100797 P!! S k »!> O U >* li O !! * !! * !! * - * * >Zer neuerbsulen pfAnkume cler ttrarervorsiaci! Marburg O» O !! * !! O » O !! G !! G N O H * » * !! * !! O !! O -Z ! > > vr. Micbael Navotnilr, Krrtbirckol von ravant. Xaroana m unirerrttotaL tn^iriilcg ... V rur keiligen Maria, Mutter aer »armlierriakett d ! ß Marburg, IbbI Im Selbstverläge deS Verfassers. St. Cyrillus-Buchdrucrerer. Ans Gnndenliil'd Warin, der Wutter der Wnrml)orzigüoit. kinweikung5-seier cler neuerbauten Pfarrkirche rur steiligen Maria, Mutter üer LarmNerrigkeit, in öer gsa/tervorstack /in INarburg. Non vr. Michael Napolnili, Fürstbischof von Lsvani. Marburg, 1401. Im Selbstverläge deS BersasserS. — St. CyrilluS-Buchdruckerci. 100797 Die neue Pfarrkirche und das altehrwürdige Md Mariä, der Matter der Darncherchcheit, in Marburg. ^i,nr bleibenden frommen und freudigen Erinnerung an die Geist erhebende und Herz bewegende Ein- Weihungsfeier der ncnerbanten Bvrstadtpfarrkirche znr heil. Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg, die am 1l. und 12. August des goldenen oder Jubeljahres 1900 stattgef-unden hat, veröffentliche ich dieses Das obige Bild stellt dar die neue Pfarrkirche mit den geplanten, aber nicht ansgefnhrten Thnrnihelmen. 1* -s- 4 Büchlein und widme es dem hochwürdigen Pater Kallistus Heric als Pfarrvorsteher und seinen Pfarrskindern, wie auch allen Freunden und Förderern, Gutthätern und Gönnern des heiligen und hehren Werkes. Der prachtvolle Bau ruht auf mächtiger Substruction, die Fundamente sind je nach Maßgabe der Schwere, die sie zu tragen haben, wie z. B. die Fundamente der beiden Glockenthürme, mehr minder tief betoniert, die dem Ganzen den Charakter des Monumentalen geben, der übrigens auch dem ganzen Bau wegen der Einfachheit der Formen und wegen des Überwiegens der horizontalen Linie eigen ist. Keine Frage, die neue Marienkirche steht da am Drall¬ strande als Monument, würdig der Denkmale der frommen christlichen Vorzeit. Die neue Pfarrkirche ist im romanischen Style unter Anwendung der Vortheile des gvthischen Strebesystems gebaut. Von außen gemessen ist sie 5?5 Meter lang und 24 Meter breit; ihre innere Länge vom Hauptportale bis zum Endrande des Presbyteriums beträgt 50'5 Meter und ihre Gesammtbreite misst 22 Meter. Das Hochschiff besitzt eine Länge von 34'5 Nieter, eine Breite von 9 Meter und eine Höhe von 17'5 Meter. Die beiden Seitenschiffe haben je eine Länge von 31 Meter, je eine Breite i/on 6 5 Meter und je eine Höhe von 9 Meter. Das Presbyterium hat eine Gesammtlänge von 16 Meter, und ist im vorder» Theile 9 Nieter breit und 13'5 Meter hoch, während die Apsis 8 Nieter breit und 12'5 Nieter hoch ist. Die Höhe der Thürme beträgt bis zur Kreuzspitze 58 Meter. Die Kirche hat an der Front drei würdig gestaltete Portale, für jedes der drei Schiffe je eines. Am rechten Seitenschiffe, vom Eingänge gerechnet, befinden sich fünf -Ä- 5 große Rundfenster, am linken fünf große Chorfeuster mit Säulenstellungen. Der Priesterchvr erhält sein Licht dnrch fünf Fenster; das Hauptschiff zählt ober den Gallerten zehn ge¬ malte Fenster, die alle, Non der Firma Karl Geylings Erben in Wien geliefert, im herrlichen Farbenschmuck prangen und mit der Polychromie der Wände trefflich Zusammenwirken. Das Mittelschiff wird von den Seitenschiffen durch acht frei¬ stehende Steinpfeiler getrennt, an deren Sockel von zwei Seiten Dreiviertelsäulen, mit Eckblättern an ihren Basen, angebunden sind, welche sich über dem Capitäl der Säulen im Innern des Hochschiffes fortsetzen und mit einem zweiten Capitäl abschließen. Sodann geht jede Säule in eine ge¬ mauerte Lisene liber, an welche wieder drei Säulen aus leichtem Aflenzerstein gestellt sind. So macht die Kirche hinsichtlich der Architektur, der Raumverhältnisfe, der Beleuchtung, der Ausmalung, die der k. k. Hvf-Decorationsmaler Herr Joseph Kott um den Preis von zwanzig Tausend Kronen besorgte, ferner hinsichtlich der Alläre, der Orgel, die vom Marburger Orgelbaumeister Herrn Josef Brandl um zwanzig Tausend Kronen beschaffen worden und von großartiger Wirksamkeit ist, weiters rück¬ sichtlich der Vertheilung der Gascandelaber allgemein einen sehr günstigen Eindruck. Auch die Akustik erweist sich als recht befriedigend. Bei der gegenwärtigen Aufstellung der Kanzel wird das Echo am wirksamsten paralysiert durch Wendung des Predigers gegen die Nordseite des Orgelchores. Kein Wunder, dass tüchtige Kunstkenner — wie unter anderen Seine Excellenz Herr Dr. Josef Alexander Freiherr von Helfert, Präsident der k. k. Central-Commission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale in Wien, bei seinem Besuche am 25. Juli 1.900, 6 ferner Seine kais. und königl. Hoheit, der hochwürdigst- durchlauchtigste Herr Hoch- und Deutschmeister Erzherzog Eugen bei Höchstseinem am 1. April 1901 erfolgten Besuche — die neue Marienkirche als ein hervorragendes Meister¬ werk der kirchlichen Baukunst bezeichneten, welches geschmack¬ läuternd zu wirken berufen ist. Um das vorliegende Büchlein anziehender zu machen, ließ ich es mit fünf Bildern ausstatten, von welchen die ersten vier ganz neu durch die bestbekannte k. k. Hof- Photograph. Kunstanstalt C. Angerer und Gvschl in Wien um den Preis von 87 Kronen besorgt worden sind. Das erste Bild ist das wundermüchtige Gnadenbild „Mutter der Barmherzigkeit" mit der ehemaligen Minoriten-Kirche und dem Kloster. Laut Unterschrift ist das für die Stadt Mar¬ burg interessante Bild von ..Ixburbm (ütb. 8o. .VuAuM. Vinä.« in Augsburg gestochen worden. Das Minvriteu- klvster, knapp an dem linken Ufer der Drau, ist im Jahre 1284 errichtet worden. Die Klosterkirche war der seligsten Jungfrau Maria unter dem Geheimnisse ihrer glorreichen Himmelfahrt geweiht. Im Jahre 1784 mussten die Minoritcn dieses ihr Kloster an die von Judenburg nach Marburg übersiedelte Militürevmmissivn übergeben, haben aber dafür am 1. April 1784 das Kapuziuerklvster vor dem Grazer- Thore übernommen. Das Minoritenkloster wird seither als Militärkaserne und die Kirche als Montursmagazin ver¬ wendet. Im Jahre 1787 brachten die Patres Minoriten das wunderbare Gnadenbild in ihr neues Heim, in die Marien¬ kirche vor dem Grazer Thore, die gegenwärtig unter dem Namen „Vorstadtpfarrkirche zur heiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg" weit und breit bekannt ist. Doch, wie kam das kostbare Marien-Bildnis Zu den Vätern Minoriten? Auf folgende Art und Weise. Die fromme Frau Gräfin Johanna Felicitas, geborene Reichsgräfin von Khünburg, verwitwete Herrin von Stubenberg, kam, auf der Heimreise von ihrer Wallfahrt zum Gnadenvrte des hl. Franciscus L'averius bei Oberburg, am 23. Mai 1746 nach Gonvbiz, einem Marktflecken Untersteiermarks, wo sie in der dortigen Hauptpfarrkirche und zwar in der Sacristei ein liebliches altes Bild, die jungfräuliche Gottesmutter mit dem Jesukinde darstellend, vorfand. Sie bat den da¬ maligen Hauptpfarrer Dr. Balthasar vvu Renzenberg um die Überlassung dieser heiligen Statue. Es heißt, dass > Über die Veranlassung zur Wallfahrt der frommen Fran Gräfin schreibt P. Nicasius Leeber in seinen im gegenwärtigen Berichte be¬ sprochenen „Gnaden Geschichten der Marianischen Bildnis" auf Seite I I und 12 also: „Nachdem der wohlehrwürdige und große Seeleneifercr P. Ignatius Parhamer, aus der Gesellschaft Jesu, nach Obcrungarn seine Mission angetreten hatte, unternahm in der Absicht, damit das preiswürdige Werk desto reichlicher den erwünschten Ausgang erreichen möchte, Johanna Felicitas, eine geborene Reichsgräfin von Khünburg, als des Paters Beichtkind und geistliche Tochter eine Wallfahrt nach Oberburg zu dem berühmten Gnadenorte des großen Indianer-Apostels, des hl. Franciscus Tavcrius", aus der Gesellschaft Jesu. Ignaz Parhamer wurde den 15. Juni 1715 in Schwannenstadt in Oberösterreich geboren. Am 17. October 1734 trat er in die Gesellschaft Jesu ein, und wurde zu Tyrnau im Jahre 1744 zum Priester geweiht, und zum apostolischen Missionär bestimmt. Hier trat er zuerst als Schrift¬ steller auf, indem er „das folgsame Kind. Tirnau, 1744" veröffentlichte, welches im Jahre 1748, in Verse gebracht, eine zweite Auflage erlebte. Parhamer wurde ein recht fruchtbarer Schriftsteller. Im Jahre 1745 finden wir ihn in Graz, wo er nicht nur das canonische Recht hörte, sondern zugleich das Amt eines Katecheten in der Kirche des dortigen Jesuiten-Collegiums sehr erfolgreich versah. In dieser Zeit konnte er die obgenannte Gräfin kennen gelernt haben. Im Jahre 1747 wurde er an 8 --L4- bereits in Gonobiz offenbar wurde, dass von diesem rnarianischen Bildnisse einst häufige Gnaden fliesten werden. Denn als sich die gottinnige Gräfin vor dem Bilde zur Verehrung auf ihre Knie niedergewvrfen und ihr Gebetbuch von ungefähr aufgeschlagen hatte, stand vor ihren Augen das „Gebet zu einem gnadenreichen Bildnisse." Nach Ge¬ währung der Bitte gegen ein Ablösungs-Opfer brachte die gute und fromme Frau ihren Schatz nach Graz, von da auf ihr Gut Freibichl ober dem Markt Leibniz und kurze Zeit darauf nach Marburg, wo sie das große Heiligthum den Vätern Minoriten am 24. Jänner 1747 überließ, die es gleich darauf am 25. Jänner desselben Jahres in ihrer Klosterkirche feierlich zur öffentlichen Verehrung aufstell- dcr Wiener-Universität zum Doctor der Philosophie und zum Magister der freien Ktiustc promoviert. In diesem Jahre besorgte er tu der akademischen Kirche und in jener am Hof mit Auszeichnung den Religions¬ unterricht und hatte die Aufsicht über dis Trivialschulen Wiens. Überall suchte er die Christenlchr-Brudcrschaft, die den Zweck verfolgte, auch außerhalb der Schule den Lehrlingen und anderen auch bereits Erwachsenen den Religionsunterricht zu ertheilen, wo sie noch nicht bestand, einzuführeu, und wo sie bereits eingeführt war, derselben neues Leben und erhöhten Aufschwung zu geben. Im Jahre 1750 erschien in Wien sein „Katechismus mit den drei Schulen und gewöhnlichen Gesängen," der in vielen Diöecsen als Lehrbuch vorgeschrieben und in die ungarische, illyrische und böhmische Sprache übersetzt wurde. Zudem verfasste P. Parhamer uoch folgende Werke: Der historische Katechismus, mit historischen Fragen, Glaubens- und Sittcn- lehren. Wien, 1754. 2. Aufl. in 3 Bänden. — Schulregel sür die Eltern, Kinder und Lehrer. Wien, 1750. — Die Regeln der Christenlehrbrudcr- schaft und Auslegung derselben laut der päpstlichen Bullen r>. ?ii V. und ?uuli V. Wien, 1751 und 1779. — Allgemeines Mission-Fragbüchlein. Augsburg, 1771; und Tyrnau, 1795. — Historische Beschreibung des ägyptischen Joseph. Wien, 1752. — Vollkommener Bericht von der Be¬ schaffenheit des Waisenhauses unserer lieben Frau am Rennweg zu Wien ten. Hier verblieb das verehrungswürdiqe, wunderthätige Gnadenbild durch vierzig Jahre hindurch, bis es endlich im Jahre 1787 in die alte Marienkirche in der Grazer Bürstadt, von da am 2. Juli 1893 in die provisorische Kapelle im neuen Franeiscanerkloster und von hier am 12. August 1900 unter großartiger Betheiligung der Be¬ wohner von Marburg, der Umgebung und weitentlegener Orte in feierlicher Procession über den Sophienplatz, durch die Park-, Bürger-, Bahnhof- und Tegetthofstrasse in das neue prachtvolle Muttergvtteshaus übertragen worden ist. Nähere Auskunft über das marianische Gnadenbild findet der Leser im Buche: „Guaden-Geschichten der ma rianischen Bildnuß unter dem trvstvvllen Titul: Mutter im Jahre 1776. Augsburg, 1776. — Parhaiuers Schriften stehen in Meu¬ sels Lex. X. S. 283. Im Jahre 1751 wurde Parhamer Missionär der Wiener Erz- diöccse nnd dann Vorsteher der katcchetischcn Missionen in Österreich, Ungarn, Steiermark, Kärnten, Krain und Tirol, welche Länder er auf Befehl der Kaiserin Maria Theresia bereiste, nnd in den Hauptstädten während der Missionszeit die Christenlehr-Brudcrschaft cinführte. Rach Art der Pilger trug er damals einen Pilgermantel samint Stab, und ließ sich den Bart wachsen. In dieser Tracht erscheint er auch auf einem im Franeiscanerkloster zu Marburg aufbewahrten Gemälde, welches das Gnadenbild Mariä im schwarzen, rothgcstickten Mantel in den Lüften schwebend darstellt. Darunter entfaltet sich eine von P. Parhamer, der mit der Linken auf das Gnadenbild der Mutter der Barmherzigkeit weist nnd mit der Rechten sich auf einen Pilgerstab stützt, geführte Procession mit wenigstens SO verschiedenfarbigen Kirchenfahncn. Die Legende lautet: lAnutius iZArlismsr 8. I. NiMicmurius Besticht sich mit all seiner unten dem Creutzfahn Christi streittenden Jugend die sich ans mehr als 30000 erstreckhct in den schütz der mutter der Barmherzigkeit im Jahre 1754." Laut dieser Inschrift wäre P. Parhamer schon im Jahre 1754 in Marburg gewesen. Hingegen bemerkt Georg Rieder in der Lebensgeschichte -4S-- 10 -S-- der Barmherzigkeit, welche zu Marburg, einer Stadt in Unter-Stcyer bei denen ??. Minvriten andächtig verehret wird. Sammt dessen Ursprung. Steyer, gedruckt bei Gregori Menhardt, 1753." Das Buch wurde vom Baccalaureus Nicasius Leeber, 0. LI. s. I'. Urooei^ei. verfasst, zählt 397 Seiten, und ist vor dem Titelblatte mit dem Bildnisse Mariä, Mutter der Barmherzigkeit, geschmückt. Gewidmet ist es: „Der Hoch- und Wohlgebohrnen Frauen, Frauen Joannae Felicitati, des heil, römischen Reichs Gebohrnen Gräfin von Kienbnrg, verwittibten Herrin von Stubenberg, unser allergnädigsten Frauen, Frauen." In der Widmung heißt es unter anderem: „Wir, Guardian und der Convent deren Minvriten allhier zu Marburg, überreichen dieses Ignaz Parhamers Folgendes: „Unter Parhamers Leitung begann am 29. September 1755 die katechetische Mission in der Wallfahrtskirche Maria Zell, wo zum erstenmal die Christenlehrfahnen — zur Aufmunterung der Jugend und der Erwachsenen wurden nämlich besondere Christenlehr¬ fahnen verfertigt und feierlich geweiht — ausgetheilt wurden; am 6. October fand sie statt zu Graz, wo bei der Schlussprocession die Weihe der Kirchenfahnen stattfand und 25.000 Kinder und Erwachsene gezählt wurden, die in Scharen und Abtheilungen geordnet, auf dem „Lohfeld" sich versammelt hatten. Ebenso war in demselben Jahre die Mission in Leibnitz, Ehrenhausen, Marburg, Passau und Würzburg abgehalten worden." Kaiserin Maria Theresia befahl, dass in Österreich, Ungarn, Kärnten, Ober- und Untersteiermark katechetische Missionen nach Par¬ hamers Einrichtung zu halten sind, und bestimmte für sieben Missionäre 5500 Gulden, welche sie bei der k. k. Kammer behoben, damit sie die Diöcesen der genannten Länder durchreisen und viele Tausend Mitglieder in die Christenlehr-Bruderschaft aufnehmen möchten. Im Jahre 1758 erwählte Kaiser Franz I. Stephan, Maria The- resia's Gemahl (1745—1765), Parhamer zu seinem Beichtvater, verschaffte ihm 1759 die Leitung des Wiener Waisenhauses am Rennweg und er¬ nannte ihn 1762 zum k. k. Rath. In Anerkennung seiner großen Ver¬ dienste erhielt er im Jahre 1770 die entlegene Propstei Drozzo in der Divceje -s- 11 geringe Werklein der Gnaden-Geschichten allhiesiger Ma- rianischen Bildnuß unter dem trostvollen Titul der Mutter der Barmherzigkeit Euer Hochgräst. Guaden als glück¬ seligsten Erfinderin dieses Wunder-Bilds alleinig zum Be¬ weist unserer Dankbarkeit demüthigst." Bon Seite 11 bis 17 folgt: „Gründlich-und unver¬ fälschter Ursprung der grossen und Gnadenreichen Bildnust Mariä, Mutter der Barmherzigkeit." Bis Seite 20 werden „Absonderliche Merkwürdigkeiten und merkwürdige Sonder¬ heiten dieses Gnaden-Bilds" besprochen. Von Seite 21 bis 48 reicht die „Beschreibung derer empfangenen und an¬ gezeigten Gnaden, welche Maria, die Mutter der Barm¬ herzigkeit alda gcwnrcket und ausgespendet von ihrem Ur- Erlau und später die Abtei Lekör in der Diärese Waitzen. Als im Jahre 1786 in Wien die neue Pfarreintheilung ins Leben trat, und die Waisen- hnuskirche am Rennweg zur Pfarrkirche erhoben ward, wurde Parhnmer zugleich Pfarrer daselbst, blieb Oberdirector der Waisenanstalt, welche auch Papst Pius VI. im Jahre 1782 besuchte, wie sämmtlicher Waisenhäuser der ganzen Monarchie. Am I. April des Jahres 1786 starb der würdige und verdienstvolle Priester. Das Bolk am Renuweg rühmt ihm nach: „Das war nicht nur ein Vater den Waisen, sondern für alle, die seine Hilfe juchten." In Oberösterrcich pflegt man zu sagen: „Schwauuenstadt hat seinen Parhamer." (Vergleiche Ignaz Parhamer's und Franz Anton Marxer's Leben und Wirken von Georg Rieder, Pfarrer der ehemaligen Waiscnhauskirchc am Renuweg in Wien. Mit Parhamers Porträt. Wien, 1872. (405 S). In Commission der Buchhandlung Mayer L Comp. in der Singerstraße (Deutsches Haus). I., 2., 12. bis 15. Capitel. — Jöcher, Gelchrten-Lexicon. Band V. S. 1569. — Dr. Constant von Wnrzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthnins Österreich. Wien 1870. 