale Proportion. VVir nehmen e 'n mittleres Verhaltnis an und sagen, daB diese Person eine Riickenliinge von 47 cm, also bei gleicher Obenveite von 48 cm einen um 2 cm langeren Riicken hatte als normal, und werden diesen Schnitt so konstruieren, Wle es die Haltung der vorgebogenen Person erfordert. Vorgebogene Korperhaltung. 28 Da sich die Konstruktion nur an einigen Punkten entgegen der normalen verandert, werde ich nur jene Punkte anftihren, welche notwendig sind. Die Einstellung der Punkte an der Grundlinie bleibt unverandert, ebenso die Einstellung des Punktes g tur die Brustlinie. Die Riickenlange wird aber vom Punkte B aus nieht mehr zur Halfte geteilt, sondern ist so zu teilen, dafi von der halben Riickenlange Va cm mehr von B nach A als von B nach C gestellt wird. Hier ist die halbe Riickenlange 23Va cm. Wir geben diesem Be- trage Va cm zu und stellen daher hinauf 24 cm, hinunter aher 23 cm ein; die Kontur der Riickennaht konnen wir beim Halse (am Nacken) oder an der Achsel- naht etwas runden oder an der mit Wellenlinie bezeichneten Stelle anhalten, um der Rundung des Riickens zu entsprechen. Die Riickenlange Punkt A kommt, da sie 24 cm betragt, hier bis an den Punkt Ol der Grundlinie. Die Halsspitze M ist aber wie normal noch um 1 Va cm hinauf' zu stellen. Die Breite des Riicken- teiles von A bis M betriigt wie die normale V 4 -j- 1, hier also 7 cm, es schadet aber nicht, dieselbe fiir vorgebogene Haltung um eine Kleinigkeit bis zu V 4 cm langer einzustellen. Die Riickenbreite ist groBer, hier also 20 Va cm. An der Brust¬ linie beim Punkte d ilarf fur vorgebogene Kbrperhaltung zwischen dem Riicken und Seitenteile 1 / 2 cm herausgenommen \verden, da die Schulterblatter stiirker sind. Die Vortrittslinie ist wie beim Normalen mit 1 / 4 von der Mittellinie entfernt einzustellen. Die Halsspitze ist jedoch mehr an den Ilals zu stellen, hier vom Punkte El aus mit Vs -j- lVa, somit lVa bis 2 cm mehr als normal. Als Regel kann gelten: Soviel als die Halsspitze des Riickenteiles iiber die Grundlinie hoher kommt, um soviel ist die Halsspitze des Vorderteiles iiber das Normale nach vor zu stellen. Die Senkungslinie der Achsel resultiert aus der Partie der Riicken- liinge von A bis Al wie beim Normalen, hier also 6 cm. (Daraus resultiert: je langer der Riicken, desto tiefer die Achsel.) Da die Brustpartie des Vorgebogenen kiirzer ist, ist die Achsel bei Punkt F um 1 cm zu kiirzen, ebenso auch die Lange des Vorderteiles vorne bei V um 2 cm. Die Verteilung der Untenveite kann wie beim Normalen konstruiert worden; solite jedoch, wie die nebenstehende Abbildung darstellt, auch eine sehr eingebogene Taille bei hervortretenden Schultern vorhanden sem, so stelle die halbe Untenveite mit Zugabe von 5 cm vom Punkte E 2 bis J ein. Nachdem die Zugabe fiir die Niihte und Enveiterung im ganzen 6 cm betragen soli, wovon \vir beim Normalen 4 cm vorne und 2 cm hinten zugeben, ist fiir eine stark eingebogene Taille hinten entiveder gar keine oder nur eine geringe Zugabe zu machen und eine grii/lere nach vor einzustellen. In diesem Falle wiiren bei 42 cm Unter- weite vom Punkte E 2 nach vor 21 -j- 5 cm und nach riiokivarts 21 -j- 1 cm einzustellen. Zur Ausfuhrung der Armlochkontur ist vor dem Punkte E, 1 cm von der Vortrittslinie entfernt, eine neue, hier mit gebrochener Linic ausgefiihrte Linic zu ziehen und die Armlochkontur \vie beim Normalmodell 2 cm vor diese neue Linie zu fhhren, wodurch auch die Tiefe des Armloches grb (Jer wird. Stark eingebogene Taille. 29 Es ist, selbstverstiindlich, dalo bei abnormalen Korperhaltungen Erganznngs- i)ia (le sehr gute Dienste leisten. Wir werden iiberhaupt darauf spater zuriick- kommen. Vorlaufig will ieh dem Lernenden jene Anhaltspunkte zeigen, mit ivelchen sehr korrekte Schnitte schon unter der Beniitzung der bloden Haupt- mafie konstruiert \verden konnen. c) Schnittaufstellung flir zuriickgebogene Korperkaltung. Dargestellt auf Tafel 2, Fig. 9. Die Haltung der zuriickgebogenen Person ist der Gegensatz der vorgebogenen. Geringe Differenzen vom Normalen nennen wir aufrecht. Die Riickenpartie ist also kiirzer, die Brustpartie liinger; der Riicken schmaler, die Brust breiter und voller. Als Mafisatz fiir diesen Schnitt nehmen wir an: Oberweite 48, Untervveite 42, Riickenlange 43 cm. Die Konstruktion geschieht im iibrigen wie normal, aueh die Riickenlange wird in die Ilalfte geteilt. Infolge der kiirzeren Riickenlange kommt aber die Halsspitze des Riickenteiles Punkt M nnter die Grundlinie (tiefer) zu stehen. Die Riickenbreite hat 1 9 cm. Am Riicken beirn Punkte d ist an der Brustlinie zwischen der Kontur des Riickenteiles und jener des Seitenteiles eine Uitferenz von lVa cm zu zeichnen. Die Verteilung der Unter- weite ist \vie normal. Die Brustpartie ist bei Punkt F um 1 cm zu verliingern und die Halsspitze, falls volle Brust vorhanden ist, um 1 cm vom Normalen zuriickzustellen, oder, was das gleiche ist, stelle den Punkt. F vom Punkte El aus mit 1 / s -f- 1 ein. Die Senkung der Achselnaht. betragt die halbe Lange zwischen A und Ai am Riicken, hier also zirka 5 V* cm. (Je kiirzer also der Riicken, desto hoher die Acbsel.) Um den Minder- betrag der Riickenbreite ist hier bei Punkt E eine neue Linie von der ur- spriinglichen Vortrittslinie nach zuriick zu ziehen, hier 1 cm, und von dieser aus das Armloch 1 cm entfernt zu zeichnen, so da 6 der Armlochdurchmesser wieder normal wird. Die Brustkontur soli bei Punkt G um V 2 bis 1 cm hinausgefiihrt werden, um den am Riicken grbfieren Ausschnitt zu ersetzen und ein grbfieres Einarbeiten zu ermdglichen. Bei dieser Korperform kommen auch sogenannte holile Riicken ent.weder am Genicke (unter dem Halse) oder durchgehends als Riickenfurche vor. Bei den Eallen karm eine entsprechende Behandlung des Riickenteiles Geniige tun, oder es kanu, wie die Riickennaht in Fig. 9 zeigt, dieselbe ‘/4 bis Va cm gehohlt Berden. Alles iibrige ist aus der Darstellung zur Geniige ersichtlich. Zuriickgebogene Korperhaltung. 30 Dicke Person mit aufrechter Haltung. d) Schnittaufstelking‘ fiir dicke Personen. Dargestellt auf Tafel 2, Fig. 10. Dicke Personen nennen wir jene, deren Unterweite grofier ist als die Obenveite. Man empfiehlt hier besonders die genaue Messung der Weiehbreite, um die Untenveite richtig verteilen zu kbnnen. Nachdem aber das viel leichter gesagt als ausgeftihrt \vird, will ich nach meinen praktischen Erfahrungen jene Grundsatze angeben, welche auch oline Amvendung dieses Mafies zum Ziele ftihren. Wir nebmen an, d a G unsere Normalperson, welche nach ihren M a Gen zu den «schlanken» gerechnet \viirde, dirk werden kbnnte. Durch Fleisch- und Fettanlagen \viirde sich die Korperform z\var veriindern, keinesvvegs \viirde aber die Statur als solehe deshalb grofier werden. Nur eines trifft zu. Infolge des grofieren Korperumfanges in der Breite wird auch der Mantel des Korpers in der Litnge grofier, ausgenommen die Seitenliinge unter dem Arme. Dies alles ist aber nur durch sehr umstandliche Messungen festzustellen. Bei meiner Methode gibt uns aber die llohe der Achselspitzen \vieder den sichersten Anhaltspunkt zur Konstruktion. Schnitte fiir dicke Personen mit gerader, aufrechter oder geneigter Haltung cverden daher nach den gleichen Prinzipien zu konstruieren scin \vie fiir schlanke Personen. Die obere Partie des Rumpfes bleibt niimlicb trotz der grbfieren Breite doch auch mit ihrer Lange proportioniert, und \vir kbnnen unbesorgt auch die Arm- lochtiefe, das ist die Brustlinie, nach der aus der praktischen Erfahrung ge- \vonnenen Proportion einstellen. Die Brustlinie, \velche uns die Tiefe des Armloches und die Verbindung des Riickens mit dem Vorderteile konstruiert, ist, wie schon envahnt, fiir alle schlanken Personen bis zur Obenveite von 50 bis 52 cm mit der Halfte dieses Mafies, proportional daher mit 1 * zu berechnen. Hei der Konstruktion der Schnitte fiir dicke Personen ist aber bei Einstellung der Lange vom Punkte O bis g bei jeder 25 cm iibersteigenden Ki n ličit Va cm abzubreehen. Die Einstellung des Stellpunktes O — g geschieht daher folgendermafien: Bei der dicke Personen mit der geivohnlichen et\vas aufrechten (normalen) Haltung nach der Vorlage Fig. 10 praktisch ausfiihren. Als Mafisatz nehmen wir an: 54 Obenveite, 50 Untervveite, 4(5 Itilckenlange. 27 * V 3 * = y, ‘/ 4 •» — 6 3 / 4 cm. Ziohe nun die obere VVagrechte und stelle auf derselben 27 und 54 cm ein. Nach dem Ausziehen der drei Senkrechten stelle von O nach g statt der ganzen Einheit 27 bloli 26 cm ein und ziehe die Brustlinie bis B. Von dort stelle die lialbe Riickenlhnge binauf bis A und herunter bis C. Lege das Mafi- band mit der Zitfer 23 auf den Punkt B. Riickenlinie normal in der Mitte zivischen A und B. Uiickenbreite 22 cm oder 3 / 4 -(- 2. Vortrittslinie 1 U (6 3 /.j) nach vor. llalsspitze 1 U — 1 (8). Ilalsausschnittslinie 1 U von El herunter. Aehselsenkung die Ilalfte von A— At, hier 5 3 / 4 . Riicken- teilspiegel und untere Rtickenteilbreite 6 cm. Punkt d ara Riicken b l l 2 cm von der schragen Linie. Brustenveiterung an der Ilalsausschnittslinie von 1—L die Rtickenbreite (22 cm), an der Brustlinie von E—G 1 * (27 cm). Nun kommen \vir zum vvichtigen Punkte der Verteilung der Uutenveite. Es gibt da. verschiedene Losungen. Manche konstruieren die ruckivartige Partie nach der Obenveite. Es iviirde zu weit fiihren und der Sache eigentlich gar nichts dienen, \vollte ich dariiber theoretische Auseinandersetzungen pttegen, da sicb eine sehr zutreffende Verteilung aus meiner nachstehenden praktischen Erfahrung ergibt. Mag ein Kbrper noch so dick in der Taille sein, ein Einbug in der Taille bleibt noch immer tibrig. Der geringste Durchschnitt der Tailleneinbiegung be- fnagt selbst bei dicken Personen noch immer beilautig 4 cm. Auf Millimeter kommt es in der Praxis bekanntlich nicht an. Audi ist es egal, ob der Rock riickivarts in der Taille um 1 cm mehr oder iv en iger anliegt. Der Anschlufi ist hberhaupt bei einer Anprobe leicht zu korrigieren. Die Ilauptsache ist aber, dab ( ler Rock vorne am Bauclie die geniigende Weite erliiilt. Daraus folgt, dati eine Einstellung der Unterweite, welche nach erfolgten berechneten oder gemessenen Ausschnitten vom Riicken aus erfolgen iviirde (\vie dies bei vielen Met.hoden iiblich), zu groben Fehlern fiihren kann. Die praktische Erfahrung lehrt uns, dati die Verteilung der Untenveite zur Iliiltte bei dicken Personen nicht mehr zutreffend iviire, da der Kbrper nach vorne mehr zunimmt als in der Weich- und Riickengegend. Es ist ein alter Brundsatz, wonach das »Mehr* der Unter\veite bei Anderung normaler Schnitte z,t 2 /a nach vor, zu 1 / 3 aber nach riickwarts einzuteilen ist. Um aber das Mafiverhaltnis nicht iindern zu miissen, d. h. aus rein praktischen Uriinden, verandern wir statt des wirkliehen Mafies die erforderliche Zugabe. Es kommt namlich auf das gleiche, wenn ich z. I?. bei einer Untenveite von 60 cm annehme, dat) davon nach vorne 32 und nach riickwarts blob 28 gehoren und diesen Betragen nach vorne 4 cm und nach riickwarts 2 cm Zu- gnbe mache, oder wenn ich nach vorne die halbe Unter\veite 30 cm mit 6 cm Aigabe und die andere Hšilfte nach riickivarts ohne Zugabe einstelle. Es ist 'kiher bei dicken Personen die Einstellung der halben Untenveite vom Punkte Ej nus zuerst, nach riickivarts vorzunehmen. Solange sich dabei ein Ausschnitt von kber 4 cm ergibt, kann auch nach riickivarts eine Zugabe von 1 bis 2 cm gemacht 'verden; ivenn jedoch der Ausschnitt nicht 4 cm betragen iviirde, so entfallt jede Zugabe nach riickivarts und kommt dieselbe mit dem ganzen Betrage (6 cm) nach vor. 32 Solite aber das Mafi auch einen Ausschnitt von 4 cm nicht zulassen, dann gehdrt auch das Melir (les Maflbetrages nebst ganzer Zugabe nacli vor. Nach dieser erprobten Regel stelle daher bei dieser Figur das halbe Mafi der Uuter- weite, 28 cm mit Zugabe von 1 cm = 29 cm, nach riickwarts und die andere Halfte, 28 cm mit Zugabe von 5 cm == 33 cm, nach vor fiir den Bauchpunkt J. Am Riicken beim Schulterpunkte d ist nur Va cm herauszunehmen, der Rilckenteil sonst flach einzusetzen und nur bei der mit Wellenlinie bezeichneten Achselstelle mafiig voli zu halten, da der Riicken dicker Rersonen zumeist ge- rundet ist. Ein kleiner Baucheinschnitt kann bei * normalen I)icken» am Vorder- teile gemacht \verden, ist jedoch beim Hangebauche zu unterlassen. Alles iibrige ist wie normal. Je dicker der Korper wird, desto mehr venindern sich die normalen Korperproportionen, was aus den diesem Kapitel beigegebenen Abbildungen er- sichtlich ist. Da jedoch die Kleidung alles verdecken und iiberbrucken soli und kann, ist auch die korrekte und schdne Bekleidung dicker Personen nicht schwierig, falls guter Geschmack und die ndtige Fachroutine vorhanden ist. Ich bin mit meiner Methode immer gut ausgekommen, ihr praktischer Wert zeigt sich auch gerade bei den schwierigsten Fallen, wovon ich hier nur einen erwahne. Bei einer Oberweite von 62 cm und einer Untenveite von 05 cm hatte cine Kunde nur 41 cm Riickenliinge. Ich hatte in der Eile wohl drei Ergiinzungsmafie, jedoch ohne Anlage des Gitrtels genommen. Nun konstruierte ich den Schnitt genau nacli der Theorie fiir Dicke. Von der Einheit 31 cm rechnete ich nach meiner Itegel 6 halbe cm ab und stellte die Brustlinie von O—g mit 28 cm ein. Vom Punkte B hinauf stellte ich die halbe Riickenliinge 20 Va cm ein. Nach Aus- zeichnung der Halsspitze des Riickenteiles, welche ich mit 2 cm von m—M einstellte, ergab sich, dafi die Brustpartie von der Ilalsspitze bis zur Brustlinie um 5 1 / 2 cm langer war als die Riickenpartie. Nun zog ich meine Erganzungs¬ mafie der Riicken- und Vordorbiiste sowie der Armtiefe in Bctracht. Diese Mafie zeigten mir, dafi die Vorderbiiste noch immer zu kurz \var. Da der Kunde eine mittlere Grofic und neben sehr zuriickgebogener Haltung auch niederen Ilals hatte, verliingerte ich die Vorderbiiste noch um 1 cm und stellte die Halsspitze des Vorderteiles noch 1 cm vom Normalen zuriick. Nach meinen Ergiinzungs- mafien war dies noch immer nicht geniigend, icli liiclt niich aber lieber an (lic Theorie und hatte die Freude, bei der Anprobe zu tinden, dafi der Rock so korrekt šali, dafi ich mir dies nie besser wiinschen konnte. e) Sclmittanfstellung fiir dicke Personen mit geneigter Korperhaltung*. Iiargestellt aaf Tafel 2, Fig. 11. Dieser Schnitt ist unter sinngemiifier Amvendung der fiir dicke Personen sowie fiir Personen mit vorgebogener Korperhaltung gegebenen Regeln aus- zufiihren. Der Mafisatz ist 58 Obenveite, 64 Unter\veite, 49 Riickenliinge. Einheit 29 cm, Va = 9 a / a , 1 U — ?