S60LL /s M GUM -MjllMm kis Kcizm^! Serbische Umtriebe in Siidösterreich. Von Nustriarus. Tilli 1SSS. F 96088 In diesem Ochrisichen sollen die engen Beziehungen die zwischen den leitenden Kreisen Belgrads und den slovenischradikalen Führern und deren Presse in Nrain bestehen, an der Hand aktenmäßigen Materials und festgestellter Tatsachen ausgedeckt werden. Die folgenden Ausführungen wenden sich in ernster Zeit als ernster Mahnruf an alle vsterlandstreuen Oesterrricher, an alle ehrlichen Friedensfreunde. CM, am 25. März 1909. Der Verfasser. Der P a n s la v i s m n s der slo venišch- radikalen Parte i. Die Mitteilungen über die mehr oder minder offene Stellungnahme der slonenisch-radikalen (sogenannten liberalen) Partei für die Serben hat in der Oeffent- lichkcit vielfach überrascht, umsomehr, weil bekannt ist, wie liebevoll und wohlwollend die Regierung den Slovenen entgegenkommt und wie nachsichtig sie be¬ handelt werden, wenn sie Gesetzesverletzungen begehen. Und für alle Wohltaten nun dieser Dank? Und doch ist es so! Die slovenischradikale Partei hakte feit jeher das Bedürfnis, durch die sorgsame Pflege der Be¬ ziehungen zu anderen slavischen Volkern sich den Anschein größerer Bedeutung zu geben, denn dies machte bei ihren Anhängern Eindruck. Daher die Begeisterung für die Tschechen, für die Russen und zuletzt für die Serben. Diese Gesinnung kam und kommt hauptsächlich durch das Parteiblatt „Slovenski Narod" zum Ausdruck. Bei dem Mangel anderen Lesestoffes ist dieses Blatt sür Tausende die einzige geistige Nahrung, woraus seiu großer Einfluß er¬ klärlich ist. Obwohl er sich gerne ein „großes" Blatt nennt, ist seine Schreibweise frei von aller Rücksicht auf Anstand, Sitte, Recht und Gesetz, ohne daß es dabei gerichtliche Verfolgung befürchten müßte, denn überlieferungsgemäß fällen die Laibacher Geschwo¬ renen in Preßprozessen gegen den „Slovenski Narod" 6 stets sreisprechende Urteile. Die österreichische Pre߬ gesetzgebung ist diesem Blatte gegenüber wirkungslos, weil man sich scheut, ihm energijch an den Leib zu rücken, das „objektive Verfahren", überdies lässig gehandhabt, aber ist nicht imstande, mit Erfolg Gesetzwidrigkeiten zu steuern. Dieses Blatt, die wich¬ tigste Stütze der Partei* hatte immer einen gewissen staatsfeindlichen Anstrich. Während des Okkupations¬ feldzuges, in dem die krainischen Landeskinder tapfer mitkämpsten, erwärmte es sich für die bosnischen Ohrenabschneider; Jahrzehnte hindurch schwärmte es für Rußland trotz der despotischen Regierungs¬ form und der ungesunden sozialen Verhältnisse dieses Staates. Im Verlaufe des russisch-japanischen Krieges konnte cs sich nicht genug tun im Erfinden von Siegesnachrichten, so daß seine Leser lange über die tatsächliche Lage im Zweifel gelassen wurden. Der schließliche Ausgang des Krieges veranlaßte ein Ab schwenken des Blattes vom russischen und eine An Näherung an das südslavische Ideal?* Um die Mitte * Da der Führer der Partei, Abgeordneter Hribar, die Stirne batte, im Abgeordnetenhause abzuieugnen, daß „Slovenski Narod" sein Organ sei, mag hier sestgestellt werden, daß sein Busenfreuno Dr. Tavcar, welcher bis vor kurzem das Blatt als Herausgeber zeichnete, Obmann der Aktiengesellff aft „bkaroclna ti--ic»rn»" ist, die es erscheinen läßt, daß es alle Reden des Hribar wörtlich abdruckt, daß anderseits Hribar jene schmählichen Artikel, dis während der Lau acher Aufruhrzeit gegen die Krainische Sparkasse gerichtet und dis — ausnahmsweise beschlagnahmt wor¬ den waren immunisierte, daß er endlich als Obmann des Exekutivkomitees der Partei an die Redaktion am 2. Jänner !S08 ein Schreiben richtete, worin er dem Blatte in den herzlichsten Ausdrücken sür die ausgezeichneten Dienste dankte die cs der Partei seck seinem Bestände erwiesen, welches. Dankschreiben an erster Stelle abgeknunt