21. Theil. S. 296—299. — ??. st .-Xlois äs IZaclcsr 8. I., kivUotllsgus äs8 ecrivniim cis In OompnZMS cls ssmm ou nuticss bidlioAraplii^ciss. Ois^s, 1859. Liru^uiSms ssris. S. 570. — Alfred Ritter von Arncth: Maria Theresia. IV. Baud. Wien, 1859, S, 112). --tS- 12 sprung an, bis Ende des 1747. Jahres." Angeschlossen ist ein zehn Strophen zählendes „Bitt-Lied zu Maria, Mutter der Barmherzigkeit alda in ihrer gnadenreichen Bildnuß" mit einem „Gebett." Die zweite Strophe lautet: Glückselig kannst du dich, mein Marburg, nennen, Vvr Trost und Liebe streuen heiße Thräncn: Dass sie zu dir kommen, Dich in Schutz genommen. Sie ist unser Trost und Freud, Mutter der Barmherzigkeit. Die Schlussstrophe enthält Gelöbnis und Bitte: Zuletzt dir unsere Herzen alle schenken, O Gnaden Frau, zum ewig'u Angedenken, Wollest uns erhören, Die wir dich verehren. Bleib du unser Trost und Freud, Mutter der Barmherzigkeit! Von Seite 53 bis 103 erstreckt sich die Fortsetzung der „Marburger-Marianischen Geschichten, wvrinnen die Gnaden und Gutthaten, so Maria die Mutter der Barm¬ herzigkeit von 1748 bis 49 ausgespendet." Angeschlossen ist ein sieben Strophen zählendes „Gruß-Lied" und ein „Gebett" zu Ehren Mariä, Mutter der Barmherzigkeit. Das Lied beginnt: Berg und Bichl euch erfreuet, Jung und Alt, Groß und Klein; Lilien und Rosen streuet, Mariä der Juugfrau rein: Singet, frohlocket mit Jubel und Schall, Barmherzige Mutter, wir grüssen dich all! Von 107 bis 166 werden die Gnaden und Wvhl- thateil erzählt, welche Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, vvu 1749 bis 1750 gespendet. Beigefügt ist: „Marianischer 13 Lob-Psalm des hl Bonaventuras von der großen Barm¬ herzigkeit Mariä" mit Antiphon, Versikel, Responsvrinm und Gebet. Der herrliche, 21 Verse zählende Psalm hebt mit den Worten an: Lasset uns Mariam loben, dann (denn) sie ist gütig: * Dann groß ist ihre Barmherzigkeit! Lasset uns loben die Königin der Himmeln und die Frau der Erden:* Dann groß ist ihre Barmherzigkeit! Lasset uns loben die Schöne gleich dem Mond, und die Auserwählte gleich der Sonne: * Dann groß ist ihre Barmherzigkeit! Von Seite 170 bis 272 werden die Gnaden und Gutthaten berichtet, welche Maria, die Mutter der Barm¬ herzigkeit, von 1750 bis 1751 in Marburg gespendet. In diesem Abschnitte befindet sich unter vielen anderen sehr interessanten Daten die Votiv-Inschrift, welche die Bürger¬ schaft von Marburg aus Dankbarkeit für die Abwendung einer gefährlichen Feuersbrunst errichten ließ. Dieselbe lautet: Liebster Christ! Bewundere allhier die mächtige Fürbitte Mariä, Mutter der Barmherzigkeit, und des hl. Florian. Im Jahre 1750 den 23. Juli um zwei Uhr Früh entstand „außer dem Cärner-Thor" die allhier dargestellte Feuersbrunst, welche, gleichwie sie entsetzlich, bei jedermann desto größeren Schrecken verursachte, da mau die feurigen Funken und Schindeln durch den Wind getrieben, an die trockenen Schindeldächer fallen sah, also, dass ganz Mar¬ burg die augenscheinliche Gefahr, in Asche gelegt zu werden, erkannt hat. Als aber die meisten frommen Bewohner der Stadt auf ihre Knie niedergefallen sind, mit lauter -8» 14 «N- Stimme und festem Vertrauen Maria, die Mutter der Barmherzigkeit angerufen haben: Da ist durch ihre „gro߬ mögende" Fürbitte diese so augenscheinliche Gefahr von der Stadt abgewendet worden. Zur schuldigsten Danksagung ist die gesammte bürgerliche Gemeinde den 30. Juli des besagten Jahres in frommer und andächtiger Procession allhier (in der Minvriten-Kirche) erschienen und hat Mariä, der Mutter der Barmherzigkeit, mit einem Hochamt und Predigt, mit Aufopferung dieser Votivtafel den schuldigsten Dank abgestattet. Der Minoriten-Convent hat aber nach¬ stehendes Chronogramm beigefügt: „Kanata Doi Mmitrix, pia ponora rWpiae vii'M, igiao 1larkuroon868 exbibnere tibi.« Beigeschlossen ist diesem vierten Abschnitte ein 18 Strophen enthaltendes „Abend-Lied zu der großen Gnaden- Mutter der Barmherzigkeit" und ein „Gebett" und eine „nächtliche Anbefehlung." Der Anfang des Abendliedes lautet: O Maria, voll der Gnaden, Matter der Barmherzigkeit, Dir seh Dank zu tauscndmalcn, Dass du deine Gnaden Strahlen Diesen Tag uns zugesendet, Alles Übel abgewendet. O Maria, voll der Gnaden, Mutter der Barmherzigkeit. Der letzte Abschnitt bringt auf Seite 281 bis 393 die „Marburger Marianischen Geschichten," in denen Gnaden und Gutthaten gepriesen werden, welche Maria, die Mütter der Barmherzigkeit, von 1751 bis 1752 ge¬ spendet hat. Unter anderem wird auf Seite 332 und 333 folgendes Geschehnis erzählt: „Gregvrius Ko lob (Golob, der Name kommt noch jetzt vort, eilt Bauer von Gonabitz (Gvnvbiz), zeigte mit seinem Eheweib den l 1. Juli 1751 an, wie sein vierjähriges -4S-- 15 -K- Kind mit Namen Caspar den 21. October des hinterlegten Jahrs (also 1750) so erkrankt seh dass es „den letzten Athem bald auszublasen geschienen/' daher auch schon die Sterbekerze angezündet in Bereitschaft gewesen sei; es wäre zwar das Möglichste dem Kinde angewendet worden, allein ohne erwarteten Nutzen; weil dann nichts mehr helfen wollte, habe er mit seinem Weib das Kind Mariä in Marburg anbefohlen, indem er versprach, ihr zu Ehreu eiue heilige Meße allda lesen zu lassen, sofern Gott der Allmächtige durch die Fürbitte seiner liebsten Mutter dem¬ selben das kurz erst empfangene Leben ferners schenken möchte. Was geschah? Kaum hatten beide Eltern nach ein gelegter Bitte sich auf ihre Knie niedergeworfen Maria und ihren göttlichen Sohn mit einem Vater unser und englischen Gruß beehrt, eröffnete das sterbende Kind seine zuvor ganz geschlossenen Äuglein, fing an gewöhnlich zn athmen, an Händen und Füßen, die zuvor schon erkaltet gewesen, warm zu werden, dieselben, die vorhin zusammen¬ gezogen waren, auszustrecken, mit einem Wort: also sich augenscheinlich zu bessern, dass es den dritten Tag darauf kein Merkmal mehr von einer Krankheit gehabt habe." Das in vielfacher Beziehung wertvolle Buch wird mit einem „kWxousorium von Maria, der in Marburg Gnadenreichen Mutter der Barmherzigkeit", mit einen: „Gebett" und mit „andächtigen Seufzern" geschlossen, von denen der Schluss-Seufzer diesen Bericht beenden möge: „O barmherzigste Blutter, deren große Barmherzigkeit man sowohl in Leibes- als in Seelen-Gefahren erfahren thut, erzeige auch mir deine große Barmherzigkeit, damit ich aus allen Gefahren errettet, einstens ganz sicher zu dir in den Himmel kommen möge, allwo ich dich und deinen liebsten -4S-- 16 Sohn Jesum, dessen Vater und den Heiligen Geist loben, ehren und preisen möge in alte Ewigkeit. Amen." ' Die vielen, im obbesprochenen Buche angeführten Namen von Marburger Familien sind ein deutlicher Be¬ weis, wie innig und eifrig die Bewohner Marburgs Maria seit jeher verehrten. Dies bestätigt auch ein im hiesigen Franciscanerkloster noch vorhandenes, Meter langes nnd r/2 Meter breites, von Johann Christoph Winkler (^oachsit ot oxcnultt) in Wien gestochenes Bild mit der Aufschrift: Ioan UIuuuuatm-Mv Doiparna, matri« mi^oriooi äino äiotue, guntz Unilmr^i in öoolosia IN. Llinoriturnin nuiMn äavotiono eolitur. Josef Frauenberger, ein geborener Mar¬ burger, ließ anlässlich seiner im Jahre 1771 erfolgten feierlichen Promotion zum Doctor der heiligen Theologie an der Grazer Universität das Bild in Graz durch die Erben „tvpis lumrsüuin >Viünum8tnüiU vervielfältigen, und es mit allen Thesen ausstatten, die er in lateinischer Sprache aus der gesammten Theologie öffentlich zu Vertheidigen hatte. Über Gott, Menschwerdung, Gnade und theologische Tu¬ genden hatte Frauenberger, welcher schon zuvor H. M I'Inbm. (artüun libornliuni 6t plütosopbüm inu- Mwr) war, 25 Thesen und ebensoviele über Gesetze, Sünden, 1 Roch einige hierher gehörige Behelfe sind die Druckschriften: ?. Robert Lixel O. 8. kr., Maria, die Blutter der Barmherzigkeit oder das wunderthätige Gnadenbild in der Franciscancrkirche zn Marburg in Steiermark. Marburg, 1900. — Dr. Josef Pajek, Schlusswort nach der Consecrationsfeier der neuerbauteu Vorstadtpfarrkirche zur hl. Maria in Marburg. Marburg, 1900. — Die neue Franciseaner-Vorstadt-Pfarrkirche zur hl. Maria, „Mutter der Barmherzigkeit" in Marburg. Geschichtlich dargestellt von I. 8—i. Marburg, 1895. — ?. btikolaj MermariL, musnilr reciu sv. b'raireisku, 2Aoclovinu ouctollolns ^ockobo Nutsre milosti v tranWliunsIri csrlrvi v Mariboru. 1899. Aie al! c Pfarrkirche unt dem Kloster. 17 Sündcnstrafen, menschliche Handlungen und ihren Endzweck, über Sacramente im allgemeinen und im besondern zu Vertheidigen. Wvhl mit Recht hatte der gelehrte Marburger zu jener seine Zuflucht genommen, die da genannt wird: «ecke« Wpwutiuo, der Sitz der Weisheit. Diese aus Lindenholz geschnitzte Marien-Statue, welche das Titelbild dieses Merkchens wiedergibt, dürfte wohl mit dem berühmten Karthäuser-Kloster Seiz bei Gonobiz in Verbin¬ dung stehen. Entweder wurde sie von einem Mönche selbst oder aber von einem von den Mönchen gedungenen Bildhauer angefertigt. Die Karthäuser zu Seiz waren eifrige Marieu- verchrer, wie dies das berühmte Marienleben, verfasst vorn Bruder Philippus, Karthäuser in Seiz, sattsam bekundet. Von diesein literarischen Werke will ich im Anhänge zu dieser Broschüre genauer berichten. Hier will ich noch be¬ merken, dass auf dem vbgedachten Bildnisse sich noch eine Sehenswürdigkeit befindet: es ist das im Nvrdwesten auf einer Anhöhe stehende Kirchlein Samt Barbara mit der Klause daneben. Diese St. Barbarakirche auf dem Kalvarien¬ berge wurde von deu Marburgern im Jahre 1680 aus Anlass der damals grassierenden Pest erbaut. Bei dieser Kirche befand sich auch eine Eremitage. Der letzte hier lebende Eremit, zugleich auch Kirchendiener, war Abraham Zörer, ein geborener Grazer, der im Jahre 1783 gestorben und am Friedhöfe zu St. Ulrich vor dem Grazer Thore begraben worden sein soll. Das zweite, in diesem Merkchen vorfindliche Bild stellt dar das alte Franciscaner-Kloster mit der alten Pfarrkirche der Mutter der Barmherzigkeit. — Das dritte Bild veranschaulicht die alte Pfarrkirche allein und darum auch deutlicher. — Das vierte Bild lässt einen Blick werfen 2 -S" 18 -8- in die innere Schönheit der neuen romanischen Pfarrkirche zur heiligen Maria, Mutter der Barmherzigkeit. — Das fünfte Bildnis vergegenwärtigt die östliche Front oder die Stirnseite der neuen Kirche und des neuen Klosters. Die Bedeutung der kleineren Abbildungen wird, wenn nvthig, an Ort und Stelle in Fussnoten erklärt werden. Du bist der Ruhm Jerusalems, du die Siegesfreude Israels, du der Stolz unseres ganzen Volkes! (llullitb 15, 10). So rufe denn du den Herrn an, und rede du für uns beim König, und errette uns vom Tode! (LM. 15, 3). Wer auf mich hört, wird nicht zu Schanden, und wer in mir seine Werke thut, sündigt nicht. Die mich in's Licht setzen, erhalten das ewige Leben. (Levit. 24, 30. 31). Heilige, prächtige, Herrliche, mächtige, Huldige, wonnige, himmlische Frau! Der ich in kindlicher, Unüberwindlicher, Ewig ergebener Minne vertrau! Jegliches Gut dir, Leben und Blut dir, Gerne, ja gerne, was immer ich bin, Gebe ich, o süße Maria, dir hin! (Georg Friedr. Daniner). Marburg, am Schutzfeste des hl. Joseph, den 28. April 1001. ch Wichael', Fürstbischof. Festpredigt anlässlich der feierlichen" Einweihung der neuen Vorstadt¬ pfarrkirche „Heilige Maria, Mutter der Barmherzigkeit", in Marburg, am Feste der hl. Filumena, den 11. August 1900. Anmerkung. Anlässlich der Consecrierung der neuen Pfarrkirche wurden vom Consccrator auch zwei slovenische Ansprachen gehalten, die schon im vorigen Jahre unter dem Titel erschienen: 8pomin na slovssuo posveesnfs uovs preämestns Lupnisslre esrlrvs predlaLsne Devics Narise matere milosti v Uariboru. Dva eerlrvena govora priobčil Dr. Niliasl Mpotnilr, Irnsr: in sirot" Davuntinsiri. V Llariboru, 1900. 8°. str. 33. Das obige Bild stellt dar die neue Pfarrkirche und das Guadeubild der Mutter Gottes. 