453 - Letnik 38 [2015), št. 2 je bilo namreč takšnih, ki so posvetovanje zapustili pred sklepnim dejanjem, bilo celo izžrebani, vendar so ostali brez nagrad (šifrirni USB-ključki, brezžični tiskalnik, prenosnik). Aleksander Lavrenčič Strukturen - Standards - Strategien Ein Blick auf steirische Archive im Jahr 2015 Mit (neue) »Strukturen« und (neue) »Strategien« könnte man zwei Veranstaltungen überschreiben, die im Jahr 2015 im Steiermärkischen Landesarchiv stattgefunden haben. Bei beiden - dem Steirischen Archivtag 2015 und dem 38. Österreichischen Archivtag - ging es um die Herausforderungen, die an Archive im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts gestellt werden. Steirischer Archivtag 2015 Bereits 2013 waren Gemeindearchive Thema des Steirischen Archivtages gewesen, wenngleich der Fokus der Betrachtung auf dem kommunalen Schriftgut als lokal- und regionalhistorisch bedeutsame Quelle gelegt worden war. 2015 näherte sich der Archivtag dem Thema Gemeindearchive aus einer anderen Perspektive, denn der Blick galt »Gemeindearchiven im Kontext der Gemeindestrukturreform«. Dazu muss erwähnt werden, dass der von der Steiermärkischen Landesregierung in Gang gesetzte Reformprozess (sog. »Reformpartnerschaft« von Sozialdemokraten und Österreichischer Volkspartei), der in einem ersten Schritt einschneidende Veränderungen in der Struktur der Landesverwaltung mit sich gebracht hatte, ab 1. Jänner 2015 auch eine grundlegende Veränderung der Gemeindestruktur vorsah. Die Zahl der bis 31. Dezember 2014 bestehenden steirischen Gemeinden wurde von 542 auf 287 reduziert. Die politische Diskussion über diese Reform, die nach Meinung der politisch Verantwortlichen die »Leistungsfähigkeit der Gemeinden zur Erfüllung ihrer Aufgaben« stärken sollte, sodass »die Gemeinden ... dauerhaft in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben sachgerecht, effizient und in entsprechender Qualität zu erfüllen« (zit. Leitbild Gemeindestrukturreform) war zum Teil heftig geführt worden. 297 der 383 der betroffenen Gemeinden hatten einer Fusion mit einer anderen Gemeinde aus Eigenem zugestimmt, 86 Kommunen hatten keine diesbezüglichen Beschluss gefasst, sondern sich dezidiert gegen eine Vereinigung ausgesprochen. Das Steiermärkische Landesarchiv nahm diese tiefgreifende Veränderung der kommunalen Struktur des Bundeslandes zum Anlass, um rechtliche, archivwissenschaftliche und archivtechnische Fragen, die dadurch aufgeworfen wurden, durch Expertinnen und Experten beleuchten zu lassen und insbesondere bei den Verantwortlichen in den steirischen Gemeinden ein Problembewusstsein zu schaffen. Rund 100 Personen waren der Einladung zum Steirischen Archivtag 2015, der am 23. Juni 2015 im Wartingersaal des Landesarchivs stattfand, gefolgt. Als erster Referent der Tagung stellte Wolfgang Wlattnig, Leiter der Gemeindeabteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, der zuvor als Leiter des politischen Büros des nunmehrigen steirischen Landeshauptmanns Hermann Schützenhöfer den Reformprozess aus nächster Nähe begleitet hatte, die Grundzüge der »Gemeindestrukturreform 2015« vor. Elke Hammer-Luza, die Leiterin der Archivabteilung Körperschafts- und Privatarchive im Steiermärkischen Landesarchiv, präsentierte die von ihr erarbeite- O delu arhivov in zborovanjih - 454 -— Sulztal an der Weinstraße (Bezirk: Leibnitz): Wappen der bis 31. Dezember 2014 bestehenden und seit 1. Jänner 2015 mit der bekannten Weinbaugemeinde Gamlitz fusionierten Gemeinde. ten »Richtlinien im Umgang mit Gemeindearchiven in der Steiermark«. Die Erfahrung früherer Strukturreformen auf kommunaler Ebene hatte gezeigt, dass gerade dem Schriftgut mit anderen Gemeinden fusionierter Kommunen in dieser Phase, in der Verwaltungseinheiten aufgelöst und/oder in andere überführt