Nr. V. SllmMg dtn 8. IM 1865. 9. IchlWg. (Bcilagc zur „Laibachci Zcitung.") Dic „Blätter aus Kraiu" erschciueu jeden Samstag, und ist dcr Pränumeratiouspreis ganzjährig 2 fl. östcrr. Währ. Frühling. Wie lauge, ach, lag Wiutcrgraucn Auf Wald uud Wicscu, Fcld uud Flur'. Wann wcrdm, frug mau, cimual thauen Dic cis'gcn Ketten dcr Natur? Wanu wcrdcu doch dic klciucn, blaucu, Märzvcilchcn küudcu Frühliugöspur? — Es schwand dcr März, uud uicht dcu laucn Scirocco saudt cr; Vora uur. Nun kam dcr arg- und viclgcschmähtc, Der wetterwendische April; Und alsobald uon Süden wchtc Dcr Hauch, dcr Alles löscu will. Aufsprang dcr Quell; vom Himmel spähte Der Sonnenstrahl nach Blumcn still — Da wuchsen Veilchen, ganze Beete: Ein reizend blaues Duftioyll! Und „Frühling" tünt'ö vom Hügel nieder, Und „Frühling" tönt's vom Waldessaum; Die Lerche schüttelt ihr Gefieder Und trillert „Frühling" hoch im Raum. Der Ruf, im Menschcnhcrzrn wieder Weckt cr, was da entschlummert kaum. Urcwig, Lenz, sind deine Lieder, Urcwig, Herz, dein Licbcötranni! Eine krainische Iniith. Historische Novelle ans dem 15. Jahrhundert. Von I. A. Babni 8 g. (Fortsetzung.) Das schnelle Vorrücken des so unvermuthet in das Land Krain eingefallenen Feindes der Christenheit, sein wildes, unmenschliches Hausen und Wüthen in den unglücklichen Gegenden Unterlrains, der freche Naub, Mord und Brand, verübt an den hilflosen Einwohnern desselben, sowie die Gefahr für die von dem Feinde bedrohte Stadt Rudolsswerth gelangte endlich auch nach Laibach. War die Stadt Rudolfswcrth gefallen, so stand dem Feinde der Weg offen, ungehindert die Hauptstadt des Landes anzugreifen , und war diese Stadt in der Gewalt des Feindes, dann wäre Kärnten und Steiermarl das nächste erwünschte Ziel dcr raub- und mordsüchligen Horde, deren Kühnheit und Ucbermuth keine Grenzen mehr kannte, gewesen. Kaum hatte Ulrich von Schenk, der zur damaligen Zeit Landeshauptmann von Krain war, und auf dem Schlosse des Laibacher Berges seinen Wohnsitz hatte, diese, alle Bewohner der Hauptstadt tieferschütterte Nachricht vernommen, als er als gewandter Krieger die Gefahr nicht verkannte, welche der Stadt Laibach und dem gesummten Lande drohte. In aller Eile lies; er die Stadt befestigen und mit allen Kriegsbedürfnissen versehen. Ritter und Edle, überhaupt der gesammte krainische Adel, wurden durch Voten aufgefordert, mit den Mannen dem Erbfeinde der Christenheit ohne Verzug sich entgegen zu stellen. Ein Gleiches geschah mit dcm kärntnerischen Landeshauptmann Stefan Grafen von Montfort und mit Wolf von Lenlowitsch, dem damaligen Hauptmann von Zcngg. Diese beiden Letztcrn wurden eingeladen, nach einem gemeinschaftlichen Plane uon verschiedenen Seiten den Feind anzugreifen, um auf diese Art die feindliche Macht zu zertheilen und zu schwächen um des cmzuhoffendcn Sieges umso sicherer zu sein. Dieser crgangencn Aufforderung entsprachen die Edlen Krams ohne allen Verzug. Es erschienen nach Laiback mit Fußvolk und Reitern dic Auersperge, Lambcrge, Gallenberge, Apfalterer, Lichtenbcrge, Lueger, Zobelsbergc, der Schnitzen-baum und Gall von Gallenstein, sowie die Werncker, Wcixel-berger, Paradeiser, Rauber, Burgstaller u. A. m. Mit Einschluß dcs kärntnerischen Adels, unter persönlicher Anführung ihres Landeshauptmanns, Stefan