2* -8-- 20 -N- Ein großes Werk ist es; denn nicht für einen Menschen ist eine Wohnstätte hergcrichtet worden, son dcrn für Gott. (I. ?nrnk. 29, 1). Lm Herrn andächtig Versammelte! ist vollbracht und zwar vollbracht im heiligen vH/ Jubeljahre! So können und dürfen wir heute aus chech' dankerfülltem Herzen rufen und jubeln. Es ist vollbracht und heute gekrönt das große, herrliche Werk. Heute haben sich aufgethan die Pforten und ge¬ öffnet die weiten Hallen der neuen Vorstadtpfarrkirche zur heiligen Maria, der Mutter der Barmherzigkeit, die ich soeben unter ergreifenden Ceremonien, Gebeten und Seg¬ nungen consecriert und so ihrer gottesdienstlichen Be¬ stimmung zugeführt habe. Es ist vollbracht! Eiu großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Gottes Werk. Kauet uarium uisum mstuite. Oomiuu8. Mein Heiligthum sollet ihr ehren. Ich bin der Herr, (Uev. 19, 30). Gott selbst hat befohlen, dass ihm Bauwerke mit der höchsten Kunst aufgeführt werden. (II. iVIos. e. 25, e. 26 et e. 27). Und der göttliche Heiland gründete mit den Aposteln die erste Kirche, es war das Ooenaeulum auf dem Berge Sion, in welchem er mit seinen zwölf Freunden das gnadenreiche Abendmahl feierte und das hochheilige Altarsacrament ein¬ setzte. Und ein solches Bauwerk ist unser Werk, und eine solche .Kirche ist unsere Kirche. Dieser kunstvolle Ban soll Gottes Ehre weithin über die Draustadt und über ihre Umgebung verkünden; er ist ja dem Dienste Gottes geweiht - 21 und gewidmet. Und so gewiss der Herr in der Krippe weilte, welche er zu seinem Throne auf Erden gewählt hatte, und vor der er von Maria und Joseph wie von zwei Cherubim angebetet und von den Hirten und Weisen begrüßt ward; so wahrhaftig er im Hause seiner Freunde verkehrte und von Nikodemus, der Belehrung, und von Maria Magdalena, die Verzeihung wollte, besucht wurde, ebenso wirklich und wahrhaft wohnt und thront er im Tabernakel, auf dass wir ihn besuchen und Hilfe in unserer Noch heischen dürfen und sollen. Kommet alle zu mir,die ihr mühselig und beladen seid, und ich will euch erquicken, lautet das ewig schöne Wort der unendlichen Liebe Jesu, das da unaufhörlich fvrttönt und wiederhallt in unseren Gotteshäusern. An dieser geheiligten Stätte kann der katholische Christ mit Samt Petrus in seliger Wonne rufen: Herr, hier ist gut sein. Hier lass uns Hütten bauen! stUattb. 17, 4). Gott selbst sagte zu Salomon in Betreff des neu erbauten und eingeweihten Tempels zu Jerusalem: kraut oeuli in ei et vor ineum ibi ouncrtis äiebu8. (III. LtzM- 0, 3). Dort werden weilen meine Augen und mein Herz alle Tage. Die Augen nämlich, um die Ein¬ tretenden anzusehen; das Herz, um sie zu lieben und zu beguadigen. Und gleichwie Zachüus nach dem Berichte des Evangeliums, das am Kirchweihfeste gelesen wird, von Christus selbst angesehen und bemerkt worden ist — 8U8pitÜ6U8 viclit illum (kue. 19, 5) — in ähnlicher Weise werden diejenigen von Gott mit Freuden angesehen und mit unzähligen Gnaden bereichert, welche die Kirche, das Haus Gottes besuchen! So gilt denn dieses große Werk vorerst und vornehmlich der Ehre Gottes. Und recht so. 22 -tzch- Zuerst Gott die Ehre, dano kommt der Friede den Menschen auf Erden. 6 lori a in oxoolsis I)oo, ot in terra pax 1lomini >>u». Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn dieses heilige Haus ist geweiht jener unter den Frauen Gebenedeiten, die in der lauretanischen Li¬ tanei genannt wird: Goldenes Haus, Pforte des Himmels, Arche des Bundes, Thurm Davids. Und wie es sich geziemt, dass die Kaiserin oder die Königin den schönsten Palast bewohne, so ist gerecht und geboten, dass die Königin des Weltalls das prachtvollste Wohnhaus besitze; und eine solche, der glorreichen Himmelskönigin würdige Wohnstätte ist dieses Heiligthum da. Gottbegeisterte Dichter sangen schöne Loblieder zu Ehren Mariä, wie unter anderen Bruder Philipp, der Karthäuser des Klosters Seiz in der Nähe des Marktes Gonvbiz, aus dessen Hauptpfarrkirche das hierortige Gnadenbild der Mutter der Barmherzigkeit stammt, ein solch maria- nisches Loblied anstimmte. Es war das verbreitetste Gedicht des Mittelalters vom Leben der heiligen Jungfrau Maria. Auch diese heute vou mir feierlich eingeweihte Kirche ist eiu Hymnus auf die Mutter der Barmherzigkeit, verfasst in unübertrefflicher Sprache von den Künsten, die sich zu- sammengethan, um mit vereinten Kräften zu verherrlicheu die Mutter der Gnade und der schönen Liebe. Mariä ergieng es in Marburg nicht, wie in Bethlehem, wo sie keine Herberge fand. In Marburg fand sie ein Heim, ein gar schönes, ihr würdiges Heim. Nun möge es ihre Freude sein, unter ihren Kindern zu wohnen und an ihnen als Blutter der Barmherzigkeit, als Samariterin leibliche und geistliche Werke der Barmherzigkeit zu üben! Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Werk, geweiht den Engeln und den Heiligen Gottes. Wie nämlich Christus in Bethlehem und auf dem Ölberge von Engeln umgeben, wie er von seinen Jüngern begleitet war, als er auf der Hochzeit zu Kana in Galiläa weilte, den Zöllner Zachäus besuchte und bei Simon als Gast zu Tische saß, und als er mit wenigen Broten und Fischen Tausende und Tausende speiste, so ist er von seinen Engeln und Heiligen auch hier im hohen und hehren Tempel umgeben. Alle diese himmlischen Geister freuen sich über die Kircheilbesucher, sie verkehren gleichsam mit ihnen, nehmen sie als ihre Genossen auf, wie Zachäus an seinem Glückstage in die Gesellschaft der Jünger Christi eingehen durfte, und später nach der frommen Überlieferung Bischof geworden war. Insbesondere werden in diesem Hause eigene Altäre erhalten und so hier weilen die beiden großen Wunderthäter der Welt: der Heilige mit dem Jesukinde auf den Armen, Sanct Antonius von Padna, und die große Fürstentochter und heldenmüthige Glaubensbekennerin, Sanct Filumena. Der hl. Antonius wird angerufen, wenn etwas verloren gegangen ist, und wieder gefunden werden soll. Nun, er möge alle finden lassen, die da verloren haben: Ruhe des Gewissens. Sanct Filumena aus Griechenland ward im Alter von 14 Jahren von dem grausamen römischen Kaiser Diocletian um das Jahr 290 gemartert. Ihre Reliquien wurden am Beginne des neunzehnten Jahrhundertes (1802) in den Katakomben der hl. Priscilla zu Rom aufgefundeu, im Jahre 1805 nach Mugnanv gebracht, und wurden seitdem von Gott durch zahlreiche Wunder verherrlicht, so dass die jugendliche Heilige die Wunderthäterin des zur Neige ge- -4K- 24 Hendon Jahrhundertes genannt wird. Ihr zn Ehrei: entstanden viele Heiligthümer. So wird in neuester Zeit im Bezirke Favoriten zu Wien eine schöne St. Filumenen-Pfarrkirche gebaut.' Im Sepulcrum des neuevnseerierten Mares „Mutter der Barmherzigkeit" verwahrte ich Reliquien der heiligen Blutzeugen Engratis, Pius, Urbanus und der hl. Jung¬ frau Clara. In das Sepulcrum der beiden Seitenaltäre, von denen der auf der Epistelseite befindliche dem hl. Anton von Padua und der auf der Evangelienseite stehende der hl. Filumena geweiht ist, legte ich Überbleibsel der heiligen Märtyrer Jucundus, Pius und Urbanus. Im Laufe der Zeit werden Altäre noch zu Ehren des hl. Joseph, des hl. Franciscus von Assisi, der hl. Maria von Lourdes, unserer lieben Frau vom heiligsten Herzen Jesu und des heiligen Kreuzes errichtet werden. Im mittleren Glasfenster des Priesterchores prangt das Bildnis der allerheiligsten Dreifaltigkeit und glänzt grüßend in die Kirche hinein. Im ersten Fenster auf der Evangelienseite befindet sich oberhalb das Bildnis des hl. Bonaventura, und unterhalb zeigt der seraphische Kirchen¬ lehrer dem ihn besuchenden hl. Thomas von Aquin seine Bibliothek: das Crucifix. Das zweite rechte obere Glas¬ fensterbildnis stellt die hl. Elisabeth dar und das untere veranschaulicht, wie die vielgeprüfte Landgräfin mit ihren ' Johann Darche, Vollständige Lebensbeschreibung der hl. Philo¬ mena, Wunderthäterin des XIX. Jahrhunderts. Aus dem Französischen. Regensburg, 1883. (8°. VIII st- 274 Seiten). — Dr. Peter Alcant. Machet!, Die heilige Philomena, Jungfrau und Märtyrin, die Wunderthäte¬ rin des neunzehnten Jahrhunderts. Nach dem Französischen bearbeitet. Graz, 1900. (4°. IX st- 202 Seiten). 25 --Sch. Kindern dir Wartburg verlässt. Auf der Epistelseite glänzt auf dem oberen Felde des ersten Glasfensters das Bild des hl. Bernardin und auf dem unteren die Darstellung, wie der hl. Bernardin als Zuhörer bei den Predigten des hl. Vineeuz Ferrerius sich einfindet. Auf dem zweiten linken Fenster sieht mau oberhalb das Bild des hl. Lud¬ wig IX., Königs von Frankreich, und unterhalb ist dar-, gestellt der selige Tod dieses gefeierten Herrschers. Eine heilige Vergangenheit grüßt uns mit dein beseligenden Lichte des beseelten Glases soviel wunderbarer ins Herz, als es jemals die tvdte Leinwand vermöchte. Wir lesen in den bunten Fenstern, welche die unbelebte, starre Mauer vergeistigen, die Geschichte der Heiligen, die sich uns tief eiuprägt in Geist und Gemüth und uns zum Gleichnis unseres eigenen Lebens wird. Ober dem Tabernakel am Plafond des Presbyte¬ riums umgeben das hehre Haupt Christi die sieben mächtigen, auserwählten Engel, die immer vor dem Throne Gottes stehen: Michael, Wer ist wie Gott, der Schutz¬ engel der Kirche; Gabriel, Bote Gottes, der Engel der Menschwerdung und der Beschützer Mariä; Raphael, Arzt Gottes, der Führer der Irrenden, das Licht der Blinden, die Arznei der Kranken. Hier sind auch jene vier Engel, deren Name, wie der hl. Bonifatius auf dem unter Papst Zacharias zu Rom abgehaltenen Concile bemerkte, von der Kirchen nicht öffentlich anerkannt wur¬ den, die aber nach gewissen Traditionen und besonderen Offenbarungen heißen: Uriel, Feuer Gottes, welcher im dritten und vierten Buche Esdras erwähnt und von der christlichen Kunst dargöstellt wird mit gezogenem Schwerte über der Brust in der rechten und mit Flammen in der 2b --K- linken Hand; Sealtiel, Eine Bitte vor dem Herrn, der Geist des Gebetes und der Engel, welcher der Magd Hagar in der Wüste erschien. Diesen bildet die Kunst ab, Gesicht und Augen bescheiden niedergeschlagen und die Hände auf der Brust gefaltet, als ob er ein Büßender wäre. Der sechste Engel heißt Jehudiel, Der von Gott Gepriesene, der Vergelter, welchen Gott vor den Israeliten einher¬ sandte. Er hält eine goldene Krone in der rechten und eine Geißel mit drei schwarzen Stricken in der linken Hand. Barachiel endlich, Gott segnet, soll der Engel sein, welcher mit Abraham sprach und Sara tadelte, als sie lachte. Auf dem Gemälde ist der Schoß seines Mantels mit weißen Rosen gefüllt? Jedem von den sieben Engeln, die vor dem Throne Gottes stehen, soll eines von den sieben Sacramenten ins¬ besondere zur Obhut anvertraut sein; weshalb denn auch hier ihre Bildnisse ober dem Tabernakel im Priesterchore recht passend angebracht sind. Die Eucharistie ist dem hl. Michael zugetheilt, die Taufe dem hl. Gabriel, die Firmung dem hl. Uriel, die Buße dem hl. Jehudiel, die letzte Ölung dem hl. Raphael, die Priester¬ weihe dem hl. Sealtiel und die Ehe dem hl. Barachiel. Die in den Feldern der rechten Wandseite des Pres¬ byteriums angebrachten Gemälde stellen dar: die hl. Clara und die hl. Büßerin Margarita von Cortona, wie auch die Gewährung des Portiuncula-Ablasses; und jene in den Feldern der linken oder Epistelseite: den. hl. Johannes Capistran und den hl. Bernardus von Porto Mauritio, ' Vergl. P. Friderick William Faber, Das heiligste Altarssacrament oder die Werke und Wege Gottes. Deutsch bearbeitet von Carl B. Reich- ling. Regensburg, 1887. S. 500 und 557. 27 und wie der hl. Franciscus auf dem Berge Alvernia die Wundmale Christi erhält. Zwischen den beiden Gemälden im Felde des zweiten Bogens ist das Ordenswappen der Franciscaner passend angebracht. Zudem ist der Namenszug Mariä in die Ornamentik recht schön verschlungen. Auf dem Quergurt im Triumphbogenfelde thront, rechts und links von schwebenden Engeln flankiert, in ihrer Majestät und Glorie Maria mit dem Jesukinde, die ruhm¬ gekrönte Königin, und blickt mütterlich mild auf ihre in den Schiffräumen versammelten Kinder. Gegenüber im Hinter¬ gründe des Musikchores erblickt der Beschauer über der Rosette das Gemälde: Gott Vater (Sonntagsruhe) und oberhalb Jesse. Am Gewölbe und in den Bogenfeldern des Hochschiffes fesseln den Kirchenbesucher die Bildnisse der größten, heiligsten und berühmtesten Ahnen Mariä nach dem Stammbuche im Evangelium des hl. Matthäus und einige ihrer Vorbilder aus der lauretanischen Litanei. In den ersten zwei Seitenseldern, von der Orgelbühne an¬ gefangen, die auf sechs Steinsäulen ruht und auf deren Vorderseite die Brustbilder dreier betender Engel angebracht sind, befindet sich das Gemälde: Abraham mit dem Spruch¬ bande VirM alsmens, Gütige Jungfrau, und Isaak mit der Anrufung Vir^o üäelis, Getreue Jungfrau; dazwischen sind am Gewölbe angebracht die Vorbilder: Vas spirituale, Geistliches Gefäß, und Vas bonoralüle, Ehrwürdiges Gefäß. Darauf folgen David mit der Harfe und Salomon mit dem Tempel und das Plafondgemälde Vas insiAiw äevo- t.imüs, Vortreffliches Gefäß der Andacht, und Vas bonorabile, Ehrwürdiges Gefäß; König Asa mit dem Lvbspruche Vir^n venerauäa, Ehrwürdige Jungfrau, und Ozias mit dein Ehren¬ titel Vir»o potens, Mächtige Jungfrau, und mitten am Ge- 28 Wölbe "I'orris vuviämu, Thurm Davids, und Turri^ ebuinea, Elfenbeinerner Thurm; Ezechias mit dem Ehrennamen Ke¬ rina Virginia», Königin der Jungfrauen, und Josias mit dem Titel Lenina patriarobaruin, Königin der Patriarchen, und dazwischen am Gewölbe Ooinn8 imroa, Goldenes Haus, und I^ooäoris aroa, Arche des Bundes. Den Abschluss bilden Joseph mit der Anrufung Kerina anMlorunp Kö¬ nigin der Engel, und Jakob mit der Benennung lioAnin srmotornnp Königin der Heiligen, und in deren Mitte am Plafond stehen die Sinnbilder lanna ooeli, Pforte des Himmels, und 8tella inatntwa, Morgenstern. Ober dem glanzvollen Regenbogen thront, wie gesagt, die Königin, die wie ein Gnadenregenbogen sich über die Welt spannt, und grüßt die durch das Hauptportal Eintretenden freund¬ lich und ladet sie vertraulich ein, hinzueilen zu ihrem Gnadenthrone.' Und so ist in der That dieser Prachtbau ' Zur größeren Beleuchtung der obbesprochenen Malereien möge hier ein Schreiben folgen, dass der kais. und königl. österr. und königl. rnmän. Hof-Decorationsmaler, Herr Josef Kott, an den Pater Guardian gerichtet hat: „Hochwürdiger Herr! Auf Ihre geehrte Zuschrift erlaube ich mir Folgendes zu erwidern: Dem Baue entsprechend habe ich die Malerei im Stile des XI. bis zum XIII. Jahrhunderte gehalten. Auf meinen Reisen habe ich Reste der Malerei aus dieser Zeit theils in Italien, theils in Deutschland und Frankreich studiert, so unter anderem in der sogenannten Unterkirche in Assisi, in St. Gereon in Köln, im Dome zu Mainz, im Presbyterium des Domes zu Straßburg, dann in der Wartburg bei Eisenach re. Auch in dem Werke „Ua Ueinturs äe- vorutivo in Branas per. U. Ooles-Ooäot" sind interessante Details aus französischen Kirchen aus dieser Zeit. Die Anordnung der figuralen Darstellungen ist, wie sich Euer Hochwürden noch erinnern werden, nach Ihren Angaben. 29 -8- geweiht und gewidmet den Engeln und den Heiligen Got¬ tes, und ist darum ein gar großes, heiliges Werk. Diese vielfältigen Gestalten sind ein Bilderkatechismus unseres Glaubens. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn ein Werk der Religion ist es, ein Werk des Glau¬ bens, würdig der frommen Vorzeit, es ist eine wahre Gottes¬ burg, in deren heiligen Hallen Gott angebetet, Maria verherrlicht, die Engeln und die Heiligen Gottes verehrt werden. Es ist eine Stätte der Andacht, ein Ort des Ge¬ betes. Es ist eine Vorhalle des Paradieses, eine Pforte zum Himmel. (I. ^lo8. 