*/< cm. 33 Die Konstruktion ist an der Figur deutlich ersichtlich und erw;ihne ich mir folgendes: Tiefe der Brustlinie von O — g, statt der Einheit bloB 27 cm. Riiekenlange 25 hinauf bis A, 24 hinunter bis C, d. h. 7 2 cm mehr als die Halfte tur die Riickenhohe. Punkt F (Ilalsspitze 1 / 3 *), also um 1 cm mehr nach vor als fiir den normalen Dicken. Kiirzung der Ilalsspitze bei F 1 cm. Untenveite von E:> nach riickivarts, die Halfte 32 cm ohne Zugabe. Nach vor 32 mit ganzer Zugabe von 6 cm — 38. Somit ergibt sich beim Seitenteile ein Ausschnitt von an- nahernd 4 cm. Die Erhohung fiir die Ilalsspitze des Riickenteiles Punkt M ist wie bei der vorigen Figur wegen der groBeren Breite mit 2 cm einzustellen. Die Kontur des Riickenteiles blcibt mit jener des Seitenteiles an der Brustlinie Punkt d tast zusammen. Alles iibrige zcigt die Figur. Dicke Person mit geneigter Haltung. Kdrperbauarten nach den bisher dargestellten Beispielen kommen in der I’ r axis zuineist vor. Abnorme Kbrpergrofie oder -Dicke, Spitzbauch usw. iindert nichts an meiner Theorie. Grbfiere oder kleinere HauptmaBe ergeben mit gleicher Unterteilung stets einen der Person entsprechenden proportionalen Schnitt. Doch "erde ich einige \veitere ivichtige Kbrperbauarten noch in folgenden Kapiteln behandeln. Fig. 12 ist der gewohnliche einfache Reversschnitt, welcher bei Gehrock- tormen der Brustkontur anzusetzen ist, \voriiber noch iveitere Aufklarungen folgen. XI. Kapitel. Die Zeichnung 1 der Rtickenteilschode. JDargestcllt auf Tafel 3, Fig. 13. Die Verliingerung des Riickenteiles nach unten zu nennen wir Riicken- teilschoB. Derselbe kann dem Modelle angeschnitten oder auch separat angesetzt 'verden, je nach dem Ziveeke oder der Form des Rockes. Der Riickenteil kann soivolil mit der Ruckennaht als auch, namentlich bei Uniformen, im «ganzen» geschnitten werden. Bei sogenannten SchoBpaletots wird zumeist sowohl Riicken als SchoB itn ganzen geschnitten. In diesem Falle ist die in der Taille notige geringc Einbiegung durch entsprechende Behandlung herzustellen. Fig. 13 zeigt d 'o Anlage des Rtickenmodelles auf den Stoff und die Vcrlangerung desselben nach unten zu. Man verfahre dabei in folgender Weise: Die senkrechte O — F-Linic zeigt die Stoffkante. Lege nun das Riickenteil- •nodell an diese Stoffkante so an, dafi dasselbe bei A 1 cm und in der Taille bei C 4 bis 5 cm von der Stoffkante nach innen entfernt liegt. Stelle dann vom 1’unkte C hinunter die gemessene Lange (les SchoBes, liier 48 cm, bis V ein und zeichne die Rreite des Hakens mit zirka 3 cm ab. Dor Rest dient fiir den Einbug. Der Schofi ist gewohnlich gleichmiiBig breit zu maehen. Audi karm der Lauf der Faltenseite mit einer von der Halsspitze ausgehenden Richtungslinie bestinimt \verden. Nur bei selir dicken Personen, \vo die Breite des Stoffcs zur Herstellung des Vorderteilschofies nicht ausreiehen wiirde, ist es atn Platze, den Riickenteilschofi nacli uuten zu breiter zu schneiden, wodurch das unschdne Anstttckeln des Vorderteilschofies vermieden wird. (Letzteres ist audi bei Zeichnung der Riickenteile fiir Paletots etc. zu beachten.) An der Seite ist ein Einschlag fiir die Ealte in der Rreite von 3 bis 4 cm zuzugeben. XI t. Kapitel. Der Schnitt der Gehrocke, Reverse und Gehrockschofie. Dargestellt auf Tafel 3, Fig. 14, 15, 21 und 22, und auf Tafel 4, Fig. 24. I)as Modeli des Vorderteiles soli auf den Stoti' so angelegt werden, dafi die wagrecht,en Limon desselben im rechten Winkel zur Stoffkanto liegen. Der mit gebrochener Linie gezeichneten Brustkontur ist fiir die Nalit, Nvelche ličim Anniihen des Reverses verloren geht, 1 cm zuzu¬ geben. Bei Rocken, \velche stiirker \vattiert \verden, oder \venn fransiger Štolfe \vegen tieferc Milite gemacht \verden sol len als ge- Avdhnlich, ist auch eine grdfiere Zugabe bis zu 2 cm empfehlenswert. Die mit gebrochener Linie gezeichnete Kontur bedeutet den gebrauch- lichen Einschlag. Der Kragen ist an die Halskontur anzunahen. Sonst sind alle Niilite schon im Schnitte. Der Revers wird gewohnlich an einer anderen Stel le separat geschnitten. Seine Form ist an den Fig. 21 und 22 ersichtlieh, wobei Fig. 21 die gewohnliche, Fig. 22 aber die im Rruclie geschnittene Grundform des Reverses darstellen. Die Rreite des fertigen Reverses im Taillenschlusse betriigt ge\vdhnlich ti cm oder V 4 *. Der (tehrockscholl \vird nachfolgend konstruiert, wobei ich bemerke, dafi der Schofi (Fig. 15) zu unserem Normalmodell gehdrt. 2 cm, welche fiir den Einbug bestimmt sind, von der Stotfkante entfernt, ziehe die senkrechte Linie O Vi, und miter genauer Aulage des Winkels an diese Senkrechte die obere Wagrechte O -C. Stelle nun von O bis A die Reversbreite, liier 6 cm, und von A nach C die vorher genau abgeinessene Taillennahtkontur des Vorder- und Seitenteiles mit einer Zugabe von 3 cm ein, hier von A bis C 45 cm. Nun ziehe vom Punkte C senkreeht eine Linie binauf bis Punkt D. Fiir diesen 1’unkt stelle vom Punkte C aus 5 cm cin, und verbinde D mit A durch eine gerade Linie, \velche gegen K binaus ver- liingert wird. Nun zielie auch voin Punkte C hinunter eine Serikrechte, raesse bis R 15 cm und stelle dort 6 cm hinaus, Punkt P. Jetzt stelle noch von I) bis K 2 cm hinaus und zielie iiber die Punkte K und P die gerade Schoflrichtungs- linie. Von P hinauf ist die Gesafikontur im leichten Bogen so zu sclnveifen, dafi sie an Punkt D antritft. Zur Erleichterung einer korekten Zeichnung der oberen SchoBkontur teile die Lange A—D in drei Teile und zeichne die Kontur, \velche von O—A an der Geraden bleiben muB, von A bis zum ersten Drittel um ein geringes (V 2 cm) unter der Geraden, von da an iiber das ziveite Drittel mit einer Erhiihung der Kontur von 1 bis 1 Vs cm in schonem Bogen bis zum Punkte D. Die Lange der SchoBe kann ge\vdhnlich rilckivarts und vorne gleich sein. Nach- dem aber der SchoB rttckvvarts einzuarbeiten ist, schneide denselben vorne 1 cm kiirzer als hinten. Der SchoB ist iiber den Iliiften anzuhalten; es \verden zn diesem Zivecke, namentlich bei Fracks, aucb Hufteneinschnitte in den SchoB gemacht. Wir haben Dior zu diesem Zveeke den SchoB um 3 cm breiter, als es die Taillennaht verlangt, eingestellt. Diese Zugabe gilt als' normal. Fiir selu - starke Iliiften kann die Zugabe daher noch grofier, fiir schivache geringer sein. Es ist selbstverstiindlich, dali bei jeder groBeren Zugabe aucb die Bundung der SchoBnaht iiber den Iliiften um ein geringes groGer sein soli. Diese Schofikonstruktion gilt als Grundlage fiir alle gl alt anliegenAen (normalen) SchoBformen und entspricht der normalen Korperform und GesaBiveite. Fiir abnormal herausgedriicktes GesiiB, \velches zumeist mit der zuriick- gebogenen Ilaltung in Verbindung steht, soivie fiir abnormal starke Iliifte oder starkes GesiiB sind die Konstruktionspunkte D und P zu veriindern, indem v °n C nach D statt 5 6 cm und von R nach P statt 6 8 cm einzustellen sind. Falls man eine weitere SchoBform oder einen «GlockenschoB» konstruieren "'dl, schneide man ein entsprechendes Normalmodell, \vie mit gebrochenen Linien ln Fig- 15 angedeutet ist, iilier den Iliiften durch und lege die einzelnen Teile ■nit dem unteren Bande am Štolfe beliebig auseinander. Bei grofier Verbreiterung sollen diese Teile am oberen Bande so viel iibereinander gelegt verden, dali ein Anhalten des SchoBes iiber der Iliifte last entfiillt. Der Schofisclinitt fiir (ličke Personen, dargestellt auf Tafel 4, Fig. 24, nnterliegt einer kleinen Veriinderung. Nachdem die \Yinkellinie gezogen und die Beversbreite, hier 7 cm, ein¬ gestellt wurde, stelle von A bis C die nbtige Breite, hier 56 cm mit Beigabe von 2 cm fiir die Iliifte = 58 cm, ein. Nun stelle aber vom Punkte A 2 cm heruntcr bis a. Statt nun, \vie fiir Schlanke, die Linie von A nach D zu ziehen, ziehe dieselbe vom unteren Punkte a aus nach D. Alles iibrige ist aus der Figur ersichtlich, und bemerke ich noch, daB die Einstellung derjibrigen Fnnkte stets die gleiche bleiben kann, sich somit nur die SchoBbreite veriindert. Meine SchoBkonstruktionen sind so dargestellt, daB sie direkt auf den Stoff gezeichnet iverden konnen. Man kann sich jedoeh auch Papiermodelle machen; dadurch manipuliert man nicht nur leichter mit dem Štolfe, sondern man braucht auch nicht fiir jeden Bork einen neuen SchoB zu zeichnen, da das Modeli nach der notigen Breite hin oder her verschoben werden kann. In vielen Lehrbtichern wird die Konstruktion der Schofie unter Anlage des Taillenmodelles gelehrt. Ich lialte jene Methode fiir den Selbstunterricht minder geeignet, schon aus dem Grunde, da die an gewissen Stellen unbedeutenden Abiveichungen der Schofikontur von jener der Oberteile in den verkleinerten Figuren nicht geniigend deutlieh dargestellt werden konnen. Auch kann bei der geringsten unrichtigen Anlage des Vorder- oder Seitenteiles die Sehofikonstruktion verdorben werden. Die Aufstellung der Schofie vom Winkel aus, wie sie liier ausgefiihrt ist, bietet volle Sieherheit fiir korrekten Fali und ist dem Selbst- lernenden verstiindlicher. Die Anlage cines korrekt gezeichneten Schofies an die Taillennaht des Vorderteiles gibt iibrigens geniigende Anhaltspunkte auch fiir eine direkte Zeichnung. Zn dem eiureihigen (fehrocke gebe der Brustkontur statt des Reverses einen Uberschlag von 4 cm zu. Die Sehofikonstruktion bleibt die gleiche. XIII. Kapitel. Der Schnitt der Jacketts und der Jaekettschode. Dargestellt auf Tafel B, Fig. 16 und 17. Im Gegensatze zu Gehrocken, \vo der ubtige Uberschlag des Rockes durch das Ansetzen des Reverses konstruiert \vird, gibt man bei Jacketts dem Modelle einen Uberschlag zu. Die jetveilige Form oder Breite dieses Uber- schlages bildet schon einen bedeutenden Teil der Mode. Die Jacketts konnen sotvohl tief offen als auch hoch geschlossen modern sein. Ebenso kann der Abstich nach unten bei jedem beliebigen Knopfe beginnen. Ich glaube, dafi die Fig. 16 und J 7 fiir alle Falle als Beispiel ge- niigen. Das Modeli lege also fiir das Jackett mit einreihigem Uber- schlage 4 cm von der Kante an und zeichne die Konturen ab. Hier ist der Abstich des Uberschlages bis auf die untere Vorderspitze des Modelles gefiihrt. Der Rock \viirde somit in der Taille aus- einandertreten. Diesem Abstiche entspricht die Konstruktion des SchoBes der Fig. 17. Die Aufstellung der Jackettschbfie ist eine andere als bei Gehrocken, \veil sich die fatlengeratle Stoffkante hier nicht vorne, sondern riick\varts betinden soli. Die Aufstellung ist iibrigens so einfach, dafi sie nur einer kurzen Kr- klarung bedarf. An der oberen Wagrechten stelle die abgemessene Liinge der Taillennaht mit Zugabe von etwa J cm fiir das Einbiigeln iiber den Hiiften von A nach D ein, hier 45 cm. Vom Punkte D stelle auf der Wagrechten bis K 3 cm cin und ziehe von dort die Senkrechte hinunter. Vom Punkte K bis P stelle 24 cm ein. Nachdem noch unter dem Punkte D, 2 cm tief, Punkt C und vom Punkte A bis a 2 V 2 cm hinunter bezeiehnet wurden, ziehe die Schofikonturen von P nach C und von C nach a derart, dafi die obere Kontur beim ersten Drittel Jackett. 37 der oberen SchoBiveite dio wagrechte Linie beriihrt, von dort aus nacli vorne aber mit einem unbedeutenden Einbuge nacli unten, also fast gerade gezogen \vird. Da der Schofi die Fortsetzung der Brustkontur nach unten bildet, so ist der vordere Abstich desselben stets nach der als Brustkante konstruierten Form des Uberschlages auszufiihren. An der Vorderkante ist dem SchoBe selbstver- standlich ein Einbug von 2 bis 3 cm zuzugeben. XIV. Kapitel. Der Schnitt der Fracks und der Fraekschofie. Dargestellt auf Tafel 3, Fig. 18 umi 19. Die Form der Fracks andert sich dort, wo dieselben fast taglich im Gebrauche stehen, sehr oft. In Weltstadten, wo der Frack zur Alltagsgarderobe des feinen Mannes gehifrt, unterliegt derselbe fortwahrenden, wenn auch un- hedeutenden Modeveranderungen. Im allgemeinen ist aber der Frack ein mehr «offizielles» Montursstiick fur feierliche Akte und Halle, seine Tragdauer eine fast unbegrenzte. Es ist unglaublich, vvelch alte und ruhmbedeckte Exemplare bei solchen Gelegen- heiten selbst von Herren angezogen werden, die sonst in der Kleidung sehr heikel und anspruchsvoll sind. Aus diesen Griinden wird zumeist eine Form gewahlt, welche dem Modegeiste am meisten trotzt. Die Brustkanten stoBen nach angesetztem Revers zusammen, der vordere Ausschnitt des SchoBes betragt ein Drittel seiner oberen Breite. Die Liinge desselben ist zumindest das Mafi der verlangerten Taille. Auf dieser Grundlage stehen die Fig. 18 und 19. Vom normalen Modelle uelime daher, wie am Vorderteile ersichtlich, oben 1 cm, an der Brust 2 cm, unten aber 3 cm weg. Der Revers (Fig. 20) mit einer Breite von 4 cm in der 1’aille \vird nun an diese verschmiilerte Brustpartie angesetzt. Bei tieter Oflnung ist die Halskontur bei Punkt L 2 bis 3 cm tiefer auszufiihren. Die Winkellinie A—K—V des FraekschoBes (Fig. 19) ist derart zu ziehen, daB die hintere Senkrechte fadengerade mit dem Stoffe lauft. Sonst ist die Konstruktion mit jener des JackettschoBes ziemlich gleich. Da der Revers bis iiber den SchoB geht, ist daher die Liinge von A bis I) der oberen Taillen- kante des Vorderteiles mit Zugabe von 3 cm gleich. Der Abstich von A nach a betriigt 3 l /a cm, jener von D nach C 2 1 l a cm. Die fur die SchoBrundung von D nach K einzustellende Zugabe betragt 3 cm. Die Otfnung des SchoBes beginnt beim ersten Drittel der oberen Wagrechten. Die untere SchoBbreite betragt 16 cm ( 2 / 3 *)• An der hinteren Kontur ist hier sowie bei allen ScliiiBen ein Einschlag von 3 bis 4 cm fiir die SchoBfalten (hier mit gebrochener Linie dargestellt) zuzugeben. 