Zur Kampfszenerelief am Grabmonument der Spectatii in Šempeter KATARINA ŠMID Das größte der zwischen 1956 und 1960 wiederhergestellten Grabmonumente der römischen Nekropole in Šempeter v Savinjski dolini (St. Peter im Sanntale) ist die Grabaedicula, die von Caius Spectatius Finitus für seine Familie errichtet wurde.1 Ihre Entstehungszeit ist noch umstritten - die Datierungsvorschläge reichen vom frühen 2. Jahrhundert bis kurz vor die constitutio Antoniniana im Jahr 212 n. Chr.2 Das zweistöckige Sockelgeschoss ist mit Reliefdarstellungen ausgestattet. Auf den Nebenseiten der oberen Zone sind an den Ecken vier heroische junge Män- *Für kritische Anmerkungen möchte ich Univ.-Doz. Dr. Stanko Kokole herzlich danken. Für das Korrekturlesen des Aufsatzes bin ich Agnes Thomas M. A. zu großem Dank verpflichtet. 1 Zum Spectatiusgrabmal siehe u. a. Josip Klemenc - Vera Kolsek - Peter Petru, Antične grobnice v Šempetru, Ljubljana 1972 (Katalogi in monografije, 9/2), pp. 14-18; Margherita Bonanno Aravantinos, Il mito di Ifigenia in Tauride sui sarcofagi attici di eta romana, Grabeskunst der römischen Kaiserzeit (ed. Guntram Koch), Mainz am Rhein 1993; Jože Kastelic, Simbolika mitov na rimskih nagrobnih spomenikih. Šempeter v Savinjski dolini, Ljubljana 1998, pp. 214-215, 531568; Sascha Priester, Mythenbild und Grabbau. Alkestis, Europa, Orest und die Bilderwelt der römischen Nekropole von Šempeter, Kölner Jahrbuch, XXXI, 1998, pp. 26-37; Gabriele Kremer, Antike Grabbauten in Noricum. Katalog und Auswertung von Werkstücken als Beitrag zur Rekonstruktion und Typologie, Wien 2001 (Österreichisches Archäologisches Institut. Sonderschriften, 36), pp. 35-43. 2 Die Ausgräber datieren das Grabmonument ins frühe 2. Jahrhundert n. Chr. (Klemenc - Kolsek - Petru 1972, cit. n. 1, pp. 11-12). Anhand der epigraphischen Analyse schlagen Ana und Jaroslav Šašel die Mitte des 2. Jahrhunderts vor (Ana und Jaroslav Šasel, Inscriptiones Latinae, quae in Jugoslavia inter annos MCMXL et MCMLX repertae et editae sunt, Ljubljana 1963 (Situla, 5), p. 127, Nr. 371-372). Aufgrund der ikonographischen Besonderheiten setzt Peter Kranz die Datierung zwischen dem späten 2. und dem frühen 3. Jahrhundert an (Peter Kranz, Die Grabmonumente von Šempeter. Beobachtungen zur Entwicklung der Bildhauerkunst in Noricum während der mittleren und späten römischen Kaiserzeit, Bonner Jahrbücher, CLXXXVI, 1986, pp. 228-239). Unter Berücksichtigung der dionysischen Ikonographie nimmt Margaretha Pochmarski-Nagele als terminus post quem das erste Viertel des 3. Jahrhunderts an (Margaretha Pochmarski-Nagele, Die dionysischen Reliefs in Noricum und ihre Vorbilder, Wien 1992 (Dissertationen der Universität Wien, 228), pp. 60-65, 8889, 166-172, 176-181, cat. 50-53, 78). Sicherlich wurde das Grabmal aufgrund der Tribus-Angabe und der ausfürlichen Namensformel vor der constitutio Antoniniana errichtet (vgl. dazu Reinhold Wedenig, Epigraphische Quellen zur städtischen Administration in Noricum, Klagenfurt 1997 (Aus Forschung und Kunst, 31), pp. 142-144, cat. C 34). 