28, 17). Das herrliche Werk ist geweiht der Religion, von der schon einer der Weisen Griechenlands erklärte: Eher kann die Welt ohne Sonne bestehen, als die Gesellschaft ohne Re- Die Skizzen zu den zwei größeren Bildern „das Rosenwundcr (recte Verleihung des Portinneula-Ablasses) und die Stigmatisation" wurden vom Herrn Professor Rafael Griinnes gemacht. Im Großen an Ort und Stelle wurden jedoch diese Bilder vom Herrn von Proszinsky ausgefiihrt. Alle anderen Bilder und Figuren wurden entworfen und ausgeführt vom Herrn von Proszinsky. Ebenso wurden die Ornamente von demselben Herrn gezeichnet und die Musterproben angesctzt und diese dann nach Genehmigung derselben und unter dessen Aufsicht von tüchtigen dazu geschulten Malergehilfen ausgefiihrt. Die Skizzen und theilweise auch die Detailzeichnungcu und Cartons wurden in Wien im Atelier gemacht. Bei dieser Arbeit und auch als Beihilfe des Herrn von Proszinsky waren Schüler aus der Kunstgewerbeschule thätig. Was die Technik anbelangt, so wurde die Arbeit in Tempera ge¬ macht. Auf den neuen nicht getünchten Verputz wird die Zeichnung mit¬ tels Kohlenstaub gepaust. Nun werden die Contouren mit dunkler Farbe nachgezeichnet; wenn diese, trocken sind, wird die Fläche so lange mit Wasser befeuchtet, als es der Flüssigkeit ausnimmt. Dann wird es mit einem ganz dünnen Mörtel grundiert (paroolii), so dass die Cvuloureu noch ligivn. Dieses neue Gotteshaus wird auch sein ein Boll¬ werk gegen den anstürmenden Unglauben. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Werk des unerschütterlichen Gott vertrauens, des christlichen Opfermuts) es, der christlichen felsenfesten Hoffnung. Gestern vor sieben Jahren, am 10. August 189Z, ward der Grundstein gelegt und geweiht, und heute nur l I. August des Schluss jahres des neunzehnten Jahrhundertes, ist schon der Schluss¬ stein gelegt und gesegnet. Heute feiert die Kirche das Fest der heroischen Jungfrau und Blutzeugin Filumena, die nut bewunderungswürdigem Starkmuthe den heiligen Kampf kämpfte und die Sigespalme errang. Als geistige Bauherrin dieses schwierigen und kostspieligen Gvttesbanes durchschaue». Wenn mm dieses trocken ist, wird derjenige Theil, welcher momentan gemalt werden soll, mit Tampera überzogen, und nun darauf gemalt. Tempera ist ein Gemisch aus Eierdotter, Essig und Leinöl. Die Farben werden mit dem Tempera angcmacht, nur dürfen es keine chemi¬ schen Farben, sondern müssen Mineralfarben sein; dann darf als Misch¬ farbe für lichte Töne und als Weiß nur Kalk genommen werden. Es ist erwiesen, dass sich derartige Temperamalereien besser halten als krsseo. Auf dem 6awxo 8anto in kisa sind großartige Malereien ans verschiede¬ nen Zeitaltern, die meisten aber aus dem 14. und 15. Jahrhunderte, theils in krsseo theils in Tempera. Da sind Temperamalereien von kenvWo 6oWoli aus dem 15. Jahrhunderte und diese sind besser erhalten als die Frescomalereien nebenan aus späterer Zeit. Im Falle ich noch nrit einer Auskunft dienen kann, dann bitte ich mich zu verständigen. Mit besonderer Hochachtung Ihr ergebenster Josef Kott, m. p." Vergl. auch A. Möllers, Die Bemalung unserer Kirchen. Hamm in Westfalen, 1899. S. 44—46. 31 erbat sie durch ihre vielvermögende Fürsprache den Er¬ bauern dieser großartigen Pfarrkirche den unentwegten, hoffnungssicheren Muth. Deshalb ward dieser Prachtbau eben heute am Feste der ruhmreichen Thaumaturgin ein geweiht. Wie aber beharrliches Hoffen und unverwüstliches Vertrauen diesen Gottestempel gebaut, so werden auch niemals zu Schanden jene, die denselben in christlicher Hoffnung besuchen werden. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Werk wahrer Gottesliebe und wahrer Nächstenliebe. Die opferbereite, werkthätige Liebe hat gebaut. Die Liebe zu Gott, die Liebe zur Mutter der göttlichen Gnade, die Liebe zu den unsterblichen Seelen hat hier gebaut. Hier gilt «barltus crburituti, die Liebe der Liebe. Marienliebe war es, die sich da stets- fort äußerte: Der Mutter meines Herrn Gebe ich vom Herzen gern! Und so werden hier auch Liebe, Friede, Eintracht gepredigt und erlangt werden. Es ist vollbracht! Ein großes Werk ist vollendet. Denn es ist ein Werk echter und rechter christlicher Kunst. Die Weisheit hat sich einen Palast er¬ baut. (Urov. ch 1). Die Baukunst, die Maler- und Bild¬ hauerkunst, die Tonkunst und die verwandten Künste wett¬ eiferten, nm ein ihrer würdiges Werk, nm ein monumentales Kunstwerk zu schaffen, und es ist ihnen ausnehmend gnt gelungen. Sie fühlten, sie bauen für Gott, für dessen Majestät, Größe, Glanz und Glorie nichts zu groß ist, um seiner würdig zu sein. 32 So ist denn vollendet der romanische Bau voll Ernst und Schönheit, voll Kunst und Anmuth, und ist so vollauf würdig des Schlusses des neunzehnten Jahrhundertes. Die neue Pfarrkirche mit ihren Altären, ihren Säulen, ihrer Malerei, ihren Glasfenstern, ihrem Orgelwerke macht einen ungemein gefälligen und stimmungsvollen Eindruck. Sie ist wie eine herrliche Blume, die da blüht an dem lieblichen Ufer der freundlich vvrbeirauschenden Drau. Das heutige Fest ist die schönste Huldigung, welche Marburg dem göttlichen Herrn und Heilande Jesus Christus, dem Könige der Zeiten, am Ende des neunzehnten und am Anfänge des zwanzigsten Jahrhundertes darbringt für alle durch die machtvolle Fürsprache Mariä erhaltenen Gnaden und Wohlthaten und zur Sühne für die Be¬ leidigungen und Unbilden, die ihm zugefügt worden sind. Das hehre Fest ist aber zugleich auch eine Huldigung für Maria, die in der lauretanischen Litanei mit zehn Titeln als Königin gegrüßt und zudem noch augerufen wird als Königin der Gnade, als Königin der Kirche, als Königin des Himmels und der Erde, die mit der Sonne be¬ kleidet ist und den Mond zu ihren Füßen und aufdemHaupte eineKrvne von zwvlfSternen hat. (^pooal. 12, 11). Es ist vollendet dieses gewaltige Werk zum Lobe und Preise Gottes, zur Verherrlichung der allerseligsten Jung¬ frau und Mutter Gottes Maria, der Gegenwart zum Ruhme und der Nachwelt zum bleibenden Vorbilde kirch¬ licher Kunst wie christlicher Frömmigkeit, Thatkraft und Eintracht. Es ist vollendet zur Erhöhung und zum Wachs- thum der Kirche, zu Nutz und Frommen des Staates, zur Zierde der Stadt Marburg, zum Segensborne der Die alte Marrkircho. -s» 33 Pfarre, des Decanates, der Diöcese, zum allgemeinen Besten der Gesellschaft, zur Rettung und Erlösung un¬ sterblicher, durch das kostbare Blut Jesn Christi erkaufter Seelen. Es ist vollbracht! Lm Herrn andächtig Versammelte! Hier heutige Tag ist eiu Freudentag für die Be- Ns wohner dieser Vorstadtpfarre, des Decanates, der Diö- ' cese, des Kronlandes und auch des Reiches; denn sie alle sind um einen Monumentalban reicher geworden. Als die Stiftshütte oder das heilige Bundeszelt mitsammt seiner kostbaren Einrichtung fertiggestellt war, freuten sich die Söhne Israels. Und als nun Moses sah, dass alles dies vollendet war, segnete er sie. (tlxoü. 39. 43>. Als König David auf dem Berge Sion zu Jerusalem für die Bundeslade ein prachtvolles Zelt aufgeschlagen hatte, ließ er sie im feierlichen Zuge wie im Triumphe Vvn der Ebene in Silo, wo sie bisher stand, heraufbringen. Außer einer unzählbaren Menge Volkes erschienen im Zuge die Fürsten Israels im Purpur gekleidet, die Priester in ihrem hochfestlichen Schmucke, und 3 4S- 34 nicht weniger als dreitausend Bewaffnete. Die Vorausgiengen und die nachfolgten, spielten auf Harfen und Zithern, Posaunen und Pauken, Zinken und Cymbaln. Vor den Priestern gierig David einher, auf der Harfe spielend und dazu tanzend. Und als David dies vollendet, segnete er das Volk im Namen des Herrn. Da¬ rauf stimmte er mitAsaphund dessenBrüdern den herrlichen Lobgesang an: Preiset den Herrn, rufet an feinen Namen: machet kund unter den Völkern, was er erfand. Singet ihm, spielet ihm, und erzählet von allen seinen Wundern! Lobet seinen heiligen Namen, es freue sich dasHerz derer, diedenHerrn suchen! (I. Uarnl. 16, 2. 8—16). Unnennbare Freude und unbeschreiblicher Jubel herrschte in ganz Israel, nachdem Salomon den wunderherrlichen Gottesbau, den Tempel des Herrn, ungefähr um das Jahr 1000 vor Christus in sieben Jahren vollendet hatte, (lll. UeM. 6, 38). Es war eine heilige Freude ob der Großthat, welche der Herr dem Könige David, Salomon und Israel seinem Volke erwiesen hatte. (II. Unrnl. 7, IO). Sieben volle Tage dauerte das Fest der Einweihung des Wunder¬ werkes. König Salomon segnete die ganze Gemeinde und sprach auf Knien liegend mit ausgestreckten, zum Himmel gebreiteten Armen das herrliche, schwungvolle Weihegebet: „Herr, Gott Israels! Es ist kein Gott dir gleich im Himmel oben und auf der Erde unten; der du hältst den Bnnd und die Barmherzigkeit deinen Knechten, welche vor dir wandeln aus ihrem ganzen Herzen; der du gehalten deinem Knechte David, meinem Vater, was du ihm ver¬ sprochen: Du hast es geredet mit dem Munde, und mit -8- 35 der Hand es erfüllt, wie dieser Tag es zeigt. . . Und nun, Herr, Gott Israels, lass deine Worte bestätigt werden, die du geredet hast zu deinem Knechte David, meinem Vater! Aber sollte inan's glauben, dass Gott wahrhaft auf Erden wohne? Denn so der Himmel und die Himmel der Himmel dich nicht fassen können, wie viel minder dieses Haus, das ich erbaut? Aber sieh auf das Gebet deines Knechtes und auf sein Flehen, Herr, mein Gott! Höre das Lob und das Gebet, welches dein Knecht vor dir emporsendet, damit deine Augen über dieses Haus offen stehen Tag und Nacht, über das Haus, wovon du gesagt: Mein Name soll da sein, um zu hören das Gebet, welches an diesem Orte dein Knecht zu dir verrichtet. Höre das Flehen deines Knechtes und deines Volkes Israel, um was sie immer bitten mögen an diesen: Orte, höre es an dem Orte deiner Wohnung im Himmel, und wenn du es hörst, sei gnädig! Wenn jemand sündigt wider seinen Nächsten und ihm ein Eid auferlegt worden, der ihn ver¬ bunden hält, und er kommt des Eides willen vor deinen Altar in dein Haus, so wollest du darauf achten im Himmel und es thun und deine Knechte richten und den Gottlosen verdammen und seinen Wandel auf sein Haupt kommen lassen, den Gerechten aber rechtfertigen und ihm vergelten nach seiner Gerechtigkeit. Wenn dein Volk Israel vor seinen Feinden flieht — denn es wird sündigen wider dich und wenn sie Buße thun und deinen Namen bekennen, und kommen und beten und vor dir flehen in diesem Hause, so wollest du sie erhören im Himmel und die Sünden deines Volkes Israel nachlassen... Wenn der Himmel verschlossen ist und es nicht regnet um ihrer Sünden willen, und sie an diesem 3* 36 Orte beten und Buße thun in deinem Namen und sich von ihren Sünden bekehren um ihrer Trübsal willen, so wollest du sie erhören im Himmel und die Sünden deiner Knechte und deines Volkes Israel verzeihen, und wollest ihnen einen guten Weg zeigen, ans dem sie wandeln, und Regen über dein Land senden, welches du deinem Volke zum Erben verliehen hast. Wenn eine Hungersnoth entstanden im Lande oder Pest oder böse Lust oder Brand oder Heuschrecken oder Mehlthau, wenn seine Feinde es bedrängen und seine Thore belagern, wenn sich erheben irgend welche Plagen jeder Art, allerlei Krankheiten, Unheil und Verwünschungen, wie sie je einein Menschen aus deinem Volke Israel wider¬ fahren können; wenn dann jemand die Wunde deines Herzens erkennt und seine Hände ausbreitet in diesem Hause: das wollest du hören im Himmel an dem Orte deiner Wohnung und wieder gnädig sein und vergelten einem jeglichen nach allen seinen Wegen, wie du sein Herz erkennst - denn du allein erkennst das Herz aller Menschen¬ kinder — damit sie dich fürchten alle Tage, die sie leben im Lande, welches du unseren Vätern gegeben. Auch wenn ein Fremder, der nicht vom Volke Israel ist, aus fernen: Lande kommt um deines Namens willen denn man wird hören von deinem großen Namen und von deiner starken Hand und von deinem ausgestreckten Arme überall — wenn er dann kommt und betet an diesem Orte, so wollest du ihn hören im Himmel, in der Feste deiner Wohnnng, und alles thun, um was der Fremde dich anruft, auf dass alle Völker der Erde fürchten lernen deinen Namen, wie dein Volk Israel, und erfahren, dass dein Name angerufen sei über dieses Haus, das ich --S- 37 -«> erbaut. Wenn dein Bolk auszieht zum Streite wider seine Feinde, auf welchen Weg du immer sie senden wirst, und sie beten zu dir nach der Stadt hin, die du erwählt hast, und nach deinem Hause hin, das ich deinem Namen erbaut habe: so wollest du hören im Himmel ihr Gebet und ihr Flehen und ihnen Recht schaffen. Wenn sie wider dich sündigen — denn es ist kein Mensch, der nicht sündigt und du, erzürnt, ihren Feinden sie übergibst, und sie gefangen in das Land ihrer Feinde geführt werden, fern oder nahe, und sie thun Buße in ihrem Herzen an dem Orte ihrer Gefangenschaft und kehren und flehen zu dir in ihrer Gefangenschaft und sprechen: Wir haben gesündigt, unrecht gethan und gottlos gehandelt, und sie kehren sich zu dir von ihrem ganzen Herzen und von ihrer ganzen Seele im Lande ihrer Feinde, in das sie gefangen geführt wurden, und beten zu dir nach ihrem Lande hin, das du ihren Vätern gegeben, und nach der Stadt, die du erwählt hast, und nach dem Tempel, den ich deinem Namem erbaut habe; so wollest du hören im Himmel, auf der Feste deines Thrones, ihr Gebet und ihr Flehen und ihnen Recht schaffen, und wollest gnädig sein deinem Volke, das wider dich gesündigt, und allen ihren Missethaten, die sie wider dich begangen haben, und ihnen Barmherzigkeit geben vor jenen, die sie gefangen halten, auf dass sie sich ihrer erbarmen. Denn sie sind dein Volk und dein Erbe, das du hinausgeführt aus dem Lande Ägypten, mitten aus dem eisernen Ofen; dass deine Augen offen seien auf das Flehen deines Knechtes und deines Volkes Israel, und du sie erhörest in allem, um was sie dich anrufen. "Denn du hast sie ausgesondert dir zum Erbe aus allen Völkern der Erde, wie du geredet -8» 38 »8- durch Moses, deinen Knecht, da dn unsere Väter aus Ägypten geführt, Herr, Gott!" lsill. 8, 15^61). Welch herzliches, inständiges und inbrünstiges, all- umfassendes Gebet! Es gibt keine Noth, sei es geistige Bedrängnis oder leibliche Plage, welche Salomon nicht eingeschlossen hätte. Und sieh da, kaum hat er sein Gebet beendet, so schickt der Herr ein augenfälliges Zeichen seiner Geneigtheit und der Erhvrung: Feuer fiel herab und verzehrte die Brand- und Schlachtvpfer. (II. karal. 7, 1). Und zur noch klareren Bestätigung erscheint der Herr in der Nacht Salomon und gibt ihm die aus¬ drückliche Versicherung: Ich habe dein Gebet erhört. (II. Uarrü. 7, 12). Was könnte es Tröstlicheres, was Er¬ hebenderes geben, als das Bewusstsein, dass das Auge des Herrn mit Wohlgefallen auf diesem heiligen Orte ruhte, und dass jeder, der bei ihm Zuflucht suchte, unfehlbar Schutz und Rath fand! Während der Tempelfeierweihe ließ Salomon 22.000 Rinder und 120.000 Schafe schlachten, um dem Herrn Friedopfer darzubringen und um das iu Jerusalem versammelte Volk gastlich zu bewirten. Als die Juden nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft im Jahre 535 (I. IHr 3, 1) den zweiten Tempel zu Jerusalem, den die Heilige Schrift Ininosi^ simnin in toto orke temyluin oder den berühm¬ testen auf der weiten Welt nennt (II. Krnrb. 