Alxingers
Sämmtliche Gedichte.
Erster Theil.
Rlagenfurth und Laydach, bry Ignatz Edlen von Klein»
mayer k. k. I. Ö- Tubernialbnchdrnck. und Änchhändl.
Zueignttttgsschrift.
'i - . ' -
, der als Jüngling schon mit edlem
Selbstgefühl
Des Ruhmes steilste Höhn erklimmte.
Zur Himmelsharmonie sein goldnes Saittn--
spiel,
Sein Herz zur Menschenlieb' und wahrer Tu¬
gend stimmte;
Der nun als Mann die Wissenschaften pflegt
Und sie durch klug gewählte Lehrer
(Ihr
(Ihr Enkel danket ihm!) dem jugendliche»
Hörer
Tief in die zarte Seele prägt;
Du, denn dieß Eine Wort bezeichnet dich,
ein S wi e t e n
An Geisteskraft und Biedersinn,
Nimm hier den zweyten Lorber hin,
Den Deutsch lands Musen dir durch ihre
Priester biethen.
An
7
An mein Buch. *)
§)il gehst, mein Buch, jetzt in die weite Welt ,
Und wie kein Guardian ohu' Unterricht
Novizen in das Land, das sie nunmehr
Heuschrecken gleich besammeln müssen, schickt;
So nimm auch d» wie sie rin Sammler, doch
Won beßrer Art, die treuen Lehren mit«
Die dir dein Herr zum Rcisepsennig giebt.
Dein äußerliches Anschn sey nur nett,
Nicht prächtig; denn was hüls' es dir, gest'- ckickl
Won Chodowieckis Meisterhand zu sehn,
Wenn du hierdurch deS Daseyns erste» Zweck,
Der Armen Dortheil, selbst vernichtetest >
A 4 Denn
(*- AIS eine Vorrede zur ersten Auflage, die zum
Worlheile deS WicncrischenZhrmeninstilutes gemacht
wurde.
8
Denn wisse: mit Harpyien - Axpetit
kaurt itzt auf jedem Heerwcg, ost vermummt,
Lst gar enthüllten Angesichts, ja noch
(Psuy Fürsten!) noch mit einem Edler von
Sezieret, noch durch Privilegien
Dazu berechtiget, ein DiebSgeschmciß;
Rachdrucker heissen sie; die packen dir
Die Bücher an, und der Autoren Hirn
Hängt bald, verwandelt in Damast und Gold,
An ihrer Zimmer stolzen Wänden da.
Auch hoffe nicht, das dich dein Titelblatt,
So zeigt, für wen du säst, mehr schützen wird,
Als es der Maurer Taschenbuch (') geschützt-
Sieh, wie ein nahmenloser Schurke, Gott
Verdamm' ihn! daS vom Mund der Armen weg-
Gehaschte Brod in seinen Schubsack steckt.
Noch Einmal denn! sey prächtig nicht, nur nett,
Ge- (*)
(*) Taschenbuch für Brüder Freymaurer auf das Jahr
herauSgegeben zum Dortheile der Armen
und — nachgedruckt!
9
Gefalle weniger durch Außcnglanz,
Als inner« Werth, so wie die Schönen Wiens
Gefallen — sollten; und damit du nicht
Ein armer Handwerksbursch dich dünken dürsst,
Der unbekannt sich in die Fremde wagt;
So geb' ich dir an manches gute Haus
Nach Kaufmannsart Empfehlungsschreiben mit,
Und zeichne selber deinen Marsch dir vor.
Auf Josephs Platze thücmet sich ein Vau,(*)
Das große Viereck schließend, in die Luft,
Won außen prachtvoll, aber schöner noch
Don innen, mit der Weisheit jedes Volks
Und jedes Alters köstlich kapezirl.
Dort wohnt der edle Swieten, (*") freue dich
Des großen Rahmens, doch noch mehr des MannS
Und tritt vor ihn, mein Buch, und rede so:
A 5 Zu
(*) Die kaiserliche Bibliothek.
t**) Präses der StudiencommWon und Eommendcur
des Stephansordsns, vormals Gesandter in
Berlin.
»o
Zu dir, den einst TheresenS hoher Wink
Zum Bvthrn an des grösnen Fürsten Hof
Aus allen ihren Treuen darum kohr,
Weil du, wie er, mit jeder Kunst vertraut,
Wie er, der tönereichen Harmonie
Und Clios edler Schwestern Liebling bist;
Zu dir, der nun des großen Vaters Werk
Hinausfiihrt und der Wissenschaften Reich
Sogar im kalten, büchcrschenen Wien
Befestiget, erweitert und beschützt;
Zn dir, der auch des Auslands Weisheit kennt,
Sie gegen unsre Weisheit wog und sah,
Wie schnell, wie lief die deutsche Schale sank,
Doch nicht nur sah, auch mit Entschlossenheit
Tor aller Welt behauptet, was er sah;
Zu dir, o Swieten, sendet mich mein Herr.
Gefall' ich dir, o dann (er schwur es nur,
Und Hoffnung fffrbte seine Wangen hoch,)
Dann darf ich edclstv'z und sicher seyn ,
Michl dieses nur auch manches Fvlgejahr
Z»
ri
Zu überleben, wenn er selbst schon längst
Im kühlen Grab Key seinen Latern ruht.
So sprich, dich neigend vor dem Liederfreund.
Cr aber wird dich freundlich Key der Hand
Ergreifen und in jenen großen Saal
Geleiten, wo dein Herr so gern verweilt,
Und Leine bessern Brüder zahllos stehn.
Hier fandst du manchen Freund, mir welchem du
Ein trauliches Gespräch beginnen kannst,
Nur meide mir der Theologen Schaar
Und eile schnellen Fußes dort borbey.
Die meisten, kolossalischer Gestalt
Und voller frommen Gall', erführen sie,
Wie bitter du den Aberglauben höhnst,
Sie stürzeken mir Pfaffeningrimm schnell
Auf dich herunter und zerquetschten dich.
Doch wenn du vor die alten Weisen kömmst;
Die Schwane Griechenlands und LatiumS;
Dann fall' anbeihend aus dein Angesicht
Und stammle deinen Dank empor, denn nur
Durch
12
Durch Reitze, die du ihnen abgeborgt,
Durch die gefällst du, wenn du ja gefällst.
Don hier aus sehe weiter deinen Weg
Dis mitten in die Herrengasse fort
Und kehre dort bey meinem Spielmann (') ein,
Dem Trefflichen, der jede Wissenschaft
Und jeden, der in Einer Schritte that,
Mit Bruderliebe liebt und dessen Wohl,
So wie sein eignes, in dem Herzen tragt.
Von Spielmanns Hause zeuch, doch ehe nicht,
Als bis du seine Gaktinn, deren Herz
Schön mit dem seinigen zusammenklingt,
In meinem Nahmen ehrfurchtsvoll gegrüßt,
Zum lauten mcnschenvollen Avhlmarkc hin
Eehchey Milani,, (**) den die Nation ,
Die einst dem Erdcnball Gesetze gab,
Ge-
Geheimer-Hof und Staacsofficial, Hofrakh und
Ritter des Stephansordens.
i") Ein sehr besuchtes Kaffehaus.
rZ
Sich s» geberdek , wie ihr Harlekin,
Worüber; sieb! dann winkt zur Rechten dir
Ein großer Platz und Line Säule drauf,
Die Frömmigkeit geschmacklos ausgethürmt.
Der gegen über pranget ein Pallast
Mit hundert Fenstern, neuerlich erbaut
Won PhöbuS Hand; es gicng dein armen Golt
Auch hier, wie bey dem Bau LaomedouS. (')
Durch
C) PhöbuS ward von Lavmedon zum Mauernbaue
gedungen, aber nicht bezahlt. Obid singt von
dieser kläglichen Geschichte, die für die Sohne
Apolls von so übler Vorbedeutung ist:
r^ranno
^Tcliticat moros pselo pro moenibne suro :
Stsbsc oxnr, precium rex inücistur.
Da die Buchhändler behaupten, Laß man statt
suro, sere lesen müsse, so klingt die Übersetzung
bcyläufig so:
für ein schmales
Honorarium düng der Tyrann Apollen
und zwackt ihm
Davon noch ab.
!4
Durch diese Burg nun must du, liebes Buch;
Doch hüll' in deinen ledernen Caput,
Den Härtels (*) Hand verfertiget, dich ein:
Sonst juckt eS einen diebischen Factor,
Wenn er dein weisses Schreibpapier erblickt,
Um einen ringern Preis auf h'b'schpapier
Dich nachzudrucken, bloß zum Wohl-deS Staats,
DeS Publicums und der Gelehrsamkeit. ("')
Drum, wie gesagt, verhülle dich nur wohl
Und flüchte dann schnell unter GeblerS ("") Dach.
Gastsreyheit wirst du finden hier und Schutz;
Denn er ist hold den Musen, sie sindS ihm.
Melxomene gab ihm den blutgen Dolch,
Thalia jene Geißel in die Hand,
Wo-
(*) DeS Buchbinders.
(") Zu Folge der letzten kais. Verordnung darf nur
ausländischen Verlegern nachgedruckt werden. A»
dem Fremde» magst du wuchern, sagt die ewige
Weisheit selbst. Mose Z B. 2z C. 20 V.
VicekanzlerS, geheimen Zlalhes und C-mrpeNH
deurs des Stexhausor-enS.
»5
Womit der lose Satyr, der ihr dient,
Bewaffnet ist; von beyden Musen nahm
Und nützt' er da« Geschenk mit deutschem Muth,
So sehr das Borurthcil ihn angcbellt:
Grrad' als ob cS irgend einen Mann»
(Und glänzt' auch eine Kron' auf seinem Haupt,)
Erniedern könnte, seiner Zeiten Bild
Dem Cnkelvolk zu schildern, dec Natur
Den Spiegel vorzuhalten, Fehler zu
Bestrafen, welche kein Gesetz erreicht,
Sprach' und Gcschmackverbesserer zu seyn.
Don Geblern eile nach dem Platze, dem
Der Stock am Eisen seinen Nahmen lieh,
Und wandle durch die Kärnthnerstraße fort.
Fast in der Mitte, wo sich königlich
Die Mehlgrub' über andre Häuser hebt,
Fleug du die weite Treppe froh hinauf.
Hier wohnet Greiner; vieler Edlen Herz
Sah und, (das ist mein Stolz) gewann ich mir.
Doch solch ein stäkeS Trachten wohlzuthun,
Solch
l6
Solch eine Viedcrrreu, solch einen Sinn
Für Freundschaft, Wissenschaften und Geschmack,
Solch eine Gleichmurh bcy der Feinde Neid,
(Erröthe Menschheit, daß er Feinde hat!)
Solch eine Mäßigung bey Fürstengunst,
Die ec für andre, nie für sich genützt,
So viele Tugenden in Einem Mann
Versammelt, sah ich selten, darum geht
Mein Herz auch bcy dem Nahmen Greiner auf.
Und seine Gattin», ganz des Mannes werth,
Den sie vor vielen Freycrn sich gewählt,
Die wirst du nicht beschäftiget mit Putz,
Als nur mit Putz des Geistes, wirst sie nicht
Am Ombretische finden, ihren Witz
Bey einem kitzligen Laar prsaüre schnöd'
Ermüdend; aber gehst du ins Gemach
Wo ihre Kinder sind, da triffst du sie,
Die gute Mutter guter Kinder, an«
Sag' ihr, du kämst mit Wünschen für ihr Wohl
Beladen und mit meinem wärmsten Dank,
Tür
r?
Für ihre Huld, bevor sie mrch gekannt,
Für ihre Freundschaft, nun da sie mich kenn:.
Sag' ihr, wenn du mit ihrem Brhfalt nicht,
Der schwer wiegt, schwer, wie eines Mannes l!oh,
Zurückekömmst, so zürne dir dein Herr.
Dann wende dich zu ihren Kindern, auch
In diesen wachsen Freunde dir heran;
Fleh .Lavieren, daß er eingedenk
Des edlen Mannes « welcher ihn erzeugt,
Und eingedenk der edlen Mutter seh,
Die ihn (verzeiht ihrs, Damen !) selbst gesaugt.
Fleh Carolinen dieser Mutter gleich,
Die Sorgen für das HauS mit Wißbegier
Zu paaren und mit Großmuth Sparsamkeit.
Eilt auch mein Haschka grüßend auf dich zu,
So drück' ihm saust die Hand, doch mache nicht
Der Worte viel, wir beyde kennen uns;
Wir lieben uns, wer liebet sich wie wir?
So siummberedsam scy, triffst du ihn hier,
Auch gegen meinen Stoll, ihn, dessen Herz,
B Wie
IF
Wie hoch gepriesen gleich sein Nähme wird,
Die Wett nicht kennt, viel weniger verdient.
Doch siehe zu, mir selbst geschiehtS hier oft,
Daß du dich nicht verplauderst, denn du mußt
Nun nach der Wollzeil; drum brich auf und flcug
Leym Vischofhof, so schnell du kannst, vorbcy;
Doch nicht nur Furcht beflügle deinen Schritt,
Auch Hoffnung, denn du kömmst zu meinem Born.
In wenig Menschen triffst du so vereint
Mit Herzensgute hohe Weisheit an.
Drum zoll' ihm auch den herrlichsten Tribut
Don Ehrfurcht, Liebe, Dankbarkeit, und küss',
Obgleich du eine träge Fürstenhand
Zurückestießest, dieses Edlen Hand,
Sie, deren «nzige Beschäftigung
Nur Wohlthun, Wohlkhun, nichts als Wohlthnn ist.
In diesem Hause such' auch Heydingery,
Den Freund der Musen und den meinen aus,
Denn ob sein Blick gleich in den tiefsten Schacht
Der formenden Natur gefolgt, vergaß
Er überm Muhren doch des Schönen nicht.
Noch
L9
Noch Ein Gang ubrigt dic mein trautes Buch,
Wohin, tritt naher, raun' ich dir ins Ohr»
Wenn man die Lhüre dir nicht offnen will,
So gieb dies; Zeichen, rufe — l —
Und weise deine Maurerlieder ans,
Denn diese sind das beste Creditiv,
Zwar bloß als Armenanwalt würdest du
Im Heilgen Tempel der Wohlthätigkeit
Gewiß nicht fremd, nicht unwillkommen sehn.
Erinnre, die du hier versammelt sichst,
(Zwar üben sie, was Bruderliebe, Pflicht
Und Duldung heischt» auch unerinnerc aus,)
Cs dürfen wohl her Areunde Meinungen,
Doch ihre Herzen -niemals uneins seyn.
Mein Buch, ermüdet'es nicht dich und mich,
Ich könnte wohl genug Lidreffe» noch
Dir geben, denn an Freunden bin ich reich.
Drum fürcht' auch nicht auf deinem Weiten Weg
Hohneckerey» doch scheue desto mehr
Den Vorwitz , diese LieblingSthorhcit Wiens,
Antworte sehen Fragen ohne Zahl ,
K r Wo-
so
Womit man anfangs dich beschießen wird,
Entweder gar nicht, oder ernst und kur;.
So wenn du rasch bey manchem Prunkpallast
Des Adels und der Reichen deines Volks
Vorüber gehst, und jemand staunt und fragt:
Warum vorüber? dem gieb zum Bescheid;
Du wärest keine hübsche Gurglerinn
Italiens, kein Jagdganl Engellands,
Warst nur ein Buch, und gar ein deutsches Buch,
Drum scheutest du der Großen knotigen
Thorstehrr mehr, als PlutoS Cerberus.
Deßgleichen , wenn ein Naseweiser fragt,
Warum du Fürstenlob nicht singst ; dem sag'
Und sag' es ihm im Ton der Bitterkeit,
Der Hostings Schmcicheleyen übertäubt:
XVer nicht die Musen liebt und ehrt, dem sey
Auch ihre Leyer lautlos wie ein Fisch.
Wirfst du mit ähnlichen Sentenzen nur
Ein paarmal ritterlich um dich, so wird
Der Fragrrhaufen sich zurücke ziehn.
Das
rr
Das Buch an den Leser.
^ch kehrte nach vollbrachter Pilgerschaft
Zu meinem Herrn, der mich gesandt, zurück;
Doch nicht so, wie ich auszvg, demuthsvoll,
Gebückt, bescheiden, sondern wild und stolz.
Hoch trug ich meinen Kamm, und als ich hin
Zu seinem Pulke, meiner Vaterstadt,
Gekommen, wo er mich voll Ungeduld
Erwartet, nickt' ich vornehm mit dem Kopf.
Er lächelte sarcastisch: „ nun, was girblS?.
Du bist gelobt, gekauft, und darum schwellt
Dein thörichk Herz ein toller Hochmuth auf?
Was lobt, was kauft man nicht? nur sachte Herr,
Erwiedert' ich, selbst Wieland pries mich, ja,
Erlöst Wieland, und noch mancher Biedermann.
Und wenn auch, Wieland strenge gegen sich,
Ist gegen andre gar zu nachsichtsvoll»
Bz Zu
LL
Zumal wenn Freundschaft ihre goldne Bind'
Um dieses Kenners Helles Auge flicht;
Du aber nähmest, o du eitles Ding!
Für Schuldigkeit, was guter Wille war.
Denn, wenfl man dich gelobet, so geschah
Es bloß auf Abschlag, und man lobte das,
Was du noch werden kannst, nicht was du bist.
Da sieh hinein, hier schlug er Uzen mir
lind Ramlern auf, so mußt du werden, so,
Däfern Lu Lob mit Rechte fodern willst.
Nicht daß ich dir so großer Mllnner Geist
Einhauchen konnte, denn wer könnte das?
Doch dis Correction kann, werd' ich dir
Don ihnen borgen, denn Correclion
Ist wohl die billigste der Fodrungcn,
Die je ein Leser an den Autor that.
Nicht immer breitet die Begeisterung
Den hohen Fittich über unser Haupt;
Nicht immer hat die Phantasie rin Bild,
Hat Witz und Laun' Einfalle zu Gcbvth;
Die Feile nur, die Göttinn Crilica
Der
Der allzu raschen Muse warnend beut,
Versaget ihre guten Dienst' uns nie.
Und sie besitzet die geheime Kraft
Zum Besten eines mittelmäßgen kiedS ,
Worüber sie, fest aufgedrückct, fuhr,
Selbst Kenner zu bestechen; wer nicht feilt
Und doch auf Enkelbehfall hoffen darf,
Der muß glicht weniger , als Shakespeare., sey».
Und ha! wie stehts, was diesen Punct betrifft,..
Wie stehts mit dir? Sehr schlecht, das glauhe mir-,
Du gleichest einem Mädchen > dessen, Slftn-
Mit Sommerflecken übersäet ist-
Wie manche Redensart entschlüpfte dir,
Worüber unsre Heldcosprach' erzürnt, 7»
Den Finger hebt und dräut ? wie mancher Vers,
Den überlaut die Harmonie verdammt?
Wie manches Bild, wobey die Grazien
So sauer sehen, als cs Grazien
Nur immer können? und der Reim, der Reim!
Wir sehr verräch, er deine Vaterstadt' ,
V4 Drum
-4^
Drum mache diese Fehler Meder gut -
Und da du Ärgerniß gegeben hast,
So sey, den öffentlichen Sündern gleich,
Erst in Geheim, dann vor dem Volk gestraft.
Er sprachs, ergriff mit strenger Hand den Kiek
Und strich und strich, strich unbarmherzig durch«
Nachdem er nun drei) Sonnenjahre lantz
Mich bitter büßen ließ, so schickt er mich ,
Gebessert, wie er meinet, mid verstärkt
NüN wieder in die Welt ; doch fühlt er wSht
Den Spruch des Lieblings aller Grazien
Und Musen (*), daß ein armer Sterblicher,
Trotz seinen eifrigsten Bestrebungen»
Es gut zu machen, dennoch allemal
Die Machsicht seiner Brüder yörhig hat.
Oden
(') Siehe die Vorrede zum Oberon in Wielands
auserlesenen Gedichten.
-Oden und Lieder.
BZ
Ä!k
27
An mer» Saltenspiel.
Ilie von mir entweihtes'Saitenspiel,
Das ich um Gold und Ehren nicht vertauschte 7
Du weckest- und veredelst mein Gefühl,
Wenn ich bey dir in Holger Stille lausche.
Ein andrer prang' im stolzen Marmorsaal,
Für ihn crseufzc Tokays theure Kelter,
Ihm sende Frankreich Mädchen ohne Zahl,
Rennpferde Iorkshire und Castilla Zelter.
ei
Ich aber zieh, wenn kunens-milder Schein
Die Erde deckt, und Philomele klaget ,
Mit dir, mein Saitenspiel, zum Eichenhain,
An dem die Fluc des grünen Istcrs naget,
Da
Da singest du die keusche Zärtlichkeit,
Die sanftes Roth auf Mädchenwangen strömet,
Des Jünglings Herz zu edlen Freuden weiht,
Md niedrer Thierbegierdcn Geyer zähmet:
Die Sympathie, von deren Zauderband
Zwey Seelen plötzlich sich umschlungen spüren,
Bcym ersten Blick, beym ersten Druck der Hand
In mehr, als Einem Puncte sich berühren.
Doch wird durch dich Tyrannen nicht gesröhnt,
Kein böser Glaubenszweifel aufgekitzelt,
Und wenn gleich Scherz von deinen Saiten tönt,
Kein guter Mann, auch wenn er irrc, bewitzelt.
Drum strömest du mir, Freudengeberinn,
Durchs Leben osr unschuldiges Entzücken;
Und wirst noch, wenn ich längst verweset bin,
Den stillen Hügel meiner Ruhe schmücken.
Das
Sy
Das Glnck,
koiluna nulli xlus quam cousiiiam vsler.
^ist du, o Glück, in schimmernden Pallästrn
Zu Hause? führst du auf dem Bali
Den Reigen? schenkest du bcy theurcn Festen
Den Capwein in Krystall?
Ruhst du , ermüdet von Cupidos lüsten,
In holder Phrynrn weichem Schoost?
Wie ? oder gar vielleicht in Harpaxkistcn,
Lerspcrrt mit inanchem Schloß?
Zwar sucht der Mensch dich dort und findet Plagen,
Statt deiner, findet Überdruß
Und Ekel; darf ich, Gvttinn, darf ich sagen,
Wo man dich suchen muß?
Ac
Zv
Ihr Sterblichen wohl nicht in solchen Freuden,
Die nichts sind als ein Selbstbetrug,
Dem Cckel nachhinkt, wisset , Noch nicht leiden
Ist schon zum Glück genug.
So eilt der Landman» seinem nieder» Dache
Und braunem Weib am Abend zu ;
Mit ihr rlzeilt er sein Brod, trinkt aus dem Bachs
Und pflegt der Lieb' und Ruh.
Doch mühte , was mit athemlosem Munde
Der Übermuth vom Gtüek begehrt,
Ihn, werde», o so wär in einer Stunde
DaS Füllhorn ganz geleert.
Drum macht nicht mehr Fortunen auszuplündern
Den eitlen, lächerlichen Plan;
Sucht lieber Scheinbebürfniffe zu mindern,
Sucht der Mtur zu nahm.
ZWt
gr
Reißt euch rntschlvßnen Mitthes aus Len Klauen
DeS Vvrurthcils und, nicht mehr blind
Für innern Werth, sucht Gaben anzubauen,
Die in euch selber sind.
Besonders ihr, Lurch Abel-Macht und Schatze
Emporgehobne, gebet mehr
Der warnenden Vernunft, als dem Geschwatze
Der großen Welt Gehör;
Spart von demGold,das ihr dem Prunk,denSpieles,
Dem Kitzel jeder Art geweiht,
Das Zehntheil nur euch ab und lernet fühlen
Des Wohlthuns Seligkeit.
Anstatt nach eitler Puppen Herz zu angeln
Durch gcckenmaßze Schmeicheleyn,
LerntFrcundschaft; nie wirds dem anFreuuden mangeln,
Der weiß, ein Freund zu sehn :
ML
82
Und habt ihr viel der Muße, sehr, es winket
Euch freundlich manche Wissenschaft
Und biethet ihren Wonnekelch; o trinket
Euch in die Seele Kraft!
Forscht, sind zu diesem eures Geistes Federn
Genug gespannt, ans Newtons Spur
Und Bergmanns Weg nach den geheimen Rädern
Der heiligen Natur.
Seht, doch von niedrer Goldgier nicht gekvrnet,
Wie sie des eine» Wesens Grab
Zu andrer Wesen Wiege macht und lernet
Ihr dieß Geheimniß ab-
Doch habt ihr eine weich geschaffne Seele,
Die rasch ist, kraftvoll, leicht empört,
Und lieber eine Nachtigallenkehle
Als Roms Castraten hörig
Ä
O so ersticket ja das heilge Feuer
Des Genius, erstickt es nicht!
Weiht euch Apvllen, greifet »ach der Leycr
Mit glühendem Gesicht.
Doch ist euch Scharfsinn, ist zu Trockenheiten
Euch eiserne Geduld verstehn,
So geht und wagt, wie Schmidt, von Ahnenzeiten
Sen Vorhang wegzuziehn.
Denn dieser, dessen Geist in ernsten Stunden
Der Einsamkeit sich selbst genügt,
Nur dieser hat deS Glückes Quell gesunden,
Ser ewig nicht versiegt-
34
Die Verlaßne.
Endlich chin ich ihm entgangen,
Diesem Schwarm, der mich umgab.
Legt nun, heuchlerische Wangen,
Lin erjwungneü Lächeln ab.
Heiterkeit und Ruhe lügen
Macht die Welt zur Mädchenpflicht.
Denn wir dürfen wohl betrügen,
Rur betrogen werden nicht.
Dennoch ward ichs; Himmel richte
Diesen Mann, der mich berückt,
Und doch schon die Erstlingsfrüchle
Don der Liebe Baum gepflückt!
Weh
ZA
Weh mir! was ist Männerliebe?
Nichr der Seele Hochgefühl-
Grober Kitzel, thiersche Triebe,
Sinnenweide, Fibernspiel,
Wollt ihr sie von langer Dauer,
S» beruhiget sie nie;
Gegenliebe macht sie lauer,
Sicherheit ersticket sie.
Eine herrische Colette,
Die sich nur anbechen läßt.
Hält an ihrer Cjsenkette
Zwanzig MÄ'nnerhcrzen fest.
Alle dienen ihren Lannen;
Zeder zittert, jeder flieh;,
Wenn auf ihren Augenbraunen
Unmukh sich zusammen zieht
C r Aber
36
Aber wenn sie ;e gerühret?
Redlich Lieb' Um Liebe giedt;
Dann wird sie lyrannisirek
Und erniedrigt und betrübt.
Drum, ihr Mädchen, lernt die Tücke
Kriechender Lerritthcr sicheun;
Gebet jedem sühe Blicke;
Aber liebt nur euch allein.
Eltttk-
37
An den Freyherrn von Gebler.
Edler hör'! es jauchzet, (denn schon lange
Harrte sie darauf,) die Kaiserstadt,
Daß man heut zu einem höher» Range,
Ihn zu schmücken, dich bcrufeu^har.
Diele Titel zahlst du jetzo, viele;
Doch du kennst die Muse ja, sie spricht
Richt in ekler Kanzelleyen Style,
Weiß und schätzet eure Titel nicht.
Doch mit dem, d-.r alles, was erhaben
lind was Geblers würdig ist, vereint,
Den die Welt und er dir lange gaben,
Grüßt er heut dich: Heil dir Menfchettfrennd.
C z Lin-
(') Bey seiner Beförderung zum Vicekanzler, geheimen
Rath und Cvmmcndeur des Stephansordens.
SL
Lina auf -er Redoute.
Groß, voll von Tänzern ist der San?
Und auch an Schönen reich;
Doch sagt ihr Kenner, sagt einmal
Zst eine Linen gleich?
Ist, wer ihr in die Augen sieht,
Nicht ein verlorner Mann?
An diesen Augen steckt Cupid
Sich seine Fackel an.
Sieh, wie der schwarze Domino
Den Schneehals noch erhöht:
Süß lächelt sie und mildert so
Des Hutes Majestät.
Spielt
Spielt bald die lose Echäckerimr«
39
Hält alle Masken an
Und flattert her und flattert hin,
Daß ich kaum folgen kann;
Bald neben mir in süsse Ruh
Versunken, sitzet sie;
Horcht die Musik, und schlägt dazu
Den Tact auf meinem Knie;
Bald fährt sie auf und beut die Hand
Zum Reihenranz mir dar:
Wie rauscht der Eilenden Gewand,
Wie fleugt ihr blondes Haar!
Man drängt sich, wo sie tanzt, hervor,
Schließt einen Kreis um sie,
Und lispelt sich entzückt ins Ohr:
O seht nur, die ists, die!
C q Doch
40
Doch führet nun der Rrihentanz
Zu mir sie wieder her;
Da streut ihr Auge in sanfter« Glanz,
Die Wange glüht noch »zehr;
Sie weilet, drücket mir die Hand
Und nicket noch zurück:
Ich stehe da, nach ihr gewandt,
Und fühle nur mein Glück;
Kraft und Bcwuf-tseyn schwinden hin ,
Am Boden starrt mein Fuß;
So, daß die nächste Tänzerin»
Mich zu sich reißen muß.
Dek
4-
Der Abbe.
§)ein Sohn tritt auf im Stutzerklride,
Du siehst ihn, lächelt Mutterfreude,
O Kirche, nicht aus deinem Blick?
Wie siegreich schwebt die lange Locke
Ihm auf dem glatten Atlaßrocke
Tief unters heilige Genick!
Und sein Toppeh (ha! deutschen Händen
Eelangs , das Wunder zu vollenden,)
Beschämet selbst Pariserwitz:
Denn seht.ihr nicht? ein jüngrer Bruder
Des Cypripor, bedeckt mit Puder,
Hat hierin seinen Lieblingssitz.
C Z Doch
4-
Doch fleugt der Gott auch, will er sreyrr
Aussehen, abwärts, macht den Schleyer
Der Täfelchen zu seinem Thron.
Der war einst Denn« Trauerschleyrr,
Aey des Äneas Leichenftyer,
Leyin Letušem sstr de» Adon.
Das Mäntelchen durchmallt die Lüfte,
C« streut umher Labendeldüfte;
Auch stecket jede Zauberkraft,
Die Acidalien umschwebet,
Dem Wundergürtel eingewebet,.
In seinem Florentiner Tast.
Wie prangt sein Chiffrcring mit Hagren,
Die kurz vorher so lockig waren,
Man schnitt sie seinetwegen ab;
Wir
4Z
Wie wallet ihm in gleichen Faden
Die runden, hoffnungsvollen Waden
Neapels lustger Strumpf hinab.
Schon seh ich ihn , trotz allen Spottes
Altmodischer, im Dienste Gottes
Ms Pfarrer oder Dechant glühn,
Sein Licht vor allen Mädchen leuchten,
Und junge Weiber, ihm zu beichten,
Proceffionenweise zieh«:
Ich seh, wie innigst er sie rühret,
Belehret, stärket, absolviret,
Und zwar, in guamuin inciigsm.
Ihr, die ihr die Gesalbten schmähet
Und nicht der Salbung Kraft verstehet,
Freygeister, sagt, ob ihr. es könnt.
Der
ir-4
Der Unglückliche an seinen Hund
viikuziunr cLlüs
Eum ksecs üccacis smici,
kerre juznm paricsr cloloü. //on.
^)ier, wo vor kurzem erst ein Schwarm
Erkaufter Sklaven mich umschwebte,
Wo meinem Winke jeder Arm
Geschäftig vorzukommen strebte;
Wo Tokays Neckar aus Krystall
Dem Tafelsrcund entgegen glanzte,
Der mich dafür bey Schmaus und Ball
Mit früh verwelkten Rosen kränzte;
Hie?
4I
Hier sitz' ich Armer, den Verdruß
Und lange Weil' und Mangel quälen;
Nun rauscht des TanzeS leichter Fuß
Nicht mehr in diesen öden Sälen,
Denn wehe mir! urplötzlich flog
Das Glück non der ihr werthen Stätte,
Und alle meine Trauten zog
Es mit an seiner goldncn Kette.
Sie sehen flarr mir ins Gesicht,
So starr, als ob sie mich nicht kennten.
Nur du - mein Hund, berechnest nicht
Den Werth der Freundschaft nach Procente».
Du wartest noch allein mir auf,
Du wedelst dankbar mit dem Schweife,
Beucst mir dein Köpfchen, daß ich drauf
Dir mit gefallgen Händen greift.
Der
Der Menschen böser Undank trübt
Mir jeden meiner Lebenslage;
Du bists allein noch, der mich liebt,
Und dem ich meine Leiden klage.
So laß mich denn von dir allein
Begleiter, durch das Leben eilen;
Laß mich, und sslls das letzte seyn,
Mei» Brod mit dir, du Liebling, thcilem
41
Empfindungen
auf einem Anstande.
^)icr, wo der Boden sich mit gelben,
Dem Baum entsunkncn Blättern deckt,
Nackt über mir sich Äsie wölben,
Lieg' ich im Rasen hingestrcckt-
An einer alten Eiche lehnet
Mein ungeladenes Gewehr;
Wer sich nach sanften Freuden sehnet,
Wer zärtlich liebet, mordet der?
O Golt! wie wenn, statt schneller Rehe,
Sich meine Lina nähert'; ich
Sie dort an jenem Busche sähe,
Die Arme breiten gegen mich;
Hm-
Hinflöge, Küsse mit ihr tauschte,
Fern von der Etiquckte Zwang,
So laut, so häufig, daß es rauschte
Durch dieser Bäume Säulengang;
Ihr Milchbrod bölh' aus meiner Tasche;
Selbst äße, wo's ihr Zahn verletzt,
Und tränk' aus dieser Iägerflasche,
Die erst ihr süßer Mund benetzt.
Unglücklicher, wo;u die Traume l
Ach meilenweit entfernt ist sie,
Und in dem Säulcngang der Baume
Mr Schweigen und Melancholie,
4'-
Der Fächer,
Aer Fächer, de» die Mode
Len Mädchenhandel, gab,
Der mehr gi!r, als ein Zepter
Und ein Commendostab ,
Ist ei» Lasali der Schönheit ,
Den sie mit Undank lohnt ,
Und leider oft so wenig,
Als Männrrherzen, schont.
Doch sonder ihn wie stund' es
Um unsre schöne Welt,
Worin er Recht und Ordnnng
Es lange schon erhält?
D Zwax
5o
Zwar wähnt dcr rohe Pöbel,
Ein Fä'chekamt besteh
Nur darin, daß er schirme,
Und darin, daß er weh:
Allein das Wehn und Schirmen
Ist eine Kleinigkeit
Erhabnerer Verrichtung
Hat Amor ihn geweiht.
So oft die lange Weile
Um große Zirkel schwebt,
Bevor als die Sxadille
Die Mohrenstirn erhebt;
Dreht ihn die Ryinxh', entfaltet
Und breitet ihn aufs Knie,
Mit so viel Ernst und Würde,
Eerad' als dach re sie.
Vev
5r
Bey süßer Herrchen Zoten
Verhüllt er ihr Gesicht;
Da kann sie nach Gefallen
Erröthen, oder nicht.
Durch ihn ergeht aufSchaare»
Verehrer ihr Gebokh;
Er billigt, straft, ermahnet ,
Bringt Leben oder Lod.
Und du, der Fächer König,
Du, den mein Mädchen trägt,
O Stern, nach dessen Leitung
Mein LiebSschiff sich bewegt
Ich steh voll Ehrfurcht , rausche
Mir niemals fürchterlich;
Sey stets ein Friedensbokhe ,
Lob' und ermuntre mich.
D - Sih
52
Sitz' ich Key meiner Lina
Und les' ihr Terse vor;
So hebe sie zum Zeichen
Des Beyfalls dich empor.
Und wann ihr meine Rechte
Um Hals und Wange spielt,
Ja gar in der Trompense (*)
Mit kühnen Fingern wühlt;
Dann laß sie ja nicht zürnen,
Dann, Fächer / sage du
Mir durch gelinde Schlage
Ein tröstliches: Nur zu!
Für diese Liebesdienste
Soli Tenns hold dir seyu,
Soll eines ihrer Söhnchen
Zu deinem Schutze weihn,
Und
lH Eine Gattung Busenluches.
4
53
Und bey der Göttin» Mode,
Die unumschränkt regirk,
Bewirken, daß mein Mädchen
Noch lange Zeit dich führt.
Und einst, weil doch das Schicksal
Kein dauernd Glück gewährt,
Und streng' itzt einen Fächer,
Itzt einen Thron zerstört;
So werd' aus allen Tode»
Der lvünschenswerkhste dir,
Stirb unter Linas Händen
Und stirb, beweint von ihr.
