.F>?.' ^^ ^M^ x/t Js&Jfs/** ***-&&*<■-■S0**) • X/t/s Bibliothek geographischer Reisen und Entdeckungen älterer und neuerer Zeit. ^ s lf^'i Na >, d^ Unterl WfiKInt.l>gllniern. ' '-Non Oeorge ßhaworty Musters. Jena, H c r in a nu (5 o st cnobl c. 1877. -5M"' .^ Wäki erlegt einen Puma. Hnter llen WlMonmtz. Waudcrunsscn au< unbetretencm Voden von der Magalhäes-Straße bis zum Nio Negro von George Oljanmllj Musier^, Muturisirte o ollstn n >1 i „e ^n«llul»c für D cu< sell l unü. Aus dl'll! Englischen I. E. A. Martin, Mit 9 Illustrationen in Ton- nnd Schivarzdruck und 2 Karten. Zweite Kuflage. Wohlfeile Kolksausgave. ,/ Jena, H c r in a n n C li st c ls o d l c, 1677. V o r m o l t. Indem ich mein Buch dem Pnbliknm übergebe, bin ich mir bewußt, daß manche Leser, die eine genaue und wissenschaftliche Darstellung der Geographie nnd Geologie Patagoniens wünschen, sich getäuscht sehen werden; aber ich muß zu meiner Entschuldigung ausdrücklich sagen, daß ich unter den obwaltenden Umständen Instrumente nicht mit fortbringen und auch nicht ohne Gefahr anwenden konnte. Der Weg, den ich machte, wurde mit Hülfe eines Compasses so sorgfältig als möglich aufgezeichnet; die hergegebene Karte ist daher in so weit richtig und, wenn auch unvollständig, doch wenigstens nicht aus der Phantasie hervorgegangen. Anderen, die vielleicht gern aufregende abenteuerliche Geschichten lesen oder hören möchten, wie der Reisende oft nur mit knapper Noth davonkam — Dinge, die man gewöhnlich als bei einem ^eben nnter uncivilisirteu Menschen alltäglich vorfallend erzählt findet — kann ich nur die Hoffnung machen, daß die hier gegebene treue Darstellung des Lebens, wie ich es ein ganzes Jahr hindurch mit den Indianern geführt habe, wenn sie auch nicht ge'.ade starken Ein» drnck hervorbringt, doch wenigstens dazu dienen wird, sie in die Verhältnisse der Tehnelchen so weit einzuweihen, daß sie bei denselben wirklich zu Hause sind. Cine angenehmere Aufgabe ist es für mich, den Männern, durch deren Beistand die Ergebnisse meiner Neise mchbar geworden sind, meinen Dank auszusprecheu. Voran steht der ehrwürdige frühere Präsident dc'l' königlichen geographi- Vl Vorwort. schoit Gesellschaft zu London, Sir Roderick Murchison, der den Reisenden nach seiner Rückkehr freundlich anfnahm und der genannten Gesellschaft vorstellte, was derselbe dankbar anerkennt. Kaum geringer sind meine Verbindlichkeiten gegen Clements Marlham, Ritter des Vathordens, der seine unvergleichliche Kenntniß der früheren Geschichte sowohl als der Geographie von Südamerika mir zu freier Verfügung stellte, und gegen Dr. Hooker, Director der königlichen Gärten in Kew, für seinen gefälligen Beistand bei der Bestimmung einiger der Pflanzen, die ich ge-fnnden hatte, während ich Herrn Rudler beim mineralogischen Museum für das sorgfältige Ordnen der verschiedenen Gesteine und Mineralien, die ich gesammelt, verpflichtet bin. Endlich wird der Leser mit mir es Herrn Zweck er Dank wissen, daß er aus rohen Umrissen, die ich nur skizzenhaft in ein Taschenbuch ent-worfen hatte, mit geschickter Hand die lebhaften uud treueu Abbildungen geschaffen hat, welche die Landschaft und das Leben in Patagonien ihm vor die Angen stellen. G. C. Musters. I n k a l t. Seite Einleitung ..................... 1 Erstes Kapitel. Von der MtMlhgeZ-Stmhc nach Snntn Grnz. Plan zur Reife. — Vorbereitungen, — Abfahrt von Stanley -- Die Magalhiies-Straße. Die ersten Fußtapfen in Patagonicn, Die Meerengen. — Pnnta Arena, Commandante Viel. - Die Colonic. Die Stadt. — Chilotm und Verbrecher. — Hülfsquellen. — Besuch dcs Kohlenlagers - Lieutenant Gallegos — Der Aufbruch, — Nio Chaunco — Die patagomschen Pampas. — Unsere Reisegesellschaft. — Cabccera del Mar. — Oazy'Hasm, - Eine unnütze Jagd, — Eine Nacht ohne Feuer. — Vulkanische Hügel. Pampagcschichten. — Nio Gallegos. — Die ersten Indianer. — Sam Slick Rio Cuheyli. ..... Zusammentreffen mit Tchuelcheu. — Eine Caravane Frauen- — Englische Höflichkeit. - Wnste. — Endlich Santa Cruz ................. 7 Zweites Kapitel. Santa <5mZ. Vorstellung bei bcn Hänptlingen. — Orkekc. — Chilische Deserteure. — — Die Ausicdelung. — Die Insel Pabon. ^ Von der Natur geboteue Vortheile. — Die Missionsslation, — Mr. Clarke, — Unser Zirkel ans Pabon, Erpedition nach dcm See Viedma, ^ Winterbcschäftignngcn. ^ Arbeit und Spiel — Casimiro'ö Abenteuer. — Sein Charakter, — Ein Iagdausflug im Winter. — Ein Schnecstunn auf der Pampa, — Da« Santa,Cruz-Thal. — Den Fluß hinauf. — Die nördlichen Hügel. — Pumas. - Teufelsaugen. — Eine Jagd zn Fuße, Starke Kälte. — Die Deserteure tonnucn wieder, Reise uach dein iudiauischm Vager. — Erstt Nacht in eiucm Toldo, — Giu Pferd im Schlepptau. — Abschied von Santa Cruz...................... 41 Vl'l Inhalt. Drittes Kapitel. Der Mo thrw. Seite Abbruch des kagers. — Ein müßiger Tag, — Hastiger Aufbruch. — Eine Verlegenheit. — Allein auf der Pampa. — Wiedervereinigung. — Der Kau oder Toldo. — Die häusliche Einrichtung. — Die indianischen Stämme, — Drei Ra^cn. — Die Marschordnung. — Die Jagd. — DaS indianische Iagdgesetz, — Die Kochkunst der Tchuelchen. — Basalthngel. — Ein indianischer Festtag. — Mein erster Tchuelchc-Ball. Fran Ortete fällt vom Pferde. - Uebergang über den Rio Chico. — Eine Schlacht. — Cuastro's Tod. — Gefahrvolle Zeiten, — Die Verschwörung der Chiller, — Obsidian.Ebcne und Paß. — Die ersten Strauß.Eier. — Ama-laten. — Das Steinhcben. — Das Teufelsland, — Der Gotteshügel, — Condore und das Mittagsmahl, ^ Sonnenaufgang auf der Cordillera. — Der Vorbote der Pest, — Gelgel'Ait. Wie ich mich dem Ehestand entzog. — T6le. - Die Augen der Wüste. ^ Milen-Kaimat. — Vorbereitungen zum Kriege. ^ Ein zweiter Kampf. — Wassertiger, — Indianische Ban-diten. — Eisenerze. — Der Schiffsfclsen. — Der Barschfang. — Appley. tait. — Casimiro's Flucht, — Ankunft in Hcnno ........71 Viertes Kapitel Von Hennoktük nach Necl'.el. Das Bewilltommnungs'Cerenwniell. — Hinchel's Iildianer, — Tc° huelcheu uud Araucanos. — Iackcchan und der Chupat^Stamm. — Meine Prnsuug. — Das 5!agcr in Henno. Friedliche Beschäftigungen, — Der älteste Einwohner, — Chiriq. — Die verborgenen Städle. - Sagen aus der ^leuznt, — Geheimnisse der Cordillera, — Los Ccsares. — i!a Ciudad Eucantada. — Ihre ^!age. — Die indianischen Cesares, -^ Das Guanaco, — Der patagouischc Stranß. — Die Umgegend von Chiriq. — Pserdc^ rennen. — Die indianischen Pferde. — Dic indianischeu Hunde. — Der Hund und der Verliebte. Sehnenflechten. - Der Winbhllgel. — Von Feuer umringt, — Die jungen Guanacos — Es kommt Grog an. — Nachrichten von Santa Cruz — Gist, - Eine romantische Landschaft. — Eine angenehme Umgegend. — Ein zauberhastcS Thal. — Der Reisende bändigt cin Pferd, -^ Weibliche Ncnginde, — Das !l!and der wilden Rin» ber, ^ Die Wälder der Cordillera. — Die Wasserscheide, — Im Gebirge, — Wildwachsende Blumen. — Ein Etiergefecht — Der Bulle bleibt Sieger. — Kein Weihnachtsfleisch. — Teckel, — Umquarüemn . . . . N« Fünftes Kapitel. Kitten und Gebräuche der Tchuelchen. Patagonischc Niesen. Ein weiter Spazicrgang. - Kraft und gute Laune, ^ Schöner Haarwuchs. — Coquetteric der Tehuelchinuen. — Klei» dung der Männer und Frauen. — Schmuäsachm und Schönheitsmittel. — Toilette uud Bad. — Waffm und Gcräthe. ^ Alte Bvlas und Pfeile — Inhalt. « Gelte Sättel und Zäume. — Silbcrfchmiede. — Die Verfertigung der Mäntel. — Frauenarbeit. — Kost und Kochkunst. — Tabakrauchen. — Kartenspiel. — Ballspiel. — Ceremonien bei der Geburt. — Kindheit. — Ehe. — Leichcngebräuche. — Religion. - Dämonen und Doctorcn. — Hexerei und Borzeichen, - Heilkunde, -^ Bevölkerung und Politik. — Etikette. — Charakter der Tchuelchen. — Natürliche Nebe. — Rath für Reifende . 169 Sechstes Kapitel. Von Teckel nach Eezzlnm. Casimiro's Haushalt, — Carge-kail, — Quintuhual's Sohn. Wool-kin. — Rebhühner, — Zufammeutunft mit den Araucaniern. — Der Ca-cique Quintnhual. — Esgcl-laik. — AraucMischc Schönheiten. - Gelegen-heit nach der Eolonie Ehupat. — Diplaik, — Calficnra's Kriegserklärung. — Die Tehnclchen lernen fischen. — Meine indianschcn Verwandten. — Waldstrcifereicn. — Ein indianifchcs Paradies. — Der obere Ehupat, — Cuschamon. — Das Verlieren der Pferde, — Amtsvenichtungen, — Bot-fchaft von Las Manzanas. — Das Branntwcmsegnen, ^- Cafimiro be^ rauscht. — Foyel's Lager. — Großes Parlemento. — Foyel's Absichten. — Gatschen-tait. ^ Ankunft in Geylum...........202 Siebentes Kapitel. Ans WanMns. ßm Dieb ertappt. — Fräulein Foycl. — Aufbmch nach Las Manza-nas. — Erster Anblick der Aepfelhame- - Vorzeichen von Krieg, — Ina-cayal's Tolderia, — Neberqanc; über den Nio Limay, — Mr, Cor's Schiffbruch. — Lmketrou's Einfall. ^- Eine unruhige Vtcicht. — Die Tapferkeit meiner Vettern. — Chccoque der Große. — Ein berittenes Parlcmento, — Aepfel und Pinonen. — Graviel's Wühnstnu. — Las Man'Mas. — Cheoe« que's Palast. — Die Zechgelage und Lustbarkeiten, — Fehden zwischen den Häuptlingen, Die Picunchen und die nach Valdivia führenden Pässe. — Handel und Politik. — Calficura's Ein^ll in Vahia Manca.— Friedens beschlüsfc. — Ein großartiges Bankett, — Cheoeqnc's Macht. — Araucanische Sitten und Gebräuche. Abschiedsgcscbente. — Einladung, wiederzukom-men. — Orkeke's Großmnth. — Nücktchr nach Geylum, ^- Ausbruch einer epidemischen Krankheit. — Mein kleiner Page. — Abreise von Geylmn 232 Achtes Kapitel. Van Geylum nnch Dntaganes. Ein Lager voll Kranke, — Der vulkanische Hügel Oerroö. — Crime's Sterbebett. — Graviel's Beförderung. — Der brennende Erdboden. — Heiße Quellen. — Ein Kampf mit dem Gualichu, — Ein wirtlicher Kampf. — Ein Soda See. — Das Lager in Telct. — Der Doctor hat Unglück. — Ein gefälliger Strauß. — Zum Chasqui ernannt. — Trübsale des PamplllebenS, - Eine schlechte Zeit. — Die Ebenen von Margenscho. — X Inhalt. Srit« Casimiro's Mißtrauen. — Der Doctor und das kraute Kind. — Die Pflichten eines Boten. — Abreise dcr Chasquis, — Die Reise geht eilig. — Die gepflasterten Pampas, — Ein idealer Bandit. ^ Ein Brief aus dcr Chupat-Colonie, Triuita. — Tcncforo's Pampas-Indianer. — Cham« payo'L Grofznwth. — Ein Morgmtrunk. — Abreise von Trinita, — Bal-chita, — Die Schweinsstraße. — Wilde Pferde. - Die Travesia. — Die Grenze der patagonischcn Fauna und Flora. — Der eiste Blick auf den Rio Negro, — Sauce NIanco, — Die Ouardia, — San tauicl. — Ritt nach Patagones. — Scüor Murga. — Wallisische Gastfreundschaft. -— Endlich ultter Freunden.................5M Neuntes Kapitel. Die Kill Uegro-AnsiedelmMN. Patagoucs oder die alte Stadt Carmen. — Das Fort nnd die Gebäude, — Die südliche Stadt, — Die englische Mission, — Die Bestand» lhcilc der Bevölkerung, — Die Neger, — Die Verbrecher. — Gesetzloser Zustand des gesellschaftlichen Lebens. — Der Gottesacker. — Die frühere Geschichte der Eolouie. — Eiue gelungene Kriegslist, — Billarino's Fahrt den Fluß hinauf, — Rosas' Feldzug. Die Iusel Ehoelechel. — La Guar dia Chica — Die Estancia der Herren Kincaid. — Alle indianische Gräber. — Fcucrstcinwaffen. Der Schaf« und die Pumas. — Die Estancia San Anbr<5, — Die Indianer und die Colonisten, Calsicura's C'infall. — Dic AngriMvcise der Indianer, Die zahmen Indianer. — Ansicht des Thales. — Der Handel von Patagones. — Fruchtbarkeit des Bodens, ..... Der Rio Ncgro-Wein. — Der Waidmann, — Rath filr Vuswauderer. ^ Verhaudluug mit Oberst Murga. — Die von der Regierung den Häuptlingen bewilligten Gehalte und Gaben. — Cafimiro tritt wieder auf, — Die Tchuelchcu in dcr Stadt. — Abschied der Tehuelchen. ^ Daö walli-fische Utopien. — Das gesellige ^cbcn in PatagoneS, — Endlich das Dampfschiff. ^ Gestrandet. — Der Lootse. — Pat Sweeny. — Abschied von Patllgonim.....................itOü Grster Anhang. Kurzes Verzeichuiß von Wörtern aus bei Tsoncca Sprache, ivie die nördlichen Tehuelchm sie sprechen..............338 Zweiter Anhang. Die Körpergröße dcr Patagouier nach dcn Zeugmsfcu der auf einander folgenden Reisenden..................^42 VelXeicknW tier Mchrntionen unll Knrten. Gtttc 1, Wäti erlegt einen Pum». Titcllupfcr. (Vergl. S. «2,) 2. Station auf der Insel Pad on im Rio Santa Eruz...... 45 ^j, Guanaco' und Straußjagd im Rio (>hic0'Thale....... 73 4. Abzug aus dem Lager am M^waisch oder Fensterhilgcl..... 8,"i 5». VenMtommnunMercmonie zwischen Tchuelchen und Araucanicrn . 119 6, Ein wilder Bulle in bei Cordillera . . . ,........ 164 7, Reiseroute vom 8. October bis N». December ltt?0 und muthmaßlicher ^!aus des Smgelflusscs............... 1L8 8, Waffen und Geräthe der Tehuelchm............ l«<) 9, Das „hnbsche Haus" und Tanz............. 189 U>. Uebergaug übcr ben Rio i!imay............. ^38 11. karte von Patagouien.............. am Ende Ginleitung. Vor dreihundert und fünfzig Jahren ankerte der große Seefahrer Magalhkes in einem Hafen an der Ostküste eines unbekannten Bandes: es war ein Theil des großen südamerikauischeu Festlandes, dem er den Namen St. Julian gab. Von diefem Punkte ails erforschte der Lootse Serrano die Küste nach Süden hin und entdeckte ciucn Fluß, deu er Santa Cruz uannte. In der Nahe der Mündung fcheiterte sein Schiff, und die Nippen desselben blicbeu auf den Felsen liegen; es war das erste in der langen Reihe Fahrzeuge, die au jeuer steilen Küste untergingen: einer Küste, die von der Mündnug des Nio Negro bis zu der Magalhäes-Straße nur einen oder zwei sichere Hafen bietet, während uuter dem Wasser liegeude Niffc, wütheude Stürme, starke Gezeitcn, Meercsströme nnd Wafferfälle sich vereinigen, mn sie fast zu der gefährlichsten zu machen, welche die Seefahrer kennen. Magalhaes blieb im Port St. Inlian und Santa <5rnz vom April bis znm October 1s>W; dann segelte er südwärts und entdeckte die Straße, die seiueu Namen führt. Zwei Monate nach seiner Ankunft im Port St. Julian erschien am Meeresstrande ein Mann von riesenhafter Größe, ,,umfänglicher nnd länger als der größte Mann Castiliens". Später kamen achtzehn Eingeborne, in Mäntel von Fellen nnd Schnhe von Guauaco-Haut gekleidet, die gewaltig große Fußtapfeu machten; sie wurdeu deshalb von den Spaniern Patagoues oder „Großfüßc" genauut, und so ist aus einem Spitznamen der Name des Landes, Patagonien, entstanden. Diese Männer führten Bogen und Pfeile und hatten vier junge Guauacos bei sich, mit welchen sie die wilden in die Musters, Unter den Patagontern. l. 2 Sir Francis Drate. Schußweite lockten. Zwei junge Männer wurden hinterlistiger Weise ergriffen und henlcnd nnd ihren Gott Setebos anrufeud fortgeschafft. Die Eiugebornen nahnicn natürlich diese Erwiederung ihrer zuvorkommenden Freundlichkeit übel, griffen ein ihuen nachgesandtes Streifcorps an nnd tödtcten einen Spanier mit ihren Pfeilen. Man sah jedoch genug von ihnen, um Piga-fetta in den Stand zu sehen, einige Einzelheiten mitzutheilen. „Ihre Zelte waren leicht bewegliche, mit gellen bedeckte Gerüste; ihre Gesichter waren gemalt; sie waren schnell zu Fuße, hatten Werkzeuge von fcharftantigen Feuersteinen nud aßeu ihr fleisch fast roh." Daß die erste Kunde von Patagonicn in England dnrch Piga-fetta'Z Schilderung verbreitet wnrde, läßt sich ans Caliban's Worten in Shakespeare's ,,Sturm" vermuthen: ,,Seine Macht bezwänge wohl meiner Mutter Gott, den Setcbos;" aber erst 4l>7N wurde das neu entdeckte Land von Engländern besucht. In jenem Jahre ankerte Sir Francis Drake in der Sechnnds-Bai — wahrscheinlich ein wenig südlich vom Port Desire — nnd sah mehrere Indianer. Sein Schiffsprcdiger erzählt, wie sie die Strauße beschleichen: ,,Sie habeu auf einem langen Stäbe einen Busch uon Straußfedern, der so groß ist, daß sich ein Mann dahinter verstecken kann; mit diefem beschleicheu sie die Strauße." Ferner sagt er: ,,Sie wollten mit unferer Gesellschaft in keinen Perkehr treten, bis ihr Gott ,,Settaboth" es ihnen erlanbte. Sie schneiden sich das Haar nie ab, sondern machen es zum Behälter für Alles, was sie bei sich tragen ^ zum Köcher für die Pfeile, znr Scheide für die Messer, znm Etui für die Zahnstocher, zur Schachtel für die Feilerzengstäbe nnd zu allem Möglichen; sie tanzen sehr gern nnd haben dabei Klappern nm den Leib; sie haben reinliche, anmuthige nnd starke Körper, sind schnellfüßig, sehr gewandt, überhaupt ein stattliches uud lebhaftes Volk. Magalhäes hatte nicht ganz Unrecht, wenn er sie Niesen nannte, doch sind sie nicht länger, als manche Engländer." Drake besnchte dann Port St. Julian, und merkwürdig genug, wie Magalhäes an dieser Stelle zwei seiner Capitainc, die Meuterei anstifteten, hinrichtete und einen dritten an der Küste aussetzte, so wurde dieser Hafen der Schauplatz der Hinrichtung Mr, Doughty's, der sich lieber enthaupten als auf den Straud setzen ließ. Im folgenden Jahre wurde Sarmieuto von Calläo abgesandt, nm den kühnen Eng- Sarmiento's Colonie. 3 lander in der Magalhäes-Etraße zu suchen. Er sah Eingeborne, die ihr Wild zu Pferde jagten und es mit Bolas (oder Wurf-tngeln) niedermachten. Nur fünfzig Jahre waren Verflossen, seitdem die Spanier des Rio de la Plata die Pferde eingeführt hatten, nnd schon waren die Indianer im fernen Süden Reiter geworden nnd schienen ihre Bogen nnd Pfeile mit den Volas vertauscht zu haben. Im Jahre 1li81 wurde Sanniento mit 2l>00 Mann von Spanien abgesandt, um in der Magalhäes-Straße neue Colonien zu gründen. Er ließ zn einer Ansiedelung vierhnndcrt Männer und dreißig Frauen dort znrück nud versah sie auf acht Monate mit Lebensmitteln. Auf dem Heimwege wurde sein Schiff von den Engländern genommen, und die unglücklichen Colomsten wurden von ihrer Regierung ganz vergesse»: nnd vernachlässigt. Fünf Jahre später ankerte Thomas Cavendish in einer Bai südlich von St. Julian, die er Port Desire nannte, und die den Namen seines kleinen Schiffes von 120 Tonnen verewigt. Hier griffen die Gingebornen seine Leute mit Bogen und Pfeilen an. Als er die Magalhäes-Straße besuchte, kam er in die Ansiedelung und fand nnr noch zwölf Männer und drei Frauen am Leben; die Uebrigen waren dnrch langsamen Hungertod und Krankheit umgekommen, und der Name Port Famine (oder Hunger-Hafen), den er dem Orte gab, erinnert noch immer all das traurige Schicksal dieser unglücklicheil Colomsten. Auf seiner nächsten Reise, im Jahre 1591, starb Cavendish; aber John Davis besnchte zweimal Port Desire uud erforschte den Fluß zwanzig englische Meilen weit. Während seines Aufent-Haltes besuchten gegen 1000 Cingeborne die Fremdlinge, und Knyvet schildert sie als fünfzehn bis sechzehn Spannen hoch. Die Besuche Van Noort's und Schouten's wollen wir übergehen. Unter der Regierung Karl's des Zweiten nahm Sir John Narborongh im Namen des Königs Besitz von dem Lande in der Nähe von Port Desire. Man sah nur wenige Eingeborne, und der Steuermann, Mr. Wood, behanvtete prahlerisch, er sei länger als sie alle. Im achtzehnten Iahrhnndertc besuchten Byron und Wallis nach einander die Küsten Patagonicns und schlössen Freundschaft mit den Eingebornen, deren Höhe, wie man fand, 5 Fuß !0 Zoll bis ^ Fuß bctrng, während einige fast 7 Fnß hoch waren. 4 Die Gebrüder Viedma. Im Jahre 1774 veröffentlichte der Jesuit Pater Falkner fein Werk über Patagonien. Es enthält Alles, was er nnd die übrigen Iesniten-Missionäre, die an der westlichen nnd nördlichen Grenze festen Fnß zu fassen versnchten, an Auskunft sich verschafft hatten. Was er über die Tehnelchen oder Tsoueca-Indiauer sagt, entstammte offenbar persönlichem Verkehr mit ihnen; was er aber von der Topographie ihres Landes weiß, scheint er aus den Berichten Anderer entnommen zn haben. Dnrch dieses Werk, das großes Aufsehen machte, wnrde die eifersüchtige Furcht der spanischen Negierung erregt; sie sandte daher eiligst eine Expedition ab, um an der Küste Patagoniens Ansiedelungen zu gründen. Von den Gebrüdern Viedma, welche die Expedition befehligten, gründete Francisco Carmen au der Mündung des Rio Negro, und Antonio, der zuerst Port Desire in'Z Ange gefaßt hatte, entschied sich endlich für Port St. Julian uud legte dort den Grund zu einer zweiten Colonie. Von da aus unternahm er die erste Forschnngsreise in das Innere, um Bauholz zu suchen, und erreichte anf derselben den großen See am Fuße der Cordillera, aus welchem der Rio Santa Crnz entspringt. An der Küste sowohl als im Innern waren die Indianer sehr freundlich gegen ihn nnd leisteten ihm vielen Beistand; er faßte daher eine höchst günstige Meinung von ihnen. Unter seines Bruders Auspicien fuhr Villarino den Rio Negro bis an das Gebirge hinauf. Wir werden anf diese Expedition an geeigneter Stelle Bezug nehmen. Bis zn der Vermessnug, die von Fitzroy und Darwin anf dem ,,Beagle" so geschickt ausgeführt und fo vortrefflich beschrieben wnrde, erhielt man über das Innere Patagouicns keine weitere Kenntniß. Bei jener Vermessung setzte die zweihundert Meilen weite Fahrt deu Fluß Santa Cruz hinauf Darwin in den Stand, die merkwürdigen Formationen zu beobachten, die er in feinem Werke über die Geologie Süd-Ameritas so trefflich dargestellt hat. Diese kurze und doch vielleicht langweilige Uebersicht sollte nnr zeigen, daß, wenn auch die Küsten Patagoniens erforfcht und vermessen wurden, doch das Innere des Landes, obgleich die Expeditionen Viedma's und Fitzroy's in dasselbe eindrangen, bis in die jüngste Zeit noch immer fast unbekannt blieb. Mit den Bewohnern desselben, den Tehuelchen, hatte man oft verkehrt, ihre Körpergröße aufgezeichnet und ihre freundschaftliche Gesinnung ge- Das Innere Patagoniens blieb unbekannt. b rühmt; ihre eigentliche Lebensweise aber, während sie das Land durchwanderten, nnd ihre Verwandtschaft mit oder Verschiedenheit von den Arancanischcn oder Pampas-Indianern waren fast ein ebenso großes Geheimniß geblieben, wie sie es im vorigen Jahr-hnnderte waren. In den letzten dreißig Jahren haben die Negierungen von Chili nnd von Bnenos Ayres Neigung gezeigt, den Besitz der Küste zn beanspruchen. Die erste snchte von der Magalhäcs-Straße, die letztere von Patagoncs her vorzurücken, und die Eingebornen haben die Herrschaft beider Regierungen, wenn die eine oder andere sich zufällig im nördlichen oder südlichen Theile befand, anerkannt. Auch unsere Missionäre haben einige Versuche gemacht, die Pata-gonier zu unterrichten und znr christlichen Religion zu bekehren, und wenn auch diese Versuche sich nothwendigerweise auf die Küste beschränkten, so hat doch Mr. Schmidt Aufenthalt bei den Te-hnelchcn sowohl in ihrer frcnndschaftlichcn Gesinnung als in dem dauernden Zeugnisse des von ihm veröffentlichten kleinen Wörterbuches der Tsoneca - Sprache bleibende Früchte getragen. Und der Verkehr der genannten Indianer mit Argentine,: und Chiliern nnd besonders mit englischen Officieren, Scehnndsfängern nnd Missionären, die Einer nach dem Andern folgten und die Alle für ihren Charakter ein günstiges Zeugniß abgelegt haben, hat dazn beigetragen, daß sie zugänglicher geworden sind nnd die Ausländer kennen gelernt haben, und in dieser Hinsicht weiß ich, daß cin Reisender, der die freundschaftliche Gesinnung der Eingcborneu gegen Fremde und besonders gegen Engländer aus Erfahrung kennen gelernt hat, Allen denjenigen, die, wie ich erwähnt habe, mir vorangegangen sind, eine kurze Erinnerung schuldig ist. Während ich damit beschäftigt war, mein Buch zum Druck vorzubereiten, hatte ich Gelegenheit, das Werk M. Guinnard's durchzulesen, das zuerst in französischer Sprache veröffentlicht uud kürzlich unter den: Titel „^w-uL Voark' flavor)? «,inon^ t,ne ?a> ln8's»nian5l" l) dem englischen Pnblikum in einer geistvollen Ueber-schuug dargeboteu wurde. Der Name Patagonier zog mich uoth-wcndigerwcise an, aber zu meiner großen Uebcrraschung kam ich, nachdem ich das Buch sorgfältig durchgelescu hatte, zn der festen Ueberzeugung, daß dic persönlichen Erfahrungen des Verfassers ') „Eine dreijährige Sklaverei »nter bcn Pat^oiuen!." 6 M. Gumnard. sich ganz und gar auf die Pampas-Indianer nördlich vom Nio Negro beschränkten. Aus Allem, was er selbst sagt und nicht sagt, geht ganz deutlich hervor, daß er von keinem seiner der Neihe nach folgenden Herren über diesen Miß, den er (S. 40.) klar nnd richtig als die nördliche Grenze Patagonicns bezeichnet, hinüber geführt wurde. Der Name Patagonier ist daher ganz falsch, und die sonderbare Erzählung von den „Tchöouelchen" oder Fuß-Nomaden (S. 72—78.), die sich in Sechundsfelle kleiden, gewöhnlich von Fischen leben und buchstäblich keine Pferde haben, läßt sich auf keinen einzigen Stamm östlich von der Cordillera anwenden; die ^uegier (oder I-euerländer) sind das einzige Volk, bei dem sich von den charakteristischen Gewohnheiten, welche diesem sogenannten patagomschen Stamme beigelegt werden, Etwas findet. Man wird hoffentlich nicht denken, daß ich gern die Richtigkeit der Schilderung in Zweifel ziehen möchte, die M. Guiuuard von den Beschwerden, die er in seiner Gefangenschaft ertragen hat, oder von den Sitten der Indianer gibt, in deren Hände er fiel; denn davon kann ich Vieles bestätigen; aber es ist zu bedauern, daß er, wahrscheinlich durch Andere, verleitet wurde, die Pampas-Indianer, die dem Lande, der Rayc, der Sprache und dem Charakter nach von den Tehnelchen Patagonicns ganz verschieden sind, unter dem Namen Patagonier zu beschreiben. Erstes Kapitel. Von der Magalhnes-Straßc nach Santa Cruz. Plan zur Reise. — Vorbereitungen. — Abfahrt von Stanley. — Die Magal-Häes-Straßc. — Die ersten Fußtapscn in Patagonien. — Die Meerengen. — Punta Arena, — Commandants Viel. — Die Colonie. — Die Stadt. — Chiloten und Verbrecher, — HMfsqueUcn. — Besuch des Kohlenlagers. — Lieutenant Gallegos. — Der Aufbruch. — Rio Chaunco. — Die patagonischcn Pampas, — Unsere Reisegesellschaft. — Cabccera del Mar, — Oazy-Hafen. — Em«, unnütze Jagd, — Eine Nacht ohne Feuer. — VuUamsche Hügel. — Pampageschichtm. — Rio Gallegos, — Die ersten Indianer, — Sam Slick. — Nio Cuheyli. — Zusammentreffen mit Tehuelchcn, — Eine Caravane Frauen. — Englische Höflichkeit. — Wilste. — Endlich Santa Cruz. Im April 1969 führte mich der Zufall in unsere entlegene Kolonie anf den Mklands-Inseln. Mein Zweck war, von da nach Vnenos Aures hinüberzufahren, mn dort einige Geschäfte abzumachen. Während meines Aufenthaltes in der Colonie bildete die Küste Patagoniens, mit deren Vermessung damals Ihrer Majestät schiff ,,Nassan" beschäftigt war, hänfig den Gegenstand der Unterhaltung. Ich hatte früher, als ich an der Eüdostknste Ame-nkas stationirt war, mit Vergnügen Mr. Darwin's Werk über Süd-Amerika sowohl als svitzroy's vortreffliche Beschreibung der Neise des „Beagle" geleseil und hatte seitdem immer ein starkes Verlangen getragen, wo möglich in das wenig bekannte Innere des Bandes einzudringen. Jetzt endlich schien eine günstige Gelegenheit znr AnMhnmg des lange gehegten Planes, das Land von Pnnta Arena ans bis an den Rio Negro, Valdivia oder selbst bis Vnenos Ayrcs ;u durchreisen, gekommen zn sein. Was ich von dem Charakter der Tchnelchen uud von dem herrlichen Ver- 8 Die Magalhäes-Straße. gnügeu der Guanaco-Iagd erzählen hörte, welch letztere von einem Seemanne, Sam Bonner, der viel an der Küste gewesen war nnd in der Station Santa Eruz gewohnt hatte, ansführlich und malerisch geschildert wurde, das machte Alles mehr als je in mir den Wnnsch rege, meinen Plan zn verfolgen, und da ich mit der spanischen Sprache, die viele der Indianer gnt verstehen, leidlich bekannt war, so schien es mir möglich, wenn ich mich der einen oder andern ihrer wandernden Horden anschließen konnte, das Land in Sicherheit zn durchreisen. Ich rührte mich daher, nm zn erfahren, anf welche Weise ich am besten eine derartige Empfehlung an die Indianer erhalten könnte, daß ich voraussichtlich ihrer Zustimmung sicher war. Zu diesem Zwecke leistete mir Mr. Dean in Stanley den wesentlichsten Beistand. Er war so freundlich, mich mit Empfehlungsbriefen an Capitain Lniz Piedra Buena, einen in Stanley wohlbekannten einsichtsvollen Argentinen, zn verschen. Don Lniz war der Eigenthümer eines Schooners, in welchem er den Scchnndsfang an der Küste betrieb, nnd besaß anch ein Handelsgeschäft anf Middle Island, einer Insel im Nüsse Santa Ernz. Mr. Dean meinte, ich würde ihn sicherlich in der Magalhäcs-Ctraße treffen, und er werde gern seinen Einfluß bei den Indianern anfbietcn, um mir die Ausführung meines Neise-planes zn ermöglichen. Außerdem erhielt ich noch Creditbriefe an die Firma der Herren Agnirre und Mnrga in Patagoncs oder, wie es in Stanley gewöhnlich genannt wird, in Rio Negro. So mit Beglaubigungsschreiben bewaffnet, mit einem Mantel von Guanaco-Fcll ausgestattet nnd mit Lazo (oder Fangschnnr) und Volas versehen, benutzte ich das Anerbieten eines alten Frenn-dcs, der nach der Westküste fahren nnd mich bis in die Magal-häcs-Straße mitnehmen wollte. In der erstell Woche des April segelten wir von Stanley ab nnd ankerten nach einer stürmischen Fahrt voll elf Tagen in der Possession-Bai, gerade innerhalb des Einganges in die Ma-galhäes Straße, nm anf den Wechsel der Gczeiten zn warten. Bei der außerordentlichen Geschwindigkeit, mit welcher in diesen Meerengen die (^ezeiten ebben lind flnthen, ist es für jedes Schiff, das nicht große Dampfkraft besitzt, unmöglich weiter zu fahren, wenn die Gezeit nicht günstig ist. Der erste Anblick, den uns die Straße bot, machte, anf mich keinen günstigen Eindruck. Die Ufer sahen anf beiden Seiten bleich nnd kahl ans, obgleich man weit nach Süd Die ersten Iußtapfen in Patagonien. 9 und West die Berge der Tierra del ^nego (oder des ^euerlandes) deutlich sehen konnte. Da wir früh am Nachmittag ankerten, so wurde der Vorschlag gemacht, die Küste Patagonieus zu besuchen. Es fand sich schnell eine Gesellschaft freiwilliger zusammen und war -^ znm Zweck der Jagd und im ^all der Noth zur Selbstvertheidigung gut mit bewehren und anderen Wasfen versehen — bald im Boote. Da gerade Ebbe war, so tonnten roir in folge des seichten Wassers das Ufer nicht erreichen; wir nmßten daher gegen zwei- bis dreihundert Meter über Lager scharfkantiger Muscheln waten und befanden nns, nachdem wir die steile Klippe erklettert hatten, am Nande einer kahlen Ebene, auf der von lebeudcn Wesen keine Spur sich zeigte. Nachdem wir eine Strecke gegangen waren, kamen wir an den Rand einer Wasserrinne, die nach der Küste hinablief. Dort fanden wir ein zerrissenes todtes Guanaeo; wir blicbeu daher stehen, um das Thier, das die Meisten von uns nicht kannten, genauer anzusehen. Unsere Betrachtungen über die merkwürdige Bastardform des wunderlich aussehenden „Kameel-Echafes" nahmen ein Ende, als wir dicht dabei die frischen Iußtapfen eines Pnma entdeckten. Wir gingen ihnen begierig nach, in der Hoffnung, eine kleine Unterhaltnug zu bekommen; nachdem wir jedoch eine Zeit lang vergebens gcsncht hatten, wurde es uns langweilig; wi'- gabeu daher die Verfolgung anf, setzten unsere Streiferei wieder fort und wanderten durch hohes, grobes Gras und hier und oa zerstreut stehende dornige Büsche dahin; um die Eintönigkeit M^ unterbrechen, schössen manche von den Jägern dann nnd wann nach einer Schnepfe. Der Tag war sehr schön, die Wärme des hellen Sonnenscheines wurde durch einen Wind gemüßigt, der gerade kühl gcung war, um eiuen Spaziergang angenehm zu machen, und Jedermann sagte, das patagonischc .Klima sei anmuthig, während wir über ein Stückchen holprigen Terrains gingen, sprang zu unserer größten Vestürzuug und freudc nnser lieber Puma ans eil>em Busche herans; aber die erste Ueberraschung war so groß, daß die günstige Gelegenheit, ihm einen Schuß aus weiter Entferuung beizubringen, verloren ging. fort jagten wir Alle, 'hm uach, m der Hoffnung, von eiuer naheliegenden kleinen Anhöhe aus ihn im Auge behalten zu können, nnd nach tüchtigem kaufen gelang es Zweien von uns, ihn irgendwo nahe am Nandc der Klippen zu sehen. Sie wurden hauptsächlich uon einem Stäuber 40 Die Meerenge. geleitet, der, wie cs schielt, ebenfalls gern sehen wollte, wie es der wilden Katze ergehen werde. An der Klippe angekommen, bemerkte ein Seemann die fährten des Puma anf dem weichen Thone des steilen Abhanges; bald daranf entdeckte er ihn in einem gerade unten befindlichen Loche oder einer kleinen Höhle und verkündigte seine Entdeckung durch den Ausruf: ,,Da ist er!" Gleichzeitig stach er mit dem Stocke, mit dem er ihn aufgestöbert, beinahe in den Rachen des ,,Löwen", der unsern Hund gestellt hatte und eben im Begriff schien, auf ihn losznsuringen. Es wnrden rasch hinter einander zwei Schüsse abgefeuert, aber dem Anschein nach ohne Erfolg; denn er setzte seinen Rückzug durch und bot uns dabei, während er in großen Sätzen längs dem Strande davonsvrang, einen schönen Anblick dar. Er wnrde natürlich verfolgt; da aber die Nacht herannahte, so gelang cs uns nicht, eine Gelegenheit zu finden, dieses Exemplar des Katzengeschlcchts näher kennen zu lernen. Wir traten daher unsern Rückweg nach dem Schiffe an, nachdem wir erst noch ein Paar Schüsse in die zahlreichen Flüge von Austerfischern und Seerabcn abgefcnert, die auf den Felsen und um die Klippen hermn ihre Wohnsitze hatten. Die Zahl dieser nnd anderer Seevögel war unberechenbar; die vielen Muschellagcr versorgen sie beständig mit Nahrung. Am nächsten Morgen lichteten wir die Anker nnd segelten mit der Fluth ab; wir durchliefen die Meerenge mit einer Schnelligkeit von achtzehn englischen Meilen in der Stunde. Die Landschaft anf der nördlichen Seite der Straße bot wenig Abwechselung, bis wir die Barrancas de San Gregorio, eine Kette uon etwas malerischen Hügeln, sahen, die nahe am nördlichen Ufer der Bai desselben Namens sich erheben nnd in östlicher Richtung sich einige, Meilen weit hinziehen. Anf der südlichen oder Fuegischen Seite der Straße war das Land von der Küste ans eine Strecke weit niedrig und glich dem nördlichen Ufer, aber im Hintergründe waren hohe Berge zn sehen. Nachdem wir dnrch die zweite Meerenge hindurch waren, brachte eine etwa zweistündige Fahrt mit der Fluth und einer tüchtigen Dampfkraft uns der „Znsel San Isabel" oder Elisabeth-Insel gegenüber; als wir an dieser vorüber waren, kamen die schneebedeckten Spitzen des Berges Carmiento im südlichen Theile des Feuerlandes zmn Vorschein; sie schienen, neunzig englische Meilen, wenn nicht noch weiter, entfernt, aus dem Wafscr emporzusteigen. Wir dampften der Küste entlang Punta Arena. 41 durch zahlreiche Stellen mit den, charakteristischen Kelp oder Salzkraut, einer Art Seegras, das nnsere Aufmerksamkeit anf'Z stärkste fesselte, indem es sich an die Schraube hing und das Schiff ungefähr eine Stnnde laug festhielt, als ob es geankert wäre, passirten dabei Cap Negro und erblickten nun eine ganz andere Landschaft. Anstatt wellenförmiger Ebenen sah man dicht bewaldete Hügel; am ^uße des einen derselben sprengten auf einem Stück niedrig gelegenen platten Terrains viele in buntfarbige Ponchos gekleidete Netter umher. GZ war der Sonntag-Nachmittag, der in allru spanisch-süd-amerikanischcn Ländern ein Galatag ist und mehr oder weniger dem Pferderennen gewidmet wird. Der Anblick eines Dampfers schien jedoch die Ursache einer Zerstrcmmg zu werden, nnd es folgte in der That ein allgemeines Nennen nach der Ansiedelung; dem Anschein nach waren Alle begierig, etwas Neues oder Ungewöhnliches zu sehen. Der Anker ward bald ausgeworfen in der Nähe eines amerikanischen Schooners, welcher der Sandspihe gegenüber lag, von der die chilischc Ansiedelung Pnnta Arena ihren Namen hat. Von der „Nassau", die damals mit der Vermessung der Straße beschäftigt war, und die wir an diesem Ankerplatz hatten zu finden gehofft, war nichts zu sehen; von dem chilischcn Officier jeooch, der eilig auf unser Schiff kam, erfuhren wir, daß sie ein Paar Tage vor unserer Ankunft nach Westen hin gesegelt sei nnd ihre Rückkehr jedeu Augeublick erwartet werde. Die Ergebnisse der sorgfältigen Beobachtungen, die Mr. Ennniugham in Bezug auf die Landschaft und Naturgeschichte der Straße gemacht hat, sind bereits erschienen, während das vorliegende Vnch zum Druck vorbereitet wurde, und ich freue mich, diejenigen Leser, die mehr wissenschaftliche Mittheilnngen über die Botanik und Zoologie, wenigstens Süd - Patagonicns, wünschen, als ich zu geben im Stande war, auf sein Werk verweisen zu können. Der Zweck, den ich hatte, indem ich Punta Arena besuchte, wclr, von da mit dcu Indianern oder auf welche Weise es sonst sich als thunlich erweisen möchte, «lach Santa Cruz zu gehen; doch war es mir keineswegs klar, wie dieser Zweck erreicht werden sollte. Es war mir daher eine große Erleichterung, als ich von dem chilischen Lieutenant erfuhr, daß der Gouverneur soeben eine kleine Expedition nach Santa Cruz absenden wolle, um einige De- HI , Commandant« Viel. sertenre, die in der Colomr ihre Strafzeit dienten nnd wieder davongelaufen waren, zu verfolgen. Er meinte, der Commandante werde mir ohne Zweifel die Erlaubnis; geben, dieses Streifcorps zn begleiten; ich ging daher ohne Vereng mit ihm an's Vand nnd wurde dem Commandante Senor Viel vorgestellt. Der Commandantc ging mit der größten Huuorkommenhcit nnd Artigkeit allf nieine Pläne ein; er gab nicht mir sofort mir die Erlaubniß, das Streifcorps zu begleiten, sondern bot anch ungebeten mir die Vcnnlmng eines Pferdes an nnd sagte, mn die ^erpflegnng unterwegs solle ich mir keine Sorge machen. Es war jedoch möglich, das; die Deserteure in den Pampas eingeholt wurden; in diesem ^alle kehrte das Streifcorps znrück, ohne bis nach Santa Eruz zu gehen; er rieth mir daher, mich der Dienste eines Mannes zu versichern, der den Weg kannte und, im ,vall wir ohne unsere übrigen Reisegefährten weiter ziehen mussten, den Führer machen konnte. Später wurde ich der Seiwra ^'icl, einer schönen ^imena, vorgestellt, die alle die sprichwörtlichen Reize der Damen von Vima besaß und sich bitter über die ^solirnng nnd Langeweile des Bebens in Pnnta Arena beklagte. Sie hatte buchstäblich keine Standes- und Altersgenossin ihres eignen, und kaun: eine Person des andern Geschlechtes, „lit der sie sprechen konnte. Scnor Picl hatte früher ein chilisches Panzerschiff befehligt, statt dessen aber später die Gouverneurstelle in dieser entfernten ssolome angenommen. Sein Eifer und seine Energie, mit welchen er die Pflichten seines Amtes erfüllte, ließen nie nach, und seine Gewohnheiten aus dem Seemannsleben behaupteten sich noch immer in der strengen Disciplin, die er handhabte, und die unbedingt nothwendig war, um die buntscheckige Bevölkerung in Ordnnug zu halten. Als Wohnsitz aber, vom geselligen Gesichtspnnkt betrachtet, mnßte Punta Arena über alle Vorstellung langweilig sein. Der Eommandantc nöthigte mich, sein Hans ^u meiner Hcimath zu machen, nnd versprach, mir ein Nachtquartier — das er in seiner eignen beschrankten B.>ohnnng mir nicht bieten konnte — In einem anstoßenden Hause zu verschaffen. So nahm ich denn nach zwei Tagen, die ich mit gegenseitigen Artigkeiten nnd Bcsnchen angenehm verbrachte, von meinen Schiffsgefährten, die, sobald es Tag war, nach der westlichen Straße absegeln wollten, Abschied nnd begab mich mit meinem Gepäck nach einein dicht am Euartcl Die Colonie. 13 stehenden hölzernen Hanse, dein Quartiere Don Ccnteno'Z, des Ingenienr, der die Gouvernements - Arbeiten zn leiten hatte. Am nächsten Morgen machte ich mich, von ^'apitain Cnshing, uom Schooner „Rippling Wave", begleitet, auf, um nlir einige nothwendige Sachen anzuschaffen und mich nach einem Führer zu erkundigen. Wir lenkten unsere Schritte nach dem ,^aden eines Mannes, Namens Guillcrmo, und nachdem wir Tabak nnd andere Bedürfnisse gekauft hatten, kam das Gespräch auf Gold, wovon Don Gnillcrmo nns einige Proben zeigte, die man an den Ufern eines benachbarten Stromes gewonnen hatte. Einer der Leute der „Nipvling Wave" gerieth in große Aufregung uud rief: ,,AH, das ist das Zeug, das wir iu einem Flüßchen in Californien zu graben pflegten; ich denke, wenn das alte Boot seine Gebeine auf der hiesigen Küste liegen läßt, werde ich da bleiben und wieder anfangen zu graben." In dem Kaufladeu hingen einige indianische Bolas uud ein aus Glasperlen gefertigter, mit silbernen Buckeln besetzter Gürtel, wie der Besitzer nur sagte, eiu Frauengürtel, den, nebst den Bolas, die Indianer als Pfand znrückge-lasseu hatten. Sie hatten jedoch, wie er weiter bemerkte, mehrere Monate lang die Colonie, wenigstens zu Handelszwccken, nicht besucht, da sie wegen eines Streites zwischen einem Chilier uud einem Indianer, bei welchem nach ihrer Ansicht ihr Kamerad sollte ungerecht behandelt worden sein, sich beleidigt fühlten. Die von Mr. Cunningham geschilderte Indianerhorde sei offenbar mit zweideutigen Absichten angekommen, aber der Tact, den Seüor Viel gezeigt, habe ihr Nachegcfnhl beseitigt. Diese Mittheilnng erklärte mir den Umstand, den ich mir bisher nicht hatte erklären können, daß nämlich von den Indianern, mit welchen ich Bekanntschaft zu machen gehofft hatte, Nichts zu sehen uud zu hören war. Daß ich glücklicherweise gerade noch am Abeud vor dem Abmärsche der Expedition ankam, und daß der Commandante so artig gegen mich war, das Alles wnßte ich jetzt nicht hoch genng zu schätzen, denn ich wäre sonst einfach in Punta Arena sitzen geblieben. Die Schwierigkeit in Betreff des Führers wurde bald beseitigt, obgleich dieselbe bei der natürlichen Abneigung des grüßteil Theiles der nicht zum Veamtenstande gehörenden Bevölkerung, an dem Wieder-emfangen C'ntlaufener thcilzuuehmen, ziemlich bedenklich aussah. Nachdem wir den Kaufladen, verlassen hatten, wurden wir von einem Manne, Namens I'aria, angesprochen, der seine Dienste 14 Die Stadt. anbot. Eine kurze Prüfung seiner Kenntnisse nnd Empfehlungen fiel zu unserer Befriedigung ans; er wnrde daher angenommen, und zwar unter Bedingungen, die durchaus nicht übertrieben warm, nnd ich muß ihm das Lob ertheilen, daß er seinen Vohn reichlich verdiente. Nun wnrde ich von dem anfmerksamen nud gutmüthigen Capitain Cushing zur Reise vollends ausgestattet und vorbereitet. Ich ging mit ihn: an Bord seines Fahrzeuges, wo er aus seinen Vorräthcn mich mit mehreren höchst nützlichen Dingen versah, die er mir förmlich aufdrang, und es ist ein angenehmes Gefühl, die Freundlichkeit rühmen zu können, die mir vou einem unserer amerikanischen Vettern zu Theil ward, welche, wenigstens nach meiner Erfahrnng, stets bereit sind, mit einein Briten zu sympathisiren und ihm beizustchen. Ein Spaziergang rings um die Ansiedelung, nm dieselbe anzusehen, wurde bis zn der, nicht weit entfernten, dnrch Wasserkraft getriebenen Schneidemühle ausgedehnt, wo unter der Leitung Mr. Wells', eines Amerikaners, die Bäume, wenn sie gefällt sind, in Bretter verwandelt werden, nm aus ihnen die Hänser zu bauen, welche die Stelle des Waldes einnehmen. Von da begaben wir nns nach dem halb gelichteten Vorholze nnd fanden dort den Com-mandante; er beaufsichtigte eine Menge hauptsächlich aus Verbrechern bestehende Arbeiter, die emsig Bänme füllten, Stummel ausrodeten und sonst noch für die künftige Entwickelung der An siedelnng den Weg bereiteten. Wer an Grenzstädte nicht gewöhnt war, dem zeigte der An^ blick der Stadt eine Menge hölzerner Hünser, die m unregelmäßiger Weise und auf's Gerathcwohl immer mehr anwnchs; aber der Plan, den man im Umriß angedeutet sah, war nach dem gewöhnlichen spanisch-amerikanischen Muster abgesteckt, wie ursprünglich ,,dcr Nath für Indien" es vorschrieb. Nahe au und parallel mit den, Strande lief eine Hauptstraße hin; sie führte über einen großen freien Platz — die Plaza, von welcher, nnd zwar in regelmäßigen Zwischenrämnen von der Hauptstraße ans, andere noch im Werden nnd in der Entwickelung begriffene Straßen auslicfen, die unter rechten Winkeln einander durchschnitten, so daß die Häuser, wenn sie dereinst gebaut werden, Vierecke oder,,Euadros" bilden. Anf der Plaza stand die Kirche und eine große, noch nicht fertige Schnle. Die Chilier sind in ihren Begriffen von der Pflicht des Staates, für die Erziehung zu sorge», vorgeschritten; der Schullehrer ist Chiloten. ib ein Staatsbeamter' und in Plinta Arena verbindet er der Zeit mit den Pflichten seines eigentlichen Amtes noch die Stelle eines Sc-cretär bei dem (Gouverneur. Die vortreffliche Skizze des Stabs-Lienteuant Bedwcll (in Cunningham's „straits of Nag-oÜan," S. 70) zeigt das beinahe am Ende der Hauptstraße stehende Gouver. nenr-Hans; jenseits desselben lag der Cnartel, ein mit Pallisaden umschlossener Platz, der die Kaserne, das Gefängniß oder Stockhans nnd die Wache enthielt; letztere wnrde von den Officieren der „Nassau" in unehrerbietiger Weise „die Katzenlmde" geuaunt; ste ist auf derselben Skizze mit dargestellt. Hier schaut beständig eine Wache ans, nnd in der Nacht laßt man ein Licht lenchten. Die Quergassen, die sich fast bis an den ungclichteten Wald hinzogen, waren nur durch zerstreut stehende Häuser angedeutet, nnd in der Linie der Hauptstraße waren zwei bis drei, eine Meile entfernte, einzelne Wohnungen nnr dnrch Stückchen Kartoffelland von den Bänmen getrennt. Die erste Strafcolonie, welche die chilische Regierung in der Magalhu.es-Straße anlegte, wurde 1843 iu Port Famine gegründet, dessen uuglücksfchwaugcrer Name an das tranrigc Schicksal der Colonisten erinnert, die im Jahre 4581 Sarmiento dort znrück-ließ. Der vorzügliche Nnkergrnnd gab die Veranlassung zur Wahl desselben Platzes für die heutige Colonic, aber es schien, als wal-tele über ihr dasselbe böse Verhängnitz. Die Bewohner kamen oft in große Noth, wenn von Chili her die Lieferung von Lebensmitteln ausblieb, und nachdem die Colonie sich einige Jahre lang mühsam gehalten hatte, wurde sie von den Verbrechern, die eine Meuterei anstifteten und den Gonvemcur und Geistlichen ermordeten, geplündert und zerstört. Später bemächtigten sich die Menterer eines Fahrzeuges uud versuchten auf demselben zu entfliehen, wurden jedoch von einem Kriegsschiffe verfolgt und fanden ihre wohlverdiente Strafe. Hierauf wurde die Colonie an die Stelle verlegt, wo sie noch jetzt sich befindet, und anßer den unfreiwilligen Einwanderern, die hauptsächlich aus Heerflüchtigen bestehen, wnrden durch unentgeltliche Uebcrlassung von Länoereicn Ansiedler herbeigelockt uud ciue große Zahl Chiloten oder Eingcbornc uon Chiloe eingeführt. Die Letztgenannten, Mischlinge von spanischem nnd indianischein Blute, sind ein abgehärteter, kräftiger Menschenschlag, in ihrem dicht bewaldeten Vaterlande, ans dem sie vieles Holz versenden, an den Gebrauch der Axt gewöhnt. „>>' ihrer Diät sind sie echte 16 Verbrecher. Paddiesl); denn sie leben fast nur von Kartoffeln, die in Chiloö gut wachsen, in Punta Arena aber keine bedeutende Größe erreichen. Außer den Laudereicn betommeu die Chiloten von der Regierung noch Lohn für ihre Arbeit und sind der fleißigste Theil der Bevölkernng. Die Männer arbeiten start, trinken aber a»ch stark, und die grauen sollen in ihrcu Begriffen von ehelicher Treue es nicht sehr geuau nehmen. Von den Verbrechern durften manche wegen gnten Betragens uuter gewisseu Beschränkungen iu ihren Häusern leben; aber Viele von ihnen waren äußerst rücksichtslos und mußten jede Nacht unter der strengsten Aufsicht nud eingeschlossen im Cuartel behalten werden. Ungeachtet aller Vorsichtsmaßregeln kommen fortwährend Cutwcichungcu vor, nnd die Flüchtlinge gehen den Beschwerden der Pampas keck entgegen; denn zuweilen gelingt es ihnen, sich den Patagoniern anzuschließen, aber gar oft verirren sie sich nud kommen durch Hunger um oder wer-den die Beute der Pumas. So waren gerade vor meinem Besuche Zehn bis Zwölf glücklich entkommen, und zu ihrer Verfolgung mußte die erwähnte Expedition abgesandt werden. Die Besatzung bestand aus etwa füufzig bis sechzig regulären Soldaten; dazu kommen noch Angestellte, die Jagd auf wilde Rinder oder Deserteure machen, wie die Umstände es erfordern. Um den Ort gegen einen Angriff der Indianer zu vertheidigen, ist die Zahl der Truppen ganz nngcnügend, aber die südlichen Tchuelchcu sind von Natur nicht geneigt, feindliche Einfälle zu machen, und weun sie gut und ehrlich behandelt werden, so benutzen sie lieber die Vortheile, die ihnen iu Bezug auf den Handel dlirch das halbe Eichend Kanfläden geboten werden. Die Existenz dieser Geschäfte taun man sich nach meiner Ansicht nur dadurch erklären, daß die Besitzer auf deu indianischen Tauschhandel, rechnen, denn fnr die Bedürfnisse der Colonie war ihre Anzahl viel zu groß. Doch hatte die bestündige Bevölkeruug -sicherlich viel Durst und schicu ihr Möglichstes zu thun, um deu Handel, wenigstens in Grog, zu beleben. Auf der Gasse betrunken zu sein ist jedoch ein Vergehen, auf dein Gefänguißstrafe steht, uud zur Zeit meines Besuches saß wegen dieses verzeihlichen Vergehens der Orobschmicd iu gemeiner Haft, während der irische Doctor eben erst aus derselben cutlasscu worden war. ') Spottname der Irlänber. Besuch des Kohlenlagers. 17 Feldban schien, Kartoffeln ausgenommen, wenig betrieben zu werden. Weizen und Gerste läßt das Klima nicht zur Reife kom-wcn, doch tonnte vielleicht Hafer und Roggen gedeihen. Die zahmen Rinder kamen mir verkümmert lind elend vor, aber in den Wäldern gibt es andere einer wilden Raye, die, wie man sagt, groß und von vortrefflicher Beschaffenheit sind; diese sowohl als das Nothwild bieten einen Theil des Jahres einigelt Jägern Beschäftigung ; ihr Fleisch wird theuer bezahlt, aber es kommt zu spärlich nnd unregelmäßig, und frisches Fleisch ist daher ein seltener Leckerbissen. Die Hilfsquellen und Aussichten der Colouie bildctcu natürlich iu Seiwr Piel's Hanse deu Gegenstand der Unterhaltung, und Don Centeno, der das iu der Nähe befindliche ueu entdeckte Kohlenlager vermessen sollte, lud mich cm, am nächsten Tage, bei einem Besnche zum Zweck der Besichtigung desselben mich ihm an-zuschließeu. Wir brachen daher am nächsten Morgen auf, überschritteu einen kleinen Fluß und kamen in kurzer Zeit au den Anfang des Waldes, durch den man eben eine gerade Straße baute. Auf allen Seiten wareu zahlreiche Gruppen Chiloten beschäftigt; Manche ebneten den schon gelichteten Weg, Andere füllten Bäume, uoch Andere wandten Feiler statt der Axt an. Das Nutzholz besteht hauptsächlich ans chilischcr Buche (I^us alitai-otioa) und der von Mr. Cunningham beschriebenen Wintersrinde; die erstere spaltet sich leicht und läßt sich zu sehr viclcu Zwecken verwenden. Nachdem Don Cenleno einige unbedeutende Einzelheiten der Vermesiuug vervollständigt hatte, begaben wir uus iu deu dichteu Wald nud ritten auf einem fich schlangelnden Pfade fort, bis wir an das Bett des Flusses kamcu, der in der Colonie ausmündet. Iu diesem ritten wir eine Zeit lang hinauf und kamen endlich au eine Ravine, deren Wände so regelmäßig wareu, als ob man durch Erdarbeiter einen Durchstich hätte machen lasfcn; in ihnen war an einem Pnntte sechzig Meter über uns die Kohlen-Ader zu sehen. Hier stiegen wir ab und kletterten einen schlüpfrigen Pfad bis zu emer Stelle hinauf, wo mau in das Kohlenlager einen Schacht getrieben oder vielmehr ein Voch gegraben hatte, das vielleicht fünfzig bis sechzig Fuß tief und dein Anfchem nach nur gemacht worden war, nm die Beschaffenheit, Regelmäßigkeit u, s. w. der Kohlen Ader zu prüfen. Mir schien die Kohle nicht besonders gut zu sein; doch habe ich seitdem gehört, daß das Resultat außerordentlich M u st er 3, NiUer den Pat^onler», 2 16 Bedeutung des Kohlenlagers für die Lolonie. günstig ausgefallen sei. Am gegenüberliegenden Ufer der Navine zeigte mir mein Gefährte anch einen Platz, wo einige Leute nach Gold gewaschen hatten; die Proben dauon hatte ich in der Stadt gesehen, und wie man sagte, hat ihre Mühe sich gut belohnt. Da der Tag vorrückte und es ziemlich kalt war, so wurde ein ^euer angemacht, und nachdem wir uns an demselben gewärmt hatten, bestiegen wir unsere Pferde und ritten wieder heimwärts die Navine hinab. Als wir aus dem Walde herauskamen, bemerkten wir, daß ein großes Dampfschiff eben im Begriff war zu ankern; wir eilten daher weiter, um, wenn es etwa die „Magalhäes" — ein Dampfer von der Packetdampfschifffahrts-Linie von Liverpool nach Valparaiso — war, Nachrichten in Empfang zu nehmen und uusere Briefe abzusenden. Am Strande fanden wir den Eommandante uud ^rau Viel; die Letztere hatte das Schiff befucht und einige englische Zeitungen erhalten. Ich nahm das Anerbieten des Gouveruenr an, sein Boot zu benutzen, fuhr in demselben nach Tische zu dem Schiffe und fand, daß es ein prächtiger Dampfer von starker Kraft und guter Einrichtung war. Die Herstellung dieser Dampffchisffahrts-Linie wird ohne Zwefel auf die gedeihliche Entwickelung von Pnnta Arena einen höchst wohlthätigen Ginflnß haben; denn wenn auch die Landwirthschaft und der indianische Handel fleißigen oder speculatiuen Einwanderern keinen Lohn in Aussicht stellt, so ist doch die Entdeckung des Kohlenlagers in ihrer Einwirkung anf die Znknnft der Colonie offenbar von höchster Wichtigkeit. Jetzt wird es möglich sein, Schleppdampfschiffe von starker Kraft zn unterhalten, um Segelschiffe durch die Straße zu bugsiren und so die ^ahrt um Cap Horn herum zu vermeiden, während bis jetzt Segelschiffe die Straße fast gar nicht befahren konnten, und wegen der starken Dampfkraft, die erforderlich ist, selbst Dampfer, mögen es Kriegs- oder Handelsschiffe sein, an der Sand-Spitze häufig Holz kaufen müssen uud dann anch wegen der ungeheuer großen Menge, die sie brauchen, nm immer Dampf zn haben, gar oft sich genöthigt sehen, ehe sie in den Stillen Ocean fahren, wieder anzuhalten nnd, wo sie irgend Holz schlagen können, ihren Vorrath zu ernenern. Das wird nnn Altes anders werden; man wird wahrscheinlich eine Dampfbartaffe halten, um die Lichterfahrzeuge hin und her zu bugsiren, und dadurch das Einnehmen der Kohlen wesentlich erleichtern. Ermuthigt durch die Bequemlichkeiten, welche die Pacific-Dampfschiffe gewähren — die gegenwärtig alle Monate fahren, so daß die MagalhHeö-Stra^e nicht Lieutenant Gallegos. 19 mehr weit entfernt liegt — wird die Bevölkernng immer mehr zunehmen nnd die Colonisirnng weiter fortschreiten; dadurch wird auch das Innere des Bandes Angänglich werden, und in diesem ^alle wird man noch andere Quellen des Mineralreiches entdecken nnd ansznbenten suchen. Da unsere Abieise ganz bestimmt auf den nächsten Tag festgesetzt war, so sah ich nochmals meine Sachen dnrch, die ich mnnehmen wollte, und brachte sie in Ordnung. Ein Verzeichnis; derselben kann vielleicht Lenten, die in Patagonien eine Forschungsreise zu machen gedenken, angenehm sein. Zwei Sattcltaschcn enthielten meine nothwendigsten Bedürfnisse, die in einigen Hemden und etwa zwei wollenen Jacken, einigen seidenen Taschentüchern, sowie in Seife, Streichzündhölzchen , Schreibmaterialien, Angel - Schnnren und Haken, Chinin und Höllenstein und einem Fläschchen Strychnin bestanden. Als Waffen hatte ich eine Büchse in ^ntteral mit Allem, was dazn gehört, nnd zwei doppelläufige Hintcrladnngspistolen, Jagdmesser, einen kleinen Mnmtionswsten mit nngefüllten Patronen nnd Vorrath an Pnluer. ^as einzige Instrument, was ich mitznnehmeu wagte, war ein kleiner Eompaß. Als Kleidnng trug ich einen Iagdanzug von Halbtuch, eine schottische Mütze und ein Paar, von Thomas gefertigte, ganz vortreffliche Stiefeln; dazu kamen noch der Behaglichkeit halber ein Mantel von Gnanacofcll, zwei Ponchos und eine wasserdichte Decke. Am Abend stellte Scüor Viel mich meinem künftigen Reisegefährten, Lieutenant Gallegos, vor, der unser Streifcorps eommandircn sollte. Er war ein kurzer, untersetzter Mann, mit dnnkler, fast indianischer Gesichtsfarbe, und man sah ihm an, daß er gan; nnd gar das war, für was der Com-mandante ihn erklärte, ,,ein Mann zu saurer Arbeit". In der Pro-uinz Arauco, ans welcher er gebürtig, war er viele Jahre lang in den Grenztricgen mit den Indianern verwendet worden nnd wußte dm Lazo und die Lanze mit wunderbarer Gcschicklichkeit zu handhaben. Von den Officiercn der „Nassau" sprach er mit großer Herzlichkeit und hätte, wie es schien, gern die Gesellschaft eines jener Männer genossen; ja, ich möchte fast glauben, daß er sich im Vordergrunde der Skizze des Lieutenant Vedwell befindet — jedenfalls hat, wenn etwa ein Leser gern wissen will, wie er anssieht, der Mann, der den umgefallenen Baum einnimmt, mit unserm Anführer große Nchnlichkeit. Unsevc Anstalten und Aussichten wurden ausführlich besprochen, und nachdem ich von Capitain bushing, der am 2* 20 Der Aufbmch. nächsten Tage absegeln wollte, sowie von meinem höchst freundlichen und artigen Wirthe und Wirthin Abschied genommen hatte, trennten wir uns unter der Uebercinknnft, daß wir, sobald es Tag war, uns reisefertig treffen wollten. Am 19. April wurde ich in früher Morgenstunde von I'aria geweckt und begab mich mit ihm und meinen kleinen Habscligkeitcn nach dem Corral, wo eben die Pferde eingefangen und beladen wurden. Hier schloß sich uns Gallegos an, und als Alles beinahe zum Aufbruch fertig war, giugeu wir erst noch einmal in sein Haus zu einer Tasse Kaffee. Die Seüora fchien mich mit großem Mitleid zn betrachten und erzählte verschiedene traurige Märchen vou deu furchtbar kalten Winden, Beschwerden, Indianern uud anderen Unannehmlichkeiten, mit denen man zu kämpfen habe; ihre Tröstungen wurdeu plötzlich durch den Eintritt I'aria's unterbrochen, der die Nachricht brachte, daß Alles fertig sei. Nach einem Nbschiedsglase, gefüllt mit etwas Stärkerem als Wasser, begaben wir uns in uu-sere Sättel, und der aus Gallegos, mir, einem regulären Soldaten, drei Irregulären oder Angestelltender Regierung uud I'aria, nebst einundzwanzig Pferden bestehende Reiterzug verließ die Stadt. Als wir am Cnartel vorüberritten, trat die Wache auf den Balcon heraus und präscntirte das Gewehr, und der Horuist salntirte durch einen musikalischen Vortrag. Es war ein schöner frostiger Morgen, und wir ritten heiter dahin, von zwei bis drei Reitern begleitet, die ihre Sonntags-Msta mit Enteuschießen verbringen wollten und früh aufgebrochen waren, um uus ein Stückchen zn begleiten. Kaum waren wir über den '^luß hinüber, als eines der Vagage-Pferde hinten ausschlug und seine Last abwarf; sie wnrde bald wieder aufgeladen; als aber der Lärm vorüber war und der Zug sich wieder ordnete, fehlten I'aria und einer der Angestellten, denen ich ohne Bedenken eine Flasche Rum anvertraut hatte; sie kamen eine Zeit lang nicht wieder uud die Flasche nie wieder zum Vorschein. Wir ritten der Küste entlang, bis wir den Vorposten Namens Tres Puentes erreichten, wo ein schmaler Paß zwischen dem Walde auf der einen und dem Meere auf der andern Seite dnrch ein Thorhaus versperrt ist; dies Haus ist vou zwei Maun bewohnt, die dort po-stirt sind, damit Niemand desertiren kann. Sie traten herans, nnd wir wollten gern zum Abschied uoch etwas plaudern. Unterdessen beschlich und schoß einer der Iagdliebhaber einige Enten; beim Knall seines Gewehres wurde das Pferd des regulären Soldaten, das Der Rio Lhaunco. 21 im Feuer nicht Stand zu halten pflegte, scheu und warf ihn ab; dabei wurden seine Eattettaschcu umgekehrt uud der Strand mit Tortillas (kleinen Knchen) nnd Kaffee bestreut, womit feine ohne Zweifel vorsorgliche uud aufmerksame Geliebte sie gefüllt hatte. GallegoZ saß im Sattel nnd lachte über die Scene; da aber die Anderen das Pferd nicht fangen konnten, so gab er uns einen Beweis von seiner Geschicklichkeit im Lazowcrfen. Nach dieser kleinen Zerstreuung setzten wir unseru Marsch längs dem Strande fort bis Cap Negro, wo die Wälder aufhörteu und unsere Freunde, die uns begleitet hatten, sich von uns trenntet:, nachdem wir noch ein Abschicdsglas getrunken. I'aria und der andere Abwesende holten uns gerade znr rechten Zeit ein, nm sich bei letzterem mit zu bcthciligen. Dann wnrden die Köpfe unserer Pferde in nord-nord-westlicher Nichtung von der Küste abgelenkt, und nach einem halbstündigen Nittc wurde Halt gemacht, nm anf der vor dein Winde geborgenen ^eite eines schützenden Hügels zu frühstücken. Nach Süden sahen wir den gegenüberliegenden Abhang der bewaldeten Hügel, nnter welcheu auf der andern Seite Pnuta Arena lag. Der Boden war mit dicht stehenden Sträuchern bedeckt, aber man bemerkte auch schöne Lichtungen üppigen Weidelandes; eine derselben begann ge-wde südlich von nnscrm Lagerplätze, und aitdere zeigten sich östlich und westlich wie grüne Oasen. Sie sahen so schön aus, daß ich die Äemerknng nicht unterdrücken konnte, wenn ich ein Alisiedler wäre, würde ich diese Stelle wählen, nm hier meine Hütte zu bauen. Oalle-gos erwiederte jedoch, für das Vieh der Ansiedelung ließen sich die Weideplätze im Sommer nicht benutzen, da man weder den Indianern uoch den eignen Leuten traucu köuuc; die Letzteren würden davonlaufen, und die Ersteren würden das Vieh stehlen. Nachdem wir wle Pfeife geraucht, faßen wir wieder auf, begaben uns über den Hügel hinüber und in das Thal eines kleinen, aber tiefen Flusses hinab, der deu Namen Nio Chauuco hat; wir ritteu durch das Was-^', erstiegen die Böschung des gegenüberliegenden Ufers und betraten nun die Pampa. Dieser Name wird in Patagonien allgemein M' Bezeichnung der hohen wellenförmigen Ebenen oder Plateaux gebraucht; sie sind häufig von Thälern und Ravmen durchschnitten oder erheben sich zu einer Reihe auf einander folgender Hügel oder "uch zu isolirt stehenden Hügeln, die in der Negel die höchste Stelle des Landes einnehmen. Die Indianer freilich, die ein wenig Casti-lisch verstehen, wenden das Wort Pampa ohne Unterschied auf jeden ^ 22 Die patagomschm Pampas. Landstrich an, auf dem sie Men, Wenn sie einen Tag lang mit glücklichein Erfolg das Zagdvergungen uud dann ein tüchtiges Mahl genossen haben, fragen sie mit großer Befriedigung: „Nu^ dusna kampa? M?" (,,Sehr gnte Pampa? Nicht?") momit sie eigentlich meinen: „Ist nicht das wilde Leben das beste?" Englische Leser aber, die ihre Vorstellung von einer Pampa Head's reizendem Werke oder sonstigen Erlebnissen auf den unbegrenzten grasreichen oder distelbedecktcn Ebenen verdanken, die in den argentinischen Staaten sich meilenweit wellenförmig dahinwären und dem gestreckten Galopp des unermüdlichen Gaucho kein Hindernis; bieten, dürfen jenes anmuthige Bild nicht anf Patagonien übertragen. Die eigentlich sogenannten Pampas Patagoniens stellen allerdings dann und wann eine leidlich gleichförmige Reihe mit grobem Gras bedeckter wellenförmiger Ebenen dar, häufiger aber ist die Oberfläche, selbst wenn sie nicht durch Hügel und plötzlich gühueude Navinen unterbrochen wird, unfruchtbar und nur mit zerstrcnt stehender Vegetation versehen, die ans verkümmerten Büschen und runden Distelklumpen besteht, und anch diese fehlen oft nnd die kahlen flecke Thon oder Kies sind mit gar Nichts bekleidet; an anderen Stellen ist der Boden mit sehr großem ruudem Gerölle bestreut, nnd wieder an anderen stehen Haufen oder Nucken verwirrt unter einander liegender kahler scharfkantiger Felsen, von welchen viele vulkanischen Ursprungs sind: dies gilt besonders vou dem nördlichen Theile des Landes. Die einzige Gleichförmigkeit in der äußern Erscheinung bietet sich im Winter, wenn auf Felsen, Gras und Kies die weiße Schneedecke liegt. Nur Eins bleibt immer dasselbe, der Boden und die Oberfläche mögen beschaffen sein, wie sie wollen: bei dein Worte Pampa erinnert man sich stets mit Schauder an die schneidenden Winde, die fast ununterbrochen von verschiedenen Strichen, hauptsächlich aber von Westen, über das hoch gelegene Land fegen, bis der kalte patagonische Wind die erhitzte Atmosphäre von Buenos Ayres erreicht und zum Pampero wird, dessen plötzliche und furchtbare Stöße so viel Unglück unter den Schiffen anrichten. Der Abhang von den Pampas nach den Thälern oder dem geschützteren nnd fruchtbaren ebenen Terrain, das sich an den Ufern der Nüsse und Ströme hinzieht, wird wegen der abgcböschten Wände gewöhnlich ,,Barranca" oder Ufer genannt. Die Tiefe des Abfalls wechselt zwischen fünfzig und zwei bis drei ^uß, und der Neigungswinkel ändert sich von einer unbedeutenden Ansteigung bis zu einer fast senkrechten Wand, die aber oft durch Ra- Unsere Reisegesellschaft. 23 uineu und Rinnen zerrissen ist; diese dienen als Straßen, auf welchen allen die eingcbornen Reiter mit gleicher Verwegenheit hinunter-galoppiren. Die Pampa, über die wir jetzt ritten, war eine weite fläche wellenförmiger Ebenen, die mit einem gleichförmigen Bestand von grobem Gras nnd dazwischen' stehenden einzelnen Berberisbüschen bedeckt waren nnd in den Verticfnugeu dann nnd wann Lagunen enthielten. Lebende Geschöpfe zeigten sich außer uns auf der öden Flache nicht. Nach Westen grüßten uns die schneebedeckten Spitzen des an der Sarmiento-Straße sich hinziehenden Gebirges mit einem eiskalten Winde, der meine Gedanken sehnsüchtig nach der behaglichen Kajüte nnd zu meinen ehemaligen Schiffsgefährtcn zurückkehren ließ, die sich jetzt ohue Zweifel durch die verwickelten Kauälc jener Straße wanden. Aber der warme Guanaco-Mcmtel hielt den Wind ab, und unsere buutscheckige Reisegesellschaft drang in guter Ordnung vorwärts. Lieuteuaut Gallrgos ist dem Leser schon vorgestellt worden; was die Uebrigcn betrifft, so war I'aria ein kleiner Mann, mit einem rauhcu Aeußeru, von zweifelhafter Abkuuft, während sein früherer Lebenswandel mehr als zweifelhaft war; er sah ans, als taugte er zn Allem, uur nicht zu etwas Gutem; doch verrichtete er seinen Dienst bei mir mit höchster Unverdrossenheit, ausdauerndem Fleiße und unerwarteter Sorgfalt. Der Soldat war ein schön aussehender Bursche; er war noch nie auf den Pampas gewesen; sein Karabiner, den er pflichtmüßig trug, machte ihm viel zn schaffen, und da sein Pferd sich durchaus nicht allzu leicht behandeln ließ, so hatte er znr großen Freude der Nebrigeu beständig seine Plage. Zwei Andere waren Bastarde zwischen Gauchos nnd Matrosen; sie hatten sich, wie unsere Seesoldaten, in gleicher Weise an den Dienst zu Nasser und zu Laude gewöhnt; doch waren sie unverkennbar nützliche nnd gute Meuscheu. Der Letzte der Gesellschaft war gerade so wie I'aria. Wir wareu Alle gut beritten nnd hatten außerdem noch ein Neseruepferd. Als Lebensmittel führten wir Zwieback, Charqni oder getrocknetes fleisch, geröstetes Weizenschrot, nebst Kaffee und Zucker bei uus und waren mit einem ungewöhnlichen, aber willkommenen Luxusartikel, einem kleinen Zelt, versehen, nnter dem wir uns wenig um die draußen herrschende bittere Kälte kümmerten. Nachdem wir drei bis vier Stunden lang über die Pampas geritten waren, lagerten wir uns in einer Vertiefung neben einer Lagune, um zu überuachten. Wir hatten an den geschützten, vom Winde 24 Peckett's Hafen. nicht getroffenen AbHange eine passende Stelle gewählt, wo wir das Zelt aufschlagen konnten. Die Lagune war mit schwarzhalsigen Schwanen und andcrm wilden Geflügel bedeckt; sobald daher die Pferde abgeladen und besorgt, ein ^euer angemacht nnd alle Anstalten zum Lagern getroffen waren, gingen zwei bis drei von nns hinaus, mn den Versuch zu macheu, einiges wilde (Geflügel zu schießen; aber so viel wir uns anch Mühe gabeu, unsere Jagd wurde mit keinem großen Erfolg gekrönt; ehe es ganz dunkel wnrde, kehrten wir zurück, nm uus mit eiue:u Abendessen von Eharqui zu begnügen, und nachdem wir an dem sscuer uoch mit eiuaudcr geschwatzt hattcll, legten wir uus zur Ruhe und schliefen trotz der strengen Kälte, die draußeu herrschte, fest uud warm. Im Innern wurde ich sehr be-uuruhigt, erstens weil ich eutdccktc, dast I'aria den Kasten mit der Büchsen-Munition, den dieser saubere Bursche trug, bei der Escapade des Bagage-Pferdes hatte fallen lassen, und zweitens weil von meinem Cchrotgürtcl auf gehcimnißvolle Ameise mein ganzes Geld verschwunden war, das in einer Onza nud einigen Sonverains bestand. Ich sagte jedoch Nichts, sondern wartete bis zum nächsten Morgen, wo ich ruhig anfing zu suchen; ich erinnerte mich nämlich, daß ich, ehe das Zelt aufgeschlagen wurde, mein Zeng abgenommen uud iu's Gras hatte fallen lasscu, wo ich das fehlende Geld richlig fand. Die Geschichte liol I'aria vielen Stoff zu allerlei Scherzen, und er spielte oft daranf an, daß er möglicherweise meine Unze noch erbeil werde, nnd zwar in einer Art, daß ein furchtfamcr Reisender wohl ein falsches Spiel hätte erwarten können, obgleich mein Führer nicht im culserntesten an so Etwas dachte. Um sieben Uhr waren wir, nachdem wir Kaffee und Zwieback geuosseu, wieder unterwegs und gegen zehn Uhr kamen wir dicht an dem oberen Ende von Peckett's Hafen an. Hier entdeckte Einer von nns ein Pferd, das in nnsern Trupp hineingejagt, aber, da es lahm war, nicht von nns in Dienst genommen wurde; es hatte wahrscheinlich den Indianern gehört.- Wie bei einer langen Seereise, so dient bei einer Landreise dieser Art das unbedeuteudste Neue ^>r Milderuug desseu, was, man braucht es kaum zu sagen, die etwas einförmige Aufgabe, über kahle Einöden hinter einem Trupp Pferden herzntraben, allmälig wird-wir waren daher immer gespannt, Etwas zu entdecken, auf das wir Jagd machen konnten. Einer der Leute hatte einen Hund bei sich, uud kurz nachdem die durch das Pferd herbeigeführte Aufregung vorüber war, trieben wir einige Strauße auf; sie waren jedoch für Cabecera del Mar. 25 den Köter zu schnell und entrannen über einige schlammige Stellen dicht an der „Cabecera del Mar". Dies ist eine große Einbucht oder ein Arm des Meeres, der von Peckett's Hafen, mit welchem er dnrch eine sehr schmale Meerenge in Perbindung steht, sich einige Meilen hinaufzieht; die verbindende Meerenge läßt sich nnr bei niedrigem Wasserstandc überschreiten; wir hatten das Glück, zur Zeit der Ebbe anzukommen, und vermieden dadnrch einen langen Umweg nm die Einbucht herum. Ohue Störung ging es jedoch bei uuserm Uebergange nicht ab; die ^luth kam wie ein Mühlgerinne herangestnrzt »nd war für eines der Bagage-Pferde fast zn stark, um fest zu sichcu. -Nachdem wir die Meerenge hinter uus hatten, passirten wir auf un serer Weiterreise mehrere kleine Nüsse mit sumpfigem Terraiu, die wahrscheinlich alle sich iu deu Oazy-Hafen ergießen, und kamen gc-gen Abend in einem alten indianischen ^ager au; es lag uuter einer Kelle von Hügeln, die mehr oder weniger von Norden nach Süden läuft, und welche die eiue Barriöre eiucs breiten und gut bewässerten, auf der Ostseitc durch die wohlbekannten „Barrancas" de San Gre-gorio begrenzten Thales bildet. Unser Haltepnntt befand fich gerade in der Ansmündnng des Thales, das, weil es vor dem !Mnde geschützt, das liebste Winter-qnartier der südlichen Tehuelchen ist; ihr Lager schlagen sie gewöhnlich in der Nähe des Oazy-HafcnZ auf, den sie „Ozay Saba" nennen. Nach Westen endeten die niedrigen Wchcu, die sich an den llfcrn der Cabccera del Mar hinzogen, in unregelmäßigen Hügeln, Mlfeits welcher sich höhere Spitzen erhoben, und diese ihrerseits wurden wieder vou entfernten schnecumhültteu (Zipfeln am Horizonte überragt. Zwischen den blauen Hügeln der mittleren Entfernung schwebten leichte Ncbeiwölkchcn, die so genau wie Nauch aussahen, daß Gallcgos, der immer darauf gespanut war, von den Deserteure!« ein Zeichen zu entdecken, sich vornahm, von uusercrNoute abzngehcn und die Sache zn untersnchen, nnd nnr die feste Behauptuug meinerseits, daß es kein Ranch, sondern Nebel sei, bewog ihn den bedanken aufzugeben. Die argentinische Negicrnng hatte früher einmal den Plan, in diesem Thale eine Ansiedelnng zu gründen, aber er wurde mcht ausgeführt, und anch die Missionäre hatten die Absicht, hier herum eine Station zu errichten und deu Oazy-Hafen als Deu^t zu benutzen, aber die Chilier vo-n Punta Arena machten ihre Ansprüche geltend nnd zwangen die Missionäre, volt ihrem Vorhaben abznstchen. 26 Eine unnütze Jagd. Nachdem das Lager iu Ordnung war, änderte sich das Wetter. Während wir seit nnserm Anfbrnche heitern Himmel mit kalten Winden und mäßigen Frösten in der Nacht gehabt hatten, sing es jetzt an zu regnen, nnd Gallegos schlng mir vor, daß wir, im Fall das schlechte Wetter fortdauern sollte, nnter dem Schutze des Zeltes bleiben wollten. Aber nnr die Nacht war rauh und regnerisch - der Morgen war wieder schön, nnd die Sonne ging glänzend und warin auf. Wir brachen daher auf, schlugen einen Pfad ein, der sich am Fuße der obenerwähnten Hügelkette hinzog, und ritten anfdemselben bis gegen zehn Uhr fort-, da kam, gerade als wir ein schönes Flüß^ chen überschritten hatten, wo ich ill den Wasserlachen Fische umherschießen sah, eine s^uanaco-Heerde ^,in Vorschein, die bisher durch eine kleine Anhöhe verborgen gewesen war. Es wurde sofort Jagd auf sie gemacht, aber die meisten unserer Pferde fingen bald an zu keuchen; Gallegos, der Soldat nnd ich ritten die Hügel hinauf, über welche die Hcerde geflohen war; da es jedoch nutzlos erschien, die Jagd noch weiter fortzusetzen, so hielten wir oben an und beobachteten die Thiere, während sie einen gegenüberstehenden Hügel hinausflogen. Von dem Streifcorps fehlte Einer, uud als der Lieutenant plötzlich rief: ,,Was ist das?" wandten wir die Angen nach der Richtung, nach welcher er zeigte, und Einige meinten dort einen Mann wahrzunehmen. Gs kamen ihnen sofort die Deserteure in die Gedanken; sie ritten daher ab und baten mich, I'aria (der bei den Pferden geblieben war) zu sagen, er solle weiter reisen bis zn einer bestimmten Stelle am obern Ende des Thales. Ich ritt den Hügel hinunter, der voller Höhlen des (!tüßcn unserer Muslers, Nnier den Palagonieni. 3 34 Der Rio^Cuheyli. Pferde aufsprang und über eiuen marschigen Suinpf entrann, wo die Pferde ihm nicht folgen tonnten, erwachte Sam's leidenschaftliche Neigung zur Jagd, und er machte mir, dein Soldaten und Ios6 den Vorschlag, den Pfad — der, wie er mit nachdrucksvoller Verachtung sagte, gut für grauen, aber nicht für Männer sei — zu verlassen und die Barranca hinaufzureiten, um ihn mit den Bolas einen Stranß fangen zu seheu. Als wir daher die Pampa wieder erreicht hatten, stellten wir uns, ungefähr zweihundert Meter von einander, in Linie auf, um einen gewissen Flächenraum abzutreiben, und zwar nach eiliem Punkte hinab, wo ein sanfter Abhang nach dem Thale sich befand, so daß wir den vorrückenden Zug der Uebrigen wieder trafen. Anßer einem einzigen Strauß, der in großer Eile an einem andern Puukte nach dem Thale hin verschwand, und einem Paar Tauben, die mich sehr interessirten, sahen wir Nichts; wir kehrten daher auf den Pfad zurück und eilten, da die Nacht hereinbrach, vorwärts, weil wir gern noch die Furth des Flusses überschreiten und auf der andern Seite uus lagern wollten. Um sieben Uhr waren wir an einer aus der Barranca entspringenden köstlichen Quelle angelangt, wo es Brennholz in Uebcrfluß gab; Gallegos ließ daher Halt machen, obgleich Sam noch weiter zu zieheu wünschte, indem er bemerkte, der Mond scheine so hell, daß es „gerade wie au: Tage" sei. Wir bereiteten uns ein gutes Abendessen voll Guanacofleisch, was, da wir vorher immer nur Charqui hatteu, eine angenehme Veränderung war, und schlugen dann unser Nachtlager auf. Das Thal des Cuhculi deutet die Terrasscnbildung schwach an, wenn es auch nicht so deutlich ausgeprägte Terrassen darstellt, wie jene sind, die am Gallegos-Flusse sich hinziehen; aber die unterste oder Fluß-Ebene, die in der Umgebung der Furth beinahe zwei Stuudeu breit ist, zeigt den Charakter größerer Fruchtbarkeit: das Weidefuttcr steht üppig und ist gut..Vou deu Quellen schmeckten eine oder zwei -^ besonders diejenige, ans der wir gegen den Rath und das Beispiel unsers Führers tranken — stark nach Eisen, was zur Folge hatte, daß die ganze Gesellschaft an innerer Zerrüttung litt, und Sam behauptete, daß in der Nähe unsers Lagers eine Schicht der schwarzen Erde liege, mit welcher die Indianer sich den Leib bemalen. Nach einer Nacht mit starkem Frost brachen wir früh auf uud kamen bald an die Fnrth. Unser Führer war verschwunden; aber während wir die Ballen in Ordnung brachten, sahen wir nach Osten eine Masse schwarzen Nauch aufsteigen; Sam hatte durch denselben seinen Landsleuten ein Signal Zusammentreffen mit Tehuelchen, 35 gegeben und schloß sich uns auf dem Marsche über die ein wenig ansteigende Ebene wieder an. Da bemerkten wir, daß zahlreiche Indianer in der Nichtnng anf nns zu galoppirt kamen nnd an verschiedenen Stellen den 7vluß überschritten, wie I'aria sagte, ohne sich im geringsten darnm zu kliminern, ob ^nrthen vorhanden waren oder nicht. Wir machten Hall nnd wnrden bald von nugefähr vierzig oder noch mehr Indianern nmringt; die meisten ritten brauchbar aussehende Pferde ohne Sattel. Da sie sich sehr freundlich zeigten, gab Gallegos ihnen etwas Zwieback nnd Charqui. Ihre Häuptlinge — der Obercaciqne war ein Neffe Casimiro's — stellten sie in leidlich guter Ordnung in einen Halbkreis anf, mn das (beschenk in Empfang zu nehmen. Es waren nuter ihueu ohne Zweifel einige sehr lauge Mänuer, aber was mir besonders auffiel, war die prächtige Entwickelnng ihrer Brust uud Arme. Obgleich eiu sehr schneidender Wiud ging, hatten doch Viele von ihnen in gleichgültiger Weise die Mäntel zurückgeworfen, die nackte Brust der ^nft aussetzend, und fühlten sich, wie es schien, dnrch die Kälte nicht im mindesten belästigt. Sie erkannten mich sofort für einen Engländer an, kamen aber heran und betrachteten mich gcnan nnd baten nntcr lan-tem Gelächter, wobei sie eine regelmäßige Reihe wunderbar rciulicher Zähne zeigten, nm Tabak. Daß ich ihre zudringliche Vitte erfüllte, darüber wnrde Sam sehr neidisch; er quälte mich eine Zeit lang im-m?r mit Verwertungen wie: ,,Mich sehr friert, keinen Poncho be-fominen;" ,,Mich kein Messer bekommen, mich keinen ,,Pellon" (Satteldecke) bekommen/' bis er sah, daß sein Betteln uichts half, und in düsteres Schweigen verfiel. Ein Zng ans der Pfeife brachte ihn jedoch in seine gewöhnliche heitere Stimmung znrück, nnd während wir dahiugaloppirtcn, sang er ein indianisches Lied, "das ans den in verschiedenen Tonarten vorgetragenen Worten ,,AH dsche leh loo, Ah dsche leh loo" bestand. Nachdem wir einige Stunden weit in einer etwas freieren, aber noch immer wellenförmigen Gegend geritten waren, trat in den Pampas eine Unterbrechung ein. Hügel mit unregelmäßigen nnd malerischen Umrissen, mit labyrinthischen Thälern oder Navinen, die nicht in paralleler Ordnung licfeu, souderu mit eiuander in Verbindung standen, nahmen ein weites Gebiet ein, und wenn auch das Reisen hier bedeutend schwieriger war, so gewahrte doch der Anblick der Natnr, nachdem wir bisher immer nur einförmige kahle Ebenen gesehen, eine angenehme Abwechseluug. 3* 36 Am Hügel „Otiti". Wir hielten in einem indianischen Lager, das unten an einem spitzen Hügel, Nameus ,,Otiti", in einem Thale lag, wo es dachen mit süßem nnd salzigem Wasser ganz nahe bei einander gab. Zwischen den Weihrauch- und Dornbüschen, die in diesen Gegenden hier nnd da vereinzelt stehen, ritten wir hente noch an einem andern Strauche vorüber; er hat eine dicke rauhe Rinde, dic sich leicht ablöst, worauf eine lange rattenschwanzühnliche Ruthe übrig bleibt. Vom Rio Gallegos an hatte der Boden im Allgemeinen eine gelbere ^arbe angenommen, als anf der Südseite jenes Flusses; doch fand sich in den Thälern und Ver-tiefnngcn in der Regel duukle Torferde, und die Oberfläche der Pampas hatte ein öderes Ansehen bekommen, indem sie mit kleinen Kieseln bestreut und mit Büschen — gewöhnlich von dorniger Art — bestanden war. Runde Klumpeu stachliger Disteln, die, wenn man ein angezündetes Streichhölzchen daran hält, wie Zunder brenneil — und eiuige vereinzelte Büschel verwelkten Grases machten die aus-gehuugerten kahlen Wüsten, über die der Wind mit schneidender Heftigkeit blies, nur uoch öder; dennoch sind sie die Heimath großer Heerdeu Guanacos, vieler Stranße, Pumas und Armadille, wenn auch die letztereu iu dieser Zeit behaglich ihren Winterschlaf hielten. Am nächsten Morgen waren keine Pferde zn sehen, nnd da es zehn Uhr wnrde, ohne daß sich eine Spnr von ihnen zeigte, so fingen wir Alle an, Verdacht auf die Indianer zu werfen. Sam machte, ohne dazn veranlaßt zu werden, die Bemerkung, daß, wenn sie sdie Indianer) nns einen solchen Streich gespielt hätten, er am folgenden Abend hingehen und mit allen ihren Thieren aufräumen werde. Glücklicherweise brauchte er diese Drohung nicht auszuführen, deuu es stellte sich heraus, daß die Pferde sich nur in ein anderes Thal verlaufen hatten. Da wir uus jetzt Santa Cruz näherten, das die letzten Indianer eben verließen, weil sie mit ihren Handelsgeschäften fertig waren und den ganzen Grog weggetrunken hatten, sahen wir viele Rauchsäulen, die von ihren Iagdvartieen herrührten. Nachdem wir über das zerrissene Terrain hinweg waren nnd die hohe Pampa erreicht hatten, ritten Sam nnd ich vorans und vertrieben uns die Zeit mit fruchtloser Jagd anf Guanacos oder Stranße; Sam konnte mit seiner Gewandtheit im Bolaswerfen Nichts ausrichten, weil er anf einem Pferde saß, das zur Expedition gehörte und nicht darau gewöhut war. Wir zogen wieder an vielen Salz-^agnnen vorüber und kamen gegen Abend an einen Abhang; er war drei- bis vier- Gm e Caravan« Frauen. 37 hundert Fuß laug und führte in ein Thal, in dem sich eine große Salina befand; hier hielten wir und machten unfer Feuer neben einer Quelle an, in deren Nähe, wie Sam mir mittheilte, die Gräber zweier Indianer lagen; er gedachte derselben mit größter Hochachtung und mit ehrfurchtsvoller tiefer Stimme. Unser Signalranch, der ebensowohl die Indianer anlocken als Gallegos und I'aria die Richtung unsers Weges angeben sollte, wurde bald von den gegenüberstehenden Hügeln auf der Nordseite des Thales aus erwiedert, uud kurz darauf kam ein Zug berittener Frauen und Kinder den vor uns liegenden Abhang herab und bewegte sich anf unser Feuer zu, wo, wie Sam nur sagte, ihr beabsichtigter Lagerplatz war. Wir zogen ihnen entgegen, nnd Sam führte die Unterhaltung in ihrer Sprache; er verdolmetschte mir, daß sie vor zwei Tagen von Santa Cruz fortgegangen seien, und daß Don Luiz Pieora Bucna seine Besitzung auf der Insel verlassen habe, um in seinem Schooner nach Buenos Ayres zu fahren, während die nördlich von Santa Cruz gelagerten nordlichen Indianer, mit welchen ich weiter nach dem Nio Negro zu reisen hoffte, bis zum nächsten Früh-liug nicht zn marschiren gedächten. Als wir jene Damen, unter welchen sich ein junges und zwar ziemlich hübsches Mädchen befand, verließen, hob ich zum Gruß die Mütze in die Höhe; da brach die ganze Gruppe iu lautes Lacheu aus uud schrie: ,,Engländer, Engländer!" Mitten unter diesem Geschrei ritten wir ab, um uns den übrigen Mitgliedern uuserer Reisegesellschaft, die absichtlich von dem geraden Wege abgewichen waren und eben das Thal in östliche? Nichtnng überschritten, wieder anzuschließen. Cam bot Alles auf» um Gallegos zu bewegen, am indianischen Lager anznhalten, aber der Letztere war klng genug uud entschloß sich, ungefähr eine Stunde weiter zu ziehen; denn er wnßte, daß, wenn er hier Halt machte, der Vorrath an Proviant bedeutend angegriffen wurde, und dies zu uermciden, war im Hinblick auf die Rückreise, bei welcher die Gesellschaft vielleicht sich noch vermehrt hatte, wünschenswert!). Wir verließen demnach das geschützte Thal nnd lagerten uns auf dem Plateau an einer dem Winde ausgesetzten Stelle in der Nähe einer La-guue, deren Eis wir dnrchbrechcn mußten, um uns Wasser zu verschaffen. Es war eine schneidende Kälte, nnd das Zelt gewährte nur theilwciscn Schutz gegen den scharfen Wind; die ökonomische Vorsicht nnsers Anführers hatte daher znr Folge, daß die ganze Gesellschaft die kälteste Nacht verbrachte, die wir bis jetzt erlebt hatten. 