Leopold Kretzenbacher Zu einem geistlich stilisierten Historien-Gemälde in der franziskanischen Wallfahrtskirche zu Nazarje, Štajerska Avtor predstavlja dvoje drug od drugega neodvisno nastalih vrst slikovnih dokumentov, ki ponazarjata mučeniško smrt s križanjem 23 frančiškanov v Nagasakiju na Japonskem konec 16. stoletja: duhovno stilizirano oljno sliko iz frančiškanske romarske cerkve v Nazarjah in realistično litografijo, nastalo po risbi neznanega avtorja in tiskano v Innsbrucku. The author writes about two pictorial documents depicting 23 Franciscans who at the end of the 16'h century were crucified and died a martyr’s death in Nagasaki, Japan. Both pictures originated independently from each other; the first is a stylized oil painting from the Nazarje Franciscan pilgrimage church, the second a realistic lithograph which had been done from a drawing by an unknown author and printed in Innsbruck, Austria. Mehrmals schon war ich auf meinen vielen Wanderfahrten zur »Volkskundlichen Feldforschung im Alleingang-, aber auch mit meinen Studenten und mit Freunden in Nazarje. Das ist ein von den FI’. Franziskanern geführter Wallfahrtsort in der obersten Savinjska dolina (Sanntal), in der Štajerska, der historischen Untersteiermark. Das mächtige Kloster mit seiner Renaissancebau-Kirche, ihrer barocken Innenausstattung und den großen beiden Glockentürmen liegt auf einer stattlichen Anhöhe über der Mündung der Dreta (einst Drieth-Bach) in die Savinja (Sann).1 Einst brachte Bischof Tomaž Hren (1560—1630)2 das Landstück Gradišče in seinen Besitz. Er weihte dort eine erste »Loreto»-Kapelle im heutigen Slowenien (1626) in der Erinnerung an das »heilige Haus« zu Nazareth. Das war - nach der Legendenüberliefe- 1 P. Odilo Hajnšek, OFM, Marijine božje poti. Celovec (Klagenfurt) 1971, S. 203-209. (Vgl. meine Rezensionen in der Österreichischen Zeitschrift für Volkskunde N.S. XXVlll.Jgg., Wien 1974, S. 318 und Südost-Forschungen XXX111. Jgg., München 1974, S. 434-435. 1 Vgl. Slovenski biografski leksikon (SI5L) I, Ljubljana 1925-1932 (in Lieferungen) S. 344-351. rung - von Engeln nach Trsat (oberhalb von Rijeka/Fiume) und bald danach über die Adria nach »Maria Loreto- bei Ancona in Oberitalien übertragen worden. Schon dort hatte zu Nazarje die Marienwallfahrt begonnen. Sie wuchs immer stärker in jenen Jahren, als viele Franziskaner aus der bosnisch-kroatischen Ordensprovinz vor den Türken hieher ins oberste Savinja-Tal flüchteten. Denen hat der Nachfolger T. Hren’s, der Triestiner Bischof Rainald Scarlichi (+ in Ljubljana 1640)3 schon 1631 die Obsorge um die Marienwallfahrt wie um den Kirchen- und Klosterbau übertragen. Das behielten die PR Franziskaner von 1632 bis heute, wenn auch unter großen Bedrängnissen während des 2. Weltkrieges, als die meisten Patres 1941 fliehen mußten, ihr Besitz geplündert, die Kirche »geschlossen“ wurde. Erst nach dem Kriegsende blühte die Kirche, ihr Kloster mit einer vielbesuchten Schule, einer bedeutenden Bibliothek und Abb. 1: 23 gekreuzigte /■ranziskaner-Alärlyrer. Ölgemälde zu Nazarje, Savinjska dolina. Foto: prof. Elfriede Grabner, 1995 ’ SBL II, Ljubljana 1933-1952, S. 211. einer vorzüglichen Apotheke wieder auf. Dabei wurden 1967 weitreichende Restaurierungen vorgenommen. Mag sein, daß damals erst jenes Bild aus dem späteren 18., vielleicht gar erst aus dem mittleren 19. Jahrhundert aus besonderem Anlaß in einen kleinen Seitenraum links hinter dem