S- X? / - X ^L^/. S^-M> / I 7" Ä ! Die -22k?- / Grgnnisation des Sanitätsdienstes in den Gemeinden Krams. Vorgctragen in der Sitzung des Vereins der Aerzte in Kram zu Laibach am 23. November 1887 von Regicrungsrath Z>r. AeosSacher. Ein altes Sprichwort sagt, man soll nur dann antworten, wenn man gefragt wird. Wenn ich trotz¬ dem daran gehe, eine Aeußerung des Vereines der Aerzte zu provocieren in der Frage der Organisation des Sa¬ nitätsdienstes in den Gemeinden, und nun gar über einen Gesetzentwurf, der dem Verein nur durch die po¬ litischen und Fachjournale bekannt geworden ist und dessen endgiltiger Wortlaut im Momente noch nicht ein¬ mal abgeschlossen ist, wenn ich — sagte ich — daran gehe, darüber eine Aeußerung des Vereines der Aerzte Hervorzurusen, ohne dass er darum gefragt wurde, so glaube ich, dass eine solche Meinungsäußerung dem Vorwürfe der Aufdringlichkeit von Seite des Vereines der Aerzte nicht begegnen könne, ja, ich bin sogar der Ueberzeugung, dass der Verein im Hinblicke auf die Wichtigkeit dieser Frage und auf den Umstand, dass der gedachte Gesetzentwurf die Interessen des ärztlichen Standes in jo intensiver Weise tangiert, zur Abgabe seiner Meinungsäußerung nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet ist. 2 Außerdem kann ich mich der Erwägung nicht ver¬ schließen, dass es den bei der Verfassung und Aus¬ führung des geplanten Gesetzes betheiligten Factvreu nur erwünscht sein kann, die Anschauungen eines Kreises von Fachmännern vernehmen zu können, unter denen sich zu meiner größten Befriedigung zahlreiche ärztliche Ver¬ treter des flachen Landes eingefunden haben und die ja vermöge ihrer speciellcn Erfahrungen ganz besonders berufen sind, heute in die Debatte einzutretcn. Ist der Wortlaut des fraglichen Gesetzentwurfes auch noch nicht authentisch festgesetzt, die Principicn, von welchen die hiebei betheiligten Factoren geleitet waren, sind jedoch bereits discutierbar, und ich glaube überdies, dass es sich heute nicht darum handle, den Gesetz¬ entwurf paragraphenweise einer Debatte zu unterziehen, sondern nur darum, dass der Verein Gelegenheit finde, diese Principien kennen zu lernen und über dieselben im ganzen und großen sich fachmännisch zu äußern, und falls er Bedenken hege, diese noch vor der endgiltigen Festsetzung des Wortlautes des Gesetzes auszusprcche», Der zur Sprache gelangende Gesetzentwurf plant eine Reform der Sanitätsorganisation auf dem Lande, Der Begriff Reform zeigt, dass eine Organisation be¬ reits besteht. Sie kennen dieselbe ja. Jeder Steuer¬ bezirk bestellt einen oder nach Umständen mehrere Bezirks-Wundärzte, welche sehr verschieden entlohnt sind. Es gibt solche, die 140 fl,, und solche, die 600, 700, selbst 800 fl, Jahresbestallung beziehen. Wird der Arzt dienstunfähig, so wird er einfach kaltgestellt, stirbt er und hat er — was häufig vorkommt — nichts erspart, so steht es seinen Hinterbliebenen frei, an die private Wohlthätigkeit zu appellieren. Eine Versorgung besteht in dem einen und dem andern Falle nicht. Der Bezirks-Wundarzt ist nicht unabhängig genug gestellt, daher sein Wirken auf hygienischem Gebiete ein sehr beschränktes ist. Ebenso erhält die Bezirkscasse auch 3 die entsprechende Zahl von Bezirkshebammen, welche ebenfalls ungleich gestellt sind in ihren Bezügen von 30 bis 40, höchstens 50 st. Jahresgehalt, es gibt aber auch solche mit dem Bezüge von 5 fl. per Jahr. Die Todtenbeschau ist größtentheils in den Händen von Laien, welche oft ohne die allernothwendigsten Kennt¬ nisse sind. Besser ist es mit den Thierärzten, der Vieh- und Fleischbeschau bestellt. Das Land hat nur wenige Spitäler, und diese meist in primitivem Zustande; mit den Armenhäusern ist cs noch schlechter bestellt. Aber selbst diese Organisation, so unvollkommen sie auch sei, ist in ihrem Bestände bedroht, denn