38 Alles iibrige ist aus dcr Zeichnung ersichtlich. Die richtige Behandlung des Frackes in der Arbeit ist ein Hauptbedingnis ftir die Schonheit desselben, und nur selir gute Arbeiter sind imstande, dem Frackschnitte jenen Aplomb zu geben, welcher bei diesern Itleidungsstiicke absolut notwendig ist, wenn es seiner Bestimmung entsprechen soli. An den Modellen 14, 16 und 18 sind verschiedene Brusteinschnitte ge- zeichnet, welche je nach Bedarf und Geschmack auszufiihren sind. XV. Kapitel. Darstellung der Schobrichtungslinie und die Verbreiterung der Schobe. (Sielie Tafel 4, Fig. 23.) Der Lauf oder die Richtuug der hinteren Schofikante ist, wie sehon envahnt, auch von der Korperhaltung und von der GesaSstarke abhiingig. Falls man den Rock anprobiert, liibt sicli eine etva notige Korrektur bei der Trobe vornehmen. Wenn man diesem Umstande nicht sehon vorher Rechnung getragen hat, so lasse man den Einschlag fiir die Falte lieber etwas grofier als kleiner. Besser ist es jedoch, wenn man auf die Bauart des Kunden sehon vor¬ her Riicksicht nimmt. Hiefiir gelten folgende Grundsiitze. .Je schvacher oder je weniger hervortretend das Geslih ist, desto geringer soli der Einbug des Schofies in der Taille beim Punkt K sein und umgekehrt. Wenn vir nun, nachdem der normale Schofi fertig gezeielmet ist, den Seitenteil an die hiezu gehorige Stelle so anlegen, dal) die Spitze bei Punkt h an der Htifte um eine Kleinigkeit iiber die Kontur der SehoBnalit zu liegen kommt, \vie dies an der Fig. 23 ersichtlich ist, so legen vir ein Lineal an der grohten Schulterrundung entlang nach der Schofikontur zu. Auf diese Art ist es uns leicht, die Ivontur, venn notvendig, zu berichtigen. Bei sehr schvachem Geslih, sovie auch bei dicken Ijeuten, geniigt ein Einbug von 1 bis IV 2 cm, beim Nor¬ malen zirka 2 cm und bei sehr starkem Geslih 3 bis 37s cm. Wir riicken sohin mit dem Ihneale vom Punkte d nach P hinein oder hinaus und berichtigen so den Lauf der Schohkontur. Die einfachste Verbreiterinig eines Scliolles fiir die bereits ervahnte Glocken- form ist auch an dieser Figur dargestellt. Schneide das aus Papier geschnittene SchoBmodell von der Hiifte an nach unten durch und lege diese durchgeschnit- tenen zwei Schohstiicke so an, dah sie am Štolfe gegen unten zu beliebig ans- einandertreten. Auf diese einfache Art hekommen vir fiir jede beliebige untere Schohveite stets den richtigsten Fali, und ist eine Kontrolle noch moglich, auch venn der Schoh bereits angenaht vare. 39 XVI. Kapitel. Darstellung der Anlage nnd Kontrollmessungen an Modellen. (Sielie Tafel 4, Fig. 25.) Wenn wir ein Modeli konstruiert oder auseinandergeschnitten haben, ist os boi V o rh and en s ein von Ergiinzungsmalien unerlaBlich, dasselbe zu kontrollieren. Wenn der Riickenteil an don Seitenteil angelegt wird, so daB das Modeli bei Punkt d und an der Taille Punkt Ci nnd K zusammentrifit, so mufi siob beiin Normalen z\vischen den beiden Spitzen an der Sehulterstelle des Armloches ein Ausschnitt von mindestens 1Va cm ergeben. An dem Riickeneinbuge von der Brustlinie herab genilgt das Auseinandertreten der beiden Teile mit 1 cm. Wenn wir die Achselnahte mit den Punkten M und F zusammenlegen, hat an den auBeren Achselspitzen auch ein Ausschnitt von 1 1 /2 cm zu erscbeinen. Die Ausscbnitte oder Abstande ermoglichen eben den AnschluB des Rockes liber die Sohultemuidung. Daraus folgt vieder: Je groBer die Scbulterrundung, das heifit, je stilrker die Schultern sind, desto grolier miissen sich diese Abstande ergeben »nd umgekebrt. Meine bisher dargestellten Konstruktionen berucksiehtigen bercits diese Grundsiitze durcb die Anderung der Kontur des Seitenteiles bei Punkt d. Jo runder daher der Seitenteil bei Punkt d ist, desto mehr Abstand wird der Iliickenteil beim Armloche zeigen. Diese theoi'etiscbe Aufklarung ist deshalb notivondig, weil dem Praktiker hiedurch der Anhaltspunkt gegeben wird, welchen Zweck cin eventuelles Mali der Riickenbuste vom Punkte A bis H hatte. Dieses Mali in Verbindung mit den Malien der Riickcnliinge A — C und der Weicli- breite II — C gibt den besten Aufschluli iiber die Form der Riickenpartie. Vollen Wert erhalten aber die genannten Malie erst durch das Mali der Vorilerbuste, ivelcbes vom Punkte A herunter liber die Brust. zum Punkte H zu nehmen ist, wobei auch das MaB der Arnilochtiefe von A bis E mitgemessen 'verden kann. Sehr niitzlich ist in Verbindung mit diesen Malien auch das Mah des Annvortrittes vom Punkte B bis e oder von der Rtickenmitte unter dem Arme bis zum vorderen Armmuskel. Es ist hier der Ort zu envahnen, warum ich den Seitenteil entlang der Mittellinie bei Punkt H abschneide, olnvohl dies auch an anderer Stelle geschehen kdnnte. Das Mali der Ruckenbiiste, hier mit 50 cm angegeben, bleibt dadurch an der Riickenpartie, wiihrend das MaB der Vorderbiiste, hier 55 cm, nur am Vorderteile bleibt. Die praktische Erfahrung hat uns beziiglich dieser Malie folgende Regeln gezeigt: Das MaB der normalen Ruckenbiiste ist annahernd um 5 cm geringer Ms jenes der Vorderbiiste. Das MaB des Annvortrittes betriigt ein Drittel, hier 32 cm der ganzen Obenveite, desgleichen ein MaB von der Seitenspitze zum Punkte L. Legt, man das MaBband an Punkt B an und milit die zusammengelegten Schnitteile nach vor, so soli an der Brust mindestens nocli ein Rauni von 5 cm 40 (bis zur Brustkontur ohne Uberschlag) vorhanden sein. Bei der Untenveite geniigt ein Mehr von 4 cm, doch ist dabei das Mafiband um 2 cm vor die Riickennaht zu legen, da dieser Betrag durch die Nahte wieder verloren geht. Um kontrollieren zu konnen, ob ein Normalabschnitt bei der Arbeit nicht verzogen wurde, d. h. ob nicht die Aehselspitze oder die Seitenteilspitze des Vorderteiles aus ihrer ursprtinglichen Lage gebracht \vurde, messe die Lange am Riickenteile von A bis zur unteren Spiegeispitze und notiere den Unter- schied zvvischen jener vom Punkte F bis zur Seitenteilspitze. Da diese Llingen in der Hegel nur unbedeutend variieren, kanu der Praktiker selbst bei Auf- stellung von abnormalen Schnitten aus diesem Umstande sehr ntitzliche Schltisse ziehen. An dieser Figur ist die Verteilung der Untenveite vom Durchschnittspunkte E:i aus nach vor und nach riiekwarts nochmals deutlich veranschaulicht. Der Dureli- messer eines normalen Armloches betriigt 1 / 2 XVII. Kapitel. «• Die Konstruktion und Zeichnung* der Armel. Dargestellt auf Tafel 4, Fig. 26 bis 31. Das Mafi der Armelliinge vvird in Verbindung mit dem Mafie der Riicken- breite genommen. Nachdem man die Riickenbreite (zur Halfte) bei herabhiin- genden Armen gemessen hat, halte man das Mafiband an der Armstelle test und messe in Fortsetzung bei gekriimmter Hand bis zum Ellbogen und zum Iland- gelenke. Die Mafie \verden folgend notiert: z. B. 20, 52, 84. Die erste Zitfer ist die Riickenbreite, die zvveite die Flllbogenliinge, die dritte die Armelliinge. Die Breite der Armel ergibt sich aus der jevveiligen Einheit. Es ist daher nur bei sehr abnormalen Armen und bei Konstruktion fiir dicke Personen geboten, die Armelweite mit dem Armloche vor der Fertigstellung der Armel zu vergleichen. Die Armel sollen mindestens 2 cm breiter sein als das Armloch. Beim Einsetzen ist sowohl das Armloch wie der Armel in bekannter Weise in die Halfte zu teilen und der Armel sowohl an der Kugel als auch in der Arm- hbhle anzuhalten. Der richtige plastische Fali der Armel ist eine der wichtigsten Bedingungen fiir die Sehbnheit und Kommoditiit des Rockes. Die Kunst, einen Armel stets richtig einzusetzen und an jeder Kdrperstelle des Armloches richtig zu behandeln, kanu schriftlich selbstverstandlich nicht erkliirt vverden, nur das Eine sei hier angemerkt: Niilie den Armel nie mit der Maschine ein! Die Konstruktion des Armels nach meiner Methode ist sehr einfach und gibt einen leicht zu behandelnden Schnitt. Bei praktischer Arbeit ist es am besten, wenn man sich aus festem Papier einige Oberiirmelschnitte macht, wie Fig. 26. Nach einem solchen Modeli kann der Praktiker sowohl den Unteriirmel als auch jede beliebige Veriinderung der Armel nach jewe.il iger Mode am Štolfe selbst bewerkstelligen. 41 Der Armel (Fig. 26) ist fur unseren Normalschnitt, daher ftlr die Einheit von 24 cm berechnet. Ziehe also zuerst die obere AVagrechte A—K —e und stelle vom Anfangspunkte A bis K V 2 *, bier 12 cm, und bis e 1 *, hier 24 cm, ein. Zielie nun von den Punkten A und e senkrechte Linien und stelle aut der vorderen von A bis b *, hier 12 cm, ein. Nachdem der hintere Abstich des Armels, Punkt f, mit dem Betrage von je 2 cm nach innen und nach hin- unter bezeiehnet wurde, lege das Mafiband mit dem Mahe der Riickenbreite am Punkte/an und messe an der Senkrechte« hinunter die Ellbogenlange, hier 52 cm, Punkt g, und die ganze Lange des Armels, hier 84 cm, ab. Ziehe nun die beiden Wagreehten nach vor und bezeichne fur den Punkt d einen Abstich von 2 V 2 cm. Die Breite von d bis h betragt "7 3 hier 16 cm. Bei Punkt C ist der Armel um 2 cm zu schweifen. Die Ausfiihrung der Konturen ist aus der Figur deutlich ersichtlich. Fig. 27 stellt die Armelkonstruktion auf Grundlage der Einheit dar und gilt fiir alle Kbrpergrbfien die gleiche Regel. Dem Oberiirmel ist an der Vorder- naht ein 3 bis 4 cm breiter Umbug zuzulassen, vol tir der Unterarmel zu ver- schmiilern ist. Die Kontur des Unterarmels ist nach Vorlage auszuliihren. Ich vili das Proportionsverhaltnis nochmals anftihren: Von A bis K 1 /2 "\ von A bis e 1 *. Von A bis b V 2 *. Abstich bei /' normal 2 cm. Untere normale Armelbreite 2 / s *. Abstich bei d 2Va cm. Fur Uberrocke sind die Armel durchgehends mindestens um 2 cm breiter zu machen. Fig. 28 stellt die Konstruktion des Armels ohne Vordernaht dar, wie der- selbe noch fur Mantel oder Blusen geschnitten vird. Will man denselben schmiiler machen, so ist oben 1 * -f- 2, unten aber bloB 2 / 8 * einzustellen. Als Anhaltspunkt fiir Einstellung der Tiefe A — b gilt der Grundsatz, daB dieselbe mit der halben Lange des Vorderteiles von O—g korrespondieren soli, w as bei abnormalen Schnitten, besonders auch fiir dicke Pcrsonen, zu beachten >st. Am besten ist es, venn man zur Konstruktion von Armeln fiir dicke Pcrsonen sovohl fiir die Einstellung der oberen Breite von A bis e und fiir die Kugeltiele A bis b den Betrag der nach der Regel verminderten Einheit beniitzt. Dem Armel fiir Vorgebogene (Fig. 29) ist hinten bei Punkt / eine kleine Erhdhung, fiir Zuriickgebogene aber eine solche vorne bei Punkt b anzuzeichnen. Viele Schneider behelfen sich iibrigens auch dadurch, dali sie den normalen Armel «hbher» oder «tiefer» einsetzen. Fiir bobe und sclitnale Schultern oder bei groBerer Unterlage von Watte an der Achsel ist die Ivugel des Armels bei Punkt, K entsprechend zu erhiihen (siehe Fig. 31). Fiir die Einstellung der Armellange gilt nur das MaB. Fiir t berrilcke sind die Armel stets um mindestens 2 cm liinger zu machen. Eine Verengung des Armels soli, vie Fig. 30 zeigt, stets am Unterarmel vorgenommen verden. Die untere Breite des Armels ist nach Mode einzurichten. 3 42 Sacco, einreihig. XVIII. Kapitel. Die Konstruktion des Sacco. Dargestellt auf Tafol 5, Fig. 32 und 33. Dieses praktische Kleidungsstiick behauptet seinen Pl at z in ali on Kreisen. Durch Veriinderungen in der Form, als: Breite, Abstich, Fasson usw., erhalt es auch verschiedene Benennungen, trotzdem es ein Sacco bleibt. Unter Benlitzung eines Normalschnittes, \velcher den Sacco in anliegender Form darstellt, ist es nicht schwierig, den Anspriichen der Mode nachzukommen, wenn man sich gewisse Grundsiitze vor Augen liiilt. Die Konstruktion des Grundrisses (Fig. 32) ist bis zur Taillen- ^ linie mit dem Taillensclinitte grundsiitzlich gleich. Weil aher der ^ J " > " Sacco auch den Unterleib bedeckt, der Schofi dalier mit den Ober- teilen aus einem Stticke besteht, ist bei Ivonstruktionen des Sacco nicht nur die Bauart des Oberkorpers, sondern auch die Form oder die Haltung des Unterleibes zu beachten. Grundsatzlich gilt dasselbe, \vas ich bei Konstruktion von SchiiBen erkliirt habe. Personen mit starkem oder herausgedriicktem Gesiifi, zuriick- gebogene Haltung benbtigen melir; Personen mit flachem oder vorgedriicktem Gesiifi, vorgebogene Haltung, und Dickbiiuche weniger Weite am Gesafie. Der Kiickenteil wird beim Sacco sowohl mit Rtickennaht als auch im Bruclie geschnitten. In beiden Filllen ist eine entsprechende Behandlung desselben er- forderlich. Der Ruckenteil ist an der Schulterstelle bei Punkt d und an dem iiuBeren Ende der Achsel maBig voli zu halten, in der Weichgegend jedoch et\vas auszudehnen. Als Itegel kann gelten, dafi die geringste Breite des Riicken- teiles im Schlusse 1 la ' x ', die grofite Breite aber 2 / 3 * betragen kann. Das MaB der Untenveite kommt bei meinen Konstruktionen nach riickvviirts gar nicht in Betracht, weil nicht die Breite des Sacco im Schlusse, sondern seine Weite iiber dem Gesafie das MaBgebende ist. Die Seitenkontur des Vorderteiles ist mit Zuhilfenahme einer Richtungslinie zu konstruieren, welche auf nachstehendem Grundsatze beruht. Die Breite eines normalen Kdrpers iiber das Gesiifi, zirka 15 cm unter der Taillenlinie, Punkt P, ist mit der Obervveite annahernd gleich. Daraus folgt, dafi ein jeder iiber das Gesafi hinunter verliingerte Rockschnitt iiber das Gesiifi zumindest dieselbe Weite haben mufi als iiber die Brust (siehe Punkte P — T). Wir kbnnen also dem Rticken jede beliebige Breite geben, nur mufi sich die Richtungslinie des Vorder¬ teiles mit der Kontur des Ruckenteiles am Gesafie entsprechend kreuzen. Da von der richtigen Ausfuhrung beider Seitenkonturen der gute Sitz des Itockes am Riicken abhlingig ist, werde ich in folgenden Kapiteln noch darauf zuriickkommen. Der Lernende \volle nun diesen Saccoschnitt in natiirlicher Griifie, unter Beobaehtung der Fig. 32 und 33 und mit Beniitzung der Normalmafie 48 cm Obenveite, 42 cm Untenveite und 45 cm Riickenlange, aufstellen'. 