D Z
An
Z4
Ätt den Unbestarrd»
Lunt yuoyue krsn5latö xaurlia tervitis.
AAohllhätigster der Gotter,
O weiser Unbestand!
Dich hat uns zum Eretter
Der gute Zeus gesandte
Denn wider Mädcheutücke -
Die ost den Edlen trifft,
Hast du zu unserm^Glücke
Doch noch rin Gegengift.
Gidbt Doris meinen Klagest
Und Versen-kein Gehör,
Cy! wer wird drum verzagen?
Der Mädchen giebls ja mehr.
Nur
55
Nur Muth und frisch gewahlet!
Rächst du mir väterlich;
Ein Narr ist, der sich quälet,
Der Weise tröstet sich.
Kaum rauschet wo der Flügel,
Den Zephyr dir gestehn,
So deckt sich jeder Hügel
Mit einem frischen Grün ,
lind manches Lied erklinget
Im frcyen, leichten Ton,
Wie Hagedorn uns singet,
Gleim und Anakreon,
Elegisches Gewinsel
Beleidigt dort kein Ohr,
Und kein xetrarchscher Pinsel
Heult sein Gefühl uns vor;
D 4 Dort
56
Dort liegt auf keinem Grabe
Ein Capuziner todt;
Roch weinen um Coinbabe
Sich NonnenaUgen roth.
Du bringst beklemmten Herzen
Zufriedenheit und Ruh,
Du linderst ihre Schmerzen,
Heilst ihre Wunden zu.
Oft hast du Gifchhiolen
Verschüttet und den Hahn
Auf Werthrischcn Pistolen
Lft in die Ruh gethan.
Ihr Sterblichen entsaget
Der cwgen Treue nur;
Glaubt idr nicht mir, so fraget
Die weisere Natur.
Sie
57
Sie heißt das Herz entwöhnen
All dem romanischen Schwung,
Und zeigt in ihren Scenrn
Selbst nur Veränderung.
Drum folgt, wohin sie winket,
Und lernet billig scyn
Rur einen Gecken düncket
Sein Mädchen schön allein.
Eßl nicht an Einer Speist
Euch satt, wie Bauern; küßt
Auf kurzer Lebensreise,
Mas nur zu küsse» ist.
D 5 Mor-
58
MorgengeSeth.
^ie Schalten fiiehn, der Morgen lacht,
Die Lerche grüßt dich, Herr, durch Lieder;
Und ich, wie sie vom Schlaf erwacht,
Ich grüßte dich nicht auch,und sank' inStaub nicht nieder.
Ja niemals glänz' ein neues Licht,
Daß ich nicht froh gen Himmel sehe,
Dir Dank zu opfern , daß ich nicht
In glühendem Gedeih um deinen Segen flehe.
Wenn Krankheit ihren Bogen spannt,
So schütze mich ; doch willst du schlagen,
And'lhend ehr' ich deine Hand;
Ruc gied mir festen Muth, mein Übel zu ertragen ;
Sieb
59
Gieb mir, wem, meiner Feinde Neid
IM Dunkeln mir zu schaden lauert,
Ein Herz, das ihnen gern verzeiht,
Mit Gmcm Böses lohnt, sie lüdet und bedauert-
Laß mich, sind Schätze mir gewährt,
Mit kluger Sorgfalt sie verwalten,
Und, was zur Nothdurft nicht gehört,
Stets für rin Cigenthum schuldlosen Armuths halten,
Auch nichts mit stürmischer Begier
Verlangen, alles froh gemeßen,
Und so dieß Tröpfchen Leben mir
Still, doch nicht ungenützt, ins Meer der Zeiten fließen,
Abend
6s
Aberrdgebeth.
^)err so manches Herz boll Kummers
Wiegst du nun in süßer Ruh,
Deckst mit Fittichen des Schlummers
Manch bethrantes Auge zu.
Doch eh meins der Schlaf erfrischet,
Sieht es noch zu dir empor;
Meines Dankes Stimme mischet
Sich in deiner Engel Chor.
Gutes kam an diesem Tage
Mir so viel aus deiner Hand,
Manche Sorge, manche Plage
Hast du schonestd abgewsntk.
Aber
6r
Aber that auch ich an Andern,
So wie du an mir gethan?
Die mir mir durchs Leben wandern,
Sah ich sie für Brüder an?
War ich allen, die mich hassen,
Herzlich zu verzeihn bereu?
War ich in dem Glück gelassen,
Stark in Widerwärtigkeit?
Nie in eitlen Stolz versunken,
Nie aus Eigenliebe blind,
Noch von Erdcfrcudcn trunken,
Die wie Rauch vergänglich sind?
Wehe mir! statt edler Thaten
Bring' ich dir nur Reue dar,
Fühl' es, daß ich ungeralhen,
Dein Feind und mein eigner war,
Doch
6
Doch ich warS zum letzten Male.
Greif' um deine Wage nicht,
Oder wirf in meine Schale
Deiner Vaterhuld Gewicht-
Gchy-
Sehnsucht nach dem Geliebten.
Allein Geliebter, bittres Scheiden!
Mußte ziehn; ich floh die Stadt,
Die für treuer Liede Leiden
Keine Mitempfinder hat.
Mer ihr , verschwiegnen Hauie,
Biethet eure Nacht mir dar,
Daß ich hier auch einsam weine,
Wo ich einst so glücklich war.
Hier, wo ich in Wonncflunden
Auf dem blumenreichen EraS,
Do» des Theuren Arm umwunden
Md berauscht von Küsten, saß:
Mnn
§4
Werin er dann mir in die Ohren
Gern geglaubte Schmeichelei),:
Sanft geflistert und geschworen,
Niemals iyandelbar zu seyn;
Halt' ich unter Händedrücken
Leis' erwiedert seinen Schwur,
Und der Liebenden Entzücken
Feyertest du selbst, Natur!
AbenLwiud und Silberquelle
Schwatzten Zärtlichkeit unS vor,
Grüner ward die Rasenficlle,
Klumen sproffeten empor.
Aber itzo klagt die Quelle»
Seufzt der Abendwind um ihn,
Auf der welken Rasenstelle
Schrumpfen Blumeu und verblüh,!-
Über
65
Über Felder über Klippen
Walle schnell hieher dein Fuß!
Fühl', es lechzen diese Lippen
Nach Pepi lang' entbehrten Kuß !
E
Mar-
66
Warnung.
^) Jüngling, liebst du Glück und Ruh,
So schließ dein Herz, fest schließ es zu,
Und trau den Schönen nicht.
Steh ein Noviz vor ihnen da;
Antworte nichts, als nein und ja,
Wenn eine mit dir spricht.
Singt sie an ihrem Saitenspiel
Dir mit geheucheltem Gefühl
Ein zärtlich Liedchen vor;
Sv denk' , cs ist Sirenenton.;
Denk' an Laerlens weisen Sohn,
Und stopfe Wachs ins Ohr.
Wen»
6?.
Wenn ihre Hand die deine streift,
Ja sie zuletzt wohl gar ergreift,
So flieh ein scheinbar Glück:
Wie hart auch die Beraubung ist,
Schieb' ungedrücket, ungeküßt
Die schöne Hand zurück.
Ein Mädchenherz, o Merke das,
Gleicht einem schönen Spiegelglas ,
Es blendet durch den Schein,
Ist schlüpfrig, bleibec immer kalt,
Nimmt willig jegliche Gestalt,
Und keine prägt sich ein.
Stolz, Eitelkeit und Eigensinn
Regieren unumschränkt darin,
Noch bleiben die verkappt,
E - Bis
68
Bis baß cin Mann, der mit Mamma
Sich erst berechnet, durch ein Ja
Sich am Altar verschnappt.
Dann ändert schnell die Dame sich,
Eie spielt, sie, die erst minniglich
An ihrem Ritter Hieng ,
Mit Andern itzt den zweyten Act,
Gesichert durch den Ehkontrack
Und den fatalen Ring.
Vergiß nicht, wies im Sprichwort heißt
Es ist nicht alles Gold was gleißt;
Flieh weiblichen Betrug, '
Flieh die zu theuren Schmeicheleyn;
Sich zu erhenken, und zu srcyn
Isis immer früh genug.
Pa,
Hy
Parodie
von Horazens vierter Ode des zweyten Buches«
Ein Stubenmädchen liebest du;
Des; schämst du dich, lieb' immer zu!
Dem Ajax und dein Eisenfresser,
Achilles, gieng cs auch nicht besser-
Mit Atreus Majoratsherrn stund
Es eben so, des Stolzen Mund
Ward unter dem De veum Schießen
Schon wäßrig nach Cassandrens Küssen;
Nachdem ins GraS Held Hector bist,
Die Garnison den Wall verließ,
Und man, so sehr auch Priam flennte,
Die Bestung PergamuS berennte.
E z
Wahr
7«
Wahr ists, NtridenS Liebste war
Stiftmäßig und Abtissin» gar.
Doch Ilion war eingenommen,
WaS mocht' ihr da ein Stammbaum frommen?
Man weiß, wie schnell Fortuna weicht;
Kein blondes Hannchen ist vielleicht,
( Wer kann die Möglichkeit bestreiten?)
Ein Lcbapxs von EdeUeutem
Denn der Canaillexöbel ist
Ein Mädchen, das umsonst dich küßt»
Gewiß nicht fähig auSzuhecken;
Da muß was anders drunter stecken.
Ich hoffe doch, du argwöhnst nicht,
Daß Hannchens Schönheit mich besticht»
Mit vierzig Jahren auf dem Rücken
Kann man auf Schönheit kälter blicken-.
Der
Der Morgmbesuch.
§§enu ich noch vor Titans Strahl
Mich nach meiner Lina Garten,
Unbelauscht von Neugier, stahl;
Fand ich schon am Thor sie warten.
Neidisch sah das Morgenrot!),
Das nun eben ausgegangen,
Auf den Mund , den sie mir both,
Auf die jugendlichen Wangen.
Flatternd Ivar ihr Nachtgewänd,
Leicht bedeckt der Busen schönster,
Durch den Halsstreif von Brabant
Guckt' er wie durch tausend Fenster.
E 4 Cine
Cine Danderlciter Hieng
Vorn an dem batistnen Leibchen-
Weit gieng sie hinab, sie gieng
Bis zum Nest für Drims Täubchen
Deine Leiter! gönnt' ich dir,
Großer Patriarch und Ringer!
Reihender war diese hier
Und bchüpft don meinem Finger.
Dey verliebter Vögel Sang,
Dey der leisen Winde Wehen,
Schlenderten wir stundenlang
Arm in Arm durch die Alleenl
Hasch-
----...... ....--L
place, nor 6c>cl, nor lVlsn clsniss,
kor Vernix' Dove cbe proper neid.
singt Prior in einem Gedichte eks Dove, woran
ihm die Liebesgötter und Grasten machen halfen.
Ich verweise meine Leser darauf, als auf einen
Cvmmentar zu dieser Stelle. Inder schönen Samm¬
lung englischer Gedichte , die Herr von Retzer her-
auSgegeben hat, stehet es im I. Theile S. zz.
73
Haschten Schmetterlinge viel
Won der breiten Blumenstätte,
Hüpften, trieben unser Spiel
Wohl mit ihnen in die Wette:
Bis uns Misch so weiß, wie Schnee,
Zuckernüsse, Mandelbsgen
Und die Kanne voll Kaffe
In die finstre Laube zogen.
Dann, v wie ein König groß
Saß ich bey dem kleinen Mahle,
Hatte sie auf meinem Schvoß,
Trank mit ihr aus Einer Schale.
Jeder Seufzer ward erhört,
Jede Freyheit ward gelitten,
Alles, was ich bath, gewahrt,
Und ich wagte viel zu bitten-
E 5 Manch-
74
Manchmal zankten wir uns auch,
Sie entfloh um mich zu necken;
Aber selbst im dicksten Strauch
Half mir Amor sie entdecken.
Still, gebllcket saß sie da,
Ganz mit Blüthen überschneiet;
Doch so bald die Lose sah,
Daß nun nichts mehr sie bestehet;
Lächelte sie ängstlich, bath,
Wollte gern mit Mäulchen büßen;
Doch so eine Frevelthat
Tilgt inan nicht mit leeren Küssen.
Das Gebüsch war groß und traut ,
Amor hielt am Eingang Wache,
Und er selbst rief überlaut:
Rache dich! süß ist die Rache.
An
7<-
All Selinden.
Es ist gescheh»! verschenkt ist Liese Hand,
Auf der mein Mund ost ganze Stunden klebte;
Zerrissen ist, was lstebe selber webte,
Und um uns schlang, das goldne Freudenband.
Selinde schwört den fürchterlichsten Cid,
Und wirft sich weg uni Tand und Eitelkeit.
Geh, Falsche, geh in eines Greises -Arm;
Verschwend' an ihn dein lüsternes Entzücken
Und trunkne Blick' und Küss' und Händedrücken;
Er wird doch nie von deinen Flammen warm. .
Und du, du fühlst, was einst am Tyberis
Die, so Mezenz an Todte schmieden ließ. (*)
Die
Virgil singt von diesem Wülheriche.
Ja wohl band er so gar aufTodte derLebendenKörxer,
Zügele Hand' auf Hand' und Antlitz auf Antlitz.
ßs
Die Welt ist dann so kahl um dich, so leer;
Du sichest dich geafft von salschem-Schimmer,
Bemerkst das Gold der ungeheuren Zimmer,
Iuwelenglanz und Pruukgerä'th nicht' mehr,
Und sagft dir selbst, mußt'ich die Lieb' 'entweih»!
Ich war geliebt und wars nicht werth zu seyn.
Itzt rollst du, voll doir deinen Hoheirstraum,
Den Prater durch in goldener Carosse,
Die Albion mit vier der schönsten Rosse
Bespannen muß, und sichst die Büsche kaum,
Wo einst -ein Hallpt, wenn lange schon der Lag
Entschlüpft war, noch auf meiner Schulter lag-
und steigst du ab beym Schauspielhaus, so greift
Schnell ein Laken um deine lange Schleppe,
Ein andrer eilt vor dir hinan die Treppe,
Ci»
Ein dritter rüst, der Logenmeister läuft ,
Eröffnet dir die eigne Loge, duckt
Sich tief vor dir, die mit dein Kopfe nickt.
Einst saßest du dem letzten Platze nah?
Doch so vergnügt, so fest an meiner Seite,
Und unterdes ein Haufen mistiger Leme
Mit starrem Blick auf das Theater sah,
Hat deine Hand bald nm mein Knie gespielt,
Und bald die Stirn durch Fächern mir gekühlt.
Doch still! nie soll ein Seufzer deinem Mu«)
Rach jenem Glück, das dn verscherzt, entzittrrn,
Er würde nur dein jetzig Glück verbittern;
Und dieses ruht ja so auf schwachem Grund:
Denn laßt das Glück erschöpfen seinen Schatz:
Nie hat es doch für wahre Lieb' Ersatz.
82
An eine verklärte Geliebte.
^)ier wo gewöhnlich noch dem Morgenrokhe
Mein Äug' entgegen weint,
Beschwör' ich dich, erscheine meine Todte,
Erscheine deinem Freund.
Derschmah auch jetzt nicht diese kleine Kammer
Wo ich bey dir einst saß ,
Und LebenSmiihr, Sorg' und Crdcnjammer
An deiner Brust vergaß.
Doch ja, du kommst, als Trösterinn im Leide,
Du Holde nahest dich,
Wie Engel schön, im weissen Todtenkleid^
Und so umschwebst du mich,
Ver-
23
Verheissest mir, was ich so sehr verlange,
Ein kühles, sanftes Grab,
Und trocknest mir die thränennaffe Wange
Mit deinem Schieber ab.'
Doch bald versiegt ist diese Thränennäjse;
Mein sterbend Auge bricht,
Die Wange sinkt , und kalte Tvdtenblaffe
Umzieht mein Angesicht.
Auch ich, wohl mir! werd'auf der Bahre liegen,
Frey von deS Lebens Last;
Auch ich die schöne Palmenkron' ersiegen,
Die Pu ersiegct hast.
Indes' vermut, ihr bangen Lebensstunden,
Don tausend Seufzern schwer,
Derinnc einmal, dann bluten meine Wunden
In Ewigkeit nicht mehr,
F s Dann
84
Dann werd' ich, wie die Sonn' ans Finsternissen,
In SelmaS Arme gehn
Und Sterne glänzen unter meinen Füstcn
Und Menschen meinen sehn.
Lied
8Z
Lied eines Hagestolzen.
AHagt auf Amors Kosten nicht
Seinen Bruder mir zu rühmen!
Amor ist ein Bösewicht,
Doch ein größrer noch ist Hymen.
Amor herrscht durch die Natur,
Hymen durch Condentiouen;
Jener schlagt mit Ruthen nyr,
Dieser peitscht mit Skorpionen.
Amor mischt doch Süßigkeit
Zu der Qual; aus seinen Kellen
Kann man durch Vernunft und Zeit
Und Zerstreuung sich erretten;
F z Doch
86
Doch beym dosen Hymen droht
Noch den ersten Flitterwochen
Eram und Knechtschaft, bis der Äod
Endlich kommt, uns abzujschen.
Lhoren, die ihr AmorS Weh
Länger nicht ertragen könnet,
Doch dafür dem Gott der Eh
In die MolvchSarme rennet.
Nicht bedenket, wie er meist
S.eine besten Freunde narret,
tlnd aufS Glück, das er verheißt,
Mit getauschter Seele harret.
Schmiedet nur euch selber an,
Rudert an der Ehgalrre;
Untcrdeß ich freyer Mann
Eure Ketten klirren höre.
Zum
87
Zum Champagner zu singen.
schenkt ein, doch gießet nicht darneben s
Und, Freunde, geht auch nut dein Leben
Sorgfältig um, wie mit dem Wein:
Thcilt und genießt, was Gott beschicken,
Denn Wohlthun nur ist Pflicht hier nieden,
Und nichts ist Wcißheit, als sich ftcun-
F «1
Linens
8L
Linens Veilchen.
o nuUir nitum creriere blLnöicÜ! !
Lina, diese Veilchen ,
Die du mir selbst gepfiürket,
Heut morgens erst gepfiückct,
Die ich an deinem Buseu
Andächtig angerühret,
Andächtig, wie ein Pilger
Zu Zell sich Rosenkränze
Am Wunderbilduiß anrührt,
L> Lina, eh der Abend
Tom Himmel niederschautc,
Verwelkten diese Blumen,
Betrübt sah ich sie stellen;
Wie wenn es Ahndung wäre,
Wie wenn cs Warnung wäre.
Daß Lina, eh der Abend
Nom Himmel mederschauct,
- Des
d"
Des Morgens schon vergessen,
Und Blumen einen Andern,
Wiewohl noch ihre Schwüre
Mir in dem Ähre tonen,
Wiewohl noch ihre Küsse
Mir auf der Wange glühen,
Doch einen Andern pflückte-
8 5
Aua-
-o
Anacreons siebzehnte Ode
Du singst die Kriege Thebens,
Und jener Trojens Schlachten,
Ich meine Niederlagen.
Kein Reisiger, kein Fußknccht
Und keine Flotte schlug mich:
Ein völlig neues Kricgsvolk
Schoß mich aus Liebchens Augen.
Auf-
Aufruf zur Freude.
genießet des Lebens
Ihr Freunde genießt !
Daß ja nicht vergebens
Die Jugend verfließt!
Umfasset die Freude,
Sie biethct sich dar
Im festlichen Kleide,
Mit Blumen im Haar.
Ein Wuchrer verüble
Mir Freyheit und Lust,
Der rechne, der grüble
Mit keichcnder Brust,
Elk,lick' und erwerbe
Sich fürstliches Gut,
Das nächstens der Erbe,
Sein spottend, verkhut.
Ha! hort ihr ertönen
Die volle Musik?
Uns winket der Schönen
Bedeutender Blick:
Aus! hurtig mit Kränzen
Die Stirnen umlaubt.
Und unter den Tänzen
Brav Küsse geraubt l
Komin schönste dec Braunen
Aufs Sopha zu mir!
Doch weg jetzt mit Launen
Und Tugendgeziec!
LZ
Verlache die Blonde,
Nie siegwartisirt,
Und zärtlich dem Monde
Eins uorlamenkirt.
Uns tobet Verlangen
In Augen voll Glut,
Uns strotzen die Wangen
Don siedendem Blut;
O laß mich genießen
Genieße mit mir!
Wozu als zum Küssen
Sind Sterbliche hier?
Sieg-
94
Siegwart
als Mönch im Klostergatten,
^)ier^ wo diese melancholsche Quelle
Sanft, wie Seraphimgelispcl, rauscht,
Sitzer der, der eine kleine Zelle
Für die Erdesreuden cingekauscht,
Sitzt auf diesen monderhellten Steinen,
Todt für jede Schönheit der Natur,
Wollte seinen Jammer gern vermeinen,
Uud verweint ihn mit dem Leben nur.
Itzt da über dem bcschornen Haupte
Mir der Mond glänzt, von Gewölk umwallt j
Und im Busch, der jüngst sich neu belaubte ,
Nachtigallenzärtlichceit erschallt;
Mi-
95
Bluten wieder alle meine Wunden,
Denk' ich meiner ersten Jugend Glück,
Anders hingebrachtcr Abendstunden
Denk' ich, denk' und wünsche ste zurück.
Als ich, doll von jenen süßen Freuden,
Die der Baum unschuldger lsiebe trägt,
Meinem theurcn Mädchen noch beym Scheiden
Einen Lichlwurm auf den Hut gelegt.
Doch ich sollt' aus meiner Brust dich bannen,
Reihend Bild! .... wie? dieses sollt' ich-' nein'
Nein! denn der Gedank' an Mariannen
Würde selbst Gonzagen (') nicht entweih».
Welch (*)
(*) Aloysius Von Gonzaga hat mit neun Jahren das
Gelübdte der Keuschheit abgelegt, und aus Ehr-
Larkeit seiner eigenen Mutter nie ins Auge gesehen.
96
Mesch ein Anblick! diese blaue Feme
Theilet sich! bcy meinem Pricstercid!
Sie kommt, sie! verdunkelnd Mond und Sterne,
Flattert weil umher ihr Silbcrklcid:
Unverschleyerl, von der Gottheit Strahle
Ganz beschienen, glänzt ihr Angesicht;
Ihre Wange glüht, die Wundenmahle
Meine? Stifter? glühen röthcr nicht.
Gugel Gottes und o auch Ker meine;
Sieh! cS weinet dein Geliebter hier,
lind es gilt dieß klägliche Geweine
Dir, aus allen Heilgen GoteeS dir.
Ha! du zeigst mir deine goldne Krone,
Die durch Martertvd erkämpfet ward:
So strahlt die auch, die zu meinen, Lohne
Am Gestade der Vollendung harrt.
Srg--
Segnend blickest du auf mich hernieder:
O ich brenne schon dich dort zu sehn,
Wo wir unfern Gott durch reine Lieder,
Rein vom Mißlaul dieser Welt, erhöhn-
Abcr du, Lamm Goikes, du, geschlachtet, .
Uns vom ewgen Lode zu besreyn,
Blicke her! dein armer Siegwark schmachtet
Nach dem Glück, auch aufgelöst zu seyn.
Auf
B
98
Auf Doris.
Doris Stimme sich erhebet,
Und sanfter als ein Bach in Edens Thälern fließt,
Indes; aufdem Clabier das schönste Händchen schwebet,
Das je, von Lust berausche, ein Glücklicher geküßt;
Dann stellen sich um sie her in die Runde
Die Liebesgötterchen, den Finger auf dem Munde,
Vergessen Tändeln Spiel und Scherz,
Und sehn beschämt, daß keiner ihrer Pfeile
So sicher und so schnell das Herz,
Als jeder dieser Tön', creile-
Lied
'M
Lied eines alten Juden,
AJer bist du denn, der Meer und Land
Despotisch sein nennt, dessen W
In Ketten unsre Hände s,,.ießt?
Wer bist du den», du stolzer Christ?
Gehört der Jude nicht, wie du,
Dem großen, weisen Gärtner zu,
Der will, daß Blumen gleich um ihn
Religionen keimen, b!Ühn?
Nicht mich beklag' ich: wessen Haar
So silbern ist, dem winkt die Schaar
Der Daker schon, sein nahes Loos
Ist, sanft zu ruhn in Abrams Schooß.
G r Nur
ILO
Nur unsrer Jugend jammerts mich;
O niemals niemals drängt sie sich
Bis zu der Weisheit Altar vor:
Ihr schließt ihr ja des Tempels Thor.
Zwar tadelt ihr den Julian, (*)
Doch thut ihr mehr, als er gethau;
Ihr hebet euch zu stolzen Höhn,
Wir müssen in dem Thale stehn.
Zum Rechnen habt ihr uns verdammt,
Don dem! was Tugenden entflammt,
Wodurch der Geist sich schwingen lernt.
Don dem habt ihr uns stets entfernt.
Und
(*) ^.mrmanuZ lVIarcellinus wirst dem Julian vor, es
sey uugiilig von ihm gewesen, den Lehrern der
Philosophie und Redekunst die Annehmung Christ¬
licher Schüler zu untersagen- I.id. XXV. Oap. IV.
Dieser Vorwurf ist höchst ungerecht, denn das
Gegentheil erhellet aus d em 42 Briefe dieses gros¬
sen Lasters.
roi
Und wenn der Jude, wie der Christ,
Wvm Geitz verführet, sich vergißt;
Dann schimpfet ihr und spuckt uns an:
Das schmerzt mich so, mich alten Mann!
Denn ihr als einen Gott verehrt,
Der hat euch das wohl nicht gelehrt,
Denn Liebe nur war sein Geboth,
Die war sein Leben und sein Tob.
G z
An
ros
An Blnmauer.
Im Nahmen aller Ehemänner, (H)
^ein gestriges Collegium,
Diel mehr zu des Professors Ruhm,
Als zu der Hörer Trost gelesen,
Zeigt, trotz der hübschen Poesie,
Nichts als ein Bischen Theorie;
In Praxi bist du nie gewesen.
Der Teufel übe da Geduld -
Wenn gegen Andre Lieb' und Huld,
Mit uns allein die Weiber keifen ;
Du hast gut declamiren, du,
Dich selber drücket nicht der Schuh;
Sonst solltest du wohl anders pfeifen.
S
(") Als Antwort auf eine Schwesterngesundhcit, die
unter seinen Fre^niaurergedichteir S. roi zu
finden ist :
,oz
O denke dich au unfern Platz ,
Und siehe, wie dein lieber Schatz,
Umringt von süßen Herrchen, sitzet,
Der witzig eine Zote sagt,
Der stets an ihren Händen nagt,
Der gar zum Kuß des Mäulchen spitzet.
Du aber auf der Seite stehst,
Und ob du schier vor Zorn vergehst,
Nicht wagst, ein schief Gesicht zu machen;
Auch wär' cs nur Verschlimmerung
DeS Übels, laut würd' Alt und Jung
Des eisersüchtgen Thoren lachen.
Doch thust du jetzt nach Ehmannspflicht
Auf Hören und auf Sehn Verzicht,
So wird die Reih an dich auch kommen;
G 4 So
io4
So bald des Kammermädchens Hand
Mit Kleidern Schuhen und Bouffant
Ein Drittel ihrer dir genommen;
Den Kopsthurm, der die halbe Stadt
Beschattet, abgetragen hat,
Dem Busen seine Stütz' entrissen,
Der Wangen Rosen, die vermischt
Mit Listen blühten , weggewischt
Und in den Wäschkorb sie geschmissen:
Dann magst du der Lucretia
Auch iiahn; zwar bloß die RuLcra
Won ihren Reitzen wirst du finden;
Prvficiat! nur zugeküßt!
Daß jeder Kuß sehr theuer ist,
Wird deine Casse bald empfinden.
Doch
Doch ja gezahlt, und still dazu?
Kein Wörtchen, liebst km deine Ruh,
roz
Won Bankerott und Bettelstäbe!
Sonst weint sie, lärmt sie und beweist,
Daß du ein Filz, ein Neidhart seyst»
Und sie an Allem Mangel habe.
Nun sprich, wie stünde dieß dir aii -
Zumal, kam' erst ein Lucian,
Der von Geduld dir vordocinc?
Denn wiss es glaube» manHe gar,
Daß alles bloß Satyre war,
Und uns dein Mitleid nur vecirte.
Und ist eS so, dann wünsch' ich dir,
(Werzeih mirs Gott!) ein Weib dafür ;
Und bist du dann in kurzem gelber
G 5 Vor
Wor Unmuth, als ciu Äxselkoch;
So lach' ich auch, und spotte noch:
Collega, predig' itzt dir selber!
ta?
An Sophie Wieland. M
Ä^enn die Grazien und Pieriden
Deinen Daker, reihende Sophie,
An dem Schreibepult besucht, so schieden
Diese Gäste nicht» bevor als sie
Dich zum Schwesterchen gebildt und viele
Diele süße Lieder dich gelehrt,
Die ich unlängst deinem Saitenspicle
Und den schönen Lippen abgchöct.
Nimm dafür, (zwar eine kleine Gabe,
Doch das größte, was ich bickhen kann, )
Eines armen Dichters ganze Habe,
Ganzem Stolz, sein Dcrsebüchlein an.
Such
(') Jetzt die Frau meines alten, geliebten Freundes,
bes H. Prof. Reinhold.
ic8
Euch' m deinem Bücherschränke, suche
Ihm ein Plätzchen; sieh! es ist nur klein,
Und es wird vor jedem bessern Buche
Eich zu schmiegen immer willig seyn-
Aber wenn, vielleicht nach wenig Lenzen,
Von der Tugend selbst herbei) geführt.
Edle Liebe dir mit Myrthenkränzen
Diese schwarzen, scidnen Locken ziert;
Dann ermahn' es dich, doch stets bescheiden,
Daß man selbst Key eines Gatten Kuß
Und der Liebe nahmenlosen Freuden
Seiner Freunde nicht vergessen muß.
Die
rsy
Die Genesung.
jener schwarzen, grauenvollen Stunde,
Roch weiße mir der Erimirung Schmerz
Gewaltsam auf die kaum geheilte Wunde,
Noch blutet dieses Herz)
Als im Geleit von allen seinen Schaudern
Dor meines Mädchens Bett der Tod
Erschienen war, sie aber ohne Zaudern
Die Hand ihn, lächelnd bvth;
Da riß ich mich von ihr vor Gott zu treten;
Mein Auge thränenleer, die Jung'
Und ripp' erlahmt; nicht weinen und nicht bethen
Kann die Dcrzweifclung.
Und
US
Und keiner, keiner, der mich unterm Hammer
Des Schicksals sah, sprach Trost mir ein;
Denn ach sie maßen ihn mir meinem Jammer
Und fanden ihn zu klein.
Nur du, du, meiner Trauten Erster, schlossest,
O Haschka, deinen Arm mir auf,
Dir pflegtest liebreich meiner Wunde, gossest
Des Mitleids Ohl darauf,
lind lehrtest mich zu einer Höh mich heben,
Wo nicht mehr Erdenstürme wehn,
lind so dem Richter über Tod und Lebe»,
Voll Unterwerfung, flchn:
Da nimm sie weg aus diesen bangen Armen,
Worein die Liebe sie gelegt,
Du hist auch dann noch Güce, noch Erbarmen,
Wann deine Hand uns schlagt;
Du
Du schriebest jedes ihrer theuren Jahre
Ins große Buch des Schicksals ein;
Du wirst mir auch , wann ich auf ihre Bahre
Hinweine, Vater seyn.
Und ist mein Leben ausgewemt, (hier niedeu
Heißt dies; unS Würmern Ewigkeit,)
Dann harret mein ihr Arm und Himmclsfrieden
In wahrer Ewigkeit.
Sn wagt' ich Staub, dem Herrlichen zu flehen,
Und er, der schlägt und heilen kann,
Sah fern die Stunde der Genesung flehen,
Und winkte sie heran;
Sie kam, schön, wie ein Echutzgeist, angeflogen,
Goß Heilung aus der milden Hand
Auf meine Kranke; ha! da lag der Bogen
Des Todes abgespannt!
UL
Auftrag a» Amor.
^ern ist mein Mädchen, fern von mir.
Drum, lieber Amor, fleug zu ihr:
Frag', oh sie mein gedenke,
Bring dieß ihr zum Geschenke.
Daß es ei» Bersebüchlein ist,
Das weißt du wohl, du Schalk, du bist,
So lang' ich dran geschrieben,
Mir nicht.vom Leib geblieben.
Eil' über Hals und Kopf und halt
Dich nirgends auf, und bringe bald
Mir, als ein Recepisse,
Drey ihrer Honigkiisse,
Au
riz
M eine Buhlerin«.
^ch fth es wohl, du bist geschmückt, du lächelst,
Stürmst auf mich los,
Streckst weit hinvor den netten Fuß, und fächelst
Den Busen bloß.
Und doch umsonst, umsonst springt diese Mine
Ja stünde hier
Nackt wie am Ufer einst, hie holde Phryne
Und winkte mir:
Ich, den Urania zu ihrem reinern
Entzücken labt,
Lerschmahete den Wink und. bliebe steinern,
Wie Lenvcrat-
H
Drin»
H2
Auftrag au Amor.
^ern ist mein Mädchen, fern von mir;
Drum, lieber Amor, fleug zu ihr:
Frag', oh sie mein gedenke,
Bring dieß ihr zum Geschenke.
Daß es ein Lersehüchlein ist,
Das weißt du wohl, du Schalk, du bist,
So lang' ich dran geschrieben,
Mir nicht vom Leib geblieben.
Eil' über Hals und Kopf und halt
Dich nirgends auf, und bringe bald
Mr, als ein Recepisse,
Drey ihrer Honigküsse.
Au
An eine BuhleriM,
^ch sch eS wohl, du bist geschmückt, du lächelst,
Stürmst auf mich los,
Streckst weit hinvor den netten Fuß, und fächelst
Den Busen bloß.
Und doch umsonst, umsonst springt diese Mine
Ja stünde hier
Nackt wie am Ufer einst, hie holde Phryne
Und winkte mir:
Ich, den Urania zu ihrem reiner»
Entzücken ladt,
Lerschmahete den Wink und. bliebe steinern,
Wie Henvcratt
H Srnm
SI4
Drum hoffe nichts; fest stehet in. Gefahren
Dec Tugend Stolz:
Vergebens weicht an Schwarze deinen Haaren
Das Ebenholz,
Weicht deinem Hais der junge Schnee an Weiße ;
Vergebens glüht
Die Wange, lockt das Ange, welches heiße
Begierden sprüht.
Weg mit. der Hand , die jetzuttd eine Rose
Dem Dusen stiehlt,
Nach mir damit zu werfen, jetzund lose
Mein Kinn umspielt.
Aus ist «S, ewig aus mit meinem Drange
Zum Thiergenus-.
Fort, fort! und wische nicht von dieser Wang«
ErlinrnS Kuß!
Dm
De» Kus;, nicht etwan» eine Fäunenbcute,
riss
Nein, den sie gab,
Den nehm' ich , folgt nuch leider nie der zweyte,
Mit mir inT Grab.
H 2
n6
Mr mich selbst.
Nach dem Ca tuli. 77.
^Hst dieß dem Sterblichen ein stäter Quell von Freuden,
Wenn er sein redlich Herz durch Luster nie beschwert:
Die Treue nie gekränkt, mit lügenhaften Eiden
Die Menschen nicht getäuscht, die Götter nicht entehrt :
So strömet Wonne dir noch auf die spätsten Tage
Aus deiner schlecht genug belohnten Liebe zu.
Denn was nur möglich ist, daß Ein Mensch andern sage,
Ein Mensch für andre thut, das sagtest, lhakest du.
Doch ach! verschwendet wars an ihr; die Undankbare'.
Drum bleib,denGöttern selbst zumTrotz,nicht elend mehr!
Ermanne dich, sey stark: zwar ein durch viele Jahre
Nicht abgeschüttelt Joch abschütteln, daS ist schwer,
Doch das nur rettet dich; der Kampf sei) ausgcstritten !
Auf siege! frage nicht, wird dieß auch möglich seyn ?
Ihr Götter wohnt bey euch Erbarmen, pflegt ihr mitten
Im
H7
Im Tod de» Edlen noch nut Hulse zu erfreu»;
So blickt auf mich herab, und findet ihr mich redlich,
So heilt mein krankes Herz, heilt es von dieser Pest,
Die es wie Gift zernagt, gleich schmerzend und gleich
schädlich
Kein einzig Lustgefühl darin gedeihen läßt.