2, 23), und welchen König Herodes kurze Zeit vor der Ankunft Christi hatte erweitern und verschönern lassen, unter der Leitung Zorobabels ungeachtet der sich dawider erhebenden Hindernisse erbaut und vollendet hatten, feierten sie die Einweihung des Hauses Gottes mit Freuden und sie opferten zur Einweihung des Hauses hundert Kälber, -4S» 39 zweihundert Widder, vierhundert Lämmer, zwölf Ziegenböcke für die Sünde des ganzen Israels ... Und sie hielten das Fest sieben Tage mit Freuden, weil der Herr sie erfreut und das Herz des Königs von Assyrien ihnen zugewendet hatte, dass er ihren Händen half am Werke des Hauses des Herrn, des Gottes Israels. (I. U^ckr. 6, 16. 17. 22). Als der große Held Judas Machabäus den durch die Syrer entweihten Tempel wieder gereinigt und aus¬ gebessert, und einen neuen Brandopferaltar gebaut hatte, feierte er mit dem Volke die Einweihung des Altars acht Tage lang und brachte Brandopfer dar mit Freuden, und opferte Dank- und Lob- vpfer. Sie schmückten auch den Tempel von außen mit goldenen Kronen und Schildchen.. Und es war eine sehr große Freude im Volke. Und Judas und seine Brüder und die ganze Gemeinde Israels verordneten, dass die Tage der Einweihung des Altares gefeiert werden sollen von Jahr zu Jahr. (I. Naob. 4, 38. 56—59). Und dieses Fest, zum Andenken an die Reinigung des Tempels eingesetzt, ward auch zur Zeit Christi gefeiert, lind Jesus nahm selbst theil an demselben, wie uns der heilige Apostel und Evangelist Johannes berichtet, (lonn. 10, 22. 23). Die Juden feiern dieses Fest noch heute unter dem Namen Chanucca, das ist Weihe insbesondere durch Anzündung von Lichtern, dem Sinnbilde der Freude, wes¬ halb es Flavius Josephus das Fest der Lichter neunt. So wurde denn stets mit größten: Jubel das Fest der Tempelweihe von den Israeliten begangen. Um so viel mehr können wir uns, Geliebte im Herrn, freuen und dürfen frohlocken anlässlich der Vollendungsfeier der neuen ---> 40 Pfarrkirche, die da eine wahre Wvhnstätte, eine würdige Hofburg Gottes ist, deren nur mattes Schatten- oder Spiegelbild das Salomonische Meisterwerk war. Zudem wird Maria, dieser lebendige Tempel des Allerhöchsten, in der lauretanischen Litanei genannt: 6uu^u nostrno luotitiua. Die Ursache unserer Fröhlichkeit. Und so soll denn die Freude sich offenbaren, da sic nicht verborgen bleiben kann! Tur cherru andächtig versammelte! ) an jedem ersten Monatssamstage und am 25. Jänner, 13. Juni und 11. August alljährlich ge¬ lesen werden, werden noch überdies täglich zwei hei¬ lige Messen für alle lebenden und verstorbenen Vereins¬ mitglieder und Wohlthäter cclebriert. Auch ich habe heute das erste heilige Messopfer in der neugeweihten .Kirche für das wahre Wohl und Heil der Förderer des riesigen Unter¬ nehmens dargebracht. Fürwahr, welch großen Dank verdienen die Wohl¬ thäter dieser neuen Pfarrkirche, wenn wir in die Zukunft schauen! Hier wird die göttliche, ewige Wahrheit verkündet inmitten der verderblichen Jrrthümer unserer Zeit, und von hier aus wird Licht und Wärme hinein-strahlen und strömen in die Herzen aller, die Gottes Vorsehung in dieses geheiligte Haus führen wird. Und kommen werden hierher heilsbeflifsene Seelen, und werden reichliche Gnaden schöpfen aus den Quellen der Sacrameute. Kommen werden hierher arme Sünder, und Christi Blut wird sie heilen und retten. Kommen werden Zweifler und Spötter, aber vor dem Hei¬ lande am Ölberge wird schwinden der Zweifel und schwei¬ gen der Spott. Kommen werden Betrübte und Leidende, 48 --8- und Maria, die Trösterin der Betrübten, wird sie stärken und neu aufrichten. Kommen werden Kinder mit prü¬ fenden Augen und empfänglichen Herzen, nnd werden Keime der Gnade mit sich fvrttragen. Kommen werden Scharen von Marienverehrern, und werden als Apostel ihrer Verehrung von dannen ziehen. Und dies alles wird heilsam wirken in Familien und Gemeinden. Denn wo der Mensch mit Gott und Maria gut steht, da steht er gut auch mit den Menschen. Welch ein Segen ist demnach die neue Pfarrkirche! Und ihre Er¬ bauer verdienen den Dank für jede Seele, die hier von Sünden und Zweifeln befreit wird; für jeden Besucher, der hier besser wird und dann heilig lebt und heilig stirbt; für jede Thräne, die hier vor himmlischer Freude oder vor lauterer Reue fließen, und für jede, die hier getrocknet wird. Sie helfen so retten diejenigen, für welche Gottes Sohn litt und starb; darum wird sie dankbar fein Herz umfangen. Sie retten so die Schmerzenskinder Mariä, der Mutter aller Menschen, und ziehen so ihr das Schwert aus der Brust. Und sie bekennt sich als ihre Schuldnerin. Jesu Lohn aber und Marien Dank gehen über Königslohn lind Königindank; denn sie dauern ewig. Ich habe im hochheiligen Messopfer aber auch jener Wohlthäter dankbarst gedacht, die uns schon ins Jenseits vorausgegangen sind, und die am heutigen Weihfeste gewiss mit Freuden auf das mit ihrem Zuthun aufgeballte Gottes¬ haus herabblicken. Hiebei kam mir der tröstliche Gedanke: gar viele Wohlthäter und Gönner dieses schönen Bauwerkes werden schon längst im Grabe ruhen, doch hier in dieser neuen Muttergvtteskirche werden noch immer heilige Messen für ihr ewiges Heil celebriert werden. Ihr Andenken wird Aio Innenansicht der nonon Pfarrkirche. -8-- 49 bei der Nachwelt gesegnet bleiben, und ihre Verdienste für die Ewigkeit werden zunehmen, insolange die neue Pfarrkirche stehen und in derselben heilige Messen und Andachten für ihre Wohlthäter verrichtet werden. Hiedurch wird ihnen ein sie ewig beseligender Auferstehungsmorgen bereitet. O zuletzt, danke ich innigst auch jenen, die nur den frommen Wunsch hatten: das heilige Werk möge trefflich gelingen und baldigst vollbracht und gekrönt fein. Viele wollten sich gewiss am erhabenen Bauwerke betheiligen, sie konnten es aber nicht. Von diesen gilt der Spruch: Voluernut, kecwrunt. Gewollt, gewirkt. Ja, als Diöcesan- bischof sage ich tiefempfundenen Dank für jeden Baustein, groß und klein, auch für jedes Sandkörnlein, das im Mörtel, im Kitt der Bausteine eine mächtig verbindende Rolle spielt. Hunderfältig vergelte es Gott jedem einzelnen und allen zusammen, die sich Verdienste erworben haben um das glückliche Zustandekommen des majestätischen Banes, der Jahrhunderte überdauern wird. Uenoäieti eruut, gui rwäilwaveriut. to. Gesegnet werden sein, die dich, o heilige Stätte erbaut haben, so betete ich heute zum wiederhvlten- mal während der Consecrierung der neuen Kirche. Und dieses Gebet wird auch erhört werden. Ja, erfüllen wird sich, um was wir Priester bei der Einweihung des neuen Gotteshauses gebetet haben, „dass Alle, die in reiner Absicht zur Erbauung der Kirche beigetragen haben, die Wohlfahrt des Leibes und das Heil ihrer Seelen erlangen". 4 Im Herrn andächtig Versammelte! ' heutige freudenreiche Kirchweihfest möge werden I der Beginn des Segens für die Stadt, des Segens für das Land, des Segens für alle, die da knieen ' und beten werden, um Gott zu loben, Maria zu preisen und die Engel und die Heiligen zu ehren. Von allen Besuchern dieses Gotteshauses möge gelten, was der gött¬ liche Heiland von dem im Tempel demüthig betenden Zöllner gesagt, wie es das morgige Sonntagsevangelium berichten wird. Dieser gieng gerechtfertigt nach Hause. (Imo. 18, 14). Was Gott zu Salomon anlässlich der Tempelweihe sprach, das möge auch hier sich bewahrheiten und in Er¬ füllung gehen: „Ich habe dein Gebet erhört, und diesen Ort mir zum Opfer auserwählt. Wenn mein Volk sich bekehrt und zu mir fleht und mein Angesicht sucht und Buße thut.. so will ich sie erhören vom Himmel und gnädig sein ihren Sünden. Auch sollen meine Augen offen und meine Ohren aufmerksam sein auf das Gebet des¬ jenigen, der da betet an diesem Orte; denn ich habe diesen Ort erwählt und geheiligt, dass mein Name hier sei ewiglich, und meine Augen und mein Herz sollen da bleiben alle Tage". (II. ?aral. 7, 12—16). Die Worte des herrlichen 131. Psalmes, der wohl gelegentlich der feierlichen Einweihung des Tempels von Jerusalem verfasst und gesungen worden ist, mögen auch hier in noch höherem Masse und in noch tieferem Sinne ihre Geltung haben und behalten: „Erhebe dich, Herr, zu deinem Ruhesitze, du und die Lade deiner Heiligung! -» 51 -Sh- Lass deine Priester anthun Gerechtigkeit: lass deine Heiligen frohlocken! Das ist mein Ruhesitz, spricht der Herr, ewiglich; hier will ich wohnen; denn ich habe ihn erkoren. Die Witwen will ich da segnen, und die Armen hier sättigen mit Brot. Da will ich die Priester in Heil kleiden, und die Heiligen werden jubeln und frohlocken". (?8. 131,8. 9. 14—16). Meine Lieben, die Welt liegt im Argen. Ein neues Jahrhundert wird bald beginnen. Möge es doch ein gutes und glückliches sein! Zu diesem Ende lasset uns eifrig beten und Maria fleißig verehren. Maria, ohne Makel der Erb¬ sünde empfangen, ist schon im ersten Augenblicke ihres Daseins der höllischen Schlange auf den Kopf getreten. Sie soll der Schlange der Zwietracht, der Scheel- und Selbst¬ sucht, die uns zu verschlingen droht, auch auf den Kopf treten und ihn zertreten, und sie möge uns werden die holde Führerin des süßen Friedens. Ist ja doch der Regen¬ bogen, den wir auch hier in seinen strahlenden Farben abgebildet sehen, ist ja dieses wundersame, tröstliche und verheißungsvolle Zeichen des Friedens ein Vorbild Mariä, der Mutter des göttlichen Friedensfürsten.' Schau den Regenbogen und preise seinen Schöpfer: Gar schön ist derselbe in seinem Glanze. (8ir. 43,12). Der Bogen wird in den Wolken stehen, und ich werde ihn sehen und eingedenk sein des ewigen Bundes. (I. Nos. 9, 16). So schaue denn und leuchte mit ' Siehe: P. Peter Vogt 8. 4., Maria in ihren Vorbildern. Marienpredigten, zurechtgelegt zu Lesungen auf die Feste der seligsten Jungfrau. Regensburg, 1898. S. 345—370. 4* 52 deinen Zinnen und Thürmen hinein in die Stadt und weit hinaus ins Land du, stattliches Muttergotteshaus, und künde der Nachwelt den frommen Sinn deiner Erbauer, und vermittele deinen Besuchern den dreifachen Frieden: den Frieden mit Gott, den Frieden der Seele und den Frieden mit dem Nächsten. Möge allen, die in diesem Haus ein- und ausgehen, des allmächtigen und allgütigen Schöp¬ fers Gnade zu theil werden; und mögen dieselben stets eingedenk sein, dass des Menschen Leben ohne Gottesgnade nicht das wahre Leben ist! Komm, o Herr, in diesen Tempel, Komm herab auf unser Flehen: Neig' in ihm voll Huld und Gute Dich der Gläubigen Gebet: Gieß' herab auf ihn die Ströme Reichen Segens immerdar! Amen! Anrede, nach Vollzug der Kirchweihe gehalten beim Liebesmahle im Franciscaner-Kloster zu Marburg, den 11. August des Jubeljahres 1900. Saget Dank bei Allem; denn dies ist Gottes Wille in Christo Jesu inbezug auf euch alle. (I. 1ks88. 5, 18). chochgeehrte FiMheUuehmer! ie Einweihung von neuerbauten Kirchen geschah seit r I altersher auf die feierlichste Weife. Der Vater der d Kirchengeschichte,..Eusebius, Bischof von Caesarea, ein Zeitgenosse Kaisers Constantin des Großen, suhlt -s- 54 sich außer Stande, die Freude zu beschreiben, welche von allen Gesichtern strahlte, als sie die während der Christen¬ verfolgungen niedergerissenen Tempel glänzender und größer und höher sich wieder aus dem Schutte erheben sahen. „Und welch ein rührender und ersehnter Anblick", ruft er begeistert aus, „war uns die Festlichkeit der Kirchweihen in den verschiedenen Städten, so wie die Weihe der neu aufgeführten Kapellen". Ausführlich berichtet Eusebius betreffs der Weihe jener prachtvollen Basilika, welche der Kaiser über dem Grabe des Erlösers zu Jerusalem erbaut hatte. Viele Bischöfe und Priester aus allen Theilen des Reiches waren nach Jerusalem gekommen; sie alle nahmen durch einzelne Weiheceremonien, durch Darbringung des allerheiligsten Messopfers, so wie durch Gebete und Psalmen¬ gesänge, mehrere durch Predigten an das zusammengeströmte Volk, theil an der heiligen Handlung. Der Kaiser hatte Anstalten treffen lassen, dass für Unterkommen und die Bedürfnisse der andächtigen Pilger gesorgt wurde. Es wur¬ den sogenannte Agapen oder Liebesmahle den Festtheil- nehmern bereitet. Etwas ähnliches, meine Lieben, geht heute in unserer Stadt Marburg vor. Ein neues GotteshauH ist vollendet, eingeweiht und seiner hocherhabenen Bestimmung über¬ geben. Nach der ergreifenden und erbaulichen kirchlichen Feier haben wir uns da gleichfalls zu einer Agape oder zu einem Liebesmahle versammelt. Der heutige Tag ist für diese große Vorstadtpfarre kein gewöhnlicher Tag. Heute würden, wenn sie könnten, vor Freude aufjubeln und auf¬ hüpfen die mit Reben umkränzten Höhen und Hügel der Umgebung von Marburg. Das heute hier gefeierte Fest ist ein außerordentliches, für Stadt und Land denkwürdiges -8» 55 Fest. An diesem, von uns allen sehnlichst herbeigewünschten Kirchweihfeste ist es wohl würdig und gerecht, dass wir treu befolgen den apostolischen Auftrag: Saget Dank bei Allem; denn dies ist Gottes Wille in Christo Jesu inbezug auf euch alle? Natürlich, das erste Opfer unserer dankbaren Herzen gehört Gott dem Dreieinigen. Sodann ist es geboten, dass wir eingedenk seien unserer beiden Väter: Seiner Heilig¬ keit und Seiner Majestät. Um Seiner Majestät unseres lieben und theuren Landesvaters heute dankbarst zu geden¬ ken, gibt es für uns einen besonders triftigen Grund. Seine Majestät sind nämlich ein großherziger Förderer des kunstvollen Kirchenbaues geworden, indem Allerhöchstdiesel- ben zwei Tausend Kronen aus der allerhöchsten Privat- cassa für denselben zu spenden geruht haben. Das kano¬ nische Recht gebietet, die Wohlthäter der Kirche nach Ver¬ dienst und Gebür zu ehren, wie es auch im schönen Ritus ' Zur immerwährenden Erinnerung an das so seltene, wie freuden¬ reiche Fest mögen hier die Namen der Festgäste folgen, die uns bekannt geworden sind: Vom hochwürdigstcn f. b. Lavanter Domcapitel waren zugegen die Herren: Laurcntins Herg, Domdechant; Dr. Johann KriLaniö, Canoni- cus Senior; Jakob Philipp Bohinc, Dom- und Stadtpfarrer; Carl Hri¬ bovšek, Sr. Heiligkeit Hausprälat; Dr. Josef Pajek, Domherr; Dr. Jo¬ hann Mlakar, Domherr; Anton Hajsek, Ehrendomherr, Dechant und Stadtpfarrer in Windischseistriz. Von den k. k. politischen Behörden waren anwesend die Herren: Franz Kankowsky, k. k. Statthaltereirath; Norbert Graf Ferraris Ochieppo, k. k. Oberfinanzrath; Dr. Adalbert Leonhard, k. k. Oberbezirksarzt. Von den Justizbehörden nahmen theil die Herren: Dr. Alois Föhn, k. k. Landesgcrichtsrath; Dr. Gustav Wokaun, k. k. Landesgcrichts- rath; Dr. Carl Martinak, k. l. Landesgerichtsrath; Philipp Kermek, k. k. Gerichtssecretär. 