43 O — O i — Mafi der Oberweite (48j O — O 2 — 1 * (24) O-g = 1 * (24) B —A ----- halbe Riickenliinge (22 1 / s ) B~C = » » (22 1 /a) A—Ai= 7a A-B (ll 1 /«) -A —m = 74 + 1 (7) 772 —M = 1 72 C/22 Al -N = 74 + 2 (20) P-J8 = 7 2 +2 (14) Os—El = 74 ( 6 ) J? = 7s (8) Os —Z/ = Ai — Li (57 4 ) = 7s (8) /—L = Al—.N ( 20 ) A 1 -G = 1 * (24) E 2 —J = 7a Unterweite mit Zugabe von 4 0222 (25). Der Abschnitt des Riickenteiles, Punkt TV/, ist 4 c /22 ober der Brustlinie. Die Breite des Riickenteiles im Schlusse, Punkt Ci, bezeichne mit 1 / 2 * (12 c/ 22 ). Nachdem ali e Stellpunkte auf den betreffenden Linien eingestellt wurden, 2e ichne zuerst nach Fig. 32 die Seitenkontur des Riickenteiles in schonem Bogen vom Puri k te Ni aus liber Ci und R bis zur beliebigen Lange, hier A — F 75 cm. ^'in lege das Linčal an der Brustlinie, Punkt d, umnittelbar an die Rttcken- eilkontur an und ziehe von dort die Richtungslinic 15 c /22 unter der Taillen- linie, Punkt R, liber die Kontur des Riickenteiles. Bie weitere Ausfiihrung der Konturen zeigt Fig 33. Falls der Riickenteil Iln ganzen geschnitten werden soli, gilt als Riickennalit die urspriinglichc Riickenlinie. Will man den Riickenteil mit Nalit konstruieren, so schweife man dasselbe in der Taille 172 c/ 22 . Bie gleiche Schweifung kann man auch bei der Seitennaht und beim Hiiftenausschnitt konstruieren, wodurch ein anliegender bnck hergestellt wird. Durch entsprechende Verminderungen dieser Ausschnitte stellen vir einen halbanliegenden oder auch ganz geraden Sacco her. Ber einreihige Fberscblag ist der Brustkante zuzugeben, wozu in der Hegel 4 cm geniigen. Bei diinnen Stoffen, oder wenn knappere Breite gewiinscht w *rd, reicht auch ein Fberschlag von 3 cm aus. Ber vordere Abstich des Sacco sowie die Fasson und Tiefe des Umfalles lst Sache der Mode und des Gesc.hmackes. Falls derselbe vorne ganz gerade sein S °H, ist die Verlangerung nach unten mit Anlage des Winkels an die Taillenlinie Zu ziehen (siehe Fig. 32). Als Modeli behufs Anlage auf den Stoli' schneide man den Vorderteil im ganzen aus. Bas am Riickenmodell vom Punkte R herunter fehlende Stilck ' v ird dann beim Zeichnen auf dem Štolfe direkt ersetzt. VVill man aus diesem anliegenden Modeli einen etwas weiteren oder riick- "arts ganz geraden Sacco herstellen, so schneide man den Riickenteil vom Konsi rukt i nus-Regel fiir (las Sacco. 3* 44 Armloche herunter 2 bis 3 cm breiter als das Modeli, nehme aber dnfiir vom Vorderteile nichts weg, da eine groBere Breite im Schlusse auch eine solche iiber das Gesiifi bedingt. Bei Konstruktion von Sacco-Modellen ist eine Zuzeichnung des Uberschlages ebenso tiberfliissig als bei den Taillenmodellen. Man schneide das Modeli daher nur bis zur Brustkontur, wie dies in Fig. 32 an den Punkten L, G, J mit gebroehener Linie bezeichnet ist, und lege dasselbe von der Stoffkante so weit zuriick, als die Breite des Uberschlages sein soli. Uberschlag und Fasson sind sodann direkt auf den Stoff zu zeichnen. I)as gleiche gilt auch fiir Paletot-Modelle. Zum leichteren Verstandnis ist der Schnitt Fig. 33 nach beigesetzten MaBen mit Bezeichnung der sieh aus den MaBen ergebenden Zahlen ausgefiihrt. Die Lage und Breite der Taschen ist aus der Zeiehnung ersichtlich. XIX. Kapitel. Die Konstruktion des zweireihig*en Sacco und der Uberrocke. Dargestellt auf Tafel G, Fig. 39 und 40. Der zweireihige Sacco, welchem man einen Uberschlag von 8 bis 10 cm gibt (Fig. 39), wird fiir alle Groben nach den im vorigen Kapitel angefiihrten Teilungen der HauptmaBe konstruiert. Um zu zeigen, welche Zugaben zu diesen MaBen notvvendig sind, um einen Uberrock (Uberzieher, Winterrock nsw.) herzustellen, ist sowohl der Sacco wie der daneben gezeichnete Uberrock (Fig. 40) mit Bentitzung der MaBe des Normalschnittes hergestellt. Der Lernende ersiebt daraus am deutlichsten, wie grofi die enviihnten Zugaben sind, welche ebenso wie diesen auch beliebigen anderen Hauptmafien zuzugeben sind. Der Riickenteil des Sacco (Fig. 39) ist hier in der Taille mit einer Breite von 14 cm (= 1 / s -|- 2) ausgefiihrt, wobei noch angenommen wird, dafi die Gesafiweite etwas stiirker ist als normal. Die Richtungslinie der Seitennaht \vird in solchem Falle bei Punkt R um 1 bis 2 cm liber die Kontur des Riickenteiles gefiihrt, \vodurch der Rock iiber das Gesafi breiter wird. Die gebrochenen Linien, vom Punkte F zu der unteren vorderen und hin- teren Spitze des Vorderteiles laufend, zeigen, wie man die normale vordere Liinge des Sacco durch Gleichstellung der vorderen mit der riick\vartigen Lange konstruieren kanu, falls man es nicht vorzieht, die notwendige Verlangerung vom Punkte V hinunter einzustellen. Zur Konstruktion eines jeden Uberrockes dienen uns die gleicheu iiher das Gilet genommenen HauptmaBe, welchen wir die notigen Zugaben in der Breite und Hohe geben, da der Uberrock den unteren Rock vollstkndig be- decken soli. 45 Die Zugaben konnen je naeh der Dicke des Stoffes oder der beabsichtigten Unterfiitterung des Kockes 2 bis 4 cm betragen. Hier ist das Mittel von 3 cm angewendet, was selbst fiir den gewbhnlichen Winterrock gcniigt. Auf der Grundlinie werden dalier statt 48 cm 51 cm eingestellt und die Mittellinie bei 25 x /a gezogen. Um eine liingere Achselpartie zn erhalten, stelle fiir die Brustlinie vom Punkte O bis g statt 24 cm 25 l f 2 cm cin. Das MaB der Riickenlange benotigt aueh eine Zugabe. Nehme daher statt 45 cm 48 cm an und stelle davon die Uidite oder 24 cm von B bis A, 24 cm aber von B bis C ein. Die obere Breite des Riickenteiles von A nach m soli gleichfalls um 1 cm breiter sein. Stelle daher diese Breite statt mit 1 / 4 -|- 1 mit 1 /s ein. Dem Malic der Rtickenbreite ist 1 bis 1 1 / 2 cm zuzugeben, hier also statt 20 cm 21 1 / a cm. Die Vortrittslinie ist um 1 cm mehr nach vor zu stellen, also mit 1 / 4 —|— 1 cm, und die Halsspitze vom Punkte El bis F um 1 1 / 2 cm mehr an den Ilals, daher x / 3 -j- 1 1 / 2 ■ Die grbBere Breite von /— L ergibt sich aus der groBeren Rtickenbreite. Von E—G ist die Brustkontur um 1 cm breiter zu stellen, statt 24 cm daher 25 cm. Das gleiche geschieht bei der Unterweite, welche statt mit 1 / 2 -j-- 4 mit V a -j- 5 eingestellt wird, hier daher 21 —)- 5 macht 26 cm. Die geringste Breite des Riickenteiles in der Taille beim anliegenden Uberrocke ist mit 2 /'a hier also mit 16 cm, einzustellen; am GesaB von P — R 1 bis 2 cm mehr. Die Richtungslinie fiir die Seitennaht des Vorderteiles ist um 1 bis 2 cm liber die Kontur der Riickenteilnaht zu ziehen, wodurch der Vorderteil auch liber das GesaB die nbtige groBere Weite erhalt. Der Abschnitt der Teile bei Punkt Ni im Armloche ist in der Regel 4 cm ober der Brustlinie auszufuhren, kann aber auch etwas tiefer sein. Wie aus dieser Erklarung ersichtlich ist, wird bei Uberrocken das auf der Grundlinie um 3 cm groBer eingestellte MaB der Oberveite fiir den ver- breiterten Riicken, grofieres Armloch und breitere Brust ver\vendet. Ebenso sind die beiden Achselpartien in der Hdhe um 1*/a cm langer konstruiert. DaB durch Zugabe von 3 cm zur Riickenlange auch die Taillenlinie um 1 1 / 2 cm tiefer zu liegen kommt, hat einen praktischen Grund und erscheint dadurch auch der Schlufi bei Uberrocken etwas tiefer. Die gleichen Zugaben verwende nun ebenso bei anderen Mafien. Um die Ubersicht der Stellpunkte fiir Uberrocke zu er- leichtern, sind die beziiglichen Regeln in der Fig. 40 ersichtlich gemacht. Die Breite des Ubersehlages ist fiir den einreihigen Uber- zieher mit 6 cm, fiir den einreihigen Winterrock mit 8 cm, fiir zweireihige Uberrocke aber mit 10 bis 12 cm einzustellen. Alles iibrige ist aus der Zeichnung ersichtlich. Es ist wichtig, daB bei Uberrocken die Taschen in die Hchtige IRilie kommen. Dies tretfen vir dadurch, daB vir das MaB der Rtickenbreite auf der Achselspitze, Punkt F, abbrechen und das MaB der Armellange fiir die Tiefe der unteren Ta¬ schen bestimmen, vas in der Figur mit gebrochener Linic an- gedeutet ist. Normale Lage 10 cm unter dem SchluB. Winterrock. Uberzieher. 46 Um den gebrauchlichen Schlitz am Rlickenteile zu konstruieren, lege das Riickenteilmodell so an den Stoti', dali sich fiir diesen Zweck nach unten zu 3 bis 4 cm Raum ergibt. Da sich die Seitenniihte (Konturen) beider Teile am Gesiifie kreuzen, ist es selbstverstandlich nicht raoglich, beide Konturen im Modelle zu erhalten, falls man das Papier nicht anstiickeln will. Schneide daher das Modeli so auseinander, wie dies fiir den Sacco erkliirt \vurde. Ebenso geniigt im Modelle die Lange bis zum GeskBpunkte P — R, da die Verlangerung nach unten direkt auf den Stoti gezeichnet werden kann. Die gebrochene Linie bedeutet eine Gloekenform des Rockes. Ebenso iiberflussig vitre es, den Modellen die Uberschliige zuzugeben. Schneide daher auch die Uberrockmodelle stets an der Brustkontur ab und lege dieselben im rechten Winkel nach der Taillenlinie um so viel von der Stoffkante entfernt an, als es die geiviinschte Breite des Uberschlages erfordert. Zeiclme die Brustkontur auf dem Stolle an und fiihre erst dann die liier gezeichneten Vorder- kanten des Uberschlages und die Form der Fasson auf dem Stolle selbst aus. XX. Kapitel. Darstellung 1 der Richtungslinie fiir den Vorderteil. (Siehe Tafel 6, Fig. 41.) Wie ich bereits ervvahnt habe, ist eine richtige Ausfiihrung der Seitennaht bei den Vorderteilen des Sacco und bei allen Uberrocken unbedingt nbtig, wenn man einen korrekten Sitz des Rockes am Rttcken konstruieren will. So lange wir Riicken- und Vorderteil in einem zeichnen, sind diesbeztigliche Fehler fast, ausgeschlossen. Wollen \vir jedoch diese Teile jedes fiir sich aufstelleu, so ist nachfolgendes zu beachten: Die Richtungslinie lauft in Fig. 41 iiber die Punkte d und K herunter. Von der richtigen Einstellung dieser z\vei Punkte hiingt daher die Konstruktion der Seitennaht ab. Als Grundsatz fiir Einstellung dieser Punkte gilt folgendes: Bei separater Konstruktion vini fiir den Sacco vom Punkte E bis d 1 /'V * -7- 1 cm eingestellt. Fiir gevohnliche Uberrocke betriigt aber diese Strecke E—d Va Punkt K \vird vom Punkte E 2 aus eingestellt, in der Regel mit einem um 3 cm grdfiereii Betrage als E — d, VVenn wir also fiir einen Sacco von 48 cm Obenveite von E — d 11 cm einstellen, so miissen wir von E 2 — K 14 cm einstellen. Fiir Uberrocke E—d 12 cm, fiir E 2 - K also 15 cm. Je mehr wir aber fiir Punkt K zugeben, desto veiter wird der Rock iiber das GesiiB, Punkt P, und nach unten zu. Fiir stiirkeres GesiiB ist daher die Zu- gabe um Va bis 1 cm zu vergrofiern. Diese Verbreiterung kann auch dem Riicken- teile zugegeben verden, welcher daher vom Schulterpunkte hinunter breiter ge¬ zeichnet werden kann. 47 Ober der Brustlinie, d. h. vom Punkte d aus nach oben, muB die Kontur um miiiflestens 1 / 2 cm nach inueii gesclnveift iverden, damit sich im Armloche ein guter Anschlufi ergibt. Will man keinen Seiteneinschnitt inachen, so geniigt. fur die Einstellung von E bis d V s * -j- 2, oder man zeichnet von der nor¬ malen Breite, ivie die gebrochene Linie andeutet, einfach 1 cm iveg. Das gleiche gilt ftir sch\vache Schulter. DaB die Armlochspitze bei der Arbeit nicht ver- zogcn iverden darf, ist ivohl jedem Schneider ebenso bekannt, wie das bei einer schleehten Konstruktion notivendige Einriieken dieser Spitze. Dieses Einriicken bat sirli in der Schneiderei bereits so eingelebt, daB man glaubt, ohne demselben gar nicht auskommen zu konnen. Wer sich nach meinen Regeln halt, kann diesem Fehler durcli eine vorherige richtige Konstruktion der Seitennaht zumeist aus- weichen. Aus dieser Darstellung, welche zugleich eine Erganzung meiner Methode zum Zivecke der Schnittaufstellung direkt auf den Stoff bildet, ersieht der Lernende auch, daB die iibrigen Stellpunkte von den gleichen Linien aus ein- gestellt iverden, wie bei der zusammengesetzten Aufstellung. Wer sich iiber diese Art der Schnittaufstellung noch naher belehren will, dem empfehle ich zu diesem Zivecke mein Werkchen < Schuittvorlagen • mit Konstruktionstabellen tur Slannerkleider. Erganzungsheft zum Werke «Die Zu- schneidekunst*. XXI. Kapitel. Konstruktion des Sacco und der Uberrocke ftir dicke Personen. Dargestellt auf Tafel 7, Fig. 51 und 52. Bei dieser Konstruktion iverden die gleichen (frundsatze angewendet, vvelche icli fiir die Konstruktion von Taillenrdcken fiir dicke Personen erkliirt liabe, \veshalb ich, um die unnotigen Wiederholungen zu vermeiden, auf die be- ziiglichen Ausfiihrungen venveise. Der MaBsatz fiir diese beiden als Beispiel angefiihrten Figuren ist: Obenveite 52, Untenveite 54, Riickenlange 45. Einheit daher 26 cm, Vs davon 8 2 / :j , 1 U 6 V 2 cm. ličim Sacco, Eig. 51, ist bei der Einstellung der Brustlinie von O bis g 1 / a cm von der Einheit 26 abzubrechen. Die Teilung der Riickenlange ist, wie immer, von der Riickenmitte Punkt B zur Ilalfte. Fiir anliegende Ročke ist bei dicken t‘ersonen der Riickenteil im Sehlus$„e bis nach unten, wie die gebrochene Linie zeigt, bis zu 2 cm zu verengen und somit die beliebige Breite von P — R, bier 1 /a —(- 2 = 15 cm, von der Riickennaht aus einzustellen. Der Bauchpunkt ist mit V 2 Untenveite -f 5 cm, hier 32 cm, eingestellt. Eine schiefe Tasche kann vom Durchschnittspunkte (X) aus 10 bis 12 und etwa nach vor und 3 cm unter der Taillenlinie eingeschnitten iverden. 48 Der Uberrock, Fig. 52, hat in der Breite und Lange eine Zugabe von je d cm. Die Grundlinie miBt daher statt 52 55 cm, die Riickenlange statt 45 48 cm. Letzterer Betrag ist vom Rtickenpunkte B nach oben und nach unten je zur Halfte, hier 24 cm, einzustellen. Der berechneten Armlochtiefe, bier 25Va cm, ist fiir Uberriicke U /2 cm zuzugeben; O —g daher (hier) 27 cm. Ftir die Rtickennaht gilt das gleiche wie beim Sacco, falls der Uberrock riick- warts nicht weit sein soli. Der senkrechte Tascheneinschnitt ist 8 cm vom Durchschnittspunkte und 2 cm ober die Taillenlinie ausgeftihrt. Brustpunkt E— G 1 * -|- 1 = 27 cm. Bauchpunkt E' 2 —J — 1 / g Unterweite —j— 6 = 33 cm. Ruckenteilbreite am Gesafi 2 / 3 -|- 2 = 19'/3 cm. Die Halsspitze ist fiir den Sacco in der Regel mit 1 / a -f- 1, bei dickem und niederem Ilalse auch mit i U -f- 2 einzustellen. Fiir Uberriicke dementsprechend 1 cm mehr; mithin V 3 * Alles iibrige ist aus den Zeichnungen ersichtlich. XXII. Kapitel. Konstruktion der Uniformblusen. Dargestellt auf Tafel 7, Fig 53. Im Gegensatze zu einer wirklichen (mit Zugband ge- schlossenen) Bluse zeigen die gebrauchlichen Uniformblusen die Form eines prefi anliegenden Sacco. Die Konstruktion ist daher grundsatzlich die gleiche. Ublich ist es aber, bei allen Uniformen die Achselnaht hoher zu verlegen. Teile daher die entstehende Riickenhbhe in Drittel und messe von A nach Al 1 / 3 derselben, hier 7 1 I 2 cm, fiir die Rtickenlinie. Der gleiche Betrag gilt bei solchen Konstruktionen fiir die Einstellung der Achselsenkung des Vorderteiles. Die Achsel- rundung ist dami mir ober der Linie auszufiihren. Die Halsspitze des Vorderteiles ist bei allen Stehbrustformen mehr an (len Hals zu stellen und daher normal mit V 3 + 2 cm. Der Halsausschnitt hat die normale Tiefe von 1 / 3 *, kanil aber fiir hoheren SchluB auch 1 cm lidher be- lassen werden. Die Breite des Riickenteiles im Schlusse betragt '/a *, an der unteren Kante 1 cm mehr. Da die Bluse auch am GesaBe preB anliegen soli, wird die Seiten- kontur des Vorderteiles am GesaBe, vom Punkte R herab, einfach neben dem Riickenteile gezogen. Bei schlankem Wuehse kann nebst dem Seiteneinschnitte auch eiu Brust- siisson gemacht \verden. Der Uberschlag fiir die linke (Loch-) Seite ist mit 2 cm, jener fiir die rechte (Knopi-) Seite mit 5 bis 6 cm Breite zu zeichnen. Form und Lage der Taschenpatten ist aus der Zeichnung ersichtlich, ebenso der Schnitt des Stehkragens (Fig. 50). 