Nicht mehr um Gegenlieb' um Treue meiner Schonen,
(Denn trcuseyn kann sie nicht,)bestürmt euch mein
Gcbeth;
Genesung ist es nur, um was mit bittern Thränen
Als seiner Lugend Lohn ein Tugendsreund euch fleht.
H 3
Liebesschwermuch
dahin^ ist meine Munterkeit i
Itzt da vergoldt von Hesprrs sanftem Strahle^
lHie Blume» glühn in dem bethauten Thale,
Sitz' ich verstört und fühle nur mein Leid.
Ich sehe nichts, ich höre nichts als Sie;
Sie, wenn der Tag aus rvthen Wellen steiget -
Sie, wenn er sich nach rochen Wellen neiget,
Sft i» der Stadt, in stillen Hainen Sie»
Geliebtes Bild, o folge mir nicht nach!
Was willst du hier? ich Sohn des Unglücks klage
Du siehst e§ selbst, durch lang; Sommertage,
Wh wein? mich aus Sehnsuchtstcaumen wach.
rr?
Und diese 2ual, die mich m Trauer hüllt,
Die wahrte stets ? und er, zwar nur begossen
Mit Ahrqnen, doch zu schnell empor gesprossen,
Mein Lieblingswunsch blieb' ewig unerfüllt?
Sagt mir, ihr Freund', ich sey dazu ersehn,
Noch in dem Lenz deS Lebens hinzusterben;
Sagt mir, ihr wollt, gleich wonnecrunknen Erben»
Den Sterbetag mit einem Fest begehn)
Und dulden, daß ein Pfaff', ein Bösewichtr
Muthwillen noch mit meiner Asche treibe:
Doch daß mein Wunsch stets unerfüllet bleibe,
Dieß Einzige, dieß, Freunde, sagt mir nicht.
Wei
H 4
We lberungerechtigkeit
Nach dem Englischen.
,^ch war, als sich mein Abentheuer
Mit Dori« anffeng, lauter Feuer,
Und schwur ihr damals Stein und Bein;
Ich würde stets der Ihre seyn.
Umsonst! sie wies mich stolz zurücke,
Mit hoher Nas' und draundem Blicke,
Und schwur mir damals Stein und Bein;
Sie tvürde nie die Meine seyn.
Doch endlich gab sie meinem Kuss?
Sich hin; ich aber im Genüsse
Ward lau, daun kalt, dann ungetreu;
Wem schmeckt rin ewig Tinerley?
'2L
Mn, da ich meinen Ej» vergessen,
Mn tobt, nun schimpft ssie, wie besessen ,
Und brach zuerst doch ihre« Eid;
O SLeibernngerechrigkeit !
An Lmett
a u s d e m C a t u l l. 5.
^aß »ns leben, mein Linchen, laß uns lieben;
Laß uns all das Gebrumme strenger Alken
Ja nicht höher, als Eines Hellers schätzen.
Untergehende Sonnen kehren wieder;
Wir, gieng einmal Ließ kurze Licht uns unter,
Müssen ewig die lange Nacht durchschlafen,
Gieb mir Mäulchen , nun tausend und nun hundert,
Andre tausend nun, dann das zweyte Hundert,
Und dann wieder bis tausend, und dann hundert.
Sind so mehrere Tausend' abgcküsset,
Dann laß sie uns verwirren, daß wir selber
Sie nicht zahlen, kein Schurk' unS neiden könne ,
Benn er etwa der Mäulchen Zahl erführe.
Aus
I2A
Auf einer Donaufahrt»
Gefährte zitkre nicht, wenn auch die dunklen Wellen-
Von Äols bösem Volk empört,
An der Kajüte sich mit wildem sch'rm zerschellen,
Und selbst der Schiffer schwört,
Er most' am nächstenjStrand zwey Kämmchen sammt
der Mutter
Dem alten Stromczott, Jster, weihn,
Wenn er nicht in die Tief' uns reisick, dort ein Futter
Des Schuppcndolks zu scyn.
Freund die Olympier erbiethen sich zu lleitern
Dem Dichter, lenken seinen Kahn,
Und finden dicht am Fels, wo Allerer Schiffe scheitern,
Ihm eine sichre Bahn,
Schwamm
rs4
Schwamm nichtdaS ersleSchiff durch manche kahle
Klippe
Die cS umtanzt', und Wogendrang,
InLctz von Orpheus Leyer und von Orpheus Lippe
Eiu lauter Paun klang?
Bolh dem Anon nicht, (das bose Schiffvolk dachte,
Er fty begaben in der Fluch,)
Ein gütiger Delphin den Rücken dar, und machte
Der Menschen Frevel gut.
Vergebens drohen uns lauttobende Charybdm
Und öffnen ihren Schlund zum Raub,
Nie ward die Tochter Zeus, Athene, den Gelübden
Der Musensrsunde taub.
Sie faßt mit starker Hand das schwanke Schiff am
Kiele
Und hebt cs über Wogen hin ;
Kleinglanbger zage du; ich sing' auf hohem Spiele
Ein Dankljed meiner Retterin».
Die
-r-5
Die Freyheit.
-
28ol>! dreymal selig ist Lee Mann,
Der, frei) zu scyn, sich rühmen kann,
Den Tyrannei) nicht hudelt,
Der nnbclauschct von Verrath,
Doch nie durch eine niedre Lhat
Sein edles Herz besudelt,
Ihn blendet nicht der Höfe Tand,
Ein Sternchen, ein Paar Ellen Band,
lind ein Coininaudoknittel;
Nur Tugend ist cs, was er ehrt,
Die bleibt ihm gleich vcrehrenSwerlh
Im Purpur und un Kittel.
Irr
^»6
Der Edle wird die Wahrheit mcht
Mit sklavisch fürchtendem Gesicht
Ins Ohr der Freunde raunen ;
Er kann zu seiner Brüder Heil,
Fern von Gefahr und Vorurtheil,
Sie in die Weil posaunen.
Cr darf nicht fremden übermuth
Mit seiner Habe , seinem Blut
Befördern oder düsen,
Darf nicht, der nieder» Politik
Getreu bis an den Tod , den Strick,
Der bald ihn würget küssen.
Er steht auf seinen, Ahrenfeld,
Das eigne Feinde wvhlbestellt,
Den Geber fromm erhöhend;
Hat
127
Hat hinterm Pflug für sich geschwitzt ;
Kein Llnitmanii und kein Pfarrer spitzt
Auf Ungeld sich und Sehend.
Wohl jedem, der sein Ldb erhält ,
Es ehret bey der Enkelwelt,
Denn er kann Thaten wägen,
Er driuget in der Dinge Mark,
Was ist Panegyristcnqnark
Und Schranzenlob dagegen?
Drum nur wenn er sie pflanzt, gedeiht
Die Blum' Erkenntlich, sproßt und strem
Geruch in alle Lande;
Hingegen legt, sagt, was ihr wollt.
Tyraniiendrohn, Tyrannengold
Eo Geist als Leib in Lande,
S
128
O hoch beglücktes Albiün,
Ao des beschränkten Königs Thron
Nicht drücket, sondern zieret!
Aus dir ist Sclaverey verbannt,
ttnd d» bist jetzt das Eine Land»
Wo das Gesetz regieret.
An meine Leyer,
^rost in allen meinen Leiden,
Geberinn der besten Freuden,
Goldne Leyer, höre du
Deinem Freund gefällig zu!
Jener Weg, den wir gegangen.
Leitet irre, wir gelangen
Hierauf nimmermehr znm Glück;
Drum so wandern wir zurück.
Als wir Ruhm und Nachruhm suchten,
Wahrheit lehrten, Pfaffen fluchten;
Sage selbst, was nützte sie,
Diese Don Quirotterie?
I Ruhm
Ruhm ist eine Seifenblase,
Mancher Geck mit hoher Nase
Denket sich ein grosser Mann;
Denn ihn räuchert Alles an
Doch dafür bleibt ungeschatzck
Manch Verdienst, tyrannisch setzet
Die partheyliche Critik
Ihm die Fers' in das Genick.
Zwar die weise Nachwelt sichtet
Reccnsentenlob und richtet
Billiger, doch in das Grab
Tont ihr Ausspruch nicht hinab.
Wahrheit lehren ist gefährlich;
Meine man cs noch so ehrlich,
Kreutz' und Schierlingsbecher sind
Alles, was man hier gewinnt.
rzx
Ja, der Weg, den-wir gegangen,
Leitet irre , wir gelangen
Hieraus nimmermehr zum Glück ;
Drum so wandern wir zurück.
In den ersten Jugendzeiten
Seufzt' um deine goldnen Saiten
Ganze Sommertage lang,
Nur ein zärtlicher Gesang.
Diesen, Leyer, töne wieder
O vielleicht, daß auf die Lieder
Welche Liebe dich gelehrt,
Meine stolze Lina hört.
Sanft gerührt dir Bcyfall nicket
Mir die Hand theilnehmend drücket
Und mit Engelsgüte spricht:
Armer Jüngling, weine nicht!
2- An
An Linen
Nach dem Tibull IV B. iz El.
Air soll iu diesem Bett, wo unter Honigküssen
Du dich Mrst mir gabst, ein anders Weib sich sehn:
So viele Schönen auch Wiens Mauern in sich schließen.
Gefällst doch du mir nur, bist du allein mir schön,
Wenn nur auch außer mir kein Mann dich reihend fände,
Dann wäre dieses Herz in stolzer Sicherheit.
Der Weise freut sich still, Bewunderung verschwende
Der Pöbel nie an mich; ich brauche keinen Neid
O daß die Götter doch uns einst zusammen brächten
In bem entferntesten und menschenleersten Hain!
Du würdestTrost inHarm,du Licht in schwarzenNächtcn
Und in der Einsamkeit du mir Gesellschaft seyn.
Ja, sollt'auch der Olymp ein Mädchen nur verehren,
Za, käme Venus selbst; vergeblich käme sie:
rZZ
Ich schwör' es, meine» Schwur mag jeneTöttin» hören/
Die uns so fest verband, die Göttin» Sympathie.
Was schwur ich Thor! ich gab das Pfand aus meinen
Hande»
Und nahm dir eine Furcht, die nur so heilsam war ;
Du bist nun stark, ich schwach, wohin soll ich mich
wenden,
Wenn du tyrannisirst; und doch trotz der Gefahr
Dleib' ich der Deinige, die schon gewöhnte Kette
Trag' ich mein Leben lang, nie falsch, aufrührisch nie.
Gefesselt flieh ich nur zu CypriS heilger Statte;
Meineidige bestraft und Flehnde höret sie.
3 r
Al,
Z34
An den König
Friedrich Wilhelm-
^roß war dein Oheim, herrlich spielt' er manche
Scene
Des königlichen Schauspiels, doch er sprach
Der deutschen Muse Hohn, drum schweige sie, ihm töne
Nie ihre Leher nach.
Dir aber, edler Fürst, dir tone sie entgegen!
Du winkst, die Göttinn eilt, umflicht dein Haar
Mit unbethrä'ntem ß'orber, bringet ihren Segen
Und ihren Dank dir dar.
Denn du vergaßest ja selbst ander Herrschaft Mörgen^
Der einen göttlich heitern Tag verspricht,
Vergaßest ja, von neuen königlichen Sorgen
Bestürmet, ihrer nicht.
Du
rZ5
Du lohntest, ehrtest ste in dem, von dessen Spiele
Schon dazumal ihr Wer Zauber klang ,
Als er mit Weisheit und prophetischem Gefühle.
Dey deiner Wiege sang. (')
Vollende denn, o Fürst, was du so schön begonnen,
Begünstige der Musen Reihenkanz;
Dem deutschen Genius, dem gönne sich zu sonnen
An deutscher Fürsten Glanz.
Dann werden wir (mein Lied darf kühneWahrheit
Dein Ohr beleidigt nicht ihr rauher Ton,) singen.
Wir die von unfern Purpurträgcrn nichts empficngen,
Als Undank oder Hohn,
Zum neuen Museiisih in Feyerkleidern wallen,
Und juüiliren , bis die Welt es hört:
Du seyst, (nicht viele sinds von Deutschlands Fürsten
allen,
Des deutsch en Rahmens werth
I 4 Mei» (*)
(*) S. Ramlers Ode auf die Geburt desjetzigenKönigs.
Mein Entschluß-
Hofmanu , zittre du Key jedem Tone
^on meinem Lied, das Hochverrat!) dich dünkt,
Und schüttelt ihr das Haupt o Fürsten, daß die Krone
Don eurer Scheitel sinkt;
Straft mich,(zwar straft ihr mich mit sanskenWorkcn,)
Ihr Freunde selbst; fest stehet mein Entschluß
Und unerschüttert, wie die diamantnrn Pforten
Des strengen Erebus,
Mein heiliger Entschluß, die goldneu Saiten
Me zu entweih», die Pierinnen nie
Zu einem stolzen Zepkerschwinger zu geleiten,
Der niederSlickt auf sie.
Und
137
Und wer, beym Himmel! wer darf niederblicken
Auf Deutschlands Musen ? Hehn dem Stolzen, Hol;»
Und wenn auch Öhlzweig' ihn, die Stirn und Lorber
schmücken,
Wenn auch von feinem Thron
Sich.aufden ganzen Erdball Glanz verbreitet;
Hohn ihm ! kein Griff ins deutsche Saitensoiel
Verherrliche sein Leben, nicht vom Lied begleitet
Erreich' er dessen Ziel.
Wie? sollen Zeus Krouions edle Tochter,
Stets ausgesetzt der Hoslust falschem Wehn,
Beschämt im Dorgemach durchlauchtigster Verächter
Bcym Ordenspvbel stehn
Und lauschen , ob mit wolkenloser Stirne
Der, so sie nicht verstehet, ihnen nickt,
Und lächeln, wenn er sie gleich einer feilen Dirne
Mit Schmach zurück? schickt-
Halt
3 5
TZS
Halt ritt, o Ramler, Mirgenoß der Schwäne
Won Thebe Lesbos und von Latium, (*)
Halt ein! nein, mälze fort die unerreichte Töne,
Doch nur zu deinem Ruhm.
Wann des Besungnen Schloß (mein Lied beflecke
Des dentsche» Schlosses fremder Nähme nicht,
Aue meinerSprach' entlehnt,die halb mitSchafsgeblvke
Halb mit Gegrunze spricht)
Wann Friedrichs Schloß, itzt mit demGosi) gezicret,
Das ach! für ihn der Schemnitzer gewann,
InSchutt zerfiel den Grund diePflugschar ritzt, gefnhret
Dom heißen Ackersmann:
Dann wird, wie jetzo deine Zeitgenossen,
Bei) deinem Lied der Enkel gliihn
lind fragen: ,,viel that er für Friederich den',Großen ,
„ Doch was that der für ihn? "
Und
(*) Pindar, Maus, Horaz:
Und wenn er dort — doch laßt uns nicht vollenden!
O großer König, schlaf in sichrer Ruh!
Denn deine Blöße deckt, wie Sem, mit frommen Hauben
Dein edler Neffe zu.
r4o
7
An Pyrrha.
Nach dem Horaz I.
§^er ist cs, welcher itzt, umströmt von Sälbendust,
Schön und im ersten Lenz der Jahre»
Dich auf ein Rosenbett in traute Grotten ruft?
Wem lösest du den Knoten blonder Haare,
Bezaubernd ohne Prunk? bald wird iu Wehzetön
Sein Stolz sich wandeln und i» Reue;
Er wird von keinem Gott sich angelächclt sehn,
Mir Falschheit nur vergolten seine Treue,
DenWonnehimmel jäh von einemSturm geschwärzt,
Dein Herz zu andern hin gekehret.
Noch ahndet es ihm nicht, noch herzend und geherzt,
Wähnt er, der Thor, das; dieses ewig wahret.
Weh
I4l
Weh dem, den du entzückt, eher dich ganz gekannt;
Ich selbst bi» kaum dem Sturm entgangen;
Seht ihr mein Opferbild, seht ihr mein naß Geivand
An dem Altar des Wrllengvttes hangen?
-Ws
I4L
Auf den Tod der Jaquet.
§fuch diesen harten Schlag! die Blum' auch liegt ze»
Non deinem Mördersusi, o Lod! knicket
Wer je die Edle sah, deß Herz ist schwer gedrücket,
Deß Auge rhrä'nenroth.
Sie lebte sür die Kunst, die in dem Lorberhaine
MrlpomenenS
-
Die Entbehrlichkeit des Putzes
nach dem Properz. I. 2.
§8arum, 0 Liebchen hüllt in gallische Normeuscn
DeiuHaar sich,oder prangt mit theuremSchmuck besteckt?
Warum verbaust du mir mit neidischen Trompeusen,
Und riesenhaftem Strauß den lieblichsten Prospect?
Vertauschest, welch ein Lausch ! dein Selbst um fremde
Maaren
Den angebornen Reitz, der göttlich dich umwallt,
Um feilen? laß den Tand, (denn er verschont nicht
fahren!
Cupid ist nackt und haßt erkünstelte Gestalt«
Sich, wie der Boden sich mit eignen Blumen schmücket,
Wie ohne Gartnerhand der Lpheu weiter kreucht;
Wie ungepflegt sich mehr der Hagedorn verdicket,
Wie ungelehrt der Bach durch grüne Wiesen schleicht,
Sieh, wie die Muschel prangt, von der Natur gemahlet,
Ununterwiesen uns die Biene Honig bringt,
K z Hell-
IZV
Hellglänzendes Gestein an fernen Felsen strahlet,
rind ohn' Uc re Illi 5a der Vogel Wer singt.
Wars Sarais Frisur, was tief den Licbesstachrl
Ins Herz des Grospapas der Gläubigen gedrückt?
Wars Putz, was Israel» an seiner schönen Rachel (*)
In harter Dienstbarkeit durch vierzehn Jahr' entzückt?
Nein! beyde borgten nie sich Reitz von Edelsteinen
Und wünschten, frey bon Putz-und von Crobrungssucht,
Mit keinem Buhlcrschwarm umringet zu erscheinen ;
Naturwar ihrGcschmeid'ihr größterSchmuck warZucht
Undfdoch gefielen sie; der Reitz von ihren Küssen
Hat durch Genuß und Zeit sich niemals abgenutzt.
Komm , Liebchen, laß auch uns ein solches Bündniß
schließen!
Die Einem Mann gefällt, die ist genug geputzt-
Kiun-
(') Rachel nach der Hebräischen' Aussprache und dev
Vulgata, bey Luihern Rahe!.
Sinngedichte.
K 4
A»
An-
J ZZ
23enn du, auf Dichterruhm erpicht,
Bald Oden brüllst, bald Schäferlieder blökest,
Und den Almanach befleckest,
So sch ich Reime, Verse nicht.
Doch magst du dich darüber tröste» ,
Du wirst nicht ohne Leser scyn.
So mancher Wirth schenkt Apfelmost für Wein,
Und dennoch fehlts ihn, nicht an Gasten.
Weiberzufagen
aus dem Catull. 71.
§Aein, saget Lina, mein soll stets ihr Herzchen bleiben;
Mein, wenn auch Zeus darauf selbst einen Hauptsmrm,
wagt;
Sie sagts; doch was ein Weib dem giergen Buhlen
sagt,
Das muß man in denWind und schNelleWasser schreiben.
K S An
t54
M-
Melch Wunder, wenn bon Millionen Zähren,
Wovon, die Todre zu beehren,
Dein Leichencarmen überfließt,
Das Carmen selber wäßrig ist.
Grabschrift.
^er hier begraben liegt, mar redlich und getreu,
War tapfer ohne Barbarey;
Er ließ, wie Scipio, von Lüsten nie verführet,
Was er erobert, unberühret.
Er hatte hohen Muth und Stärke, doch eö litt
Kein Schwächerer darunter, denn er stritt
Für eigne nur und für der Seinen Habe;
Erobrec, schämet euch! ein Hund liegt hier im Grabe.
Nur
155
Nur sechs Sacramente-
3§aS? sieben Saeramente zahle»
Die Herren Theologen? Eh! ,
Für Lenke, welche niemals fehlen,
Heißt das doch schändlich sich verzählen I
Sind Buß' und Eh nicht einerlei)?
An den Fuseus
auS dem Mattiai l. 55-
stige Morgen!
Gung ist der Rache genommen, die Dahn durch die
Feinde gebrochen.
Viele
' I7-)
Dlele prächtige Waffen, gemacht von gediegenem Silber,
Lassen sie cho zurück und Vokal' und schone Tapeten-
Doch Euryalus nimmt das Mirrrgcschmcide des
RamneS
Und sein Wehrgeheuke, mit goldenen Buckeln be¬
schlagen ,
Welches dem Sohne des TiburS, dem Aeinulns, vor¬
mals der reiche
CadicuS sandte, den Fernen durchs Gastrechk sich zu
verbinden,
Aemukus sterbend dem Enkel geschenkt und als auch
der Enkel
In dem Treffe» gefallen, die Rutuler siegend erbeutet.
Diese schnallt er zu kurzem Genuß an die rapsecen
Schultern,
Auch den paffenden Heim des Meffaxus mir zierliche»
. Federn
Setzet er ans; sie verlassen daBLsger und eilen ins
Freve.
Mi-
M r
Misige kanirn indeß , schon itzt aus der Stadt
des katinus,
(Da noch das übrige Heer, gereiht aus die Felder,
verweilte,)
An den Turnus geschickt, die Antwort des Königs zu
' bringen,
Drrymal hundert, sie alle mit Schilden, ihr Führer
war VolscenS.
Schon sind sie nahe dem Lager, ja schon in die Wälle
gerücket,
Als sie jene noch fern auf linkem Fussteig ersehen,
Und der Helm, der, flimmernd im nächtlichen Dunkel,
des Mondes
Strahlen zurückwarf, den unvorsichtigen Jüngling ver-
rathen;
VolScens halt' cS benzrrkr und ries vor den Reihe»
der Seinen:
Haltet ihr Männer! was eilet ihr sort? was seyd
ihr gcwaffnct?
Wel-
iLl
Welche Wege verfolgt ihr ? die Jünglinge geben nicht
Antwort,
Sondern fliehen mit Hast in den Wald und suche»
im Dunkel
Rettung; die Reisigen lagern sich rings auf jeden be¬
kannten
Scheideweg und umkränzen die Ausgang' alle mit
Wachtern.
Weit umher war der Wald von Dvrngestränchen und
schwarzen
Eichen strotzend und ganz mit dichten Büschen crfüllet-
Erltene Steige nur glänzten durch seine düstere»
Gange.
Den Euryalus hindert der Beute Gewicht und der
Äst-
Dunkel, auch machet ihn Furcht des rechten Weges
verfehlen:
Nisus entrinnt, ihn nicht missend, schon war er über
die Feinde
Und
182
Und die Walder hinaus, die der Enkel Albanische
nennet,
(Damals hatte Lakinus hier seine geräumigen Hürden.)
Als er stand und umsonst nach dem fernen Freunde
sich umsah;
Rief er, EuryaluS wo, wo ließ ich dich Elenden,
und wo
Spür' ich dir nach? von neuem durchstreift er die
ganze verworrne
Bahn ini bctrügrischen Wald, besichtigt wieder die
Pfade,
Rückwärts forschend, und irret herum in den schwei¬
genden Büschen.
Pferde hört er, er hört ein Geräusch mid der Kom¬
menden Fußtritt;
Aber mcht lange, so trifft ein Lärmen sein Ohr, und
er stehet
Seinen Gefährten, den schon die ganze Rotte, die
- plötzlich
Aus
rLZ
Aus verräthrischem Hinterhalt ihn und dem Dunkel
befallen ,
Unter sich bringt und trotz der tapfersten Gegemvehp
fvrtschleppt.
WaS soll er thun? durch welche Waffen und Kä'mpft
de» Jüngling
Ihnen entreisse»? soll er hinein in die Milte der
Schwerter
Stürzen, um unverzüglich den Tod der Helden zu
sterben.
Eilend hält er den Wurfspieß empor im gehobenen
Arme,
Und so bethet er auf, zur hohen Lunq sich wendend :
Du, o Goltiun, Sieb du dem, waS ich nun wage,
Gedeihen,
Mächtige Sehuzfrau der Wälder, Latvnia, Zier dep
Gestirne! -
Hat mein Vater Hyrtacus je zu deinen Altären
Gaben gebracht, ich sechster Iaadgcschenkr per-
Ehret,
M u Sie
rL4
Sie an dem Schlußstein befestiget, obre gehängt ans
Gewölbe:
O so laß mich den Schwarm hier zerstreu«, und
leite den Wurfspieß
Durch die Lust! er sagt« und mit jeder Leibeskraft
strebend,
Wirft er da« Eisen, die Lanze zerschlägt im Fliegen
der Nächte
Schatten, trifft Sulmo« daher gewandten Rücken und
bricht hier
Ab; die Spitze durchdringt das Zwerchfell, es spaltet
dir Stange:
Lauliche Ströhn,' entspeyt er dem Busen, walzt sich
erkaltend,
Hebt und senkt die Eingeweide mit langem Schluchzen.
Unterdessen sie beben, durchfährt der Wurfspieß dem
TagUs
Zischend die Schlaf' und steckt und erlaut im durch-
Lol-
bohrten Gehirne.
r85
Volscrns raset vor Grimm, den banzenschwmgrr er¬
blickt er
Nirgends und weiß nicht, wohin er, vor Eifer flam¬
mend , soll stürzen.
Ha ! indessen wirst du doch mit warmem Blute für beyde
Freunde mir büj.en! er sagt S- den Suidas bey
«S7
Als Phryne (") dort in Reitze nstr gehustet,
Die mit Legier die Richter selbst erfüllet,
Dem Bad entstieg, und so vor Griechenland,
Als ein Modell zur Liebesgvttinn, stand;
Begierig sie kein politisches Verbrechen (")
Das Fasten, Streich' und langer Kerker rächen.
Und dennoch stands , so sehr der Väter Grimm
Dich Heidenvolk verschrieen, nicht so schlimm
Mit Ehstandskreu, als nun da, unterstützet
Nom Christenthum, die Polizei) sie schützet.
Penelope (wird es auch glaublich seyn,
Ihr Schönen Wiens?) schlief zwanzig Jahr' allein.
N 3 Ad-
§*) Phryne wurde einmal losgcsprochen, weil ihr An¬
walt vor aller Angesicht ihr Busentuch entzwey
riß, und die Richter diesem -z.r§umento sei bomi-
osm nicht wiederstehen konnten. Eben dieselbe ba¬
dete einmal öffentlich an dm Festtagen deS Neptun,
bey welcher Gelegenheit Melles seine Venus Ana-
dyvmene und Praxiteles seine Gnidische Venus «ach
ihr bildete. S. den Athenäus XHI. B>
*) S. unser neues Gefttzbüchelchen.
198
Admetens Weib (') stieg für dm theuren Gatten,
Iolaus Weib stieg mit ihm zu den Schatten;
Noch (*)
(*) Mrestiš opferte sich, wie bekannt, siir ihren Ge¬
mahl aus.
Laobamia die Gemahlin» des Iolaus, der gewöhn¬
lich Drotesilaus genannt wird, und der erste wi¬
der die Trojaner fiel, erhielt von den Göttern,
daß er auf drey Stunden aus dem Reiche der
Tobten herauf gelassen wurde; nach dieser Unterre¬
dung brachte sie sich selbst um.
Zippo als sie von der feindlichen fflotle gefangen wur¬
de, stürzte sich, ihre Keuschheit zu bewahren, in
das Meer.
Enbad war ein Cyrenstr. Als ihn Lais sähe, ent¬
brannte sie so heftig in ihn, daß sie sich ihm zur
- ffrau anboth. Er, der ihre Nachstellungen be¬
fürchtete, nahm den Antrag an, doch erlaubte er
sich beh ihr keine ffreyheiten, auch sollte er sein
Versprechen erst nach vollendeten olympischen Spielen
erfüllen. Za er nun als Sieger den Kampfplatz
verließ, so nahm er, um nicht wortbrüchig zu-
scheinen, das Portrat der Lais mit sich nach Cy-
rene und sagte-, er führe, seinem Versprechen ge¬
mäß , Lais mit sich. Zum Lohne dieser Enthaltsam¬
keit sieß ihm diejenige, dis er hernach zu seiner recht-
massigen Gemahlinn erkohr, eine Bildsäule errich¬
ten, S. Älians X. L. 2. Cap.
l99
Noch tont das Lob der Hippo, die, de» Zwang
Des Feinds zu fiiehn, rasch in die Fluten sprang;
Das Lob Eubats, der Lais selber rührte,
Und sie nach Haus doch nur im Bilde führte.
Was sag ich erst vom Steine .Tenokrat,
Dem Phryne sich umsonst so sehr genaht? (')
Zwar ich gesteh, der Haß so süßer Sünden
War selten nur in Griechenland zu finden;
Der Jüngling gieng, und niemand schalt ihn aus,
Bey Hellem Tag in einer Fr..mdinn ('h Haus;
Doch dieses wird bey den nun reinen Sitten
Des ChristenthumS dem Jüngling nicht gelitten;
Der Vater schreyt: wo wohnt das garstge'Thier?
Schlägt seinen Sohn und schleicht dann selbst zu ihr;
Indes! Mamma für einen Großen schmachtet,
Dem sie ihr Herz , ihr thcuree Herz verpachtet,
N 4 Und
(') fuxtL sum vino xrxvem nccubuic sagt Valer.
iVIsx. IV. B. z li.
<") So gelinde hieß bey den Griechen, was bey uns
Buhlerinn Metze ;c. heißt.
200
Und öffentlich mit ihrem Dahlen prangt ,
Weil auf der Tasch' ihm ein Paar Quasten C) hangt.
Mein! saget mir, gedeihen i» den Gründen
Germaniens nicht auch der Griechen Sünden?
Nur Schade, daß die Liebenswürdigkeit,
Mit welcher sie gesündigt, nicht gedeiht'.
Die Heuchelei), der Knechtschaft Kind, entehrte
Weit weniger ein Volk, das sich gehörte,
Das, was man that, frey thun schien ihnen Pflicht
s
Den Ruhm der Zucht verlangte Thais nicht;
Auch pflegte sich kein Mohr zu iiberweißcn,
Man durst' ihn schwarz und Feigen Feigen heißen. (")
Ich rühme mich zu seyn war nach dein Sinn
Der Griechen gleichbedeutend mit: ich bin (*")
Die
(*) Die Quasten des Kanimerherrnschlüisels.
(*') Eine Feige eine Feige heissen war ein griechisches
wort, so wie bcy den Franzosen apullsr un ckar
un chzc
("') LtVLk hieß weiter nichts als Lt^?,
weil es nicht Sitte war sich, eines Vorzuges zu
rühmen, den man nicht halte-
LO;
Sie Wollust, ste , die Könige wie Schüfet,
Die den Socrat wie den bestäubten Käfer
Beseliget, die süße Wollust war
Kein Lasier noch , sic stand auf dem Altar:
Frey opferte der Göttinn Held und Weiser
Die blutgen und uublutgcn Lvröerreiscr.
Ich bin gewiß der Sohn des Clinias, (*)
Wenn er vertraut bey seinem Lehrer saß,
Zeigt' chm ein Lied, worin ein Schäferstündchen
Geschildert war, und er TimandrcnS Mündchen
Und weil ihr Kleid durch — Zufall sich verschob,
Auch ihre Brust, ihr wächsern Knie erhob.
Ein Plinius ("'), das ^aupt der Biedermänner
Im weisen Rom, gesteht, er sey ein Kenner
N 2 Des
(') Daß Aleikiades ein Sohn des Clinias, daß sei«
Lehrer SocrateS, seine Geliebte, nebst andern auch
Timandra war, wissen meine Leser, wie ich zu ih¬
rer Ehre hoffe, aus dem Alcibiadcs meines then-
ren Freundes Meißner.
('*) Man sehe den z. Brief des 5. Luches-
202
Des Svtades, und singt, wie Seneca,
Vom süßen Spiel der gvldnen Cypria.
Ich will, ist gleich hier Taoel zu befahren,
Nicht klüger seyn, als diese Männer waren.
Doch, sagt man mir, ein geiles Lied verführt;
Das Mädchen liest, bcrstehts nur halb und spürt
Dem Räthsel nach, bis sich ein Schurke findet,
Der seinen Sieg auf diese Neugier gründet.
Der Jüngling liest; der Geilheit böser Bran-
Drirchzlühet ihn und er verströmt entmannt,
Nock eh, als reif, Gesundheit, Kräfte Leben.. ...
Wer heißt euch denn mich kleinen Jungen geben?
Luch Flaccns blieb der Jugend seguestrirt (*)
Bis endlich ihn Juvencius purgirt.
Gebt ihnen, was bey pä-agogscher Lampe
Ein Basedow, ein Salzmann, Weiße, Campe
Mit edlem Kiel geschrieben, ich, ich bin ,
Daß
(') Ouinctilian wollte manche Stellen des Hora; den
Schülern nicht erklären. S- Oe lnlrir, Orat I>. I.
b, Vl!I.
Lv;
Das weiß ich wohl, ftir kein Phrlantropin.
Doch wollet ihr zu rächerischen Flammen
Mein armes Buch aus diesem Grund verdamme«:
O so zerschlagt nur auch mit frommer Hand
Manch nacktes Bild, geformt in Griechenland.
Wird am Apoll ein Mädchen sich erbauen,
Und sonst auf nichts, als seine Leyer schauen?
Und lasset ihr, das Werk des Klevmen, (*)
Die Frau Vulkans je einem Knaben sehn;
So wett' ich drauf, daß euer trunkru-r Jünger
Weit gieriger der Gokkinn durch die Finger
Der linken Hand, als auf das frechste Lied
Der Aretin' und der Pirone sieht.
Doch weil ich mich mit so viel Müh verschanze,
So meint ihr wohl, wir singen vom Popanze,
Dem Gartengott; seyd ruhig, gar so arg
Treibts Naso nicht und ich, ich seiber barg,
Als
-i .- - »
Die so, genannte mediceische Venus, mit der rech¬
ten Hand, wie Wieland singt,
Deckt sie die holde Brust, die kaum zu Lecken ist,
Und mit der linken, was ihr wißt.
Ms spominek Sem, wenn ich d a für gehalten-
Er sey zu nackt, die Blöße meines Altcir.
Wer sich beklagt, daß ihn mein Lied verkehrt,
Der war gewiß schon vorher wenig werth:
Die Tugend ist geead« wie em Magen,
Der schwächste kann am wenigsten vertragen.
Doch weil beim Volk, (ivaS zwar ein Weiser rügt,)
Das Ansehn stets , mehr als die Gründe wiegt;
So hat mir dies; ein kluger Freund gerathcn
Sieh dich nur . ni nach einem Mäcenakcn,
Doch dieser sey, so wie es wenig giebe,
Don jedermann verehret und geliebt;
Der bleiche Neid kau sich an seinem Ruhme
Die Zahne stumpf; er sey im Heiligthume
Apolls zu Haus; man schätz' ihn deshalb sehr,
Doch schätze znan sein edles Herz noch mchr;j
Cs glänze, selbst von Hassern nicht bestritten,
Im weissen Kleid die Unschuld seiner Sitten,
Auch Heucheley wag' außer ihrem Nest
Kern Blatt zu schmäh», Las er sich weihen läßt.
Der
aoz
Mr wackre Freund! er har mir wohl gerochen;
Sehr fetten zwar sind solche Macenalen,
Doch ich, ich weiß, wen ich mir wählen soll;
Wen sonst als dich, v mein geliebter Stoll'
An
so6
An eine ungetreue Geliebte.
A^icht daß dein Herz für keine» Andern lodr»,
Behutsamkeit ist alles, waS ich sodre.
Zu schön zur Treu, brich sie bey Andrer Kuß,
Nur so nicht, daß icbS immer wissen muß.
DaS Weib bas ihren Fehler schlau verhehlet»
Das laugnen kann, das hat auch nicht gefehlsr.
Doch welche Tollheit treibt dich daS Vergehn
Der stillen Nacht bey Lage zu gestehn?
Da die selbst, die den ersten besten küsset,
Dir Buhlerinn vorher die Thür verschließet.
Mrtthwillig giebst du dich dem Schimpfe Preis,-
Und dein Mund ists, durch den man alles weiß.
O gieb dir nur dm Anschein einer Spröden ,
Ich will mich gern, du ftyst es, überreden«
Th»
Lhu was du thust, nur läugnen fty dir Pflicht,
Nur schäme dich ehrbarer Rede» nicht.
