Sonderabdruck aus der Monatsschrift «Die Erdbebenwarte» 1903/04, III. Jahrg., Intermittierende Quellen in Krain. Die uberaus anerkennenswerten Bemiihungen des Herrn Gabriel Jelovšek, Gemeinde- vorstehers in Oberlaibach, und die ebenso interessanten als instruktiven Aufsatze des Herrn k. k. Oberforstkommissars Wilhelm Putick in der «Laibacher Zeitung® vom 16., 17. und 18. Juni 1. J. haben die Aufmerksamkeit wieder auf die fast vergessene inter- mittierende «Lindwurmquelle» bei Oberlaibach gelenkt. Aufier an der von Putick angezogenen Stelle (I. Bd., IV. Buch, S. 594 der «Ehre des Herzogtums Krain») erwahnt Valvasor diese Quelle auch im III. Buche, S. 304, seines Werkes und bezieht sich hiebei auf Schonleben als seinen Gevvahrsmann, indem er zu- gleich den Leser auf seinen ausfuhrlichen, die Mitteilungen Schonlebens erganzenden und richtigstellenden Bericht im XXVIII. (richtig XXXI.) Kapitel vertrostet. Seit Valvasor war diese Quelle in der iibrigens recht sparlichen topographischen Literatur Krains bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts verschollen und wir finden sie erst wieder im Il!yrischen Blatte vom 26. Juni 1847, Nr. 51, erwahnt. Die Mitteilungen Valvasors liber das im Belabache, dem Abflusse der «Lindwurmquelle», gefundene kleine, spannlange und einer Eidechse ahnliche «Ungeziefer» lieBen die Verwaltung des krainischen Landesmuseums vermuten, dafi in diesem Bache Grottenolme (Proteus anguineus) vor- kommen konnten. Da diesen vermuteten Fundort von Proteen bisher noch niemand besucht hatte, so verfugte sich der Musealkustos Freyer am 4. November 1846 dorthin. Der Bericht des Museums beschreibt nun die Erlebnisse Freyers folgendermafien : «Die von Valvasor bezeichnete Stelle, per lintvernu, liegt zwei Stunden hinter Oberlaibach. Man lenkt in der Nahe des Hauses per Mizi na lushi von der Idrianer Strafie rechts ab und gelangt an den kleinen, oft trocken liegenden Bach Bela, welcher ob dem Graben links von einer Sagemtihle unter Jelovza im Berge velki Shemnak am Orte per Lintverni (beim Lindwurm) entspringt und sich, nachdem er in Oberlaibach sogar Miihlen treibt, in die Laibach ergiefit. Die Mundung, aus vvelcher er hervorgeht, ist zufellig versttirzt. Die zerkliifteten Felsmassen sind nicht ohne Gefahr und selbst auch mit Gefahr sehr schwer zu entfernen, um in die zur Zeit Valvasors zuganglich gewesene Hohle eindringen zu kbnnen. Der Sagemtiller pflegt das sich daraus drangende Wasser mittelst einer Wehre zu schwellen und zu zweimal des Tages abzulassen, um den geringen Zuflufi nach Er- fordernis zu erhalten. Von dem Valvasorschen natiirlichen und regelmafiig sich ergebenden Anschwellen und Wiederverschwinden des Wassers weifi der im Orte ansassige Sagemtiller nun nichts und hat nie in seinem Weiher einen Proteus gesehen, was wohl auch von der mit Steinmassen versperrten Hohlung herkommen mag, doch versprach er kunftig darauf sehr aufmerksam zu sein.» Ob dem Sagemtiller tatsachlich die intermittierende Eigenschaft der Quelle un- bekannt war oder ob er sich unwissend stellte, was durch den mifitrauischen Charakter des Landvolkes auch erklarlich gewesen ware, bleibe dahingestellt. Jedenfalls schenkte Freyer seinen Angaben Glauben und unterlieB weitere Nachforschungen, zumal die Lokalitat mangels der gesuchten Proteen fur ihn kein weiteres Interesse hatte. Deschmann berichtet uber diese Quelle an dem Vereinsabende der Sektion Krain des Deutschen und Osterreichischen Alpenvereines vom 4. Mai 1885, in welchem er einen * Die intermittierenden Quellen sind fur unsere Fachwissenschaft von besonderem Interesse, denn eben jungst (vergleiche «Neueste Erdbebennachrichten zu Nr. 9 und 10, Jahrg. II., Seite 4) hat eine solche Quelle unmittelbar nach einem starkeren Erdbeben (am 16. Februar 1903) ganz aufierordentlich grofie Wassermengen durch langere Zeit geftihrt, eine Erscheinung, die ganz abnormal war, wie uns der Beobachter versicherte, und nur auf das Erdbeben zuriickzufiihren sei. Wir haben daher der in Rede stehenden Quelle, genannt «Lindwurmquelle», in unserer Monatsschrift eine grofiere Aufmerksamkeit geschenkt und empfehlen auch anderen Erdbebenbeobachtern eine genaue Beobachtung solcher Quellen bei Erdbebenereignissen. (Anmerkung der Schriftleitung.) 