4!» XXIII. Kapitel. Konstruktion des Knaben-Sacco. Dargestellt auf Tafel 7, Fig. 54. Gut gebaute Knaben sind zumeist aufrec-hter Korperhaltung, tvelcher auch die Konstruktion Fig. 54 entspricht. Die Aufstellung ist so wie fiir erwachsene Personen. Die Halsspitze des Riiekenteiles ist nur 1 cm tiber die wagrechte Nackenlinie zu stcllen und jene des Vorderteiles mit V 3 1 einzustellen. Auch kann der Vorderteil an der Seite 1 cm enger gemacht werden. Diese Form ist ziveireihig mit geschlossener Brust, Durch Veranderung dervorderen Front konnen aber auch andere Formen hergestellt werden. Die Kombination spezieller Kosttim- Modelle zur Anfertigung einzelner Stiicke nach MaC lohnt sich aber dem Sc.hneider nicht mehr, da die Konfektion durch fabriksmaliige Herstellung von Knaben- kostiimen dieses spezielle Genre vollends an sich gerissen hat. Als Grundlage fiir den Schnitt geniigt aber im Bedarfsfalle unsere Kon¬ struktion. XXIV. Kapitel. Konstruktion der Schnitte fiir abnormalen Korperban. Dargestellt auf Tafel 6, Fig. 42 umi 43 , und Tafel 7, Fig. 44 bis 46. Bereits im X. Kapitel tvurden die am haufigsten vorkommenden abnormalen Korperhaltungen erlautert. Damit. ist aber dieses Thema keinestvegs abgeschlossen. K cin Kiirper ist dem anderen vollkommcn gleich. Und \venn wir auch fiir Hunderte von verschiedenen Bersonen bereits Schnitte konstruiert liaben, so kommt uns immer tvieder eine Bauart vor, \velche alle unsere Theorien und Kenntnisse von Korperformen in Frage stellt. In solchen Fallen muh der Praktiker bestrebt sein, den Schnitt zumindest in der Ilauptsache korrekt zu treffen. Eine ktinstliche Ausgleichung und Uber- briickung vieler Wuehsfehler kann aber selbst der routinierte Fachmann erst durch Anproben» zustande bringen. Es wird nicht iibertlussig sein und zum Verstandnis unseres Schnittsvstems \vesentlich beitragen, wenn ich den Begrift •normaler Schnitt», wie derselbe in der Fachwelt zumeist verstanden wird, vor- erst festsetze. Schlielien ja doch manche Autoren und Schulen ihren Lehrgang damit ab, ohne das Unzureichende. ihres Systems fiir die Praxis einzusehen. Der sogenannte «Normalschnitt» basiert namlich auf dem Grundsatze, dati das Mali der Obenveite in einem bestimmten Verhaltnis zu jenem der Riickenlange steht Es wird angenommen, dati die Kiickenliinge anniihernd 3 cm geringer ist als das Mali der jeweiligen Oberweite, z. B. bei 48 cm Obenveite 45 cm Riicken¬ lange. Dieser Grundsatz ist wohl anwendbar fiir die normale Statur, geht aber 50 sofort in Briiche, venn der Korper dick \vird. Ebensovenig stimmt jene Regel bei abnormni groben oder kleinen Staturen. Wenn einc Pcrson mit einer Riickcn- liinge von 45 cm eine Obenveite von 60 cm erhalt, so ist dic Differenz zwischen den beiden MaBen nicht mehr d, sondern 15 cm. StaturenUnit 50 bis 54 cm Obenveite und 40 bis 44 cm Riickenlange sind nicht selten. Audi komint >es vor, daB das MaB der Riickenlange jenes der Ober- weite iibersteigt, z. R. Obenveite 46 cm, Riickenlange 48 cm; mitliin ist letztere nicht geringer, sondern grofier als die Oberweite. Schon diese Beispiele, \velche uns die Praviš selbst- \veiter erganzt, zeigen, wie unvollkommen die Normalsysteme, Schemaberechnungen und andere mecha- nische Zuschnittbehelfe sind. Freilich wird dabei auf Erganzungsmafie verviesen, welche aber nur der Praktiker annahernd richtig treffen kanu. Ich wilI im nachfolgenden die Schnitte tur einige hiiutig vorkommende ab- normale Kbrperbauarten darstellen und zeigen, vas wir bei Beniitzung der Haupt- maBe mit logischer Anvendung unserer Theorie erreichen konnen; rveiters aber auch, vas uns in vielen Fiillen das Auge allein zu bieten imstande ist. a) Fiir abnormal kleine Statur (kurzgedrung-ener Wuclis). Tafel 6, Fig. 42. Um ein deutlicheres Bild der Konstruktion fiir eine abnormal kleine Statur zu geben, babe ich hier einen krassen Fali als Beispiel angefiihrt. Fig. 44 stellt die Konstruktion der oberen Schnittpartie fiir eine Person vor, deren Obenveite 50 cm betriigt, vvahrend die Riickenlange nur 40 cm miBt. Solche kleine Staturen sind zumeist aufrecht und dick. VVenn wir nun sehen, daB eine solche auBergevohnlich kleine Person eine gerade Kdrperhaltung hat, so folgt nach unserer Theorie daraus, daB die Ualsspitzen des Schnittes M und F in ihrer Hbhenlage nicht viel voneinander abweichen diirfen. Wir konstruieren daher diesen Schnitt folgend: Vorerst ziehen wir wie ge\vohnlich die Grundlinie und stellen auf derselben von O bis zur Mitte 25 und bis Oi 50 cm cin. Nun stellen vir von O hinab fiir die Brustlinie (Armtiefe) wie normal 1 * = 25 cm und ziehen die Brustlinie. Vom Punkte B nach aufwiirts stellen v ir vieder, \vie normal, die halbe Riickenlange, hier 20 cm, fiir Punkt A ein und erhdhen die Spitze M vic gewdhnlich. Nun sehen vir, daB die Halsspitze um ein bedeutendes, hier 3Va unter die Krundlinie zu liegen kommt. WUrden vir nun die Stellpunkte fiir den Vorderteil an der Grundlinie konstruieren, so erhielten vir eine bedeutend liingere Vorderpartie, velche hochstens einer auBergevbhnlich zuriiekgebogenen Person angemessen vare. I)a vir aber eine gerade Kdrperhaltung annehmen, so dient uns die Hblie der nach Mali konstniierteii Riickenpartie zur Grund- lage der Berichtigung der Vorderpartie. Zielie also in solchen Fiillen 1 cm tiber der bereits eingezeichneten Spitze M eine nene (hier mit gebrochener Linie gezeichnete) vvagrechte Linic und beniitze statt der oberen zuerst gezogenen Grundlinie diese neue tiefer gelegte Linie zur Konstruktion der Stellpunkte des Vorderteiles. 51 b) Fiir abnormal grofie Statur (hochaulgescliosseiier Wuclis). Tafel 6, Fig. 4B. Hier sehen vir das gerade Gegenteil der vorigen Konstruktion. Wir nehmen den Fali an, dab eine Person bei einer Obenveite von 41 cm eine Riickenlange von 46 cm hatte. In der Praxis kamen mir liagere und grobe Staturen vor, deren Riickenlange um 4 bis 5 cm grober war als die balbe Obenveite. Da die nicht proportionierte Riickenlange hier nicht aus der vorgebogenen Korperhaltung, sondern aus der Lange der Statur resultiert und eine gerade Korpe'rhaltung vorausgesetzt ist, so vitre dieser Schnitt nachfolgend zu konstruieren: Ziehe die Grundlinie und stelle von O aus die Obenveite 44 cm und die Hiilfte 22 cm wie gevohnlich ein. Nachdem die drei Senkreehten gezogen sind, stelle von O herunter 22 cm = 1 * wie normal ein und ziehe die Brustlinie. Nun stelle von B fiir A hinauf die halbe Riickenlange, bier also 23 cm, ein. Nachdem die obere Breite des Rtickenteiles und die Spitze M wie normal ge- zeichnet vurde, ziehe etwa V 2 cm unter der Spitze M eine neue (hier mit ge- brochener Linie dargestellte) vagrechte Linic. Stati der urspriinglichen Grund¬ linie beniitze nun diese neue holier liegende Linie zur Konstruktion der Stell- punkte des Vorderteiles. Bei diesem Wuchse kann auch die Armlochkontur in der Armhohle, wie Fig. 43 andeutet, etvas hbher ausgefiihrt verden. Der Lernende sieht an den Fig. 42 und 43, clab uns hier das Mab der Riickenlange jenen Anhaltspunkt fiir diese abnormalen Kbrpergrbben bietet, welche wir sonst nur durch Erganzungsmabe erlangen konnen. Dab \vir aber die neuen Grundlinien nicht unmittelbar von der Hohe des Punktes M gezogen haben, hat nachfolgenden Grund. Kleine und dieke Staturen sind zumeist ein 'venig zuriickgeneigt, aufrecht; grobe und hagere Staturen aber etwas vorgeneigt. Bies beriicksichtigend, liaben vir die Spitze A 1 bei Fig. 42 um eine Kleinigkeit hoher als jene des Rtickenteiles, bei Fig. 43 aber etvvas tiefer als der Rtickenteil konstruiert. Solche Veranderungen geschehen selbstverstandlich nicht immer in so be- deutendem Mabe, es kann sich oft nur um 1 cm handeln. Der Lernende vveib aber jetzt, wie wichtig cin genaues Mab der Riickenlange und die Ivenntnis der Korperhaltungen ist, besondcrs beim .11 angel der Frgiiiizungsmabe. c) Fiir langen Hals oder tiefe (hang-ende) Sclmlter. Tafel 7, Fig. 44. Der lange \vie auch der kurze IJals sind Spezialitiiten fiir sich, doch kommt ersterer zumeist bei groben, letzterer bei kleinen Staturen vor. (Ein Beveis fiir die Proportion des menschlichen Korpers.) In der Praxis sollen vir die abnorme Halsliinge nicht zur Riickenlange messen, sondern uns dies separat anmerken. Zumeist kiinnen diese Abnormitaten dadurch berichtigt verden, dab man fiir den langcn Hals einen hoheren und fiir den niederen einen schmaleren 52 Stehkragen ansetzt. Am Schnitte ist aber die Halsspitze des Ruckenteiles mit 2 cm und jene des Vorderteiles mit Va -j- 1 cm einzustellen. Ein langer Ilals ist zumeist in Verbindung mit tiefen (hangenden) Schultern. Die iibliche Korrektur bestebt fiir diesen Fali in der Unterlage von Watta auf dcn Achselspitzen. Solite dies jedoch nicht gewiinscht werden, so mache der Achselnaht auf dem Ruckenteile keine Erhbhung iiber die Riickenlinie, wodurch auch die Achsel etwas breiter wird. Mit tiefen Schultern ist auch eine grbfiere Armsenkung ver- bunden, schneide daher das Armloch in der Armhohle zu diesem Zwecke etwas tiefer aus. d) Fiir starke Arme. Tafel 7, Fig. 45. Schwer arbeitende Personen, auch Turner u. a., haben oft abnormal starke Arine. Das Armloch bat bei unserer Methode zwar sehon eine ziemliche Weite, da der normale Durchmesser mindestens 1 / a * betragt, doch kommt es vor, dah der Umfang des Armloches fiir einen aufiergevohnlich starken Oberarm zu klein ist. In diesem Falle schneiden \vir nach althergebrachter Gewohnheit das Armloch vorne mehr aus. Damit ist es aber nicht abgetan. Namentlich wenn dies nachtraglich geschieht, kann die Halsstellung des Rockes dadurch ver- dorben werden. Wir miissen daher einen solchen Fali sehon bei der Sclmitt- aufstellung beriicksichtigen, wozu uns auch ein Erganzungsmafi vom Punkte B nach e einen Anhaltspunkt bieten kann. Andernfalls mache aber vor der normalen Vortrittslinie, 1 cm nach vor, eine neue kurze Jlilfslinie (siehe Fig. 45) und zeichne die Armlochkontur 2 cm vor dieser Linic und etwas tiefer aus. Ziehe auch die Achselkontur des Vorder¬ teiles 1V 2 cm ober der Linie, dadurch vird der Armlochumfang grofier. Um den Betrag des groBeren Ausschnittes, hier 1 cm, soli aber auch die Halsspitze, Punkt F, nach vor gestellt wer(len. Dadurch vird das Armloch gerader und kommoder. Bei den Proben sei man jedoch mit dem Armlochausschneiden behutsam. Man ziehe die Trobe gut und korrekt an, so daB das Armloch an seine Stelle kommt und bezeichne einen groBeren Ausstich erst nach voller Uberzeugung von seiner Notvendigkeit. Ein zu stark ausgeschnittenes Armloch ist nicht nur unschon, sondern auch irreparabel, namentlich wenn die Brustpartie nicht zu breit ist. Auch ist mit dem Umstande zu rechnen, daB sich das Armloch beim Tragen ausdehnt und kommoder wird. UnerlaBlich ist auch ein geniigend weiter Armel. e) Fiir hohe Sckulter. Tafel 7, Fig. iti A. Die Senkung der Schulter oder Achsel ist sehr verschieden. Bei unserer Methode konstruieren vir die Senkungen des Ruckenteiles und des Vorderteiles nach einer in der Praxis bewahrten und begriindeten Regel. Unsere Achsel vertragt eine kleine Unterlage gegen den Abhang der Achsel zu, vodurch der Rock ein schoneres Aussehen und besseren Sitz erhiilt. Fiir abnormal hohe 53 Schultern ware aber die normale Scnkung mn 1 bis 2 cm zu erhohen, oder aber, was ricbtiger ist, die Unterlage von Watta zu unterlassen. Aufierdem ist die Aehselspitze des Riickenteiles mit nur 1 cm in die Hohe zu stellen. Bei hoher Schulter ist auch die Seite hoher. Das Armloch soli daher in der Armhohle weniger tief ausgeschnitten werden, wie dies mit der vollen Kontur in Fig. 46 ausgefiihrt ist. Zum Zwecke dej' Konstatierung der Achselhohe \verden vielseitig auch gevisse Messungen einpfohlen. Wenn hiezu cin Giirtel angewendet und die horizontale Brustlinie dadurch bestimmt wird, kann cin Schulterhbhenmafi schliefilich etwas niitzen. Besser ist es jedoch stets, wenn die Achsel nicht stramm anliegt, sondern dem Arme einen kleinen Spielraum liach aufwarts gestattet. Wenn der Rock sonst richtig behandelt ist und eine entsprechende Unterlage hat, wenn tiberdies die Armelkugel die geniigende Hohe besitzt, so vird der Sitz desselben nicht nur schdn, sondern auch angenehm tur dessen Trager sein. f) Ungleichheit der Korperhalften. Tafel 7, Fig. 46 B. Es bleibt mir noch iibrig, iiber die Ungleichheit beider Korperhalften das Notwendigo zu erklaren und somit zu zeigen, wie schliefilich auch die Wissen- schaft zu jcnen Resultaten gekommen ist, welche wir Schneider in unserer Praxis schon langst bemerkt hatten, von deren Wahrheit aber die Kunden selbst sich nur selten uberzeugen liefien. Wie oft wird dem Schneider vorgehalten, er hiitte beide Armlocher nicht gleich ausgeschnitten, einen Arrnel oder ein Beinteil ktirzer gemacht als das z\veite. Nachfolgende Untersuchungen des Professors Dr. (1. Hasse, geheimer Medizinalrat und Direktor der kon. Anatomie in Breslau, veroffentlicht in der Zeitschrift«Moden-Akademie* des Dir. Albert Thiel in Leipzig, geben dariiber jedermann