39 Eine Wüste. Während des Abends besuchten uns mehrere Indianer und brachten Strauß- und Guanacofleisch als Geschenke. Der Soldat gab mir ein Stück von dem Magen des Straußes (der als Leckerbissen gilt); er hatte ihn auf der Spitze seines Ladestocks gekocht; aber ich mnß gestehen, ich fand im Augenblick nichts Besonderes daran, wiewohl ich späterhin auf meiner Neise an dieser und anderen sonderbaren Delicatessen Geschmack finden lernte. Unter den Indianern, die uns diesen Abend Gesellschaft leisteten, war ,,Pedro el Platero", der in Mr. Gardener's Missionsbnche erwähnt wird; auch eine alte Squaw befand sich unter ihnen, die sich des Namens „La Reina Victoria" (die Königin Victoria) erfrente, und die zu vielen Neckereien Veranlassung gab, indem meine chilischen freunde behaupteten, ich müsse die Köuigiu der Pampas in gebührender ^'0rm begrüßen; nachdem sie jedoch eine Ladung in ihre Pfeife und etwas ^ener dazu — das war Alles, was sie verlangte — bekommen hatte, war sie bald in der Dunkelheit verschwunden. Am nächsten Morgen früh verließen wir das Lager gern, da die Kälte unvermindert fortdauerte; der Wind blies nns gewaltig in's Gesicht lind war, obgleich er von Norden tam, so schneidend, daß Sam und ich immer fortgalopvirten und von Zeit zu Zeit feiler anmachten. So ritten wir vorwärts über einen Landstrich, der an Verödung alle Districte übertraf, die wir bis jetzt durchreist hatten. So weit das Auge reichte, erstreckte sich eine ebene Wüste, die nicht einmal durch eiue Anhöhe oder Vertiefung gemildert wurde; der Anblick der niedrigen verwelkten Sträucher, des groben verdorrten Grases nnd der hier nnd da liegenden Flecke kiesclbestreuten Landes, der dreißig Meilen weit das Auge mit traurigem Einerlei ermüdete, erzeugte ein außerordentliches Gefühl banger Niedergeschlagenheit, das später sich noch einmal einstellte, als ich durch die Travisia reiste, die sich am Rio Negro hinzieht und dem hier besprochenen Districte, wenn anch in kleinerem Maaßstabc, gleicht. Hier nnd da sich findende gefrorene Lagnnen, ohne Zweifel dnrch Negen gespeist, lassen diese pfadlose Wildniß nur noch öder erscheinen. Daß Sam anhielt nnd bemerkte, er sei dnrchans nicht sicher, daß er sich nicht verirrt habe, machte die Lage nicht besser. Die einzige Verändernng bot ein unglücklicher Fuchs, den wir so lange jagten, bis er auf das Eis einer Laguue, wie er glaubte, entrann, aber die Verrätherische Oberfläche gab nach nnd der arme Neiuccke sank, nach wackerem Kampfe, so tief, daß er mit dem Lazo nicht zu erreichen war. Endlich, gegen Endlich Santa Cruz. 39 zwei Uhr, hörte die Wüste mit einer Klippe auf, die aus dem zu unsereu Füßen liegenden Thale emporstieg, und wir blickten auf den sich schlangelnden 7vluß der Canta Cruz hinab. Wir warteten, bis die Uebrigen nachkamen, und ritten dann durch eine Bergschlucht in das Thal hinunter. Nachdem wir uns hier durch einen Trunk Wasser erquickt halten, schlngen wir einen Pfad eiu, der stromabwärts dem Flusse folgte. Bei der Aussicht auf eiu baldiges und glückliches Ende unserer Reise waren wir Alle wohlgemnth, und I'aria wurde fortwährend gefragt, wie weit es bis zur Ansiedelung noch sei. Seine Antwort lautete unveränderlich: ,,Eine Stnnde," und wir ritteu dahin, immer vergeblich erwartend, jeden Augenblick den Ort zu sehen; der Weg ging Uni unzählige Vorgebirge oder Spitzen herum, wo die Barranca iu das Thal vorrückte. Jede dieser vorspringenden Klippen, die wie Vorposten der Pampas dastanden, sollte nach I'a-ria's Behauptung eine nach der andern die letzte sein, während Sam die ganze Zeit ein würdevolles Schweigen beobachtete, bis wir endlich um 7 Uhr M Minuten, wo wir fast verzweifelt waren, daß wirübcr-hanpt jemals anlangen würdeil, an die der Insel, auf welcher sich die Ansiedelung befindet, gegenüberliegende Fnrth kamen und Hnnde-gebell unsere Ohren begrüßte. Nachdem Sam gernfcn hatte, kam die Antwort zurück, daß, wenn wir diese Nacht hinübergeheu wollten, wir uns beeilen müßten, da die Fluth schon eingetreten sei. Wir ritten daher weiter, um sofort überzusetzen, und kamen mit genancr Noth davon, ohne daß nnsere Pferde schwimmeil mußten, was bei einer kalten, frostigen Nacht dnrchaus nichts Angenehmes gewesen wäre. Meine Vorstellnugm von dem Zustande und Umfange der Ansiedelung -^ und ich muß gestehen, meine Träume von einem „Auf-heiterer" und sogar von Wein, der meinen durchkälteten Leib etwas erwärmen sollte — wurden leider durch die Wirklichkeit zerstört; die gedeihende, wenn anch kleine Stadt, die ich mir in der Phantasie geträumt hatte, wurde durch ein einziges Haus vertreten, und der Wem und Branntwein war aller verbraucht worden. Dies wurde jedoch dadurch, daß ich iu Mr. Clarke — oder, wie die Indianer ihn nannten, „Clakalaka" — einen alten Bekannten entdeckte, den ich vor einigen Jahren auf den Faltlauds Inseln kennen gelernt hatte, vollständig ersetzt. Man stelle sich seine Ucberraschnng vor, als plötzlich ein Mann erschien, von dem er dachte, er wäre weit entfernt. Zn meiner 40 Erste Nacht in Santa Cruz. großen Freude fand aber der Ansflng, den ich mir vorgenommen, seinen vollkommenen Beifall. Sein herzliches Willkommen und sein heißer Kaffee heiterten uns bald auf, und als wir uns erwärmt und ausgeruht hatten, besprachen wir meine Pläne. Es zeigte sich, daß die Indianer in Bezug auf Don Luiz Buena's Reise und die Absichten der nördlichen Tehuelchen nns nicht falsch berichtet hatten; aber Mr. Clarke glaubte, daß der Schooner noch in der Mündung des Flusses liege und anf offenen Wind warte, und übernahm es, einen Voten abzusenden, der mit Don Luiz sprechen sollte. Mein Zweck war, die Erlaubniß zu erlangen, in der Ansiedelung mich aufhalten zu dürfen, bis der Schooner zurückkehrte, damit ich mich dann mit Porräthen versehen konnte, die ich zu Geschenken für die Tehuel-cheu brauchte. Nach einem angenehmen Geplauder legte ich mich auf eine, auf dem Fußboden gemachte Streu zur Ruhe, ganz zufrieden damit, daß ich den ersten Theil meines Planes ausgeführt hatte, nnd das glückliche Gelingen des Ausflugs nach Santa Cruz als gutes Zeichen für den noch übrigen Theil der Neise nehmend. Zweites Kapitel. Santa Cruz. Vorstellung bei den Häuptlingen. — Ortete. — Chilische Deserteure. Die Ansiedelung. — Die Insel Pabon. — Von der Natur gebotene Portheile, — Die Missionsstation. — Mr. Clarke. — Unser Zirkel auf Pabon, — Expedition nach dem See Viedma, — Winterbeschä'ftigungen. -^ Arbeit und Spiel — Castmiro's Abenteuer. — Sein Charakter. — Eiu Iagdausflug im Winter. — Eiu Schneesimm auf der Pampa. — Das Santa«Cruz-Thal. — Den Fluß hinauf. — Die nördlichen Hügel. — Pumas. — Teufelsaugen, — Eine Jagd ;u Fuße, — Starte Kälte. — Die Deserteure kommen wieder. — Reise nach dem indianischen Lager, — Erste Nacht in einem Toldo. — Ein Pferd im Schlepptau. — Abschied von Santa Cruz. Das Erste, was wir am nächsten Tage thaten, war die Ab-sendnng eines Voten mit dein Anftrage, den Schooner anzureden, wenn er etwa noch in der Mündung des Flusses sich aufhalten sollte. Meine chilischen Freunde hatten einige der Deserteure gefunden; der Mayor Domo hatte dieselben znr Arbeit angenommen nnd später ans Ansnchcn eines Gerichtsdicners, der von Punta Arena ans im Schooner hcrnmgeschickt wurde, mn Don ^uiz zu bitten, bei ihrer Verhaftung behülflich zu sein, in enger Gefangenschaft festgehalten. Gegen Mittag kam Casimiro, angeblicher Hänptling der Tehuclchen nnd Sam Slick's Vater, von einer Iagdpartie hereingeritten; er saß auf einem schlanken, wohlgestalteten Pferde und hatte ein Guanaco anf dem Sattel. Ich wurde mit der üblichen Förmlichkeit vorgestellt, nnd mein Plan nnd Zweck wnrde ihm ausführlich dargelegt. Bald daranf tam anch Ortete, der Cacique der Horde nördlicher Te-huelchen, die am Rio Chico sich gelagert hatte. Wenn ich auf ihrer Reise sie begleiten wollte, mußte ich nothwendig seine Zustimmung 42 Der Häuptling Orkeke. haben, und durch Casimiro's Vermittelung als Dolmetscher, da der Häuptling nur wenig Spanisch sprach, wurde mein Gesuch vorgetragen. Er bestätigte Mr. Clarke's Aussage, daß seine Leute in ihrem gegenwärtigen Lager zu überwintern nnd dann nordwärts Zweiter zu ziehen gedächten, schien aber durchaus nicht geneigt zu sein, die Vermehrung seiner Horde um einen Engländer willkommen zu heißen, denn er machte eine Menge Einwendungen, die Straße sei schwer zu passiren, die Reise banere lange, sie hätten möglicherweise Kämpfe zn bestehen u. s. w., u. s. w. Ich hoffte jedoch, daß wühreud der Zeit, die sie noch zu bleiben gezwuugen waren, Gelegenheit sich bieten werde, besser mit ihm bekannt zu werden nnd seine Zustimmung zn erlangen. Ich war ganz erstaunt über das ernste nnd würdevolle Benehmen des alten Häuptlings. Daß der volle sechs ,^nß hohe Mann, mit wohlproponionirtem, mnscnlosem Körper seiu sechzigstes Jahr überschritten habe, hätte kein Mensch vermuthet, nnd mochte er sich anf das ungesattelte Noß schwingen oder auf der Jagd voranreiten, er zeigte eine Behendigkeit und Ausdauer, in der er sich mit allen jüngeren Leuten messen konnte. Sein dichtes schwarzes Haar war nnbedeutendgrau gestreift, uud die glänzenden, geistvollen Augen, die Adlernase lind die dünnen festen Lippen eutspracheu keineswegs der volksthnmlichen Vorstellung von patagonischcn Ge-sichts^ngen. Die znrücktretende Stirn schwächte den Ausdrnck seines Gesichtes ctwas, doch war dasselbe ernst nnd gedankenvoll und zu Heilen auffallend verständig. Später, wo ich Monate lang mit ihm zusammen war, hatte ich reiche Gelegenheit, seine Geisteskräfte kennen zn lernen; sie waren groß nnd äußerten sich oft in kräftigen nnd ergötzlichen Sprüchen. Obgleich er einen ganz besonders netten Anzug trng und seine Kleider reinlich hielt, so war er doch, wie alle Indianer, mit Ungeziefer geplagt. Einmal weckte er mich in der Nacht anf, um mit ihm eine Pfeife Tabak zu rauchen; nachdem er eine Zeit lang, dem Anschein nach in tiefes Nachdenken verloren, dagesessen hatte, brmerkte er: „Mnsters, die Läuse schlafen nie!" Zuweilen, aber selten, trank er sich einen Rausch, zankte jedoch uic, und es war eine selbstverständliche Sache, daß bei einem allgemeinen Trinkgelage entweder er oder sein Brnder Tankelow nüchtern blieb, um ihre Familien zu schützen. Er selbst war kinderlos nnd hatte einen kleinen Dachshund Namens Ako adoptirt, der die Stelle und Ehrenbezeigungen eines einzigen Kindes genoß; aber er zeigte große Liebe zu seinen Neffen und Nichten, nnd auf dem Marsche oder nach Mische Deserteure. 43 der Rückkehr von der Jagd konnte man oft das eine oder andere dieser Kinder in seinen Armen sehen. In der ersten Zeit unserer Bekanntschaft machte es mir immer das größte Vergnügen, wenn er, wie es oft geschah, sich lmscrm kleinen Kreise anschloß nnd in der Gesellschaft seines alten freundes, Mr. Clarke, sein gesetztes Wesen aufgab und in einer Weise lachte und schwatzte, wie man es in den: gewöhnlich ernsthaften Häuptlinge gar nicht gesucht hätte. Er war zwar eifersüchtig und mißtrauisch, auch ein weilig geizig; er sah es lieber, wenn die große Anzahl Pferde, Zeug und Waffen, die er hatte, sich noch vermehrte, als wenn sie sich verminderte; aber von der Zeit an, wo ich sein Gast wurde, war sein Betragen gegen mich untadelhaft. Am Abend kehrte der Bote zurück; er hatte natürlich seine Aufträge vollkommen falsch verstanden und Don Luiz mitgetheilt, daß der Engländer in dem Schooner nach Buenos Ayres zu fahren wünsche; es kam daher am Morgen mit der Fluthgezeit ein Boot, lim mich abzuholen. Mr. Clarke war so gefällig nnd übernahm es, selbst hinzngehen nnd die Sache in's Rciue zu bringen; er kehrte mit dem frcnndlichen Bescheid zurück, daß Don Luiz mir Quartier und iede Gastfreundschaft anbiete, wenn ich die nächsten zwei Monate, an deren C'ude man die Rückkehr des Schooners erwarten könne, in der Ansiedelung bleiben wolle. Lieutenant Gallegos bat mich dringend, ihn wieder nach Punta Arena zu begleiten; er malte die Langeweile nnd Unbchaglichkeit einrs Winters in Santa Cruz in starken Farben ails. Es war jedoch klar, daß ich mich dadurch um die Gelegenheit, mit Orkeke noch naher bekannt zu werden und sein Vertrauen zu gewinnen, und mit ihr um die Aussicht, das Land zu durchreisen, gebracht hätte. Gallrgos glaubte, dieser Plan sei mit der größten Gefahr und mit fast gewissem Untergang verbunden; da ich aber unerschütterlich war, so nahmen wir liebevollen Abschied von einander. Er nnd sein ganzem Corps hatten mich, der ich doch ganz fremd war, mit der größten Freundlichkeit behandelt, nud ich sagte ihnen Adien als echten Kameraden. Sie traten ihre Rückreise an und nahmen die vier Gefangenen mit; die Letztern werden jedoch in diesem Buche noch einmal auftreteu. Die Leute hatten viele Beschwerden ausgeftauden, um die Freiheit zu erlangen, die, wie es schien, ihnen jetzt wieder entzogen war. Drei von ihnen hatten sich ein Pferd zu verschaffen gewußt lind, abwechselnd gchend und reitend, ihren Weg zu den Indianern gefunden. Zwei von ihnen, Olate und 44 Die Ansiedelung Santa Cruz. Rosa, der Letztere, obgleich ein reiner Knabe, mit einem dnrch und durch bösen und mörderischen Gesicht, waren unverbesserlich schlecht; aber Mci'a, ein junger Mensch von neunzehn Jahren, erregte durch sein hübsches freies Angesicht und reinliches munteres Aeußere Mitgefühl; der Vierte, Arica, hatte, ohne alle Kenntniß des Landes und nur geführt durch einen unbestimmten Begriff von der Existenz der Ansiedelung im Norden, seinen Wcg von Puuta Arena nach Santa Cruz zu Fuße zurückgelegt. Er niar sicbenundzwanzig Tage lang der Linie der Meeresküste nachgegangen und hatte in dieser ganzen Zeit nur von Schaalthieren nnd Seevögelciern gelebt; er mußte unbeschreibliche Strapazen und Beschwerden ausgestanden haben, und daß er endlich doch wohlbehalten ankam, war ein Wunder geduldiger Ausdauer. Er brachte die Nachricht mit über den Verlust eines Beischiffes des Schooners, einer Barkasse mit Verbeck, in welcher Cavitän Warren und drei Mann von Staaten-Land abgesegelt waren, ohne daß man wieder Etwas von ihnen gehört hatte. Ueber das Schicksal dieser Mannschaft war jetzt kaum noch ein Zweifel, da er das schmutzig auf den Strand geworfene Fahrzeug und ein Stück des Groß-Segels gefunden; das letztere hatte er benutzt, um sich mit Kleidern zu versehen. Der hoffnungsvolle Zögling der Mission, Sam Slick, begleitete das Streifcorps ebenfalls. Vor der Abreise erbot er sich, eine Probe von seiner Erziehung abzulegen, indem er ein Kirchenlied singen wollte, gab aber dabei deutlich zu vcrstchcu, daß Grog eine passende Beglcitnng sei; da jedoch keiner vorhanden war, so ging uns die Gelegenheit, durch seiuen Gesang erbaut zu werden, verloren. Wir beobachteten den Neitcrzug, bis er in der ^erne auf den obern Ebenen verschwand, nnd kehrten dann nach der Station zurück, wo ich mich niederließ, um die folgenden drei Monate des vatago-nischen Winters zu verbringen. Die Ansiedelung oder Handelsstation Santa Cruz besteht aus nur drei Häusern; sie liegen auf einer Insel, Namens ,,Pabon", die auf Mron's Karte als Middle Island, in Islet Reach (der Inselstrecke), bezeichnet ist. Die Besitzung gehört Don Luiz Piedra Buena, kraft ewer Schenkung von Seiten der argentinischen Regierung, die ihm auch die Capitausstelle bei der flotte übertragen hat, mit der Vollmacht, alle ausländischen Seehundsfüngcr an der widerrechtlichen Betreibung der werthuolleu SeehundZfischerei an der Küste zu verhindern. Die Insel ist ungefähr anderthalb englische Meilen lang nnd hat eine durchschnittliche Breite Station auf der Insel Pabon im Eio Santa Cruz. Die Insel Pabon. 45 von etwa 350 Meter. Vom südlichen Ufer aus kann man dnrch eine Fnrthzuihr sselangen, die querüber gegen fünfzig Meter lang ist, aber nnr bei niedrigem Wasserstande sich passireu läßt. Der nördliche Kanal ist breiter nnd tiefer, nnd wegen der Schnelligkeit der Strömung kann man ihn nicht passiren anßer mit einem Boote; dies liegt an einem Tan stets bereit, nm handelslnstige Indianer überzufahren, nnd läßt sich anch benntzen, uzn Holz zur Feuerung herbeizuschaffen, das man auf der Insel nicht bekommen kann. Gegen hundert Meter von der Fnrth steht das Hauptgebäude, im Wesentlichen ans Backsteinen gebant und mit Ziegeldach versehen; es enthält drei Zimmer nud eiue Art Vorhalle zum Schutze eines Neunpfündcrs, der den Eingang beherrscht. Es ist ferner dnrch ein Pfahlwert gedeckt, auf welchem die argentinische Flagge weht, und jenseits desselben befindet sich ein Graben, der durch die Springflut!) mit Wasser gefüllt wird. Diese Vefestignngswerke haben den Zweck, Schutz zu gewähren, im Fall die Indianer, wenn sie unter dem Einflüsse des Nums stehen, uu-ruhig werden. Mr. Clarke erzählte zwar einige sonderbare Auftritte, von welchen er Augenzeuge gewesen war, aber bei seiuem vortrefflichen Verhalten war er bis jetzt in keine Gefahr gekommen nnd durch seine Ehrlichkeit im Geschäftsverkehr mit ihnen hatte er sich ihre Freundschaft gesichert; man hatte einen ordentlichen Tarif mit der Billigkeit entsprechenden Preisen aufgestellt uud sich gewissenhaft au denselben gehalten; nach ihm wurde ihr Tauschhandel in Straußfedern nnd Pelzwcrk abgemacht, uud wenn sie auch bei ihren Verkäufen viele Umstände macheu uud oft zwei bis drei Stunden lang um den zu gebenden Preis verhandeln, so Wichten sie doch die Ehrlichkeit zn schätzen, nut welcher sie behandelt wnrden. Ein zweites Haus lag gegen fünfzig Meter vom Hauptgebäude entfernt und führte, weil es in der Negel als Niederlage benntzt wnrde, den Namen Almacen (oder Magazin); da es jetzt leer war, diente das eine Zimmer für einige der Leute als Schlafstelle, uud das andere war Easimiro und seiner Familie zur Wohnung überlassen worden. Ein drittes Haits, das am östlichen Ende der Insel stand, war nicht in Gebrauch. In der Nähe desselben hatte man ein kleines Stück Land bestellt und Kartoffeln, Nüben nnd andere .Küchengewächse mit gutem Erfolg gezogeu. Mit Koru hatte man es zur Zeit meines Besuches noch nicht probirt, später säte man versuchsweise anderthalb Fanegas ') ') Eiue Fanega enthält 100 Pfund. 46 Von der Natur gebotene Vortheile. und erntete davon, obgleich man wenig Mühe auf die Saat verwandte, zwanzig Fanegas. Da der niedrigere Theil der Insel bei hohen Springflnthen der Ueberschwemmung ausgesetzt ist, so hat man quer über denselben einen Graben gezogen, um das Wasser abzuleiten; an Bewässerung ist daher lein Mangel. Der Boden war mit verkümmerten Büschen, der kleinen, mit langen spitzigen Stacheln versehenen runden Distel und grobem Gras bedeckt. Die wenigen Schafe schienen gilt zu gedeihen, nahmeu aber au Zahl während des Winters merklich ab, da an Tagen, wo das Wild spärlich war, immer eines dem wüthenden Appetit zum Opfer fiel, den die schneidende Luft PatagouieuZ erzeugte. Auf dem Festlande graste ein großer Trupp Pferde, in einem Striche unterhalb der südlichen Barranca, „Potrero" genannt, wo das Gras, wenn es auch grob war, in höchster Ueppigkeit wnchs. Wenn man sie zur Jagd brauchte, wurden die sämmtlichen Pferde am Morgen über den Fluß herübergebracht und in den Corral getrieben; für gewöhnlich aber wurde nur ein einziges anf der Insel behalten, das für dringende Fälle bereit stand. Es bliebe noch zu erwähnen, daß man auch einen kleiueu Viehstand an Rindern und ebenso einige Schweine eingeführt hatte; da man sie jedoch nothwendigerweise auf dein Festlande weiden lieft, so hatten sie sich verirrt und waren verwildert. Die Rinder fallen wahrscheinlich den indianischen Jägern zum Opfer; die Schweiue aber werden ohne Zweifel sich vermehren nnd die Gründer einer Schweinsraye werden, die dereinst bestimmt sein wird, den künftigen Ansiedlern oder den wandernden Tehuelchen im Schwcinsstechcn einen neuen Zeitvertreib zu bieten. Oberhalb der Insel Pabon liegen mehrere kleinere Inselchen; da sie aber von den höchsten Fluthen überschwemmt werden, so lassen sie ohne künstliche Entwässerung zum Feldban sich nicht nutzbar machen. Von der einen, die man bewirthschaftet uud mit Wnrzcl-früchten bestellt hatte, erhielten wir eine Anzahl gut gewachsener Nüben. Die Spanier machten einen großen Fehler, daß sie in Port St. Julian eine Niederlassnng grüudeten uud die weit höheren Vortheile, die Santa Cruz bot, übersahen. Die Ebenen uud Iuselu des letzteren bieten nicht nur gutes Gras- nud Ackerland, sondern anch einen Platz für eine Stadt, der vor plötzlichen Ueberfällen der Indianer sicher ist, nud was die Frage betrifft, w?lchc der beiden Oert-lichkeiten besser zu einer Schiffsstation passe, so ist zwischen denselben Salz und Fische. 47 gar kein Vergleich, da man in Santa Cruz bei der Flnthgezeit die Schiffe an einer geschützten Stelle auf den Strand ziehen kann, während, wenn man den Flnsi hinauffuhr, das Banholz, zn dessen Aussuchung Viedmll seine Reise machte, in Ueberflnß zu haben war. Gegenwärtig, wo man die Schiffbarkcit der Magalhäes-Straße kennt, würde es allerdings viel bequemer nnd wohlfeiler sein, Bauholz von Pnnta Arena einzuführen, als Holzschläger in die Cordillera zu senden nnd das Bauholz nach Santa Cruz herabflößen zn lassen. In der Nähe des Potrero, auf dcm südlichen Ufer, ist ein natürlicher Salzsee oder eine Salina, die von der Beagle-Expedition mnß übersehen worden sein, da Mr. Darwin als die südlichen Grenzen der Salinas den Port St. Inlian angibt. Im Sommer, und bis die Winterregen und der Schnee eintreten, läßt sich hier eine unerschöpfliche Masse vortreffliches Salz gewinnen. Gegenwärtig wird diese Salina nnr ansgcbcntct, um anßer dcm zum einheimischen Gebranch, nöthigen Salze noch so viel zu liefern, als zn dcm jährlichen Seehundsfange erforderlich ist; hätte man aber mehr Arbeitskräfte, so würde man finden, daß das Salz ein werthuoller Artikel zur Ausfuhr nach den Falklands-Inseln ist; die Salina liegt nicht ganz eine halbe englische Meile von dem Strande, wo es gnten Untergrund für die Schiffe gibt. Auch der Flusi liefert viele Fische — eine Art Barsch und andere — die, wenn sie eingesalzen nnd geräuchert werden, sich gut halten; einige, die man vor länger als einem Jahre eingesalzen nnd ge-räuchert hatte, waren noch vortrefflich. Diese könnten vortheilhaft nach Rio Janeiro n. f. w. verfeudet werden, wo derartige Fische immer gesncht sind. Ungeachtet jener uon der Natnr gebotenen Vortheile kann man Santa Cruz jetzt taum als eine Ansiedelung betrachten. Nach meinem Besuche unternahmen es zwei Franzosen von Buenos Ayres aus, im Thale es mit der Schafzucht zu versuchen, aber mit welchem Erfolge, habe ich nicht erfahren. Wie schon erwähnt, existirte die Station als Niederlage für den Seehundsfang und als Handelsposten, uach dem die Tchuclchen kamen, nm ihre Straußfederu, Puma- und Guauacofeile nnd Stranßbälgc gegen Tabat, Zucker, Munition nnd vor Allem gegen Rum umzutauschen. Während der Abwesenheit des Schooners rnhte der Handel so ziemlich, da die Vorräthe alle vergriffen waren; aber nach der Sommer-Campagne fanden sich jedesmal einige Tehnelchen dort ein, nnd die Umgegend war immer ein 48 . Die Missionsstation. beliebtes Winterquartier. Die Missionäre Schmid und Hart suchten diese Gelegenheit zu benutzen, um die Indianer wo möglich zu bekehren und zu gesitteten Menschen zu machen. Sie hielten sich im Jahre IW/i eine Zeit laug an einer Stelle in der Nähe von Weddell Bluff, gegen zehn Meilen von der Mündung des Flusses, auf. Nach Mr. Sterling's Beschreibung lag die Station am Eingänge eines Thales, das „nach Südwesten sich eine beträchtliche Strecke weit in's Land hineinzieht; das Thal durchströmt das ganze Jahr ein reines Wasser, und ein breiter Orasgürtel, der für Rinder schöne Weide bietet, verleiht dem niedrig gelegenen Lande einen heitern, fruchtbaren Anblick; die Hügel sind auf beiden Seiten von Ravinen durchschnitteu oder heben ihr brouzirtes Antlitz aus einem dazwischen liegenden Thälchcn empor und erquicken die Luft mit den: Aroma der Sträucher und Pflanzen, die überall um sie herum wachsen." Dies wurde nach einem Besuche in dem Sommer-Monate Januar geschrieben, und das hier entworfene Gemälde stellt die Landschaft in ihren schönsten Farben dar, ganz verschieden von dem bleichen Anblick derselben, wie ich ihn im Winter sah. Das Thal führt noch immer den Namen Los Mistonarios; dies ist aber auch die einzige Spur, die von ihrer Ansiedeluug noch vorhanden ist. Herr Schmid jedoch verfaßte während seines Aufenthaltes und während der Reisen, die er mit einer Horde Indianer machte, ein kleines Wörterbnch der Tsoneca-Sprache, wie sie von den südlichen Tehuelchen gesprochen wird. Ihr Plan, in Santa Cruz ein Handelsgeschäft zu gründen, um sich die regelmüßigen Besuche der Indianer zn sichern, ward von den Vorstehern der Mission nicht genehmigt, nnd so sahen sie sich genöthigt, den Schauplatz ihrer lobenswerthen, aber erfolglosen Anstrengungen — wenigstens „die kleinen patagonischen Kinder mit den geistreichen Gesichtern" zu unterrichten, von welchen sie in ihren Tagebüchern mit warmer Liebe sprechen — wieder zu verlassen. Herr Schund fühlte, daß die entgegengesetzte Anziehungskraft des Rums, den ein Händler lieferte, welcher den Fluß besuchte, seinen Einfluß zerstörte, aber es läßt sich nicht bezweifeln, daß ihr Geschäft, wenn es gegründet worden wäre, einem Rivalen gegenüber, der seinen Kunden Rum lieferte, keine Aussicht auf Bestand gehabt hätte; denn wenn es auch viele Ausnahmen gibt, so verwenden doch die Indianer im Allgemeinen die Bellte ihrer Jagd und die Erzeugnisse ihres Gewerbfteißes nur zu gern auf Branntwein. Wenn jedoch Mr. Clarke. 49 ihre Weiber sie begleiten, so sorgen diese dafür, daß das Geschäft mit Besonnenheit abgemacht wird, nnd behalten so viel zurück, als sie brauchen, um nicht nur nützlichere und unschädlichere Leckerbifscn, sondern anch nothwendige Bedürfnisse einzutauschen. Es ist kein Zweifel, daß, wenn diese Ansiedelung in Zukunft sich weiter entwickelt, sie wohl als Stützpunkt dienen könnte, um die Tehuelchen auf eine höhere Culturstufe zu erheben und zn einer geordneteren Lebensweise zu bringen; aber mit Betrachtungen über diesen Punkt habe ich nichts zu thnn, nnd es ist Zeit, dem Leser die Mitglieder der Gesellschaft vorzustellen, in der ich meinen Winter auf der Insel Pabon angenehm verbrachte. Mit Don Luiz Piedra Buena und seiner liebenswürdigen nnd fciugebildetcu Seüora machte ich später Bekanntschaft, die in ^ reuudschaft überging; für jctzt aber war ich, obgleich sein Gast, ihm persönlich unbekannt. In seiner Abwesenheit that sein Stellvertreter, Mr. Clarke, der, wie schon erwähnt, ein alter Bekannter uon mir war, Alles, was er konnte, damit ich mich heimisch fühlen sollte. Er war eiu hübscher junger Mann von fünfundzwanzig Iahreu und eiu ausgezeichnetes Exemplar der geschmeidigen und kosmopolitischen Ncueugländer. „Erzogen" war er zu Salem in Massachusetts, wo mau ihn das Baufach hatte lernen lassen, wiewohl er später „auf ein Schiff ging"< In seinem Seemannsleben war er auf einer Heimreise von Shanghai zum Steuermann der „Snow-Squall" gemacht worden, als dieselbe anf der Höhe des Vorgebirges der guten Hoffnung von der „Alabama" verfolgt wurde, und hätten nicht der Capitän uud das Schisssvolk so viel Muth und das kleine Schiff so wunderbare Segelkraft gehabt, so würde zu Mr. Adams' „kleiner Nechnnng" noch ein Posten hinzugekommen sein. Wie die Sache eben stand, segelte das schöne Fahrzeug den schnellen Dampfer gänzlich todt. Die Etandhaftigkeit des Schiffsvolkes nnd dessen wohlverdiente Anhänglichkeit an den Capitän zeigte sich bei dieser Gelegenheit auf's stärkste. Da man nur die Wahl hatte, entweder in St. Helena einznlanfen, um sich mit Wasser zu verseheu — wo nur zu wahrscheinlich die Alabama über die Prise hergefallen wäre — oder bei täglich einem halben Nösel für den Mann nach Hanse zu eilen, so überließ der Capitän die Entscheidung dem Schiffsvolke, und sie wühlten das Letztere. Mr. Clarke war mit den Tehnclchen drei Monate lang auf Reisen und Jagden gewesen; dadurch hatte er eiuc sehr grofte Gewandtheit im Lazo- und Volaswerfcn erlangt und den indianischen Musters, Unter ben Patroninn. 4 50 Unser Zirkel auf Pabon. Charakter genau kennen gelernt; es war daher angenehm zu hören, daß er von ihren geistigen Anlagen und ihrer edlen Gesinnung eine sehr hohe Meinung hegte. Er behandelte sie mit Ehrlichkeit nnd umsichtiger Freundlichkeit, und sie vergalten es ihm mit Vertrauen und Freundschaft. Den übrigen Theil unserer Gesellschaft bildeten noch fünf andere Angestellte. Gesellschaftliche Unterschiede herrschten jedoch nicht; die Bewohner Pabons lebten in angenehmer Gleichheit. Zwei hatten die Hunde nnd Pferde, sowie die Fleischlicfernng zu besorgen; es waren Gonzalez, ein Gancho, ans Patagones gebürtig, der bei einer Fahrt auf den Seehundsfang im Schooner ebenso zu Hause war wie, wenn er einen Stranß mit den Bolas fing, im Sattel, — und Juan Istdoro, ein schwarzbranncs Männchen, dessen fnnkelnde schwarze Augen fein indianifches Vlnt verriethen, ans Santiago del Elstero gebürtig; er war als Soldat nach Nio Negro gesandt worden, hatte es abermöglichgcmacht, von dortzn desernren nnd mitOrkete'sIndianern glücklich bis zur Ansiedelung durchzukommen. Auf diefe folgt Juan Ehileno, ein anfgeweckter Jüngling von neunzehn Jahren, mit heller, frischer Farbe im Gesicht; ihn anzufchauen, nachdem man die schwarzbraunen und verwitterten Gesichter der Anderen gesehen hatte, war erquickend. Dann kommt Antonio, ein Portugiese, abwechselnd Gancho, Walfisch- oder Seehnndsfänger, immer mit einem Liede oder lustigen Scherze uud bei Gelegenheit ebenso rasch mit seinem Messer zur Hand. Den Letzten, aber keineswegs Unbedeutendsten lieferte Holstein; es war ein starkgebauter, gutmüthiger, ziemlich dummer Menfch, in der Ncgel von den Uebrigcn zum StichblaU ausersehcn; sie nannten ihn stets „El CoM"'), ein Spitzname, den er deshalb bekommen, weil er in jener Eigenschaft an Bord verschiedener Schiffe uicle Reisen gemacht hatte. Merkwürdigerweise konnte er, wie sich zeigte, über Etwas Auskunft geben, das mir von großem Interesse war; er hatte nämlich zu der Gesellschaft gehört, die ungefähr ein Jahr vor meinem Besuche den Fkch Santa Cruz hinauf bis znr Quelle desselben gereist war. Die Expedition wurde von einen: Amerikaner geleitet, der den californischen Bergban kannte und sich vorgenommen hatte, den Mineral-Neichthmn des Thales zu erforschen. Unglücklicherweise brach wahrend der Neise den Fluß hinauf ein Zank aus; der Amerikaner verließ die Anderen, fand den Weg zu ') Per Koch. Eine Expedition nach dem Viedma-See. 51 den Indianern allein und kehrte von da nach Santa Cruz zurück. Dcr Verlust des einzigen Mannes, der zu wissenschaftlicher Veob-achtnng befähigt war, machte die Reise fast nutzlos; dennoch zog die Gesellschaft weiter und erreichte um die Mitte des sommers den See; sie blieben einige Tasse in der Nähe desselben, waren aber nicht im Stande, ill die dichten Wälder jenseits seiner Ufer einzudringen. Im Thale fanden sic zinnerne Fleischbüchsen und andere Spuren von Fitzroy's Expedition. Nach El Cooke's Beschreibung kommt der Fluß in vielen kleinen Bächen ans dem See und fließt über ein felsiges Bett. Auf dem See, der mit wildem Geflügel bedeckt war, schwamm Treibeis, und auf dem benachbarten Gebirge sah man große Gletscher, während die Witterung, die man hatte, kalt war und ununterbrochen feiner Regen fiel. Seine Erzählung bestätigte meine Vermuthungen über die Ursache des großen Unterschiedes zwischen der Zeit des höchsten Wasscrstandes im Nio Gallegos, der im December und Januar seine größte Höhe erreicht, nnd im Santa Cruz, der in du'seu Monaten seinen niedrigsten Stand hat. Dies kommt daher, daß auf dem See Viedma, der wahrscheinlich aufeinem hohen Plateau liegt, das Eis so spät anfbricht. Um den See hernm fanden die Reisenden fährten ganzer Heerden großen Nothwildcs und immer ganz nahe dabei die Fährten eines großen Fuchses oder Wolfes; aber es gelang ihnen nicht, eines dieser Thiere zu erlegen. Ein Probestück des einzigen Minerals, das sie mit zurnckbrachtcn, schien in Qnarz eingebetteter Eisenkies zu sein. Die Reise vom See bis zur Ansiedelung dauert mit Bagage-Pferden elf Tage, Reiter aber können sie in vier Tagen machen. Die Mittheilung war natürlich nicht allzu tlar oder zuverlässig, aber El CoM schien, wenn er auch sonst kein glänzendes Genie war, die nordische Eigenschaft zu besitzen, daß er die Wahrheit sagte, während die südlichen nnd indianischen Naturen dnrch den Mangel an Wahrheitsliebe sich wenigstens oft charaktensiren. El CoM liebte harte Arbeit, und sein größter Genuß war, draußen Brennmaterial aufzusuchen nnd mit seiner Axt in einer Weise darauf zu hauen, die einem canadischcn Holzschläger Ehre gemacht hätte, bei den Weihrauchbüschen von Santa Cruz aber ganz weggeworfen war. Alle diese Leute, die aus verschiedenen Gegenden znsammen-gelanfen waren und, offen gesagt, sämmtlich aus leicht begreiflichen Gründen in ihrer Heimath „sich aus dem Stanbe gemacht hatten", waren abwechselnd auf der Jagd, beim Handel, anf dem Seehunds- 4* 53 WinterbeMftigungen. fange und beim Herausfördern des Salzes aus der Salina thätig. Sie bekamen einen festen Gehalt, der jedoch in der Regel durch eine Rechnung für Kleider u. s. w. ausgeglichen wurde, welche sie aus dem Geschäft entnommen hatten. Beim Ceehundsfange hatten Alle Antheil am Gewinn, wie unsere Makrelen- und Häringsfischer, während für die Arbeit bei der Salina eine Gehaltszulage gegeben und wohl verdient wurde, zumal in dieser Zeit, da sie mehrere Nächte hinter einander, und zwar in einem uatagonischen Mai, dranßen im freien schlafen mußten. Dies waren wahrend des Aufenthaltes auf Pabon meine Gefährten; außerdem schliefen mehr als zwanzig Hunde an allen Ecken und Endeu und liefen Jedem nach, wobei sie jedoch ihren Herren den Vorzug gaben. Kurze Zeit uach unserer Ankunft nahm Mr. Clarke das Lager der Proviantvorräthe auf, das bis zur Rückkehr des Schooners nicht wieder gefüllt werden tonnte. Das Ergebniß war, daß der vorhandene Zwieback und Zncker nngeführ noch einen Monat reichte. Diese beiden Artikel wurden daher in gleiche Theile getheilt, und Jeder erhielt so viel, als auf ihn kam, um seiner Neignng gemäß damit hauszuhalten oder unvorsichtig zu verfahren. An Kaffee, schwarzen Bohnen, Tabak und Mais war Ueberfluß; diese Gegenstände wurden daher nach Belieben verbraucht. Dann wurde zunächst ein tüchtiger Vorrath an Brennmaterial aufgehäuft, ehe der Schuee den Transport desselben schwierig, wenn nicht uumöglich machte. Jeden Sonntag gingen Alle auf die Jagd, einen Einzigen — den Koch der Woche — ansgenommen, der zu Hause Wache halten mußte, und wenn das Bedürfniß es erforderte, machten sich die Gauchos auch wahrend der Woche auf, um die Speisekammer mit Gua-nacos und Straußen zu versehen; die letzteren waren jedoch selten. Müßiggang war unbekanut; wenn nicht gejagt, Holz gehauen oder Salz gefördert wurde, so waren Industrie-Arbeiten an der Tagesordnung. Wir lasen Slrinc auf, machten sie rund, um sie zu Bolas benutzen zu können, und überzogen sie mit der vou der Kniekehle des Guanaco abgezogenen Haut, während die Soga oder der Riemen, der die Kugeln mit einander verbindet, aus dem Felle des Halses, und zwar auf folgende Weife hergestellt wnrde, Man schneidet den Kopf ab, macht gerade über der Schulter eineu Einschnitt und zieht das Fell so ab, daß es nur ein einziges Stück gibt; nachdem man die Wolle abgerupft hat, dehnt man es mit der Hand aus, bis es geschmeidig wird, und schneidet es sorgfältig zu Streifen, welche dicht Arbeit und Spiel. 53 geflochten werden. Aus diesem Leder machten wir cmch sehr gnte Zäume, Lazos, Steigbügelriemen nnd überhaupt Pferdegeschirr. Zn-weilcn kamen wir auf den Einfall, Tabakspfeifen zn machen, und alle Hände waren geschäftig, Holz zu sägen und zuzurichten, oder die Köpfe auszubohren; ein anderes Mal ergriff nns eine förmliche Wuth, Sporen zn verfertigen; sie wnrden nach der einfachen indianischen Methode hergestellt, nach der man scharfgespitzte Nägel in zwei Stücke Holz steckt, welche durch fest unter dem Fuße hin nnd um das Bein herum gebundene Riemen znsammengehalten werden; oder wir fertigten Silberarbeiten nnd unsere Messerscheiden glitzerten von silbernen Buckeln. An Tagen, wo keine Jagd war, übte ich mich immer im Gebrauche der Volas und fing fast jeden Strauch auf der Insel. Die Abende wurden mit dem amerikanischen Brag-Spiel ^) verbracht. Da baares Geld nnbekannt war nnd anch Keiner gern den Verlust seiner Sachen wagen wollte, so wurden einfach eine gewisse Anzahl schwarze Bohnen gegen eine Schachtel Zündhölzchen gesetzt, und es herrschte ebenso viel Anfrcgung, als wenu jede Bohne oder Perora ein Fünfdollarstück gewesen wäre. Sowohl bei unseren Iagdpartien als in dem Hanse, das man ihm zur Wohnung eingeräumt hatte, obgleich er dann nnd wann das Lager am Chico besuchte, unterhielt ich emsig die Bekanntschaft Ca-silniro's. Dieser Indianer hat immer den Wnnsch gezeigt, die Freundschaft der Engländer, die, Patagonien besuchten, zn gewinnen, und die Missionäre wie Ihrer Majestät Laudvennesser haben ihn hänsiss, und oft in keineswegs ehrenvoller Weise, erwähnt. Seine Lebensgeschichte, wie ich sie von ihm selbst erfuhr, war eine sehr merkwürdige, uud aus ihr laffcn sich leicht die sich widerstreitenden Ansprüche der Khilier nnd Argentincr nnd die verwirrte Politik der Indianer selbst erklären. Sem Vater war in einem Gefecht mit den Arancanischen oder Manzaneros-Indianern gefallen. Seine Mutter war eine Tehuelchin; sie war ein alter Trunkenbold und vertauschte, während sie die Ansiedelungen am Nio Negro besnchte, das Kind gegen ein Faß Rum an den Gonverneur des Forts, einen Franzosen, Namens Viba, der mit dem Sklavenhandel in Verbindnng stand; denn damals scheint man die Indianer ebenso zn Sklaven gemacht zu habeu wie die Schwarzen. Viba hatte Casimiro getauft ') Eine Art Kartenspiel. Anm. b. Ucbers. 54 Casimiro's Abenteuer. — daher sein Name Casimiro Viba — und in der Estancia oder Schäferei aufgezogen, wo er fließend Spanisch sprechen lernte. Als er dreizehn Jahre alt war, lief er davon nnd schloß sich den Te-Huelchen-Indianern wieder an. Bei diesen blieb er einige Jahre, ohne daß er sich irgendwie bemerklich machte, bis er bei einen: Aufenthalte in dem südlichen Districte, in der Nähe der chilischen Colonie Port Famine, die Freundschaft eines gewissen, aus Patagones gebürtigen Santorin gewann, der von den Indianern gefangen worden, aber, da er ihre Sitten und Gebräuche angenommen und eine Frau aus dem Stamme geheirathet hatte, bis zur Stellung eines Häuptlings emporgestiegen war. Beide machten zusammen eine Reise nach Chili, um mit der Regierung über einige Punkte in Betreff des Schntzes von Port Famine gegen feindliche Einfälle der Indianer zu verhandeln. Santorin starb während der Reise, Casimiro aber wurde in Santiago von dem damaligen Präsidenten, Seüor Bul-nüs i), gut aufgenommen, mit Ehrenbezeigungen überhäuft und ihm der Rang, Sold und die Rationen eines Hauptmanns bei der Armee verliehen. Dann kehrte er nach Port Famine zurück und hielt sich ab und zu dort eine Zeit lang auf. Nach seiner eigenen Erzählung war er, als der Aufstand stattfand, der mit der Zerstörung der Colonie endete, abwesend; er machte gerade einen Iagdausflug. Der alte Wandertrieb schien sich seiner bemächtigt zu haben, denn er kehrte später an den Nio Negro zurück, trat in den Dienst der Regierung von Buenos Aures und zog wieder nach dem Süden. In dieser Zeit hielt er sich dann und wann bei den Missionären während ihrer Reise im Süden und in ihrer Station zu Santa Cruz auf und vertraute ihnen seine zwei Söhne an, um sie zu erziehen. Die Missionäre entdeckten bald, daß er blos selbstsüchtige Zwecke verfolgte, und daß er durchaus nicht daran dachte, an den Vortheilen, die sie bieten konnten, auch Andere theilnehmen zu lassen, und ich fürchte, daß die Mühe und die Kosten, die auf die Kuaben verwendet wnrden, weggeworfen waren, da keiner von beiden dadurch viel gewounen zu haben schien. Sam konnte allerdings noch immer ein Kirchenlied singen, wenn es vorher Grog gab, uud erinnerte sich noch lebhaft an materielle Vortheile, indem er oft sagte: ,,Er war gut Mann, geben mir Gewehr," u. s. w. Aber der jüngste, „Graviel," der ebenfalls ein wenig Englisch verstand, war der faulste Mensch, den man sich ') Easimno nannte ihn „Burne" Casinmo's Charakter. 55 denken kann, und hatte, wie ich ans eigener Erfahrung weiß, über das Mein und Dein sehr unbestimmte Begriffe. Im Jahre 186l> machte Casiiniro eine Reise nach Buenos Avres. Vei dieser Gelegenheit erkannte ihn die dortige Regierung als Oberhäuptling der Tehuelcheu an und ertheilte ihm den Rang nnd Sold eines Oberstlieutenants im argentinischen, Heere. Dann wurde er mit einem Argentines Namens Mendoza, abgesandt, um in der Gregorio-Bai eine Ansiedelung zu gründen. Sie reisten zn Lande bis Santa Crnz; dort verschwand Mendoza; man vermuthete, er habe sich verirrt, in Wirklichkeit aber war er vou eiuem Indianer getödtet worden; die Urschc des Mordes war, glaube ich, Eifersucht. Da er den Mann, der seine rechte Hand war, verloren hatte, ergab sich Casimiro dem Trnnte, — eine Gewohnheit, die er, wie Mr. Cunningham erwähnt, schon früher sich angeeignet hatte — vielleicht war es ein weiter entwickelter Erbfehler. Dadurch kam er immer weiter herunter und wurde zuletzt so arm, wie ich ihn fand, daß er für sich, sein Weib, seine Tochter nnd seinen Sohn nur zwei Pferde, Reitzeug aber und sonstige Sachen kaum noch besaß. Ja, er würde in große Noth gekommen sein, wenn er nicht Don Luiz nud Mr. Clarke gehabt hätte, die ihm wegen alter Bekanntschaft so viel als möglich halfen. Ihm jedoch, so lange Branntwein zu haben war, etwas Werthvolles zn geben, war bei seiner gewohnheitsmäßigen Trunksucht unnütz, da er Alles gegen Getränke umtauschte. Mein Zweck war, im Lager einen freund zn haben; ich schloß deshalb Freundschaft mit ihm und snchte ihn zn bewegen, mit nach Norden au den Rio Negro zn gehen. Er willigte endlich ein, obgleich er große furcht hatte, wegen des Verlustes oder Todes Mendoza's in Verlegenheit zu kommen. Wenn Casimiro nüchtern war, war er gewandt nnd verständig und ein schlauer Politiker. In Mge seiner ausgedehnten Verschwägerung mit allen Hänptlingcn, unter welchen sich anch Nouke und Calficura befanden, hatte er bedeutenden Einflnß. Ebenso war er ein geschickter Arbeiter in verschiedenen indianischen Künsten; er machte Sättel, Pfeifen, Sporen, Vazos und andere Sachen. Er war ein kräftig gebauter Maun, iu seinen Potro-Stiefeln volle sechs Mß hoch, mit eillein nicht unangenehmen Gesichtsansdruck, obgleich er ein Paar Narben hatte, die seine Schönheit nicht erhöhten. Von seiner persönlichen Tapferkeit werden später hinlängliche Beweise mitgetheilt werden; aber er war, wie alle Trunkenbolde, unbeständig und unzuverlässig. Dieser echte alte Blaubart sagte mir, er sei 56 Ein Iagdcmsflug im Winter. sechsmal verheirathet gewesen; wenn alle seine Weiber dem Amßern nnd dem Gemüthe nach so waren wie die letzte, so darf man sich gewiß nicht wundern, wenn er die früheren fortschaffte; denn eine häßlichere, schmnzigere, trotzigere alte Hexe belastete noch nie die Erde mit ihrem Gewicht; dieser lctztern Qualität oder Quantität wegen verließ sie wahrscheinlich, wenn sie es irgend vermeiden konnte, nie ihr Zimmer. Früh im Juni kam ein Indianer, in Santa Cruz als El Sourdo oder der Linkische bekannt, über den Fluß und schlng seinen Toldo auf der Insel anf. Er war der Gatte zweier Weiber, die vollkommen glücklich mit einander lebten und eine für der andern Kinder sorgten. Dieser Mann war, wie die meisten Indianer, sehr sinnreich in Holz- und Silberarbeiteu und war bei unsern Iagd-partien gnt zn brauchen; auch lernte er schnell Brag spielen. Casi-miro ließ sich bei seinem hohen Eigendünkel nie so weit herab, daß er, wenn die allgemeinen Echmansereim gehalten wnrdcn, die Küche betreten hatte, speiste aber dann und wann mit Mr. Clarke und mir zn Abend und blieb dann, Geschichten erzählend, ein Paar Stunden sitzen. Die Skizze unsers Lebens auf Pabon würde sehr unvollständig sein, wenn wir den Leser nicht bitten wollten, nns anf einem Iagd-ausflng zu begleiten; ich will daher einen schildern, der stattfand, nachdem El Sourdo auf der Iusel angelangt war. In unserer unmittelbaren Nahe war das Wild sehr selten geworden, nnd unsere einzige Mehlspeise waren schwarze Bohnen, abwechselnd mit Mais, dessen Zubereitung aber zn mühsam war, als daß er viel benntzt worden wäre. Das Fleisch verschwand erstaunlich schnell; wir beschlossen daher, das Jagdrevier ein wenig weiter anszndehnen. An einem schönen frostigen Morgen wurden, als es Tag war, die Pferde herbeigebracht, eingefangen uud gesattelt; Mäntel und Sporen wurden angelegt, und acht von uns, darnntcr die beiden Indianer, Ea-simiro nnd El Sonrdo, begaben sich auf den Weg, um einen Kreis zn macheil, das heißt, eine Fläche Land anf dem südlichen Ufer des Flusses, die am Missionär-Thale endete, einzuschließen und abzn-treiben. Casimiro nnd Gonzalez ritten demnach zncrst ab, und die Uebrigen'folgten Einer nach dem Andern. Während wir hinab-trieben, wnrde von El Sourdo und Isidoro ein einziges Guanaco gefangen, und als wir in die Nähe des Thales Los Misionarios kamen, setzte ich einem Guanaeo nach, da ich aber ohne Hunde und im Ein Schneewetter auf der Pampa. 57 Bolaswcrfen noch ein Anfänger war, so Mang es mir nicht, dasselbe zu fangen. Ich schloß mich meinen Geführten, die mit dein Kreise jetzt fertig waren, wieder an, fand jedoch, daß sie nur einen einzigen Stranß erlegt, den noch obendrein in Folge der Unachtsam keit einiger Jäger die Hunde dermaßen zugerichtet hatten, daß der größere Theil des Fleisches nicht zu brauchen war. Der Tag war ungewöhnlich warm, ohne allen Wind, gewesen. Obgleich am Horizonte ein Damm von weißen Wolken mit Schnee zu drohen schien, so wurde doch beschlossen, im Freien zn campiren und am folgenden Tage unser Glück noch einmal zu versuchen, nm möglicherweise einen guten Fleischvorrath zu bekommen; wir begaben uns daher au eiuen geschützten Platz im Thale und bivouakirten auf der windfreien Seite eines großen Weihranchbuschcs, während wir die Pferde umherlaufen ließen und ein Feuer anmachten, an welchem die Ueberblcibsel des Straußes unter Casimiro'H Meisterhand bald kochten. Nach dein Abendessen, das der Quantität nach ziemlich knapp war, ranchten wir eine Pfeife und legten uns dann schlafen. Gegen drei Uhr fühlte ich, wie ich glaubte, eine schwere «ast anf meinen Mantel drücken; darüber wachte ich auf und fand, daß über zwei Zoll Schnee gefallen war und daß es noch immer schneite. Als es Tag war, fing es an zu regnen, änderte sich aber schnell und schneite wieder; wir machteu daher ein Feuer an und warteten eine Stunde, um zu sehen, ob das Wetter sich aufheitern werde. Endlich zeigte sich ein wenig matter Sonnenschein; wir gingen nun sogleich daran, den Iagdkrcis herzustellen, wobei Casimiro zuerst abritt. Als wir aus dem Thale herauskamen und nach der hohen Pampa hinanfritten, traf uns von Süden her ein fürchterlicher Sturm, der iu Stößen, so kalt, daß man erfrieren konnte, feinen Schnee vor sich her trieb; aber hinter einem Busche sprangen zwei Strauße auf, uud Mr. Clarke siug mit großer Gcschicklichkcit einen derselben mit den Volas. Dies war sehr erfreulich, denn wir waren alle sehr hungrig. Da es jedoch nnmöglich war, dem stürmischen Graupelwetter uud Winde, bei dem wir nicht zehn Meter weit vor uns sehen konnten, entgegenzureiten, so begaben wir nns in das Thal zurück und ließen Casimiro, der nicht zn sehen war, machen, was er wollte. Da entdeckte El Sourdo plötzlich hinter einer Baumgrnppe Ranch, und zu unserer großen Freude befand sich unser Frennd, recht hübsch vor Schnee und Wind geschützt, in einer aus einem Vnsche niedlich ansgehauencn Lanbe vor einem tüchtigen Feuer. Wir begaben uns zu dem Feuer und frühstückten; dadurch 58 Das Santa Cruz-Thal. gestärkt und, weil der Sturm sich einen Augenblick legte, ermnthigt, brachen wir auf, um die Jagd von Neuem zu beginnen, wurden aber durch das dichte Schneewetter von einander getrennt. Mr. Clarke, El Sourdo, Gonzalez und ich, die beisammen waren, kamen dicht an eine Heerde Guanacos, die nach der Küste hin eilte, mn dem Sturm zu entgehen. Die Hunde sehten ihr nach uud tödtetcn einige, andere wurden mit den Volas gefangen und abgethan; es fand in der That ein förmliches Schlachten statt, und in kurzer Zeit lagen acht bis zehn Leichen auf der Ebene. Nun kam die langweilige Arbeit des Zer-legens. Ich stand allein bei einem todten Guanaco; von den Anderen war Keiner zu sehen, obgleich sie nicht fünfzig Meter entfernt waren. Ich machte es so gut als ich konnte, mn das Fleisch in Ordnung zu bringen, und war ungefähr halb fertig, hatte aber die Finger beinahe erfroren, als ich Mr. Clarke und El Sourbo entdeckte; kurz darnach heiterte es sich auf und die übrigen Jäger kamen, alle mit Fleisch beladen, an. So versorgt, wandten wir die Augen heimwärts und trafen ein wenig vor Sonnenuntergang in Santa Cruz ein, wo eiu Kessel voll dampfender Kaffee uns bald die Kälte vertrieb uud wieder heiter stimmte. Die Gestaltung des Thales Santa Cruz und seiner Umgebungen haben schon Mr. Darwin uud Admiral Fitzroy gründlich beschrieben, so daß eine lange Schilderung desselben hier nicht nothwendig ist. Ich möchte den Leser besonders auf die genaue und malerische Darstellung verweisen, die der Erstere von der Terrassenbildung gibt, in Folge deren der westliche Theil der Umgebungen des Flusses aussieht, als wären es die Ufer früherer, nach und nach auf einander folgender Aestuanen — eines gewaltig großen Flusses oder Fjordes. In der Nähe der Ansiedelung führt die Ansteigung der südlichen Barranca nnmittelbar zu einer ebenen Fläche hinauf, die sich ein Paar englische Meilen weit erstreckt; dann kommt ein zweites Steigen von vielleicht fünfzig Fnß, und eine zweite Ebene, die etwa eine Stunde weit sich bis zu einer Neihe auf eiuauder folgender Bergrücken ausdehnt. Die letzteren nannten wir wegen ihres eigenthümlichen Aussehens an heiteren Tagen die Blauen Hügel. Ostwärts verlieren dieselben ihre Verggestalten und gehen in das wellenförmige Terrain der hohen Pampa und eine sich dahin wälzende traurige Wüste von Steinen, grobem Gras und Weihrauchbüschen über; ihre unebene Oberfläche ist von Navinm durchschnitten, die in verschiedenen Richtungen laufen. Zwischen jenen Hügeln liegt eine große Lagune, Stromaufwärts. 59 die Casimiro, während er sich bei den Missionären aufhielt, wie er nur mittheilte, zu besnchen pflegte, lim wildes Geflügel zu holen, das es damals in großer Menge dort gab, das aber in der letzten Zeit diesen Sammelplatz aufgegeben hatte. Anf den oben erwähnten Ebenen kommen hier und da zerstreut noch andere Lagunen vor, die im Winter gefroren waren, und deren schön glattes Eis bei Mr. Clarke und mir oft die Sehnsucht nach Schlittschuhen erweckte; wir Versuchten ein Paar zu machen, aber ohne Erfolg. Nach der Meeresküste hm scheinen die Blauen Hügel stufenweise abzufalleu, bis sie sich der Küste nähern, wo dann die Ebene von Wafserrinnen und tiefen fruchtbaren Thälern durchschnitten ist, welche die Jagd sehr langweilig machen, da man sich fast ganz anf die Hunde verlassen muß. Wild gibt es in dieser Nichtnng viel, besonders im Winter. Wir machten häufig Ausflüge den Flnß hinauf, wobei wir in der Negel drei bis vier Tage von der Ansiedelung wegblieben. Unser liebster Sammelplatz war ein gegen sechzig Meilen entfernter Ort, Namens „Chikrnkaik", von Fitzron als eine indianische Fnrth ober Ucbergangsstelle des Flusses Santa Eruz bezeichuet, eine Behauptung, die sowohl El Sourdo als Casimiro bestätigte. An diesem Punkte wird der Fluß bedeutend schmäler, und anf der Südseite hängen steile Klippen fast über dem Wasser; in einer Höhle in den Klippen war immer sicher ein Puma zu finden. Sowohl oberhalb als unterhalb jenes Punktes erstrecken sich von den „Uferbänken" oder Klippen bis znm Flusse große breite Ebenen, die sich beqnem umkreisen lassen, nnd ist das Wild erst zwischen den Ncitern und dem Flusse eingeschlossen, so wird es leicht gefangen. Die Strauße nehmen zuweilen ihre Zuflucht zu dem Wasser, aber im Winter erspart dies Mühe, da sie die Beine erfrieren und, wenn sie landen, sich nicht von der Stelle bewegen können. Einmal machten wir einen Ausflug einige Meilen weiter den Fluß hinauf nnd fanden eine große Menge Wild. Wir hatten schon vorher unterwegs Glück gehabt , aber die erlegten Thiere, wie man es oft zn thun pflegt, mit einem Poncho oder sonst Etwas zugedeckt, in Büschen verborgen zn-rückgelassen. Während unserer Abwesenheit trat strenge Witterung ein, und als wir zurückkehrten und nach unseren Perstecken sehen wollten, waren die Füchse nnd Raubvögel mit dem Fleische fertig geworden. Die Füchse sind für die Jäger eine große Plage; während Letztere eine Gnanacoheerde umkreisen und sich alle Mühe geben, sich nicht sehen zu lassen, springt ein solches Vieh auf, die ^undc setzen 60 Die nördlichen Hügel. ihm nach, und dann ist es mit der ganzen Jagd vorbei. Fitzroy bemerkte bei seiner Fahrt den Fluß Santa Cruz hinauf, daß sich an den Ufern eine Menge Guanacoknochen fanden; er konnte sich, wie es scheint, dies nicht erklären, aber die Ursache liegt sehr nahe. In den sehr strengen Wintern, die, glaube ich, in drei Jahren ungefähr einmal vorkommen, werden diese Thiere, da sie auf den Hochlanden, die mit Schnee bedeckt sind, keine Weide finden, nothwendigerweise auf die am Flusse sich hinziehenden Ebenen herabgetrieben, wo sie verhungern. Anch herrscht eine Krankheit nnter ihnen, die einige Aehnlichkeit mit der Nünde bei den Schafen hat. Eine Jagdgesellschaft erlegte einmal zehn Gnanaeos, die alle räudig oder, wie wir es nannten, „sanoso", und folglich ungenießbar waren. Mr. Elarke sagte mir, er habe einmal nach einein strengen Winter die Stranße haufenweise todt unter den Büschen nnd ebenso Guanacos liegen ge-fnnden. Nach der Nordseite des Flusses konnten wir nicht viel Ans-flüge machen, weil es zu schwierig war, die Pferde über deu schnellen und tiefen Strom zu bringen, an dessen Ufern Eis sich angesetzt hatte, was die Schwierigkeit noch vermehrte. Von den Ufern, ans erstreckt sich etwa eine englische Meile weit eine ebene Fläche, die durch eine Kette uuregelmäßiger Hügel begrenzt ist; nahe am Fuße dieser Hügel las ich viele Exemplare einer spiralförmigen Muschel auf; es war dem Anschein nach eine i'uri'itLila, die verglast zu sein schien; manche waren so durchsichtig wie Glas und hatten verschiedene Farben. Jenseits der erwähnten Hügel zogen sich eine Neihe unebene Flachen wellenförmig hin, in die wieder durch Nucken und Hügel Abwechselung kam; die allgemeine Abdachung des Landes war dem Anschein nach von West nach Ost, und die Hügel nach Westen hin nahmen oft die Gestalt schroffer hoher Klippen an. In der Nähe einer,^agnna, die am Fuße ciuer huudcrt Fuß hohen Klippe lag, fand ich Geröllsteine, die mit einer Kruste von Eisenvitriol überzogen waren, wie man sie mir auf den Falklaltds-Inselu gezeigt hatte, uud zahlreiche Austerschalen nnd andere Seemuscheln kamen au verschiedenen Orten vor. Bache und Flüsse gibt es nicht, aber in den Ver-tiefnngen viele ^agnnen, die von üppig wachsenden Weihranchbüschen umgeben sind. Die ununterbrochenen Ebenen sind reich an runden Disteln, Califat und dem merkwürdigen Strauche, den man „Rattenschwanz" nennt, weil seine Zweige, wenn man die dicke Ninde abzieht, wie Rattenschwänze aussehen. Verbrennt man diesen Stranch, so gibt er einen dichten schwarzen harzigen Nauch. Nach Norden ist Pumas. 61 der Horizont durch eine Hügelkette begrenzt, welche die Barriere des gegen sechzig Meilen entfernten Rio Chico-Thales bildet. In diesen nördlichen Hügeln gab es viele Pnmas, nnd manche von denen, die wir anf unsern Jagden erlegten, hatten eine ungewöhnliche Größe; den Schwanz nicht mit gerechnet, der in der Regel halb so lang wie der Leib ist, maßen sie volle sechs Fnß. Am zahlreichsten sind sie natürlich da, wo es große Guanacoheerden und, viele Strauße gibt« Im südlichen Theile Patagoniens ist ihre Farbe mehr graulich-braun als bei der Art, die sich in den argentinischen Provinzen findet. Diese „Leone»" oder Löwen, wie sie in ganz Südamerika genannt werden, kamen mir immer vor, als wären sie die katzenartigsten Thiere des ganzen Katzcngeschlechtes. Sie sind sehr furchtsam nnd reißen vor einem Mann zu Pferde immer und vor einem Fußgänger wenigstens bei hellem Tage aus; sie laufen mit großer Eile in einer Reihe weiter Sprünge eine kurze Strecke, werden aber bald müde und stellen sich hinter oder mitten in einem Busche zur Wehre; auf den Hwterscheukeln sitzend, fanchen und knurren sie gerade so wie eine ungeheuer große Katze; zuweilen suchen sie mit ihren furchtbaren Krallen zn kratzen, springen aber selteu auf den Verfolger los. Mr. Clarke wurde auf diese Weise einmal sein Mantel abgerissen, Gin anderes Mal, wo wir in der Nähe voll Santa Cruz jagten, sah ich von ferne Gonzalez mit dem Messer auf einen großen Nrihranchbnsch loshacken, und als ich an die Stelle kam, fand ich ihn damit beschäftigt, Aeste zn beseitigen, damit er mit den Volas einen gewaltig großen Puma auf den Kopf schlageu kounte. Er war vom Pferde abgestiegen nnd von seinen Hunden begleitet, die um das Thier herum belltcu. Wäre jedoch der Puma kein Feigling gewesen, so hätte er ohne Zweifel herausspringen und den Gancho todten oder doch schwer verwunden können. Die Indianer behaupten, daß der Puma einen einzelnen Menschen, wenn er allein nnd zu Fuße ist, anfällt, nnd ich lernte später allerdings ein Beispiel kennen, wo dies der Fall war. Wird indeß Jemand von der Nacht überfallen oder hat er sich verirrt, so braucht er nnr die Vorsicht anzuwenden, daß "' ein Feuer anmacht; diesem kommt der Puma niemals nahe. Zu Anfange des Frühlings oder in der Paarungszeit sind diese Thiere sehr wild; da findet man sie, wie ich aus Erfahrung weiß, unstät im Lande nmherstreifen; sie sind dann auch magerer als zu andern Zeiten; sonst sind sie, wie die wilden Pferde, zn allen Zeiten des Jahres in der Negel ziemlich fett. Die Weibchen, die ich sah, waren zuweilen 62 Teuftlsaussen. von zwei Jungen begleitet, aber mehr als zwei sah ich nie. Das Fleisch des Puma ist dem Schweinefleisch ähnlich und schmeckt gut, gekocht noch besser als gebraten; ein Paar Indianer aber von meinen Bekannten rührten es nicht an. Die Hant läßt sich zu Satteldecken oder auch zur Herstellung von Mänteln brauchen, und da sie viel Fett enthält, so kann man sie mit weniger Mühe geschmeidig machen als das Guanacofell. In Santa Cruz hatte einer der Leute ein Paar Hosen von Löwenfell, die mit den Haaren nach außen getragen wurden und dadurch für Nässe undurchdringlich waren. Ans der Haut der Kniekehle und des nnteren Theils der Hinterbeine lassen sich Stiefeln verfertigen, die den aus Noßlcder gemachten ähnlich und nicht nur bei den Indianern, sondern auch bei den Gauchos von La Plata allgemein in Gebrauch sind. Zu diesen Stiefeln werden jedoch nur die Häute von ganz großen Pnmas verwendet, und sie tragen sich sehr schnell ab. Den Puma mit einem Schießgewehr zu erlegen, ist ziemlich schwer; wenn die Kugel uicht in den Schädel eindringt oder in die Nähe der Herzgegend trifft, so hat er ein ebenso zähes Leben wie seine Verwandte, die Katze. Ich brachte einmal einem Puma drei Ncvolvertugeln bei und mußte schließlich meine Zuflucht zu den Bolas als einer wirksameren Waffe nehmen. Wenn sie verwundet sind, werden sie sehr wild, aber für die Hunde sind sie zu allen Zeiten schlechte Kunden; sie spielen ihnen auf eine schreckliche Weise mit. Die indianischen Hunde sind abgerichtet, sich entfernt zn halten und fie zu stellen, ohne daß die Krallen sie erreichen können; dessen ungeachtet werden fie nicht selten getödtet. Die einfachste Art, die Pumas zu bekommen, ist vielleicht die, daß man einen Wzo über sie wirft; sobald sie die Schlinge fühlen, legen sie sich nieder, als wären sie todt, und werden dann mit leichter Mühe abgethan. Mir sielen, wie allen Jägern, besonders ihre Angen auf; sie sind groß, braun und haben einen schönen Glanz, aber einen grimmigen funkelnden Blick, der durchaus nicht an das Gefühl des Mitleids appellirt. Den Ausdruck, der in den Angen des einen Puma lag, werde ich nie vergessen; am besten bezeichnete ihn einer der Indianer mit der Bemerkung, die er machte, als er, einen Sprung erwartend, sein Pferd mit dem Zügel zurückzog: „Nira w8 o^os äol äiablo!" („Schau', die Tmfelsaugen!") An einen Ausflug auf dem nördlichen Ufer erinnerten wir uns lange und sprachen oft am Feuer von ihm, und er hätte allerdings leicht einen sehr unglücklichen Ausgang haben können. Eine Jagd zu Fuße. 63 Gegen Ende des Juli schlug ich Mr. Clarke vor, wir wollten uns zu Fuße aufmachen und das Lager versteinerter Muscheln, das anf den etwa eine englische Meile von dem nördlichen hohen Ufer des Flusses gelegenen Hügeln sich befinden sollte, genauer unter-suchen. Wir machten uns daher eines Morgens bereit, über den Fluß zu setzen, lind als die übrigen Leute hörten, was wir vorhatten, erboten sie, nebst El Sourdo, sich freiwillig, uns zu bcgleiteu lind, nachdem wir die Hügel besucht hatten, einen Iagdkreis zu Fuße herzustellen. Gegen Sonnenaufgang brachen wir auf und setzten über dcu Fluß nach der Nordseitc hinüber, wo wir das Boot über dem Hochwasserstandszeichen in Sicherheit brachten. Dann begaben wir nus Alle zu den Hügeln, untersuchten die Vager versteinerter Muscheln und sammelten viele schöne Exemplare. Hierauf wurden die Anstalten zur Jagd getroffen; es erhielt Jeder eine gewisse Anzahl Hunde zugetheilt, und der Kreis wurde so eingerichtet, daß er an einem, ungefähr drei bis vier Mnlcn westlich von der Ansiedelung gelegenen Punkte am hohen Ufer des Flnsscs schloß. Das Terrain war zu nnsercn Operationen sehr günstig, da die Vertiefungen oder unbedeutend eiugesenkten Thäler uus vor den Augen des Wildes verbargen. Als wir an verschiedenen Pnnkten auf der Ebene auftauchten, sahen wir mehrere Guanacos und einige Stranße; diejenigen, die ihnen am nächsten waren, ließen ihre Huudc los, während sie selbst, so schnell sie tonnten, zu Fuße folgten. Mr. Clarke, Isidoro, El Sourdo und ich waren in der Mitte und erlegten zwischen nns zwei Guanacos uud einen Stranß. Antonio, der an einer der Spitzen stand, verschwand mit El Cookö nach Westen hin; sie liefen ihren Hunden nach, die in voller Jagd eine Heerde Guanacos verfolgten. Wir machten ein Feuer an. verzehrten den Strauß und schafftcu au Fleisch fort, fo viel wir mit zum Boote zurückzunehmen für rathsam hielten; dabei gingen wir am hohen Flußufer hin, das an vielen Stellen mit Karniolen und Feuerstein-Achatcn, und hier und da mit versteinerten Muscheln bestreut war. Als wir bei dem Boote angelangt waren, zogen wir es den Strand hinab, und da der Wind sich jetzt bis zu eiuem starken Sturm erhoben hatte und, weil gerade Ebbe war, das Wasser schnell zurücktrat, so warteten wir sehnlich auf die Rückkehr der beiden noch Fehlenden; denn der Fluß läßt sich zu keiner Zeit leicht befahren, nnd während der niedrigsten Ebbe ist dies, selbst bei Tage, fast unmöglich. Endlich, nach Eintritt der Dunkelheit, als die schneidend kalten Wind- 64 Starke Kälte. stoße sehr heftig geworden waren, sahen wir Feuer in der Ferne, nnd fast eine halbe Stunde später erschienen unsere Vermißten, Jeder init einer Ladung Misch auf deu Schultern. Sie kamen ganz erschöpft an; wir ließen sie daher erst ein wenig ausruhen; dann begaben sich Hunde und Alles in das Boot, nnd wir stießen ab; Mr. Clarke steuerte. Ginige Meter weit kamen wir in aller Ordnung vorwärts; dann blieben wir auf einer Bank sitzen; nach mehreren erfolglosen Versuchen, das Boot abzustoßen, sprangen wir Alle in's Nasser nud hoben es vollständig über die Bank hinweg, bis das Wasser uns beinahe bis an die Schultern ging; dann stiegen wir wieder ein und ruderten hinüber. Vei dem heftigen Winde uud der starken Strömung gelang es nns nur, drei Viertelmeilen vom Hause zu landen; hier brachten wir das Boot in Sicherheit und liefen so schnell, als wir konnten, hinauf, um unsere nun gefrorenen Kleider los zu werden uud einen Trunk heißen Kaffee zu bekommen. Nir waren Alle einstimmig der Meinung, daß, wenn wir wieder einen Ansflng machten, es räthlich sein werde, entweder auf dem nördlichen Ufer zn campiren, bis es Tag sei, oder zeitig genug zurückzukommen, damit wir, wenn wir übersetzten, die Bänke noch sehen könnten. Znlctzt wurde jedoch allgemein beschlossen, gar nicht wieder zn gehen. Die Witterung im Juli war durchdringend kalt; der niedrigste Stand des Thermometers, nach welchen, jeden Morgen pünktlich gesehen wurde, war 8" F. (oder -^0", 66 N.). Unsere Kleider zu waschen wurde unmöglich, da während des Waschens das Wasser gefror uud die Kleidungsstücke so steif wie Bretter wuroeu. Wenn man über die Furth ritt uud die Potro-Stiefeln des Reiters, was nicht selten der Ml war, sich zufällig mit Wasser füllten, so waren in einigen Minuten die Stiefeln nicht nnr änßerlich mit Eis überzogen, sondern glichen auch inweudig einem Eiseimer. Die Wirkung des Flußeises, das die Gezeiten am Ufer aufgestapelt hatten, war sehr auffallend. Gewaltig große Schollen hatten sich bis zu ci'ner Höhe von fünfzehn Fuß und noch darüber augehäuft und außerdem, daß fie die Passage schwierig machten, den sorgfältig aufgeschichteten Holz-hanfen unter einen kleinen Berg von Eis begraben. So war es in dem verhältnißmaßig geschützten Thale. Auf den Pampas schien es, wenn der grimmige Südwind blies, wie es fast immer der Fall war, unmöglich, ihm entgegenzugehen, ohne rasch die Kräfte zu verlieren. Bei den: einen Versuche, den wir machten, wäre Gonzalez beinahe vom Schlafe überwältigt worden, der ein Vorläufer des Todes ist, Die chilischen Deserteure kommen wieder, 65 und die Pferde der gangen Gesellschaft konntet, durchaus nicht vorwärts kommen. Der Schnee lass achtzehn Zoll hoch, nnd wir hatten uns geschmeichelt, daß die Gnanacos nnd Strauße uns leicht znr Bcnte fallen würden. Sie konnten nicht rennen — aber wir konnten anch nicht Men und dankten Gott, daß wir von den öden nnd stnrmgepeitschten Pampas, wenn auch langsam und mit Mühe, doch glücklich wieder herunterkamen. Die Indianer von, Nio sshico besnchten nns dann und wann, und Ortckc's Einwendungen gegen meinen Wunsch, mich ihnen als Reisegefährte anzuschließen, ließen allmälig nach. Er hatte wahrscheinlich gefürchtet, ein englischer Senor werde bedentende Anfmerk-samkeit verlangen und beständig Mühe machen; während nnscrs Verkehres aber fand er, daß der fremde sein Pferd selbst besorgen tonnte (und wirklich selbst besorgte), daß er überhanpt sowohl sich selbst bedienen, als anch an Allem, was nnr irgend gemacht wnrde, theilnehmen, ja selbst im freien schlafen konnte ohne jeden andern Schntz als den weiten Guauaco-Mantel. Auch Casimiro besuchte seinem Versprechen gemäß das indianische,^ager nnd sprach zu meinen Gunsten; er erlangte endlich vom Häuptling für mich, wenn ancli etwas ungern, die Erlaubniß, mich seiner Horde anzuschließen. Gegen Ende des Inli waren einige seiner Indianer in die Ansiede lung gekommeil, nm uns mitzutheilen, daß der Mangel an Wild in ihrer Nähe sie gezwungen habe, ihr Quartier an einen Ort weiter oben am Nio Chico zu verlegen, Sie erkundigten sich voll Sehn-sucht, ob der Schooner angekommen sei; wir erwarteten ihn ebenso sehnlich, aber es verging ein Tag nach dem andern, nnd das erwartete Boot erschien nicht. Am 24. Inli waren Alle anf die Jagd gegangen, Inan Ehilcno (der für die Woche Koch war) nnd mich selbst ausgenommen; ich hatte mir den Fuß verletzt und mußte deshalb zurückbleiben nnd mich ruhig verhalten. Ich war damit beschäftigt, ein Bnch, „Odai-Io» Oaslinooä," Vielleicht zum zwanzigsten Male zn lesen, als- Juan hereinkam und sagte, die Jagdgesellschaft fei wieder zurückgekehrt. Da es erst zehn Uhr war, so war mein erster Gedanke, daß der Schooner mit Don ^uiz angekommen sei. Iuau jedoch, der hinausgegangen war, um zu reccgnosciren, verjagte diesen Gedanken, als er mit der Nachricht hereinstürzte, daß auf der Südseite zehu Chilier mit einnndzwanzig Pferden angelangt seien. Knrz daranf trat Mr. Marke selbst ein nnd bestätigte die Mittheilung. Die ^entc waren, Musltlö, Unt«i dm Pntagonler». 5 66 Rttse nach dem indianischen Lager. wie sich herausstellte, Deserteure, dle bei Nacht von Punta Arena entflohen waren und fast alle Pferde mitgenommen hatten, die sich im Corral befanden. Sie hatten sich am 2, Juli Morgens um zwei Uhr entfernt, Vier von ihnen waren dieselben, die man vorher in Santa Crn^ wieder eingefangen hatte. Sie waren in Ketten gelegt und in der Nacht fest eingesperrt worden; aber mit höchster Anstrengung hatten sie die Ketten zerrissen nnd mit den Anderen, die außerhalb des Cnartel Alles in Ordnung gebracht, ihre Flncht bewerkstelligt. Zweiundzwanzig Tage lang waren diese Lente über die Pampas gereist, ohne Schutz den grimmigen Winden ausgesetzt und zuweilen in einem Schnee, der bis an die Sattelgurte dt'r Pferde heraufreichte. Die Leideu, die sie auf einer solchen Neise ausgestanden hatten, mußten schrecklich gewesen sein, nnd viele von ihnen hatten Etwas erfroren. Sie aufzunehmen, war nns unbedingt unmöglich, da es uns selbst an Lebensmitteln fehlte, und wir wünschten nns wirklich Muck, daß die Pferde sich im Corral befanden, wo sie sicher waren, und beobachteten ängstlich die Bewegungen der neuen Ankömmlinge. Während des Nachmittags gelang es ihnen, über den Fluß zu scheu und auf die Nordseite zu komme», wobei sie die Pferde schwimmen ließen; dann verschwanden sie in der Nichtnng des Nio Chico. Jetzt reichte selbst die angenehme Gesellschaft Mr. Clarke's nicht mehr hin, mit der langweiligen Einförmigkeit unsers Lebens mich ausznsöhuen. Das Wild wnrde immer seltener, und die Aussicht auf die Aukunft des Schooners schien so unbestimmt, daß ich zu Anfang des Angust anf den Gedanken kam, es werde besser nnd nnter-haltender sein, wenn ich in das indianische Lager übersiedelte, wo iedenfalls fleisch iu Fülle sich schaffen ließ. Als daher die Indianer am 7. August wieder zum Besuch kamen, kaufte ich mir ein Pferd, oder gab vielmehr im Tausch einen Revolver für ein (drei Jahre altes, erst kürzlich zngcrittenes) Pferd hin und brach in Gesellschaft mit Orkekc, Camvan, Canute uud Taukelow, vierIudianern, die ich alle schon kannte, auf. Casimiro folgte mit seiner Familie; um seinen Hofstaat fortzubringen, nahm er eines der Pferde voll Santa Cruz zur Aushülfc mit. Es war dasjenige, das ich in Santa Cruz gewohnlich geritten hatte, und als wir im indianischen Lager ankamen, wnrde es nur geliehen, damit ich noch ein zweites Pferd hatte. Nachdem wir die ersten Hügel auf der Nordseite überschritten hatten, fing unsere Gesellschaft, da sie nicht mit Frauen nnd Kindern belastet war, Erste Nacht in einem Toldo. 6? an, in knrzem Galopp zn reiten. Dies dauerte so lange, bis plötzlich ein Pnma ans einein Vnsche heranssprang; da ging sofort die Jagd los; er begab sich jedoch in ein dichtes Gewirr von Weihrauchbüschen, ans dem wir ihn vergebens hcransznjagen snchtcn; wir warfen mit Steinen nach ihm, aber er blieb drin liegen nnd fanchtc wie eine große Katze. Eannke hätte gern den Busch angezündet, aber Orkeke wollte keine Zeit verschwenden; wir saßen daher anf nnd zogen wei-.ter. Bis gegen vier Uhr Nachmittags ritten wir fortwahrend über Ebenen nnd Bergrücken; dann kamen wir an eine große Laguna, dicht an welcher etwas hohes grobes Gras nnd einige Sträucher standen; hier wnrden mehrere Stranße aufgejagt und einer von Orkeke erlegt. Nls wir die Hügelkette erreichten, die wir oben als die südliche Varriöre des Rio Ehico-Thales bezeichnet haben, machten wir Halt, nnd in knrzer Zeit kochte der Strauß an einem tüchtigen 7vener. Wir schanten uns nach Easimiro nm, konnten ihn aber nicht sehen nnd setzten daher nach dein Abendessen nnd einer Pfeife Tabak bei dem milden dichte eines jnngen Mondes unsere Neise fort. Als ich meine Gefährten auf den Mond aufmerksam machte, begrüßten sie Alle ihn dadnrch, daß sie die Hände an die Köpfe legten nnd zn gleicher Zeit einige nnvcrständliche Worte murmelten. Dies erinnerte mich an die englische Sitte des Geldnmwendens beim ersten Anblick des neuen Mondes. Wir ritten fort bis gegen neun Uhr Abends, wo wir das indianische ^ager erreichten. Schon vorher hatten wir eine beträchtliche Strecke weit oben im Thale ^ener brennen sehcn nnd nns nicht erklären können, woher dieselben kamen; jetzt fanden wir, daß nnser Häuptling, Camillo, bereits in jener Nichtnng mar-schirt war. Einer der Ersten, die mich anredeten, war Arica, nnd ich machte bald darauf die Entdeckung, daß die sämmtlichen Chiliev in verschiedenen Toloos bei den Indianern ihr Unterkommen ge-fnnden hatten, was eine ziemlich unangenehme Ueberraschung war. Ich wnrdc mit gebührender Eeremonie in Orkeke's Toldo geführt, nnd wir setzten uns an das ^euer, Ich hatte einen Sack voll Kaffee mitgebracht; wir machten uns daher an die Arbeit und brannten einigen; dann mnßte Einer der Ehilicr zwischen Steinen ihn zerstoßen, nnd wir tranken Alle znsammen, wie die Indianer es nicht unpassend nennen, ,,Topfwasser", Es drängten sich viele Indianer herein, nm nns anznsehcn; nnter Anderen bemerkte ich ein recht hübsches kleines Mädchen von etwa dreizehn Jahren, eine Nichte Or-kekc's, die, als ihr etwas Kaffee.angeboten wnrdc, denselben ganz 68 Ein Pferd im Schlepptau. schüchtern und verschämt nahm, was köstlich anzuschauen war. Wir begaben uns Alle zur gehörigen Zeit znr Ruhe, und ein wenig vor' Tage wurde ich durch den melodischen Gesang eines Indianers aufgeweckt, der sich im nächsten Toldo befand. Kurz darauf ging Or-keke hinaus und hielt an die Insassen der übrigen Toldos eine Rede; da wurden sofort die Pferde herbeigebracht, und die meisten Männer ritten anf die Jagd ab. In der Nacht war Schnee gefallen, es blies ein beißend kalter Wind, und Orkeke sagte mir, es ließe sich wenig Wild sehen, Ich nahm dies als einen Wink, nicht um ein Pferd zu bitten, nnd begnügte mich damit, im Lager herumzuschlendern und es mir anzusehen. Einige der Männer spielten Karten, einer oder zwei schliefen, während die grauen fast dnrchgcheuds beschäftigt waren, Guanaco-Mäntel zu nähen. Gegen drei Uhr Nachmittags kam Ca-simiro mit seiner Familie an und begab sich in das Zelt eines südlichen Indianers, Namen Crimö, und kurz darauf kehrte die Jagdgesellschaft zu zweien und dreien zurück, aber die Jagd war nicht von großem Erfolg begleitet gewesen. Den Abend verbrachten wir ziemlich angenehm; wir machten Bekanntschaft mit einander, und Keoken, das kleine Mädchen, unterrichtete mich in den indianischen Namen für die verschiedenen Gegenstände, die sich umher befanden. Am nächsten Morgen wurde plötzlich der Befehl gegeben, zu marschiren. Da dies ganz unerwartet kam nnd ich zur Abreise nicht vorbereitet war, so entschloß ich mich, sofort nach Santa Cruz zurückzukehren und meine Kleider uud andere Kleinigkeiten zu holen, auch ein Hengstfüllen mit zurückzunehmen, das ein Indianer, Namens „Tchang", Mr. Clarke versprochen halle. 'Nach einer kleinen Schwierigkeit, da die Indianer nicht wünschten, daß ich allein ging, weil sie fürchteten, ich könnte mich verirren oder sonst eiu Unfall mir begegnen, brach Graviel, der jüngste Sohn Casimiro's, mit mir auf. Das Füllen mußten wir, wie der Matrose es nennen würde, in's Schlepptau nehmen, das heißt, es eine Strecke weit mit einem Lazo schleppen Da Graviel's Pferd scheu war, so wurde diese Arbeit mir zu Theil. Kurz nach dein Aufbruch fing es an zu regneu, oder vielmehr zu graupeln, und da has am Cnde des Lazo befindliche Thier bei seiner Widerspenstigkeit meine ganze Aufmerksamkeit iu Anspruch nahm, so konnte ich es nicht dahin bringen, den Mantel fest um meine Schultern zn behalten; ich wurde durch und dnrch naß, verlor eines meiner Messer und verfluchte unschuldigcrweise Tchang, das Füllen und Alles. Nach kurzer Zeit jedoch, als wir den Indianern Wieder in Santa Cruz. 69 weit genug aus den Augen waren, warf ich das Schlepptau weg, nnd wir trieben das abscheuliche Thier vor uns her. Wir kehrten nicht auf demselben Wege zurück, den wir anf der Hinreise eingeschlagen hatten, sondern folgten, zum guten Theil durch meinen Taschencompaß geführt, einer andern Route. Gegen Abend schmeichelte ich mir, getäuscht durch das Aussehen eines Hügels, daß wir uahe bei Sauta Cruz wärm. Aber leider! war es uoch Meilen weit, nnd wir geriethen mit unserer Last in neue Schwierigkeiten; das Pferd war müde geworden nnd wollte dnrchaus uicht dcu Hügel hinunter; wir mußten es daher wieder ,,in's Schlepptau" nehmen und ziehen, und es mnß nenn oder zehn Uhr gewesen sein, ehe wir die hohen Ufer des Flusses erreichten. Hier sattelten wir die Pferde, ab und versuchteu dann vergebens ein Fener anzumachen; Alles war, wie wir selbst, so mit Schnee nnd Nässe gesättigt, daß jeder Versuch fruchtlos war; wir legten nns daher, völlig ermüdet nnd ohne Fencr und Abendessen, nnter einen Busch, nnd befanden nns bald, unter unseren Mänteln versteckt, im Lande der Träume. Am nächsten Morgen handelte Graviel endlich einmal wie ein pflichtgetrcner Bursche; er ging nämlich fort, mn die Pferde zu snchen. Mittlerweile kam das Boot herüber, und es war nur darnm zn thun, rasch zum Ziele zu kommen; ich patschte daher einige Meter weit dnrch scharfkantiges Eis, mn zu dem Boote zu gelangen, das eine Strecke vom Ufer entfernt auf den Grund geratheu war, und fuhr dauu uach der Insel hinüber, wo ich nicht gerade zu meinem Kummer Etwas zu essen und ein Feuer fand, mn meine erfrorenen Glieder zu wär men. Ich packte meine wenigen Sachen ein, um sie znr Abreise, die späterhin erfolgen sollte, bereit zu haben; als aber die Flnth eintrat, erhob sich plötzlich ein heftiger Stnrm, nnd nnr mit großer Schwierigkeit konnte das Boot Graviel nnd das Füllen herüberbringen. Anch erwartete mich die erfrenliche Nachricht, daß mein Pferd fehle, und daß Graviel nnd El Cook« am hohen Flnßufer einen großen Puma gesehen hätten, der, während wir die Nacht vorher schliefen, wahrscheinlich ganz nahe bei nns gewacht habe. Bei dem Sturme war es unmöglich, jenen Abend über den Fluß zu setzen; wir entschlossen uns daher, auf der Insel zu blcioeu nnd zu schlafen. Da mein Pferd nicht wiederkam, so lieh Mr, Clarke mir am nächsten Tage ein anderes und schickte Isidore mit, mn es wieder zurückzubringen, falls wir das fehlende Roß nicht trafen. Gegell 70 Abschied von Santa Cruz. vier Uhr Nachmittags nahm ich von meinem freunde Abschied; er hatte durch das Wohlwollen, das er während meines Aufenthaltes mir erwiesen, sich in der That als Freund gezeigt. Auch mit den übrigen jungen Lenten, die Einer wie Alle mir von Herzen Glück wünschten, schüttelte ich die Hand. Dann brachen wir auf, und nachdem wir vergebens nach dem fehlenden Pferde gesucht hatten, ritten wir weiter bis gegen zehn Uhr Abends, wo wir Halt machten und an der Seite einer Laguua bivonakirten. Am nächsten Morgen kamen wir bei Zeiten am Rio Ehico an, den wir anf dem Eise überschritten, und gegen zwei Uhr Nachmittags erreichten wir die Toldos. Die Männer waren auf der Jagd; man konnte den Ranch von ihren Feuern sehen, der von den nach Norden gelegenen höheren Ebenen anfstieg. Da wir seit der vorhergehenden Nacht, wo wir im Bivouak zu Abend speisten, Nichts wieder gegessen hatten, und auch jene Mahlzeit nur aus einem kleinen Skunk bestand (der, wenn anch sehr schmackhaft, doch unglücklicherweise sehr mager war), so branchten wir höchst nöthig Etwas zn essen, und Arica beeilte sich, am Asador oder eisernen Bratspieße etwas Guanacofleisch zuzubereiten. Als die Jäger anlangten, fragte Orkete Isidoro barsch, wozn er mitgekommen, und die Mittheilung, daß sein Pferd verloren sei, schielt ihm, was ganz natürlich war, nichts weniger als angenehm zu seiu; überhaupt schien das Benehmen des alten Häuptlings nicht viel Gutes zu versprechen; aber ich stellte mich, als ob ich es nicht merkte, that, als wäre ich im Toldo zu Hause, und quartierte mich ein, als gehörte ich zur Familie. Drittes Kapitel. Der Rio Chico. Abbruch des Lagers, — Ein müßiger Tag. — Hastiger Nufbrnch. — Eine Verlegenheit. — Allein auf der Pampa. — Wiedervereinigung. — Der Kau oder Toldo, — Die häusliche Einrichtung. — Die indianischen Stämme. — Drei Rayen. — Die Maischordnung. — Die Jagd. — Das indianische Iagd° gesetz. — Die Kochkunst der Tchuelchen. — Vasalthügel. — Ein indianischer Festtag. — Mein erster Tchuelch>Nall. Frau Ortete fällt vom Pferde. — Uebergang über den Rl0 Chico — Eine Schlacht — Cuastro's Tod, — Gefahrvolle Zeiten, — Die Verschwörung der Chilier. — Obsidian^Ebcne rmd Paß. __ Die ersten Strauß-Eier. — Amakakm. — Das Steinhebcn. — DaS Teufelsland. — Der Gotteshügcl. — Condore und das Mittagsmahl. --Sonnenaufgang anf der Cordillera. — Der Vorbote der Pest, — Gelgcl-Aif. Wie ich mich dem Ehestand entzog. — T«le. - Die Augen der Wüste. — Yaiken-Kaimllk. — Vorbereitungen zum Kriege. — Ein zweiter Kampf, — Wassertiger, — Indianische Banditen, — Eisenerze. — Der SchifMlscn. — Der Varschfanss. — Appleykait. — Casimiro's Flucht. — Ankunft in Heuno. Nachdem wir uns dem indianischen Lager wieder angeschlossen hatten, brach am nächsten Morgen die ganze Horde anf. Camillo und einige Andere waren schon fort nnd jetzt bereits mehrere Märsche voraus; Orkeke nnd Isidore ritten nach Santa Cruz ab, um das Verlorne Pferd zu suchen und für mich einige kleine Aufträge ^n besorgen. Casimiro nud alle Uebrigen endlich brachen ihr Lager ab und machten sich anf die Neise, um Camilla einzuholen. Ehe sie abzogen, kam Casimiro zu nur, stellte sich, als läge ihm mein Wohlergehen sehr am Herzen, nnd bat mich im Vertrauen, ihu zu begleiten und mit in seinem (oder vielmehr Crime's) Toldo zu wohnen und zu leben; er fügte noch hinzu, mau habe ihm gesagt, daß Ort'eke gar 72 Ein müßiger Tag. nicht die Absicht habe, nach Norden zu marschiren, sondern mit dein Plan umgehe, mich in seinem Toldo zn behalten, bis er ans die eine oder andere Weise sich in den Besitz meiner Waffen nnd Munition setzen könne, Da ich keinen Grund sah, diese Geschichte zu glanben, so lehnte ich es ab, auf den Vorschlag Casimiro's einzugehen. Nachdem er ein wenig Kaffee gebettelt und sich dadurch getröstet hatte, zog er ab, und das Lager bestand jetzt nur noch ans dein Toldo, als dessen Insassen ich mich selbst betrachten sollte, und aus eiuem zweiten, der den einzigen Indianern gehörte, die znrückblieben — Tankelow, Orkeke's Bruder, und seinen: Sohne, einem Jünglinge von achtzehn Jahren. Außer dieseu waren noch drei von den Mischen Deser-tenren da, die, wie bereits erzählt worden ist, von Pnnta Arena entflohen waren; der eine gehörte zu dem Haushalt Taukelow's und die beiden andern zur Dienerschaft Orkeke's. Einer derselben war der schon erwähnte Arica; er war ein sehr geschickter Lederarbeiter und hatte sich damit beschäftigt, für die Indianer Sättel und Zäume zu verzieren, wodurch er es zu eiuem ziemlich guten Lager von Reitzeug gebracht hatte. Die Chilier befanden sich jedoch alle drei in keiner beneidenswerthen Lage. Sie hatten sich Anfangs erniedrigt, indem sie sich freiwillig dazu hergaben, die schwere Arbeit des Holz- und Wasserholms zu verrichten, nnd jetzt waren sie nicht viel besser als Sklaven; sie mußten gezwungen die gemeinen Dienste thun, die vorher die Aufgabe der Frauen gewesen waren. Diese schönen Geschöpfe, au deren Spitze Frau Ortete — ein junges Weib von fast sechs Fuß Höhe und einer entsprechenden Breite, quer über die Schultern — stand, beschäftigten sich damit, Guanaco-Mäntel zuzuschneiden und zn nähen, Kopfbinden zn weben und zu schnattern, Tankelow nnd sein Sohn brachen jetzt zu einer Jagd auf; da man mir aber kein Pferd anbot und ich es für vernünftiger hielt, mein einziges Roß gehörig ruhen zu lassen und gut zu füttern, so konnte ich sie nur bis an den Fluß begleitcu; sie ritten über die gefrorene Oberfläche desselben und verschwanden in einem Calion, der die an der nördlichen Grenze des Thales stehende Barranea hinanf nach der Ober-Pampa führte. Nachdem ich sie gedankenvoll beobachtet hatte, besah ich mir das Thal des Rio Chico. Hinter mir, nach Südosteu, schlangelte sich der Fluß durch Ebenen, die mit, gegeu achtzehu Zoll hohem, verwelktem grobem Grase bedeckt waren und auf beiden Ufern sich mehrere Meilen weit erstreckten, bis die Barranca sich erhob und sie begrenzte. Auf dem höheren Terrain lag fleckweise hier und da Schuec Guanaco- und Strausviagd im Rio Chico-Thale. Im Rio Chico-Thale. 73 und vermehrte noch die Traurigkeit des Anblicks. Ungefähr zwei Stnnden weiter unten theilte sich der Fluß in zwei Arme, die jenseits einer etwas größern Insel sich wieder vereinigten. Sah man in nordwestlicher Richtnng den Flnß hinauf, so wurde das Thal bald schmäler, indem die südliche Barranca sich bis auf ein Paar Meilen von unserm Lager herabzog, und die Aussicht wurde hier durch zwei merkwürdige Hügel abgeschlossen, welche Festungen glichen, die auf jeder Seite auf Wache standen. Ich machte von den Umrissen der Aussicht eine leichte Skizze, die den Hintergrund der Iagdscene auf der beigegebenen Illustration bildet. Als ich zu dem Toldo zurückge^ schlendert war, begrüßten mich die Frauen mit der gewöhnlichen Bitte: „Ncm am>vi" — auf Deutsch: ,,Leiheu Sie uns die Pfeife," die gehörig geladen und herumgereicht wurde. Dann setzten wir uns und sahen dem Treiben Kcoken's, des hübschen Töchterchens Tan-kelow's, einer Knospe, die eben in das Alter der Mannbarkeit überging, und eines kleinen Knaben zu, dem ich den Namen Capitän John gab; sie singen und ritten zum Zeitvertreib einige der Pferde, die zahmer als die andern waren. Die Balge wurden aber der Reitkünste bald überdrüssig, und vom Geiste des Unfugs getrieben, der in Kindern, und besonders in indianischen Knaben immer zu spuken scheint, kamen sie und baten mich mu ein Zündhölzchen. Ohne zu ahnen, was sie vorhatten, und ohne allen Argwohn, erfüllte ich ihren Wnnsch. Hoch erfreut eilten sie fort, und in wenigen Minuten hatten sie, vom Toldo etwas entfernt, aber auf der Windseite, das üppige, verwelkte Gras angebrannt. Anfangs ließen wir den Brand unbeachtet; in der Dämmerung aber, wo Tankclow mit einer Masfe Fleisch von der Jagd zurückkehrte, wurde er entschieden gefährlich. Wir mußten daher Alle anfangen zu arbeiten, und dadurch, daß wir das Gras ausrauften, thaten wir mit großer Mühe dem Feuer Ginhalt, das sonst, wenn es etwa in der Nacht durch den Wind unter-sti'cht worden wäre, höchst wahrscheinlich den Toldo verzehrt und die Insassen in Gefahr gebracht hätte. Um die Anstifter bekümmerte man sich nicht weiter; dem Anschein nach sah man den Vorfall so an, als gehöre er mit zum Tagewerk. Nachdem wir zn Abend Guanaco-fleisch gegessen und eine Pfeife Tabak gerancht hatten, begab ich mich zur Nnhe und schlief anf meinem, ans Häuten und Polstern bestehenden Tehnelche-Bett, das die lange Wirthin sorgfältig herge. richtet hatte, fest nnd gesund. Der nächste Tag wurde damit hingebracht, daß ich alle meine 74 Hastiger Aufbruch. Kleider wusch und mit dem Chilier Arica, von dem ich für einen alten Guanaeo-Mantel einen Hund bekam, nähere Bekanntschaft machte. Als aber am dritten Tage von Orkeke's Nnckkehr noch keine Spnr sich geigte, wurde die Unthätigkeit nnerträglich; nachdem daher Tankelow ilnd sein Sohn auf einen'Iagdausflug abgeritten waren, beschlossen Arica nnd ich, aufzubrechen und Casimiro und seiner Horde nachzusetzen. Da Arica kein Pferd hatte, so mnßten wir nothwendig abwechselnd reiten nnd zu Fuße gehen; aber selbst auf diese Weise konntcu wir es zu Stande bringen, daß unsere Neise schnell ging. Wir brachen demnach um zwei Uhr Nachmittags auf, zum großen Erstaunen der Damen, die dagegen Einspruch thaten nnd behaupteten, wir würden uns sicher verirren oder von den Pumas getödtet werden, Die eine alte Dame, Orkeke's Schwester, schenkte mir, nachdem sie vergebens uns abzurathen versucht hatte, ein dünnes Stückchen Charqui, das nebst einigen Händen voll Kaffee unsere ganzen Lebensmittel bildete. An Mem Tage kamen wir nicht sehr weit; aber bei dem nächsten Marsche hatten wir, da der Pfad der Indianer eben war, dreißig Meilen zurückgelegt, als wir beim Einbruch der Nacht an einer Stelle Halt machten, wo mit dem Thalc des Nio Chico von Norden her ein anderes sich vereinigte. Unser Charqui hatte blos zu einer Abendmahlzeit hingereicht; daher stillten wir an diesem Tage unsern Appetit mit den knolligen Wurzeln einer Pflanze, die in den meisten Gegenden Patagoniens in großer Menge wächst. Die Pflanze gleicht in ihrem Wachsthum sehr genau einer Bal-sampftanze') der Falklands-Inseln, nnd man hätte sie leicht für dieselbe halten können, wenn nicht das Gummi gefehlt hätte: ein Mangel, der vielleicht der Beschaffenheit des Bodens oder der Zeit des Jahres zuzuschreiben war. Sie ist leicht zu erkennen an der Masse winzig kleiner grüner Vlättcheu, die sie hat, und sieht ans wie ein kleiner Hügel Erde, der oben mit zartem Moos bewachsen ist. Wenn man in den Haufen hineingräbt, findet man eine große und mehrere kleine knollige Wurzeln, die, in der Asche gebraten, hungrigen Menschen gut genug schmecken. Wir legten uns im freien schlafen, in unsere Ouanaco-Minttel eingewickelt, fanden aber, als wir aufwachten, daß in der Nacht viel Schnee gefallen war, der Alles einen Fuß hoch bedeckt hatte, so das; ') Balsam bog. Allein auf der Pampa. 