ES ist ein Ort, bestimmt zu süßen Kriegen,
Den fliehe Scham , den fülle nur Vergnügen;
Doch aufler ihm sch nie derbuhlt dein Blick,
Sters bleib' im Bett die Lüsternheit zurück.
Dort magst du jedes Röckchen von dir werfen,
Durch hundert Truppen AmvrS Stachel scharfen,
Magst deinem Purpurmund zum Zungenspiel
Dem Buhler biekhen, sicher München viel
Und dann ihm, unter wonnigem Erbeben
DeS lauten VcttS, der Freuden Fülle geben;
Doch ists geschehn, und langst du nach dem Kleid:
So kleid' auch dein Gesicht in Ehrbarkeit.
Die Welt und mich betrügst du leicht, nur wolle l
Ich spiele gern des glaubgen Thoren Rolle-.
Was störst du mich hierin? was siegelst du
Vor mir verliebte Brieschen auf und zu?
Dein Hals ist zahnewund' zerwühlt dein Bette,
Dein Haar zerzaust, wies nicht zerzauset hätte
Der
M8
Der Schlaf allein; fast mir im Angesicht.- c...
L schone mich, schonst du die Ehre nicht !
Ach! wens Lu oft mit nicht gefärbtem Wangen
Die Untreu, welche du an mir begangen,
Mir selbst gestehst, dann starret, kalt wie Eis,
Mein ganzer Leib, bedeckt mit Todrsfchwciß.
L daß mich dann, mich, der so gern dich haßte
Und lieben muß, dir Hand des Todes faßte!
Doch dich zugleich, o du Trrrä'therinn,
Mit der und ohne dir ich elend bin.
Verbirg dein Laster, nie soll mich verlangen
Ihm nachzufpähn, es fty wie unbegangen.
Mir iäugne, wenn dich gleich auf frischer Thar
Mein Äug' ergriff, nur lä'ugne den Lerrath;
Gern will ich dann mich einen Träumer schelten,
Mehr als mein Auge soll dein Wort mir gelten e
Ich weiß cs, Lügen kosten dich nicht viel,
lind Eine macht dir schon gewonnen Spiel;
Denn ist gleich nicht das Recht in diesem Streite,
So Ist der Richter doch auf deiner Seite.
Das
209
Das Geständmß.
^a Freund, mein Herz laßt sich zu leicht entflammen !
Du klagst mich an, ich selbst muß mich verdammen,
Beschönung war hier nicht am rechten Ort,
Ich weiß ich fehl' und dennoch fehl' ich fort.
Gleich einem Schiff, wann wilde Stürme wiithen,
Irr' ich umher und kann mir nicht gebicihen.
Es reitzet mich nicht Ein Gesicht allein ;
Don Hunderten nimmt mich ein jedes ein.
Wenn eine keusch nur auf den Boden blicket,
So ist es Scham, was mich an ihr entzücket
Wenn eine frey liebäugelt, tändelt' lacht,
So denk' ich , ha! du bist zur Lust gemacht!
Die ist gelehrt, wer schätzt nicht große Geister?
Nie ist es nicht, ich würde gern ihr Meister.
Bey
0
210
Bey der, die schmollt und immer spröde thut,
Lächl' ich und denk' : o sie verstellt sich gut!
Will jene nichts von meinen Versen hören,
So möcht' ich ihr in Prosa Liebe schwören:
Doch preiset die mein muntres Saitenspiel,
O so gefallt mir sie, der ich gefiel.
Die macht mein Herz durch Sanfimuth ganz sich eigen.
Die ist voll Stolz, süß wär' es, ihn Zn beugen.
Die singt ein Lied zu der Thcorbe Klang,
Ich küßte gern die Lippen boll Gesang;
Die spielt Clabier, schnell wird mein Herz entzündet,
Kunstreicher Arm, rus' ich, und schön gekündet!
Die schwebet leicht im Reihentanz daher ,
Ich taumle nach und kenne mich nicht mehr ;
Wie sollt' ich auch auf Bällen mich bewahren?
Schmilzt hier doch ost das Cis von sechzig Jahren;
Das Sprichwort, daß , was klein ist, artig sey ,
Das fällt mir, seh ich kleine Schönen, bey;
Den großen kommt Andromache zu statten,
An Groß' und Geist nicht ungleich ihrem Gatten.
LH
Llr
Ich finde schon die von der hohlen Hans
Deckbare Brust, wie sie der Grieche fand;
Eroßbufige darf das doch nicht verdrießen;
Oft wünscht mein Haupt sich zwey so sanfte Küssen«
Die Junge lockt mich durch Naivetät;
Die Reifere, weil sie den Spaß versteht;
Wo blonder Haar um Liljenschultern spielet,
Dort fühl' ich dar, was Cephalur gefühler,
Schwarzhaarige seh ich für Leden an,
Und, unter uns, war allzu gern ihr Schwann!
Weh mir , der schon durch tausendfache Kecleir
Gefesselt ist und nimmermehr zu retten!
Weil wie inan mir ein artig Mädchen nennt,
Sogleich in sie mein zündend Herz entbrennt«
K r An
riL
An emen Ring.
A^ing ohne Wcrrh, als den dis Liebe leiht,
Auf! mache jetzt zur Reise dich bereit !
O möchte dich mein Maschen artig finden,
Und alsogleich umS Fingcrchen dich winden !
Schneid cs nicht ein, sey keine lastge Zier;
Steh gut wie ich bey Linen, sie bey mir.
Beglückter Ring! stets darfst du sie befühlen,
Oft wird mit dir ihr schönes Händchen spielen.
Verwandelt doch durch Circisches Getränk
Und ProteuS Kunst mich selbst in mein Geschenk!
Wird Liebchen dann, wenn Halsstreif oder Schleifen
Verbogen sind, sich nach dem Busen greifen,
So mach' ich mich, so eng' ich bin, doch los ,
Und gleite sanft vom Busen in den Schooß.
O
O welche Lust auf diesen Lilienhügeln !
Doch gröfire noch, wist sie ein Briefchen siegeln.
Weil, ehe sie aufs Siegellack mich setzt,
Mich allemal ihr Purpurmündchen netzt.
Doch sollte sie vcrdächtge Briefe schreiben ,
So werd' ich mich herab zu gehen sträuben :
Das werd' ich auch, so oft als ich hinein
Ins Kästchen soll, und immer enger seyn.
Was sollt' ich auch die schöne Hand entbehren ?
Ich bin ja leicht , ich kann sic nicht beschweren :
Nein Liebchen zieh mich ja nicht mehr herab
Selbst nichc im Bad.. l. ich sterbe drin nicht ab.
Doch gnug geschwärmt! .. - geh, ich muß dich beneiden
Geh, kleiner Ring , zu nahmenlosen Freuden!
Nur sag' ihr ja, du seyest ihr geweiht,
Als Pfand der Treu , als Bild der Ewigkeit.
Ll4
Der Mitrag.
^ie Mittagsstunde schlug; matt von der Schwühle'
Streckt' ich zur Ruhe mich auf weiche Pfühle:
Durchs halb verhüllte Fenster kam ein Licht,
Gleich dem, das zweifelhaft durch Haine bricht,
Gleich dem, das dämmernd glimcht, wannPhöbuS sinket,
Und morgens zwischen Nacht und Tage blinket
Dich Halblicht taugt für Mädchensittsamkeit;
Die Scham, hier kühner, wünschet Dunkelheit:
Sieh ! Lina kommt mit aufgrschürzten Kleide,
Den Hals umflattern Locken, fein wie Seide.
So gieng inS Wonnebett SemiramiS,
So Lais, der sich gern erbitten ließ.
Ich riß, obwohlS zu dünn war zum Verstecken,
Das Kleid ihr weg, doch rang sie sich zu decken
Mit
215
Mit ihrem Kleid, und ward nach süßem Zwang,
Indem sie nur als eine-solche rang,
Die selbst dem Feind nicht ungern unterlieget,
Durch eigene Derraiherey besieget.
Nackt stand sie nun wie die dem Meeresschooß
Entstiegne Venus, glanzend, mackcllos.
O Anblick mich zu einem Gott erhebend!
Welch' eine Brust! wie voll, wie fest, wie strebend!
Wie rund die Hüften! welche Symettne
Der Schenkel! und wie rechend paßt' an die
Ein Hügel, der kaum merkbar sich erhoben!
O alles, was ich sah, war hoch zu loben:
Nun da mein Arm sich um die Nackte flicht,
Beginn' ich?., .aber still ! das singt sich nicht-
Wir ruhten müde von dem süßen Spiele;
solcher Mittag', Amor, gieb mir viel?!
0 4
Tie
rr6
Dre Würde des Dichters.
§§as lästerst Lu den heiligen Gesang,
O Neid, nennst ihn geschäftgen Müßiggang,
Und tadelst mich, daß ich in Jünglingstagen
Bestaubten Heldenlorbcc nicht getragen,
Ncch als ein Rechtsgelehrtcr Kiel und Zung'
Unredlichem Clientcntroß Verdung?
Kann all der Tand solch einen Lohn mir geben,
Ais Dichtkunst giebt, Ruhm in und nach dem Leben?
Co lang' in Menschenbusen Andacht glüht,
Flammt sie empor tey Klopstocks Gugellied.
Eallottis Dolch macht Fürsten sich entsärben,
Eo lang' als Schmeichler sie noch mehr verderben.
Di?
21?
Die Flöte Geßners, Kleistens Lied entzückt,
So lang' ein Lenz noch untre Tlsiiler schmückt;
So lange heuchlerisch sich Bräute sträuben,
Wird Rostens Pinsel unerreichbar bleiben.
Erst wenn der Jüngling Lieb' und Wein verschwört,
Wird Gcrstcnberg, Gleim, Weiße nicht geehrt.
Erst wenn Philosophie zum Himmel wieder
Auf ewig kehrt; verhallen Uzeus Lieder.
Unmöglich! daß man Agathons vergißt,
So lange Menschenkenntniß nützlich ist:
Das stolze Sanssouci liegt eh zertrümmert,
Als Ramlers goldne Seyer ausgeschimmert.
Drum weich dem Dichter, Kronenträger, weich!
Ein Fürstenstab wiegt nicht der Leyer gleich.
Der Pöbel jage nach vergoldten Schellen,
Mich führ' Apoll zu den eastallschen Quellen
Und winde jenen Lorber um mein Haupt,
Der Ariosts und Wielands Stirn umlaubt.
Der Neid, der geifernd Lebende beschmitzet,
Ruht
O 5
218
Ruht nach dem Tod, wenn ächt Verdienst uns schützet,
O süße Hoffnung! modre mein Gebein!
Ein Theil von mir wird nicht vergänglich seyn.
Frey-
Freymaurergedichte.
4» - L o - / m y r
2Ll
Geständniß und Warnung.
^harlatanerie, die ihre Flitter
Über alle Menschenclaffen streut,
Dulcinea, welcher sich zum Ritter
Auch der kluge Manu nicht selten weiht,
Weil die Politik, (ihr deutscher Nähme
Heißt Betrug ,) der Menschheit manchmal nützt,
Und Philosophie, die stolze Dame,
Ost durch dich nur auf dem Throne fitzt.
Du bists, die beym Scheine der Kometen
Krieg uns weissagt, Hunger oder Pest,
Die durch einen Esel den Propheten,
Die den Held durch Pferde warnen läßt; (H
Die
(H S. des q. B. Mose des ra. C. und des 19. V.der IliaS.
LL2
Dir des Potjphar verschmitztem Diener
Plötzlich seine schweren Fesseln krach, (')
Und ein Wort voll Troßes aus dem Wiener,
Wie aus dem Vrjenter Bilde sprach;
Du bists, die von Babels goldnem Throne
Zn dem Wald Nebucad Nezarn trieb,
Die beym Gastmahl seinem feigen Sohne
An die Wand das Todesurtheil schrieb; ("")
Rs- (*)
(*) S. des r. B. Mos. des 42. Cap.
(") In dec kaiserl. Burgeaxeli«' bewahret man ein
Crueifir, welches diese Wo.te zu Ferdinand dem
zweylen sprach: kerciinaneie, non rs clelermn.
Eben so versicherte die Bejcnter Juno, daß sie nach
Rom gehen wolle. S- den Livius V. B. 22. Cap«
S- Daniel im q. u. Z. Cap.
22Z
Romulus in rinen Gott verwandelt, (*) '
Umposaunte Mauern einer Stadt, (**)
Und Darius Hengst so klug behandelt,
Daß er ihm die Kron' ermiehert hak. ("">
Göttin« sind die Maurer unter allen
Sterblichen alleine dir zu klug?
Ach! sie sind cs nicht; in unfern Hallen
Biebt es leider Irrende genug.
Sie
(') S. den Livius I. B. 16. C. und den Dionysius II.B.
(") Josua 6. Cap.
C") 2Us unter sieben Satrapen derjenige König wer¬
den sollte, dessen ^.rd zuerst der Sonne entgegen
wiehern würde, ..es; Öbares den Hengst seines
Freundes Darius die Nacht zuvor an deni Orte
der Wahl eine Slulte bespringen; des Morgens
also wieherte der Hengst, und Darius wurde Kö¬
nig S. ven Herodot. III. B.
224
An den Teppichen der ersten Grade
Zerrt man, denn, wie keiner noch verneint,
So sind sie die wahre Bundeslade,
Sie das Licht, das in dem Finstern scheint ;
Ader jeder, der sie starr begaffet,
Nimmt in ihnen andre Zwecke wahr:
Also stellen sich im Schillertaffet
Andern Sehern andre Farben dar.
Jeder dieser Weitgeführten raget
Über alle hoch empor; verflucht,
Oder ists ein guter Mann , beklaget
Dm, der nicht auf seinen Wegen sucht.
Soll ich manchen bey der Rechte fassen
Und vor euch sie führen? soll ich das ?
Ader hütet euch vor allen Spaßen!
Diese Herr» verstehen keinen Spaß,
Katz!
225
Platz! es naht ein Ritter, schon gerüstet.
Auf dem weißen Mantel glüht ein Kreutz
Purpurroth; den wackern Mann gelüstet
Molays Erbschaft, welche Fürstengeitz,
Als zu Wien ein päpstlich Donnerwetter.
Aller Orden herrlichsten gefällt,
sprech geraubt, und ihm, dem nächsten Detter,
Noch bis diese Stunde vprenthä'lt-
Lachet nur! nichts macht von der Chimäre
Unser n armen Don Quixotke srey;
Ob er gleich beynah verhungert wäre
In der eigene» Commenthurey.
Diese Zwey, in deren weise Garne
Hermes Dvgelein gewiß spazirt;
Haben sie nur erst aus Menschei,Harne
Aller Wesen Urstvff eptrahirt,
P Die-
rs6
Dies e Zwei) , in Mystik ganz verlöre»,
Und so sehr cntzweyt mit dem Verstand,
Wurden jüngst zu Cirkeldirectore»
Von geheimen Oberen ernannt.
Jenem Magus dort erschien der Bose
Dreymal schon in seiner Frau Gestalt.
Der hier wird nach eigner Hypothese
Wenigstens ein Paar Jahrhundert' alt.
Seine purpurnen, solarschen Tropfen ,
DestMrct am Johanncsfest,
Hitzen, kühlen, führen ab und stopfen,
Heilen Hühneraugen und die Pest.
Doch genug! schon schreyn mit Mißvergnügen
Viele Leser, du, der sich erkeckt,
Manche Maurerthorheit laut zu rügen,
Hat dich keine deren angesteckk?
Je-
»27
Jede fast, geliebte Leser, jede;
Doch ich bin befreyk und will befreyn.
Hört ihr Siechen! wichtig muß die Rede
Des Genesenen dem Kranken seyn.
Prüfet bcy der Wissenschaften Lichte
Alle Maurersagen ('), Stück für Stück;
Borget euch die Fackel der Geschichte,
Borget euch die Leuchte der Physik.
Weg mit dem, weis dieser beyden Lehren
Ahne Gegengründe widerspricht!
Lasset euch durch Anschn nicht bethören,
Bloße Nahmen haben kein Gewicht
P s Und
O Aus hie Sagen, worauf sich einige dieser Maurer«
lieber gründen, und für deren Echtheit ich nicht
bürge.
228
Md durch sie verblend' euch nie ein böser
Oder selbstgetä'uschtcr Alchynnst;
Thorheit ist im Mund der Kohlenbläser,
Was im Mund Vorhabens Weisheit ist.
Glücklich jener Maurer, der von Träumern
Und von Träumemachern weit entfernt,
Nur die allererste der geheimer»
Wissenschaften, Lebensweisheit, lernt!
Gut' und böse Geister als ein Magus
Unterscheidet, Gold durch Handel macht,
Grade, die ihm Schröpfers Kunst und Tagus C)
Reichen Sand verheissen, laut belacht,
Keinem Fürsten, keinem Papste fluchet,
Aus dem Schlummer der Vergangenheit
Keinen Orden zu erwecken suchet,
Als den Orden alter Redlichkeit,
Lei-
(*) Kurilen rjjzn beaca Vs§i. Ov. /lm, I. 15. LI.
229
Leidenschaften durch Verminst bcjochet,
Frohe Tage lebet, und noch dann,
Wann der Tod a» seine Thiire pochet,
Ein Herein! mit Lächeln rufen kann.
P g Dal
LZS
Das Gesicht.
^hr Maurer, die mit thatigcm Erbarme»
Zum Wohl der Menschheit manche Frucht
Schon pflanzten, ihr, gesegnet von den Arme»
Und von dem Papst verflucht,
O eilet her, (denn meine ganze Seele
Durchglänzt ein überirdisch Licht,)
Cilk her zu mir , damit ichs euch erzähle,
Das göttliche Gesicht.
In einer jener ahndungsvollen Stunden,
Wo von Prophetenhauch uniiveht
Und aller niedern Sorgen ganz entbunden,
Der Geist der Zukunft späht,
Da
2ZI
La sah ich, jauchzend sah ich sie, die Erde,
Nicht mehr verflucht und jammervoll,
Schön, jugendlich, wie sie nach Gottes Werde
Dem alten Nichts entquoll.
Kein böser Priester, kein gekrönter Würger
Zerriß das Band der Harmonie,
Die Menschen waren fromm, wie Himmelsbürger
Und so beglückt, als sie.
Denn das Metall, mit Wüthrichen verschworen
Zum allgemeinen Untergang,
Das auch den Bösewicht, den feigen Thoren
Zn unverdientem Rang
Partheyisch hebt, die Gleichheit frech verletzet,
Die unter uns zuerst bestand,
Ward nun durch Überfluß herab gesetzet,
War Kieseln gleich und Sand.
P 4 -Der
Der Menschen Dank strömt' in erhabne Neder
Die wirbelten zu Gott empor,
Und von dem Throne stiegen Engel nieder
Und mehrten dieses Chor.
. Ich steh und staune; doch ein Seraph wendet
Den Flug zu mir, und ruft vertraut:
Freund jauchze mit, der Tempel ist vollendet,
Woran auch du gebaut.
2ZZ
Ode
bey Einweihung einer Loge.
§)er Herr ist heilig, groß sind seiner Hande Werke,
lind alles hat er wohl gethan
Durch ihn ward Licht, von ihinkam Weisheit,Schönheit,
Stärke;
Neigt euch und belhel an,
Ihr Brüder,daß auch ihr,wie's dem erwahltenBolke
Wies Bruder Salomo geglückt,
Ichovens Herrlichkeit und seine lichte Wolke
Im Heiligthum erblickt.
Drum eilt ihm diesen Tempel nicht durch Prunk und
Feste,
Durch Herzen nur, die engelrein
Bon jedem Laster sind und stammend für das Beste
Der Menschheit, cinzuweihn.-
P s Da-
-Z4
Damit verblendete Profane, wenn sie schmähen
Die dreymal heilge Maurerey,
Zu Lügnern werden, und durch eure Thaten sehen,
Wetz Geestes Kind sic sey.
O dann wird über sie kein Fürstenbann mehr
kommen,
Nicht unentschieden wird ihr Sieg
vnd festlich seyn der Tag, da sie zum Glück der Frommen
Pom Himmel niederstieg.
Glück-
2ZL
Glückwunsch,
Sem Hochwürdrgen Bruder D***
an seinem Nahmcnssesie von der Loge zum
heiligen Joseph dargebracht.
Unter jene, die dich heut umringen,
Stellt sich auch der Eingeweihten Schaar ;
> Ungeübt in Complimenten, bringen
Sic zum Angebinde Herzen dar.
EotteS Huld, (ist aller Maurer Bitte,)
Komm' aus dich und dein erhabnes Haus,
Mache deine Wünsche wahr, und schütte
Über dich der Gnaden Füllhorn aus,
Lasse dich mit ungeschwächtem Blicke
Noch die Enkel deiner Kinder schaun,
Mache sie auch an der Menschheit Glücke
Und der Tugend heilgcm Tempel bann;
Und
Und ein Seraph präge deinem Sohne
Allen Biedersinn des Vaters ein,
Daß der größte Menschenfreund am Throns
Künftig seh wie jetzt, ein D * * '
2Z?
Empfindungen eines Freymaurers
am Tage seiner Aufnahme.
Aon der Geburt an sah ichs nicht,
Doch, Freunde, jetzt seh ich das Licht
In eurem heilgcn Kreise:
Wohl mir! ihr liebt mich brüderlich,
Und trinkt mir zu und küßet mich
Nach fteyer Maurer Weise.
Die holde Freundschaft ries von fern,
Ich Hirte sie und folgte gern
Dem wvhlbekannten Ruse:
Sie schlang um mich ihr gvldnes Band,
Sie führte mich mir leiser Hand
Dis an des Altars Stuft.
Wie
Me? äffet mich kein schöner Traum
Von Freude trunken glaub' ich kaum
Das, was ich hier erblicke,
Ihr grubt der Etiquctte Grab,
Ihr legt erborgte Würden ab
Und fröhnet nicht dem Glücke.
Doch was kein Erdensturm verweht
Was unser Herz zu dem erhöht,
Der diese Welt gebauet,
Cs heiligt, näher der Natur /
CS rückt, wird in der Loge nur
In vollem Glanz geschauet.
Das Mitleid macht die Seele weich,
Die Bruderliebe macht unS gleich,
Die Wahrheit ohne Mackes
2Z9
Verscheuchet Wahn und Vorunheil
Und hebet zu der Menschheit Heil
Die sonncngleiche Fackel
Der Durst nach edlen Thaten wird
Hier, wo kein Herz sich leicht verirrt,
Durch Lehr'und Beyspiel stärker,
Euch folgen will ich für und für
Der Tugend Tempel baun wie ihr,
Wie ihr dem Laster Kerker.
Auch meine Kelle soll nicht ruhn;
Nur thut an mir, wie Adler thun
An ihrem Lieblingskinde.
Gewöhnt mich nach und nach ans Licht,
Damit mein schwächres Auge nicht
Bey zu viel Glanz erblinde.
Lied
242
Lied -er Lehrlinge.
^hr Brüder geht ins Heiligthum
Mik ehrfurchtsvollem Schritt,
Nehmt nicht den Durst nach Gold und Ruhm,
Nach Groß' und Wollust mit;
Denn unser Her; muß cngelrein,
Muß weiß wie unsre Schürze sey».
Die Herzen zu verwahren ist,
Ihr Brüder, unsre Pflicht.
Weh jedem Lehrling, derS vergißt,
Cr dringet weiter nicht;
Denn wer da klebt am Erdenstaub,
Mr den ist unsre Gottheit taub.
Doch
241
Doch wer sein Herz mit Tugend ziert,
Die nicht um Gold vertauscht,
Im Unglück nicht den Muth verliert,
Jin Glück sich nicht berauscht;
Dem winkel sie gefällig zu,
Und führt durch Dornen ihn zur Ruh.
Dann wird er das voll Klarheit sehn.
War Nebel einst umfisng,
Wird da mit sichren Schritten gehn,
Wo er einst wankend gieng,,
Und, lächelnd bei) Profaner Spott,
Im Stillen wohlthun , wie ein Golt.
Ja herrlich ist des Maurers Lohn,
Und mehr als königlich;
Doch tragt ihn jener nur davon,
L D-k
242
Der schweigt, gehüllt in sich:
Drum schweigr und hofft, vom Morgenthor
Bricht bald ein grvßers Licht hervor.
/
* Lied der Geselle».
^in zur Arbeit wetzt die Keilen
Auf dem würfelgleichen Stein:
Laßt den schwarzen Heuchler bellen
Und beym Pöbel uns berschreyn;
Ruhig in deni Helligthum,
Kümmern wir uns nicht darum.
Lange suchten wir den Frieden,
Den die große Welt nicht giebt , ,
Hier sind wir von ihr geschieden ,
Wo man stille Weisheit lieht,
Wo in Brubercinigkeik
Sich des Edlen Seele freut-
Q r streu-
Freude, die so wohl der Iugrud,
Die so wohl dem Alker steht,
Der ist auch kein Freund der Tugend,
Der auf dich, du Holde schmäht,.
Ruh Und sanfter Friede spricht
'Won des Weisen Angesicht.
Dankbarfrvh wird er empfinden,
Was sein Gott ihm Gutes gab,
Wird mit Blumen sich umwinde»
Seines Lebens Pilgerstab,
Und, so bald sein Schicksal ruft,
Ruhig wandern m die Gruft»
-45
Lied der Meister,
-- - -'klrr ,')r. ' -j)rf
trocknet, ihr Meister vom Auge die Tbrcinm,
Laßt nicht mehr die Klagen Verwaister ertönen
An diesem noch finstern, noch schrecklichen Ort.
Lobstnget dem Meister, sein Geist überschattet
Roch immer die Seinen; die Reich' ist bestattet
Und wieder gefunden das heilige Won-
O Z
Bey dem mit dem Dornzmeig bezeichneten Hügel,
Da lernet, ihr Meister wie heilig das Siegel
Der dreymal gelobten Verschwiegenheit scy:
Hier lernet zum Heile der Brüder das Leben
Verachten und böser Gewalt widerstreben,
Man zwinget nur Sclavcn, der Maurer bleibt frey.
246
Drum kann cs nicht argen Gesellen gelingen,
(Und trügen sie Kronen; 1 das Wort zu erzwingen,
Das selber der Weise nur mühsam erräth.
Kann den wohl das Drohen der Sterblichen beugen,
Der Gott sich vertrauet, und Sterben und Schweigen
Ist. das nicht die Kunst, die der Meister versteht;?'
iu;,
Vor
-47
Vor -er Tafel zu singen,
Annen Biedermann entweiht
Nach der Arbeit Fröhlichkeit:
Drnm so laßt uns fröhlich seyn;
Bringt uns Speisen, schaßt uns Wein.
Erst vergeßt die große Wicht
(Segen ihn, dem Geber, nicht.
Diesem weihet euer» Dank,
Dieser segne Speis' und Trank.
Und dann sitzt mit freycm Sinn
Au dem kleinen Mahle hin;
Bon der lästgen Tyrannei)
Steifer Etiquctle srcy.
O 4 Hoch-
-48
Hochmuth ist uns unbekannt
t
Gleichheit schürzt des Ordens Band ,
Bruderlieb' ist unser Schwur,
Bruderliebe gilt hier nur.
Ta-
o 'A
Tafelljed. .2
Mögen die zu Fürstenschmäusen
rind z» Prasserkafeln gehn,
Die ein Mahl von wenig Speisen
Aus der Liebe Hand verschmäh» r
Ilnsern Tisch im Heiligthume
Deckt gesunde Massigkeit,
Und der Witz hat manche Blume
Lächelnd drüber her gestreut.
Auf zur Freud'! ihr hold Gelächter
Töne durch den ganzen Saal!
Keinen einzigen Verächter
Zähle sie bey unserm Mahl;
Lasset laute Feuer krachen,
Bis die Glaskanone bricht.
Mur vergesset unterm Lachen
Jener, welche weinen, -nicht.
-5i
>7 :^-::: 1r.:or..ß L su>§
Lied, im Chor zu singen- >2
s^jsl s-H?L' s ? ^mr
E'Usteuch von hier' stnheill;er PÄek , ----
Entweihe diesen Tempel nicht;
Hier glänzt durch der Symbole Nebel
Dem Maurerrmur ein Wundeklichr;nn rir.2
Ihr edlen Brüder, ailsrrkohrr!t,r^„- i ,
Dem Wunderlichte uachzugehn,
Auf! laßt uns zeigen, dcch die Thoren
Mit Unrecht unser Bünduiß schmähn.
2hör. . . j
Auf! laßt uns siegen , .daß die Thoren
Mit Unrecht unser Bündniß schmähn.
5aßt laut des Meisters L»b.erschallen,
Der diese schöne Welt gebaut,
Und
-Z2
Und jetzt mit heiligem Gefallen
Auf Brüderarbeit niederschaut.
Laßt uns der Armen nicht vergessen,
Durch Hülfe sic, durch Trost erfteun,
Laßt usis im Glücke nicht vermessen
Und nicht verzagt im Unglück seyn.
Chor.
Laßt unS im Glücke nicht vermesse»
Und nicht verzagt im Unglück seyn.
Zwar wechselt Freude mit Beschwerde
'i. - «,-U , l -HrÜ 7^?,^ ! ,- »
Und Fröhlichkeit mit Kummer ab;
Doch istS so schlimm nicht auf der Erde
Und eben ost der Weg zum Grab.
Dieß fühlen wir an dieser Stä'tte,
Wo kein Derrä'ther uns beschleicht,
Wir alle, Glieder einer Kette,
Die bis jus besrre Leben reicht.
Wir
252
Lhor.
Wir alle, Glieder einer Kette,
Dir bis ins beßre Leben reicht.
Dir ganze Menschheit zu beglücken
Sey unser heiliges Bemüh»;
Doch im Dorbeygehu laßt uns pflücken
Die Blumen, die auch Weisen blüh».
Auch sie erquickt das Blut der Reben,
Der Freundschaft Scherz, der Liebe Kuß.
Genießet! der es euch gegeben,
Den ehret mäßiger Genuß.
Chor.
Grnießet! der cs euch gegeben,
Den rhret mäßiger Genuß.
Schmr--
-54
Schw esternlied.
Stark, Natur, sind deine Triebe,^
Und dem Maurer auch bekannt;
Denn mit tugendhafter Liebe
Gehet Weisheit Hand in Hand.
Drum laßt eines unsrer Lieder
Guten Schwestern heilig seyn,
Und die Herzen aller Brüder
Ihrer Trefflichkeit sich freun.
Dank soll unsrer Lipp' entschweben,
Wenn sie von den Edlen spricht;
Ihnen danken wir das Arbeit
Und der Kindheit Unterricht,
N-
-55
Ihnen «lle da« Entzücken,
So dck IünglingS Herz empört,
Wenn cr unter Händedrücken
Keuscher Liebe Lund beschwört;
Ihnen Trost in assen Leiden,
Häusliche Zufriedenheit
Und die nahmen'osen Freuden
Laierlicher Zärtlichkeit:
Selbst am Abende der Jahre
Sind sie unsers Alters Stab,
Weinen über unsrer Bahre
Und bekränzen unser Grab.
Ket-
2Z6
Kettenlied
Ehnder füget Hand in Hand;
Denket daß rin heilig Ban-
Alle Maurer fest verbindet.
Unsre Kunst wird ausgcübl,
Wo man hohe Weisheit liebt«
Wo man Tugendsrcunde ftudel.
In der Welt find wir zerstreut«
Aber durch Beharrlichkeit
Reift der Beßre doch dem Lohne;
Diesen hofft und lost aufs Wohl
Mer, die von Pol zu Pol
Mit uns mauern, die Kanone.
M
-57
An die Brüder der wahren Eintracht,*)
als ich und Prandstetter ihrer Loge
einverleibt wurden.
Als Orpheus noch ein kleiner Rahme war,
Noch nicht berühmt durchs ganz« Griechenland,
Noch nicht verehrt vom Volk, dem er nachher
Gesetze, gute Sitten, Gotter gab;
Da zog sein Herz, in welchem schon der Keim
Der künstgen Große lag , nach Memphis ihn:
Hier pocht' er an geheimer Weisheit Thor,
Man that ihm willig auf, man ließ ihn ein,
Gewöhnte nach und nach ans heilge Licht
Sein
(*) Diese Loge war auf dem Wege unter der Leitung
des berühmten Herrn von Born eine Pflanzschule
der Gelehrsamkeit, und aller schonen und nützli¬
chen Kenntnisse zu werden. Doch ein gewisser
Umstand vernichtete den Plan dieses großen Man¬
nes. kerur nmuia ^uppirer -Lege-L Driuwlulic.
R
-Z?
Sein blödes Ang', und als es stark genug
Geworden , führte man ins Innerste
Den edlen Sänger; klein war dich Gemach,
Für wenig Auserkohrne nur bestimmt,
(Denn ach es gab zu jenen Zeiten auch
Schon eingeweihten Pöbel, der voll Stolz
Mit dem Geräth im Vorsaal tändelte,
Der ernstlich des gefleckten Apis (') Horn,
Den Hundskopf des Anubis und den Schweif
Des Heilgen Krokodills anbethete)
Ein hehres Weib stand mitten im Gemach;
Ihr Nahm' ist Wahrheit, und sie floh, verbannt
Von Königen, in diesen stillen Kreis.
Verschleiert war ihr Antlitz, doch es floß
Ein Luft der Gottheit von der Holden her.
Hast du den Muth sic zu enthüllen? sagt
Dem staunenden, gerührten Jünglinge
Der
C) Der Apis mußte auf der rechten Seite einen mond-
ähnlichen Hecken haben. /
-59
Der Oberpriester, und der Jüngling geht,
Zieht ihr den Schleyer von dem Angesicht,
Umfaßt sie als Geliebte, schwöret ihr
Den Schwur der ewgen-Treu und brach ihn nie.
Doch weil er wußte, daß die Göttinn nackt
Unheilgen Augen sich nicht zeugen kann,
So gab er, (eine Vorsicht , die nachher,
Um Thoren nicht ein Ärgerniß zu seyn.
Die Weisen aller Völker nachaeahmr
Und noch nachahmen,) dem Ägyptischen
Gewand der Göttin einen Griechschen Schnitt.
Wir, die wir heul an eurer Thür gepocht,
Wir haben von dem Sanger Thraciens
Nichts, als nur WahrheitSlieb' und Folgsamkeit;
Und dennoch nahmt ihr uns so freundlich auf,
Als einst Evander die vertriebenen
Trojaner nach dem Einsturz JljvnS, 0
R r Du (*)
(*) Die Loge, auS der tyir übertraten, hörte dazumal
zu arbeiten auf.
26s
Du, der in Weiser Hand den Hammer führt
Und einen Zepter führte, wenn um Golt
Die Menschen Ließ verdienten, edler Born,
Empfang' itzt unfern Dank und ihr mit ihm,
Geliebte Bruder, wir vergleichen euch
Dem Heilgen Ocean , denn dieser nimmt
Nicht große Flüsse nur, auch Bächlein auf.
Bey
f
A'
Vey der Aufnahme
eines Geistlichen.
d"rstkr Gottes ! ein heiliger Nähme, von Himme
bewohnern
Selber mit Ehrfurcht genannt: er ist cin Bothe d "
Friedens,
Aon dem Throne der Allmacht zu seinen Brüdern ge¬
sendet.
Gleichviel, in Rücksicht auf das, was seine, Tugenden
wirken,
Gleichviel ob ein gekräuseltes Tuch auf des Redliche»
Busen,
Oder ein Brustbild ruht mit den Nahmen von Israels
Stämmen:
Ob ein grüner Turban, mit Einer Spitze versehen
Ader die Insul, mit zweyen versehn, die Scheit?!
ihm decket,
R g lind
L6i,
er durch Schneiden oder Begießen die Menschen
entsündigt
D*' aus Sklaven der Hölle zu Gottes Heiligen um-
schafft.
G? e Beredsamkeit strömt von seinen lehrenden Lippen,
A der Tugenden höchste, die Liebe, wurzelt in seinem
osen Herzen, Gefälligkeit, Scherz und himmlische
Ruhe,
,sicht, lachender Witz, der bessert ohne zu stechen
nd die Früchte davon', die segnend die Menschheit
genießet.
Priester Gottes! ein Nähme des Schreckens, dort
u^ten im Abgrund
Don unseligen GeisterHml^ wilder Freude gebrüstet,
Und von ihnen zum Unglück der weinenden Mensch¬
heit gemißbraucht.
Gleichviel ob er zum Papste von, Rom, zum Papste
von Hamburg
Lder von Stambul gehört, in seiner mordenden Rechte
Schwingt
26z
Schwingt er den schrecklichen Ban »strahl, dem W A«
rich Salmvneus vcrgleichbM-.