1. Kampfszene, Spectatier-Grabmonument, Ende 2. bis frühes 3. Jh. n. Chr. Sempeter v Savinjski dolini ner frontal dargestellt; unter ihnen stehen in der unteren Zone die jünglingshaften Jahreszeitenpersonifikationen. Auf der Vorderseite füllen Castor und Pollux die unteren Eckfelder, die oberen dagegen Satyr-Mänaden-Zweiergruppen, die die Grabinschrift im Mittelfeld flankieren. Die Mittelfelder der Aschenkiste sind mit Episoden aus dem Sagenkreis von Iphigenie, Orestes und Pylades auf Tauris verziert. Die Darstellung des Iphigenie-Mythos wurde zunächst als ungewöhnliche und sonst nicht bekannte Kombination der Episoden, die auf Aulis und Tauris spielen, angesprochen,3 bis Margaretha Bonanno Aravantinos auf eindeutige Übereinstimmungen mit einem fragmentierten spätantoninisch-frühseverischen attischen Sarkophag aus Thespeia (Theben, Archäologisches Museum Theben, Inv. Nr. 101A, 101B, 101A, 101E, 101ZT, 101T, 103-105, 108, 109A, 109E, 109E', 112A)4 3 Z. B. Josip Klemenc, Trojanska pravljica na nagrobnih spomenikih iz Šempetra ob Savinji, Zbornik Filozofske fakultete, II, 1955, pp. 62-63; Josip Klemenc, Das römische Gräberfeld in St. Peter im Sanntale, Archaeologialugoslavica, II, 1956, p. 62; Idem, Rimsko grobišče v Šempetru v Savinjski dolini, Celjski zbornik, 1958, p. 157; Idem, Rimske izkopanine v Šempetru, Ljubljana 1961 (Spomeniški vodniki, 1), p. 35; Vera Kolsek, Šempetrska nekropola, Maribor 1971 (Kulturni in naravni spomeniki Slovenije, Zbirka vodnikov, 27), p. 10. 4 Zum Sarkophag siehe: Andre de Ridder, Fouilles de Thespies et de l'Hieron des muses de l'Helicon, Bulletin de correspondance hellenique, XLVI, 1922, pp. 283-285, cat. 136; Antonio 2. Thespischer Sarkophag, Rekonstruktionsvorschlag (nach Oakley 2011, cit. n. 4, tab. 46) hinwies und damit deutlich machen konnte, dass in Šempeter nur die Episoden auf Tauris dargestellt sind.5 Andererseits stellte sie jedoch fest, dass die Darstellung des Kampfes von Orestes und Pylades gegen die Taurier auf der rechten oberen Nebenseite der Aschenkiste (Abb. 1) in den beiden Eckfiguren nicht mit dem thespischen Sarkophag übereinstimmt (Abb. 2). Im Relieffeld (Abb. 1) sind vier männliche Gestalten dargestellt. Der linke frontal stehende Jüngling streckt den rechten Arm nach oben, die linke Hand legt er an die Brust. Er dreht den Kopf zum kämpfenden Paar in der Mitte: Der nackte Kämpfer hat seinen Gegner um die Taille gefasst und hochgehoben. Die Figur in Exomis strengt sich erfolglos an, um dem Griff zu entgehen, und stößt den Kopf des Widersachers zurück. Auf der rechten Seite schließt ein unbekleideter Ephe-be, der von einer Erhöhung herabsteigt und zur Mitte schreitet, die Komposition ab. In jeder Hand hält er einen stabförmigen Gegenstand. GiULiANO, II commercio dei sarcofagi attici, Roma 1962 (Studia Archaeologica, 4), p. 37, Nr. 129; Antonio Giuliano - Beatrice Palma, La maniera ateniese di eta'romana. I maestri dei sarcofagi attici, Roma 1978 (Studi Miscellanei, 24), pp. 47-48; Margherita Bonanno Aravantinos, I sarcofagi di eta romana della Beozia. Brevi considerazioni, Colloqui del Sodalizio, IX, 1984-90, pp. 163-165; Pascale Linant De Bellefonds, s. v. Iphigeneia, Lexicon iconographicum mythologiae classicae, V/1, Zürich - München 1990, p. 724, cat. 74; Bonanno Aravantinos 1993, cit. n. 1; John Howard Oakley, Die attischen Sarkophage. Andere Mythen, Berlin 2011 (Die antiken Sarkophagreliefs, IX/1, 3), pp. 44-45, cat. 58. Der Sarkophag wurde ursprünglich ins frühe 3. Jahrhundert datiert (vgl. Guntram Koch - Hellmut Sichtermann, Römische Sarkophage, München 1982 (Handbuch der Archäologie), p. 402). Später hat Margaretha Bonanno Aravantinos aufgrund der stilistischen und ikonographischen Merkmale das letzte Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts vorgeschlagen (Bonanno Aravantinos 1993, cit. n. 1, p. 72). 