Grafen uon Montfort betrug die Gesammtzahl der zum Kampfe entbotenen Mannschaft etwas über <40()<) Mann. Eine kleine Anzahl gegen jene des Feindes, Der Tapfere und Muthige, für die gerechte Sache und für das Vaterland Beseelte, zählt jedoch nicht die Zahl seiner Feinde, sondern er schlägt sie allenthalben, wo er ihnen begegnet. Für Gott und Vaterland! war der Wahlspruch des christt lichen Heeres. Unter diesem Banner zogen sie muthig dem Feinde entgegen. Ali Pascha, der durch seine Kundschafter von dem Treiben ' in der Hauptstadt Kunde erhielt, versuchte eilends seine Horden ! zusammen zu ziehen. Er lachte über die kleine Anzahl seiner ! Gegner. Rudolfswerth schnell einzuuebmen, war seine Absicht. ' An den Aga nach Gradaz aber erging von dem Befehls- ! Haber Ali Pascha der crnstgemessenste Auftrag zum Vorrücken, ^ falls es erforderlich sein sollte, bereit zu sein. ^ Diesen Auftrag erhielt der Führer in Gradaz eben zu ! einer Zeit, als ihm durch die geheimen Kundschafter die Nach-! richt gebracht wurde, daß es im linken Thurme der Burg, > welche vom Feinde bisher wegen der Anwesenheit des Aga verschont geblieben war, nicht ganz richtig sei. Nächtlicher Weise ! wollte man darin matte Lichter und hin und her sich bewegende ! Schatten gesehen haben, welches vor der Abreise ihres Gebieters ! des Aga nie bemerkt war. ! An der westlichen Seite der Burg Gradaz stand damals ein alter Thurm. Geheime Gänge führten, außer dem gewöhnlichen Eingänge, in denselben, wenigen uur bekannt. Beim 54 Herannahen des Feindes flohen die Bewohner derselben in die nahen Wälder. Zwei Frauen, welche schon durch längere Zeit als Herrinnen das Schloß bewohnten, waren von den Entflohenen vermißt worden. Niemand wußte ihren Aufenthalt. Der Renegat erblaßt? nicht wenig bei dieser ihm zugekommenen Nachlicht, denn er dachte nichts anderes, als die Rachegcister folgten ihm auf dem Fuße nach. Scin finsterer Vlick schweifte ^ in dem großen Zimmer des obern Stockwerkes durch die nach dem Strome gerichteten Fenster. Jenseits der Eulpa war das Lager seines Heeres. Es ist das der Ort, durch welchen heu- ! tigen Tages die Louiscnstraße führt. Durch diesen Anblick ! suchte sich der Unschlüssige zu zerstreuen uno seine eigene Angst zu verbergen. Das ist des Bösen Geschick, daß ihn jedes fal- i lende Laub erbeben macht! ! „Sobald sich dieses Ereigniß wiederholen sollte, werdet Ihr die umfassendste Untersuchung anstellen, und Euch nicht ther zur Ruhe begeben, bis Ihr mir die Auflosung dieses ^ Räthsels gebracht. Alles Verdächtige ist zu ergreifen und mir ! vorzuführen." So sprach nach einiger Erholung der Aga zu seinen vertrauten Kundschaftern. Diese verließen stillschweigend den Gebieter und entfernten sich aus dem Gemache, bochersreut, vielleicht ein ncnes Opfer ihrer Mordlust zu erlangen. Der Abend war angebrochen. Wie in der früheren Nacht, so wiederholten sich auch in dieser die räthsclhaften Erscheinungen. Vorsichtig und leise schlichen sich die Vertrauten in den verhängnisvollen Thurm. Sie kamen ungestört mehrere Treppen in die Höhe, ohne bisher etwas Auffallendes bemerkt zu haben. Die Verrufenhcit des Thurmes war die Ursache, daß solcher einer besonderen Sorgfalt bezüglich der Sicherheit ganz entbehrte. Ein Thor hemmte auf einmal das Vordringen der