wurde. Uebrigens erblickt das Blatt seine wichtigste Aufgabe in der Verteidi¬ gung der Partei, welche für alle seine Untaten verantwort¬ lich gemacht werden muß. ** Natürlich sollte damit der Panslavismus nicht be¬ graben, sondern gestärkt werden. „Zuerst muffen die süd- slavischcn Völker sich zusammenschließen und dann erst, als Einheit den Nordslaven an die Seite treten " Man erinnere sich an die letzte allslavisä e Tagung in Prag und an die Fahrt der Abgeordneten. Twkior Krama z, Hlubovicky und Hribar nach Petersburg, woHribar nom Ministerpräsidenten in beson¬ derer Audienz empfangen wurde. (2S. Mai !SüS.) 7 des Jahres 1905 beginnt „Slovenski Narod" Originalberichte ans Serbien zu bringen, die von einem Slovenen namens Plut herrührten, welcher später im amtlichen serbischen Preßbüro ange¬ stellt wurde * Das südslavische Ideal. In diesen spaltenlangen „Balkanbriefen", die fast allwöchentlich erschienen, wurde das neue Regime in Serbien in allen Tonarten verherrlicht nnd für den Zusammenschluß aller südslavischer Völker Stimmung gemacht. Am besten beleuchtet die neue Richtung der Leitartikel vom 24. Jänner 1906, in welchem es heißt: „Seitdem die Obrenvwitsch, diese stets gehor¬ samen Diener der österreichischen Politik, vom Schau¬ platze verschwunden sind, haben sich die Verhältnisse gründlich geändert. Die früher verführten Völker im slavischen Süden beginnen die Augen zu öffnen . . ., sie kommen zur Ueberzeugung, daß die gegenseitigen Kämpfe nur einem Dritten, Oesterreich, nützten. Diese Erkenntnis führte im dreieinigen Königreiche Kroatien, Slavonien und Dalmatien zur kroatisch- serbischen Verständigung und zur Fiumaner Reso¬ lution, auf dem Balkan zur freundschaftlichen An¬ näherung Serbiens nnd Bulgariens. Das offizielle Oesterreich sah sich plötzlich am Grabe seiner Hoff¬ nungen, und als letzter Nagel zum Sarge seiner Balkanpläne erschien ihm der zwischen Serbien und Bulgarien geschloffene Zollvertrag, welcher im Jahre 1917 in eine vollständige Zollunion übergehen soll, wodurch zweifellos die Grundlage auch der politischen Einigung gegeben wäre." * Wie „Slovenec" in Nr. 70 berichtet, wurde dieser Milan Plut, Bediensteter des Belgrader Preßamles, welcher als Berichterstatter serbischer Blätter und des „Slovenski Narod" in Laibach dem Agramer Hochverratsprozefse beiwoknie, im Nanonalkaffee in Agram sestgenomwen und zur Polizei gebracht, wo ihm der Polizei- ches verkündigte, daß er aus süns Jahre aus Kroatien ausgewiesen wurde, weil e als Bediensteter des ser¬ vis hen Ministeriums des Neußer» die serbische Idee pro¬ pagiert habe. 8 Die Besprechung des drohenden Zollkrieges endet mit den Worten: „Es ist nicht ausgeschlossen, daß in diesem Zollkriege schließlich Serbien siegen wird, das dabei nicht nnr die Sympathien aller Slovenen, sondern auch aller anständig denkenden Völker ans seiner Seite sehen wird. Wir als Slo¬ venen, die wir die österreichische Politik au unserem eigenen Leibe spüren (!), wünschen aber geradezu, daß Serbien mit aller Entschiedenheit den Kampf gegen die österreichischen Pretcnsionen sortsctze, denn wir sind überzeugt, daß die von Oesterreich gegen den Zollvertrag zwischen Serbien nnd Bulgarien eingeleitete Aktion mit einer großen Blamage znm Schaden Oesterreichs enden muß, wenn nämlich die beiden Staaten als Bundesgenossen nebeneinander einig ansharren!" Derselbe Gedankengang kehrt wieder in einem serbischen Berichte vom 13. November 1906: „Die Junirevolntion (11. Jnni 1903) hat sowohl auf die innere Entwicklung Serbiens als auch auf die auswärtige Politik den wohltätigsten Einfluß gehabt. An diesem geschichtlichen Tage, mit welchem eine neue Zeit für die Entwicklung Serbiens und des ganzen slavi sch en Südens heranbricht, er¬ hielt Serbien nicht nnr eine andere Dynastie, sondern cs stürzte auch das ganze alte