5 Bonanno Aravantinos 1993, cit. n. 1, pp. 69-70. 3. Kampfszene, Aschenkiste, 2.-3. Jh. n. Chr. Dravinjski Vrh, Filialkirche des Hl. Johannes des Täufers Für diese Darstellung sind verschiedene Deutungen vorgeschlagen worden: Unmittelbar nach der Entdeckung der Reliefplatte hat Josip Klemene die Darstellung als Brautraub oder konkreter als Raub der Helena interpretiert. Die linke Figur der Mittelgruppe - als einzige bekleidet - wäre nach Klemenc Helena, die gerade von Paris ergriffen wird. Die übrigen Männer gestalten stellten demnach Paris' Helfer dar.6 Diese Deutung wurde 1974 von Erna Diez zu Recht abgelehnt.7 Sie schlug allerdings vor, dass es sich hier nicht um ein mythologisches Thema, sondern um einen Ringkampf in der Palästra handelt. Der Jüngling links von der Ringergruppe hebt den rechten Arm in einer Gebärde, die in der griechischen Vasenikonographie des 5. und beginnen den 4. Jh. v. Chr. als Zeichen des Aufgebens aufgefasst wird, empor. Die schreitende Figur rechts soll Diez zufolge ein Aa^naS^Spö^oq, der in der vorgestreckten Hand die brennende Fackel und in der gesenkten Hand ihre Fackelhülse hält, sein. Um seinen Kopf liege ein »dicker Wulst, unter dem die Haare im Nacken aufgrollt sind«, und »von dem wulstigen Reif steigen vertikal die dünnen, spitzen Stäbchen auf«. Solcher Kopfschmuck verziere üblicherweise auch die Aa^naS^Spö^oi (Fackelläufer) auf griechischen Vasenbildern.8 Schließlich konnte dann, wie bereits erwähnt, Margaretha Bonanno Aravan-tinos nachweisen, dass das kämpfende Paar vollständig einem Bruchstück des 6 Klemenc 1955, cit. n. 3, pp. 61-62; Klemenc 1956, cit. n. 3, p. 62; Klemenc 1958, cit. n. 3, p. 157; Josip Klemenc, Die keltischen Elemente auf den Grabdenkmälern von St. Peter im Sanntale, Omagiu lui Constantin Daicovici. Cuprilejul implinirii a 60 de ani, Bucuresti 1960, p. 309. 7 Erna Diez, Athletenrelief in Noricum, Opuscula Josepho Kastelic sexagenario dicata (ed. Aleksander Jeločnik), Ljubljana 1974 (Situla, 14-15), pp. 183-187. 8 Diez 1974, cit. n. 7, p. 186. 4. Umzeichnung augusteisches Bronzekraters aus Dionysopolis (nach Bielfeldt 2005, cit. n. 11, p. 183), Detail 5. Die Kampfszene, 2. Jh. n. Chr. Verona, Museo Maffeiano, Inv. Nr. 28698 thespischen Sarkophags entspricht (vgl. Abb. 2).9 Sie betont, dass dort nur die Taurier vollständig bekleidet sind. In der Folge interpretiert sie die Szene vom Spectatiermonument als Darstellung des Orestes oder Pylades, der gegen einen Taurier kämpft. Die beiden anderen Figuren finden keine Entsprechung auf dem attischen Sarkophag: Der rechte Mann erinnert jedoch stark an Orestes auf dem Relief in Dravinjski Vrh (Drannberg) in der Umgebung von Ptuj (Pettau; Abb. 3).10 Er hält offenbar keine Fackel, aber ein Schwert in seiner Rechten und in der linken Hand die Schwertscheide. Am Grabmonument der Spectatii soll die bewaffnete Figur nach Bonanno Aravantinos nicht einen der beiden unzertrennlichen Freunde darstellen, sondern eine Gottheit, die ihnen zur Hilfe eilt und die Waffe bringt. Als Vergleich nennt Bonanno Aravantinos den augusteischen Krater aus Dionysopolis am Schwarzen Meer (Varna, Archäologisches Museum11): Auf BoNANNo Aravantinos 1993, cit. n. 1, p. 70. 