Hochaltar gebracht wurde, um das es in dieser Studie geht (Abb. I)'1. Auf diesem Ölgemälde geht es, wenn auch »stilisiert», um ein in der Ordensgeschichte der Franziskaner bedeutsames Ereignis: um den Martertod der Kreuzigung von 23 Ordensangehörigen; Priester, Tertiäre (also Angehörige des »Dritten Ordens» des hl. Franz von Assisi, für Weltleute)5, an Kreuzen mit Lanzen zu Tode gemartert am 25. Februar 1597 zu Nagasaki in Japan. Unser Bild wandelt das grausige Geschehen des ausgehenden 16. Jahrhunderts bewußt stilisierend in eine Art geistlicher Erzählung zum Ruhm der Ordensmärtyrer und läßt dabei aber sehr viel Außer-Ilistorisches im Sinne einer »Verkündigung« mit einfließen Im obersten Bogenfelde des Bildes, das also ein geistliches Programm »predigt«, strahlt das »Auge Gottes«'1 in einem Lila-Dreieck, als Trinitäts-Sinnbild umglänzt von goldenem Lichte auf die Szene unter und vor dieser »Göttlichkeit«. Es ist unmittelbar »verständlich«, auch wenn dieses »hieroglyphisch-allegorische Bildzeichen« nicht schon vom Frühchristentum, sondern erst nachmittelalterlich von den Humanisten in die bewußt »kündende« religiöse Kunst aufgenommen worden ist. Die goldenen, nach unten zu in Lila, ja fast in Weiß übergehenden Lichtfelder des Bildes zu Nazarje erhellen eine weite Szenerie. Sie spricht in Bildern und in Großbuchstaben-Inschriften unmittelbar zu jedem Beschauer. Oberhalb des »Auges Gottes« im Lila-Dreieck des Dreifaltigkeitssymboles dieser slowenische Text: MOJ VINOGRAD JE PRED MENOJ (»Mein Weingarten liegt vor mir«). Hier ist bereits das Hauptmotiv des Gemäldes im Wort vinograd - Weingarten (des Herrn). Denn die Kreuze der 23 gemarteten Franziskaner stehen, »wachsen« aus grünen Hügeln mit Weinreben, mit grünen Blättern und blauen Trauben. Links unter dem Dreieinigkeitssymbol der Schöpfergottheit, vom Betrachter aus rechts im Bilde, kniet ein Ordensmann im Franziskanerhabit, ein kleines Handkreuz in seiner Rechten, auf einer Wolkenbank. Auf ihr liest man diese Inschrift: JEST SIM SADIL («Ich7 habe ihn gepflanzt«). Gemeint ist also wohl der hl. Franz von 4 In den mir zugänglichen Publikationen fand ich bisher nirgends eine Wiedergabe dieses Bildes. Auch nicht in der meines Wissens allerjüngsten Publikation über Nazarje: (Ohne Verfassernamen): Nazarje. (Mit Textauszügen aus Avguštin Stegenšek, Dekanija Gornjegrajska. Samostanska in župnijska cerkev Matere božje v Nazaretu. Maribor 1905. 13 Seiten mit 15 sehr guten Farbbildern. - Ich verdanke dieses in Maribor 1996 gedruckte Heft der Güte meiner verehrten Kollegin und Freundin Frau Prof. Dr. Zmaga Kumer, Ljubljana (17.XI. 1998). - Das Bild (schwarz-weiß) habe ich abgebildet in meiner Schrift: Leopold Kretzenbacher, Bild-Gedanken der Spätmittelalterlichen HL Blut-Mystik und ihr Fortleben in mittel- und südosteuropäischen Volksüberlieferungen. Abhandlungen der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Philosoph.-histor. Klasse, Abhandlungen, Neue Folge, Heft 114, München 1997, S. 83 und Abbildung 29 auf Tafel 9. 