Heimlichschleichenden, aber auch dieses gab dem mächtigen Drucke, ohne Geräusch nach. Die nächtlichen Strolche befanden sich unvermuthet in einem kleinen, matt erleuchteten Zimmer. Zwei Frauen, eine ältliche und eine in der vollen Blüte der ! Jugend und Schönheit, saßen bei einem Tische von Eichenholz, ! und beteten vor dem vor ihnen stehenden Crucifixe. Sie beteten andachtsvoll um die gütige Abwchrung ihrer grenzenlosen Noth und um eine baldige Vernichtung der Feinde, ohne die Eingetretenen bemerkt zu haben. Ehe als sie solche wahrgenommen , wurden sie von rohen Händen ergriffen und vor den Aga geführt. Bei ihrem Anblicke war der Renegat blaß und sprachlos geworden. Was er im Leben nie mehr zu erblicken hoffte, stand jetzt unvermuthet vor ihm. Bei dem ersten Anblicke erkannte er die Frauengcstalten — Helene von Lenkowitsck und ihre Tante, die verwitwete Frau Agnes von Modrusch. ! Beide hatten sich in diesen Thurm geflüchtet. Anfangs hielten sie sich verborgen, doch als sie des Aga Entfernung vernahmen, waren sie sorgloser und so durch sich selbst zum Verräther geworden. Nach einigen Augenblicken, in welchen der Aga seine ganze Fassung wieder gewonnen, begann der von den Frauen nicht Gekannte in vollster Zärtlichkeit zur fchünen Helena gewandt, ! und in den gewähltesten Ausdrücken, den glücklichen Zufall zu ! preisen, der ihm ihre theuere Gegenwart verschaffte. Er er- ^ suchte die Zitternden, ohne aller Furcht zu sein, und zu denken. ^ daß sie einen warmen Freund gefunden hätten, der sie seines ^ vollen Schutzes versichern könne. ! Dankbar verneigten sich die Frauen. Sie waren unver- mögend, ein Wort zu sprechen. Der plötzliche Wechsel ihrer Lage machte sie stumm. „Womit kann ich dienen, Tu Stern meines Lebens, Du ! Engelsgestalt des Paradieses! Alles, was in meiner Macht l steht, bin ich bereit, Dir, Du liebliche Huldgestalt, auf den Knien zu Deinen Füßen zu legen. Sprich nur ein Wort und ! im Staube vor Dir lieg ich als Dein treuester Sclave. > „Wollt Ihr an uns armen Geschöpfen Euren Großmuth üben, fo fchenket uns die Freiheit. Lasset uns unter Eurem mächtigen Schutze in unsere Heimat und in die Arme unserer Angehörigen ziehen. Gott wird Euch diese That hundertfach belohnen," bat mit einer milden Engelstimme und mit aufgehobenen Händen Helene den Mann, in dessen Hand ihr künftiges Geschick lag. „Grausame! Diese Bitte habe ich wahrlich nicht erwartet. Alles, was Ihr sonst nur wünschen möget, Alles, nur dieses nicht, denn dieses Einzige würde mich zur Verzweiflung treiben, und ich muß es Euch aufrichtig gestehen, daß die Erfüllung dieser Bitte nicht in meiner Macht steht, denn ich bin zu schwach, meiner riesengroßen Leidenschaft zu widerstehen. Luch noch näher anzugehören, wünsche ich im innersten meiner Brust, wenn ich auch sonst einen Wunsch auszusprcchcn wagen darf — nehmt meine Hand gütigst an. , Zur einzigen, mächtigen Gebieterin will ich Euch machen. Zahllose Frauen meines Serails sollen Eure Sclavinnen sein und Euch zu jeder Stunde des Tages mit den anmuthigsten Spielen und Tänzen ergötzen. Eine fürstliche Pracht soll Euch umgeben, und die Blüten eines ganzen Weltthcils sollen die aromatischen Düfte Eueren Sinnen zuHauchen. Ein Paradies voll himmlischer Freuden soll Euch schon in diesem Leben umgeben, nur nehmt