10 BoNANNO Aravantinos 1993, cit. n. 1, p. 70, Anm. 51. Das Relief war ursprünglich Bestandteil einer Aschenkiste und ist heutzutage in der Filialkirche Hl. Johannes der Täufer eingemauert. Zum Relief siehe: Zorka Subic, Videm pri Ptuju. Konservatorska poročila, Varstvo spomenikov, XII, 1969, pp. 98-99; Zorka ŠuBic, Beg Ifigenije s Tavride na Videmskem reliefu, Ptujski zbornik, IV, 1975, pp. 95-101. 11 Zum Krater siehe: Karel Škorpil, Grabfund in Balčik, Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien, XV, 1912, Beiblatt, pp. 112-114, Nr. 10; Karel Škorpil, Archäologische Bemerkungen von der Küste des Schwarzen Meeres, Bulletin de l'institut archeologique bulgare, VI, 1930-31, p. 87; Ludwig Curtius, Orest und Iphigenie in Tauris. Zum Bronzekrater von Dionysopolis - Balčik, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts. Römische Abteilung, XLIX, 1934, p. 247; Heide Froning, Die ikonographische Tradition der kaiserzeitlichen mythologischen Sarkophagreliefs, Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts, XCV, 1980, p. 334; Wolfgang 9 6. Kampfszene, Sarkophag, 2.-3. Jh. n. Chr. Budapest, Magyar Nemzeti Müzeum, Inv. Nr. 62.84.1-2, 62.85.1-2 der Kraterdarstellung greift Apollon auf dem Schlachtfeld ein, um Thoas von der Verfolgung abzuhalten (Abb. 4).12 Für die rechte Figur hat Bonnano Aravantinos keine direkte Parallele gefunden und vermutet, dass hier vielleicht eine spezifische Variante des mythologischen Themas, die von norischen Steinmetzen ausgeführt wurde, vorliegt.13 Zuletzt hat auch Sascha Priester ähnlich wie seine Vorgänger die Reliefszene am Grabmonument der Spectatii als Kampf interpretiert und sie ihrem teilweise erhaltenen Pendant an der Nebenseite gegenübergestellt.14 Das Paar in der Mitte ist nur noch auf einem wenig beachteten Marmorrelief unbekannter Provenienz in Verona (Museo Maffeiano, Inv. Nr. 28698; Abb. 5) be- ScHiNDLER, Der Iphigenie Krater in Varna. Ein Restitutionsstück, Thracia, VII, 1985, pp. 123-134; Linant De Bellefonds 1990, cit. n. 4, pp. 725-726, cat. 85; Wolfgang Schindler, Griechisches und Römisches der Iphigeniensage auf dem Bronzekrater in Varna, Griechenland und Rom. Vergleichende Untersuchungen zu Entwicklungstendenzen und -höhepunkten der antiken Geschichte, Kunst und Literatur (ed. Ernst Günther Schmidt), Erlangen 1996, pp. 297-305; Kastelic 1998, cit. n. 1, pp. 546-547; Ruth Bielfeldt, Orestes auf römischen Sarkophagen, Berlin 2005, pp. 181-183. 12 BONANNO Aravantinos 1993, cit. n. 1, p. 70, Anm. 50. 13 Bonanno Aravantinos 1993, cit. n. 1, p. 70. 14 Priester 1998, cit. n. 1, p. 30. 7. Thoas, Orestes-Sarkophag, drittes Viertel des 2. Jh. n. Chr. Oxford, Ashmolean Museum, Inv. Nr. 105, 115 legt.15 Im Hintergrund füllt dort ein Giebelgebäude den Raum, am wahrscheinlichsten ein Artemis-Schrein, vor dem das Duell stattfindet. Der bärtige Barbar trägt ein Haarband in den verfilzten Haaren.16 Die Taurier tragen üblicherweise phrygische Mützen oder gar keine Kopfbedeckung, nur Thoas unterscheidet sich von seinen Untertanen durch ein Haarband. Er wird auf stadtrömischen und attischen Sarkophagreliefs in Darstellungen verschiedener Episoden wiederholt durch diesen Kopfschmuck bezeichnet: in der Vorführung der Gefangenen, in der Szene, in der Iphigenie ihn um die Erlaubnis, das Xoanon im Meer zu