werden, besondere Aufmerksamkeit gelten muss, um eine geordnete Übernahme von Archiv- und Registraturgut zu gewährleisten und Überlieferungsbrüche zu verhindern. Der Leitfaden bietet eine Handhabe für eine geordnete und gesicherte Bestandsbildung und -erhaltung. Archivtechnischen Fragen zu letzterer widmete sich auch die Leiterin der Restaurierwerkstätte des Steiermärkischen Landesarchivs Ingrid Hödl, die in ihrem Vortrag »Grundlagen und Möglichkeiten« erörterte bzw. vorstellte, die »Schäden am Schriftgut in Gemeindearchiven« verhindern. Einen speziellen Aspekt stellte der Landesheraldiker Gernot Peter Obersteiner in seinem Vortrag »Was führen wir im Schilde? Gemeindewappen und Strukturreform« vor Jedes Gemeindewappen verliert seine Gültigkeit mit dem Ende jener Gemeinde, der es verliehen wurde. Dies betrifft jedoch nicht nur Gemeinden, die mit anderen fusioniert werden, sondern auch solche, deren Geltungs- und Wirkungsbereich sich durch die Eingliederung von bisher eigenständigen Gemeinden vergrößerte. Ebenso wie im Gemeindenamen (etwa durch Neuschöpfungen oder auch durch Doppelnamen) neue Identitäten ausgedrückt werden können, könne dies auch durch die Einbeziehung von Elementen der bisherigen Gemeindewappen in das neue Gemeindewappen erfolgen. Obersteiner illustrierte dies an Beispielen aus der Praxis. 38. Österreichischer Archivtag 2015 in Graz Am 20. und 21. Oktober 2015 fungierte das Steiermärkische Landesarchiv als Gastgeber für den 38. Österreichischen Archivtag, dessen Generalthema »Archive der Zukunft - Standards und Strategien« lautete und der rund 190 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählte. Für die Organisation zeichnete Elisabeth Schöggl-Ernst und ein Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landesarchivs verantwortlich. Der offiziellen Eröffnung der Tagung, an der mehrere ausländische Archivdelegationen aus Slowenien, Ungarn, der Slowakei, Tschechien und Deutschland teilnahmen, und den fünf Vorträgen dieses Tages schlossen sich die Sitzungen der Fachgruppen und Arbeitskreise des Verbandes Öster- Letnik 38 [2015), st. 2 455 - reichischer Archivarinnen und Archivare (VÖA), die Generalversammlung des VÖA, ein öffentlich zugänglicher Abendvortrag und ein Empfang des Landeshauptmanns im sog. Weißen Saal der Grazer Burg an. Der zweite Tag bot drei gleichzeitig stattfindende Workshops und einen abschließenden Round Table, bei dem die Ergebnisse der Workshops präsentiert und diskutiert wurden. Slowenien war auf der Tagung durch die Archivdirektoren Bojan Cvelfar (Arhiv Republike Slovenije Ljubljana/Staatsarchiv Laibach), Ivan Fras (PA Maribor/Marburg) und Boris Batagelj (Arhiv Celje/Cilli sowie Slowenischer Archivverband) vertreten. Die Vizepräsidentin des österreichischen Archivverbandes und Archivarin des Burgenlän-dischen Landesarchivs Karin Sperl, die sich in ihrem Vortrag mit den »archivischen Standards ISDIAH, ISAD (G) und ISAAR(CPF) in der Praxis« und den Möglichkeiten der Umsetzung beschäftigte, konstatierte, dass die vom Internationalen Archivrat (ICA) erarbeiteten Standards zur archivischen Erschließung zwar seit längerem zum »Arbeitsalltag der österreichischen Archive« gehören, jedoch die »Resonanz sehr unterschiedlich« ist. ISDIAH zur Beschreibung der Institution »Archiv« sei laut Sperl »der am einfachsten umzusetzende« und werde daher »von einigen Archiven in unterschiedlicher Form angewendet«. ISAD(G) zur standardisierten Verzeichnung von Archivgut sei »mit dem Einsatz eines Archivinformationssystems aus dem Archivalltag nicht mehr wegzudenken«, hingegen werde ISAAR(CPF) »eher kontrovers diskutiert«, wohl auch da die »Verwendung von Normdateien in der archivischen Erschließung - anders als dies in den Bibliotheken der Fall ist - keine Tradition« habe. Die Referentin