seit der Aufhebung der Chirurgenschulen sind die Bezirks- wnndärzte sozusagen auf den Aussterbe-Etat gesetzt. Zehn Stellen sind im Momente im Lande unbesetzt und können trotz wiederholter Concursausschreibung wegen Mangels an Bewerbern nicht besetzt werden; die Concursausschreibungen haben höchstens den Erfolg, dass ein schlecht situierter Bezirkswundarzt sich um einen Posten im Lande bewirbt, der ihm bessere Er¬ werbschancen bietet, d. h. es tritt eine Verschiebung der Aerzte im Lande, aber keine Vermehrung der¬ selben ein. Der Aerztemangel macht sich mit jedem Jahre mehr fühlbar, die Wundärzte werden immer älter und gebrechlicher, sie sterben wirklich aus, und ein Ersatz für sie existiert nicht. Die Gemeinden mussten sich daher schon jetzt entschließen, die Bezüge der Aerzte zu erhöhen; sie erhöhten die Gehalte der Bezirkswund¬ ärzte nach und nach von 300 auf 400 fl., endlich auf 500 und 600 fl., und um Doctores der Medicin für die Bezirkswundarztstellen zu erhalten, mussten sich ein¬ zelne Gemeinden sogar zu 800 fl. Gehalt bequemen. Wie es in den von Aerzten seit Jahren entblößten Gegenden mit der Überwachung der hygienischen Ver¬ hältnisse, mit der Eindämmung der in unserem Lande 4 so häufig auftretenden Infektionskrankheiten bestellt ist, können Sie sich, meine Herren, selbst recht lebhaft vor¬ stellen. Nach dem Gesagten ist es begreiflich, dass die Frage der Organisation des Sanitätsdienstes immer dringlicher wurde, und es ist ebenso begreiflich, dass es nicht die Erkenntnis von der Nothwendigkeit hygieni¬ scher und sanitätspolizeilicher Maßregeln innerhalb der Gemeinden, nicht die Erkenntnis von der Nützlichkeit und Nothwendigkeit von Maßregeln zum Schutze des Volkes gegen die fast constanten Seuchen war, welche zur Reform drängte, sondern der sich in täglich steigernder Weise empfindlich machende Aerztemangel. Dem Äerzte- mangel abhelfen, das ist für uns zunächst die Aufgabe jeder Art Sanitätsreform. Allein auch ein Factor, der von außen her einen Druck ausübte, war es noch, der zur Sanitätsreform drängte, das ist der Staat. Derselbe hat durch das Gesetz vom 30. April 1870 das Sanitätswesen nach oben organisiert durch die Schaffung von Bezirks-, Landes- und Ministerial-Sanitätsreferenten, durch die Beigabe von 'Fachräthen (Landessanitätsräthe) an die Regierungen und des obersten SanitätsratheS an das k. k. Ministerium. Diese allerdings in vieler Beziehung noch weiterer Entwicklung bedürfende gesammtstaatliche Sanitätsorganisation (Mangel eines Gesundheitsamtes oder einer diesem ähnlichen Institution, Einbeziehung der Sauitätsstatistik in den Wirkungskreis der obersten ärztlichen Kreise u. s. w.) muss jedoch trotzdem als ein großer Fortschritt auf dem Gebiete des Sanitätswesens bezeichnet werden. Es fehlt dieser Organisation aber noch außerdem und in dringlichster Weise der Ausbau nach unten. Es ist zwar in dem obengedachten Gesetze auch auf diesen Ausbau gedacht worden, indem in § 5 die Handhabung der Gesundheitspolizei in die Gemeinden 5 verlegt und in § 4 auseinandergesetzt wird, was der Gemeinde im eigenen und was im übertragenen Wir¬ kungskreise obliegt. Hier ist also der Hebel angegeben, welcher zum Ausbau der Sanitäts-Organisation nach unten in Bewegung zu setzen war und noch ist. Das erste Land in Oesterreich, in welchem der Anlauf, diesen Ausbau zu unternehmen, gemacht wurde, war das Land Krain, in dem der Landes-Sanitätsrath für Krain bereits im Jahre 1871 im Wege der Ini¬ tiative einen von dem damaligen Sanitätsrath Dr. Gauster ausgearbeiteten und codifieierten Entwurf eines Gesetzes zur Organisation des Sanitätsdienstes in den Landgemeinden in Krain dem hohen Landtage vorlegte. Dieser Gesetzentwurf ist schon um des Um¬ standes willen, dass es der erste derartige Versuch war, ein sehr verdienstliches Unternehmen zu nennen. Der¬ selbe will für jede Gemeinde einen Gesundheitsrath statuieren und über diese die Bezirksgesundheitsräthe setzen, deren es fünf geben sollte. Beide Körperschaften haben nach Art des Hoards ok lloultk in England das Recht der Executive und bilden eine Körperschaft nach Art unserer Orts- und Bezirksschulräthe. Jede Gemeinde oder mehr Gemein¬ den zusammen haben einen Gemeindearzt nach dem Maßstabe, einen Arzt auf 10000 Einwohner, eine He¬ bamme auf 2000 Einwohner. Diese Gemeindeärzte be¬ kommen 400 st. ohne Pensionsberechtigung (ausgenom¬ men den Fall eingetretener Dienstunfähigkeit oder des Todes bei gewissen Epidemien, in welchen Fällen schon jetzt der Staatsverwaltung die Pensionsbewilligung zn- kommt), und werden mittels Vertrages auf Kündi¬ gung angestellt. Gemeinden, welche für sich allein einen Arzt bestellen, zahlen ihn selbst, wenn mehrere Ge¬ meinden zusammen einen Arzt bestellen, zahlt ihn der Landesausschuss und hebt dieser das Geld durch Um¬ lage auf die directen Steuern aller Steuerzahler jener 6 Gemeinden ein. In disciplinarer Beziehung unterstehen die Aerzte dem Landesausschuss?, sind aber im übrigen nicht genügend unabhängig von der Gemeinde gestellt. Dieser erste Versuch eines Ausbaues der Sanitäts¬ verwaltung nach unten ist jedoch vollständig gescheitert. In der siebenten Landtagssitzung am 29. November 1872 legte nämlich der hohe Landesausschuss denselben in seinem Rechenschaftsberichte vor und sprach sich in selbem in höchst abfälliger Weise darüber aus. Ab¬ gesehen davon, dass die Ausstattung von Gemeinde- Gesundheitsräthen mit Executive in unseren Verhält¬ nissen schon von vornherein undurchführbar schien, er¬ schreckte der Landesausschuss vor den vielen Gesund- heitsräthen und meinte, das Land werde mit einem ganzen Netz von sanitären und scolaren Orts-, Bezirks¬ und Landesräthen übersponnen werden. Dann schreckte der Landesausschuss auch vor den Kosten zurück, die sich nach seiner Rechnung auf 25000 fl. belaufen hät¬ ten. Der Landesausschuss hat zwar die Nvthweudigkeit einer Reform des Sanitätswesens in Krain schon da¬ mals ausdrücklich und unbedingt anerkannt, aber die Durchführbarkeit des fraglichen Entwurfes entschieden in Abrede gestellt. Indem der Landesausschuss an diesem Entwürfe Kritik übte, entwarf er in großen Zügen ein Bild, wie er sich die Organisation vorstelle. Dies lässt sich in folgenden Sätzen aussprechen. Die Sanitäts-Agenden besorgt in erster Linie die Gemeinde, in zweiter Instanz die Bezirkshauptmannschaft. Die Bezirkswundärzte wer¬ den fortbelassen wie bisher; der Bezirkswundarzt hat in der Gemeinde seines Wohnsitzes Sitz und Stimme; jede Hauptgemeinde hält eine Hebamme. Diese Ideen krankten aber vor allem an dem Umstande, dass die Fortbelassung der Bezirkswundärzte aus dem Grunde unmöglich ist, weil diese eben aussterben; vor diese Eventualität wird ja eben das Land Jahr für Jahr 7 empfindlicher gestellt; freilich war die Noth damals noch nicht so groß, wie sie es heute ist. Den zweiten Anlanf zum Ausbaue der Sanitäts¬ organisation hat das hohe Ministerinm selbst gemacht, jedoch ebenfalls mit negativem Erfolge. Im Jahre 1873 hat nämlich das Ministerium in allen Landtagen einen gleichlautenden Gesetzentwurf eingebracht, betreffend die Organisierung des Sanitätsdienstes in den Gemeinden. Dieser Entwurf unterscheidet sich wesentlich von dem früher erwähnten. Auch dieser Entwurf will das In¬ stitut der Gemeindeärzte schaffen und theilt das Land zu diesem Behufs in Sanitätssprengel, und zwar mit dem Maßstabe: einen Arzt auf höchstens 7000 Einwoh¬ ner und auf zwei Quadratmeilen Ausdehnung. Die Vertretung der in einen Sanitätssprengel vereinigten Gemeinden bildet eine Delegiertenversammlung, und zwar hat auf je 500 Einwohner ein Delegierter zu entfallen. Die Aerzte werden von den Gemeinden er¬ nannt, respective