75 wir von dem Pfade der Indianer keine Spur mehr sahen. In dieser Verlegenheit, da wir gar nicht wnßten, in welchem der beiden Thäler wir hinaufgehen sollten, nnd überdies im höchsten Grade froren, sahen wir uus zuerst nach einem Platze nm, der uns Schutz gewähren tonnte. Er bot sich nns in einem kleinen Thälchen oder einer Stelle, an der die Wand der Barranca zurücktrat, nnd die dicht mit Weihranchbüschcn bewachsen war. Dorthin begaben wir nns, und es dauerte nicht lange, so hatten wir ein loderndes '^euer angemacht nnd hielten, während wir die durchkälteten Mieder wärmten, einen Nath. Es wurde beschlossen, daß ich aufsitzen und auf die Jagd reiten sollte, um etwas Nahrung zu holen; dann konnten wir, wenn die Witterung gelinder wurde, weiter ziehen. Arica mußte zurückbleiben, um für das ^euer zu sorgeu, uud crhiell vou mir riuc tüchtige Ermahnung, es nicht ausgehen zu lasseu uud so viel Rauch als möglich zu machen, um den Indianern ein Signal zn geben. Nach vieler Mühe wurde mein Pferd, das nur halb gebändigt war uud aus Muthwilleu sich bäumte uud mit den Vordcrfüßcu schlug, mit dem ledernen Riemen, der das indianische Gebiß bildet, gezäumt. Dann ritt ich fort, um die Barranca zn erklettern, die das ^lußlhal begrenzt, uud erreichte bald das öde, wellenförmige Terrain der hü heren Pampa. Um mich nicht zu verirren, gebranchte ich die nothwendige Vorsicht, mich zwei- bis dreimal dnrch in die Augen fallende Hügel, die mau an den nördlichen Grenzen des Thales sah, sorgfältig zu orimtiren; dmn die einförmige nnd traurige Wüste der Pampa, die mit Geröll und Kies bestreut und zur Abwechselung mit Grasbüscheln bestanden ist, bietet keinen Pfad oder sonst ein Zeichen, an dem der Wanderer sich znrecht finden könnte. Es dauerte uicht lauge, so sah ich zwei oder drei Guanaco-Heerdcn; aber der Hund, der wahrscheinlich in der Nacht für sich auf Futter ausgegangen war, wollte nicht laufen, nnd ein Galopp von etwa zwölf englischen Meilen erwies sich als fruchtlos. Als ich eben im Begriff war, mich aus Verzwciflnng in mein Schicksal zn ergeben, gewahrte ich eine Heerde in einer Vertiefung, der ich uubemerkt mich nähern konnte. Da ich wußte, daß unsere Aussicht, für den Tag Etwas zn essen zn haben, vom Glück abhing, so näherte ich mich vorsichtig, machte dann den Angriff, nnd es gelang mir zn meiner großen Freude, das eine Gnanaeo mit dcu Bolas zu verwickeln. Es wurde bald abgeschlachtet, und während ich geschäftig eine Partie Fleisch abschnitt, kam plötzlich zu meiner Ueberraschung ein Indianer herangalovpirt. Der An- 76 Wiedervereinigung. tö'mmling war Tantelow, der mich suchte. Er brachte die Nachricht, daß Orkeke das verirrte Pferd gefunden habe und znrückgetehrt sei, nnd daß die Gesellschaft so schnell, als sie könne, marschire, um Ea-filniro einzuholen. Er war abgeschickt worden, theils um zu jagen, theils um uus aufzufinden. Ich fragte ihn nach Arica, und er gab mir darauf die Versicherung, daß der schon nachkommen werde, und da, wie es schien, kein Grund vorhanden war, die Aussage zu bezweifeln, so ritten wir eilig zu der Gesellschaft zurück und schlössen uns ihr auf dem Marsche an. Ich wurde von den Damen mit lantem freudigem Lachen empfangen; da aber Arica nirgends zu sehen war, so äußerte ich, daß ich zurückreiten nnd ihn suchen wolle. Dies ließen sie jedoch nicht zu, sondern schickten einen berittenen Indianer mit einem Rcservepferd ab, anf dem er ihn herbringen sollte, und gaben ihm zn seiner Erquickung ein tüchtiges Stück Fleisch mit. Dann zogen wir wacker vorwärts und erreichten bei dem Einbruch der Nacht das Lager. Orkeke schien es Anfangs etwas übel zu nehmen, daß ich allein abgereist war, und es so aufzufassen, als verriethe es einen Mangel an Vertrauen zu ihm; aber die Freude, daß er fein Pferd wieder hatte, verhalf ihm wieder zn seiner guten Laune. Mr. Clarke hatte ihm für mich etwas Pulver mitgegeben, das er, wie er sagte, verloren hatte; auch eiuige andere Gegenstände, wie znm Beispiel Wäsche und Tabak, schickte er mir, nnd daß ich Orkeke dies Alles schenkte, beseitigte vollends jede Spur von Empfindlichkeit. Die verschiedenen Abtheilungen waren jetzt alle wieder vereinigt, und die gauze Horde zählte, außer den Chiliern nnd mir, achtzehn rüstige Tehuelche- oder patagonische Männer, nebst einer verhältnißmäßigen Anzahl Frauen und Kinder. Die Bedeutendsten unter den Indianern waren Orkeke, der wirkliche Eacique, und sein Vruder Tankelow, der die größere Anzahl Pferde besaß; ferner Easimiro, der als Anführer thatsächlich noch immer einige Gewalt hatte; Ea-millo, Crimö, Enastro, Canute u. s. w. Noch Einer muß namentlich erwähnt werden; es ist Wäki, dem Körperbau nach ein richtiger Hercules, und ein äußerst gutmüthiger Meusch; wir wurden große Frcuude. Von allen diesen Männern, die am 15. August im Lager am Rio Ehico sich befanden, waren, als wir im folgenden Mai den Nio Negro erreichten, nur noch acht am Leben; die Uebrigen waren, zu der einen oder andern Zeit, getödtet worden oder gestorben. Die geheimen Fehden, die in Kurzem die Sicherheit von uns Allen ge- Der Bau oder Toldo. 77 fährden sollten, wurden bis jetzt verschwiegen, und Alle waren dem Anschein nach gute Freunde. Die ganze Gesellschaft wurde in fünf Toldos untergebracht — ein spanischer Name, unter welchem die indianischen Kan oder Zelte bekannt sind, die große Aehnlichkeit mit den Zelten unserer Zigeuner haben. Sie wurden in einer geschützten Vertiefung aufgeschlagen nnd die Vorderseite nach Osten gerichtet, nm den herrschenden Westwinden mit ihrer schneidenden Kalte und Heftigkeit ansznw eichen. Fitzron hat eine vortreffliche Beschreibung des Toldo gegeben; denjenigen Lesern aber, welche sie nicht kennen, wird eine kurze Skizze wohl nicht unangenehm sein. Es werden eine Reihe nngefähr drei Fnß hohe Gabelpfähle in die Erde getrieben, so, daß sie ein wenig schief stehen, nnd oben qncr über sie eine Stange gelegt; vor diesen, etwa sieben Fnß entfernt, wird eine zweite, sechs ,^nß hohe Reihe aufgestellt, ebenfalls mit einer querüber liegenden Stange, nnd in derselben Entfernnng von ihr eine dritte Reihe, acht Fnß hoch, jede ein weilig schief stehend, aber nicht nnter demselben Winkel geneigt. Dann wird von hinten eine ans vierzig bis fünfzig gellen ausgewachsener Gua-nacos gemachte, mit einer Mischnng von Fett nnd Rotheisenocker ein-geschmierte Decke darüber gezogen, und durch den starten Zng der schweren Decke werden die Stangen gerade gerichtet. Die Decke wird hieranf mit Riemcu an die vordersten Stangen gebnndcn, während zwischen den inneren Stangen befestigte Vorhänge von Häuten die Schlafplätze abtheilen und das rings um die Seiten des Zeltes aufgestapelte Gepäck den kalten Wind abhalt, der nnter dem Saum der Decke hineindringt. Das Fener wird in dem vordern Theile oder „Mnnde des Zeltes" angemacht. Vei sehr schlechtem Wetter, oder wenn man sich für den Winter lagert, wird an die vordersten Stangen noch eine zweite Decke befestigt nnd über eine besondere Reihe tnrzer Pfähle herabgezogen, so daß Alles fest und sicher ist. Es ist eine gewöhnliche Einrichtung, daß Verwandte oder Freunde ihre Toldos mit einander verbinden; dann läßt man die Decken, anstatt sie an der Seite bis anf die Erde herabzuziehen, über eiuauder greifen; auf diese Weise bedeckt ein einziges Zeltdach zwei bis drei verschiedene häusliche Einrichtnngen. Die Ausstattnnss der Toldos besteht aus einem oder zwei Polstern nnd einer oder zwei Noßhänten für jede Schlafabtheilung; die eine Haut wird als Vorhang und die andere als Bettzeug benutzt. Die Polster macht man ans alten Ponchos oder Vechns, sonst Man- ?8 Die häusliche Einrichtung. dils genannt, gewebten wollenen Decken, welche man von den Arau-canos bezieht, die wegen ihrer Manufactur berühmt sind; sie werden mit Guanaco-Wolle ausgestopft nnd mit Strauß- oder Guanaco-Sehnen zusammengenäht. Die Polster dienen als Kopfkissen oder als Sitze und helfen auch auf dem Marsche als Frauensättel aus. Außer diesen Polstern besitzen die Manen alle noch Mandils zu ihren Betten. Die Männer benutzen dann und wanu, wenn der Boden feucht ist, die Decken, die sie unter den Sätteln tragen, als Sitze, in der Negel aber kauern alle Insassen des Toldo ans dem Teppich der Natur, der den Vortheil hat, daß er sich leicht reinigen läßt, denn die Tehuelchen sind, was die Reinlichkeit im Innern ihrer Wohnungen betrifft, sehr eigen, und ein Stück Nasen, das zufällig beschmutzt worden ist, wird sofort von den Granen heransgestochen und hinausgeworfen. Das .Kochgeschirr ist einfach; es besteht aus einem Asador oder eisernen Bratspieße, zum Braten des Fleisches, uud dann und wann aus einem eisernen Topfe, der zum Kochen uud auch zum Auslässen des Straußfettes uud Markes dient; dies wird sowohl zum Kochen als zur Vermischung mit der Farbe verwendet, mit welcher beide Geschlechter ihre Gesichter schmücken. Dazu kommen bisweilen noch flache hölzerne Schüsseln und Armadillschilde, in welchen man die Fleischbrühe aufträgt. Die Pflicht, bei dem Haltmachen die Toldos aufzuschlagen und eiuzurichten und für den Marsch sie wieder abzubrechen, sowie anch die Stangen, Decke nnd Ausstattung auf die Pferde zu laden, fällt ganz den Frauen anheim, die bei der Arbeit große Kraft und Geschicklichkeit zeigen. Um die Toldos herum waren unzählige Huude von allen Größen nnd Nayen, und Fran Orkeke erfrente sich des Besitzes zweier Hühner, die sie aus der Ansiedelung mitgebracht hatte; das allerwich-tigste Besitzthmn der Indianer, die Pferde, vollendete das rührige Leben des Bildes. Außer den Stuten und scheuen Füllen, die immer nmherrannten, so daß man sie nicht zählen konnte, waren es nicht weniger als hundertundfünfzig, die den verschiedeneu Mitgliedern der Horde gehörten; Orkeke und Tankelow besaßen gegen vierzig. Der Leser kann sich vorstellen, was für ein Bild der Marsch und das Lager einer solchen Horde bietet, nnd mit welcher Sorgfalt die Indianer ihren Weg wählen müssen, nm sicher zu seiu, daß sie für sich Wild und für ihre Thiere Weide finden. Die Hunde und Pferde, die bei den Tehnelchm üblich sind, sollen später ausführlich beschrieben werden. Die Indianerstämme. 79 Damit jedoch der Leser die Beziehnugcn zwischen den Stämmen, von welchen wir im folgenden sprechen werden, dcntlich versteht, wollen wir hier die verschiedenen Stämme kurz darstellen. Auf den mauuichfaltigen Karten und in den Berichten, die über Patagomen vorhanden sind, werden zahlreiche Stämme, mit verschiedenen Namen, verzeichnet nnd erwähnt. Diese Berichte finden, soweit ich nach meinen Beobachtungen urtheilen kann, ihre Erklärung in der Sitte, daß Leute eines Stammes sich zn einer Horde vereinigen, nm unter der ^ührung eines gewissen Häuptlings zn reisen oder zn kämpfen, nnd, wenn man sie trifft, sich nach seinem Namen benennen. Dnrch diese Auffassung ist es mir gelnngen, zu bestimmen, daß die Mo-lnchen nach Malechou, einem C'rbhänptling jenes Namens, benannt winden, und der berühmte Häuptlina. Lcuketron vereinigte nnter seiner Führung Leute mehrerer Stämme nnd soll bei seinem großen Einfall in die Ansiedelungen am Nio Negro 15W Mann befehligt haben. Zwischen dein Nio Negro und der Magalhaes-Straße gibt es jetzt gegen fünfhundert streitbare Männer, die nach einer ungefähren Schätzung eine Bevölkeruug von etwa dreitauseud Seeleu gebeu. Die Tehnelchen oder eigentlichen Patagouier, mit Ausschluß der ^nß-Indianer des ^euerlandes — die, wenn sie auch vielleicht ursprünglich von derselben Herkunft sein mögen, doch von ihnen verschieden sind — werden in zwei große Stämme, den nördlichen und den südlichen, getheilt. Sie sprechen dieselbe Sprache, lassen sich aber an der Verschiedenheit der Betounng erkennen, und die Südlichen scheinen im Dnrchschmtt längere und schönere Menschen und mit den Bolas geübtere Jäger zn sein. Die Nördlichen streifen hauptsächlich in dem zwischen der Cordillera und dem Meere gelegenen Districte nmher; sie wandern vom Nio Negro im Norden bis südlich zum Chnpat, kommen aber dann und wann auch bis znm Flusse Santa Cruz herab. Die Südlicheil haben oas Land inne, das südlich vom Santa Cruz liegt, und zicheu bis nach Punta Arena. Die beiden Abtheilungen sind jedoch sehr mit einander vermifcht und heirathen oft in einander; dessen ungeachtet bewahren sie immer ihre elanartige Gintheilung und ergreifen bei den häufigen Händeln die Gegenpartei. Unsere Horde war fast zu gleichen Theilen aus Nördlichen und Südlichen zusammengesetzt, uud der eine Insasse unsers Toldo war ein Südlicher, Namens Hnmmums, ein Brnder der ,^ran Orkeke. Vom Nio Negro bis znm Chupat trifft man noch einen zweiten Stamm, der eine andere Sprache redet uud sein Hanpt- 86 Drei Rapen. quartier an dm Salinas nördlich vom Rio Negro hat.. Dies sind die Pampas, von den Tehuelchen ,,Penck" genannt, was, wie ich glaube, in den Namen Pehuelche corrumpirt worden ist. Mehrere (Geschlechter dieses Volkes verbreiten sich über die Ebenen nördlich vom Rio Negro und machen häufige Einfälle in die argentinischen Ansiedelungen bis zur Provinz Sauta ,^6 und sogar, wie ich glaube, bis Cordoba und Mmdoza. Die Pampas-Indianer des nördlichen Patllgomens halten zuweilen Rinder und Schaafe, in der Regel aber leben sie von der Jagd. Ein dritter Stamm scheint der Sprache und Körperbeschaffenheit nach ein Zweig der Araucanos von Chili zu sein. Dies ist das Volk, das die Tehuelchen Chenna oder auch die Krieger (^Vari-ior«) nennen; sonst sind sie als Manzaneros bekannt, weil ihr Hauptquartier ^as Manzanas ist, so genannt wegen der Apfelbanm-Haine, die sich dort befinden, einst eine Station der ehemaligen Jesuiten-Missionäre, die sich vergebens bemühten, diese Stamme zu bekehren und sie zu gesitteten Menschen zu machen. Sie wandern weniger und sind in ihren Gewohnheiten eivilisirter als die Tehuelchen; in den geschützten Thälern der Cordillera sollen sie Schaf- und Ninderheerden halten und zuweilen ein wenig Mais bauen. Ich weiß nicht, ob die heiligen Iesuitenväter ihren Schülern die Kunst lehrten oder nicht, aber diese Indianer brauen aus den Aepfeln von Las Manzanas einen ganz leidlichen Aepfelwein und bereiten außerdem auch aus den Bohnen der Algarroba ein berauschendes Oeträn5. Die Tehuelchen hängen in Bezug auf ihre Reizmittel ganz von dem Znfall ab, daß sie in den Ansiedelungen handelsweise Rum bekommen, und dieser nebst Krankheit, besonders Blattern, führen eine rasche Verminderung ihrer Zahl herbei. In unserm ^ager am Rio Chico blieben wir einen Tag. Der Vermißte Arica kam während desselben an. Orkekc empfing ihn mit finstern Blicken; er ränmte ihm zwar noch immer einen Platz in seinen: Toldo ein uud gab ihm auch ein Pferd zum Reiten, aber er schien von dieser Zeit an eine starke Abneigung gegen ihn zu hegen, die für die künftige Sicherheit des Chillers eine schlechte Aussicht bot. Er hatte, wie sich zeigte, während meiner Abwesenheit dem Verlangen nachgegeben, sich Etwas zu essen zu verschaffen, und, während er nach Wurzeln umherstreifte, das ^cuer ausgehen lassen. Bei seiner Rückkehr sah er an der ausgelöschten Asche des Feuers einen gewaltig großen Puma liegen. Als jedoch Arica eben im Begriff war, den Revolver abzufeuern, den ich ihm geliehen hatte, sprang das Thier Die Vlarschordnung. 84 davon und in die Büsche. Da er überzengt war, daß der Pnma sich ganz in der Nähe befinde nnd nur auf eine Gelegenheit zum Angriff warte, so stand er mehrere Stunden auf der Lauer nnd hielt den Ne-volver bereit. Man kann sich seine Freude deuten, als er, aus Maugel an Nahruug uud Muhe ganz eutkrüftet, durch die Antuuft des Indianers, drr ihm fleisch uud ein Pferd zum Reiten brachte, erlöst wurde. Am nächsten Tage machten wir emeu kurzeu Marsch das Flußthal hiuauf. Die Earavaue der Frauen nnd Pferde zog, wie gewöhnlich, den Pfad eutlang, währeud die Mäuuer auf deu anliegenden Ebenen jagten. Ich war bei der Jagd so glücklich, ein Guanaco und einen Strauß zu erlegen, und theilte sie, wie sich's gebührte, mit Casimiro. Die Marschordnuug und Iagdmethode, die zusammeu die Tagesordnung ausmachen, siud folgende: der Cacique, der den Marsch und die Jagd zu orduen hat, tritt, wenn es Tag ist, zuweilen aber anch schon vor Tage, aus seinem Toldo heraus und hält eine laute Ncde, iu welcher er die Marschorduuug beschreibt, deu zur Jagd bestimmten Platz bezeichnet nnd das allgemeine Programm darlegt; dann fordert er die jungen Männer auf, die Pferde einzu-faugeu und herbeizubringen, und ermähnt sie, bei der Jagd wachsam und thätig zu sein; in einer Schlußbetrachtung schärft er seine Ermahnung noch besonders ein und bezieht sich dabei prahlerisch auf die Beweise von Tapferkeit, die er, als er jnng war, selbst gegeben hat. Zuweilen zünden die Frauen, währeud derHäuptliug spricht, das ^euer wieder an, oder blasen es au, weun die Asche noch glüht, nnd bereiten ein kleines Frühstück, aber nicht immer. Dann nnd wann wird auch von der Abendmahlzeit etwas kaltes Fleisch aufgehoben nnd in einen ledernen Sack gesteckt, nm es mit anf den Marsch zu nehmen und deu Kinderu zu geben, wenn sie hungrig sind. Die Männer aber pflegen in der Regel zn warten, bis die am Tage gehaltene Jagd frisches Fleisch geliefert hat. Wenn die ,,Nede" des Cacique — auf die mau sehr wenig achtet — vorüber ist, fangen die jnngcn Männer und Knaben die Pferde mit dem ^azo lind bringen sie herbei, uud die Frauen legen ihnen die Schilfpolster, die mit Niemen von Haut festgebunden werden, die Mäntel und farbigen wollenen Decken auf den Nucken, die ihre Sättel bilden; andere binden sich die Gürtel um, oder stecken ihre kleinen Kinder in die Wiegen von Flechtwcrk, oder rollen die Felle zusammen, die als Decken der Toldos dienen, uud bringen sie nnd die Stangen anf die Bagagepferde; zu allerletzt Mustei s, llittcv den PlNagoniel«, r Leib in zwei Hälften zerlegt, und nachdem aus der untern Hälfte das Rückgrat herausgezogen und das fleisch in dünne Stücke zer schnitten worden ist, so, daß man die erhitzten Steine in die Ein schnitte hineinlegen kann, wird sie mit der Haut der Beine, wie ein Sack, fest zugebunden nnd ein kleiner Knochen hindnrchgesteckt, damit Alles straff bleibt; so wird sie auf die, glühende Asche des Feners gestellt, und wenn sie beinahe gar ist, wird eine helle flamme angezündet, damit das äußere fleisch vollständig brät. Während des Bratens muß sie oft gewendel werden, damit sie auf allen Seiten sicher durchbrät. Weun sie gnt ist, wird sie vom Fcncr genommen. Dann schneidet man den obern Theil weg, zieht die Steine herans und findet, daß Brühe nnd Fleisch köstlich gekocht sind. Die Betheiligten, in der Regel zn Zweien oder Vieren, setzen sich um das Gericht herum nnd essen das Fleisch, wobei sie es in die Brühe tunken. Der Hintertheil, der (wenn der Stranß in gutem Zustande ist) fast ganz ans Fett besteht, wird hierauf getheilt; Zeder bekommt ein Stück nnd hebt es als Leckerbissen für Frauen uud Kinder auf. Wenu die Kopf- und Brusthälfte gebraten werden soll, wird der Knochen nicht herausgezogen, aber die Flügel werdcu so gewendet, daß sie in die Brusthöhle zu liegen kommen, und letztere wird mit erhitzten Steinen angefüllt und mit der Hälfte der Hant von den Beinen, die der Länge nach durchschnitten worden sind, zngebnnden, nachdem man 6* 84 Charqui. auch noch Stücke fleisch von den Beinen in die Brusthöhle ssesteckt hat. Das ^ett der Brust wird nnter die am Heerde befindliche Gesellschaft getheilt; der Eigenthümer behält allemal Nichts oder nur ein sehr kleines Ttück für sich, da ihm ja die Anderen, die an demselben ^euer braten, eine Masse geben. Den größten Antheil bekommt in der Regel der Cacique, oder wenn er nicht zugegen ist, die besten freunde des Eigenthümers. Die ^lügelfedern werden sorgfältig mit in die Toldos genommen und für künftigen Handel gesammelt. Vom Strauße wird das Meiste gegessen; der Magen, der so groß ist, daß er beide Hände füllt, wird sorgfältig gekocht, indem man einen heißen Stein hineinsteckt, und gebraten; auch die Augen werden ansgesogen und die Därme verschlungen. Sind aber die Vögel mager, so werden sie blos abgebalgt und dann den Pumas überlassen. Nachdem die Mahlzeit, welche die Jagd beschließt, zu Ende ist, wird eine Pfeife herumgereicht, die Sättel werden wieder in Ordnung gebracht und das Wildpret daraufgelegt; die Jagdgesellschaft begibt sich nach den Toldos, die unterdessen die grauen aufgeschlagen nnd eingerichtet haben. Guanacos werden nicht viele erlegt, wenn man nicht an einem Orte lange zn bleiben gedenkt, oder ein Indianer besondere ^nst zum Blutvergießen hat, oder auch die Strauße, die man stets lieber ißt, selten sind. Das fleisch des Guanaco ist jedoch vortrefflich; die Schenkel werden in der Negel, wie man es auf Spanisch nennt, „charquirt", das heißt, das fleisch wird in dünnen Scheiben abgeschnitten, ein wellig mit Salz bestreut und in der Sonne getrocknet. Wenn es durch und durch trocken ist, wird es in der Asche geröstet, zwischen zwei Steinen zerstoßen und mit Strauß- oder anderem ^ett vermischt. Dies ist, wie der Pemmican, einsehr nützliches Präparat, wenn man eine lange Neise macht; es nimmt nicht viel Raum ein, laßt sich daher leicht fortbringen, und eine bloße Hand voll stillt den Appetit. Jeden Tagemarsch zu schildern, den wir zurücklegten, und alle die Jagden zu beschreiben, die wir hielten, während wir langsam das Thal des Rio Ehico hinaufzogen, würde langweilig sein. Der Mlß war noch zugefroren. Die Witterung war kalt, und dann und wann begleitete Schneegestöber die starken schneidenden Westwinde, die alle Tage wehten. Das Thal ging zuweilen in breite grasbcdecktc Ebenen über; dann erhob sich wieder ein hoher kahler Bergrücken nnd ein wellenförmiges Terrain mst furchenähnlichen Abznsr ans dem Lagor am M'nvaiseh oder Fonsterhüppl. Vasalthügel. 85 Erhöhungen und Vertiefungen. Dann und wann kamen flecke sumpfigen Bodens mit gefrorenen Lagunen vor, und hier und da fanden sich offene Quellen, wo viele Wasservo'gcl sich versammelt hatten. Die auf der Nordscite stehenden Hügel sahen kahl und holperig aus und erhoben sich schroff aus unregelmäßigen Gestalten; die südlichen Höhen dagegen waren niedriger und boten mehr voll den als Barrancas bekannten steilen Abhängen dar; die Abhänge wurden mitunter durch hohe schroffe Hügel von Basalt unterbrochen, die an den Krümmungen des sich schlangelnden Flusses auftraten und oft wie verfallene Burgen aussahen. Einem derselben — es war ein merkwürdiger Hügel, nnter welchem wir am 23. August, gegen hnndertuudzwanzig Meilen von Santa Cruz, gelagert waren — gab ich, weil er durch seine Spitze hindurch eine fensterähnliche Oeffnung hatte, den Namen Sierra Ventana; die Indianer nannten ihn Mmvaisch. (Er befindet sich auf der beigegebenen Illustra-stration.) Am Fuße dieser Hügel bestand der Boden an vielen Stellen ganz aus einer Art Lava. und einer der Chilier sagte mir, er habe, während er über einen Bergrücken gegangen sei, mehrere große Klumpen reines Eisen bemerkt; dies konnte ich jedoch nicht gut glauben, denn wenn auch weiter oben im Lande Eisenerz in großer Menge vorhanden ist, so sah ich doch in dieser Gegend nur eine Art von Erz, die jener ähnlich war, welche bei Dröbak in Norwegen vorkommt. Einmal bemerkten wir, während wir marschirtm, Nauch hinter uns, der nach unserer Ansicht entweder von einem Boten, welcher uns suchte, um uns die Ankunft des Schooners zu melden, oder r>on einer Horde der südlichen Indianer ausging, die sich vorgenommen hatte, nach Norden zu marschiren. Es wurde jedoch lein Kundschafter zurückgesandt, der nachgesehen hätte, wer es war, und wir erfuhren daher auch nichts weiter. Am 26. August hielten wir und lagerten uns neben dem Flusse au einer breiten Stelle des Thales; hier gab es eine nicht ganz zugefrorene Lagune, in welcher eine Art Schwertlilie wuchs, deren Wurzel oder vielmehr unterer Theil des Stengels von den Indianern gegessen wird; er ist nahrhaft und saftig und hat einen angenehmen Geschmack. Die Knaben und Mädchen brachten bald eine große Menge davon in die Toldos. Den Tag nach unserer Aukunft an dieser Stelle wurde der Eintritt eines der Mädchen in das Alter der Mannbarkeit der Sitte gemäß gefeiert. Früh am Morgen benachrichtigte der Pater des Kindes den Caciquc 86 Cm indianisches Fest. von dem Ereigniß; der Cacique theilte ssleich darauf die Nachricht von Amts wegen demjenigen mit, der den Doctor oder Medicinmann spielte, uud während der Doctor sich mit weißer Farbe schmückte und mit einer scharfen Pfrieme an Stirn uud Armeu bis zur Blutung gestochen wurde, erhob sich ein bedeutendes Gejauchze. Die Fraueu gingen sofort an die Arbeit, eine Anzahl „Mandils" zusammenzunähen. Als die Stickerei fertig war, wnrde sie mit (Gepränge und Ceremonie von einer Schaar junger Männer übernommen, welche um die — zur Herstellung eines einstweiligen Toldo schon aufgerichteten und fest gemachten — Stangen herumzogen nnd sangen, während die grauen mit den schauderhaftesten Zauberformeln uud dem gräßlichsten Geheul einstimmten. Nachdem fie mehrere Mal herummarschirt waren, wurde die Decke über die Staugen gezogen und vorn wurdeu Lauzeu hingesteckt, mit Mockeu, sahnen uud Messingplatten geschmückt, die, vom Winde geschüttelt, rasselten. Das ganze Ding sah, als es fertig war, recht schön aus (sein indianischer Name bedentet buchstäblich,,das hübsche Haus"). Das Mädchen wurde hierauf in eine innere Abtheilung des Zeltes gebracht, wo Niemand zugelassen wnrde. Dann saßen Alle auf, und Eiuige, die man auswählte, mußten die Pferde herbeischaffen. Aus dicseu. wurden bestimmte Stuten und Stutenfüllen ausgesucht und vorn an den prangenden Toldo herangebracht, wo mau sie mit einer Kugel anf den Kopf schlug — dadurch rettete man das Blut (das in Töpfen verwahrt wurde), um es zu kochen; denn es wird als eine große De-licatesse betrachtet. Es ist bei den Indiaueru Regel, daß Jeder, der von einer geschlachteten Stute die Haut abziehen hilft, zu einem Stück fleisch berechtigt ist, aber bei dieser Gelegenheit wurde das fleisch ziemlich gleichmaßig unter Alle vertheilt. Während das Fleisch kochte, ließ ssasimiro, welcher der Festordner war, mir durch eiueu Boten sagen, ich sollte in Crimes Toldo kommen. Dort fand ich ihn emsig an einem Sattel arbeiten i ein Fach, in welchem er, beiläufig gesagt, Meister war. Seiu Weib hatte einen großen Topf wal-leud am Feuer stehen, der einiges von dem Blute, mit Fett vermischt, enihielt. Als das Gericht beinahe gar war, thaten wir ein wenig Pfeffer und Salz daran uud siugen au zu schmausen. Vorher hatte ich einen gewissen Widerwillen dagegen gehabt. Pferdefleifch zu essen, wie es vielleicht bei den meisteu Engländern der Fall ist — die erklärten Hippophagen selbstverständlich ausgenommen; aber der Hunger überwaud alle Bedeuten, ich gewöhnte mich bald ganz daran, Mein erster Tehuelche-Nall. 87 und es schmeckte mir. Bei dieser Gelegenheit aß Jeder, wo es ihm beliebte, in seinen: eignen Toldo. Nachdem die Mahlzeit zu Ende war, sagte mir Casimiro, am Abend werde ein Tanz stattfinden. Ich sah diesem „Kränzchen" mit großer Erwartung entgegen und bemerkte bald, daß einige der Granen daran gingen, eine große Menge Brennholz zu sammeln, das außerhalb des Zeltes hingelegt wurde. Gleich darauf, als es aufing zn dämmern, wurde ein Feuer angemacht, zuerst außerhalb des geweihteu Bezirkes. Die grauen setzten sich alle in das rings umherstehende Gras, aber von den Männern, die, uier und die Musiker ausgenommen, schon im Grase saßen, etwas entfernt. Das Orchester bestand aus einer Trommel, die dadurch hergestellt war, daß man ein Stück Hant über eiuen Napf gespannt hatte, und aus einer Art Blasinstrnment, das aus dein Schenkelbeiu eines Guanaco gefertigt war, in welches man Löcher gebohrt hatte; es wird an den Muud gesetzt und geblasen oder auch mit einem knrzen Bogen gespielt, der eine Noßhaarsehne hat. Als Alles fertig war, wobei einige der alten Hexen die ganze Zeit in ihrer melodischen Weise sangen, spielte das Mnsikcorps ans, und vier Indianer, in wollene Decken vermnmmt, so daß nur ihre Augeu zn sehen wareu, und die Köpfe mit Straußfedern geschmückt, mar-schirten in den Kreis hinein nnd singen au langsam nm das Feuer herumzuschreiten, indem sie nach der Musik Tact hielteu. Nachdem sie zwei- bis dreimal hernmspaziert waren, wnrde das Tempo all-lnälig schneller, bis sie in einer Art Trab liefen, »nd als sie ungefähr das fünfte Mal die Runde machten, warfen sie, schnell nach der Mn-sik tanzend, ihre Mantel weg nnd zeigten sich geschmückt mit weißer Farbe, womit der ganze Leib beschmiert war, nnd Jeder mit einem uon der Schulter bis zur Hüfte reichenden Mnel voller Glocken, die im Einklang mit den Schritten kliugelteu. Die ersten Vier bestanden ans den Häuptlingen Casimiro, Orkeke, Crime nud Camilla. Nachdem sie mit großer Lebendigkeit (so daß sie manchmal beinahe iu's Feuer getreten wäreu) getanzt und ihre mit Federn geschmückteu Köpfe uach den Schlägen der Trommel in grotesker Weise anf beide Seiten geneigt hatten, traten sie ab, nm auszuruheu, erschienen dann aber wieder und tauzten einen andern Schritt. Als dies vorüber war, traten vier Andere anf, und so ging es fort, bis Alle, anch die Knaben, eine solche Tour getanzt hatten. Zuweilen trngen die Tänzer, um größeres Aufsehen zn macheu, einen Bündel Binsen in der einen Hand. Gegen neun Uhr Abeuds, wo Jeder genug getauzt 68 Uebergang über den Rio Chico. hatte, gab Casimiro das Zeichen zum Schluß. Die Musiker hörten auf zu spielen, und Alle gingen zu Bette. Der Tanz war nicht ungraziös, wurde aber durch die abgeschmackten Bewegungen des Kopfes grotesk. Er war streng anf die Männer beschränkt, die grauen durften blos zuschauen. Anf dem zweiten Tagemarsche von dem Schauplätze meines ersten indianischen Balles ab zogen wir über einen Felsenrücken, der reich an einer Art Pnnktlava war; der Rücken lief von den südlichen Grenzen des Thales ans und endete in jähen Klippen, nm deren Fnß der FInß sich hernmschlängelte. Die Oberfläche des Rückens war an vielen Stellen dnrch tiefe Klüfte gespalten, die Alpenrissen glichen. Am Rande der einen dieser Klüfte blieb mein Pferd gerade znr rechten Zeit stehen, sonst wäre ich hinabgestürzt. Die Caravane hatte einen größern Umweg gemacht, um den niedrigsten nnd bequemsten Kamm zu benutzen. Anf der andern Seite des Rückens dehnte das Thal sich plötzlich bis auf mehrere Meilen aus, und am westlichen Horizonte ließen sich eine Reihe Schneegipfel sehen, deren Spitzen mit Wolken bedeckt waren: dies war unser erster Anblick der Cordillera. Das niedrige Land war dnrch Wasserströme nnd kleine Seen zerschnitten, die dnrch Austreteu eines kleinen Nebenflusses des Rio Chico entstanden waren. Das Wasser glitzerte im Sonnenschein des Nachmittags so schon wie Silber und bot einen Anblick dar, der das ermüdete Auge, das abwechselnd nur anf verdorrtem Grase und schwarzen vulkanischen Felsen gernht hatte, sehr erquickte. So schön jedoch dies Bild auch anzuschauen war, wir sahen deutlich, daß es schwierig sein würde anf solchem Terrain zn reisen; es wurde daher Halt gemacht und über den Weg berathen, den wir einschlagen wollten; zuletzt wurde beschlossen, über den Fluß zn setzen nnd anf der nördlichen Uferbank, wo das Terrain höher und vor Ueberschwemmung sicher war, uns zu lagern. Es wnrden demnach die Ladungen sorgfältig in Ordnung gebracht und die Kinder auf die Arme der Männer versetzt, damit die Franen sich freier bewegen konnten; die jungen Männer nahmen anch die Bagage-Pferde in's Schlepptau, und während Casimiro und noch ein Anderer sich freiwillig erboten die Anführer und Lootsen zu machen, begannen wir nnsern Marsch nach dem Flußufer hin, das ans der niedriger liegenden überschwemmten Cbene allmülig emporstieg. Nachdem wir viel im Wasser umhergepatscht waren und verschiedene Pferde basten und Reiter abgeworfen hatten, was großen Spaß machte, besonders als Frau Ortete und Frau Ortete fällt vom Pferde. 89 ihr ganzes Zeug mit einem Male herabkamen, wobei ein eiserner Kessel, anf welchen sie sehr stolz war, so herunterrasselte, daß mehrere Pferde in Schrecken geriethen und daraus eine allgemeine Ansreißerei zu werden drohte, erreichten wir glücklich das hohe Ufer. Der Fluß war hoch angeschwollen, nnd der reißende Strom, der in der Stunde sechs bis sieben englische Meilen durchlief, brachte gewaltig große scharfkantige Gismassen mit. Für die grauen nnd Bagngepferde schiel, es fast unmöglich hinüberzukommeu. Orkeke nahm jedoch eine lange Stange, um mit ihr die Tiefe zu sondiren, ritt voran, nnd indem wir die Gelegenheit abpaßten, um dem Treibeis anszuwcicheu, das Pferden uud Reitern die Beine auf grausame Weise zerschnitt, gelangten wir Alle wohlbehalten hinüber. Gin wilderes Schauspiel konnte man sich kaum vorstellen — am Ufer heulten Hunde, die sich fürchteten, überzuschwimmen, grauen schrien ihren verschiedenen freunden und Verwandten zu, nnd hier nud da verschwand ein iu-dianischer Wagehals, der es verschmähte, mit den Uebrigen über die Fnrth zn reiten, eine Secunde lang mit Pferd nnd Allem im Flusse tauchte aber schließlich eine Strecke weiter unten im Strome wieder auf. Das Wasser war beißend kalt, wie man sich denken kann, nud der scharfe Wind machte unsere triefeudeu Leiber starr nnd steif; als wir daher am nördlichen Ufer ankamen, wo es mehrere kleine Sand-Hügel gab, machten wir ein großes Feuer an und wärmten uns und rauchten cine Pfeife, während die Frauen beschäftigt waren, die Tül-dos aufzuschlagen. Es war beschlossen worden, hier einige Tage zu bleiben und dann weiter zu ziehe» bis in die Nähe der Cordillera, um wilde Pferde einzufangen. Nber, wie man bald sehen wird, ,,der Mensch denkt, Gott lenkt". Wenn mau uou unserm ^ager ans nach der Cordillera hinaufschaute, schien einige Meilen weiter oben das Thal sich zu einer nugeheueru Ebene auszudehnen, und dir Indianer sagten mir, daß man, ehe mau das Gebirge erreiche, au ciue große Cinsenkung des Landes oder ein Wasserbecken komme, wo die wilden Pferde sich fänden. Dies war zur Zeit unseres Besuches wahrscheinlich eiue gewaltig große Wasserfläche, die von den: Schmelzen des Schnees herrührte. Der Viedma-See liegt von dem obern Eude des Thales aus ewige Meilen südwärts, uud ich möchte fast glauben, daß der Rio Chico, der aus demselben kommt, von Süden nach Norden fließe nnd am obern Ende des Thales, wo er, wie Viedma in seiner Reise vom Jahre 17,"U beschreibt, die vielen Flüsse vereiuigt, sich nach Osten wende. Auch möchte ich glanbeu, daß Viedma, der 90 Eine Schlacht. , zweimal über den Rio Chico ssebracht wurde, den ,^luß, als er ihn zum zweiten Male überschritt, irrigerweise für einen andern hielt, den er als den Chalia bezeichnete: ein Name, den, beiläufig bemerkt, die Indianer nicht kennen, außer für einen unaugenehmen Schmarotzer, der bei ihnen unr zu gemein ist. Am folgeudeu Morgen, den 2. September, saßen wir ruhig um das ^euer herum und verzehrten gemüthlich eiu aus gekochtem Strauß bestehendes frühstück, das die Hausfrau bereitet hatte; da hörte man plötzlich Messer klirren, nud wir sahen zwei Indianer, ohne Mäntel uud bloße Degen in den Händen, von Camilla's nach Crime's Toldo hinüberrennen. In einer Minute war Alles in Aufrnhr; Waffen wurden hervorgeholt, Gewehre und Revolver geladen, und einige der Indianer legten Panzerhemden an, andere polsterten sich, mit Hülfe der grauen, um die Brust nud den obern Theil des Leibes herum mit dicken wollenen Decken und Corconillas oder Satteldecken aus. Da die grauen wußten, was geschehen sollte, so zogen sie, uud mit ihnen alle chi-lischeu Deserteure, einen einzigen ausgenommen, sich eine Strecke von den Toldos zurück, wo sie sicher waren. Ich hatte meiue Waffen an mich genommen, und da ich fühlte, daß mau mich iu Betreff der wirklichen Ursache dieser Aufreguug völlig hiuter das Licht geführt hatte, so giug ich nach Camilla's Toldo, wo die Sache sich erklärte. Gr lag, mit einer fürchterlichen Wunde iu der Seite, todt auf seiuem Bette; Euastro, einer der Indiauer, die wir hatten uach Crimö's Zelte rennen sehen, hatte ihn ermordet. Als ich aus dem Toldo trat, begegnete mir Casimiro und bat um eiucu Revolver, da er keiuc Schießgewehre hatte; ich lieh ihm demnach einen. Die Indianer zeigten dnrch ihre veränderten Gesichter die ganze Kampfwuth; ihre Gesichtsfarbe war todtenbleich, uud ihre Augen glänzten und rollten, als sähen sie schon Blut. Die beiden einander gegenübcrsteheudeu Parteien, die südlichen Indianer — freunde Crimes, der ein Vetter Cuastro's war — und Orkeke's und Casimiro's Leute oder die nördliche Partei, waren bald gegen zwanzig Meter von einander iu offener Linie aufgestellt. Cuastro siel sogleich durch sciue mit silver-uen Buckeln besetzte Tunica oder den ,Koller" von Haut in die Augeu, während seine einzige Waffe ein einfacher Degen oder eil, Nappier war. Der Kampf begaun mit einem unregelmäßige,: Abschießen von Flinten und Nevolveru, das weuige Minuten dauerte, bis einige der nördlichen Indianer oder der Leute Orkeke's, vou Casimiro geführt, sich dicht zusammenschlössen und Mann gegen Cuastro's Tod. 91 Maun mit Schwertern nnd Vanzen kämpften, was mit dem Tode Cuastro's und der schweren Verwundung zweier oder dreier südlicher Indianer endete. Dann zogen die Nördlichen sich zurück, um wieder zu laden, und waren eben im Begriff, die Schlacht von Neuem zu beginnen, als Tankelow einen Waffenstillstand vorschlug; er wurde unter der Bedingung angenommen, daß beide Parteien sofort in derselben Nichtnng marschirteu. Die Frauen und Kinder wurden aus den Büschen, wohin sie sich begeben hatten, zurückgerufen, die Pferde herbeigebrachj, und die Todten begraben. Die Tehuelchen-Lanze ist ganz anders als die Lanze der Arancanos oder Pampas, und wird nur benntzt, wenn man zu Fuße kämpft; sie besteht ans einem achtzehn Mß langen, schweren Schaft, an dessen Cnde eine gegen achtzehn Zoll langb Klinge befestigt ist: in den Händen eines geübten Indianers eine furchtbare Waffe. Canute, den ich schon erwähnt habe, war in dem eben geschilderten Kampfe mit der Lanze bewaffnet und durchbohrte Cuastro den Leib, obgleich derselbe dnrch seinen Panzer geschützt war und den Stich mit dem Schwerte zu pariren suchte. Cuastro war ein tapferer Mann; als er, mit mehreren Kngeln im Leibe und mehreren Lanzenstichen, im Sterben lag, sprang er bis zn seiner vollen Höhe anf und rief: ,,Ich sterbe, wie ich gelebt habe — mir hat kein Caciqne zu befehlen." Dann stürzte schreiend nnd schluchzend sein Weib herbei, aber in demselben Augenblicke, siel er todt nieder. Castmiro entkam nnr mit genauer Noth; er parirte einen Schwertstreich mit dem, was man den schlaffen Theil seines Mantels nennen kann; hatte aber der Hieb, wie beabsichtigt war, ihn auf den Kopf getroffen, so hätte er seiner Laufbahn auf der Stelle eiu Ende gemacht. An Verletzungen kamen vor eine Wnnde in Crime's Bein nnd ein Lanzenstich ganz dnrch den Schenkel Huuu mnms', eines jungen Indianers, der sich sehr wenig darans zu machen schien. Der Kampf entstand aus Blutrache zwischen Cnastro nnd Camilla; der Letztere hatte einige Jahre znvor den Tod eines Gliedes der Mmilie des Ersteren veranlaßt; dieser hatte schon früher einmal ihn an Camilla zu rächen versncht und sich mit Crimö nns nur angeschlossen, um eine Gelegenheit zn finden, Camillo meuchlerisch zu crmordeu. Cuastro staud aus guten Gründen im Verdacht, Mendoza, den Argentine!', der mit Casimiro von Buenos Ayres her-gesaudt wurde nnd auf gcheimnißvolle Weise verschwand, umgebracht zu haben, nnd er hatte mit Gewißheit, als er in Santa Cruz Rum getrunken und dieser seine Wirknng geltend machte, sein eignes Weib 92 Gefahrvolle Zeiten. Iuana, eine Tochter ssasimiro's, ermordet, so daß er, so tapfer er auch war, das Schicksal, das ihn traf, reichlich verdient hatte. Nachdem die Todten beerdigt und die Leichenfeier — deren Beschreibung wir für eine andere Stelle aufbewahren — in größter Eile vollzogen war, wurden die Zelte abgebrochen, und Alle zogen ab, wobei die Männer bewaffnet blieben und jede Partei für sich reiste. Cayuke wurde einige Meilen zurückgesandt, um zu ermitteln, ob etwa Zeichen von den anderen südlichen Indianern zu bemerken wären, von welchen wir halb erwarteten, daß sie uns einholen würden ; aber er kehrte einige Stunden später zurück, ohne daß er etwas Näheres wußte. Wir marschirten etliche Meilen das Thal hinauf, wobei wir ziemlich nahe an den nördlichen Hügeln hinzogen, und lagerten uns an einer äußerst schönen kreisförmigen Quelle; das Wasser sprudelte durch reinen weißen Sand herauf und bildete einen winzigen Bach, während im Becken der Quelle kleine Fische umher-schossen. Die Indianer blieben noch immer so, daß sie die Waffen gleich zur Hand hatten — waren sehr still und aßen Nichts. Mehrere der Nördlichen kamen gegen Abend in unsern Toldo und unterhielten sich lange an der glühenden Asche des Feuers, und eine der Wittwen der Verstorbenen brach immerfort in Jammern und Wehklagen aus, wobei sie auf die schrecklichste und schwermütigste Weise schluchzte, während zuweilen einige der älteren Hexen das Klagen übernahmen. Am folgenden Tage ließ Crimii mich holen, um sein Bein zn verbinden; er dachte natürlich, ich verstände etwas von Chirnrgie; ich wusch daher die Wuude aus und verband sie mit Kaltwasser-Umschlägen ; diese schienen guten Grfolg zu haben, da in einigen Tagen die Wunde ihn nur noch wenig belästigte. Von da begab ich mich zu Casimiro's Toldo — dem kleinsten, den ich gesehen habe — und ließ von Casimiro meinen Sattel mit einem Guanaco-^elle überziehen, das ich unterwegs bekommen hatte. Die Kinder schienen die einzigen Mitglieder der Gesellschaft zu sein, die von dem herrschenden düstern Wesen unberührt blieben. Sie hatten in einen: Winkel ein Schneelager gefunden und machten sich das Vergnügen, nach russischer Art auf einem Stückchen Holz über dasselbe herabzugleiten. An diesem Abende sahen die Dinge wieder sehr schwarz aus. In Orkeke's Toldo wurde eine Berathung gehalten, und obgleich man sie mit leiser Stimme führte und ich mit der Tehuclche-Sprache wenig vertraut war, so hörte ich doch häusig meinen Namen in Verbindung mit einem Revolver und auch dic Chilier erwähnen. Ich Die Verschwörung der Ohilier. 93 machte mir über das, was eben vorging, viele Gedanken; da aber ^-rau Orkeke höchst hnldreich und lächelnd nur etwas Abendessen brachte, so bemühte ich mich nicht weiter, als daß ich ruhig meine Waffen untersuchte und dafür sorgte, daß sie zum Gebrauch bereit waren. Später erfuhr ich, daß die Chilier unter sich ein Complott angestiftet hätten, sich zu empören, die Indianer zu berauben und zu morden nnd mit den Pferden zu entfliehen. Einige indeß, nnter ihnen derjenige., der es mir mittheilte, wollten sich nicht dabei betheiligen. Die Indianer, die von Natur sehr scharfsichtig siud, hatten Verdacht geschöpft, daß nicht Alles in Ordnung sei, nnd verhandelten eben darüber, ob es nicht besser sein werde, die Chilier sofort umzubriugen, ehe sie noch unruhiger wurden; Easimiro aber vermochte sie, dieselben leben zu lassen, bis sie Etwas thäten, was ihre Ermordnung nothwendig machte; so kamen sie denn für jetzt davon. Am 5. September wnrdeu wir in früher Morgenstunde durch Or-keke's Marschrede geweckt, und nachdem wir einige Meilen weit an den das Thal begrenzenden Hügeln hingezogen waren, nahmen wir von dem Thale des Nio Chico Abschied und wendeten uns in eine Schlucht der nördlichen Hügel, die in ein unebenes Thal führte, welches zwischen niedrigen unregelmäßigen Hügeln von zersetzter Lava lag. Diesem folgten wir und zogen dabei an mehreren kleinen Lagunen vorüber, die in den niedrigeren Vertiefungen standen, und um die herum beständig eine gelbe Art Thon sich befand. Die Hügel waren allenthalben mit Gestrüpp bedeckt und boten einen wilden, bleichen Anblick dar, indem nur dann und wann die grauen Felsen hervortraten. Nachdem wir einige Stuuden in nordwestlicher Richtung durch dieseu traurigen Landstrich gereist waren, tauchten wir an der Westseite auf einer großen Gbeue auf. Sie wucde von einer Kette ^1000 ^-uß hoher Hügel begrenzt, die einen Ausläufer der Cordillera bildete. Das Wetter war stürmisch, und nur gelegentlich konnten wir durch die eilenden Wolken und das Schneegestöber hindurch flüchtig die höheren Spitzen des entfernter« Gebirges erblicken. Unsere Expedition znm Anfsnchen wilder Pferde wurde nach den eben stattgehabten Unruhen natürlich aufgegeben, und um den südlichen Indianern zu entgehen, falls sie von Santa Cruz her folgten, waren Eilmärsche an der Tagesordnung. Die Jagd wurde jedoch vou den Unverwundcten wieder vorgenommen, und es wurden während des Tages mehrere Strauße gefangen. Gegen Abend wnrde dao Lager in der Nähe einer Lagune aufgeschlagen, in deren nnfrncht^ 34 Obsidian-Ebene und Paß. baren Umgebungen sich Nichts weiter fand als ein kleiner niedriger Strauch, der zu Brennholz diente. Obgleich der Wind von Norden kam, war er doch schneidend kalt, nnd da ich schon seit einigen Tagen die Tracht der Eingebornen angenommen, meine eigentlichen Reise-Kleider aber zusammengepackt nnd ^rau Ortete zur Aufbewahrung übergeben Hütte, so fühlte ich ihn ganz außerordentlich. Der (>., 7. und 8. September wurden verwendet, Eilmärsche gen Norden zu machen, die von der üblichen Jagd begleitet waren, nnd wenn auch beide Parteien noch immer bewaffnet blieben und dem Anfchein nach etwas mißtranisch gegen einander waren, so ging doch Alles ziemlich glatt von Statten. Die am l). und 1. durchreiste Gegend war eine dürre Ebene, auf welcher hier und da einige verkümmerte Sträucher standen; sie war anf der Westseite von den, oben erwähnten Ausläufer der Cordillera nud auf der Ostscite von einer niedrigen Kette sandig aussehender Hügel eingeschlossen. Die ganze Ebene war mit kleinen Stückchen Porphyr, Quarz, Kiesel nud Obsidian, wie auch vcrtieselten Holzes bestreut. Am N. setzten wir über den Ausläufer in einem Passe, der auf beiden Seiten ans Punktlava bestehende Msenwändc hatte. Hier machten wir eine Viertelstunde Halt, und Jeder brach sich Stücke Stem ab, die zur Herstellung von Handkugeln zn Volas paßten. Anf der Westseite hinabznreiten war keine leichte Sache; der Abhang war mit großen ^elsmassen und lockerem Geröll bestreut, und der Wind blies schneidend talt nnd mit solcher Stärke, daß einige der,Vrancnpferde ihm kaum entgegengehen tonnten. Schließlich machten es Alle möglich, eine geräumige, hochgelegene Pampa zu erreichen, auf deren Westseite, gegen fünfzehn Stunden entfernt, die Cordillera der Andes fich erhob. In dem Passe bemerkte ich mehrere große Stücke Obsidian, die so hell nnd eigenthümlich rnnd gestaltet waren, daß ich Anfangs dachte, eine vorhergehende Wandcrhorde hätte eine große Korbflasche mit hingebracht nnd dort zerbrochen. Die Granen sammelten einige, Stücke davon, die als Scharren zum Reinigen der Guanacofelle dienen sollten. Wir zogen eine Strecke weit über die, wie gewöhnlich, unfruchtbare hohe Pampa, — die hin und wieder mit niedrigen Sträuchern, grobem Gras nnd da und dort mit einem Weihranchbusche von beträchtlicher Größe bestanden war, der einen Augenblick Schutz vor dein schneidenden Winde gewährte — bis wir endlich einen jähen Abhang erreichten, an welchem nnten eine, von einem kleinen, reißenden Strome bewässerte, grasreiche Ebene lag. Etwa dreißig Meilen im Hinter- Die ersten Strausi-Eicr. 9ö gründe sah man die hohen Verge der Cordillera. Der einladende Anblick der Weide bestimmte uns, hier ein Paar Tasse zn bleiben, um nach den ungewöhnlich langen Märschen der vorhergehenden Tage die Pferde ausruhen zn lassen. Der folgende Tag wnrde hauptsächlich dazn verwendet, ans dem weichen porösen Steine, den wir in dem Msenpasse fanden, Handkngeln zn Bolas herzustellen. Gegen Mittag erhob sich ein fürchterlicher Sturm, der die meisten Toldos umwarf; der nnsrige aber blieb, Dank dem starken Arme der >^ran Orkeke, welche die Stangen gehörig befestigt hatte, stehen; nur eine oder zwei der Stangen wnrden zerbrochen. Der ^luß, der hier in östlicher Richtung floß, war das erste strömende Wasser, das wir trafen, seitdem wir das Thal des Rio Chico verlassen hatten. In dem Abhänge, der zn demselben hinabführte, war die Termssenbil-dnng, wenn sie sich auch erkennen ließ, doch nicht so stark ausgeprägt, wie bei vielen anderen Flüssen Patagoniens. Nach zweitägiger Rnhe setzten wir unsere Reise wieder fort. Wir ritten vielleicht eine Meile weit qner über das grasreiche Thal und dann einen kleinen Nucken hinauf nach einer höher gelegenen Ebene von der gewöhnlichen unfruchtbaren Beschaffenheit, auf welcher wir die ersten Stranß-Eier fanden, die wir anf nnserm Marsche trafen. Die Nichtnng des Weges war fast nordwestlich, auf eine achthundert ^-nß hohe Hügelkette zu; ganz oben anf derselben lag eiu nüt großen Steinen nnd Felsen bestreutes Platean. Wir stellten wieder eine Jagd an, bei welcher viele Strauße und mehrere Pumas erlegt wurden. Von der Westseite des Plateau aus überschauten wir eine große Ebene, die sich bis in die nnmittel-bare Nähe des Gebirges erstreckte, aber nahe an der Seite des leh-tern schien sich ein Einschnitt oder steiler Abhang zu befinden, der gerade wie die Böschnng eines Eiscnbahudammes anssah. Da in der Rede des Eaciqne verkündigt worden war, daß wir anf der Ostseite in der Nähc einer Qnelle uns lagern sollten, nnd ich einen Strauß erlegt hatte, der, nachdem er eine halbe Meile scharf gerannt, vor dein Znge der grauen umgekehrt war, so ging ich mit Easimiro und noch einem Andern daran, ein Mittagsmahl zn halten. Wir suchten uns demnach einen Busch ans, kochten und aßen unsern Vogel, saßen nach Veendignng der Mahlzeit wieder auf nnd begaben nns an den Ort, wo wir das Lager zu finden hofften. Als wir jedoch an die Stelle kamen, fanden wir Niemanden, und während wir über die Ebene schauten, erblickten wir eine ,n'an, die fich verspätet OO Äma taken. hatte und eben in den oben erwähnten Einschnitt hinabritt, wo sie verschwand. Wir setzten ihr daher nach, und nachdem wir eine Stnnde lang Galopp geritten waren, holten wir die Uebrigen wieder ein. Die Sonne war untergegangen, aber bei dem dichte eines jungen Mondes konnten wir noch bis zur zweiten Terrasse gelangen. Die Thalbilduug hatte zwar im Ganzen genommen große Aehnlichkeit mit jener am Flusse Cuheyli; aber der Fluß, der in dem hiesigen Thale lief, war klein, wenn auch die Ufer, wie wir fanden, sumpfig nnd fast nicht zu passircn waren. Der Mond war mittlerweile untergegangen, nnd wir geriethen in der Finsterniß in große Verwirrung, tamen aber endlich Alle hinüber und lagerten uns, da die Nacht weit vorgerückt war, ungefähr eine englische Meile vom Flnsfe nach Norden. Als der helle Tag uns in den Stand setzte, die Oert-lichkcit genauer zu betrachten, sahen wir, daß wir uns in einem Thale befanden, das auf beiden Seiten von hohen schroffen Klippenwänden eingeschlossen war, während mitten in dieser Schlucht eii, Strom — an welchem sich Marschen hinzogen, die viele Schnepfen und Krieck-enten enthielten — schnell hinabfloß. In Norden schien das Thal eine Krümmung ,zn machen nnd sich nach Westen zn wenden. Da ich Nichts zu thun hatte, so schlenderte ich bis zur Biegung hinauf und fand, daß die hohen Klippen dort aufhörten nnd die gewöhnlichen steilen Barrancas, von oben bis unten mit Weihranchbüschen bedeckt, an ihre Stelle traten. Das Thal war nirgends über eine englische Meile breit, und die Düsterheit nnd drückende Wirkung der kerkerähnlichen Klippenwände machte es keineswegs zu einem angenehmen Aufenthaltsorte, aber das Weidefutter, das am Nandc des Smnpfes stand, war grün und üppig jung nnd zart. Während ich mich bemühte, mir einige Krieck- und andere Enten mit den Nolas zu verschaffen, kamen zwei der Ehilier, die nach Brennholz suchten. Sie beklagten sich bitterlich über ihr Schicksal, daß sic für einen Haufen Wilder wie Sklaven arbeiten müßten, schlummerten aber schließlich unter einem Busche ein und vergaßen ihre Noth. Da mir Nichts daran lag, wenn man vermuthete, daß ich mit ihnen zusammen gewesen wäre, so kehrte ich in's Lager zurück und nntcrsnchte die Felsen. Sie waren von jenen, die ich früher beobachtet hatte, verschieden, denn sie zeigten an vielen Stellen Granit, nebst Schiefer, ädern und einem Gestein, das eine Art grancr Marmor zu sein schieil. Wir hielten uns an diesem Orte gegen vier Tage anf und würden noch länger geblieben sein, wenn nicht am dritten Tage Das Steinheben. 97 Einige von der Horde, hauptsächlich Knaben, die, während sie kleine Vögel mit den Bolas fingen, eine Strecke fortgeschleudert waren, die Nachricht gebracht hätten, daß von Süden her Indianer kämen. Es wnrde ein Kundschafter ausgesandt, die Pferde herbeigebracht und die Waffen bereit geinacht. Easimiro kam zn mir, mn Patronen zum Revolver zu holen ; er sagte. „Jetzt werden wir zn käinpfen haben; denli wenn die füdlicheu Indianer uns schlagen, werden sie weder Mann, ,N'au, noch Kind schonen." Das war eine erfreuliche Nachricht, da die Uebermacht wahrscheinlich so stark war, daß uns ungefähr zehnmal so uiel gegenüberstanden. Gerade als wir die Pferde bestiegen, kehrte jedoch der Kundschafter mit der Nachricht zurück, daß er von India-nern leine Spur gefunden habe; die vermeintlichen feinde seien nur nn Trupp Guanacos, die zur Tränke herabkamen. Als ssayuke sich fest überzeugt hatte, daß wirklich keiue Gefahr uorhaudeu war, ließ er als Dankopfer eines seiner Pferde schlachten; das fleisch wurde uatürlich unter seine freunde vertheilt, nm verspeist zu werdeu. An diesem Orte, den die Indianer „Amawken" nennen, gibt e5 einen großen kugelrunden Nollstein von Marmor, an welchem der Sitte gemäß die Indianer ihre Kraft prüfen, indem fic ihn emporheben, Easimiro sagte mir, dieser Stein sei schon seit vielen Jahren dort, und die Sitte sei sehr alt. Er war so groß und schwer,' daß ich ihn gerade mit beiden Armen umfassen und bis zn meinen Knieen emporheben konnte; einige der Indianer aber brachten es zu Stande, ihn anf ihre Schultern zn heben. In der Nacht, die auf den blinden Lärm folgte, schneite es stark; dessen ungeachtet marschirten am folgenden Tage die Indianer, die, wie es schien, sich nicht sicher fühlten, in nördlicher Richtung. Ehe wir das Thal verließen, war ich so glücklich, ein Stranßnest mit vier Eiern zu finden, die wir späterhin verzehrten. Sie wurden anf folgende einfache Weise in der Asche zubereitet: Das Ei wird, nachdem man oben ein Voch hineingebrochen hat, aufrecht gestellt; durch das ,^och wird ein schwaches Stückchen Holz hineingesteckt nnd mit demselben das Dotter und Weiße umge^ rührt; dabei wird ein wenig Salz hineingeworfen und das Ei gewendet, um sicher zu sein, daß es auf allen. Seiten gleichmüßig gar wird; das Nesultat ist ein in der Schale befindlicher Eierkuchen von höchst appetitlichem Geschmack; wer aber in dieser Kochtnust ein An fänger ist, verbrennt sich leicht beim Wenden des Eies die Dinger, Als es Nacht wurde, betratet, wir eine dunkle nnd düstere Schlucht; sie wand sich zwischen phantastischen und verworrenen Klippen und Muster«, Uxlei dcn Pnlnssoniern. < W Das Teufelsland. spitzen Hügeln hindurch, die in völlig chaotischer Unordnung zusammengeworfen waren und östlich und westlich eine Verschanznng zu bilden schienen. Aber die Richtung genau zu bestimmen, war nn möglich, so unentwirrbar standen die Höhen unter einander. Meine Fähigkeiten reichen bei Weitem nicht hin, diese aus lauter Felsen-Hügeln bestehende Gegend so zu schildern, daß man sich von ihrer formlosen Unregelmäßigkeit eine Vorstellung machen konnte. Es war spat, als wir uus iu einer Bergschlucht oder Eorrie lagerten, die dem Anschein nach keinen zweiten Ausgang hatte und vou düsteren jähen Klippenwänden eingeschlossen war; mitten in ihr eilte schäumend im Felsengerinne ein Gießbach hinab. Den ganzen nächsten Tag ging unser Marsch noch immer durch eine uufruchtbare Felseuwüste, die häufig vou tiefen Ncwinen mit jähen Klippen durch -schnitten war. Die Vorderseiten der letzteren zeigten an vielen Stellen Lager von rothem und gelbem Ocker, die man in weiter Ferne sah. Zu einigeu derselben kletterten die Frauen hinauf uud versahen sich aus ihuen wieder mit Vorrath an Schminke. Die ganze Oberstäche dieses Districtes war zerrissen nnd umhergeschleudert, als wäre sie durch furchtbare vulkanische Kraft erschüttert und gesprengt worden, und einige tiefliegende Stellen mit Thonbodrn ausgenommm, wo man dann und wann eine seichte Lagune traf, gab es auf dem Wege kein Wasser; auf den Höhen lag Schnee und an manchen Stellen auch auf dem Terrain, durch welches nuser Marsch ging. Während des Marsches sahen wir eine Anzahl der großen Ibise ('I'n6ri8t,i«u8 ine-lauopig), in Chili Bandurria genannt. Die Beschaffenheit dey Landes machte die Jagd beschwerlich und nntzlos. Tankelow fand jedoch einen Strauß und sein Nest; die Eier aus demselben, unge fähr dreißig Stück, vertheilte er, der indianischen Sitte gemäß, nnter diejenigen, die herbeikamen, ehe das Nest ausgenommen war; unter diesen Glücklichen befand auch ich mich; deun da ich ihn uach der Stelle hineilen und das Straußmäuucheu aufstehen sah, überdies gut beritten war und übermäßigen Hunger hatte, so war ich Einer der Ersten, die bei dem Neste anlangten. Weit rechts von unserm Pfade liegt, dreißig bis.vierzig Meilen nach Osten sich erstreckend, ein Landstrich, den die Indianer ,,das Teufelsland" nennen; er wird, wie sie mich versicherten, nie betreten, wahrscheinlich wegen der un-frnchtbaren und unwegsamen Beschaffenheit der Oberfläche, die nach der Schildcrnng noch schlechter zu sciu scheint als die Wildniß, die wir durchreisten. Jenseits dieses Landstriches gibt es einen gang- Der Gotteshügel. W baren Pfad, den die Indianer zuweilen einschlagen; er führt nordwärts nnd wird wahrscheinlich als Nonte nach dein Ehnpnt bemcht; von jenent Pfade bis znin Meere aber ist das Land so nnpassirbar, daß es, wie die Indianer sagen, zwei Jahre erfordern würde, nm über die Meeresküste von Santa Cruz bis an den Nio Negro zu kommen. Daß es solche Striche gibt, nnd daß man in der Nähe der Küste den öden Travisias begegnet, ist jedenfalls der Grund, weshalb man Patagonien als ein dürres, fast wasserloses Land schildert; in Wirklichkeit aber ist, nachdem man die Knstenbarri^rc überschritten hat, der größte Theil des Innern reich an Lagunen, Quellen nnd fließenden Wassern, lind daß selbst m den Travisias Wasser vorhanden ist, beweisen die vielen wilden Thiere, die man dort antrifft. Gegen Abend ließen wir den Schnee hinter nns; wir ritten einen hohen Hügel hinab, der nns den ganzen Tag den Blick begrenzt hatte, nnd kamen dann anf eine große anschwellende Düne, von welcher die Aussicht weit ermuthigender war. Nach Norden nnd Nordosten dehnten sich wellenförmige Ebenen ans, während auf der Westseite die Cordillera wie eine Malier emporstieg. Oer eben er wähnte Hügel wird von den Indianern ,Motteshngel" genannt, nnd die Tradition, wie Easimiro sie mittheilte, berichtet, von dieser Stelle ans habe der Große Geist die Thiere zerstreut, die er in den Höhlen gemacht hatte. Einige der Thiere müssen aber znrückgeblieben sein, denn dranßen anf dein untern Abhang der Dünen wnroen zwei Pumas gejagt und erlegt. Ein Nitt uou einer Stunde über eine sandige Ebene brachte uns in ein Thal, in welchem ein fließendes Wasser dnrch schön grüne Weide lief. Dies war die Stelle, an der wir nns lagern wollten, und einige der Granen pflanzten schon die Stangen anf, die das Gerippe der Toldos bilden. Ich überließ daher mein Pferd sich selbst, begab mich an den ^lnß hinab, genoß ein Vad und legte mich dann hin und rauchte, bis die Toldos vollständig eingerichtet waren. Am folgenden Tage wnrde ein kurzer Marsth in nordwestlicher Nichtnng bis zn einem Thale gemacht, das bessere Weide enthielt; hier gedachten wir den Pferden Nnhe zn gönnen, deren sie sehr bedurften. Mittlerweile trat jedoch Mangel an fleisch ein, und es wnrde daher ein Iagdkreis gebildet; mein Pferd war zn ermüdet; aber Ortete sagte, als er mich nnuorbcreite! stehen jah: „Bitten Sie Ako (sein Schooßhündchen und adoptirtes Kind nnd kraft seines Amtes Besitzer mehrerer Pferde), daß er Ihnen ein Pferd leiht." Da Ako Nichts dagegen hatte, so saß ich bald im 1s)l) Condore und das Mittagsmahl. Sattel und ritt heitern Muthes zu der Jagd ab. Auf unserer vorhergehenden Neisc hatten wir in der Nähe der Gegend, wo unser jetziger Kreis gebildet werden sollte (nämlich in der Nichtnng der Cordillera), viele Führten bemerkt, die von Straußen herzurühren schienen, und wir erwarteten Alle, Wild in Fülle zu finden. Der Kreis wurde, hergestellt, und ich selbst gehörte an die eine Spitze. Nachdem ich an der Spitze angekommen war, lauerte ich eine Zeit lang voller Sehnsucht, aber das eiuzige Thier, das sich zeigte, war ein männliches l^nanaco. Ich hatte mich hinter einen Weihrauch-bnsch geduckt, wo er mich nicht sah, bis er in die Wurfweite kam; ich fing ihn daher glücklich mit den Volas und erlegte ihn. Hierauf wartete ich ein wenig uud stellte mich dann, da die Indianer ziemlich nahe standen, eiuige hundert Meter weiter an einen geeigneteren Platz; aber es zeigten sich keine Thiere, nnd ich fing daher au, Or-keke zu sucheu, deu ich auch bald ganz oben auf einer Anhöhe rauchend cutdeckte. Nachdem die Pfeife schweigend herumgereicht war, fragte ich ihu, was er erlegt habe. „Nichts," war die Autwort; ,,lasseu Sie uus warten und sehen; vielleicht hat irgeud ein anderer Indianer einen Stranß." Trotz sorgfältiger Besichtigung jedoch ließ sich Keiner entdecken, der so glücklich gewesen wäre, obgleich Mehrere Guauacos erlegt hatten. Wir begaben uus daher an die Stelle, wo mein todtes Gnanaco lag, ohne daß es zugedeckt war. Als wir heran geritten kamen, stiegen schwerfällig zwei bis drei Condore anf, und kurz darauf breiteten noch ungefähr zwanzig bis dreißig ihre gewaltigen Schwiugeu aus, segelten ab uud setzten sich auf einen nahen Felsen. Das Guanaco war in der kurzen halben Stuude, die ich abwesend war, buchstäblich in Stücke zerrissen worden; wir zogen die Markknochen heraus, verzehrteu das Mark und kehrten dann znm ,^ager znrück, wobei wir unterwegs zwei Armadille singen. Seit ungefähr zwei Tagen war die Temperatur bedeutend gestiegen; der Wind, obgleich er von Westen kam, war mild und belebend, und die Indianer behaupteten, weiter nördlich werde es so warm sein, daß ich eine Kopfbedecknng gegen die Sonne brauchen würde. Bei unserer Rückkehr fanden wir, daß während unserer Abwesenheit Arica zu Fuße fortgegangen war; wohin? das wnßte Niemand. Da er mich am Morgen um etwas Tabak gebeten und ihu erhalten hatte, so schien es wahrscheinlich, daß er sich entschlossen, allein zu reisen und den Versnch zn machen, an dem einen oder andern Punkte civi-lisirtc Menschen zu erreichen. Während unsers Aufenthaltes in die- Sonnenaufgang auf der Cordillera. 101 sem Thale ersuchte mich Casimiro, ihm einen Brief au den Comman-dante in Rio Negro zn schreiben, worin er anfragte, ob die argentinische Regierung ihm seine Ration und seinen Sold als Oberst-lientenant in ihrem Dienste noch lassen wolle. Ich schrieb auch einige Briefe an meine freunde, aber ohne große Hoffnung, daß sie würden znr Post kommen, obgleich Casimiro mich versicherte, wenn wir die nördlichen Indianer träfen, würden diese die Briefe mitnehmen nnd den Arancanos übergeben, von wo sie durch die ^ente, die nach Rio Negro reisten, nm die dem Häuptling als Gehalt bewilligten Rinder zu holen, weiter gehen könnten. In so weiter Ferne auch alle diese Möglichkeiten lagen, es war dennoch ein Vergnügen, zn schreiben. Nach dreitägiger Rast verließen wir das Thal. Arica hatte sich nicht wieder sehen lassen, nnd man schloß, daß er entweder die Beute eines Puma geworden oder ans eigne Faust davongegangen sei. Wir zogen den ganzen Tag über ein holpriges Hügelland, das voll großer Steine lag und dann nnd wann mit Flecken Gestrüpp von beträchtlicher Höhe bestanden war, wodnrch immer der Weg versperrt wnrde. Stranße gab es in Ueberflnß, nnd Vier fanden sich in großer Menge. Während eines langen Marsches von ungefähr dreißig Meilen war kein Wasser zn sehen, bis wir bei Sonnenuntergang das Lager erreichten, das sich in einem Caüon befand; aber längs der Ronte lag dann nnd wann ein Fleck Schnee, der genügte, den Dnrst zu löschen. Während ich mit einem Indianer, Namens Tchang, dahinritt, sing dieser an, allerlei Fragen an mich zu richten; erstens: ,,Wer ist Ca-ciqne der Engländer?" Ich setzte ihm auseinander, daß es Ihre Majestät sei. „Ist sie verheirathet?" ,,Sie ist Wittwe." ,,Hat sie Kinder, nnd wieviel? Hat sie viele Hengste nnd Stuten und Silberschmuck?" Und so weiter, bis ich ihn befriedigt hatte; dann ritt er dahin und wiederholte: „Eine FranCaeiqne! Eine Frau Cacique! Vier Söhne nnd fünf Tochter! Viele Hengste, Stuten, Schafe und Rinder!" Am 22. September gegen Sonnenaufgang verließen wir das ^ager im Caüon, erstiegen den auf der Nordseite stehenden Rücken nnd machten an dem Grabe eines Indianers Halt; der breite nnd hohe Steinhügel, den man als Denkmal auf demselben errichtet hatte, dentete darauf hin, daß er ein Cacique von Bedentnng gewesen war, was anch WM leise flüsternd mir als Thatsache mittheilte. Hier wnrdc ein Feuer angemacht nnd auf den vorhandenen Hänfen noch einige Steine gelegt, Während die Indianer sich wannten, ging die Sonne auf, und 102 GelaelÄik. der Anblick der Eordillera, die man dnvch die reine Atmosphäre sah, war, als die ersten Sonnenstrahlen die Spitzen der Schnecgipfel mit roseufarbiger Muth beleuchteten, prachtvoll. Wir setzten unsern Weg über sandige Ebenen fort, die dann und wann von seichten Wasscrströmeu durchkreuzt wurden, und hielten in der Nähe einiger Lagunen an einem Orte, den die Indianer ,,Kinck" nmnen. Am folgenden Tage marschirten wir wieder und jagten, wie gewöhnlich, unterwegs. Kin fetter Strauß war iu dieser Zeit des Jahres eiue Seltenheit, aber Eier gab es in ^üllc, und sie bildeten das Hauptnahruugsmittel; auch die Armadille wurden gut und hal-fen an dein Lagerfeuer mit zu einer Mahlzeit. Am 27. September kamen wir an einen Ort, Namens ,Melgel"; er lag an den Ufern eines reißenden Flusses, wahrscheinlich desjenigen, der im Port Desire ausmündet. Dies war der Pnnkt, an welchem jede Wanderhorde, die auf den westlichen Ebenen jagen will, von dein nach Pata-gones führenden nördlichen Wege abgeht. Während unsers Aufenthaltes in Gelgel jagten wir in der Umgegend und sahen dabei mehrmals in Süden Rauchsäulen aufsteigeu, als ob Reisende sich näher ten. Sie zeigten sich endlich in größerer Nähe, nnd da auf unsere Signalfeuer keine bestimmte Antwort erfolgte, so wurden Kuud schafter ausgesandt, kehrten aber ohne Ausknnft zurück- unr Einer behauptete, er habe die fährten vieler Pferde gefnnden; da er jedoch als ein unverbesserlicher Lügner bekannt war, so hatte seine Aussage keinen Werth. Dennoch kam zuletzt Jeder zu der Ueberzeugung, daß die nördlichen Indianer mit den Araucauos im Kriege lügen, nnd es wnrdeu daher die Vorbereitungen znm Kampfe begonnen. Nach einer wachsamen Nacht, in der alle ^euer ausgelöscht und strenges Schweigen beobachtet wurde, rückteu Alle, bewaffnet uud ihre besten Pferde reitend, aus. Es dauerte nicht lange, fo stellte es sich heraus, daß die Ursache der ganzen Störung Arica war. Er war, unserm Pfade uachgehend, und von Vogeleiern lebend, elf Tage zu ,vuße gewandert uud mit geuauer Noth den Pumas entronnen; n' war mehr als einmal bei hellem lichten Tage von ihnen angefallen worden lind hatte einen mit dem Messer erlegt; daß er die Wahrheit sprach, beengten die Stiefeln, die er sich aus dem ^elle seines gefalleueu ^ein des gemacht hatte. Er sah abgezehrt nud hager aus, hatte wunde ,n'lße, uud sagte mir, noch eine Nacht würde ihm den Nest gegeben haben. Die Indianer, die — weil er davongelaufen uud später uus nachgegangen war — die ganze Nacht hatten wach bleiben müssen, Der Vorbote der Pest. 103 nud zwar ohn? ^ener und ohne Unterhaltung, die streng verboten wurde, waren natürlich aufgebracht und hätten ihn gern getödtet. (safimiro nnd Orkeke aber verwendeten sich für ihn, nnd er wurde hinter einein andern Reiter z» den Toldos zurückgebracht. Bei Gelegenheit dieser Signalfcuer erzählte mir ssasimiro folgende merkwürdige Geschichte: ,,Vor vielen Jahren, als ich noch ganz jnng war, reiste ich unter der Aufsicht meiner Mutter einige Stunden nordwärts. Die Horde lagerte sich in der Nähe einer großen Lagune nicht weit vom Sengelflussc nnd beschäftigte sich damit, daß sie in der Umgegend jagte, Mehrere Tage hinter einander wurde in verschiedenen Nichtnngcn Ranch bemerkt, der jedesmal näher kam. Man nahm natürlich au, daß er von deu Indianern ausgehe, nnd antwortete daranf; da aber keine Boten erschienen, so wurden Knnd-schafter ansgesandt, nm die Ursache zu ermitteln. Sie kehrten jedoch mit der Aussage zurück, sie könnten Nichts entdecken. Nach Verlauf von vier Tagen kam ein langer, dürrer und abgezehrter Indianer, auf einem sehr mageren Maulthier reitend, im Lager an und fragte uach eiuem Häuptlinge, dessen Name unbekannt war. Der fremde wurde, wie eö üblich ift, in des Häuptlings Toldo gebracht und sein Manlthier losgelassen, damit es frei umherlaufen konnte; aber sonderbar! es ging nie von der Stelle, an der es abgesattelt wurde, nnd der Indianer nahm während der Zeit, die er im Toldo blieb, weder Speise noch Trank zu sich. Nach drei Tagen bestieg er sein Maul-thier, das so frisch aussah wie bei seiner Ankunft, und ritt nach Nor-dcu ab. Am folgenden Tage ergriff die Indianer, während sie jagten, eine Krankheit — Manche fieleu todt vom Pferde, Andere lebten, wenn sie auch nach Hause zurückkehren konnten, nur noch kurze Zeit. Wie es, wenn Krankheit ansbricht, gewöhnlich geschieht, wurden die Toldos eine Strecke von einander entfernt, um der Ansteckung vor-znbcngen, aber es starben doch viele Männer, Frauen und Kinder." Daß einmal in eiuem Lager auf diesen Ebenen innerhalb einiger Tage viele Indianer an einer Seuche oder Krankheit gestorben sind, wurde mir noch weiter und zwar zuverlässig bestätigt; der Mann, der es mir mittheilte, war bei der Horde gewesen; er sagte, von dem Pampastamme sei der zehnte Theil gestorben. In den über dem Flusse stehenden Klippen ans der Nordseitc unseres Lagers bemerkte ich viele Sandsteinkugeln uon verschiedener Größe. Als ich eine entzwei brach, bildete ein Stück, wie es schien, Eisenstein einen Kern, nm den hernm dem Anschein nach Schichten 104 Wie ich mich dem Ehestand entzog. Sand sich aligesetzt hatten. Auf welche Weise diese Kugeln entstanden sein konnten, war mir cm Räthsel' aber sie ließen sich sehr beqncm zu Bolas verwenden, indem man sie nur ein wenig kleiner zu machen brauchte. Wahrend wir vom Lager aus nach Westen jagten, kamen wir über mehrere schlammige, oder vielmehr thouigc Sümpfe, in deren einen ich, als ich einen Ctranh verfolgte, hineinritt und mein Pferd tief einsank, wobei es seinen Reiter so abwarf, daß cr einen vollständigen Burzclbaum schoß; mit vieler Mühe raffte ich erst mich selbst auf und zog dann mit noch größerer Schwierigkeit mein Pferd aus dem zähen Moraste. Nach Arica's Rückkehr zeigten die Chilier einen rastlosen ^cist und fragten mich oft, in welcher Richtung die Ansiedelung ^hupat liege. Ich erwiederte, sie läge, so weit ich urtheilen könnte, von diesem Punkte aus ungefähr hundertundfünfzig Stunden nach Ost-Nord-Ost; aber sie würden besser thun, wenn sie bei den Indianern blieben nnd die Frauenarbeit verrichteten, Holz und Wasser besorgtet! n. s. w., als wenn sie sich in eine wilde und traurige Pampa begäben, wo sie, falls sie den Weg nicht wüßten oder keine Führer hätteu, unvermeidlich verhungern würden. Während unsers hiesigen Aufenthaltes wurde ich beinahe das Opfer einer verwickelten Heirathsgeschichte. Eine hübsche junge Indianerin, deren quer über die Stirn abgeschnittenes Haar den Witt wcnstand andeutete, die überdies mehrere Stuteu uud beträchtliche Besitzthnmer hatte, machte mir, weil ich ihr vielleicht irgend eine kleine Aufmerksamkeit erwiesen hatte, den Antrag, ich solle Toldo mit ihr aufschlagen. Dies stand durchaus nicht iu meiuem Reiscprogramm, da aber das Bünduiß möglicherweise nützlich uud angenehm zugleich sein konnte und ich in <5rmangelnng eines vertrauten freundes mich einsam fühlte, so sagte ich halb zu. W wurde daher ein Unterhändler beauftragt, die Perhandlungen über den Vrautschatz abzumachen, und durch denselbeu festgesetzt, daß ich einen Revolver geben nnd dafür von den freunden der Schönen zwei Pferde erhalten sollte. Am Abend vor dem glücklichen Tage jedoch, an welchem wir vereinigt werden sollten, kam der Alarm, und da sie zu den südlichen Indianern gehörte, so hielt ich es für besser, mein bewehr aufzugeben. Als <>nund, weshalb ich mich voll dem Handel zurückzog, gab ich au, daß ich den Toldo meines freundes Ortete nicht gern verlassen wollte. Ohne Zweifel hatten ihre reute, indem sie wünschten, daß jch sie mit meinen Schießgewehren unterstützen möchte, die Partie Töle. 105 vorgeschlagen, um mich sicher auf ihre Seite zu bringen. Die Dame war Anfangs etwas verdrießlich, fetzte sich aber bald darüber hin meg, nud mir blieben anf unserm früheren freundschaftlichen ^uße. In diesem Lager kameu zweimal Mißhelligteiteu zwischen Iu-dianern und ihren Weibern uor. (is waren die einigen ehelichen Hwistigteiteu, die mir während meiner Wanderungen mit ihuen be-tannt geworden sind. Die eine fiel zwischen Tankelow und seiner Gemahlin in unserm Toldo vor. Sie begann damit, daß Tankelow seine Tochter schlug, was sein Weib sehr übel nahm; von Worten tam es zu Schlägen, uud die Squaw belam die besteu; da legte ,vrau Ortete fich mit starkem Arm dazwifchen uud machte der Störung mit Gewalt ein Ende. Am folgenden Tage trieb Tantelow feine Pferde abgesondert fort, aber gegeu Abend tam die Versöhnung zu Staude. Am!>. October verließen wir Gelgel-Aik und marschirteu westlich einem bitter-kalten Wiudc eutgegeu. Alif der Jagd wurdeu nicht weniger als fiebeu Pumas erlegt, die, wie in dieser Zeit gewöhnlich, sehr fett waren und, in den eisernen Töpfen gehörig gekocht, ein vortreffliches Abeudesfeu gaben; das ^lcifch hat große Aehulichtcit mit gelochtem Schweiuefleisch. Während des Tages wurden sieben Chiller vermißt, und als wir zu den Toldos kamen, wurde es bekannt, daß sie sich entschlossen hatten, den Versuch zu macheu, ob sie den Weg bis zur Ansiedelung Chuuat selbst finden köunteu. Da fie sich heimlich entfernt hatteu, was nach der Anficht der Iudiauer einer Kriegserklärung gleich galt, so wollten rinigr der 5/eutc sie verfolgen und cr^ mordeu; aber dieser Vorschlag wurde von Ortete und (>asinnro verworfen. Das Lager war durch einen Hügel, Namcus ,,Tole", geschützt; er stand dicht au eiuer mit Wasscruögeln bedeckten Lagnne, in welche eine aus dem Hügel hervorkommende schöne Quelle floß; längs dem Rande des hellen reinen Wassers wuchs eine Art grüner Kresse in ungeheurer Meuge, und bei Sonnenuntergang tamen ,^lüge ^lamingos (kknonieoptei-us ixnipailo) und rosenrother Löffelreihcr (^lawiea a^a^a) znr Lagnne, mu sich Futter zu snchcn. Die Jagd des einen Tages fand auf der umliegenden Ebene statt, die nach Westen mehrere der lnerkwnrdigcn Eillsenknugcn oder beckcn-ähnlichen ,vor>nanoncn ^cigt, welche nach Darwin's Beschreibung auf der Ostfeitc der Cordillera vorkommen. Am i>. October bracheu wir das Vager ab und marfchirteu in nördlicher Richtung, bis wir an einem Strome von beträchtlicher ('»nößc anlangten; Einige von uuh 106 Die Augen der Wüste. überschritten ihn sofort, obgleich er tief und die hohen Ufer locker nnd nnsicher waren, Die Granen und die Uebrigen begaben sich zu einer Furth, und der alte Ortete schickte einen der Ehilier mit, der dafür sorgen sollte, daß sein Hündchen (an das er seine väterliche Liebe verschwendete) nicht naß werde. In einer halben Stunde war die ganze Horde — Ako mit inbegriffen — wohlbehalten hinüber, nnd das Lager wurde auf einer Halbinsel zwischen diesem ^lnssc und emem zweiten aufgeschlagen, der weiter unten sich mit ihm vereinigte. Die vereinigten Ströme bilden vielleicht einen Nebenfluß des Chu-pat, vielleicht anch nicht; die Indianer waren darüber verschiedener Meinung; Einige behaupteten, es sei so, Andere sagten, der Fluß ergieße sich in eine große Lagune. Das Welter hatte sich geändert: es war Sprühregen eingetreten, nnd der nasse und schmierige Zustand der Toldos war sehr unangenehm. Unserer Kleidnng schadele es jedoch nicht viel, da ein Gnanaco-Mantel sich leicht am Fener trocknen läßt; man muß aber darauf achten, daß nur die behaarte Seite der Hitze ausgesetzt wird, sonst wird die Haut dürr nnd zerreißt dann leicht. Während wir uns in diesem Lager befanden, wurden Wächter ausgestellt; der eine kam herein und sagte, er habe in nördlicher Richtung Nauch gesehen. In Folge dessen brachen wir am 9. October auf, nachdem wir uusere abgetriebenen Pferde hatten ausruhen lassen; sie hatten in denr jnngen grünen l^rase geweidet, das jetzt in allen Thälern in Fülle hervorschoß, und waren dadurch schnell wieder in bessern Zustand gekommen. Wir zogen über eine unfruchtbare, thonige Pampa, dir da uud dort von Sümpfen nnd Marschen durchschnitten war, und langten am 10. an einer kleinen, von Osten nach Weste,: laufenden Hügelkette au. Uuter einem dieser Hügel wurden die Toldos aufgeschlagen, und zwar wieder in der Nähe einer jener schönen kreisförmigen Quellen, die in Patagonien häusig vorkommen ; mitten aus dem glatten weißen Sande, der den Grund bildete, sprudelte daü Wasser wie flüssiger Krystall empor, und in dem kreisrunden Becken sah man silberfarbene Fische umherschießen. Die Indianer finden ein großes Vergnügen daran, sich die Hände und /süße in den Quellen zn waschen, nnd bleiben, die Schönheit dieser „Augen der Wüste" bewundernd, lange dort sitzen. Da bei unserer Ankunft die grauen noch nicht mit den häuslichen Einrichtungen fertig waren, so warfen wir die Jagdbeute von den Sätteln, und ein Theil von uns erstieg dann einen der anstoßenden Hügel, um uns umzuschauen. Es war ein herrlicher Tag, nnd die eben untergehende Yaiken-Kaimak. 107 Sonne badete die ganze Gegend in einer ,vlnth von rothen Farben, ^n Nord-Osten bemerkten wir dcntlich drei verschiedene Nauchsänlen; die Indianer behaupteten, sie gingen von den fünf chilischcn Flüchtlingen ans, nnd waren anf dieselben sehr erbittert, da man ver-mnthetc, daß sie sich verirrt hätten nnd gern wiederzu den Toldos zurückkehren möchten. An dieser Stelle wollte mein Eompaß nicht gehen; ich glanbte, er sei verdorben worden; da er aber später wieder richtig zeigte, so muß an seiner zeitweiligen Störnng irgend eine örtliche Anziehungskraft Schuld gewesen sein. In Norden, so gnt ich muthmaßlich in der Richtung inich orientiren konnte, zog sich eine lange Hügelkette hin, die in einem Berge mit eigenthümlicher Spitze endete; unterhalb des lchtcrn zeigten die Indianer mir die Bünmr, die längs einem Flusse standen — nach ihrer Behauptung sollte e,b ein Nebenflnß des Chnpat sein. In Westen dehnten sich wellenförmige Ebenen ans, die sich in weite ^ernc zn erstrecken schienen; sie unterbrachen die Kette der Cordillera, als ob in dem Gebirge eine Einsenknng oder ein Durchbruch sich befände, indem Hügel von bedeutender Größe am Horizonte nicht zn sehen waren. Während ich, die Pfeife ranchend, anf dem erwähnten Hügel lag, las ich mehrere Steine anf, in welchen Opal uud Kascholong mit einander verbunden waren; ich legte sie läppischer Weise anf der Erde zn verschiedenen Figuren znsammen nnd hatte nnter Anderm einen Kreis hergestellt, der im Kleinen einem indianischen Grabe glich; als Einer meiner Gefährten bemerkte, was ich machte, wnrde er sehr böse uud sagte: „Das wird Unglück bringen," Er glanbte offenbar, ich ginge in Gedanken damit nm, Jemandem dnrch Hererei das Leben zn nehmen. Da ich kein Verlangen trng, mich todten zn lassen, nm dadnrch, wie mau sich einbildete, envaigen Zauberformeln zuvorzukommen, so las ich schnell die Steine znsammen. Viele derselben gingen später nntcr-wegs verloren. Der indianische Name für diesen Ort ist ^aiken-Kaimak; er besagt, daß dies der Hügel ist, von welchem ans man den Signal-Rauch sieht, der das Nahen dcr vou Norden kommenden Indianer andeutet. Wir blieben fünf Tage in jenem Lager; es herrschte eine allgemeine ängstliche Unruhe, und die Waffen wurden immer bereit ge halten, Anßer der gewöhnlichen Jagd uutcr dem Befehle des Ea-eiqne mußten wir noch Waffenübnngen zn Pferde machen; dieses berittene Ercreiren sollte eine Vorbereitung sein, im /fall wir die nördlichen Tehuelchcu mit den AraucanoZ- oder Mauzaucro5-In- 108 Vorbereitungen zum Kriege. diancrn 3!). Sebastian Cabot sandte von seiner Ansiedelung Carcaranal an der Parang, seinen Lootsen Cesar mit 120 Soldaten ab, um den Fluß zu erforschen; 69 Mann wurden als Besatzung im Fort') zurückgelassen. Diese Expedition drang bis an die Stelle vor, wo die Parana und der Paraguay sich mit einander vereinigen; dann begab sie sich den letztgenannten Fluß hinauf bis zur Laguna Santa Anna und schlug unterwegs die feindlichen Indianer. Sie erreichten die Grenzen der Guaranis, schlössen Freundschaft mit denselben nnd kehrten zurück. Gleich darauf machten sie sich auf, um über Land nach Pern vorzudringen, und überschritten die Cordillera. Nachdem sie unglaubliche Schwierigkeiten überwunden hatten, kamen sie in eine Provinz, deren Bewohner reich an Rindern, Vicunas, und an Gold und Silber waren. Der Beherrscher der Provinz, „ein großer Herr", in dessen Hauptstadt sie eudlich anlangten, nahm seine spanischen Besucher freundlich auf, erwies ihnen alle Ehre nnd bewirthete sie, bis er sie anf ihre eigne Wahl, mit Geschenken an Gold uud kostbaren Stoffen bereichert, zurückkehren ließ. Die Spanier fanden ihr Fort an der Parana als eine verlassene Ruine wieder; die Indianer hatten die Besatzung überfallen nnd niedergemetzelt. Cesar führte des-halb seine Leute in die Ansiedelungen und brach von da zu einer dritten Expedition auf, bei welcher er die Cordillera wieder überschritt, nnd von einer Höhe aus, wie er sich einbildete, auf beiden Seiten die Gewässer des Stillen und Atlantischen Meeres sah; er hielt wahrscheinlich irgend eine große Lagune irrthümlich für den fernen Atlantischen Ocean. Dann zog er die Küste hinauf nach Atacama und von da nach Cuzco, und schloß sich in der letztgenannten Stadt den Eroberern gerade zur Zeit der Gefangennahme des unglücklichen Inca Itahuallpa an. Diese wunderbare Reise über das ganze Land wurde später immer, wenn von ihr die Rede war, die Eroberung von Los Cesares genannt und im Jahre 1612 von Run Diaz Guzman in einem ausführlichen Berichte veröffentlicht; fein Gewährsmann war einer der Conqnistadores von Peru, Namens Arzon, der alles Nähere von Don Cesar selbst in Cuzco erfahren hatte. Mehr als dieser Name nnd vielleicht die Sage von der reichen indianischen Stadt scheint sich ') Fuertc Santo Espimu. La Ciudad Encantada. 133 jedoch in den romantischen Gerüchten, die im siebzehnten Jahrhundert in Umlauf kamen und bis zum Jahre 17A1 immer niehr Glauben fanden, nicht erhalten zn haben. In dem genannten Jahre faßte der Fiscal von Chili, nachdem er beauftragt worden war die Sache zu untersuchen, Alles, was zu Gunsten der Existenz einer reichen nnd festen Stadt sprach, die irgendwo zwischen dem 45" und l><)" südlicher Breite liegen sollte, in einem sorgfältig ansgearbeiteteu amtlichen Bericht zusammen und ersuchte die spanische Regierung, sie möge eine Expedition absenden mit der Vollmacht, dieselbe zu entdecken uud in Besitz zu nehmen. Nach der Beschreibung verschiedener wahrheitsliebender (?) Gewährsmänner ,,war die Stadt durch Mauern, Gräben und Ravelins befestigt und der einzige Eingang dnrch eine Zugbrücke geschützt, nebcu welcher auf einem au-liegenden Hügel vorsichtige Schildwachcn standen, um zudringliche Fremde zu entdecken. Die Gebündc waren mit vielem Aufwaud hergestellt; die Häuser waren aus Quadersteinen gebant uud hatten Azotca Dächer, nnd die Kirchen waren mit glitzerndem Silber gedeckt nnd inwendig prachtvoll ausgestattet. Auch alle Geräthe, Mes-ser, und sogar die Pflugschare wareil von Silber, und die Bewohner saßeu ans goldenen Stühlen uud Eesselu. Sie hatteu helle Hautfarbe, blaue Augen uud starke Bärte uud redeten eine Sprache, die weder die Spanier noch die Indianer uerstaudm. Sie trugen Jacken von blauem Tuch, gelbe Mäntelchen, grobe blanwollene Unterhosen uud weite seidene Beinkleider, nebst großen Stiefeln nnd tlcinen dreieckigen Hüteu! Sie besaßen viele Rinder, die ähnlich wie diejenigen der spanischen Eolonistcu mit Brandmalen gezeichnet waren; aber der Hanptartikel, den sie bauteu, war Pfeffer, in welchem sie mit ihren Nachbarn Handel trieben, während sie übrigens von der Welt sich völlig abschlössen." Nach der einen Darstellnng bestand die Bevölkerung alls den 'Nachkommen der Mannschaften mehrerer Schiffe, die von 152'; bis !^s» in dex Magalh^cs-Straße gescheitert waren; diejenige,!, welche mit dem Leben davongekommen waren, hatten sich zn Lande durchgeschlagen und eine Ansiedeluug gegründet. Ein wandernder Padre sollte von einigen Iudiaueru die Nachricht von der Existenz der Colonie und znm Beweis ein Messer erhalten haben, das, wie man erkannte, dem Capitäu eines gestrandeten Fahrzengcs gehört hatte. Der Padrc machte sich ans, um seme Landsleute aufzusuchen, verlor aber unterwegs das Leben. Eine andere, noch bestimmtere Sage behauptete, die am Leben gebliebenen 1^4 Die Lnge der verzauberten Stadt. Einwohner uon Osorno halten sich im Jahre 15W, ltachdem sie sich gegen die Araucanier, die nnter dem siegreichen Hänptling Eaupo-lican standen, heldenmüthig vertheidigt hatten, mit ihren Familien nnd Rindern anf eine Halbinsel in einer großen, dreißig Meilen langen und sieben bis acht Meilen breiten Lagune geflüchtet, die in der Nähe von Reloncavi oder dem Osorno genannten Vulkane lag, und dort eine Stadt gebant, welche auf der Seite nach dem ^ande hin onrch einen Graben nnd eine Zugbrücke, die jede Nacht aufgezogen wurde, stark befestigt war. Nach Anderen sollte dies die Lagune Payeqne in der Nähe eines reißenden Wassers Namens Llan-queco seiu. Ein Forschnngsreisender, Namens Noxas, der im Jahre 1714 von Buenos Anres aufbrach, nnd dessen Reiseroute südwestlich von Tandil und dem Volcan lag, gibt, nm die Vage der Stadt der Cesares zu bestimmen, höchst genaue Entfernungen uuo Laud-marken au. Er erwähnt besonders eiuen Fluß mit einer Furth, die nur während einer einzigen Periode des Jahres sich passiren läßt, und einen Hügel, auf welchem sich viel Magneteisenstein findet. Diese Landmarken nnd seine übrige Beschreibung weisen auf die Stelle hin, wo die S. 110 erwähnte merkwürdige Felscnbildung steht, bei deren Altblick aus der Ferne ein Reisender sich wohl täuschen nnd glauben kaun, er sehe eine befestigte Stadt. Waki machte mich auf sie auf-merksam nnd sagte scherzweise: „Vielleicht leben dort Christen." Die,,glaubwürdigen Indianer", auf die man sich iu jencu Berichten so oft beruft, die jedoch alle verpflichtet waren, den Zngaug zn der Stadt geheim zu halten, wurdeu ohne Zweifel in ihrer Erinnerung an die verschiedenen Ansiedelungen, die sie auf ihren Wandernngen besucht hatten, confus, nnd die Spanier, die geneigt waren, jedes neue Wunder, das sie hörten, zn glauben, verwebten alle die Geschichten, die man ihnen erzählte, in die wunderbare Sage und betrachteten die auf diese Weise zusammengestellte Erdichtung als unzweifelhafte Thatsache, Wir wollen nur uoch zwei merkwürdige Phasen dieser Sage anführen, dann kehren wir wieder zu dem wirklichen indianischen Lebeil zurück. Ein militärisches Etreiftorps, das im Jahre 1777 von Nio Bncno anfbrach uud uach dem See Llanqucchur mar-schirte, überschritt die unter Osorno liegenden Passe der Eordillera nnd verbrachte die Nacht in der Nähe der Echneelinic. Sie hörten entferntes Geschützfeucr nnd sahen anf der Ostscite das obere Ende einer großen Lagnna; als sie zurückkamen, brachten fic die Bestürzung erregende Nachricht mit, daß zwei verschiedene Städte exi- Die indianischen Cesares. 