(Der auch hat mit dem Donnergott in die Wctl^ge¬
donnert ,)
Selbst sein Athcm vergiftet, sein Münd heisst Kö¬
nige morden,
Wenn sie nur wenige Körner aus seinen strotzenden
Scheuern
Nahmen, den hungernden Armen damit vom Tode
zu retten.
Gerne hieb' er sie ab, die Hand des kühneren Weisen,
Der die Fesseln zerbricht, die Rönimerarglist ge¬
schmiedet.
Seine Red' ist Betrug, sein Wandel Gleißen, das
Bethen
Ist ein Lipxengebcth und die Unfehlbarkeit kügc.
Siehe zweh Bilder und beyde mit krenem Pinsel
gcmahlet!
R 4 Wähle
(,) S. LirailsÄncie VI. 590
r64
Wähle darunter, doch Bruder, du hast schon darun¬
ter gewählet,
Hast das zweyte verabscheut, dem erste» zu gleichen
geschworen;
Darum wünschtest du dich in diese Hallen der Weis¬
heit,
Darum siehst du dich itzt von uns als Brüder um¬
armet.
An
26z
An neu beförderte Gesellen.
^reud' ist unsere Lebens Würze;
Sie vergütet dessen Kürze,
Sic erleichtert dessen Müh;
Lacht dem Alter wie der Jugend;
Aber Freunde nur Key Tugend
Und bey Weisheit wohnet ste.
In des Reichen Prunkgemächern,
Unter Prassern, bey den Zechern,
An des GeitzeS Harker Thür,
Und wo man allein den Sinnen
Thierisch frvhnl, bey Buhlerinnen
Forschet man umsonst nach ihr.
R Z Aber
r66
Aber nach der Maurer Hallen
Pflegt die Götlinn hinzuwallen
Bey dem ersten Hammerschlag.
Hier sieht sie kein Auge trübe:
Denn was ist, das Bruderliebe
Zn erleichtern nicht vermag?
Die ihr itzo zu Gesellen
Neu befördert, blanke Kellen
Und geschmückte Schürzen tragt,
Habt ihr heut in unserm Kreise
Auf der angenehmen Reife
Wohl umsonst nach ihr gefragt?
Can-
»67
Cantate,
gesungen , als man den Geburtstag des Gro߬
meisters, H. von Born scherte.
Tag, der du vor allen deinen Brüdern
Uns freudenvoll und heilig bist,
O Festtag sei) mit Saitenspiel und Liedern
In unftrm Heiligthum gegrüßt!
Dir schmücket schön sich diese Halle,
Dir, der darein den größten Schmuck uns gab!
Dir huldigen die Maurer alle,
' Dir feuern sic mit lamem Knalle
Die fröhlichen Kanonen ab.
Ihr Brüder hört! vcy dieser Fey er
Erhebt sich Polyhymuia
Und singt in ihre goldne Leycr,
Was sie bcy der Geburt des edlen Meisters sah.
?lls in der seligsten der Stunden
Er sich dein Schooß der Mutter lvsgewunden»
Und
268
Und nun der erste Strahl ihm in das Auge schien;
Da ließen sich die zwey wohlihätigsten der Feen
Die Weisheit und die Lied' an seiner Wiege sehen,
Und küßten und begabten ihn.
Die Weisheit kam zuerst, sie kam in dem Gcleik
Der w issenschaftcn, diese zeugte
Eie alle mit dem Freist, sie neigte
Sich zu dem Kind und sprach mit holder Freundlich keit
Den Scharfblick, welcher tief ins Mark der Wesen
dringet»
Und der das erste Glied von jener Kett' entdeckt,
Das die Natur rings um den Weltball schlinget,
Doch deren Anfang sie dem Auge deß versteckt,
Den ich nicht selbst gestärkct habe,
Den Scharfblick nimm von mir als meine beßte Gabe.
Sie schwieg und itzund eilt hervor
Ihr glänzendes Gefolg' und singt in Hellem Chor.
Willkommen o lachen lder Knabe,
Geziert mit der herrlichsten Gabe,
Dir Weisheit zu geben vermag!
Ha l
Ha! wo man die Göttliche kennet,
Wirst du auch, ihr Liebling, genennet ,
Gefeyrrt »er heutige Tag.
Sie endigten den ReihcnAng noch nicht,
Als Liebe schon zur Wiege tritt und spricht.
Ein Herz, wodurch er sich mit Andern redlich kränket,
Wodurch er sich mit Andern redlich freut,
ilnd alles, was das Glück an Schätzen ihm verleiht,
In den noch großem Schatz, den ihm die Weisheit
schenket,
Auf Zinsen sür die Menschheit legt,
Eich immer fester an sie kettet,
Und, durch den leisesten der Seufzer ganz erregt,
Ein beßrer Cäsar kommt und sieht und rettet,
Dies; Herz, das Heiligste, was Liebe geben rann,
Nimm, Neugeborener, aus ihren Händen an-
Als sie geendiget, so dringen
Tie Tugenden, die ihr zur Seite gehn ,
Wetteifernd zu dein Kind, umstehn
Wie Engel seine Wieg' und singen.
270
Knabe, wachse bald heran,
Du bestimmt, daß dir, als Mann,
Ihren heißen Dank zu weinen,
Liele Gute sich Vereinen;
Knabe wachse bald heran.
Doch wer tritt igt Herrin, in einem blauen Kleide
Mit Gold durchwirkt ? wer bist du, Lichtgestalt,
Die immer näher, naher wallt?
Ha nun erkenn' ich dich an deinem HalSgeschmeide,
Dem goldnen Winkelmaß! scy mir durch dreimal drey,
Eegrüßct, Gvttinn Maurerey!
Auch du willst ihn zu deinem Sohne,
Zu deinem LieblingSfohne weihn,
Wohl dir! so glänzet noch kein einzger Edelstein
In deiner königlichen Krone,
Wie dieser glänzen wird; du streust
Auf seine Wiege weiß' und rothe Rosen ,
Neigst dich hinab, ihn ljebzukosen,
lind wendest dich und prsphezeihst.
IM
Ihm wird dereinst der Hammer anderrraut;
Und herrlich ist der Tempel, den er dank.
In Eintracht und in Harmonie
Reiht er zum Bau die Ordensglieder,
Lehrt als ein Weiser seine Brüder,
Und als ein Vater liebt er sie.
Erfüllt ist, was die Göttin» sprach;
Drum edle Brüder singet nach:
In Eintracht und in Harmonie
Reiht er zum Bau die Ordeusgliedcr,
Lehrt als ein Weiser seine Brüder,
Und als ein Vater liebt er sie.
r?r
Cantate,
gesungen am Stiftungstage der Loge zur
wahren Eintracht.
; doch bleibts dem Blick
Dks'Mbels ewig unbemerket.
Ihr aber, die ihr uns noch immer haßt und
> scheut,
O Fürsten, uns, die Gott, euch und die Tugend ehren.
Die Meirichen Menschenliebe lehren,
Für eurer Staaten SichcrlM,
Für euer hohes Wohlergehen
Ost wachen, stets zum Himmel flehen,
O Fürsten, könntet ihrs verstehen
Daß, wann in blindem Zorn ihr unsern Orden schlagt,
Ihr
Ihr ost zu gleicher Zeit mit Stolz sein Zeichen trogt,
Und' daß derselbe Stern, der uns zur Ruhe führet,
Nicht unsre Loge nur , auch eueru Busen zieret.
Doch Muse weiter nicht!
Du weißt es, heilig ist der Schleyer,
Mit dem ihr blendend Angesicht,
(Tritt sie einher in königlicher Fcyer,)
Die Gvttinn unsers Temxels deckt.
Schleuß deine stürmenden Gefühle
In deinem Busen ein, und deinem Saitenspiele
Entfahre nie ein Ton, der böse Schläfer weckt.
Man steiget nur, man springt nicht auf den Stufen;
Erwählt sind wenige, sind viele gleich berufen.
Jetzt aber hebt den Geest empor
Hoch über Crdctand, und preist in lautem Chor
Den Unermeßlichen, der sich in seinem Bilde,
Jem Menschen, ehrt, und besten Daterhand
Den Orden deckt mit diamantnem Schilde,
So daß er sich auf manchem heißen Sand
In manchem dornigen Gefilde
286
Erst Mumm, dann auch Lorber sand,
Die schön geflochten sich um seine Schlafe ziehen
Und bey dem Hydrahauch der Neides nicht verblühen,
Zu diesem guten Gott hebt euern Geist empor
Und preiset ihn, vereint in einem lauten Chor.
Brauset Saiten, frohe Brüder singet,
Saget, was der Herr an uns gethau!
Opfer, so die Bruderliebe bringet,
Nehme gnädig unser Vater an.
Jetzt und Ewigkeiten lang
Lön' ihm unser Lobgesang! -
Mer
287
Über rieUttduldsamkeitin derMaurerey.
(geliebte Brüder, nimmt man unsre Reden
Und die mit Selbstlob vollgestoften Lieder
Zum Maßstab unserS Werths, so sind wir große,
Ganz außerordentliche Menschen, weit
Erhaben über den profanen Troß-,
Die Weihe hat ein wahres Seelenwuuder,
Sie hat an uns bewirket, was die Schaar
Der Theologen von der Gnade rühmt,
Sie hat den innern Menschen umgrschaffen.
Mir haben mit den Kleidern und Metallen
Auch Stolz m>d Neid und Härte vor der Thür
Des HeiligthumS auf ewig abgelegt,
Und mit der iOrdensschürze Reinigkeil
Der Sitten, Herzensgute, warme Liebe
Lu allen Maunrbrüdern angenommen¬
em
288
Ei» herrlich Lob! nur Schade, daß'man hierin
Autoren gleicht, die selbst sich recensiren.
Fern seys von mir der Maurerey die Fehler
Der Maurer anzurechncn, den gebiert
Nicht manches edle Weib unedle Söhre?
Tern seys von mir, den Segen zu verkennen,
Ker auf die Menschheit durch den Orden kam.
Doch wenn ein frcyer Mann, zu sreyen Männer»
Zu Brüdern redet, so geziemt es sich,
Daß man nicht stets des Lobes Rauchfaß schwinge,
Eeziemts sich, daß man deutsch und offenherzig
Auch ruf: es ist nicht recht! hier irret ihr;
Und dieß zu rufen, Brüder, trat ich auf.
Unduldsamkeit, seit zwanzig Jahre» schon
Entehrest du die edle Maurerey
Und machest uns in unfern eignen Auge»
Und in den Augen der Profanen klein!
Gleich Anfangs, als ich in den Orden trat,
Da hort' ich ältre Brüder, deren Stirn
Ast Hohen Grade lief gefaltet hatten,
LI-
7
Don andern Maurern reden, die zu unserm
Alleine seligmachendem System
Sich nicht bekannten: das Freymaurerrhum
Ward ihnen zwar nicht völlig abgestritten:
Doch half es ihnen nach der strengen Lehre
Der Hochbegradelm, was bösen Ketzern
Das Christenthum nach Merzens Lehre hilft,
Nur desto mehr Verdammnis? zu erlangen.
Befremdet, ich bekenn' es, theure Brüder,
Recht sehr befremdet hat mich diese Rede.
Ich konnte leicht errathen, daß die andre
Won uns verdammte Maurerclaff' auch uns
Aus eben diesem Grund verdammen würde:
Die Ehrfurcht, die ich für den Orden hegte,
.Verminderte fich merklich, und der Traum
Don einer allgemeine» Liebe schwand.
Ich deutete deS Heilands Prophezeihung (')
Don täuschenden Propheten, welche viele
Der»
C) Matthäus am 24. Cap,
T
290
verfuhren, von dec Ungerechtigkeit,
Die überhand genommen, und der kan.
Gewordncn Lieb' auf uns und unfern Orden.
Verzeihet mir, verzeiht mir Liese Deutung!
Kein Neuling » welcher nicht den Fanatismus
Und Len Verfolgungsgeist in unsre Halle»
Schon mitgebracht, hä'kt' ein gelinder Unheil,
Als ich, gefallet; denn das Ärgerniß .
Mar nicht genommen, nein, c§ war gegeben-
Wahr isis, der Aufgenvmmue lernet bald
Es rühre hier, wie bey dem Christenthum,
Das Treffliche vvin Institute selbst,
DaS Böse »vn den Gliedern und besonders
Den Priester» und den Hvchgeweihten her.
Allein was frommt ihm diese Kenmniß? Nichts
Denn tritt er keinem engern Zirkel bey,
So harret Kalksinn und Verachtung sein;
Und tritt er einem bey , so ist der Argwohn
Von denen, welche nicht dazu gehören,
Ja selbst ihr Haß sein unvermeidlich LoS.
Sic
LYI
Sie rufen aus der Bibel, welcher sie
Nur Erft entsauzt, einander zu: wer immer
Nicht so wie wir, glaubt, sey Anathcm»
Maharam, Motha, (H so, so rufen sie.
Was aber übrigek dem Biedermann,
Als sich zurück zu ziehen und zu klagen?
O Gott, du Gott des Friedens und der Liebe
Wir konntest du doch den auf Lieb' und Friederi
Gebauten Tempel, den geweihten Sitz
Der Freundschaft in die Hände maurerischer
Gregvrien und Jnnocenze geben?
Wenn so die Eingeweihten selber denken,
Wie werden erst uns die Profanen richten?
Und solche, die wir nicht mit einem Oeli
kroforun. vnlgur, mit Lttwc eXLP
Abweisen dürfen; denn wer könnte zweifeln,
Lb sic auch unsre Zwistigkeiten wissen.
T r Dasi
?) Verbannt verflucht und auSgtthan. Paulus an die
Lor, I iS. Cap-
292
Wir lassens ja nicht dabey bloß bewenden,
Daß unsre Hallen stets von lautem Hader
lind Zank, ertönen, nein, auch außerhalb
Wie innerhalb der Mauern (H streiten wir.
Wir stellen uns auf offnen Markt und scheeyil,
Wenn unsre Stimme nicht erklecklich ist,
Durch unsre Schriften, dieser oder jener
Freymaurcr, dessen Kehler unsre Relle
Vermauern sollte, sey rin abgesäumter
Betrüger, sey an dem geweihten Körper
Der Maurerey ein Auswuchs, ein Geschwür
Und bliebe den Profanen ja noch etwas
Ton unsrer dreymal heiligen Polemik
Verborgen, unbcmerkel, so ersetzt
Die alsternmäßige Geschwätzigkeit
Höchwürdger Brüder diesen Abgang reichlich.
Warum auch sollte man die Pflicht zu schweigen
Wehr achten, als der Bruderliebe Pflicht?
. Run (*)
(*) lilacew inira miiroL xsccsmr ec extra.
29Z
Nun nehmet an, daß unter die Profanen
Auch der Monarch gehör': er scy ei» edler,
Ein aufgeklärter Fürst, er kniee nicht
Als Beichtkind vor Torrubieu <*) er hör'
Jin Cabinette die Tanucci nicht,
Noch im entehrten Rathssaal die Pallante.
Ihm habe manche gute Thak der Maurer
Hochachtung für den Orden abgelockt,
Und den Entschluß, ihn so, wie Friederich,
Mit seinem eignen Beitritt oder doch
Mik Schutz und Frcyheitsbriefen zu beehren.
Kaum als der Ruf die Nachricht in dem Land
Verbreitet , sieh! da kommen alle Häupter
Der Maurer vor des guten Königs Thron.
Der Cine, welchem grün' und rothe Bänder
Um Hals und Schultern mit Geräusche flattern,
L Z Thut
O P. Torrubia ist aus der Schildwache gegen die
Freymaurer. Tanucci und pallante sind aus
der Derfvlgungsgeschichte der Maurer in .Neapel
bekannt.
294
Thur seine Herkunft ans dem alten Land
Ter Ealedvnier nicht ahne Stolz,
Richt ohne prächtige Verheissungen
Dem Fürsten" kund: in meinen Logen funkelt
Das wahre Licht; langst steh ich in Verbindung
Mil den erfahrnsten Meistern Edinburgh,
Don denen England selbst gelernt, und schöpf'
Aus einem reinen, ungetrübten Quell.
Nicht doch, so ruft ein zweyter, denn der Sitz
Der edlen Kunst ist Philadelphia.
Den Hahn, den Fuchs, den Storch, den Löwen leg'ich
Hier zu den Fußen Eurer Majestät;
Beglückt, beglückt, wer diese Thiere kennt!
O welche tolle Schwärmerei), so schrspt
Ein dritter, hoffen diese Gauckler denn
Die Hellen Augen Eurer Majestät
Mit ihrem eitlen Dunste zu umnebeln?
Kein Trost kein Heil ist außer Palestina
Bemerken Eure Majestät den Jordan,
Der meinen bilderreichen Teppich netzt.
Hier
295
Heer ist Jerusalem und hier der Tempel
Des weisen Salomo, wozu ein goldner,
Doch Sriimpern ewig unbrauchbarer Schlüssel
An meiner purpurfarbnen Schürze hänge.
Der alke Gnadcnbund hat aufgehört ,
Fällt ihm ein vierter hastig in die Rede:
Drum ist aus meinem Teppiche das neue
Jerusalem, die vier Evangelisten
Und ihre Thiere, die ich flugs auf jeden,
Der mir entgegen bellet, Hetzen will.
Der heilige Johannes schenkte mir
Vor hundert taufend Andern sein Vertrauen
Auch mißt mein Catcchismus sich im Punck
Der Deutlichkeit mit seiner Osseubarung.
Das ist wohl etwas, sagt ein Fünfter, etwas,
Doch nur das Alvabek, wer nicht die Kraft
Der Priesterweih, die Kraft der Messe kennt,
Der ist und bleibt ein Lehrling in der Kunst.!
Der arme Fürst, der diese Tollhausreden
Anhörcn muß! ach! wie wird er vom Orden,
T 4 Wie
ry6
Wie jede e Kluge denken, wenn er sicht,
Daß dessen Glieder selbst einander feindlich
Aufreiben, wie das Volk, das durch die Sauna
Der Schlangenzähne schnell der Erd' entkeimte.
Und glaubt ihr denn, daß uns die schlechte Meinung
Vernünftiger Profanen wenig schadet?
Sie hält die allerwürdigsten vom Orden
Entfernt und streuet auf die Lebensbahn
Der armen Brüder manchen spitzen Dorn.
Doch immerhin! laßt uns auch dieß ertragen,
Wenn nur die innere Zufriedenheit
Die Hoffnungen, die uns der Orden macht,
lind das Vergnügen, das er uns gewährt,
Uns dieser Übel wegen schadlos halten.
Allein Unduldsamkeit stört, untergräbt
Des Ordens innre Ruh und guten Zwecke
Nicht minder, als sic seinen Ruhm befleckt.
Veredelung des Geistes und des Herzens
Vertraulichkeit, ein Umgang, welchen Achtung
Und Freundschaft heiligt, wechselseitige Hülfe
Und
297
Und die Entzieferung der Bildersprache
Sind unsers Ordens anerkannte Zwecke
Ob einer dieser Zweck' am andern hange,
Wie Glieder einer Kette, deren letztes
Don reinem Gold und in der Weisheit Osen
Geschmiedet, königlich den Forscher lohnt ;
Das weiß ich euch auf Ehre nicht zu sagen.
Lilleicbt hat diese Meinung Grund, villeicht
Gehöret sie zu jenen schönen Träumen,
Aus denen man sich ungern wecken läßt-
Genug, wenn sonder Aneinanderketlung
Ein jeder dieser Zwecke möglich, edel
Belohnend ist für den, der ihn erstrebt.
Und, Brüder, alle diese Zwecke tritt
Unduldsamkeit mit stolzem Fuße nieder.
Denkt euch in einer Loge sitz' ein solcher
Großinquisitor auf dem Mcisterstuhl.
Don seiner eigenen Unfehlbarkeit
Weit fester überzeugt, als je ein Papst
War oder schien, halt er ein flüchtig Wort
T 2 Aus
Aus seinem Mund für einen Gvtterspruch,
lind seden Bruder der ihm sklavisch nicht
Nachbethen will, für einen Blöden, dessen
Zu schwaches Auge bey so vielem Glanz
Erblindet, oder gar für einen Starrkopf,
So der erkannten Wahrheit widerstrebt.
Partheylichkeit, Verachtung, Despotismus ,
Cabale, Mißtraue» schwingen ihren Zepter
Von Bley bey den Berathungen der Loge,
Ja, sie beschmchen den Harpyjcn gleich
So gar das brüderliche Liebesmahl.
DaS Beyspi.l dieses höchst unwürdigen
Hochwürdigcn wirkt auch auf seine Brüder.
Durch schnöde Prahlerei) durch WcrbnngSsucht
llnd durch Verachtung anders Denkender
Streun diese Niederträchtigen den Sanken
Der Zwietracht auch in andern Logen auS.
Laßt fremde Brüder an die Thüre pochen,
Der Guardian von diesem Mönchconvent
Aust ihnen schimpflich zu: Was suchet ihr
3"
Zn meinem Heiligthum, Verblendete l
Ich kenne die Gesinnungen der Loge,
In der ihr stümpert, wohl, drum lass' ich euch
Die meine nie betreten; mein Gewissen
Verbeut es mir; (') fünf Spitzen, fünfe nur
Har euer Stern, auch fehlen die drey Fenster
Auf eurem Teppich; ja , man sagt so gar
Ihr lehrtet, daß die Salomouschcn Säulen
Nur dreißig Ellen in der Höhe halten;
Da doch die Schrift und die Vernunft beweist,
Daß ihr um drey, ja vier Zoll euch verrechnet-
Die Fremden zieh» , von dieser Arithmetik
Nicht sehr erbaut, mit schwerem Herzen weg,
Und klagen die erlittene Beschimpfung
Den
H Der Vorsteher eines in Deutschland ziemlich ver»
breitete» SystemeS, den ich gefragt hatte; warum
er den Besuch von Brüdern anderer Systeme auch
nicht einmal bry AufnahmSlogen der untersten
Grade gestattete, antwortete mjr: eS sey gegen
sein Gewissen. Und dieser Vorsteher ist cin Gelchr,
ter: soweit hat die Unduldsamkeit um sich gegriffen.
^00
Den Ihrigen; so gleich beschließet man,
Die Repressalien vom Völkerrecht
Herüber in das Maurerrecht zu nehmen,
Damit der Kaltsinn endlich allgemein
Und jenes heilge Vand zerrissen werde,
Das vormals sich um alle Maurer schlang.
Und wer, wer Lhet wohl Unduldsamkeit
Am meisten aus? gerade jene Brüder,
Die mit Tntrathslung unserer Symbole
Am allereisrigsten beschäftigt sind.
Die Blöden, die nicht sehn, daß sie den Weg
Sich selbst hierdurch versperren, oder doch
Verlängern und verdunkeln und erschweren!
Wir sind, Key Gott! doch alle Suchende;
Und kein System wird seinen Stammbaum bis
Zum Orient vom Paradies hinauf
Berichtigen. mag der und jener auch
Mit breiten Bändern und gestickten Schürzen
Sich vor dem Maurerpöbel brüsten, ja
Sich selbst bereden : er sey nun am Zicl-
Es
ZOI
Es giebk doch Augenblicke, wo gewaltig
Sich das Gewissen reget und es einem
ZurLast wird — ein Komödiant zu seyn.
In einem dieser Augenblicke flisicrt
Genus ihr eignes Herz den Schwärmern zu:
Warum vertilgt ihr andrer Lehre Spuren?
'Vergleichung nur, Benützung fremder Einsicht
Fuhrt euch der tief verborgnen Wahrheit zu.
Doch nun genug von diesen Unduldsamen!
Wir aber freuen uns, das iure Zahl
Mit jeder neuen Sonne sich vermindert.
Daß unser großer Bruder Ferdinand,
Auch hier ein Held , das Dorurtheil bekämpft
Und deine Fahne, Duldung, aufgrsteckt.
Wir schwören auch zu dieser Heilgen Fahne
Und offnen jedem, der den Drudernahmen
Empfangen und durch Laster nicht verwirkt.
Richt unsre Thüre nur, auch unser Herz»
An-
ZVL
Anmerkung»
Dieser Aufsah ls! nichts anders, als eine
vcrsificirte Rede. Ich wollte nützliche Wahr¬
heiten und heilsame Ermahnungen auf eine
überzeugende, auf eine für jedermann fa߬
liche Art vortragen. Eine solche Absicht
wird wie ich hoffe das Unpoetische dieser
Predigt hinlänglich entschuldigen.
A-
Agamemnon
Ein Trauerspiel des Seneca.
An
-i>o
An Denis.
^ch stieg auf des Helicons Klippe,
(ES war schon am Morgen schwühh)
lind trank mit gieriger Lippe
Am Borne der Aganippe
Den heißen Gaumen mir kühl;
Dann streckt' ich die müden Glieder
Im schattigen Lorberhain
Auf driftende Rosen nieder,
Nickt' und schlief ein.
Sattste Harmoničen dringen
Plötzlich in mein Ohr;
Ich erwach', ich fahr' empor,
Alle Muse» singe»
Wechselweis' im Chor ;
Ihre gvldiie Leyer
Ist zu dieser Feyrr
Ne«
lk
Zc-6
Neu begränzk ,
Freud' eutglänzt
Ihrem Aug', 7
Diesem auch ward von Äpollen
Wiederum das Licht verlieh«,
Und frolockcnd sehn sie ihn
Täglich nun im schimmerbollrit
Wagen den Olymp durchzieh«.
Aber ich kann nun nicht länger
Meiner Wißgiet widerstehn,
Mer, so frag' ich, darf dem Sanger
Des Achill zur Seite gehn?
Wie? du schwingest eine Harfe
In der linken Hand?
An der rechten ruht der scharfe, -
Silberblanke Speer, verwandt? O
Ähnlich den Kometenschweifen.
Zieht er Helle, lange Streifen
Hinter dir im Sand.
U L und
S) Dieses war Key den Helden Ässians ein Zeichen
des Friede ns.
Zog
Und in cuerm Vaterland
Rust Callioxe, verehrte
Niemand noch den greisen Held ?
Der vom Lied und aus dem Feld
Jederzeit als Sieger kehrte,
Fingals großen Sohn,
Den ich selbst den Heldenton
In dem fernen Norden lehrte,
Ob er gleich erst itzund sich,
Itzund erst zu mir bekehrte.
Wenn ich seiner Seele mich
Zn der Mitternacht bemustert,
Zu Gesängen sie begeistert
Und dann schnell entwich,
Wähnt er, daß die Lustgestalten
Frommer Manen ihn umwallten,
WaS er für ihr Flistern hielt,
War die Luft, die in den Falten
Dieses Kleides saust gespielt.
Doch
Z«'-
Doch ihr edlen Deutschen missen
Sollt ihr länger nicht sein Lied,
Das der Vorzeit Finsternissen
Jüngst ein weiser Schott' entrissen:
In Theresicns Gcbieth
Will ich einen Liebling wählen;
Als Vertrauter Ossians,
Soll er dieses Dichterschwans
Hohe Kunden nacherzählen.
Mein Denis Glück zur Wahl und diesen Händedruck;
Mit Rechte zieret dich Apollos Fcyerschmuck,
Mit Rechte lohnet dich der Beysall wahrer Kenner
Voll Ehrfurcht und gebückt umstehn, wir jünger»
Männer ,
Den Edlen, der zuerst an unsrer Donau Strand
Den dicht verwachsnen Weg zum Musenkempel fand.
Jüngst macht' ich den Versuch, was Seneca, der
kühne
Der weise Seneca von einer Römeebühne
Belehret hat, mein Volk zu lehren; horchest du
U z O
zio
Denis, diesem Lied und nickst ihm Beyfall z« :
Dann, Freund vergönn' es mir, dann will ich voll
Entzücke»
§>aS nicht mißrathne Lied mir deinem Nahmen
schmücken:
Und wenn wir schon im Graft, im Grab, das weich
und kühl
UnS müde Wanderer gelagert, vom Gewühl
Der Welt uns ganz erhöhst; dann zeugt nicht ohne
Klagen,
Nicht ohne Zärtlichkeit in späten Folgetagm
Ein Biedermann von unü; wir waren beyde werth
Ich, daß du mich geschätzt, du, daß ich dich verehrt,
Vor-
3"
Vorbericht.
McreuS erwürgte die Söhne seines Bruders'Thye»
steS, welcher seine Gemahlin» »erführt hatte, und
setzte sie bey einem Mahle dem Vater vor, ein Mahl,
vor dem die Sonne erschrack und znrückwich. Thye-
stes fragte das Orakel zu Delphi, wie er sich an sei¬
nem Bruder rächen könnte. CS rieth ihm seine eige¬
ne Tochter zu beschlafen. Ägisthus war die Frucht
dieser Blutschande. Cr gewann die Liebe Clytmn-
nestrcuS der Gemahlinn Agamemnons, welcher der äl¬
tere Sohn deS Atreus und dazumal vor Troja war,
und tödtete ihn bey seiner Rückkehr.,
U 4 Pk!»
Personen.
sAer Schatten des Thyestes
Clytamnestra
Ihre Säugamme.
Ägisthus.
Chor des Argiberinnen oder Myceiierinnem
Orestes, eine stumme Person.
Agamemnon.
Cassandra.
Eurybates.
Electra. '
Etrophius.
Chor der Trojanerinnen.
Dvlades, eine stumme Person-
3'8
Erste Handlung.
Der Schatten desThyesies
Aus Pluto« Höhlen, au« des Orcus Klüften
Komm' ich, Thycstes, auf die Oberwelt;
Doch sind mir beyde Welten gleich verhaßt;
Hier mach' ich alles fliehn, und dort floh ich.
Mein Herz erschrickt, Angst bebt durch mein Gebein;
Ich seh des Vaters, sch des Bruders Laren,
Hier setzen die Pclasger auf das Haupt
Der neuen Könige di« Krone, hier ist
Der stolzen Zeptersührrr hoher Sitz,
Hier der Vcrsammlungs - hier der Speisesaal.
Zurücke! lieber ain betrübten Pfuhl
Gewöhnet, nah beym Höllenwächter, dessen
Drcyfachcr Hals die schwarze Mähne schüttelt,
Wo der ans schnelle Rad Gcbui)dne sich
In Kreisen dreht, wo, immer rückwärts rollend,
U 5 Der
Zi4
Der Ste:» des Walers Arbeit fruchtlos macht.
Wo au der Leber, die sich stets erneut,
Der Vogel schwelgt, wo mitten unter Quellen
Den Tantalus ein heißer Durst verzehrt,
Wenn er gelauscht nach fliehndem Wasser schnappt,
So schwer bestraft, weil er ein schrecklich Mahl
Den Göttern vorgesezet: doch Ivie klein
Ist sein Thcil an den Sünden unsers Stamms!
Zähl' alle, die der Cnossier als schuldig
Des Mords verurthrilt, du, Thyestes, lassest
S.e all Verbrechen alle hiulcr dir ,
Dein Bruder dich. Mein eignes Eingeweide
Hab' ich bey ihm verzehrt, ich^nurde satt
Von den in meinen Leib begrabnen Söhnen.
Doch hierin machte mich das Glück nicht strafbar.
Ein größers Lasier noch, der Tochter Bett
Beflecken, heißt es mich; ich zage nicht,
Beginne den befchlnen Frevel, daß
Ich Vater aller Kinder Leib genösse.
Nun geht die Tochter, so gcbvth das Schicksal,
Mit
Mit einem Kinde schwanger, welches würdig
Mein, seines Vaters, ist; zu ihrem Ursprung
Ward die Natur von mir zurückgezwungen,
Ward Sohn und Enkel, Anhcrr und Erzeuger,
Gemahl und Vater, Nacht und Tag verworren.
Spat erst, nachdem ich vieles Übel, selbst
Den Tod litt, wird, woran ich schon verzweifelt,
Der Gökterspruch erfüllt; denn Agmemnon,
Er, erst der König aller Könige,
Der Feldherr aller Feldherr», dessen Mispel
Rach sich her tausend Schiffe zog, die weit
Der Troer Meer mit Segeln überdeckten,
Kehrt nun nach zehen Sonnmjahreu, kehrt,
Um seinem Weid den Hals zum Mord zu reichen.
Bald schwimmt dicß Haus in meiner Mörder Blut:
Ich sehe Schwerter , Äxte, Lanzen, seh
Des Königs Haupt, mit schwerem Beil Despalten,
Verbrechen naht und List und Mzrd und Blut.
Die Mahlzeit wird bereitet; heut, Ägisthus,
Ärnd' ich die Früchte deiner Zeugung ein. .
Zi6 '
Waruni drückt Scham dein Angesicht zu Boden?
Warum wankt ungewiß die Rechte dir?
Was überlegst du, marterst dich und fragst:
Ziemt michs? wohl ziemt es dich, sieh auf die Mutter.
Doch ha! warum dehnt diese Sommernacht
Sich plötzlich zu der Winternächte Dauer?
Was hält die sinkenden Gestirn' am Pol?
Ich säume dich, o Sonn', erscheine denn.
er gehet ab.
Lhor der Argiverinnen.
Q Glück wie tauschest du durch Glanz
Die Könige! wie stellest dn
Die Großen an des Abgrunds Rand!
Den Zepterträgern ist kein Tag
Gefahrlos, lacht nie sanfte Ruh;
In ihren Herzen stürmt es stets,
Mit Sorgen wechseln Sorgen ade
Mehr rast des Meeres Ebb' und Fliith
Auf Libyens Sandbänken nicht
Und
Zl7
Und des Euxinus Woge, nah
Dem Eispol schäumt, tief aufgeregt,
Nicht schrecklicher, wann am Olymp
Des nie mcerunter steigenden
Bootes lichter Wangen glanzt,
Als du, o Glück, wen» hoch herab
Du Fürsten schleuderst.
Daß man sie scheue, wünschen sic
Und fürchten sie; die holde Nacht
Versaget ihnen Sicherheit;
Der Schlaf, der Sorgenbändiger,
Entfesselt ihren Busen nicht.
Wo ist ein Schloß, das nicht zerfiel
Durch wechjelseitge Frevelehat,
Nicht durch Nerrälher Waffen litt?
Recht, Zucht und eheliche Treu
Flichn von Len Höfen, sie besucht
Bellona mit der blutgen Faust,
Besucht Erinnys, die den Stolz
Entstammet, die Begleiterinn
Des
Zl8
Der allzu ML'chtgen, deren viel
Jedwede Stunde nirdersiürzt.
Ja wenn auch List und Waffen ruhn ,
Sa sinket doch durch eigenes
Gewicht, was groß ist, beuget doch
Das Glück sich unter seiner Last.
Die Schiffer scheuu auch guten Windj
Wenn er zu stark die Segel schwellt.
Die Thürme, deren stolzes Haust
In hohen Wolken sich verlier:,
Schlägt gern der regenreiche Süd;
Der Wald, boll dichter Schallen, sieht
Bejahrter Stamme Fall; der Blitz
Fährt auf die höchsten Berge hin.
Die ungeheuren Körper sind
Der Krankheit offner, kleines Vieh
Springt auf der Weide hin und her ;
Den höchsten Nacken sucht das Beil.
Wen himmelan Fortuna hebt
Den hebt cs , ihn zu stürzen , nur.
Ein
Ein kleines Glück ist bleibender.
O selig , wer init seinem LovS
In gvldner Mittelmäßigkeit
Zufrieden lebt, am sicheren
Gestade sortgewehet, längst
Der Küste rudert und aus Stolz
Dem offnen Meere nie fein Schiffchen anvertraut.
Zwey-
Z2D
Zweyte Han d lurrg,
Llytämnestra, die Amme.
Llytämuestra
A^as suchst du, feiges Herz, gelinde Mittel
Und wankst? versperrt ist schon der beßre Weg.
Einst halt ich rein des Gatten Bett und Zepter
Bewahret, eine keusche Wittwe; jetzt
Ist Sittsamkeit dahin Recht, Treue, Pflicht
Und Zucht, die, eingebüßt, nie wieder kehrt.
Run laß die Zügel schießen, treibe mich
Au jeder Frcvelrhak, das Laster bahnt
Am sichersten durch Laster sich den Weg.
Geh itzo mit dir selbst zu Rath und denk'
An alle Listen unseres Geschlechts,
An alle Gräuel, welche je ein treulos,
Aus blinder Lieb' unsinnig Weib begann,
Was je stiefmütterliche Hände thaten :
Mas
Was die von böser Brunst ergriffne Jungfrau,
Als sie aus Phasis jni Thcssalschcn Schiff
Entflohen, unternahm, an Dolch und Gift,
Wo nicht, so flieh! mit dem Gefährten dich,
Schnell ans Myern zu fliehen, in ein Schiff.