von der Delegiertenversammlung, und zwar im Verhältnisse eines Vertrages (Kündigung); das Gehalt darf nicht weniger als 400 fl. betragen, nud wird dieser Betrag nach den Bestimmungen des Gemeindegesetzes nach Verhältnis ihrer gesummten direk¬ ten Steuerschuldigkeit aufgetheilt. Die Abhängigkeit des Gemeindearztes von den Gemeinden wird dadurch etwas abgemiudert, als die Entlassung des Arztes, den Fall der Kündigung ausgenommen, nur mit Zustim¬ mung der politischen Landesbehörde erfolgen kann. Für Dienstreisen im Dienstessprengel erhält der Arzt ein Pauschale, dessen Höhe mit Rücksicht auf die Lage und Ausdehnung des Sprengels sowie auf die Zahl und Beschäftigung der Bewohner nach Anhörung der Con- cnrreuzgemeinden von der politischen Landcsbehörde im Einverständnisse mit dem Landesausschusse festgesetzt wird. Der Gesetzentwurf verlangt ferner nach Maßgabe der Bewohnerzahl auch Hebammen. Der Landesvertretnng 8 bleibt es Vorbehalten, Gemeinden, welche die Mittel nicht besitzen, zur entsprechenden Besoldung der Aerzte und Hebammen angemessene Beiträge aus Landes¬ mitteln zu bewilligen. In Gemeinden, welche znr Be¬ stellung eigener Gemeindeärzte verpflichtet sind, ist eine Gesundheitscommission einzusetzen. Anderen Ge¬ meinden ist dies freigestellt. Obwohl dieses Gesetz in der vierten Sitzung des krainischen Landtages am 13. Dezember 1873 vom Regierungsvertreter auf das wärmste empfohlen wurde, ist dasselbe, wie bereits angedeutet wurde, abgelehnt worden. Der Umstand, dass das Gesetz gleichlautend in allen Landtagen eingebracht wurde, obwohl die spe- ciellen Verhältnisse der einzelnen Länder ganz ver¬ schieden sind, mag es verschuldet haben, dass das Gesetz von allen Landtagen abgelehnt wurde. Für Krain lag der Hauptstein des Anstoßes im Kostenpunkte, denn nach dem Maßstabe der Aerztevertheilung, wie ihn das gedachte Gesetz angewendet wissen will, hätte das Land 70 Aerzte anstellen müssen, obwohl es bisher mit 45 sein Auslangen gefunden hatte. In der siebenten Sitzung des krainischen Landtages vom 3. Jänner 1874 wurde das erwähnte Gesetz abgelehut, dagegen der Landesausschuss beauftragt, die Gemeinden betreffs der als Bedürfnis anerkannten Sanitäts- Organisation zu befragen, das Materiale zu sammeln und in der nächsten Landtagssession neuerdings Bericht zu erstatten. In der zweiten Sitzung des krainischen Landtages am 16. September 1874 berichtete der Landesausschuss, dass von 59 zur Aeußerung aufgeforderten Gemeinden 40 geantwortet haben. Das Bedürfnis, dem Mangel der Aerzte abzuhelfen, wurde allseitig anerkannt, die Mittel und Wege aber, wie sich die einzelnen Ge¬ meinden die Organisation vorstellten, gehen so aus¬ einander, dass es mich zu weit führen würde, alle zu 9 besprechen. Der Landesausschuss stellte jedoch keine positiven Anträge, sondern beschränkte sich auf die be¬ achtliche Darstellung mit dem Bemerken, dass die noch ausstehenden Aeußerungen abzuwarten sind und dass von Fall zu Fall die Vereinigung der Gemeinden zu gemeinschaftlicher Besorgung ihrer Sanitäts-Geschäfte anzustrcben nud allenfalls durch angemessene Landes- Subvention ermunternd und fördernd nachzuhelfen sei. Damit war die Sache abgethau und, wie man zu sagen pflegt, begraben, aber nicht bloß in Kram allein, sondern auch in allen übrigen Ländern; das Ganze, was gegenüber dem sich allerorten empfindlicher zeigenden Aerztemangel geschah, war, dass in einzelnen Landtagen der Antrag auf Wiedererrichtung der Chi¬ rurgenschulen eingebracht wurde, sv z. B. iu Tirol und Oberösterreich. Erst im Jahre 1881 sah sich Referent angesichts der Zunahme des Aerztemangels aus eigener Initia¬ tive in seiner damaligen Stellung als ärztlicher Regie- rungseoneipist veranlasst, ein Elaborat zur Abhilfe gegen den Aerztemangel auszuarbeiten. Dasselbe greift ebenfalls noch zur Institution von