56 der Kirchweihe heißt: Leelssiu Awutitudiuvm nä ümckutoi-68 8UO8 6t Kon6sa6tor68 ostenckit. Die Kirche erweist stets Dank¬ barkeit ihren Gründern und Wohlthätern. Ich bin glücklich und hoch erfreut, dass ich die herr¬ liche Pfarrkirche zu Ehren Mariä, der Blutter der gött¬ lichen Gnade und der Schutzpatronin von Österreich, ein- weihen konnte im goldenen oder heiligen Jahre, in welchem und zwar am kommenden 18. August unser allergnädigster Kaiser und Herr Allerhöchstsein siebzigstes Wiegenfest begeht. Wir bringen Seiner kais. und königl. Apostolischen Majestät zu diesem freudenvollen, uns Österreicher beglückenden Feste in dankbarer Liebe schon heute unsere Huldigung dar, indem wir rufen, wie ein treuer Österreicher stets ruft und fleht: Vom Civil betheiligten sich an der Feier noch die Herren: Felix Ferk, Magister der Chirurgie in Marburg; Dr. Franz Firbas, k. k. Notar in Marburg; Albert Ogriseg, Großindustrieller in Marburg; Dr. Franz Radey, k. k. Notar; Heinrich Schreiner, Director der k. k. Lehrerbildungs- Anstalt in Marburg; Paul Freiherr von Twickl, Gutsbesitzer in Mar¬ burg; Jakob Vielberth, Director der Gasanstalt in Marburg. Vom k. und k. Militär: Herr Dr. Ignaz Hermann, k. u. k. Ober¬ stabsarzt in Marburg. Vom Gemeinde- und Stadtrathe waren erschienen die Herren: Alexander Nagy, Bürgermeister (konnte wegen Unwohlsein nur der Feier lichkeit in der Kirche beiwohnen); Dr. Johann Schnöderer, Bicebürger meister; Dr. Arthur Mally, kaiserlicher Rath, und Dr. Amand Rak, Stadtarzt. Vom hochwürdigen Säcularclerus die Herren: Bvhak Franz, Vorstadtpfarrkaplan zu St. Magdalena in Marburg; Cestnik Anton, suppliercnder Religionslehrer am k. k. Staatsgymnasium in Cilli; öede Josef, Vorstadtpfarrkaplan zu St. Magdalena in Marburg; 6irek Alois, Religionslehrer in Marburg; 6iLek Josef, F.-B. Geistl. Rath, Pfarrer und Dechant in Jaring; Dr. Franz FeuS, Geistl. Rath, Theologieprofessor in Marburg: Bartholomä Franger, Pfarrer in St. Margarethen a. d. Pesniz; -4S» 57 -Si-- Gott erhalte, Gott beschütze Unfern Kaiser, unser Land! Sodann danke ich ergebenst dem hohen k. k. Mini¬ sterium für Cultus und Unterricht und der hochlöblichen k. k. steiermärkischen Statthalterei für den namhaften, aus den Staatsmitteln geleisteten Beitrag von fünfzig Tausend Kronen, ohne welche munificente Unterstützung der theure Bau heute noch kaum vollendet vor unseren Augen stünde. Ich habe es für meine oberhirtliche Pflicht gehalten, Dank¬ beziehungsweise Einladungsschreiben zu richten an Seine Excellenz den Herrn Dr. Wilhelm Ritter von Härtel, k. k. Minister für Cultus und Unterricht, und an Seine Excellenz den Herrn Manfred Grafen Clary und Aldringen, k. k Statthalter in Graz. Weiters habe ich in dankbarer Erin Franz Hrastelj, Pfarrer in Reifnik; Jakob Hribernik, Geistl. Rath, Spi¬ ritual in F.-B. Priesterhause in Marburg; Ludwig Hudovernik, Dom- und Stadtpfarrvicar in Marburg; Anton Jerovsek, suppl. Religionslehrer an der k. k. Staatsobcrrcalschule in Marburg; Martin Jnrkvvie, Geistl. Rath, Pfarrer in St. Peter bei Marburg; Jakob Kaveio, Religionspro¬ fessor am k. k. Staatsgymnasium in Marburg; Frauz Klepaö, Pfarrer iu St. Oswald im Drauwalde; Anton Kocuvan, Pfarrer iu Lembach; Franz Kovaäiö, Doctor der Philosophie und Theologieprofessor in Marburg; Josef Kralj, Geistl. Rath, Pfarrer und Dechant in Sauritsch; Josef Majcen, Geistl. Rath, F.-B. Hoskaplan in Marburg; Johann Markoäek, Chorvicar in Marburg; Martin Matek, Doctor roin. in iurs vanonioo, Geistl. Rath und Theologieprofessor in Marburg; Dr. Anton Medved, Reli¬ gionsprofessor am k. k. Staatsgymnasium zu Marburg; Martin Osenjak, Pfarrer in Wurmberg; Jakob Palir, Kaplan in Zelniz; Franz Schwarz, Pfarrer iu Gams; Alois Starb, Pension. Pfarrer in Laibach; Alois Sver, Seelsorger in der k. k. Männerstrafanstalt in Marburg; Jakob Tajek, k. u. k. Militärkaplan in Marburg; Johann Topoluik, Kaplan in Gams; Bartholomäus Voh, Cons. Rath, Hauptpfarrer und Dechant in Gonobiz; Johann VreLe, Religionsprofessor an der k. k. Lehrerbildungsanstalt in 58 nerung an die mächtige Förderung des Neubaues der heute eingeweihten Pfarrkirche Begrüßungsschreiben gerichtet auch an Seine Excellenz den Herrn Guido Baron Kübeck, k. k. Statthalter a. D., und an Seine Excellenz den Herrn Victor Baron Hein, k. k. Landespräsidenten von Kram, gewesenen k. k. Bezirkshauptmann in Marburg. Ich freue mich vom Herzen, dass Seine Hochwohl¬ geboren, der Herr k. k. Statthaltereirath Franz Kankowsky, Vorstand der Marburger k. k. Bezirkshauptmannschaft, in unserer Mitte weilt, um Ihm persönlich danken zu können für das fördernde Wohlwollen hinsichtlich des schwierigen Bauunternehmens. Zugleich ersuche ich den hochverehrten Herrn recht freundlich um den gütigen Liebesdienst, unser aller Dank auf geeignete Weise an den maßgebenden Stellen zu verdolmetschen. Marburg; Josef Zidanšek, Geistl. Rath und Theologieprofessor in Mar¬ burg; Josef Loniarik, Anton Peniö und Ewald Vraeko, Alumnen des F.-B. Priesterhauses in Marburg. Der Regularclerus war vertreten durch folgende Ordenspersonen: P. Constantin Luser, Provinzial des Franciscanerordens in Laibach; P. Kallistus Heric, F.-B. Consistorialrath, Guardian und Pfarradministrator zur hl. Maria in Marburg; P. Ludwig Wellenthal, Geistl. Rath, Vicar des Franciscanerklosters in Marburg; P. Marcellin Caf, P. Severin Korošec, P. Balerian Landergott, P. Philipp Ben. Perc, P. Clarus Ro:t- mann u. P. Nazarius Schönwetter, Franciscanerordenspriester in Mar¬ burg; P. Joannes Lopic, 0. 8. ib'r., Gymnasialprofessor in Hall; P. Nicolaus Meznarie, 0. 8. Superior und prov. Pfarradministrator zur hl. Dreifaltigkeit in W. B.; P. Hugolin Sattner, 0. 8. Itr., Vicar und Pfarradministrator in Laibach; P. Aemilius Vollbert 8. ll., Dom- Prediger in Klagenfurt; k'r. Bernardin 6eh, I^r. Rochus Fraß, b'r. Flo¬ rian Koren, Aegidius KovaLiö, l?r. Josef Ploj, b'r. Alois äega und bV Raimund Vaupotiö, Laienbrüder des Franciscanerklosters in Mar¬ burg ; IV. Vincenz öeriL und t?r. Theodul Kramberger, Laienbrüder des Franciscancrhospizes zur hl. Dreifaltigkeit in W. B-; b'u Simou Ourin, 59 -K- Ferner sage ich meinen herzlichen Dank dem wohl¬ löblichen Gemeinde- und Stadtrathe von Marburg für das rege Interesse, welches er dem so nothwendigen Ivie mühe¬ vollen Bauwerke entgegeugebracht hat. Da der hochgeschätzte Herr Bürgermeister Alexander Nagy sich infolge Unwohl¬ seins gleich nach der lang dauernden kirchlichen Verrichtung nach Hause begeben musste, ersuche ich seinen hier anwe¬ senden Stellvertretenden hochgeehrten Herrn Dr. Johann Schmiderer, meinen besten Dank allen Herren Gemeinde- und Stadträthen gelegentlich übermitteln zu wollen. Da¬ durch glaube ich meinen bischöflichen Dank auch allen Stadtbewohnern für die willige Unterstützung des schönen Werkes gesagt zu haben. Möge Maria auch fürderhiu sein die geliebte und liebende Mutter der Stadt Marburg. b'r. Ludwig Lindner und kr. Pantaleon Macher, Laienbrüder des Fran- ciscanerklosters in Graz; b'r. Peter Meister und b'r. Nikomedus Schrei¬ ner, Laienbrüder des Franciscanerklosters in Maria Lankowitz; I?r. Joan¬ nes Pichler, Laienbruder des Franciscanerklosters in Maria Trost bei Graz. Zu den Festgästen zählten noch die Herren: Josef Brandl, Orgel¬ baumeister in Marburg; Wencel Caf, Hausmeister in Marburg; Johann Damis, Studierender der IV. Gyrnnasialclasse in Marburg; Andreas Dohnalik, Vergolder in Marburg; Julius Glaser, Baumeister in Mar¬ burg ; Eduard Hauser, Steinmetzmeister in Wien; Anton Heric, Realitäten- besitzer in hl. Kreuz bei Luttenberg; Richard Jordan, k. k. Banrath und Architekt in Wien; Franz Kager, Gürtlermcister in Marburg; Karl Ko- cijanLiö, Steimetzmcister in Marburg; Jakob KoroZec, Rcalitätenbefitzer iu Radcin; Josef Kregar, Möbeltischlermeister in Marburg; Mathias Marinšek, Realitätenbesitzer in Karcovin; Josef Melzer, Glas- und Porzellan¬ händler in Marburg; Simon Novak, Kaufmann in Marburg; Karl Pirch, Schlosscrmcister in Marburg; Johann Roßmann, Kunsttischler in Graz; Johann Rottmann, Realitätenbesitzer in Mellingberg bei Marburg ; Anton Schäftner, Bauleiter "in Wien; Georg Stern, Huf- und Wagcn- schnüed in Marburg; Michael Teichmeister, Realitätenbesitzer in Leitersderg. 60 "8» Nun wende ich mich aber an den hochwürdigen P. Guardian und hierortigen Pfarrvorsteher mit dem Schrift¬ worte: Dass du den Gedanken hattest, mir ein Haus zu bauen, daran hast du wohl gethan. (tll.UoM- 8,78). Um den Plan zur Erbauung einer großen Pfarrkirche zu fassen und ihn getreu auszuführen, dazu gehört muthiges, unerschütterliches Vertrauen auf Gott und auf Menschen, welchen ja Gott ein gefühlvolles Herz gab und sie zur Nächstenliebe verpflichtete. Und dieses feste Bauen auf Gott und starke Vertrauen auf edle Menschen haben sich hier glänzend bewährt. Die Kirche feiert heute das Fest der hl. Jungfrau und Märtyrin Filumena, die besonders ob ihres Muthes gerühmt und bewundert wird. Sie war die Tochter vor¬ nehmer Eltern und wurde als zarte Jungfrau wegen ihrer Wohlgestalt vom Kaiser Diocleliau zur Gemahlin begehrt. Da sie als Braut Christi seine Hand ausschlug, ließ sie der Tyrann zuerst in einen finsteren Kerker werfen lind dann am ganzen Leibe blutig geißeln. Nach ihrer wunder¬ baren Heilung gebot er, sie mit einem Anker am Halse in den Tiberfluss zu werfen. Doch die Wellen schlugen sie ans Ufer, worauf Diocletian sie mit Pfeilen beschießen ließ. Ganz mit Wunden bedeckt, warfen die Schergen sie in den Kerker, in welchem man sie aber am folgenden Tage ganz unversehrt fand. Der ergrimmte Tyrann befahl nun, glühende Pfeile auf sie abzuschnellen. Diese aber prallten ab und tödteten nur die Bogenschützen. Jetzt wurde die helden- müthige Jungfrau auf kaiserlichen Befehl enthauptet. P. Kallistus Heric, Guardian des hiesigen Francis- canerklosters und Administrator dieser volkreichen Vorstadt¬ pfarre, stellte Sanct Filumena als geistige Bauherrn: auf, -4S-- 61 weshalb denn auch die Einweihung der neuen Pfarrkirche eben heute als am Feste der christlichen Heldin stattfand. Gestern am 10. August sind gerade sieben Jahre verflossen, als der Grundstein zum herrlichen Gotteshause den 10. Au¬ gust 1893 gelegt und geweiht worden ist. Wie König Salomon sieben Jahre an dem wunderbaren Tempel zu Jerusalem baute, so ward in sieben Jahren auch der Prachttempel zu Marburg aufgebaut. Einst sprach der Herr zum großen Heiligen von Assisi: „Gehe Franciscus, und stelle her mein Haus, das dein Einstürze nahe!" Und Sanct Franciscus gieng unverweilt hin, und that nach dem Befehle Gottes. Ähnlich gieng auch P. Kallistus, ein treuer Sohn des Vaters Franciscus hin, und baute an der Stelle des alten und baufälligen Muttergotteshauses ein neues und herrliches auf. Außer Sanct Filumena verehrt der hochwürdige P. Guardian mit seinen Mitbrüdern einen Heiligen mit eigenthümlichem Namen. Es ist Sanct Expeditus, der Behende oder Hurtige, dessen Fest jährlich am 19. April begangen wird. Er starb zu Melitene in Kappadokien als Blutzeuge, und wird dargestellt, wie er mit dem rechten Fuße einen Raben zertritt, dessen Geschrei das lateinische Wort era«, morgen wiederholt. Schon der hl. Augustin führt den Raben mit seinem Geschrei als Bild des Sün¬ ders an, der auf die Mahnung zur Besserung antwortet morgen. Nein, nicht morgen, sondern heute sagt der hl. Expeditus, indem er entschlossen zeigt auf das Wörtchen lloäio unter der Sonnenuhr, die da versinnbildet, dass die Zeit nie stille steht, und daher benützt werden muss. Hie und da hält Expeditus ein Kreuz in der rechten Hand, auf dem geschrieben sieht: Iiollie, heute als höchst- -s» 62 -s- weise Lehre, dass man trotz aller Schwierigkeit niemals, was man heute thun kann und soll, auf morgen verschiebe. Wer weiß, ob wir morgen leben. Der hl. Expeditus wird als Patron um glückliche Vollendung aller Geschäfte ver¬ ehrt. Pater Guardian und seine Klostermitbrüder verehrten ihn fleißig und befolgten eifrig die kluge Lehre: Was du heute kannst besorgen, Das verschiebe nicht auf morgen! Fürwahr, Pfarrer und Pfarrangehörige haben das große mühsame Werk mit seltenem Gottvertrauen und unverdrossenem Eifer und zielbewusster Energie in Angriff genommen und, begleitet vom auffallenden Segen Gottes, es glücklich und glorreich vollendet. Unser Jahrhundert, das zur Neige geht, stand unter dem Zeichen der gebenedeiten Gottesmutter Maria. Dem neunzehnten Jahrhunderte war es Vorbehalten, das erfüllt zu sehen, wornach lauge Zeiten sich gesehnt hatten. Die katholische Kirche errang einen Triumph, wie er glänzender kaum zu denken ist. Am 8. De¬ cember 1854 hatte der Träger des unfehlbaren Lehramtes, Papst Pius IX. unsterblichen Angedenkens, dem Erdkreise verkündet und allen als festzuhaltenden weil durch Gott geoffenbarteu Glaubenssatz erklärt die Lehre, welche be¬ stimmt, dass die allerseligste Jungfrau im ersten Augen¬ blicke ihrer Empfängnis durch die besondere Gnade des allmächtigen Gottes und durch einzig dastehendes Vorrecht im Hinblick und auf Grund der Verdienste Jesu Christi, des Erlösers des Menschengeschlechtes, von jeder Makel der Erbsünde frei bewahrt worden sei. So ward der Königin der Kirche der Tribut der Dankbarkeit gezollt, und eine reiche Quelle neuer Gnaden geöffnet. Alsbald erschien wie zur sichtbaren Bekräftigung 63 der Wahrheit des obigen Glaubenssatzes Maria als die unbefleckte Empfängnis einem unschuldvollen Mädchen in der Stadt Lourdes. Es blühte die Andacht zur jungfräu¬ lichen Mutter des göttlichen Erlösers allenthalben gar mächtig auf. Der altehrwürdige, aber nimmer alternde Franciscanerorden nahm den regsten Theil an der Ver¬ ehrung der Königin, ohne Makel der Erbsünde empfangen. Der seraphische Orden war stets ein treuer Vertheidiger dieses geheimnisvollen Vorrechtes Mariä, so dass er im obgenannten Jahre 1854 mit der Kirche beson¬ ders triumphierte. Und so haben die hochwürdigen Väter Franciscaner auch hier in Marburg zum Lobe Mariä eifrig gearbeitet und haben ihrer Ordenspatronin ein gar herr¬ liches Heim errichtet. Nun freilich, dex Grundstein zu diesem Mariendom ist wohlgeborgen, er ruht in der Erde. Auch der Schluss¬ stein ist heute glücklich angebracht worden. Aber ein anderer großer Stein, der dem Bauherrn wie ein Alp am Herzen liegt, ist noch wegzuwälzen: es ist der Schuldschein. Darum muss der hochw. Pater Guardian wieder ausgehen und das Netz werfen in das Meer guter Menschenherzen, um kostbare Fische zu fangen von der Art, wie Petrus einen gefangen, der eine Doppelmünze im Munde zubrachte, mit welcher der große Menschenfischer aus Bethsaida für sich und seinen göttlichen Lehrmeister die Steuerschuld bezahlen konnte. Die alte baufällige Kirche war ein Schmerzenskind des Pfarrers, möge die neue sein ein Kind der Freude, das eben heute durch die Vornahme der Einweihung die Taufe erhielt. Während der heiligen Weihehandlung kam mir der evangelische Bericht in den Sinn, in welchem es -K- 64 44- heißt: Huis, volsn8 tnrrlm asäiüoars, non prins 8säsn8 sompntat 8uintn8, gut nsos88arii 8nnt, 8i babsat all psrü- sisnänm, ns p08tsngnnln posnsrit tnnänmsntum st non potnsrit psrtiosrs, omnss, cini viäsnt, inoipinnt itlnäsrs si, äio6nt68: (jnin inc; bomo oospit nsäitisnrs st non potait 6on8nnnnnrs. (Uno. 14, 28—30). Der Bericht über unseren Bau müsste anders lauten. Pater Guardian wollte nicht nur einen Thurm, sondern zwei Thürme und dazu noch eine Kirche und ein Kloster erbauen, und sitzend überdachte er den nöthigen Kostenaufwand so, dass, nachdem er den Grund gelegt und den Bau vollenden konnte, alle, die dies sehen, aufangen, ihn zu loben, indem sie sprechen: Dieser Mann begann zu bauen und konnte es vollbringen. Nun, diesen gerechtes Lob und verdiente Anerkennung zollenden Beurtheilern des Neubaues will auch ich bei¬ gezählt sein. Und darum habe ich dem hochw. Pater Pfarr¬ administrator eine Auszeichnung zugedacht, derer er sich mit Gottes gnädiger Gewährung lange erfreuen möge. Mein Herr Hofkaplan und Secretär möge nunmehr das von mir ausgestellte Belvbungs- beziehungsweise Ernennungsdecret des hochw. Paters zum Fürstbischöflichen Ehren-Consistorial- rathe hier verlesen. Es lautet: tti'. 