135 stirten, deren cine mit Menschen spanischer Abstammung, den Auca-Huincas, die mit den Pchnelchcn im Kriege lägen, bevölkert sei, während die andere Engländer, oder Moro-Hnincas bewohnten, die mit den Indianern in Freundschaft lebten. Der fiscal von Chili bestand in seinem Berichte darauf, daß man die frechen Insulaner, dices gewagt hätten sich in den Gebieten ,,unsers Herrn des Königs" festzusetzen, ausrotten müsse. Wie hier die eifersüchtige furcht vor deu anmaßenden Engländern sich mit der spanischen Darstellung der Sage uon den geheimnißvollen Cesares vermischte, gerade so verbanden die Indianer diese Cesares mit dem traditionellen Ruhm nnd Bilanz des großen Iuca-Gcschlechtes und sprachen von den indianischen Cesares, nnd die gewaltige Wirkung der Fabel zeigte sich in einer Proclamation, welche der heldenmüthige, aber unglückliche Tupac Amaru erließ, der im Jahre 1781 an der Spitze des erfolglosen Aufstandes gegen die tyrannischen Christen stand; er nannte sich in derselben „Iliea, Ooüor d« 1a» lüe^are» ^ ^ma/c>ng,8, onn änminio on ei (n-lni I'aMi". Das Glück ließ sich indeß nicht von ihm erHaschen, nnd er starb durch Henkcrshand, gerade so wie die reiche nnd ersehnte Stadt, deren Herrschaft er beanspruchte, manchen Forschnngsrcisendcn täuschte, der bei dem hoffnungslosen Suchen sein Vcben geopfert hat. Aber der geduldige Leser wird wahrscheinlich der vcrzauber-len Städte müde sein und gern zn dem gewöhnlichen indianischen ^'ben zurückkehren wolleil, obgleich es hier jetzt ziemlich blutig aussah. C's war die wichtige Heil der Jagd auf junge Gna-nacos, nnd wenn man auch bei der Jagd viel reiten konnte, so ließ fich doch kaum sagen, daß sie Vergnügen böte; aber für die Indianer war sie Geschäftssache, da von der Zahl der jungcu Guana-cos, die jetzt erlegt wurden, der Betrag an Fellen zur Kleiduug uud zum Handel abhing. Einige Bemerkungen über die Beschaffenheit nnd Vebeusart des Guanaco nnd der lilißii oder des Straußes, die den patagonischcn Indianern Nahrung nnd Kleidung geben, dürften hier wohl am Platze fein; doch mache ich alle Kritiker aufmerksam, daß dies uicht die Beschreibungen eines Naturforschers, souderu blos die Beobachtungen eines Freundes von Vögeln und Thieren sind. Das Guanaco, das die Indianer unter dem Namen ,,Non" kennen, ist drei bis vier Fuß hoch und, von der Nasenspitze bis zum Schwänze gemessen, vier bis fünf Fuß lang. Das Fell ist wollig, hat aber um den Kopf uud die Beine herum minder dichte Wolle, 136 Das Guanaco. oder wird dort vielmehr haarig. Die ^arbe ist gclblich-roth, an verschiedenen Stellen des Körpers mit Weiß untermischt, besonders am Vauche, an der inneren Seite der Veine hinab nnd mn die i'ippcn nnd Backen hernm; anch an der innern Seite des Halses nnd der Kehle geht das Weiße hinanf. Die Schultergegend ist leicht gewölbt; der Schwanz ist kurz nnd steigt, wenn das Thier in Bewegung ist, ein wcnig in die Höhe. Das Guanaco kommt in einem weiten ^än-dertrcise in großer Menge vor; es verbreitet sich von Pern die ganzen östlich von der Kette der Cordillera der Andes gelegenen Gegenden hinab, über die nngehenren Ebenen von Mcndoza bis znr Magalhkcs-Straße nnd selbst bis zmn Fencrlande. In der Regel befindet sich bei einer Heerde von ungefähr einhundert Guanaco-Weibcheu ein Männchen, und im Fall sie benuruhigt werden, stellt dasselbe sich auf eine nahe Felsenspitze und fängt an zu wieheru, etwas ähnlich wie ein Pferd, halt sich aber immer zwischen der Gefahr und sciuen Weibchen, In der Zeit jedoch, wo die Weibchen Innge werfen, gehen die Männchen, wie die Weibchen, in Hccroen für sich allein. In Monsieur Gay's vortrefflichem Buche über die Zoologie von Chili wird zwar behanptet, daß die Weibchen zuweilen drei Inngc gebären, das muß aber ein seltener Fall sein. Während wir die jungen Guanacos jagten und erlegten, wnrden die Mütter stets von ihnen getrennt, indem die Inngen zurnckbliebcn, nnd es war daher nicht möglich zu bestimmen, welches Junge oder wie viel derselben zu einer Alten gehörten. Während wir jedoch die Mütter schlachteten, um die ungeborenen Jungen ans dem Muttcrleibe herauszuschueiden, sah oder hörte ich uic, daß iu einer Mutter mehr als eine frucht gefunden worden sei. Die Guanacos sind außerordentlich schnell zu Fuße, von Pferden wie uou Hunden fast nicht einzuholen, da sie durch einige weite Sprünge ein solche Strecke vorwärts kommen, daß ein Pferd sie mit der größten Schnelligkeit nicht erreichen kann. Sie warten häusig, nm den Verfolger nahe herankommen zn lassen, springen dann plötzlich fort nnd lassen ihn bald hinter sich zurück. Ihre Vertheidignngsmittcl bestehen hauptsächlich in der Eavate oder dem Gebrauche der Füße, besonders der vorderen; doch beißeu sie auch zuweilen und verursachen mit ihren zwei eigenthümlichen Hundszähnen schwere Wunden '). Ich habe Stellen ge sehen, wo ein Puma und eiu Guauaco offenbar einen harten Kampf ") Cine Me Abbildung vom Schädel dee Guanaco findet sich in M' Cun-niuMm's Werte. Das Guanaco. 43? urit eiuauder gehabt hatten, der jedoch nulner mit dem Siege des Pmna endete; wenn wir die Zeichett eines solchen Kampfes sahen, snchten wir nämlich stets nach dem todten Thiere und fanden es allemal, von dem,,Löwen" sorgfältig Ungedeckt, nicht weit davon. Das fleisch des Guanaco ist vortrefflich, deni Hmumelficische etwas ähnlich; das fleisch des jungen Guanaco ist wie sehr zartes Kalbfleisch. Daß mit ihrer Wolle, wenn sie in den Handel käme, Etwas zn gewinnen wäre, läßt sich nicht bezweifeln, da sie eine sehr feine Textur nnd in Chili, wo sie zu Ponchos verwebt wird, die hoch geschätzt werden, gegenwärtig Werth hat. Bis jetzt sind wenige gezähmt und als Hausthicrc verweudet worden; aber sie werdeu sehr zahm, und in einer künftigen Zeit wird man wohl finden, daß sie sich als Lastthiere gebrauchen lassen, da sie in vieler Hinsicht dem Llama ähnlich sind. Bei dem Guanaco ist noch ein sehr merkwürdiger Punkt zn erwähnen. Zu gewissen Zeiten des Jahres findet man im Magen desselben eine so hart wie Stein verdichtete Absonderung in runden stücken, die ^ bis '/2 Zoll Durchmesser habeu. Diesen ^tciucu schreiben manche Indianer heilkräftige Wirkungen zu. Für die Iu-dianer ist das Güanaco ein in jeder Hinsicht nützliches Thier. Aus den Felleu der erwachsenen werden die Decken der Toldos gemacht, und aus den Fellen der ungebornen und juugeu werdeil Mäntel verfertigt, die man als Kleidungsstücke trägt; die Sehnen des Rückens versorgen sie mit Zwirn; das Fell des Halses, das ganz besonders zähe und dauerhaft ist, gibt ihuen Lazos oder Schnuren zu Bolas, Zäume u. s. w., u. s. w. Das Fell der Kulckehle versieht sie mit Schuhen oder mit Ueberzügen zu deu Bolas; ans dem Schen-kelknochen schneiden sie Würfel oder stellen ans ihm ein musitalisches Instrument her. Wenn das junge Guanaco das Alter vou etwa zwei Monaten erreicht hat, fängt das Fell au wollig zu werden und ist dann zu Mänteln nicht mehr zu gebrauchen, gibt aber hinlänglich Me Satteldecken. In diesem frühen Alter ist das Thier sehr schnell, füßig und will tüchtig gejagt sein. Ihre volle Größe erreicheu sie ün zweiten oder dritten Jahre nach der Gebnrt, nnd das erwachsene Mäunchen kann man nicht besser schildern, als Lieutenant Gallcgos rs in einer Anrede that. Als wir ein Männchen beobachteten, das misam über uns auf einem Hügel stand nnd immer dann und wann sm, schrilles Warmmgszeichcn hören ließ, sagte Gallegos: ,,Dn bist m, wunderliches Thier; du wieherst wie ein Pferd, hast Wolle wie ein Schaf, einen Hals wie das Kameel, Füße wie ein Hirsch und bist l.'iA Der pataiMische Strauß. schnell wie der Teufet." Die Unea varwinn, von den Indianern ,,Mekynsch" nnd von den Spaniern Avestruz oder Stranß genannt, ein Name, mit welchem dieser Vogel allgemein bezeichnet wird, gehört blos Patagonieu an; nördlich vom Nio Negro trifft mail wenige nnd in allen anderen Gegenden der Erde findet man, soviel ich weiß, gar keinen, mit Ausnahme vielleicht der nördlicheren, Ebenen ähnlichen Gegenden des Fenerlandes, die der Strecke vom Kap Vir-genes bis zum Oazy-Hafcn gegenüber liegen. Die liliea vmwinii ist eine Spielart der Rke», amei-wang, die in den argentinischen Provinzen Entre Rios nnd Santa F6 gemein ist, anch in der Ncpn-blik der Vanda Oriental zerstrent lebt nnd, wie ich glaube, nördlich bis zum ^tto Grande do Eul nnd der südlichen brasilianischen Provinz sich verbreitet. Auch in Chili kommen sie anf den am Fuße der Cordillera der Andes liegenden Ebenen vor. Der Hauptunterschicd zwischen den beiden Arten liegt dariu, daß die patagonische I^ioa Darvrinii kleiner ist nnd hellere Farbe hat als die amerikanische linoa (oder der Nandn). Die patagonischen Strauße sind sehr schnell ^u Fuße nnd schließen iin ^aufe die Flügel an, während die andere Art dieselbell stets ausbreitet. Anch die patagonischen lanfen immer in gerader Linie, anßcr wenn sie das Nest verlassen, wo sie dann, wahrscheinlich damit man ihrer Spnr nicht nachgehen soll, Umwege inachen. Ihre Schwungfedern kommen in den Handel, und in Bne-nos Ayres wird gegenwärtig das Pfund mit einem Dollar bezahlt. Das Mark ans den Knochen der Beine wird, wie ich glanbe, zur Verfertigung von Pomade benutzt und war früher, wenn nicht noch jetzt, in Buenos Anres hoch geschätzt. Für.die Indianer hat dieser Vogel in vielen Beziehnngen einen unschätzbaren Werth. Außerdem, daß er ihnen ihre liebste Speise liefert, werden ans den Sehnen der Beine Schnnren zu Bolas verfertigt; der Nacken wird als Beutel zu Salz oder Tabak bcnntzt; die federn werden gegen Tabak oder andere nothwendige Bedürfnisse nmgetanscht; das ,vett von Brnst nnd Nucken wird ausgelassen nnd in Schlänchen verwahrt, die ans der Haut gemacht werden (diese wird während der Frühlingszeit abgebogen/ wo die Weibchen, wie alle patagouischcn Thiere, den Puma ansgeuommen, mager sind); das Misch ist nahrhafter nud die Indianer essen es lieber als das Fleisch aller anderen Thiere, die sich im Lande finden, nnd die Gier bilden während der Monate September, October nnd November das Hauptnahrungsmittel. Das Männchen wird gegen dritthalb Fuß hoch und ist von dem Weibchen Der patagonischc Strauß. 139 dadurch zu nnterschciden, daß seine ^arbe ein wenig dunkler und der Vogel größer und stärker ist; doch erfordert es eiu geübtes Auge, um in eiuiger Entfernnng den Unterschied herauszufinden. Das Männchen ist auch schneller. Ihre gewöhnliche Nahrung besteht ans kurzem Gras und den Samen verschiedener Sträucher, aber vorzugsweise aus zartem Gras; ich habe sie verschiedene Male von einem passenden Felsen aus, wo sie mich nicht sehen konnten, beobachtet, während sie solches rupften. Wenn sie beunruhigt wcrdeu, laufen sie augenblicklich in großer Eile davon; sie haben eiu sehr scharfes Gesicht. Begegnen ihncu auf ihrer Fluchtlinie Neiter, oder verstellen sie ihnen den Weg, so werfen sie sich uicht selten auf die Erde und ducken sich so platt nieder, daß man sie, da die grauliche färbe ihres Gefieders genau dem fast allgemeinen Anblick der Pampas Patago-uiens gleicht, kaum von den ringsum liegenden felsblöcken nntcr-scheiden kann. Sie haben zwar keine Schwimmhäute zwischen den Zehen, können aber ziemlich gut über einen flnß schwimmen. In der Winterszeit kommt es nicht selten vor, daß die Indianer sie in's Wasser jagen, wo ihnen vor Kälte die Beine erstarren; sie werdeil dann dnrch die Strömung an das Ufer getrieben und, weil sie sich nicht von der Stelle bewegen können, mit leichter Mühe gefangen. Auch bei Schuecwetter bekommt mall sie leicht, weil der Glanz des weißen Schnees ihre Augen anzugreifen scheint nnd ihr Gefieder durch die Nässe ohne Zweifel schwerer wir. Sie huldigen der Polygamie; ein Männchen gesellt sich zn fünf bis sechs Hennen, die sämmtlich ihre Eier in dasselbe Nest legen — eiu in die Erde gekratztes Loch, das gegen dritthalb fnß im Durchmesser hat. frühzeitig im September fangen sie an zu legen; die Zahl der Eier bc tragt in jedem Neste zwanzig bis vierzig, oder auch noch mehr. Zu Anfang der Legezeit wurden Gier außerhalb des Nestes (sogenannte -Veckeneier) in verschiedenen Gegenden der Ebene zerstrcnt gefnnden, uon welchen manche sehr klein waren. Der gewöhnlichen Negel zuwider, die man sonst bei den Vögeln findet, fitzt das Männchen auf den Eiern uud übernimmt anch, wenn die Jungen ausgebrütet siud, die Aufsicht über die Brnt. Die Inngeu laufeu sofort oder doch kurze Zeit nachdem sie ans der Schale gekrochen sind, haben anf dem Rücken Flaumfedern von granlich-schwarzer und au Brust uud >V"ls uou weißlicher färbe. Ihr Geschrei gleicht den Sylben pi, pi, pi, wenn man sie scharf und schnell ausspricht. Das alte Mäuuchen stellt sich, wcuu Gefahr droht, als wäre es verwundet; es will da- 140 Der pataqonische Strauß. dnrch, wie andere Vögel, die Aufmerksamkeit des Jägers ablcnt'en, damit seine Brnt sich im Grase verbergen und retten kann. Nachdem das Männchen eine Zeit lang auf dein Neste gesessen hat (ich^ möchte annehmen, daft die Brntezeit etwa drei Wochen dauert), wird es mager, nud dicht um das Nest herum ist das Gras wegge fressen, so daß der Boden ganz kahl ist. Jetzt fangen die Weibchen an, fleisch anzusetzen, und dadurch hat die Natur glücklicherweise für die Indianer gesorgt, die von magerem fleische nicht leben können. Während die Weibchen mager siud, werden sie getödtct und abgebalgt; das Fleisch läßt man liegen, ans den Bälgen aber fertigt man Mäntel, die ill den Ansiedelungen verkauft werdeu. Zu der Brutzeit haben die Strauße viel Ungeziefer, das auch in die Toldos nnd Gnanaco-Mäntel der Indianer kriecht und zu einer nngehenrcn Plage für sie wird. sKünftigen Reisenden, die nnter den Patago-niern sich aufhalten, möchte ich den gutcu Rath geben, die Squaw, die das Hauswesen besorgt, nie Ctraußmäntel nnter die Schlafhäutc legen zu lassen,) Die junge Wiea, bekommt lhr volles Gefieder erst im zweiten Jahre nach der Geburt; eher erreicht sie anch ihre volle Größe nicht und wird bis dahin von den Indianern nicht verfolgt, wenn nicht wirklich an Nahrung Mangel ist. Die Eier werden in jedem Zustande, frisch oder alt, gegessen; zwischen dem noch nicht ausgekrochencn Hühnchen nnd dem nugeborenen Guauaco fiudet der Judianer keinen groften Unterschied. Außer ihren menschlichen Fein-den werden diese Vögel anch noch von den Pumas und Füchsen ucr^ nichtet; der erstere überfällt und tödtet den sitzenden Vogel, verbirgt ihn sorgfältig nnd macht sich dann daran, die Eier zu verzehren, die ihm sehr munden. Wir fanden nicht selten die Eier von Pnmas zerbrochen und zerstreut uud entdeckten in der Negel den Vogel nicht weit davon. Die Füchse begnügen sich, glaube ich, damit, daß sie die Gier anssangen; dagegen versicherte man mich. daß in der Nähe von Geylnm, wo die wilden Katzen gemein sind, diese, wie ihre Ver wandten, die Pnmas, den Vogel auf dem Neste todten. Außerdem richten die Condore, Adler und Falken ohne Zweifel gewaltige Verwüstungen uuter der jungen Brut au, Uugeachtet sie mit so vieleu Schwierigkeiten zu kämpfen hat, ist die lUioa. vinvvinii doch in großer Menge vorhanden und würde, wenn ihre Zahl nicht von den Indianern nnd anderen Feinden einigermaßen verringert würde, das ganze ^and überschwemmen. Während nnseres Aufenthaltes in Chiriq beschäftigten wir uns fleißig damit, Gnanacos sowohl wie Die Umgegend von Chiriq. 141 auch Strauße zu vernichten; auf der hohen holprigen Hügelkette, die Chiriq auf der Ostseite begrenzte, wimmelte es buchstäblich von Gna-nacos, und da die Weibchen trächtig waren und daher nicht weit schnell laufeil konnten, so sing und erlegte ein einziger Jäger nicht selten fünf, sechs und sogar acht Stück; das Junge wnrdc herausgeschnitten, das Fell desselben znr Herstellung von Mänteln nnd das todte Thierchen znr Nahrung mitgenommen, während die Hant der Mntter, wenn es nöthig war, zur Ausbesserung des Toldo dienle. Auch die Markknochen der Alten wnrden als Leckerei mitgenommen, aber das Fleisch blieb für die Condore, Pumas uud Füchse liegeil. Wir jagten fast jeden Tag nnd durchstreiften beinahe die ganze Umgegend, Anf den nach Westen liegenden Ebenen war schöner, mit weichem Gras bedeckter Boden, auf dem es sich gnt ritt; einige Stnndeu von der Cordillera jedoch befindet sich eine plötzliche Senkung, die ein großes Becken bildet; es liegt, wie das Bett eines Sees, gegen fünfzig Fuß unter dem Niveau der Ebene und erstreckt sich bis zum Gebirge; seine Oberfläche war hauptsächlich mit Gras bedeckt, an manchen Stellen aber sah man den gelben Thon nnd Lager von Steinen. Anf dem höheren Terrain, ehe man das Becken erreichte, kamen viele Lagnnen vor, nm deren eine herum ein großes Möven-geniste war; die Bewohner desselben hörte man schon in weiter Ferne. Anch bemerkte ich hier viele Tcru-Teros, spornst ügelige Kibitze, die in der Nähe von Vnenos Ayres gemein sind, Ich hatte sie selbst bis Santa Ernz angetroffen, aber nie in so großer Zahl. Unsere Jagden anf der Ebene waren nie so erfolgreich wie diejenigen auf der Hügelkette; doch behaupteten die Indinner, im vorhergehenden Jahre sei es gerade umgekehrt gewesen. Vielleicht hatten die Guanacos an Erfahrnng gewonnen nnd fühlten sich anf den Felsenhöhen, wo voraussichtlich die Reiter stürzen mnßten, sicherer. Die nördlichen Indianer waren höchst verwegene Reiter, die sich um Nichts kümmerten und die steilsten Stellen hinabsprengten, nnd sonderbar, wenn anch einzelne Unfälle vorkamen, wo der Eine oder Andere ein Glied brach, so waren sie doch nicht hänsig. Daraus geht deutlich hervor, wie sicher ihre Pferde anf den Füßen sind, Wenn sie an steinigen Stellen jagen, pflegen sie dein Pferde zum Schutz gegen scharfe Steine Schuhe von Hant an die Vorderfüßc zn legen. Nach der Jagd begaben sich in der Regel diejenigen, welche Reserve-Pferde besaßen (nnd sogar auch diejenigen, welche keine hatten), jeden Abend ein wenig vor Sonnennntergaug auf die Rennbahn nnd ritten ihre 143 Pferderennen. Pferde zu oder ließen sie rennett, oder sahen den Anderen zu nnd machten, wenn es ein Rennen gab, Wetten. Die Art des Wettrennens ist derjenigen etwas ähnlich, die unter den Gauchos in den Provinzen von Rio de la Plata Mode ist, nur daß es dabei ehrlich zu geht. Die Einsätze werden stets niedergelegt, ehe das Wettrennen endigt: sind es Pferde, so werden sie so angebunden, daß man sie leicht zur Hand hat; sind es Schmucksachen, Bolas u. s. w,, u. s. w., so werden sie auf einen Hänfen gelegt, und wer gewinnt, nimmt sie, sobald das Nennen entschieden ist, gleich weg. Die Pferde werden beim Wettrennen ohne Sattel geritten; die beiden Reiter galoppireu erst einige Meter weit leicht neben einander her und lassen dann den schnellen Galopp anschlagen. Da man auf das Zureiten der Pferde viele Mühe verwendet, so kommt beim Anlanf selten ein fehler vor. Das Ziel des Wettrennens ist oft weit entfernt; die durchschnittliche Distanz ist vier englische Meilen oder eine Legna; doch ist selbstverständlich bei Zungen Pferden die Entfernung kürzer. Die Hengstfüllen bändigen die Indianer anf ähnliche Weise wie die Gauchos; sie gehen jedoch sanfter mit ihren Pferden nm und bän digen fie in Mge dessen besser. Man sieht bei den Indianern selten ein Pferd, das nicht vollkommen fromm ist; die kleinsten Kinder sitzen fast immer auf den Nennern und besten Pferden; wenn sich aber ein weißer Manu ihnen nähert oder den Versuch macht sie zu fangen, so lassen sie Zeichen von furcht und Neizbarkeit blicken. Zwischen den Indianern und ihren Pferden scheint in der That ein instinctmäßiges Verwandtschaftsgefühl zu bestehen. Ist ein Pferd lahm, so gilt als das wirksamste Heilmittel, daß man ihm mit einer Ahle in der Köthe Blnt entzieht; zuweilen wird der Einschnitt weiter oben am Beine gemacht nnd die Ahle fast durch das ganze Bein des Pferdes getrieben; hierauf wird es eine kurze Zeit angebnndeu, und dann läßt man es gehen; das Mittel hat in der Regel sichere Wirkung. Ehe man ihm das Blut entzieht, wird es selbstverständlich mehrere Stunden angebunden, nud bekommt unterdessen kein Wasser. Für wunde Rücken, die, wenn auch selten, doch zuweilen vorkommen, wenn ein Sattel schlecht gemacht ist, wird als Heilmittel eine Art Alanuerde augewandt; sie wird anf die Wunde gelegt, nach. dem dieselbe mit einem Messer gereinigt worden ist. Diese Erde findet sich nur in den südlichen Gegenden des Landes und es ist sehr schwer, von diesem hochgeschätzten Arzneimittel Etwas von den In dianern zu bekommen. Die eine Stelle, wo sie sich findet, ist eine Die indianischen Pferde. 143 Klippe in der Nähe des Viedma-Sres; aber sie liegt dort so hoch, daß man sie nur erreichen kann, indem man mit Steinen an die Vorderseite der Klippe wirft nnd dadnrch die Orde ablöst. Sollten etwa frenndliche Leser sich finden, die Pferde und Hunde lieben und vielleicht gern etwas von den Pferde- nnd Hunde-Schauen der Indianer wissen möchten, so werden, nm sie zn befriedigen, einige Zeilen genügen. Die bei den südlichen Indianern üblichen Pferde sind in der Regel abgehärteter nnd stärker als diejenigen, die man bei den nördlichen, araucanischen und Pampas-Indianern findet. Ihre Größe beträgt gewöhnlich gegen fnnfzehn Handbreiten, oder vielleicht anch weniger,, aber sie besitzen dessennn geachtet große Schnelligkeit nnd Ausdauer; wenn mau in Erwägung zieht, daß das (Gewicht ihrer Reiter häufig über fünfzehn Stein beträgt, so erscheint es ganz auffallend, daß sie im Stande sind, sie in der Weise, wie sie es thun, zn tragen. Die Pferde sind selbstverständlich alle spanischen Ursprungs, aber die Zeit, das Klima nud die verschiedene Beschaffenheit des Vandes haben sie bedeutend ver üudert, so daß sie nicht mehr die ursprüngliche Naye find. Die Pferde, die man bei den nördlichen Tehnelchen findet, sind in der Negel grö ßer als die eben erwähnten, haben schönere Köpfe nnd kleinere Beine; sie sind ebenfalls außerordentlich schnell, nnd da sie hänfig von cingefangcnen wilden Stntcn gezogen werden, so eignen sie sich vortrefflich zn Iagdzwecken. Die geschätztesten Pferde sind jedoch dir eingesungenen und gezähmten wilden Pferde; sie unterscheiden sich von den anderen dadurch, daß sie in der Regel größer nnd schneller sind. Dies paßt, wie ich glanbe, nnr ans das nördliche Patagonicn, denn in anderen Gegenden habe ich wilde Pferde gesehen, die jenen, welche in der Gefangenschaft lebten, durchaus nicht gleichkamen. Der Farbe nach sind die Pferde verschieden; die aus den wilden Heerden eingesungenen sind gewöhnlich dunkelbraun, schwarz oder brann. In der Nähe des Port San Julian soll es, wie man nur sagte, viele wilde Ponies geben, die ungefähr die Größe und den Bau eines Shelty soder schottischen Pony) haben, mit welchem die Kinder spielen. Die Pferde nähren sich ganz von Gras und werden, in ,volge der dürren Beschaffenheit des Weidefntters zur Winters zeit und der daranf folgenden harten Behandlung, in der Negel zur Frühlingszeit des Jahres schr mager, nehmen aber bald wieder an Misch zu, wenn mau ihnen einige Tage Ruhe gönnt nnd sie auf der frischen Weide fressen läßt. 444 Die indianischen Hunde. Die Hunde, die man bei den patagomschen Indianern in der Regel findet, sind nach l^röße nnd Raye sehr verschieden. Zn allererst kommt eine Art Spürhund (mit glattein Harr); diese Naye ha. ben die Indianer von einigen Hunden gezogen, die sie in Rio Negro erhielten; die Mütter waren eine Art Dogge, hatten jedoch eine viel spitzigere Schnauze als die eigentliche Dogge; auch siud dieselben sehr schnell und haben längere nnd niedrigere Leiber. Unser Hänptling hielt die Rac^e, die er von diesem Hnnde besaß, der wahrscheinlich aus den älteren spanischen Ansiedelungen stammte, rein. Sie waren zu Iagdzwecken die besten, die ich sah, indem sie sowohl dem Gernche als den Angen nach liefen. Eine andere Art Hnnde, die ich bemerkte, hatte langes, wolliges Haar nnd viele Aehnlichkeit mit einem gewöhnlichen Schäferhunde, Diese waren bei den Indianern ziemlich gemein; aber die meisten der Hnndc, die bei der Jagd benutzt werden, — und die fast alle castrirt find — find der Ra^e nach so vermischt, daß sie sich nicht genau bestimmen lassen. Von einem Hunde hörte ich, daß man ihn einigen Fuegianern abgenommen habe; er war sehr schnell und entsprach vollkommen nnserm Hasenhnnde. Die erwähnten Fuegianer sind wahrscheinlich jene, die man nnter dem Namen „Fuß-Indianer" kennt; daß diese zu Iagdzwccken Hnnde benntzen, haben die Seeleute bemerkt, die an ihren Küsten hinabführen. Casimiro sagte nur, Qnietuhual's Volk hätte früher zn Fnße mit einer großen Art Hund gejagt, der nach feiner Beschreibung Aehnlichkeit mit einem Hirschhunde gehabt haben mnß.' Die Hunde werden selten gefüttert; man läßt fie in der Regel anf der Jagd fich sättigen. Von diefer Regel machten jedoch die Jagdhunde, die Or-keke nnd einem oder zwei Anderen gehörten, eine Ansnahme; sie wnr-den mit gekochtem Fleisch gefüttert, weun dasselbe in Ueberfluß vorhanden war. Die Frauen hielten verschiedenartige Echooßhundc, gewöhnlich eine Art Dachs; manche von ihnen hatten große Aehnlichkeit mit dem schottischen Dachshunde. „Ako" zum Beispiel war allem Anschein nach ein folcher Dachshnnd von reiner Na^e. Diese Schooßhündchen sind im Lager eine Plage uud verbittern Einem das Leben; bei döm geringsten Geräusch rennen sie bellend hinaus uud bringen alle großen Hunde zum Bellen; in einem indianischen La. ger wird daher des Nachts, weun irgend Etwas sich rührt, ein immerwährendes Eoneert von Hundegebell gehalten, liegen Fremde find die Hnnde grimmig, aber gewöhnlich begnügen sie sich, wenn sie Der Hunt» und der Verliebte. 145 nicht gehetzt werden, damit, daß sie dieselben nmringen, ihnen die Zähne zeigen und sie anbellen. Daß sie des Nachts schlechte Knndcn sind, mag ein amüsantes Beispiel zeigen. Eines Morgens fand man einen Hnnd todt in der Nähe des Toldo seines Besitzers' er war angenscheinlich mit einer Bola anf den Kopf geschlagen worden nnd hatte mit einem Messer den Rest erhalten. Der Besitzer machte ein großes Geschrei, aber die Sache ließ sich nicht erklären. Später er-fnhr ich, daß ein jnnger Galan Zntritt zn dem Toldo seiner Liebsten gesncht hatte und zwar anf die gewohnte Weise, indem er vorsichtig die hintere Zeltdecke von der Erde aufhob und schnell darunter hineinkroch ; als er halb hinein war, fühlte er sein Bein von einem gewaltigen Nachen gepackt. Der Dame machte die kritische Lage ihres Viebhabers großen Spaß; dieser half sich jedoch aus der Verlegenheit, indem er seinem Angreifer mit dem /.nße einen starken nnd gutgerichteten Tritt an die Schnauze versetzte. Als er von dem ,,Nendez-vons" zurückkehrte, begegnete er seinem wachsamen Feinde, schlug ihn aus Nache auf den Kopf und schnitt, um seiuer Sache sicher zu sein, ihm die Kehle ab; aber er trug doch zum Andenken an das Liebesabenteuer am Beine eine tiefere Narbe als im Herzen, und als die Geschichte erzählt wnrdc nnd, wie man sich denken kann, ein schallendes Gelächter hervorrief, erinnerte sie mich mit Gewalt an die Worn' Nomeo's bei Shakespeare i „Der Narben lacht, wer Wunden nie gefühlt." Unser Lager in Chiriq bot ganz das Ansehen einer ans Toldos bestehenden Stadt, und von Südwesten her wurden immer noch neue Ankömmlinge erwartet; aber die Indianer dieser Horde, mit welchen wir noch keine Bekanntschaft gemacht hatten, sandten einen Chasqui, der an Crime die Einladung, sich ihrer Horde anzuschließen, uud die Nachricht brachte, daß sie schließlich in Teckel uns treffen würden. Crimö, der, weil er viele Geschenke erhalten hatte, jetzt reich an Pferden nnd Zeug war, nahm daher von nus Abschied und ritt mit einem imposanten Zuge ab. Der arme Kerl! er hätte, wie die ^olge zeigen wird, besser gethan, wenn er bei nils geblieben wäre. Während der ersten Wochen unseres Aufenthaltes in Chiriq war die Witterung warm nnd schön; später aber drehte sich der Wind nach Westen hernm; da änderte sich das Wetter und es traten Graupeln nnd kalter Negen nnd damit das normale patagonische Klima ein. Die Laune der Indianer schien ebenso veränderlich zn M ufter?, u,ttc> dc» Pnlngonlei», 10 146 Sehnenflechten. sein, denn der alte Orkeke wurde im höchsten Grade eifersüchtig. Iackechan pflegte mir auf den Iagdansflügen oft ein Pferd zn leihen, nnd Orkeke fragte mich eines Tages in mürrischer Weise, ob ich etwa gern meinen Toldo wechseln nnd mit meinem Freunde gehen wolle. Meine Antwort, daß ich dies gegenwärtig nicht gern thuu mochte, beruhigte ihn für den Augenblick, nnd er bot mir sogleich für deu nächsten Tag eines seiner besten Pferde an, anf dem zu reiten ein wahrer Genuß war. Ich fürchte, ich habe seine Großmuth etwas gemißbraucht, denn wir hatten gerade große Jagd anf bedentcnde Guanaco-Heerden, und anf einem Renner sitzend wnrdc man verleitet rasend zu reiten. Am 20. November wnrde beschlossen das Lager abzubrechen und sich zur Jagd in zwei Horden zu theilen; man erkannte, daß, wenn wir Alle znsammen an einem einzigen Orte jagten, unsere Zahl zu groß war, als daß wir hätten viel erreichen können. Als eben Alle einpackten und sich zum Anfbrnch vorbereiteten, brach zwischen Zweien von unserer alten Horde beinahe eine Rauferei aus; mit größter Mühe und nur durch die Vermittelung Casimiro'Z, Hinchel's und noch zwei oder drei Anderer, wurde Blutvergießen vorgebeugt. Hätte zwischen diesen Beiden der Kampf begonnen, so wäre er natürlich bei der großen Reizbarkeit der Indianer bald zn einer allgemeinen Schlacht geworden. Dies nnd ein starker Regenguß, der eiutrat, verhinderte nnscrn Marsch; die Frauen packten daher wieder aus und die Pferde wurden wieder fortgelassen. Einige wenige Indianer brachen znr Jagd auf, kamen aber in knrzer Zeit fast mit leeren Händen zurück, weil sie bei dem stürmischen Graupel- nnd Schneewetter Nichts ansrichten konnten. Während unsers Aufenthaltes stellten die Meisten von uns ihr ganzes Zeug wieder her und versahen sich gnt mit Volas; die Zahl der Guanacohälse, die abgezogen wcrdeu mußten, nm zn denselben, sowie zur Herstellung von Mansos (Riemen, die man den Pferden an die Beine legt, damit sie nicht fortlaufen), Peitschen, Cinctas (Gurte), Lazos u. s. w., n. s. w. Haut zn bekommen, war groß. Ich flocht am liebsten Straußfehnen zu Schnuren an die Straußbolas. Um die Straußsehnen heransznbringen, wird das untere Gelenk des Beines ausgerenkt; dann wird die erste Sehne mit der Hand und die übrigen mit aller Kraft herausgezogen, wobei man den Schenkelknochen als Handhabe benutzt. Hierauf trennt man diesen Knochen von dem Fnße und läßt die Sehneu am Fnße hängen; sie werden ein wenig an der Sonne getrocknet, nnd wenn dies geschehen ist, wird Der Windhügel. 147' der herausgenommene Knochen benntzt, nm die fasern von einander zu trennen, indem man ihn scharf an den Sehnen hinaufzieht. Sind sie hinlänglich von einander getrennt, so werden sie vom ^nße abgeschnitten, in Stücke von gleicher Stärke und Länge gespalten und an einen feuchten Ort gelegt, damit sie weich werden; sind sie weich ge nng, so werden sie zu Schnuren verarbeitet, wobei man gekochtes Gehirn benutzt, nm sie geschmeidiger zu machen^ damit sie sich leichter flechten lassen nnd in den flechten besser liegen. Diese Schnuren werden vierfach (zn einer runden Platting) geflochten wie jeder Matrose es kennt; die Enden aber werden in eigenthümlicher Weise umgeschlagen, so daß die Schnnrc doppelt ist; dies zn Stände zu bringen, erfordert viele Uebung. Ehe wir von Chiriq abzogen, hätte beinahe wieder eine Störung stattgefnnden, die einer der Ehilier veranlaßte; er verließ Tchancss Toldo und schloß sich demjenigen eines Mannes an, der gewöhnlich Santa Cruz genannt wurde; dies war eiu in Patagones wohlbekannter Indianer, und die Regierung hatte ihm jährlich eine gewisse Anzahl Stuten bewilligt. Als Tchang von dem Abzüge des Chillers hörte, steckte er sofort seinen Revolver an sich und packte das Pferd desselben, Santa Cruz machte Einwcuduugeu dagegen, aber Tchang hielt das Pferd fest, nnd wies, den Revolver in der Hand, jeden Anspruch, der anf dasselbe gemacht wnrde,> zurück. Nach diesem kleinen Zwischenfalle wurde das Lager abgebrochen und die beiden Horden trennten sich Hinchel marschirtc südwestlich und unsere Horde nach Nordwestcn. Nach einem sehr kalten Marsche einem schneidenden Winde entgegen, auf dein wir außer der Kälte anch noch viel Hnnger litten, lagerten wir nns an den Ufern einer Lagune von etwas größerem Umfange, „Hoschelkaik" genannt, was,,Nindhügcl" bedeutet, ein Name, den der Ort allerdings verdiente; denn während nnseres Aufeut-haltes bliesen immerwährend Südwestwinde mit großer Heftigkeit. Nach nnserer Ankunft schnitt ein kleiner Knabe sich in den Dinger; es wurde deshalb der Sitte gemäß eine Stute geschlachtet. Von dem Fleische wnrde einiges in unsern Toldo geschickt und mit Dank angenommen, da wir Alle halb verhungert waren. Nachdem ich durch das Lager spaziert war und Canute's Toldo besucht hatte, entdeckte ich, daß Casimiro nicht angelangt, sondern zn meinem großen Aerger mit der Horde, die nach Südwesten reiste, ausgebrochen war und ein vortreffliches Pferd mitgenommen hatte, das er nur für einen Nc volver gegeben. Zu meiner Freude fand ich jedoch, daß Iackechau, 1^8 Sjon ^euer umringt. der Pampa-Häuptling, dort war; wir plauderten mit einander und rauchten zusammen eine Pfeife. Am 2,'>. November — der vorhergehende Tag war zu ranh gewesen — brachen die Indianer auf, um in dem mit Gras bewachsenen Becken zu jagen, das, wie wir oben erwähnten, am Fuße des Gebirges lag. Es wnrden ungeheure Guanacoheerden in dasselbe hinabgetrieben, und sobald sie von Menschen und feuern umringt waren, begann die eigentliche Jagd. Die Tehnelchen hatten aus irgend einem Grunde überall, wo es von Vortheil war, das Gras angezündet, und da der Wind immer stärker und endlich zu einem wüthenden Sturme wurde, so breiteten die Feuer sich schnell aus und vereinigten sich zu einer Linie, die immer weiter vorrückte. Iackechan, ich und mehrere andere Indianer befanden uns im Mittelpunkte des Iagdkreises und waren Alle beschäftigt, die Guanacos abzuhäuten, die wir bereits erlegt hatten; da bemerkten wir plötzlich, daß wir ringsum von Flammen und Rauch eingeschlossen waren, und daß wir, wenn wir nicht tüchtig versengt werden wollten, besser thaten, wenn wir uns umsahen, wie hinans zukommen war. Wir ließen unser Wildpret liegen und galoppirten an eine Stelle, wo der Nauch am dünnsten erschien; nachdem wir aber drei bis vier Minuten mit zugedeckten Gesichtern geritten waren, fanden wir den Weg durch helles Feuer versperrt; wir galop-pirteu daher, durch den heißen Sand, den der Sturm uns in die Augen jagte, halb toll gemacht und im Rauche fast erstickt, an der Flammenlinie hinab bis zu einer Stelle, wo das Gras verkümmert war; dort gelang es nns ohne Verletzung dnrchznkommen, wenn anch die Beine uuserer Pferde ein wenig versengt wurden. Wir dankten Gott, daß wir reine Luft athmeten, obgleich die Atmosphäre noch immer von Rauch trübe war und von Thal oder sonst Etwas sich Nichts erkennen lief;. Iackcchan ritt voran nnd führte uns mit untrüglichem indianischen Instinct an ein fließendes Wasser, wo wir trinken und uns den heißen Sand aus den Augen waschen konnten. Nachdem wir eine Viertelstunde gernht nnd eine Pfeife geraucht hatten, beschlossen wir, da die Flammen weiter fortgerückt waren, über den noch immer rauchenden Boden zurückzureiten und zu versuchen, ob wir nnsere todten Guanacos auffinden könnten. Wir ritten daher ans der Vertiefung, wo wir uns geschützt hatten, heraus und begaben uns noch einmal in den vom Winde getriebenen dicken Ranch und heißen Sand; die Mäntel vor die Angcn haltend, drangen wir dnrch die düstere Atmosphäre, bitz ^nckechan von seinen Thieren ;wci Die jungen Guanacos. 149 entdeckte; da sic abcr beide gebraten oder vielmehr verbrannt waren nnd wir und nnserc Pferde fast erstickten, so zogen wir uns eilig zurück. Ich dankte Gott, als wir endlich einen steilen Abhang hinaufritten und oben in reine Luft kamen. ,,Ach!" sagte Jacke-chan, indem er auf die Ebenen hinabschaute, die noch immer voll Rauch waren, ,,es war eine schwere Zeit, aber ,,wir sind Männer, keine Granen"; nur waren wir Thoren, daß wir bis znletzt blieben." Darin stimmte ich ihm völlig bei; denn ich hatte noch immer starkell Schmerz in den Augen. Wie er sich durch den Rauch fand, war mir ganz unerklärlich; wäre ich allem gewesen, so hätte meine Reise anf der Stelle ihr Ende erreicht. Gegen den Abend dieses ereignißvollen Tages hin ließ der Wind an Heftigkeit nach, und während der Nacht fiel Schnee; den ganzen folgenden Tag gab es Böen mit weißem Wasser oder Schnee nnd wüthende Windstöße. Um jene Zeit kam ich zu dem Schlüsse, daß der Sommer in diesen Gegenden unbekannt sei, und daß das patagonischc Jahr nur aus zwei Jahreszeiten — einem strengen Winter nnd einem schlechten Frühling — bestehe. Die Indianer behaupteten jedoch, während der letzten zwei Jahre sei das Klima kälter geworden. Am 28. November brachen wir das Lager ab nnd marschirtcn in ein Thal, das unten an einem Ausläufer der bewaldeten Hügel lag, die, wie wir früher erwähnten, die nördliche Seite des Thales begrenzten; nebenher erlegten wir unterwegs einige junge Guanacos. Ich war erstaunt, als ich bis an zwei heranga-loppirte nnd sah, daß sie Anfangs nicht ausrisseu, obgleich ihre Mütter schon fort waren und sich eine Strecke davon anf eine felsige Anhöhe gestellt hatten. Während ich sie jedoch beobachtete und über die Nothwendigkeit nnd Grausamkeit, sie zn todten, nachdachte, sprangen die beiden kleinen Geschöpfe davon. Da mein Mantel sich schnell abtrug und uicht mehr schön aussah, so machte ich mir kein Gewissen weiter und erlegte fie durch einen Schlag auf den Kopf. Als ich an dem Feuer ankam, wo einige Indianer sich gesammelt hatten nnd Strauße verzehrten, ging ich darag die Felle abzuziehen; da hinderte mich Tankelow, der den Vorsitz hatte, und' sagte, wir wollten sie in den Toldos abhäuten, wo das Blut für die Frauen und Kinder ein hoher Genuß sein werde. Wir hoben daher die Leckerei auf nnd überschritten, nachdem wir gegessen hatten, einen kleinen Flnß und ein Stückchen Marschland, jenseits dessen das Lager sich befand, wo die Frauen Tankelow's Worte bald znr Wahrheit machteil. Das Fleisch des jungen Guanaco ist zwar etwao ge- 150 Rothwild. schmacklos und weich, aber das Blut hat einen angenehmeren Geschmack als das Blut des erwachsenen. Auch das Lab oder die Milch, die, zu einer Art Käse geronnen, sich in den Eingeweiden findet, gilt für einen Leckerbissen. Das Abziehen des gelles ist bei der Jagd auf junge Guanacos das Mühsamste. Nachdem mall mit einem Messer die nöthigen Einschnitte gemacht hat, muß das /M mit der Hand abgezogen werden, wobei man den Daumen benutzt, um die Haut von dem Körper zu trennen. Wenn die Kälber drei Tage alt sind, laufen sie ungefähr so schuell wie eiu Pferd in kurzem Galopp, halten es aber zuweilen länger aus. Die Indianer verfahren bei der Jagd auf dieselbeu folgendermaßen: sie erlegcu ein juugcsGua-naco, indem sie es mit einer Kngcl auf den Kopf schlagen, reiten danu weiter zu einem auderu und so fort; später kehreu fie zurück, schaffen sie auf einen Haufen zusammen und häuten sie ab. Nachdem die Haut abgezogen ist, muß mau, ehe man sie zusammenlegt, sie, einige Minnten der Luft aussetzcu, soust kann sie brandig werden uud reißt danu leicht bei der späteren Zurichtung und Bcar-beituug. Wir jagteu mehrmals iu der Umgegeud von Icroschaik, was ,,Schlechter Hügel" bedeutet, mit wechselndem Erfolg und kamen dabei zuweilen bis in die bewaldeten Hügel hiuauf, wo das Bauholz an manchen Stellen gruppeuweifc staud, als wäre es von der Hand des Menschen gepflanzt; an anderen Stellen füllte es die Felseuschluchteu aus, bis mau die großen Wälder erreichte, die sich weit in die Cordillera hinein zu erstrecken schieneil. Die meisten Bäume wareu eine Art Bucheu, an welchen viele kleine eßbare Pilze sich befanden, von deueu wir einige sammelten, um sie zu genießen; auch sah man häufig fährten uon Nothwild, nnd einige Hirsche wurden von den Indianern verfolgt, entkamen aber, weil der Wald zu dicht war. Manche Indianer benutzten die Gelegenheit, um frische Stangen zn den Toldos abznhauen. Der Anblick der Wälder uud Bäume war so erquickend, daß ich mehrere Tage nach einander, und zwar sehr» oft allein "oder mit einem einzigen Gefährteu, im Walde verbrachte. Außer dem Matrosen, nachdem er Monate lang auf dem Meere geweseu, kaun sich Nicmaud vorstellen, welches Verguügcu es für einen Menschen ist, der eine so lange Zeit anf kahlen und einförmigen Ebenen verlebt hat, unter Bämueu umherzuwauderu. Die Witterung blieb jedoch noch immer naß und uufrcuudlich. Am s>. December eutdeckten Einige von uns, während sie oben auf den Höhen muherstreifteu, nach Nordostcu Nanch; Eampan ging daher Grog und Nachrichten von Santa Cruz. 151 ellig zu Pferde ab, mn zu reeognoseiren. Gegen Abend kehrte er sehr betrunken zurück; er ritt geradeswegs zu unserm Toldo nud verkündete, daß C'l Eonrdo, der in Santa Cruz zurückgebliebene Indianer, an einem nicht weit von nns liegenden Orte angekommen sei und in zwei kleinen Fässern Grog, sowie für mich Briefe mitgebracht habe; als er seine Nachricht mitgetheilt hatte, saß er mit einiger Mühe ab, ohne auf den Kopf zn fallen, dann brachte er unter seinem Mantel eine Flasche hervor, die halb voll Rum war, und die er der anwesenden Gesellschaft spendete. Unser Toldo war bald gedrängt voll Menschen, und es wurde, da sich Alle nach einem Trunk sehnten, der Vorschlag gemacht, daß wir am folgenden Tage marschircn und dem Besuche eutgegen-gehen wollten. Wir brachen daher am Morgen bei Granpel- und Negcuwetter auf und bereiteten uns vor, uutcrwegs zu jagen. Während der Jagd, und zwar gerade als Iackechan und ich einen Strauß erlegt hatten, bemerkte der Erstere einen einzelnen Toldo, der, wie er wußte, Gl Sonrdo gehören mußte; wir galoppirten daher, von zwei anderen Indianern begleitet, auf ihn zn nnd wurden von GI Sourdo und seinen beiden Weibern, da Iackechcm ein sehr alter Freuud war, mit offenen Armen empfangen. Wir nmßten uns niedersetzen, nud die beiden Weiber brachten die Olla oder den Kochtopf heraus uud machten, den Rum herbeischaffend, die Heben; unser Wirth füllte mit dem Rum den Topf nnd spendete den Trank in einem Pfännchcn. Dann holte eine der Weiber meine Briefe hervor, die, wie sich zeigte, von Mr. Clarke und Don Luiz Piedra Vneua waren; der Schooner war am 5. October ganz wohlbehalten angelangt. El Sourdo theilte mir hierauf Alles, was vorgefallen war, von Wort zu Wort mit — wie in der Ansiedelung zwischen Gonzalez uud Antonio ein Kampf stattgefunden habe, bei welchem der Letztere gefallen oder doch tödt-lich verwundet worden, während der Erstere in die Pampas geflohen, später aber festgenommen nnd als Gefangener in dem Schooner uach Buenos Ayres geschafft worden sei, sowie noch andere Nachrichten von alltäglichen Dingen nnd geringer Bedeutung. Mittlerweile verschwand der Grog schnell, und der Topf mußte wieder gefüllt werdeu. Dieser war abermals ungefähr halb geleert, als die übrigen Indianer und die Frauen ankamen und Iackechan, sehr bc-ranscht, mir ewige Freundschaft gelobte, während Tchang mir ill das andere Ohr ein reizendes Tehnelche-Liedchen heulte. Da ich mäßig getrunken hatte, so hielt ich es nngefähr an der Zeit zn gehen; ich zog 452 Gijk. mich daher unter dem Vorwauoe, daß ich nach meinem Pferde sehen wolle, zurück und las meine Briefe noch einmal, die, wie Jeder sich denken kann, wenn sie anch nicht von meinen Verwandten waren, doch großes Interesse für mich hatten. Nachdem ich fortgegangen war, wurde kein Grog mehr weggegeben, dagegen verkaufte El Sourdo Wei Flaschen für ein junges Pferd oder ein Messer mit silberner Scheide, so daß er bald ein reicher Mann wurde. Zu Mitternacht war aller Rum vergriffen und vieler getrunken, aber er-wähnenswerthe Störungen kamen nicht vor, da die Waffen vorher alle weggeschafft und sicher verwahrt worden waren. Ich wurde aus dem ersten Schlafe geweckt von eiucr Dame aus einem benachbarten Toldo, die mich gern umarmen und mit weiblicher Neugierdc dcu Inhalt meiner Briefe wissen wollte. Sie war leider in hohem Grade berauscht; ich ließ sie daher eine Pfeife raucheu, lind dann wies ihr Orkeke, der aufgewacht war und sich todtlachen wollte, höflich die Thür. Am Morgen ging der größte Theil der Horde auf die Jagd; für diejenigen, die an Kopfweh litten, war der Nitt ohne Zweifel sehr gut, wenn auch nicht viel Wild erlegt wurde; der Sourdo aber, mit dein ich am Morgen eine Schale Kaffee getrunken hatte, blieb zu Haufe, da seiuc Pferde sehr abgenutzt waren; nur einer seiner Bursche ritt auf dem Pferde eines Freundes mit, um fleisch zu schaffen. Nach diesem Trinkgelag thaten wir vier Tage lang Nichts als Stuten schlachten uud essen, weil irgend Jemandes Kind auf irgend eine Weise ein wenig verletzt worden war. Ich habe zwar in verschiedenen Vücheru gelesen, daß die Indianer zu einer gewissen Zeit des Jahres ein religiöses ,Vest haben, bei welchem als Opfer für die Gottheit Stuteu geschlachtet werden, habe aber nie Etwas davon gesehen. So oft ein derartiger Opferschmaus stattfaud, gab es immer eine besondere Gelegenheit dazu — es war entweder ein Todesfall eingetrcteu, oder ein Kiud hatte emeu Schadeu genommen, oder es war Jemand irgend einer Gefahr entronnen, wo dann die Thiere als Dankopfer geschlachtet werden. Des laugen Bleibens an einem und demselben Orte ziemlich müde, marschirten wir am 15?. December gerade uördlich quer über die Ebene, die man „Gift" uannte, und lagerten uns nuten an einem Hügel, der mit Bäumen bedeckt, uud dessen Wände von Wasserrinnen durchfurcht warcu, welche dicht voll Vegetation und zwei bis drei Arten Sträucher stauden. Hier gab es Pflauzeu der Art, wie die oben erwähnten .Kartoffeln, aber die Knollen lngeu sehr tief in so ungünstigem Boden, Eine romantische Landschaft. 153 daß nur weilige herausgebracht wurden. An den Hügelwänden wuchs in großer Menge eine Pflanze, die eine gelbe Blüthe hatte, und deren Blatt, wie die Chilier mir sagten, ein vortreffliches Heilmittel für Wunden und Quetschungen war nnd in Chili viel angewandt wnrdc. Hier fand eine Jagd statt, die vier Tage dauerte; am Ende derselben machte Orkeke, der etwas verdrießlich darüber war, daß er fortwährend Unglück hatte, uns weis, die Pampas-Zn^ dianer wären nns zuvorgekommen, indem sie des Nachts gejagt hätten, und schlug vor, wir wollteu uns treuueu und mit den Toldos Tchang's zusammen westwärts nach einer nnterhalb des höheren Gebirges liegenden Ebene gehen, die, wie er behauptete, reich an Gna-nacos war. Auch zu einem Ausflug in die Cordillera, um wilde Rinder anfznsucheu, machte er den Vorschlag. Dieser Plan fand lebhaften Beifall, da ich ihn zu bereden hoffte, wo möglich bis an die chi lischen Küsten des Stillen Oceans vorzudringen. Wir traten demnach unsere Reise an, waren aber noch nicht weit fort, als ein fürchterliches Granpel- undNegenwettermit gewaltigem Stnrm eintrat, bei dem wir Alle durch und durch naß wurden. Wir duckten uns zum Schutz eiuc Zeit lang unter einen Busch, da es aber fortregnetc, so blieb uns nichts übrig, als weiter zu ziehen, nnd gegen drei Uhr Nachmittags heiterte sich das Wetter auf. Wir betraten nun ein enges Gebirgsthal, in welchem ein bewaldeter ^luß hinablief, und das sich weiter oben zu einer freien Ebene ausdehnte. Eine kurze Strecke das Thal hinauf lag der Platz, au dem wir uns zu lagern gedachten; es wurde daher ein kleiner Iagdkrcis gebildet, in welchem einige Strauße, uud Guanacos erlegt wurden; dann begaben wir uns über den ,vluß hinüber, und es danerte nicht lange, so loderte ein braufeudes ^cuer, au welchem wir uns trockueten und unser Mittagessen kochten. An einer romantischeren Stelle, als diese war, befand ich mich nie. Jenseits des Flusses war eine Masse graller Felsen, halb durch Sträucher verborgen, zwischen welchen hier und da ein abgestorbener Baum sich erhob. Auf der einen Seite war das Gras schön grün und die Bäume standen in vereinzelten runden Gruppen, die einige Meter von einander getrennt waren; in ihren Zweigen girrten Tauben nud unten liefen junge Strauße umher. Letztere wurden zu meinem Leidwesen von den Reitern gefangen, die von den Pferden sprangen nnd fie in Sicherheit brachten; der Hnnger beseitigte alle Bedenken, und zwei gaben für jeden nassen und ausgehungerten Wanderer ein tüchtiges Mahl. Trotz der Taufe, die wir erhalten hatten, waren wir 454 (Än düsterer Lagerplatz. in kurzer Zeit Alle heitern Muthes, und ehe wir uns zu bcn Toldos zurückbegaben, machten sich Einige von uns daran, nach wilden Kartoffeln zu fuchen, von welchen wir einige mitbrachten. Am folgenden Morgen ging bei heiterem Himmel die Sonne glänzend anf; wir setzten daher unsern Marsch in westlicher Nichtnng fort und kamen gegen Mittag in eine zwischen den bewaldeten Hügeln liegende Schlucht; ich hoffte, daß wir uns dort lagern würden, aber die grauen bogen nach Norden ab und zogen eine in der Barranca der hohen Pampa befindliche Ravine oder einen Caüon hinauf und schlugen die Zelte an einer düstern, gefängnißähnlichen Stelle auf. So melancholisch mir der Ort auch vorkam, er bot doch für die Pferde reiche Weide, die zwischen den Hügeln spärlich war, so daß sie leicht hätten in die Wälder laufen können und, wenn wir sie brauchten, fchwer zu finden gewesen wären; dies war ohne Zweifel der Grund, weshalb wir den Caiion dem bewaldeten Thalc vorzogen. Ein wenig jenseits unseres Lagers theilte der Canon sich in zwei Anne, in deren einem sich eine von Säbelschnablern besuchte Lagune befand. Der ^luß, der im Frühlinge das Thal hinabströmte, bot nur dann uud wann eine Lache und im Uebrigen ein trockenes Bett dar; in diesem lagen viele abgerundete weiße Steine, deren Hauptbestandtheil Kreide war, nnd die vortreffliches Material zu Volas lieferten, indem fie sich leicht in die geeignete Gestalt bringen ließen; auch kam ich, da Einige von der Horde den Durchfall bekommen hatten, anf den Gedanken, daß die Abfälle, wenn fie zu Pulver zerstoßen wurden, wohl die heilenden Wirkungeil einer Kreide-Mixtnr haben könnten, uud das Resultat des Heilversuches siel ganz befriedigend aus; doch ließen die Indianer sich durchaus nicht bewegen, das Mittel zu versuchen. Während die grauen die Toldos auf-schlngen, brachen die Männer, acht an Zahl, wieder zur Jagd auf. Nach Westen reitend, wo die Ebene noch immer frei war, stießen wir wieder auf eines der oben beschriebenen großen Becken, auf dessen Westseite, jenseits einer mit Wassergeflügel bevölkerten Lagune, ein breiter, sich schlangelnder Mlß lief, an dessen Ufern Bäume standen. Nicht weit jenseits des Flusses erstreckten sich freie Lichtungen vielleicht eine englische Meile weit bis an den Rand der nnermeßlichm Wälder, die an den hohen Gebirgswändm sich weit hinaufzogen; von den Gipfeln des Gebirges waren einige noch immer theilweise in Schnee gehüllt. Nach Süden standen, mit Bäumen getrönl, nn Paar abgesonderte, runde Höcker; den Namen Hügel Eine angenehme Umgegend. 155 verdienten sie kaum. Im Vordergründe bcfandcil sich gewaltig große ^manaco-Heerdcn, und anf der Nordseite zog einc hohe Kette dürr aussehender Hügel sich hin, die zu dem köstlich erquickenden grünen Anblick der übrigen Punkte der Nnndsicht einen starken Contrast bildete. Während wir, hinter einem Busche uerborgen, anf die herankommende Heerde warteten, die von Tchang und einem andern Indianer geschickt umkreist worden war und auf uns zugetrieben werden sollte, betrachteten wir lange die vor nns liegende schöne Landschaft, nnd Or-keke machte mich auf einen in einiger Entfernung stehenden Berg aufmerksam, an welchem, wie er sagte, unten der Eingang zudem Schauplatz unserer künftigen Campagne gegen die wilden Rinder sich befand. Gegen Abend kehrten wir, ziemlich gut mit gellen beladen, zu den Toldos zurück. Als wir wieder einmal jagten, bildeten wir einen Kreis, der in dem bewaldeten Striche endete, welcher nahe an den hohen Ufern des Flusses sich hinzog. Auf der Rückkehr jagten wir in einer parkähnlichen Gegend, die abwechselnd in freien ^ich-' tnngen und Wald bestand. Hier erlegten wir eine Hirschkuh und eine große Art ,vnchs, dem Anschein nach dieselbe Art, die anf den Mklands-Inseln vorkommt (I^Mi« antai-otious). In der Nähe der Waldungen war der sammtartige Nasen mit wildwachsenden Erdbeerpflanzen bedeckt, die jedoch erst blühten. Bei dieser Gelegenheit wurde unsere Freude gestört, indem Einer von der Gesellschaft so gefährlich stürzte, daß er ungefähr zwei Tage liegen mnßte. Ehe wir die Toldos erreichten, trat starker Regen ein, der während der Nacht sich in Schnee verwandelte, so daß die Morgrnsonnc eine weiße Landschaft beschien. Während nnseres Anfeuthaltes gingen die Granen in den Wald und hieben frische Stangen zu den Toldos ab, nnd die Männer brachten aus der bewaldeten Gegend einc Art Pilz mit, der, wenn er getrocknet wird, einen vortrefflichen Feuer-schwamm bildet nnd deshalb bei den Indianern einen bedeutenden Werth hat, da es nur einige Stellen gibt, wo er sich findet. Nachdem wir in dieser angenehmen Umgebung einige Tage verbracht hatten, marschirten wir, da es anGuanaeo-^leisch fehlte, über die kahle Hügelkette und lagerten uns, während nur an einer unten an ihr liegenden ^agnne von beträchtlicher Größe vorbei gezogen waren, jenseits der Kette, neben einer kleineren Lagnnc an einem Orte, Na mcns „Gogomenykaik". Während der Jagd hatte ich mir ein einzelnes Guauaco ausge sucht und verfolgte es über die obere Pampa, die mit verkümmerten 156 Ein feenhaftes Thal. Büschen und Grasbüscheln bedeckt war; da verschwand das Thier plötzlich, als ob die Erde es verschlungen hätte. Im nächsten Augenblicke machte mein Pferd mitten im Galopp Halt; es stand mit den Vorderfüßen am Rande eines jähen Abhanges, von welchem mau vorher nicht das geringste Warnungszeichen sah. Unten lag ein langes, schaues Thal, mit einer Wasserlache, die zwischen den Bäu-inen hindurch glitzerte, welche das Thal ausfüllten, aber mit ihren höchsten Zweigen nicht über das Niveau der Pampa hinausreichten. Hierher hatte das Guauaco seine Zuflucht genommen, und da der Abhang für das Pferd zu steil war, so konnte ich nur einen sehnsüchtigen Blick auf die feenhafte Landschaft hinab werfen und mußte daun umwenden, um mich dem Iagdkreise anzuschließen; denn ich erinnerte mich, daß, wenn man zögerte, es nur zu leicht sei, sich auf der Pampa zu verirren. Ein Beispiel davon kam an demselben Tage vor. Als die Jagd zu Ende war, erschien nämlich einer der'Chilier nicht am svener. Anfangs kümmerte man sich nicht weiter um ihn, da die Vermuthung uahe lag, daß er eine Guanaco-Heerde eine Strecke weit verfolgt habe nnd durch das Abziehen der ^elle aufgehalten werde; als er aber bei Sonnenuntergang noch immer fehlte, wurde etwas dürres Gras angebrannt, um ihm die Richtuug unsers Lagers anzugeben. Als wir am folgenden Morgen zur Jagd aufbracheu, hatte er sich noch nicht eingefunden. Ich befand mich mit Orkekc all der Spitze des Iagdkreises, Wir galoppirten eine Strecke weit über die Ebene nnd machten in einer Vertiefung Halt, wo wir auf sechs junge Skunte stießen, die sich außerhalb ihrer elterlichen Höhle befanden, aber, als wir absaßen, schnell in sie hineinkrochen und verschwanden ; ihre Höhlen gehen jedoch nicht weit, und Orkekc grub daher bald eill Paar aus. Da sie noch zu kleiü warcu, nm sie des Werthes ihrer ^elle wegen zu tödteu, uud sie lebendig für die Kinder mit heim zu nehmen, zu viele Mühe machte, so gaben wir ihnen die Freiheit wieder; ich ritt dann weiter und ließ Orkeke seinen Weg langsam fortsetzen. Eine unbedeutende Anstciguug brachte mich vor eiuen ^elscnhügel, jenseits dessen ein Mß mit bewaldeten Ufern war; über das Thal dieses Flusses führte mein Weg hinüber. An-faugs hielt ich ihn für denselben, den ich im vorhergehenden Lager gesehen hatte, bei näherer Ucberlegung aber zeigte es sich deutlich, daß er ein anderer war; dieser lief nämlich nordöstlich, während der andere eine südwestliche Richtung nahm. Unsere Jagd ging recht gut. Als wir den Kreis schlössen, verwickelte einer der Ehilier, der mit Der Reisende bändigt ein Pferd. 4l)7 mir ein Guanaco verfolgte und im (Nebrauche der Volas uicht geübt war, anstatt des Wildes seiu Pferd und sich selbst; dadurch ging ihin die Beute verloren, und den übrigen Jägern machte die Sache viel Spaß; doch ist wohl zu merken, daß wenn ein Pferd eine Wurf' kngel um die Beine herum oder unter den Schwanz bekommt, dies für den Reiter nicht gerade ein großer Spaß ist. Auf dem Rückwege zum Lager machten wir au einer Quelle Halt und fanden dort viel wilden Sellerie; auch Nesfeln waren geniein — die echte alt-englische weißblühende war vorherrschend. Obgleich sie mich bedeutend au die uackteu Beiue bräunten, so vergaß ich doch in der Tehuelsche-Sprache zu siucheu uud verzieh der Pflanze um der alten Bekanntschaft willen. Bei den Toldos fanden wir den Chilier, der eben angekommen war; er hatte eine Hecrde eine Strecke weit verfolgt nnd sich verirrt, war aber durch uuser Signal-Feuer sicher geleitet wor dcu. Am Nachmittag beschäftigten sich G'iuige von der Horde damn, ihre Pferde zu bändigen, während Andere müßig dasaßen und zu schauten. Conde's Stiefvater, allgemein unter dem Namen „Paliti" bekannt, hatte einen drei Jahre alten Eisenschimmel mit einem wei ßen Stern, ein sehr schönes Thier, das angebunden bereit stand, zum, ersten Male bestiegen zu werdeu. Paliki kam in nnseru Toldo, um meine Cincta oder meinen Gurt zu borgen, und neckte mich, indem er mich fragte, ob ich es wagen wolle, das Pferd zu ,,domar" (bändigen) .Orkeke uuterstützte deu Vorschlag; ich legte daher Mautcl und Stiefeln ab, nahm den Lazo und die Zügel und saß auf. Sobald der Schimmel die nugewohnte Last fühlte, machte er mehrere Meter weit Capriolen, sprang schließlich mitten in den Bach und glitt beinahe aus. Ich trieb ihn durch die Sporen wieder heraus, uud sobald er am Ufer war, fing er au sich wie ein Drehwürfel immer ruudum zu drehen. Endlich brachte ich seinen Kopf gerade; er machte noch eiuige Vocksprünge, dann ging er ab und lief, während ich ihm mit Peitsche und Sporn zusetzte, so schuell wie bei einem Wettrennen. Nachdem ich in anstrengendem Galopp drei englische Meilen zurückgelegt hatte, ritt ich ihn ruhig znrück, lenkic ihn dabei hin uud wieder um, damit er sich an den Zaun: gewöhnte, wagte aber nicht, ihn denselben gehörig fühlen zu lassen, und brachte ihn unter dem Iubelgeschrei der Zuschauer bis an deu Toldo heran. Orkeke war ganz erstannt uud wollte gern wissen, wo ich „domar" gelerut hätte, uud der befriedigte Eigenthümer bestand darauf, daß ich ein Stück Tabak von ihm als Gcscheuk annahm. ?ies war mir höchst willkommen, da nieiu 158 Weibliche Neugicrde. Voruath fast zu Ende war, obgleich die Besitzer von Flinten und Revolvern dafür, daß ich ihnen die Schlösser in Ordnung brachte, ihn dann und wann wieder ergänzt hatten; die Fnrcht, ohne Tabak zu sein — welch' schweren Kampf dies kostet, werden alle Raucher zu würdigen wissen — erreichte schon einen nnangenehmen Grad. Am folgenden Tage nahmen wir von der Lagnnc Abschied; sie war, wie gewöhnlich, mit Schwänen nnd anderein wilden Geflügel bedeckt, aber wir störten diese Vögel nie, sondern sparten unser Pulver für den Fall, daß wir später mit anderen Indianern in Händel geriethen. Wir marschirten einige Meilen nnd lagerten uns all dem Flusse — nnd zwar gerade auf seinen Ufern, im Schatten der Bänme. Hier blieben wir drei Tage nnd vertrieben uns die Zeit damit, daß wir jagten, uns im Strome badeten, ranchten und im Schatten lagen. ?a eines meiner Pferde lahm war, so konnte ich nicht jeden Tag mit auf die Jagd reiten und verbrachte daher oft ganze Stunden uuter den am Flnsse stehenden Bäumen, wusch das einzige Hemd, das ich noch hatte, verarbeitete Haut u. s. w. ,Im Toldo zu schreiben, wurde durch die Neugierde der Kinder, die sich nm mich hernm-drnnssten und immer fragten, fast unmöglich gemacht; ich pflegte deshalb mein Notizbuch in der Regel mit an den Platz zn nehmen, an den ich mich znrückzog; hier wnrde ich aber oft von den Mädchen gestört, die unter dem Vorwande kamen, daß sie sich baden wollten, und scherzender Weise große Neugierde nach dem Inhalt meines Bnches zeigten — denn auch hier pflegte ich meine Bibliothek, nämlich die Hälfte des reizenden Buches „10 Die Wasserscheide. einen sonderbar zugespitzten Felsen, der in der Ferne einem spitzigen Kirchthurni glich, zu Besicht bekamen, betraten wir den aus lebenden Bäumen bestehenden Wald; das Unterholz bildeten Iohannisbeer-, Lorbeer- und andere Büsche, wahrend hier und da Beete gelber Veilchen waren und die unvermeidlichen Erdbeerpflanzen überall sich zeigten. Nachdem wir über eineu Fluß hinüber waren, der, von Norden kommend, später einen westlichen Lauf nahm, woran wir sahen, daß wir die Wasserscheide überschritten hatten, begannen wir, durch einen großen Felsen gedeckt, das Jagdrevier zu recognosciren. Die Landschaft war schön: gerade nnter uns lag ein Thal, ungefähr eine englische Meile breit; am südlichen Naudc des Felsens bezeichnete eine silberfarbene Linie den östlichen Fluß, und am nördlichen Rande eine gleiche Linie denjenigen, der im Stillen Ocean ausmündete, während über uns anf beiden Seiten hohe, mit Vegetation und fast undurchdringlichen Wäldern bedeckte Berge sich erhoben. Anf der Westseite des Thales nahm ein einsamer Bulle gemächlich sein Frühstück zu sich, und über dem Felsen, auf den: wir stauden, schlug ein gewaltig großer Condor trüg mit seinen Schwingen. Dies waren die einzigen Exemplare lebender Wesen, die sich scheu ließen. Wir setzten unsern Weg in aller Stille fort — das Sprechen war, sobald wir in den Wald eintraten, verboten worden — folgten dem Anführer auf dem schmalen Niuderpfade, zogeu hier und da an deu Ueberresteu eines todten Bullen oder eiuer Kuh vorüber, die durch deu Lazo der Indianer gefallen waren, uud begabeu uus endlich nach der Ebene hinab. Es war nngeführ Mittag, uud der Tag war warm; mir machten daher Halt, wechselten die Pferde, sahen nach, ob die Sattelgurte fest wareu, machten die Lazos zum Gebrauch be-reit uud bracheu danu wieder auf. Als wir weiter ritteu, bemertten wir auf der gegeuüber liegenden Seite im Walde zwei oder drei Thiere; da wir aber Wichten, daß es unnütz sei, sie zu verfolgen, so blieben wir anf unserm Wege, der das Thal hinaufführte. Wir überschritten den westlicheu Fluß und traten danu sofort iu ein Dickicht ein, wo das Gebüsch so dicht stand, daß der Pfad kaum ;u erkennen war, aber uuser Anführer schwankte nie uud ritt immer voran durch freie Lichtungen, die mit dichtem Wald abwechselten; auf jeder Seite der Waldungen zeigten sich Merkmale, daß es dort Rinder gab; man sah viele Vö'cher, welche die Bnllen in die Erde gestampft hatten, und Stellen, wo sie sich zu wälzcu pflegten. Die Lichtungen hörten bald auf und die Wälder schienen nnu ans beiden Im Gel'issse. Ilil Seiten nnunterbrochcn fortzugehen. Wir hatten erwartet, daß wir, ehe wir diesen Pnnkt erreichten, Rinder in beträchtlicher Anzahl ge fnnden haben würden, aber die Wärme des Tages hatte sie wahrscheinlich in die Dickichte getrieben, um Schutz zu suchen. Wir fingen jetzt an bergauf zu reiten, und zwar ans einem gefährlichen Pfade, der hier nnd da voll loses Geröll lag, das ihn versperrte, oder durch dichte Dickichte führte, in welchen kaum fortzukommen war, während wir links von uns den eine Ravine hinabschänmeudeu wir waren ^ denn einmal liefen die nnr wenig markirten Pfade, in verschiedenen Richtungen anscinnnder. nnd ein anderem Mal befanden wir uns bnchstäblich mitten unler umgestürzten Bäumen in einem so dichten Walde, daß das Tageslicht kaum hindurchdringen tonnte. Unser Anführer war jedoch nie bedenklich, sondern führte uns iu aller Zuversicht vorwärts. Während wir, wenn ich so sagen darf, dahinftrichcn, wobei nnr immer den Anführer in den Augen zn behalten suchteu, hörte ich Etwas gelind an einem Banme klopfen, und als ich hinaufschaute, sah ick) dicht über mir eiucn sehr schön gezeichneten Specht mit rothem ^ederbnsche. Endlich fingeu wir au wieder bergab zu reiten, und nachdem wir viele von Quellen hcv-kommeude Bäche überschritten hatten, wo ein Ansglciten des Pferdes auf den nafsen und bemoosten Steinen, da sie am Rande einer tiefen Ravine lageu, etwas Schlimmeres als Knochenbrüche herbeigeführt hätte, kamen wir schließlich aus dem Walde herans und standen auf einem Hügel von etwa dreihundert ,vuß Höhe; von da schauteu wir auf eine breite Ebene hinab, welche die (Gestalt eines Dreiecks hatte und auf der Nordseite von dem ,Vlnssc, der durch die Ravine lief, auf der Südseite von einem andern bluffe begrenzt war, der von Südeu kam; diese beiden (Gewässer uereiniglen sich an der westlichen Spitze, die vielleicht eine Stunde entfernt war, zu eiuem großen Flusse. Obeu uud riugsum, die Westseite und die Ravineu ausgenommen, durch welche die Flüsse liefen, erhob sich auf alleu Seiten die ununterbrochene Mauer der hohen Berge der Eoroillera, von deren Givfelu viele in Schnee gehüllt waren. Außer dem Rauschen des in der Ravine befindlichen Flusses war kein ^aul zu hören, und außer einem oder zwei Kondoren, die hoch über uus in der klaren Luft M u jl er«, »M!>r de,i Piiwqmnev». l I K»I Wildwachsende Blumen. schwebten, kein lebendes Wesen zu sehen. Es war ein erhabener Anblick, nnd ich betrachtete die Landschaft eiuigc Minuten im Stillen, bis die Pfeife mir gereicht wurde nnd die ganze im Entstehen begriffene poetische Stimmung vertrieb. Die Indianer schwiegen und sahen verdrießlich aus, weil man erwartet hatte, auf der unten liegenden Ebeue eine Heerde Rinder zu sehen. Wir ritten auf das platte Land hinab und setzten über den ^luß; an den hohen Ufern desselben stand viel ,,Paja" oder Pampagras, wie auch das bambusähnliche Rohr, aus dem die arancanischen Indianer ihre Lanzen-schüfte machen, nnd eine Pflanz welche die (shilicr ,,Talka" nennen, nnd deren Stengel, der Aehnlichteit mit dein Rhabarber Hal, er frischend wirtl nnd saftig ist. Am nördlichen Nande und Abhänge der hinter nns liegeudeu Raume erhoben sich sechzig ^nß hohe graciöse pichten, die, obgleich ich sie wegen einer nnübersteiglichcu Felsen barriöre nicht ill der Nähe betrachten nnd genauer untersuchcu konnte, eine Art ^ravoaril», zn sein schienen: die Rinde wardachziegetförmig, lind die Stamme waren, wie die von Mr. Gau abgebildeten, zwei Dritlheile ihrer Höhe ohne Aeste, '^ielc waren durch Erdftürze »lit herabgeführt wordeu ll>ld lagen hiu uud her geschlelldert u,ld Ulltcr ciuander geworfen an den Seiten der Raume. Rachdem wir die Wasserscheide überschritten hatten, stieg die Temperatur fühlbar hoch, um sieben bis zehn Grade; auch war die Vegetation weil üppiger, und die Pflanzn boten viele neue, auf der Ostseite uube knimte Trinen dar. Als wir die Ebene hinter nns hatten nnd über den seichten ,vlnß hinüber waren, ließen wir bei einem Baume in einem Dickicht nnserc Mäntel zurück uud banden die Sattrlgurle fest; das Dickicht war mit deu Gewinden einer schöllen Schlingpflanze behängen, die eine glockenförmige Blüthe von veilchenblauer ,v«rbe mit branncn Strahlen hatte. Die MannichfaltiaM der Blnmen machte diese liebliche stelle zu einem Eden: sich emporschlingende Büschel wohlriechender Platterbsen, Wicken nnd prächtiger goldgelber Blumen, die mit prachtvollen Ringelblumen Aehnlichkcit hatten, und noch manche andere Blülhe erfüllten die Luft mit Wohlgeruch uud erfreuten das Auge mit ihrer Schönheit. Iudem wir noch immer nach Westen weiter zogen, kamen wir in ein Thal, wo es abwechselnd Baumgruppcn uud grüue Weideplätze gab, uud als wir uugefähr eine englische Meile geritten waren, erspähte ich von ejnem, auf der einen Seite des Thales stehenden Rücken aus auf der audern Seite zwei Pullen, gerade vor dem dichten Walde, der au dein Hange des Ein Atierqefecht. 16A Gebirges sich hinzog. Vs wurde von Eineni dem Andern zugeflüstert bis zu dem Cacique; dann wurde an einer Stelle, wo einige Büsche nns deckten, Halt gemacht nnd folgender Angriffsplan entworfen. Hwei Mann wnrden hernmgeschickt, nm zu versuchen, ob sie die Thiere anf eine Dichtung treiben tonnten, wo es möglich war, den Lazo anznwcnden, während die Uebrigen sich mit >^azo6 nach dem freien Grnnde hinabbcgeben sollten, znr Jagd bereit, falls die Bnllen dorthin kamen. Wir blieben noch einige Minntcn stehen, nnd pflückten Erdbeeren, die an dieser stelle reif waren, obgleich die Pflanzen, die wir vorher getroffen hatten, erst blühten. Nach Verlauf von fünf Minnten, die wir in der sehnlichen Hoffnnng verbrachten, daß nnser Plan gelingen werde, hörten wir von der andern Seite her einen gellenden Schrei nnd sahen zu unserer Freude einen der Bullen gerades Wegs auf die Büsche zu kommen, die uns deckten. Als wir nns eben bereit machten, hervorzubrechen, kelirte er leider am Rande der Ebene nm, stürzte sich wüthend anf seinen Verfolger nnd rannte dann in ein Dickicht, wo er sich.zur Wehre setzte. Wir umstellten ihn sofort; ich saß ab nnd ging zu ^nße vor, um zu versuchen, ob ich ihn mit dem Revolver niederbringen tonnte; als ich noch sechs Schritte von ihm war, und hinter einem Busche ruhig nach seiner Schüler zielte, schrien dir Indianer, die sich start nach Rindfleisch sehnten nud in beträchtlicher Entfernung auf ihren Pferden sicher waren: ,,Näher! Näher!"' Ich trat demnach hinter dem Busche, der mich deckte, hervor, hatte aber kaum einen Schritt vor-wärts gethan, als ich mit dem Sporn an einer Wnrzcl hängen blieb-in demselben Angeublicke griff ,M Toro" an. In der Wurzel ver wickelt, konnte ich, während er anrückte, nicht auf die Seite springen; ich fcncrtc ihm daher, als er noch einen Meter von mir war, in der Hoffnung, daß er umkehreu werde, einen Schuß iu'5 Gesicht nnd drehte mich zn gleicher Zeit hernm, damit er mich nicht mit den Hörnern, wie die Matrosen sagen, ,,in der Flanke" fassen konnte. Der Schnß hielt ihn nicht anf; ich wurde daher niedergeworfen; der Bulle galoppirte über mich hinweg, ging mit meinem Taschcntnche, das mir vom Kopfe fiel, nnd das er trimnphirend auf den Hörnern trug, weiter uud blieb eiuige Meter davon unter einem andern Busche stehen. Nachdem ich mich anfgcrasft nnd gefuuden hatte, daß meine Arme und Beine noch in Ordnung waren, versetzte ich ihm einen zweiten Schuß, der ihn aber, weil meiuc Haud unsicher war, nur iu die Weiche traf, Da ich keine Patronen mehr hatte, so kehrte tt)4 Der Bulle bleibt Sieger. ich zu meinem Pferde zurück und fand, daß ich bei dem Gefechte, anßer einer bedentenden Erschütterung, zwei Nippen gebrochen hatte. Die Indianer stellten sich nur mich hermn und wollten gern wissen, ob ich sehr verletzt sei. Einer, der muthigcr war als die Uebrigen, schwnr, trotz der Warnungen des Caciqne, er werde das Vieh mit dem Lazo fangen, und näherte sich daher dem in Wnth gebrachten Bullen; ein Paar Augenblicke rührte er sich nicht; als jedoch der Indianer eben im Begriff war seinen Lazo zu werfen, blieb dieser an einem Aste Hüngen, und ehe er ihn wieder losbrachte, war der Bulle bei ihm. Wir sahen das Pferd, als der Bulle es mit den Hörnern spießte, einige Male boshaft Hintenaus schlagen; endlich aber wnrde es emporgehoben, so daß es nur noch mit den Vorderbeinen auf der Erde stand, und umgeworfen, während der Nciter mit dem Kopfe zn unterst sich in einem Busche niederließ. Wir schlössen uns zusammen und lockten den Bullen uach einer andern Nichtnng; dann wollten wir nach der deiche unsers Kameraden sehen; dieser kam jedoch zu unsern: Erstannen wohlbehalten ans dem Busche heraus, wo er ruhig und unverletzt gelegen hatte, obgleich das Pferd getödtet wurde. Dieser kleine Vorfall warf einen düstern Schatten auf unsere Freude und brachte uns nm das Weihnachtsmahl, da wir auf Orteke's Befehl nns an die Stelle zurückziehen mußten, wo wir nnsere Mäntel gelassen hatten; wir suchten ihn zwar zu bereden, noch einen Angriff anf das Vieh zu machen, oder jedenfalls da zn bleiben, etwas fleisch von dem todten Pferde zn genießen und unser Muck am nächsten Tage zu versuchen; aber er ließ sich durchaus nicht bewegen. Als wir daher niisereNeservepferde wiederhatten, bereiteten wir uns zur Heimkehr vor und hofften noch vor Einbruch der Nacht durch die Wälder kommen zu können. Unterwegs wnrden, während wir über die oben beschriebene Ebene zogen, wilde Rinder gesehen und einem Bnllen nachgesetzt; er wurde von Orkeke mit den Volas getroffen, schüttelte sie aber ab, floh an eine Stelle, wo er gedeckt war, stellte sich, und blieb dann Sieger. Diesen Bullen würden wir bekommen haben, wenn die anderen Indianer, als Orkeke ihn mit den Volas traf, sich nur etwas munter gezeigt hätten; sie hatten aber dadnrch, daß der Augriff anf den vorigen Bullen mißlungen war, den Muth verloren. Als der Abend heranrückte, bemerkte ich anf dem Flusse eine Scharbe; diese uud das Steigen der Temperatur brachten mich auf den Glauben, daß wir, wenn wir noch einige Meilen weiter nach Westen vorgedrungen wären, die Küsten des Stilleil Ein wihliT Bnlle inkier Cordillera. Kein Weihnachtsfleisch. 165 Oceans erreicht Hütten. Wir setzten nach der zweiten erfolglosen Jagd unsere Rückreise fort, kamen noch, ehe es finster wnrde, dnrch den dichten Wald und sahen, wahrend wir nach dein östlichen Thale hinabrittcn, viele einzelne Kühe nnd Vnllen. Knrz nach Gintritt der Dunkelheit lagerten wir nns für die Nacht nnter dem Schutze einiger Bäume nahe an den Qnellwassern des westlichen Flusses, rauchten — statt des Abendessens — eine Pfeife, wickelten nns dann in die Mäntel nud lagen bald in festem Schlafe. Als es Tag war, saßen wir anf nnd zogen weiter und kamen gegen zwei Uhr Nachmittags mit ziemlich starken: Hunger an, da wir seit dem letzten Abend, den wir in den Toldos verbrachten, außer Erdbeeren und Talka, nebst einigen unreifen Johannisbeeren, Nichts gegessen hatten. Den grauen war es natürlich nicht recht, daß wir kein Glück gehabt hatten; aber sie ließen weder Klagen noch Vorwürfe hören nnd stießen, damit wir uns wieder erholen sollten, eiligst etwas Charqui. Am nächsten Tage gingen Alle, mich und meinen Gefährten beim Sturz, der über Kopfweh klagte, ausgenommen, auf die Jagd und kehrten bei Nacht mit juugeu Guanacos und einem oder zwei Straußen znrück. Einige Granen hatten Rinder in der Nähe des Lagers gesehen, nnd Ortete sagte mir, in früheren Jahren hätten sie sich anf den nuterhalb uuscrs Lagerplatzes befindlichen Ebenen in. großen Hecrden aufgehalten, aber die Indianer hätten gar zu viel gejagt und sie dadurch in's ^nuerc getrieben; er behauptete anch, er habe einmal einige Monate an dieser Stelle zugebracht und eine beträchtliche Anzahl gefangen uud gezähmt. Seine gcnane .Kenntniß der Gegend ließ seine Behanptnng glaubhaft erscheiuen, uud er zeigte mir auch eiue Art Corral, der hergestellt worden war, um die wildeu Rinder einzuschließeu. Mich für meiueu Theil erinnert der Name Cordillera au die schlechteste Weihuachtszeit meines Lebens; so viel Hunger habe ich an diesem ,Vrste nie gelitten; es gab, um den „^n-«imtt UcN'lM'!-" (von Coleridge) zn parodircn, „Ninder, Rinder überall, aber keiuen Bissen Fleisch". Der folgende Tag wurde in den Totdos verbracht, uud einige Indianer wünschten gern, oder gabeil dies wenigstens vor, noch einmal anf die Rinderjagd zu gehen. Orkeke wollte Nichts davon hören; wir marschirtcn daher am 28. December und folgten dabei dem Lanfc des Flusses in mehr oder weniger nordöstlicher Nichtuug. Das Wetter war schön, uud uachdem wir die Ebene verlassen hatten, ritten wir das sich windende Thal entlang und jagten dann nnd wauu eine Heerde Gnanacos oder einen 166 Teckel. einsamen Strauß anf. Gegen Abend lagerten wir uns anf den Ufern des Flusses; die Granen schlugen die Toldos anf nnd grnben dann Kartoffeln aus. An diesem Tage sahen wir nach Norden Ranch, der von den Jagdgesellschaften der anderen Indianer ausging - anch in größerer Entfernung bemerkten wir etwas Ranch; dieser kam, wie Orkeke sagte, von denaraucanischen Indianern, die wir bald zn treffen hofften. — Als wir am 2l). December nns eben znm Marsche vorbereiteten und, während die grauen die Pferde luden, Einige von nns die Beeren der ,,Califata" oder Berberitze (liorderis dueoikoNa) pftnck-ten oder Erdbeeren snchten, kam ein jnnger Mensch von einer Horde anderer Indianer, welche die ganz in der Nahe stehenden Toldos inne hatte, herangeritten, als wäre er als Chasqni abgesandt, nnd sagte, seine Horde habe mit den Araucaniern verkehrt, und es habe unter diesen bei einem Trinkgelag eine Nanferei gegeben, bei welcher der Cacique getödtet worden sei. Dies wurde fest geglaubt, nnd Orkeke wurde etwas verlegen, da möglicherweise der neue Cacique gegen die Tehuclchen nicht freundschaftlich gesinnt sein konnte. Wir ritten, ohne zn jagen, rnhig nach dem nächsten Lager hinab, wo die beiden fremden Toldos schon eingetroffen waren. AIs wir uns näherten, kam Einer der Indianer nns entgegen, nnd während wir, nach Beobachtung des gewöhnlichen von der Etikette vorgeschriebenen Cere-moniells (da wir den Mann noch nicht gesehen hatten), gemüthlich eine Pfeife rauchten, fragten wir ihn nach der Nanferei, die unter den Arau-canos sollte stattgcfnnden haben, und da stellte sich herans, daß der hoffnungsvolle Jüngling, der uns besuchte, gelogen hatte. Nach einer Weile begaben wir uns zn den an einer Krümmung des Flnsses in der Nähe einer Furth oder Ucbergangsstelle gelegenen Toldos. Wir waren jetzt in dem Lager angelangt, das in Henno, ehe die Indianer sich zerstreuten, als allgemeiner Sammelplatz verabredet wurde. Dieses Thal heißt Teckel nnd ist ein beliebter Rnheplatz nach der Zeit der Jagd anf die jungen Guanacos, theils um die Pferde sich erholen zu lassen, theils um die Felle der jungen Guanacos zu Mänteln zn verarbeiten, ehe man weiter geht, um entweder in Rio Negro oder mit den Indianern von Las Manzanas Handelsgeschäfte zu machen. Das Lager befindet fich gewöhnlich an der Stelle, die es jetzt einnahm, nämlich auf der Westseite des Flusses, etwa eine englische Meile von einem großen kahlen Hügel, der die Aussicht auf die Cordillera versperrt. Auf der Ostscite dehut das Thal sich etwa drei englische Meilen aus, nnd nach Norden bleibt cö vielleicht sechü Ein wilder Bulle erlegt. 1tt7 Meilen weit offen. Das ganze Thal ist fruchtbar, aber das bcstc Grasland liegt ain nordöstlichen Ende. Die Ufer des Flusses, an welchen keine Bäume stehen, find an manchen Stellen hoch und bestehen nnter der an der Oberfläche liegenden Erde ans verschiedenem, schichtenwcise gelagerten — blauem, weißem und rothem — Thon. Auf dem Grunde des Flusses, der auffallend frei von Steinen ist, kommen hänfig dicke Thonlager vor, die sich fast dem Tufstein nähern, der sich in der Parana, und anderen mit dem Nio de la Plata zusammenfließenden (bewässern findet, und an manchen Stellen gibt es ^ager von schwarzem Sand, der wahrscheinlich <^old enthält; fische kann man in allen wirbeln oder dachen fangen, nnd die Krebse find sehr zahlreich und für die Fische der verlockendste Köder. Aus ewigem von dem schönsten Thone gelang es mir eine Tabakspfeife zn machen, indem ich sie einfach in der Hand formte und dann in der Afche brannte; aber sie hielt nicht lange. Kurz nach unserer Ankunft hatte ein kleines Kind, während es mit Bolas spielte, die ans dem Fnßc und den Sehnen eines Straußes hergestellt waren, sich verletzt; in Folge dessen wurden Stuten geschlachtet, was uns sehr gelegen kam, weil wir nicht auf die Jagd zu gehen brauchten, sondern nnserc Pferde rnhen lassen tonnten, die jetzt einiger Ruhetage in hohem (^rade bedurften ; da es jedoch eine gute Nennbahn gab, so erlaubten wir uns, nnr um die Pferde in Uebnng zu erhalten, häusig ein Wettrennen. Nachdem wir hier nngcfähr eine Woche gelegen hatten, während welcher die Frauen fleißig an der Herstellung voll Mänteln arbeiteten — die im nächsten Kapitel beschrieben werden sollen — trafen die ersten IManer ein nnd die "Md sing wieder an, wnrde jedoch nnr ausgeübt, wenn es unbedingt nothwendig war. Einige der Neuangekommenen begaben sich nach dem Districts wo die wilden Rinder waren, nnd erlegten wirklich einen Bullen; doch kam dabei — wie das vorige Mal — wieder ein Unfall vor. Der Bulle wurde mit meinem Lazo gefangen, und ich hatte daher Antheil am Fleische; was ich davon erhielt, wnrde nnter die Leute vertheilt, die sich iu nn-serin Toldo befanden; es war jedoch sehr zähe nnd schmeckte etwas widerlich. Vielleicht konnte der Daumen, der sich so lange an Gna-naco-, Strauß- nnd Pferdefleisch gewöhnt hatte, an Fleisch von gröberer Art keinen Geschmack finden. Aber die Haut war unschätzbar znr Hcrstcllnng von Maneos nnd anderem Pferdegeschirr. Am 7. Januar kam ein Bote von ^'asimiro an, der mich mn eine Nachricht bitten nnd sagen ließ, er sei ungefähr drei Märsche entfernt und 168 Umquartierung. wolle einige .^eit dort bleiben, damit seine Pferde sich erholten :i. s. w. Nachdem ich mich mit Orkcke und Iackechan berathen hatte, ließen wir ihm dnrch einen Boten zurücksagen, ,,da in der Umgegend von Teckel das Wild jetzt selten sei und Alle, sich mehr oder weniger sehnten vorwärts zu kommen, so thäte er besser, wenn er sich beeilte nnd zu uns stieße, sonst würden wir unsern Marsch fortsetzen auf Las Manzanas zu." Diese Votschaft hatte die erwünschte Wirkung, denn am 11. Januar stellte er sich mit mehreren andern Toldos ein; nur einige waren mit Erimö, der sollte nnwohl sein, zurückgeblieben. Vei Casimiro's Ankuuft quartierte ich mich um und zog, da er jetzt eiuen guteu Toldo besaß, in seine Residenz, wie wir es bei dein Antritt der Reise verabredet hatten. Ich verließ Ortete ungern, und der alte Mann fühlte sich sehr gekränkt; ein Revolver, den ich ihm zinn Geschenk gab, beunruhigte ihn nur um so mehr; er sagte, er könne mir Nichts dagegen anbieten; als ich ihn jedoch versicherte, daß ich, wenn ich ihm ein Geschenk gäbe, nicht ein Gegengeschenk erwartete, wie es bei den Indianern üblich ist, schien er sich zu trösten. Es fand die gewöhnliche Versammlung der Häuptlinge statt, in welcher alle vorher getroffenen Vereinbarlingen genehmigt wurden, nnd wir blieben bis zum 20. Januar in Teckel sitzen. Da ich jetzt mit der Lebensweise nnd den Gebränchen der Tehnelchen schon gut bekaunt geworden war und als zu ihnen gehörend betrachtet wurde — auch wirklich Ansehen und Einfluß unter ihnen gewonnen halte — so dürfte es hier am Platze sein, einmal Halt zn machen und der Schilderung der Sitten und Gebräuche der Tsouecas, wie die Tc-huelchen oder Patagonier sich selbst nennen, ein Kapitel zn widmen. REISEROUTE rent S. Ost. his Sfi.Dcrhr I8W Muthmas slicker lauf des SENGELFLUSSES. Teckel ,^uß 4 Zoll hoch. Nachdem wir uns den nördlichen Tehilelchen angeschlossen hatten, fand ich, wenn anch die südlichen in der Regel die Längsten waren, doch keinen Grund, an dein angegebenen Durchschnitt etwas zn ändern, da kleinere Männer, die man nnter ihnen traf, nicht reine Tehuelchen, sondern Mischlinge von Tehnelchen und Pampas-Indianern waren. Besonders auffallend ist bei Allen die außerordentliche Mnskel-ssntwickelung an den Armen und der Brust, und in der Negcl sind sie am gangen Körper gnt proportionirt. Dies muß besonders erwähnt werden, da Andere behauptet haben, die Beine seien weniger entwickelt nnd minder kräftig als die Arme. Selbst Mr. Cunningham sagt, daß dies der ^all sei, aber ich kaun ihm dnrchaus nicht beistimmen. Außerdem, daß sich mir häufig Gelegenheit bot, die jungen Leute genau zn betrachten, wenn sie Ball spielten, wobei sie große Kraft nnd (Gewandtheit geigten, oder wenn fie, was fast täglich geschah, das Bad genossen und schwammen oder untertauchten, beurtheilte ich den muskulösen Umfang ihrer Beine nach den Stiefeln, die ich cmpro-birte, und die mir fast in allen fällen viel zu weit waren, obgleich andererseits die Mlße häufig kleiner waren als die meinigcu. Auch die Höhe ihrer Spannen ist bemerkenswert!), wovon ich nur eiu einiges Beispiel anführeu will. Ich hatte an einen Tehuelchen ein Paar vortreffliche hohe Stiefeln, die von den Herren Thomas gefertigt waren, gegen irgend einen nothwendigen Gegenstand ver-lauschl, aber der Handel ging wieder zurück, weil er eineu so hoch gc-wölbten Spann hatte, daß er den /,'nß nicht in den Stiefel brachte. Wie die Tehuelchen laufen können, davon lernte ich besonders ein Beispiel kennen. Man wird sich erinnern, daß bei meiner Ankunft in Santa ssruz der Schooner in der Mündung des Flusses lag und anf günstigen Wind wartete. Zwei Tehuelchen, Namens Tchang und Getchkook, hatten sich eingeschifft, nm nach Nio Negro zu fahren ; bei der langen Verzögerung wnrde jedoch ihre Gednld erschöpft; sie baten daher, man möge sie an's Land bringen, nud gingen zn ^nßc nach der Ansiedelung zurück -— ein Strecke uon mehr als vierzig englischeil Meilen, die sie in ungefähr zwölf Stunden machten, ohne Etwas zu essen. Ich sah sie bei ihrer Anknnft; die Reise schien sie keineswegs angegriffen zu haben, nnd sie bemerkten nnr, es sei ,,ein weiter Spaziergang" gewesen. Auch der Nahrung könuen sie sich außerordentlich lauge ent-yallen. Als die Unruhen und Kämpfe stattfanden, aßen sie seilen Kraft und gute Laune. 1?1 Etwas; auch wenn sie als ,,Chasquis" oder Voten reisen, gehen sie oft zwei und selbst drei Tage lang, ohne Etwas zn genießen. Bei unserm Ausflug in die Cordillera blieben wir über achtnndvierzig Stunden ohne Nahrung, wilde Früchte ausgenommen. Mir that der Hnnger Anfangs wehe, aber meinen Geführten schien er gar nicht schwer zu fallen, Wie ein chilischer Deserteur einmal bemerkte, konnten jene freilich gehen, ohne zn essen; „aberwir," sagte er, „können es nicht — wir haben nicht so viel^ett." Die Kraft ihrer Arme ist sehr groß, nnd es ist wahrhaft erstaunlich, wie weit sie die Strauß-Bola werfen können; ich habe Crimi: uud eiuigc Andere einen Strauß damit fangen sehen, der nber siebenzig Meter entfernt war. Nl6 ich mit Hinchel in der Cordillera Holz fällte, hatten ein chilischer Deserteur und ich einen Baum durchgchauen nud versuchten ihn danu mit einem 5'azo, den wir am Gipfel befestigt hatten, niederzuziehen; aber seine Aestc verwickelten sich mit einem andern Baume, und wir konnten ihn nicht rütteln. Hinchel sah uusere Verlegenheit, kam her-bei und brachte ihn mit einem gnt gerichteten starken Zuge vou deu Aesten los und znr Erde nieder. Auch Mr. Clarke sagte mir, als er das Fieber gehabt und wegen des Lärmes, den die betrnnken?n Indianer machten, ans dem Almacen nach dem auf der Insel stehenden unteren Hanse habe geschafft werden müssen, habe Waki sich auf's Pferd gesetzt, ihn in die Arme genommen uud sei hinabgeritten, ohne daß dem Anschein nach die Last ihm beschwerlich gefallen sei. Ihr Gcsichtsausdruck ist selbstverständlich sehr veränderlich, gewöhnlich aber sind sie heiter und bei guter Laune; wenn sie jedoch in den Ansiedelungeu sind, zeigen sie ein gesetztes und sogar düsteres Benehmen. Wllki uud Canute, zwei freunde von mir, machten, wie ich mich besonders erinnere, immer ein lächelndes Gesicht. Bei ihrem Lachen, mit dem sie allezeit gleich bei der Hand sind, zeigen sie ohne Ansnahme gnte Zahne, die sie durch Kaneu von ,,Maki", eines Gummi, das ans dem Weihrauch-Busche ausschwitzt und von den grauen und Kindern sorgfältig gesammelt wird, weiß und rein erhalten. Das Maki hat einen ziemlich angenehmen Geschmack nnd ist ein ganz vortreffliches Zahnmittel, das dem Odouto und ^loriliue würdig an die Seite treten kann; es wird anch blos als solches be^ nutzt, nicht, wie Mr. Guinnard') sagt, deshalb gebraucht, weil sie ') Three Years' Slavery, p. m "172 Haarwuchs. so gefräßig sind, daß sie immer Etwas kauen müssen. Ihre Augen sind glänzend und intelligent, und die Nasen — wenn sie auch selbstverständlich verschiedene Typen zeigen — sind in der Regel Adlernasen und wohlgeformt. Die breiten Nüstern, die man sich bei echten wilden Stämmen gewöhnlich vorstellt, haben sie nicht. Den eigenthümlichen Porsprung über den Augenbrauen haben alle Beobachter wahrgenommen, lind zurücktretende Stirnen kommen, obgleich man sie bemerkt, nur ausnahmsweise vor. Die dichten Haarmassen und die augeuschciulichc <^efahr, die auch den eifrigsten Kraniologeu von dem Versuch, ihre Köpfe zu messen, abschrecken würde, muß als genügende Entschuldigung gelten, daß ich nicht sageu kann, ob sie zu den ^olichocephalcu oder zu den Brachucephalcn gehören; ich muß überhaupt gestehen, daß dieser Punkt meine Aufmerksamkeit nicht besonders auf sich zog; um jedoch die Anthropologen wenigstens theilweise zn beruhigen und zu trösten, sei bemerkt, daß sowohl die Chi-lier als ich die Hüte einiger Tehuelchen, befonders Ork'eke's und Hinchcl's, nnd diese dagegen die unserigen aufsetzten, und daß dieselben stets paßten. Die Hautfarbe der Männer ist rölhlich braun, das heißt, wenn sie von Schminke gereinigt sind nnd, wie bei einem restaurirten alten Gemälde, dic ursprüngliche ^arbe wieder hergestellt worden ist; ,^itzroy vergleicht die ^arbe mit der einer devonischen Kuh, aber sie ist nicht ganz so dunkel, um diesen Vergleich zu rechtfertigen. Die spärlichen Barthaare, die sie von Natur haben, und selbst die Augenbrauen werden sorgfältig vermittelst einer silbernen Haar-zauge ausgerupft, und ich wurde oft gedrängt, mich ebcnfallü von meinem Barte zu trennen und dieser schmerzlichen Operation zu unterziehen, aber ich machte natürlich Einwendungeu dagegen und erfüllte das Anliegen nicht. Die Köpfe der Männer sind mit dichten, wallend herabhängenden Massen langen Haares bedeckt, das sie sehr gut pflegen und wenigstens täglich einmal durch ihre Weiber oder andere weibliche Verwandte sorgfältig ausbürsten lassen. Graues Haar schienen sehr Wenige zu haben, doch gab es einige Ausnahmen; das Haar eines sehr alten Mannes zum Beispiel war schneeweiß und bildete deshalb mit seinem lohfarbenen Gesichte einen seltsamen Contrast. Die grauen haben, soweit ich urtheilen konnte, eine durchschnittliche Höhe vou ungefähr l> Fuß l> Zoll. Sie habeu sehr kräftige Arme, gehen aber selten weiter, als uöthig ist, um den Bedarf an Coimetterio der Tllhuclchinnen. 