den genauesten Aufschlufi. Gleichheit beider Korperhalften herrscht bei beiden Geschlechtern nur et\va bis zum 13. Lebensjahre. Die Untersuchungen, \velche an envachsenen Personen, soivohl an Frauen \vie an iiber 50110 normal gebauten Soldate«, vorgenommen ivurden, hatten nachstehendes Resultat: «Diese Untersuchungen ergaben, dah der redite Arin, wahrscheinlich infolge der starkeren Inanspruchnahme desselben, in 73% der Falle, der linke dagegen nur in 9% der Falle langer ist. Gleiche Annlangen ergaben sich bei 18%. Der Langenunterschied betrug bis zu 3 cm. Ferner zeigt sich, dah nur 32% gleiche Beinliingen haben. Bei 52% ist das linke, bei 16% das rechte Bein langer. Der Unterschied betragt bis zu 2 cm. Diese ungleiche Beinliinge ist durch einen regelrechten Schiefstand des Beckens bedingt, insofern die linke Beckenhalfte und damit auch der hinten gelegene hochste Punkt desselben hoher stelit als rechts. Dieses Verhaltnis hangt dann wieder mit einer seitlichen Aus- biegung der Wirbelsaule nach rechts hin zusammen. Die umgekehrten Verhiilt- nisse, hohere rechte Beckenhalfte und liingeres rechtes Bein, erscheinen bei einer Ausbiegung der Brustivirbelsiiule nach links. Diese Abweichung der 54 VVirbelsanle nach der Seite hat dann die weitere Folge, dafi die redite Schulter hdher steht als die linke. Das TJmgekehrte findet statt, wenn die Wirbelsaule nacli rechts abiveicht. Audi Mer betriigt der UnterscMed bis zu 2 cm. Dazu kommt dann noch, dali die redite Brusthiilfte bei Er\vachsenen in jedem Falle breiter und iveiter ist als die linke, so dafi audi die Arine ungleiche Abstiinde von der Mittellinie zeigen mtissen. Auch liier betragt der UnterscMed bis zu 2 cm. Fin gleiches ist, wenn auch in einem geringeren Grade, ftir die beiden Becken- halften zu verzeichnen, \vie es ja auch seit langem bekanut ist, dali der Umfang des rechten Armes und des rechten Beines grofi er als der des linken ist. » Abgesehen von allem iibrigen ist die Tatsache bemerkenswert, dafi die rechte Schulter zumeist tiefer ist als die linke. Es empfiehlt sicli daher, die Schulterhbhen schon beim Mafinehmen zu beachton und den Schnitt vor der An- probe richtig zu stellen, da hiebei der Kragenansatz tangiert wird. Die Korrektur geschieht, wie auf Fig. 46 B mit gebrochener Kontur dargestellt ist, am Vorder- teile, indem fiir die tiefere Seite die ITalsspitze melir nach vor (an den Hals) zu stellen, die Achsel zu kiirzen und dementsprechend das Armloch tiefer aus- zuschneiden ist. Die \veiteren Schlufifolgerungen aus der Tatsache der Ungleich- heit der Korperhalften zu ziehen, bleibe der Praxis des Fachmannes tiberlassen. Fine Anleitung zur Schnittaufstellung fiir sonstige Wuchsfehler hiitte nur geringen praktischen Wert. Man mufi sicli da zum Teile mit der Theorie und mit Erganzungsmafien helfen, im iibrigen aber (lurch Aiiprohen. Als Grundsatz golte, dafi die starkere Korperseite die Grundlage des Schnittes und der Messung bilden mufi und dafi die Abuormitaten so\veit als moglich durch Unterlagen, Polsterungen usw. ausgeglichen und dem Normalen konform gebracht werden sollen. Im iiufiersten Falle bleibt nichts iibrig, als die Anfertigung von Proben aus Leimvand und Iiegelung derselben am Kbrper vor dem Zuschnitte des Stoffes. XXV. Kapitel. Darstellung' der Kragenschnitte. (Sielie Tafel 7, Fig. 47 bis 49.) Der gute Sitz eines Rockkragens ist nicht nur von der Schnittform, sondern auch von der entsprechenden »Behandlung* abhangig, wobei immer die Haltung oder Bauart des Kbrpers zu berucksichtigen ist. Dabei kommt das Verstiindnis und die technische Fertigkeit des Arbeiters in erster Linic zur Geltung. Letztere kann aber ebenso wie die Behandlung der Fasson nur durch die Praxis ge\vonnen Averden. Fig. 47 zeigt die Grundform eines zum »Umfalle* bestimmten Kragens, Avelcher nacli dem Halsloche zu zeichnen ist. Nachdem die Tiefe des Umfalles (Fasson) bestimmt ist, ziehe man, ‘/s bis 1 cm von der Halsspitze des Roekmodelles entfernt, die Bruchlinie der Fasson. Die Ansatzkontur des Kragens ivird sodann nach dem Halsloche so gezeiehnet, dafi sie unter der Achselspitze annahernd 2 1 / 2 cm tiefer kommt. Die Mittelnaht des Kragens soli unbedingt mit Anlage des Winkels an die Ansatzkontur gezogen 'verden. Der Stehkrageri liat eine normale Breite von 3 cm. Der Zug des Kragens teCt sich genau erst nach erfolgter Behandlung, welche ihm die ndtige Form des Sitzes am Halse gibt, bestimmen. Bei tiefem Umfallo ist daher auch vorne ein entsprechender Abstich der Grundform notwendig. Fig. 48 urni 49 sind Vorlagen fiir direkte Zeichnung von Kragenmodellen. XXVI. Kapitel. Die Konstruktion der Grilets. Dargestellt auf Tafel B, Fig. 34 bi s 38 und auf Tafel 11, Fig. 91. Modelle fiir Gilets kiinnen ebenso wie jene fiir Ročke in einem konstruiert iverden. Da man jedocli Vorderteil und Riickenteil separat und auch direkt auf den Stoff ebenso sicher zeichnen kann, vvflhle ich z ur Erkliirung die letztere Aufstellungsart. Fig. 34, Vorderteil, und Fig. 35, Riickenteil, sind die Grundlagen fiir gerade (normale) Kbrperhaltung. Mafisatz 48 Obenveite, 42 Untenveite, 45 Riickenliinge. 24 *. Vs = 8 , V 4 =6 cm. Fiir das (filet wird der Vorderteil zuerst gezeichnet. Zielie, wie Fig. 34 zeigt, die senkrechte Mittellinie des Kbrpers 02 — H und die Wagrechte O 2 — O , d. h. einen rechten Winkel. Stelle dann von O 2 — O 1 *, hier 24 cm, und zielie die vordere Senkrechte. Stelle nun die Liingenpunkte ein. Von O 2 herab fiir die Achselsenkung 4 cm; fiir die Brustlinie, Punkt D, 1 *, hier 24 cm. Vom Punkte D herab die lialbe Riickenliinge (Seitenliinge des Kbrpers, hier 22 1 / 2 cm), Punkt H. Nachdem Brust- nnd Taillenlinie gezogen wurden, stelle die Breitenpunkte ein. Von O 2 — Ei fiir die Vortrittslinie V 4 , hier 6 cm. Von El fiir die Achselspitze F 1 \3 -)- 1 cm, hier 9 cm. A11 der Taillenlinie bei Punkt H ist ein Tailleneinbug von 2 cm zu be- zeichnen und sodann die halbe Untenveite, hier 21 cm, von dort nach vor fiir Punkt J einzustellen. Hier gilt der Grundsatz, dafi bei Gilets der Bauchpunkt J nie innerhalb der vorderen Senkrechten kommen darf. Ist das Mab geringer, so kann bei Punkt H mehr herausgeschnitten oder ein Brusteinschnitt gemacht iverden. Die Giletliinge wird nach Mafi bestimmt. Eine gute Proportion dafiir gibt sich aus der Einstellung einer Verlangerung unter die Taillenlinie von 15 cm vorne vom Punkte J und der Iliilfte davon = 7V2 cm an der Hiifte vom Punkte H aus. Die Formen der Gilets variieren nach Geschmack und Mode, ebenso die vordere Offnung. Fiir ein hochgeschlossenes Gilet, wie solche auch von Geist- lichen getragen iverden, ist die Linic fiir den Halsausschnitt ebenso vi e bei Rocken mit Vs vom Punkte Ei aus herab zu messen. 56 Fiir die Brusterweiterung geniigon 2 cm, fiir den Uberschlag zum ein- reihigen Gilet ebenso 2 cm. Man zeichnet daher die Brustkante des Gilets nach der dargestellten Form einfacli 4 cin iiber die Punkte G und J hinaus. Zweireihigen Gilets wird ein breiterer Uberschlag gegeben, welcher audi an der Brust grofier sein kann als unten, z. B. an der Brustlinie 7 cm, an der Taillenlinie .5 cm iiber die Erweiterung. Fig. 48 zeigt den Vorderteil eines modernen Frackgilets und ist derselbe nach Vorlage zu konstruieren. Da hier der Kragen im Bruche nicht angesetzt werden kann, sondern aufgelegt werden mufi, ist an der Halsspitze ein Betrag von lVa bis 2 cm fiir den Hals zuzugeben. Eine ahnliche Zugabe ist auch fiir andere Gilets dort notwendig, wo es iiblich ist, die Kragen an den Ausschnitt aufzulegen. Die Zeichnung der Konturen ist aus den Vorlagen deutlich zu ersehen. Der Kiickenteil wird in der Regel direkt, auf das Futter gezeichnet. Die Linic A — C (Fig. 35) bildet der Bruch. Von A bis B fiir die Brustlinie sind hier 25 cm und von B bis C 22 V2 cm einzustellen. Die Riickenlinie, Punkt Ai, ist Vs der Riickenhbhe, hier 8V3 cm, von A herab. Die vvagrechten Linien sind vom Bruche (senkrechte Linie) aus zu ziehen. Die Breite am Halse ist 1 U -j- 1 wie beim Ročke. Fiir die bei Gilets notivendige Kommoditat ist im Schlusse ein Betrag von 2 bis 3 cm abzumessen und von dort eine Linie bis nach A zu ziehen. Die Betrage der Mafie 1 / 2 Obenveite, hier 24 cm, und V2 Untenveite, hier 21 cm, sind sodami von der mit X be- zeichneten Linie einzustellen. Die Verlšingerung unter Punkt Ii ist mit jener des Vorderteiles gleich. Die Achselspitze wird mit 1 bis l l / 2 cm eingestellt; die Liinge der Rtickenteilachsel ergibt sich aus jener des Vorderteiles. Fig. 36 und 37 bilden die Grundlage zur Konstruktion des Gilets fiir dicke Personen mit normaler (aufrechter) Korperhaltnng. Der Mafisatz ist 54 Obenveite, 56 Untenveite, 46 Riickenlange. 27 * I / 3 — 9, ‘/ 4 = Q S U cm. Fiir die Einstellung des Punktes D fiir die Brustlinie (Armlochtiefe) gelten die gleichen Grundsatze, wie solche auf Seite 30 fiir dicke Personen erklart wurden. Hier ist daher von O 2 —D nicht der Betrag der vollen *, sondern blofi 26 cm einzustellen. Die Halsspitze ist mit ‘/3 * einzustellen. Der Bauchpunkt J kommt hier, da die halbe Untenveite 28 cm betriigt, iiber die vordere Senkrechte hinaus. Die tibrige Konstruktion des Vorderteiles ist aus der Vorlage ersichtlich- Der notivendige Bauehsiisson ist in den Tascheneinschnitt verlegt. Beim Riickenteile (Fig. 37) ist fiir die Tiefe der Brustlinie von A bis B dei' gleiche Betrag (26 cm) \vie am Vorderteile einzustellen. Im iibrigen ist die Konstruktion mit jener der Fig. 35 grundsiitzlieh gleich. Fig. 91 auf Tafel H zeigt den Schnitt des Vorderteiles fiir ein Gilet ohne Kragen. Die Form desselben ist genau nach Vorschrift fiir die Beamten-Uniformen gezeichnet, kann also fiir denselben Zvveck wie auch als Modegilet venvendet iverden. Es ist selbstverstandlich, dafi beim Zuschnitte der Gilets die Korpar- haltung ebenso \vie bei den Rocken beachtet \verden mufi. Naturgemafi ist aber die Prozedur beim Gilet einfacher als beim Rock. Es handelt sich beim Gilet 57 ebenso wie beim Ročke hauptsachlich um die richtige Verbindung des Vorder- teiles mit dem Riickenteile, d. h. um die richtige Hohe der Halsspitzen beider Teile von den Punkten M und F bis zu den Brustlinien (Punkte D). Die Beachtung nachstehender Regel wird im allgemeinen ausreichen. Fiir Personen mit ge rad er Korperhaltung ist fiir die Lange des Riieken- teiles von A bis B 1 cm mehi* einzustellen, als die Lange des Vorderteiles von 0:> bis 1) betragt Wenn daher die Armtiefenlinie am Vorderteile 24 cm betragt, mufi jene am Riickenteile mindestens 25 cm messen. Fiir Personen mit aufrechter (zuriickgeneigter) Korperhaltung geniigt der gleiche Betrag, z. B. O 2 — D — 24, A — B = 24. Fiir Personen mit vorgeneigter Korperhaltung soli der Riickenteil von A bis B mindestens 2 cm mehr als der Vorderteil von O 2 bis D messen, z. B.Vorder- teil 24, Riickenteil 26 cm. Es ist selbstverstandllch, dati es uns freisteht, statt des Riickenteiles die Brustlange der Vorderteile oder aber beide entsprechend zu veriindern, da die Tiefe des Armloches beim (Filet \veniger in Betracht kommt. Ich bemerke noch, dafi es namentlich boi rundem Riicken und bei dieken Personen vorteilhaft ist, dem Riickenteile, wie aus der Fig. 37 ersichtlich, am Halse einen kleinen Einschnitt, V 2 bis 1 cm grofi, einzunahen, damit ein besserer Anschlufi am Halse erreicht wird. Fiir zuriickgebogene Haltungen soli jedoch der Riickenteil am Nacken flach eingeniiht werden. Die Halsspitzen der Vorderteile fiir Personen mit stark vorgebogener Haltung oder sehr flacher Brust konnen um 1 bis IV 2 cm mehr als in der Regel nach vor gestellt \verden ; dementsprechend ist sodann die Brustpartie flach zu be- handeln. XXVII. Kapitel. Die Konstruktion der Beinkleider. Dargestollt auf Tafel 8, Fig. 56 bis 64, und Tafel 9, Fig. 65 bis 68. Die meisten Methoden fiir den Zusehnitt der Beinkleider beruhen auf praktischer Erfahrung. Man bat zwar versucht, durch Messungen die Beeken und Beinformationen festzustellen. Die Tatsachen aber, dafi ein Beinkleid bei aufrechter Stellung des Kiirpers nicht stramm anliegen darf, wenn es beim Lehen und Sitzen nicht spannen soli, dafi ferner die Konstruktion selbst durch Bearbeitung und die jevveilige Form (Weite) des Beinkleides beeinflufit \vird, raumten den * wissenschaftlichen Hosensystemen» keinen besonderen Rang in der Praxis ein. Ich gehe auch bei Hosenkonstruktionen von einer bestimmten (normalen) Grundlage aus. Man kommt damit in der Praxis fort. Jene abnormalen For- mationen des Unterkdrpers und der Beine, welche beachtet werden sollen, sind am Schlusse dieses Kapitels behandelt. 4 58 Zu einem Beinkleide benbtigen wir folgende MaBe: 1. ) Seitenlange vom Hiiftenknochen bis zum Knie und ganze Lange. 2. ) Schrittliinge vom Spalte bis unten. 3. ) Bundweite. 4. ) Gesafiweite. 5. ) Schenkehveite. 6. ) Knieweite. 7. ) Untere Weite. Die letzten drei MaBe sollen fiir Pantalons nicht den Umfang des Beines, sondern die gewiinschte Weite feststellen. Dureh das Mafi der Gesa6weite kann der Hiiftenabstich festgestellt werden, iiberdies dient dieses Mali als Einheit. zur Einstellung gewisser Stellpunkte. Weil aber der Unterkorper, wie bereits envahnt, beilaufig denselben Umfang bat als der Oberkorper, so kann in Ermangelung dieses MaBes auch das MaC der Obenveite diesem Zwecke dienen. Das Beinkleid kann nach folgenden Regeln direkt aof den Stoff gezeiehnet werden. a) Hosen fiir schlanke Personen. Fig. 55 nnd 56. Als Mafisatz gelten hier: Seitenlange 108, Schrittliinge 83, Bundweite 40, GesaCweite 48. Die sich ans dem MaBe der Gesa(5weite ergebende Teilungs- einheit ist. somit 24 cm, die Halfte davon 12, das Drittel 8 cm. Schenkel, Knie und untere Weit.e nach VVunsch und Mode. I. Vorderhose. Fig. 55. Stelle zuerst an der Stoff kan te die Seitenlange O — a, hier 108 cm, ein, lege aber das Mafiband 1 cm unter dem oberen Stoffrande an, damit. die Seiten¬ lange nach dem Annahen des Bundes und der Einarbeitung an der Hiifte nichts verliert. Die Schrittlange messe von a nach b, hier 83 cm. Die Knielange stelle von O nach C, hier 62 cm, ein. In Ermangelung dieses MaBes kommt die Knielinie 5 cm hdher als die Mitte von a h. Von den bezeichneten Punkten ziehe mit Anlage des \Vinkels an die Stoft- kante wagrechte Linien. Auf der oberen Wagreehten bezeichne den normalen Hiiftenabstich O — d mit 4 cm und stelle von d — g die halbe Bundweite, hier 20 cm, ein. Nun messe auf der unteren Wagrechten von a aus 10 cm fiir Punkt f und 19 cm zum Punkte 1. Verbiride die Punkte g und f mit einer Linie. Dort, \vo sich diese mit der Schrittlinie kreuzt, bezeichne den Punkt i. Lege nun den Winkel beim Punkte i an diese scliriige Linie genau an und ziehe den Schrittvvinkel nach h. Fiir die Sc.hrittspitze stelle von i — h '/s + 1, hier 9 cm, ein. Teile nun die Lange der Schrittspitze in die Halfte, hier 4 1 / 2 cm, und ziehe von dort lierab auf 19 die Itichtungslinie fiir die Schrittnaht. 