2 Vortrag «iiber intermittierende Quellen in Krain» hielt. Aus einem kurzen Referate iiber diesen Vortrag im «Laibacher Wochenblatte» vom 16. Mai 1885, Nr. 249, entnehmen wir, dafi Deschmann die Lindwurmquelle besichtigt hatte und zur Uberzeugung gekommen war, «dafi die dem dortigen Bachlein ober der Muhle des Jelove von Valvasor zuge- schriebenen wunderbaren Erscheinungen in das Bereich der Phantasie gehoren und dafi seit jener Zeit dieses Bachlein seine intermittierende Eigenschaft, wenn es je eine solehe besafi, ganzlich eingebiifit hat». Es war also Deschmann ebenso wie Freyer der Ansicht, dafi die Lindwurmquelle nicht den intermittierenden Quellen zuzuzahlen sei. In jenem Vortrage machte jedoch Deschmann auf eine bishin unbekannt gewesene intermittierende Quelle an der aufiersten Talenge hinter Franzdorf aufmerksam, welche in einer Felsschlucht entspringt, wo Primula carniolica sehr haufig und die Alpenrosen nebst anderen alpinen Reprasentanten ebenfalls nicht selten sind. Die dort vorkommenden Kalktuffe werden als Bausteine gebrochen, daher die Gegend den Namen «v Pruhu» (im Steinbruche) fuhrt und die Quelle «Prušenca» heifit. Sie troeknet zwar nie vollig ein, sondern zeigt ein periodisches Steigen und Fallen des Wassers binnen 24 Stunden, welches besonders bei grofier Durre sehr gut wahrnehmbar ist. Deschmann zahlt diese Quelle zu den interkalaren Quellen und erklart jenen periodischen VVechsel durch Ver- einigung einer intermittierenden mit einer permanenten Quelle an der Ausflufioffnung. Weiters ervvahnte Deschmann eine intermittierende Quelle im Želimljetale unter Auersperg, knapp an der alten Gottscheer Bezirksstrafie im Grofilaschitzer Gerichtsbezirke, weiters in demselben Bezirke eine solehe Quelle bei St. Canzian im Walde Medwedca, vvelche Hudič (Teufel) genannt wird, endlich eine intermittierende Quelle in der Pendre- jevkaschlucht im Gorjancgebirge. Die letztgenannte Quelle hat Schreiber dieser Zeilen vviederholt beobachtet. Die Penderjevkaschlucht ist ein in die triasischen Kalke und Dolomite des Gorjanc- gebirges tief eingeschnittener Graben, der siidlich von Cerovilog, einem Dorfe, das ungefahr eine gute Gehstunde westlich von St. Bartelma liegt, in den dem genannten Gebirge vorgelagerten Hiigeln ausmiindet. Die Schlucht, durch steil aufragende, grofiten- teils bewaldete Wande gebildet, hat kaum Raum fur einen klaren hellen Bach, der lebhaft an die Gebirgsvvasser unserer Hochalpen erinnert, und einen schlechten Ochsenkarrenweg, auf dem man von Cerovilog in ungefahr fiinf Viertelstunden zu einer Kohlerhiitte gelangt, die sich am rechten Ufer des Baches befindet. Gegeniiber dieser Hiitte am linken Gehange entspringt beilaufig einen Meter iiber der Grabensohle eine Quelle, die zwar fortvvahrend fliefit, aber in einem Zeitraume von ungefahr acht Minuten allmahlich anschwillt, um nach weiteren acht Minuten wieder den Tiefstand zu erreichen. Die geringste VVassermenge diirfte bei */, Sekundenliter, die grofite Wassermenge etwa das Vierfache davon betragen. Der Wasserstand wechselt selbstverstandlich je nach den Niederschlagen, die Quelle versiegt jedoch auch bei der grofiten Durre nicht. Die Temperatur des Wassers betriigt im Hochsommer 10° C. Der Quellenabflufi miindet nach kurzem Laufe in den die Pender¬ jevkaschlucht durchfliefienden Bach. Intermittierende Quel!en durften in den Kalkgebieteri Krains auch noch an anderen Orten zu finden sein. Eine genaue Lokalforschung durch Beobachtung und andauerndes Studium der Quellen, sowie Umfrage bei den umvvohnenden Landleuten, vvelche diese Eigenschaft mancher Quellen kennen, vviirde uns noch mit anderen intermittierenden Quellen bekanntmachen. Jedoch glauben wir, dafi eine zvveite Quelle, die in einem so grofiartigen Mafie wie die Lindwurmquelle bei Oberlaibach das Phanomen der Inter- mittierung zeigt, in Krain nicht zu finden sein wird. Dadurch soli jedoch dem Forschungs- eifer des Naturfreundes kein Ziigel angelegt vverden. Die Tatsache, dafi die Lindvvurm- quelle durch zwei Jahrhunderte so gut als unbeachtet blieb und dafi zwei so gevvissen- haften und emsigen Forschern wie Freyer und Deschmann die vvunderbare Eigenschaft der Lindwurmquelle unbekannt war, ist der beste Bevveis dafiir, dafi es in Krain noch viel zu — entdecken gibt. Dr. A. v. Sch. Klolnmayr & Bamberg, Lalbach.