Gemeindeärzten, jedoch mit fixen Jahresgehalten von 600 und 800 fl.; die Stellung des Arztes beruht auf gegenseitigem Ver¬ trage, doch darf dem Arzte nur auf disciplinaren! Wege gekündigt werden; er untersteht in dieser Richtung dem Laudesausschusfe. Gemeinden, welche ihre Aerzte zu bezahlen nicht imstande sind, werden vom Lande sub¬ ventioniert. Die Frage, die Aerzte auch pensionsberech¬ tigt zu machen, habe ich damals nur der Negierung zur Erwägung zu empfehlen in Antrag gebracht. So lautete in den Hauptzügen dieser erste Entwurf, wel¬ cher vom Landes-Sanitätsrathe gebilligt und von allen diesfalls um ihr Gutachten angegangenen Bezirkshaupt¬ mannschaften gutgeheißen wurde. 2 1Ü -°. Mittlerweile habe ich auf Grundlage meiner in dieser Frage fortgesetzten Studien mit den Principien dieses ersten Entwurfes gebrochen und im Jahre 1882 einen neuen, auf ganz neuer Grundlage aufgebauten Gesetzentwurf verfasst und cvdificiert. Dieser Entwurf bricht mit der Institution der Gemeindeärzte vollstän¬ dig und baut die Sanitätsorganisation auf das in Krain seit Jahren bestehende bewährte, volksthümliche und im Volke bereits eingelebte Institut der Bezirkscasseu, d. h. jeder Steuerbezirk bildet wie bisher einen Sanitäts¬ sprengel, und jeder Sanitälssprengel hat einen, eventuell zwei und mehrere landschaftliche Bezirksärzte. Der Arzt ist nämlich nicht Gemeinde-Arzt sondern Landesarzt, d. h. das Land bezahlt denselben durch Auftheilung aller Sanitätskosteu auf den Steuergulden. Die Aerzte erhalten Gehalte von 600 und 800 fl. und zwei Quinquennalzulagen L 50 fl. und werden als krai- nische Landesbeamte für sich und ihre Hinterbliebenen pensionsberechtigt. Der Landesausschuss ernennt die Aerzte im Wege des Concurses über Vorschlag der Be¬ zirks-Sanitätscommission im Einverständnisse mit der Regierung. Als Maßstab der Aerztevertheilung ist 1:10000 Einwohner angenommen. Am Sitze jeder Bezirkshauptmannschaft ist eine Bezirks-Sauitätscom- mission eingesetzt, als Vertretung aller Gemeinden der einzelnen Sanitätssprengel. Dann enthält der Entwurf auch Bestimmungen betreffs der Hebammen, Thierärzte, Tvdtenbeschauer, Fleisch- nnd Viehbeschauer, Humauitüts- anstalten u. s. w. Dieser neue Gesetzentwurf kam so¬ dann bei der hohen Regierung zur Berathung, doch blieb er in Rücksicht auf den Umstand, dass gleichzeitig die Erlassung eines neuen Gemeindegesetzes mit Bil¬ dung von Großgemeinden geplant wurde und es zweck¬ mäßig erschien, erst nachher an die Sanitäs-Organisation zu schreiten, unerledigt. Erst im Jahre 1886 wurde er dem hohen Landesausschusse zur Aeußerung übermittelt. 11 Aber nicht bloß in Kram allein beschäftigte man sich unausgesetzt mit der Frage der Sanitäts-Organi¬ sation, denn schon im Jahre 1883, also zwei Jahre nach meinem ersten Entwürfe, beschloss der Landtag in Mähren ein Gesetz, betreffend die Organisation des Sanitätsdienstes in den Landgemeinden. Dieses Gesetz ist für die Verhältnisse Mährens ein ganz aus¬ gezeichnetes zu uennen; schon nach vierjährigem Be¬ stände hat es einen ziffermäßig nachgewiesenen Rück¬ gang der Infektionskrankheiten zur Folge gehabt (von 10- bis 13000 Erkrankungen sank die Ziffer auf 8000 herab), aber für die krainischen Verhältnisse würde es nach meiner Anschauung doch nickt passen. Das Gesetz von Mähren schließt sich der Regierungsvorlage voni Jahre 1873 an, ist aber doch von dieser in wesent¬ lichen Punkten abweichend. Auf 10000 Einwohner und 1 Quadrat-Myriameter entfällt ein Sanitätsdistrict, welcher aus Gemeinden, die einen gemeinschaftlichen Arzt bestellen, besteht. Das Gesetz hat auch seine Delegierten¬ versammlungen, die jedes Halbjahr zusammentreten. Die Gemeinden ernennen ihre Aerzte selbst, jene Gemeinden, welche eine Subvention des Landes beziehen, haben nur das Vmscklagsrecht; die Dienstesenthebung geschieht durch