reinigen, bittet17 15 Zum Relief vgl. Tullia Ritti, Iscrizioni e rilievi greci nel Museo Maffeiano di Verona, Roma 1981 (Collezioni e musei archeologici del Veneto, 21), p. 166, cat. 101. In der Steinplastik ist Artemis Schrein nur auf den Reliefs in Dravinjski Vrh, aus Sopianae (Budapest, Magyar Nemzeti Muze-um, Inv. Nr. 62.84.1-2, 62.85.1-2) und auf einem stadtrömischen Sarkophag (Rom, Vatikan, Musei Vaticani - Museo Gregoriano Profano, Inv. Nr. 10450); s. Bielfeldt 2005, cit. n. 11, p. 343, no. II. 6) wiedergegeben. 16 Vgl. Bielfeldt 2005, cit. n. 11, p. 227. Tullia Ritti meint, dass der Barbar eine konische Kopfbedeckung, ein Helm oder die phrygische Mütze trägt und schlägt deshalb vor, dass es sich hier um eine unbekannte Szene aus der Ilioupersis handelt (Ritti 1981, cit. n. 15, p. 166, cat. 101). 17 Vgl. z. B. Sarkophage in Oxford (Ashmolean Museum, Inv. Nr. 105, 115; Abb. 7), Weimar (Schlossmuseum, Inv. Nr. G 1745; Abb. 8) und Berlin (Staatliche Museen zu Berlin, Inv. Nr. SK 845) sowie die erhaltenen Wandmalereien, z. B. in Casa del Citarista (I 4, 5; Abb. 9), Casa dei Vettii (VI 15, 1), usw. Zu letzteren siehe Jürgen Hodske, Mythologische Bildthemen in den Häusern Pompejis. Die Bedeutung der zentralen Mythenbilder für die Bewohner Pompejis, Ruhpolding 2007 (Stendaler Winckel-mann-Forschungen, 6), pp. 236-237. 8. Thoas, Orestes-Sarkophag, nach 180 n. Chr. Weimar, Schlossmuseum, Inv. Nr. G 1745 und bei genauer Betrachtung auch in der singulären Szene des Iphigenie-Kraters aus Varna (vgl. Abb. 4). Leider ist das entsprechende Relieffeld in Šempeter zu verwaschen um festzustellen, ob der Barbar eine Binde im Haar hat. Aufgrund der oben angeführten charakteristischen ikonographischen Übereinstimmungen halte ich es jedoch für wahrscheinlich, dass sowohl auf der Grabaedicula als auch auf dem thespi-schen Sarkophag das Ringen zwischen Thoas und Orestes bzw. Pylades (?) dargestellt ist. Im Zusammenhang mit dem Jüngling rechts der Zweiergruppe hat schon Zorka Šubic die Ähnlichkeiten mit dem bewaffneten Griechen auf dem Relief in Dravinjski Vrh hervorgehoben und erkannt, dass es sich um den gleichen Figurentypus handelt.18 Ein fast identisch gebildeter Schwertträger kommt auch auf zwei pannonischen Steindenkmälern und auf zwei stadtrömischen Sarkophagen vor. Bei den pannonischen Monumenten handelt es sich um die Nebenseite eines Sarkophags aus Sopianae (Budapest, Magyar Nemzeti Muzeum, Inv. Nr. 62.84.12, 62.85.1-2; Abb. 6)19 und eine Grabstele aus Gorsium (Tac, Gorsium Szabadte- 18 ŠuBic 1975, cit. n. 10, pp. 98-99. 19 Zum Relief siehe: Georgiana Goddard King, Some Reliefs at Budapest, American Journal of Archaeology, XXXVII/1, 1933, p. 72; Jocelyn Mary Catherine Toynbee, Greek Myth in Roman Stone, 9. Die Vorführung der Gefangenen, Wandmalerei, Neapel, Museo Archeologico nazionale di Napoli, Inv. Nr. 9111 (Casa del Citarista) ri Muzeum Regeszeti Park),20 die beide ins 2. bzw. 3. Jh. n. Chr. datiert sind. Als stadtrömische Denkmäler lassen sich ein Sarkophag in Weimar (Schlossmuseum, Inv. Nr. G 1744; vgl. Abb. 10),21 der um 160 n. Chr. angesetzt ist, und ein verschollener Sarkophag, dessen Zeichnung im „Korpus" von Cassiano dal Poz-zo (Windsor, Royal Library at Windsor Castle, Inv. Nr. 8712, dal Pozzo VIII fol. 11) abgebildet ist,22 anführen. In der Fachliteratur wurde der Schwertträger als Orestes