betonte, dass der große Nutzen dieses Standards »in der Vernetzung der Metadaten über die Bestände des eigenen Archivs hinaus mit denen anderer Archive« liege. René Mayer (ORF Steiermark) bot in seinem Vortrag »Grundlegende Workflows in einem multimedialen Archiv am Beispiel des Fernseh-und Schallarchivs des ORF Landesstudios Steiermark« einen Überblick über die Arbeit »in einem multimedialen, filebasierten Produktionsarchiv« sowie über die »relevanten Digitalisierungs-, Migrations- und Erschließungsprozesse«. Christian Keitel (Staatsarchiv BadenWürttemberg), dem das Verdienst zukommt, deutschlandweit einer der Vordenker und Schrittmacher auf dem Gebiet der digitalen Archivierung zu sein, beschäftigte sich mit den »Grundlagen für die Archivierung digitaler Unterlagen«. In seinem Vortrag referierte er über Verleihung des Gemeindewappens an die Marktgemeinde Gamlitz durch Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer am 4. Oktober 2015. Die Neuverleihung des bisherigen Gamlitzer Gemeindewappens war notwendig, da die bisherige Gemeinde Sulztal an der Weinstraße mit Gamlitz fusioniert wurde (Foto: Anton Barbic). O delu arhivov in zborovanjih - 456 -— Eröffnung des 38. Österreichischen Archivtags am 20. Oktober 2015. die in den beiden letzten Jahrzehnten »erarbeiteten Ansätze im Feld der digitalen Archivierung«, gab einen kurzen Überblick über die »einschlägige Standards« (OAIS, PREMIS, METS, DIN 31644), ging dann auf die »die beiden grundlegenden Archivierungsstrategien (Migration, Emulation)« ein und verband seine Ausführungen mit »Überlegungen zur Bewertung«. Basierend auf den Erfahrungen im eigenen Haus wie in vergleichbaren und kleineren Institutionen beschäftigte sich die Archivarin des Erzbischöflichen Archivs in Salzburg Christine M. Gigler mit Fragen zur digitalen Archivierung in sog. kleinen Archiven. Im Mittelpunkt ihrer Ausführungen standen Überlegungen, »wie kleinere Archive an die Sicherung der Überlieferung elektronischer Unterlagen herangehen könnten«, da die Archivierung digitaler Unterlagen »bereits für größere, nationale Archive eine enorme Herausforderung« bedeute. Dadurch entstehe der Eindruck, »kleine Archiveinrichtungen scheinen mit einer nahezu unlösbaren Aufgabe konfrontiert zu sein«. Die Referentin schilderte die Herausforderung kleiner Organisationen angesichts der Archivierung digitaler Unterlagen und präsentierte in Folge »Modelle und Initiativen, an welchen sich kleine Archive orientieren und auf deren Basis sie eigene Lösungsansätze entwickeln könnten«. Gänzlich andere Rahmenbedingungen gelten für jene Institution, in der der fünfte Referent, Hannes Kulovits, arbeitet. Er referierte über »Erhaltungsplanungen im Österreichischen Staatsarchiv« und die dabei angewandten Methoden und Standards und führte dazu aus: »Das Österreichische Staatsarchiv übernimmt elektronische Akten aus der Bundesverwaltung und ist damit mit digitalen Objekten konfrontiert, die zumindest älter als zehn Jahre sind. Erste Maßnahmen zur Erhaltung der Authentizität, Integrität und Interpretierbarkeit müssen damit umgehend geplant und umgesetzt werden. Das Österreichische Staatsarchiv greift für die Erhaltungsplanung auf eine Methode zurück, die eine objektive Entscheidungsfindung ermöglicht und den Anforderungen des nestor und TRAC Kriterienkataloges für vertrauenswürdige Archive entspricht.