den Landesansschuss; die Gehalte der Aerzte betragen als Minimum 50 st. auf je 1000 Einwohner, und wenn die Bevölkerungsdichtigkeit eines Sanitäts- districtes unter 8000 auf 1 Quadrat-Myriameter steht, 400 fl. per Quadrat-Myriameter. Das mährische Gesetz hält also an der Institution der Gemeindeärzte und der Delcgierten-Versammlungen fest. Die Vorschreibung der auf die einzelnen Gemein¬ den entfallenden Beitragsquote zu den Bezügen des Gemeindearztes ist nach Maßgabe der in den betref¬ fenden Gemeinden vorgeschriebenen directen Steuern durch die k. k. Bezirkshauptmannschast zu veranlassen und von den einzelnen Gemeinden gleich den übrigen Gemeinde-Erfordernissen aufzubringen. 12 Der wichtigste Paragraph des mehrgenannten Ge¬ setzes ist die Bestimmung, dass für jene Gemeinden, welche die Mittel zur Bestreitung der Erfordernisse des Sanitätsdienstes nicht haben, für die im Einver¬ ständnisse des Landesausschusses mit der k, k. Statt¬ halterei ernannten Aerzte angemessene Beiträge aus Landesmitteln zu bewilligen sind, wobei als Richt¬ schnur dient, dass dort, wo schon das Minimalerfor¬ dernis für die Gemeindeärzte durch die besonderen Zu¬ flüsse und dnrch einen von der Gemeinde aufznbrin- genden Beitrag in der Höhe von 1 pCt. der gesammten, in den betreffenden Gemeinden vorgeschriebenen directen Steuern nicht bedeckt erscheint, der Abgang auf das Minimalerfordernis des Arztes über Antrag der poli¬ tischen Behörde vom Landesansschusse bei dem die Aus¬ zahlung besorgenden st k. Steueramte aus dem Landes- fonde flüssig zu machen ist. Dieser Modus der Landessubvention für unbemit¬ telte Gemeinden ist auch in ähnlicher Weise in das Sanitätsgesetz von Kärnten ausgenommen worden. Wei¬ tere Anläufe zur Regelung des Sanitätsdienstes wur¬ den auch in Tirol und Istrien gemacht, ohne jedoch damit in den gedachten Ländern die beabsichtigte Wir¬ kung, ähnlich jener in Mähren, zu erzielen. Nach dieser Abschweifung gestatten Sie mir, wie¬ der auf das weitere Schicksal des von mir verfassten Gesetzentwurfes zurückzukommen. Der Landesausschuss hat sich im ganzen und großen dafür ausgesprochen, insoweit damit die Organisation des ärztlichen Dienstes beabsichtigt wird, d. h. er stimmte den Vorschlägen, landschaftliche Bezirksärzte zu creieren und denselben den Charakter landschaftlicher Beamten mit dem An¬ sprüche auf Pension zuzuerkennen, ebenso der Einthei- lung des Landes in Sanitätssprengel nach dem Principe der bestehenden Bezirkscassen zu, dagegen verwarf er die Einbeziehung aller übrigen in meinen Gesetzentwurf auf- 13 genommenen Bestimmungen, betreffend die Hebammen, Thierärzte, Todtenbeschauer u. s. w., als aber den Rahmen seiner Absichten hinausgehend. Desgleichen sprach er sich gegen die Anftheilung der Sanitätskosten im Wege einer Umlage auf den Steuergulden, dagegen für die Subventionierung jener Sauitätsdistriete aus, deren Sanitätserfordernis eine mehr als 3proc. Um¬ lage auf die directen Steuern beträgt, und zwar trifft dieses Mehrerforderuis den Laudesfvnd. Als nun die Geneigtheit des Landesausschusses, das von mir entworfene Gesetz als Basis weiterer Ver¬ handlungen anzunehmen, zur Kenntnis der hohen Re¬ gierung gekommen war, nahm der Herr Landespräsident Baron Winkler die weitere Entwicklung des vor¬ liegenden Entwurfes in seine Hand, veranlasste den Zusammentritt einer Enquete, bestehend aus Vertretern des Landesausschusses und der Regierung, um im per¬ sönlichen Meinungsaustausche sich über die Principien des beabsichtigten Gesetzes zu verständigen. Ich ent¬ schloss mich sofort, auf die Einbeziehung aller vor¬ genannten Sanitätsagenden in den Entwurf zu ver¬ zichten, da mir in erster Linie darum zu thun war, den Dienst der Aerzte organisiert zu wissen, hiebei von der Anschauung geleitet, dass dies für uns das Wichtigste ist, denn haben wir nur einmal