mein Anerbieten gütigst an." Dieser unerwartete Antrag, der Ton der heimatlichen Sprache, die europäischen Manieren, alles Dieses machte die beiden Frauen stutzen. Vorsichtig zu sein, ricth ihnen die Klugheit. „So ehrenvoll, als mir Euer unerwarteter Antrag kommt, so werdet Ihr doch gütigst einer schwachen Jungfrau nicht übel nehmen, wenn sie folchcn nicht im Augenblicke und in diesem Grade entgegennehmen tann, als er es verdient. Ich bin Euch zu wenig bekannt, vielleicht würdet Ihr Euer so unbedacht gegebenes Versprechen einst bereuen," entgegncte zitternd die vorsichtige und kluge Nedncrin. „Wie ich sehe, wollt Ihr meinem wohlmeinenden Antrage ausweichen? Bedenkt was Ihr thut! Ihr seid mir nicht so unbekannt, wie Ihr wähnt. Des Laubes leises Geflüster der Laube in Eurem Garten zu Zengg, wo ich so manHe frohe Stunde kaum vor Jahresfrist noch erlebte, ist mir frisch in meinem Gedächtnisse." Helene erblaßte. Was sie sich vor wenigen Augenblicken nicht zu denken wagte, stand jetzt klar und entsetzensvoll vor ' ihren Augen. „Helene von Lcnkowitsch!" rief der Aga in seinem ehe-wals wohlbekannten Tone. „Helene, kennt Ihr mich wirtlich nicht mehr, oder wollt Ihr mich nicht kennen? Eins wie das Andere ist mehr als schmerzlich für mich." Vor ihrer Zukunft tief erbebend, sank Helene ohnmächtig l sn die Arme ibrcr Tante. > ' „O wie schön, wie himmlisch schön!" rief der Aga bei diesem Anblicke aus , und wollte die Hingesunkene in seine Arme schließen. „Schont die Erbarmungswürdige, gönnt ihr Zeit zu ihrem fernern Entschlüsse. Der unerwartete Zufall raubt ihr sonst das Leben. Erwartet wenigstens den morgigen Tag mit Ruhe und Geduld. Solche Entschlüsse brauchen wahrlich keine geringe Zeit," bat wehmüthig di« Tante Agnes von Modrusch den ^ Zudringlichen. „Es sei, bis Morgen Mittags, doch auch nicht eine Stunde z ^Nger. Himmel und Hölle liegen in meiner Brust. Ich hoffe, b ! Literatur. ! Wir haben in diesen Blättern bereits einzelne Werke des als ! ausgezeichneten Erzähler längst rühmlichst bekannten Eduard Höfcr ! besprochen nnd die Vorzüge hervorgehoben, die derselbe gegenüber ! den französischen nnd englischen Novellisten besitzt. Aber nicht nul 5 die Kritik, sondern auch die Lcscwclt hat dcn hohen Wcrth dcr ! Höfcr'schcn Erzählungen erkannt nnd ihn ihren Lieblingen zugesellt, i Kein Novellist weiß alte Schlüsser, seltsame Persönlichkeiten nnd tra< ! gischc Familienbilder anziehender nnd wärmer zn schildern, als er!, j seine Erzählungen verlaufen behäbig ohne je an Interesse zn verlieren, f oder langweilig zu werden. Er schreibt echte Voltsgeschichten, denN er entlehnt seine Stoffe dem Volke, dem Familienleben; Land und Leute zeichnet er in wenigen Zügen so schön, so reich, so wcchseluoll, ! das; man ihm mit Freuden auf seinen Gängen folgt. Seine G^ ! schichten erhellen den Geist nnd halten das Gemüth frisch nnd warM< ! Um diesen trefflichen Erzählungen noch mehr Eingang bcinl ! Publikum zn verschaffen, hat der Verleger A. Crabbc in Stuttgart ' ! eine Ausgabe in 3(i Lieferungen zn 12 Bänden veranstaltet, die wir ^ nnseren Lesern anf'S Wärmste hier empfehlen. Der Preis ist ciü ! mäßiger, die Ausstattung eine sehr schöne. Verantwortlicher Redacteur I. v. Kleinmayr. — Druck und Verlag von Igu. v. Klcinmay? V F. Vambcrg in Laibach.