bzw. Pylades bezeichnet. Nur auf dem Sarkophag in Weimar hat Ruth Bielfeldt ihn als Apollon gedeutet.23 Latomus, XXXVI, 1977, p. 389; Linant De Bellefonds 1990, cit. n. 4, p. 69, cat. 69; Alice Sz. Burger, Die Skulpturen des Stadtgebietes von Sopianae und des Gebietes zwischen der Drau und der Limesstrecke Lussonium, Altinum, Budapest 1991 (Corpus signorum Imperii Romani. Ungarn, 7), pp. 63-64, cat. 101b; Mihaly Nagy, Lapidarium. Guide to the Archaeological Exhibitions in the Hungarian National Museum. Roman Stones, Budapest 2012, pp. 66-67, cat. 61. 20 Zur Grabstele siehe: Jenö Fitz, La fuite d'Iphigenie et d'Oreste devant les Taures, Istvdn Kiräly müzeum közlemenyei, III, 1959, pp. 71-72; Toynbee 1977, cit. n. 19, p. 390. 21 Zum Sarkophag siehe: Carl Robert, Mythologische Cyklen, Berlin 1890 (Die antiken Sarkophagreliefs, II), pp. 183-184, cat. 172; Bielfeldt 2005, cit. n. 11, pp. 207-211, 344-345 mit weiterer Literatur. 22 Zum Sarkophag siehe: Robert 1890, cit. n. 21, p. 185, cat. 175; Cornelius Vermeule, ^e dal Pozzo-Albani Drawings of Classical Antiquities in the Royal Library at Windsor Castle, Transactions of the American Philosophical Society, LVI/2, 1966, p. 49; Froning 1980, cit. n. 11, pp. 336-337. 23 Die Deutung erfolgt aufgrund des schulterlangen Haars und der passiven Haltung der Figur, die nur mit ihrer Erscheinung die angreifenden Taurier abwehrt. Andererseits interpretiert Bielfeldt den Schwertträger der entsprechenden pannonischen Reliefbilder ohne weitere Begründung als Griechen (Bielfeldt 2005, cit. n. 11, pp. 215-220). Sowohl auf dem Sarkophag in Weimar als auch auf dem Spectatiermonument halte ich die Deutung als die Gottheit bzw. Apollon, dessen Attribut auf keinen Fall das Schwert sein kann, für problematisch und es scheint mir wahrscheinlicher, dass hier ein Grieche dargestellt ist (vgl. hier pp. 23-25). 10. Schwertträger, OrestesSarkophag, um 180 n. Chr. Weimar, Schlossmuseum, Inv. Nr. G 1744 Erstaunlicherweise folgt der Jüngling links der Zweiergruppe dagegen nicht dem geläufigen Figurentypus, der sich auf den Orestessarkophagen nachweisen lässt. Eine gleichartig frontal konzipierte Figur in gespreiztem Stand mit hochgerissenem rechten Arm und auf die Brust gelegter linker Hand kommt auf einer Untergruppe der attischen Meleagersarkophage innerhalb einer Darstellung der kalydonischen Eberjagd vor. Bekannt sind nur drei Beispiele, die alle ins 3. Viertel des 2. Jahrhunderts n. Chr. datieren.24 Das besterhaltene Sarkophagrelief, auf dem leider der rechte Arm des Melea-ger nur teilweise erhalten ist, stammt aus Patras (Athen, Archäologisches Nationalmuseum, Inv. Nr. 1186; Abb. 11).25 Auch beim mythischen Jäger auf dem Bruchstück in Brüssel (Musees Royaux du Cinquantenaire, Inv. Nr. A 1546; vgl. 24 Guntram Koch, Die mythologischen Sarkophage. Meleager, Berlin 1975 (Die antiken Sarkophagreliefs, XII/6), pp. 76-77. 25 Zum Sarkophag siehe Koch 1975, cit. n. 24, p. 138, cat. 160; Koch - Sichtermann 1982, cit, n. 4, p. 399. 