Aerzte, den Sanitäts¬ dienst zu versehen, das Uebrige findet sich dann von selbst. Das Resultat dieser Enquete war nun ein neuer Gesetzentwurf, der aus den bewährten Händen des Herrn Landespräsidenten hervorgieng; derselbe, den die politischen und Fachjournale unlängst veröffentlichten, der im wesentlichen vom Landes-Sanitätsrathe zur Annahme empfohlen wurde und der mit einigen Ab¬ änderungen, die von Seite des hohen Ministeriums, dem derselbe vorgelegt worden, veranlasst wurden, nun die Grundlage der Debatte im heurigen Landtage bil¬ den wird. 14 Dieser Gesetzentwurf enthält folgende wesentliche Bestimmungen: Die Handhabung der Gesundheitspolizei und der Sanitätsagenden überhaupt hat jede Gemeinde für sich oder im Vereine mit anderen desselben politi¬ schen Bezirkes zu besorgen. Das Gebiet der so ver¬ einigten Gemeinden bildet einen Sanitätsdistrict, dessen Ausdehnung nach veranlasster Anhörung des Landes- Sanitätsrathes die politische Behörde im Einverständ¬ nisse mit dem Landesausschusse im Verorduungswege bestimmt. Im allgemeinen fallen diese Sanitätsdistricte mit den Gerichtsbezirken zusammen. Die Stadtgemeiude Laibach wird von diesem Ge¬ setze nicht berührt, da sie als Stadt mit eigenem Statute für die Besorgung ihrer Sanitätsagenden selbst auf¬ zukommen hat. Die Vertretung der einzelnen Sanitätsdistricte ist in folgender Weise festgesetzt: Gemeinden für sich allein werden von dem Gemeinde-Ausschüsse, beziehungsweise Gemeindevorsteher vertreten. Sind zwei oder mehrere Gemeinden bis zur Höhe von sechs in einen Sanitäts¬ district vereinigt, so wird dieser durch eine Versamm¬ lung der betreffenden Gemeindevvrstands-Mitglieder vertreten. Werden mehr als sechs Gemeinden in einen Sanitätsdistrict vereinigt, so besteht die Vertretung der¬ selben aus der Versammlung der Vorsteher derselben. Diese auf den ersten Blick etwas compliciert aus¬ sehende Bestimmungen sind durch die localen Ver¬ hältnisse des Landes bedingt und erscheinen vollkom¬ men berechtigt, wenn man bedenkt, dass Sanitäts¬ districte mit 30 Gemeinden bestehen werden, so dass die Vertretung derselben durch die Gemeinde-Ausschüsse zu einem Parlamente anwachsen würde. Diese Vertretung nun entspricht gleichsam der In¬ stitution der Gauster'schen Gesundheitsräthe, der De¬ legiertenversammlung der Regierungsvorlage vom Jahre l873, des mährischen und der Sanitätscommission meines 15 zweiten Gesetzentwurfes. Derselben obliegt die Herstellung und Erhaltung der als nothwendig erkannten Sanitäts¬ anstalten und Einrichtungen, die Bestimmung der Art der Benützung derselben, die Feststellung des Voranschlages der Sanitätsauslagen, die Erledigung der Jahresrech¬ nungen, die Wahrnehmung der Gesundheitsinteressen der Bevölkerung, die Anregung sanitärer Verbesserun¬ gen, die Erstattung von Sanitütsberichteu, der Vor¬ schlag bei Besetzung der Stelle eines Arztes der Sani¬ tätsgemeinde oder des Sanitätsdistrictes u. s. w. Jeder Sanitätsdistrict oder jede Sanitütsgemeinde erhält einen Arzt. Die Aerzte führen den Titel von Districtsärzten, werden auf Grund einer vorausgegangeneil ConcurS- ausschreibung über Vorschlag der Vertretung der Sa¬ nitätsgemeinde nach Anhörung des Landes-Sanitäts- rathes und unter Zustimmung der Landesregierung vom Landesausschusse ernannt. Die Gehalte werden nach dem Entwürfe in drei Elasten eingetheilt, und zwar von 500, 600 und 700 fl. (Mein Entwurf hat zwei Kategorien ü. 700 und 800 fl.) Von diesen ent¬ fallen auf die höchste Elaste 34, auf die beiden anderen je 33 Procent der Aerzte. Ueberdies erhält der Arzt drei Quiuquennal- zulagen L 50 fl. Die Aerzte sind für sich und ihre Hinterbliebenen peusivnsberechtigt nach den bestehenden Normen für Landesbeamte. Die Sanitätsauslagen hat jeder District, resp. jede Gemeinde selbst aufzubringen, wenn aber in einer Sanitätsgemeinde