34. I'ri»8s. Hochwürdiger P. Guardian und wohlverdienter Pfarradministrator! Der Geist Gottes verkündet im Buche des weisen Siraciden im dritten Hauptstück und fünften Vers die hochbedeutsame Wahrheit: 8iont, gni tllsWnriWt, itn st gui lionoritiont inntrsin 8NNIN. Gleichwie der, welcher Schätze sammelt, so ist, wer seine Mutter ehrt. Dio Stirnseite der neuen Pfarrkirche und des neuen Klosters. 65 --N- Wenn das schon von den leiblichen Eltern gilt, dann muss es sich um so mehr bewähren, wenn wir die gedachten Schriftworte im höheren, im geistigen Sinne nehmen. Sie, hochwürdiger Pater Guardian und Pfarradmi- nistratvr, haben nicht bloß Vater und Mutter geehrt, denen Sie Ihr irdisches Dasein verdanken, Sie haben noch mehr geehrt die heilige Kirche und den heiligen Vater Fran- ciscus, dessen treuer Sohn Sie sind. Zumal aber haben Euer Hochwürden geehrt jene Mutter, die da ist hvchgebenedeit unter den Frauen, die Mutter Christi, unser aller Mutter durch die Gnade Christi, und haben ihr ein schönes Heim, einen königlichen Palast erbaut. Es freut Mich im Grunde des Herzens, dass Ich die Vollendung des schönen Kunst- und Andachtsbaues erlebt habe. Sie haben sich durch diese ausgezeichnete Ehrung der glorreichen Himmelskönigin einen reichen Schatz für den Himmel erworben. Ich will Ihnen aber auch ein Denkzeichen Meiner Zufriedenheit und Meines Dankes geben und ernenne Sie hiemit zum Fürstbischöflichen Lavanter Ehren-Cvnsisto- rialrathe und ertheile Ihnen unter Einern die Befugnis, sich der mit dieser Auszeichnung verbundenen Privilegien bedienen zu können. Gott bestärke Sie im Guten und verleihe Ihnen eine glückliche Vollendung! Gegeben in Unserer Fürstbischöflichen Residenz zu Marburg, am 1.1. August 1900. I,. 8. -s- W i ch a e l, Fürstbischof. S -^s» 66 -8-- Jndem ich den jüngsten F.-B. Lav. Consistorialrath herzlichst beglückwünsche und ihm zugleich noch für das Liebesmahl, das er uns nach altehrwürdiger christlicher Sitte bereitet, verbindlichst danke, muss ich auch seiner lieben Mitbrüder lobend gedenken. Hochverehrte Anwesende! Der Francisca nerorden be- sitzt große, mit Recht geehrte und gerühmte Männer, wie den Stifter und Vater Sanct Franciscus, den besten Reformer der Sitten der Menschen seiner Zeit und späterer Jahrhunderte, ferner den seraphischen Kirchenlehrer Sanct Bonaventura, den wundermächtigen Heiligen der ganzen Welt, Sanct Antonius, ferner Thomas von Celano, den Dichter des erschütternden Vies iras, ciies Hin, weiters laoo- pvn6 >eii8, prolitentes... klenrieus Lüeüertns in diiudi- enndn, gnu poetu usus sit, diuleeto.. eiruvil.^ Auch Joseph Haupt versuchte die schwierige Frage über die Zuständigkeit dieses bedeutsamen mittelalterlichen Schriftwerkes der gewünschten Lösung näher zu bringen, indem er die steirisch-österreichische Heimat Philipps seines Verfassers bestritt und die Vermuthung aufstellte: Bruder Philipp schrieb zu Selem bei Diest, einer belgischen Stadt unweit Löwen, sein Dichtwerk. „Wenn durch einen glück¬ lichen Fund Philipp wirklich in der Karthause 8elem, auch Kelvin und Gellem geschrieben, nachzuweisen ist, vder wenn ein mnl. (mittelniederländisches?) Stück eines Marien- lebens gefunden wird, das sich als Original zu den mehr vder weniger hd. Bearbeitungen in Anspruch nehmen lässt, dann wird erst die Frage zn entscheiden sein, ob ich richtig oder nicht richtig vermuthet habe".2 Der erhoffte Fund ist bisher nicht gemacht worden, insoweit nämlich mir die Literatur über diese Controversfrage bekannt ist. Der Name und der Stand unseres Dichters erhellt aus dem ansprechenden Gedichte selbst, wie auch der Ort der Abfassung. In der Nachschrift lesen wir nämlich: llruodor Übilipp bin ieb genant, Mt ist mir leider unerlrnnt. in dem orden von (lnrtlius Lesebrillen bau ieb in dein büs r O. Schade, Illbsr lls mliantia Lilarlas et Llrristi 8alva- toris. Halis 8axormm, 1869. S. 8. lit. e. Joseph Haupt, Bruder Philipps Marienlcben. Wien, 1871. Sitzungsberichte der Philosoph, histor. Classe. I^XVIII. Band II. Heft. Von Seite 1S7—218. S. 178 tk. -^s-- 79 -«> 26 8eit2 6it/ 86IÜ6 bÜ66Ü6liu. sanä .Io86p> VVU8 661' mauer min «ler Narisu buotsr >VU8, äiu Ü68U8, Mt68 8UU8, A6UU8. I)6r 86lb6 Ü68U8 MÜ62 UU8 polisu tr08t äm'cii 8iusr muotsr ! sl>611. Narisu leben Mt Ino n/, nu tislk un8 ir lk.iut Ü68U8. ^msu. Nach Wilhelm Sommer, der Bruder Philipps Ma- rienleben in gereimten Versen bearbeitete und es im Jahre 1859 herausgab/ lauten die Schlussverse: Bruder Philipp bin ich genannt, Gott ist mir leider unerkannt? Im lieben Orden von Karthaus Geschrieben hab' ich in dem Hans Zu Seitz das arme Büchelein. Sanct Joseph war der Mahner mein, Der Heilige, so immerdar Mariä treuer Hüter war, Die Jesum, unfern Herrn, gebar. Derselbe Jesus woll' uns geben Trost durch seiner Mutter Leben. Ihr Leben hier zu Ende ist, Nun helfe uns Herr Jesu Christ. Amen. > Wilhelm Sommer, Bruder Philipps, des Karthäusers, Maricn- lebcn. Münster, 1859. SS. VI -p 327. ° Unerkannt bedeutet hier soviel als nicht vollkommen erkannt, nicht ergründet. Der erschaffene und deshalb beschränkte menschliche Geist kann den unerschaffenen Geist, den unendlichen Gott, ja nicht vollkommen erkennen und begreifen. 80 --«> Diesemnach war Bruder Philipp Karthäusermönch und schrieb das anmuthende Gedicht, welches nach der grundlegenden Ausgabe Rückerts 10,133 Reimverse enthält, auf Befehl vder Mahnung des Hb Joseph, des allzeit keuschen Hüters und Beschirmers der jungfräulichen Mutter¬ gottes Maria. Und zwar schrieb Philippus sein ansehnliches Werk im Kloster Seitz, worunter wohl kaum eine andere Karthause zu verstehen sein wird, als die allerälteste und berühmteste in ganz Österreich und auch Deutschland, die mächtige Karthause tieir in rnlls 8. .loannis oder im Thale des Wüstenpredigers Sanct Johannes bei Gonobiz in Untersteiermark, welche Markgraf Ottokar VII., auch der V. gezählt (1129—1164), gründete. Stifter der Karthäuser, von Chartreuse, mittelalt, lateinisch Cartusium bei Grenoble in der alten Provinz Dauphine, war der hl. Bruno von Köln (O 1040 ß 1101), der sich im Jahre 1084 mit sechs Genossen in die wilde Einöde Chartreuse zurückzog und daselbst die erste Karthause errichtete. Der fünfte Prior Guigo schrieb die Satzun¬ gen des überaus strengen Ordens nieder, welche Papst Alexander III. (1159 — 1181) im Jahre 1170 feierlich be¬ stätigte. Über persönlichen Auftrag eben dieses großen Papstes kamen die Karthäuser aus Chartreuse im Jahre 1160 nach Gonobiz und hielten sich im dortigen Pfarrhause so lauge auf, bis das Kloster und die Kirche im anmuthigen St. Johannes Thale, heute Spitaliö geheißen, zur Noth we¬ nigstens hergestellt wurden, was nach der gewöhnlichen Annahme im Jahre 1164 geschah.' ' Dr. Jak. Maxim. Stcpischnegg, Das Karthäuser-Kloster Seiz. Marburg, 1884. S. 6. Soiz im Zaijrc 1849. 81 Beiläufig zwölf Jahre später erhob sich in nicht weiter Ferne eine zweite Karthause und zwar zu Gairach bei Tüffer im alten Cillier Kreise. Dieselbe stiftete der Gurker Bischof Heinrich I. (1167—1174) im Jahre 1172, und Papst Alexander III. bestätigte die Stiftung nm 1174 oder 1175 von Anagnie aus? Im Jahre 1407 gründete Hermann II., Graf von Cilli, im Nachbarlande Kram die Karthause in I'Iotrigo,' die nach langer Auflassung im Jahre 1899 wieder von den Söhnen des hl. Bruno" erworben worden ist. Schön singt und sagt Wilhelm Sommer im Vorworte zll seiner neuhochdeutschen Umarbeitung des Bruder Phi¬ lipps Marienliedes: Es stimmte einst ein Ordeusmann Dies schlichte, fromme Liedlein an, Und sang es in seiner Klause Zu Seitz der mächtigen Karthause. Und aus dem stillen Ordenshaus Klang's friedlich in die Welt hinaus. Und tönte fromm durch Flur und Bann Und klopft' an manchem Pförtchen an Und ward nicht müde auf dem Gang, Bis willig ihm ward aufgethan, War doch die Hehre, der's geweiht, Die's harmlos pries mit schlichtem Klang, Die Mutter aller Christenheit. r Ignaz OroLen, Das Decanat Tüffer. Graz, 1881. S. 272. " Freiherr von Valvasor, Die Ehre des Herzogthums Kram. Rn- dolfswerth, 1877—79. III. Band. XI. Buch. S. 444. °* Hermann Löbbel, Der Stifter des Karthauser-Ordens der heilige Bruno von Köln. Münster, 1899. 6 -«» 82 Mit Demuthssinn so fromm und stark Ergeben unsrer lieben Frauen, Zog's aus dem frommen Steiermark Bescheiden durch die weiten Gauen. Der Name Seitz, auch und 8nU geschrieben, ist urkundlich gewiss. Deutlich überliefert ihn die Hand¬ schrift der gräflichen Schönborn'schen Bibliothek zu Pom- mersfelden, welche Dr. Heinrich Rückert in seinem ob¬ gedachten Werke näher beschreibt.' Die anderen Hand¬ schriften bringen, wie Rückert anmerkt, die wunderlichsten Entstellungen des geschichtlich beglaubigten Namens z B. Seles, Seldin, Selben, die aber alle von dem „20 dloitr äik selbo bnoobeünst also von dem Ortsnamen 8oitL ihren Ausgang genommen haben. Der Name des in einer reizenden Waldwildnis er¬ bauten Karthäuserklosters Seitz ist zweifelsohne slovenischen Ursprungs und bedeutet Hase, imfe, Lnjee. Der Name ist entweder aus der sehr alten Legende von der Gründung der Karthause Seitz, oder ist die Legende aus ihm ent¬ standen. In der „niiracnüosa Oartbusiao >8eixon.U8 t'ninlntio" Wird nämlich Folgendes erzählt. Als einst der Markgraf Ottokar im damals noch öden Johannesthale jagte und ermüdet unter einem Baume einschlief, hatte ein von den Jägern und Hundei: ver¬ folgter Hase im seinem Schoße Zuflucht gesucht. Erwachend glaubte der Traungauer darin ein von oben kommendes Mahnzeichen zu erblicken, auf dieser Stelle ein Kloster für solche Mönche zu erbauen, wie er sie einst in der Dauphin« besucht, und wie er deren Einen soeben im Traume ge- - Op. cit. S. 277 ü -8- 83 -K- seheu hatte. Es war der hl. Johannes Baptista in der Gestalt eines Karthäusers? Nach dem steiermärkischen Geschichtsschreiber Aquili- nus Cäsar (^1720 st 1792)' wäre dem Kloster der Name Seiz im Jahre 1182 beigelegt worden und zwar infolge der Schenkung, welche Ottokar VI. (1164 -1192), der Sohn Ottokar V., des Gründers der Karthause, dem armen Kloster mit dem Meierhofe 8itx (8eich, im heutigen Seiz- dorf, slovenisch Äöv, gemacht hatte, welcher Name vom Jahre 1185 angefangen urkundlich vorkommt? „Mit dieser Ortsbestimmung", nämlich Seitz bei Go- nvbiz in Untersteier, schreibt Dr. Heinrich Rückert, dieser bisher beste Beurtheiler und Herausgeber unseres Dicht¬ werkes, „stimmen nun auch der Sprachgebrauch, der Styl, Versbau und vor allem die Reimfreiheiten des Dichters. Sie sind größtentheils so charakteristisch österreichisch, dass man auch ohne jene genaue Ortsangabe bei einer sorg- i Eine gemauerte Säule unweit des Klosters bezeichnet die Stelle, an welcher Markgraf Ottokar geruht hatte. Ein altes Bild stellt die fromme Legende auf derselben vor. Das über dem Grabe des Markgrafen liegende ausgehauene Marmorbild zeigte Ottokar unter einem Baume ausruhend mit einem Hasen im Schoße unter seinem Arme. Im Jahre 1826 wurden die in der Gruft zu Seiz befindlichen Überreste nach dem Cistercienser-Stifte Rein bei Graz übertragen. ? Staats- und Kirchengeschichte des HerzogthumS Steiermark. Graz, 1785-1788. Band 8. S. 26. ° Als aufgegeben kann betrachtet werden die mitunter vorfindliche Herleitung des Namens Seiz vom altnordischen siä, breit oder niedrig, weil der Thalkessel dort „eine tiefe und niedrige Gegend" sein soll. Aus dem ci wäre nämlich seitens des volle Zischlaute liebenden Slovenen ein ts oder aus dem i durch Diphtongisierung ein si geworden. Vergl. Beiträge zur Kunde Steiermärkischer Geschichtsqucllen. 17. Jahrg. S. l05. Ferner Dr. Jak. Maxim. Stepischnegg, op. cit. S. 6. 6* 84 faltigen Untersuchung des Textes, die bisher freilich nie¬ mals angestellt worden ist, auf seine südostdeutsche Heimat hätte schließen müssen". Der gelehrte, nunmehr im Herrn selig ruhende Fürst¬ bischof von Lavant Jakob Maximilian (1862—1889) be¬ merkt in seiner bereits oberwähnten Geschichte des Klosters Seiz ganz kurz: „Ob Bruder Philippus ein geborener Steiermärker war, lässt sich nicht so nut Gewissheit fest¬ stellen, wie dass sein Gedicht in Steiermark entstand."' Dr. I. W. Nagl, Docent für deutsche Sprache an der k. k. Universität, und Jakob Zeidler, k. k. Gymuasial- Professvr in Wien, die zwei jüngsten Bearbeiter der deutsch- österreichischen Literaturgeschichte, halten gleichfalls dafür, dass Bruder Philipp in der Karthause Seitz bei Gonobiz lebte und seine Mariendichtung verfasste. Im Übrigen aber meinen sie, dass er selbst ein Mittelfranke war. Denn „dies beweisen deutlich die Reime des Marienlebens. Wie dieser mitteldeutsche Karthäusermvnch in das untersteirische Seitz gelangte, entzieht sich natürlich vollständig unserer Kenntnis; er muss mindestens sehr lange im Gebiete der bayerischen Mundart verweilt haben, weil er eine Menge rein und ausschließlich bayerischer Worte braucht, ja neben der fränkischen auch rein bayerische Lantgebung kennt rind im Nothfalle verwendet; er hat sich also in die bayerisch- österreichische Mundart hineingelebt"? Als sicheres Ergebnis der neuesten Untersuchungen über Bruder Philipps Marienleben gilt die Thatsache, dass der Verfasser in der steirischen Karthause Seiz lebte rind ' Op. cit. S. 2S. Dr. I. W. Nagl und Jakob Zeidler, Deutsch-österreichische Lite¬ raturgeschichte. Wien, 1899. S. 177 L 85 wirkte, wohin ihn wohl der gute Rnf der Mönche gezogen haben mag. Die Karthause Seitz stand damals in ihrer Blüte nnd erfreute sich eines hohen Ansehens. Die Be¬ wohner zeichneten sich durch strenge Ordenszucht, durch Frömmigkeit und Wissenschaft, durch den Bau einer herr¬ lichen Kirche und durch das Abschreiben von Klassikern aus. Daher ist es begreiflich, dass von allen Seiten streb¬ same Jünglinge der schonen Karthause zuströmten. Indes lässt sich aus dein Dialekte, in welchem das Marienleben abgefasst ist, nicht mit Sicherheit auf die mittelfränkische Heimat Bruder Philipps schließen. Mit Recht