Was rächst du seigc List mir, Flucht, Verbannung?
Ließ thak die Schwester, mir zicmts mehr zu lhuu«
Die Amme.
L> Königin», berühmte Tochter Ledens,
Was rollest du in deinem Sinne, schweigend,
Unfähig dir zu rathen? welcher Sturm
Durchraset deine ganz empörte Seele?
Schweig immerhin! Schmerz ist auf deinem Antlitz
Mas dich auch quäle, Zeit nur gönne dir:
Lst heilt Verzug das, was Vernunft nicht heilt.
Llvtämuest"«.
Weg mir Verzug; zu diesem ist mein Übel
Zu dringend, Feuer zehrt an meinem Herzen,
Furcht, beygescllc dem Schmerzen, spornet mich,
Meid pocht in meiner Brust, schmachvolle Liebe
L de-
Z22 -
Bejocht die Seell' ; entwindet niie den Sieg ,'
Und Trotz dec Flamme, die mein Herz umgiebt, .
Sträubt sich die Zucht, zwar matt, besieget, nieder-
Eetrelen, dennoch; wild treibls mich umher:
So weiß, bekämpft hier Fluch, dort Sturm das
Meer,
Die Woge nickt, wem sie gehorchen soll.
Drum ist die Herrschaft meiner Hand entschlüpft.
Ich geh, wohin mich Zorn, Schmerz, Hoffnung treibt,
Den Winden übergeben ist mein Schiff.
Für Seelen, welche wanken, ist das Beste,
Dem Zufall sich zu überlassen.
Die Amme.
Blinde
Tollkühnheit nur wählt diesen sich zum Führer.
Tlytamnestra.
Kann der ein ungewisses Übel schenn,
Den schon das größte drückt?
Die
L2Z
Die Amme.
Verbergen, straflos
Bleibt deine Schuld, wenn du sic also laisest,
Llytamnestra.
Hellglänzend sind der Könige Verbrechen.
Die Amme.
Du, die das erste Laster schon gereut,
Du rüstest dich zu einem zwcykcn noch?
Llytamnestra.
Ein Thor hält in der Bosheit Maß..
Die Amme.
Wer Laster
Mit Lastern deckt, der mehret, was er fürchtet,
Llytamnestra.
Durch Feuer auch und Eisen heilet man
Die Amme-
Doch wer versucht das Äußerste zuerst?
Llytamnestra.
Mr höchsten Höh muß ein Verbrecher klimmen.
,r L Die
224
Die Amine.
Denk an der Ehe Heilgen Nahmen
Tlytamnestra.
Ich,
Zehnjährge Wittwe, soll des Gatten achten?
Die Amme.
Erinnre dich der Kinder, die ihr zeugtet,
Llytämn estra.
Und auch der Hochzeitfackcln meiner Tochter?
Achills auch , des von ihm verheißncn Eidams?
Q er hat schön mir Mutter Wort gehalten! C)
Die Amme.
Sie kaufte Wind der Flotte, die gefesselt
Am Ufer stand, dem tragen Meer Bewegung.
Llytamnestra.
D Schmerz! o Scham! ich, aus dem göttlichen
Gc chlcchte Tyndars hab' ein Söhnungsopfer
Der
<*) Als Iphigemia geschlachtet werden sollte ; wurde
sie unter dem Vorwande, ne mit Achillen zu ver¬
loben, von ihrer Mutier weggeMrtt.
325
Der Flotte Griechenlands geboren; ha!
Das sanfte Brautbctt, das er meiner Tochter
Bereitet, sanft, der Peloxidcn werth!
An dem Altäre stand der Vater opfernd,
Ein schöner Brautaltar! selbst Calchas bebte
Vor Schrecken über seinen eignen Spruch
Und die zurück geschlagnen Opferflammen.
O Stamm, auf Laster gröfire Laster häufend.
Du kaufst den Wind mit Blut, den Krieg mit
Mord.
Die Amme.
Doch lausend Schisse segelten daun ab.
Tlyttrmuestra.
Sic segelten nicht unterm Schutz der Götter.
Bey Aulis stieß die lasterhafte Flotte
Der Hafen aus; so ward der Krieg begonnen,
So fortgesiihret, Agamemnon des
Gefangnen Weibs Gefangner, unerbittlich
Und einer Evtt geweihten Jungfrau wegen
Schon damals rasend, weigert sich dem Priester
X g Des
Z2-6
DeS Phvbus die geraubte Tochter wieder
Zu geben; nicht Achills unbändig Drohn,
Nicht Calchas, der allein die ferne Zukunft
Vorausweiß, dem er glaubt, wenn er mein Kind,
Und nicht glaubt, wenn er eine Sclabinn heischt,
Das sieche Volk nicht, noch der immer um
Empor gethürmten Scheiterhaufen Glanz,
Nichts beugt ihn, nichts; indessen Griechenland
Mit dem Verderben ringt, ermattet er,
Dom Feinde fern, durch Wollust und erseht,
Daß ja sein geiles Lager nicmak? leer
Barbarischer Beischläferinnen sei;,
Die erste Buhlschaft schnell durch eine zweite <
Liebt des Achill Gefangne, schämt sich nicht
Sie aus dem Arm des Gatten wegzureißen.
Ein schöner Feind des Paris! wieder wund
Rast er, entbrannt in Trojens Seherin»,
Und kehret, nun er Ilion gestürzt
Und sich Trophäen aufgcrichtet hat,
Als einer Sclavinn Mann, als PriamS Eidam-
Aus j
32?
Auf! rüste dich mein Geist, denn du bereitest
Nicht kleine Kriege; seinem Laster komme
Das wenige zuvor! ha! welchen Tag
Erwart' ich, Feige? den, wann Pelops Zepter
Der Phrygischcn Gefangnen Beute wird.
Wie? oder sinds die unverlobten Töchter,
Ist cs Orest, der seinem Pater gleiche,
Was dich zurückhält? rührt dich dieser Unglück?
O eben denen droht der größte Sturm.
Die wider meine Kinder rasende
Stiefmutter nahet schon; was säum' ich noch?
Durch meine Brust, ist sonst kein Weg als der,
Durch meine geh das Schwert und ködt' uns beyde.
Mein Blut sey mit des Gatten Blut vermischet,
Mein Sturz stürz' ihn ; dann schmerzcc nicht der Tod,
Wenn feuer, den wir Haffe», mit uns stirbt.
Die Amme.
Laß, Königin», es nicht zmnAusbruch kommen,
Bezähme dich, bedenke was du wagst.
Er kommt, des stolze» Asias Befocher,
X 4 En-
Curopens Racher, führt die Beut' aus Troja
Und die so spat besiegten Phryger mit.
Und den willst du verstohlen, den mic kist
Bekämpfen , den, so nicht Achill verletzt -
Wiewohl er schon das Schwert in wilder Hitze
Gezückt; nicht der Ajaxe Tapferster,
Unbändig durch den schon bcschlosnen Selbstmord;
Nicht Hector, der allein der Griechen Sieg
Derzögerk, nicht der schwarze Memnon, nicht
DeS Paris sichrer Pfeil, nicht ekanchns Fluch,
Der Rüstungen und Körper forlgewalzt;
Nicht Simois, vom Blnr erschlagner rokh;
Nicht Chcnus des Neptun schnceweiser Sohn ;
Nicht Thracens Schaar, geführt vom tapfer» Rhesus;
Und nicht die Amazone mit der Pclta
Dem bunten Köcher und dem Beil bewaffnet; -
Den, welchen alle diese nicht verletzten,
Den willst du bey der Rückkehr in sein HauS
Erwürgen? willst durch frevelhaften Mord
Beflecken den Altar? wird Griechenland,
Zrs
DaS nun durch ihn siegreiche Griechenland,
Den Mord nicht rächen? sich, sieh in die Zukunft !
Schon nahen Waffen, Pferde nahen schon,
Don Schiffen strotzt bas Meer, in, Blute schwimmt
Der Boden! des zerstörten Troja Schicksal
Ist auf die Danaer zurück gewälzt!
Drum suche ja dich zu beruhigen
lind zähme deine wilde Leidenschaft.
Ägisth / Ckytamn estra , die Amme.
Agisth.
Die Zeit, vor der stets meiner Seele graute,
Die Zeit des Falls, fürwahr, nun ist sie da.
Was zagest du? was fliehst du, wirfst die Waffen
Beym ersten Anfall weg? glaub' Elender,
Der Gotter Zorn bereitet dir Verderben:
Deut jeder Strafe dein verächtlich Haupt,
Beut deine Brust dem Dolch, dem Feuer dar.
Llytüiniiesrra.
Dem Mann, der so, wie du, cr-euget worden,
Ägisth, dem gilt der Tod für keine Strafe.
X 5 Ä-
ZZv
Ägisch.
Du Tochter Redens, bu begleite mich
Und theile die Gefahr, der feige Feldherr
Und tapfre Vater soll dir so viel Blut,
Als er vergossen hat, zurück« geben.
Doch wie? du bebest, Bläss' umzieht die Wangen,
DaS Auge senket sich, ermattet, starrt?
Tlytämnestra.
Die ehrliche Liebe siegt und kehrt
In diese Brust; laß mich zurück« gehn ,
Wovon es Nie sich zu entfernen ziemte,
Daß ich der keuschen Zucht mich wieder weihe,
Jetzt wenigstens nie ists zu spät zur Tugend:
Fast schuldlos ist ein Herz, das Reue fühlt.
Ägisch.
Wohin reißt dich die Hoffnung , o Bethörte ?
Versprichst du dir von Agamemnon Treue?
Müßt' auch nicht Angst an deinem Herzen nagen,
So würde doch sein stolzes Glück ihn aufblahn,
Betäuben; er war seinen BunLsgenossen,
AlS
M
Als Jlium noch fand, schon unerträglich;
Wie glaubst du, wird erst jetzt durch dessen Umsturz
Sein angeborner Trotz gewachsen scyn!
Er schied als König von Mycen, nun kehrt er
Als Wülhrich, Glück vermehrt des Menschen Stolz;
Er kehrt, umringt von Buhlerinnen, ha!
Welch eine große Schaar! doch aus der Schaar
Ragt hoch empor des Phvbus Dienerin»,
Die Sclavinn, die den König fesselt; willst
Auch du, ihr Nachgesetztc, willst auch du
Ein Nebenweib im Bett des Gatten dulden,
Sv wird doch sies nicht wollen; ach das Ärgste
Für Gattinnen ist eine Buhlerinn,
Die öffentlich das Haus des Manns beherrscht.
Das Ehbett uitd den Thron theilt niemand gern.
ElytLninestra.
Ägisth, was reissest du mich wieder hin
Zum Rand des Abgrunds, giebst, da sie schon sank,
Der Flamme meines Zornes neue Nahrung?
Hab' auch der Sieger gegen die Gefangnen
Sich
Sich größte Frcyheit, als er sollt', erlaubt;
Der Frau, der Gattinn ziemtS nicht das zu wissen.
Der Fürsten Eh har eigene Gesetze:
Und darf mein Herz, der Schandkhat sich bewußt,
Ein strenger Richter dem Gemahle seyn?
Wer Nachsicht braucht, muß Nachsicht leicht gewähren.
Äglfth.
Ja gegenseitiger Vertrag hierin
Ist billig; doch der Fürsten stolze Rechte,
Sind diese neu, sind sie dir unbekannt?
Sie halten für ein Vorrecht ihres Throns
Alleine dürfen, was sonst niemand darf.
Tiytämncstra.
Verzieh nicht Mcnclaus Helenen ?
Eie, die Europen doch und Asien
Gleich elend machte, kehrt mit ihm zurück.
Ägisth.
Den har verstohlne Liebe nicht bestrickt,
Sein Herz nicht von der Gattinn weggewandt.
Der Deine suchet Schuld an dir, sucht Vorwand.
Und
333
Und wär dem Herz auch rein, was nützet dem,
Den sein Gebiether haßt, ein redliches
Ein tadelloses Leben? er ist schuldig,
Man untersucht es nicht, doch schuldig ist er.
Hoffst du verachtet und verbannt nach Sparta
Zurück zu gehn, zum heimischen Curotas;
So lindert eitle Hoffnung deine Furcht;
Die darf nicht fliehen, die ein Fürst verstoßt.
Llytamirestra.
Doch nur Getreue wissen meinen Fehl.
Ägifth.
Die Treu betritt der Fürsten Schwelle nie.
Llykamnestra.
Ich will sie durch Geschenke fesseln, Wilf
Mit Gold mir Treue kaufen,
Ägifth.
Die mit Gold
Gekaufte Treu wird auch um Gold verkauft.
334
Llvtämneftra.
Ein Rest von Scham bebt noch in meinem Busen
Empor; was kämpfest du dagegen, rächst
Mir schmeichelnd Arges, ha! ich edles Weib,
Zeh wählte dich Verbannten vor dem König
Der König'e?
Ägifth.
Warum scheint dir AtrideS
Vorzüglicher, als ich, der Sohn Thyestens?
Llytämiiestra.
Sag' immer auch sein Enkel.
Ägifth.
Phöbus ist
Urheber meines Daseyns, mein Geschlecht
Beschämt ipich nicht.
Llytämiiestra.
Was sagst du, Phöbus sey
Urheber eures lasterhaften Stammes?
Er, den ihr aus dem Himmel triebt, die Zügel
Zurück zu lenken zwangt, daß zähe Nacht
Den Erdball überdeckt; was 6ich st du , Kühner,
In deine Frevelthat die Götter rin?
Dir
335
Du, der vom Vater schon die Kunst gelernt,
Die Freuden eines fremden Bells zu stehlen,
Du, der nur bey verbolhnen Küssen sich
Als Mann gezeigt; sorl! hebe dich von hinnen'
Mit dir verschwinde dieses Hauses Schmach,
Es öffne sich dein König, dem Gemahl.
Ägisch.
Ich bin gewöhnt an Unglück, die Verbannung
Ist mir nicht neu; nicht aus dem Hause nur,
Auch aus dem Land entflieh ich, Königin»,
Wenn du es mir befiehlst; auf deinen Wink
Senkc auch in diese jammervolle Brust
Mein Schwert sich schnell.
Llzwamiiestra.
Und dieses duldet' ich,
Ich Blutbegierige? nein! die gesündigt,
Ist ihrem Milverbrccher Treue schuldig.
Komm , das; wir jetzt uns über unsre Lage,
Die so gefahrvoll ist, beraihen mögen.
Chor der Argiverinnen.
Ihr edlen Iungsraun singt von PhöduS;
Dir kränzet feyrrnd diese Menge
336
Das Haupt sich, und der Inachiden
Noch unvcrlobte Töchter lassen
Die jungfräulichen Haare flattern,
Und schütteln den geweihten Lorbcc.
Begleitet ihr auch unsre Chöre
Thebanerinnen, ihr auch Jungfrau»,
Die ihr den kühlen Erasmus,
Ihr, die ihr den Eurotas trinket,
Und ihr, geboren am Ismenus, (*)
Der still an grüne Ränder spühlct,
Wo des Tiresias Erzeugte,
Die Seherin» der Ankunft, Manko
Dxn Opferdienst Lawneus Kindern
Eut-
(') Es waren zwei) Flüsse dieses Rahmens, einer bei)
' Argos, der andere in Aktie«. Da nun in dieseim
Gesänge fremde Jungfrauen von den Argiberinnen
eingeladen werden, Liese Feyer mir zu begehen, so
muß der Attische nicht der Arvigische verstanden
werden, obgleich Gronov den Trumpf darauf
sere : Obesne inAttiesm cum^mco luv Lrsüuo.
337
Entrichten hieß : nun spanne Phöbus,
Der Frieden kehret, spann' als Sieger
Den Bogen ab.
Den gvldnen Kocher, boll mit leichte»
Geschossen, lege von der Schulter,
Und unter den behenden Finger»
Ertöne lieblich deine Lcyer,
Nicht hoch, nicht stol; ,
Richt schlachtenfeyernd, sondern einfach
Und leicht, wie die gelehrte Muse,
Wenn sie von deinen Scherzen finget.
Auch magst du jene stärkre Saite
Berühren, welche damals tönte,
Als Titans Söhne vor den Augen
Der Götter durch den Blitzstrahl fielen«
Die wilden Ungeheuer thürmten
Den Ossa und den Pelion auf
Und über beyde den Olympus,
Den Fichkeniräger, lauter Stufen
Zur Himmelsburg.
V
Dich
338
Dich auch, du Schwester und Gemahlin»
Des Große», königliche Juno,
Theilhaberinn des Zepters, ehren
Wir, deine Schaar; du schirmest Argos,
Das dir in allen Nöthen flehet,
Lenkst in der Rechten Krieg und Frieden.
Empfang' itztAgamemnons Opfer,
Als Siegerin».
Dich feyert die aus Luchs geschnitzte,
Niellvcherige Pfeife, dir tönt
Sanft unter weiser Jungfrau» Fingern
Die Saite, dir schwingt sich die Fackel
In unsrer frommen Mütter Händen.
Dor den geheiligten Altären
Sinkt dir des Stieres weiße Gatlinn,
Des PÜugs nicht kundig, keine Streifen
Des Joches an dem Hals.
Auch dich, des Donnerers Erzeugte,
Glorreiche Pallas, deren Spitze
Oft nach der Dardaniden Thürmen
Sich
3ZS
Sich wandte, dich verehrt die alte
Und jüngere Matron' im Chore
Dereinigt; dir, wenn du herabsteigst,
Schleußt sich durch priesterliche Hände
Der Tempel auf, dir eilen Schaaren
Der Opfernden entgegen, festlich
DaS yaupt bekränzt»
Uralte, schwache Greise bringe»
Dir Dank für die erfüllten Wünsche,
O Trivia; sie gießen zitternd
Den Opferwcin dir aus, auch unsre
Bittstimmc tönet wieder, DelvS,
Ton den Cycladschen Inseln eine,
Dein mütterliches Land muß still stehn.
Wenn du, Lucina, winkst, eh trugen
Es Winde hin und her, doch itzo
HängtS, eingewurzelt, an der Erde.
Trotzt, dem es erst zu folgen pflegte,
Dem Wind, und hält gebundne Schiffe.
Du zählst, als Siegerin»', die Leichen
V - Des
34»
Der Kinder Niobens, sie drücket,
Ein zammcrnswerlher Stein den Gipfel
Des Sipylns.
Jndeß noch immer neue Thräneir
Der alte Marmor weint.
Dich, Götterpaar, dich ehren Männer
Und Frauen, voll des frommen LiserS.
Doch du vor allen, Vater, Herrscher,
Blitzschleuderer, vor dessen Winke
Auf einmal beyde Pole zittern,
O Jupiter, du, unserS Stammes
Urheber, nimm geneigt die Gaben,
Und blick' aus dein nicht ungerathneS
Geschlecht herab.
Doch siehe, schnellen Schrittes naht ein Krieger,
Er tragt ein unziveydeutig Frendenzeichen,
Der Lorber an der Lanze Spitz'! Es ist
Eurybates, des Königs treuer Diener.
Drit-
Z4l
Dritte Handlung
Eurybates Clytämnestra.
Eurybates.
(§o ehr' ich doch, des langen Irrens müde,
Die väterlichen Laren, und der Götter
Altar' und Tempel; kaum glaub' ich mir selbst.
Dringt Opfer den Unsterblichen, der Stolz,
Die Zier Achäens, Agamemnon zeucht
Rur endlich siegreich in sein HauS zurück.
Llytämuestra.
Die frohe Nachricht kam mir schon zu Ohren.
Doch wo verweilt mein volle zehen Jahre
Zurück gewünschter Gatte? halt die See
Hält ihn das Land noch fern?
Eurybates.
Gr setzte glorreich,
Doll Ruhms und unbeschädigt seinen Fuß
An den verlangten Strand.
- Y5 Ny-
84S
Elytamneftea.
Laß uns durch Opfer
Den frohen Tag und die zwar zaudernden,
Doch guten Götter ehren! sage, lebt
Der Bruder meines Gatten? sage, wo
Ast meine Schwester?
Eurybktes. '
Zuverläßze Nachricht
Kann ich nicht geben, allzu ungewiß
Ist das Geschick der Schiffenden; doch hoff' ich
Das Beste, fleh darum die Götter an:
Wie die zerstreute Flott' im Meere war,
Da könnt' ein Schiff das nächste nicht erblicken;
Selbst Agamemnon, irr' auf weiter Fluch
Erlitt hier mehr des Unglücks, als im Krieg.
Don einer solchen Flotte führet er
Nur wenig Schiff', und die zerstört, zurück.
Fast dachte man, er wäre der Besiegte.
» Ely-
34Z
Tlytämnestra.
Sprich, welcher Zufall hatte 'meine Schiffe
Verschlungen, und zerstreuet die Piloten?
Eurybates.
Du foderst, was zu sagen bitter ist.
Soll ich zu frohen Kunden böse mischen?
Die bange Seele flieht zurück und schaudert
Bey der Erinnerung so großer Übel.
Llytamnestra.
Sprich! wer sein Unglück zu erfahren flieht,
Mehrt seine Furcht, ein ungewisses Übel
Ist quälender.
Enrybatee.
Nachdem nun Troja ganz
Verbrannt von unfern Händen, und dir Beu»
Getheilt war, eilet jeder in die See.
Der Krieger schnallt das Schwerk von müder
Lende,
Die Schilde liegen auf dem Vordertheil
Des Schiffs, unangrsehn; zuin Ruder greift
V 4 Die
S44
Die kriegerische Hand, und jeder Aufschub
Scheint allzu lang dem Ungeduldigen.
Wie von des Königs Schiff das Zeichen glanzte,
Und die Trompete laut den Rudrer, sich
Zu fördern , rief, da zeichnet und eröffnet
Der goldne Schnabel an des Feldherr« Schiff
Die Bahn, wo tausend Schiffe segeln mußten.
Uns treibt zuerst ein leiser Wind, der sanft
Ans Segel schlägt, und kaum erhoben zittert
Die stille Fluch von Zephyrs lindem Hauch.
Das Meer erglänzet theils von Schiffen, theils
Wird es bedeckt davon; wir freun uns TrojenS
Gestade nackt und menschenleer die Höhen
DeS weichenden Sigäums zu erblicken.
Die Jugend fasset und bewegt zugleich
Die Ruder, wechselweise hebet jeder
Die starken Arm' und unterstützt die Winde.
Es zittert die durchfurchte Fluth, sie schlägt
An unsrer Schiffe Seiten, iveißer Schaum
Kocht zwischen ihnen und dein blauen Meer.
, - Wie
345
Wie stäckrer Wind die vollen Segel spannte,
Vertraut inan ihm das Schiff, verläßt die Ruder,
Der Krieger streckt sich auf die Ruderbank
Und mißt, wie weil vsm fliehenden Gestade
Das Schiff gerückt, mit seinen Blicken, oder
Erzählt vom Krieg, vom Drohn des capfern Hcttor,
Vom Wagen des Achill, und wie dec Helh
Um sösegeld die Leiche seines Feindes
Zurückgab, daß die Flamme sie verzehrte;
Und wie das Blut des Königs Priam us
Auf Jupiter HcrceuS Altar spritzte.
Indes vergnügen sich riugS auf dem Meer
Delphine, welche gern in stiller Fluch
Hhr Spiel begincn und mit krummen Rücken
Fvrthüpsen auf dem Wasser, ihre Schaar
Dreht sich in Kreisen, schwimmt um unsre Schiffe
Begleitend hep, schwimmt voraus, schwimmet rück¬
wärts ,
Nun scherzet an des ersten Schiffes Schnabel
Ihr Chor, nun kreutzt er um das tausendste.
Y 5 Das
346
Das Ufer schwindel schon, die Felder flieh»,
Kaum nimmc man mehr Jdaens Spitzen wahr;
Ein schwarzer Streif von Trojens Rauch ist alles,
Was rin auch noch so scharfes Auge stehl.
Nun spannt die müden Rosse Phöbus ab,
Schon stürzt der Tag vom Himmel, und sein kicht
Macht den Gestirnen Platz; ein Wölkchen, das
Aus einer schwarzen Kugel sich entfaltet,
Befleckt den Glanz de« Phöbus, da er scheidet.
Und seine Makel warnen vor dem Meer.
Die Nacht bestreuet anfangs zwar den Himmel
Mit Sternen, windelos sind unsre Segel:
Doch lahling rauscht ein Murmeln von den Gipfeln
*Der Berge her, und droht ein großes Unheil.
Das Ufer seufzt lang nach, die Woge schwillt
Beym Nah» des Winds, der Mond verhüllet sich,
Die Sterne fliehen, zu den Wolken steigt
Das Meer auf, und dec Himmel schwindet weg.
Richt Nacht nur ist«, ein dichter Nebel auch
Liegt auf den Schatten, raubet alles Licht,
Ler-
347
Vermischet See und Himmel, überall
Sind ausgebreitek übers Meer der Ost,
Der Süd , d» West der Nord und thürmen, sich
Bekämpfend, von dem tiefsten Grund es auf.
Jedweder zeiget seine Wuth, jedweder
Erschüttert es feindselig, heulend wickelt
Ein Wirbelwind die ganze Fluch zusammen.
Der Nord von Strymons Ufern häufet Schnee,
Der Süd aus Libyen treibt nach der Sandbank
Die Schiffe hin, Loch bleibet er nicht Herrscher.
Der regenschwangre Notns O mehrt die Fluch
Durch
(') ^nller und iVot«5 werden allgemein sür Synoni-
ma gehalten; hier aber als zwey Winde genannt,
die sich um die Herrschaft des Meeres streiten;
so wenigstens erklärte FarnabiuS das verdächtige
^iec manet in Castro; konnte aber keine Para-
lellstclle zum Behufe seiner Meinung anführcii.
Vielleicht wird unter I.ib>cu8 der Südwcst ver¬
standen, den die Griechen Xn^ die Romer stricu-
heißen.
§48
Durch Güsse'; gegen Ausgang rast der Gurus,
Der stets der Nabathä'er Reich' und Meer'
Erschüttert, auch der Nordwest hebt ergrimmt
Das Haupt; es scheint, eS soll aus ihren Angeln
Die Welt gehoben werden, alle Götter
Aus dem geborstnen Himmel niederstürzen,
Und wiederum das schwarze Chaos herrschen.
Die Fluchen wiederstehn dem Winde, der
Empört die Fluchen wieder, es gebricht
An Raum dem Meere, Regenguss' und Wogen
Vereinen ihre Wasser, auch der Trost
Zu sehn, zu wissen, was es ist, das uns
Zn Grunde richtet, der Trost fehlet auch.
Denn überall verdränget Finsterniß
Das Licht, ein sthgisch Dunkel liegt umher.
Nur manchmal glänzt ein Feuer, wann der Blitz
Aus der zerrißnen Wolke furchtbar schimmert.
Erwünscht ist dieser Schein den Elenden,
So süß scheint ihnen auch ein grauses Licht.
Die Flotte selbst bekriegt sich, ein Schiff stößt
Aus
Z 49
Ans andre Schiff, ein Lordertheil aus andre,
Und eine Scitenwaud beschädiget
Die nächste Seitenwand, hier thut das Meer
Sich auf, weit gähnend, faßt, verschluckt ein Schiff
Und speyt es wieder auf die Wegen aus ;
Dort sinkt ein zweyteS Selstff durch eigne Last;
Dort giebt ein drittes die zerlechzte Seite
Den Wellen Preis; ein viertes ist bedeckt
Don einer ungeheuer» Wog'; ein fünftes
Schwankt leicht, zcriffen, ohne Schmuck daher,
Die Segel und die Ruder fehlen ihm,
Lein Mast mit hohen Siaugen ragt empor,
Verstümmelt schwimmts im Meere Ioniens.
Vernunft und Übung unternimmt nichts mehr,
Dem Übel wich die Kunst, die Schiffer stehn
Betäubet, müßig, denn das Ruder sank
Aus ihrer Hand, sie nvthigt zu Gebethen
Das Übermaß der Furcht, und Ein Gedeih
Schallt von der Troer und der Griechen Mund.
S Macht des Schicksals! sieh' lllyß beneidet
Len
350
Den Ajax, Menelaus Hectorn, Pyrrhus
Ten Vater und der Sieger Agamemnon
DenPriamus, der, so vor Troja sank,
Heißt glücklich, weil es ihm vergönnet mar,
Daß er mit Ruhm auf seinem Posten fiel,
Und ihn die Erde deckt, drr er besiegt.
Indessen sie, nichts Großes unternehmend,
Ein Spiel dec Wellen werden, und ein feiges
Geschick so viele tapfre Männer aufrecht.
Verschwendet, riefen sie, verschwendet wird
Der Tod hier; du, wer du auch immer bist,
O Himmlischer, den solch ei» Mißgeschick
Roch nicht'gesättigt hat, erheitre doch
Dein göttliches, voi» Zorn umwvlktes Antlitz!
Selbst Ilion würd' unfern Unglücksfällen
Den Zoll der Thränen nicht versagen, dauert
Dein Haß, willst du die Dorier vernichten,
So sollten die doch, derentwillen wir
Zu Grunde gehn, nicht mit zu Grunde gehn.
Beruhige der Woge» Zorn, die Flotte
Führt
Führt Danaer, doch Troer führt sie auch.
So sprachen sie, und hallen mehr gesprochen,
Doch hemmten Fluchen ihre Stimme. Sieh!
Ein neues Mißgeschick! bewaffnet nur
Des grimmen Vaters Blitz, versucht nun Pallas,
Was sie mit diesem Feuer, mit dem Haupt
Medusens in der schrecklichen Ägide
Und mir dem dräunden Speer zu rhun vermag.
Vom Himmel heulen neue Stürme her.
Nur Ajax, unbesiegt von allen Übeln,
Ringt wider sie, als er da« Segel eben,
Die Seile spannend, einzog, da ergrrff
Die Flamm' ihn schnell ; noch stürzt ein zwehtcr Strahl
Herab, den mit zurückgebogrner, '
Gewisser Hand die Göttin», ihren Vater
Nachahmend , schleuderte. Durchs Schiff und Ajap
Dringt der, und reißt ein Theil von beyden los.
Auch dieß schreckt nicht den Held; ec ragt verbrannt,
Gleich einem Felsen, aus dem Meer empor-
Peitscht die ergrimmte See, thelll mit der Brust
Sie
Die Wasser, faßt und zieht das Schiff zu sich:
Im finstren Meere leucht« Ajax; rings
Verbreitet Glan; sich auf die Flutheu; nun
Erreicht er einen Fels und donnert ivüthend:
Ich bin hem Feuer und dem Meer entgangen, /
Ich habe Pallas, Himmel, Blitz und See
Besiegt; mich schreckte nicht der Kriegesgott
Non dannen, ich allein stand wieder ihn
Und Hectorn, Phöbus Pfeile, trieben mich
Don meinem Posten nicht, ich überwand
Die sammt dm Phrygern; und nun scheut' ich dich?
Dich, die mit schwacher Rechte fremde Keil'
Aus mich her schleudert. Ha ! mag er auch selbst
Sic schleudern, mag er! Eh der Rasende
Fortlästern konnte, macht mit seinem Dreyzack
Der ans der Tiefe steigende Neptun
Den Felsen los; der Fels stürzt, Ajax mit,
Der nun vom Meer, vom Feuer, von der Erde,
Nach langem Ringen überwältigt, liegt.
Ein größers Übel noch erwartet uns
- *
Schiff-
Z5Z
Schiffbrüchige, wo täuschend Caphareus
Mit schnellen Wirbeln die geheimen Felsen
Bedeckt, dort ist die See an Wasser arm,
Und wallet untief über dal! Gestein.
StetS wechselt Ebb' und Fluch; ein hohe« B.crgschlok
Sieht von der steilen Höhe beyderscitS
Das Meer, hier deines Pelops Ufer und
Den Isthmus, der gekrümmt und schmal die Fluchen
Ioniens von Phrhus Uuthen trennt;
Dort Lcmnos, das durch Mord berüchtigt ist»
Und Ehalcis und den Hafen, welcher stets
Die Schiffe säumen macht. Dich Bergschlvß nun
Besteiget Nauplius und von der Zinne
Hebt er mit bösen Händen eine Leuchte,
Die treulos uns an diese Klippen lockt.
Die Schiffe spießen sich an Felsenspitzen,
Das eine wird beschädigct durch die
Boni Wasser karg nur überdeckte Sandbank:
Das andre bleibt zur Halste fest am Felsen,'
Indeß die andre Hälfte forlschnnmmt, an
Z E'n
354
Ein drittes Schiff, das rückwärts steuern will-
Prellt, und so wie es selbst zerschmettert ist,
Es auch zerschmettert: ach ! wir fürchten itzt
Das Land mehr, als die See: doch endigec
Die Wchh des SlurmS sich in der Dämmerung.
Und PhöbuS kehrt zurü k, da Troja nun
Rachvpser gnuz empfanden, trauernd zeigt
Der Tag die Gräuel, so die Nacht verübt.
Llytämnestra.
Soll ich ob des Gemahles Wiederkunft
Mich freuen , oder jammern? zwar erfreut
Mich seine Rückkehr, doch die schwere Wunde
Des Reichs muß ich beklagen, föhn' o Naler,
Der die vom Donner widcrhallende
Palläste des Olymps erschüttert, söhne
Die Götter endlich mit den Griechen aus:
Nun kränze festlich jede Stirne sich,
Süß töne die Lchallmey den Lobgesang
Der Götter, uich an ihrem hohen Altar
Fall' Lplervieh, so weil,, wee junger Schnee.
Doch
353
Doch siehe! traurig, schmucklos nahet sich
Der Iliaden Schaar; hoch ragt empor
Dir Priesterinn Cassandra, tritt stolz auf,
Und schüttelt wild begeistert ihren Lorber.
Cassandra , Chor der Trojanerinnen.
Lhor.
Arge Lebenslust, du "süßes
Übel, du der Menschheit Fcindinn!
Ohne dich blieb' ihr ein AuSweg
In dem Elend, Unglückselgr
Riefe Tod, der Mbesreycr
In den Hasen ewger Ruhe.
Wer das fürchterliche Dunkel (°)
Acherons, des Styx betrübte
Wogen, nicht betrübt, erblicket,
Wer dem allzu langen Leben
Z r Sich
(') Ich habe hier der Deutlichkeit wegen die Ordnung
geändert, und einige Lerse hinauf gerückt.
356
Sich erkühnt, ein Ziel zu setzen,
Diesen lohnet tiese Ruhe.
Den erschüttern keine Schrecken,
Keine Flammen des erzürnten
Donnerers, kein Sturm des Glückes.
Der scheut nicht der Bürger Rotten,
Nicht des Siegers Grimm und Drohen,
Nicht die Raserey der Fluthen,
Die der Nvrdwest auspeitscht, nicht die
Wilden Schlachten, nicht des Staubes
Wölk', aufsteigenü vor der Barbarn
Reiterschwarm, er bebet nicht beym
Untergang der Nationen,
Wenn an ihren hohen Wällen
Feindlich Feuer nagt; er zittert
Dor dem ungezähmlen Krieg nicht,
Jeder Knechtschaft Bande bricht er
Und verschmäht die wandelbare
Gunst der Götter, einem König,
Einem Gott gleich; welch ein Unglück
Ist
35?
Ist es nicht zu sterben wissen!
Unsre Vaterstadt zerstören
Sahn wir, sahen Dorisch Feuer
In der Schreckcnnacht die Häuser
Unscrs Ilions verzehren.
Richt durch Krieg und Waffen fiel es,
Wie vordem, als es die Pfeile
Des chlcid besiegten. Troja,
Dich hat nicht der Sohn der Thetis,
Richt sein ihm nur allzu theurer
Freund besieget, wenn gleich dieser,
In erborgten Waffen glänzend,
Als ein falscher Peleide,
In den Staub die Troer streckte
Njcht der wahre Peleide,
Als sich seine ivilde Seele
Satt getrauert, und auf hohen
Wällen die Trojanerinnen
Dor dem schnellen Läufer bebten.
Troja, du verlorst den letzten
Z Z Trost-
, ' ' ' ' v "Z
Z5s
Trost im Unglück , den» du wurdest
Nicht durch Tapferkeit besieget.
Zehen Jahre widerstandst du,
Zehen Jahr', um durch die Listen
Einer einzgen Nacht zu fallen.
Ach! wir sahn die ungeheure
Last des trügenden Geschenkes,
Führten, allzu schnell Verrä'thern
Trauend, führten selbst der Griechen
DöscS Denkmahl in die Mauern.