11. Meleager, Meleager-Sarkophag, drittes Viertel des 2. Jh. n. Chr. Athen, Archäologisches Nationalmuseum, Inv. Nr. 1186 12. Melager, verschollener Meleager-Sarkophag (nach Koch 1975, cit. n. 24, p. 139) Abb. 13) sind die Unterarme leider nicht erhalten.26 Das späteste Zeugnis ist ein verschollener27 und viel überarbeiteter Sarkophag, der auf einem Stich von J. W. C. de Rosenberg aus des 1787 Jahr überliefert ist (Abb. 12).28 Besonders interessant ist hier die Fingerhaltung seiner rechten Hand, die mit derjenigen der Figur in Šempeter übereinstimmt. Die Figur des Meleager trägt in allen drei Stücken die Chlamys über der Brust und neigt den Kopf leicht nach unten, in Richtung seines gefallenen Onkels - im Gegensatz dazu schaut die entsprechende Figur auf dem Spectatiermonument auf die Kampfgruppe. Das Relieffeld ist bedauerlicher Weise stark abgerieben, und auch in alten Fotoaufnahmen ist es nicht möglich festzustellen, ob der Ephebe die Brustlinie bedeckt hat. 26 Carl Robert, Einzelmythen. Niobiden-Triptolemos ungedeutet, Berlin 1919 (Die antiken Sarkophagreliefs, III/3), pp. 517-518, cat. 433'; Giuliano 1962, cit. n. 4, p. 63, Nr. 390; KocH 1975, cit. n. 24, pp. 139-140, cat. 162. 27 Der Sarkophag wurde vermutlich an der Küste der Peloponnes gefunden und dann in der Villa Altichieri in der Nähe von Padua verwahrt, wo er zuletzt im Jahr 1828 gesehen wurde (KocH 1975, cit. n. 24, p. 138, cat. 161). 28 Carl Robert, Einzelmythen. Hippolytos-Meleagros, Berlin 1904 (Die antiken Sarkophagreliefs, III/2), pp. 279-280, cat. 218; Giuliano 1962, cit. n. 4, p. 41, no. 188; Guntram KocH, Verschollene Meleagersarkophage, Archäologischer Anzeiger, 1973, p. 287, Nr. 1; KocH 1975, cit. n. 24, pp. 138139, cat. 161. 13. Meleager, Meleager-Sarkophag, drittes Viertel des 2. Jh. n. Chr. Brüssel, Musees Royaux du Cinquantenaire, Inv. Nr. A 1546 Es stellt sich die Frage, wen diese heroische Gestalt vorstellen könnte. Ohne Zweifel sind Orestes und Pylades in der Szene vorhanden, aber durch welche beiden Figuren werden sie dargestellt? Und wer könnte mit dem vierten Jüngling gemeint sein? Sicherlich kein Taurier, weil diese auf der Grabaedicula der Spectatii ausnahmslos bekleidet sind. Meiner Ansicht nach kommt hier ein Grieche der Schiffsmannschaft in Frage (vgl. dazu Eur. IT 1345-1353). Nicht nur die beiden Freunde, sondern auch einige Angehörige der griechischen Gesandtschaft sind sowohl auf der Grabstele mit der Flucht der Iphigenie in Bjelovar (eingemauert in die Kirche der Hl. Theresia von Avila)29 als auch auf dem Krater aus Dyonisopolis wiedergegeben (vgl. Abb. 4). Es könnte hier etwa ein Gefährte von Orestes, der vom 29 Zur Grabstele siehe: Enrico Maionica - Robert von Schneider, Bericht über eine Reise im westlichen Ungarn, Archäologisch-epigraphische Mitteilungen aus Österreich-Ungarn, 1/2, 1877, p. 165; Toynbee 1977, cit. n. 19, p. 389; Mladen Medar, O otkricu antičkog reljefa nad portalom bjelovarske župne crkve, Muzejski vjesnik, IX, 1986, pp. 11-13; Nenad Cambi, Stela iz župne crkve u Bjelovaru, Radovi instituta zapovijest umjetnosti, XXVII, 2003, pp. 19-25; Idem, Funerary Monuments from Dalmatia, Istria and the Croatian Part of Panonnia. A Comparative Study, Religija i mit kao poticaj rimskojprovincijalnojplastici (Zagreb, 5. 5.-8. 5. 