59 Der normale Abst.ich der Bundkontur g — e kann mit Anlage des VVinkels an die sehrage Linie gezogen werden, wodurch sich die Tiefe beim Punkte e von selbst ergibt. Beim Zeichnen der Konturen ist die Vorlage genau zu beachten. An der Seitennaht geht der Hiiftenabstich annahernd 15 cm tief. Beim Knie ist dieselbe 1 cm nach innen zu schweifen (hohlen). Audi die Schrittnaht soli eine kleine Ilohlung erhalten. Zeichne daher die Kontur beim Punkte 1 1 cm liber die eingestellte Breite, 19 cm, hinaus, so dati dieselbe gegen die Mitte zivischen 1 und k an die gerade Linie trifft. Die Schrittkontur von k—h soli nicht zu viel ausgehohlt werden. Desgleichen jene von h — e. Einen Anhaltspunkt fttr die Zeichnung der letzteren ergibt cin vom Sehrittwinkel, Punkt i, sehrage zu messender Betrag von annahernd 6 cm. Die Vorderhose \vird nun aus dem Stoffe geschnitten. wobei unten noch ein geniigender Umliug zugelassen werden muh. 2. Hinterhose. Fig. 56. Die Konstruktion der Hinterhose geschieht mittelst der Auflage derVorder- liose, welche hier mit gebrochenen Linien gezeichnet ist. Weil sich die Form der Beinkleider nach unten zu nach Mode oft veriindert, konnen hiefur in Lehr- biiehern nur allgemeine Grundsatze in Betracht kommen. Die hier dargestellte Form ist mittelbreit, (Das Beispiel fiir eine engere Form ist in Fig. 58 dar- gestellt.) Die Vorderhose soli auf den Stoti' so angelegt werden, dati die Schritt¬ naht mbgliehst parallel mit der Stotfkante zu liegen kommt. Dadurch wird die GesiiBnaht der Hinterhose schrager, was zur Bequemlichkeit und Tragdauer der Hosen wesentlich beitragt Nachdem also die Vorderhose auf den gehorigen Platz gelegt wurde, ziehe alle Linien beiderseits liber dieselbe hinaus. Teile nun die Bundkontur der Vorderhose in die ilalfte und ziehe hinauf eine Senkrechte fiir die Spitze der Hinterhose. Die Hohe dieser Spitze, Punkt n, ist normal mit 12 cm — V 2 * einzustellen. Vom Punkte n wird sodami auf die Schrittspitze der Vorderhose eine gerade Linie gezogen. Die Schrittspitze der Hinterhose ist 4 cm herauszustellen und die Gesaflnaht nach Vorlage zu zeichnen. Vom Punkte n nach O / messe die halbe Bundweite mit Zugabe von 4 cm, hier 20 -j- 4 = 24 cm. Diese Zugabe kommt durch einen Ausschnitt von 3 cm und durch die Nahte wieder ab. Die Verbreiterung der Hinterhose beim Knie und unten geschieht nach .Mati. Hier simi dafiir bestimmte Ziffern angesetzt. Fiir sehr breite Hosen konnte die Seitennaht von der Hiifte aus nach unten gerade gezogen werden, auch an der Schrittnaht beim Knie konnten statt 3 cm 4 cm eingestellt werden, keines- falls aber rnehr als an der Schrittspitze. Wenn die Ilose nur am Fufie weit sein soli, so wird die Hinterhose an¬ nahernd gleichmaSig auf beiden Seiten verbreitert und die Konturen nach oben stark gehohlt. Der durch die Niihte entstehende Verlust ist selbstverstandlich bei Messung der Weiten an der Hinterhose zuzugeben. 4 * 60 b) Hosen fiir dicke Personen. Fig. 59. Hier ist die Zeichnung der Vorder- und Hinterhose in einer Figur dar- gestellt. Als MaBsatz zur Einiihung dieser Konstruktion gilt: Seitenlange 106, Schrittlange 78, Bundweite 56, Gesafiweite 60 cm. * 80. Va = 15, Vs = 10 cm. Nadutem die Aufstellungsweite die gleiche ist, wie dies an den Fig. 55 und 56 erklart wurde, geniigt hier die Anfiihrung der notigen Veranderungen in der Konstruktion. Der Hiiftenabstich an der Vorderhose, O — d, sowie die Zugabe an der Hinterhose vom Punkte n—Oi betriigt tur dicke Personen in der Regel 2 cm. Die Seitennaht der Vorderhose kann beim Knie 2 cm, unten bei a aber 1 cm von der Stoffkante nach inncn konstruiert werden. Dafiir wird die Ilose an der inneren Knieseite gerader (breiter) gemacht, \vas besonders bei groben Bauchweiten am Platze ist. Teile also den Schrittwinkel i—h in die Halfte und dann die gegen die Spitze zu verbliebene Halfte nochmals in die Halfte. Anstatt die Richtungslinie fiir die Schrittnaht aus der Mitte des Schrittwinkels zu ziehen, wie dies in Fig. 55 durchgefiihrt wurde, ziehe nun dieselbe aus diesem neu bezeichneten Viertel des Schrittwinkels auf die untere Hosenbreite, hier 19 cm, aus. Die Weite der Vorderhose an der inneren Knieseite ist sehr \vichtig. Als (irundsatz gilt bei meiner Methode, dafi die Richtungslinie der Schrittnaht nie um mehr als die Halfte des Schrittwinkels gegen den Punkt i, wohl aber beliebig iiber die Halfte gegen Punkt h gestellt werden kann. Die Bundkontur ist fiir dicke Personen am Bauche iiber die wagrechte Linie (Punkt g) um 2 bis 3 cm nach aufwarts zu fiihren. Alles iibrige ist an der Figur ersichtlich. c) Hosenkonstruktion bei gestreiften Stoffen. Fig. 57 und 58. Man ist in der grofien Faclnvelt nicht vollkommen einig dariiber, ob die Langsstreifen eines Stoffes an der Seitennaht oder an der Vorderfront der Ilose senkrecht laufen sollen. Wenn es iiblich ware, auch fiir Hosen Modelle zu machen, so konnte man lehren, wie dieselben fiir diesen oder jenen Fali auf den Stoti' aufzulegen sind. Es geschieht zwar auch dies, aber ebenso selten als das 5 XXVIII. Kapitel. Die Konstrukt ion der G-amaschen, Dargestellt auf Tafel 9, Fig. 69. Nach mehreren MaBen kann eine Gamasche direkt konstruiert werden. Will man jedoč,h einen guten AnschluB der Gamasche am FuBe erhalten, so ist es am besten, wenn man sich den Schuh des Bestellers erbittet und danach die Gamasche einrichtet. In diesem Falle \viire aufier der Messung der Lange nur noch das Mali der oberen Breite der Gamasche notig. Fig. 69 ist die Vorlage fiir ein Normalmodell. Die Umzeichnung desselben in natiirliehe GrdBe geschieht mit dem Zentimetermafibande. Man ziehe die senkrechte Linie und stelle von a hinab die bezeichneten Liingenpunkte ein. Nachdem man die \vagrechten Linien gezogen, stelle man die Breitenpunkte ein und zeichne die Konturen nach Vorlage. Nach diesem Modeli ist es leicht., jede Gamasche nach Mali entsprechend einzurichten und nach Geschmack zu formen. XXIX. Kapitel. Die Konstruktion der Mantel, Pelerinen und Kapnzen. Dargestellt auf Tafel 10, Fig. 73 bis 79. Bei weiten (mantelartigen) Kleidungsstiicken ist es praktischer, den Riicken- und Vorderteil separat zu konstruieren. Es kann dies sotvohl auf dem Papier als auch direkt auf dem Štolfe ge- schehen. Meine auf envahnte Art dargestellten Originalkonstruk- tionen sind in langer Praxis erprobt und geben einen so einfaehen und korrekten Schnitt, \vic er besser nach keincr anderen Methode erreicht werden kann. Grundsatzlich gelten bei diesen Aufstellungen die gleichen Regeln, \velche ich im XIX. Kapitel fiir Uberroeke angefiihrt habe. Die MaBe fiir alle mantelartigen Kleidungsstiicke sind ebenso tiber das Gilet zu nehmen, als wie fiir Taillenrocke und Saccos. Die Teilungseinheit bleibt mithin unveriindert. a) Der Havelock. Die Havelock-Konstruktion (Fig. 73 und 74) ist auf Grundlage der iiber das Gilet genommenen Ilauptmafie: 48 Obenveite, 42 Untenveite und 45 Riieken- llinge, aufgestellt. Die * ist 24 cm. 1 U — 12, 1 / 3 = 8, 1 U = 6 cm. Bei tiberrdcken ist dem Mafie der Riickenlange eine Zugabe von 2 bis 3 cm zu machen. Von dieser Zugabe kommt die Halfte davon, 1 oder l 1 / 3 cm, fiir die Havelock. 66 Riickenhbhe in Venvertung. Da jedoch der Vorderteil separat konstruiert wird, ist genau darauf zu sehen, dali die gleiche Zugabe in der Lange audi der Vorderteil erhalt. Zur leichteren Einiibung sind die Stellpunkte der Konstruk- tionen (Fig. 73 und 74) mit den sich aus den Hauptmafien ergebenden Zahlen bezeichnet. Die direkte Konstruktion auf dem Stoffe ist folgende: I. Riickenteil. Fig. 73. Die senkrechte Linic A — C bedeutet den Stoffbruch. Der gemessenen Riickenlange 45 cm sind hier 3 cm zugegeben. Als Riickenlange gilt daher die Zahl 48 cm. Messe nun am Stoffbruche von A—C 48 cm und die ganze Lange nach Mafi, hier 135 cm. Bei C stelle 3 cm nadi innen und ziehe von A herab iiber diesen Punkt cine Linie. Stelle nun die sich aus der Teilung des Mafies 48 ergebenden Punkte 6, 12, 24, 48 auf dieser Linie ein. Alle vagrechten Riicken- linien sind nun mit genauer Anlage des Winkels an die schrage Linie zu zielien. Dadurch \vird erreicht, dafi et\vas Weite nach riickwarts fiillt. Fiir die Breite des Riickenteiles am Ilalse stelle V 3 *, hier 8 cm, ein. Dem Mahe der Rtickenbreite kann l 1 / 2 bis 2 cm zugegeben werden. Hier ist die bereehnete Rtickenbreite 20 cm. Wir nehmen daher 22 cm und stellen diesen Betrag so volil auf der Riicken- als auch auf der Taillenlinie ein. Die Seitenkontur ist nun iiber diese beiden Punkte herabzuziehen, \vodurch sich die untere Weite von selbst ergibt. (Je langer, desto veiter wird der Rock.) Der Zusammensetzungspunkt des Riickenteiles mit dem Vorderteile ist hier 4 cm ober der Brustlinie bezeichnet, kann aber auch tiefer gestellt verden, nur m ulite dann genau das gleiche auch am Vorderteile geschehen. Die Ausfiihrung der Konturen zeigt die Vorlage. 2. Der Vorderteil. Fig. 74. Urn den Vorderteil direkt auf den Štolf zeichnen zu konnen, ist es not- vendig, vorher zu berechnen, \vie vveit die senkrechte Ilauptlinie Et vom Stoff- rande entfernt zu ziehen ist. Als Grundlage dieser Berechnung gilt stets das Mali (ler Unterweite. Die tlberschlagsbreite mufi in diesein Falle selbstverstiindlich im vorhinein bestimmt werden. Ilier ist die tlberschlagsbreite 4 cm. Man rechnet also folgend: Uberschlagsbreite.4 cm Mafi der Untervveite.21 » Zugabe zur Untenveite bei tlberriicken 5 » zusammen . . 30 cm Die Ilauptlinie soli mit der Štolf kante parallel laufen. Messe daher den berechneten Betrag, hier 30 cm, von der Stoffkante nach innen und ziehe iiber den bezeichneten Punkt die senkrechte Ilauptlinie El — El. Stelle nun zuerst die Langenpunkte ein. Die Achselsenkung, mit dem sich aus der Teilung der 67 Riiekenhohe ergebenden Zahl 6 cm; den Halsausschnitt mit V 3 * = hier 8 cm. Rio Brustlinie, Punkt E, mit dem Betrage 1 * und der gleichen Zugabe, wie sie zur Verliingerung der Riiekenhohe angenommen wurde, hier daher 24 -j- lVa = 25V a cm. Von der Brustlinie, Punkt E, herab messe als Seitenliinge die halbe Rticken- lange, hier 22 1 / 2 cm, mit der gleichen Zugabe wie am Riickenteile, hier l 1 / 2 cm, daher mit 24 cm ab. (In der Praxis wird hiefiir einfach der bereits ausgeschnittene Riickenteil mit der Brustlinie an Punkt E angelegt und nach der Taillenlinie des Riicken- teiles, Punkt Es, bezeichnet.) Ziehe nun die notigen wagrechten Linien nach rechts und links von der Senkrechten aus im Winkel. Bie Halsspitze fiir den Havelock (mit Stehbrust) stelle mit V 8 * = 2 cm, hier 10 cm, ein. Die Lange der Linie fiir den Halsausschnitt ist mit jener der Ruckenbreite gleich, hier 22 cm. Fiir den Brustpunkt. G ist vom Punkte E aus der Betrag 1 * mit Zugabe von 1 cm, hier 24 j- 1 = 25 cm, und fiir den Bauch- punkt J der Betrag der Untenveite mit Zugabe von 5 cm, hier 21 -j- 5 = 26 cm, einzustellen. Es bleibt somit vom Bauchpunkte nach vor noch 4 cm Stofibreite fiir den angenominenen Uberschlag tibrig. Nach aufwarts wird vom Štolfe so viel abgeschnitten, daB der Uberschlag ein gleichmafiiger \vird. Die Breite der Achsel ergibt sich aus jener des Riickenteiles. Es bleibt noch iibrig, den Lauf der Seitennaht des Vorderteiles zu bcstimmen. Die beziiglichen Grundsatze wolle der Lernende im XX. Kapitel »Darstellung der Richtungslinie fiir den Vorderteil* nachlesen. Weil wir beim Havelock ein sehr kommodes Armloch haben wollen, stellen wir von E—d 1 / 2 *-j- 1, hier 13 cm, und von Es—K 3 cm mehr als oben, hier 16 cm, ein. Uber die Punkte d und K vird nun die Richtungslinie fiir die Seitennaht gezogen, der Zusammensetzungspunkt ober der Brustlinie gleich j enem des Riickenteiles bezeichnet und die Lange der Naht nach jener des Riieken- teiles abgemessen. Die Ausfiihrung der Konturen fiir Ilavelocks mit Armeln zeigt die Vorlage mit vollen Linien. Fiir einen Havelock oline Armel gilt die mit gebrochenen Linien gezeichnete Kontur. Als Achselbreite geniigcn 5 cm. Der Zusammensetzungspunkt beider Teile ist 5 cm ober der Taillenlinie. Damit der Vorderteil dort nicht einreifit, ist die Kontur desselben ober Punkt K in der Form eines Zwickels zu verbreitern. Alles iibrige ist in der Vor- lage ersichtlich. Ich bemerke hier, daB diese Vorlage nicht nur fiir Ilavelocks gilt. Man kann mit Veranderung der Breiten und des Uberschlages Verschiedene andere weite Rockformen, als: Reisepelze, Kutscher- miintel, Schlafrocke usw., konstruieren, wozu selbstverstandlich eine richtige Auffassung der theoretischen Grundsatze und pralc- tisches Konnen erforderlich sind. Mantel mit Pelerine. c) Die Pelerine. Der Havelock erhiilt eine Pelerine (Fig. 76 und 77), welche, 1'alls derselbe olrne Armel angefertigt wird, am Halsloche anzuniihen ist. Die Konstruktion derselben gesehieht stets nacli dem betretfenden Rock- schnitt in folgender Weise: Fiir die Ruckenpeleriue A zeichne ein Stuek der Vorderteilachsel, nnd zwar 2 cm beim Ilalse, 3 cm aber an der Schulterspitze, wie Fig. 82 zeigt, dem Riickenteile zn. Ziehe vom Punkte M nach N eine gerade Linie. Nun stelle die Lange der Pelerine vom Punkte M bis C mit 75 cm ein, ziehe von C eine VVagrechte und stelle auf derselben den Betrag von 2 * = Oberweite, hier 48 cm, ein, Punkt D. Nun ziehe von D hinauf eine Linie und stelle von M auf die- selbe 76 cm ein, Punkt II. Nun ziehe von H nach N eine Gerade und zeichne bei N die Schulterrundung. Den unteren Band fiihre in mafiigem Bogen aus. Die. Vorderpelerine B erhiilt zumeist den gleichen Uberschlag wie der Vorderteil des Havelocks. Die vordere Kontur und das Halsloch sind daher mit dem Vorderteile gleich. An der Achsel ist jenes Stuek, welches dem Riickenteile zugegeben wurde, abzubrechen und die gerade Achsellinie von F nach n zu ziehen. Nun stelle von F nach J 75 cm ein und ziehe die untere Wagrechte. Auf derselben stelle den Betrag von 3 * — 72 cm ein, Punkt R. Von R ziehe eine VVinkellinie hinauf und bezeichne von F aus auf dieser Linie die Liinge von 76 cm, Punkt K. Nun ziehe an der Seitennaht des Vorderteiles eine Linie bis zum Punkte n, wodurch eine Kreuzung mit der Achsellinie entsteht. Vom Punkte K ist nun auf diese Kreuzung bei Punkt n die Linie zu ziehen und die Schulternaht bei n entsprechend zu runden. Meine hier dargestellte Originalkonstruktion des Havelocks und der Pelerine ergibt stets eine geniigende Weite und ist derart berechnet, dafi sie den geringsten Verbrauch des Stotfes ergibt. In dieser hier dargestellten Grobe reichen fiir den Havelock olme Armel von einer 72 cm doppelbreiten \Vare drei Meter voll- kommen aus, wenn die Ware olme Strich ist. Fiir den sogenannten Kamelhaar- loden, wo alle Teile nach dem Striche geschnitten sein miissen, sind 3• 20 m not,wendig. Das MaC zur Liinge der Pelerine nehme von der Halsspitze F liber den Arm herunter. Wenn die Pelerine kiirzer oder liinger sein soli als nach unserem Modeli, so kiirze oder verliingere dieselbe unten herum gleichmiiCig. Enger wird die Pelerine, wenn die unteren Breiten vermindert iverden. Die Konstruktion der Achselpartie darf aber selbstverstiindlich nie veriindert werden. Infolge Verlegung der Achselnaht lauft die Seitennaht der Pelerine iiber die Achselmitte. Damit fiir die Vorderpelerine eine geniigende Stoffbreite vorhanden bleibt, ist fiir den Schnitt des Havelock-Riickenteiles die eine Halfte des Stotfes in den Bruch zu legen. Aus der verbleibenden Stoffhiilfte kbnnen die Vorderpelerinen geschnitten iverden. 