11 Zu diesem auch heute noch »gültigen« Begriff des geistlichen »Mitlebens« außerhalb der Klostergemeinschaften von Franziskanern, Minoriten, Kapuzinern usw. und seiner Geschichte bereits ab dem 13. Jahrhundert vgl. P. Heribert Holzapfel OFM, Handbuch der Geschichte des Franziskanerordens. Freiburg i.B. 1909, Drittes Buch § 123 ff. Die Bedeutung dieser «Tertiaren-Drittordensleute« für die religiöse Volkskultur zumal in der Gegenreformation und im -Inneren Missionswesen* seither so wie ihre Hilfsdienste als Dolmetscher, Krankenbetreuer usw. in den Außenmissionen darf nicht unterschätzt werden. Das gilt auch für den »regulierten dritten Orden für Frauen« (H. Holzapfel, § 126, S. 681-687). (‘ Lexikon der christlichen Ikonographie (LCI), Sonderausgabe Freiburg i.B. 1994, Band I, Spalte 222-224, bes. 224 (L. Kaute-J. Lieball). 7 Maks Pleter.šnik (1840-1923) Slovensko-nemški slovar. Band 1, Ljubljana 1894, S. 367: jestPronomen »im Westen und in älteren Büchern« an Stelle von jaz (»ich«). Assisi (1182-1226) als Ordensgründer. Oberhalb dieses seines vinograd ihm gegenüber, also zur Rechten des »Auges Gottes«, gleichfalls auf einer kleinen dunklen Wolke der Crucifixus. Aus seinen Wunden fließt das Blut und benetzt, belebt diesen vinograd. In der kleinen dunklen Wolke, aus der sich das Kreuz mit Christus erhebt, die Inschrift JE POL1VAV(»Ich habe ihn - den Weinberg - begossen»). Zwischen Christus als Blutquell und dem knienden »Pflanzer« - Ordensgründer und damit genau unter dem Schöpfer-Symbol die Worte: BOG PA JE RAST DAL (»Gott hat ihn wachsen lassen«). Darunter also in drei Bildzeilen über den Reben und den Trauben im Ordenshabit die dreiundzwanzig an die Kreuze Geschlagenen. Jeweils zwei blutende Lanzen, in ihre Körper gestoßen, stehen von den Gemarterten wie Strahlen ab. Die Schluß-Inschrift am unteren Bildrande auf dunkelgrünem Weingartboden »erklärt« noch einmal das Bild als Symbol: VINOGRAD GOSPODA VOJSKINIH TRUM (»Der Weingarten des Herrn als die Schar der Kämpfenden«), Diese Bezeichnung der ...VOJSKINIH TRUM entspricht, wenn auch sprachlich richtig, nicht dem in jüngster Zeit sich deutlich wandelnden Begriffsfeld der invocationes. Näher stünde die Vorstellung von den »Himmlischen Heerscharen«, wie sie dem Te Deum als dem »Ambrosianischen Lobgesang« des 4. Jahrhunderts entnommen ist: Te Martyrum candidatus / laudat exercitus,8 Auf unserem Bilde zu Nazarje ist, wenn auch keineswegs als »Historien-Malerei» erkennbar, dennoch ein wesentlicher Teilaspekt der franziskanischen, an inneren wie an äußeren Stürmen oft sehr leidvollen Ordensgeschichte gegeben. Die aber wird im allgemeinen Geschichtsbewußtsein nur selten mit der missionarischen Wirksamkeit des Ordo Fratrum Minorum des hl. Franz von Assisi in Verbindung gesehen. Wenn Kultur- und Literaturgeschichte schon von den »christlichen Märtyrern in Japan« sprechen, so denkt man unwillkürlich zuerst an die dortige Missionstätigkeit der Societas Jesu ab dem 16. Jahrhundert. Dabei vor allem erinnert man sich in Wort und Bild an den Jesuiten Franz Xaver (1506-1552) als den »Apostel Indiens und Japans«9 Er war 1533 in Paris zu Ignatius von Loyola (1491—1556)'° gestoßen, von ihm ermuntert, zur Mission in Indien (Goa 1542), Japan 1549 und 1552 von Goa aus nach China aufgebrochen. Franz Xaver stirbt 1552 auf der Insel Sancian (Santschao) vor dem Festland Kanton/China. Schon 1662 wurde er zusammen mit Ignatius von Loyola heiliggesprochen. Sein Schicksal als »Lichtträger nach dem Fernen Osten«, genau zur gleichen Zeit als die Spanier auf grauenhafte Weise die alten Kulturen der Inka und der Maja in unsäglichem Machtrausch aus Goldgier zerstörten und unzählig viele der dortigen Ureinwohner als Sklaven mit sich führten," wurde das von den Jesuiten mit ihrer ganz H Ich verdanke Frau Prof. Dr. Zmaga Kumer die Mitteilung (Sept. 1995), daß man in Krain und so auch heute noch bei den Gailtaler Slowenen in Kärnten einst sang: ■... svet sl Ti Gospod nebeških čet ...'