1.7^ Holz und Nasser zu holen; ihre Neiseu werde» alle zu Pferde ge-macht. Ihr Haar, das keine große Länge hat, ja kaum so lang wie das der Männer und sehr grob ist, wird in zwei geflochtenen Zöpfen ^tragen, die an Galatagen anf künstliche Weise verlängert werden, wahrscheinlich mit Pferdehaar, das mit blauen Glasperlen verwebl ist, während man die Enden mit silbernen Gehängen schmückt. Diese Sitte beschränkt sich jedoch, wie ich glaube, auf die nnverheiratheten Damen. Da ich langes Haar liebe, so gefiel mir, als ich mich den Indianern eben erst anschloß, Tchang's Tochter sehr wegen ihres schönen Haarwnchses; sie trug zwei gewaltig lange, schön geschmückte Zöpfe, von denen ich uatürlich glaubte, sie wären von ihrem eigenen Haar. Als ich ihr aber am folgenden Morgen zufällig begegnete, während sie mit Wasser nach dem Toldo zurückging, sah ich, daß ich mich sehr getäuscht hatte; sie hatte ihr falsches Haar abgenommen, und ihre natürlichen Locken waren nichts weniger als lang. Die jungen Frauen sehen oft sehr gnt aus; sie haben, wenn sie nicht durch Schminke entstellt sind, gesnndc rothe Wangen. In ihrem Benehmen sind sie bescheiden, doch find sie sehr eoquett, und die Liebelei uersteheu sie so gut, als hätten sie dieselbe in der civilisirteren Gesellschaft ge -lernt. Die schöne Wittwe, die den Engländer beinahe geangelt hätte, tonnte in Nothfällen ebenso zierlich nm Hülfe rnfcn, wie eine jnnge Dame, wenn sie sich stellt, als könne sie nicht über eine Zaunsteige kommen. So hörte ich zum Beispiel, als ich anf Orkckc's Bitte durch einen ,Vluß — der iu der Mitte tiefer wurde, einen schlammigen Grund und ein schroffes Ufer hatte, auf dem wir landen mußten — voranritt, in kläglichem Tone rufen: ,,Mnster, helfen Sie mir! mein Pferd ist zn t'lein." Witterungseinflüsse, Strapazen und Ar^ beit machen sie nicht so früh alt, als man erwarten könnte; sind sie aber einmal alt, so werden sie zum Entsetzen häßlich, und die greu lichsten Heren, die ein Dow sich denken tonnte, würden von einem Kleeblatt alter Tehuelchmnen noch übertrosfen werden. Die Kleidung der Männer besteht ans einer Ehiripa, das heißt, ans einem Untcrkleide um die Lenden herum; sie wird aus einem Poncho, einem Stück Tnch oder auch ans einem Guanaco Mantel gemacht; der Stoff mag aber sein, welcher er will, dieses Klcidnngs^ stück ist unerläßlich nothwendig nno wird mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit getragen, denn sie halten viel anf Anstand. Alle anderen Meidnngsstücke vertritt der weite und warme ^elllnantel, der, mit 174 Kleidung der Männer. dem Pelz nach innen und der bemalten Seite nach außen getragen, den Träger bei dem nassesten Wetter eine beträchtliche Zeit laug trocken erhält. Bei der Jagd wird er oft nicht umgenommen; wird er aber beim Reiten getragen, so wird er mit einem Gürtel von Ham oder Leder, wenn man dieses bekommen kann, an der Taille befestigt. Im Lager wird der Gürtel nicht benutzt und das Kleidungsstück locker getragen, etwas ähnlich wie die herkömmliche Meuchelmörder-sigur der Bühne den Mantel trägt. Wenn sie am Heerde sitzen, uud selbst wenn sie mnhcrspazieren, wird der mit Pelz gefütterte Theil des Mantels in der Negel über den Mund herausgehalten — denn die Tehuelchen behaupten, der kalte Wind mache das Zahnfleisch wund ; diese Gewohnheit trägt mit dazu bei, daß ihre durch die Kehle gesprochene, zu allen Zeiten etwas unverständliche Sprache für den Anfänger noch schwerer zu verstehen ist. Ihre Potro- oder Wickclstiefeln (Abbildung l)) werden ans der Haut der Kniekehle des Pferdes und gelegentlich auch aus der Haut des Beines eines großen Puma gemacht. Die Haut wird bis an das Knie heraufgezogen nnd nm den ^uß herum befestigt; so wird sie einen oder zwei Tage getragen, bis der Stiefel die Gestalt deo ^ußes angenommen hat; dann wird das Leder an den Zehen abgeschnitten uud zusammengenäht, damit der Stiefel paßt. Ist die Sohle durchgelaufen, oder ist sehr nasses oder Schnee-Wetter, so werden außerdem noch Ueberschuhe von Haut getragen, und die Mß tapsen, die dadurch entstehen, sind allerdings groß genug, um auf den Gedanken zu führen, daß sie von Nicsenfüßen stammen, und er-klären es zum Theil, daß die spanischen Entdecker diesen Indianern den Namen „Patagon" oder Großfüße gaben. Im Lager werden die Stiefeln aus ökonomischen Gründen selten augezogen, obgleich beim Aufstehen, sobald es Tag ist, barfuß in das gefrorene Gras zu treten selbst für einen Tehuelchen unangenehm ist. Würden aber die Stiefeln zum Geheu benutzt, so würde das dazu verwendete Material sich bald abtragen. Beim Reiten werden sie entweder mit buntfarbigen gewebten Bändern oder, was für Häuptlinge uuerläßlich ist, mit Riemeu von Haut befestigt, die massive silberne Schnallen haben. Die gewöhnliche Kopfbedeckung der Männer ist zwar blos ein farbiges Band, um das Haar zusammeuzuhalteu, doch werden zuweilen, besonders bei feierlichen Gelegenheiten, auch Hüte getragen, wenn man sie sich verschaffen kann. Der alte Orleke trug häufig Kleidung der Frauen und Kinder und Schmuck. 17li einen breitrandigen Filzhut, den, wenn er von der Jagd zurückkehrte, seine aufmerksame Gemahlin sorgfältig aufhob. Die Kleidung der Frauen besteht aus einem ähnlichen Mantel, wie die Männer ihn tragen, nur wird er vorn am Halse mit einer großen silbernen Nadel, die eine breite Scheibe hat (einer Art Broche), oder auch mit einem Nagel oder Dorn zusammengesteckt, je uachdem die Trägerin reich oder arm ist; nnter drm Mantel be. findet sich ein weites sackartiges Kleidungstück von Calico oder anderem Stoffe, das von den Schultcru bis zu deu Kuöchclu reicht. Auf der Reise wird der Mantel an der Taille dnrch einen breiten, mit blauen Glasperlen und silbernen oder messingenen Buckeln geschmückten Gürtel zusammengehalten. Die Stiefeln, welche die Frauen tragen, find den oben beschriebenen ähnlich, nur wird bei Herstellung derselben das Haar an der Haut gelassen, während es bei den Mäuucrsticfeln sorgfältig cutfcrut wird. Die Kinder werden ebenfalls iu kleine Mantel gekleidet, häufiger aber läßt man sie bis znm Alter von sechs oder acht Iahreu nackt umherspringen; ihre Stiefclchen werden ans dem, in der Hand weich gemachten, Felle von den Vorderbeinen des Guanaco verfertigt. Die kleinen Kinder sträubten sich in der Regel stark und wirksam dagegen, dieses Kleidungsstück zu tragru, und sprangen, die Witterung mochte noch so streng sein, lieber barfuß umher. Die Wiegen für die ganz kleinen Kinder werden aus Streifen von Holzflechtwert, die man mit Hautriemen durchsticht, hergestellt, mit einer Decke ver sehen, nm Sonne und Regen abzuhalten, und der (Gestalt nach fo eingerichtet, daß sie während des Marsches anf dem Sattelzeuge der Mutter stehen können. Sind die Eltern reich, so werdeil sie mii ("löckchen, mit Messing- oder sogar mit Silberplatten geschmückt. Die Frauen lieben den Schnmck sehr; sie tragen gewaltig große Ohrgehänge von viereckiger Gestalt, die an kleinen, dnrch das Ohr lappchen gehenden Ringen hängen, und Halsbänder von silbernen oder blauen Perlen. Anch die Männer tragen diese Halsbänder und schmücken ihre Gürtel, Pfeifcu, Mcsfer, Scheideu und ihr Pferdegeschirr mit Silber. Wer die Mittel hat, erlaubt sich anch silberne Sporen und Steigbügel. Ihre meisteu Schmncksacheu, die Glas-prrleu ausgeuommcn, werden im ^ande verfertigt, uud zwar aus Dollarstücken geschmiedet, die sie in deu Ansiedelungen beim Handel bekommen. Beide Geschlechter beschmieren sich das Gesicht uud gelegcnttich l?si Schönheitsmittel, Toilette und Vad. auch den Leib mit Schminke. Als Grund dafür, daß sie dieses Schönheitsmittel gebrauchen, gebeu die Indianer an, es schütze gegen die Wirkung der Winde, nnd ich habe durch eigene Erfahrung gefunden, daß es ein vollkommenes Porbeugungsmittel gegen Excoriation oder Aufspringen der Hant ist. Ebenso wirksam erwies es sich gegen die Sonne, die in Henno so bräunte, daß mein Gesicht sich vollständig abschälte, bis ich mich wieder bemalte — was ich eingestellt hatte, weil ich den neuen Ankömmlingen nicht als ein edler Wilder er-scheinen wollte. Die Schminke für das Gesicht besteht aus einem Gemisch entweder von rothem Ocker oder von schwarzer Erde mit ^ett, das man aus deu Markknochen des auf der Jagd erlegten Wilden gewinnt. Diese Knochen werden von den Frauen alle sorgfältig gesammelt und, weun eine günstige Gelegenheit sich bietet, zerstoßen und iu den großen Töpfen gekocht; ^ett und Gallerte werden sorgsam abgeschöpft und aufbewahrt. Bei feierlichen Gelegenheiten, wie ;nm Beispiel bei einem Gebuttstagsschmause, nnd znm Tanze schmücken sich die Männer anch noch mit weißer ,^arbe oder gepulvertem Gyps, den sie aufeuchteu und auf die Hände schmieren, mit welchen sie dann weiße Abdrücke der füuf Dinger auf Brust, Arme uud Beine machen. Die gewöhnliche Morgentoilette ist einfach. Nach eiuem im ^lnsse genommenen Bade, das, selbstverständlich wenn nicht die Umstände es verhindern, immer das Erste ist, was beide Geschlechter, jedoch gewissenhaft uon einander getrennt uud in der Regel vor Tage, thun, wird den Mannern von ihren Weibern, Töchtern oder Geliebten das Haar gemacht; dabei tragen diese die größte Sorge, alle Haare, die etwa bei dem Bürsten ausgehen, zu verbrennen; denn sie glanben steif und fest, daß, wenn bösgesinnte Menschen ein Haar von ihnen bekommen, sie mit demselben Zauberei treiben können. Aus demselben Grunde werden, wenn sie sich die Nägel abschneiden, die Schnitzel sorgfältig dcn flammen übergeben. Nachdem das Haar gebürstet ist, was vermittelst einer rohgeformten Bürste geschieht, schmücken die grauen das Gesicht der Männer mit Partie. Bei Traner verwenden sie schwarze ^arbe, und geht es zum Kampfe, so bringen sie zuweilen unter den Augen ein weuig weiße ,varbe an, die, weil sie von der übrigeu auffalleud absticht, dem Gesichte eineu wilden Ausdruck verleihen hilft. Die grauen bemalen die Gesichter sich gegenseitig, oder wenn sie, was zuweilen vorkommt, ein Stück Spiegel besitzen, so bemalen sie sich auch selbst. Reinlichkeit, Ungeziefer. Iagdwaffen. 477 Veide Geschlechter tätowiren sich am Vorderarme, indem sie mit einer Ahle sich Stiche in die Haut machen nnd mit einem Stück trockene,! Glases ein Geniisch von blauer Erde hineinbringe,«; die gewöhnlichen Muster bestehen ans einer Reihe Parallellinien nnd zuweilen einem einzelnen oder anch einem doppelten Dreieck, wo das obere auf der Spitze des nntcrn steht. Ich ließ mir selbst von einer Schönen, die mich nnterjocht hatte, eine einzige Linie tätowiren nnd gestehe, daß es etwas schmerzhaft war. Die Indianer halten viel nnf Reinlichkeit des Körpers, nnd waschen sich nicht blos des Morgens, sondern baden sich anch anßer dem, wenn sie in der Nähe eines Flusses lagern, wo sie dann Stunden lang schwimmen nnd tanchen. Auch ans die Reinlichkeit ihrer Toldos nnd Utrnfilien sind sie mit ängstlicher Sorgfalt bedacht, nnd tonnen sie Seife betommeu, so waschen sie Alles ans, was sie nnr irgend haben. Uugeachtet dieser Vorsichtsmaßregeln werden sie sehr viel von Ungeziefer geplagt, das in der Wolle ihrer Mäntel sich fest einnistet. Dies läßt sich vielleicht ihrer Lebensweise, nnd zwar ihrer Nahrung sowohl als den Stoffen zuschreiben, die sie zu ihrer Kleidung verwenden, nnd jeder Reisende, der sich bei den Indianern eine Zeit lang anfhalten will, mnß dieser Strafe sich unterwerfen, an die er sich jedoch (ich spreche ans Erfahrung) bald gewöhnt. Ihre Iagdmethodc nnd die Art, das anf der Jagd erlangte fleisch zu kochen, ist in einem frühern Kapitel ausführlich beschrieben worden. Unter den auf der beigegebenen Illustration dargestellten Gegenständen findet man (Abbildnng 9. nnd 10.) die hanptsächlich bei der Verfolgung des Wildes angewandten Iagdwaffen, nämlich die mit zwei Kngeln versehenen, ,,Chnmö" genannten Bolas zum Stranßfang nnd die mit drei Kugeln versehenen, „Mchito" genannten Bolas zur Guanacojagd, die jenen ähnlich sind, welche die Gauchos in den argentinischen Provinzen benutzen. Die Kngeln sind gewöhnlich von Stein, zuweilen werden aber anch Kngeln von Weißmetall oder Kupfer angewandt, die man sich in den Ansiede-lungen verschafft; sie branchen nicht überzogen zu werden nnd kom men seit einigen Jahren immer mehr in die Mode; anch Kugeln von Eisen oder Eisenerz, das die Tehnelchen selbst gewinnen nnd in die erforderliche Gestalt schmieden, sind gemein; diese werden zu der runden Schlagtugel oder deu Schlagtugcln, wenn deren zwei sind, benutzt; die eiförmige Handkugel aber, die man in der Hand halt, und die notwendigerweise wenigstens nm ein drittel leichter als die busier.?, U,N>'V den Palagouiel,,, 1A 178 ' Kriegswaffen. andere sein muß, wird in der Nestel aus der weichen Punkllava gemacht, die in so vielen Distritten in großer Menge vorhanden ist. Die zähe, leichte Schnur, an der man die Kugel mn den Kops herum schwingt, wird, wie schon früher beschrieben wnrde, in der Regel ans Strauß- oder s^uauaco-Sehnen hergestellt, die vierfach geflochten werden; ihre ^'äuge soll Wischen sieben und acht ,vuß sein. Will man ein Stück Wild fangen, so thut mau immer am besten, wenn man die Volas wirft, während man genau in gerader ^inie mit ihm ga-loppirt, da man den l^nanacos nnd Straußen stets nach dem Halse zielt; dem Vierfüßler die Hinterbeine zu verwickeln, ist unnütz; doch werden Rindern und Pferden die Volas stets nm die Hinterbeine herumgeworfen. Ein Wurf nach einem Vogel oder Vierfüßler, der Seitensprünge macht oder querüber rennt, geht fast sicher fehl; selbstverständlich kommen ^ehlwnrfc hänfig vor, denn die Cmtfernnug, auf die zu Pferde im vollen salopp geworfen wird, beträgt oft sieben-zig Meter, nnd die Kugeln schwirren mit ihrem eigenthümlichen Tone durch die ^uft, um vielleicht unr in einen verworrenen Bnsch zu fallen. Dann wird der Vortheil, den das hellglänzende Material ge währt, einleuchtend, denn der Reiter hält nicht an, sondern galoppirt weiter, wirft wieder mit anderen Bolas nnd kehrt erst später zurück, um die niedergefallrncn Waffen aufzulesen, die auf der mit Kiesel bestreuten, mit (^iras bewachsenen oder mit Gestrüpp bedeckten Ober fläche oft sehr schwer zn finden sind. Ich warf in der Regel, nm die Stelle zu bezeichnen, ein Taschentuch oder sonst ^'twas hin, was man leicht fah; aber die Metallbolas werden, weil ma» sie leicht sieht, so sehr vorgezogen, daß ein Paar eiu Pferd werth sind. Außer den Bolas wird bei der Jagd anf Rinder und Pferde und zuweilen anch für die Pumas ein Lazo benutzt; doch ist die gewöhnliche Methode, die letzteren zu erlegen, die, daß man sie erst durch einen Schlag anf den Kopf betäubt. Die Kriegswaffen der Tehnelchen bestehen in Flinte oder Renolncr, Degen oder Dolch, einer langen schweren Van^e, die von den Indianern nur benutzt wird, wenn sie vom Pferde abgestiegen sind, nnd ganz anders ist als die leichte Lanze der Nrancanischen nnd Pampa Reiter, und in der einzelnen Kngel oder tts>1a i»orcli. Stiefel. '/,,, Thaler) betrügt. Die Sattelgurte werden aus dreizehu oder vierzehn Bändern gedrehter Haut vom Halse des Guanaco gemacht nnd mit zwei Riugeu ver-scheu, die mit einem Lederriemen zusammengebunden werden. Die Steigbügel hängen an Hautstreifen uon den in die vordersten Sat-telbäumc gebohrten löchern herab. Sie werden in der Regel von einem Stück harten Holzes gemacht, das fest in einen Riemen von roher Haut gesteckt wird, oder auch znweilen uon dreieckig gebogenem Holze, /veine Herren prnnken natürlich mit silbernen Steigbügeln, aber sie werden oft gar nicht benutzt. Wenn der Iagdkreis geschlossen wird, wird auch der Sattel abgenommen und die Pferde werden dann ungesattelt geritten; soll aber das fleisch nach dm Toloos zurückgeschafft werden, so wird er wieder anfgelegt. Zuweilen kommt es vor, daß ein Indianer seinen Sattel verspielt; dann muß er noth-gcdrnngcn ohne Sattel reiten; das scheint sie aber nie zu incommo-dircn. Die Zäume werden entweder aus geflochtener oder aus gedrehter Hant gemacht. Die gebrünchlichcn Gebisse sind verschieden; das gewöhnlichere jedoch ist eine einfache Stange entweder uon Hol; oder von Eisen, an deren beiden Ondcn zwei Klappen uon starker, fester Haut stecken; uon diesen aus gehen zwei Riemen unter der 182 Sporen. Lazos. Tabakspfeifen. Schüsseln. Kinnlade des Pferdes hin, die eine wirksame Kinntettc bilden; anch die Zügel werden an den Hauttlapven befestigt. Die Stange wird oft weggelassen nnd dem Pferde ein einfacher Riemen in's Maul gelegt und durch das Stück Haut gezogen, das an den Zaum befestigt nnd unter der Kinnlade zusammengebunden wird. Ich benutzte dieses einfache Gebiß ans der ganzen Neise und hatte nie Grund, etwas daran auszusetzen. Die Sporen werden von zwei Stückchen harten Holzes gefertigt, in deren Enden man Nägel mit scharfgefciller Spitze steckt; an die Stelle der eisernen Nägel versuchte ich einmal lange spitzige Knochenstifte zu setzen; aber sie mußten fortwährend geschärft werden und zerbrachen schnell. Die Sporen werden mit Riemen an die ,^nße befestigt. Kopfgestclle zum Bändigen der Pferde werden entweder von platter oder von geflochtener Haut gemacht und siud nuten mit einem Ringe für dcu Maneador versehen. Lazos werden von gedrehter oder von geflochtener Hant hergestellt, ähnlich wie die bei den Gauchos gebräuchlichen. Die einzigen anderen erwähnenswerthm Gegenstände, die noch zum Pferdegeschirr gehören, sind die,,Manoos", von den Indianern ,,Caligi" genannt, Riemen, die man den Pferden au die Beine legt, damit sie stehen lernen, wenn der Reiter abgesessen ist; aber die Pferde lernen bald warten, bis der Neiter wiederkommt. Als ich nach meiner Rückkehr einmal die Jagd schilderte, fragte ein Freuud, der jagt, begierig: „Aber wer hielt denn Ihr Pferd?" Die gut zugerittenen Iagdpferdc der Tehuelchen halten sich selbst, nnd ist man so unglücklich, ein nicht gehörig zugerittenes Roß zu reiteu, so nützt es Nichts, wenn ein Knabe oder Manu diescu Dicust leisten will. Unsere Bereiter tonnten von den „Wilden" noch viel lernen. Ein anderer allgemeiner Gewcrbezweig ist die Verfertigung von Pfeiftnköpfen, die, wie man an der Abbildung (^2) sieht, eine eigenthümliche Gestalt haben. Sie werden entweder von Holz oder von Stein gemacht, mit einem silbernen oder metallenen Rohr versehen und häusig mit Silber verziert. Sie von Tabakssaft frei zu halten, gibt man sich die größte Mühe, indem man sie fortwährend mit einer Straußfeder reinigt. Znweilen werden flache hölzerne Schüsseln gemacht, nm fleisch oder Fett hineinzuthun; anch Löffel von Holz oder Horn habe ich verfertigen sehen, aber diese Gegenstande sind selten. In Casimiro's Toldo war ein Löffel von Horn zn finden; er hatte einige Aehnlich. leit mit einem Schuhanzieher. Silberarbeiter. Werkzeug«. Frauenarbeit. 183 Unter den Mänueru gibt es uicle geschickte Silbcrarbeiter. Die Arbeiten werden ans Dollars gemacht, die sie in den Ansiedelungen bekommen, nnd die sie heiß schlagen, bis sie so streckbar werdet», daß man sie in die erforderlichen Gestalten ausschmieden nnd zu Schnallen, Stiefelbändern, Platten, Perlen oder Vnckeln zur Verzierung der Gürtel oder Rüftnng verarbeiten kann. Die letztgenannten „Näpfchen" oder Vnckeln werden in der Regel in einer angemessenen Höhlung ansgcmodelt, die in einen Stein gearbeitet ist; dann wer den sie an den Rändern mit einem Pfriemen durchstochen und mit Sehne an die Häute angenäht. Die Amboße nnd Hämmer zur Bearbeitung des Silbers sind in der Regel »on Stein; ,veuerstcim jedoch werden von den Männer nnr zum ^euermachen benntzl. Auch sehr geschickte Cisenarbeiter find die Tchuelchen; sie verfertigen ans jedem Stück Metall, das sie durch Diebstahl, Handel in den Colonien oder uon Wracken an der Küste sich verschaffen, ein Messer oder selbst ein Veil. Ein Messer, das ich in der spätern ^eit meiner Reise häufig benutzte, hatte Hinchel nnr ans dem einen Blatte einer alten Scheere geschmiedet. Ihre Werkzeuge znr Bearbeitung oou Silber, lKiseu, Holz n, s. w. bestehen in feilen, die unter dem bezeichnenden Namen ,,Khiterikikh" bekannt sind, oder auch vielleicht in einer Raspel, einer gelegentlich erhaltenen Säge, einer Axt, dem nnvermeidlichen tleinen Beile (Abbildung l>.), einer Scheere oder einem alten Meißel. Viele derselben haben sie uon gescheiterten Schiffen an der Küste, andere dnrch Tanschhandel in den Ansiedelungen bekommen. Die wichtigste Beschäftigung der grauen im Lager war die Verfertigung der Mmantel, die eine ausführliche Beschreibung verdient. Die,^elle werdeu znerst in der Sonne getrocknet, wobei man sie mit Dornen des Algarrobabaumes sest niedersteckt. Wenn sie trocken sind, werden sie in die Höhe genommen nnd mit Stucken ^encrstein, Achat, Obsidian, oder zuweileu anch Glas geschabt, die in einen von Natur gebogenen Ast befestigt sind, so daß derselbe einen Griff bildet. (Abbildung 7.) Dann werden sie mit ^ett nnd zu Brei gekneteter ^ebcr eingeschmierl, hierauf in der Hand weich gemacht, bis sie ganz biegsam sind, und dann anf die Erde gelegt und mit einem tleinen, sehr scharfen Messer in Stücke zerschnitten, die. damit die Naht fest wird, schwalbenschwanzartig sind, so daß eins in das andere paßt; diese Stücke werdeu nebst einer entsprechenden Quantität Nähnadeln 184 Vorfertigung der Mäntel, und Zwirn unter vier oder sechs Frauen vertheilt. Die Nähnadeln bestehen in Pfriemen, die man aus scharf gespitzten Nägeln macht, und der Zwirn in getrockneten Sehnen von dem Nucken des erwachsenen Gnanaco, Ein ganzer Mantel wird nie auf einmal zusammengenäht, sondern wenn die eine Hälfte fertig ist, wird sie ausgespannt, mit Pflöcken festgesteckt und anf folgende Weise gefärbt. Die Oberfläche wird ein wenig angefeuchtet, lind jede Frau uimmt, wenn der Grund roth sein soll, einen Knchen oder ein Stück rothen Ocker nnd trägt, während sie den Ocker immer feucht erhält, die Farbe mit großer Sorgfalt auf. Wenn der Grund fertig ist, wird das ans kleinen schwarzen flecken nnd blaueu nnd gelben Linien bestehende Muster mit der größten Genauigkeit gemalt, wobei die grauen den ganzen Tag mit dem anhaltendsten gleiße arbeiten. Ist das färben vollendet, so läßt man diese Mautclhälfte eine Nacht trocknen und macht die andere Hälfte nnd die Flügel, die anstatt der Aermel dienen, vollständig fertig. Hierauf werden die sämmtlichen Theile zusam-mengefügt, und wenn der ganze Mantel fertig ist, bietet er an der Oberfläche einen unnnterbrochenen Pelz dar. Das beliebteste Mnster (wenn der Träger des Mantels nicht Trauer hat) ist ein rother Grund mit kleinen schwarzen Kreuzen nnd blaueu und gelben Längslinien als Rändern, oder mit einem Zickzack von Weiß, Vlan nnd Noth. Es ist erstaunlich, mit welch' unermüdlicher Thätigkeit die Frauen arbeiten uud mit welcher Schnelligkeit sie nähen. M ein Maun verhcirathet, so verfertigen selbstverständlich sein Weib oder seine Weiber ihm die Mäntel; ihre Freundiunen helfen ihnen, nnd sie helfen denselben ihrerseits wieder; ist er aber IunggcscU, wie e5 unglücklicherweise bei mir der Fall war, so gibt er seine Felle einer schönen Dame, die, wie andere ehrenwerthe Leute es anch thun — anf Nnhanthcil arbeitet, und der Jäger kommt bei dem Handel in der Regel schlecht weg; ich wenigstens habe diese Erfahrung gemacht, indem ich alls dreißig bis vierzig gellen nnr einen Mantel bekam, der ungefähr den dritten Theil davon enthielt. Außer den Guanaco mänteln, die am meisten getragen werden, macht man auch Mäntel aus den Fellen der Füchse, Pumas, wilden Katzen, Meerschweinchen nnd Skunke. Die Pelze des Sknnkcs nnd der wilden Katze sind die werthvollsten, aber sie werden, wie die übrigen, in der Regel nur zmn Tauschhandel bestimmt. Anßcr dem Mäntelmachen weben die Frauen die oben er wähnten Kopfdäuder ans <"nru iion anfgefasertem Zeug, dao sie beim Kinderspiele. Musik. 185 Tauschhandel in den Ansiedelungeil oder von ihren arnncanischcn Nachbarn bekommen. Sie arbeiten nach demselben Princip, nach welchem der Matrose eine Matte herstellt. Anch weben sie dann nnd wann Schärpen, die nm die Taille getragen werden, nnd Stiefelbänder. Ebenso machen siedle kleineren Arbeiten am Silberschmuck; sie modeln oder biegen znm Beispiel die Bnckeln, bohren die Vöchcr nnd heften sie an die Gürtel oder Rüstnng, wie es gerade trifft, ferner nähen sie die Hänte zu den Decken der Toldos zusammen, was eine sehr mühsame Arbeit ist. Sie schaben und richten Roß hüllte zur Ansstattnng der Schlafplätze zu und malen sie in ver schiedenen Mustern, machen die (oft ebenfalls mit Silber verzierten) Schilfpolstcr, die sie als Schntzkisscn auf ihre hohen Sättel legen, kochen die Speise, zerschlagen die Markknochen nnd ziehen das ^ett ans, sorgen für die Kinder, holen Holz, Wasser nnd verrichten, wie die Amerikaner sagen, alle „^liore»" oder kleinen hänslichen Arbeiten. Wie man sieht, sind sie fast immer ziemlich stark beschäftigt, nnd doch finden sie dann nnd wann Zeit zum Kartenspiel und zu weilet! auch znm Zanken und Skandal klatsch. Die Kinder ahmen in ihren Beschäftigungen gewöhnlich die Er-wachsenen nach. Die Knaben spielen mit kleinen Bolas nnd fangen die Hunde mit kleinen Lazos, nnd die Mädchen bauen kleine ToldoQ nnd sitzen in denselben; zn diesem Zwecke tragen sie nngehindert Alles fort, was ihnen passend erscheint. Wenn ich mit auf die Jagd reiten wollte, mnßte ich hänfig erst diese Spiele stören, nm mein Sattelzeng wiederzubekommen, das die Jugend sich zugeeignet hatte. Die mnsikalischcn Instrumente der Tehnelchen habe ich schon be schrieben. In Teckel erfreuten wir uns anßer dem einheimischen Orchester (Abbilduug t<) Md dessen harmonischen Klängen, an die man sich bereits gewöhnt hatte, anch noch eines Cornets, mit welchem Iackcchan's Bruder oft unsere Abende belebte. Unter den Tehuelcheu konnten Viele die gewöhnlichen Hornsignale blaseil, die sie gehört hatten, wenn sie in Nio Negro oder in Puuta Arena waren, nnd die Meisten von ihnen schienen ein gntcs musikalisches Gehör zu haben. Ihre Gcsäuge jedoch klingen uicht melodisch uud sind bloße Wiederholungen ganz sinn nnd bedeutungsloser Worte, (iasimiro sagte mir, früher hütteu die alleu Männer die Gewohnheit gehabl, die Sagen des Stammes lind anch eine Art Gebet zn singen, <^5 ist sehr ;u bedauern, daß diese Sitte abgekommen ist, Ich uersnchte bei verschiedenen Gelegenheiten über ihre Vorfahren Auskunft zn er- IM Die Kost der Tehuelchen, laugen, aber alle »neine Bemühllngen waren vergeblich. Als ich sie fragte, wie ihr Volk gereist sei, ehe Pferde ill's Land kamen, konnten fie sich nicht vorstellen, das; dies je der Fall gewesen sei. Was die Kochkunst und Kost der Tehuelcheu betrifft, so ist zu dem, was wir bereits darüber mitgetheilt haben, nur noch wenig hinzuzufügen. Die Kost beschränkt sich nothwcndigenveise fast ganz auf fleisch, das sie jedoch nicht roh verschlingen, wie fortwährend behauptet wird. Fett wird viel verzehrt, frisches sowohl als aufbewahrtes ; es ist dies ein nothwendiges Bedürfniß und, wie schon gesagt, dem Mangel an Mehlspeise zuzuschreiben. Doch esseu sie allerlei wilde Früchte uud Gemüse, wenn sie sich verschaffen lassen, gern, und außer den einheimischen knolligen wurzeln uud deu überall auftretenden Löwenzahnuflanzen, welche die Mädchen für ihre Freuude und Verwandten sammeln, uud die in rohem Zustande genossen werden, tauschen sie, wenn sie iu den Ansiedelungeu sind, ihre Waaren gegen Kartoffeln, Rüben und andere Küchengewächse um. Auch Zwieback uud Mehl, das sie mit Wasser mischen und ^u Klößchen formeu, welche sie iu der Asche backen, essen sie äußerst gern. Vor meinem Aufenthalte uuter ihneu war Pfeffer, glaube ich, unbetauut; da ich aber einen kleinen Vorrath bei mir hatte, so veranlaßte ich den alten Ortete und seine Dame, ihn zu versuchen, und sie und Andere gewannen ihm bald Geschmack ab. Zucker nnd alles Süße lieben sie ganz besonders. Salz ist bei ihnen eine sehr noth wendige Waare, und wenn sie an einer der vielen Salinas, die im ^aude sich finden, vorüberziehen, so versehen sie sich wieder mit Vorrath. Falls sie jedoch an einem Orte lange verweilen oder in Gegenden reisen, wo Salinas selten sind, so geschieht es zuweilen, daß sie ohne Salz gehen müssen, uud dies ist wahrscheinlich die Ursache einer Hautkraukheit, die zu Zeiten unter ihneu vorkommt. Wenn die Männer auf der Jagd sind, haben sie in der Regel Salz bei sich, lheils um es unter das Blut zu mischen, das selten ohne Salz genossen wird, theils um das Guanaco- oder Straußfleisch einzusalzen. Ich biu der Ansicht, daß in der Regel die Indianer weniger essen als civilisirte Menschen, geschweige denn, daß sie sehr gefräßig wären. Sie efsen nie ;u festgesetzten Zeiten, soudern weun der Appetit sie mahnt, uud in dieser Beziehung machte einmal ein Zndianer gegen mich die Bemerkung i „Die Chilier essen zu regelmäßigen Stuuden, das ist thöricht; wir essen nicht, wenn wir nicht hungrig Tabaklauchen. Unterhaltungen. 187 sind." Ich glaube, daß ich als einzelner Mensch gewöhnlich mehr ^ebensmittel verzehrt habe als irgend ein Indianer, mit Ausnahme meines Freundes Caunke, der allerdings ein großer Gourmand war. Er war anch ein starker Raucher, und so oft ich ihm begegnete, sagte er jedesmal die wenigen englischen Worte, die ich ihm beigebracht hatte: „Laden und zünden Sie die Pfeife an — ranchen Sie." Die gewöhnliche Art zu rauchen ist folgende. Der Raucher zündet seine Pfeife an, legt sich dann nieder, das Gesicht gegen die Erde gekehrt, bläst eine Portion Nauch nach jeder der vier Himmelsgegenden, mnr. melt ein Gebet und verschluckt hieranf mehrere Mundvoll Tabaks-rauch; dadurch entsteht Berauschung nnd theitweisc Unempfindlich keil, die vielleicht zwei Minuten dauert. Während dieser Zeit nehmen seine Genossen sich sehr in Acht, daß sie ihn anf keine Weise stören. Wenn der Rausch vorüber ist, steht er auf, trinkt einen Schluck Was ser und seht seine Unterhaltung oder Beschäftigung fort, Ich habe zuweilen beobachtet, daß dieser Rausch vou Conuulsionen begleitet war, aber nur ill seltenen Fällen. Dell Tabak, den sie znni Rauchen benutzen (denn Tabakskauen kommt nie bei ihnen vor), erhalten sie gewöhnlich ans den Ansiedelungen; fehlt es aber daran, so verschafft man sich als Ersatzmittel ein Krallt von den Araucaniern. Dieses wird nie rein gerancht, sondern stets entweder mit klein gehacktem Holze oder, wenn sie zu bekommen sind, mit „Jerba"- (Paraguay, thee-) Stengeln vermischt. Die von M. Guinnard erwähnte Vcr^ Mischung mit Dünger ist bei den Tehnelchen unbekaunt. Die Frauen raucheu zuweilen, aber die Sitte ist nicht allgemein; sie beschränkt sich gewöhnlich auf die alten Damen. Die Männer rancheil meistens, aber es gibt Ausnahmen. Ganz erstaunt war ich jedoch, als ich El Sourdo mehr als einmal die Pfeife seinem Kuabe» ^ einem frühreifen dreijährigen Kinde — geben sah; der Bnbe paffte seine „Baeca" nnd es machte, wie es schien, ihm und seinem allzn zärtlichen Vater große Freude. Die Hllnptunterhaltungen uuter den Indianern (denn die Jagd ist Geschüftssachc, kein Vergnügen) bestehen in Pferderennen, Kar ten- nnd Würfelspiel, oder einem Spiel mit kleinen Steinen, nnd einem Ballspiel. Die Würfel werden uon den Indianern selbst mit mathematischer Genauigkeit aus Knochen gemacht und mit der Hand geworfen. Das Pferderennen ist bereits geschildert wordeil. Die Karten, die sie benutzen, sind zuweilen die spanischen, die sic in del, Ansiedelungen bekommen, sehr häufig aber werden sie von den In- 188 Kartenspiel. diancrn selbst aus Haut hergestellt. Diese, wie die gewöhnlichen spanischen Karten, sind mit den spanischen Zahlwörtern bis sieben bezeichnet; die bunten Karten aber sind ganz anders; sie haben an-statt der Figuren oder Bilder Monogramme einheimischen Ursprungs, deren ursprüngliche Bedeutung, wenn sie überhaupt eine haben, sich nicht entdecken ließ. Das Aß jedoch ist in etwas ähnlicher Weise bezeichnet wie das unsrige. Die gewöhnlichen Spiele sind „Panturga", ,,Primero", „Siete" und ,,Iaik" oder Fener, eine Art „Bettelmann". Die Spieler setzen sich in einen Kreis, und ein Poncho oder eine Satteldecke stellt den grünen Tisch uor; ihre Spielmarken bestehen in Stückchen Holz oder Gras, und ihr Markirungssystem ist sehr verwickelt. Ich spielte in der Regel — wenn ich mir diesen ^uxus eiumal erlaubte — iu Gemeinschaft mit einein Andern, der das Markiren besorgte; da ich aber beständig Glück hatte, so nahm ich die Einladung ;um Mitspielen nicht gern au. Werden Einsätze verloren, mag es ein Hengst, ein Trupp Stuten, ein Sattel, ^azo oder was sonst sein, so laßt der Gewinner sie einfach durch einen freund abholen oder geht selbst hin uud nimmt sie; alle Ehrenschulden werden gewissenhaft sofort bezahlt. Hänfig werden hohe Einsätze verloren und gewonnen. Einmal hatte ich von einem Indianer, der einen stattlichen Trupp besaß, ein Pferd gehandelt, auch, nm den Handel gewiß ^n machen, Etwas auf die Hand gegeben, und war auf dem Thiere anf die Jagd geritten, um seine Ausdauer zu prüfeu. Als ich zurückkehrte, kam mein Freund, der frühere Eigenthümer des Pferdes, der im ^ager zurückgeblieben war nnd gespielt hatte, zu mir und bat mich inständigst, von dem Handel zurückzutreten, da er während meiner Abwesenheit fast alle seine Pferde uud auch einige Gegenstände von der Mitgift seines Weibes verloren habe. M) gab selbstverständlich den Handel auf und erhielt das, was ich daraufgegeben hatte, richtig zurück; er aber gewann später seine Pferde und Reichthümer wieder. Das Spiel mit kleinen Steinen ist dem bei Schulknabeu beliebteu und unter dem Namen ,,Knöchelspiel" bekannten ähnlich. Es wird gewöhnlich von den Knaben gespielt, aber die Erwachsenen nehmen nicht selten Theil daran. Die Frauen spielen Karlen, und ;war unter sich; sie setzen ihre Mandils, ihre Hünte und ihr Sattelzeug. Frau Ortete spielte sehr gern, nnd ein, mal hatte sie, wie ich zu glauben Grund habe, einigen Tabak von ihrem Gatten verloren, schob aber die Schuld auf einen der Chiller, der nach ihrer Behauptung ihn gestohlen haben sollte. Der Mann verlor Das ..hübsclio Han?" nnd Tnnz. Ballspiel. Ceremonien bei der Geburt. 189 deshalb beinahe das Leben, nnd seine Thränen wie sein demiithiges Bitten und flehen zeigten, in welchem Schrecken er sich befand, aber er kam diesmal glücklich dauon. Es war sonderbar, daß ans mich kein Verdacht geworfen warb, obgleich ich Wichte, wo der Tabak aufbewahrt wurde, was ich bei dem Desertenr bezweifle. Das Ballspiel beschränkt sich anf die jungen Männer nnd wird folgendermaßen gespielt: Ein Lazo wird so anf die Erde gelegt, daß er einen Ring bildet, der gegen vier Meter im Durchmesser hat; die Spieler, gewöhnlich acht an ^ahl, treten in den Kreis hinein, nnd zwar nackt, nur das Unterkleid um die Taille haben sie an. Jede Partei hat einen mit federn gestopften Ball von Haut, ungefähr von der Größe eines ,veoerballes oder auch größer als ein solcher; diesen Ball werfen fie nnter dem Schenkel dnrch in die Höhe und schlagen ihn mit der Hand nach dein Balle der Gegner; jeder Treffer zählt einen Point. Die jungen Männer zeigen große Fertigkeit und Ge wandtheit, nnd wenn ich auch nie an einer ihrer regelrechten Spiel partien theilnahm, so beobachtete ich sie doch häufig, wenn sie mit dem Spiele beschäftigt waren, bei welchem die prächtige Entwickelung ihrer Muskeln deutlich hervortrat. Außer diesen Unterhaltungen schießen die .Indianer, wenn sie viel Munition haben, dann und wann nach einem Ziele; da aber ihre Kugeln häusig mit Steinen rnnd gehämmert werden, so laufeu dieselben vielfach irre, nnd anch die Gewehr? sind zuweilen für den Schützen gefährlicher als für die Scheibe. Der tägliche Lauf der Beschäftignugeu und Unterhaltungen ändert sich zuweilen durch einen Kampf, oder anch in angenehmerer Weife dnrch den einen oder andern der festlichen Gebräuche, die — wie bei allen Völkern — die Hanptepochen des Tsoneca-Leben«, von der Wiege bis znm Grabe, bezeichnen. Bei der Geburt eines Kinder wird, wenn die Eltern reich sind, das heißt viele Stnten und Hengste nnd Silberschmnck besitzen, das Ereignis; sofort dem Doctor oder ^anberer des Stammes, sowie dein Eaciqnc nnd den Verwandten angezeigt. Nachdem der Doctor sich an der Schläfe, am Vorderarme oder am Beine mit Ahlen blntig gestochen hat, gibt erden Befehl znr Errichtung eines Mandilzeltcs oder hübschen Hanfes, wie die In dinner es nennen; es werden Stnten geschlachtet, nnd dann folgt ein Schmaus und Tanz, Alles so, wie es im dritten Kapitel Seite Kl> f. bei Gelegenheit der Festlichkeit, die im Thale des Rio Ehico stattfand, geschildert worden ist. Das Kind wird fnr; nach der ^'ebnri mit 12 Religion. sein, wenn sie auch den» Grabmale eines ausgezeichneten Häuptlings oder Helden im Vorbeigehen noch einen Stein hinzufügen. Bei dem Tode eines Kindes zeigen die Eltern aufrichtigen Schmerz. Das Pferd, auf dem es während des Marsches zu reisen pflegte, wird herbrigebracht, das Heug, selbst bis zur Wiege, auf dasselbe gelegt lind das völlig ansstaffirte Pferd mit ^azos erdrosselt, während man bei allen anderen Ceremonien, wo Pferde getödtel werden, dieselben mit Polas auf den Kopf schlägt. Das Sattelzeug, die Wiege nnd Alles, was dem Kinde gehörte, wird verbrannt, wobei die grauen schreien und singen. Die Eltern werfen überdies, um ihren Schmerz zu äußern, ihre eigenen Kostbarkeiten in's ^ener. Diese Sachen dürfen einige der grauen, die schreien, als Vergütung für ihre Dienste herausraffen, aber sie gewinnen selten viel dabei. Als einmal das einzige Kind reicher Eltern starb, wnrden außer dem Pferde, ans welchem es zu reifeu pflegte, noch virizchn Hengste und Stuten geschlachtet. Am Todestage zog gegen Abend, vor der Be erdignug der Leiche, eine auserlesene Schaar alter Frauen, schreiend und jammernd, in feierlichem Huge immer um das ^ager herum. Auch wurden den beraubten Elteru vou den Hänptlingcn und Ver^ wandten Gaben zugesandt; es sollte dies ein wohlgemeinter Versuch seiu, ihre Herzen von dem Verluste abzulenken. Die Religion der Tchuelcheu unterscheidet sich von der Religion der Pampas nnd Araucanier dadurch, daß vou Sonnen^ dienst keine Spur sich findet; doch wird der neue Mond begrnßi, wobei die ehrfurchtsvolle Geberdc von einigeu leise gemurmelten Worten begleitet wird, die ich niemals tonnte zn hören betommen. Sie glauben an einen großen nnd zwar guten Geist, der nach der von Casimiro au Ort und Stelle erzählten Tradition die Indianer uud die Thiere schuf uud sie vom „Gotteshügel" aus, wie er den indianischen Namen der Düne (Seite 99) erklärte, zerstreute. Ich bin durchaus uicht sicher, daß dies nicht eine verworrene Verbindung der Schöpfungsgeschichte, wie die Missionäre sie erzählten, mit seinen eigenen Vorstelluugeu war. Die Indianer pflegen sehr gern die Wunder, die ihnen erzählt werdeu, auf diese Weise zu verbindet, oder selbst das eiuc Märchen, wie fie es betrachten, anf das andere zn pfropfen; aber daß sie an einen guten Geist glauben, daran ist tein Zweifel, wenn sie auch der Ansicht sind, daß er sich nicht viel nm die Menschheit bekümmere. Götzenbilder oder sonstige Gegenstände der Dämonen und Doctoren. 1!)3 Anbetung haben sie nicht, auch feiern sie — wenn man nach einjähriger Erfahrung nrthcilen darf — keinen regelmäßig wiederkehrenden religiösen Festtag, an welchem sei es der gnte oder der böse Geist verehrt wird. Wenn andere Reisende ein solches ^est erwähnen, so läßt sich dies nnr so erklären, daß durch verworrene Mittheilungen arancanische Gcbrünche den ganz verschiedenen Pata-goniern zugeschrieben wurden. Was sie zn allen ihren religiösen Handlungen antreibt, ist der Glanbe an die Eristenz vieler bösen Geister oder Dämonen, die immer rührig und heimtückisch sind, nnd deren hauptsächlichster immer anf der Lauer steht, um Unheil anzn-stiften. Diesen Geist geneigt zn machen oder zu vertreiben, ist das Amt des Zauberers oder Doctors oder Medicinmannes, oeroieHeil-und Zauberkunst vereinigt, obgleich er auf keine von beiden ein ausschließliches Recht besitzt. Alle Opfer an Stuten nnd Hengsten, die nicht zu festgesetzten Zeiten gebracht werden, sondern wie die Gelegenheit es erfordert, zum Beispiel bei einer Geburt, einem Todesfalle n. s. w., haben den Zweck, den Gnalichn günstig zn stimmen. Wenn ein Kind sich verletzt, scheint das Stntenschlachten ein Dankopfer, daß die Verletzung nicht schlimmer war, nnd zugleich ein Sühnopfer zu sein, mn ferneren Schaden abznwendcn. Im Lager stellt der Gnalichn sich außerhalb der Rückseite des Toldo, wo er anf eine Gelegenheit wartet, die Insassen zu belästigen, und wird vermeintlich durch die Zauberformeln des Doctors in Rnhc erhalten. Der Doctor besitzt aber nicht nnr die Macht, den Tenfel zn bannen, sondern kann ihn auch mit leibhaftigen Augen sehen. Ich fragte einen der Doctoren, wie er anssähe, erhielt aber eine ausweichende Antwort; daranf sagte ich ihm, daß mein Tenfel allerlei Gestatten annehme — zuweilen erscheine er als Guanaco, Stranß, Puma, Skunk oder Geier, was dem heilkundigen Manne viel Spaß machte. Dieser Hansteufel soll, so viel ich ermitteln konnte, in die verschiedenen Theile des menschlichen Leibes eindringen nnd Krankheit verursachen, zu deren Heilung man sich an den Doctor wendet. Die Behandlung ist sehr einfach; bei Kopfweh zum Beispiel nimmt der Doctor den Kopf des Patienten zwischen die Kniee nnd schreit ihm, während er eine knrze Beschwöruugsceremonie verrichtet, laut in's Ohr, den Teufel auffordernd, herauszukommen. Als Mr. Clarke mit den Indianern füdlich vou Santa Crnz reiste, wnrdc er anf diese Art behandelt, während er an fieberhaftem Kopfweh litt, und er sagte, das Mittel habe ihm damals geholfen. Mustirs, Unter ben PcUassMliern, IV 194 Zauberei. Außer diesem Gnalichu gibt es noch viele andere, die in unterirdischen Wohnungen, nnter gewissen Wäldern, Flüssen nnd eigenthümlich gestalteten Felsen hausen sollen. Ich wunderte mich sehr, als ich die Indianer die eben erwähnten Gegenstände grüßen sah, indem sie die Hand an den Kopf legten und eine Beschwörung murmelten, nnd glaubte lange Zeit, sie legten nnr Bewnndernng vor dem Werke des Schöpfers an den Tag- später jedoch erfnhr ich, daß sie dadurch die Geister jener Orte, die für die Geister verstorbener Mitglieder der medicinischen ^acultät gehalten werden, für sich zu gewinnen suchten. Die Macht dieser Teufel beschränkt sich indeß aus die Districts die an ihre Wohnungen stoßen. Einmal wnrbe ein Pferd, das eben Wettrennen sollte, von den, Eigenthümer vor Tage an einen nahen Hügel gebracht und von dem Zauberer eine geheime Ceremonie verrichtet. Vor dem Wettrennen kam der Eigenthümer (Wä,ki) zu mir nnd rieth mir, meine Einsätze auf sein Pferd zn setzen, da es zuverlässig gewinnen müsse, weil durch geheimnisvolle Beschwörungen ihm die Gnnst des Localgnalichn gesichert worden sei, nnd sonderbar! das Pferd, das durch sciu äußeres Ansehen dem andern sehr nachstand, gewann nnd brachte dadnrch den Zauberer und den Gnalichn in Nuf. Ich erinnere mich, daß, als ich einmal mit Hinchel ritt, wir einen helfen sahen, der eine eigenthümliche Spitze hatte, nnd welchen Hinchel grüßte. Ich that dasselbe, worüber er sich sehr zu freuen schien. Als wir daranf an eine Sal inn kamen, wo wir gutes Salz fanden, das wir gerade nothwendig branchtcn, erklärte er mir, daß der Geist des Ortes nns in dieser Nichtung geführt habe. Bei den Hnsammcnkünftcn der Indianer werden, wie man meint, die Tenfel dadurch vertrieben, daß die Reiter in vollem Galopp immer rund herum sprengen und ihre Gewehre abschießen. Das Amt des Zauberers ist nicht erblich; ja, diejenigen, die ich getroffen habe, waren gar nicht uerhcirathet. Wenn ein Knabe oder Mädchen, wie wir es nennen, wunderlich ist, wie es bei Eavnke's Tochter, einem altklugen und überspannten Mädchen von dreizehn Jahren, der Fall war, so nimmt man an, daß er oder sie zum Zauberer oder zur Zauberin nnscrscheu sei; die Amtsverrichtungen jedoch, so weit sie die ^eitnng von Ceremonien betreffen, werden zuweilen auch von einem gewöhnlichen Mitgliede der Horde vollzogen. Die Handelsartikel des eigentlichen Zauberers bestehen in einigen Fetischen oder Hauvermitteln, die er in einem Säckchcn Hal, vor den Hexerei und Vorzeiten. 1!)5 Augen des Volkes sorgfältig verbirgt und nur seinen Amtsgenossen zeigt. Außerdem scheinen die Zanberer wirklich auch Arzneikränter und einfache Mittel zn kennen; doch beschränkt sich diese Kenntniß nicht auf sie allein. Von epileptischen Anfällen nnd wirklichen oder erhenchelten Eonvnlsionen sind ihre berufsmäßigen Verrichtungen nie begleitet. Selbstverständlich erwartet man von ihnen, daß sie das (Gelingen oder Mißlingen von Unternehmungen und den Ansgang einer Krankheit vorhersagen, überhaupt die Zukunft prophezeien, und in dieser Hinsicht ist ihre Stellung eine gefährliche, da sie, wenn ihre Prophezeiungen nicht in Erfüllung gehen, hanfig mit dem Tode bestraft werden; um aber diese Gefahr auszugleichen, werden fie allgemein ehrenvoll aufgenommen nnd gastfreundlich bewirthet, erhalten viele Geschenke nnd werden dadurch gewöhnlich reich. Man glanbt keineswegs, daß sie allein hexen können; jeder Mensch kann wegen des Verbrechens der Hererei in Verdacht kommen, nnd es ist nichts Ungewöhnliches, daß Lente, wenn sie im Sterben liegen, ihren Tod Jemandem namentlich znr Last legen. Alle Lehren der Missionäre hinderten Casimiro nicht, nach dem Tode seiner Mutter oder einer seiner Weiber dnrch einen Bevollmächtigten eine ^rau todten zn lassen, die, wie die Verstorbene behauptete, sie behext hatte. Auf gewisse Zeichen nnd Vorbedeutungen wird abergläubisch geachtet; ein besonders gefürchtetes Omen ist das (Geschrei des Ziegenmelkers, der an den Abhängen der Cordillera gemein ist; läßt er sich über einem Lager oder Toldo hören, so bedeutet es Krankheit oder Tod irgend eines Insassen. Sie verehren diesen Vogel hoch nnd lassen ihm durchaus Nichts zu Leide thun. Ein anderes Thier, das Zauber kräfte besitzeu soll, ist eine platte, krötenühnliche Eidechse; man glaubt, sie mache auf geheimuißvolle Weife die Pferde lahm, und sie wird, wenn man sie trifft, immer getödtct. ferner herrscht der Aberglanbe, daß im Süden ein zweiköpfiges Gnanaco existire, das, wenn es erscheine, ein Vorbote von Krankheit sei. Wie mein Berichterstatter sagte, rafften nach seinem letzten Erscheinen die Masern oder eine ähnliche Krankheit den zehuteu Theil des südlichen Stammes weg; die Krankheit hatte sich dnrch den Verkehr mit Punta Arena verbreitet, wo sie damals herrschte. Jeder ungewöhnliche Gegenstand, mit dem sie nicht vertraut sind, wie zum Beispiel ein Compaß oder eine Taschenuhr, wird mit Argwohn betrachtet als von einem bösen Geiste bewohnt. Znweilen meint man, diese Gegenstände brächten beim Spiele Glück, nnd trachtet eifrig nach ihnen. Einer meiner 13* Wk» Heilkunde. Tsoneca-Sprache. Reisegefährten besaß eine Taschenuhr, die er in Punta Arena be^ kommen hatte, nnd bat mich, ehe er Karten spielte, oft, sie in Gang zu bringen; das Ticken wurde für die Stiiniuc des verborgenen Gualichu gehalten. Allch nach meinem Kompaß wnrde fortwährend verlangt, aber das Vorrecht des zeitweiligen Besitzes beschränkte sich nothwendigerweise auf einige begünstigte freunde. Ich erklärte, so gnt als ich konnte, den Gebranch dieses Instrumentes, nnd Viele von ihnen begriffen es; sie baten mich immer, die geuane Richtung verschiedener Puuttc anzugeben, die sie kannten, nnd es machte ihnen große Freude, daß ihre fragen in der Regel richtig beantwortet wnrden. Ein Medaillon, das ich nm den Hals trug, wnrdc eben falls als ein Talisman betrachtet, der denjenigen, welcher ihn trage, vor dem Tode sichere. Bei all' diesem Aberglauben, Achten auf Vorzeichen nnd Glauben an Dämonen schenken sie keineswegs den Zauberern unbedingtes Vcrtrancn und blinde Ehrfurcht. Auch verlassen sie sich bei Krankheit nicht auf ihre Zauberformeln allein; Viele sind mit Arznei-kräutern bekannt und wenden sie mit gutem Erfolg an. Anßerdem daß sie gute Roßärzte sind, verstehen sie das Aderlässen und üben es nicht nur am Kranken ans, sondern lassen es anch, wie unsere Kroß väter, zu regelmäßigen Zeiten an sich selbst vornehmen, indem sie glauben, daß es heilsam sei. Cafmuro behauptete, die vortreffliche Gesundheit der Tehuelchcn, im Vergleich zu jener der Eolouisten oder Christen, sei dieser Gewohnheit znzuschreiben. Auch auf E'iftc ver stehen sie sich und wenden sie .zuweilen an, nicht um ihre Waffen zn vergiften, sondern um einen ^cind heimlich aus dem Wege zu räumen. Solche Mle sind selten, aber in dem einen Mle, den ich selbst zn beobachten Gelegenheit hatte, wnrdc ohne allen Zweifel der Tod dadurch herbeigeführt, daß mau eiueu Potrosticfel, dessen Eigenthümer eine unbedeutende Wuude am Vciuc hatte, iuwcndia, vergiftete. Was die Tsoneca-Sprache betrifft, so werden etwaige forscher anf das im ersten Anhange mitgetheilte Wörterverzeichnis^ verwiesen; aber ich muß auf's bestimmteste erklären, daß sie sowohl von der Pampa- als von der araucanischcn Sprache gau.z verschieden ist. Obgleich ich in der Tehnelche-Sprachc mich uutcrhaltcn konnte, so verstand ich doch die Pampas durchaus nicht. Ich bemerke dies, weil iu M. Gnmnard's Werke Angaben vorkommen, nach welchen ich, wenn ich sie mit anderen, schou angedeuteten, inneren Beweisen zn^ Bevölkerung und Politik. 197 sammclmehmc, zweifeln muß, daß der Verfasser sich jemals in den Händen der wirklichen Patagonicr befand- die bellte, die ihn gc-fangen nahmen, und seine Herren waren Pampas oder Araucauos, deren Sitten er gut schildert. Nach der „Stammrolle" der dienstfähigen Krieger zu der Zeit berechnet, als die Vereinigung aller der verschiedenen Horden, dic während meiner Reise sich zu politischen Zwecken verbanden, mich in den Stand setzte, einen genanen Ueberschlag zn machen, beträgt, von den Pampas nnd Araucauos abgesehen, die Zahl der reinen, nördlichen nnd südlichen Tehuelchen in Patagonien an Männern, Granen nnd Kindern nicht über 15(X). Die anßcr den beiden großen Ab theilnngeu der Nördlichen nnd Südlichen so oft angegebenen Unter abtheilungen nach Stämmen bestehen nnr in der Einbildung oder gründen sich anf die Namen zeitweiliger Anführer. Nnch die Bc^ zeichnnng Clan (oder Geschlecht) paßt nicht recht für die nomadischen Horden, die dnrch Gewohnheit oder auch oft dnrch Znfall sich ver. eiingt haben. Die Bevölkerung nimmt stetig nnd sehr schnell ab, nnd verheerende Krankheiten nebst den schlimmen Wirkungen den Branntweins thnn das Ihrige, nm dieses Volk ansznrotlcn. Was ihre Organisatio», betrifft, so mnß alisdrücklich bemerkt werden, daß die Tehuclchen in keinerlei Unterthanenucrhültniß zn einem Obercaciquc, wie etwa Ealficura oder sonst einem, stehen; doch können sie unter sich beschließe», einem einzigen Häuptlinge, wie zum Beispiel Easimiro, zn gehorchen. Auch sind sie, außer dnrch Wechselheirath oder freiwilliges Hnsammentreten, weder mit den Pampas noch mit den Arancaniern politisch vereinigt. Sie sind von, Natur zur Unabhängigkeit hingeneigt nnd hnldigen gern rebellischen ^deen, wie derjenigen, daß ,,ein Mensch so gut wie der andere sei", ^n Cnastro's letzten Worten: ,,Ich sterbe, wie ich gelebt habe — mir hat kein (iacique zu befehlen," liegt die herrschende Vorstellung über diesen Gegenstand geuau ausgesprochen. Dessen ungeachtet stehen alle ,,Horden", sie mögen noch so klein sein, wenn sie reisen, nnter dem Befehle eines Eaciqne oder „Gownot", der znwcilen auch mit dem zärtlicheren Titel ,,Mnk" oder Vater bezeichnet wird; sein Einfluß beschränkt sich jedoch sehr hänfig nur anf die Marsch- uud Iügdorduung. Manche Häuptlinge siud erblich, aber dies ist nicht immer der Ml, nnd unter den nördlichen Indianern gibt es uiclc kleine Häuptlinge, welche ans Lenten bestehen, die, wenn sie in den Besitz einiger Stuten und Hengste gekommen sind, sich den Titel ^98 Etikette, Charakter der Tehuelchen. Cacique beilegen. Sie beobachten unter sich eine strenge Etikette; der eine Häuptling darf der Sitte zufolge den Toldo des andern nicht betreten, wenn sie sich nicht vorher gegenseitig Geschenke gemacht haben. Eine andere merkwürdige Sitte ist die, daß ein Mann, wenn er mit seinem Schwiegervater spricht, nicht nach demselben hinsehen darf; dies beschränkt sich indeß nicht anf die Aristokratie, sondern siudet sich auch bei dem gemeinen Volke. Wenn zwei Indianerhordcn einander sich nähern und endlich so nahe sind, daß sie den Ranch der Iagdfeuer erkeunen, so wird ein Signalfeuer angezündet und von jeder Seite ein Chasqui — von den Tehuelchen Cooto genannt — in der Regel irgend ein Verwandter der Hünptlinge, abgesandt. Wenn die beiden Ehasquis sich treffen, begeben sie sich nach dcm Lager des Mächtigsten, nnd wenn sie nahe kommen, sprengen noch mehr Reiter herans und geleiten sie nach dem Toldo des Häuptlings. Bei der Ankunft sitzt der fremde Chasqui ab, für seine Pferde uud sein Zeug wird gesorgt, und ihm wird mit großer Förmlichkeit ein Sitz angewiesen, wo er, zuweilen eine Stunde lang, geduldig bleibt und mit ernstem Gesicht alle Fragen beantwortet; dann richtet er die Botschaft aus, mit der er etwa betrant sein mag. Nenn er auch müde, matt nnd hungrig ist, er rührt sich nie, bis die Förmlichkeiten zu Ende sind; dann wird er mit der besten Nahrnng versorgt, die sein Wirth besitzt, nnd ihm das bequemste Unterkommen verschafft, das derselbe bieten kann. Die Schilderung des Lebens in den Toldos, wie es wirklich ist, wird hoffentlich den Leser in den Stand gesetzt haben, sich von dem Charakter der Tehuelcheu eine günstigere Vorstellung zu machen, als man — die Herren Missionäre Huuzikcr und Echmid ausgenommen — gewöhnlich von ihnen hat. Die Bezeichnnngen grausame Wilde, Räuber der Wüste u. s. w. verdieuen sie sicherlich nicht. Sie find frenndliche, gutgelaunte, plötzlichen Antrieben folgende Naturkindcr, die sich leicht für oder gegen Etwas sehr einnehmen lassen, feste Freunde oder ebeuso erklärte Feinde werden. Gegen Fremde, besonders aber gegell Leute spanischer Abstammung oder, wie sie dieselben nennen, Ehristianos, sind sie natürlich mißtranisch. Anch ist dies kein Wunder, wenn man bedenkt, welche Behandlung, welch' hinterlistige Grausamkeit und spitzbübische Räuberei sie bald von Seiten der Eindringlinge, bald von den Colouisteu erfahren haben. Im südlichen Theile des Landes find sie in Folge ihres häufigen Pcrkehreö mit Scchuudsfäugeru an der Küste gegen Engländer Ehrlichkeit und Wahrheilsliebe, 199 günstig gesinnt. Auf die nördlichen Tehnelchen, die zu einem solchen Verkehr keine Gelegenheit haben, erstreckt sich diese Bemerkung selbstverständlich nicht. Ich bin bei den Geschäften, die ich mit ihnen hatte, immer mit Ehrlichkeit nnd Rücksicht behandelt worden, nnd für meine wenigen Sachen wurde -^ wenn sie auch gemäß der Gegenseitigkeit, mit der sie gegen einander handeln, zuweilen geborgt wurden — die größte Sorge getragen; so bat mich ein Indianer hänfig, meine Waffen ansehen zn dürfen, und gab sie, nachdem er sie betrachtet hatte, mir sorgfältig wieder. Während der ganzen Zeit meines Aufenthaltes nntcr ihnen verlor ich nur zwei Gegenstände: der erste, ein Feuerstein und Stahl, wnrdc, wie ich zu glaubcu Gruud habe, uou einem der Chiller gestohlen; der zweite, ein Paar Stranßkngcln, wurde aus dem Toldo entwendet. Weun aber auch die Indianer unter einander ehrlich genng sind, so machen sie sich doch kein Gewissen darans, Jeden zn bestehlen, der nicht zn ihrer Horde gehört. So nehmen sie zum Beispiel, wenn sie des Handels wegen in die Colo-nien kommen, ein verirrtes Pferd ohne Weiteres mit, und in Santa Cruz mansten Gravicl nud Andere fortwährend eiserue Nägel und sonstige Kleinigkeiten. In Bezng auf ihre Wahrheitsliebe habe ich folgende Erfahrung gemacht. Wenn es sich um uubedeuteude Sacheu haudelt, lügen sie fast immer nnd erfinden Geschichten blos Spaßes halber; so kam, während wir in Teckel waren, ,^ran Orkeke zu mir nud brachte die Nachricht, Casimiro's Weib sei todt. Ich bemerkte darauf: „Gott sei's gedaukt!" was mit hellem Gelächter aufgenommen nnd dnrch die Mittheilung erwiedert wnroe, daß sie so lebendig sei wie je, nnd daß sie nur böse Augen habe. Achnliche Beispiele, wo die Indianer Lügen erdichteten, könnte ich noch viele anführen. Den alten Orkeke ertappte ich nie auf einer dirccten Lüge, nnd wenn er mir über Ctwas Auffchluß gab, fügte er immer hinzu: „Ich lüge nicht." Handelte es sich aber nm eine Sache von Wichtigkeit, wie zum Beispiel die Gewährleistung für die Sicherheit eines Menschen, so sprachen sie die Wahrheit, so lange man ihnen Treu' nnd Glauben hielt. Als ich einige Zeit nnter ihnen war uud sie sich überzeugt hatten, daß ich es stets vermied, nnr irgend von der Wahr. heit abzuweichen, hörten sie selbst in unbcdentenden Sachen ans, mich zn belügen. Darans kann man sehen, daß sie nicht den hinterlistigen Charakter haben, den manche nnwissende Leute in ihren Büchern ihnen zuschreiben. Auch sind sie nicht ans Gewohnheit gransam, 200 Natürliche Liebe. selbst gcgm Sklaven oder Gefaligelie. T'ie chilischen Deserteure erhielten imutcr gute Wohnung und Nahruug und bekmuell zum Reiten Pferde gelichcu, ,lnd nur ihre unheilbar schlechte Besinnung und ihre beständigen Complotte brachten ein Schicksal über sie, das mail wahrhaftig kaum für unverdient halten konnte, da hingegen die welligen Guten von ihnen sich hohe Gunst erwarben. Ich für meinen Theil fühlte mich nuter den Tchuclchen, so lange als sie Nichts zu trinken oder keine Kämpfe hatten, weit sicherer als später in Nio Negro. Wenn sie betrunken sind, werden zügellos; sie erinnern sich alter Fehden und kämpfen znwcilen blos um des Kampfes willen. Um dies zu beobachten, braucht man jedoch nicht bis nach Patagonien zu gehen. Vielleicht der schönste Zug in ihrem Charakter ist die Liebe zu ihreu Weibern und Kindern; eheliche Zwistigkeiten sind selten und Wciberschlagen ist nnbckannt, und der tiefe Schmerz, mit welchem der Verlust eiues Weibes betrauert wird, ist sicherlich nicht „ciuilisirt", denn der Wittwer vernichtet sein ganzes Vermögen und verbrennt Alles, was er besitzt; so war Paliki vor dem Tode seines Weibes ein reicher Indianer; als ich ihn aber kennen lernte, war er arm nnd nachlässig; er hatte sein ganzes Hab und Gut vernichtet und in der Verzweiflung über seinen Verlust sich dem Spiele und Trnnke ergeben. Selbst Casimiro sagte, sein Sohn Sam — bei dein ich wahrhaftig nicht uermnthet hätte, daß er uneigennützige Liebe zn irgend einem menschlichen Wesen trage — habe nach dem Tode seines Weibes sich zu Grunde gerichtet und mache seitdem sich Nichts mehr ans dem Leben. Den Kindern läßt man Alles zn; sie reiten die besten Pferde und werden wegen schlechten Betragens nie znrecht gewiesen. Ich wnnoertc mich immer, daß die Jünglinge nnd jnngen Männer in ^olge des Mangels an Erziehung nicht halsstarriger nnd eigensinniger wurden. Lente, die keine eigenen Kinder haben, nehmen zuweilen ein Hüudcheu au Kindesstatt an; diesem wenden sie ihre ganze Liebe zn nnd geben ihm Pferde und andere werthvolle Sachen, die, falls der Besitzer stirbt, vernichtet werden. Es ist mir immer aufgefallen, daß die Missionäre bei ihren Bemühnngen, diesen Naturkindern Lesen nnd Schreibell beizn, bringen, keinen Erfolg gehabt haben; denn sie sind von Natur sehr intelligent (selbstverständlich gibt es auch Ausnahmen). Als Rath für Reisende. 201 Beweis für ihre Schnelligkeit im Nachahmen sei erwähnt, daß ich Hinchcl's Sohn mit sehr geringer Mühe ill ganz knrzer Zeit den Namen seines Vaters und diejenigen zweier anderen Indianer schreiben lehrte. Auch pflegte ich zur Unterhaltung der Kinder mit einem Stück Holzkohle Schiffe anf ein Brett zn zeichnen, und sie zeichneten sie sogleich nach, Hinchel selbst zeichnete, indem er ein Stück von dem Laufe des Rio Negro erklären wollte, eine rohe Karte auf das Brett, auf der die Krümmungen des Fusses dargc stellt wareu; sie war, wie ich später fand, vollkommen richtig. In ihren heimathlichen Wildnissen habe ich nnter den Indianern wenig Unsittlichkeit bemerkt; in den Ansiedelungen jedoch werden sie, wenn sie dnrch Trunkenheit gesunken sind, ohne Zweifel schlechter und in ihren Begriffen locker. Man muß es aber rühmen, daß iu späterer Zeit, weun die Indianer die Ansiedelungen am Rio Negro betraten, die jungen grauen und Mädchen grö'ßtentheils mit den Toldos in Valchita, außerhalb der Travesia, gelassen wnrden, damit sie den Versuchungen fern blieben. Jetzt wachsen viele Tehnelche^ Jünglinge auf, die vor dem Branntwein den größten Abscheu haben, und hoffentlich wird mit der Zeit diese Enthaltsamkeit sich nnter ihnen weiter verbreiten, denn sie selbst besitzen keine berauschenden Getränke; der Rum wird von den Christen eingeführt, nnd sie sind recht gut im Stande, die schlechten Wirkungen desselben zu beurtheilen. Ein kurzer Rath für den künftigen Reifenden mag diese nnvoll-kommene Skizze schließen. Zeige nie Mißtrauen gegen die Indianer -sei für Dein Hab nnd Gut ebenso nnbesorgt und mit demselben ebenso freigebig, wie sie unter einander sind. Verlange nie, daß man Etwas für Dich mache; fange und sattle Dein Pferd immer selbst. Thue nicht, als wärst Dn besser als sie, denn sie begreifen es nicht — es sei denn, daß Du Deine Ueberlegcnheit irgendwie deutlich beweisen kannst. Da Du wahrscheinlich nicht mit einen» Weibe oder mit Geräth belastet bist, so sei bei Flußübcrgängen oder sonstigen Schwierigkeiten immer der Erste; dann werden sie Dich allmälig achten lernen. Wit einem Worte, je nachdem Dn sie bc handelst, werden sie Dich behandeln. Sechstes Kapitel. Von Teckel nach Gcylum. Casimiro's Haushalt, — Carge-taik, — Quintuhual's Sohn. Wooltein. — Rebhühner, — Zusammenkunft mit den Araucaniem, — Der Cacique Quin-tuhual, — Lsgel kait. — Araucauische Schönheiten. ^ Gelegenheit nach dcr Colonie Ehupat. — Diplait, — Calficura's Kriegserklärung. -- Die Tehucl^ chen lernen fischen. — Meine indianischen Verwandten. — Walbstreifereim. — Ein indianisches Paradies. — Der obere Chupat ^ Cuschamon. ^ Das Verlieren der Pferde. — Amtsverrichtungen, — Botschaft von ?as Manzanas. — Das Branntweinsegnen, — Casimiro berauscht. — Foycl's i'ager. — Großes Parlemento. — Foyel's Absichten. — Gatschen-tait. — Ankunft in Geylum. Am 21. Januar wurde der Befehl zu marschiren gegeben, und die ganzen vcreiuigteu Truppen der Tehuclchen, zweihundert Mann start, nebst der ^wohnlichen Anzahl grauen und Kinder, rnstetcll sich zum Vorrücken, um sich deu Nraucanos anzuschließen, ^ehn Toldos, die Crime's Horde bildeten, blieben zurück, weil dieser Ca-ciquillo uoch immer krank war; er ließ jedoch sagen, er werde hinter uns folgen. Die Pferde waren alle in vortrefflichem Zustande, und es machte mir großes Vergnügen, den gewaltig laugen Zng abreiten zn sehen. Unser Familienkreis in Casimiro's Toldo nmfaßte, außer dem Häuptlinge und seinem Weibe, seinen Söhnen nnd seinem Töch-icrchen (ihingnt, einen alten Schwager, Kai, mit, dem Spitznamen Chileno, dessen Weib nnd Sohn Macho und eine alte taubstumme ^ran von höchst abstoßendem Aeußeren. Der einzige gute Zug in Castmiro'ö Charakter war seine Menschenliebe. Er war stetü bereit, Carge-kait. Armadillo. 203 allen Verlassenen oder Schwachen eine Zufluchtsstätte zu bieten, und in seinem Toldo fehlte nie irgend ein solches hülfloses Wesen, dessen er sich erbarmt hatte. Meine ehrenvolle Stelle als Secretär und Oberschiedsrichter, im Range der Nächste nach dem Cacique, söhnte mich kaum damit ans, daß ich die behagliche Ordnung in Fran Orkeke's Hauswesen gegen die unbehagliche Würde in meinem jetzigen Quartier vertauscht hatte. Auch der Chilier Mena, der durch seine guten Eigenschaften es weiter gebracht hatte als seine Landslente, theilte dieses Qnartier. Die Zahl der Chilier hatte sich bis auf vier vermindert; Arica war in der Nahe von Teckel auf der Jagd verschwunden; er war ohne.Zweifel in Mge seines zänkischen Wesens von irgend Jemandem, den er gekrankt oder beleidigt hatte, getödtet worden. Der Weg, den wir zogen, führte nordwärts durch ein Thal; wir jagten auf beiden Seiten des letztern nnd kamen am Nachmittag in einem Lager Namens Carge-kaik oder vier Hügel an. Die Landschaft bot nichts Vcmerkenswerthcs; die Hügclwände waren auf beiden Seiten mit (Gestrüpp bedeckt, und die (Gipfel bestanden au5 Fclsenmasscn uud au manchen Stellen aus losem Geröll, zwischen welchem viele Armadille in der Sonne lagen und sich wärmten. Diese Thiere lassen sich, da sie sehr langsam sind, leicht fangen; sind sie aber einmal in ihre Höhle, so sind sie schwer herauszubringen, well sie sich mit großer Hartnäckigkeit am Voden festhalten. Sie schmecken sehr gnt und werden gewöhnlich in ihrem Panzer anf dem ^ener gekocht; zu diesem Zwecke wcrdcu die Eingeweide u. s. w. herausgenommen nnd der hohle Nanm mit heiß gemachten Steinen ansgefüllt. Wenn sie in ihrem besten Znstande sind, hat ein Mensch au einem einzigen Schenkel genng, da das an demselben befindliche ,vctt, das gelb aussieht, ungefähr einen Holl dick ist. Aus den Pan-;cru machen die ^raueu Arbeitskörbe, in welchen sie, wenn sie nähen, ihre Pfriemen, Sehnen u. s. w. haben, oder die anch, wenn sie malen, als Farbcnkästchen für die verschiedenen Farben dienen. Den Tag nach unserer Ankunft wurdeu Tankelow nnd noch ein anderer Indianer als Voten an die Horde araucauischcr Iu diauer oder Manzancros abgesandt, die, wie man annahm, einigr Märsche von uns entfernt lagerte. In jener Nacht wurde ein Kind geboren, dessen Eltern reiche Leute waren; es faud daher eiu großes Stuteuschlachten statt, das Mandilzelt wurde errichtet und ein Schmaus und Tanz angekündigt. W4 Quintuhual's Sohn. Tanztostüm. ^cilllerlveilc kehrten gegen vier Uhr Nachmittage die Ehasquis zllrück lind brachten einen araucanischcu Illdianer nrit, der mitten ill einem Hansen Neugieriger, die Alle ihn gern sehen wollten, während er sich in seinem Benehmen immer ernsthaft nnd dnmm verhielt, in gehöriger Form nach nnserm Toldo escorlirt wnrde. Nachdem die üblichen ceremoniösen Förmlichkeiten vorüber waren, setzte cr sich nieder lind legte vermittelst eines Dolmetschers dar, daß er ein Sohn Qninluhual's sei, eitles Häuptlings, der sich gegenwärtig ungefähr vier Märsche weiter nach Norden aufhalte. Sein Vater habe die höfliche Votschaft, die Easimiro gesendet, mit großer Frende empfangen, nnd gleiches Vergnügen werde es ihm machen, die Tehuel-chen zu bewillkommnen; doch habe er den Wnnsch angedenket, erst Easimiro allein zu treffen. Hierin war der letztere Monarch offenbar anderer Ansicht, denn es schien keilte gnteu Absichten zu verrathen; er antwortete jedoch ausweichend, und damit war das Gespräch zu Ende. Dieser Indianer war nngcfähr von mittlerer Höhe. Gekleidet war er in farbige Ponchos uud lim den Kopf trug er ein seidenes Tuch. Er hatte regelmäßige Gesichtszüge, rastlos funkelnde schwarze Augen nnd ungefähr dieselbe Hautfarbe wie die Gauchos am Rio de la Plata, Das Haar trng er knrz geschnitten, und dieses wie sein reinliches Aenßere überhaupt bildete zu den wallenden Locken und den mit Farbe beschmierten Körpern der Tehuelcheu einen starten Contrast. Indem ich ihm meine Schlafstelle überließ, machten wir ihn batd heimisch, und nachdem er Etwas genossen hatte, gingen wir zn-sammen hin, nm den Tänzern zuzusehen, die um das vor dem Mau-dilzelt angemachte Feuer herum wacker ausschritteu. Hier gesellte sich Iackechan zu uus, und da er die araucanische Sprache verstand, so konnten wir nils unterhalten. Gleich darauf betheiligte ich mich auf besonderes Ersuchen am Tanze und zwar mit Golwin (dem Weißen) lind noch zwei anderen Indianern, wobei ich zur großen Freude der Indianer znm ersten Male im vollen Straußfeder-Costüm, mit Glockengurt und richtig bemalt anftrat. Meine ^eistuug im Tanze rief allgemeinen Beifall hervor, und schließlich begaben sich Alle zur uächtlichm Nuhe; ich selbst uahm mein Sattelzeug und schlief unter einem in der Nähe des Toldo stehenden Bnsche. Nach einem köstlichen Frühstück von gebratenen Fischen, dic Mena höchst kunstgerecht zubereitet hatte, machlcu wir unü wieder Wnolkein. Rebhühner. 205 marschfertig, der Ehasqui nahm für jetzt Abschied von nns, und um nenn Uhr Vormittags war der ganze Zng der Granen nich Kinder 511 Pferde in Bewegnng nnd der Kreis zur Jagd gebildet. Wir überschritten mehrere seichte (Gewässer, an deren Ufern Hwerchbuchen standen, nnd die sich entweder in Lagunen oder in den Teckelflnß ergossen, dessen Lanf nordöstlich von unserer Linie lag, und der Zug der Granen berührte bei dem Marsche dann nnd wann das Thal. Von den Hügeln, die diese Gewässer trennten, bestand die südliche Seite ans allmäligeu. mit grobem Gras bedeckten Abhängen, während die nördlichen Gegenabhänge steil nnd mit losen Felsblöcken nnd Steinen bedeckt waren. Ortete hatte mir ans den früheren Märschen oft gesagt, das Land der Arancanos wäre sehr steinig, nnd es gäbe dort sehr viele Armadille, aber wenig anderes Wild; an diesem Tage nnn sah man Gnanncos selten, Stranße aber viele nnd Armadillc in Ueberflnß. Nachdem wir mehrere Rücken nnd enge Thäler überschritten hatten, zogen wir endlich qncr über eine hügelige Ebene, die, wie ge wohnlich, mit Gestrüpp bedeckt nnd nut Feuerstein , Achate nnd an derem Kies bestreut war, nnd lagerten nns für die Nacht an einem Platze, Namens „Woollein"; er lag neben einem Wasserbette, das jetzt beinahe,trocken war; nnr in tiefen Löchern stand noch Wasser, Den Ecmon oder das Thal des Tcckelflnßes hatten wir einige Meilen weiter östlich verlassen, nnd zwar an einein Pnntte, wo es eine scharfe Krümmung nach Osten zn machen schien. Nach Westen sah man die gegen zwanzig Meilen entfernten Berge der Cordillera, während in Süden die schroffen Felscnhügel standen, über die wir schon gezogen waren, und in Norden eine Keue viemlich spitziger Hügel sich zeigte, die sich nach Westen hinzog und an ihrem westlichen Ende nach den nnten an der Eordillera liegenden Ebenen abzufallen schien. Am nächsten Morgen waren wir, ehe noch der Reif von der Weide weg war, wieder nnterwegs, nnd nachdem wir einen Felsenhang von vielleicht fünfzig Fuß hinabgeritten waren, erreichten wir eine zweite Ebene, die überall voll Steine lag, welche das Galoppircn sehr erschwerten; dessenungeachtet wnrde eine große Heerde Gnanacos eingeschlossen nnd viele erlegt; Stranße dagegen schienen sehr selten zu sein. ^n meiner großen Ueberraschnng stiegen, während ich einige Gnanacos verfolgte, dicht an den Füßen meines Pferdes zwei große Rebhühner ans, flogen eine kurze Strecke nnd setzten sich ^ann wieder, ^n der Umgegend von Santa Ernz waren 2<)l» Has Lager der Araucamer, nur Nebhühner beschrieben worden, aber ich hatte nie eines ssesehen; dies waren die ersten, die ich in Patagonien traf, Gegen drei Uhr Nachmittags kamen wir aus dem steinigen Striche auf eine Ebene heraus, die mit Sand nud (Gestrüpp bedeckt war. Nachdem wir uus an einem Wißchen erquickt, zogen wir west wärts, so daß wir die Cordillera gerade vor nns hatten, bis wir uns um eine hohe Klippe wandten, die ans den begrasten Abhängen, mil welchen die Hügel allmälig in die Ebene übergingen, vorsprang, jenseits derselben betraten wir, nns wieder gen Norden wendend, eine flache Ebene, an deren anderem Ende wir mit großer Zufrieden heit den Nauch bemerkten, der von den Toldos der araucauischen In dinner als Antwort auf deu unsrigen aufstieg. In Südwesten tonnte man wegen der dort am Rande des Thales vorspringenden hohen Klippe die bewaldeten Berge nicht dentlich sehen; zwischen den Hügeln jedoch, welche das Thal eiuschlosseu, das wir bis hierher schon durchritten hatten, traten dieselben hervor. Auf der Ostseite stand eine Hügelkette, kahl und öde, nnr hier und da rupfte ein einzelnes Guanaco in einsamer Majestät die Spitzen des verkümmerten Grases ab. Vor uns, gerade nach Nordeu, lag eine große Lagune, in welcher viele Schwäne und Flamingos nmherwateten und schwammen. Jenseits derselben sah man die Toldos der Araucanier, zehn au Zahl. Nahe am oberu Ende der Lagune machten wir unter dem Schutze einiger dichten Büsche Halt, um unsere Truppen zu sammeln, nnsere besten Ponchos und unsern Eilberschmnck anzulegeu und die Pferde ,zu wechseln, und zogen dann langsam weiter, bis wir nns noch un^ gefähr eine Viertelmcile von den Toldos befanden. Zu unserm großen Erstaunen zeigte sich Niemand, nm uns zn empfangen; endlich jedoch stellte eine ^rau sich ein und theilte nns mit, daß die Manner alle auf der.Jagd seien, daß man aber nach ihnen geschickt habe, uud daß sie bald kommeu würden. Unsere ^-raueu stellten mittlerweile die Toldos auf einem grünen, mit einem Teppich von Erdbeerpflanzen bedeckten Nasenplatze nahe an einem kleinen fließenden Wasser auf, das uuser Lager von dein der Araucanos trenute. Wir saßen Alle ab und ruhten nach der langen Reise, bei der wir, von der vorhergehenden Station an, volle vierzig englische Meilen zurückgelegt hatten, aus, uud in etwa einer halben Stunde erschienen die Araucanos, wie Dämonen gnloppirend. Da ihre Frauen vorher frische Pferde herbeigebracht hatten, so waren Zusammenkunft mit ben Araucaniern. W7 sie fast in kürzerer Zeit, als erforderlich ist, nm es niederzuschreiben, im Sattel nnd, Lanzen in der Hand, in vortrefflicher ^inie aufgestellt, darauf wartend, daß wir dir Bewillkommnnngsceremonie durchmachten. In etwa fünf Minute» hatten wir nns gerichtet nnd das gewöhnliche Oaloppiren, Jauchzen und ceremoniöfe Begrüßen überstanden. Mir fiel besonders die kühne, biedere Haltnng der jungen Männer dieser Horde anf- in buntfarbige Ponchos gekleidet, unter welchen fic reinliche leinene kurze Hosen nnd weiße Flanell-westeu trugen, machten sie einen höchst civilisirtcn Eindrnck. Vor allen Uebrigen, die im tanzen nur siebennndzwanzig Mann zählten, zeichneten sich vier Brüder aus; es waren gan; besonders schöne, kräftige Männer, mit blühender Gesichtsfarbe, die in der Ferne, wo man die Farbe ihrer Augen nicht erkennen konnte, fast wie Europäer aussahen. Als ich dies gegen El Sonrdo änßerte, der während der ^egrüßungsfeierlichkeit mir zur Rechten ritt, erwiederte er mit leiser stimme! ,,Argc Teufel, diese Indianer; vielleicht Krieg." ?"aß er an so Etwas denken konnte, während wir wenigstens zehnmal so viel waren als sie, beweist hinlänglich, in welchem Nnfe die araucaüische Tapferkeit steht. Es ging jedoch Alles rnhig vorüber, nnd anf den folgenden Tag wurde eine Nathsversammlnng festgesetzt. Als wir nach den Toldos zurückkehrten, sahen wir, wie eiuige Araucauier von etwas Waldung her, die an den Ufern des nach Norden fließenden Baches stand, eine Heerde Schafe lind Andere eine Heerde Ninder hcrbeibrachten. Anf der Ostseite des Thales grasten gegen vier- bis fünfhnndert Hengste nnd Stntcn anf der grünen Weide, und Hinchel zeigte mir mit großer Freude die Hengste und Stuten ^" ungefähr hundert Stück — die seinem ältesten Sohne gehörten, der eine Araucanierin qeheirathet hatte und sich bei ihnen anfhiclt, nnd der stolze Vater versicherte, an Nahrung werde es uns nicht fehlen, da er auch Ninder nnd Schafe besäße. Casimiro sagte mir, vor vielen Jahren habe er, während er nordwärts reiste, diese nämlichen Indianer zn Fuße getroffen. Sie pflegten, wie er mir weiter mittheilte, mit großen Hunden zu jagcu, die sie ausdrücklich der Jagd wegen hielten, das Fleisch gleichmäßig zn theilen nnd auf den Schultern nach den Toldos znrnckzutrageu. Auch mit ihrem Wirthschaftsgcräth belnden sie, wenn sie auf dem Marsche waren, sich selbst, hingen dabei Schläuche voll Fett in den bäumen liuf und ließen sie ^i künftigem l^'ebranch zurück. Er gab 30tt Quintuhual. ihnen ein Paar Stuleu, uon welchen ihre jetzigen Pferde zum Theil abstammen. Diese Grzähluug muß man jedoch mit Vorsicht aufnehmen, wenn es auch leicht möglich ist, daß ihnen in irgend einem Kampfe ihre Pferde abgenommen wurden, und daß sie später, als unter dem Cacique Lenletrou alle Indianer sich vereinigten, um in die Ansiedelungen einzufallen, einen Antheil von der Beute erhielten und seitdem durch Haudel die Zahl ihrer Pferde vermehrt haben. An dem Tage, der auf uusere Anknnft folgte, wurde eine Raths-Versammlung gehalten uud fand ein Austausch von Geschenken statt. Hier machle ich die Bekanntschaft des alten Häuptlings Qnintnhnal uud beschenkte ihn mit einem Dolche. Er war ein kurzer, schwer fällig gebauter Mauu, mit crustem, ja feierlichem Gefichtsansdrnck-aber er hatte einen schlechten Nnf, weil er sich leicht berauschte und ohne Weiteres zum Mesfer oder zum Revolver griff - ja, in, Nausche Alles niederstieß, was ihm in den Weg kam. Er war selbst verstündlich ein Vcrwaudter — man sagte, ein Neffe — Casimiro's; dessenungeachtet empfing er mich Anfangs mit großem Argwohn, und als auf seine fragen, was ich sei uud warum ich gekommeu, ihm mitgetheilt wurde, daß ich im Dienste der Cacique von England stände, die den Indianern wohl wolle, daß ich aber diese Gegenden nur zu meinem Vergnügen besucht hätte, erwiederte er, er sei kein Knabe, dem man leicht Etwas aufbinden könne - nachdem er jedoch geheime Erknndigungeu eingezogen hatte, schlng er bald einen andern Ton au; er bewies mir dann die größte Höflichkeit und wurde nie müde, über England und die Engländer fragen zu stellen. Hier wurdeu uus die Briefe, die wir vor einiger Zeit abgeschickt und von denen wir geglaubt hatten, sie würden uuumehr in Pata goues angekommen sein, wieder zurückgegeben. Sie waren bis zu ^oyel's ') Lenten befördert worden, weil aber diejenigen, die ich nach England sandte, auf blaßrothes Briefpapier geschrieben waren, so wurdeu sie wieder zurückgeschickt, da die Indianer der Ansicht waren, die Farbe des Papiers bedente Krieg. Quintuhual hatte eiueu Valdivicr oder Ehiloten Namens Juan Antonio bei sich, der den Dolmetscher machte. Dieser kleine Mann, der ursprünglich von seinem, irgendwo in der Umgegend von Porto Montt liegenden ,,Pago^, wie er es nannte, mit Branntwein zu deu Indianern gekommen war, um mit ihnen Handel ;n irciben, halte ') Auch Poyel genannt. Esgel-kllit. 209 sich entschlossen, bei ihnen zn bleiben, da er meinte, er sei besser daran, wenn er als armer Mann mit den Indianern in den Pampas lebe, als wenn er in derselben Lasse sich in den Ansiedelungen anfhalte. Er sprach selbstverständlich die nrancanische Sprache, die in Valdivia allgemein üblich ist, war aber anch mit der spanischen vcrtrant. Wenn er nicht zn Pferde saß, war er ein jämmerliches kleines Exemplar von einein Manne, nnd wenn er anch von Qnintnhual geduldet wnrde, so wnrde er doch, wie die Spanier es nennen, als ein ,,In-feliz" oder unglücklicher Mensch betrachtet. Die Rathsversammlnng löste sich nach einer Weile auf, wnrde aber, da Erimü mit den zehn erwarteten Toldos ankam, am folgenden Tage fortgesetzt, nnd Quinlnhnal willigte schließlich ein, seine Horde mit den Tehnelchcn zn vereinigen nnd unter Easimiro's Banner nach Las Manzanas zn ziehen. Der Chilote Juan Antonio stattete uns am Abend einen Besnch ab nnd theilte nns mit, daß die Toldos an diesem Orte, der Esgel-taik genannt werde, mehrere Monate gestanden hätten; die Männer seien nicht hier gewesen, sondern hätten erst die Jagd anf die jnngen (^nanacos abgehalten nnd daranf in der Cordillera Rinder einge-fangen nnd gezähmt. Nach seiner Schilderung waren diese Indianer große Meister im Lazowerfen nnd galoppirten, wenn sie die Rinder verfolgten, anf ganz erstaunliche Weise durch die Wälder; um einen Bullen zu fangen nnd zn sichern, war nur eiu einziger Mann nöthig, uud wenn er ihn hatte, galoppirte er weiter und sing noch einen. Da ging es freilich anders als bei uns, wo sieben Maun nicht im Stande waren, mit dem Lazo ein einziges Thier zu fangen. Er fagte ferner, bei Foycl's Indianern, die sich einige Märsche weiter nach Norden befanden, hätten sich die letzten zwei Jahre acht Valdivier aufgehalten nnd mit dem Ninderfang beschäftigt, nnd da es ihnen bis jetzt gelnngen sei eine Heerde von achtzig Stück zusammenzubringen, so gedächten sie binnen Kurzem nach Valdivia zurückzukehreu. Am dritten Tage nach unserer Ankunft besuchte ich die Toldos unserer nenen Verbündeten, nnd während )ch mit einem der vornehmsten Indianer, Namens Malakou, der ein wenig Spanisch reden tonnte, sprach, wurde ich gefragt, ob ich ivenerwnsfen repariren könne, uud eiu Paar uralte Exemplare von Pistolen mit Fenerstein-schlösscrn und von Vlundcrbüchsen, derm Schlösser mit hölzernen M u sters , Unter deu Pawssomer». 14 21 l) Ein Pferderennen. Reifen befestigt waren, wnrden hervorgeholt. In einer halben Stnnde hatte ich sie wieder zurecht gemacht. Die Eigenthümer waren sehr erfrent darüber und boten mir Tabak n. s. w. an; diesen wies ich jedoch zurück und nahm statt dessen eine Haut, um mir einen tlciueu Lazo zu machen. Nachdem ich von meinen ueuen Freunden, nicht für immer, sondern auf Wiedersehen Abschied genommen hatte, wurde ich, während ich wieder zurückspazierte, in einen Toldo gerufen, wo vier Frauen saßen und Mäntel nähten. Eine derselben, die zum Pampa-Stamme zu gehören schien, alt und häßlich, sprach Spanisch uud sagte, sie sei früher mit dem Cacique Chingoli in Rio Negro gewesen. Sie führte für die Anderen, drei schlanke, lose Mädchen, Töchter eines Bruders Quintuhual's, welcher Capitanejo der Horde war, das Wort. Die Letzteren hatten sich mit buntfarbigen Ponchos geputzt uud um ihr schöues glänzendes Haar, das in zwei lange Zöpfe geflochten war und ihre helle, frische Gesichtsfarbe reizend hervorhob, seidene Tücher gebunden. Die erste Frage, die sie an mich stellten, war, woher ich käme. Als ich antwortete: „Von der Richtung, in welcher die Sonne aufgeht," fragten sie, ob es dort nicht sehr heiß sei. Dann fragten sie weiter, ob ich schon einmal oben im Himmel gewesen sei; ob ich uicht einmal todt gewesen nnd wieder lebendig geworden, oder ob nicht Casimiro todt gewesen uud wiedergekommeu sei, uud nach verschiedenen anderen Dingen derselben Art. Nachdem ich ihre Neugierde, so gut als ich konnte, befriedigt und ein.e Pfeife geraucht hatte, erhielt ich durch Juan Antonio die Votschaft, daß Quinmhual mich in seinem Toldo zn sehen wünsche. Ich begab mich dahin, erhielt auf einem Poncho einen Sitz angewiesen und sprach eine halbe Stunde mit dein alten Häuptling; am Ende des Gesprächs machte er mir ein Geschenk mit iner ,,Iurga" oder, wie die Tehuelchen es nennen, einem „Lechu", einer Art wolleuer Bettdecke, die ihre Frauen machen, dem Poucho ä'hulich, nur daß sie nicht aus zwei Theilen mit einer Ocffnnug, durch welche der Kopf geht, soudern aus einem ganzen Stück besteht. Sie war ganz neu; seine, Töchter waren eben erst damit fertig ge-worden. Nach einem guten Mittagsmahle begaben wir uns zn dem Pferderennen, um zuzuschauen; es galt einen großen Wettstreit zwischen den beiden Stämmen. Die Nennbahn war ungefähr vier englische Meilen lang, und das Wettrennen endete mit dem Siege der Gelegenheit nach der Chupat-Colonie. 211 Tehnelchen. Jede der beiden Parteien hatte hoch anf ihre Lieblingsthiere gewettet, und da bei dieser Gelegenheit die Damen am Wetten einen hervorragenden Antheil nahmen, so herrschte bei den Tehnel-chen große ,Vrelldc, weil sie von den schöneil Nraueauieriüueu viele wevthvolle Atandils nnd Lechlis gewonnen hatten. Am Abend fand ein großartiger Schmaus mit Mandilzelt nnd Tanz statt. In der Nähe dieses Ortes wuchsen viele wilde Kartoffeln; die ssrauen brachen daher gewöhnlich früh am Morgen auf nnd kamen gegen Abend mit beladencn Pferden wieder. Die Knollen waren die größten, die ich gesehen hatte, nnd glichen ail Geschmack genall der Batate. Sie wnrden gewöhnlich in einem Topfe gekocht, aber eine Erdscholle darüber gelegt, damit der Dampf darin blieb. Wir blieben acht Tage in Esgel-kaik, unterhielten nns dort mit Pferderennen, besuchten die Arancanos nnd verbrachten nberhanpt dieweil sehr angenehm; die cillzige llnanuchmlichkeit war Crini^'s Krankheit, mit dem es allmälig schlimmer wnrde. Den Tag vor nnserer Abreise gaben Iackechnn lind El Sonrdo zn verstehen, daß sie, da sie eine Störung befürchteten nnd einem Kampfe gern ausweichen mochten, nns nicht nach Las Manzanas begleiten wnrden, sondern in der Richtung von Chnpat zu ziehen nnd einen Voten nach der wallisischcn Colonie zu senden gedächten, nm sich anmelden zu lassen. Ich ergriff daher sofort die Gelegenheit, einen Vrief an Mr. Lewis Jones abzuschicken, in welchem ich ihn nm eine bestimmte Sendung Jerba, Tabak nnd Zucker ersuchte. Am !>. Febrnar wnrde das ganze Lager abgebrochen; Iackechan und zwei ToldoZ zogen nach Nordosten, und die Uebrigen, die jetzt einen gewaltig großen Zug bildeten, marschinen fast gerade nördlich. Ehr Iackechan abzog, schickte er eine seiner Weiber und seinen jüngsten Sohn, der anßerordentlich au mir hing, in uuscru Toldo, damit der Vater der '^ran, Kai Chileno, nnterwegs sich ihrer annehmen sollte. El Sourdo hatte mich dringend gebeten, mit ihrer kleinen Horde zn gehen, nnd eine Zeit lang war ich wirklich schwankend, hielt es aber doch für das Beste, mich an Kasimiro zu halten und Cheoeqne sowie dem vielgcrnhmteu Manzanas, wo die Indianer Früchte i,l Hülle nnd ^ülle und Trank vollauf zn finden hofften, nnen Vesnch abznstatten. Nachdem wir Esgel verlassen hatten, änderte sich der Charakter des Landes. Wir zogen nicht mehr über Pampas mit ihrer tranrigen Einförmigkeit, sondern reisten durch ebeue Thäler von zwei bis drei l4^ 243 Die Lasser der Araucanier und der Tehuelchen. englische Meilen Breite, die von Bächen, an welchen verkümmerte Bäume standen, durchflossen wnrden nnd reich an Wild waren. Die allgemeine Richtnng der die Thäler trennenden Hügel — die runde Dünen nnd dann nnd wann zerrissene nnd vom Wasser ausgespülte Klippen bildeten — war von Ost nach West; es schien, als wären sie als Anslänfer von der Cordillera entsendet, von der jedoch ihre westlichen ,vüße dnrch ein, sich oft zn einer Gebirgsschlucht verengendes Thal getrennt waren, in welchem ein Wasser nach Norden hinabfloß. Gegen Abend wurde an einem Bache, wo es für die Pferde hinlängliche Weide gab, Halt gemacht, nnd es war reizend, den langen Zng der Granen in der ,verne wie eine Schaar Ameisen sich die Hügel herabschlängeln zu sehen; die Arancanicr trieben ihre Rinder und Stntcn von nnserer Horde getrennt, und ihre Schafe bildeten unter der Aufsicht einiger jungen Bnrschcn in langsamen Märschen den Nachtrab. Am folgenden Morgen wurde frühzeitig das Lagcr abgebrochen, und nachdem wir einen gerade über demselben stehenden Hügel, der mit üppigem, hohem Grase bewachsen war, überschritten hatten, begaben wir nns den nördlichen Abhang hinunter auf eine wilde, unfruchtbar aussehende Ebene, an deren Nordseitc, nahe an einer niedrigen Hügelkette, einige Bäume nnd eine silberfarbene Vinic den Lanf eines ^lnsses bezeichneten, der von der Cordillera kam; die Berge der letztern stiegen zu einer Höhe von 2000 bis W00 ,vuß empor, waren beinahe bis zu den Gipfeln bewaldet, nnd anf ihren Kämmen glitzerten dann nnd wann flecke Schnee, die der Gewalt der Sommerhitze Trotz geboten hatten. Wir ritten quer über die Ebene, anf welcher einzelne Berbcris- nnd andere Büsche standen nnd znr Abwechselung hier nnd da tteiue Rücken mit spitzen Hügeln sich hinzogen, und schlössen an den Ufern des Flusses, einige Meilen von der Cordillera entfernt, den Zagdkreis. Hier zündeten wir, in verschiedenen Particen, die üblichen ^ener an nnd genossen gemüthlich das Iagdmahl, nach welchem wir uns zn den Toldos begaben. Die Araucanier hatten die ihrigen anf dem südlichen Ufer des Flusses in einigen Baumgrnppen anfgcschlagen, während jene der Tchnelchen auf dcm nördlichen Ufer lagen, so daß der ,Vlnß die beiden Dörfer trennte. Von nnserm Vager nach Westen folgte auf die nufruchtbare Cbcnc eiuc Grasfläche, die bis zu dem etwa zwei englische Meilen entfernten Fnßc der Berge sich erstreckte; aber weiter Calsicura's Kriegserklärung. 