69 d) Der Kragenmantel. Fig. 78 stellt die sehr einfache Konstruktion eines Kragenmantels dar. Die Modeli e A und B sind so zusammenzulegen, dalo die Seitenkonturen schliefien. Es entsteht daraus der Kragenmantel mit dem zwischen den Punkten M und F sieh firgebenden Achselausschnitte. Je mehr das Modeli A mit der Spitze F gegen M gedreht vini, desto kleiner wird der Ausschnitt und desto groGer die untere Weite. e) Die Kapuze. Kapuzen werden zu allen mantelartigen Kleidungsstiicken getragen. Die batiirlichste Konstruktion derselben ist jene, bei welcher die Schnitteile, fiir ivelche man die Kapuze machen soli, als Grundlage dienen. Lege dalier nach Fig. 79 Rticken- und Vorderteil an der Achsel so zusammen, dalj die Rundung am Achselabhange geselilossen wird. Der Riicken a — c bildet die Riickennaht der Kapuze. Punkt a ist 2 cm unter der Halskontur. Die Lange ®- — c = 40 cm. Die Breite a — 5 = 32 cm ( x /s der ganzen Oberweite). Die Liinge b — d ist gleich a — b (32 cm)\ d —c ist gleich a — c (40 cm). Die Halskontur fiir die Kapuze wird nach dem Halsloche abgezeichnet und soli vorne etwa 2 cm kiirzer und tiefer ausgefiihrt werden. Der Achselausschnitt betragt annahernd 4 cm. Stoffbruch und Strich laufen an der Linie d nach c. XXX. Kapitel. Die Konstruktion der Beamten- und Militar- Uniformen. Dargestellt auf Tafel 7, Fig. 53, Tafel 10, Fig. 80 und 81, und Tafel 11, Fig. 82 bis 90. Fiir den Schnitt der Uniformen gelten besondere Vorschriften, welche ein- gehalten werden miissen. Nebensacbliche Abweichungen davon tritft man jedoch dberall. a) Die Uniformbluse. Die Konstruktion der Uniformblusen, dargestellt auf Tafel 7, Fig. 53, \vurde oereits im XXII. Kapitel, Seite 48, erklart. Die gleiche Form gilt sowohl fiir Militiir- und Zivilbeamte als audi fiir Feuervvehren, Veteranen usw. b) Der Uniformmantel. Die auf Tafel 10, Fig. 80 und 81, dargestellte Form bildet die Grundlage sind, daB eine jede Anprobe uberiiiissig ist, wenn man nach ihrer Methode zuschneidet! Lassen wir nun jedem das Seme gelten. Praktisch wird ein Zuschneider jedenfalls erst nach mehrjahriger Tatigkeit. Dieser Zeitraum kann aber bedeutend abgekiirzt werden, wenn der Zuschneider jedesmal, wenn ihm die Anprobe Fehler zeigt, sich bemiiht, die Ursache davon zu finden und denselben nach sten s auszmveichen sucht. Es gibt Zuschneider oder Meister, vvelche ihr Leben lang stets an den gleichen Fehlern laborieren und schlieBlich davon iiberzeugt sind, daB ihre «gewissen Fehler» unausweichlich sind. Ich halte eine erste Anprobe, die sogenannte «Rohprobe», am Korper des Kunden fiir die zweckentsprechendste. Fiir die Rohprobe des Rockes ist der Riicken- und Vorderteil der Haltung des Kunden entsprechend zu behandeln, die Leinwand zu unterschlagen und die Unterlagen von Watte u. dgl. an den 80 niitigen Stellen anzubringen. Sodann \verden die Schnitteile zusammengeheftet und ohne Kragen und Armel probiert. Diese Anprobe zeigt, ob der Rock korrekt verbunden ist und den richtigen Sitz am Korper hat. Wenn man eine soleh? Anprobe gut angezogen hat, soli sic von selbst am Korper so liegen, als oh si? geknbpft wiire. Ist dies nicht der Fali, so liegt der Fehler jedenfalls in der Konstruktion der Biistenlangen. Rei dieser Anprobe ist es noch moglich, auf alle speziellen Wiinsche des Kunden in bezug auf Anschlufi, Fasson, Lange des Rockes, Breite des Uber- schlages, Ausschnitt des Armloches etc. Riieksicht zu nehmen. Sehr wichtig ist die genaue Anzeichnung des Laufes der vorderen Rockkante und des Sitzes der Knopfe, Hohe des Kragens, Lage der Taschen usw. Fur den praktischen Zuschneider soli diese Probe ausreichen, ausgenommen dann, wenn man es mit sehr schlecht gebauten Korpern oder sehr difficilen Kunden zu tun hat. Wi 11 oder muli man den Rock noch probieren, so kanu das je nach der Notwendigkeit geschehen. Ein praktischer Zuschneider soli aber, wenn es sein mufi, einen Rock aurli ohne Anprobe so liefern kbnnen, dafi derselbe mit Anstand getragen werden kann. In einem solehen Falle probiere ich nie einen Rock an fremder Person. Bei gutgebauten Personen wiire dies iiberfliissig, bei abnormal gebauten aber sogar gefehlt. Man nehme, wenn moglich, fur solehe Fiille jedenfalls einige Er- ganzungsmafie, beobachte nebstbei genau die Kdrperhaltung und liotiere ilieselhe. VVenn nun alle theoretischen Hegel n nebst der bereits erworbenen Praxis zu Hilfe genommen werden, und ivenn man die geringen, durch die Behandlung entstehenden Abweichungen des Schnittes seli o n im voraus heiuicksichtigt, so kann man ohne ftorgen einen gutsitzenden Rock auc.h ohne Anprobe liefern. Diese hochste Vollkommenheit zu erstreben, soli jedermann trachten. Er- reicht kann dieselbe auf folgende Art werden: Man nehme stets an, dafi der Rock ohne Anprobe gemacht werden soli. Die Anprobe soli nicht den Zweck haben, die Konstruktion des Schnittes am Korper zu berichtigen, sondern sic soli uns nm* die tlberzeugnng hringen, oh vvii* richtig konstruiert liahen. Wenn wir es dazu briugen, in den meisten Fiillen ganz korrekte Anproben zu schneiden, so erreichen \vir damit die notige Sicherheit audi fiir jene Fiille, wo die Anprobe ausfallen mufi. Auf eines mache ich namentlich Anfiinger auf- merksam. Man iveiche nie zu weit von der Theorie ab. Solange man nicht praktisch ist, schneide man stets ein Papiermodell, berichtige dasselbe, wenn notvvendig, nach der Anprobe und bezeichne es mit dem Namen des Kunden. Auf diese Art weicht man am sichersten der grofien Unannehmlichkeit aus, das erstemal vielleicht einen guten, das zcveite oder drittemal aber einen schlechteren Rock dem gleichen Kunden zu liefern. Man verfalle aber nie auf die Idee, dafi man schon alles cveifi. Die Art unseres Handwerkes bringt es mit sich, dafi wir immer noch lernen mtissen- Eine Unfchlbarkeit wird und kann es beim Zuschneiden so lange nicht gobcu, als dasselbe eine Kunst bleiben wird. Diese unverriickbare Verbindung unseres IIandwerkes mit der Kunst ist auch die Grundlage seiner Existenz. 81 XXXVI. Kapitel. Die Konstruktion der Damentaillen nach der Proportionaltheorie. a) Der Taillensclmitt. Nachstehend erkliirte Konstruktionsmethode basiert auf den Grundsatzen des von mir im Jahre 1891 herausgegebenen Werkes « Die Toilette-, neue populiire Unterriehtsmethode tur den Zuschnitt der Damenkleidung. Neu war besonders (las Prinzip der Teilung der Taillenvveite. Uieses Prinzip habe ich nach langer Erprobung festgestellt und soweit mir die Literatur des Damen- Zuschnittfaches bekannt ist, zuerst verdffentlicht. Wer sich iiber das Mafinehmen und Zuschnitt der Damenkleider naher interessiert, dem empfehle ich mein ge- nanntes Werk. Hier will ich nur zeigen, auf welche einfache Art es dem Lernenden mdglich ist, eine gutsitzende normale Damentaille auf Grundlage (lreier Haupt- maCe zu konstruieren. Der Taillenschnitt bildet die Grundlage zu allen anderen Jacken und Mantelformen. Die Nalite mttssen bei Damentaillen stets zugegeben vverden, wahrend dieselben bei den Konstruktionen der Miinnerbekleidung schon in die Berechnung einhezogen sind. Die Damentaillen sind daher unmittelbar an den Schnittkonturen zusammenzunahen. Wir nehmen folgende MaBe als Grundlage: Oberweite 48 cm, Taillen- (Unter) weite 80 cm, Riickenliinge 89 cm. * = 24. 1 / 2 = 12, 1 / 3 = 8, 1 U = 0 cm. Die Konstruktion ist folgende: ' Grundlinie O — Oi die Obenveite mit Zugabe von 1 cm, hier 49 cm. Von Oi — A — 2 cm. Von A — C die Riickenliinge, hier 39 cm. Von C — B die halbe Riickenliinge, hier 19V2 cm. Fiir die Schulterlinie Al — L Vs der Riicken- hohe A — B. Halsspitze des Riickenteiles Oi — M V 4 *. Riickenbreite Oi — N 2 U *. Halsspitze des Vorderteiles O—F V 3 *. Brustbreite O—E 3 U * -\- 1—2. Achsel- senkung in die Mitte der Linien E — N, Punkt O 2 . Bei G und J Zugabe 2 cm fiir die Brusterweiterung. Punkt D ist in der Mitte zwischen dem Riicken- und Brustpunkte B und G. Von D nach H senkrechte Linie. Punkt // ist der Teilungspunkt fiir die Taillemveite. Die Ausschnitte sind so einzurichten, dafi vom Punkte H aus nach riickwarts bis C und nach vorne bis J soviel Flache iibrig bleibt als es je die halbe Taiilenweite erfordert. Bei 30 cm Taillemveite sind also je 15 cm nach vor und 15 cm nach zuriick zu verteilen, und zwar folgendermaBen: Bei Punkt C ist der Riickenteil um 2 cm einzuriicken. Hierauf stelle die Breite des Riickenteiles mit 3 cm ein. Beim vorderen Seitenteile nehme 2 cm, beim riickwartigen 3 cm heraus. Nachdem wir nun 3 cm Flache bereits am Riickenteile haben, so beniitigen wir nocli 12 cm Flache. Diese teilen wir so ein, dafi auf jeden Seitenteil die Halfte kommt. Hier also zu je 6 cm, rvoraus sich der Ausschnitt zvvischen den beiden Seitenteilen von selbst ergibt. 82 Nun messe die Strecke von H bis J. Hier betriigt dieselbe 25 cm. Nachdem \vir aber nur 15 cm Flaclie benotigen, sind zwei Brustausschnitte, jeder zu 5 cm, auf folgende Art zu konstruieren. Teile die Strecke G—e in Drittel und ziehe von dort Senkrechte. An der Taillenlinie nehme nun auf beiden Seiten dieser Senkrechten den Betrag der Melmveite, hier also je 5 cm, so heraus, dah die Mittelflache der Ausschnitte nocli 2 V 2 bis 3 cm miCt. Die Hbhe der Brustausschnitte ist fiir den vorderen mit 1 U der Seiten- lange (halbe Riickenliinge), hier also mit zirka 5 cm, fiir den ruckwartigen aber et\va 1 cm \veniger auszufiihren. Die Taille ist vorne unter dem Punkte J um 2 bis 3 cm zu verliingern, Punkt Ji. Die Brustkontur lauft an den Punkten L, G, J, Ji und V. Zur Anzeichnung einer Fasson (Revers) ist an der Brust bei Punkt G eine Zugabe von 1 cm, bei L eine solche von 3 bis 4 cm zu machen. Fiir breitere Uberschliige wiire selbstverstiindlich auch die entsprechende Zugabe iiber die Brustkontur not\vendig. 83 Die Art der Verlangerung des Taillenschnittes iiber die Taillenlinie hin- unter ist Sache der Mode und des Zweckes der Taille. Als Grundsatz gilt, dali die eine Halfte der Huftenweite auf dem Vorderteile, die zweite Halfte aber auf den Riickenteilen in einer Tiefe von 15 cm auszumessen ist. Bei Zeichnung der Armlochkontur ist vom Punkte G bis X die Brust- breite abzumessen. Etwaige Veranderungen fiir abnormalen Wuchs oder Haltung geschehen bei dieser Konstruktion nach den Ergebnissen der betreffenden Mafie, zumeist durch Verlangerung oder Kiirzung der Vorderteilachsel. b) Der Taillenarmel. Die Armel unterliegen mannigfachen Veranderungen naeli der Mode. Die Grundlage derselben bildet jedoch stets der glatte Armelschnitt, \velcher in fol- gender Weise konstruiert wird: Den MaBsatz tur die Breite der Armel bildet die Oberweite, bezw. die jeweilige Teilungseinheit. Ziehe die Winkellinie a- e — v. Von a—e stelle 1 *, hier 24 cm, ein und ziehe die Senkrechte von e hinunter. Von a — k stelle hier 12 cm, von a — b 1 / 2 *, hier 12 cm, von e — f 1 U *, hier 6 cm, ein. Von b nach c die Ell- bogenlange, hier 22 cm, von b nach d die Armellange, hier 44 cm, ein. Von d nach v Verlangerung mit V 2 Drittel der Einheit, hier 4 cm. Die untere Breite des Oberarmels von d nach h V 2 *, hier 12 cm. Bei c mache eine Sehweifung von 5 cm. Die Konturen sind nach Vorlage aus- zufiihren. Der Unterarmel wird je nach Wunsch verschmalert. Beziiglich der Be- handlung englischer Damentaillen fuge ich bei, dafi dieselben ebenso wie die Mannertaille mit Leimvand zu unterlegen sind. Die Schnitteile sind an den Hiiften auszuziehen. Das Eutter mufi iiber den Hiiften selu* lang eingenaht werden. Die Der Kragenschnitt ist der gleiche wie fi iibrigen Nahte werden flach behandelt. ■ den Herrenrock. Ma(3-Tabelle fiir die Konstruktion der Modelle nach der Einheitstheorie. Tabelle zur normalen Einstellung der Armlochtiefe fiir dicke Personen. Bis zur Einheit 25 betragt die Armlochtiefe iiberall 1 * Anmerkung. Bei jenen in dieser Tabelle nicht angefuhrten Oberweiten, wo sich zur Einheit Bruehzahlen ergeben, z. B. bei 49 Oberweite ist * 24 1 / 2 , bei 51 ist* 25 1 ' 2 usw., konnen wegen des geringen Unterschiedes stets die berech- neten Drittel und Viertel der nachstliegenden Einheit beniitzt werden. 1 Figi- 2>i * 4S Fig. 2. Fig-3. Fig. 3. 2 >+ * 1 A 6 2 4 i s. 24 Lir VaH J T 48 42 S E. _££_+_*_ P C45 i£l v P ' Vs -H _ Ei 48 42 45 % 24 *• Vz 8 % 6 D vV <*i H e 24 Fig. 35. 21 B I X*