(»Heilig hist Du, Herr der himmlischen Heerscharen...»). Doch im Zuge der auch im Deutschen bevorzugten Abwendung von der Vorstellung »Gottes Heer- wählte man auch in der slowenischen Kirchensprache von heute die Formulierung Svet. Gospod vsega sirarstva. (-Heilig. Herr der ganzen Schöpfung-). Es bleibt also möglich, daß die auf unserem Bilde zu Nazarje begegnende Formulierung von der -im Weingarten des Herrn kämpfenden Schar« (exercitus) noch älter ist als jene vom -Herrn der Himmlischen Heerscharen Als Kinder sangen auch wir in der deutschsprachigen Steiermark beim Te Deum: -Heilig Herr der Kriegesheere ...-. Das ist ein Ausdruck wie er mit Vorliebe in den Gebeten des Christentums der (römischen, unter den militesso sehr verbreiteten Früh-Form) verwendeten Texte üblich war. Davon rückt die Kirche heute auch im Deutschen bewußt ab, wenn man in der 3. Strophe des Te Deum lieber singt: -Heilig Herr Gott Zebaot / Heilig Herr der Himmelsheere ...-. '> LCI, Band VI, 1994, Sp. 324-327 (T. Kurrus). Ebenda VI, Sp. 568-573 (F. Werner) 1' Am eindrucksvollsten bleibt für mich in dieser Thematik Reinhold Schneider, Las Casas vor Karl V. Szenen aus der Konquistadorenzeit. New York 1948 (englisch), Wiesbaden 1949 (deutsch). besonderer Vorliebe für das Drama auf ihren vielen Ordensbühnen ebenso gerne von den Studenten an den vielen Jesuiten-Gymnasien dargestellt wie das der jesuitischen »Japanischen Märtyrer» von l603, 16l3, 1637.12 Hier gab es freilich auch frühe und hart ausgetragene »Konkurrenz« zwischen den Jesuiten und den Franziskanern sozusagen um das »Recht«, in China, Japan zu missionieren. Nach vielen franziskanischen Missionserfolgen auf den (damals noch spanischen) Philippinen,13 strebten die Franziskaner auch nach Japan. Das gab Zwistigkeiten mit den Jesuiten.M Doch die Franziskaner setzten sich durch. Sie mußten — wie die Jesuiten - in den sich wandelnden Einstellungen der japanischen Herrscher unter dem Einfluß der gegen jede christliche Mission in Japan kämpfenden eigenen Priesterschaft der seit langem »heimischen« Religionen wie vor allem des Buddhismus - viele Rückschläge, Zerstörungen von Kirchen, Schulen, Krankenhäusern hinnehmen und immer wieder zu Tode gemarterte Ordensangehörige beklagen. Als größtes Unglück diesbezüglich betraf die Franziskaner der Martertod der Dreiundzwanzig Ordensangehörigen am 25. Februar 1597 zu Nagasaki in Japan.15 Die - soweit ich sehe - einzigartige Bildparallele zum Ölgemälde von Nazarje gibt im Bilde (Abb. 2 u. 3 - Lithographie nach der Zeichnung eines derzeit nicht namentlich feststellbaren Zeichners wie im erklärend beigegebenen, historisch erläuternden Wort und einem »Gebeth«) ein realistisches, nicht »stilisiertes« Beispiel einer historia facta und damit eben nicht ein »Legendenbild« nach der nicht nur barocken Gewohnheit der »verkündenden« Aussage im Stil einer historia ficta. So lohnt es sich, den Text unter dem Bilde wie auf dessen Rückseite hier vorzulegen: “ Welche Fülle diese Ordeasaufführungen der -Japanischen Märtyrer« in lateinischer oder in deutscher Sprache in Mitteleuropa allein auf den Jesuitenbühnen ausmachen, wird nachJahreszahlen, Orten und Titeln aufgezählt bei: Johannes Müller S.J., Das Jesuitendrama in den Ländern deutscher Zunge vom Anfang (1555) bis zum Hochbarock (1665). Hand II, Augsburg 