oder einem Saui- tätsdistricte für die Dotierung des Sanitätspersonales eine mehr als dreiprocentige Umlage auf die direkten Steuern erforderlich ist, so hat das Mehrerfvrdernis der Landesfond zu übernehmen, aus welchem auch dieDienstes- alterszulagen der Districtsärzte bezahlt werden. Mein Gesetzentwurf vom Jahre 1882 will die Sanitäts-Aus¬ lagen durch Umlage auf die direkten Steuern aller Steuer¬ zahler, mit Ausnahme der Landeshauptstadt, eingebracht 16 wissen. Diese Umlage würde bei gesetzlicher Festsetzung zum Landesfonde bestimmt werden und dürfte etwa einen Kreuzer per Steuergulden betragen. Der Pen¬ sionsfond wird durch Abzüge an den Gehalten der Aerzte, welche in den ersten drei Dienstjahren je 10 Pro¬ cent, in allen folgenden je 2 Procent betragen, und nötigenfalls durch Beiträge aus den Landesmitteln gebildet und vom Landesausschusse verwaltet. Sodann enthält der Entwurf Bestimmungen be¬ treffs der Entlohnung von Dienstreisen wegen der Sub¬ stitution zeitweilig abgehender Districtsärzte und betreffs ärztlicher Verrichtungen im Auftrage der Staatsver¬ waltung. Der Wirkungskreis der Districtsärzte wird durch eine Dienstes-Jnstruction präcisiert. Die Aerzte werden von den Vorstehern der Sanitäts-Gemeinden überwacht, in disciplinarer Beziehung jedoch unterstehen sie dem Landesausschusse. Ein wichtiger Paragraph ist der Z 15 des Ent¬ wurfes. Dieser enthält nämlich eine Bestimmung, welche die Einfügung alles dessen, was im vorliegenden Ge¬ setzentwürfe fehlt, hinterher möglich macht, gewissermaßen die Thüre, durch welche später Ergänzungen des Gesetzes und Reformen eintreten können; dieser Paragraph be¬ sagt nämlich, dass die Regelung der Rechts- und Dienstverhältnisse des sonstigen im Gemeinde-Sanitäts¬ dienste zn verwendenden Sanitätspersonales (Hebammen, Thierärzte, Todtenbeschaner, Vieh- und Fleischbeschauer), sowie die Angelegenheit der Einsetzung von Gesund¬ heitscommissionen im Lande besonderen Bestimmungen Vorbehalten bleiben. Dieser Paragraph ersetzt also die in meinem Gesetzentwürfe vom Jahre 1882 bereits co- dificierten Bestimmungen über das anderweitige Sa¬ nitätspersonale und die Gesundheitscommissionen. Selbst¬ verständlich wahrt der Entwurf gleich den Bestimmun¬ gen meines Entwurfes zum Schlüsse der Staatsverwal¬ tung das ihr gesetzlich gewährleistete Recht der Oberaufsicht. 17 Das ist also der Entwurf, der mit Modifikationen in einigen Details die Principien enthalt, nach welchen der Sanitätsdienst in den Gemeinden geregelt werden soll. Es kann sich heute, wie ich bereits zu erwähnen Ge¬ legenheit halte, nicht darum handeln, den Entwurf Paragraph für Paragraph einer Diskussion zu unter¬ ziehen; für den Verein der Aerzte genügt es, die Prin¬ cipien, von denen der Gesetzentwurf geleitet ist, kennen zu lernen und zu letzteren auf Grundlage seiner Er¬ fahrungen Stellung zu nehmen. Aus diesem Grunde kann ich nicht genug dankbar sein für das zahlreiche Erscheinen von Äerzten vom stachen Lande, weil eben die am meisten berufen sind, im Gegenstände der heu¬ tigen Verhandlung mitzusprechcn. Indem ich den Herrn Obmann bitte, nunmehr die Debatte einzulciten, erlaube ich mir folgende Resolution zur Erörterung, respective zur Annahme zu empfehlen, und glaube nur das eine bemerken zu sollen, dass das Land durch Einführung dieser geplanten Organisation einen wesentlichen Schritt auf der Bahn des Fort¬ schrittes machen würde, dass die segensreichen Folgen sich bald bemerklich machen werden und dass die Kostenfrage hiebei schon aus dem Grunde gar nicht in Betracht kommen kann, da die Kosten der Beschaf¬ fung von Aerzten ohne dieses Gesetz derartig sich stei¬ gern werden, dass die einzelnen Gemeinden, um einen Arzt zu erhalten, viel größere Opfer werden bringen müssen, als es die sind, die ihnen das geplante Sani- lätsgesetz verursachen wird.