313 den Fluß hinauf, der sich nach Norden zog, schien die Ebene ihren unfruchtbaren und steinigen Anblick wieder zu bekommen nud hier nnd da eine ausgetrocknete Lagune zu enthalten, bis sie den Abhang des Gebirges erreichte nnd abgesonderte Bamngürtel den Anfang des Waldes bildeten. Anf der südlichen Seite des Flusses stand das Weidefutter nicht gerade in Ueberfluß; so viel jedoch, als die Pferde, Rinder nnd Schafe unserer Verbündeten fraßen, war vorhanden. Nachdem, wie gewöhnlich, die Pferde besorgt waren, badeten sich die Meisten von nns im Flusse, der zwar nicht fehr tief war, aber hier und da zum Baden geeignete Lachen hatte; das Wasser war jedoch eiskalt. Den Tag nach unserer Ankunft in diefem Lager fand in den arancanifchcn Toldos ein Geburtstagsschmaus statt, zu welchem die Meisten von nns eingeladen wurden. Es wurde das übliche Zelt errichtet und am Abend ein Tanz gehalten, und Schmaus nnd Tanz dauerte zwei Tage nnd Nächte. Als die Vergnügeu zu Ende waren, kam von Fonel ein Bote nnd sagte, Ealficura, der Häuptling der an den Salinas nördlich vom Nio Negro, ill der Nähe von Vahill Blauea gelagerten Indianer wolle eben mit Buenos Ayres Krieg führeu; der angebliche Grund sei die Ermordung eines seiner Verwandten durch die Christen; er bitte deshalb die Arancanicr nnd Tehnclchen, sich ihm bei diesem Einfall anzuschließen. Seine Botschaft lautete wörtlich folgendermaßen: „Mein Pferd steht bereit, ich habe den Fuß im Steigbügel, meine Lanze in der Hand ; ich will Krieg führen gegen diese Christen, deren Falschheit wir endlich satt bekommen." Es wurde ein Parlemento einberufen imd die Häuptlinge berietheil sich einige Zeit, beschlossen aber znletzt, sich nicht in die Sache mischen zu wollen; es wurde daher ciue Botschaft des .Inhalts gesandt, er könne machen, was er wolle, sie aber möchten gern Frieden halten. In Diplaik blieben wir einige Tage. Es wnrden während derselben mehrere Wettrennen gehalten, die diesmal zu Gunsten der Araucanier ausfieleu, welche ihren Nachbarn viele Hengste und Stnten abgewannen. In die internationalen Vergnügnngcn kam Abwechselung durch einen Hahnenkampf zwischen Orkeke's Vogel und einem zweiten, der l'inem Arancanier gehörte. Ich wurde ersucht, die Sporen schärfen zu helfen, nnd meine Freunde waren ganz erstaunt darüber, daß ich entrüstet mich weigerte, mich mit so Etwas zu befassen. Der arau- 254 Die Tehuelchen lernen fischen. canische Hahnbcsitzer hatte auch eine Henne, die während des Marsches anf einigen Eiern saß und ihre in sechs Hühnchen bestehende Vrut glücklich in die Höhe brachte; Henne, Nest und Alles wurde behutsam zu Pferde trausvortirt und Mutter Heuue schien im Sattel geuau so zu Hause zu seiu, wie irgend eiue indianische Mnttcr mit ihrem Saugliug, deu sie in der Wiege hinter sich hat. In den ausgetrockneten Lagunen auf der Nestseite des Thales waren häufig die Fraueu uud zuweilen auch die Münucr mit dem Ausgraben einer eßbaren Wurzel beschäftigt, die dort iu großer Menge wuchs. Das Vlatt der Pflanze ist sehr klein und die Wurzel, die sich ungefähr eiuen Fnß unter der Oberfläche findet, ist von 1 bis 3 Zoll lang. Sie ist ganz weiß uud etwa eiuen Viertelzoll im Durchmesser; im rohen Zustande ist ihr (Geschmack demjenigen der Kastanie ähnlich, aber etwas süßer. Die Indianer kochen sie und trinken das Nasser, das sehr süß schmeckt. Nährend der letzten zwei Tage nn-sers Aufenthaltes lebten wir, da fleisch nicht zu bekommen war, ganz von dieser Nahruug uud von Fischen, die wir im Flusse ftugen. Einige Tehnelchcn wurden hier zum ersten Male dazu gebracht, die Fische zu kosten, an welchen Casimiro, Mena nnd ich nns erquickten, und Manche von ihnen gewannen ihnen großen Geschmack ab; sie borgten meine Angelschnnren nnd Haken nnd saßen bald am Ufer, geduldig wartend, daß einer anbiß. Sie singen mehrere und kehrten gegen Abend mit meinen Schnureu zurück, brachten uns auch einen Theil der Fische mit, obgleich wir es nicht verlangten. Da ich viele Haken hatte, so machten diese scharfsinnigen Wilden sich bald Schnureu aus gedrehten Straußsehueilund mögen, nach Allein was ich weiß, gegenwärtig wohl mit dem Fischfange beschäftigt sein. Die Thatsache, daß vor dieser Zeit kein Tchnclche die Fische, die ich sing, anrührte uud schon bei dem Gedanken daran großen Ekel äußerte, verdient ausdrücklich erwähut zu werden, da mau behauptet hat, daß sie au der Küste Seefische fangen nnd essen; dies konnten nur ^cute sageu, die von ihrer wirklichen Lebensweise uichts wußten '). Am 12. Februar marschirteu wir; die Ursache, weshalb wir uoch zwei Tage länger aufgehalten wnrden, war die fortdauernde Krankheit Crimes, der sich jedoch endlich entschloß, einen Versuch zu machen und mitzuziehen, wenn er anch blos im Elande war auf dem Pferde zu sitzen. Die Frauen folgten mehr oder weniger dcm Thale ') SBerflI. Guinnarü, 'Three Yoars' Slavery', p. l'.i. Meine indianischen Verwandten. 21,5 deZ Flusses, währeud die Jäger über dic Hügel setzten, die auf der Ostseite mcistcutheils frei von ^els uud Steinen waren und auf denen es viele Strauße gab. Währeud der Reise stieß ich plötzlich ans zwei wilde Katzen, von welchen die eine mein Hund angriff und tödtete und die andere meinen Volas zum Opfer fiel. Sie gehörten zu der Art, die in den Provinzen von La Plata und besonders auf den Iuselu der Parana gemein ist. Gegen Abend trafen wir wieder, ein kleines Wasser, das in den Hauptstrom floß uud auf defseu Ebene wir später hiuabrittcu, wo wir die Toldos, buchstäblich „»ud w^minE t'llAi") bereits aufgeschlagcu faudeu. Während dieses Tagc-rittes bereiteten wir, da wir zufällig iu demselben Theile des ^agd-kreiscs waren wie, die Araucauicr, nuscr Mittagessen iit deren (Gesellschaft uud ritten auch zusammen heim. Unterwegs sagte Quintu-hual's ältester Sohu, mit dem ich schou iu sehr freuudschaftlicheu Beziehungen stand, er mochte mich gern zum Bruder haben. Wir gäben nns demgemäß die Hände und ertlärteu, währcud wir zusammen ritten, feierlich, daß wir wie Brüder lcbeu und stets den Pflichteu, welche die Verwandtschaft uus auferlege, eiugedcuk seiu, und weun die Noth es erfordere, eiuandcr beistehen wollten, in welchem Theile der Welt wir uns auch befinden möchten. Mehr konnte man nicht verlangen, uud deu ^cser mag es vielleicht iutcrcssircu, zu wisfen, daß meiile Schwestern und Vasen die hübscheu Mädchen waren, die in Esgel so neugierige Frageu aufgeworfeu, uud mit welchen ich, obgleich wir gegenseitig unsere Sprache uicht verstaudeu, doch durch Lachen die Bekanntschaft immer fortgesetzt hatte, dadurch im Herzen mciuer Tehuelche-Freunde bedeutende Eifersucht erweckend. Die herrlich warme Witterung, die — es war ein Wuuder! — währeud uusers Verweilens in Lilly-Haik, wie diese Station hieß, fortdauerte, machte nnsern dortigen Anfenthalt höchst genußreich, und wir schwelgten in deu einfachen ssreudeu, die der Wald bot; zuweilen gingen drei oder vier vou uns fort, über dcu Bach hiuübcr, begabeu sich dann über ciue Ebrue, welche die Pferde uud Niuder inue hatten, und suchteu iu den Naviuen der nahen Berge uach Erdbeeren, oder kletterten auf die hohen Bäume lind sammelten dcu gelbeu, uuschmackhaften Schwamm, der an den Aesten hing, oder legten sich in die wilden Veilcheu und genossen das äolcn lw- nionto. Diese indianischen Naturkinder zeigten, daß sie den Müßiggang, der zu dem ,n'üchte-uud Blmucu-Cammeln und zu dem Umherstreifen in den Wäldern gehört, ebcnfo gut zu schätzen wußten wie die Schulkinder bei eiuem 216 Zahme Skunke. Ausflüge an einem schulfreien Tage. Einmal begaben sich ssasimiro und einige Andere hinaus, um Holz zur Herstellung von Sätteln zu sucheu; wir füllten mehrere schöne Bäume, wählten von dein Holze passende Stücke aus und hieben sie ab. Es war mit stumpfen Aextcu eine saure Arbeit, aber die Indianer sind, wenn sie einmal Etwas anfangen, unermüdlich. Nachdem ich mit der Axt das Meiuige gethan hatte, wanderte ich mit einem Gefährten fort in den dichteren Wald hinein, um Schwämme zur Herstellung von Feuerschwamm zu suchen. Davon fünden wir nur wenig, aber der Durst veranlaßte nns bald, nns nach Wasser umzusehen, lind wir entdeckten ein köstliches eiskaltes Flüßchen, das mit Iohannisbeerbüscheu umgeben war, die reife Früchte trugen. Hier bliebeu wir kurze ^>eit, auf dem bemoosten Nasen liegend und rauchend und Johannisbeeren pflückend, bis ein Jauchzen in der Ferne uns mahnte, daß unsere Gefährten zurückgingen. Auf dem Heimwege töoteten wir eine der platten, tröten-ühnlichen Eidechsen, welche die Indianer als mit dem Teufel in Verbindung stehend betrachten; anch fingen wir einen juugen Skunk, den Casimiro gern für die Kinder behalteu wollte, auf mein Bitten aber laufeu und die Freuden der Freiheit genießen ließ. „Denken Sie sich einen zahmen Skunk!" mag wohl mancher Leser ausrufen; aber in Hinchel's Toldo gab es zwei Skunkc, die, völlig zahm und so spielerisch wie juuge Kätzchen, überall umhersprangen; von ihren anstößigen Eigenschaften «nachten sie nie Gebrauch, und wenn sie sich zuweilen ein Paar Stunden lang verloren, so entstand von Seiten der Kinder ein schreckliches Geschrei, bis sie wieder gefunden wurden. Die Hügelabhänge waren ein Garten voll Calccolarien oder Pantoffelblumen, Alnssnm oder Steinkraut, winzig kleiner wilder Geranien oder Storchschnabel und anderer Blumen, die ich nicht kannte. Unter ihnen waren zwei prachtvolle Schlingpflanzen; die eine mit prächtigen violetten, trompetcnförmigen Blüthen, glich einem Weinstock, und die andere entfaltete schöne kreisrunde, oraugc-farbeue Blumeu mit schwarzen Linien, die wie die Speichen eines Nades strahlenförmig von: Mittelpunkte ausgiugen. Ich sah mich vergebens nach Samen um, aber es gab keine reifen; ich begnügte mich daher, eine Blüthe abzupflücken, die später mit noch anderen gesammelten Pflanzen verloren ging. Ein unangenehmer Vorfall gab mir hier Gelegenheit zn der Beobachtung, daß die Araucauier jeden unglücklichen „Christiano", den sie entweder stehlen oder taufeu köuuen, gern zum Sklaven Ein indianisches Paradies. 31? machen und mißhandeln. Einer der Ehilier hörte, nachdem er mehr als einmal von einem Tchuelche-Toldo nach dem andern gezogen war, auf die trügerischen Versprechungen eines Araucnniers und verließ seine alten Beschützer vielmehr als Herren. Er fand bald, daß er eine bequeme Stelle gegen wirkliche Sklaverei vertauscht hatte. Eines Tages bat er mich, ich möchte mich in's Mittel schlagen, um ihn vor der Grausamkeit seines Herrn zu schützen, der ihm mit der Peitsche zusetzte, damit er fortfahren sollte, Holz zu fällen, womit er eben beschäftigt war. Er beklagte sich, daß er den ganzen Tag arbeiten solle, spärlich zu essen bekomme und außerhalb des Toldo schlafen müsse; uuter den Patagoniern habe er ein ganz anderes Leben gehabt; da habe er immer Nahrung, Obdach nnd ein Pferd zum Reiten bekommen. Anf meine Verwendnng nahm ihn Quintn-hnal ill seinen Dienst, nm ihn zu schntzeu, denn ein Tehnclche nahm ihn nicht wieder auf; doch soll er später von sei nein ehemaligen Herrn znr Strafe für sein Fortlaufen getödtrt worden sein. Während unsers Aufenthaltes spielten Einige von uns hoch Karten; Easimiro und Hinchel arbeiteten sehr emsig an der Herstellung von Sätteln, nnd wenn sie fertig waren, hatten sie ebenso große Eile, sie zn verspielen. Auch eine Hochzeit fand hier statt nnd brachte Abwechsclnng in nnser Leben, nnd ein anderer kleiner Vorfall, eine Ehescheidnug durch gegenseitige Einwilligung des Mannes und Weibes, eines Araucaniers und einer Tehnelchin, gab den alten Damen Stoff zum Klatschen; doch wnrde bald darans eine Versöhnung herbeigeführt. Am U). Februar verließen wir Lilly-Haik nnd nahmen Abschied von dem lieblichen Flusse nnd den Frcnden des Waldes, die dieses Paradies, wie der Ort mit seinen blumenreichen schattigen Plätzen nns vorkam, gewährte. Als wir den nördlichen Abhang des das Thal begrenzenden hohen Landes hinaufzogen, machte ich Halt, nm es znm Abschied noch einmal anzuschauen, nnd ein schönerer Anblick hat sich meinem Auge noch nirgends geboten. Während das Thal eine Krnmuzung nach Westen machte, verengte es sich, nnd an seinem obern Ende kam dnrch eine riesenhafte Kluft, deren senkrechte Wände mehrere hundert Fuß hoch waren, das Wasser des Flusses ans seiner E'ebirgswiegc hervor. Die Dunkelheit dieser Schlucht war so stark, daß selbst indianische Angen sie nicht zn durchdriugen vermochten, und der Fluß schien ans unbekannter Finsterniß an das Sonnenlicht hervorzutreten. Oben stiegen auf beiden Seiten die jähen 218 Der Chupatsirom. Felsenklippen allmälig zu hohen Bergen cinpor, die in einen reichen Mantel des dunkelgrünen cedergleichcn Vaubes der Buchenwälder gekleidet n>aren, und zwischen ihren (Zipfeln konnte man die blendenden Spitzen weit entfernter höherer, mit ewigem Schnee gekrönter Verge sehen. Dieser reizenden Scenerie den Rücken wendend, setzten wir über eine merkwürdige Reihe kahler und steiniger Terrassen oder Bänke uon seltsam unregelmäßiger Bildung; die Terrassen liefen in verschiedenen Richtungen nnd stellten keine parallelen Vinien dar, die eine gleichförmige Wirkung des Wassers angedeutet hätten; die regelmäßigen Abhänge und ebenen oberen Flächen glichen einer Reihe riesenhafter Stufen. Endlich stiegen wir auf eine Ebene hinab, die an einen Fluß stieß, den alle Indianer einstimmig für den Hauptarm des Chupat erklärten. Auf der Südseite waren die Ufer mit einer Art Pampagras bewachsen, während auf der Nordseite einige Bünme standen, in deren Nähe die Toldos aufgeschlagen wnrdcn. Der Flnß war gegen vierzig Meter breit und ließ sich an den meisten Stellen leicht dnrchwaten; es gab jedoch anch tiefe Strecken, wo ein Pferd schwimmen mnßte. Der vorderste Theil der Jäger fetzte zuerst über, nnd Einige, die entweder die Furthen nicht kannten oder sich nicht nm dieselben bekümmerten, genossen ein Bad, indem sie neben ihren Pferden herschwammen. Abends war unsere ganze Horde, Frauen nnd Gepäck, angelangt. An diesem Orte, der Chn-patcush genannt wnrde, mußten wir wegen der fortdauernden Krankheit des Eneiqne (^rimö einige Tage Halt machen. Wir jagten in der ganzen umliegenden liegend, die keine besonders merkwürdigen ^üge bot. Stromabwärts, oder richtiger gesagt, nach Osten hin, kam erst eine mit kurzem, in Büscheln stehendem M'ase bedeckte und dazwischen mit einzelnen Stränchern bewachsene Hügelkette von der gewöhnlichen Beschaffenheit, dnrch die der Fluß in einer Neihe Schlnchten hindnrchbrach, und dann begann eine große Ebene, die sich auf jeder Seite vielleicht nenn englische Meilen erstreckte; sie war spärlich mit Gras bewachsen, anßer nach den Ufern des Flusses hgl, wo das Weidefntter üppig stand. Nach einer späteren Vergleichnng der von den wallisischm Ansiedlern in Bezug auf seinen nntern ^anf gemachten Beobachtungen mit meinen eigenen lind nnterstützt durch Berichte der Indianer kann ich behaupten, daß der Ehnpatflnß sich in seinem ganzen ^anfe dadnrch charakterisirl, daß enge, schlnchteuartigc Ein- Die Nebenflüsse des Chupat. 219 schnitte mit ähnlichen weiten Ebenen, die alle zum Anban sich eignen, abwechseln. Außerdem Sengcl, der ohne Zweifel einer seiner Haupt-zuftüsse ist, waren anch noch andere anf unserer Neise vorkommende Ströme als Nebenflüsse des Chupat beschrieben worden, nnd der Richtung ihres Laufes nach schien es, daft ihre Wasser, falls sie das Meer erreichen, sich in den Chupat ergießen müssen; aber es ist dann schwer zu begreifen, wie der Chnpat, wenn er das ganze Wasser eines so großen Gebietes aufnimmt, nach der Schilderung sowohl der Indianer als der Ansiedler in der Nähe der Mündung so kleine Dimensionen haben kann. Es ist daher wahrscheinlich, daß einige, wenn nicht die meisten der kleineren Flüsse sich in den centralcn Distrieten in Lagunen oder Sümpfen verlieren, nnd der ^'eser muß sich gefälligst erinnern, daß der Lauf dieser Flüsse, wie ich ihu auf der Karte angedeutet habe, nicht in allen fallen nach meiner eigenen Beobachtung, sondern theils nach der Vcschreibuug der Indianer, theils nach einer schon vorhandenen Karte, die wahrscheinlich nach ähnlichen Angaben zusammengestellt wurde, verzeichnet worden ist. Nach Westen kommen in Zwischenraumen Ebenen vor, dem Anschein nach bis zu der Stelle, wo der Miß aus den Schluchten des hohen Gebirges der Anden hervorbricht, gegen zwölf englische Meilen vou unserm Lager. An diesem Puuktc fließt der Strom von Norden her, und wie die Indianer mir sagten, hat er seine Qnelle in einem großen See, höchst wahrscheinlich im Nahuel huapi. Das Weidc-fntter war iu der unmittelbaren Nähe des Lagers spärlich, dem Anschein nach kürzlich wcggebrannt worden, aber der Boden war fettes angeschwemmtes Land. Bei der Jagd war das Auffallendste, was ich beobachtete, die große Menge Armadillc; ein einziger Jäger brachte häusig zwei oder drei. Auch fische gab es im Flusse sehr viele, und sie waren im Durchschnitt größer als jene, die wir vorher gefangen hatten. Am 18. Februar wnrde nach Norden, nicht weit entfernt, Rauch bemerkt, und gegen Abend kam ein Chasqui an und brachte ein Paar Flaschen Branntwein für Quintuhual mit, sowie die Nachricht, daß bei Foyel's Leuten Alles gut gehe, nnd am 21. mar-schirteu wir wieder über eiu hohes, durch viele unregelmäßige Ra-vinen zerrissenes Platean, das dem Anschein nach von einer Ueber-schwemmung betroffen worden war. Hohe vereinzelte Felsenklippen standen empor, als ob das Wasser mn sie herumgespült, das dazwischen liegende Erdreich weggerissen und nur ihre ausgewaschenen 220 Cuschamon. Gestalten hätte stehen lassen, die ebenso deutlich die unvertilgbaren Zeichen der Blüthen bewahrten, wie die zerrissenen, zerspengten imd versengten Felsen in den südlichen Districten die Spnrcn «Manischer ^euer an sich trugeu. Zuletzt kau: eine mehr nnunterbrochene Ebene und endete in einem abschüssigen Hange von !M) bis 400 Fuß Tiefe; die Wand des Spaltes war mit Gras nnd Sträuchern bewachsen und dazwischen mit zerstreutem Geröll bedeckt. Hier zogen wir hinnnter und lagerten nns nahe am Fuße des Hanges, wo an der Seite eine schöne Quelle ausströmte. Der Grnnd des Canons, der beinahe eine halbe englische Meile breit war, enthielt ein Wasserbett, das zu dieser Jahreszeit trocken war, bis auf einige Lachen mit znm Trinken untauglichem, stillstehendem Wasser. Von diesem Orte aus, der ssnschamon genannt wurde, sollten an Foncl und auch an Cheoeqne, den Häuptling von Las Manza-nas, Voten gesendet nnd unser nahe bevorstehendes Eintreffen ihm vorläufig angezeigt werden; ich schrieb daher nach nnserer Ankunft im Lager auf Easimiro's Ochelß an besagten Häuptling einen Brief, der in gut abgerundeten Sähen und mit vielem, an Komplimenten reichem Wortschwall die Thatsache und die Gründe darlegte, daß wir alle Indianer vereinigt hätten und sie zum Anschluß einlüden. Nachdem am folgenden Morgen der Brief den versammelten Caciqncn vorgelesen nnd erklärt worden war, erschienen die zwei Boten (Söhne von Eaciqnen) mit je zwei Pferden nnd traten, nachdem fie noch einige mündliche Befehle erhalten hatten, unter dem Ge-, henl einiger alten grauen und einem Eornet-Eignal ihre, Reife an. Wir Uebrigen, die wir aufgesessen waren, nm der Sache ein größeres Gepränge und mehr Feierlichkeit zu verleihen, begaben uns auf die Jagd; Eiuigc folgten in östlicher Richtung der Ravine, die durch hohe Pampas ging nnd in eine Ebene anslief, welche eine durch die Wasser des Baches gespeiste Lagune enthielt, während Andere die oben liegenden hohen Pampas umkreisten. Hinchel, den ich diesmal begleitete, machte mich auf mehrere kleine Löcher aufmerksam, an deren AuZmündung sich Häufchen Erde nnd Schutt befanden; er behauptete, es seien die Aufenthaltsorte von Schlangen, aber außen waren keine zu sehen. Er beschrieb die Schlangen als der Farbe nach dunkel, gegen 2 Fuß tt Zoll lang und völlig unschädlich, und fügte hinzu, sie würden zu essen taugen; dies Alles wurde später von Ca-simiro bestätigt. Zu den Beschwerden des Pampalcvens gehört die, daß man Das Verlieren der Pferde. 221 dann und wann seine Pferde verliert, wie es bei mir in Cnschamon der /M war; ich mußte eiuen ganzen Tag suchen, da sie znsammcn mit einem Trupp Stuten weit oben im Thale, das sich hier in zwei Arme theilte uud iu bewässerte grasreiche, sich bis zur Cordillera erstreckende Ebenen auslief, umherstreiften. Da es beide Thäler hinauf Pferdcspuren gab, so nahm ich nach dem gewöhnlichen besetz der Contrarietüt zuerst das falfche und muhte eiueu langen Galopp umsonst machen. Es ist stets mühsam, gegen zweitausend Pferde durchsuchen zu müssen, die alle nngezeichnet sind, und von welchen viele dieselbe ^arbe haben und vielleicht jenen, die dem verlegeueu Sucher gehören, ähnlich sehen. Der Indianer jedoch erkennt mit seinem natürlichen Scharfblick seine eigenen Pferde iu großer Entfernung uuter hnudert auderen. Es ist bereits gesagt worden, daß bei diesem umherschweifeuden Leben Jeder seine Pferde selbst besorgen muß, denn die Indianer begreifen es nicht, warnm ein anderer Mensch es für ihn thnn soll, es sei denn, daß er ein Sohn oder Verwandter wäre, und wenn sie sich zum Marsche vorbereiten, wird uuter alleu Umständen erwartet, daß Jeder seine Pferde selbst findet und herbeibringt. Während nnsers Aufenthaltes in diesem Lager (der bis zum 28. Februar dauerte) trateu die kalten Winde wieder ein, nnd einmal fiel Schnee, aber uicht viel; wir warcu daher Alle sehr froh, daß wir endlich den Befehl zum Marschiren erhielten, nud zogen in der freudigen Erwartung fort, bald deu Chasquis mit Nachrichten vou deu andereu Iudiauern zn begegneu. Jetzt waren die jungeu Guanacos zu beträchtlicher l^röße herangewachsen uud machten bei der Jagd Einem länger zu schaffcu, aber ihre Felle waren zu Mänteln unbrauchbar, weil der Pelz schou mehr vou der dichten wolligen Beschaffenheit erlangt hatte, die der Pelz des ausgewachsenen Thieres hat. Der nächste Halt wurde au einem Orte Namens Telck gemacht; es war ein Thal von beträchtlicher Breite, au dessen ciuem Naudc ich auf die Höhle eines patagouischeu Haseu oder Halbtauiuchens aufmerksam gemacht wnrde; der Besitzer der Höhle war jedoch uicht zu sehen. Hier kam ein Bote von ,vouel an mit einer Autwort auf unsern Brief; sie war von einem valdivischen Iudiauer, Namens Antonio (>maitn verfaßt, der von den Missionären erzogen worden war und bei dem Häuptlinge das Amt eines Sekretärs bekleidete. Die Caciquen bildeten einen Kreis, in welchen, mein Platz neben dem Präsidenten, Casimiro, war; dann wnrden die Chasquis vorgc- <»l) Amtliche Verrichtungen. stellt und überreichten mir feierlich den Brief, der in ganz eigenthümlichem Spanisch geschrieben war; nachdem ich ihn einigermaßen für mich studirt hatte, war ich im Stande ihn zu entziffern nnd der aufmerksamen Versammlung zn erklären. Er enthielt viele Aeußerungen des Wohlwollens und der Hoffnung auf eine baldige Zusammenkunft uud fchloß mit der Entschuldigung, daß er, weil er sein nördlich vom Rio Limay gelegenes Land nnr «erlassen habe und in diese Gegenden herabgetommen sei, um Jagd auf die jungen Guanacos zu machen, zn seinem Bedauern so wenig Krieger in seinem befolge habe, mit welchen er „den großen Hänptling des Südens", nämlich Easimiro, bewillkommnen könne. Die Häuptlinge waren alle, ohne daß ich mich rühmeu will, sowohl mit meiner Haltung bei dieser amtlichen Verrichtung sehr zufrieden, als auch erfreut über den freundschaftlichen Inhalt der Depesche; einer der araucanischen Ea-ciquen gab mir mit vielen Komplimenten die Versicherung, daß, wenn ich reiten wollte, seine Pferde mir immer znr Verfügung ständen. Hieranf begaben sich Alle zu einem Schießen oder vielmehr zu einer Uebuug auf Pistolen, bei welcher die Leistungen entschieden mäßig nnd das Ziel der sicherste Platz war. Von da brachen wir am ^!. März auf, zogen immer nordwärts über die uufruchtbaren ebenen Pampas, auf welchen kaum ein Stranch stand, während in Westen die manerähnliche Cordillera sich erhob und nach Osten Hügelketten die Aussicht begrenzten, uud lameu gegen zwei Uhr Nachmittags auf einer marschigen Ebeuc an. Dort stieg, als wir eben Halt machten, nm ein ^euer anzuzünden, plötzlich anf der gegenüberliegenden Seite eine Rauchwolke auf und dentete die nahe bevorstehende Ankunft der nach Las Manzanas gesandten Chasquis an. Es wurden sofort ein halbes Dntzend von nns abgeschickt, um zu sehcu, ob die Vermuthung sich bestätige; wir verschoben daher unser Mittagessen auf eilte künftige (Megenheil und sprenglen wettrennend über das Thal hinüber, denn die Indianer glaubten steif nnd fest, die Noten brächten Branntwein mit nud ^eder wollte gern zuerst trinkeu. Endlich entdeckten wir sie, nnd als sie uns ebenfalls bemerkteu, hielten sie an einem kleinen Hügelchen und saßeu ab; dort schlosscu wir nus ihuen bald an, während Easimiro, wie es sich für einen so großen Mann geziemte, ruhig nnd gesetzt folgte. In Betreff des Branntweins hatten die Indianer sich getäuscht; die Boteu hatteu weiter nichts mitgebracht als einige Aepfel, von welchen eine Anzahl an uns verlheilt wnrde; sie waren sehr saftig und er- Votschaft von Las Manzanns. 323 quickend und kamen jedem europäischen Apfel gleich. Die einzige Antwort auf unsern Brief war eine mündliche Botschaft des Inhalts, daft wir in ^as Manzanas willkommen sein würden, und daß Eheoeqne eine Streitmacht sammeln wolle, nm nns entgegenzukommen -sein ganzes Volk sei gegenwärtig im (Gebirge nnd bringe die Aepfcl-nnd Pinonen-Ernte ein; auch habe er gesagt, er habe kürzlich Nachricht von Patagones erhalten, indem ein gewisser Mariano Linares, Brndcr des Oberhänptlings der in jeuer Ansiedelung lebenden zahmen Indianer, gegenwärtig in ^as Manzanas zum Besnch sei. Casimiro war etwas aufgebracht darüber, daß er keine schriftliche Autwort erhielt; als ich ihn aber aufmerksam machte, daß ja möglicherweise Cheoeque keiueu Sekretär iu seinem befolge habeu könne, bernhisste sich der Häuptling einigermaßen, obgleich seine Würde etwas verletzt war und er immer wieder anf die Sache zurückkam. Nuf dem Wege nach den Toldos, die inzwischen, während wir die Nachricht vernahmen, Aepfel brieten n. s. w., waren aufgeschlagen worden, machte Casimiro mich auf den Schauplatz eines frühern Kampfes aufmerksam, in welchem ein Häuptling nnd meh rere Indianer gefallen waren. Es war ein znm ^ager sehr wün-schenswerther Platz, wnrde aber wegen dieser Ereignisse vorsichtig gemieden, nnd anstatt desselben nahm nnsere Horde eine feuchte nnd selbst kothige Stelle an den Usern eines kleinen Flusses ein, der sich in einer weiter östlich liegenden großen Marsch verlor, während die Arancanicr sich einen bessern Platz ein wenig weiter oben im Thale ansgesncht hatten. Am folgenden Tage jagten wir auf einigen Hügeln in der Nähe des Gebirges und erlegten eine große Menge Strauße; kaum Einer kam ohue eine tüchtige Masse fleisch heim. Nm 5). März zeigten sich früh am Morgen, während die Meisten von nns ihre Pferde besorgten nnd Andere zn Hause saßeu und rauchten, in der Ferne einige Männer mit mehreren Pferden, deren eines beladen zu sein schien. In einem Augenblicke wareu viele Indianer fort, den neuen Ankömmliugen entgegen, nud Einer kam eilig znrück, nm uns mitzutheilen, daß es Manzauero-Indianer seien, die Branntwein znin Verkauf brächten. Sie begaben sich nach Qnintnhnal's Toldo, da Einer von ihnen ein Verwandter des Hänpt-lings war, saßen dort ab und lnden von ihrem Pferde zwei mit Rum gefüllte Schaffelle ab. Groß war die Freude, die unter den India-nern herrschte, und groß die Menschenmenge, die sich bald nm Qnin tuhnal's Toldo sammelte, aber behulsam sich in ehrerbietiger Eut^ 334 Das Branntwein segnen. fernung hielt. Es wurde sogleich nach Casimiro und nur geschickt, und beim Hinübcrrciten wurden wir eingeladen, als Vorsitzende die Festlichkeit zu eröffnen. Als wir in Gesellschaft mehrerer anderer Eaciqnen abgesessen waren, wurden vier tanzen in die Erde gesteckt (auf deren einer ein weißer fetzen oder Poncho angebracht war), uud die Häuptlinge nahmen jeder einen Hornlöffel oder ein Pfänn-chen, in welchem ganz wenig Rum war, und zogen um die tanzen herum, wobei sie eine Beschwörungsformel murmelten und ein wenig Nnm auf die Erde, sowie auch, während sie vorbeigingen, auf die Vanzen sprengten. Diese Ceremonie wnrde zweimal wiederholt. Eine auserlesene Schaar alter Granen sang und schrie dazu, um den bösen Geist verscheuchen zu helfen. Hieranf reichte mein Bruder, welcher der Festordner zu fein schien, Pfännchen mit (^rog heruin, nnd in kurzer Zeit waren Alle fröhlich gestimmt. Nachdem ich ein Paar Glaser genosfen hatte, zog ich mit Ortete uud Hinchel, die Beide nicht gern viel trinken wollten, mich znrück, weil möglicherweise eine Nnhestörnng cintrcien konnte. Die übrige Gesellschaft fing dann an Getränk zu kaufen, da die erst unentgeltliche Ueber-lassuug aufhörte, und es dauerte nicht lange, so waren Biele in einem vorgerückten Zustande der Berauschuug, unter ihnen nnscr Ober-Häuptling. Der Kanfpreis war für zwei Flaschen abscheulichen val-divischen Nums ein Mantel, oder ein noch nngebändigtes Hengst füllen; es war, wie die Tehuelchen zngaben, ein ganz übertriebener Preis; da aber die Händler es ihnen frei stellten, entweder nicht zu triukeu oder zu bezahlen, so war der Nnm bald vergriffen nnd die Kaufleute besaßen gegen achtzehn neue Mantel und eine gehörige Au;ahl Stuten- nnd Hengstfüllen. Die schlauen Indianer stahlen jedoch während der folgenden Nacht einen Theil der Mäntel zurück, und in Betreff der Pferde drehten sie den Arantanicrn eine Nase, indem sie vorgaben, sie tonnten sie nicht einfangen. Bis gegen drei Uhr Nachmittags ging Alles rnhig ab; dann fand ein Kampf statt, aber die Kämpfenden wnrden entwaffnet. Von da bis acht Uhr Abends waren Qnintnhnal, Ortete uud viele der Veute, die sich uüchtern gehalten hatten, mit der Unterdrückung von Ruhestörungen beschäftigt; Easimiro war so schlimm wie jeder Audere nud schickte nach seinem Gewehr, um irgend einen vermeintlichen .veind zu erschießen ; ich sing es glücklicherweise auf, verstopfte die Pistons und versteckte es hinter dem Toldo, Schlafen konnte man wenig, bis gegen Morgen, wo die Betrunkenen au allen Ecken nnd Enden Casimiro nach einem Rausche. 225 lagen, um ihren Rausch auszuschlafcn. Am folgenden Morgen erwachte Casimiro mit argem Kopfweh und schlechter Laune nnd fing an über Etwas zu sprechen, was ihm am vorhergehenden Tage gesagt worden war, wobei ich ihm auseinandersetzte, daß er gar keine Scham mehr haben müsse, sich so zu betrinken, und das; die Indianer einen Häuptling, welcher der Erste gewesen sei, ein böses Beispiel zn geben, indem er eine Ruhestörung hätte hervorrufen wollen, dnrch-nus nicht achten könnten; ganz anders habe Ouintnhual gehandelt, der nüchtern geblieben sei und für seiue Leute gesorgt habe, wie es eiucnl Häuptling gezieme; so hätte er (Easimiro) es anch machen sollen. Dies brachte den alten Monarchen in Zorn; er antwortete höchst unhöflich nnd zwar dermaßen, das; ich, um Skandal zn vermeide», ihn seinem tranken Kopse überließ nnd mich ans dem Toldo entfernte, bis er in besserer Stimmung sein werde. Kurz nach dieser kleinen Episode brachen wir das Lager ab uud marschirten einige Meilen nach Norden. Ich war daonrch, daß ein Pferd fehlte, aufgehalten worden nnd ritt daher nicht mit der Jagd-gesellschaft ab, sondern holte die Lente ein, die mit dem Rum ge^ kommen waren nnd eben mit ihren noch übrigen Mänteln, Pferden, füllen n. s. w. zurückkehrten; sie schimpften laut auf die Tehnelchen als eine Bande schuftiger Spilzbnben. Uuter ihuen war ein valdi-vischer Knabe, der fließend Spanisch sprach und mich einlnd, ihn nach Los Llanos zu begleiten, wohin er jetzt zurückzukehren gedachte. Er sagte, ill sieben oder acht Tagen hoffe er den Ort zn erreichen, und von da bis zum Hafen von Valdiuia sei es nnr anderthalb Tagereisen. Als wir im nächsten Lager anlangten, nahm ich von diesen Leuten, die weiter nach Norden reisten, Abschied; sie wollten ihr Eigenthum nicht gern wieder in der Nähe unsers Lagers haben, weil sie nicht trauten. Da wir nur Halt gemacht hatten, um zu übcruachten, so setzten wir, kurz nachdem es Tag geworden war, unsere Reise fort; wir ritten einen etwas steilen Abhang nach dem voll scharfer Steine lie gendcn nnd hier und da von Felscnrücken durchkreuzten hohen Platean hinauf. — Strauße nnd l^uauaeos gab es in Menge, nnd weiln auch bei ihrer Verfolgung fast mit Sicherheit das Pferd lahm wurde, so wurden doch viele erlegt. Bei dieser Jagd kam ein männliches (^nailaco von den auf der Westseite des Kreises befindlichen Indianern auf mich zu gerannt, und als ich fort galoppirte, um es aufzufangen, machte es eine Wendung und eilte einen ^elsenrücken hinab. Ich Muster«, Unter den Putal>0»>^„. 15 226 Foyel's Lager. war eben im Begriff, die Volas zu werfen, da ich nahe genug war; da stolperte es plötzlich, stürzte und blieb, auf den Kopf gefallen nnd betänbt, nnten an der Felsenklippe liegen, wo ich es mit dem Messer bald abthat. Diese kahlen Pampas endeten plötzlich in einer Reihe Felsenklippen, die an manchen Stellen allmalig, aber doch steil abfielen, an anderen einen senkrechten Absturz von 200 inch Höhe darstellten; unten lag eine große Ebene, die von einem Bache dnrchflosscn nnd anf der Süd-, Ost- nnd theilweisc auch anf der Westseile von diesen Klippen eingeschlossen wnrde, während die nördliche nnd nordwestliche Grenze Hügel mil sanft ansteigenden Hüngen bildeten. Ungefähr in der Mitte dieser Ebene waren, dicht neben dem Bache, foyel's Toldos zn erkennen, nach welchen die grauen, die in einer östlich gelegenen Ravine hinabgezogen waren, ihren Weg nahmen, während man eine Strecke nach Nordosten anf den oberen Ebenen die Iagdfeuer fah, welche die Eigenthümer der Toldos angemachl hatten. Wir kamen zeitig genug an, da aber die Jagdgesellschaft erst spat zurückkehrte, so sahen wir jenen Abend von foyel's Renten Nichts; doch wurden zwischen den Hänptlingen Briefe gewechselt, worin sie einander zu der Zusammenkunft Glück wünschten nnd den nächsten Tag zn der Bewillkommnnngs-Ecrcmonie festsetzten. Am folgenden Morgen brach jedoch der Tag mit einem wüthenden Südweststurme an, der von vorübergehenden Schnee-und Granpelböcn begleitet nnd so beißend kalt und jämmerlich war, daß Fovel ein Billet des Inhalts schickte, „da es heute etwas tall sei", so werde es vielleicht besser sein, die Ceremonie zu verschieben, bis schöneres Wetter werde, weil nach derselben ein Parlcmcnto werde gehalten werden müssen, nm allgemeine Angelegenheiten zn berathen. Easimiro antwortete dnrch mich, er sei derselben Meinung, werde sich aber die Ehre machen, ihm einen persönlichen Vesnch abzustatten. Gleich daranf begaben wir nns in den Sturm hinaus, nahmen die Geschenke uud die nöthige Anzahl Frauen zum Schreien und gingen nach Fonel's Toldo, wo wir die Gaben übcrreichteu, während die Frauen dabei melodisch hcnlten. Dann folgte eine kurze Unterredung zwischen den beiden Eaciquen, von welchen jedoch, wohlbemerkt, keiner die Sprache des andern verstand. Nach dem Schlüsse dieses Eeremoniels, das während eines Schneewetters, bei dem man fast blind wnrde, anßerhalb des Toldo stattfand, gingen wir wieder nach Hause; knrz daranf klärte sich der Himmel ein Ventura Delaado, 227 wenig auf und man sah ^oyel's ^'iite von entfernten Stellen des Thales her Rinder nnd Schafe herbeibringcn, die mau dorthin gc-trieben hatte, um vor dem Stnrme Schutz zu finden. Einige liefen in der Richtung nach uns zu uild ivurdeu dicht an den Toldo getrieben, auf welchem stolz dieflagge vou Buenos-Nyrcs wehte, um die ^ohnmig des Häuptlinge zu bezeichnen. Dann kam ,voyel uud hielt mit Cllfimiro eine Unterredung; er beschenkte ihn mit Rindern, die von einigen valdwischeu Iüdiauern ^,,^ ri^cm blondhaarigen Manne, der christliche Meider trug, aber ziemlich wild aussah, mil dem Lazo gefangen wurden. M dachte erst, der Blondhaarige sei entweder ein Schotte oder ein Engländer; als er sich aber, während er eine der Kühe abthat, mir näherte, fragte ich ihn in spanischer Sprache, woher er komme, und ob er nicht ein Engländer sei; er antwortete, er sei aus Chili, habe aber beinahe sein ganzes Leben in Valdiuia zugebracht und dort Rinder gezähmt, und sei die letzten zwei Jahre mit den Valdivieru iu der Cordillera gewesen, wo er Rinder gefaugeu und sein Hauptquartier in ^ouel's ^ager aufgeschlagen habe. Sein Name war Ventura Delgado, nnd er hatte im vorhergehenden Zähre mit dem Sekretär Antonio (^naitu, der für Foyel ein Gesuch um Nationen mitnahm, Patagones besucht. Da wir Beide jetzt keine Heit hatten, so machten wir ab, daß wir uns später am Tage treffen und mit einander sprechen wollten. Am Vormittage wurde viel gespeist, und um dem Meuscheugedrängc, sowie auch der Marter zu entgehen, fortwährend irgend eine finnlose Botschaft von ssasimiro au ,voi>el schreibeu zu müssen, die ungefähr jede halbe Stunde schriftliche Botschaften zu wechselu pflegten, obgleich die Toldos nicht über zweihundert Meter von einander entfernt waren, verließ ich des Häuptlings Quartier, um einen Spaziergan ^ zu machcu, wahrend ich im ^ager umherstreifte uud nach dem T^,o suchte, in welchem mein neuer valdimscher Bekannter abgestiegen war, wurde ich in einen andern gernfen, wo (^afimiro's Tante, die zu UN' serm Familienkreise gehörte und meine,,Rauchgenossin" war, am ^euer saß und l^rog trank; sie lud mich ein, ihr zu helfen, und da ich dnrchans nicht abgeneigt war, so setzte ich mich nieder und wir stießen zusammen zwei- bis dreimal an, worauf der (iigeuthümer des Toldo, ein Pampa-Zndianer uud Schwager ,voycl's, kam. Er war ein verständiger, schön aussehender Manu, uud da er früher eine beträchtliche Zeit lang in den Ausiedcluugen geweseu war, so sprach er fließend Spanisch; er war sehr höflich und geleitete mich nach /voxel's 328 Großes Parlemonto. Toldo, wo ich del» Nachmittag mit Antonio Guaitn und Vcutnra Delgado, dem Valdimer, verbrachte. Ant 8. März gab Casimiro, da der Tag schön und znr Bewill-tonnnnnngs-Cerenionie geeignet war, in früher Stunde Befehl, daß Alle aufsitzen uud sich bereit halten sollten, die nöthigen Evolutionen durchzumachen. Ungefähr eine Etuude nach Vrlassnng des Befehls saßen die meisten Patagonier zu Pferde und waren bereit; es begaben sich daher Alle nach der Stelle des Thales, wo die vereinigten araucauischcn Indianer unter Oniutnhual und ^oyel, Lauzeu in der Hand, bereits in Liuie aufgestellt niareu und auf unsern bunt-scheckigeu Haufen warteten, der wegen seiner lockeren Begriffe von regelrechter Aufstellung den Häuptlingen viel Mühe machte; kaum hattcu die Eaciquen uud Adjutanten deu einen Theil der Linie einigermaßen in Ordnnng gebracht, so lösten am andern Ende die Leute sich anf, stellten sich in Haufen znsammen und unterhielten sich oder ranchten. ,voyel schickte Easimiro mehrere Botschaften, daß er seine Linie richtig formirt halten solle, und endlich wnrdcndieTehnel chen einigermaßen in Ordnnng gebracht und die Ceremonie begann. Nachdem sie beendet war, wnrde ein großes Parlemento gehalten, das bis zum Nachmittag dauerte; die früheren Beschlüsse wurdeu alle bestätigt, nämlich, Casimiro sollte als Häuptling des Südens anerkannt werdeu und seine Gewalt sich über alle Indianer südlich vom Rio Limay erstrecken; mit seineu Leuten sollte er für die Sicherheit von Patagones bürgen und die unter dein Häuptling Calsicura stehenden Pampa-Indianer von Las Salinas in Schach halten, im 7vall jener Häuptling, was uuwahrscheiulich sei, den Nio Limay zu überschreiten versuche, um Einfälle in die Ansiedelungen zu machcu; zweitens sollten wir, Alle vereinigt, nach Las Manzanas marschiren, mn Chcoeaue zu besuchen uud ihm den Vorschlag ^u machen, daß er »lit seineu Trnppen sür die Sicherheit des nördlichen Ufers des Flusses einstehe, was ein wirksames Mittel sein werde, Calsicura im ^anme zn halten und Patagones zn schützen. Nach dem Parlemento be-snchte ich 7voi)el nnd wurde von ihm mit aller möglichen ,vrcnndschaft und Auszeichnung empfangen. Im Laufe der Unterredung bat er mich, ihm meinen Eompaß zu zeigen, dem sein Nnf uorausgegaugen war. Ich nahm ihn sofort vom Halse, wo ich ihu zu tragen pflegte, nnd versuchte ihm seinen ftebranch zu erklären. Obgleich er ihn Anfangs mit etwas abergläubischer Scheu betrachtete, begriff doch ,M)cl, anders als die übrigen Iudianer, bald seine Auweudung; Fnyel's Absichle«. 239 doch deutle anch er an, daß or wohl nicht blos zu brauchen sei, nm des Nachts den Weg zu finden, sondern vielleicht auch beim Spiele (Nück bringe. Ich bat ihn daher, ihn anzunehmen, was er nach einigem Bedenken mit angenscheinlicher Freude that; er nuckelte ihn sorgfältig ein nnd übergab ihn seiner Tochter zur Aufbc-wahrnng. Dann sing er ein Gespräch über die Indianer nnd ihre Ve-ziehnngen zu den Weißen an. Er sagte, er sei für einen frcuudschaft-lichen Verkehr sowohl mit den Valdiviern ans der Westseite als mit den Argentinern an den östlichen Küsten. Ich führe hier einige seiner eigenen Worte an: ,Moit hat uns diese Ebenen nnd Hügel gegeben, um darin zu wohnen; er hat uns mit den Gnanacos versorgt, Uni ans den Fellen derselben unsere ToldoZ herzustellen, und ans den Hänten der jungen machen wir Mäntel, nm nns damil zu kleiden; auch den Strauß und das Armadill hat er uns zur Nahrung verliehen. Unsere Berührung mit deu Christen hat nns ?1erba, Zucker, Zwieback, Mehl und andere feine ^ebensmittel kosten lassen, die wir früher nicht kannten, die uns aber jetzt fast unentbehrlich geworden sind. führen wir mit den Spaniern Krieg, so haben wir für nnsere Felle, Ponchos, federn n. s. w. keinen Markt; es ist daher zu nnserm eigenen Vortheil, wenn wir mit ihnen ans gutem Fuße stehen; überdies gibt es hier vollanf Platz für nns Alle." Dann sagte er weiter, er wolle versuchen, einen Weg nach Valdivia zu finden, anf dem er Las Manzanas lind die Picnnchcn, einen In-dianerstamm, der gegen alle Ausländer sei, vermeide, nnd wo möglich wolle er sich Familien valdivischer Indmiler verschaffen und einige der in der Nähe des Rio ^imay liegenden Thäler anzubauen versuchen. Ich wnßtc damals noch nichts von Mr. Eox's Reise vom Na-Hucl-Huapi-Sce hinab, sollst hätte ich ihn sogleich von jenem Mittel zum Verkehr mit den auf der Westseite liegeudcu Ansiedelungen unterrichten können; doch zweifle ich, daß Franen nnd Kinder, die Wirthschaftssachen nnd Ackcrbaugrräthc bei sich haben, diesen Weg be^ nutzen können. Nachdem wir noch ein wenig mit einander gesprochen nnd ich die allgemeine Einladung erhalten hatte, ihn zu besuchen, so oft ich Lnst hätte, nebst der gastfrelmdschaftlichen Versicherung, daß, wenn ich hungrig sei, es immer Nahrung für mich geben werde, begab ich mich wieder nach Casimiro's Toldo, während Foyel fortging, nm Kartell zu spielen, und, nm (Mck zn haben, meinen Compaß mit- 230 Gatschen-kait. nahm, und merkwürdig genug! er gewann den Tehuclchen mehrere Pferde, silberne Steigbügel und andere werthvolle Sachen ab. Am folgenden Tage fand eiu Wettrennen statt. Die Tehuel-chen schafften ihr Pferd erst auf den (Zipfel eines nahen Hügels, wo der Doctor irgend eine Zauberei vornahm, damit es sicher gewinnen sollte; dies geschah auch, obgleich es dem Anschein nach dem andern Pferde, das mit ihm rannte, nachstand. Anf dieser Ebene, von den Indianern Gatschcn-kaik oder die Felsen-Hügel genannt, mußteu wir wegen Crime's Krankheit bis zum 21. März gelagert bleiben. Den größeren Theil dieser Zeit litten ich und mehrere Andere an Neuralgie und beschwüren im Munde; es rührte, wie ich glaube, von dem schlechten Wasser her, das wir zu trinken hatten, vielleicht auch von dein Mangel an Salz, das sehr rar geworden war. Bei Spiel, Jagd und anderen Vergnügungen, bei welchen das Glück sich immer von einer Seite zur andern wandte, fand zwischen den Stämmen fortwährend eine freundschaftliche Rivalität statt. Einen Tag um den andern besuchte ich den armen Crimö, dessen Senfzer man des Nachts, von dem Gesänge irgend einer alten Hexe begleitet, hören konnte. Der Kranke fragte mich immer, wie lange er noch lebeil werde. Anfangs snchte ich ihm einzureden, daß er wieder gesund werde, nach einiger Zeit aber gab ich ihm, da er wirklich schnell abnahm, zn verstehen, daß er, wenn er Glück habe, noch einen Mo-uat leben könue. Zch "bot mich, seiu Bein zu öffueu und zu versuchen, ob ich ihn heilen könne; er ließ es aber nicht zu; er sagte, wenn er bei der Operation stürbe, würde es dem Doctor schlecht gehen; das war allerdings wahr, nnd ich gab daher meine Absicht, eine chirurgische Operation vorzunehmen, wieder auf. Ehe wir das ^ager abbracheu, kamen aus Cheoeque's Lager ein Valdivier und ein anderer Indianer an, brachten aber nicht viel Neues mit; sie sagteu, die Manzancros wären noch immer in den Thälern der Cordillera zerstreut uud damit beschäftigt, die jährliche Aepfcl- nnd Pinonen-Ernte einzubringen; der letzteren Früchte hatten wir schon von ^oyel's Lenten, die mit ihren nahe am Rio Ä-may lebenden Verwandten einen lebendigen Verkehr unterhielten, viele bekommen. Am 21. März verließen Alle das Thal nnd zogen einige Stnn-den weit durch eine Gegend voller Abwechselung. Anf der Marschlinie standen Klippen von gelbem und rothem Saudsteiu, die in den Schluchten unregelmäßig und malerisch hervorragten; nach Westen Ankunft in Geywm, 231 aber sah man au die C'benen schwarze basaltische Höhen anstoßen, während man bei der Jagd anf dem höher gelegenen Lande über die Oberflächen zerstreute Massen Eisenerzes und vulkanischen Gesteins traf. Wir blieben für die Nacht in einem Thale Namens Changi, zogen am nächsten Tage weiter nnd kamen gegen Mittag in einer großen Ebene an, die auf der Ostseite von Sandsteinklippen eingeschlossen war, und auf deren Nordseite ein eigenthümlicher spitziger Felsen, vielleicht 300 Fuß hoch, thurmartig emporstieg; er stand allein auf dem schrägen AbHange; von der Westseite betrachtet, sah er ans wie eine ans flötzartigen gelben, rothen und schwarzen Sandschichten bestehende Säule, uud auf seiuem Gipfel hatte ein Condor seinen Horst. Die Ebene erstreckte sich mehrere englische Meilen weit nach Westen, wo sie wieder durch Felsellklippen abgeschlossen wurde, die aber von jenen nach Osten sich dadurch nntcrschiedcn, daß sie alls Basalt bestanden. In dieser Ebene, Genlum genannt nnd nach den Anssagen der Indianer einige Stuuden östlich vom Nahuel-Huapi-See gelegen, vom Nio Limay sechzig und von Las Manzanas fnnf-uudsiebeuzig englische Meilen entfernt, wurde beschlossen die Zeit zu verbringen, die erforderlich war, ehe Alte zusammen nach Cheoeque's Hauptquartier marschirten, vorher Chasquis abzusenden und nnsere baldige Ankunft melden zu lassen. Siebentes Kapitel. Las Mauz anas. Ein Dieb ertappt, - Fräulein Foyel. — Aufbruch nach ^'as Üilauzauas. — Erster Anblick der Aepfelhaine. Vorzeichen von Krieg. — Inacayal's Tol° dcria- — Uebergang über den Rio i!imay, -^ Mr Cox's Schiffbmch. — Lcilke' trou'S Einfall — Eine unruhige Nacht, — Die Tapferkeit meiner Vettern. — Cheocqm der Große. — Ein berittenes Parlemento, — Aepfcl und Piüoucn. — Gravicl's Wahnsinn. — Las Manzanas. — Chcoequc's Palast, — Die Zechgelage und Lustbarkeiten, — Fehden zwischen den Häuptlingen, - Die Picunchen und die nach Ä'aldivia führenden Pässe. — Handel und Politik. — Ealficma's Einfall in VahiaBlanca, — Frie^ensbcschliissc. — Em großartiges Bankett, — Chcocque's Macht, — Araucanische Sitten und Gebräuche. Abschiedsgeschenkc, — Einladnng, wiedermkommen, ^ Orlelc's Großmuth, — Ätücltchr nach Geylnm. ^ Ansbruch einer epidemischen Kranlhcit. — Mein kleiner Page. — Abreise vun Geylum. Den Tag nach uusorcr Ankllnft in l^cylnm kamen Manzailcros oder Araueanier voll Norden her mit selbstbereileiem Aepfelwein, dell sie ill Schaffellen hatten, Aepfeln nlld Pmoneil, nm danüt ^l, handeln; es folgte daher, wie gewöhnlich, ein unmäßiges ^eben. ,^n der Nacht wnrbe ein Versnch gemacht, uilserll Toldo zu plündern, nnd er wäre beinahe gelnngen; eine der grauen jedoch war wach und hörte, wie der Dieb hinten in die Schlafplätze zn gelangen suchte, wo einige kürzlich erst fertig gewordene Mäntel lagen. Sie machte zwei der Männer munter, und diese versuchten den Menschen, der eindringen wollte, zn fangen; er hörte jedoch, daß Lärm entstanden war, und machle sich eiligst davon, erhielt indeß einen Hieb mit dem Messer anf die Schnlter, der tief eindrang nnd ihn kennzeichnete, und was noch schlimmer war, als er davonlief, wnrde er erkannl. Foyel lud mich ein, auf seine Kosten zn trinken, aber ich blieb in seinem Toldo blos so lange, als die Beobachtung der Etikette er- Fräulein Foyel. 233 forderte; dann ging ich fort, um Hinchel, der nicht trinken wollte, an seine«' Hecrde Gesellschaft zn leistell. Während wir mit einander plauderten, erzählte er, wie vor vielen Iahrm dieser Ort der Schauplatz einer großen Schlacht Mischen den Tchuelchm und Manza-neros gewesen sei, in welcher er, obgleich nur ein Knabe, von einer Noln, i^rdiäl^ getroffen und niedergeschlagen und, während er auf der Erde lag, mit einer Lanze verwundet wurde; die Schlacht habe mit dem Siege der Tchnclchcn gcmdcl. An dem Tage, der auf das Triukgelag folgte, speiste ich, da das fleisch rar war, zn Mittag in Foyel's Toldo ein wenig Maisschrot nud zuu« Nachtisch Nepfel und Pwonen. Die Honneurs machte dabei seine Tochter, ein nettes Mädchen von achtzehn Jahren, mit langem, schwarzem Haar, das wie Seidc war, und welches täglich zn machen ihrer Kammcrjungfer — einem gefangenen jungen Tehuclche-Mädchen ^ besonders oblag. Diese junge Dame ließ sich nie herab, eine gemeine häusliche Arbeit zu verrichten, doch beschäftigte sie ihre zarten Dinger dann und wann mit der Nadel; ihre Mitgift, die in ungefähr achtzig Stuten bestand, und der Einfluß ihres Paters machten sie selbstverständlich zn einer höchst wüuschcuswerthcn Partie; aber bis zn meiner Abreise hatte sie das Vorrecht einer Erbin gcbrancht nud alle Anträge abgewiesen. Jenen Abend war sie sehr Verdrießlich; sie hatte einen neuen Mantel und mehrere andere Kostbarkeiten verloren, die ohne Zweifel die Tehuelchcn gestohlen hatten. Ich versprach, dnrch Easimiro Nachforschungen anstellen zu lassen, und diese hatten zur Folge, daß das gestohlene Eigenthum wieder heransgegebrn wurde; der Dieb war derselbe Mensch, der unsern Toldo zn plündern versucht hatte. Kurz darauf wurden zwei Voten an Cheoeque abgesandt, die am 35. März mit der Nachricht zurückkehrten, daß besagter Häuptling bereit sein wolle, uns am 2. April zu empfangen, und ,,daß wir unsere Waffen mitbringen sollten", welch' letztere Botschaft etwas zweideutig war. Mir war die Wahl gelaffen worden, die Botschaft unsers Häuptliugs an sshcocque zu überbringen; da aber eines meiner Pferde lahm war, so zog ich uor, späterhin mit der ganzen Masse zn gehen, wozu ich anch noch andere Gründe hatte. Es hatte daher Mma, der Ehilier, die Ehre, an meiner Stelle die Depeschen zu überbringen, da er allem die von mir als Sekretär gc-schricbcneu spanischen Briefe lescu kounte. Bei seiner Rückkehr wußte er nicht lebhaft genug zu schildern, wie höflich man in Las, 234 Aufbruch nach Las Manzanas. Manillas gegen ihn gewesen sei, und wie civilisirt überhaupt jene Indianer aussähen. Wir verbrachten in Gculum, ehe wir aufbrachen, mehrere sehr unangenehme Tage und mußten viel Hunger leiden; in der Umgegend gab es wenig Wild, und das Wetter war kalt uud naß, dann und wann fiel sogar Schnee. Zwei ganze Tage lang hatten Casimiro, Mena und ich, die gewöhnlich Tischgenossen waven, weiter nichts zu essen als ein Armadill und einige fische, die ich in einer Lache des Flusses sing. In der Nähe des Säulcufclscus entdeckten wir, während wir jagten, eine Foyel's Indianern gehörende,,Cache" '), in der C'twas in Häute eingewickelt und zusammengebunden lag; obgleich die Verlockung, den Inhalt zu untersuchen, groß war, so ließen wir das Packet doch ungeöffnet liegen, und ich gab Foyel leise zu verstehen, daß Andere wahrscheinlich nicht so gewissenhaft sein würden. Dies bestätigte das, was Casimiro von den hiesigen Indianern gesagt hatte, daß sie nämlich aus Vorsicht an verschiedenen Stellen, all die sie in nicht sehr ferner Zeit zurückzukehren hofften, Schläuche mit Fett und Lebensrnitteln zurückließen. An dem in der Nathsvcrsammluug, die gleich nach der Rückkehr der Chasquis gehalteu wurde, festgesetzten Tage brachen wir Alle, völlig gerüstet und ausstafsirt, auf und traten, die vereinigten Indianer zusammeugcnommen 250 Manu stark, ohuc Toldos nud Gepäck und in leichter Marschordnung mit einigen Nescrvepfcrden unsere Reise nach Las Manzanas an. Ginige Pferde waren mit Decken zn Toldos, Mänteln u. s. w. beladen, welche die Franeu vortheilhaft an dieAraucauierzu verkaufeu hoffteu, uud einige der Frauen begleiteten die Expedition, um ihr Handelsgeschäft zu leiten, während eine Wache von vielleicht vierzig Mann zurückblieb, um für die Frauen und Kinder, die auf uusere Rückkehr wartcu sollten, Nahrnng zu schassen. Wir zogen über die mit verkümmerten Büschen bestandenen, aber kaum deu Namen hohe Pampas verdienenden, allmälig abfallenden unregelmäßigen Ebenen, welche die Nordseite des Thales Geylum begrenzten, uud uachdem wir zwischen zwei parallelen Felsen-wäuden, die eine Art natürlicher Gasse bildeten, hindurch waren, kamen wir auf eiue Reihe grasreicher Ebenen heraus, die durch unfruchtbare, mit Gestrüpp bewachseile, felsige Hügel von einander getrennt waren. Wmn man die Gipfel dieser Hügel erreicht hatte, sah ') Ein Loch in der Eidc. Erster Anblick der Nepfelhaino. 2^) man auf der Westseile einige Stunden entfernt die bewaldete Cordillera. Gegen elf Uhr Vormittags begegneten wir, nachdem wir ungefähr vier Stunden anf dem Marsche gewesen waren, zwei Männern, die ein Packpfcrd mit zwei Schläuchen voll Grog für Foyel's Leute bei sich hatten. Sie waren bald von Tehnelchcn umringt, die den Vorschlag machten, ihn auf der Stelle zu trinken, uud sehr gcueigt warcu, sich selbst zuzulangen. Da aber hinterdrein uou Foycl's Leuten ein Note kam, so ließ man sie unbelastigt anf ihrem Wege nach Geylniu weiterziehen, und wir setzten nnsere Reise fort nnd bildeten einen Kreis, um zn jagen. Als wir die nnteren Ebenen verließen und einige Hügel erstiegen, die von tiefen Schluchteu zerrissen waren nnd allenthalben von spitzigen Felsen starrten, welche von ungewöhnlich großen, im Sonnenschein wie Glas glänzenden Glinmwr-platten fnnfeltcn, wnrdc die Gegend zum Reiten ziemlich schlecht. Die genannten Hügel endeten mit steilen Felsenklippen, über welche die Strauße getrieben wurden; eine Anzahl Jäger hatten sich zuvor hinabbegeben, um sie nuten zu erwarten. Es war ein sonderbarer Anblick, wenn die Strauße zehn bis fünfzig Fuß hoch, oft zwei oder drei znsannuen, mit ausgebreiteten Flügeln hinuuterfielcn. Wenn sie unten ankamen, schienen sie in der Regel ein Paar Minuten lang betänbt zu sein, nnd wenn sie wieder auf den Beinen waren, fanden sie sich dnrch eine aus der unfehlbaren Hand irgend eines kräftigen Tehuelcheu kommende Kugel verstrickt, liefen ein Paar Meter weit nnd sielen mit gebrochenen Beinen. Als wir von diesen Klippen hinab waren, erstiegen wir eine Reihe mehr als 20W Fuß hoher Hügel anf einem zum Reisen leidlich gnten Pfade, und auf dem Gipfel angekommen, machten wir Halt, um auf den übrigen Zug zn warten. Von diesem Punkte aus bot sich eine prachtvolle Ansstcht; gerade nnter uns, scheinbar ganz nahe, in Wirklichkeit aber einige dreißig Meilen entfernt, lag eine dunkle Linie, die wie ein tiefer Durchstich aussah und das Thal des Rio Liman bezeichnete, das anf der Westseite durch hohe bewaldete Berge mit steil abstürzende»: Wänden begrenzt wurde. Weit nach Nordwestcn stand cm sehr hoher schneenmhüllter Berg, den die Strahlen der untergehenden Sonne mit roscnfarbigem Licht übergössen. Zwischen letzterem und der Linie des Flusses erhoben sich bewaldete Hügelrciheu, die eigentlichen Aepfelhaine, von welchen wir so viel gehört hatten. Unten an diesen war wieder eine niedrige, spitzige Anhöhe, an deren Fuße, unseren Angen noch entzogen, das 236 Vorzeichen von Krieg. Ziel unserer Reise, die Toldos Cheoeque's lagen. Wochenlang waren Las Manzanas und ssheocque fast der einzige Gegenstand der Unterhaltung gewesen, und die allgemeine Anfregnng, die schon beim Aufbruch stark gewesen war, erreichte beim Anblick unseres fernen Zieles ihren Höhepunkt. Als wir Halt machten, legten die Indianer sämmtlich ihre Hände an die Stirn, den fernen Fluß begrüßend und den Geist des Ortes einladend, unserm Unternehmen, dessen Ausgang sehr ungewiß war, günstig zu sein. Die Nacht vorher hatte Casimiro auf die Nöthe der untergehenden Sonne aufmerksam gemacht und behauptet, daß sie Krieg bedeute; ohne jedoch diesem Vorzeichen, das für meine Augen in der That nicht wahrzunehmen war, Aufmerksamkeit zu scheuten, mochte der vorgeblich zu Friedenszwccken stattfindende beispiellose nnd nncrhörte Besuch von 2li0 Tehurlchen von Cheoeque doch möglicherweise anders verstandeu werden; ja, später zeigte es sich sogar, daß er wirklich von nnseren friedlichen Absichten keineswegs überzeugt war. Als Alle sich gesammelt und vorbereitet hatten, den Berg hinabzuziehen, verlantete, daß Casimiro, der, seitdem die Zagd begonnen, gefehlt hatte, mit mehreren anderen Tchuclchen und Foyel's Zndia-nern umgekehrt sei, um zu trinkeu. Das war sehr widerlich, und alle Anwesenden machten ihm einstimmig Vorwürfe, daß er, unter nicht besonders freundschaftlich gesinnten Menschen, ein solches Beispiel gab in dem Angenblicke, wo wir im Begriff waren, in einen Theil des Landes einzutreten, in das wir nnr versuchsweise giugeu. Nach Einbruch der Nacht hielten wir iu eiuem Thale ueben einem kleinen reißenden ^lnsse, dessen Ufer eine kurze Strecke weit mit hohen Büscheln breitblättrigen Pmnuagrases bewachsen waren; mitten im Schntze dieses Grases bivonakirtcn wir, obgleich die Nacht kalt und frostig war. Brennholz war in Menge vorhanden nnd zwar Treibholz, das die Winter- oder '^rühlingsfluthen mit herangebracht hatten; wir schliefen daher bei lodernden feuern nnd anf der vor dem Winde geschützten Seite des Pampagrascs warm gcuug. Da jedoch das Weidefuttcr spärlich war, so mußten wir ein scharfes Ange auf die Pferde habeu. Ehe es Tag war, wurde nach einer kleinen Berathung der Oberbefehl Gucnalto übertrageu; dauu bra-cheu wir wieder auf. Nachdem wir eine kurze Strecke weit in einem sich windenden Thale hingezogen waren nnd einen steilen Abhang erklettert hatten, stiegen wir noch weiter einen Hügel von beträchtlicher Höhe hinauf uud erreichten uun eine offnere Gegend, die auf Inacayal's Tolderia. 237 der Westseite durch die Cordillera begrenzt wurde. In einem der an den Bergen hinlaufenden Thäler stießen wir plötzlich auf die Naldi-vier, die mit ihren Rindern unterwegs waren, um in ihr Vaterland zurückzukehren; Cheoeqne hatte den Piennchcn, die das in der Nähe gelegene Land, die einzigen bekannten Pässe dnrch die Cordillera, inne haben, den Befehl zugesandt, sie nnbelästigt durch ihren District ziehen zu lassen; ungeachtet dieser Vorsichtsmaßregel waren sie doch durchaus nicht sicher, daß die Picnnchen sie, wenn sie in die Nähe der Pässe kamen, nicht der Mühe überhoben, für ihre Thiere zu sor-geu. Als wir diese offene Gegend hinter nns hatten, erstiegen wir wieder eine kleine Anhöhe, ans welcher ganz oben in einsamer Majestät ein einzelner Apfelbannt stand; seiner Früchte jedoch war er schon lange beraubt. Wir begaben uns diesen embäumigeu Rücken wieder hinab, betraten dann einen Canon, kamen nach halbstündigem Nitte in demselben an eine plötzliche Krümmuug nnd sahen hier das Thal des Nio Lima« unmittelbar unten liegen. Als nur durch oen Canon hindurch waren, hielten wir auf einer kleinen Anhöhe gerade unterhalb der Barranca, welche die Südseite des Flußthalcs begrenzte. Von dieser Klippe bis zum Flnßufcr erstreckte sich, abwechselnd vou ungefähr einer englischen Meile bis zu eitler halben Meile breit, hier und da von Bächen durchschnitten und stellenweise bewaldet, eine grasreiche Ebene. Etwa eine Stunde nach Westen ging die Barranca in die Abhänge hoher, jäher Berge über, nnd der Nuß schien von Süden her, ehe er in das Thal eintrat, zwischen steilen Felsen durchzubrechen. Auf der Nordseite war das Thal offener, wenn auch hier lind da einzelne Banmgrnppen standen, lind die Entfernung bis zur Barranca war hier größer als auf der Südfeite. Der Stelle, wo wir standen, gerade gegenüber, lag die Tolderia einiger von Inacayal's Indianern, und anf ringsherum liegenden Weideländern sah man Rinder, Schafe nnd zahlreiche Pferde grasen. Der Fluß schien eine sehr beträchtliche Breite zu haben, aber doch in der ganzen Länge dieses offenen Thales sehr reißend zu st'in. Eine Meile westlich von der Ausmündung des Canons erspähte mau drei kleine Inseln, die, wie Hinchel mich aufmerksam machte, die Uebergangsstelle oder, wenn fie diesen Namen verdient, die Furth bildeten. Wir zogen daher nach jener Richtnng hin, nahmen, als wir dort ankamen, alles unnöthige Zeug ab, banden unsere Mäntel ganz fest oder trugen sie wie Plaids auf den Schultern, begaben uns dnrch die Bämne hinab, und dann ging's in den Fluß. 3.^8 Uebcrqanq über den Nio Limay. Die erste Strecke der Furth war tief, dann aber wurde das Wasser, je mehr man sich dem Ufer näherte, immer seichter nnd die Schnelligkeit des brausenden Stromes nahm bedeutend zu. Dennoch erreichten wir die erste Insel ziemlich leicht, aber vor dem Ucbergange von dieser nach der kleineren schienen Anfangs selbst die Tehnelcheil elwas zn erschrecken. Der Strom tief wie ein Mühlgerinne, und das Wasser schäumte über dem unebenen Grunde mit einem Rasen und Rauschen, daß man lein Wort mehr hörte. (5s war augenscheinlich, daß dnrchans mir starte Pferde hiuübertommen tonnten; aber ein Paar Wagehälse platschten hinein und erreichten, obgleich sie den Weg nicht tannten, wohlbehalten die zweite Insel eine Strecke stromabwärts; die Uebrigeu folgten bald, die Frauen hinter den Männern sitzend; hier und da gab es Stellen iu der Furth, wo man schwimmen mußte, nnd an anderen lagen gewaltige Stromsteine, über die das Wasser in großen Wellen wirbelte. Schließlich erreichten wir Alle wohlbehalten das Ufer, wo einige von Inacayal's Indiauern uns entgegenkamen. Da ich mich unter denen befand, die das Mnck hatten, zuerst auslangen, so kam ich znr rechten Zeit, um einige Aepfel und andere Nahrung zu erhalten, die Manche dieser ^eute Inacaual's ans anfmerksamer Vorsorge uon den Toldos mitgebracht hatten. Als Alle sich eingestellt und ihre Kleider wieder angelegt hatten, brachen wir nach den Toldos auf, wo wir von Inacayal empfangen wnrdcn, nnd da wir anf diejenigen, die zurückgeblieben waren lind tranken, nothwendig warten mußten, so bivouatirten wir an dein Ufer des Flusses, uud es dauerte nicht lange, so wnrdcn einige Nin-der und Stuten herbeigebracht nnd geschlachtet, um unsern gewaltigen Hnnger zu stillen. Nachdem ich mich im Flnssc gebadet hatte, setzte ich mich au den Heerd nnd sorgte dafür, daß unser Essen kochte; da erhielt ich eine Botschaft des Inhalts, daß in einem der Toldos nach mir verlangt werde. Er wnrde mir bezeichnet, uud ich faud iu demselben eiucu alten Indianer, einen Brnder Qnintuhual's, der fließend Spanisch sprach; er lud mich ein, mich niederzusetzen, nnd erzählte dann, daß früher eimnal ein Engländer, Namens Eor, in einem Boote vom Nahuel-Huapi-See aus deu Fluß hiuabgefahren sei, aber bei dem Versuche, unter dem Schntzc der Nacht hinabzuführen, in den Stromschncllen an der nngefähr eine euglische Meile oberhalb der soebeu von nns überschrittenen Furth befindlichen Krümmung das Boot gescheitert sei; er habe dann Zuflucht bei deu Uebevgang über den Rio Limay. W. Grapmo. 239 Indianern gesucht, sei von diesen gastfreundlich aufgenommen worden und später, da cr nicht, wie er beabsichtigt, nach Patagones habe weiter reisen können, über das Gebirge nach Paldivia zurückgekehrt. Der alte Indianer war für Mr. Eox, den er, da er mehrere Tage in seinem Toldo geblieben war, gut gekannt hatte, höchst freundschaftlich gestimmt. Nachdem wir einige Zeit über Eox und seine Neise gesprochen hatten, wurde Essen aufgetragen, und dann fragte er mich nach meiner Ansicht über die Behandlung, welche die Indianer von, wie er sie nannte, den Spaniern erführen; er sagte, auf der einen Seite drängen die Ehilier und auf der andern die Argeutiner ein; dadurch müßten die Indianer am Ende von der Erde vertrieben werden oder nm ihr Dasein kämpfen. Wir unterhielten uus noch über manches Andere; dann kehrte ich, von einem Neffen Inacayal's, einem Mischling, begleitet, an nnsern Heerd zurück. Mein Begleiter hatte vor etwa acht Monaten Patagoncs verlassen; der Iuezde Paz (Friedensrichter) hatte ,,nach ihm verlangt", weil er von dem Heere desertirt war nnd anßerdem auch noch einen Franzosen bei einem Streite entweder getödtet oder Verwundet hatte. Er wollte mich gern bewegen, bei Casimiro meinen Ginfluß zu verwenden, daß er sich nns anschließen dürfe; dies that ich nicht, und zwar ans dem einfachen Grnnde, weil cr ein arger Schnft zu sein schien, aber ich erbot mich freiwillig, an einige seiner Freunde in Patagones eine Botschaft mitzunehmen. Gegen Mitternacht kündigten Horn-Signale auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses das Herannahen der übrigen Reisenden , an; am nächsten Tage trafen sie ein, aber Easimiro war, wie ge wohnlich nach einem Saufgelag, bei schlechter Lanne uud weigerte sich standhaft, weiter zn ziehen und das schöne Wetter zn benutzen; es wnrde daher noch ein Tag vertrödelt, indem wir an der Seite des Flusses umherbummelten und viel Rindfleisch aßen. Meine ersten Vettern, die anch Neffen des alten Mannes waren, der früher mit Mr. Cox Bekanntschaft gehabt hatte, brachen mit diesem auf, nm einige Aepfel uud Pmonen zu holen, und versprachen mir recht viele, wenn sie wiederkämen. Mittlerweile machte ich Bekanntschaft mit einem Pampa-Indianer, Namens Gravino, der ursprünglich ein gefangener Christ gewesen sein mußte; er sagte selbst, seine Mutter habe sich früher in der Nahe der Ansiedelungen aufgehalten, und beschrieb sie als eine Pampa-Indianerin; als sie starb, 340 Lenketrou's Rcnibzua. verließ er, ungefähr fünfzehn Jahre alt, die Ansiedelungen, um sich den Indianern ihres Stammes anzuschließen, und hatte sich erst drei Tage auf der Neise befnnden, als er die unter dein Cacique Lcnketrou vereinigte Horde Tehuelcheu, Pampas nnd Arancanos oder, wie er sie nannte, Ehileuos traf, die eben einen Einfall in die Ansiedcluugen machen wollte. Es blieb ihm nichts übrig, als umzntehren nnd ganz gegen seinen Willen mitzugehen und die ^eute zu plündern, nnter deren Schlitz er früher gestanden halte. Vei dem Nanbzuge gelang es ihm mit einem andern Jünglinge uon ungefähr gleichem Alter, einen Trupp Pferde, und zwar Hengste nnd Stuten uuter einander, fortzutreiben, nnd da er schrecklich müde war, so legte er sich an einen verborgenen stillen Platz, um zu schlafen, wobei er sein Reitpferd mit einem Lazo an seinen eigenen Knöchel gebunden hatte, damit es nicht fortlief. In der Nacht wnrde er dadurch, daß die Pferde alle ansrifsen, aufgeweckt, und das seinigc, das gleichzeitig scheu geworden war, schleppte ihn einige Meter weit, bis sein Gefährte den ^azo zerschnitt und ihn frei machte; sie snchtcn dann ihre Thiere in Sicherheit zn bringen, fanden aber, daß die Araucanicr gerade die besten weggenommen hatten, so daß er von dem Einfall nicht viel hatte. Seitdem war er als ,,Manso" oder zahmer Indianer im Dienste der argentinischen Negierung verwendet worden; da er aber nicht gern arbeitete, so war er zn den Pampas zurückgekehrt und hatte eine Verwandte Inacanal's geheirathet. Er war ein schöner jnnger Mensch, nett in Ponchos gekleidet, die, wie er mir sagte, sein Weib gemacht hatte. Am folgenden Tage brachen wir, mitten im Sturm nnd Negen, nach Las Manzanas auf. Nachdem wir die nördlichen Barrancas des Flußthalcs erstiegen hatten, zogen wir über eine flache Ebene, wo ein Iagdtreis gebildet wnrde, aber blos znm Schein, denn die Strauße waren sehr selten, nnd ich sah nur einen einzigen erlegen. Dann ritten wir, unten an oder vielmehr nordöstlich von dein oben erwähnten Hügel hin ziehend, in ein Thal hinab, durch das ein kleiner Fluß lief; diesem folgten wir eine Strecke weit, bis wir an eine Stelle kamen, wo ein zweites Thal in dasselbe einmündete, so daß beide Thäler vereinigt ein einziges voll beträchtlicher Breite bildeten. Hier machten wir unter einigen Vänmen Halt und zündeten eine Anzahl ^ener an, um nns zu wärmeu; denn der starte Negen war jetzt dnrch unsere Mäntel dnrch nnd dnrch gcdrnngen. Während wir nns unterhielten nnd uns so lustig .nachten, als es unter solchen Ein Kampf. 24! Umständen möglich war, kam ein Bote herangesprengt, der mit Blut bespritzt war, nnd in dessen Besicht man die Wirkungen des Trinkens oder wüthender Aufregung sah. Alle drängten sich nm ihn, nm zu hören, was er für Nachricht brachte, und er theilte nns knrz mit, daß die Lente, die am vorhergehendeil Tage sich aufgemacht hatten, um Aepfel zn holen, anderen Indianern begegne! seien, die Branntwein hallen. (5s habe eiu Triukgelag stattgefunden, und ein Streit sei vorgefallen, bei welchem ein Mann getödlet worden sei; die Uebrigen aber Hütten weiter getrunken nnd die Leiche dranßen liegen lassen, wo die Hnnde sie verzehrt hatten. Dies habe einen seiner Kameraden so erbittert, daß er fortgaloppirt sei zn Eheoeqne, zn dessen Stamme die Indianer gehört halten, nnd der Hänptling habe sofort fünfundzwanzig Neiler gesandt, um meine Vettern zn umringen und für den Todten Entschädigung zn verlangen; diese hätten sie verweigert; es habe daher ein Kampf stattgefnndeu, in welchem vier von den fünf Brüdern nud noch ein Anderer, am ganzen Körper voller Lanzenstiche, für todt zurückgelassen worden, während der Jüngste ans seinem oder irgend eines Andern Pferde entkommen sei, nachdem er vier feinde, die ihm den Weg zn versperren snchtcn, mit einem Revolver, den ich von Santa Crnz mitgebracht, niedergeschossen hatte. Das waren für uns schlechte Nachrichten, da wir eben ans dem Wege waren, diese Lente, die zn nnseren vereinigten Indianern gehörten, zn schützen. Es fand eine Berathung statt, aber mitten in derselben sprengte Inacayal mit Lenten heran, die anßer ihren anderen Waffen Alle gut mit Lanzen versehen waren. Gleich daranf kamen hovel's Leute, kampfbegierig; die Tehnelchen jedoch, die das Geschäft im Auge hatten und die Mantel, die sie znm Verkauf mitgebracht, gern absetzen wollten, verwarfen die kriegerischen Absichten dieser Lente und sagten, ,,es sei besser noch ein wenig zn warten". Mittlerweile wurden die Gewehre geladen nnd die Waffen bereit gemacht, nnd ein Detachemcnt wnrde abgezählt, nm sich nach dem Schanplatz des Gefechtes zn begebeil nnd die Verwnndctm zn sammeln; da kam von Cheoeqne ein Bote mit Mieoensvorschlägen. Ich nnd die übrigen Verwandten der Gefallenen wnrden, wie wir schon ver-mnlhet hatten, kurze Zeit nnter eine alls Tehnelchcn bestehende Wache gestellt, bis das Detachement abrückte, um die Verwnndeten aufznsnchen. Dann zogen wir Alle eine knrze Strecke das Thal hinab nnd bivonakirtcn in dem Pampagrase, ungefähr anderthalb englische Meilen von den Toldos Eheoeqne's, die wir jedoch nicht M u s! ers, Unler den Polagmm'm. l (» 342 Die Tapferkeit meiner Vettern. sehen konnten. Zwischen dem Hoflager des letzteren lind nnscrm Bivonak gingen zwei- bis dreimal Boten hin nnd her, nnd znletzt kam eine ganz alte Frau herüber nnd hielt eine lange Nede über die Wohlthaten des Friedens. Das mochte wohl gnt sein, da aber beide Parteien augenscheinlich einander nicht tränten, so wurde für del, Fall einer Ueberrumpelung eine Wache ausgestellt, nnd da wir es für wahrscheinlich hielten, daß die Unterhandlungen sich zerschlagen würden, so verbrachten wir die Nacht um die Feuer herum schauernd und Unltlk M'äläas machend. .Ich versicherte Quintnhual nnd (^asiiniro, es werde keinen Kampf geben; darüber wurde der letztere sehr zornig; er sagte, er wisse besser, daß die ganze Sache nur eine Falle sei, um das Zeug nnd die Feuerwaffen nnserer Horde zn bekommen, behanp tete anch, ich verstände diese Indianer nicht, worin ich freilich anderer Meinung war, als er. Später am Abend kam die Nachricht, daß, obgleich fürchterlich zerhauen, doch keiner ,,meiner Vettern" todt sei; die Gegenpartei jedoch sei schlechter weggekommen, sie habe drei völlig Todte verloren. Es will etwas heißen, wenn sechs Mann gegen fünfundzwanzig kämpfen, aber ich glaube, daß Quintuhnal's nnd Foyel's Lente die tapfersten Indianer sind, die man im südlichen Theile Amerikas trifft, nnd den stolzen Namen ,,die Krieger-Indianer" völlig verdienen. Am folgenden Morgen, als es Tag war, besingen Alle ihre besten Pferde, stellten sich ill Colonne mit Miedern von sechs Mann ans und zogen, die Lanzenträger der Krieger an der Spitze, nach den Toldos hin, die in einem Thale lagen, das mit jenem, in welchem wir die Nacht vorher gerastet hatten, unter rechten Winkeln lief. Als wir so weit gekommen waren, daß wir Chcoeque's Stammsitz sahen, bemerkten wir, wie die Araucanier oder Manzaneros, ungefähr eine halbe englische Meile entfernt, sich in Linie aufstellten und manöverirten; wir näherten uns bis auf dreihundert Meter, stellteil uns dann, um unsere ganze Stärke zu zeigen, in offener Linie auf (mein Vorschlag, hinter einer Anhöhe ein Ncservecorps zn verbergen, war verworfen wordeil) nnd warteten den Lanf der Dinge ab. So blieben wir ungefähr ein halbe Stunde, die Manzaneros beobachtend, die, in hellfarbige Ponchos gekleidet und mit ihren langen Lanzen bewaffnet, einen schönen Anblick boten; sie manöucrirten iu vier Schwadronen, deren jede einen Anführer hatte — an dessen Lanze ein kleines Fähnchen flatterte; ihre Bewegungen führten sie mit dis-ciplinirter Genauigkeit aus, und ihr Linieformiren, Schwellten und Der große Cheoeque. 243 Distanzhalten wat der Art, daß es einer regulären Cavallerie keine Schande gemacht hätte. Nachdem wir eine halbe Stunde in Ungewißheit geroartet hatten, wurden Geißeln gewechselt, und dann machten wir die Bewillkomm-nnngs-Ceremonie durch. Die Tchnelchen waren sehr aufgeregt, und als wir uns iu Coloune aufstellten nud zu den Manzaueros hinab-sprengten, wobei ich mich in der Mitte der Truppe befand, glanbte ich Anfangs, wir hätten ein allgemeines Scharmützel in Aussicht. Als nur jedoch bei der Linie anlangten, ließen unsere Anführer eiue scharfe Wendnng machen, und wir führten das gewöhnliche Manöver aus, uur mit der unangenehmen Ausnahme, daß beide Parteien ihre sslinten nnd Revolver scharf geladen hatten und Einem immer dann nnd wann eine Kugel an den Ohren uordei oder dicht über dem Kopfe hin pfiff. Nach dem gewöhnlichen Hündeschüttelu zwischen den Häuptlingen ritt der große Cheoeque, ein verständig aussehender Manu vou etwa fünfnuddrcißig Iahreu, in blaue Tuch-Pouchos,' Hut uud Ledcrstiefeln gekleidet, an unserer Linie hinab, wobei er mit Jedermann die Hand schüttelte nnd irgend eine Bemerknng machte. Als er an mich kam, schämte ich mich etwas wegen meiner Kleidung, eines einfachen Mantels, der nicht gerade in gntem Zustande war. Er feinerseits schien, da er schon gefragt hatte, wer ich sei, ziemlich erstaunt, als er hörte, daß ich ein Engländer sei, uud da man ihm feruer mitgetheilt hatte, daß ich die vorher an ihn gesandten spanischen Briefe geschrieben, die von einem Valdivier übersetzt worden waren, so blieb er einige Minnten steheu uud unterhielt sich mit mir. Hicranf fand ein Parlemento statt, bei welchen Alle beritten blieben; die Verhandlung dauerte bis zum Sounenuntergang, wo dann Jeder sehr hnngrig war. Die Beschlüsse, zu welchen man kam, bezögen sich hauptsächlich auf die Herstellung eines festen uud dauernden ,niedens unter den anwesenden Indianern: ein Puntt, über den glücklicherweise Einstimmigkeit herrschte. Zu der Berathung über Casimiro's Antrag, Patagoues zu schützen, nnd über den Krieg der Ehilier mit den weiter nördlich lebenden Indianern wurde ein anderer Tag bestimmt; auch sollte dann Calsicura's Botschaft in Betreff eines Angriffs auf Bahia Vlanca nud auf die Grenze von Buenos Anres nberhanpt erwogen werden. Eilte der Hanptperfonen, die bei dem Parlemcnto anwesend waren, war ein Cheocque untergeordneter Häuptling, Namens Ma-fulto, ein schöner alter Mann, prächtig in Ponchos gekleidet, die 16" 344 Aepsel und Pinonen. ebenso wie seine Waffen reich mit Silber geschmückt, ja, fast bedeckt waren; er zeichnete sich besonders durch seine Stentorstimme aus, die, wenn er sie bei der Verhandlung erhob, zu einem förmlichen Gc-brüll wurde, gleich dem eines Bnllm von Vasan. Später schenkte er mir besondere Anfmerksamkcit nnd war sehr höflich nnd znvor-kommend; er bat mich dringend, ihn doch in seinem ^ande zn be^ suchen, das nördlich von dem Schneebcrge liege. In seinem Gefolge befand sich ein Mann, der mich in reinem Spanisch anredete; er sagte, er habe meinen Brief gelesen nnd überseht, nnd machte mich aufmerksam, daß der Name Spanier den hiesigen Indianern verhaßt sei. Ehe ich mich nach irgend Etwas erkundigen konnte, wurde er weggerufen; als ich mich aber in Pata-gones befand, fragte man nach einem unglücklichen Ansiedler, der als Gefangener und Sklave unter den Araucaniern sei, und die Beschreibung paßte genan auf diesen armen Spanier, Sein Herr fürchtete ohne Zweifel, daß ich ihn erkennen nnd mich für ihn verwenden könnte, und beeilte sich unser Gespräch zu unterbrechen. Nir zerstreuten uns nnd bivouakirten in der Nähe von Cheoe-que's Toldos, wo zur Befriedigung unserer augenblicklichen Bedürfnisse Thiere mit dem Lazo gefangen und abgeschlachtet wurden; auch gingen Manzaneros und Picnnche-Indianer mit Puionen, Aevfeln nnd dann und wann mit etwas Mehl hernm nnd vertauschten diese Lebensmittel gegen Messer, Volas n. s. w. Die Pmonen waren zum Theil noch in den Hülsen, zum Theil bereits enthülst; die weißen, mandelähnlichcn Kerne, ungefähr so groß wie Datteln, waren auf Faden gereiht und schmeckten köstlich, mochten sie wie Kastanien in ihren Hülsen geröstet oder gekocht sein. Anch die Acpfel waren köstlich frisch uud saftig, und zwanzig Stück für ein Paar Volas kam mir billig vor, obgleich nieine Kameraden behaupteten, die spitzbübischen Picuncheu hättcu mich betrogen. Gegen Abend ließ Cheoeque herübersagen, da es schou spät sei und Ruhestörungen vorkommen könnten, so halte er es für besser, den Verkanf von Branntwein nicht zu gestatten bis zum folgenden Tage, wo man dann alle Waffen an einen sichern Ort bringen nnd Jedermann, der sich gern betrinken wolle, dies gemüthlich thun könne. Hiermit war Easimiro einverstanden, nnd er versicherte mich zugleich anf das Bestimmteste, er würde nüchtern bleiben. Während wir am Heerde saßen, flog ein Vogel, der genan nnserm allbekannten Ziegenmelker glich, gerade über uns hin nnd ließ dabei sein eigen- Cheoeque's Hauptquartier. 345 thümliches schnarrendes Geschrei hören; die Indianer sahen alle ganz erschrocken ans; sie behaupteten, es bedeute Unglück; denn so oft dieser Vogel in der Nähe einer Versammlung von Menschen krächze, trete sicher eine Krankheit oder ein Todesfall ein. Ihr blinder Glaube an den unglückbcdeutenden Vogel bestätigte sich einmal, denn mitteu in der Nacht wurde ich, während ich am Feuer schlief, von Grauiel geweckt, der mich am Nrme rüttelte und schrie: ,,Wir wollen fort, wir wollen fort!" und dabei von dem hellen Feuer hinweg ill die finstere Nacht rannte. Sein Vater uud ich eilten ihm nach, singen ihn nach langer Jagd ein nnd wurden mit vieler Muhe über ihn Herr. Er war rasend geworden, wehrte sich gewaltig nnd schrie unzusammenhängende nnd sinnlose Worte. Als der Anfall vorüber war, war er so erschöpft und abgespannt, daß Alle glanbtcn, er werde sterben; er erholte sich jedoch für diesmal wieder. Bei Tagesanbruch waren wir Alle auf dem Zeuge, und da wir am Abend vorher zu müde und hungrig gewesen waren, als daß wir die Landschaft hätten betrachten können, so ging ich daran, mir die Oertlichkeit im Allgemeinen anzuseheu. Zu meinem großen Erstaunen bestand das Hauptquartier Ehcoeque's nur ans vier Toldos, die dem Häuptlinge und seinem Schwager gehörten; die Männer, die uns empfangen hatten, waren ohne ihre Weiber von entfernten Wohnsitzen hergekommen und bivouakirtcu, wie wir, im Freien. Der Schanplcch des Lagers war ein von Osten nach Westen laufendes Thal, das am westlichen Ende dem Anschein nach durch ciuige hohe Berge, Ausläufer der Cordillera, abgeschlossen wnrde. Das Thal wurde von einem ansehnlichen Flnsse durchströmt uud war überall mehr oder weniger bewaldet. Nach Nordwestcn, ungefähr vier englische Meilen entfernt, konnte man die Aepfelhaine sehen; die Vümne waren jedoch bereits der Früchte beraubt, und wenn man sich Aepfel verschaffen wollte, mußte mau viel weiter nach Norden gehen; Or-keke, Hinchel, ich uud noch Andere hatten zwar den Plan, jenen District zn besnchcn uud Früchte zu holen, aber diese Expedition erwies sich als unausführbar und kam daher nicht zu Stande. Jenseits der Aepfelhaine machte man mich auf die Stelle aufmerksam, wo die Araucarieu wuchsen, von welchen die Pmonen gesammelt werden; sie lag gerade unterhalb der schneenmhüllten Berge, die wir von dem Nucken aus, der über dem Nio Limay stand, gesehen hatten, uud war ungefähr dreißig englische Meilen entfernt. Ili unserm Thale war das Weidcfutter etwas spärlich, obgleich 34ft Las Manzanas. es für die drei Heerden kleiner Schafe, von welchen Cheoeque's Weiber je eine besaßen, genug zn geben schien, um in guten Znstand zu kommen; aber Schafe finden überall Futter. Unmittelbar hinter dcu Toldos lag ein Corral zur Eiuhegung der Rinder; doch waren keine zu sehen; man hatte sie wahrscheinlich fortgetrieben in irgend ein nahe gelegenes, abgeschlossenes Thal, um unseren Leuten keine Gelcgen-hcit zur Selbsthülfc zn geben. Um diesen Corral hermn waren die Indianer von Cheoeque's Stamme und die mit Früchten u. s. w. handelnden Picunchcu grnppirt, und zwischen dem Corral nnd dem Flusse lag das Vivonak der Thnelchen; unser Hecrd war durch Ca-simiro's Flagge mit den Farben des argentinischen Buudes bezeichnet. Thalauf- und abwärts und selbst auf dcu nahen Hügeln nm-her waren unsere Pferde zerstreut. Ich giug darall, mir die Toldos zn betrachten, auf die ich die Nacht vorher uur einen flüchtigen Blick geworfen hatte, und fand, daß sie sämmtlich feste Wohnungen, das heißt, nicht, wie die der Patagonier, darauf berechnet waren, bei Märschen mitgenommen zn werden. Sie waren allerdings auf dieselbe Weise gebaut, aber die Staugen waren viel stärker und fester nnd das ganze Gebäude hatte mehr Nehnlichkeit mit einem Hanse. Cheoeque's Toldo war volle sechzehn Fuß hoch nnd konnte bequem vierzig Mann anfnehmen, während im vorderen Theile drei Fcucr von gewaltig großen Scheiten brannten. Er war vollständig geschlossen, nnr in der Ecke befand sich anstatt der Thür ein Eingang mit einem Vorhänge von Fellen, und längs der Front lief eine Art Veranda hin, aus in eiuander geflochtenen Zweigen bestehend, die einen angenehmen Baldachin bildeten, in dessen Schatten wir saßen nnd rauchten. Inwendig waren erhöhte Bettplätze von Holz, woranf das Bettzeug lag, und Alles zusammengenommen, auch die Schafe, den Corral u. s. w., hatte der Ort einen solchen Anstrich von Civilisation, daß man, wenn man die Phantasie ein wenig anstrengte, sich hätte einbilden können, man befände sich in einer Grenz-Estancia der Ansiedclungeu. In den anf der Nordscite des Thales stehenden Bäumen verborgen, gab es noch andere Toldos, aber diese besnchte ich nicht. Gegen acht Uhr sahen wir mehrere beladene Pferde kommen; sie brachten den Branntwein, der in dem Thale, in welchem wir die Nacht nach der Ruhestörung gelagert hatten, war weggesteckt worden. Sobald die Kruge uud Schläuche iu Chcoeque's Toldo abgeladen waren, ging der Befehl herum, daß alle Waffen sollten abgeliefert werden, Zechqelast. 247 und nach einiger Schwierigkeit wurden sie fast alle gesammelt und an einen sichern Ort gebracht. Dann wurden die Häuptlinge formgemäß eingeladen, zn trinken, nnd hierauf Alle gebeten, die kamen; der Branntwein wurde vou Cheocqne auf die freigebigste Weise gespendet. Dieser Häuptling war sich seiner hohen Stellung nnd Macht völlig bewußt; sein ruudes, hübsches Gesicht, dessen von seiuer Te-Huelche-Mutter geerbte ssarbc duukler ist als jene seiner Unterthanen, verrieth lauernde List, und sein häufiges Lachen war etwas sardonisch. Er konnte außerordentlich viel vertragen, ohne betrunken zu werden, nnd war geneigt, Casimiro wegen seiner Trunkenheit zu verachten; ja, er hielt sich offenbar, nnd nicht ohne Grund, für er-habeu über alle Eaciqncn, selbst wenn sie ihm nicht Unterthan waren. Hiuchel, ich uud viele der Araucauier wareu weggeblieben, und ich war eben auf dem Wege, nach den Pferden zu scheu, als ich von eiuigeu Picunchcn nach dem Corral gcrufcu wurde. Diese Männer zeigten eine entschieden andere lind viel tiefer stehende Gcsichtsbildung als die Araueanier, von welchen sie durch ihre dunklere Farbe sich leicht uuterscheideu ließen; sie waren aber sehr höflich uud zuvorkommend; sie fragten mich, wie es käme, daß ich mich bei den Tchucl-chen befände, nnd wie mein Vaterland beschaffen sei, und freuten sich, als ich ihnen sagte, daß es hügelig nud gut bewaldet und, iudem ich mich anf Devonshire bezog, daß es reich an Aepfeln sei. Selbstverständlich wurde unsere ganze Uuterhaltuug vermittelst eines Dolmetschers (eines Valdiviers) geführt. Nach einigen weiteren fragen wurde etwas Rum hervorgeholt, nnd nachdem ich ein Glas getruuken hatte, saß ich anf und ging daran, die Pferde zn snchen. Hinchcl ritt eine Strecke mit mir; er wollte einen früheren Bekannten aufsuchen, dessen Toldo uugefähr vier Stuuden entfernt stand, uud der, wie er sagte, der beste Silbcrarbeiter uuter deu Iudianern war. Ich sah spater Proben seiner Arbeit; es waren silberne Röhren znr Ver-ziernug der Steigbügelriemen, und das Aussehen dieser nnd anderer silbernen Schmucksachen, die in verschiedenen Musteru, augenscheinlich eigener Erfindung, von massivem Metall gemacht waren, ließ mir wenig Zweifel übrig, daß diese Indianer oder irgend einer der beuachbarteu Stämme die Orte keimen, wo das Erz des edlcu Metalls zn gewiuueu ist, nnd daß sie es selbst schmelzen. Nachdem ich den nuserer Horde gehörenden Trupp Pferde gezählt uud anf die beste Weide hiuabgemeben hatte, kehrte ich zurück 248 Zusammenkunft mit Chooeque. , und fand, daß Cheoeque mehrere Voten geschickt und mich hatte suchen lassen; ich begab mich daher sofort nach seinem Toldo, wo, als ich ankam, er und Mariano Linares anf zwei wirklichen Stühlen saßen, der Letztere Guitarre spielend, wahrend Casimiro ein wenig berauscht war und ewige Freundschaft gelobte und ringsum heulende Indianer, Mänuer und grauen, in verschiedenen Stadien des Nau sches sich befanden. Cheoeque reichte mir die Hand, lnd mich ein, mich niederzusetzen, und gab mir ein Glas Rum aus seiner eigenen Flasche, der, wie ich wohl kaum zu sagen brauche, nicht wie der übrige gewässert war. Dauu benutzte ich eine kleine Aufregung, die ein Indianer veranlaßt hatte, indem er Cheoeque umarmen wollte, und entfernte mich, wurde aber unterwegs aufgehalten nnd mnßte, ehe ich das Bivouak erreichte, mit verschiedenen Bekannten trinken. Da unser Heerd bald von lärmenden, halbtrunkcncn Indianern besetzt war, unter Anderen auch von Hmchel's Sohue, der, sehr betrunken, gekommen war, nm sein Gewehr zu holeu, weil er den Festordner erschießen wollte, aber glücklicherweise von seinem Vater, der gerade zur rechten Zeit eintraf, zu Boden geworfen und gebunden wurde, so zog ich mich zn Foyel's Vivonak zurück, wo Gravino nnd Andere Wache hielten, nm bereit zu sein, wenn ihr Hänptling ihrer bedürfte. Er kam zu ihrer großen Erleichterung bald nach Mitternacht an. Die Eifersucht, die zwischeu Foycl uud Chcocqne bestand, nnd welche bei der Ruhestörung, die meinen Vettern beinahe das Leben gekostet hätte, nnsgebrochcn war, hatte, seitdem Foycl nnd O.uintn-hnal nach Süden gezogen waren, immer bestanden, und die in ihrem Gefolge befindlichen Arancanos hielten sich bei dieser Gelegenheit alle so viel wie möglich fern und nahmen an den Lustbarkeiten nicht Theil, während die Tehuelchen, welchen die Sache nichts anging, sich ungehindert der Freude überließen. Am nächsten Tage ließen Foyel nnd Quintuhual ihre Leute in Ncihc und Glied abmarschiren und zogeu, von vieleu Tchuelchen gefolgt, heimwärts; die großen Pferderennen, die gehalten werden sollten, wurden in Folge der peinlichen Stimmuug, die herrschte, und der daraus hervorgehenden Befürchtung eines Zwistes aufgegeben; der Kampf würde unter den vorliegenden Umständen ein hartnäckiger geworden sein, da Cheocque's Truppen, obgleich an Zahl ihre Gegner übertreffend, denselben doch nicht allzu stark überlegen gewesen wären. Nir hatten bei unserer Ankunft uus gcwuudcrt, nicht mehr Fehden zwischen dm Häuptlinaen. 