1930, S. 111 f.: 1607 Grazjaponiorum martyres; 1614 Wien; 1621 Graz; 1621 München; 1626 Eichstätt; 1629 Augsburg; 1631 München; 1632 Straubing; 1633 Brünn (Brno); 1638 Augsburg; 1638 Luzern (Schweiz);l642 Leoben (Steiermark); 1647 Wien; 1635 (?1655!) Eichstätt (Bayern); 1660 Ingolstadt (Bayern); 1661 Hildesheim (Niedersachsen); 1661 Straubing; 1662 Dillingen (Bayerisch Schwaben); 1663 München; 1663 Konstanz; 1663 Graz; 1664 Eichstätt; 1665 Rottenburg (Baden-Württemberg); 1667 Straubing; 1667 Konstanz; 1667 Arnberg (Bayerische Oberpfalz); 1668 Luzern; 1669 Feldkirch (Vorarlberg); 1673 Landshut (Bayern); 1681 Freiburg (Schweiz); 1682 Luzern; 1669 (? 1689!) Hildesheim; 1689 Regensburg (Bayern); 1689 München, Japonia felix; 1689 Mindelheim (Bayerisch Schwaben); 1691 Hildesheim; 1695 Bonn; 1695 Köln; 1695 Hildesheim; 1696 Augsburg; 1696 Rottenburg; 1699 Graz; 1711 Köln; 1715 München; 1716 Luzern; 1720 Breslau (Schlesien, derzeit Polen); 1721 Luzern; 1723 Köln Christiana pietas; 1724 Graz; 1724 Hildesheim; 1724 Eichstätt; 1726 Hildesheim; 1728 Luzern; 1729 Regensburg; 1731 Osnabrück (Westfalen); 1733 Straubing; 1734 Innsbruck; 1735 Eichstätt; 1740 Konstanz; 1741 Luzern; 1741 Hildesheim; 1747 Regensburg; 1749 Sitten (Schweiz); 1751 München; 1755 Osnabrück; 1755 Hall (Tirol); 1767 Köln. Dazu Heribert Holzapfel (s. Anm. 5), § 103, S. 533-538 (Philippinen und Japan). 11 Ebenda S. 536; die Societas Jesu pochte auf eine Bulle des Papstes Gregor XIII (P.M. 1572-1585) vom Jahre 1585, wonach bloß die Jesuiten als Japan-Missionare zugelassen werden sollten. Dem widersprachen die Franziskaner energisch mit dem Hinweis, daß bereits Papst Sixtus V (P.M. 1585-1590) im Jahre 1586 auf den Philippinen auch Niederlassungen -in den Nachbarländern ohne Einschränkung« zugestanden habe. 15 Hier kann Heribert Holzapfel (s. Anm. 5) bereits Literatur des 17. Jahrhunderts verwerten (S. 537): Relatione del martirio che sei padri scalzi di San Francesco et vend Giapponesi Christiani patirono nel Giappone l’anno 1597. Tradotta dalla lingua spagnuola nella italiana del P.Gioseppe di S. Maria, Napoli 1600. Weiters: D. Bouix, Histoire des 26 martyres du Japon crucifies ä Nagasaqui. Paris-Lyon 1682. u‘ Dr. phil. Edgar Harvolk, Mitarbeiter an dem der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zugeordneten •Institut für Volkskunde- in München. Ihm danke ich hier sehr für seine stete Hilfsbereitschaft und dafür, daß er mir das Andachtsbild aus jenem Funde vom Sommer 1998 sichtlich gerne überlassen hat zur Parallele mit unserm Bilde aus Nazarje. Dr. E. Harvolk will seinen Fund im Jahrgang 1999 des -Bayerischen Jahrbuches für Volkskunde« genauer in seiner Fülle vorstellen. Dem soll hier nicht vorgegriffen werden. Ich beschränke Jtr heil, gtfrus gaptipa und. Koilltu au« trm riflen uvit blitttn. 0^ £cil(g con yiH. -.ji Abb. 2: Hm J /isluneii-Slciiulnick iler 1-ranzis-kaner-Märtyrer vom Nagasaki 1597 in Japan. Druck der Lithographischen Anstalt J. Kravogl in Innsbruck nach 1862. D ©ott I Oer ^URbfnjKnf-Ki^ i-tü (glauben» t*j t»n Bälfmi ftligm üRuivnc ip 111 u Stfä^t. im 0<6tlll0« tač »in in btm BtJtnntnlfft itijttj ÄW|>W antrtlbl, tim$ Un ’ gürtlll« ,unt«!p| »''»km. $urd> S&rfRum unfmi ;$an& lAUKÜi ... J V-.L' ■ . Abi). J: Rückseite vom Abb. 2 Zweiundzwanzig Franziskaner sind liier schon gekreuzigt. Ihre Häupter sind von einer hellen Rundgloriole als im Tode schon »heilige Märtyrer» gekennzeichnet. Über