Mitten in Kem Thor erbebte
Noch das Roß, das in dem Bauche
Krieg und Fürsten trug, wir konnten
Nun in ihren eignen Schlingen
Die PelaSger fangen, konnten
Nun durch ihr Werk sie vernichten.
Den es tönten mehr als Einmal
Die bewegten Schild' und sandten
In das Ohr ein hohles Raffeln;
Und dem listigen Ulpffes
Woll,
Z59
Wollte Pyrrhus nicht gehorchen,
Sondern murrt ihm laut entgegen,
Doch die sorgenlose Jugend
Schlitzte sich durch die Berührung
Der geweihten Seile glücklich,
HectorS Sohn und die den Manen
Des Achill Verlobte führten,
Jedes Schaaren gleichen Alters,
Er die Knaben, sie die Mädchen.
Mütter in dem Feyerschmucke
Brachten Opfer dar, und Männer
Auch im Feyerschmucke drängten
Sich zu dem Altar. Ein Jubel
War das ganze, weile Troja.
Hecüba sogar war fröhlich
Seit des Hector Scheiterhaufen
Nun zum ersten Male fröhlich
O was sollen wir, von Schmerzen
Tief gebeugt, zuerst beweinen?
Was zuletzt? die Mauern Trojens,
Z 4 . Die
Z6v
Die der Götter Hand erbauet,
Und die unsrige verheeret ?
Oder die geweihten Tempel,
Brennend überm Haupt der Götter?
Nein nicht diesen Übeln sollen
Unsre heißen Thronen fließen
Sondern dir, erhabner Vater;
Ach ich sähe, sähe deine
Alte Gurgel nur mit wenig
Tropfen PyrrhuS Eisen färben.
Taffandra.
Ihr Troerinnen mäßigt eure Thränen,
Die Folgezeit wird noch von euch sie heischen.
Beweinet und beklaget nur die Leichen
Der Eurigen, nicht meinen Jammer; der
Verschmähet Mitgcnossen, auch genüg',
Ich selbst, den Fall der Meinen zu betrauern.
(lhor
Z6l
Chor.
Laß Thranen mit Thrä'ne»
Vermischen, mehr quälen
Verschwiegene Schmerzen.
Laß uns in Gemeinschaft
Die Unser» betrauern.
Du kannst nicht, o Jungfrau,
Wiewohl durch das Unglück
Gehärtet, gestählct,
Sv vielfachen Umsturz
Alleine betrauern.
D dieses vermöchte
Der edle Gesang nicht.
Mit dem Philoniela
In niancherley Weisen
Dm Ikys beklaget;
Vermöchte die Schwalbe
Mit ihrem Geschwätz nicht,
Die hoch auf der Spitze
Z 5 ' W-
Z62
Distonischer Dächer
Die schändliche Liebe
Des Gatten beweinet.
Eie beyde, sie kennten
Dein armes Geschlecht nicht
Nach Würde betrauern.
Ja dieses vermöchten
So gar nicht die letzten
Gesänge des Cchcnus,
, Der schneeigen Schwäne
Berühmtesten, welcher
Des Danaus Fluth und
DeS Istcrs beruderk.
Dieß könnte der bangen
Alcyoncn Lied nicht,
Da wenn sie den Cryr
Besingen , daß sanfter
Die Woge dazu rauscht,
Und wieder der Stille,
Der trügenden Stille,
Des
Z6Z
Des Meers sich vertraue»,
Indem sie die Jungen
Im wankenden Neste
Mit Sorgfalt erwärmen.
Dieß könnte, wenn sie auch
Sammt dir sich die Arme
Zerschnitte, dies; könnte
Die traurige Schaar nicht
Die selbst sich entmannte,
, Den Attis beweinet
Und dir rast, o Götkinn,
Mit thürmendem Hauptschmuck.
Unzählbar, Cassandra,
Sind unsere Thränen;
Doch unsere Leiden,
Dir sind eS nicht minder
Wie? reissest du vom Haupt die heilge Binde?
Die Götter ehren, däucht mich, ist vor allen
Der Unglückselgen Pflicht.
- Cas-
z64
Casiandra.
Mein Iammerstaitd
Siegt über jede Furcht; durch kein Gebcth
V
Versöhn' ich mehr d^e grimmen Götter; nichts
Wenn sie auch ivüihen wollten, übrigt' ihnen.
Das Glück hat seinen Zorn an mir erschöpft.
Hab' ich ein Vaterland noch, -eine Schwester
Und einen Vater zu verlieren? trank
Nicht Grab und Altar alles Blut der Meinen?
Wo ist der Brüder hoch beglückte Schaar?
Nicht wahr, dahin! und wenig Greise blieben
In unsrer öden Burg; die Schwägerinnen
Sind, die Üacänerjnn nur ausgenommen,
Verwittwet alle; du auch, Herrscherinn
Der Phrygier, die nur dem Scheiterhaufen
So manchen königlichen Sohn gebar.
Erfuhrst ein neues Schicksal; umgestaltet
In einen grimmen Hund haft du den Hector,
Den Priamus, dich selber überlebt,
ilud wüihend deiner Stadt Ruin umbellt.
Der
365
Der Chor.
Die Seheriim schweigt plötzlich; ihre Wangen
Erbleichen; heftig zittern ihre Glieder;
Ihr weiches Haar sträubt sich empor und lupft
Die Binden; in der athemlvsen Brust
Tönts dumpf;-ihr rollend Auge schweift umher,
Die Sterne drehn sich aufwärts, itzo starren
Eie wild, nun hebet sie mehr als gewöhnlich
Das Haupt, tritt hoch einher, nun ringet sie
Die Kehle zu eröffnen, murret nun
Mit halbgeschloßnem Mund und hält nicht mehr
Die Wurh des Gottes in der Brust zurück,
Lassandra.
Wozu die neuen Stacheln heilger Muth?
Wozu die Raserey, die wieder mich
Sinnlose forlreißt? weiche, PhöbuS, weiche!
Ich bin nicht dein mehr, lösch' in meiner Brust
Die tief verborgnen Flammen aus: für wen
Soll ich begeistert schwärmen, soll ich rasen?
Me.in Troia fiel - was übriger mir noch
Mir
266
Mir Seherinn, der niemand glaubt? wo bin ich?
Das holde Licht entfliehet; tiefe Nacht
Schwärzt meine Wangen; eingehüllt in Dunkel
Tcrbirgc der Äther sich; doch itzt, sieh, sieh!
Itzt glänzen am Olymp zwey Sonnen: zweyfach
Ist Argos, doppelt heben seine Häuser sich.
Ich seh die Wälder Idens! Unheil bringend
Sitzt zwischen Göttinnen ein Hirt als Richter.
Scheut, Fürsten, warn' ich, die verstohlne Brut,
Der Hirten Zögling stürzt noch euer Haus!
Warum schwingt rasend die Sparkanerinn
Gezückte Lolch' in ihrer Weiberhand,
Gleich einer Amazone? welchen Mann
Sucht ihre mit dem Stahl bewehrte Faust?
Welch anders Bild zieht nun mein Äug' auf sich?
Der Thiere Sieger, der Marmarsche Löwe
Liegt von unedlem Zahn am Hals verwundet,
Liegt uncerm blutgen Biß der kühnen Löwinn.
Warum sagt ihr, ihr Schatten meiner Freunde,
Ich sey die einzige Gerettete?
Ich
36?
Ich folge dir, o Vater, dessen Grab .
Ganz Troja war, dir, Bruder, Schutz der Phryger,
Der Griechen Schrecken: ach! ich seh dich nicht,
Wie einst, mit Ruhm bedecket, deine Hände
Sind nicht vom Brand der griechschen Schisse warm.
Zerrissen seh ich deine Glieder, wund
Non schweren Fesseln diese starken Arme!
Dir LrciiuS, dir folg' ich, der im Kampf
Nur allzu schnell auf den Peliden stieß!
Auch dir, Deiphvbus! ach! ganz verfielst,
Unkenntlich ist dein holdes Angesicht!
Der neuen Gattinn dankst du dieß Geschenk!
Wohlan! ich will den Sty/ befahren, will
Den grimmen Cerberus und das Gebielh
Des giergen Hrllengottes schauen; heut
Führt Charons Schiff zwey königliche Seelen ,
Den Sieger, die Besiegte: schließt, ihr Schatten,
Euch steh ich und auch dir, o he lge Fluch,
Bey der die Goller schworen, nur ein wenig
Schließt jetzt des schwarzen Pvles Rücken auf,
Da-
Z68
Damit die seichten Schaaren Phrygiens
Mycen erblicken! seht, ihr Unglückselgen,
Seht hi»! der Grimm des Schicksale wandte sich.
Die scheuSlichen Schwestern schwingen,
Hcrstiirmend , blutige Geißeln
In ihrer Rechten, die Linke
Bewaffnen brennende Fackeln;
Wuth schwellet die bleiche Wang' ans,
Um die zernagten Gedärme
Sind schwarze Todtengewander;
Die nächtlichen Schrecken rauschen,
Am schlammigen Pfuhle liegen
Die langen Riesengcbeine,
Von Zeit und Fäulnis zerfressen-
Der müde Tantalus schnappet
Nicht mehr nach trügenden Quellen j
Die seine Lippen umspielen.
Der Schmerz ob der neuen Leiche
Macht ihn deS Durstes vergessen.
Koch
r6s
Doch Dardaiius, unser Erzeuger,
Tritt zierlich einher, und frohlocket.
Der Lhor.
Sieh! jetzo legt sich ihre Wuth von selbst,
Nachdem sic ausgeschivä'rmet, und sie fällt:
So fällt am Zilrar mit gebrochnem Knie
lind mit verwundetem Genick die Farre.
Kommt! hebt vom Boden die Begeisterte.
Doch sieh! nun endlich naht sich Agamemnon
Den Genügen, ihn kränzt des Sieges Lorber.
Ihm eilt' im Feyeeschmucke seine Galtinn
Entgegen, beyde kommen Hand in Hand.
A a
Vier-
37°
Vierte HaMung.
Agamemnon, Cassandra.
Agamemnon.
I^un kehr' ich endlich unverletzt zu meinen
Penaten, rhrures Erdreich sry gegrüßt!
Dir schicken vieler Varbarn Länder Beute ,
Dir strecket die besiegten Arme Troja,
Das Haupt des lange mächtgen Asiens
Warum liegt hier der hmgegoßne Leib
Der Seherin«? warum erbebet sie?
WaS wanket ihr Genick? hebt sie empor
Ihr Diener, und mit kaltem Nasse bringt
Sie wiederum zu sich: doch schon eröffnet
Ihr schwaches Auge sich dem Tageslicht.
Versammle deine Lebensgeister, sieh
Den Hasen nach dem Elend, wir begehn
Heut einen Festtag:
Cas.
37»
Laß am Altar uns opfern.
Au dem Hsrceischen (7) ?
C) Ein Beyuahme des Jupiter in so fern er aller
beschützet, was innerhalb des Zaunes war. Am
Alrare des Herceischcn Jupiters wurde Prianius
von dem PprrhuS ermordet, worauf Caffandra
anspielek.
'Agamemnop.
Hier ist nicht Troja!
Lassandra.
Wo ich Helenen
Erblicke, dort ist Troja, dünket mich.
Agamemnon.
Scheu deine Frau nicht, Dienerin»!
Lassandra.
Die Freyheit
Ist nah.
. Agamemnon.
Du lebest sicher hier.
Lassandra.
Der To-
Ist meine Sicherheit.
Agamemnon.
Es droh» dir keine
Gefahre».
Lassandra.
Aber dir droht eine große.
373
Agamemnon.
Was soll ein Sieger scheu« ?
Lafsandra.
Das was er nicht scheut,
Agamemnon.
Ihr treuen Diener haltet sie zurüfl,
Vis sie den Golt aus ihrem Busen haucht:
Sie möchte sonst in dieser Raserey,
Und ihrer nicht bewußt, eiu Unheil stiften.
Dir aber Vater, welcher die Gewölle
Zercreibt, und fürchterliche Donner schleudert,
Dir, dem die Sieger reiche Beute bringen,
Und dir auch, Schwester des allmachrgen Gatten,
Argvlsche Juno, will ich süßes Rauchwerk
Arabiens und Eingeweide der
Vcrsprochnen Opserthiere flehend weihn.
Lhor öer Argivcriimen.
Du, durch berühmte Bürger berühmte Stadt,
O 2lrgos, Argos, theuer der zürnenden
Slies-
A a z
374
Stiefmutter, Lu ernährest, große
Zöglinge, machest durch sie der Götter
Ungleiche Zahl gleich, deines erhabenen
Alcides, zwölf Gefahren erwarben ihm
Den Götterrang, ihn zu erzeugen
Wurde das Welkgesetz umgcsioffen.
Denn sein allmachkger Tater verdoppelte
Die feuchte Nacht, im eilenden Wagen hielt
Er PhöbuS auf, und hieß die Pferde
Phöbens mit langsamem Schritt zurückgehn-'
Der Aufgang fühlt' , es fühlte der Niedergang
Alcids Geburt, der Mächtige konnte nicht
In Einer Nacht erzeuget werden.
Knabe, bestimmet, den großen Himmel.
Zu stützen , dir stand, als du geboren wardst,
Die Welt still, deinen quetschenden Arm empfand
Der Löwe Nemeeus, die Hirschkuh
Und der Terwüster Arcadscher Fluren,
Der Eber: brüllend mußte der wilde Stier
Dem Helden nachziehn, mußte die noch im Tod
Furcht-
375
Furchtbare Schlang' all ihre Leben,
Da er den Hals ihr verbrannte, lassen.
Hin sank durch seine Keule da« Unthier, dem
Drey Zwillingswpfe wuchsen au« Einem Leib,
Und jauchzend trieb er ostcnwärtS dir
Heexden Hesperien«, seine Beure ;
Entführt' aus Thracen Pferde, die der Tyrann
Nicht mit dem Gras von StrymonS und HebrusStrand
Gefüttert, dency er zerfleischte
Gast' in die blutige Krippe legte.
Dis er, (das letzte Blut, so den wilden Schlund
Benetzt,) er selber ihnen zur Speise ward.
Hippolyte, die stolze, sähe
Mitten vom Busen das Wehrgchänge
Sich rauben, hoch herunter siel Skymphalis,
Da Herculs Pfeil die Wolken durchschallt, der Baum
Mit goldner Frucht, noch nie beraubet,
Schlüpft'in die Luft auS des Pflückers Händen;
Das Goldblech rauscht'; e« hort' cS der giftige
Schlaflose Wächter, da schon der ganze Hain
A a 4 Des
s?6
Des blinkenden MekalleS leer mar,
Und auf dem Rückzug der Sohn Alcmenens.
- Herauf geschleppt an dreyfachrr Kette, stand
Der Hollenhund verstummend, mit keinem Mund
Wagt' er zu bellen, denn das Uulhicr
Scheute die Farbe des fremden Lichtes.
Die lügenhaften Enkel des DardanuS
Erfuhren zweymal, was dein Geschoß Vermag,
Du Kürztest Ilion in zehen
Lagen, die unfern in zehen Jahren.
Fünft
Z77
Fünfte Handlung.
Lassandra.
Ei" großes Werk, der Arbeit eines ganzen
Iahrzehends gleich, beginnet man darin.
Ha! was ist dies? auf, auf mein Geist! empfange
Den Lohn der Wuth! wir, wir Besiegte, siegen!
So recht! «nein Troja du erstehst und liegend
Zogst du Mycen mit in den Untergang.
Dein Sieger fiirht, so deutlich mahlte noch
Mein Sehergcist mir nichts; ich schau es, bin
Zugegen, ich genieß' es, meine Sinne
Täuscht nicht ein Blendwerk: laßt es mich betrachten !
Ein Mahl wird in des Königs Burg bereitet,
Dem letzten Mahl der Phrygier nicht ungleich;
Trojanschc Purxurdecken breiten sic
Aufs Lager, trinken aus dem Gold des alten
AffaracuS , er selbst lehnt, hoch gelagert,
Am Leib ein buntes Kleid, die Bcuic Priams.
Aas Dir
878
Die Gattin» heißt ihn feindliche Gewänder
Mit den Geweben ihrer treuen Hand
Vertauschen: ha! mein Herz entsetzt sich, bebet!
Den Gatte» also wird der Ehebrecher,
Den König der Verbannte tobten, das
Verhängniß kommt; das letzte Gastmahl wird
Des Herren Wunden sehen, spritzen wird
Sein Blut in den Bokal: seht; ihn umwickelt
Das Kleid schon, so dem mordenden Verräkher
Ihn Preis giebt, so den Ausgang seinen Händen
Versaget und sein Haupt in den geräumgcn
Und nirgends aufgetrennten Falten birgt-
Der Halbmann stößt den Dolch ihm in die Seite,
Mit zitternder, mit ungewisser Hand,
Und tief nicht; mitten im Verwunden stockt er.
Mit einer scharfen Axt hat Tyndaris,
Die Rasende, die kühne Hand bewaffnet-
Und wie man am Altar das Beil nicht wider
Den Stier erhebet, eh man milden Augen
Den Platz zum Schlag an seinem Hals bezeichnet.
Sv
Go windet fie auch ihre Mörderhande
Bald hieher und bald dorthin; ha! nun hat er
Sein Theil; es ist gescheh»!, hier hangt das Haupt
Noch kaum am Hals, hier strömen auf den Rumpf
Dlurdäche, dort klappt zuckend noch der Mund.
Auch iHv weichen sie noch nicht, er eilt
Zu den Entseelten und zerfleischet ihn
Sie hilft, durch diese Gräulthat zeigen beyde
Der Ihrigen sich würdig: sie, die Schwester
Der Helena, und er, Thyesiens Sohn-
Sich! Titan steht, als ob sein Tagewerk
Vollendet wär, unschlüssig, welchen Weg
Er wandeln soll, ob de» gewöhnlichen,
Ob jenen Weg, den ihn Thyest gelehrt,
Electca, Strophius, Orestes, Pyladef?
Electrü.
fleuch, einzge Stütze nach des Vaters Tvd>
Fleuch aus den Frevlerhänden deiner Feinde!
Toni Grund zerstört ist unser Haus, das Reich
Lä-
Z8--
Dahin! doch wer, wer ist wohl dieser Gast ,
Der seinen schnellen Wagen hicher lenkt?
Ich will , mein Bruder., dein Gesicht verhüllen
lind ihm entzieh»; doch, Thörichke. du bebst,
Dor Fremden bebest du; die Deinen sind
Dir schrecklich ; weg mit banger Furcht, Orestes !
Ein treuer Freund ist hier und Schutz mit ihm.
Strophius.
Ich Strophius kehr' itzt aus Phocis mit
Dem Siegerkranz geschmückt, den, Freunde Glück
Zu wünschen, dessen Hand nach einem Kampf
Don zehen Jahren Ilion gestürzt.
Doch wie? wer netzet hier das trauernde
Gesicht mit Thrancn? stehet sorgenvoll
lind bange da? die Königstochter ists,
Slettra; Thrane» in dem frohen Haus?
Eiectra-
Der Daker liegt, ermordet von der Mutter,
Den Sohn, auch den, miss man ihm beygescllen;
ÄgisthuS herrschet hier durch Venus List.
Srro-
M
Strophiur.
O Menschenglück, das niemals lange wahrt!
Elecrra.
Dey meines Vaters Angedenken fleh
Ich dir, bey seinem Zepter, den der Erdkreis
Gekannt, und bey den wandelbaren Göttern,
Nimm meinen armen Bruder mit und birg ihn
Freundschaftlich.
Strophius.
Zwar sollt' Agameumons Mord
Mich schüchtern machen; doch ich unternehm' es.
Getreu dem Freund im Glücke seyu, ist billig,
Dem Freund im Unglück, Pflicht. Nimm diesen Kran;
Scherzhafter Kämpfe Lohn, fass' in die Linke
Den grünen Siegerzweig, daß er Lein Haupt
Beschirme; diese Palme, das Geschenk
Des Jupiter Pisäus, soll zugleich
Zur Vorbedeutung dir und Hülle dienen.
Du aber Sohn, mein Wagenlenker, lerne
Von deinem Vater treu dem Freunde seyu.
Und
Und nun, ihr schnellen Pferde (daß ihr schnell seyd,
Weiß Griechenland) flieht, rollet mit dem Wagen
Aus diesem Land, dem Sitz der Frevel, fort-
Electra.
Er fliehet — weg ist er; der Wagen schwindet
Im Flug aus dem Gesicht; nun bin ich sicher,
Erwarte ruhig meine Feind', und biethe
Mein Haupt den Wunden dar; sie nahet sich,
Des Gatten blntge Siegerin»; ihr Kleid
Tragt noch befleckt die Spur der Gräuelthat,
Die Hände sind von frischen Blut noch naß,
Und auf der wilden Stirne stehet: Mord!
Ich will zum Altar treten; laß Caffandra
raß deine Binden mich auch schirmen, das
Was du befürchtest, steht, auch mir bevor.
Clytanmestra, Ägisih, Electra, Caffandra.
Llytämnestra.
Boshafte, freche Feindin» deiner Muller
Erscheinst du öffentlich, du, eine Jungfrau?
Electra.
Ich Jungfrau floh der Ehebrecher Haus.
Ely-
38Z
Clytäinnestra.
Wer hielte dich für eine Jungfrau?
Electra.
Niemans:
Denn ich bin deine Tochter.
Llytamnestra.
Mehr Verehrung
Der Mutter'.
Electra.
Dir, dir hab' ich ahgelernt'
DerwandschaftSpstichten zu erfüllen.
Llytamnestra.
Jetzt
Schwillt zwar dein Herz von Männerstolz empor,
Doch sollen bittre Strafen dich bezähmen
Und wieder weiblich machen.
Electra.
Irr'ich, oder
Ziemt nicht das Schwert auch Weibcrhänden?
Llytamneftra.
Wähnst du
Du Thvrinn, du seyst uns gleich?
Elec-
Z84
Electra.
Euch? wer ist
Dein zweyter Agamemnon? wer? Sprich doch
Als Wikwe; todk ist dein Gemahl.
Llzwamnestra.
Bald werd ich,
Als Königin», die ungezähmten Meden
Der Frechen strafen; doch nnn sage mir,
Sag' alsogleich: wo ist mein Sohn, dein Bruder?
Electra.
Weit aus Mycen.
Llytnmnestra.
Bring mir den Sohn zurück;
Electra.
lind du den Vater.
Llytamnestra.
Welcher Ort verbirgt ihn?
Electra.
Ein sichrer, wo kein neuer Herrscher droht:
Und diese Nachricht muß die gute Mutter
Befriedigen; die ;irrne»he fragt weiter.
Sly.
Z85
LIvtLmnestra.
Noch heute sollst du sterben.
Electra.
Gern! doch ja
Durch deine Hand! ich weiche vom Altar.
Gefällt es dir das Schwert mir in die Kehle
Zu senken, fiel,! hier ist sie; oder inS
Genick, gleich Opferthiercn, sieh! es harrt,
Gehorsam harrt cs deinem Stahl entgegen.
Der Frevel ist vollbracht, wasch' immerhin
Mit diesem Blut die Rechte, die dir erst
Des Gatten Mord beflecket, übertüncht.
Llytamnestr«.
Du Mitgenoß der Herrschaft und Gefahr,
Tritt her, Ägisth: die Tochter lästert boshaft
Die Mutter und verhehlet ihren Bruder.
Agisth.
Halt, Rasende, der bösen Summe Ton
Zurück und stoß nicht solche Reden auS,
Die einer Mutter Ohr nie hören soll.
Electra.
Auch er, des gräulichsten von allen Lastern
D b Lolt-
zl>6
Dollführer, giebt mir Lehren, er, durch Blutschand
Erzeuget, den die Seinen selbst nicht recht
Zu nennen wissen, er, der Schwester Sohn,
DeS Vaters Enkel.
Tlytamneftra.
Säumst du noch, Ägisth,
Ihr mit dem Schwert das Frevlcrhaupt vom Rumpfe
Zu Haun? sogleich her mit dem Bruder , oder
Dem Leben.
Ägisth.
In des Kerkers finstern Mauern
Und unter Martern jeder Art verlebe
Sie ihre Tag'; arm, dürftig, eingesperrt,
Derstaltet, Witwe vor der Eh, verbannt,
Gehaßt von Allen, mit dem Sonnenlicht
Nicht mehr bekannt, erliege sie den Übeln.
Dann zeigt sie uns villeichr den Jüngling an,
Den sie uns jetzt verhehlt-
Eiectra.
Gieb mir den Tod.
Ägisth.
Wenn du ihn scheutest, dann gav' ich ihn dir.
Ein
ZA?
Ein unerfahrener Tyrann ist ver /
Der mit dem Tod nur straft.
Electr«.
Was giebt eS Ärgers?
Ägisch.
Das Leden, wenn du nach dem Tode seufzest.
Tlytsimnestra.
Ihr Knechte schleppt das Ungeheuer weg.
Weit von Myccn, im Winkel unsers Reichs«
Werft sie in einer Höhle finstre Nacht,
Und bindet sie, damit der Kerker sie
Bezähme, die aufrührerische Jungfrau.
Du aber sollst mir mit dem Leben büßen«
Gefangene Gemahlmn, Dnhlerinn
Im Fürstciibette; schleppt sie weg, sie folge
Dem Gatten, dessen Herz sie mir geraubt.
Lsssandra.
O schleppt mich nicht; ich gehe vor euch her
Und eile meinen Phrygiern die Erste
Die Freudenposi zu bringen, daH das Meer
Von umgcstnrzten Schiffen voll, Mpcrn
Bb 2 Lr- ,
388
Erobert ist, und er, dem tausend Führer
'gehorchten, nun mit uns ein gleiches Schicksal
Erlitt, auch er durch eines Weib's List
Und Lhbruch fiel: nun schlexpr mich immer fort,
Ich dank euch noch; so lange war es heilsam
Gelebt zu haben, selbst nach Trojens Sturz
Gelebt zu haben.
Llytamnestra.
Stirb, du Rasende!
Lafsandra.
Die Raserry ergreifet bald auch euch.
^ueignungsschrift. -------- Seite. 5
An mein Buch. ---------- 7
Das Buch an den Leser. -------- rr
Oden und Lieder.
An mein Saikenspiel. ---------27
Das Glück- -------- ---29
Die Vcrlaßne. ----------- Z4
Glückwunsch an den Freyfierrn von Gebier. - - Z7
Lina auf der Redoule z8 »
Der Abbe. -«----------41
Der Unglückliche a» seinen Hund. ----- 44
Empfindungen auf einem Anstande. - - - - 47
Der Facher- ------------49
Au den Unbestand. --------- 54
Mor-
Morgengebeth. --------- Skite. 58
Abendgebelh. --------- -^-6c>
Sehnsucht nach den, Geliebten. ------ 6z
Warnung. ------------ 66
Parodie von HorazenS vierter Ode des zweiten
Buches. ----------- 69
Der Morgeubesuch. --------- /r
Lied einer Nonne. ---------
Lln Selinden. 79
An eine verklarie Geliebte. ------- 82
Lied eines Hagestolzen. -------- 85
Zum Champagner zu singen. ------ 87
Linens Leilchem ---------- 88
Anacreons siebzehnte Ode. ------- 90
Aufruf zur Freude. --------- 91
Siegivart als Mönch im Klostergarten. - - - 9^
Ans Doris. ----------- 9Z
Lied eines Men Juden. -------- 99
An Dlumauer/ im Nahmen aller Ehemänner. - 102
An Sophie Wieland. -------- 107
Die
Die Genesung. - ------- Celle. i-H
Auftrag an Amor. --------- U2
An eine Bnhlerinn. ---------uz
An mich selbst. --------°- n6
LicbeSschwermuth. ---------- u8 <-
Weibcrungcrechtigkeit nach dem Englischen - - 122
An .^inen auS dem Catull 5. ----- - 122
Auf einer Donausahrt. --------12z
-
Die Freyheit. ----------- 125
An meine Leyer. ----------129
2ln Linen. ------------ rz2
2ln den König Friederich Wilhelm. - - - - iz4
Mein Entschluß. ---------- iz6
An Pyrrha, nach den, Horaz. I. B. 5. - - - 140 -
Aus den Tod der Iaquet. ------- 142
An-------------144
Glück und Unglück nach dem Französischen. - i4k>
Die Entbehrlichkeit des Putzes »ach dem Proper;
I. B. 2. 149
B b 4
Sinn-
Sinngedichte.
All-- IZZ
Weiberzusagcn, nach dem Catull 71. - - - - 15z
An-
Grabschrist. -----------154
Rur sechs Sacramcntc- -------- 155
An den FuscuS aus dem Martial I. 55. - - 155
Ein neuer Reihentanz. --------156
Porcia, aus dem Martial I. 4;. - - - - - 156
Cleant. -------------157
An den Cecilian aus den Marcial I. 74. - - 157
An dell Sextus aus dem Martial II. z. - - 158
Nisus und Euryalus-
Aus dem neunten Buche der Aneis.176N.-Zo2. 161
Liedeslieder nach dem Odid.
Schuy-und Zueignungsschrist. ------ 195
An eine ungetreue Geliebte III. B. 14. El- - 206
Das Eesiändniß II. B. 4 El. ----- 209
An
s
A« einen Ning II. D. iZ El. ----- - 212
Der Mittag I. B. 5- El. ------- 214
Die Würde des Dichters I- B. iZ. El. - - - 216
FreymaurergeöichLe.
Eeständniß und Warnung. ------- 221
Das Gesicht. ----------- 2go
Lde bey Einweihung einer Loge. ----- 2gz
Glilchwuiisch an den Hochwürdigen Bruder D"' 2Z5
Empfindungen eines Freymaurers am Tage seiner
Aufnahme. ----------237
Lied der Lehrlinge. --------- 24a
Lied der Gesclcn. --------- 24z
Lied der Meister. ---------- 245
Bor der Tafel zu singen. ------- 247
Tafellieb. ------------ 249
Lied im Chore zu singen. ------- 251
Schwestcrnlied- ---------- 254
Keltenlied. ------------ 256
An die Brüder der wahren Eintracht, als ich und
Prand-
Prandstetter ihrer Loge einverleibt wurden - 157
Bey der Aufnahme eines Geistlichen. - - - 261
An neu beförderte Gesellen. ------ 265
Cantate, gesungen als man den Geburtstag des
Großmeisters H. von Born feycrtc. - - 267
Cantate, gesungen am Slistungsiage der Loge
zur wahren Eintracht. ------- 272
Die Schicksale der Freymaurerey, eine Cantate 276
Über die Unduldsamkeit in der Mauxerey. - - 287
Agamemnon.
Ein Trauerspiel des Seneca. ------ zoz
Anhang,
Zu den Lehrgedichte
z
An Nicolai.
^8 Eävvc '/^Ä!'!'« ?rLvr«
'u^p^ö; ^eeps§s^8, sp xcv P/XörtjT'«
'0^llI'?01.
A>ier Jahre, Nicolai, sind es nun,
Daß ich nach eurer Stadt, wo Duldung und
Aufklärung nicht Paradewaaren sind,
Begierig dcch mit Schüchternheit gewallt.
Du kommst aus Wien, so sagt' ich zu nur selbst,
DaS wird beym Staatsmann und Gelehrten dich
Nicht sehr empfehlen, dieser wird mit Stolz,
Und jener wird mit Argwohn auf dich sehn.
Wie sehr betrog ich michwohin ich kam,
Bereitete mir einen Ehrensi ;
Die Höflichkeit, both Freundschaft mir die Hand,
Und lächelte Gulmüthigkrit mich an;
Kein einzig Haus, an welches ich gepocht,
LUed mir verschlossen, aber niemand lhar
A » So
4
So angelweit sein gastfrei) Thor mir auf
Ais Lu, mein Nicos«!; Dank dafür!
Tank für so manche Stunde, die Lu dir
Aon wichtigen Geschäften abgedarbl,
Sie mir zu schenken, Dank für manchen Plan,
Wodurch meiu Aufenthalt mir angenehm
Und lehrreich wurde; Dank für manches Mahl
In deinem Haus, das Üdcrstuß beschickt,
Das Freundschaft, Witz und guter Muth gewürzt
Und das der edlen Mirthinn Höflichkeit,
Die Höflichkeit, die aus dem Herzen kommt,
Und deines Söhnchens Lächeln, wenn ich ost,
Wie ich denn gern dey wackern Freunden thu,
Mir Feuer sprach, niir doxpcir werth gemacht;
Doch grvßern Dank noch; daß du meinen Geist,
Eh wir von Angesicht zu Angesicht
Uns sahn, genährt, gebildet und geschmückt.
Wie manche saiijte Thrä'n' entz ttertc
Dein M-gkntzSaugr deines A'xmger-,
Wann er Sebalons Leiden nachgefühlt!
'Me
3
Wie gierig sag er nicht den Honig ein, (*)
Den du und Lessing, Abt und Mendclsohn
Aus unsrer weisen Dichter Zellen klug
Für uns gesammelt und geläutert habt.
Freund nimm zu deinem Lehn vier Lieder hin,
Das Gegengift der Mönchsbetrügereyn.
Zwar brennen sie dem Höllensteine gleich :
Allein wer heilt mit leichter Arzeney
Krebsartge Schäden, die der Menschheit Leid
So lange schon zerfressen und verstellt?
A z
Die
(*) Die Littcramr Briefe,
6
Die Duldung.
ksien neym't, ur snimus slrsrius jurü? sdsoiure ti' :
huinpe neino str§ scnim nscnrsis, tive kscuics-
tem iusm liners rsr iocinsrräi, et cis rebus hui-
diiscushiie juiicsnäi, in slimn crsnLt'erre, ne-
hue sä icr cvgr porett. Unic sr§c> kr, uc iilnä
jmnerium violenium ksbesrur, nuoä in animos
eli, er uc summs msjsilss insurism subäitis is-
cers, eorumhiie jur ukurpsre viässmr, husnäo
nnicuihns Prssisrikere vuir, hniä rsnhusrn ve¬
rum smplecki, er rsnhusm 5»!Ium re)icers, er
guibns porrv oxinionibus unius enjurhve sni-
mns erTs Vecnn äevorions moveri äsbesr, Irsee
enim uniuscrhu hue jnris üint, huo nemo, ec ü
vslic, ceäers zaceli
l'rscrsr. lireoloZico ?olir.
c-rx-. XX.
§§ie? hätten uns die Neuigkeitenkränier
Nicht falsche Hoffnung cingeschwatzk?
Ist; wahr, daß nun umsnnst tas Koniglem der
Rvmcr
Die Nägel sich zerkaut, die Stirne sich zerkratzt, /
Umsonst die Purpurmb'ttchlkin sammelt,
4 EM
7
(Ein lächerlich Synedrium!)
Und vom v rfallnen Christenkhum
Und nahen Antichrist so manche Rede stammelt,
Die zwar sein Se- relär nicht ohne Schweiß verfaßt,
Die aber dennoch schlecht in unsre Zeiten paßt!
Kurz ist es wahr, das sie die Himmelstvchter
Die hylde Duldung niederstieg
lind endlich nach erfochtnem Sieg
Die Fessel brach, die an dem Hals bejochter
Gebeugter Menschheit, durch den Fifchcrring
Daran befestiget, seit grauen'Zeilen Hieng?
2 wollte Gott, ich könnte sagen:
Ja, cs ist wahr; allein ich kann es nicht
Und kann es noch so lange nicht,
Dis nimmermehr ein Mensch den andern Menschen
fragen,
Als Richter fragen darf: wie denkst, was glaubest du ?
Drum singt ihr Dichter, Dichterlinge lryert,
Posaunet Journalisten, Redner, feyert
Das Fest der Duldung, Glück dazu?
A4 Ich
Ich bleibe fern von die>'«r Schmeichler Haufen.
Denn mir gebeut ein zärtliches Gefühl
Für Dicht.rwürde bloß Len Ma; n am Ziel,
Richt jenen zu crhöhn, der eben ausgelaufen.
Tort wo ein weises Volk in jedem guten Man»
Der Gottheit heilgcn Abdruck' ehret,
Ton jenem, der nicht glauben kann,
Richt daß er heucheln joll, begehret»
Den züchtiget, der als Tyrann
Die Menschen mit der Geißel lehret ;
Unglauben nicht bestraft und Glauben nicht belohnt;
Tort ist c-e, Ivo die Duldung wohnt.
Und ach! Trotz allen Hubclchcren,
Wie "klein ist noch ihr heilges Reich!
Ihr Christlichen Monarchen, schä'.mt euch;
Wollt ihr denn, immer taub bey eures Meisters Lehren,
Rur böser Priester Stimme Horen!
O leiht das Ohr nicht, leiht cs nicht
Dem lauten Zischen die er Schlangelt!