349 Indianer zu unserm Empfang bereit zu finden, da wir nnr neunzig Lanzen zählten; aber es verkantete, daß Einige in dem an der Seite des Flusses stehenden Walde verborgn! seien, die nicht zum Vorschein kamen; außerdem waren siebenzig bis hundert Mann nach Pata gones gegangen, nm die ihrem Häuptlinge ansgeschte Anzahl Rinder zu holen, noch zweihundert Mann aber, freunde und Verwandte Foyel's, die sich zu der Znsammenkunft, die iu Las Mauzauas stattfinden sollte, bereits auf dem Marsche befanden, waren, als sie von dem Angriff hörten, den Eheocane's Horde auf ihre freunde, meine Vettern, machte, wieder umgekehrt. Ob sie wegblieben, nm sich neutral zu verhalten, oder um nüthigcnfalls ihren Verwandten zu Hülfe zu kommen, konnte man nicht wissen, aber Foyel prahlte häufig, daß bei etwaigen Händeln zweihundert Mann von ssheoeque's befolge für ihn Partei ergreifen würdeu. Die Veranlassung zur Fehde hatten ursprünglich die Pecunchen gegeben. Dieser Stamm, nach Antonio Gnaitu's Behauptung, der sie sshollo naunte, ein Zweig der Araneanier, steht, wenn auch von Ortscaeiquen regiert, doch nnter Eheocqne's Oberherrschaft. Wie schon erwähnt, leben die Pi-, cuucheu in der Nähe der Pässe der Cordillera nnd plündern alle Reisenden. Cie hatten anf Foyel's Voten, der ihm von Valdiuia Vorräthe brachte, keine Rücksicht genommen und schließlich zwei Schaffelle voll Num mit Gewalt annectirt, worüber ein kleiner Kampf entstand. Hierauf schickte Foyel an Cheoequc eine herausfordernde Votschaft des Inhalts, daß, wenn von Seiten seiner Unterthanen noch mehr Nänbercien vorkämen, er Repressalien machen werde; der letztere Hauptliug müsse sich jedenfalls einbilden, er (Foyel) habe das Reiten nnd das führen der Vanze verlernt. Dies Alles wurde später gütlich beigelegt, am Ende aber zog Foyel, der von Rechts wegen nnter ssheocqne's Herrschaft stand, vor, seine ^chenspflicht abzuschütteln und sich über den Rio Limay hinüber zurückzuziehen. Als Hauptgrund gab er an, daß Cheoeque, obgleich er von der Regiernng zn Vnenos Ayres viele Rinder erhielte, es doch nicht für angemessen halte, sie zn theilen. Wie viel Wahres an diesen Erzählungen war, kann ich nicht sagen; was aber die Picunchcn und ihre Abhängigkeit von Cheoeque betrifft, so waren die Valdivier, auf ein sicheres Geleit wartend, über ein Jahr hingehalten worden. Endlich erhielten sie es am Abend vor unserer Anknnft, und so weit sich später ermitteln ließ, zogen sie un-belästigt ihres Weges, verloren aber wahrscheinlich Rinder in Folge 250 Handel. der Witterung, da es znm Ucberschreitcn der Pässe, die im Winter durch Schnee und angeschwollene Flüsse unpassirbar werden, viel zu spat im Jahre war. Antonio ^waitu und Ventura Delgado versicherten mich, den einen Flnß hätten sie wegen seiner vielen Krümmungen siebenmal zu überschreiten und müßten jedesmal ihre Thiere schwimmen lassen. Ich glaubte Anfangs, dies sei ein Arm des Nio ^imav, aber als ich mich näher erkundigte, sagten die Valdivier, er fließe nach Westen. Bei (Gelegenheit dieser Noute sei erwähnt, daß kurz vorher ein unternehmender Deutscher von Valdivia herübergekommen war, nm mit den Indianern Handel zn treiben; man ließ ihn mit aller seiner Waare unbelästigt ziehen, und er machte ein gutes Geschäft nnd trat schließlich mit einer tüchtigen Anzahl Pferde nnd Geschirr seine Rückreise ail; in der Nähr der Pässe aber wurde ihm Alles abgenommen, nnd er mußte suchen wo möglich zu Fuße nach Hanse zu kommen. Es war sehr ärgerlich, sich so nahe an Valdivia zu befinden nnd nicht im Stande zn sein, den Weg dorthin zu erforschen und die Picunchen zu besuchen; Casimiro lind ich hatten uns zwar vorgenommen, von Las Manzanas ans einen Abstecher zn machen, aber der Plan wurde wegen der späten Jahreszeit uud anderer Umstände wieder anfge-geben; anch war ich der Ueberzeugung, daß der Cacique, wenn er uach Valdivia kam, sich nicht allzu lange von den civilisirten Vergnügungen werde losreißen können. Nach dein Trinkgelage und dem Abznge der Horde Foyel's wurde ein Tag dem Handel gewidmet; die politischen Verhandlungen wurden einstweilen aufgeschoben, weil Casimiro, der vierundzwanzig Stnnden brauchte, nm sich von den folgen der l^astfrenndschaft Cheoeque's zu erholen, nicht dazu aufgelegt war. Unsere Tehuelchen verkauften, Dank der verschwenderischen Freigebigkeit Cheoeque's, alle ihre Waaren vortheilhaft nnd wnrden die glücklichen Besitzer vieler Pferde, silberner Cchmncksachen und Mandils. Hätten sie den Branntwein kaufen müssen, so wnrden sie nut leeren Händen und schlechter Laune zurückgekehrt sein. Die Manzaneros schienen hinsichtlich ihres Bedarfes an Toldo-Decken von den Tehuelchen abzn-hüngen, gerade so wie die Letzteren ihrerseits die gewebten Mandils und Ponchos voli den Manzaneros kaufeu mußten. Die von den Manzaneros hcrbeigebrachten Pferde glichen, wie ich sah, mehr den in den argentinischen Staaten gebräuchlicheu als der bei den Tehucl-chcn gewöhnlichen Na«.:e; zum Wettrennen anf ebenen Flächen zeigten Politik. 251 sie schönen' Tugenden und größere Schnelligkeit, aber in der zur Jagd erforderlichen Ausdauer standen sie dm Tehnclche - Pferden nach. Das zweite Parlcmento oder die zweite Nathsvcrsammlung, der viele Häuptlinge beiwohnten, giug ordnungsmäßig vor sich; au ihr uahin auch Mariano Linares, der Prüder des im Solde der Regierung stehenden Indianerhäuptlings, theil. (5r war mit ssheoe-que verschwägert uud war vou Patagoucs hergesaudt wordeu, um ihn zu bewegen, den frieden zn erhalten. Die Ncdeu der Arancanos wurdeil eigenthümlich hcrgcsungen, ja intonirt, genau so, wie ich es seitdem daheim in manchen Kirchen gehört habe. Chcocquc intonirte auf diese Weise eine Rede, in welcher er darlegte, wie aus dem eigentlichen Arancanien Häuptlinge zu ihm gekommen seieu uud ihn gc-betcli halten, ihnen im Kriege mit Chili Hülfe zu leisten. Anfangs habe er sie nicht empfangen wollen, zuletzt aber habe er sie augehört, uud es sei wahrscheinlich, daft er seinen Laudsleutcu ciu klciues Corps zu Hülfe schicken werde. Calficura's Botschaft in Bezug auf deu Eiufall ill die An-siedelnngen war nns bereits zugegangen. Es wurden viele Reden gehalten, uud binares und Casimiro hoben hervor, daß es znm Vortheile des Caciqne sei, wenn er sich nicht hineinmische, da er sonst die wcrthvollcn Pferde nnd Rinder, welche die Negicruug von Bncnos Ayres ihm gebe, unvermeidlich verlieren werde, nud daß es einträglicher sel, die jährlichen Nationen zn empfangen, als die Rio Negro-Ansiedeluugen zu plündern und zu zerstören. Zuletzt wurde einstimmig beschlossen, daß an ssalficnra eine Votschaft gcsaudt werden solle, mit dem Wuuschc, seine ^eindseligteiten alls Bahia Blanca zu beschränken, und daß Cheocque das nördliche Ufer des Rio Negro decken nnd anf jener Seite Patagones schi'cheu solle, während Casi-lniro die Südseite sicherte: eine Uebcreiukuuft, an die man sich auf beiden Seiten hielt. Calficura rächte demgemäß das wirkliche oder vermeintliche Unrecht, das ihm widerfahren sein sollte, an den „Christianoö" dnrch zwei verheerende Einfälle in Bahia Blanca, bei welchen er Beute nnd befangene fortschaffte. Durch Briefe vom Rio Negro habe ich jedoch erfahren, daß der friede wieder hergestellt ist und die befangenen ausgetauscht oder losgekauft wordeu siud. Ich werde hicruou uoch ausführlicher sprechen, erwähne es aber hier, um zu zeigen, daß die Indianer die VoUhcile des Friedens recht gut kennen, wenn sie auch, besouders die Aramanier, wegen der An- 252 Ein großes Bankett. maßnngen der Ausländer ohne Zweifel ängstlich sind und die Traditionen ihrer vergangenen Geschichte sie veranlaßt haben, selbst den Namen Spanier oder „Christian»" zu verabscheuen. Es ist auch für die höheren Eacianen jedenfalls schwer, die kleinen Caeiauillos von kleinen Plünderungen abzuhalten; aber bei einem ehrlichen lind wohlgeordneten „Rationen" - System werden sie keine Nanbzüge machen, und es ist zu bedauern, daft die wohlgemeinten und großmüthigen Pläne, welche die Negierung von Buenos Ayres zum Schutze der Grenzen getroffen hat, nnr zu oft durch die gcwissenloseu Lieferanten, die sich selbst bereichern, indem sie die für die Indianer bestimmten Lieferungen sich zueignen, vereitelt werden. Manche mögen die Methode, die Häuptlinge durch Pensionen in Ruhe zu halten, als unwürdig betrachten; aber es ist sicherlich eine hnmanere und ökonomischere Politik als fortwährende Nepressalien-Kriegc, die am Ende zn der Ausrottung entweder der Indianer oder der Ansiedler, höchst wahrscheinlich der letzteren, und zu der sichern Verarmung des Landes führen würden. Nach dem Parlemento gab Cheoeque allen versammelten Eaci-queu uud ihren Söhnen ein großes Banket. Ueber drei gewaltigen feuern, die in seinem gcränmigenToldo brannten, standen anf Dreifüßen große eiserne Töpfe, die Rind-, Hammel- nnd Pferdefleisch enthielten. Die Gäste setzten sich, wie sie konnten, während Eheocqne mitten im Toldo cmf einem Stuhle, wie die Spanier sagen, ,,zu Pferde" saß; er war in einen prachtvollen Mantel von Katzenfell gekleidet und hielt eine „Nevengue" oder Peitsche von Haut in der Hand, mit der er immerfort einen zudringlichen Hund oder anch wohl einen seiner zahlreichen Söhne züchtigte, wenn sie zn nahe kamen oder zu viel Lärm machteu. Die kleinen Knaben waren augenscheinlich daran gewöhnt und zeigten, wenn sie einem Hiebe auswichcu, große Behendigkeit, und wenn sie ihn erhielten, ebenso große Gleichgültigkeit. Die drei Weiber des Häuptlings führten den Vorsitz an den Feuern, und zum ersten Gange wurdcu mit großen Portionen Fleisch und einer gehörigen Masse Fett bcladenc hölzerne Schüsseln herumgereicht. Es wurde erwartet, daß jeder Gast den ganzen Inhalt der Schüssel verzehrte, und wenu sie leer war, wurde sie fortgetragen, ausgewaschen und wieder für eiueu Audern gefüllt. Der zweite Gang bestaud aus Aevfeln uud Pmonen, uach Belieben roh oder gekocht, und es war strenge Etikette, die ganzen dargereichten Früchte zu essen oder einzu- Cheoeque's Macht. 253 stecken. Nach dem Essen wurde Wasser herumgereicht; ein anderes Getränk wurde nicht vorgesetzt, eine besondere Flasche ausgenommen, aus welcher der Häuptling zwei oder drei kästen einschenkte, die seine höchste Gunst genossen. Es mnßteu ivenigstens dreißig Personen anwesend sein, und es gab noch viel Platz und Lebensmittel in Ueberfluß. Später wnrden andere Gäste niedrigeren Ranges ge. speist. Die Tehuelchen sowohl als die Araueanos und Piennchen wurden während ihres Aufenthaltes sämmtlich von dem Häuptlinge verpflegt. Ganz erstaunt war ich über den (Gehorsam und die Ehrfurcht, welche diese Leute ihrem Cacique erwiesen. Seine Gewalt erstreckte sich nördlich bis Meudoza, über Hunderte von Indianern, die in festen Tolderias, und zwar einige wenige in dem nahe bei Manzauas liegenden Thale, der Hauptthcil aber weiter nach Norden, in der Nähe der Araucaricuhnine wohnen. Die Macht des Häuptlings ist unumschränkt, und sein Wort ist Gesetz, auch für die entferntesten seiner Unterthanen. Anf seinen Befehl verlassen sie Toloos, Leiber und Kinder nnd begeben sich beritteu und zu jedem Dienst bereit in sein Hauptquartier. Er besitzt beträchtliche Reichthümer; answer den zahlreichen Schaf- und Ninderheerdeu wurde einer der Toldos blos als Schatzkammer benutzt, wo sein Silberzeug, seine Ponchos, Mantel u. s. w. in Sicherheit lagen. Ich war gerade in seinem Toldo, als ein Vote eintraf. Der Indianer, der augenscheinlich aus weiter Ferne kam, wagte nicht eher einzutreten, als bis es ihm befohlen wurde; dann setzte er sich mit der größten Ehrfurcht von dem Häuptlinge entfernt, theilte seine Botschaft mit, erhielt die nöthigen Befehle mid zog sich zurück; als er wieder reisefertig war, erschien er noch einmal, um definitive Ver-haliungsbcfchle in Empfang zu nehmen; hierauf bestieg er sein Pferd nnd ritt ohne weitere Umstände ab. Die Untercaciquen, deren Amt und Würde erblich sind, schienen schönere und intelligentere Männer zu sein als das gemeine Volk. Ob dies von einer Nayenverschiedenheit oder blos von ihrer aristokratischen Abstammung nnd der erblichen Verfeinerung der Gesichts-znge und der Haltung herrührte, kann ich nicht sagen; aber ihre Ucbcrlegeuhcit war sehr stark ausgeprägt, während bei den Tehuel-chen ein solcher Unterschied zwischen den Eaciqnen und ihren Lehnsleuten nicht zu bemerken ist. Die Uebcrlegenheit dieser halbciuili-sirtcn Nrancanos über ihre südlichen Nachbar» war in jeder Hin- 254 Arauccinische Sitten und Gebräuche. sicht, nur die Körperkraft ausgenommen, augenscheinlich. Ihre festen Wohnsitze in einer fruchtbareren Gegend, in der Nähe der Aepfel- nnd Arancarienhaine, bieten ihnen über die nomadisirenden Patagonier große Vortheile. Sie bauen Weizen, voit welchem kleine Onantitätcu uns zum Verkauf angeboten wurden; außerdem ernten sie die wildwachsenden Pmonen und Aepfel ein und braneu aus letzteren, wie schon gesagt, einen Obstwein von ungewöhnlicher Starte; ebenso bereiten sie ans der Algarroba-Bohne ein berauschendes Getränk, „Pulco" genannt. Um mit der Sprache nnd deu Sitten sowohl der Leute Foyel's als der in Manzanas befindlicheil Indianer vertraut weroeu zu köunen, dauerte mein Verkehr mit ihueu nicht lauge genug; sie siud übrigeus schou von Audereu beschriebeu wordeu. Die Sprache, von der ich einige Worte sprechen lernte, schien weicher nnd wohlklingender zu sein und auch mehr Wörter zu besitzen ala das gutturale Te-huelche; wie mir vorkam, war sie mit der Pampa-Sprache nahe verwandt ; aber Iackechan, der beide sprechen konnte, nnd Gravino bestanden fest daranf, daß beide Dialekte von einauder verschieden seien. In Vezug anf ihreu Körper hielteu sie sich überaus sanber und reinlich, uud das Morgcnbad wurde von Mäuncru, Fraueu uud Kiudern nie versäumt; gerade vor dem Eintritt der Morgendämmerung begaben sie Me sich regelmäßig schaareuweise zum Wasser. Auch auf ihren Anzug verwendeten sie mehr Sorgfalt als die Pata-gouier. Ihre religiösen Gebräuche mit anzusehen hatte ich keine Gelegenheit, aber man versicherte mich, daß sie die Sonne anbeteten, nnd von Götzenbildern irgend welcher Art war leine Spur zu sindeu. Ihre Gebräuche bei feierlichen Gelegenheiten, wie Geburten u. s. w., waren jenen der Tehuelchen sehr ähnlich, nur daß der „Doctor" dabei sorgfältiger mit verschiedenen Farben geschmückt erschien. Als Quintuhual's Nichte krank war, spielte ihr Bruder, gehörig bemalt und mit einem Kopfputz von Federn geschmückt, die Rolle des „Zauberers". Austatt eiues Manoilzeltes wurde eine Wand von Ponchos hergestellt, die über Pfähle hingen, und die Familie entfaltete ihren ganzen Staat. Es wurden Stuten geschlachtet, nnd ich nahm an dem Schmause als Gast theil, aber bei dein, was vorher stattgefunden hatte, war ich nicht zngegen, weil die Würde Die Ehe. 255 eines Caciquillo, die ich jetzt bekleidete, mir Zwang auferlegte und nicht erlaubte, als müßiger Zuschauer umherzulaufen. Ein Mahl beginnen sie mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit niemals, ohne erst Fleischbrühe oder eiu kleines Stück Fleisch auf die Erde geworfeu und gleichzeitig einen Zanbersprnch gemnrmelt zu habe», uni den Gnalichn günstig zu stimmen; denn sie sind im Allgemeinen abergläubischer und fürchten sich vor Hexerei mehr als die übrigen Indianer. Sie haben einige Kenntniß von Edelsteinen nnd scheinen ihnen gewisse wnnderbare Kräfte zuzuschreiben. So brsaß Foyel einen Stein, der ein prachtvoller roher Türkis zu sein schien; er war im Begriff, mir denselben zu schenken, als sein Weib und sein Schwager irgend eine Bemerkung machten, worauf er sich entschnl oigte nnd sagte, er trenne sich nicht gern von ihm, weil er lange in der Familie gewesen sei. Daß Fremde Steine zu wissenschaftlichen Zwecken anflesen oder irgend wie „sich umsehen", wollen sie dnrch. ans nicht leiden; von Ventura Delgado gewarnt, nahm ich mich daher ganz besonders in Acht, dies nicht zu thun. Einige ihrer Spiele, die von den bei den Tchnclchen beliebten verschieden sind, wie unter anderen das Spiel mit schwarzen nnd weißen Bohnen, hat Mons. Guinnard beschrieben. Wenn ich sage, daß fie bei der Heirath noch immer die sonderbare Sitte der Entführung haben, so mnß ich mich anf Casimiro als meinen Gewährsmann berufen. Der künftige Bräutigam nimmt fich nicht die Mühe, die Einwilliguug der Braut zu erlangen, sondern bezahlt den Eltern derselben den festgesetzten Brantschatz oder Kaufpreis, kommt dann hcrangaloppirt, nimmt das, Mädchen mit (Gewalt nnd trägt sie vor sich fort in das Gebüfch, von wo sie nach erzwungeneu zweitägigen Flitterwochen als Mann nnd Weib in seine Wohnung zm'ückkehren. Bei der Vermählung von Eaciqnetöchtern ist dies jedoch nicht Sitte. Vielweiberei ist erlanbt; so hatte znm Beispiel der große Eheoeaue drei Weiber; die Hauptgeliebte, die durch ihr liebenswürdiges Wesen die Ehre wirklich ver diente, hatte den mittelsten Platz im Toldo inne; aber alle drei lebten vollkommen einig und sorgten mit unparteiischer ^iebe Eine für der Andern Kinder. Wie fchon gesagt, stehlen oder kaufen die Araucanos gern Gefangene, und ich möchte fast vermuthen, daß unter ihnen Mangel an Frauen herrscht, woran die vernichtenden Grausamkeiten, welche die Grenz-„Christianos" gegen Frauen und Kinder ausüben, wahrscheinlich mit Schuld sind. Für Fremde sind sie jedenfalls geführ- 256 Abschiedsgeschenke. licher als die südlichen Indianer, nnd sich ohne gehörige Geleitsbriefe vom Cacique unter sie zu wagen, ist unsicher. Mir bot Cheoeque die Erlaubniß an, direct nach Norden durch das Innere des Landes bis zu den argentinischen Provinzen zu reisen, uud wollte für meine Sicherheit einstehen; ich widerstand der Versuchung nur dadurch, daß ich nach reiflicher Ueberlegung meinen freunden, den Tchnelchen, Wort halten nud mit nach Patagoues gehen mußte. Auch lud er mich herzlich ein, wiederzukommen, nnd gab mir die Versichcrnng, er werde mich jederzeit als freund willkommen heißen. Da nnsere Geschäfte, die commercietten wie die politischen, alle abgemacht und der Abschiedsschniaus vorüber war, so vertheilte Cheoeque unter die Tehuelchen Pferde u. s, w. als Gegengaben für die vielen Geschenke, die er von ihnen empfangen hatte. Mir gab er als Gegengeschenk für ein Paar goldene Knöpfe eine der eigen thümlichen Lanzen, wie sein Volk sie immer trug; sie sind ungefähr fünfzehn bis achtzehn ,vuß lang und sehr leicht; der Schaft wird aus einein Nohre gemacht, das in den Wäldern der Cordillera wächst, große Aehnlichkeit mit dem Bambus hat und so dick wie eine starke Hechtangelruthe an ihrem dicken C'nde ist. Dieses Geschenk war, beiläufig gesagt, Schuld daran, daß ich einen Etikette-Fehler beging. Ich lehnte es au den Toloo und wurde sofort ersticht, es zu eutfcruen, da dies Krieg bedeute; doch war nicht klar, ob es a4s eine Herausforderung oder als eine Vorbedeutung betrachtet wurde; mau belehrte mich aber, daß die Lanze entweder auf die Erde niedergelegt oder aufrecht iu die Erde gesteckt werden müsse. Eine zweite Lanze wurde Casimiro gescheukt, der außerdem auch noch viele Pferde und andere werthvolle Sachen erhallen hatte. Wir nahmen von dem mächtigen Cheoeqne nnd von Linares, mit dem ich, da bestimmt worden war, daß ich als Chasqui gehen sollte, die Ucbereinknnft machte, daß wir in Patagones uns treffen wollteu, Abschied uud traten am 11. April, Alle über den Erfolg unsers Besuches hoch erfreut, uusere Rückreise uach den Toldos an. Die natürliche Heiterkeit Casimiro's wurde sehr herabgestimmt durch die fortwährende Krankheit seines Sohnes Graviel, der sorgfältig bewacht werden mußte, damit er, wenn er etwa wieder einen Anfall voll Wahnsinn bekam, nicht davonlief. Während wir das Thal hinaufritten, in welchem wir die Nacht vor unserer Ankunft in Cheoeque's Residenz geschlafeu hatten, be- Orkeke's Großmutli. 257 merkten wir in dem an den Ufern des Flusses stehenden Dickicht einige Rinder; cs war ein Theil der dem Häuptlinge gehörenden Heerde, die man fortgeschafft nnd an verschiedenen abgelegenen Orten der Umgegend untergebracht hatte. Wir zogen über die kahle, hohe Pampa, begaben nns gegen ein IM nach den Ufern des Rio Limay hinab nnd bivonakirten an derselben Stelle wie anf der Reise nach Las Manzanas, dicht an Inaeayal's Toldos. Hier fanden nnr Ortete nnd ziemlich viele andere Tehnclchen, anch die vier Verwnn^ deten, von welchen zwei schon anf dem besten Wege znr Genesung waren. Auf Inacayal's persönliches Gesuch begaben wir nns in dessen Toldo, wo wir blieben, bis der Abend heranrückte; dann wnrden Rinder herbeigetriebcn , eingefangen, geschlachtet nnd nnter die Häuptlinge getheilt. Während ich cmfig ein Stück Hant abschabte, ans dem ich etwas Reitzeug machen wollte, erhielt ich von Ortete, dessen ^euer vielleicht hnndert Schritte von dem nnsrigen lag, die Votschaft, daß er mich, wenn ich Nichts mehren thnn Hütte, zn sehen N'üusche; ich spazierte daher nach dein Abendessen hinab nnd fand den alten Krieger dasitzen nnd seine Pfeife laden. Nachdem er sie ausgeraucht hatte, lnd er mich ein, ihn zn begleiten, nm seinen erst kürzlich erworbenen Trnpp Pferde zu sehen nnd ihm zu zeigen, welches ich für das beste hielt. Ich suchte einen jungen weißen Schimmel aus, der zu Chcoeqnc's eigenen Pferden gehört hatte. ,M,t!" erwiederte er; „nehmen Sie ihn; er gehört Ihnen; ich habe Ihnen noch kein Gegengeschenk für den Revolver gemacht, den Sie mir in Teckel gaben." Ich brauchte zwar das Pferd nicht, aber es wäre eine Ve leidiguug gewesen, wenn ich es znrnckgewiesen hätte. Ich nahm daher meinen Renner in's Schlepptau uud spazierte mit ihm ab. Diesen kleinen Vorfall erwähne ich nnr, nm die Vorstellung zn berichtigen, die Manche haben, dast die Habgier ein vorherrschender Charakterzilg der Indianer sei. Am folgenden Morgen nahmen wir von Inacaual uud seinen Renten Abschied nud wendeten die Köpfe unserer Pferde nach der Uebergangsstelle des Ansses Limau hin, der wo möglich noch mehr angeschwollen nnd noch reißender war als bei dem vorigen Uebergange; doch kamen wir Alle wohlbehalten hinüber, wenn anch Casi-miro's Pferd nnd das meinige einmal fielen, glücklicherweise an einer Stelle, wo das Nasser seicht war. Nnr nmrdc Jedermann dnrch und dnrch naß, und da anhaltender Regen eintrat, so ivar es anch Vl us» ers. ttnlcr dcn PlNagonlern. 17 358 Rückkehr nach Geylum. nicht möglich, unsere Mäntel zu trocknen. Der Weg, cmf dem wir zurückmarschirten, tag westlich von jenem, den wir früher einge-schlagen hatten; er führte nnten an nnd zwischen den hohen, bewaldeten Bergen hin, anf deren Höhen wir dann nnd wann in majestätischer Einsamkeit einen Condor sitzen nnd wie einen Priester von der Kanzel auf uns Herabschanen sahen. Gegen vier Uhr Nachmittags hörte der Regen anf. Wir bi-vouakirten in einem grasreichen Thalc, an dessen Seiten Weihrauch-und andere Büsche standen. Hier verbrachten wir, wegen der Krank heit Graviel's nnd noch eines andern zu der Horde Gehörenden, eine jämmerliche Zeit; wir konnten uns nicht einmal trocken machen ; nm aber die schou vorhandenen Unannehmlichkeiten noch zu ver mehren, trat gegen Abend ,vrost ein, nnd als ich um Mitternacht aufwachte nnd mich nach den Pferden umsehen wollte, war mein Mantel wie ein Brett, Da jetzt heiteres Wetter war, zündete ich ein ,veuer an, nnd cs dauerte nicht lange, so drängte sich die ganze Horde nm dasselbe herum, um, ehe wir uns wieder niederlegten, dir halberfrorenen Glieder zu wärmen. Als es am nächsten Mor-gcn Tag war, machten sich zwei von uns, dnrch nnd dnrch frierend nnd hnngrig, auf, die Pferde zn holen, denn von den nencn waren einige, wie wir erwartet hatten, bis anf einige Meilen vom Rio Liman zurückgelaufen. Mittlerweile war jedoch die Tonne aufgegangen, nnd bis dahin, wo sie hoch geung stand, nm etwas Wärme zu spenden, hatten wir die übrigen Mitglieder der Horde eingeholt, und da wir unsere Pferde nicht schonten, so waren wir nm zwei Uhr dnrch die žvelsengasse hindurch nnd so weit gekommen, daft wir die Tuldos sahen, bei welchen wir in knrzer Heit anlangten. Ehe die Sonne unterging, waren alle Tehnelchen in den Schooft ihrer Familien znrückgetchrt, nnd wir waren Alle froh, daft wir wieder einmal unter einem Toldo schlafen konnten, nachdem wir zwölf Tage und Nüchle bei stürmischem Wetter keine andere Decke gehabt hatten als unsere Mäntel. Am 14. April, dem Morgen nach unserer Rückkehr, beschwerten sich Foyel's Leute, daß die zurückgebliebenen Tehnelche-Indianer, die es für unnütz hielten, sich auf die einige Meilen entfcrnlen Ebenen zn begeben lind dnrch eine ^agd für die 5oldos fleisch zu schaffen, während Rinder und Tchafe in unmittelbarer Nähe grasten, Ausbruch einer epidemischen Krankheit. Z59 bei der Dunkelheit der Nacht sich einige derselben zugelangt hätten. Mena bestätigte es; er selbst war zwar anf der Jagd gewesen und hatte sich alle Mühe gegeben, aber nur weuig Glück gehabt, und beklagte sich bitterlich, daß sie hätten viel Hunger leiden müsfeu. Bald nach unserer Ankunft wurde Kai Chileuo krank, nnd in einigen Tagen bekamen mehrere bejahrtere Leute Kopfweh uud ssiebcr, und es zeigten sich bei ihnen alle Symptome einer starken Influenza. In der Besorgnis;, daß die Krankheit sich weiter ausbreiten werde, brachen am 16. April die meisten Tehuelchen die Toldos ab und schlugen die Straße ein, die nach Patagones führte; unser Toldo jedoch nnd noch ein zweiter blieben wegen der fortdauernden Krankheit Graviel's und der Anderen zurück. Gegen Abend desselben Tages hörten wir plötzlich in ^oyel's Toldo Gejauchze uud Geschrei, uud Alle, außer Casimiro, der ganz still am Hecrde saß, sprauqeu nach ihreu Waffen; sie glanbtcn natürlich, es sei von Las Mauzauas eine Horde gekommen, um zu kämpfen. Nachdem wir eine Weile in Ungewißheit gewesen waren, sahen wir einen Hug Männer in Linie, aber zu ,^uße, schreiend, schießend nnd die Waffen schwingend, nach unserm Toldo vorrücken. Da erklärte uns Castmiro, der im Stillen über uns lachte, daß sie nur gegen die Krankheit kämpften. Die Leute kamen bis zu uuserm Toldo, schlugen mit den Lanzen auf die Rückseite desselben, um den Gualichn zn ver scheuchen, uud entfernten sich dann wieder. Wir lachten Alle tüchtig über die Affaire, und es machte mir Spaß, Meüa, der ein intelligenter juuger Maun war, beweisen zu hören, daß die Indianer ganz recht hätten, da einen bewaffneten Mann nie eine Krankheit befalle. Die letzten vier Tage unsers Aufenthaltes iu Gevlum lebten wir, da keine Jagd gehalten wurde, hauptsächlich von der Llift; als jedoch /foyel erfuhr, daß wir Nichts zu essen hatten, fand er sich ein, um nns zu retteu; er schenkte mir ein Paar Schafe, die ich dankbar annahm und unter die Horde theilte. Es war beabsichtigt gewesen, daß seine Horde die Tehuclchen nach Patagoncs begleiten sollte; da sie aber nothwcndigerweise ihre Granen und Kinder nur mit einigeu Knaben, die für die Schafe nnd Minder sorgen sollten, in Geulum lassen mußten und der friedlichcu Absichten der Manzaneros nicht gewiß waren, so hielten er nnd Dmntuhual es für rathsamer, für jetzt in ihrem Lager zu bleiben 260 Mein kleiner Passe. und später in schnellem Nitt unsere Horde unterwegs eiuznholen, ehe sie in den Ansiedelungen ankam. Von ^räuleiu /s0r>el nahm ich zärtlichen Abschied; sie war mir immer mit der größten Artigkeit entgegengekommen, uud die natürliche Grazie, die iu ihrem Benehmen lag, hätte einem civilisirteu Salon zur Zierde gereicht. Ihre Abschiedsworte waren die Einladung, wo möglich wiederzukommen uud dem Toldo, in welchem ich mich wie zn Hause gefühlt hatte, noch einen Besuch abzustatten. Ihr Vater bat mich, ihm eine Drehorgel zu besorgen, da Casi-miro ihm gesagt hatte, er habe durch Drehen ciuer Handhabe Musik machen sehn». Ich versprach, wenn ich könnte, ihm eine, zu ver-schaffeu, uud kehrte unch herzlichem Abschied in unsern Toldo zurück, da wir am 17. April, sobald es Tag war, abzureisen gedachten. Wir bereiteten uns demnach zum Aufbruch vor, uud vou den anderen Toldos kam ein Knabe herüber, um sich uus anzuschließen. C'r war ein Tehuelche, dessen Vater auf deu Verdacht der Hexerei hiu getödtet worden war, und hatte, da er eiu eutfcruter Verwandter ^asimiro's war, dessen Schutz iu Auspruch geuommeu. dieser wurde selbstuerstäudlich gewährt, uud lwsimiro hatte eiugewilligt, ihn mit uus zu nehmen, und ihm gesagt, er sollc mein Page sein, nach meiueu Pferden schell u. s. w. nnd fich überhaupt uülzlich macheu. Dieser Gedauke war sehr schou, aber ein einziger Blick auf das Gesicht uud die Gestalt des erlauchten Jünglings genügte, um mir zu zeigeu, daß ich wahrscheinlich meine Zeit nur damit verbringen würde, auf ihu aufzupafseu, deun eiuen heillosereu Bubru hatte ich noch nicht gesehen. Als ich ihm sagte, er möge eines meiner Pferde einfaugeu, auf dem er reiten sollc, entschied er sich sofort für das falsche, ein Pferd nämlich, das ich selbst blos vielleicht sechs Wochen lang geritteu hatte, damit es zu Kräfteu kommen sollte nnd beim Einzüge in Patagoues bemcht werden konnte. Dieses Pferd fing er ein uud kam mit freudestrahlendem Gesicht über Felsen, Steine nnd Büsche im vollen Galopp zn den Tot-dos hernntergeritten. Ich nahm es ihm ab, ließ es wieder laufen uud sagte ihm mit mildeu Worten, dies sei nicht das Pferd, das er veiten solle; da ging er fort nud sing eiues von Easimiro's Pferden, das er ebenso behandelte; endlich jedoch bekam er das rechte und ga-loppirte dann, ohne auch nur ,Mit Erlaubniß" zu sagen, aber aus vollem Halse schreiend, auf der Straße fort, die am vorhergehenden T. — Crimi-'s Slerbe-bett. — Gravicl's Beförderung. — Der brennende Erdboden. — Hcisic Quellen. — Ein Kampf mit dem Gualichu. -— Ein wirtlicher Kampf. -^ Ein Soda-See, — Das Lager in Telck. — Der Doctor hat Unglück. - Ein ge- fälliger Strauß. — Zum Chasqui ernannt. — Trübsale bcS Pampalcbcuö...... Eine schlechte Zeit. - Die Ebenen von Margenscho. - Casimiro's Mißtrauen. — Der Doctrr und das tränte Kind. — Die Pflichten eines Voten. — Ab^ reise der Chasquis. — Die Reise geht eilig. — Die gepflasterten Pampas — Ein idealer Bandit. — Ein Brief aus der Ehupat-Colonic, - Triuita. — Tenesoro's Pampas-Indiauer. — Chainpayo's Großmuth. - Ein Morgen-trunk. — Abreise von Tnnita — Valchita. — Die Schweinsstraße. - Wilde Pferde. - Die Travesia. — Die Grenze der patagouischcn Fauna uift sslora. — Der erste Blick auf den Rio Negro. — Sauce Blanco. — Dic Guardia, — San Xaviel. — Ritt nach Patagones. — Senor Murga. — Wallisische Gastfreundschaft. — Endlich unter Freunden. Wir hatten jetzt unsere Reise gen Osten nach dem Rio Negro wivMch angetreten, ich meinerseits mit den sich widerstreitenden Gefühlen des Bedanerns, daß ich meine liebenswürdigen Verwandten, die ich mir erst kürzlich erworben hatte, verlassen mnftte, und der fn'ndigen Erwartnng, Patagones zn erreichen nnd dort das >» finden, wonach Reisende bei aller Anfregnng, die nenc Länder nnd fremde Menschen erzengell, dennoch sich so lebhaft sehnen — Nach richt ans der Heimath! Wahrend wir vorwärts galoppirten, warfen wir dann nnd wann sehnsüchtige Blicke znrück anf die waldbedeckten Abhänge nnd Schneegipfel der Cordillera, deren nic zn vergessende (5in Lasser uoll Kranke. 263 Schönheit das vor uns liegende traurige Land nur noch öder erscheinen ließ. Nach der einstimmigen Beschreibung meiner Frennde war in dem Districts der zwischen Geylnm nnd einem nenn Märsche entfernten, von den Indianern mit dem Namen Margenscho bezeichneten Orte lag, es nicht nur schon an sich schwierig zu reisen, sondern auch für die Pferde nnr spärliche Weide und für die Menschen wenig Wild zn finden. Der Regen, der bei nnserer Abreise gefallen war, hatte sich in Graupeln verwandelt, die uon einem starken Weststnrme getrieben wurden, und mein anfgeladener Hammel machte mir, wenn ich den schützenden Mantel zusammenhalten wollte, viel zn schaffen. Glücklicherweise hatten wir, da die Richtung nnsers Weges eine östliche war, das Glück, dem Graupelwetter nicht entgegenzureiten, während der hinter uns tobende Stnrm Pferde und Reiter zur höchsten Eile antrieb. Als wir die felfenbestreute Schlucht betraten, die das östliche Thor des Thales von Geylmn bildete, uon welchem südlich die isolirte Msensänle sich emporthürmte, erschienen zu nnsenn Schrecken plötzlich berittene Indianer, die uon der Nichtnng her, welche unsere vorausgezogene Horde eingeschlagen hatte, auf uns zu galoppirten. Die Vermuthung, daß wir möglicherweise einen Kampf bekommen könnten, oder daß irgend Etwas vorgefallen sei, wnrdc schnell beseitigt, da sich zeigte, daß es Tehnelchen waren, die zurückritten, um verlorene Pferde zu suchen, welche nach ihrer Behanptnng die Aran-canier gestohlen nnd mit Schlauheit verborgen haben sollten. Wir setzten daher unsern Marsch fort durch eiue Reihe sich zwischeu den Hügeln hindurchwindender enger ^elsenschlnchten, bis wir, als es finster wurde, uaß und müde und Krankheitssnmptome fühlend, in dem Lager anlangten, das in einem der gewöhnlichen grasbewachsenen Thäler lag. Der Toldo war bei unserer Anknnft in größter Unordnung, da zwei Granen nnd ein Kind die epidemische Krankheit bekommen hatten; wir gingen daher selbst an'5 Werk, ein Fencr anzuzünden, die Felldecke des Toldo zn befestigen nnd die Betten zu machen, uud uach einiger Zeit sah es wcuigsteus im Innern ordentlich aus, wenn auch das Gras (unser Teppich) und überhaupt Alles naß war. Auf jeder Seite hörte mau die Klagen eines krank gewordenen Kindes, nnd bei dem Jammergeschrei ,,AH dscheleh lo!" das die Granen übcr ihre Lieblinge erhoben, konnte, man fast die ganze Nacht nicht schlafen. Der nächste Morgen brach schön und 364 Ein Todkranker zu Pferde. heiter an; e5 wurde daher beschlossen weites zu ziehen, in der Hoffnung, daß man bei schnellem Wechsel die Krankheit vielleicht los werden könne; aber die Abreise war fast ebenso schwierig wie dav Bleiben. Von unserer Horde war Meüa zurückgeritten, nm ein fehlendes Pferd zu suchen; Erimö lag im Sterben und Easimiro pflegte ihn, und überhaupt waren Alle mit kranken Freunden und Kindern be. schäftigt oder dadurch zerstreut, uud das Geschäft des Pferdefangens fiel mir, nnd Anfangs mir allein, anheim. Wenn ich den Trnpp in Sicherheit hatte, war die nächste Anfgabe, »nein kürzlich erworbenes Roß zu fangen; der Anblick eines Lazo reichte hin, es in Galopp ^l bringen, nnd da es sehr flink war, so mußte ich mich drei Stuuden lang vergebens abmühen, bis zuletzt zwei oder drei meiuer Kameraoeu kamen uud es mir saugen halfeu. Die übrigen Pferde meinem Teufelspagen zur Beaufsichtigung übergebend, brach ich mit einem meiner Frenndc auf, um mich dem Zagdkreise anzuschließen, dessen Bildung bereits im Gange war. Wir ritten in östlicher Richtung eiu Thal hinanf uud kamen unterwegs an dem schwachen Erim(: vorüber, der, vor Schmerz stöhnend, in voller ^üuge ausgestreckt auf einer Art Sopha lag, das auf dem Nückeu des Pferdes aus Bettdecken hergerichtet war, während sein Weib das Pferd führte uud laut jammerte. Da Beileidsbezeugungen wenig nützten, so ritten wir schweigend weiter nnd kamen bald darauf aus dein Thale heraus. Diefes stieg allmalig an und führte oben auf eine weite Ebene mit fandigem Boden und uer kümmerten Büschen, die am östlicheu Horizonte dnrch eine Reihe hoher ausgezackter Hügel begrenzt wurde und nach Süden hiu sich so weit erstreckte, als das Auge reichte. Wahreud ich unter einem Busche am Feuer saß, wurde ich uou Kopfschmerz und Ucbelkeit be-fallen, den Symptomen, die der Influenza vorhergehen; ich saß jedoch auf und schloß mich der Jagdgesellschaft an, uud als die Jagd zu Ende war, fühlte ich mich viel wohler, wenn ich auch nicht essen konnte. Am Schluß der Jago kamen wir an den Eingang eines Thales, das zwischen den jähen Fclscnhügeln der Kette, die wir vom audcru Rande der Ebene alls geseheil hatten, sich hindurchwaud. Während ich den Frauen- und Gepäckzug beobachtete, suchte ich lange vergebens nach meinen eigenen uier Pferden, sah sie aber endlich ohne Führer hiuler der Eolonne uaben; ihre natürliche Klngheii oder vielleicht Der vulkanische Hügel Oerrou. 265 auch Durst hatte sie bewogen, ihren Kameraden nachzulaufen. Der zuverlässige Page hatte sie sich selbst überlassen und war auf eigene ,>a»st auf dieJagd gegangen, ein Betragen, das, als es sich später noch einmal wiederholte, den Verlust der ganzen Pferde herbeiführte. Gegen Abend lagerteil wir uns in einem Thalc, das uou drei Hügeln eiugeschlosseu war; einer derselben, der entschieden vulkanisch aussah, wurde ,,Oerroö" geuannt. Die Wand dieses Hügels lag dicht voller Stücke Punktlava, die das beliebteste Material zu den Haudbolas liefert. Da die Meisten von uus ihreIagdwaffeu ill Las Mauzauas gegeu Aepfel, Piüonen u. s. w. vertauscht hatten, so wareu Viele bald beschäftigt, Steine aufzulesen und Bolas zu machen. Ich sorgte zwar dafür, daß mein Page kein Jagdzeug hatte, aber hier wurde er leider traut, oder stellte sich weuigsteus so, und war daher gerade so uunütz wie zuvor. Den Tag nach uuserer Au. tuuft uahmeu 0'rime's beiden ein (inde, ^ch wurde au sein Sterbebett gefordert; der Cacique, weuu er auch phantasirte, kannte doch seine Freunde und rief Alle zu Zeugen auf, das; an seinem Tode ein südlicher Tehuclche Schuld sei; er nannte und beschrieb ihn, erhob dann seinen Arm, zeigte uach einem leeren Platze und schrie: ,,Schaut hm, dort steht er!" Hierauf bat er mich, ,,ihm au den Arm zu fühlen," und während ich ihm deu Gefallen that und den /singer an seinen Puls legte, schlug er immer langsamer, bis er plötzlich einen schweren Athemzug that uud starb. Der Etikette gemäß entfernten wir uus schweigend, und der Toldo hallte wieder von dem lauten Geschrei der Fraueu und dem Jammern seiner Wittwe. Die gewöhnlichen Leichcngebräuche wurdeu eiligst abgemacht, aber die Meisten stattn selbst zu tief in der Noth, als daß sie au deusclben Theil genommen hätten. Während der Nacht starbcu drei Kinder uud uoch mehr waren dem Tode nahe. Da nun von den Leichen-opfern her das Pferdefleisch in Ueberflnß vorhanden war, so wurde an das Marschiren nicht mehr gedacht, uud das Lager hallte von den Klageliedern der ^raueu wieder. In unserm Toldo wareu alle Insassen krank, und die Pflicht, nach den Pferden zu sehen, fiel mir uud Casimiro anheim, der von dem Anfall, den er bekommen hatte, eben wieder genas. An diesem Orte stieß Hinchel's Sohn mit seinem araucanjschen Weibe zu uns, nnd mit ihnen kam noch ein anderer Maun, der eiu Mädcheu suchte, das aus ,^oyel'ö Toldo entlaufen war; seiu Suchen 2ll6 Crime's Tod. Sein Nachfolger. war jedoch vergebens, da jie in irgend einem Toldo stak und sich nicht sehen ließ. Der erwähnte Mann brachte anch die Nachricht mit, daß Cheocque's Leute jetzt, wo wir fort waren, die alte Fehde erneuern wollten und sich eben zum Kampfe rüsteten; daß ferner seit unserer Abreise ein Mann, der in der Trunkenheit Händel angefangen, getödtet worden sei, nnd daß das Gerücht gehe, die Valdi-vier hätten sich ihre Rinder abnehmen lassen, nebst verschiedenen anderen Geschichten, dieOrkeke, der ein Pferd verloren hatte nnd zurück' geritten war, um es in Geylum zu suchen, größtentheils für Lügen erklärte. Die Menge beunruhigender Nachrichten war somit ein neuer Beweis dafür, daß die Indianer, wenn sie nichts Bedeutendes wissen, womit sie ihre Zuhörer in Erstaunen setzen können, gern Et was erfinden, Crimö's Wittwe quartierte sich iu unserm Toldo eiu, und da durch den Tod dieses Häuptliugs die Stelle eines Capitanejo mit dem Nauge eines Lieutenant in der Buenos-Ayrischen Armee und dem Rechte, Nationen zu beziehen, vacaut geworden war, so bc^ fragte Casimiro mich wegen seines Nachfolgers. Ich schlug diejenigen, die am passendsten schienen, der Reihe nach vor und sing dabei mit Wäki an; der Cacique hatte jedoch gcgeu Jeden Etwas eiuzmveudcu und erklärte zuletzt, er werde seineu fast wahnsinnigen Sohn Graviel als den Häuptling nennen, den die argentinische Nc-giernng auf die Liste der durch jährlichen Sold zu gewinnenden Caciquen zu setzeu habe! Am 23. April wurde aufgebrocheu, wir aber blieben bis zuletzt, da von Casimiro's Pferdeu, die ich am vorhergehenden Abend in'5 Thal hinabgcbracht hatte, vier fehlten; der Häuptliug ritt daher zurück, um sie zu sucheu, und die übrigen Insassen des Toldo setzten ihre Reise fort. Nachdem ich der Cordillera, die man jetzt wegen der Hügel, an deren Gcgenabhang wir hinuntcrzogcn, nicht mehr scheu konnte, noch einen Abschicdsblick zugeworfen hatte, führte ein Eilmarsch UU5 durch eine sehr uufruchtbare, felsige Gegend, wo zerrissene nnrcgel-mäßige Hügel standen nnd wo kanm ein Bnsch sich zeigte, unter dein man Obdach finden konnte, und Weidefutter wenig oder keines vorhanden war. Wir lagerten uns, oder erreichten vielmehr dao Lager, nachdem eü aufgeschlagen war, in einem Canon, der eine kleine Quelle und ganz wenig Weidefutter enthielt, und gingen ohne Abendessen zn Bett; denn znr Jagd trafen wir nicht zeitig genug ein, auch war das Wild sehr spärlich, und was wir von Miseren Der patagonische Hase. 267 Nachbarn betteln konnten, gaben wir natürlich denjenigen, die eben von der Krankheit genasen. Iackechan's Weib und Kind waren noch immer sehr nnwohl, nnd da man glaubte, das Kind könne sterben, so ließ man den Doctor holen. Er legte das Kind auf die Erde, murmelte einen Zauber-sprnch und patschte es auf den Kopf; hierauf hielt er, um deu Teufel herausznbriugeu, seinen Mund dicht an die Brust des Kindes und schrie; dann wandte er es um, so daß es auf dem Gesichte lag, und wiederholte dasselbe Verfahren noch einmal. Am nächsten, Tage ging es mit dem Kinde besser, und es danerte nicht lange, so war es außer Gefahr. Gegen zehn Uhr Nachts kehrte Easimiro mit seinen Pferden zurück; sie waren eine beträchtliche Strecke anf der Straße nach Gcy-lnm zurückgelaufen. Am nächsten Tage brachte ein langer Marsch uon zwanzig englischen Meilen uns in ein Lager am westlichen Nande einer breiten Ebene, durch die ein Bächlein floß. Während der Jagd wurden die ersten patagonischcn Hasen oder Halbkaninchen gefangen. Diese Thierchen leben in Höhlen, sind aber während des Tages in der Negel außen und fressen und schlafen im Grase. Vielleicht eine englische Meile weit sind sie ganz außerordentlich schucll, werden aber, wie die Füchse desselben Landes, bald müde. Die Jagd auf dieses kleine Wild brachte in die Eintönigkeit der Reise eine angenehme Abwechselung. Sobald wir eine Ebene oder ein Thal betraten, wo es viele gab, — und sie fanden sich immer da in Menge, wo das Weidefutter gut war, — eilten alle Jäger fort, um „die Erde zuzustopfen", das heißt, die Höhlen mit Büschen zu ver' schließen; aber die schlanen Thierchen entwischten nns oft, indem sie in eine Höhle schlüpften, welche die Erdezustopfcr übersehen hatten. Sie mit den Bolas niederzubringen, oazu gehörte bedeutende Gc-schicklichkeit; denn wenn mau sie blos um die Beine oder den Leib hernm fing, so machten sie sich schnell frei; aber ein Schlag anf den Kopf tödtete sie sofort. Sie schmecken gut; doch ist das Misch, gebraten, etwas trocken. Ihre Me werden zu Müutcln verarbeitet, habeu aber wenig Werth, da das Haar bald abgeht. Ungefähr eine englische Meile unterhalb des Lagers, wo die Sandebenc sich verschmälcrte und in ein tiefliegendes, grasreichcs Thal ablief, bot sich eine sonderbare Erscheinung dar. Am Morgen nach unserer Ankunft gingen wir hinaus, um die Pferde zu suchen; da wirbelte ein wüthender Oststurm den Staub in dichten Wollen 268 Der brennende Erdboden. auf, und der Sand, der nns in's Gesicht getrieben wurde, war zu meiner großen Ucberraschniig so heiß, als brennte das Feuer, in dem er gelegen, ganz nahe um uus hernm. Durch den Treibsand, den wir wie einen Wall durchbrachen, fast blind geworden, ritten wir gerade in eine Vertiefung hinein, wo die Erde in Brand zu stehen schien; während die Pferde in die erhitzte Oberfläche eintraten, ver-brannte ihnen das Haar an den Köthen, und sie wnrden vor Schreck fast toll, so daß ce> für die Reiter ohne Sattel und Steig-Hügel keine leichte Sache war, sitzeil zn bleiben. Einmal befand ich mich nicht weit von den Ohren meines Pferdes, nnd ich hatte es mehr dem Glück als meiner Geschicklichkeit zu verdanken, daß ich nicht so zn sagen in's Fener geworfen wnrde. Nachdem der Stnnn etwas nachgelassen hatte, nntersnchte ich diese Stelle gcnaner nnd fand, daß der Boden, wenn anch nicht geradezu, wie ich Anfangs glaubte, in Feuer stand, doch wenigstens ranchte, als ob es innerlich brennte. Die Oberflüche bestand ans einer Kruste von gebranntem gelben Thon, die, wenn die Pferde darauf traten, uachgab nnd dann einen schwarzen Untergrund zu Tage treten ließ; eine Flamme war nichl vorhanden, aber aus dem Boden kam ein dünner weißer Dampf hervor. Als ich mich unvorsichtiger Weise einen Schritt auf die Verrätherische Kruste wagte, gab sie nach; doch half ich mir wieder herans nnd litt keinen Schaden weiter, als daß ich meine Potro-Stiefelu verbraunte. Die Indianer sagten, das ^ener sei ursprünglich, und zwar erst vor einigen Jahren, dadurch entstanden, daß sie weiter oben im Thale das Wcidefntter angezündet hätten; seit der Heit habe der Boden gebrannt. Ob tiefer nnten ein Lager brennbaren Stoffes sich befand, das auf diese Weise sich hatte eutzüuden können, ließ sich nicht ermitteln; da es aber in derselben Bergkette nicht allzn weit nach Südostcn warme Bruunen uud heiße Quellen gibt, so kommt es mir wahrscheinlicher vor, daß die Ursache eine vulkanische ist. Die vorzüglichste heiße Quelle wurde als ein kreisförmiges Becken uon ungefähr sechs Fuß Durchmesser beschrieben; das Wasser, dessen Temperatur »licht so heiß sei, daß es die Hand verbrühe, sprudele durch zahlreiche iu dem Thonboden befindliche Löcher heranf. Alls vielen der umliegenden Hügel gab es Lava und Bimsstein von nicht gerade hohem Alter; auch sahen manche Hügel aus, als wären sie noch in uenerer Zeit die Ableitnngstanäle vnl-kanischer Kräfte gewesen, die auf den Wänden erloschener Krater gro^'e Massen zertrümmerten Felsens nmhergeworfen haben. Eisenstein. 269 In diesem Lager gerieth ich mit unserm Häuptlinge in ein ernstes Mißverständnis;, das fast mit einen: völligen Zwist geendet hätte; nach reiflicher Ueberlegnng jedoch verständigten wir nns m,d legten die Sache bei; denn wenn er mich anch zweimal, wo ich in Gefahr war, meinem Schicksal überlassen hatte, so hielt ich es doch im Ganten genommen für besser, daß wir jetzt noch freunde blieben. Nm Abend des Tages, an welchem dieser Streit stattgefunden hatte, schrieb ich, da eine Horde von drei ToldoZ eben anfbrach, nm an den Chnpat zu gehen, und Casimiro gern seinen Ruf bis an die walli-sische Ansiedelung verbreiten wollte, einen Brief an die Behörden, in welchen: er sich nach einigen Sätteln erkundigte, die zu seinen argentinischen Rationen gehörten nnd ans Versehen dorthin gesandt worden seien; der Häuptling behauptete in dem Briefe, fie seien für ihn bestimmt gcweseu, aber unter andere Indianer vertheilt worden. Der Brief wnrde durch eiuen der Indianer befördert, der von der einen Seite englischer Abkunft sein sollte, obgleich er in seinem Typns wenig Spuren von englischem Blute zeigte, vielleicht seiu Haar ans-geuommen, das eine hellere Farbe hatte, als man sie bei den Indianern gewöhnlich trifft; er war ein sehr gutmüthiger Mensch, nnd es that mir leid, daß er abreiste, da ev zn meinen Anhängern gehörte' er führte jedoch ein züchtiges ^eben und wollte daher die allgemeine Orgie nicht mitmachen, die, wenn sie in die Nähe von Patagones kamen, voranssichtlich stattfand. Mit seiner Horde reiste auch die junge Wittwe ab, die mir die Heirathsantrage gemacht hatte; sie nahm zärtlichen Abschied und erhielt zum Andenken ciu Tuch. Am folgenden Morgen brachen wir ebenfalls ans; ein echter Landstreicher, der Hab' uud Gut verspielt, bat um ein Reitpferd; es wurde ihm gesagt, er solle den ,,weißen Schimmel" fangen, den Orkeke mir geschenkt hatte; er borgte demnach ein Pferd, um den Schimmel zn fangen, und als unsere Tagereise zn Ende war, hatte er es uichl weiter gebracht, als daß er ihn, um einen Seemanns-Ausdrnck zu gebraucheu, iu unserm Kielwasser nachgctriebe,, hatte; das hatte ich gerade beabsichtigt, weil dieser Indianer ein großer Schürte war nnd mich beim Kartenspiel um ein Paar Metallbolas betrogen hatte, die ebenso viel werth waren, wie ein Pferd. 5er Marsch ging das Thal hinanf, nnd der Iagdtreis wurde auf deu umliegeudeu vulkanischen Hügelu gebildet, deren Wüude außrr der Puukllava anch große Massen des Eisensteins zeigten, den ich, wie schon augegeben wurde, iu Sautn l^ruz bemerkt hatte, Auf 270 Telck. Ein Kampf mit dem Gualichu. den Hügeln standen mir vereinzelte Sträucher, nnd das Wild war änßerst selten. Gegen Abend lagerten wir uns an den Ufern eines Flusses an einem Orte, den die Indianer Telck nannten. Dort brach die Krankheit von Nenein ans, nnd zwar in ihrer schlimmsten Form. Es starben mehrere Kinder, nnd in Folge dessen wnrden eine Menge Stuten nnd Hengste geschlachtet, und die Eltern verbrannten in ihrem Knmmcr viele Ponchos, Schmncksachcn nnd andere Habe. Es war sehr peinlich, die tranrissen Knndgcbnngeu des Leides zn sehen nnd zu hören, und schon der Ton des schrecklichen lauten Geschreies nnd des gräßlichen, um den irischen Ansdrnck zu gebrauchen, ,,UllagonenZ" der alten Frauen snchte mich selbst im Schlafe heim. In der Nacht nach unserer Anknnft fand ein Scheinkampf mit dem Gualichu statt, an welchem Jedermann thcilnahm. Nach Eintritt der Dunkelheit, als Viele am Heerde saßen nnd sich nnterhielten und ich selbst anf meinem Vette lehnte nnd rauchte, kam der Doctor in den Toldo und sprach mit dem Häuptlinge; dieser sagte, es sollten Alle ihre Waffen bereit machen, nnd lnd sein Gewehr; dann entstand ein Ianchzen, woranf sofort sämmtliche Fener ausgelöscht wnrden und Alle anfingen die Gewehre abzuschießen, mit den Schwertern zu klirren und auf die Rückseiten der Toldos zu schlagen; bei jedem Schlage schrieen sie ,,tau — n!" Gleichzeitig warfen die Fraueu mit lautem Jauchzen nnd Schreien Feuerbrände in die Luft. Es war eine wilde und überraschende Scene; die Finsternis; der Nacht wnrdc nur durch die Blitze der Gewehre oder die von den Bränden hoch in die ^uft em-porwirbeluden Funken erhellt. Anf ein gegebenes Signal hörten Alle zu gleicher Zeit auf; zwei bis drei Minuleu herrfchte im Lager völlige Fiusteruiß; dann wurdeu die Feuer wieder angezündet nnd Alles nahm seinen gewöhnlichen Gang. Sonderbar! am folgenden Tage fand ein wirklicher Kampf statt, in welchem ein Mann verwundet wnrde, nnd einige Minnten lang schien ein allgemeines Handgemenge oder eine Schlägerei zu drohen. Es bildeten sich bereits Parteien, um alte Blutfehdeu abzumachen, als Hinchel, ich nnd noch Andere eintrafen nnd weiterein Unheil Einhalt thaten. Wir waren auf der Nennbahn gewesen, die, wie fast bei allen Lagerplätzen, seitdem wir den Rio Senge! verlassen hatten, nnch hier eine viclbetretene ebene Bahn von ungefähr zwei Meilen Länge war; wir hatten dort neue Pferde geprüft, und mein neues Pferd hatte seinen Rnf als Renner befestigt, indem es Ein Soda-See. 271 eine Wette auf anderthalb Meilen Entfernung gewann; mittlerweile brach der Streit ans. So geht es im indianischen Leben her! Wir blieben hier einige Tage, und während wir in der Umgegend (wo es viele Hasen gab) sagten, bemerkten wir eine nene Art Dornstrauch mit kleinen eiförmigen Blättern nnd gelben Blüthen; er hatte Aehnlichkeit mit der Stechpalme nnd wurde bis gegen zwei 7vuß hoch. Casimiro nnd ich wollten mit einander oersnchen, ob die Blätter nicht vielleicht heilkräftig wären; es wurde daher eine Quantität zerquetscht und gekocht; der Aufguß schmeckte außerordentlich bitter, so daß er mich an Chinin erinnerte; er erwies sich als ein vortreffliches schweißtreibendes Mittel und wnrdc den Kranken mit großem Erfolg gereicht. Bei einem nnserer Ansflügc hatten wir die Hügel überschritten uud nns auf eiue hochgelegene Ebene hinabbegeben ; wir beendigten nnsere Jagd in der Nähe einer Anhöhe, die genan einem gewaltig großen, dicht mit Sträuchern bewachsenen' „Hüuengrabe" glich, und von welcher aus wir zn unserer großen ^rende dem Aussehen nach eine Salina erspähten. Da Hinchel nnd ich allein waren nnd znm Mittagsmahl einen fetten Strauß zu verkehren hatten, so beschlossen wir unsere Mahlzeit an den Ufern derselben zu genießen, aber erst die Beschaffenheit des Salzes zu pro-biren i eine Leckerei, die wir lange nicht gehabt hatten. Wir saßen ab nnd fingen an die Salina zn untersuchen; aber wir sahen nns sehr getäuscht; nachdem wir überall ans ihr herumgelaufen waren nnd mit den Mefsern bis einen Mß nuter der Oberflache cingegraben hatten, zeigte es sich, daß das vermeintliche Salz bitteres nnd ekelhaftes salpetersanres Natron war. Nachdem wir aus der Nähe der Cordillera hinweg waren, war die Witterung mit jedem Tage wärmer nnd die Nachtfröste waren viel gelinder geworden; ia, in Telck hatten wir einige warme Tage, obgleich die Winterzcit schnell heranrückte, In der Nähe dieses La gers fand sich die kleine eßbare Wnrzel, die, wie schon gesagt wurde, in den ausgetrockneten Lagunen wächst, in großer Menge nnd wurde von den grauen und Kindern gesammelt. Halbkaninchen gab es in den Vertiefungen nnd Thälern der nahen Hügel nnd sogar dicht am Lager in Hülle und ^üllc; aber die Jagd auf anderes Wild war schwierig, da die Hügelwände so "oller Steine lagen, daß das Pferd, wcuu es über dieselben hinweg-galoppirte, sicherlich lahm wnrde, Hier in der Nähe machte Hinchcl mich auf eine vereinzelte Fclscnspitze anfmerksam, die große Aehnlich 273 Abreise von Telck. keit mit jener in Genlnm hatte, von welcher ich oben gesprochen habe, nnd rief der Sitte gemäß dm Schnhgeist nm Segen an. ferner sagte er mir, auf dem nächsten dritten Marsche würden wir an einem Lager gelben Erzes vorübergehen, das südlich vom Wege liege, nnd das er mir während der Jagd zeigen werde. Diese Anssagc be-stütigte auch Orkeke, nnd ich habe allen Grnnd, zu glanben, daß es an jener Stelle ein Eisenerz- oder noch wahrscheinlicher Knpfererz-Lager gibt. Da das fleisch von den geschlachteten Pferden beinahe aufgezehrt war, so marschirten wir am folgenden Tage, und zwar über eine höchst steinige, felsige nnd unwirthliche (^cgend, nnd kamen endlich an einer Hügeltette an, dnrch die eine steile, enge Schlucht lief. Wir zogen durch ihreschlangenartigen Windnngen hinab nnd langten endlich an einer Qnclle an, deren Wasser, mit einem andern kleinen /vlüßchen vereinigt, am oberen Ende einer großen Ebene ansströmte und eine Nrt Marsch bildete. Von dein Abhänge des Hügels ans gesehen, an welchem die Ravine sich hinzog, breitete sich nach Osten ein schönes Panorama ans; die ganze Oberfläche des Landes schien gleichmäßiger wellenförmig zn sein, als die verworrenen Hügelreihen, dnrch die wir, seitdem wir Geylnm verlassen, marschirend nnd jagend nns hindnrchgewickelt hatten. Im Vordcrgrnnde sah man ferne schwarze Gestalten, die sich mit Schnelligkeit quer über die Ebene bc-wegtcn und viele Strauße vor sich hertrieben, und weit nach Osten hin stieg eine Rauchsäule empor, über deren Ursache wir eifrig nach dachten. Ich bin mir bewußt, daß man nach der Beschreibung dieses Theils der Reife sich von der durchreisten Gegend wahrscheinlich keine klare Vorstellung machen lann, nnd daß die Nichtuug der aufeinander folgenden Hügelketten ^und der allgemeine Eharattcr des Landes zn sehr der Phantasie des Lesers überlassen bleiben; aber ich erinnerte mich und sage es hier, um Kritik und Tadel abzuwehren, daß dieser District im Auftrage der argeutiuischeu Regierung vou ciuem gelehrten Manne durchreist nud genau vermessen nnd beschrieben worden war; anch fehlte mir die Hülfe meines Compasses, den ich ^oyel geschenkt hatte. Notizen machte ich damals sehr wenige und meine Erinnerungen waren verworren, weil ich mit der immer wiederkehrenden Krankheit zu kämpfen hatte, der ich nur dadurch Einhalt that, daß ich durchaus nicht nachgab, bei der es mir aber, zumal da auch noch die Jagd nnd die gewöhnlichen Strapazen des Marsches Der Doctor hat Unglück. 273 hinzukamen, unmöglich war, Beobachtungen und Aufzeichnungen zu machon. Daß ich mich, so lange es irgend möglich war, nicht legte, war nm so nothwendiger, da Alle mehr oder weniger krank waren und nach und nach immer trübsinniger nnd mißmnthigrr wurdcu. Um die Beschwerden, die hier auf den Gemüthern der Indianer lasteten und sie niederbeugten, noch zu vermehren, fiel, während wir einen steilen ^elsenhügol hiuabrittcu, des Doctors Pferd. Der unglückliche Arzt wurde betäubt uud, da das Pferd auf ihn fiel, fast todt gedrückt. Dies erregte großen Jammer, denn es war jetzt Niemand mehr da, der die Kranken heilen und mit dem boshafteu Gna-lichu streiten konnte. Die Indianer dachten natürlich nicht anders, als daß der (^ualichn seinem Gegner eine ^atte gestellt nnd das Roß des Mediem-Mannes umgeworfen habe, um für sich selbst freies '^eld zu haben. Wir lagerteu uus in einer Art Morast neben den anf der Ebene stehenden Hügeln und wurden, als es Tag war, durch das Geschnatter eines Fluges blauer und oraugefarbeuer, kleiner Papageien geweckt. Dieser Vögel, die alte angenehme Erinnerungen an die Ufer der Paraulizurückriefeu nnd mir fast wie Vorläufer des civill-sirten Lebens erschienen, gab es hier viele, obgleich sie die ersten Papageien waren, die ich im Lande bemerkt hatte. Ans dem in der >vcrne aufsteigenden Signalrauche wnrde auf die Anwesenheit Iackechan's uud der unter Teneforo stehenden Pampa-Indianer geschlossen, nnd bei der Anssicht auf Nachrichten , und vielleicht feine (Genüsse, wie Mehl, 3)erba u. s. w. aus Pata-goues wareu Alle wohlgcmnlh. Es wurde daher der Befehl zum Marschireu gcgebcu uud zur Autwort iu eiuigem dürren Weidefutter, das au der Hügelwaud hm staud, ein großes Cignalfener angezündet; gleichzeitig wurde eiu Bote abgesandt, nm die Nichtigkeit der Annahme zu ermitteln. Nach einem etwas langen Marsche über eine uufruchtbare Ebene, auf welcher eckige Masseu Ehalcedous umherlagen und (Gesteine hervorragten, die Aehnlichkeit mit Alabaster hatten, langten wir in einem traurigen, öden Lager au; es lag geschützt unten an einer Bank, aus der eine Quelle hervorkam und einen erfrischenden Bach bildete. In Mge der Menterci meines Pagen mnßtc ich mir das Vergnügen machen, mein Vieh selbst zn treiben; ich ritt dabei den Anderen voraus der Vahu uach; außerdem bekam ich einen 7vieberanfall und war deshalb nicht aufgelegt und auch nicht fähig,'mit zu jagen. Muster», N»«ei d>,,! Palm,i'nit>„, lij li?4 Nachricht von Patagnncs. Während ich mitten in dem Iagdkreise, der auf beiden Seiten der Bahnen gebildet wurde, schlaff dahinritt und eines der Pferde verfluchte, das alle Augenblicke den Versuch machte fich anf eigene Must der Jagd anzuschließen, sah ich eiueu Strauß gerade anf mich zu kommeu; der Anblick wirkte belebend; ich überlieft die Pferde sich selbst, galovvirte zu eiuem freuudlichcu Busche uud verbarg mich hinter ihm; als der Strauß bis auf eine kurze Strecke herangekommen war, ritt ich schnell hervor, warf die Volas uud sah zu meiner Freude ihn ciueu Purzelbaum schlagen uud mit ausgestreckten Flügeln betäubt daliegen. Ein Indianer, der gerade herangeritten kam, beanspruchte den üblichen Antheil uud übernahm den Vogel, mit dem wir nach Beendigung der Jagd uusere freunde tractirtcn. Viele der Jäger kamen mit leeren Händen oder hatten blos einen Skunk, die es in der Umgegend in Menge gab, am Sattel Hüngen. Die Armadille hatten jetzt ihre Winterquartiere unter der Erde bezogen und verließen ihre Höhlen nur au eiuem ganz besonders sonnigen Tage. In der Nacht lagerten wir nus uuten an einer nach Osten stehenden Barranca oder steilen Austeignng. Als Hiuchel kam, sagte er mir, wir wären an der schon besprochenen Erzadcr und den heißen Quellen vorübergezogen; die Indianer wären von der gewöhnlichen Marschlinie abgewichen und hätten dadurch die Neise abgekürzt. Spät in der Nacht kehrte der Chasqui mit der Nachricht zurück, daß der Nanch von einer Horde reisender Pampas-Indianer gemacht worden sei, die sich Quintnhnal anschließen wollten, oder doch jedenfalls diese Nichtnng einschlügen; was sie aber an Lebcnsmitteln oder Tabak bei sich hatten, behielten sie für sich und wäreu uns absichtlich ausgewicheu. Iackechan und Teueforo seien uach Valchita aufgebrochen und wollten von da uach Patagones; sie hatten in Margeuscho, dem als Sammelplatz bestimmten Orte, länger als einen Monat auf uns gewartet. Wahrend ihres dortigen Aufenthaltes hätten sie aus Patagones Branntwein und andere feine Genüsse erhalteu, aber Ruhestörungen seien nicht vorgekommen; der einzige Unglücksfall, der sich ereignet habe, sei der, daß eine ssrau in der Betrunkenheit in ein ssener gefallen sei uud sich dabei arg verbraunt habe. In Patagoues solle Alles friedlich sein, und es gehe das Gerücht, daß Commaudaute Mnrga im Begriff stehe, seine Stelle als Gouverneur niederzulegen. Als Casimiro dies Alles ver- Zum Chasqui ernannt. 275 nommen hatte, wünschte er, daß sofort eine Depesche geschrieben werde, obgleich ich ihn darauf aufmerksam machte, daß es besser sei, wenn wir warteten, bis wir an einen näher gelegenen Punkt gekommen wären; er bestürmte mich jedoch so sehr, daß ich am folgenden Morgen ein ausführliches Schreiben aufsetzte, in welchem ich die Vereinigung der Stämme und die zu Patagoncs' Schutz getroffenen Vorsichtsmaßregeln umständlich darlegte nud um hundert Stuten für Casimiro nnd seine Leute bat. Als das Schreiben fertig war, wickelte ich es sorgfältig ein und steckte es in mein (Gepäck, bis es verlangt wnrde. Dann kam die Rede naturgemäß auf die Wahl von Voten, die bei unserer Ankunft in Margenscho nach Paiagones geschickt werden sollten. Es war schon abgemacht worden, daß ich völlig beauftragt gesandt werden sollte, da ich die gefaßten Beschlüsse deu Behörden besser darstellen und ihnen auch die augenblicklichen Bedürfnisse der Indianer besser einprägen könne, uud jetzt erboten sich mehrere Andere freiwillig, mich zn begleiten, nnd wnrden ganz lustig, weil sie dachten, es werde Etwas zu trinken geben. Wir waren aber noch immer drei Märsche von Margenscho entfernt. Am folgenden Tage waren wir wieder unterwegs. Wir zogen über eiue Neihe Ebenen, zwischen welchen dann und wann Felsm-rücken staudcu, bis wir cudlich ein von sechzig Fuß hohen, steilen Felsenwänden eingeschlossenes, grasbewachsenes Thal erreichten. Ganz oben auf den Felsen sah man gravitätisch mehrere schieferfarbcne chilische Adler sitzen, die sich damit beschäftigten, der übermäßigen Vermehrung der kleinen Halbkaninchen vorzubeugen. Ans den Hügelwänden, die sich am Thale hinzogen, wuchs unser aller Frenno, der Weihrauchbusch, der viele Märsche rückwärts sehr selten gewesen war, in üppiger Fülle. Er war in der jetzigen Jahreszeit mit Beeren bedeckt, die zwar nicht zu essen taugen, aber, mit Wasser vermischt, von den Indianern als Getränk benutzt werden. Dieser Aufguß hat einen sehr süßen Geschmack; doch sollte ich denken, er müsse sehr nngesund sein. Als wir im Lager ankamen, das am oberen Ende des Thales in der Nähe einiger Lachen mit stehendem Wasser lag, wurdeu wir durch die eintönigen kläglichen Gesänge der Frauen benachrichtigt, daß die Zahl der Kinder abermals dnrch einige Todesfälle vermindert worden sei. Unter denjenigen, die an diesem Tage der Epidemie zum Opfer fielen, befand sich Algo, die jüngste Tochter Tantclow's, und da der Vater ihren Tod nicht der Krankheit, son- 18* 27,6 Trübsale des Pampalebens. dern der Hexerei zuschrieb, so war er nicht uur sehr betrübt, sondern auch sehr ärgerlich. Auf die warme und leidlich schöne Witterung, die wir seit unserer Abreift von Telck gehabt hatten, war eine drückende, trübe, stille Lnft gefolgt nnd der bewölkte Himmel versprach Nrgcn, der sich anch bald einstellte. Am nächsten Tage starben noch mehr Kinder und die alte taubstumme Frau. Die Letztere wurde wenig betrauert, aber das Jammern über die Kinder war schrecklich anzuhören. Die große Masse fleisch, die allgemeine Vestürznng nnd dazu noch der Ncgcn drängten Easimiro's sehnlichen Wunsch, weiter zu reisen, znrück. Dnrch das viele Elend waren die Indianer alle mißmnthig geworden und bei schlechter Lanne; seit unserer Abreise von Gcylum hatten wir das Pampaleben in reichem Maaße von Verschlechten Seite kennen gelernt. Vor diesem Landstriche hier furchten die Indianer sich immer. Sie behaupten, wenn sie sich ill demselben befänden, würden sie jedesmal von einer ähnlichen Krankheit befallen, wobei Manche der Ansicht sind, daß nnsere ehemaligen Nachbarn ihnen Mft oder schädliche Arzneimittel gereicht nnd dadurch dieselbe veranlaßt hätten. Man war deshalb in langen Eilmärschen gereist, und die größere Strapaze und Ermüdung hatte ohne Zweifel mit dazn beigetragen, daß die Krankheit so verhängnisvolle Wirkungen hatte. Während unserer Neise nach Margenscho starben beinahe die Hälfte der Kinder nnd auch mehrere ältere Lente, nnd es laßt sich nicht beschreiben, wie groß das Elend nnd wie unbehaglich das Vcben war. Es hatte fortwährend geregnet; die Frauen hatten zn thuu, nm ihre kranken Kinder zu beruhigen, oder waren bei dem Schmerze über die gestorbenen zerstreut nnd konnten daher ihre hänslichen (Geschäfte nicht besorgen; nnserc Mäntel wurden nicht ausgebessert und waren vor dem Ncgcn nnr ein dürftiger Schutz — in diesem Klima keine Kleinigkeit — nnd die Einrichtung der Toldos entbehrte gan^ nnd gar der üblichen Sorgfalt uud Behaglichkeit. Die gewöhnliche gute Laune und Heiterkeit war von Allen gewichen, und Gram, Krankheit und zorniger Argwohn warf über jedes Gesicht einen düstern Schatten. Eine Noth, die Hnngersnoth, war allerdings in Folge des vielen Pferdefleisches nicht eingetreten, aber man kann sich leicht denken, daß wir den Hnnger leichter hätten ertragen können. Wir hatten vorher Kälte, Hnnger, Strapazen nnd befahren ausgestanden, aber nichts hat einen so unauslöschlichen Eindruck einer ganz und gar Die Ebenen von Margenscho. 377 schlechten Zeit hinterlassen wie jener Marsch von Geylum nach Mar-gcnscho. Endlich erließ Casimiro den Befehl zum Marschircn, brach mit Zweien oder Dreien von nns auf nnd zog uoraus. Während wir nnter einer Obdach bietenden Felsenmasse warteten, bis die Uebrigen nns einholen würden, schlief ich ein, nnd als ich aufwachte, goß der Negcn in Strömen herab, und der Häuptling gab gerade Meüa den Auftrag, znrückznrcitcn nud nachzusehen, was die Frauen machten. Ein wenig später kmn nnser Page an nnd sagte, die Indianer hätten sich geweigert zu marschircn, die Bewohner nnscrs Toloo hätten sich daher allein anfgcmacht, nm sich nns anzuschließen, und befänden sich jetzt unterwegs. Diese trafen anch bald ein, nnd wir zogen dann nn Sturme weiter; denn darüber waren wir einig, daß es eine Schande wäre, nachdem wir einmal aufgebrochen waren, wieder mn-zutehren. Eine Strecke weit ritten wir im Thale oder vielmehr auf der Ebene fort, in die das Thal ausgelaufen war. Dann erstiegen wir einige schroffe felsige Anhöhen, die an ihrem östlichen Ende standen. Wir überschritten diese Hügel, in deren Thälern oder Schluchten die Weihranchbüsche fast wie ein Wald standen, nnd machten neben einem Bache, der aus einer an der Hügelwand befindlichen Qnclle entsprang, eine Zeit lang Halt. Naß, wie wir waren, nnd vom Winde durchkältet, der, nrsprüng-lich Westwind, jetzt mit schneidender Heftigkeit von Süden kam, zündeten wir ein ^ener an, nm unsere Körper zu erwärmen; da sahen wir auf den Höhen oben viele Gnanacos, was lins bestimmte, eine Hcerde zn nmkrcisen; wir erstiegen daher die Höhen; da aber nnser Versuch vollständig mißlang, so begaben wir nns nach der andern Seite hinab. Zn nnscren /vüßen lag ciue große Lagune, und nach Osten erstreckten sich eine Reihe Ebenen bis zn dem Lager des Namens Margenscho. Diese Ebenen wnrden ans der Nordseitc eine knrzc Strecke weit von einer Hügelkette, die am Ende der Lagune plötzlich anfhörte, anf der Südseite von einer zweiten, allmälig nach Osten abfallenden Kette und auf der Westseite von den felsigen Höhen begrenzt, die wir eben hinabritteu. An einem schönen Tage wäre die Aussicht gennß-rcich gewesen, aber bei einem solchen patagonischen Negenwcttcr uud Sturmwinde wnrden landschaftliche Schönheiten gar nicht geschätzt. In der Nähe der Lagnne befand sich wieder eine Heerde Guanacos, 278 Casimiro's Mißtrauen. gegen dreitausend Stück; sie verlockten uns zu einem vergeblichen Versuch, sie zu umkreisen, entdeckten uns aber, ehe wir uns ihnen bis auf eiue euglische Meile nähern konnten, nnd verschwanden bald auf den uach Margeuscho hin führcndeu Ebenen, wo wir sie nicht mehr sahen. Während wir an der Kante der Hügel hinunterritten, machte ssasimiro uus auf einigen Thymian aufmerksam; wir sammelten ein wenig, um damit am Abend nnscrc Suppe zu würzen. Dann begaben wir uns hinab und suchtcu Obdach unter dem überhängenden Ufer eines ausgetrockneten Wasserbettes, das zu der Lagune führte. Kurz darauf kaineu die grauen und der übrige Zug an; ich belud meinen Pagen zu seinem größten Acrger und zur höchsten Freude aller Anderen mit Brennholz; dann zogen wir ein wenig weiter nach Süden, wo es gute Weide gab, und richteten nns für die Nacht ein. Am folgenden Morgen brachen wir Alle frühzeitig znr Jagd anf nnd hatten mehr Mick als am vorhergehenden Tage, wenn auch ein fürchterlicher Sturm von Südwcstcn blies und dann nnd wann von Graupelwettcr begleitet war. Gegen den Nachmittag hin, wo die Jagd zu Ende war und wir warm genug nnter dem Toldo staken, regnete es start, und mit dem Regen kameu die ersten Indianer an, bis vor Eintritt der Dämmerung an den Rändern der Hügel hin eine Stadt von Toldos stand. Diesen Abend schickte Easimiro nach freiwilligen, die bei uuserer Ankuuft in Margenscho, das jetzt nur noch einen Marsch entfernt war, mit mir als Boten oder Chasauis nach Patagones gehen sollten. Aber von jenen, die vorher so gern hatten mitgehen wollen, erschien keiu Einziger, anch wollte kein Indianer zu einer so laugen Reise seine Pferde leihen. Der Häuptling war sehr aufgebracht und verfluchte die Caciquillös einen nach dem andern. Dann suchte er auch mir abzuratheu; er sagte, ich solle nicht gehen, es sei sehr weit, die Wüste oder Travesta sei ein furchtbarer Ort, ich würde wahrscheinlich meine Pferde verlieren, viele Menschen scieu verhungert, und sprach gleichzeitig den Wunsch aus, ich möchte meine Pferde irgend einem andern Indianer leihen. Er erzählte, wie er selbst zwölf Tage zugebracht habe, um über dieselbe zu kommen, und wie er ein Pferd uud von seiuem noch übrigeuNosse Sattel uud Zeug habe im Stiche lassen müssen und mit Mühe, beiuahc verhungert, zu ,nche uud sein fast ganz entkräftetes Pferd vor sich her treibend, bis zu einer vereinzelten Ansiedelung gekommen sei. Der Doctor und da 5 kranke Kind. 279 Zu derselben Zeit brach ein junger Indianer auf und wollte durch die Wüste reisen, verirrte sich aber und, sagte der Cacique mit Nachdruck, ,,seine Gebeine liegen jetzt noch dort". Die eine Vehauptuug, daß die Chanals oder Weißdorne dort höher wären als die Köpfe der Pferde, uud den unglücklichcu Reitern, wenn sie sich mit Gewalt dnrch dieselben Bahn brächen, die Mäntel in Stucke zerrissen, fand ich später durch eigene Erfahrnng vollkommen bestätigt. Ich blieb jedoch fest bei meinem ursprünglichen Vorsätze, zu gehen, wie er ihn genehmigt hatte, und den Brief, den ich geschrieben, eigenhändig zn überbringen, und schließlich wnrde abgemacht, daß bei der Ankuuft in Margeuscho Meüa, Nacho und ich uusere Reise als Chasquis autreteu sollten. Der wirkliche Grnnd, aus welchem Casimiro mir abrieth, war Mißtranen; wir waren nämlich zwei- oder dreimal uuliinig geworden, uud einmal war es beinahe zu Schlägen gekommen; er fürchtete deshalb, ich würde, wenn ich nach Patagones käme, gegen seiuc Iuteresseu wirkeu uud ihm ein schlechtes Zeugniß geben. Mena, der mich sehr lieb gewonnen hatte, erbot sich freiwillig mitzugehen, um auf Nacho, der mir ein höchst widerlicher Mensch nnd dem nicht zn trauen war, ein wachsames Auge zu haben. Als diese Verhandlungen zu einem befriedigenden Abschluß ge-kommeu wareu, begaben wir nns nach dem Toldo eines freundes und halfen bei der Ceremonie, die der Doctor vornahm, um ein krankes Kind zu heilen, besonders so weit es das Bemalen einer weißen Stntc mit rothem Ocker, sowie das Schlachten uud Essen der-selbeu betraf. Bei dieser Gelegenheit luden die C'ltern die vornehmsten Häupt-linge und ihre Verwandten und Freunde formgemäß ein, nnd die Ceremonie begann folgendermaßen: Die sämmtlichen Männer saßen oder standen in einem Kreise, in dessen Mittelpnnkte die Mutter saß uud ihr Kind iu den Armeu hielt. Danu kam der Doctor, und nach seiner Altweisung übertünchte die Mntler das Kind vom Kopfe bis zum 7n'ße mit weißem Thon, während der Zanbcrer mittlerweile Be-schwörnngsformeln mnrmeltc; als dies abgethan war, verschwand der Doctor ein Paar Minuten lang und kam dann wieder mit einem Cäckchcn von Haut iu der Hand, an welchem sich Verzieruugeu befanden ; er öffnete das Säckchen nnd holte ganz unten aus demsclbeu eiuige sorgfältig in Lappen eingewickelte Zanbermittel hervor, machte einigen mystischen Hokus Pokns und steckte sie wieder in den Sack, 260 Ankunft in Margenscho. Dann nahm er der Mutter das Kindchen ab, patschte es sanft auf den Kopf, mnrmelte mit leiser Stimme, tauchte dabei den Kopf des Kindes zwei- oder dreimal in den Sack und gab es der Mutter wieder. Es wurde eine weiße Stute herbcigebracht, über und über mit Händeabdrückeu von rothem Ocker bedeckt, auf den Kopf geschlagen, zubereitet und auf der Stelle gegessen; Herz, Leber uud Lunge wurden auf ciue Lanze gehängt und ganz oben auf dieselbe auch der Sack, der die Zaubcrmittel enthielt. Wie bei anderen Ceremonien, ninrde Sorge getragen, daß keine Huudc herankamen uud den Abfall fraßen; dieser wurde eingegrabeu, Kopf und Rückgrat aber fortgeschafft und auf eincu benachbarten Hügel gebracht. Am l9. Mai brachen wir auf nud kamen noch denselben Abend in Margenscho an. Dies war, wie die Indianer es mir vorher beschrieben hatten, eine große gmZreiche Ebene, die unten au eiuer Stufe oder Barranca lag und dnrch welche eiu von Nordosten nach Eüdoften taufender Bach floß. Während der Jagd anf den obeu beschriebeneu Ebcneu gab es uichts Bemerkenswerthes, ausgenommen daß äußerst wenig Wild zu sehen war; nur die Skunke waren zahlreich vertreten; glücklicherweise erlegte ich ein Guauaco-Männchen, und da ich am vorhergehenden Tage meinen Pagen gehörig znrecht gewiesen hatte, so brachte er die Pferde höchst sorgfältig herbei, so daß zn einem frühzeitigen Aufbrnch Alles bereit war. Vor Sonnenuntergang wurden die Häuptlinge versammelt nnd ihnen der Inhalt des Briefes vorgelesen; er schien Allen zn gefallen; ich sehte daher noch eine Nachschrift hinzu, welche die Nameu und Hahl der Häuptlinge enthielt, die um Nationen nachsuchten, und schloß das Schreiben. Hinchel kam und versah mich mit Tabak; er bat mich, falls etwa Freunde von ihm in der Ansiedelung sich erkundigen sollten, ob er in den Pampas, wenn Gelegenheit dazn gewesen, sich betrunken habe, so möchte ich so gefällig sein und seine Nüchternheit bezeugen; auch ersuchte er mich, entweder zn den Indianern zurückzukehren, oder in Patagones zu bleiben, bis er ankäme; das Letztere versprach ich ihm. Selbst auf die Gefahr einer Wiederholung hin muß ich sagen, daß, vielleicht Wäki ausgenommen, Hinchcl der beste Tehuelche war, mit dem ich je zu thun hatte; er war offenherzig, rechtschaffen, großmüthig, nüchtern uud iu jeder Hinsicht zn einem Hänptlinge passend; er war ein fertiger nnd geschickter Arbeiter in allen indianischen Geschäften, von der Vändiguug eines jungen Hengstes an, bis zur Her- Die Pflichten der Chasquis. 281 stellung eines Sattels oder silbernen Halsbandes; sein einziges Laster war das Spiel; hätte er dieses lassen können, so würde er der reichste und, da er allgemein geachtet war, mächtigste Häuptling gewesen sein. Auch Orkeke schickte nach nur nnd händigte mir ein Packet Tabak zu der Neise ein, die, wie er mich versicherte, lang, langweilig nnd gefahrvoll sein werde. Ich versprach, besonders lim eine Ration für ihn zn bitten, nnd wenn die Regierung sie nicht bewillige, selbst ihm ein Geschenk machen zn wollen. Er wünschte, daß ich wieder znrück-l'ehren möchte, aber ich machte ihn aufmerksam, daß es ans verschiedenen Gründen besser sein werde, dies nicht zn thnn; wir trennten uns mit der Verabredung, uns in Patagoncs zn treffen. Es dürfte hier am Platze sein, zu erwähnen, daß, wenn einerseits die Stelle eines Chasqui oder Heroldes, wie man ihn nennen kann, eine ehrenvolle ist, zn welcher in der Regel nur nahe Verwandte der Häuptlinge verwendet werden, andererseits auch die Pflichten ziemlich schwer find. Mail erwartet vom Chasqni, daß er reite, wie ,,jnng ,^ochingvar" (bei Sir Walter Scott), so schnell nnd jeden Tag so weit, als das Pferd ihn trägt. Er darf sich niemals seitwärts wenden oder Halt machen, nicht einmal zum Zweck der Jagd, und wenn ihm nicht ein Strauß oder auderes Wild quer über den Weg läuft, so hat er vielleicht nach einer Tagereise von fünfzig bis sechzig englische!« Meilen kein Abendessen, während sein Bett nnd Vettzcng die Erde und der Mantel sind. Nnsdaner, Nüchternheit und die Zuverlässigkeit, daß er immer seinen Zweck im Auge behält, sitld selbstverständlich wesentliche Eigeuschaflcn, besouders wenu die zn bereisende Strecke groß ist. Nacho hatte sich immer als ein vortrefflicher Ehasqui bewährt uuo war eiu unfehlbarer Führer selbst durch die pfadlose Travesia. Trifft der Chasqui auderc auf dem Marsche befindliche Indianer, oder komml er in ein Vager, so wird er feierlich empfangen nnd ehrenvoll bewirthet, nnd gewöhnlich erwartet man, daß er im Nothfall, nm seine l>iesandtschafts-Neise fortsetzen zn können, mit frischen Pferden versehen wird. Am folgenden Morgen fand, sobald es Tag war, noch eine Ve-rathnng stall; der Brief nnißte wieder hervorgeholt und eine zweite Nachschrift hinzugefügt wcrdeu. Dauu schrieb ich die augenblicklichen Bedürfnisse Casimiro'Z nnd anderer ^rennde in mein Notizbuch; diese Dinge sollten der Verabredung gemäß durch Meüa und Nacho 282 Abreise der Chasqms. zurückgesandt werden, während ich selbst iu der Ansiedelung blieb bis zur Anknnft Casimiro's, wo wir dann zusammen entweder zu Lande über Bahia Mama oder mit dem Dampfschiffe nach Buenos-Ayres reisen wollten. liegen acht Uhr, als der Reif eben vom Grase verschwand, nahmen wir von allen Freunden Abschied, fingen uusere Pferde ein und bracheu auf. Ich nahm nur meinen in einer Reisetasche befindlichen Anzug uud die Briefe mit. Als Lebensrnittel bekam Jeder von uns ein Stück Fleisch von dem Guanaco, das ich am vorhergehenden Tage erlegt hatte, nnd endlich waren wir mit je zwei Pferden unterwegs; die alten Frauen sangen recht schön, damit der Teufel uns nicht in den Weg kommen möchte. Mein Page stellte sich, als thäte ihm meine Abreise sehr leid; da er aber meine übrigen Pferde besorgen sollte nnd ich ihm als Vermächtniß einen Mantel hinterließ, den ich nicht gerade nothwendig brauchte, zumal da ich ihn seit der Abreise von Santa Cruz fast ununterbrochen getragen hatte, so war er aller Wahrscheinlichkeit nach froh, daß er, als wir über den Hügelrücken ritten nnd verschwanden, wie er glaubte, mich zum letzten Male sah. Die erste halbe Stunde lang reisten wir langsam nnd hatten eben unsere Pferde von den Lazos befreit, au welchen wir sie bis jetzt geführt hatten, damit sie sich den anderen Pferden nicht wieder anschließen sollten, als wir hinter uns ein Jauchzen hörten und ein Indianer erschien, der einen Trnpp Pferde trieb. Er war aus dem Lager uud befand sich, da er ein Pampa war, unterwegs, um sich seinem Stamme anzuschließen, den er noch fünf Tagereisen weiter irgendwo um Valchita herum zu treffen hoffte, und von welchem wir zu unserm Nitte durch die Travcsia nach den Ansiedeluugeu frische Pferde bekommen sollten. Dies war eine unerwartete Verstärkung unserer Gesellschaft, aber wir glaubten, je mehr, desto lustiger, nnd drei ist, wenn man gesellschaftlich zusammen reisen will, jedenfalls eine ungeschickte Zahl. Wir setzten nuu unsere Pferde in knrzen Galopp nnd traten, die Sorge hinter uns lassend und auf Brod, Kaffee und audere gute Dinge hoffend, die wir lange nicht gekostet hatten, nnsere Reise erst richtig an. Die Zeit vertrieben wir uns damit, daß wir darüber sprachen, was wir erlangen und wie wir würden aufgenommen werden, sowie mit Rauchen und Singen. Unser Weg ging längs der Barranca hin, die, je weiter wir in nordöstlicher Richtung kamen, in höhere, holprige Hügel überging, Die Rnse geht eilig. 283 zwischen welchen mit Gestrüpp und Weihranchbnschcn bestandene sandige Thäler lagen. Beim Ginbruch der Nacht waren wir an einem spitzigen Hügel angelangt, an dessen Abhang wir uns nnten lagerten. Wir hatten zwar viele Slranßc und Gnanacos gesehen, aber, mn leine Zeit zu verlieren, nicht gejagt; nur so lange hatten wir angehalten, als nöthig war, mn ein Armadill aufzuheben, das uns zufällig im Wege lag und sich sonnte. Als wir abgesessen waren, verwahrten wir die sämmtlichen Pferde mit Lazos oder Manöos, damit sie nicht fortlaufen konnten, was sie wahrscheinlich gern gethan hätten. Nachdem wir ein wenig Brennholz gesammelt, ein Feuer angezündet und das Armadill, so wie Jeder noch ein kleines Stückchen fleisch verzehrt hatten, wickelten wir nns in unsere Mäntel und legten nils schlafen, stiegen aber während der Nacht immer dann und wann auf, um einmal nach den Pferden zn sehen. Der Morgenstern leuchtete hell über dem Horizonte, als wir sattelten und über die Nand des Hügels hinweg nach einer angrenzenden hohen Pampa hinanfritten, wo wegen der felsigen Beschaffenheit des Bodens unsere uubeschlagenen Pferde in gewöhnlichem, langsamem Schritt gehen mnßten. Dazu kam noch ein schneidend kalter Wind nnd ein schwacher Trcibregon, die nicht geeignet waren die Stimmung zn verbessern, bis nach etwa zweistündigen:, schwierigem und langsamem Reisen die Sonne prachtvoll aufgiug, Nebel uud Negen vertrieb uud uns heiter stimmte. Endlich ritten wir in eine Navinc hinab, die zu ciucr Reihe kleiner Thäler fnhvte; diese enthielten hier nnd da Teiche, die mit Kricckenten und anderen Wasservögcln bedeckt waren. Wir reisten im Galopp durch eine (legend vou derselben Beschaffenheit bis fünf Uhr Nachmittags, wo wir nach einem Nitt über ein kahles Hochplateau, jenem ähnlich, das wir beim Nnfbrnch getroffen hatten, plötzlich an einen schroffen Abhang kamen, an welchem unten anf einer sich nngefähr fünf eng-lifche Meilen erstrcckeuden Ebene eine große Salina lag. Wir rittcu an einer Stelle hinab, wo es sich thun lieft, hielten an, mn nns ein wenig Salz zu verschaffen, nnd lagerten uns dann in der Nähe einer kleinen Quelle mit süßem Wasser. Ungefähr eine englische Meile nach Osten sah man auf der Ebene große Heerden Gnanacos und mehrere Strauße, und nahe an unserm Halteplätze fanden wir die Fährten eines Puma, nach dem wir emsig, aber ohne Erfolg suchten. 284 Nebhühner. Nachdem wir unsere Pferde in Sicherheit ssebracht hatten, verspeisten wir, wir in der vorhergehenden Nacht, das Annadill abgerechnet, ein Stück mageres Flusch und legten uns zur Ruhe. Das Salmans der Salina war von ailsgezeichneter Beschaffenheit; von dein an der Oberfläche ninßten wir erst ein wenig entfernen, das, weil es der Atmosphäre allsgesetzt, etwas verdorben war; dann schnitten wir Kuchen Sal; heraus, die wie Stücke Vis waren und als Teller dienten. Es ist sonderbar, daß in diese sowohl wie in andere Salinas kleine Bäche süßen Wassers sich ergossen, welche in den benachbarten Hügeln befindliche Quellen speisten. Am nächsten Morgen (wenn man es so nennen konnte) waren wir zn derselben Stnnde im Sattel; wir ritten über die Ebene, setzten dann über einige Nucken von mäßiger Höhe und zogen weiter durch einen dicht mit Weihrauch- nud anderen Büschen bewaldeten Landstrich. Gegen zwei Uhr Nachmittags kamen wir an ein Flüß-chen mit Wasser, wo kürzlich ein Lager gestanden hatte, von dem man noch die Spuren sah; nach gcnaner Untersnchnng derselben kamen wir zn dem Schlüsse, daß, seitdem die Vewohuer es verlassen hatten, vielleicht eine Woche vergangen sei. Wir eilten vorwärts, so schnell als wir nur konnten, über ein Terrain, das immer ziemlich dieselbe Beschaffenheit hatte, aber hin nnd wieder durch Ketten niedriger Hügel Abwechselung erhielt, und jagten dann und wann ein Neb-hnhn auf. Von diesen Vögeln bemcrktcu wir zwei verschiedene Arten, eine mit Hanbe und beinahe so groß wie eine Fasanhenne, die andere kleiner als ein englisches Nebhuhn; die letztere Art flog immer uur eine kurze Strecke und ließ sich dann nieder. Wir hatten das Muck, ein Paar zu erlegen. Hinter einigen Hügeln ging die Sonne unter, und wir fanden noch immer keinen passenden Platz, an dem wir nns lagern konnten; endlich jedoch kamen wir an einige Teiche mit Wasser, wo wir Alle, ziemlich müde, absaßeil, zwei der Pferde anbanden und die übrigen frei laufen ließen. Das Wasser war etwas salzig, doch trinkbar; die Thiere aber berührten es kanm; sie streiften nmher, uud wir mußten die ganze Nacht auf sie Acht geben; dies war eine etwas ermüdende Arbeit, zumal da ein starker Frost eiutrat, und bei all' unserer Sorge fehlteu, als es Zeit war aufzubrechen, zwei Pferde. Nachdem wir eine Stunde gesucht hatten, fanden wir dieselben; sie waren umhergelaufen, nm besseres Wasser aufzusuchen, und hatten, klüger als wir, uugcfähr zwei englische Meilen nach Osten eine Quelle ausfindig gemacht. Die gepflasterten Pampas. 