ihnen schwebt im Strahlenrund die Taube des »Hl. Geistes«. Neun pulti, jeder einen Palmzweig als Zeichen des bestandenen Martyriums in der Hand. Die Zahl »Neun« ist wohl bewußt gewählt nach der bereits bei Pseudo-Dionysius Areopagita im 6. Jahrhundert vorgestellten »Himmlischen Hierarchie« (9 = dreimaldrei als heilige Zahl) für die »Neun Chöre der Engel«, die man noch im hohen Mittelalter aus Andeutungen in den Paulusbriefen ablesen zu können glaubte. Realistisch ist im Bild-Vordergrunde der hl. Petrus Baptista, den der spanische Gouverneur der Philippinen 1593 mit einigen Mitbrüdern als Gesandte nach Japan geschickt hatte. Er wird eben an das noch am Boden liegende Kreuz durch zwei Asiaten gebunden, indes ein priesterlich Gekleideter, - ein »Bonze«? -, dem Beginn seiner Marter mit auf dem Rücken verschränkten Armen und Händen zuschaut. Die Bildunterschrift: Der heil. Petrus Baptista uncl seine Gefährten, Martirer aus dem ersten und dritten Orden des hl. Franziskus, Heilig gesprochen von Papst Pius IX, am 8. Juni 1862. Der Wortlaut auf der Rückseite des Innsbrucker Andachtsbildes (Ausmaß 17 X 13 cm, Breitformat), gleichfalls in »gotischen Fraktur«-Lettern: Zu Nangasaki17 (sic!) in Japan litten 23 Diener Gottes aus dem eisten und dritten Orden des hl. Franziskus für den heiligen Glauben den Martyrertod. Diese waren 3 Priester der unbeschuhten Reforma-ten aus Spanien: Petrus Baptista, Franziskus Blanko, Martin von der Himmelfahrt, und der Kleriker Philipp von Jesu; dann 2 Laienbrüder: Gundislav Garzias und Franz vom hl. Michael; die übrigen 17 waren eingeborene Tertiären, welche den Missionären als Dolmetscher, Katecheten und am Altäre dienten, unter ihnen die beiden Knaben Ludwig und Anton, der erstere 12, der andere 13 Jahre alt. - Petrus Baptista war im Jahre 1593 vom spanischen König als Gesandter nach Japan abgeordnet worden und halle die oben Genannten mitgenommen, um zugleich an der Ausbreitung des Evangeliums zu arbeiten. Taykosama, der Beherrscher von Japan, welcher schon eine Kriegsflotte gegen die Philippinischen Inseln, die zu Spanien gehörten, ausgerüstet hatte, nahm die Gesandten freundlich auf, lieji sich wirklich zum Frieden bewegen, ja er wurde von der Liebenswürdigkeit des Petrus Baptista so eingenommen, daß dieser sogar ungehindert das Christenthum in Japan noch mehr ausbreiten und befestigen konnte. So brachte er dann mit seinen Gefährten 3 Jahre mit Predigen, Wachen, Fasten und Bethen zu, gründete Spitäler, Kirchen und Klöster und bekehrte unzählige Heiden zum wahren Glauben. Allein durch die Götzenpriester Bonzen genannt, getäuscht und aufgehetzt, änderte Taykosama plötzlich seinen Sinn und befahl, alle Glaubensprediger samt ihren Gehilfen gefangen zu nehmen und als Majestätsverbrecher hinzurichten. Alle Obgenannten wurden demnach nach langen Kerkerleiden gebunden durch viele Städte und Dörfer auf Karren herumgeführt, ivo sie sehr vieles zu erdulden hatten, theils durch ihre rohen Führer und die Wuth des Pöbels, theils von der grimmigen Kälte über Eis und Schnee. In der Stadt Nangasaki wurden sie endlich auf einem Hügel gekreuziget, und jeder mit zwei Lanzen durchbohrt. - Sie endigten ihr Leben unter beständigem Lobe mich auf das eine, nicht von ihm zur Publikation geplante IJild- und Wort-Exempel aus der «Lithographischen Anstalt vonj. Kravogl in Innsbruck«, dort gedruckt vermutlich bald nach 1862. 