Au, jenes merkt, was Billigkeit, was Psticht,
Was
6
Was Völkerwohl von euch verlangen?
Steigt in euch scltst hinein und sagt, ists nicht
ge ug,
Daß ihr von uns die gvlkne Freyheir bannet,
Uns Söhn' und Pscrdc von dem Pflug
Wegtteibct, die vor Donnerwagen spannet,
Mit jenen eure Räuberbanden mehrt;
Das ihr, von geiler Lust empört,
Wenn Reitz und Unschuld unsre Töchter schmücket,
Wie im Lorübcrgchn die holden Blumen pflücket :
Ja (denn was ist, Las Macht und Wollust sich ver¬
wehrt? )
Eie unreif noch und mit Gewalt zerknicket;
Von jedem Weinberg, jeder Saat,
Die unsre Hand gepflegt, die unser Schweiß gctränket,
Und dir schon euer Wild zur Halste niedertrat,
Las dritte Viertel nehmt: und euerm Günstling
schenket;
Len Kern des Volks, befällt euch Sicgerwuth,
Zu Helden prügeln laßt und in das Schlachtfeld schleppen,
A § Dann
io
Dann lrost'ner Augen seht , in Tsdesthalern V,uk
Wie Wem LUrgUnds in entrn Gläsern'schwexpen ,
Ist dieses nicht genug für euer» Üüermulh?
lind werden Mer die Gewissen
In euer ehrncs Joch, auch die hinein gerissen?
Woher kani 'dieses Recht in eure Hand? sagt an.
Von Gott? So ist denn Golt ein launischer Tyrann,
Der uns den Glauben, (denn der ist ja seine Gabe, )
Versagt, dann mit Verlust des Vaterlands, der Habe,
Des Bluts unS strafen heHt? Von euerm Volke? kann
Und darf das Volk euch solche Rechte geben?
Muß, wenn es Glauben gilt, nicht jeder Biedermann
Rach dem, was ihn, nicht dem, ivas euch beruhigt,
streben ?
Ein Dümmling nur, ein feiler Bösewicht
Lhul hier aus eigne Wahl Verzicht.
Habt immerhin ein Recht auf unser Gut und Leben,
Auf unser» Glaube» habt ihr keius;
Und Fluch den Priestern, Fluch den Schranzen, die
euch eins
Er»
II
Erdichten, diese böse Lüge
War oft schon das Signal zu einem Bürgerkriege. .
Nicht der, der nnverrückt auf seiner Glaubensbahn
Fortwandeln null und selber einen Wahn,
An den er redlich glaubt, mit seinem Blut vertheidigt:
Der so ihn mit dein Schwert bekehret, der,
So alles unterdrückt, was anders denkt als er,
Der hat der Menschheit Recht, der hat den Staat
beleidigt.
Und wider den schreit laut, daß drob der Gngcl Chor
Verstummt, Erschlagnrr Blut zu EolieS Thron empor.
Hier beßt, unselige Gebeine
verruchter Priester, bebt im chrenlosen Grab,
Ob jenem Mörderrath, der unterm lichten Schrine
Der Andacht euer Stolz bekhörten Fürsten gab,
Der die zrr Unzeit frommen Ferdinande
Vor ihrem Tolk ihr Herz verhärten hftß,
Und dreißig Jahre lang im deutschen Vaterlande
Die Furie des Kriegs aus alle Äeyer ließ,
DiS man das, was man nicht erbitte»
Und
I?
Und nicht erst«fzen könnt', erstritten.
V'vhl angebrachter Heldenmurh,
Den Rom canonisirt , und Deutschland blutend büßet b
O metzelt zu! schont nicht dies! Bürgerblut,
Das, hoher Gegenstand! für eine l'esark (') fließet!
lind nun, 'ihr Großen alle, kommt,
Sehr Deutschlands Wunden, lasset die euch lehren,
Die viels dem Staat und selbst der Kirche fponunt
Die Menschen mit dem Schwert bekehren.
Nie ist in ihnen ganz der Freyheit Keim ersticht,
Die schüttelt aus dem Schlaf auch grau gcwordne'
Knechte
Und tritt, je schwerer man sie drückt,
Ze schneller wieder ein in die vcriahrlcn Rechte
Zumal wenn erst die Scharnieren
Uns klar beweist, (im Dunkel schwarzer Nächte
Scheint auch ein Irrlicht klar,) wie ehrenvoll cS scy,
Wie nörhig, daß man Gott die tapfre Rechte leih
Und
(') Las wird oder das ist mein Fleisch und Blut.
lZ
Und für Religivü, Altar' und Priester fechte;
So im Prospeck das Märcerthni«
Kämpft man, man stirbt und weiß oft nicht warum.
So halfen in den ersten Zetten
-Verfolgungen das kaum gcborne Chrisienihum
Nur desto eifriger verbreiten:
Weit klüger war dcS Abgcfallnen Plan,
Den neuen Glauben aus der Welt zu spotten,
Als was vor ihm die Wülhriche gelhan,
Die mit Gewalt ihn auszurotten,
Die Christen pfählten, brieren, sotten;
Denn jedes edle Herz, denn jeder sreycr Sinn
Kehrt vom Verfolger weg sich zum Verfolgten hin:
Nach Marte, leone ließ nun mancher sich gelüsten,
Der vorher nie daran gedacht,
Der Fanatismus war urplötzlich angesache
Und der Crfchlagnen Vlut der Saame neuer Christen.
Drum auf ihr Fürsten, seyd doch endlich, was ihr heißt,
Eeyd VolksbcZü ter, Erdengclter,
Schlagt donnernd als der Menschheit Retter,
So
14
So bald ihr seht, daß der Dmolgungsgeist
In eure Priester "fährt, wie Friederich darein.
Was jeder glaubet, laßt euch völlig Lines seyn,
Auf das nur seht, wie jeder Hande k,
Und fragt nicht den, der, treu der kleinsten Bürgerpflicht,.
Unkadcihaft vor euer» Augen wandelt
„ Warst du als äind begossen oder nicht?
„ Hast du die Vorhaut noch ? Glaubst du daß Lrdeu-
übel
„AusÄpfeln oder Büchsen (') kam?
>, Was hältst du von dem Ablaßkram?
„ Glaubst du, der Mensch ,>u Rom sey infallibel ?
„ Fehlt nicht ein Blatt in deiner Bibel ?
Und wie die Fragen aste sind,
Die eure äs 'n Lnaile ) euch tückisch cingesagrt,
Ihr aber wiederholt, gefällig wie ein Lind,
Bis
o vrvcns Apfel und Paiidoreus Büchse.
Der gelehrte Beichtvater Ludewigs des XVI. der
vielleicht den großen Thril Mi vem Wiedcr.u,e LkS
^.stir äs tVaacss hatte:
15
Tis ihr euch oft um Thron und Leben fraget.
Drum höret auf Lurch Scelentyranney
Und durch em herrischer; was glaubst du? miS zu
> kränken!
Der Weise kennt den Spaß und weiß ihm auSzuIenke»,
Der Schwärmer, fern von aller Scheu,
Wird seine Herjensmeinung frey
Wertheidigen und daun gleich frommen Machaväern
Mn Heilerin Antlitz sich dem Schwert, dem Kessel
nähern.
Zwar an Geschmeidigem, Folgsamem fehlt es nicht;
Denn euer Hosting kennt weit besser seine ss flicht;
Der schwöret, wie ein Wurm sich windend , und mit
Schuhen
Ton Cemplimentrn ohne Zahl
Durchlöchert, er glaub' Ein für allemal,
Was eure Majestät zu glauben selbst geruhen,
0
Der
-F
Der gute Bramin.
Nach einer Er-ählung des Voltaire.
Auf meinen Reisen durch' den Orient
Stieß ein Bramin mir auf, ein reicher Mann,
Gelehrt und weise; denn man sagte mir,
Daß dieses zwey verschied»? Dinge smd:
Sein wohl geordnet Haus regierte» drey
Der schönste» Weiber, ohne Zank, der sonst
Dey solchen Aristokratien nie
Fern blechet, denn sie liebten ihn und sich.
Deneidenswürdig, wie cs jedem schien,
Bracht' unser Priester seine Lcoenszeit,
Die eine Hälft' an seinem Bücherschrank
Die andre Halst' aus ihrem So?ha hin.
Mah bey den bliiynden Gärten Leü Bramms
Wohnt' euch ein blödes Müirerchm, so arm
Als Irus, so stsci orthodox als Merz,
Der
l?
.Der Philosoph sprach eines Tags zu mir:
O das; ich nicht geboren wäre, Freund!
Warum denn nicht? Ihr fraget noch warum?
Seht ! dreißig Jahre, dreißig Jahre lang
Hab' ich der Wesen Urgrund nachqedacht,
Und rein verloren ist so Müh als Zeit.
Zwar lehr' ich andre, doch ich selbst weiß nichts.
O der Erniedrigung, die mir das Herz
Zernaget und mein ganzes Glück vergällt!
Ich bin zwar in der Zeit, doch was steift,
Begreif' ich nicht; ich steh im Mittelpunkt
Von zweycn Ewigkeiten, einer vor.
Der andern hinter mir und habe kaum
Den dunkelsten Begriff von Ewigkeit.
Ich denke, das ist sicher, aber wer
Ist dieses Ich? ists nur mein Körper, istS
Ein anders Wesen? denk' ich mit dem Kopf
Gerade, wie ich greise nut der Hand?
Von allen diesen Dingen weiß ich nichts,
Und dennoch Tag für Ta^ erklär' ich sie,
B Frag!
r8
Fragt man nun erst mich vollends ernstlich ans,
Durch welche Lrajt vom ewigen Wlschnu
Der cwge Brama aiis^rgangen sey:
Lös Bosheit oder Unvermögen sey,
Daß die Mgulen und Allmächtigen
So vieles ilocr dulden, und warum
Sie von der Zukunft uns w wenig nur
Gcostenbart und auch dies; Wenige
Mit Fabeln noch verdunkelt und verstellt,
Da doch Gewißheii hierin hohen Much
Im Edlen weckte, Furcht im Bösewicht.
Ach! wenn man dieses mich treuherzig fragt,
Und gar nicht Fürchtend, das; ich selber nicht«
Davon verstehe, jedem meiner Wort'
Entgegen lauscht, o Freund, wie wird« mir Sa!
Bey meinen Amisge osten sch ich nicht«
Als ekles Posscnsmrl, sie sechleu zwar,
Doch reden sie die Stöße vorher ab,
Weil jeder flugs parirel werden must.
Auch gicvi §s ihrer noch, die nicht einmal
In diesem leichten ,^'amvf erführen find, '
Und so sich selbst bescheiden: was zerbrach'
Ich mir den Äopf, ich esse Bramas Brod
Nnd singe Bramas Liedchen, was verschlägts
Mir denn zu glaube» ? Glauben kostet nichts.
Wohl aber, Dank dem Brama , bringts mir ein.
Ihr sehet, hier ist wenig Trost für mich,
Doch auch nicht niehr in Dramas heilgem Luch.
Ja! riefe laut das Buch mir zu: ich bin
Dasselbe Luch, dasselbe, Wort für Wort,
Das vor zehnhundert zehn Jahrhunderten,
Als Brama selbst vom Zanmel »iederstieg,
Sein eigner Priester ihm vom Wund weg schrieb.
Allein das hoch zepriesne Buch ist stumm;
Stumm ist das Buch, und ich muß reden, ich.
Der arme Marn! es lammeeie mich sein;
Gefühl und N-eiSheit sind ihm eine Last,
Und diese hellt furchtbaren Listen gleich
Dm Abgrund aus, worein ihr jenes stürzt.
B 2 Hier
2<»
Ich konurc seinen Gram inchr iängcr fthty
Gieng nielancholisch nach dem Feld und lraf
Hier seine Rachbarinn, das Mütterchc»
Wie Jeus arm, stockorkoh-op wie Merz.
Ich fragte sie, ob nicht ihr ganzes Gluck
Dadurch vergället wirr, daß sie nicht weiß.
Wer jenes Ich, das in ihr denket, je»,
Und ob der Gram ihr Herz darüber nicht
Zernaget?, daß sie, im Mittelpunkt
Ton zwcyen Ewigkeiten, einer vor,
Der andre hinter ihr, von Ewigkeit
Den dunkelsten Begriff kaum hatte: Sic
Sperrt angelweit das Maul auf, glotzt mich an
Und schweigt: von meinen Fragen hatte sie
Kein Wort verstanden, sondern glaubte fest
An dreymai drey Verwandlungen WisthnuS
Und Bramas Buch; wovon he nichts vmsiänd:
Und wenn sie jede Woche zweymal nur
Mit Gangeswaffer ihre Sünden sich
Wcg-
2?
Megmaschen konnte, so war kein Monarch
Aus seinem Thron halb so beglückt a!S sie.
Nach dftsem hichst erbaulichen Gespräch
Kehn' ich zum Hanse des Bramins zurück.
Mw, sage' ich,, schämet euch in euer Herz, --
Daß ihr nicht glücklich seyd, ihr weiser Mann
JHP reicher Mann! seht, eure Nachbarinn,
Das Automat, swckvrthodvr wie Merz,
Wie Irus arm, die ists; Ich weiß es wohl,
Doch schöne» Dank, ich will kein solches Glück-
Erstaunt, wie noch in meinem Leben nie,
Stand ich vor dem Bramin, doch als ich mich
Erhöhst' und mit mir selbst zu Rakhe gicng;
Fand ich des guten Manns EnwsinLungen
Und seinen Abscheu vor -er Alten Glück
In einem Winkel meines Herzens auch.
Bey meiner Rückkehr nach Europa sprach
Ich fleißig ein bey allen weisen Herrn
Älon Oxford, Salamanca, Petersburg
lind von Paris, erzählte meinen Fall
B z. Un
Cr selbst, in dessen Arm sic ruht,
Ihr Garte würde die an sie zu lhun nicht wagen.
Doch du dort, dessen Augenbraun
Schwarz, borstenähnlich sind und dessen Wangen gelber
Als Quitten, kannst aufPhrynen selber,
Wenn sie dem Bad entsteigt, kalt, ungerüüret schaun;
Trum heißest du der Mönche Krone,
Drum blühet fort und fort Lein Ruhm;
Und daß Loch etwas dir die Überwindung lohne ,
Schaffst Lu in willige Gitone
Die schüchterne Novizen uni. (')
B ü Doch (*)
(*) Cs ist billig, daß man eine so schwere Beschuldi¬
gung nicht ohne geltende Beweise Hinwerse. Man
sehe des heiligen kerri Oamiani lübrum 60-
morrhisoum. Dort wird man finden, yuoclrlam
sucem neksnclum er iznominiosum valcls vitium
in nostris xarcibu^ rno/su/t.. ..Vitium ißirur
contra naturam velur cancer iis ferpic ur sa-
crormn dominum orcünemarcingst er inrerilum
M cruenra bettis inrsr ovile eliritti, cum »ma
lihercacir üreviar Liiclacia, uc ^nam n/nrls'lls
wul-
26
Doch weg, mein Ange, weg von diesen Geilhritsscenen'
Sie find noch nicht der ärgste Gräul:
Denn hör' ich nicht auch banges Stöhnen,
Auch fürchterliches Grabgeyeul
Rings um den Eälibat, wie einst um Moloch, tönen.
Ich zaudre, doch die Wahrheit winkel mir,
Und ob mir gleich davon die Ohren dröhnen,
Das Herz erzittert, folg' ich ihr
In schreckliche, geweihte Kerker,
Wo lebenslang mit sich manch armes Mädchen ringt,
Matur und Jugend fühlt, die halbe Nacht durchsingk,
Den Tag vertändelt, oft an ihre glühnde Lippe
Ein Blättchen drückt, worauf ein Heckger jung und
schön
Geschildert ist, am Weihnachcsfest zur Grippe,
Ganz
mulco saludrius iueric in mun-.lnnas milinas juxo
cleswimi, guam lud religionis olueucu ram li-
Vers terrso juri ckirbolicss czrrrnnui ns umuci-
xari, xraslercim cum nliuruni scaulnlo. Ja daS
VI. Capitel führt so gar die Aufschrift' Oolpiri-
tuLlibur xarriirue, rzui cum ülür tuw coiaguinanrur
27
Ganz Andacht kniet, nie satt, das holde Kind zu sehn,
Mik einem Schleyer ihm die nackten Lendchen kleidet
lind voll geheimen Grams Marien drum beneidet.
Noch glücklich, wenn sie so sich immer umerhäck,
Dis daß ein sanfter Tod die schmachtende Gerechte
Mit mitleidsvoller Hand nach einer bessern Welt
Geleitet, wo kein Papst durch heilge Henkersknechte
Die Unschuld erst mit einem Schleyer ziert
Dann segnend auf die Schlachtbank führt,
Der unterdrückten Menschheit Rechte
Mit Füßen tritt, ihr Bräute, Mütter nimmt
Und fürs Serail von Gottes Sohn bestimmt.
Noch glücklich, fällt cs so! doch wie, wenn dasVer«
langen
Nun lauter wird? wie wenn die Arme fühlt,
Au spät es fühlt, ich wurde hiutergmigen?>
Was ist Prometheus Geyr, was Gumeniden - Schlangen
Dann gegen jene Qual, die stets ihr Herz durchwühlt'
Gin Herz, voin strafenden Gewissen
Lis an des Grabes Rand zerfoltert und zerrissen?
Ha! seht ihr sie das abgeschniltue Haar
Sich
28
Sich vollend«? von dem Haupt mit u iiden Händen raufen,
Dann zu deni schrecklichen Alkar ,
Den einst ihr Schwur entehrt, in banger Irre laufen.
Hier liegt sie, von der Welt vergessen, unbedaurk,
Und höhlet mit den Knien die harten Marmorstufen
Um Gottes Rach' auf die herab zu rufen,
Die grausam hier sie eingemaurt.
Und Herr, durchdrmgr nicht ihres Jammers Stimme
Die Wolken, lassest du nie dem gerechten Grimme
Den sie durch Flchn erreget, frcyeii Laus;
Dann kümmert dich die Unschuld wenig,
Dann drst auch du ein ErLenkänig.
Und^ch, ich künde dir laut den Gehorsam aus,
Ja schrcy cs in die Welt, das der, so dir vertraut,
Ein Thor ist und auf Sand, auf loLxes Erdreich
baut:
Allgütiger, verzeih mir Wurm -
Allein du kennst mein Herz, du weist, daß wie ein
Sturm
Gerechter Zorn mich faßt, wenn deinen heilgcn Nahmen
Ter-
Mrruchtt Priester frech entweih» ,
Und «lies Unheils Hefen Slawen
Ans di« betrog»« Menschheit streun.
Die Thoren wähnen zwar, weil sie nicht gleich di«
Strafe, ,
Wie einst den Kvrah,-faßt, dein grimmer Donner schlafe,
Doch schlägcs noch früh genug in ihre Scheiteln ein.
Ha! bis dahin, bis auf dm Tag der Rüche
Mag dieser Wolfe Schaar in Lämmerklridern gehn,
Nur Heilige von ihrer Mache
Ehloscs Muchgcwürm' auf die Mär' erhöh»,
K«f die unwilligen Altäre,
Womit wir Rom so laug' und nicht zu seiner EhM
Meinehandel treibe» sehn (')
Und
Cs war keiner der geringsten polnischen Si eiche
des Römischen Hofes sich wider die Gewöhn eit
der alren Lirche die Selig - und HeUunprrchunge»
AusschließuNvswejse zuzueiguen. lind wer sind
drei« Heiligen, die uns als Auster oorgcs.eiiL wer«
den? Außer Märterern und Fürsten, welche die
L'-.r-
32
Und durch die Vatiransche Lehre
Das Evangelium besudeln und verdreh».
Vernunft, auf die sie bitter schelrcn,
Führt dennoch jeden Mau» von unbefangnem Sinn
Zum ersten, reinen Vorn des Lhristcnthumes hin,
Und
Kirche bereichert haben , fast keine anderen, als
Mönche und Nonnen, mit unter fromme Dumm¬
köpfe , deren Nachahmung uns in das ToUhauS
bringen müßte. Der Krieger der sein Vaterland
errettet oder befreyet, der Staatsmann, der cs
mit meisen Gesetzen versehen, der Kaufmann, der
es bereichert, der Gelehrte, der nützlichere Singe,
als Theologische Spitzfindigkeiten abgehandelt, die
Hausfrau, die der Welt edle Kinder geschenket
und groß gezogen hat, alle diese haben keinen An¬
spruch aus den Altar. Sahin gehören heldenmü¬
tig^, nahmlich solche Tugenden, die der Ausübung
bürgerlicher Wichten oft gerade entgegen sindr
Um sich zu überzeugen, wie verderblich die Rö¬
mischen Grundsätze von Frömmigkeit der wahren
Tugend und dem Menschenverstände sind; brauch-
inan nichts als die Leben der Heiligen zu lesen,
Alan erinnere sich des erst vor em Paar Lahre»
Mwnisirlen Labre.
Zr
Und wider sie darfselbst nicht Paulus Aiifthn gelten, (')
Sie ist die erste Lehrerinn.
Eie zeiget uns, dir cwge Weißheit wolle
Den Zweck erreicht, wozu sie uns die Mittel gab,
Cie zeiget uns, es ziel' einzelner Menschen Nolle
Zum Ganzen dieses großen Schauspiels ab.
Mer sich entziehen will, das Seine beyzutragen,
Wcrsiindge sich am menschlichen Gchchlecht ;
Die Eb-sev Pflicht, nicht Mllkühr bloß und Recht,
lind unerlanber seys, den Pflichten zu entsagen.
Sie zeigt iinS, wer den Cid dec ewgen Keuschheit
schwor,
Und nahm, er muss' auf seinem Schwur bestehen,
Thu rin so heilig Werk, als wollt' ein frommer Thor,
Weil er gelobt, nie Gottes Licht zu scheu.
Nur nut berbundneu Augen gehen.
Dieß
S) Man sehe das 7. Cao. im l. Briese an die Corinther
zwar fehlt eS nicht au Auslegungen, died,e Worte-
des heiligen Paulus mit vieler ecstm Lchre.rimr
bereinigen.
?2 /'
Dies; zeiget uns, so lehrt uns die Vernunft^
Allein der Theologen Zunft
Behauptet, daß Vernunft, wie stark sie uns auch dünke,
Von Adams Sündenfal! noch gar gewaltig hinke.
Und hat darum mit orthodoxer Hand
Aus der Theologie auf ewig sie verbannt.
Wir aber, die nicht hochgeweihek
Die Menschen nur und nicht Thomisten (') sind
Wir machen uns, nm hell zu sehn, nicht blind,
Wir folgen, wenn Vernunft die sichre Hand uns leihet.
Und sie, sie führet uns in einer Gattinn Arm,
Läßt unsre Sinne dorr in süßer Ohnmacht schwinden,
Uns wider jede Sorge, jeden Harm
, Ein stärkend Gegenmittel finden.
Und wenn schon Schnee auf nnserm Haupt sich häuft ,
Wenn von der Jugendliebe Freuden
Schon längst Genuß und Zeit die Blüthen abzeflreift,
Und immer mehr und mehr uns Lust und Scherze meiden"
Sv
t') So heiße» in der Theologie die Anhänger oeS Tho¬
mas von Aquin.
3L
So schlägt doch Freund schäft, ewig jung,
In unser», Herze» Helle Funken
Und macht durch die Erinnerung
An unser Iugendglück uns noch im Alter trunken.
Wir lieben dann ni jener dürren Zeit
Die gute Mutter unsrer Kinder,
Die willige Gcfahrtmn, die im Leid
Mit uns geweint, mit uns im Glücke sich erfreut,
Richt mehr so feurig, doch nicht minder
Aufrichtig, als zur Zeit, da sie, als blühnde Braut,
Sich unserm Arm voll Schüchternheit vertraut.
Wir jauchzen, daß durch uns der Goit des Lebens Erben
Der Erd' und einst dem Himmel gab,
Wir sehn getrösteter in unser nahes Grab ,
Indem wir nur zur Hälfte sterben;
O Cheseligreit, werth, daß sie Eacrament
Der ehelose Priester nennt!
Er nennt sie so und schwört, nach diesem Sacramenr
Mil keinem flüchtigen Gedanken zu verlangen ,
E Weil
West Paulus wie erwähnt, die Keuschheit höher schätzt,
Und Christus, der es eingesetzt,
Seihst rathen soll, es niemals zu empfangen
35
Die Priester Gottes. D
Zur Beherzigung aller katholischen Fürsten.
hervor, die ihr euch Gottes Priester nennt,
Der Heilgenschcin, den kaum der Pobel mehr'
Um eure Platte sieh«, täuscht mich nicht;
Der Fluch, den euer Herz, muß ja der Mund
Verstummen, über den ergehen läßt,
Der Licht um sich verbreitet, schreckt mich nicht;
Der Demuth lügende, gesenkte Blick,
Das Lächeln selbst, in das ihr schlau genug
Der Bosheit Knirrschen umschafft, rührt mich nicht,
Hervor mit euch aus eucrn dunkelsten
Schlupfwinkeln, daß einmal das Christenv-lk,
So ihr geäfft, verrathen und verkauft,
C L Mi
L") ES braucht wohl wicht erst bemerkt zu werden, daß
dieser Iuveualische Euer nur wider dir bese»
Priester brenne.
86
Mit semen Augen sehe , wer ihr seyd
O Gott! und solchen Händen hättest du
Die Schüssel deines Himmels anvertraml
Eie stehen da vor meiner Phantasie
In riesrngleicher, scheuslicher Gestalt
Die nahmenlosen übel, die auf uns
Dir Priester seit Jahrhunderten gebracht.
Doch wären hunderttausend Zungen und
Do» Eisen eine Stimme mir verlieh«;
Ich sänge sie nicht aus, rurd säug' ich auch
Von jetzt bis an den Tag des Weltgerichts.
Auch müßt' ich singen, wir ein Priester Ärchg
Dom Aufgang bis zum Niedergang geboth,
Mir Mrnschwblute Fluss ausschwellen, mit
Unzählgen Leichen Felder übersä«,
Mit Frevler süßen Unterthaneseid
lind Kindrspsttchten nieder treten hieß;
Cs singen, wie in seiner Faust das Kreutz,
Woran der Friebensfiillst gestorben ist,
Zuni Mordsignal, zum schändlichen Panier
Des
Z7
Des Aberglaubens und der Goldgier ward :
So bräche mein zu weiches Herz, mein Spiel
Erschlaffete, von Thrauen überschwemmt.
Drum geh bey Sccnen dieses Gräuls vorbey
Meis Geist, und steh bcy Men Übeln still,
Mir denen ihre Tmfclsschlauheik uns
Auch jetzt noch überhäufet, ja, noch jetzt,
Wenn weißer Fürsten Gnadenflüge! gleich
Dor Liesen Geyern uns zu schirmen, wacht.
Mer ist es, der einhtzr stolzirt, boräm
Der Diener lange Rechn? Sechs Wichcrer,
Mit Purpurquasten fürstlich Überhang!,
Gehn tanzend vor dem gvldnen Wagen her.
Er hoch Larin, mit sehr gelenker Hand
Die Lust zerschneidend, speist die Hungrigen,
Mit Segen, zieh! dann ruhig weiter, zieht
Zur Kirche dcß, der, Dcmuth predigend
lind übend, nur aus einer Cselinn,
Nur ün Gefolge seiner Tugenden
H
Und Freund' und Jünger, keines Hofstaats ritt.
C g Doch
ZZ
Doch allo du nicht , du, bepurperter ,
Mir Titel» Wappen und dem Prunkgeräkh
DeS Hochmuths reich veriehnrr Priester, dir
Tragt zu nacht Gekreuzigten Altar
Dre seidne Schlepp' ein andrer Priester nach,
Und wie? du wagst daS Evangelium,
Die allerbitterste Saryr' auf dich ,
Dem Tolk zu lesen? wohl ein gutes Volk?
Gut sag' ich, oder blöde, daß es nicht
Aufrufet; fort mit dir, fort vom Altar?
Dein Pomp und diese Demuthslehrc sind
Ein Widerspruch; du kennest Christus nicht,
Und er kann dich nicht kennen , sort mit dir ?
Und schände nimmermehr sein Hciligthum.
Ha! riefe so das Volk, was könntest du?
Mas , als Verstummen? wie du auch dereinst
Verstummen wirst, wenn Jesus Christus selbst
Im Richterwn dich vor dem Angesicht
Der Menschenkinder aller fragen wird.
Hab' ich dich nicht gelehrt, mit Wort und That
Gelehrt, mein Reich sei) nicht von dieser Welk ?
Zy
Doch Pfaffenstolz, so sehr er auch empört,
Ist ihrer Laster graulichstes »och nicht,
Ist , ipöcht' ich sagen , Tugend noch, mit dir
Verbuchen, Satans erstgeborncr Sohu
Und blurgcr Bundsgenoß, Verfolgungsgeist!
Zwar seit als Sigismund sein Kaiseripvrt,
( Denn das hochheilige Concilium
Erließ ihn dessen,) sroinniuieineidig brach-,
Brennt nun kein Holzstoß mehr im deutschen Reich.
Selbst in dem grausamen Iberien
Vermisset nun seit Jahren schon das Ohe
Der mordbegiergcn Söhne Dominics
Die lieblichste Musik; cs hört nicht mehr
Im Brand des heiligen Officium«
Das Fett der Ketzer prasseln ; dennoch irrt,
Wer den Verfolgungszcist erloschen glaubt,
Wahr ists, er trägt sein scheuslich Angesicht
-Nicht offenbar , nicht unvcrmummt herum
Rührt nicht die Trommel, prediget das Kreutz
Richt wider ketzerische Fürsten, setzt.
C 4 Nicht
4»
Nicht seine Schergen mehr auf den Altar. --
> «ft,.-». '
Doch schlangcnartig schiebt er noch, .sich fort,
Droht, seit nian andre Flammen ihm versagt,
< Mit Holkeitflammen und beschmuzet, gleich
Der eklen Fliege, die das Meisterwerk
Vom Meißel eines Phidias nicht schont,
Mit Geifer jedes fürstliche Geborh,
Das Gränzen zwischen Staat und Kirche setzt.
Val- raunt er als Gemijsensrath dem Weib
Won einem Troßen, dessen Qrdensstern
Mehr glänzt als sein Verstand, heimtückisch zu:
Zu Künsten, Fürstendienst und Handel sey
Der Kirchenrath Trients weit iivthigrr ,
Denn Fleiß , Rechtschaffenheit und Wissenschaft.
Bald steht er in Franciscus Kotzenklrid
Dem dummen Handmerksmanne, keinen je
Zum Lehrling auszudingen, den die Kirch'
In ihrem Mutterschooße nicht erzog.
Damit nicht ihn auch, wenn von Taz zu Tag
Die Ketzerlehre weiter um sich greift,
Der
4!
Der Zn-n des.Gingen, treffe, weil sein Haus
Die bvse-Brut-Ler Glaubcnsfeinde barg.
Bald kriecht er, Demuth in dem Blicke, zuckt
Die Achseln, zweifelt, bittet, warnet, riith,
First, ausgelernt.sn Tcufelskünsten der /
Verläumdungen rLgua Dvükroa in
Ein hingeworfnes, halb gesagtes Wort-
Bald fährt er auf, ein Demosthen aus Wuth,
Um hinter jeden kühnen Aahrheitäfrcund
Das Volk -u Hetzen und erniedriget
Die Kanzel selbst zur Sänke des Pasquin-
Kein Wunder! denn wo einer Nation
Aufklärung ihre Fackel aufgefteckt.
Dort stürzt sein Götzentempel krachend ein.
Drum auf ihr Priester, siegelt, wenn ihr könnt,
Mit euerm Bahnstrahl aller Weisen Mund,
Daß, wenn ihr Sünden der Lebendigen
Und Abgeschiedenen um Geld erlaßt ,
Wenn ihr nicht einen Simon, sondern den
Der leerer Hände kommt, zurücke weist,
C Z Mit
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Mit Dispensationen wuchert, Zech
Und Hurenlohn mit einem Ablaß zahlt;
Das-, wenn ihr gegen jährlichen Tribut
Fluch' über jesen ausiprecht, welcher sichj
Seart fauler Fische von Baiavia,
Der Heimalh fetten Stier zur Nahrung wählt; (»,
Daß wenn ihr in dem lobten Tempel Gold
Aufhausen», den lebrndgen darben läßt,
Ja niemand klagen kvnn'; es ist nicht recht!
Daß, wenn ihr unverschämt, marklschreyerisch
Unzählge Wundercuren, die ein plump
Geschnitztes, oder ein geflecktes Bild
Erwirket haben soll, dem Volk erzählt
Und mit getäuschter Dümmling' oder gar
Eedungner Schurken Zeugniß sie beweist;
Wenn ihr geweihtes Brod, WaldburgeuSOhl
As¬
t') Ein hiesiger Graf versicherte mich, daß sein Vater
von Benedict dem Vierzehnten eine Erlaubnis; Fleisch
an Aostincnztagei! zu essen erhalten habe, die bnt
auf den noch ungebornen Enkel reichte.
4;
Ignazens Bohnen, Zcllerbilderchen
2!ls Arzeneyen unters Volk bertheilt
Und so den Aberglauben, der für euch
Der Stein der Weisen ist, mit Sorgfalt hegt;
Menn ihr der Bollandisten Fabclwerk
Zu glauben vorgebt und mit ahnen lügt,
Der Heiland habe dem verrückten Münch
Affisens seine Wundcnmahl' erkyeill;
Ja niemand zeugen mög', cs ist nicht wahr!
Daß, wenn ihr der Natur und ihrem Zweck
Entgegen schwörend, frech mir Keuschheit prahlt,
Indes; von Ehebruch, von Weichlichkeit
Und was zu nennen Paulus mir verbeut,
Schwarz eure Seel' ist, wie die Hölle schwarz;
Mann ihr Gehorsam schwöret, aber doch
Despoten der Gewissen ungeschcut
Im Beichtstuhl Könige tyrannisier,
Euch Diener aller Diener Christus nennt
Und Herren aller Herrn zu werden strebt;
Wenn ihr, dort äendend, wo ihr nicht gesät,
Gleich
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Gleich Egeln armer Landessaßen Blm
Äussauget, in dem Müßiggang verschlemmt
lind dieß Schlaraffenleben Armut!) nennt;
Ja niemand aufrus' - o die Heuchler die!
Kurz, daß in Deutschland niemand übrig seh,
Der Luthers Geist verehrt und Philipps (') Muth,
Daß niemand übrig sey, der euch einmal
Menn ihrs an unser» Enkeln auch versucht,
Mit starker Wahrheit Schwert entgegen kämpft,
So siegelt, Priester, siegelt, wenn ihr könnt ,
Mit eurem Bannstrahl aller Weisen Mund.
Nur Schade, daß auch diese Waffe schon
Tom Rost zerfressen, kaum noch ein Popanz
Des Pöbels und ein Spott der Klägern ist.
Denn herrscht wohl in der ganzen Christenheit
Nur Ein Fürst von den Päpsten unverfluchc? (")
Wer in dem Papstrccht blättert, diesem fahrt
Ein ganzer Schwarm von Anakhemakeu
Gleich bösen Brämsen stechend ins Gesicht.
Wohl (*)
(*) Landgrafen von Hessen. >
Alan sehe die Bulle in Loena.
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Wohl uns, datz wir Schrrckbilder dieser Art
verlachen dürft,i, daß das schwere Joch,
So unsrer Neuer Rachen wund gedrückt,
Non ihren Söhnen nun von Tag zu Tag
Mehr abgeschüttelt wird; zwar hier und da
Siegt Pfaffenlist, siegt Aberglaube noch,
Weint Menschheit und Vernunft: doch fastet Much
Ihr Edleren; gleich viel, ob das Geschick'
Euch einen Zepter oder einen Kiel
Zum Wohl der Menschen, eurer Brüder, gab.
Faßt Muth und seht, die Sonne folger schon
Der Dämmerung und rastlos, so wie sie,
Geht euer» Heldcnwrg mit Zuversicht
Auf Gottes Schutz unausgehalren fort.
Die Summen, die von allen Zonen zwar
Doch einzeln noch euch segnen, werden, eh
Ins Meer der Zeiten ein Jahrhundert stoß«
Sich in em allgemeines Zubellied
Vereinigen, worin der Enkel Dank,
Worin das Jauchzen der Entfesselten
Euch
4^
(such., ikre Retter preist, und das so laut.
Wie die Posaune bei dem Weltgericht,
Zum scheu gemachten Natiean erschallt.