fügen Nagl rind Zeidler zur Beurtheilung der Mundart unseres Dichters bei: „Es muss betont werden, dass nach den Auseinandersetzungen über die Colonisation Österreichs bis ins XI V. Jahrhundert herunter aus dem Dialekte kein sicherer Schluss auf die Heimat eines Dichters möglich ist. Die gemischten Colonien behielten lange, spurenweise bis heute ihre mitgebrachten Dialekte"? Bruder Philipps frommer Sang fand außerordentlich schnelle Verbreitung, was die vielen noch vorhandenen Handschriften deutlich bekunden, es die mannigfachen Um¬ arbeitungen, ja eine Übertragung in's Niederdeutsche und eine daraus entstandene Prosaauflösung (Leben der hl Jungfrau Maria und ihres lieben Kindes) beweisen? Joseph Haupt kennt dreißig Handschriften, mit welcher > Op. cit. S. 177. Anin. 1 und S. 165 Amu. 2. Karl Gocdeke, Deutsche Dichtung iui Mittelalter Dresden, 1871. lüsm, Grundriss zur Geschichte der deutschen Dichtung. Dresden, 1884. S. 228 1. — August Koberstein, Grundriss der Geschichte der deutschen Nationalliteratnr. Leipzig, 1^72. S. 306. Fünfte Auflage von Karl Bartsch. -A" 86 --8» Zahl Bruder Philipp zunächst den Werken Wolframs von Eschenbach folgt. Nur von wenigen größeren mittelhoch¬ deutschen Dichtwerken wird die Zahl der Handschriften von Bruder Philipps Marienleben erreicht.' Infolge dieser ungewöhnlich raschen Verbreitung des kindlich frommen Werkes kann es kaum befremden, dass sich unter anderem auch in zahlreiche Handschriften mittel¬ deutsche und niederdeutsche Einflüsse bis zu völliger Ver¬ wischung des ursprünglichen Idioms eingeschlichen haben, welche dann älteren und neueren Forschern, z. B. W. Grimm, W. Wackernagl, Dr. Karl Weinhold und anderen Veranlassung gaben, Philipp den Repräsentanten der Dicht kunst diesen Gegenden anzureihen und seine Heimat nach Mitteldeutschland, oder wie es sogar einige wollen, nach dem Nordosten Deutschlands, namentlich nach Preussen, dem einstigen Ordenslande des deutschen Ritter-Ordens zu verlegen? Bruder Philipp weihte sein Büchlein von der lieben Frau zwar der ganzen Christengemeinde: Onolt ssnük ieb nu ditz büoobvlin von der lieben vrmnven inin z^IIer der bristenbeit gemeine, dnz st rvizzon rvie dn.8 reine Nuri en leben si Mrvtz8on — ' Fr. Pfeiffer zählt von Wolframs Parzivnl 43 und dessen Willehalm 35 Handschriften. Vergleiche Quellcmnatcrial zu altdeutschen Dichtung. Denkschriften der k. Akademie. Band. XVII. S. 33 und 38. — Von den Nibelungen sind alles in allem nur 28 Handschriften aufgefunden worden. Vergleiche Karl Bartsch, der Nibcluuge Not. Leipzig, 1870. S. XV. 2 Dr. Heinrich Rückert, op. cit. S. VI b — W. Wackernagl, Geschichte der deutschen Literatur. Basel, 1851. (2te Aufl. 1878). — Fr. Pfeiffer, Nikolaus von Jaroschin. S. XV. 87 -Sch¬ aber nvch namentlich widmete und sendete er es den Brüdern vvn dem deutschen Haus, die er lange auserkoren, weil sie Maria eifrig verehrten und den christlichen Glauben muthig ausbreiteten. oaob äitr büsobtziin tob sonäo den bruoäorn von äom äiutsobea büs, Rangslistc und Persounl-Status des deutschen Ritterordens. Wien, 1901. S. 04, 70 und 71. -8-- 92 dem deutschen Orden in enger Verbindung stehenden Fa¬ milie der Herren von Pettan, ertheilten den Karthäusern zu Seiz die Vergünstigung, bei der jenen Herren gehörigen Maut Zu Pettau nur einen Theil des Zolls zu entrichten.' Wie in oder nahe der Stadt Pettau so hatten die Karthäuser voll Seiz auch in Marburg ihren Besitz, woran noch heute der Seizerhof und die Seizerhofgasse erinnert, desgleichen auch in Graz, wo es ebenfalls noch gegen¬ wärtig einen Seizerhof gibt. Sonach fand Bruder Philippus schon allein in Steiermark genug Brüder „von dem diutschen bü8," um ihnen sein umfassendes Dichtwerk widmen und zukvmmen lassen zu können. Er hatte es nicht nöthig, dieselben in Preussen zu suchen, wo sie zrnu erstenmale im Jahre 1228 erschienen. Nach Marienburg verlegte erst im Jahre 1309 seinen Sitz der Hochmeister Siegfried von Feuchtwangen. Um diese Zeit war Philipps Marienleben schon sehr weit rind breit bekannt; der Ver¬ fasser selbst aber lebte höchst wahrscheinlich nicht mehr. Was die Zeit, in welcher Bruder Philipp lebte uud wirkte, anlaugt, so lässt sich aus dem Gedichte eine chronologische Bestimmung nur mittelbar entnehmen. Nach dem Urtheile Rückerts weisen die Sprachformen, einzelne Ausdrücke und Wendungen etwa auf die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts. Damit stimmt auch der Umstand überein, dass die ältesten bekannten Handschriften etwa dem Anfänge des 14. Jahrhunderts angehvren. Toscano del Banner schreibt in seiner Literatur¬ geschichte, dass Bruder Philipp um 1245 zur Zeit der Re¬ gierung des vierten Priors von Seiz, Peter 1. (1234 — 1247), ' Dr. Jak. Max. Stepischnegg, op. oit. S. 10, 13, 14 und 15. 93 sein Marienleben verfasst habe? Vilmar bemerkt: „Aus der Bütte des 13. Jahrhunderts ist unter mehreren Le¬ genden von der Hb Familie die bekannteste eine, unzählige Male abgeschriebene, über- und umgearbeitete und bis in das 16. Jahrhundert gelesene, welche von einem Karthänser- mönch, Bruder Philipp, verfasst ist; ein einfaches, herzliches, anspruchsloses und eben darum wenigstens in seinen besten Stellen sehr ansprechendes Gedicht."Wilhelm Lindemann erwähnt Philipps Marienleben in der Legenden-Dichtung der Zeit zwischen 1150 —1300? G. Brugier reiht es ein in die dritte Periode, welche er von 1190—1300 sich erstrecken lässt? Dr. Jak. Max. Stepischnegg macht in seinem mehrerwähnten geschichtlichen Aufsatze über das Kloster Seiz betreffs des Zeitraumes, in welchem Bruder Philippus Mariä Leben besang, die kurze Bemerkung: „Vielleicht lebte schon unter dem Priorate Burchards (1234? bis nach 1260) im Kloster Seiz Bruder Philippus, dessen Leben in die zweite Hälfte des 13. Jahr¬ hunderts versetzt wird." ° Andere gewiegte Literaturkenner wie Dr. Nagt und Zeidler nennen den Verfasser des vielgelesenen Marien- r loso-uro üsl HanQEr, Geschichte der deutschen National-Litc- ratur der gesummten Länder der österr. Monarchie von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart. Wien, 1849. Band I. S. 331. — Icism, in Fränkels Sountagsblättern, 1847. Nr. 22. A. F. C. Vilmar, Geschichte der deutschen Literatur. Marburg, 1851. (Im Jahre 1901 erschien die 25. Auflage). Band I. S. 246. ' Wilhelm Lindemann, Geschichte der deutschen Literatur. Freiburg im Breisgau 1879. (7. Auflage 1898). S. 62 ü * G. Brugier, Geschichte der deutschen Nativnal-Literatur. Freiburg im Breisgau, 1884. (10. Ausl. 1898). S. 30. b Op. cit. S. 23. ° Op. cit. S. 177 t. -4S-- 94 .-N. lebens, Bruder Philippus, einfach einen Karthäusermönch des 13. Jahrhunderts. Nach dem Gesagten wird man nicht fehl gehen, wenn man die Wirksamkeit des begeisterten Lobsangers Mariä in die zweite Hälfte des 13. Jahr¬ hunderts setzt, in welcher Zeitperivde ja gerade in Steier¬ mark und in Österreich überhaupt die geistliche Poesie blühte. Der Steiermärker Gundacker von Judenburg - llunänelierus äs üuäenbur^ — beschrieb nach der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts in seinem „Christi Hort" das Leben, Leiden nnd die Auferstehung des Heilands in Versen (über 7900). In den letzten Tagen des dreizehnten Jahr¬ hunderts schrieb der Bruder Johannes von Frankenstein im Johanniterhause zu Wien seinen Kreuzige r, eine mehr als 11.000 Verse zählende Darstellung der Passion unseres Herrn? Zudem ist um diese Zeit in Steiermark noch ein zweites „Marienleben" verfasst worden, wovon später die Rede sein wird. Der Hauptinhalt unseres in gereimten vierhebigen Versen verfassten Gedichtes wäre nachfolgender? Nach göttlicher Ver¬ heißung ward Maria den betagten Eheleuten Joachim und Anna geboren und im Tempel zn Jerusalem erzogen. Dort pflegten Priester die Frauenarbeiten zu verlosen; diejenige, der die Stickereien in Gold und Silber zufielen, hieß Kö¬ nigin. Das Los traf Maria. Als nun die Jungfrau im Tempel herangewachsen ist und einen Mann bekommen soll, sträubt sie sich; denn sie sei schou verlobt und kein Gerin¬ gerer sei ihr Bräutigam als der höchste Gott im Himmel. ' Dr. Ferdinand Khull, Geschichte der altdeutschen Dichtung. Graz, 1886. S. 558. ? Den Inhalt nnd Auszüge findet inan OocLn, NisLsIInnesn 1807. 2, 99 nnd weitere. -4S» 95 Bei Christi Geburt geschahen Wunder in Nom. Ein Brunnen gab Öl, der Friedeustempel stürzte ein, es regnete Honig, alle Gewässer standen drei Stunden lang still, drei Sonnen zeigten sich am Himmel. Dieser Schilderung ist auch die Erscheinung eingeflochten, welche damals Kaiser Augustus in Rom hatte, indem die Sibylle ihm in einer Vision die Jungfrau mit dem eben geboreneil Kinde wies und das Gesicht also deutete: Nicht du, sondern dieses Kind ist der Herr der Welt. Sodann folgen die Kindheitslegenden, wie solche die apvkryphischen oder unechten Evangelien, zumal „das Evangelium der Kindheit Jesu" erzählen. Die meisterliche Schilderung der Flucht nach Ägypten ist eine herrliche Idylle und gehört zu den besten Partien des anregenden Gedichtes. Zur Kindheit Jesu gehört hier auch, dass Maria ihrem Sohne den wunderbaren Rock webt, der mit ihm wächst und nie befleckt werden kann. Als Jesus erwachsen ist und mit seinem Lehramte in der Welt ein neues Leben anheben will, erklärt er der Mutter in einem langen Gespräche die Bedeutung seiner Menschwerdung und tröstet sie über die ihr durch ihn bevorstehenden Leiden. Darauf folgt die tiefrührende Trauer¬ klage Mariä beim Kreuze und endlich ihr Tod und ihr wunderherrlicher Empfang im Himmel. Hier sieht Maria alle, die sie auf Erden geliebt hatte, ihre Eltern, Johannes den Täufer, den treuen Joseph; doch sie darf bei diesen irdischen Erinnerungen nicht verweilen, denn sie wird vor den Thron der Dreieinigkeit geleitet, um in dem Kreise der himmlischen Heerscharen den Mittelpunkt bildend, die Krone zu empfangen. -Wolfgang Menzel bemerkt: „Das Göttliche herrscht in diesem Gedichte immer vor; das 96 Menschliche nimmt nur gleichsam den mit Blumen ge¬ zierten bescheidenen Boden ein."' Bruder Philippus beginnt ganz nach Dichterart feier¬ lich seinen Gesang, unter Anrufung Mariä der Mutter Königin um Huld und Beistand, mit vier durchgereimten Verspaaren zur schärferen Hervorhebung des Eingangs: Nuria, m noter, llunsKiuns, al der vvsrläs lossnsrinus, vsrlioli mir, vrouvvo, solsbo sinus, I. H. Massmann, Heidelberg. Jahrbücher. 1826. S. 1184. Wilhelm Lindemann, op. cit. S. 62. s Fr. Karl Köpke, das Passional. Eine Legenden-Sammlung des dreizehnten Jahrhunderts. Band XXXII. der Bibliothek der gesammten deutschen National-Literatur. Quedlinburg und Leipzig, 1852. 7 -8- 98 --K-- Umarbeitung vor. Hauptquelle war für deu Dichter diese, wie für Bruder Philipp: die vita boatao Nuria« vir^iius 6t 8alvatori8 rzNümioa (mit Ausnahme in den ersten 430 Versen, der Erzählung von Joachim und Anna, in denen er dem Pseudo-Matthäus folgt); und ihr folgte er viel genauer als jener, dessen Werk er offenbar nicht kannte. Leider sind uns von dem Gedichte nur 958 Verse über¬ liefert worden. Alles übrige gieng verloren." Diese fleißig benützte vita Nariao vir^ini« motriva ist eine Zusammenstellung der älteren und neueren frommen Überlieferung über Mariä Leben. Der Verfasser, der Ort und die Zeit ihres Ursprunges sind unbekannt. Das la¬ teinische Reimwerk ist noch häufig handschriftlich vorhanden. Dr. Heinrich Rückert benützte in seinem bahnbrechenden Werke über Bruder Philipps Marienleben eine Handschrift, die sich in dem Münchener Oväox lat. 12518 auf Per¬ gament in 4° vorfindet und die Schmeller noch ins 13. Jahrhundert setzt. Übrigens besitzt die Münchener Bibliothek allein fünf Handschriften dieses Werkes? Auch die Grazer Universitäts-Bibliothek besitzt deren drei? Nach der Anschauung Dr. Heinrich Rückerts gehört die vita Nariao virssim8 ot Lalvatoris motrioa. welche unserem Bruder Philipp bei der Verfassung seines Uoöm8 vorlag, dem Ende des XII. und dem Anfänge des XIII. Jahr¬ hunderts an, und ist wahrscheinlich in Istrien oder Friaul entstanden/ was alles für die steirische Heimat des r Op. cit. S. 179 1. ' Dr. Heinrich Rückert, op. cin S. 324 K. 3 Dr. I. W. Nagt und Jakob Zeidler, op. cit. Seite 178. Anmerk. I. < 0p. cit. S. VIII. -8» 99 -N- Bruders Philippus Marienleben günstig lautet. Dr. Nagl und Jakob Zeidler sind der Ansicht, dass diese vita Norine nm 1230 in lateinischen Reimversen mit deutscher Be¬ tonung gedichtet ward.' Die Vorrede Philipps vom Vers 1 bis 22 ist ein bündig gehaltener Auszug aus seiner lateinischen Quelle, die eine Menge Angaben über ihre Autoritäten macht, welche Philipp ganz weggelassen hat. Statt derselben er¬ wähnt er die Schrift, das heißt sein lateinisches Original, dessen Eingang also lautet: 8uimtn8 kpipbainns dovtor varitutw, Üuiumine ^ontitax evpri oivitutis, Lt 8an6tu8 lAimtiu8, veru8 murtvr dei. .lo1iinini8 äi86ipuln8 tilü Mbodoi, Lt dobunns8 duwu806mi8, gui pbi1o8opbium Oninsin 8uum rovoeuvit divinum in usinum Da Nuria vir-riim gnuadum oon86rip8ornnt (jue nobi8 in untentici» 8oripti8 rsiiguernnt, Uetoxontas I» re viter vitum 8inAuiuri8 Virgini8 et Mnetriei8 r6Ai8 eternu1i8; Oorpori8 et uniinue deou8 et ornutum. Erst mit dem 23. Vers begann Philipp seine lateinische Quelle zu benützen, aber mit Umsicht und Wahrung seiner Selbständigkeit und Freiheit. So singt er: Uns lehrt das Buch der alten Eh' ^, Dass in dem Land' zu Galile' In einem Städtchen wohlbekannt, Mit Namen Nazareth genannt, 1 Op. cit. S. 178? 2 Alter Bund (Ehebund mit Gott). 7* -8-- 100 Ein Mann gewohnt vor langer Zeit, Zu jeder Tugend wohlbereit. Er war geheißen Joachim, Zu Gott nur stand die Seele ihm. Und das ihm vorliegende Original lautet au dieser Stelle also: In oivitate Rararetb Über die Ruinen der einstigen Karthausc Seiz siche: Josef Andr. Janisch, Topographisch-statistisches Lexikon von Steiermark. Graz, 1882. 36. Heft. S. 895 tk. -° Anton Schlossar, Deutsche Literatur und Theater in dem Werke: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild. Steiermark. -Wien, 1890. S. 276. -8-- 106 In voökrut v 2chökoin 8umo8tunu 8s öulu ,jo pri kurtuxisunu. In 12 tibotnili oolio vnot 2n8li8ul ,jo,so duijni 8vst. Doni öro'x bribo, oro/, potjo, 1'otrkn ti!><> inarÄl^ö. X« vtrudi njo tsLrrvua pot, Dokler no oäprü pov8od. Marburg, am Feste der hl. Apostel Philippus uud Jacobus, den 1. Mai 1901. P Wichael', Fürstbischof. Inhalt. Die neue Pfarrkirche und das altehrwürdige Bild Mariä, der Mutter der Barmherzigkeit, in Marburg .... 3 — 18 Festpredigt anlässlich der feierlichen Einweihung der neuen Vor- stadtpfarrkirchc „Heilige Maria, Mutter der Barmher¬ zigkeit", in Marburg, ani Feste der hl. Filumena, den I I. August 1900 . 19—52 Anrede, nach Vollzug der Kirchweihc gehalten beim Liebesmahle im Franciscaner-Kloster zu Marburg, den II. August des Jubeljahres 1900 . 53—75 Bruder Philipp, der Lobsänger Mariä in der steirischen Kar¬ thause Seiz bei Gonobiz 76—106 SSSSSS1718S