« Der Abendvortrag des Grazer Mediävisten Johannes Giessauf mit dem Titel »Archive und die Welt außerhalb der Speicher - Gedanken zum Wissen, Wollen und Wehklagen von Benüt-zerInnen« befasste sich mit der Außensicht auf Archive, insbesondere auch der Universitäten. Der Vortragende führte gleichermaßen differenziert wie pointiert eine Reihe von Erwartungshaltungen an Archive vor Augen, die nicht nur in der breiten, sondern sehr oft auch in der wissen- Letnik 38 [2015), št. 2 457 - schaftlichen Öffentlichkeit formuliert werden, die jedoch Archive nicht zu leisten vermögen. An den Vortrag schloss sich eine äußerst rege Diskussion an, in der auch Erwartungshaltungen von Archiven an Universitäten und Forschungseinrichtungen zur Sprache kamen. Der zweite Tag des Österreichischen Archivtages war drei parallel veranstalteten Workshops und einem abschließenden Round Table reserviert, bei dem die Ergebnisse der Workshops präsentiert und diskutiert wurden. Peter Csendes (vormals Wiener Stadt- und Landesarchiv) beschäftigte sich in seinem Workshop mit dem »Erstellen einer Archivtektonik als Grundlage für die standardisierte Erschließung«. »Praktische Lösungsansätze für eine digitale Archivierung« war das Thema der von Christian Keitel (Staatsarchiv Baden-Württemberg) geleiteten Veranstaltung, während Werner Berthold, Gertrude Langer-Ostrawsky und Elisabeth Loinig (Niederösterreichisches Landesarchiv) »Kleine Archive erschließen und verzeichnen -professionell und einfach mit ISAD(G)« als dritten Workshop angeboten hatten. An den drei Veranstaltungen nahmen rund 100 Personen teil. Archivwissenschaften und universitäre Lehre Auch 2015 waren mit Elisabeth Schöggl-Ernst, Elke Hammer-Luza, Gernot Peter Obersteiner und Peter Wiesflecker wiederum vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Steier-märkischen Landesarchivs als Lehrbeauftragte im Rahmen des Masterstudiums »Geschichtsforschung, Historische Hilfswissenschaften und Archivwissenschaften« am Institut für Österreichische Geschichtsforschung (IfÖG) der Universität Wien tätig. Schöggl-Ernst hielt im Wintersemester 2014/2015 die Lehrveranstaltung »Archivwissenschaften« ab, Hammer-Luza, Obersteiner und Wiesflecker die zweisemestrige Lehrveranstaltung aus Aktenkunde (Wintersemester 2014/2015 und Sommersemester 2015). Obersteiner beteiligte sich zudem an der Ringvorlesung zur österreichischen Behördengeschichte, die jeweils im Wintersemester am IfÖG angeboten wird. Hammer-Luza, Obersteiner und Wiesflecker fungierten auch als Mitglieder der Staatsprüfungskommision am IfÖG für das Fach Aktenkunde, Hammer-Luza und Wiesflecker zudem für das Fach Archivwissenschaften. Um Studierenden der Grazer Universität den Kontakt mit originalen Archivquellen zu ermöglichen, bot Wiesflecker im Rahmen seiner Slowenien war am 38. Österreichischen Archivtag durch die Archivdirektoren Ivan Fras (Maribor/ Marburg), Bojan Cvelfar (Ljubljana/Laibach) und Borut Batagelj (Celje/Cilli) prominent vertreten. O delu arhivov in zborovanjih - 458 -— Venia für das Fach »Österreichische Geschichte« gemeinsam mit dem Mediävisten Johannes Gießauf im Sommersemester 2015 eine quellenkundliche Lehrveranstaltung zum Thema »Steirische Eliten vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert« an, die wöchentliche im Landesarchiv stattfand. Im WS 2015/2016 findet ebenfalls im Landesarchiv eine von Wiesflecker geleitete, wöchentliche quellenkundliche Lehrveranstaltung zum sog. »Jahr der Orden« statt, bei der Quellen zur Geschichte geistlicher Gemeinschaften in Innerösterreichs vorgestellt und gemeinsam mit Studierenden bearbeitet werden. Diözesanarchivar Alois Ruhri im Ruhestand Im Frühjahr 2015 trat der Leiter des Archivs der Diözese Graz-Seckau Dr. Alois Ruhri in den dauernden Ruhestand. Unter seiner Leitung wurden zwischen 2010 und 2013 im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten Projektes 9.000 Matrikenbände steirischer Pfarren mit rund drei Millionen Seiten digitalisiert, die seit 2014 im Internet abrufbar sind. Projektpartner des Diözesanarchivs war das Erzbistum Marburg/Maribor, wo ebenfalls die Matriken digitalisiert wurden. Zum Nachfolger Ruhris wurde der Grazer Historiker Dr. Matthias Perstling bestellt. Peter Wiesflecker