285 Ehe wir fortkamen, war die Sonne aufgegangen; wir hatten erst noch unser letztes Fleisch, das wir dm Abend vorher gekocht hatten, gewännt nnd gegessen; es war trocken niid voller Staub, und alles Waschen in der Welt Hütte nichts geholfen, nm den Sand heranzubringen, der sich in demselben befand; wir lachten jedoch darüber nnd sagten, wir würden bald eine Flasche Wein bekommen, mit dem wir uns den Schmntz aus der Kehle waschen könnten. Wir waren nur froh, daß wir gnt mit Tabak ucrsehen waren, nnd wenn wir anch keine Pfeife besaßen — denn die mcinige war in einem vorhergehenden Lager verloren gegangen — so versorgte uns doch Ca-simiro's Korrespondenz mit Foyel nnd ^heoeqne, die ich sorgfältig aufgehoben hatte, mit Zigaretten-Papier. Wir ritten demnach fröhlich weiter nnd zogen, nachdem wir ans dn' bewaldeten Gegend heraus waren, über eine Neihe hoher Pampas; fie lagen voll kleiner Granitblöcke, die gcnan wie Pflastersteine aussahen nud so dicht und regelmäßig hingestellt waren, als ob Pflasterer es gemacht hätten. Diese sonderbare Formation erinnerte mich lebhaft an eine londoner Gasse, die eben ausgebessert wird. Die Pampas hörten in Klippen auf, die vom Wasser zerrissen waren und dicht voller Steine lagen, und während unsere Pferde wie Katzen die Abhänge hinaufkletterten, stießen sie mit den Hnfen die Steine rasselnd hinab nnd hatten große Mühe, daß sie nicht ausglitten. Am ,vnße der Klippen lagen von Wasser dnrchflosscne Thäler, nnd als wir in eincs derselben hinabritten, bemerkte ich znm ersten Male den Algarrobn-Dorn, der jetzt Früchte hatte. gones, — Fruchibartcit des Bodens. - Der Rio Negro«Wein. — Der Waidmann. ^ Rath sür Auswanderer, — Verhandlung mit Oberst Murga. — Die von der Regierung den Häuptlingen bewilligten Gehalte und Gaben. — Casnniro tritt wieder auf. — Die Tchuelchen in der Stadt. — Abschied der Tehuelchen. — Daö wallisische Utopien. - Das gesellige Leben in Patagones. — Endlich das Dampfschiff. -^ Gestrandet. — Der Lootse. — Pat Sweeny. — Abschied von Patagonicn, Da ich zur Zl'it uicht da van dachle, daf; dic emporblühendm Ansiedelungeil am Rio Ncgro bishcv ciilov awMhvllchlm Bch'hrcibnng entgangen fein könnten, so habe ich, offen gestanden, während meines Nnfenthaltes die Pflicht versäumt, ein Tagebuch ^, führen ; den Stoss zu der folgenden Beschreibnng uon Patagones, die sich mir zn guter Letzt doch als eine nothwendige Ergänzung meiner Reife aufdrängte, haben daher nur Erinneruugen geliefert. Der Name Patagoncs, der, wie es scheint, die künftige Hanpt-stadt von Patagonieu bezeichitell soll, hat den ursprünglichen Rainen Musters, Unter dc„ Patagoninn. 20 306 - Patagones oder die alte Stadt Carmen, El Carmen, den diese Ansiedelung zn Ehren Unserer lieben Fran vom Carmen (Xucstra 8on0ra <1o1 <üg,rm6n) erhielt, nnter deren Schutz sie gestellt wurde, vollständig verdrängt. Die heutige Stadt, die an einer Krümmung des Rio Negro, gegen achtzehn englische Meilen vom Meere liegt, besteht aus zwei, durch den hier ungefähr vierhnndcrtnndfünfzig Meter breiten Fluß getrennten Theilen, dem alteren und wichtigsten auf dem nördlichen Ufer, wo die Behörden und vornehmsten Leute ihren Wohnsitz haben, nnd einer neuen, uutcr dem Namen El Merced bekannten Vorstadt ans dem südlichen Ufer, die, obgleich erst jüngst entstanden, am Ende mit dem nördlichen Theile zn rivalisiren droht. Der Verkehr zwischen beiden wird durch Voote vermittelt, mit welchen man fast alle Stunden überfahren kann. Auf dem nordlichen Strande, seiner Niederlage gegenüber, hat Se^or Agnirre, der große Capitalist, Bankier nnd das factotum des Ortes, einen hölzernen Hafendamm herstellen lassen, damit das Dampfschiff mit-größerer Leichtigkeit ausladen kann. Es ist wahrscheinlich, daß die Nordseite in Zntunft ihre Wichtigkeit noch einige Zeit behält, weil ans der Südseite, wo bei niedriger Ebbe eine große Schlammbank bloßgelegt wird, die, wenn man das Ufer erreichen will, passirt werden muß, gleiche Erleichterungsmittel zur Landung der Güter fehlen. Die Lage, die der (Gründer für Carmen wählte, vereinigte Sicherheit mit leichtem Zugänge zum Flusse. Die Barranca tritt an dieser Stelle vor und kommt der Flnßkrümmnng gleichsam entgegen, so daß dazwischen nur ein schmaler Namn bleibt. Ein etwas steiler Hügel erhebt sich zu einem Plateau, das nach Norden oder hinter der Stadt stufenweise wieder zu dein Nivean der Pampa abfällt. Der Kamin ist mit einem Fort gekrönt, nnd am Abhang zieht die Stadt sich hinauf, bei deren Anlegung man sich mit ängstlicher Gewissenhaftigkeit an den vorgeschriebenen Bauplan gehallcn hat, obgleich der Fremde wegen der Gestaltung des Bodens die Regelmäßigkeit ihrer Gassen und Cuadros nicht sehr merkt. Nächst dem Fort sind die hervorragendsten Gebäude das Haus des Comman-dante, ein prätentiöses rothes Backsteingebäude, und die alte Kirche Nnestra Seuora del Carmen, ein unbedeulcndes Banwerk, beide ein wenig unterhalb des Hügelkammes und gleichsam unter den Flügeln des Fort gelegen. Das Fort selbst, das den Kamm des Hügels oder der Barranca Das Fort und die Gebäude. 307 krönt, sieht in der Ferne imposant ans; wenn man es aber in der Nähe betrachtet, so verschwindet die Tänschung, und seine völlige Nutzlosigkeit zu Vertheidignngszwrckcn tritt dann deutlich hervor. Die Mauern sind in jämmerlichem Zustande, und der ganze Bau ist so verfallen, daß, als eines der im Rio de la Plata stationirten amerikanischen Kanonenboote vor etwa vier Jahren den Ort besuchte und, wie sich's gebührte, mit seiner großen Kanone die argentinische flagge salntirtc, durch die bei dem Anprall des Schusses entstandene Erschütterung ein Theil der nach dem Flusse zu stehenden Mauer hernntcrficl! Die Ausrüstung besteht aus einigen Feldgeschützen, die offen auf der Brustwehr liegen und sehr wenig Nntzen haben, da eine einzige gut gerichtete Bombe das ganze Bauwerk zerstören würde; wenn mall jedoch die ,^age zur Herstellung einer mit heutigen Geschützen versehenen starken Batterie benutzte, so könnte man die Zugänge zur Stadt auf allcu Seiten völlig beherrschen und leicht vertheidigen. Die Plaza oder der Marktplatz liegt unmittelbar hinter dem Fort, das die eine Seite bildet; auf derselben stehen einige comfortable Häuser, von welchen jedoch mehrere erst im Van begriffen waren. Der Znstand der lassen ist sehr schlecht, besonders derjenigen, die den Hügel herab uach dem Flußufer gehen; an manchen Stellen sinkt der Fußgänger bis an die Knöchel in den Sand, an anderen stolpert er über holprige Tandsteinmassen. Der anmuthigste Theil der Stadt ist die Gasse, die von dem Hafendamme nnd der Niederlage aus landeinwärts nm den Fnß des Hügels herumläuft; hier ist eine beträchtliche Fläche niedrig gelegenen Bandes, die hinter den anf der Ostseite befindlichen Häusern beginnt nnd sich von da bis znm Flnsse erstreckt, zu Gärten oder Qnintas angelegt, in welchen allerlei Frnchtbänmc stehen, nnd hinter denen sich längs der Wafferseite eine Neihe hoher Pappeln hinzieht. Eines dieser Häuser war die gastliche Wohnung meines hochgeschätzten Freundes Don Pablo Piedra Bnena. Es war ein langes niedriges Haus, aus in der Sonne getrockneten Backsteinen gebaut und übertüucht. Nir hatten das eine, aus drei Zimmern bestehende Ende inne, während der nächste Theil von Don Ramirez, Capitän des Transport-Dampfschiffes „Ehoelcchel" (das nicht weit davon, der Qninta gegenüber, vor Anker lag), nnd seinem Weibe bewohnt wurde. Die übrigen Zimmer hatte Don Domingo, ein .Italiener als Nestanrant nnd Hlücl zn Miethe. Anßer Don Domingo's Gast- 20* 308 Die südliche Etadt und die englische Mission. wirthschaft hatte die Stadt noch ein anderes Hotel, das Seuor Agnirre's Eigenthum war nud dicht an seiner Niederlage und seinem Hafendamme lag; es war ein schönes nnd gut gebautes steinernes Haus, das einzige von diesen« Material, das ich in Patagones bemerkte; die übrigen Gebäude waren fast alle von Backsteinen, außer im Ncgcruiertel, wo sie einfache Adobchänscr waren. Aus welchem Material sie aber auch gebaut seiu mochten, in allen Theilen der Stadt warm viele der Gebäude, wie das Fort, in höchst baufälligem Zustande, nnd eine reichlichere Ucdcrtünchung würde, wenn die Bewohner es nur wüßten, eine Menge Sünden, sowohl gegell den äußeren Anstand, als gegeil die innere Reinlichkeit decken. Auf dem südlichen Ufer erstreckt sich von dem Flusse aus ciue beträchtliche Fläche niedrig gelegeuen Landes und wird bei hohen Springflnthcn leichl überschwemmt. Sie wird dem Weizenba» gewidmet lind zn diesem Zwecke durch hergestellte (Gräben maugelhaft entwässert. Ueber diese Flächen führt eine Chaussee — deren Herstellung mau hauptsachlich den Bemühnngcn meines Freundes, des wallisischen Bootsmannes Salomon verdankt — nach der neuen Stadt El Merced, die auf dem höheren Terrain liegt, wo sie von den Uebcrschwemmuugcu nicht betroffen wird. Auch diese ist uach dem allgemeinen Baupläne angelegt, nnd uach den Backsteinhaufen und den vielen zu künftigen Häusern abgesteckten Baustellen zn urtheilen, nimmt sie an Größe uud Bedeutung rasch zu. Die Straßen jedoch waren znr Zeit meines Besuches in einem ebenso abscheulichen Zustande wie auf der Nordseite, und vor der Stadt lagen Dünger und Schutt und verbreiteten schädliche Ausdünstungen, währeud der Pantaüo oder das Schlammloch für Freund wie Feind eine unüber-fchrcitbarc Barriere zu bilden schieu. Die bemerkenswertesten Gebäude waren: erstens die neue Kirche der Senora del Mereed auf der Plaza, die mit ihren zwei Thürmen ihre ältere Nebenbuhlerin del Carmen anf der Nordscite völlig in den Schatten stellte; sodann die englische Missions-Station, ein beträchtliches Gebäude, das zwei Seiten eines freien Platzes einnahm, uud dessen eiuer Flügel deu als Kapelle benutzten Raum enthielt, während in dem andern die Wohnung und Apotheke des Missionär, Sr. Ehrwürden ^>r. Humble's, sich bcfaud. Dieser Herr, dessen Gastfreundschaft ich häufig genoß, vereinigte ill seiner Person die Fnnctionen des Arztes und des Geistlichen. Was die Mission betrifft, so waren dem Anschein nach die Bekehrten nicht zahlreich; ja, cm indianisches Mädchen, Bestandtheile der Veuülkerunss. 309 das die Magd und Amme machte, schien die einzige zu sein. Die ganze Anstalt war bis in's Kleinste sauber nud reinlich und bildete zu den riugsum stehenden Gebäuden einen augcnehmen Colttrast. Nor dem Hanse erstreckte sich eine beträchtliche Strecke Landes bis zum Flußufer, die zum Theil in einen aumuthigm (Zarten oder eine Quinta umgewandelt war, während das übrige zur Weide für die Pferde der Anstalt benutzt wurde; am unteren Ende war ein Graben hergestellt, der für das Boot des ärztlichen Missionär einen Hafen abgab. Dr. Humble hatte früher eine Kinderschule, gab sie aber auf, ich glanbe, weil der Padre Einspruch that. Die Kirche war Sonntags, wo, mn die Stunde anzudeuten wenn (Gottesdienst ist, die britische Flagge anfgezogen wird, in der Regel ziemlich voll, nnd da der Gottesdienst zur Hälfte in spanischer Sprache gehalten wurde, so wareu gewöhulich die einheimischen Bewohner stark vertreten — Manche kamen vielleicht in der Absicht, von dem Pastor iu seiner ärztlichen Eigenschaft Rath zu erhalten, in der seine GcschiMchkeit und Menschenfreundlichkeit ihn verdientermaßen beliebt machte. Nach Sir Woodbine Parish betrug die Bevölkerung von Pata-gones im Jahre 1832 nicht mehr als 800. Obgleich mir keine statistischen Hülfsmittel zur Verfügung standen, dnrch die ich genaue Auskunft erlangen konnte, so möchte ich doch die gegenwärtige Einwohnerzahl auf uicht weniger als 200t) schützen, und sie wird wohl diese Zahl noch übersteigen. Die Einwohner theilen sich in vier sehr deutlich bestimmte Klassen- 1. die Nachkommen der ursprünglichen und alte» spanischen Ansiedler; 2. die neueren fremden Einwanderer; A. die Neger, und 4. die ans der argentinischeu Republik hierher gesandten Verbrecher. Die Nachkommen der ursprünglichen Ansiedler, die aus irgcud einem unbekannten Grunde von ihren Mitbürgern „Malagatos" genannt werden, zeigen im Namen wie im Charakter ihre unver-mischte Abstammung von den handfesten Gallegos oder Ansiedlern aus Galicia. Durch Wcchsclheirath eng verbunden, bilden sie gleichsam eine einzige Familie, von der fast jedes Glied entweder ein Crespo oder ein Neal ist. Obgleich sie bis jetzt sich vor jeder Mischnng ihrer „«anß'ro axul" durch Verbindung mit Ausläudcrn — vielleicht Engländer ausgenommen — mit ängstlicher Besorgniß hüteten, so zeichnen doch die Mäuner sich durch gastfreundschaftliche Zuvorkommenheit nnd Artigkeit ans, und die Damen würden in feiner Lebensart, 310 Me Nesser und die Verbrecher. Grazie und Schönheit jene von ganz Alt-Spanien und den argentinischen Provinzen noch überbieten. Ein bemerkenswerther Cha-rakterzug war, daß Männer wie Frauen eine noch weit höhere Achtung vor der Religion an den Tag legten, als ich in anderen katholischen Ländern je beobachtet hatte. Jedermann machte es sich zur Pflicht, so oft Messe gchalteu wurde, derselben beizuwohnen. Ich befand mich unter den Gästen, als Don Benito Crespo zur Feier des Geburtstages seiner Tochter, der zufällig in die Zeit der Novcna zn Ehren der Santa Nosa fiel, eine Tischgesellschaft gab; als zur Vesper geläutet wurde, stand Jedermann vom Tische auf und eilte in die Kirche. Der zweite Theil der Bevölkerung — die Ausländer — stellen eine bnntscheckige Gruppe von Menschen aller Nationen dar, doch sind die Mehrzahl Italiener und baskische Spanier. Franzosen, Engländer, Walliser, Schweizer und Dentsche gibt es einige. Die Neger sind die Nachkommen von Sklaven, die, als der Sklavenhandel gesetzlich erlaubt war, der Gouverneur, ein Franzose Namens Viba, Casimiro's Gönner, einführte. Er scheint den Gedanken gehabt zu haben, sie zum Anbau der Staatslandereien zu verwenden. Sie leben Alle in einem einzigen Viertel der Stadt beisammen — selbstverständlich Jene ausgenommen, die in Dienste gehen — und haben noch viele alte Traditionen und Sitten. Sie werden von den Ganchos „Vlandequis" genannt, was wohl aus Mandingo corrumpirt ist, uud sind schöne, arbeitsame Menschen, die durch ihren Fleiß und ihren Charakter überhaupt von dem heruntergekommenen Typus der Neger in Vrasilieu weit verschieden sind. Wie groß ihre Zahl ist, weiß ich nicht genau, doch wurde mir gesagt, es seien ihrer ehedem viel mehr gewesen; an ihrer raschen Abnahme seien dic Aushcbuug zmn Militär und die Verheerungen der Blattern, jener allgemeinen Geißel, Schuld. Als letzter Bestandtheil der Bevölkerung kommen die Verbrecher. Carmen wurde schon in früher Zeit zu einem „Presidio" oder einer Strafcolonie an der Grenze gemacht nnd hat in dieser Hinficht Aehn-lichkeit mit Puuta Arena; aber die strenge Mannszncht der chilischen Eolonie fehlt in Patagoncs ganz und gar. In den letzteren Ort werden fortwährend Hccrstüchtige, Räuber und Verbrecher aller Art gebracht, die von Vuenos-Ayres herabgeschickt werden. Diese Leute werden bei ihrer Ankunft entweder als Soldaten angeworben, oder man läßt sie der Gesellschaft zur Last laufen und arbeiten, wo und Gesetzloser Zustand des gesellschaftlichen Lebens. 311 wie es ihnen beliebt, oder sich sonstwie ein Unterkommen suchen. Sie können zwar nicht entfliehen, weil zn Wasser davon zu kommen keine Möglichkeit ist und davor, daß sie sich in's Innere begeben, die Gefahr des Todes oder der Gefangenschaft unter den Pamva-Indianern, die fast mit Gewißheit droht, genügende Sicherheit bietet; aber darüber hinans wird kein Zwang ausgeübt und die Freiheit in keiner Weise beschränkt. Pfcrdediebstahl ist, im Fall das Thier nnbewacht gelassen wird, eine moralische Gewißheit, und Nänbcreien aller Art kommen häufig vor nud werden fast gar nicht bestraft, während bei Mord in den seltenen Fällen, wo die Verbrecher entdeckt werden, weiter nichts geschieht, als daß der Mörder nach Buenos-Ayrcs zu einer Untersuchung zurückgeschickt wird, deren Ergebniß das Urtheil ist, daß er wieder nach dein Nio Negro trans-vortirt werden soll. Ich wnrde auf einen gewissen Mann Namens Ruiz aufmerksam gemacht, der wegen begangener Mordthaten viermal nach und von Bueuos-Ayres hin und her geschickt worden war. Dieser Mann rühmte sich öffentlich, daß, wenn er eine kleine Reise machen wolle, er nur Jemanden zu todten brauche. Ein Anderer, der, indem er eine gefälschte Anweisnng vorzeigte, dem Bischof von Buenos-Ayres eine Uhr mit Juwelen geranbt hatte, versah im Hotel die Stelle des Billardmarqueur nnd wnrde als ein ziemlich braver nnd gewandter Bursche betrachtet. Die Ordounauz des Commau-dante war ebenfalls ein wegen Todtschlagcs herabgcschickter Mann. Wie der gesellschaftliche Znstand ist, wenn diese Raufbolde — deren jeder eiu Messer bei sich hat, das er bei der geringsten Gclegcuhcit anwendet — so frei umherlaufen dürfen, kann man sich besser vorstellen als beschreiben. Mein Freund Don Pablo wurde eiues Abends dicht an seinem Hause angefallen, kam aber glücklicherweise ohne Verletzung davon. Mord kommt jede Woche vor, nnd Jedermann muß irgend eine Waffe zur Selbstverteidigung bei sich führen, während wenig Leute daran denken, ohne Revolver die Stadt zu verlassen. Bei dem völligen Maugel an gesetzlichem Schutz kam unter einigen der Ausländer der Plan zur Sprache, einen Wachsamkeits-Ausschuß cinznsetzen, nach dein einfachen Grnudsatze des gegenseitigen Schutzes uud Einverständnisses, jedes Unrecht, das einem Mitgliede der Gesellschaft zugefügt wird, zu rächen. Wie Sir Lucius seinen Freund mit der Bemerkung tröstete, daß man „in der Abtei bequem liege", so können die schutzlosen Einwohner von Patagones stolz 312 Der Gottesacker. darauf sein, daß sie einen Vortrefflichen nenen Gottesacker besitzen. Er liegt ungefähr eine halbe englische Meile außerhalb der Stadt nach Norden, ist mit einer Backsteinmauer umgeben, in welcher sich eiserne Thore befinden, und wird in sauberem und ordentlichem Zustande erhalten. Ein wenig östlich von demselben, naher an der Stadt, liegt der alte Gottesacker, der, als ich ihn besuchte, in seinem vernachlässigten Zustande zu dem nenen einen traurigen Contrast bildete; die Schlamm-Mauer war an vielen Stellen durchbrochen; die Särge ragten ans dem Sande hervor, so daß man sie sah, nnd waren in manchen Falleu gar nicht zugedeckt; Schädel und Gebeine lagen frei da, nnd um der Sache die Krone anzusehen, fprang ans einem der Särge eine Katze herans, die in demselben ihre Wohnung aufgeschlagen hatte. .Ich war ganz erstaunt, daß die Bewohner den Gebeinen ihrer verstorbenen Vorfahren so wenig Achtung erwiesen, und machte darüber siegen meinen Gefährten einige Bemerknngcn; er zncktc die Achseln und murmelte Etwas, das wie das unvermeidliche „Naüaua" klang. Die interessantesten Ueberreste von den ersten Gründern der Colonie sind eine Anzahl Höhlen oder ausgehöhlte Wohnungen, die sich in der vier englische Meilen unterhalb der Stadt stehenden Sandsteinklippe befinden. Sie enthalten drei oder vier in einander führende nnd acht bis zehn Fuß im Geviert große Kammern. In der einen bemerkte ich eine Art Trog, der in den Sandstein ausgehöhlt war nnd mehr einem Futtertroge, als irgeud etwas Anderem glich. Die Tradition erzählt, diese Höhlen seien von den ersten Ansiedlern als Wohnnngen oder auch als Verstecke benutzt worden, wo sie iu Zeiten, in denen sie mit den Indianern im Kriege lagen, sich oder ihr Vieh verbargen. Unter der spanischen Herrschaft machte die ssolonie, ungeachtet man alle anderen Ansiedelnngcn, mit welchen man es an der pata-gonischen Küste versucht halte, wieder aufgab und dadnrch die ganzen Vortheile, die aus dem wcrthvollen Walfisch- und Seehnnds-fange entsprangen, den Bewohnern von Carmen überließ, nur laugsame Fortschritte. Iu ihrer Trägheit ließ sie diese Fundgrube des Reichthums uubebaut, und sie fiel englischen und amerikanischen Fischern in die Hände, die sie bis in die neuere Zeit betrieben haben. Die argentinische Negierung hat ihre Ansprüche geltend gemacht nnd die Fischereien Don ,^uiz Bncna in Pacht gegeben, mit der Vollmacht, allen Unberechtigten den Fischfang zu verwehren; aber ich fürchte, Geschichte der Colonie. 313 die Fischereien tragen nicht so viel ein, als seine energische Thätigkeit eigentlich verdiente. Die Ansiedler von Carmen trieben abwechselnd mit den Indianern Handel und wurden dann wieder von ihnen geplündert; sie zogen den Gewinn, den dieser zweifelhafte Verkehr brachte, dem gefährlichen, wenn auch einträglichen Walsisch-und Seehnndsfangc vor. Daß die Feindseligkeit der Indianer mit der Concentration der spanischen Macht am Rio Negro Etwas zu thun hatte, geht ans einer Thatsache hervor, die in den spanischen Berichten geflissentlich weggelassen worden ist. Die Indianer bewahren genau eine Tradition des Inhalts, daß die ersten Colomsten in Port Desire den Zorn der Eingebornen erregten, und daß diese einen erfolgreichen Angriff machten; die Kolonisten zogen sich in die Kirche zurück und wurden dort sämmtlich von den Eingcbornm umgebracht. Die noch vorhandenen Gebäude nnd Fruchtbänmc sind die einzigen Denkmäler, die aus der Herstörung dieser Colonic übrig geblieben sind. Von der Zeit an, wo die südamerikamschen Colonien ihre Unabhängigkeit verfochten, nahm Patagones, wie schon gezeigt wnrde, an der in folge dessen eingetretenen Znnahme der Bevölkerung nnd Entwickelung des Handels theil. Seitdem Woodbine Parish schrieb, hat die Bevölkerung sich stark vermehrt nnd der Werth des Eigenthums ist bedeutend gestiegen, uud wenu auch die,,alten Einwohner" sich gegen mich über den Mangel an fortschritt beklagten, so bewies doch die zuuehmendc Nachfrage nach Grnndbesitz und Häusern und der Preis, der zu jener Zeit dafür gegeben wurde, das Gegentheil. Einen fall in seiner Geschichte dürfen wir nicht übergehen. Während des Krieges zwischen den Brasilianern und dein Argentinischen Bunde zeichneten sich die Bewohner voll Patagones dadurch aus, daß sie eme brasiliauische Expedition, die den Ort nnterwerfcn sollte, schlugen uud gefangen nahmen. Die Geschichte wurde mir folgendermaßen erzählt: Ein starkes Corps Brasilianer landete in der Nähe der Meeresküste, marschirte zu Lande nach Patagoncs zu und machte ungefähr eine Stnnde nördlich von der Stadt Halt. Die Besatznug, die etwa fünfzig reguläre Soldaten und einige freiwillige zählte, that, mit einer großen Menge farbiger Ponchos versehen, einen Ausfall. Sie stellten sich hinter einem Hügel auf, der sie vor dem Feinde, welcher ihre wirkliche Stärke nicht kannte, verbarg; dann schwärmten die schlauen Männer von Carmen ans, als wollten sie eine Necognoscirung vornehmen, und zogen sich 314 Villanno's Fahrt dm Rio Negro hinauf. wieder zurück, aber nur um ihre Ponchos zu wechseln und als frisches Detachement noch einmal zu erscheinen; durch diese wiederholten Scheinangriffe nnd Verwandlungen wurde der Feind verleitet, die wirkliche Zahl der argentinischen Truppen beträchtlich zn überschätzen, nnd zögerte, eine dem Anschein nach so starte Macht anzugreifen. Nach Einbrnch der Nacht wurde das in der Nähe des Bivouaks des einrückenden Heeres stehende Kräuterwcrk in Brand gesteckt. Durch deu Nauch bestürzt gemacht, zogen die Brasilianer sich zurück, aber hinten traten ihnen wieder Feuer eutgegen, uud da ste sich dem Anschein nach umzingelt nnd einer überlegenen Anzahl gegenüber sahen, so capitulirtc ihr Anführer. Die Wahrheit dieser Geschichte wird dadurch bestätigt, daft in: Flusse noch immer das Wrack eines brasilianischen Kriegsschiffes zu seheu ist. Um sich einen richtigen Begriff von deu Hülfsquellen zu machen, die Patagoncs als Colonie besitzt, muß man nothwendig das fruchtbare Thal des Rio Negro kennen. Es mag daher eine Beschreibung desselben folgen. Bei Weitem die größere Strecke dieses Thales ist noch ebenso unangebaut wie zu der Zeit, als Don Basilio Villarino es zum ersteu Mal bereiste. Villariuo fuhr unter Viedma's Befehl den Fluß hinauf, nur desfen Quelle zn ermitteln. Sein Tagebuch ist noch vorhanden nnd findet sich in DeAngelis' Sammlung; einen wcrthuollen Auszug desselben hat Sir Woodbine Parish gegeben; doch ist es lange genug her, um in unserm schnellen Zeitalter fast vergessen zu sein. Er fnhr mit Barkassen zuerst bis zur Insel Choelechel hinanf, die er als einen Vorposten gegen die Indianer zu befestigen empfahl; von da gelang es ihm nach unglaublichen Schwierigkeiten, obgleich er mit den Eingebornen in gutem Vernehmen blieb, deu Fuß der Cordillera zu erreichen. Hier traf er die Araueanier (von mir Manzaneros genannt) und hatte, da sie sich freundschaftlich gesinnt zeigten, große Hoffnnng, mit ihrem Beistande bis nach Valdivill zu kommen; da wurdcu nnglücklicherwcise die Indianer unter sich uneins, und ill dem Handgemenge wurde eiuer der Häuptlinge getödtet. Der Hänptling, der an dem Tode dieses Mannes Schuld war, kam mit seinen Leutcu zu den Spaniern und bat um Hülfe, die ihm versprochen wnrde. Dies führte dazn, daß die ganzen übrigen Indianer ein Bündnis; schlössen und den Spaniern, deren Namen sie noch bis auf den heutigen Tag verabscheuen, den Krieg erklärten. Villarino mußte seine Absicht, Valdivia zu erreichen, aufgeben und entschloß sich, wenn auch ungern, zur Rück- kehr. Nachdem seine Verbündeten ihn mit Aepfcln nnd Pinonen versorgt hatten, fnhr er demnach den Fluß hinab und nach Carmen zurück. Nach der Beschreibung dieser Neise nnd besonders »ach der Mittheilung, daß er an dem fernsten Pnnkte, den er erreichte, Aepfel und Pinonen erhalten habe, möchte ich fast annehmen, daß dieser Punkt nahe an der Stelle lag, wenn nicht gar gcnan dieselbe war, wo wir auf unsrer Neisc nach Las Mauzanas den Nio Limay überschritten; sie befindet sich eine oder zwei englische Meilen unterhalb der Stromschnellen, wo Mr. Cox Schiffbruch litt. Villarino sagt, er sei in seinem kleinen Boote all eine Stelle gekommen, wo der Fluß über abgerundete Steine nach Südwcftcn lief. Nun war der Punkt, wo Mr. Cor sein Boot verlor, eine allem Anschein nach für ein Boot unvassirbare Stromschnelle; doch ist es möglich, daß Villariuo reitende Indianer nahm nnd sein Boot ziehen ließ, und daß zur Zeit seines Besuches der Zustand des Flusses für die Schifffahrt günstiger war. Wenn Villarino erwähnt, daß die freundschaftlichen Indianer ihn anf seiner Rückfahrt begleitet nnd sich unter dem Schuhe der Spanier niedergelassen hätten, so kommt man auf den bedanken, daß dies wohl die Vorfahren der jetzt im Dienste der Regierung stehenden Los Mansos oder zahmen Indianer gewesen sein mögen. Casimno kannte eine Sage, nach welcher Indianer gegen die ersten spanischen Ansiedler freundschaftlich waren, später aber von ihnen gemißhandelt wurden und, wie ich glanbe, sich empörten.' Auch Luiz Aguirre behauptete, sein Vater sei einer der ursprüngliche»! Häuptlinge vom Nio Negro gewesen und hätte läugerc Zeit mit den Spaniern in Freundschaft gelebt, sei aber endlich, da eine Empörung stattgefuudeu habe, verhaftet und als Geißel in Carmen behalten worden nnd dort gestorben. Im Jahre 1>W, wo Nosas zum Schutze der Südgrenze seinen großartigen Angriff auf die Indianer machte, sie bis in die Nähe der Cordillera zurücktrieb und sie zwang, fich seinen Bedingungen zu unterwerfen, errichtete er, wie Villarino gerathen hatte, anf Choelechcl einen Militärposten. Sein Plan war, glanbc ich, von diesem Punkte aus bis nach Mendoza eine Kette von Forts anzulegen, dadurch die innerhalb der Kette sich aufhaltenden Salinas Indianer in Nuhe zu halten und die Arancanos bis in ihre heimathlichen Thäler der Cordillera hinaufzutreiben. Dieser Plan kam nie zur Ausführung, und der Posten, der 346 Die Insel Choelechel. den Namen Isla de Rosas erhielt, nmrde wieder aufgehoben. Rosas war, trotzdem er die Indianer geschlagen nnd zurückgetrieben hatte, doch sehr beliebt nnter ihnen, und als er gestürzt wurde, suchte ein Verwandter von ihm, Don Pedro Rosas, mit seiner Artillerie und seinem Bataillon Zuflucht in den Salinas. Orkeke nnd mehrere Freunde von mir erkundigten sich oft nach Rosas; sie sagten, ,,er sei ein guter Mann gewesen" u. s. w. Die nächste Expedition den Muß hinanf wurde nur ein Jahr vor meiner Ankunft am Rio Negro unternommen, wo das Dampfschiff „Choelechel", von einem Landhcer uuter dem Commaudante Mnrga begleitet, bis zur Insel hinauffuhr. Man fand die Insel von Indianern besetzt, und wie man sagte, hielt sich unter ihnen ein Europäer auf und übte die Häuptlingsgewalt ans. Er wollte zwar mit dem argentinischen Befehlshaber Nichts zn thun haben, und es fand daher kein Verkehr statt, aber es ist höchst wahrscheinlich, daß dieser Mann der berühmte Franzose Aurelie I. war, der eine in Rio Negro gelandete und nach der Insel hinaufgeschaffte Lieferung Waffen erhalten haben sollte. Die Expedition hielt es nicht für angemessen, die Indianer zu beunruhigen; sie kehrte daher zurück und hatte als Ergebniß ihrer Reise nicht viel auszuweisen. Man hatte die Absicht, eine andere Expedition abzusenden, aber ich habe bis jetzt von meinen Freunden in Patagones, mit denen ich in Briefwechsel stehe, noch nicht gehört, ob etwas daraus geworden ist; sie wird wahrscheinlich bis auf „manaim" verschobeu. Die große Insel Choelechel, die ich, da ich sie nie besucht habe, nur nach der Beschreibung kenue, scheint nicht blos vom militärischen Gesichtspunkte aus eine wichtige Station, sondern auch zum Landbau vortrefflich geeignet zu seiu; ihrer Besitznahme zu diesem Zwecke stehen jedoch einige Gründe entgegen; der erste ist die unzweifelhafte Feiudfeligkeit der Indianer gegen jedes Unternehmen, das dahin zielt, das Land in Besitz zn nehmen, das sie als das ihrige betrachten, der zweite, die Entfernung der Infel von Carmen oder Patagones, als dem Orte, von welchen: aus, gesetzt die ersten Schwierigkeiten wären überwunden, sich Geräthe hinaufschaffeu und Producte einführen ließen. Eine Eisenbahn oder ein Nmnmschiencnweg würde allerdings das gauze Thal des Flusses hinab mit geringen Kosten herzustellen sein, oder es würden auch Dampfbarkassen von gehöriger Kraft, die zum Holzbrennen eingerichtet sind, ein ausreichendes Verkehrsmittel abgeben. Der gegenwärtige Negierungs- La Guardia Chica. 3<7 dampfer „Choetechel" geht zu tief im Wasser nub hat zu geringe Dampfkraft, als daß er auf dem Flusse sich brauchen ließe und zur Entwickelung des Landes wesentlich beitrüge. Der Capitano Major Namirez wachte, ehe das Schiff nach dem Rio Negro gebracht wurde, die Regierung anf dicfe Fehler anfmerksam, aber seine Ansicht nmrde verworfen. Fonel und ein Caciqne Namens Limaron, der Territorial-Rechte auf die Insel beansprucht, hatten den Plan, Choelechel und andere vorthcilhafte Stelleil anznbnum; sie wollten zn diesem Zwecke an die Arbeit gewohnte valdivische Ansiedler von jenseits der Cordillera einführen, und ihre Bedürfnisse nnd Geräthe von Carmen beziehen. Die gegenwärtige (Grenze der Ansiedelung im Thale nach jener Seite hin ist der vorgeschobene MiUliirposten 'Namens La K„avdia Chica, der etwa sieben Stunden oberhalb der zweiten Guardia und gegen fünfundzwanzig Etnnden von Carmen liegt. Der Posten besteht, glaube ich, noch nicht lauge nnd war vor zwei Jahren der Schauplatz eines Aufstandcs unter der Besatzung, der mir an nnserm Lagerfeuer in Las Manzanas von Ronque Pinto, welcher äugen-scheinlich, wenn nicht als Thäter, doch wenigstens als Zuschauer dabei gewesen war, genan geschildert wnrde. Die Truppen, die nach seiuer Aussage meistens Ansländer waren, empörten sich plötzlich, erschossen oder erstachen erst den commandirenden Officier nnd dann den Lientenant, der getödtet wnrde, während er dnrch Schwimmen über den Flnß zu entfliehen snchte. Die Meuterer uahmen und plünderten den Platz, wobei sie selbstverständlich sich mit dem Inhalte der Grogläden berauschtcu, und blieben einen oder zwei Tage im Besitz desselben; da kam ein Detachement unter der Anführnng eines Mannes Namens Vonifaccio, den die Negierung beauftragt hatte, mit den Indianern zu unterhandeln, hereingeritten und verhaftete die Rädelsführer, die dann nach kurzem Proceß erschosseu wurden. Ich erzähle die Sache so, wie sie mir erzählt wnrde, nnd kann nnr für die Wahrheit der Thatsache bürgen, daß bei einer Meuterei die Officicre gctödtct und die Menterei später dnrch Voni-faccio's Entschlossenheit nnd Muth unterdrückt wurde. So weit kommen häufig Holzhauer den Fluß herauf, um Nothweidenholz zn holen. Sie machen ihre Sache einfach. Sie reiten herauf nnd bringen sich Nexte, Seile und Lebensmittcl mit, und weuu sie auf dem Schauplätze ihrer Arbeit augelangt sind, über- 318 Die Estancia der Herren Kiucaid. lassen sie die Pferde sich selbst, und diese finden den Weg leicht wieder nach Hanse. Ans dem Holze, das sie mitnehmen, machen sich die Leute ein Floß und fahren ans demselben ohne Gefahr den Flnß hinab. Dies ist zwar eine saure Arbeit, aber für Lente, die mit der Axt nmzugehen wissen, ein einträgliches Geschäft. Vielleicht werden sie in irgend einer späteren Zeit ihre Thätigkeit weiter nach Westen ausdehnen, und Flöße von araucarischen Fichten, Aepfel- und anderen Bänmen werden ans den Wäldern der Cordillera herabschwimmen. Von der Guardia sshica oder kleinen Guardia aus erstreckt sich, noch immer auf der Nordseite, eine breite flache Ebene bis zu der im vorigen Kapitel beschriebenen Guardia. Hier liegen mehrere Landgüter, von welchen die meisten zmn Weizenban eingerichtet sind. Fast diests ganze Land hat Tenor Aguirre der Negiernng abgepachtet und läßt gegenwärtig durch eine große Anzahl Lente einen Kanal oder Graben herstellen, um eine weite Strecke Landes zu bewässern. Die zn jener Arbeit verwendeten Leute sind beinahe alle ans Santiago del Estero gebürtig, nnd ich brauche wohl nicht erst zn sagen, daß es ein höchst kostspieliges Unternehmen ist; hoffentlich wird Seüor Agnirre dnrch reiche Ernten seine Mühe belohnt finden nnd auf seine Kosten kommen. Einige Landgüter haben wallisische Ansiedler gepachtet, die so klug gewesen sind, das Thal des Nio Negro der unglückseligen Ansiedelung am Chnpat vorznziehen, und sich hierher geflüchtet haben. Ein wenig oberhalb der Guardia liegt die Estancia der Herren Kincaid, die wir erblickten, sobald wir im Gebiete der Civilisation anlangten. Ich hatte das Vergnügen, mich einige Tage auf diesem Landgute aufzuhalten. Es war dort schon ein tüchtiges Stück Land urbar gemacht, nnd auf der fetten Ebene konnte man Schafheerden weiden sehen. Die Lage der Estancia in einem sogenannten Nineon oder einer Ecke, nämlich anf einer beinahe rings von einer Krümmnng des Flusses umgebenen Halbinsel, bot große Vortheile, und da sie eine der bequemsten Stellen ist, um Vieh nach der Südseite hinüber-znschaffen, so war der Besitzer, der anf dem Flusse ein Boot hat, in der Lage, mit den Indianern, wenn sie ihre Nationen empfingen, ein einträgliches Geschüft zu machen, indem er ihnen ihre Thiere überfahren half. Der unter Herrn Kincaid stehende Inspector war ein schottischer Alte indianische Gräber. 319 Schäfer, dessen Hausfrau die Oberaufsicht über die Wirthschaft führte. Das Haus war ein dauerhaftes Gebäude, der Hauptsache uach von den Herren Kincaid ssebaut; die Balken waren Weidrn-stämmen entnommen, die man in dem Rincon gefüllt hatte. Bis zur Zeit meines Besuches hatten diese Herren mit ihrer Arbeit kein Glück gehabt; in keinem ihrer beiden vorhergehenden Geschäftsjahre war der Ertrag ihres Getreides so ausgefallen, daß man es auch nnr eine gute Mittelernte hätte nennen können. Dicht an der eben besprochenen Estancia gibt es eine Anzahl alter indianischer Gräber, wo man außer Schädeln und Gebeinen auch viele Pfeilspitzen von ,venerstein sindet. Einige derselben, die in meinen Besitz gekommen sind, habe ich den gelehrten Mitgliedern des anthropologischen Institnts vorgelegt, nnd diese haben gefnnden, daß sie die eigenthümliche indianische ,vorm darstellen. Außer Pfeilspitzen von Feuerstein kommen anch Mörserkeulen und Mörser vor, die aus einem porösen Steine verfertigt sind. Diese Gegenstände gehörten wahrscheinlich einem allen Indianergeschlcchte, das am Rio Negro wohnte, ehe die Spanier nnd die Pferde hinkamen, und die Mörserkeulen und Mörser wnrden wahrscheinlich benutzt, die Algar-roba-Bohne zu einein Brei zu zerstoßeu, der jenem ähnlich war, welchen gegenwärtig die unter Teneforo stehenden Pampa-Indianer bereiten; ja, Luiz Aguirre gab mir zn verstehen, daß die eben-genannten Pampas ursprünglich von einem Geschlechte stammten, das früher das Rio Ncgro-Thal bewohnt habe; auf solche Muth-maßnngen weiter einzugehen überlasse ich jedoch Ethnologen, die mehr verstehen als ich. In der Nähe dieser Gräber der Vorzeit machte ich wieder Bekanntschaft mit der alten vertrauten Vizcacha der Ebenen von Bnenos-Ayres, die, wie ich schon gesagt habe, in dem eigentlichen Patagonicn, das heißt südlich vom Rio Negro, nicht vorkommt. Außer dem Quirquincho sollten sich in der Umgebnng derselben noch zwei andere Armadill-Arten finden, aber ich war nicht so glücklich, eine dieser Arten anzutreffen, da sie in der jetzigen Jahreszeit ihren Winterschlaf hielten. Pumas sind in der Nähe einer der Schäfereien erlegt worden. Der Schäfer hörte einmal zwei anßerhalb des Corrals, und als er sie verfolgte, kletterten die Pnmas auf einen kleinen Baum. Der Schäfer war nur leicht gekleidet, aber er zog sein Hemd aus und befestigte es an einen neben den Baum gesteckten Stock. Der weiße Gegenstand, der ihnen etwas Unbekanntes war, 320 Die Estancia San Andrs. sehte die,,Löwen" so in Schrecken, daß sie ruhig auf dem Baume blieben, während er sein Gewehr holte und sie beide erschoß. Auch das Fell einer Agnarra, die auf dem Gehöfte erlegt worden war, wurde mir gezeigt, aber ich hatte nicht das Glück, eine lebendige zu sehen. Weil das Thier sehr selteu ist, so haben die Felle einen hohen Werth; in Carmen wird das Stück mit l> Pfuud Sterling oder 33 Thlr. 10 Sgr. bezahlt. Von der zweiten Guardia bringt ein kurzer Galopp an den Vortretenden Barrancas vorbei, in deren Nähe der Fluß wieder eine Krümmung macht, den Reisenden auf eine andere weite Ebene, die nach Norden hinauf in eine Abra anstaust, welche sich tief in die zurücktretende Barranea hineinzieht. Hier gibt es mehrere Landgüter. Eines derselben gehört den Herren Fräser und Grenfell; es wird die Estancia Sau Andr6 genannt und liegt sechs englische Meilen unterhalb der Guardia, ebeufalls (das heißt das Haus und die zum Weizeubau bestimmten Ländcreien) innerhalb eines Rincon oder einer Ecke, die durch eiuen, an jedem Ende bis in den Fluß gehenden, tüchtigen Weißdornen- oder Ehanalzauu abgetrennt ist. Während des Tages weiden die Schafe und Rinder außerhalb des Zaunes, des Nachts aber werden die letzteren und die Pferde ans Furcht vor Diebstahl jedesmal in den eingezäunten Raum gebracht. Diese Vorsicht, die Rinder einzuhegen, hatte Herrn Fräser kurze Zeit vor meinem Besuche vor einem beträchtlichen Verluste bewahrt; eine Horde plündernder Indianer ritt außerhalb des Zaunes hin, und da sie Nichts als Schafe fand, die unterwegs zu langsam, laufeu, als daß man sie mit Sicherheit stehlen könnte, so begab sie sich zn der nächsten Estancia und trieb dort die Rinder und Pferde fort; dem Hirten zogen sie die Kleider ails, fügten ihm jedoch am Leibe keinen Schaden zu. Als Herr Fräser davou Nachricht erhielt, brachte er einige Leute zusammeu und machte sich auf, um deu Dieben in größter Eile nachzusetzen. Eine hartnäckige Verfolgung dauert zwar lange, aber die Riuder wurden müde, und die Indianer, wahrscheinlich einige von Calficnra's Leuten, ließen sie im Stiche und kamen nur mit den Pferden davon. Ich verlebte mehrere Tage in der Gstancia San Andrö uud brachte die Zeit damit hin, daß ich erst die Zeitungen und dann alle Bücher las, die ich bekommen konnte; dann nnd wann schlenderte ich auch mit einer Flinte umher und schoß Nebhühner oder Tauben, Kie Leiden der Landwirthe. 324 wahrend meine Gesellschafter fleißig waren und, Jeder mit seinem Gespann Ochsen, entweder die Saat einackerten oder Backsteine zu dem bald vollendeten neuen Hause herabfuhren. Das Haus, das wir bcwohnteu, war von Adobe gebaut und wnrde etwas baufällig; das neue Hans dagegen war ein dauerhaftes Backsteingcbäude; die Backsteine dazu wurden vou dcu zukünftigen Bewohnern gebrannt und die Mauern vou einigeu italienischen Maurern anfgeführt. Dieses neue Haus lag am Ende des Nincon oder der Ecke, das heißt an der Stelle, wo die Spitze des Nincon den Fluß berührte. Vor dem Hause befand sich eine kleine Insel, die sich schnell aus ihrem ursprüuglicheu schilfbcdeckten Zustande in einen fruchtbaren Garten verwandelte, in welchem mail bereits eine gute Kartoffelernte gebaut hatte uud eben Obstbäume pflanzte. Das alte Haus sollte den: Capalaz oder Verwalter überlassen werden, der damals mit seinem Weibe einen Theil desselben bewohnte. Dieser Manu war ein Eingeborner, Namens Medado, uud ich habe seitdem gehört, daß er, als er die Indianer verfolgte, die iu der Nähe von Bahia San Blas in einige vereinzelt liegende Ansiedelungen eingefallen waren, ohne Begleitung über den Flnß ge-schwommeu sei nnd zwei Gefangene befreit habe, nnd daß er dafür zum Ofsicier bei der Nationalgarde gemacht worden sei. Seine Hauptbeschäftigung bestand darin, daß er uach deu Rindern und Pferden sah uud das Rennpferd znritl, auf welches Herr Fräser mit Recht stolz war. Während meines Aufenthaltes mußte ein vortrefflicher Renner von San Andre mit einem Pferde von Linares anf eine kurze Strecke in die Schranken treten und gewann mit leichter Mühe; die Einsätze betrugen einige achtzig Stück Rinder. In San Andrö bemerkte ich eine fehr schöne Art kleiner Falken, die mit unscreu Zwergfalkeu nahe verwandt zu sein schien, uud schoß ein Exemplar. Die Bewohner vou San Andro, wie jene in Barrancas haben zwei Jahre lang mit Unglück zu kämpfen gehabt. Im letzten Jahre hatten sie eine schone Ernte, aber sie zögerten leider lange Zeit mit dem Ausdrescheu, indem sie auf eine Dreschmaschine warteten, die aus England kommen sollte; als sie endlich ankam, ging sie nicht recht, und die Leute mußten schließlich ihre Zuflucht wieder zu der einheimischen Methode nehmen, das Getreide von Stuten anstreten zu lassen. Es trat schlechtes Wetter ein, und ein beträchtlicher Musters Unter dm Palagomeni. 21 3?I Die Indianer und die Colonisten. Theil des Getreides verdarb. Das sind die Leiden der Landwirthe von Nio Negro, besonders wenn sie mit der Zeit fortschreiten nnd Verbesserungen einfuhren wollen. Während meines Besuches wurden die gewöhnlichen täglichen Geschäfte fortgesetzt: man pflügte, zeichnete Vieh, brachte die Pferde herbei n. s. w.; aber wir fanden doch Zeit, die nächstgelegenc ^stancia zu besuchen, die einem in Buenos Ayres wohnenden vornehmen Schweizer gehörte und in seiner Ab-Wesenheit von einem, unter dem Namen Don Juan bekannten, Schweizer Landsmanne verwaltet wurde. Hier machte man eben, da die Schafe in der gegenwärtigen Zeit kaum die Kosten des Cchecrens einbrachten, einen Versuch, ^chöpsenschinlen zur Ausfuhr nach Bnenos Ayres zu räuchern; eine grosse Anzahl waren schon geräuchert worden nnd lagen zur Verschiffung bereit; der Erfolg des Versuches ist mir jedoch unbekannt, und dcr geistreiche Don Juan, der ihn ausgedacht, ist seitdem gestorben. Während meines Nnfenlhaltes in San Andw nud Nincon Barrancas sammelte ich viele Ansknufl über die Beziehungen der Indianer zn den Colonisten, deren Mittheilung für den Leser uiel-leicht nicht ohne Interesse sein dürflc. Die oben beschriebenen Ansiedelungen nnd Guardias liegen alle auf dein nördlichen Ufer des Flusses; die Südseite ist bis zu dieser Stelle fast gauz in den Händen der zahmen und anderer Indianer. Die am mcisleu ge fürchteten indianischen Horden sind die Arancanos unter dem Hänpt-ling Nouquc und die Pampas ^alfieurii/s, der sein Hauptquartier in den nahe bei Bahia Blanca gelegenen Salinas hat, während der Erstere von der Umgegend der Insel Ehoelechel bis zur Cordillera streift. Ich möchte fast glaubeu, daß Nouquc nur ein untergeordneter Häuptling ist und nntcr (U)coeque steht; doch weiß ich dies nicht gewiß, da der letztgenannte Häuptling während meines Besuches iu Las Manzanas sagte, Nouque sei mit seinen Leuten in den Aepfcl-nnd Fichtenhainen und bringe die Herbsternte ein; später jedoch begegnete ich einigen dieser Indianer in der Gnaroia, wo sie auf Non-que's Ration warteten, nnd erkannte Einen wieder, der in Las Manzanas unserer Nathsvcrsammlung und den darauf folgenden Festlichkeiten beigewohnt hatte. Der Negicrnngsbevollmächligle für die indianischen Angelegenheiten, Vouifaccio, zeigte mir ein Paar prachtvolle Steigbügel, die von Buenos Ayres Nouqnc als Geschenk gesandt wurden; die Politik der Behörden ging dahin, ihn nnd Cheoeqne von einen, Anschluß an Calficnrü. bei dem allgedrohten Calsicura's Einfall. 323 Angriff auf die Grenze abzuhalten. Der Grund zu der Kriegserklärung, den der letztgenannte Häuptling angab, war der Tod — er meinte wahrscheinlich die Einkerkerung — eines seiner Unter-caciquen; der wirkliche Grund war jedoch wahrscheinlich der, daß die argentinische Negierung wegen der Räubereien, die einige seiner ^ente begangen, sich geweigert hatte, ihm seine Nation Thiere wieder zu verwiUigcn. Der Aufstand iu Entre Nios, der in Folge von Urquiza's Tode ausbrach, ließ sich damals nicht uorhersehen, und man beabsichtigte, unter Senor Mitre's Befehl eine große Streitmacht abzusenden, um die ganze Grenze zu verstärken und, wenn nothig, Ealficura zu vernichten; dnrch die von Lopez Jordan herbeigeführten Unruheu wurde man jedoch genöthigt, alle verfüg-baren Trnppen sofort nach Entre Nios zn senden, nnd der beabsichtigte Plan, dir Grenze zu sichert», wurde verschoben. Calficurn, benutzte dies später, griff an verschiedenen Stellen die Grenze an, führte, außer zahlreichen Ninderheerden, Frauen und Kinder als Gefangene fort uud übersiel und verwüstete zum Schluß die in der Umgegend von Bahia Bianca liegenden nenen Ansiedelungen; seine Indianer drangen kühn bis in das Herz der Stadt ein nnd kehrten mit reicher Bellte zurück. Patagones wurde uicht angegriffen; dies mag zum Theil dcu Verabrcduugcu zu verdanken sein, die in Las Manzanas zu Stande kamen, sowie dem Umstände, daß die Tehnel-chcn sich nicht auschlicßeu wollteil, nud daß mau Nouque für sich gewonnen hatte. Der letztgenannte Häuptling spielte jedoch höchst wahrscheinlich mit zwei Karteu; währcud er mit der einen Hand Nationen lind Geschenke annahm, ließ er seine Leute an den Nanb-zügen theilnehmen und strich mit der andern Hand Vcutc eiu. Ein Grund, weshalb die Indianer keine großeu Einfälle in die Rio Negro-Ansiedelungen machen, ist einfach der, daß Ninder und Pferde kaum iu genügender Anzahl vorhanden sind, um einen Raubzug in großem Maßstabe zu lohueu. Kleine Horden finden sich zuweilen ein, wie in dem mitgetheilten Falle, als in der ,,China Muerte", der Estaucia von Herrn Fraser's stachbar, die Pferde mitgenommen wurden; dies sind jedoch mehr große Dicbstähle als feindliche Eiufällc — ja, bedeutende Eiufällc sind seit der Zeit ^'eu-ketrou's, der zum Zweck ciucs solcheu alle Indianer vereinigte uud bei demselben das ganze Thal verheerte, nicht wieder vorgekommen. Mau wird sich erinnern, daß mir Lenkctron's Einfall von Gravino, der an demselben theilgeuommeu hatte, in Inacanal's Toldos, in 21« 3 24 Die Angriffsweise der Indianer. der Nähe der Uebergangsstelle des Rio Limay, geschildert wurde. Die Ansiedler wollten natürlich gern meine Ansicht wissen, ob man die Sicherheit des Rio Negro mit Wahrscheinlichkeit annehmen könne; ich gab ihnen die Versicherung, daß nach dem, was ich wüßte, für einen Einfall in Nio Negro wenig Wahrscheinlichkeit vorhanden sei, daß aber Bahia Blanca dagegen sicher angegriffen werde, nnd ich warnte besonders einen unserer Landsleute, der eben auf dem Wege nach Bahia Vlanca war, vor der Gefahr, unter den jetzigen Verhältnissen sich anßerhalb der Stadt niederzulassen. Die Engländer glanben immer, sie können, weil sie gute Waffen, Büchsen nnd Revolver besitzen, einem Angriff von Seiten der Indianer Widerstand leisten; aber die ganze Kriegführnng der Letzteren besteht in Plötze lichen Ueberfällen. Sie sammeln heimlich ihre Truppen, warten während der Nacht in einer Entfernung, wo sie sicher sind, nnd finden sich, sobald der Morgen graut, ein; der Ansiedler, der, ohne allen Argwohn, eben nach dein Corral geht oder sich nach seiueu Pferden umschaut, bemerkt in der Ferne Etwas, das aussieht, als wären es ein Trupp Pferde, wie es üblich ist, vou einem oder zwei beritteneu Männern getrieben; sie kommen, ohne auf ein Hinderniß zu stoßen, näher, aber in einer Secunde zeigt sich anf jedem Pferde ein bewaffneter Reiter nnd läßt sein Kriegsgeschrei hören. Dann breiten sie sich aus, als ob sie das Wild umkreisten — auf diese Weise bieten sie den Büchsen ihrer Gegner keine Front dar — nnd kommen, die Lanze in der Hand, herangesprengt. Während Einige das Vieh in Sicherheit bringen, stecken Andere die Wohnnngen in Brand und führen die Fraueu wenu es solche gibt — als Gefangene fort. Die Männer todten fie in manchen Fällen, aber gewöhnlich nnr, wenn viel Widerstand geleistet wird. Obgleich ihr Hauptzweck bei dem Kriege ist, Vieh und Gefangene fortzuschaffen, so kämpfen die Indianer doch zn Zeiten ganz verzweifelt, ohue sich darum zu kümmern, ob ihr Gegner die Uebermacht hat, und zeigen vor dem Tode wenig oder keine Furcht. Die Ueberlebenden lassen ihre Verwundeten oder Gefallenen nie auf dem Schlachtfelde liegen. Die im Dienste der Regierung stehenden Indianer, die ungefähr fünfzig Lanzen zählen und hauptsächlich auf der Südfeite des Rio Negro wohnen, befehligt ein Mann Namens Linares, der, wie schon erwähnt wurde, in San Xaviel lebt; er bezieht den Gehalt und die Nationen eines Ofsieiers bei der Armee, welchen Ranges, weiß Ansicht des Rio Negro-Thales. 325 ich nicht, und auch seine ganze Mannschaft erhält regelmäßig Sold und Nationen. Man meint, seine Leute machten die Gendarmerie; aber wenn anch Linares und seine vier Brüder wahrscheinlich zuverlässig sind, so zweifle ich doch sehr, ob man darauf vertrauen konnte, daß, im Fall ein vereinigter Einfall stattfände, wie zum Beispiel jener war, den Lenketron orgauisirt hatte, die Unteroffiziere und Gemeinen ihrer Fahne tren bleiben würden. Durch ihren läugeren Aufenthalt in der Nähe uon Menschen mit schlechtem Charakter haben sie Alle einen Hang zum Skandal-machcu und Vramarbasiren bekommen, der nach meiner Erfahrung uuter den uuciuilisirteu Indianern sich in der Negel nicht so allgemein findet, und Leute, die sich auf der Südseite angesiedelt habeu, erleiden oft Verluste an Vieh, die jedenfalls diesen zweifelhaften Verbündeten und Beschützern zuzuschreiben sind. Zwischen San Andrö nnd Carmen tritt der sich schlangelnde Fluß zweimal an die Barranca heran nnd wieder von derselben zurück, und bildet dadnrch zwei aufeiuander folgende weite Ebenen von angeschwemmtem Lande, die zum Theil augesiedelt, zum Theil noch uatürliches Weideland sind; auf einer derselben war damals eine dnrch Wasserkraft getriebene Mühle im Bau begriffen; die vorhandenen Getreidemühlen waren schwerfällige, altmodische Ein-richtungeu, die durch Pferde getrieben wurden. Dann läuft die Barranca immer am Flusse hin, eine einzige Stelle ausgenommen, wo ein Landgut und ein zum Salzladen benutztes Werft sich befindet, und bildet bis Carmen cine dicht am Flußufer stehende Felsenklippe. Ueber dem Laudgnte und Werfte erhebt sich ein dem Anschein nach unbewohntes und mit einer einzigen Kanone armirtes altes Fort, uud uach Nordosten liegt in einer in der Ebene befindlichen Kerbe eine große Salina, aus der das Salz gewonnen wird. Wenn man in der unmittelbaren Nähe des eben erwähnten Fort staud, hatte man eine schölle Aussicht anf das unten liegende Thal. Genan vor uns, oder fast gerade nach Süden, lag jenseits des Flusses San Xaviel, thcilweise dnrch Bäume verdeckt; westlich davou nnd läugs dem Ufer bis zur Südseite der Stadt faudeu sich einzelne Landgüter. Im Flnsse zeigten sich mehrere erfreulich uud reizend ausseheude angebaute Inseln, deren bemcrkenswertheste Don Benito Crespo's Weinberg bildete. Jenseits der Stadt, nach Süd-osteu, schweiften dic Augen über ununterbrochene Ebenen hin, anf 336 Der Handel von Pntagones. welchen man hier und da gefleckte Punkte entdeckte, die Schäfereien oder kleine Landgüter bezeichneten. Von der Südseite habe ich bis jetzt nnr wenig erwähnt; in der Nähe der Stadt gibt es viele kleine Estancias; aber die Ansiedelung hat dort, wie man nnr sagt, ihre großen Schwierigkeiten, weil man keine sicheren EigenthnmZrechte erlangen kann nnd daher, im Fall man ein Stück Land erwirbt, anch der Besitz nicht sicher ist. Ein bcdentcndes Etablissement darf nicht übersehen werden, nämlich der ungefähr eine Stnnde unterhalb der Stadt Carmen gelegene Saladero Senor Ngnirrc's, von wo eine beträchtliche Masse Hänte uud Talg nach England versendet wird. Während meines Anfenthaltes lag eine norddeutsche oder holländische Barke dem Orte gegenüber, die gerade eine Laduug aufnahm. Anßer den eben genannten Waaren werden von Carmen noch Salz, Weizen, nnd von den Indianern bezogene Straußfedern und Pelz-wcrk, sowie einige wenige Ponchos und Satteldecken versendet, während die Einfnhr-Artikrl sich imter die Rnbrik Diverses oder Allerlei stellen lassen, von nachgemachten Ponchos nnd wohlfeilem Putz au bis zu Paraguay-Thee lind schlechtem Branntwein. Wenn auch meinen Angcn, die so lange an banmlose Wüsten, felsige, Vorsprüngen ähnliche Gebirge nnd wilde, grasbewachsene Thäler gewöhnt waren, das Thal des Nio Negro fast wie ein Garten Eden vorkam, so würde es doch Jedem, der eben erst ans England kommt, nicht denselben Anblick bieten. Das Thal, durch das der Fluß sich schlangelt, ist ohne alle Bäume, den Saum hoher Weiden ausgenommen, der sich am Wasser hinzieht nnd (vielleicht Sance Blanco abgerechnet) nirgends weiter als ein Paar Hnndcrt Meter über das Ufer hinausgeht. Die Ebenen, die sich an beiden Ufern bis znm Chcmal nnd den mit (Gestrüpp bestandenen Wüsten erstrecken, waren, wenigstens in der Winterszeit, an vielen Stellen von Schafen nnd Rindern so vollständig abgefressen, daß sie von einer Vegetation nur noch den allerniedrigsten Grad zeigten. So wcilig jedoch das kahl aussehende Land dem Anschein nach versprechen mag, der Boden ist doch so frnchtbar, daß man ein Jahr nach dem andern eine Ernte Weizen nach der andern auf demselben Grundstück bauen kann. Die Kartoffeln erreichen eine bedentcnde Größe nnd sind von vortrefflicher Beschaffenheit, aber sie werden hauptsächlich auf den Inseln des Flusses gebaut. Die Regierung hat kürzlich den Befehl erlassen, daß alle Inseln unveräußerlich dem Staate gchöreu und alle jetzigen Inhaber ver- Der Nili Ncgw-Wem. 327 pflichtet sind, einen kleinen Pacht an die Behörden zn bezahlen; dies scheint auf eine künftige Besitznahme der Insel Choelechel hinzudeuten. Außer den Kartoffeln wachsen alle übrigen europäischen Gemüse und Obstbänmc gut; der Tabak scheint zn gedeihen, und die Neben versprechen im Nio Negro-Wein einen Haupt-Ausfuhr-Artikel zu liefern. Auf einer der Inseln, die Don Benito Crespo in Besitz und an einige Spanier alls der Umgegend von Cadiz auf Actien verpachtet hat, sind eine bedeutende Anzahl Weinstöckc angepflanzt worden und werden jährlich große Massen Trauben gekeltert. Der Wein, der „Chacoli" genannt wird, hat den Geschmack des Muskateller uud die Blume des Moselweins; es ist ein leichter, reiner Wein, der, da er au sich durchaus nicht stark oder berauscheud, bei warmer Witterung ein vortreffliches Getränk ist. Die Ausfuhr würde er meines Erachtcus nicht vertragen, aber Don Benito hat Hoffnung, daß seine Nndalusier bald im Stande sein werden, eine bessere Qualität zn erzielen. Außer dem Weine kostete ich am Tische dieses gastfreundschaftlichen Herrn etwas Cognac, der aus derselben Traube bereitet worden war; er war felbstverständlich farblos, von gutem Geschmack, aber eine Anzahl Grade stärker, als er eigentlich sein sollte. Der Waidmann findet hier immer Unterhaltung; er kaun Eliten, Rebhühner, Gänse und anderes wilde Geflügel schießen, oder sich auf's Pferd setzen und in den Abras oder Seitenthälern, die wie mit Gras gefüllte Buchten zwischen den gcstrüppbedecktcn Vorgebirgen der Barranca sich weit hinaufziehen, Strauße oder Hirsche jagen. Im Flusse lassen sich Fische fangen, hauptsächlich, wie ich glaube, der köstliche Pcjcrcu') oder große Stint nnd jene barschähnlichcn Fische, die, wie schon gesagt wurde, in den Flüssen Patagoniens vorkommen. Will man Guanacos haben, so muß mau die in der Nahe von San Blas liegenden Pampas besuchen, aber im Thale uud iu den durch Stamvasser des Flusses gebildeten Laguucu gibt es eine große Mcnge schwarzhalsiger Schwäne, Hochlaudgäuse, rothköpsigcr Enten, Pfeif- uud Kricckentcn, Flamingos uud rosenfarbener Löffelreiher. Gs wird wohl einleuchten, daß, weun ein thätiger und uuter-nehmcuder junger Mann, der darauf vorbereitet ist, fich eiu wenig allzustrengen uud etwas baares Geld besitzt, Land kaufen und Ackerball trcibeu will, sich viel dafür und dagegen sagen läßt, ob er seine Heimath am Nio Negro gründen soll. Das Land taun man hier zu l) Atherinichthys argentinensis. Cunningham, p. 54, 328 Rath für Auswanderer. billig ein Preise bekommen, und es urbar zu machen erfordert wenig Anstrengung. Geräthc lassen sich entweder in einem Segelschiffe, oder mit dem Dampfer, der jeden Monat fahren soll, aber etwas ungewiß geht, von Buenos AyreZ beziehen. Das Klima ist angenehm nnd gesund, nnd eine einzige gute Ernte würde die auf eiue maßige Einrichtung verwendeten Auslagen fast wieder einbringen. Was die Schattenseiten betrifft, so richtet der Fluß zu Zeiten Uebcrschwemmnngen an, zn anderen feiten herrscht Dürre, und wenn Ulan nicht zn künstlicher Bewässerung seine Zuflucht uimmt, so wird Nichts aus der Ernte; anßerdem ersparen dann und wann eine Million Henschrecken dem Landwirthe die Mühe, sein Getreide einzuernten; die Rinder, deren die Leute meisteus genug halten, um so viel Milch und fleisch zu liefern, als zum einheimischen Bedarf nöthig ist, werden vielleicht von den Indianern gestohlen, und endlich verliert der Ansiedler möglicherweise sein Leben durch die Hand irgeud eines Verbrechers. Aber mit Schnelligkeit ein Vermögen zu sammeln, dafür bietet keine Colonie Gewißheit. Die meisten englischen Ansiedler begehen den großen Fehler, daß sie sich mit den: Gedanken an einen Ort hinausbegebcn, in einem oder zwei Jahren einen Haufen Geld zusammeuzurafseu und dann nach Europa zurückzukehren. Nach meiner Meinung sollte der Ansiedler mit der Absicht gehen, den Ort, den er gewühlt hat, zu seiner Heimath zu machen; hat er dann Glück, so kann er zurückkehren, aber er sollte dies nicht erwarten. Die Basken werden in den argentinischen Provinzen als die besten Einwanderer betrachtet, weil sie gewöhnlich im Lande bleiben. Die Italiener dagegen plagen sich einige Jahre und hungern und darben dabei, bis sie eine kleine Summe Geldes zusammengebracht haben, von der sie in Italien gemächlich leben können, während man die Engländer und alle Anderen als Leute betrachtet, die man wo möglich rupfen mnß. Schafzncht darf man, glaube ich, am Mio Negro, wie an anderen Orten in den argentinischen Provinzen, nicht treiben. Seiwr Aguirre sagte mir, er habe mit der Schafzucht eine große Summe Geld verloren, und viele meiner Laudsleutc vom Nio de la Plata könuen von sich dasselbe sagen. Zwei stämmige Schotten inachen gegenwärtig in der Nähe von Earmen den Versuch damit, und da, als sie ansingen, die Schafe wohlfeil waren, so kann er ihnen vielleicht gelingen. Ich möchte wissen, ob längs der sich am Ufer hinziehenden Verhandlung mit Oberst Murga. 329 Flächen nicht Lärchenbäume oder Araucaria-Fichten gedeihen würden; vielleicht ist das Klima für die letzteren zu trocken, aber wenn Jemand die Mittel besitzt und Neigung hat, seinen Wohnsitz eine Neihe von Jahren am Rio Negro aufzuschlagen, so ist es fast der Mühe werth, den Versuch zu machen. Ich für meinen Theil würde, wenn ich ein Ansiedler wäre, mich auf den Wein- und vielleicht auf Tabatsban beschränken und dabei selbstverständlich den zum einheimischen Bedarf nothwendigen Niehstand halten. Man mnß wohlverstchen, daß ich für den Rio Negro durchaus nicht eiugenommen bin, uud ihu nicht als Ort empfehle, uach welchem Leute, die auszuwandern gesonnen sind, ihre Gedanken richten sollen. Er besitzt ohne Zweifel große von der Natnr gebotene Vor^ theile, die von den meisten Colonisten bis jetzt noch nicht hinlänglich ausgebeutet werden. Ihre Estancias, mit Ausuahme jener meiner schottischen nnd englischen Freunde, sind ill der Negel kleine, erbärmlich aussehende Hänschen, während um den schlecht gehaltenen Corral herum überall Dünger liegt, und den Ackerbau bchandclu sie so gleichgültig, wie das vernachlässigte Aeußere der Häuser vermuthen läßt. Aber bei alledem gibt es in Carmen und in dessen Umgegend keinen wirklich armen Mann —^ ausgenommen wenn Einer in Folge seiner Faulheit oder Trunksucht arm geworden ist — nnd Arbeiter sind sehr gesucht und bekommen hohe Löhne, während das Leben wohlfeil ist; dies bildet, wie seit meiner Rückkehr die Erfahrung mir gelehrt hat zu dem Zustande, in welchem unsere Beoölkernng daheim sich befindet, einen peinlichen Contrast. Als ich oben auf dem Hause meines Wirthes in der Ferne Indianer von der Travesia herabkommen sah, gab ich meine Betrachtungen über den Nio Negro als Feld für Auswanderer auf, verließ Rincon Barrancas nnd eilte nach der Stadt znrück, nm sie dem Versprechen gemäß zn empfangen. Man wird sich erinnern, daß ich bei meiner Ankunft als Chasqui Seiwr Murga meine Depeschen überreichte, in welcheu Casimiro die Vorkehrungen darlegte, die er zum Schutze von Patagoues getroffeu hatte. Auch eiu Verzeichniß der Häuptlinge, welchen Nationen oder Geschenke an Rindern, Pferden u. s. w. gebührten, war beigefügt, nud ebenso ein Gesuch, daß mit den zurücktehrcudeu Voten sofort huudert Stuteu gesendet werden möchten. Nach einigen Tagen schickte Seüor Murga nach mir; er steht, wie ich hier bemerken will, in dem Rufe, daß er die Indianer gcnan kennt und w der Art, wie er sie behandelt, große Gewandt- (l30 Die den Häuptlingen bewilligten Gehalte. heit zeigt. KZ war spaßhaft den ganz natürlichen Argwohn zu beobachten, der in dem Commandautc in Betreff meiner Stcllnng nnter den Indianern entstand, nnd die Verlegenheit zu sehen, in die er deshalb kam, und als ich anf seine Frage, welchen Rang und Ein-flnß ich nntcr ihnen hätte, und warnm ich mich für sie intercssirte, zur Antwort gab, daß ich blos ihr Gast und Freund fei, fchien ihm dieselbe durchans nicht gcuügcud, um die Sache zu erklären. Er ging jedoch anf die fragliche Angelegenheit der Hänpilinge und ihre Gcfuche ein, nnd gab mir die Versicherung, die Häuptlinge, von denen man finden werde, daß sie zn Rationen berechtigt seien, würden alle sie richtig erhalten; aber Stuten zu senden, verweigerte er ein für allemal; er sagte, wenn Casimiro ankomme, werde er Alles, was ihm gebühre, empfangen. Da der Groß ssaeique seineu jährlichcu Gehalt, der 200 Kühe, 100 Stuten, l>00 Schafe und eine Quantität Kleider und Merba betrug, mehrere Jahre nicht bezogeu hatte, so kann man sich wohl denken, daß er, wenn er ehrlich behandelt wnrde und klug war, bei seiuem Besuche zum Lohn für seine Mühe eiu ebenso reicher als mächtiger Cacique werden mußte. Bei seinem vorhergehenden Ve suche hatte er eiue Menge Rinder und Schafe zurückgelassen und einigen der zahmen Indianer übergebeu, damit sie zunehmen nnd sich vermehren sollten; als er aber bei seiner Aukuuft nach ihnen fragte, kamen leider nnr eine kleine Heerde Schafe zum Vorschciu; die übrigen waren, anstatt sich zn vermehren, von ihren Hütern verspielt worden. Die Freigebigkeit der Argentiner nnd die Größe der Gaben mag üb errasch eud erscheinen, nnd der uominelle Werth, wie er der Negierung für diefe jährlichen Gaben au die Indianer angerechnet wird, ist in der That sehr bedeutend. Ich sah selbst 1000 Stück Niuder auf ihrem Wege zu Nouque vorbeiziehen, nnd Cheoeque erwartete 1200 Stück. Die Rinder wurden durch Lieferanten vom Tandil herabgebracht. Das Geschäft dieser Lente mnß ebenso einträglich sein wie das der amerikanischen Armee-Lieferanten; denu die Iudianer lassen sich bisweilen, weuu sie uüchteru sind, und uoch öfter wenn sie beraufcht sind, bewegen, sich für eine reine Lappalie von ihrem eben erst erworbenen Besitz zu trenueu, die Niuder kehren in die Hände der Händler znrück und dicuen noch einmal als Nation vielleicht für denselben Cacique. Auf diese Weise haben die Indianer nur wenig Nutzen, während die Negiernng viel bezahlt und die Lieferanten und andere Agenten reich werden; die Indianer und Casimiro tritt wieder auf. HH1 die Ncglernng werden, wie es scheint, für Taubell gehalten, die man natürlich anf jede ungefährliche und gesetzlich erlaubte Weise rupfen muß. Die Antwort des Commandante war Casimiro, nebst etwas Branntwein und einigen Geschenken für meine Frennde, richtig zugegangen. An dem Morgen, der auf meine Rückkehr vom Lande folgte, wnrde ich früh durch Klopfen an die Thür geweckt, und als ich öffnete, fand ich fünf oder sechs Trhuelchen, die über den Fluß nach meinem Quartier gekommen waren. Nachdem ich ihnen einen Matö gereicht hatte, gingen wir Alle nach dem Knnfladen, nnd ich gab l^'inem oder Zweien einige kleine Geschenke. Nntcr diesen znerst gekommenen Leuten war mein Freund Zackechan, der Cacique vom Chupat; er sagte mir im Vertrauen, daft er die Nacht vorher sehr betruuken gewesen sei. Die Tchuelchen hatten jedoch schon, ehe sie die Ausiedelungen erreichten, Gelegenheit gefunden, sich dem verderblichen Genusse des „Lum" hinzugeben. Es stellte sich bald hcrans, das; sie in Valchita sich deshalb so lange aufgehalten, weil sie sich ans der Gnardia Branntwein verschafft nnd eine längere Sauferei veranstaltet hatten, ssasimiro war selbstverständlich mit seinem Beispiele vorangegangen, nnd das Trinken hatte, wir gewöhnlich, auch zu Streit geführt, der mit einem allgemeinen Kampfe endete; es waren Mehrere gefallen, darunter der so oft als mein gctrener Freund erwähnte ssaunke, nnd daß ich über »leinen herkulisch«: Kameraden, den gutmüthigen Wnki, nichts Genanes erfahren konnte, that mir sehr leid; er war ohne Zweifel zu derselben Zeit getödtct worden. Solche ganz gewöhnlich vorkommende Dinge wnrden von meinen Besnchern, die Alle Caciquillos wareu, weuig beachtet. ,M eutlicß sie gleich darauf hoch erfreut mit dem Versprechen, sie am Abend auf der Südseite zu besuchen. Aber meine Plage sollte erst recht beginnen. Den ganzen Tag über kamen Tehuelchen, und da sie nicht wnßten, was sie ansaugen sollten, so liefen sie mir überall, wo ich ging, Hintennach, was einigen meiner Bekannten viel Spaß machte. Am Abend fuhr ich nach der Südseite über und blieb die Nacht bei meinen alten Wirthen. Sie waren Alle voller Freuden, da sie ihre Nationen ohne Verzug erhalten sollten — die 3)erba, den Zucker nnd die geistigen Getränke ans Agnirre's Waarenlager lind die Rinder und Stnten von der vor Sauce Blanco liegenden Gnardia. Dem alten Orkekc, der nicht erwartet hatte, daß er Rationell be- 332 Die Tehuelchen in der Stadt. kommen werde, war, weil ich seine Ansprüche mit Nachdruck geltend machte, dasselbe bewilligt worden wie anderen kleineren Haupt-lingen, nnd er war in Folge dessen hoch erfreut. Dagegen waren sie sehr unzufrieden mit den äußerst niedrigen Preisen, zu welchen sie ihre federn nnd ihr Pelzwert nmgeseht hatten, und schimpften ganz unverhohlen ans die Händler als eine Spitzbnbenbande. Um die Indianer zn betrügen, hatte man ohne Scheu falsche Gewichte und andere beim Handel gebräuchliche Kniffe angewandt, nnd auch die Krämer rechneten die nothwendigen Bedürfnisse, welche die Indianer von ihnen entnahmen, übertrieben theuer an. Sie pflegen in den hinter den Waaremnagazinen befindlichen Höfen oder Corrals zu biuouakiren; dort machen sie Feuer an und lochen, wie in ihrem eigenen Lande, nnd bezahlen am Ende dafür ebensoviel, als wenn sie in einem H6tcl in West End logirten. Ich machte der Frau Orkeke eine große Frende, indem ich ihr einen schon lange versprochenen eisernen Topf und einen Shawl schenkte. Hinchel's Sohne gab ich ein Spiel Karten, das ich ihm ebenfalls versprochen hatte, und die Kinder beschenkte ich mit Rosinen, Süßigkeiten oder Brod. Iackechan's Weib und Tochter, die immer sehr gut gegen mich gewesen waren, nahm ich mit in den Kaufladen und lieh sie auswählen, was ihnen am besten gefiel; sie suchten Beide sich ohne Bedenken zwei Fläschchen Haaröl aus, nm ihr Haar zu parfümiren. Ich mnß beiläufig brmcrkcn, daß diese ganze Familie außerordentlich sehr auf äußere Reinlichkeit hielt, und ich versprach ihnen, wenn ich wieder nach Patagonien käme, in ihrem Toldo zu reisen; ich hatte damals wirklich den Gedanken, eine Neise über die Meeresküste nach dem Chuvat und vielleicht nach Santa Cruz zu machen. Iackechan's Sohn — der Knabe mit blondem Haar und heller Hautfarbe — erbot sich freiwillig, mit mir nach England zu gehen, und ich willigte ein, ihn mitzunehmen; als er aber hörte, daß es in dem Lande, in das wir gehen wollten, keine Strauße und Guanacos gebe, überlegte er sich die Sache besser. Auch von Quiutuhual's und Foyel's Leuten kamen Einige an, betrugen sich aber ganz anders als die Tehnclchen. Ihre Frauen nnd Kinder waren alle in Geylmn zurückgeblieben, und die Männer spazierten in sehr unabhängiger Weise umher; sie benahmen sich stolz und yornehm und ließen sich nicht herab, irgend Etwas zu be- Abschied der Tehuelchen. 333 wundern oder um Geschenke zu bitten. Als dev Bootsmann von einem derselben dafür, daß cr ihn über den Flnß gebracht hatte, sein Geld verlangte, wollte er schlechterdings nicht bezahlen und zog dann, um seine Weigerung mit Nachdruck durchzusetzen, den Revolver. Zuletzt und in einer Weise, wie es sich für einen so großen Mann geziemte, kam Casimiro, von Meüa begleitet, der als Sekretär fungirte. Sein Costüm hatte bei den Beschäftigungen, die er in jüngster Zeit gehabt, bedeutend gelitten, uud ein Hieb im Gesichte, den er bei einer Hanerei iu Cance Blanco von einem Manzanero erhalten hatte, machte sein Anssehen keineswegs besser. Er stieg im Hotel ab, bestellte die Querpfeifen nnd Trommeln der Vesatznng uud ließ sie, währeud er beim Frühstück saß, spieleil, hielt zwei Tage lang für Alle, die kamen, offene Tafel nnd beschloß den Tag in einem vorgerückten Zustande der Beranschnng. Am Ende dieser Echwelgerei wnrdc ihm eine Rechnung überreicht, die, wie ich glauben sollte, beinahe die Hälfte seiner Nationen betrug. Das machte ihn nüchtern, und er folgte meinem Rathe, verließ das Hütel, fnhr über den Miß und begab sich nach Sance Blanco, um nach seinen Nationen nnd Indianern zu sehen. Im Ganzen genommen betrugen die Indianer sich in der Ansiedelung sehr gnt. Ich sah selbstverständlich manchen Betrunkenen, aber es war nicht ganz so schlimm, als ich erwartet hatte. Einer wie Alle nahmen höchst herzlichen Abschied von mir lind baten mich dringend, so bald als möglich wieder, wie sie es nennen, nach der Pampa zu kommen. Iackechan war einer der Letzten, die Abschied nahmen. Er nnd noch einer oder zwei Andere hatten in Mr. Humphreys, der früher zur Chupat-Colome gehörte, aber sich jetzt in Patagones als Zimmermann niedergelassen hatte, einen alten Bekannten gefnnden. Wir kamen au einem Sonntag nach der Kirche Alle in Humphreys' Hause zusammen, und sprachen lange mit einander über die Ansiedelung Chnpat nnd über die Antwort auf meinen Brief, den Iackechan'Z Chasqui überbracht hatte. Die Behauptung, daß die Ansiedler keinerlei Lebensbedürfnisse besäßen, die in dem Briefe stand, und die Aussage des indianischen Boten, daß sie fast gar keine Klcidnng hätten, sind dnrch die Depeschen des Lieutenant Dennistouu, vou Ihrer Majestät Schiff ,,Cracker", die, währeud dieses Buch ge-schriebeu wurde, im Druck erschieuen sind, vollständig bestätigt worden. Mr. Humphreys schätzte sich nnd die wenigen Gefährten, die ihn nach dem Rio Negro begleiteten, glücklich, daß sie die Colouie 334 Das wallisische Utopien. damals verlassen hatten, und Alle waren einstimmig der Ansicht,' daß die Colonisten besser thun würden, wenn sie nach dem Rio Negro übersiedelten, wo diejenigen, die in Gewerben bewandert wären, ver-hältnißmäßig beqnem leben könnten und die bloßen Tagelöhner Arbeit uollanf fänden nick sich jedenfalls zu nähren im Staude wären. Ich kann nur meine Verwunderung darüber aussprechen, daß Mr. Lewis Iou^o der, obgleich ich nicht persönlich mit ihm bekannt bin, nach dem, was die Indianer mir von ihm gesagt haben, ein Mann von nicht gewöhnlichem Verstände sein mnß — sich bemüht, die Kolonie an einem Orte ausrecht zu erhalten, wo früher bereits Andere den Versuch gemacht nnd als hoffnungslos wieder aufgegeben haben, da die ^ittfernnilg des Hafens -- dreißig englische Meilen - schon allein ein sicheres Hinderniß für ihr Gedeihen ist. Der schwärmerische Plan zn einem wallisischen Utopien, den die nnglücklichen Auswanderer verfolgten, als sie sich ansiedelten, dürfte nicht unterstützt werden, da er wahrscheinlich mit dem Verhungern der Menschen enden wird, die ihm zum Opfer gefallen sind. Hatte die argenlinische Regierung nicht Menschenliebe gezeigt, so wäre dies schon jetzt ihr Schicksal gewesen. Iackechan sagte mir, er habe die Ansiedler ,,Gras essen" sehen nnd habe einigen derselben gelehrt, wie mail jagt, und sie mit Volas versorgt. Das soeben veröffentlichte blaue Buch bestätigt die Wahrheit dieser Aussage, und ich brauche deshalb wohl nichl weiter ans die Sache einzugehen; nur mnß ich noch hinzufügen, daß der genannle Häuptling, obgleich er damals freundschaftlich und gut gesinnt war, doch die Ansiedler als Eindringlinge in sein Gebiet betrachtete und offen gestand, daß er die Absicht habe, künftig einmal Bezahlung zn verlangen — nnd bei einer Pachtuerweigernng würde in einem solchen Falle sicherlich sehr knrzer Prozeß gemacht werden, man würde das Vieh forttreiben und überhaupt auspfänden. Der Rio Negro ist bei allen seinen Schattenseiten, welche die Indianer, Henschrecken, Ueberschwemmungen nnd dürren Jahre dort bilden, gewiß uoch uueudlich besser als der (lhupat, Weun die Walliser als besondere Gemeinde leben wollen, so bin ich überzeugt, daß Seüor Aguirre es nur zu gern sehen wird, wenn sie sich auf seinem Landstriche zwischen der oberen nnd zweiten Guardia ansiedeln, wo schon einige ihrer Landslente — die Herren Williams nnd Owen — Land übernommen haben. Nachdem die Indianer sich entfernt hatten, überließ ich mich Das gesellige Leben in Patagones. 335 in Patagones den Genüssen des geselligen Lebens, obgleich dieselben nicht genügten, inich lnil der Verzögerung auszusöhnen, die das Ausbleiben des Dampfschisses herbeiführte. Ich verbrachte meine Tage mit Umherspazicren, Billardspiel und MatÄrinteu, m>d an« Abend besnchte ich Don Donlingo's H'^tel, wo eine (Gesellschaft sich zn ucr-sannneln pflegte lind nm Znckcrwert „Truco" spielte. Zliwcilen sprachen wir zur Abwechselung bei irgend einer der schöne» Seiwri-tas vor oder verbrachten den Abend im Hanse des Herrn Davis, des Maschinisten der ,M)oclechcl", in Gesellschaft seiner liebenswürdigen Smora. Die jungen Damen behanplelen alle einstimmig, Patagoncs sei sehr „triste", besonders diejenigen, die in Buenos Ayres gewesen waren nnd das Vergnügen der Opel- nnd der Concerte auf der Plaza genossen hatten. Nn Sonntagen fand nach der Messe nnd del» in der Missionsstation gehaltenen Gottesdienste, del, alle Engländer besuchten, zu-weilen ein Wettrennen statt, oder wenn dieses unterblieb, so war sicher anf der Südseite ein Hchnentamps; beiden Vergnügungen wohnte Commandanle Mnrga jedesmal bei, Anch gab es ein Ball haus, wo man gewöhnlich einige Basten oder <5ingebornc bei dem Fünfe-Spiel faud. Ein- oder zweimal — jedoch nicht am Sonntag — begleitete ich Or. Humble im Kahne anf dein ^lnsse. Jeden Tag schauten wir uns sehnsüchtig nach dem Dampfer um, der so lange über die Zeit ausblieb, daß er aller Wahrscheinlichkeit nach Unglück gehabt haben mnstte. Der Verzögerung müde, hatle ich mich entschlossen in einem holländischen Schooner zn fahren, der mit Getreide beladen nach Buenos Aures ging, und hatte eben wegen meiner Fahrt nnterhandelt, als eines Abends das Dampfschisf ankam; es war in Bahia Bianca aufgehalten worden. Am Morgen sah ich mich durch die Größe des Dampfers angenehm überrascht; es war die frühere ,,Monlank" von Boston, war aber nmgclanft worden nnd hatte jetzt den Namen „Patagones", und gehorte den Herren Agnirrc nnd Mnrga. Was die Veancmlich-keit betrifft, so war das Schiff ziemlich gut eingerichtet, aber anf den Verdecken, in den Kajüten nnd überall sah es sehr schinnl.ug aus. Nach zweitägigem Aufenthalte hisUe es die Signals!agge znm Segeln auf. Ich contrahirtc mich znr Ucberfahrt und begab mich mit den Herren Fräser und Kincaid, die in Geschäften nach Buenos Ayrcs gingen, und Herrn Gibb, der sich auf der Rückreise nach Eu^ ropa befand, an Bord, wo wir eine beträchtliche Anzahl Passagiere 336 Gestrandet. versammelt fanden, unter ihnen den ausgezeichneten Villardmarqueur, der die Uhr annectirt hatte. Gegen vier Uhr Nachmittags lichteten wir die Anker, nahmen von Patagones Abschied und fuhren mit der Ebbe den Fluß hinab, in der Absicht, für die Nacht in der Voca zn ankern und über die lange Sandbankliuie, die eine gefährliche Barre bildet, mit der Morgenfluth zu fahren. Wir dampften ziemlich glatt dahin, bis wir gerade so weit waren, daß wir die in der Boca liegenden Schiffe gut sahen; da kündigte ein plötzlicher Stoß uns an, daß das Schiff auf einer Sandbank gestrandet sei; dort saß es steif und fest. Wir hielten es für kein großes Unglück, denn wir erwarteten beim Eintritt der hohen Flnth fortzukommen, und Einige von uns begaben sich au's Laud nnd picknickten auf den sich am Flusse hinziehenden Flächen. Gegen zehn Uhr kehrten wir zurück, und um Mitteruacht hörte ich einen der Essenhalter zerspringen und wachte darüber auf; ich ging auf das Verdeck und fand, daß der Bug hoch außerhalb des Wassers war, das Heck dagegen in tiefem Wasser stak und das Schiff in Folge dessen in der Mitte sich stark spannte. Einige Minuten darauf zerbrach das große Dampfrohr; der Dampf war jedoch glücklicherweise abgesperrt worden, sonst würden die Folgen für diejenigen, die sich im hintern Theile des Schiffes befanden, unheilvoll gewefcn sein. Die Damen wurden daun aus Furcht vor Zufällen all's Land gebracht, und wir Uebrigen hielten eine Berathung darüber, wie wir nach Buenos Ayres kommen wür-deu, und legten uns schließlich nieder, um die Sache zu beschlafen. Am folgenden Morgen kam die ,,Choelechel" herab und bug-sirte das Fahrzeug glücklich fort, und der holländische Capitän des Schooners kam an Bord und verstand sich dazu, mich und einige Andere nach Buenos Ayres mitzuuehmeu. Wir sprangen demnach in ein Boot, fuhren nach der Boca hinab und begaben uns auf den Schooner; wir hofften am nächsten Tage abzusegeln, sahen uns aber wieder getäuscht. Der Eapitän ging in die Stadt hinauf, um Proviant einzukaufen, und kam erst spät am folgenden Abend wieder. Mittlerweile wurde am Morgen der Rind conträr, und die Linie bran-sender weißer Brandungswellen anf der Barre zeigte, daß es unmöglich sei abzusegeln; wir mußten daher nothgedrungen warten und schauten auf die, ödeu Sanddünen hinaus, die den Eingang des Flusses auf beiden Seiten einengten. Einige von uns gingen an's Land, um die Lootsenstation zu Abschieb von Patagomen. 337 besuchen, und schwatzten mit dem Lootsm, einem tapfern alten Dentschen oder Holländer. Dieser alte Krieger und seine Lente hatten bei dem Ginfalle Lenketron's die Station mit Erfolg gegen ein starkes Corps Indianer vertheidigt. Der Feind wollte sich gern in den Besitz einer Haubitze setzen, die in der Station steht, nnd die Indianer stürmten wirklich bis zur Umfriedignng heran, wahrend die Leute, die Mündung fast an der Brust des Feindes, anf sie fenerten und sie endlich mit ungeheurem Verluste glücklich zurückschlugen. Die Bootsmaunschast bestand ans Leuten aller Nationen. Ich gerieth mit Einem in's Gespräch, znerst in spanischer, dann in englischer Sprache. Nachdem er mir seine Pfeife gereicht hatte, sah er mich scharf an und sagte: „Ich kenne Sie; ich bin Pat') Swcenu und auf der ,,Sheldrake" davongelaufen. Nou welchem Schiffe sind Sie entlaufen?" Ich hatte nicht die besten Kleider an und fah ohne Zweifel verwittert genng aus; aber ich erkannte meinen Freund wieder, obgleich er sich meiner nicht recht erinnern konnte; auch wnrdc er über die Identität meiner Person nicht aufgeklärt. Wir «erbrachten mehrere langweilige Tage mit Schnapstrinken nnd erfolglosen Versnchen, Fische zu saugen; dann erhob sich endlich eine günstige Brise, die uns schnell hinanütrieb, so daß wir die pata-gouischen Küsten bald aus den Augeu verloren, und nach einer stürmischen Fahrt von sechs Tagen wnrde auf der Höhe von Buenos Anres der Anker ausgeworfen. ') Illändel. Anm. d. Uebers. Älufttis, Unici den PMstcmie>'!«, 22 Erster Anhang. Kurzes Verzeichniß von Wörtern aus der Tsoneca Sprache, wie die nördlichen Tehuclchen sie sprechen.') Deutsch. Ich oder mein Du ober dein sein oder ihr dieser ober er wer hier dort wo oder wohin wann was wie wir viel oder v! oben unten sogleich morgen gestern übermorgen schnell A h o n i c a n t a oder Tsoneca. ya ma ti win hem nanik /mawoori ■nmiwook (mon kinik kenoesh ket kinkein kerur eok ipenk |wumka marso niish nush eounnush gemmo Ausrufe dcs Erstaunens des Zornes dei Verwünschung wati, wati, wati worrioo-wiilloo nourenk y se D<>n^sn(sehr durch b. Kehle gesprochen) komp^h Mann (Indianer) Mcum (Ehrist) Menschen vder Leute (Indianer) Fran (vcrhei°> rathete) Vater Mutter Wcib Soh» Bruder Schwester Kinder Freund oder Gefährte Kops Augen Nase Zunge Hippen Zähne Hände Beine Füße Toldo oder Haus Stangen zu demselben Häute zu demselben Riemen Mantel Kopfband zum Binden d. Haares Stiefeln Kleider Hut Bolas (mit drei Kugeln Bolaö (mit zwei ^ Kugeln) Sehum Lazo Messer Flinte Revolver Pulver Zündhütchen Lanze Topf (zum Kochen) Flasche Faß ahoniean hächish tchonik karken yank yanna ysher ykallum yten ystshen coquetra gennow kittiir ötl tchal tal chum oer tsicc'r noa skankence kou ho wummum cowan kai kotchi tsuecre kakewit kor gatschiko cbume katz laso paiken gilwum gilwinikush tchampum kun waike askem octre barr Deutsch. A H 0 nicanI a oder Tsoncca. (Pfriemen) Nadel oder Nagel Vmtcl Pfeife Tabak Sattel Haum Gebiß Steigbügel Sporen Bauchgurt Riemen, die man dm Pferden an die Beine legt, damit sie nicht fortlaufen Pciliche Giittel Sonne (oder anch ein Tag) Mond (oder auch ein Mouat) Sterne ein Jahr Feuer Nasser Schnee Vind ^tegcn Nauch Wolim Nacht H°lz Hügel Ort Land oder Gegend Fluß Straße Poncho Fleisch Steine Felsen Gras i Weide j Fleischbrühe oder auch Thee Pferd Rind Schaf großer Husch Guanaco Strauß (oder KK«a) Puma hüllen hüll taniwee Jconganou golk tusk hum kankion keshon wateren genig kaligi wakenera \v;tti gengenko showan aaskren tsor yaik ldy gel hoshen tewa päan päwall queyomen kaki yorri haik yerroen koona nooma lecho yipper kätch air |kor joet ädsleish (ewoe i |cawall choi campän shöen rou mikkeoush gol 340 Verzeichniß von Wörtern aus der Tsoneca-Spracho. Deutsch. Ahonicauta oder Tsoncca, Fuchs Stunk oder Stintthier Armadill oder Gürtelthier Hase Geflügel Hirschkalb oder auch Füllen Felle Gold Eier Knochen Mart Fett ein Häuptling Fllch Heirath oder Ehe wilde Kartoffeln Schlaf eine Feile Nathsversamm- lung Uebel oder Böses Schiff Gummi oder Harz, Karten paltn wickster iillO päähi peyou kooroo wummun winki ööm kotsh tcliam am gounok 6in coyenk appely shensk kikeriki aix hammersh youlel maki beraen Farben. Ichwarz weiß gelb griin roch blau braun oder roth» braun bunt oder scheckig chorlo golwin waieken arkum käöpcn kaliken soorsh hogel setze dich oder fetzen Sie sich nieder fange oder fangen Sie müde fein ich gehe ei geht er Hat gib oder geben Sie mir leihe oder leihen Sie mir pespcsb korigi ywotisk yschengs wausk hell moyout mon Deutsch. AHonicanka oder Tsoneca. schreibe oder schreiben Sie kaufe oder taufen Sie tausche oder tauschen Sie ich bin müde ich bin Hunqrig ich bin schläfrig todten kämpfen ingen ich liebe, Habe, sehe oder thue gern zu Pferde sitzen oder reiten Wettrennen einen Voten senden sprechen oder plaudern ich verstehe ich verstehe nicht komme oder tom« mm Sie mit jagen sprechen oder reden Etwas thun mache oder machen Sie arbeiten anzünden fiillen effen marschire oder marsch! zerbrlchen spielen iiäkren amili quewarien wotyskiya pashlik ya yshensk ymuck ywowesk yworrisli yshorske ya ) aracotts |oin kdttern wickeni coeto ayensh ya omkes ytonkes heroschengs aoukem kinscott miclieten radki tirsk kaime meshawr shehattu ween cliixrsk nayensh Zahlwörter. eins zwei drei vier fünf sechs sieben acht neun zchn elf zwölf dreizehn chuche houke iuis carge ktsin winikush ouk winicarge humanakoutsen kake clmche kor houke kor aas kor bis zwanzig wird kor beigefügt. Verzeichmß von Wörtern aus der Tsoncca-Sprache. 341 Deutsch. Ahonicanla odcr Tsoneca, zwanzig dreißig vierzig wommenikuki- kor aasenikaki cargekaki Deutsch, Ah 0 nicanta oder Tsoncca, fünfzig einhundert einlaufend ktsinkaki patack uuuranca Einige Stttze. Deutsch, Ahonicauta ober Tfonec». Ich daick Ihnen Leihen Sie mir die Pfeife Fangen Sie mein Pferd Htonimm Sie mit, Freund Werben Sie zur Jagd hinauskommen? (Wörtlich: Kommen Sie zur Jagd hinaus, sagen Sie mir.) Die Leme tämftscn cbm Wie vicl sind gefallen? Wohin gehen Sie? Kochen Sie elwas Fleisch; ich habe Hunger Ich verstehe Indianisch Ich habe Ihr Weib gen» oder Ihr Weib gefällt mir Was wünschen Sie? Es regnet hmtt viel Wir werden viel Menschen fehm Mr werden cim andere Gegend fchen Kommen Sie schmll hierher Was taufen Sie? Nouremi naki Mon aniwee — aniwee moyout Korigi ya liero«chengs gennow Heros aoukorashaw kinscott ya Ywowislik chonik Kinkeinkerum j'muck Kinek nis cliengs Herosh yipper wummi pashlik ya Omkcs Ahonicanka Ma yshorsks yslier Keterum karn? Chaiske nusli quo. tewa Wushkaeye sconk chonik Wushkaeyc kaiok yerroen Goramo hcout witka Ket, m amli. Zweiter Anhang. Die Körpergröße der Paragonier nach den Zeugnissen der aufeinander folgenden Neifenden. 1520. Pigafctta . . . . . . . Der Kleinste ist länger als die längsten Männer in Castilien. 15?tt. Drake........Nicht länger als manche Engländer. 1591. Knyvet........ Fünfzehn oder sechzehn Spannen hoch. I5Ntt. Van Noort.....Eingebornc von langer Statur. 1615, Schonten.......Zehn oder elf Fuß lange menschliche Gerippe. 16N>. Narborough......Mr. Wood war länger als sie alle. 175U. Falkner.......Ein Cacique war sieben Fuß unv einige Zoll hoch. 17<^4. Byron........Ein Häuptling war gegen sieben Fuß hoch und von den Anderen waren nur Wenige kürzer. 1766. Wallis........Maß einige der Wngstcn: Einer war tt Fuß? Zoll, Mehrere Fuß N Zoll, und oft einige Zoll über 6 Fuß hoch; Einer maß 6 Fuß 10 Zoll. Ende. Erläuterung zur Karte. Die „Karte von Pawgoniw" ist von dem englischen Original übergebrückt, und nur da, wo es sich ohnc all^u große Schwierigkeit und ohnc Beschädigung auö« führen ließ, sind anf derselben die englischen Äe^ichnungcn radirt nnd an dcrcu Stelle die deutschen angebracht worden. Die wenigen Wörter, bei welchen dies nicht geschehen ist, sind folgende: Dssert, ^ Wüste. Noä'8 Hill ^ Gotteshügel. 3:^!° Hafen. !<, ! - Insel. «i- -- ober. ?6niu8ula ---- Halbinsel. tl,. vor dem Namen ->- I^io, hinter dem Namen — liivsr, Fluß. ^ ^ ^ Bergkette oder Gebirge, warrior Inäiüng --- Kriegcr'Indiamr. ^«"«^2PmZ,w cc.5t«swb>« v^