17 Der Innsbrucker Druck bald nach der Kanonisation der «japanischen Franziskaner-Märtyrer« (1862) benennt den Ort mehrmals als Ncmkasahi. Gemeint ist damit die japanische Großstadt, weltweit in traurige «Herühmtheit« geraten durch einen der beiden den Zweiten Weltkrieg beendenden Atombomben-Abwürfe der US-amerikanischen Luftflotte auf Hiroshima und Nagasaki am 6. und am 9. VIII. 1945. Gottes, im Jahre 1597 am 5■ Februar'1', und wurden von Gott durch viele Wunder verherrlichet, weßhalh Papst Urban VII. am 14. September 1627 ihr Fest jährlich zu feiern erlaubte, und Papst Pius IX. am Pfingstsonntag den 8. Juni 1862 sie unter außerordentlicher, nie gesehener Feierlichkeit in die Zahl der Heiligen setzte. Es entspricht durchaus dem pastoralen Sinn solcher »Andachtsbilder«,19 daß dieser -allerdings ungewöhnlich breiten - Geschichts-Darstellung des umseitig abgebildeten Martergeschehens auch noch ein Gebeth zugesetzt wird: O Gott! der Du den Anfang des Glaubens bei den Völkern Japans mit dem Blute der seligen Märtyrer Petrus Baptista und seiner Gefährten geheiliget hast, verleihe uns gnädig, dajš wir in dem Bekenntnisse Deines Namens, wozu uns ihr Beispiel antreibt, durch ihre Fürbitte unterstützt werden. Durch Christum unsern Herrn. Amen. So stehen hier zwei Bild-Zeugnisse eines und desselben Geschehens, ohne von einander zu »wissen« oder durch den gleichen - doch wohl kirchlich-pastoralen -Auftrag verbunden zu sein: das »stilisierte«, gar nichts »Historisches« erkennen lassende Ölbild zu Nazarje und der Innsbrucker Druck der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mit betonter Berufung auf die historia einander gegenüber. Beide hängen gewiß mit der Kanonisierung der franziskanischen Japan-Märtyrer durch Pius IX (F. M. 1846-1878) zusammen. Es sind verschiedene Ausdrucksformen des gleichen »geschichtlichen Erlebens«. Solcherart aber sind sie beide Einzelzeugnisse einer für Volkskunde und Kulturgeschichte unseres weiten Ostalpenraumes nicht unwesentlichen »kirchlich gesteuerten« und zumal »ordensgelenkten«2" Prägens einer in Wort und Bild nie verstummenden Belehrung in religiösem Denken und - dies auf jeden Fall - hier in den Märtyrer-Erinnerungen auch für die "Volksfrömmigkeit” anregend ausgesprochenen Mahnung zu imitatio Christi. Das Datum >5. Februar- entspricht nicht der Angabe hei 1’. Heribert Holzapfel (Anm. 5) S. 537, wo - auf Grund italienischer und französischer Literatur von 1600 und 1682 - der -25. Februar« genannt wird. ” Zu den im allgemeinen, aber nicht nur auf Tirol und seine Wallfahrtsstätten beschränkten Leistungen auf dem Gebiete der Andachtsbildchen oder flugblatt-ähnlichen mehrseitigen Text- und Bilddrucken vgl. Gustav Gugitz, Das kleine Andachtsbild in den österreichischen Gnadenstätten in Darstellung, Verbreitung und Brauchtum nebst einer Ikonographie. Ein Beitrag zur Geschichte der Graphik. Wien 1950. - Der .I.V. Kravogl-Steindruck-Verlag zu Innsbruck brachte keine -Kunstwerke- in den Handel mit den Massen des tirolisehen wie des außeitirolischen Wallfahrtswesens. Aber er bediente sich eines von Gustav Gugitz (S. 63) geschätzten Lithographen Lind -feinsinnigen Zeichners- Karl Redlich, von dem viele Drucke bekannt sind (S. G. Gugitz, Register S. 162. Unser Druck ist nirgends erfaßt.) Zu diesem Begriff zählen gerade auch in unserem ostalpinen Mehrvölkerraum Sprachgrenzen übergreifende ■Kultbilder- wie z.B. das -Heilige Haupt- zu Klagenfurt in der Fülle seiner Filiationen bei