2003, ed. Mirjana Sanader - Ante Rendic-Mioče-vic), Zagreb 2005 (Internationales Kolloquium über Probleme des Provinzialrömischen Kunstschaffens, 8), pp. 18-22. Deck herab dem Kämpfenden zur Hilfe kommt, gemeint sein. Im Übrigen befindet sich im Relieffeld mit der Fluchtszene hinter Pylades (bzw. Orestes) noch ein 'anonymer' Grieche. Mit Rücksicht auf die Regel, dass auf attischen Sarkophagen anders als auf stadtrömischen auf jeder Seite ein Charakter nur einmal auftritt, ist höchstwahrscheinlich auch auf der Vorderseite des Sarkophags aus ^espeia ein Gefährte dargestellt.30 Im Hinblick auf die entsprechenden Figurentypen auf pannonischen Steindenkmälern und stadtrömischen Sarkophagen kann der bewaffnete Jüngling Orestes, dessen Attribut gerade das Schwert ist, darstellen.31 Auf der anderen Seite halte ich mit Rücksicht auf die gesamte Komposition für wahrscheinlicher, dass der Jüngling rechts ein Gefährte ist, der vom Bootssteg hinabsteigt, um sich der Schlacht anzuschließen. Demzufolge ist davon auszugehen, dass die beiden übrigen kämpfenden Heroes Orestes und Pylades veranschaulichen. Die Figuren der beiden Freunde gleichen einander stark und weisen keinerlei Attribute auf, weswegen es unmöglich ist, im Bild zwischen ihnen zu unterscheiden. Bildnachweis: ältere Publikationen (1 [Klemenc - KolSek - Petru 1972, cit. n. 1, p. 31]; 2, 7 [Oakley 2011, cit. n. 4, tabb. 45 (fig. 2), 46]; 3, 4, 6, 8, 10 [Bielfeldt 2005, cit. n. 11, pp. 72, 183, 214, 219, 233]; 5 [Ritti 1981, cit. n. 15, p. 166]; 9 [Hodske 2007, cit. n. 17, tab. 147 (fig. 1)]; 11-13 [Koch 1975, cit. n. 24, p. 139, tabb. 128 (fig. 160), 129 (fig. 162]) 30 Vgl. KocH - Sichtermann 1982, cit. n. 4, p. 377 mit Ausnahmen. 31 Haiganuch Sarian, s. v. Orestes, Lexicon iconographicum mythologiae classicae, VII/1, Zürich, München 1994, p. 76. Prizor boja na grobnici Spektatijev v Šempetru POVZETEK Na desni bočni stranici edikulne grobnice družine Gaja Spektatija Priskijana na rimski nekropoli v Šempetru v Savinjski dolini se nahaja relief z upodobitvijo boja Oresta in Pilada s Tavrijci. Kot je dokazala Margaretha Bonanno Aravantinos, osrednji par ikonografsko ustreza dvojici na atiškem sarkofagu iz Tespij (Tebe, Arheološki muzej Teb, inv. št. 101A, 101B, 101A, 101E, 101ZT, 101T, 103-105, 108, 109A, 109E, 109E', 112A), ostali figuri pa svojih »dvojnikov« na tem sarkofagu nimata. Enako upodobljen bojujoči se par se nahaja le še na reliefu neznane provenience v Veroni (Museo Maffe-iano, inv. št. 28698), na katerem ima Tavrijec v laseh trak, ki običajno označuje Toanta. Desni efeb na upodobitvi boja izrazito spominja na Oresta oziroma Pilada (?) na panonskih upodobitvah Ifigenijinega bega, in sicer na pepelnici na Dravinjskem Vrhu (vzidan v cerkev sv. Janeza Krstnika), stranici sarkofaga iz Sopijan (Budimpešta, Magyar Nemzeti Muzeum, inv. št. 62.84.1-2, 62.85.1-2) in na steli iz Gorzija (Tac, Gorsi-um Szabadteri Muzeum Regeszeti Park). Enaka figura nastopa še na dveh sarkofagih iz delavnic v mestu Rim. Prvi je hranjen v Weimarju in je nastal okoli leta 160 po Kr. (Weimar, Schlossmuseum, inv. št. G 1744), drugi pa je ohranjen le v risbi iz „korpusa" Cassiana dal Pozza (Windsor, Royal Library at Windsor Castle, inv. št. 8712, dal Pozzo VIII fol. 11). Lik na drugi strani reliefa z grobnice Spektatijev po tipologiji še najbolj spominja na upodobitev Meleagra iz podskupine zgodnjih atiških Meleagrovih sarkofagov, datirane v tretjo četrtino 2. stoletja. Vprašanje ostaja, koga ti liki predstavljajo. Upoštevaje nesporna ujemanja z upodobitvijo v Veroni, Tavrijec v sredini najverjetneje predstavlja Toanta, ki se dvobojuje z Orestom oziroma Piladom (?), na levi strani bi bil drugi od obeh prijateljev, z druge strani pa bi jima na pomoč prihajal eden od članov grške odprave.