Deutschen, Slowenen, Friulanern und Italienern in unseren Südostalpen. Vgl. dazu neuerdings -Das Heilige Haupt in Klagenfurt. Festschrift zum 250-ahr Jubiläum einer Andacht. Hrsg. Markus Mairitsch, Klagenfurt 1999. Dazu gehören auch Gebetsformen im Druck ohne Worte, allein mit Symbolen, hieroglyphenartigen Sinnzeichenbildchen in den für das -Volk- gedruckten Kalendern im Stil der Crainska /initial (seit 1741) oder des steirischen ■Mandlkalenders« oder aber -wortlose Bilder - und Zeichen-Litaneien*. Vgl. dazu (in Auswahl): Leopold Kretzenbacher, Das »Heilige Haupt- zu Klagenfurt. Im Werk: Heimat im Volksbarock. Klagenfurt 1961, S. 31-36; dazu Bildtafeln 1-3. Ins Japanische übersetzt von Shin Kono, Nagoya 1988; derselbe, Wortlose Bilderund Zeichen-Litaneien im Volksbarock. Zu einer Sondergattung ordensgelenkter Kulturpropaganda im Mehrvölkerraum der Ostalpen. Bayerische Akademie der Wissenschaften. I’hil.-histor. Klasse, Sitzungsberichte Jahrgang 1991, H. 4, München 1991. Povzetek O duhovno stilizirani sliki v frančiškanski romarski cerkvi v Nazarjah Avtor prispevka je na svojih študijskih potovanjih po Sloveniji večkrat obiskal Nazarje, kjer je v romarski cerkvi levo za oltarjem postal pozoren na oljno sliko iz srede 19. stoletja, ki prikazuje mučeniško smrt 23 frančiškanov: duhovnikov in članov tretjega reda sv. Frančiška ( gl. sl. 1). Dogodek, ki se je zgodil 25. februarja 1597 v Nagasakiju na Japonskem in je del zgodovine frančiškanskega reda, je stilizirano prikazan kot neke vrste duhovna pripoved v čast redovnim mučencem z mnogimi nezgodovinskimi kot »oznanilo« dodanimi motivi. Frančiškane le redko povezujejo z njihovim misijonarskim delovanjem; tega od 16. stoletja dalje obravnavajo v zvezi z jezuiti, predvsem s Frančiškom Ksaverijem (1506-1552) kot »apostolom Indije in Japonske«, kjer je umrl mučeniške smrti. Frančiškani so prišli na Japonsko po uspehu na Filipinih, kjer pa so imeli težave z budistično duhovščino, ki jim je uničevala cerkve, bolnišnice, šole in misijonarje mučila do smrti. Svojevrstna paralela k oljni sliki iz Nazarij je litografija po risbi neznanega avtorja (gl. sl. 2 in 3), ki ni legendarna podoba, kakršne so bile v navadi v času baroka, pač pa realističen, ne stiliziran primer historiaefactae. Glave triindvajsetih križanih frančiškanov že krasi glorija svetili mučencev, nad njimi lebdi Sv. duh v podobi golobčka, devet putov drži v rokah palme mučenišva. Realistična je tudi podoba Sv. Petra Baptista, ki ga dva aziata privezujeta na križ, mučenje pa opazuje bonec (budistični svečenik). Pod podobo je napis: sv. Peter Baptist in njegovi tovariši, mučenci prvega in tretjega reda sv. Frančiška, za svetnike proglašeni od Papeža Pija IX. 8. junija 1862. Te podobice so bile natisnjene v Innsbrucku kmalu po kanonizaciji »japonskih mučencev«, na hrbtni strani pa je poleg molitve tudi opis dogodka z imeni mučencev in njihovimi poklici in nalogami (duhovniki, ministranti, prevajalci itd.). Tako imamo tu dvoje vrst slikovnih dokumentov za isti zgodovinski dogodek, ki sta nastala neodvisno drug od drugega: stiliziranoOljno sliko iz Nazarij in innsbruški tisk iz 2. pol. 19. stoletja. Oba sta nedvomno povezana s kanonizacijo frančiškanskih mučencev na Japonskem in sta dokaz verskega oblikovanja, vsekakor pomembnega za narodopisje in kulturno zgodovino širšega alpskega prostora. Milko Maličelov med kolegi iz Glasbe nuna rodopisnega inštituta - 1997. - koto H. Ložar-1'odlogar