Regime mit seiner Korruption nnd Unehrlichkeit. Die auswärtige Poli- rik wurde sofort nach der Junirevolntion von Grund aus geändert. Die radikale Partei gelangte zur Mehrheit und die ihr entnommene Regierung ließ sofort die traditionelle an strop Hile Politik fallen nnd fing an auf die Annäherung zwischen Serbien und Bulgarien hinznarbeiten. Der Leiter der auswärtigen Politik ist Nikola Pasic, der aus¬ geprägteste Vertreter des politischen süd sla¬ vi sch en Programms, dessen Endziel ist: Die Befreiung n n d K o nfö d e ri e r n n g d er süd- sl a v i s ch e n Völker. Dieser weitblickende Politiker und Diplomat weiß sehr gut, daß die drei freien südslavischeu Staaten, wenn sie sich ver¬ einigen, um zunächst in Altserbien und Makedonien gemeinsam vorzugehen, gegebenenfalls anch 9 anderswo als Befreier der nntervrück¬ ten und geknechteten Süd slav en anf- treten könnten." Diese Stellen geben genügende Aufklärung über die südslavischen Pläne, deren Ver¬ breitung und Popularisierung sich „Slovenski Narod" seit dem Jahre 1905 eifrigst angelegen sein ließ. Fast alle voll ihm veröffentlichten serbischen Berichte die sich mit den staatlichen und gesellschaftlichen Ein¬ richtungen Serbiens, mit Parlament, Presse, Dpna- stie nsw. befassen, atmen österreichfeindlichen Geist, wie im Einzelnen noch gezeigt werden soll. Mehr¬ mals werden auch die bosnischen Verhältnisse berührt. Die „Bedrückung" der Bosniaken. Am 10. Februar 1906 macht sich der Bericht¬ erstatter lustig über die bosnische Polizei, die nach versteckten, ans Serbien geschmuggelten Waffen fahnde nnd sagt zum Schlüsse: „Aber es wird nichts nützen! In Bosnien sind die Verhältnisse sehr ge¬ spannt nnd e swir d e i n e n K ra ch geben, daß die Welt staunen wird!" Er freut sich, (siehe 5. März 1906) darüber, daß das Memorandum, welches die bosnischen Journalisten dem gemeinsamen Finanzminister sandten, nm eine Verbesserung der Preßverhältnisse zu erreichen, von der ausländischen Presse abgedrnckt ivnrdfs denn wenigstens erfahre Europa einiges über die unerträgliche Lage des bosnischen Volkes nnd es sei eine Re¬ vision d e s B e r l i n e r V e r t r a g e s zu erhoffen, bei welcher Oesterreich nicht gut abschneiden werde, denn man werde ihm sicherlich das Mandat, das es im Berliner Kongresse erhielt, nehmen und es werde Bosnien und Herzegovina, denen Autonomie verliehen werden würde, verlassen müssen." Auch beschreibt er ausführlich die in Serbien abgehaltenen Massenversammlungen, in denen gegen die angebliche Bedrückung der Bosniaken prote¬ stiert wurde. — it) - Die Lösung der Lerschmö rerfrage. Bemerkenswert ist der Gesichtswinkel, nnier dein die Lösung der Verschwörerfrage betrachtet wird (6. Juni 1906): Serbien bat stolz den imperti¬ nenten Anschlag Oesterreichs auf seine Würde abgeschlagen und ist bereit den Zollkrieg mit der österreichisch-ungarischen Monarchie zu beginnen. Um jedoch l e i ch t e r W i d e r st a n d leisten zu können ist es notwendig, daß Serbien zu allen anderen Saaten in guten Beziehungen sich befinde, und deshalb wurden die Führer der Junirevolution so unverhofft pensioniert, um der von England ge¬ stellten Bedingung zu entsprechen und auf diese Weise die regelmäßigen Beziehungen mit England erneuern zu können. Als die Verschwörer von dem Sachverhalte in Kenntnis gesetzt wurden, bedachten sie sich keinen Augenblick, sondern baten, als gute Serben, sofort um die Pensionierung. Ehre ihnen dafür, denn sie haben damit gezeigt, daß sie stets bereit sind, für ihr Vaterland sich aufzuvpfern! . . . Ein schönes Beispiel von Patriotismus! Das Volk wird von den Verschwörer» stets mit Achtung spre cheu, die sic auch in vollem Maße verdienen." Der Zo l i k on f l i k t. Die Erörterungen über den zwischen Oesterreich und Serbien im Jahre 1906 entstandenen Zollkonflikt nehmen in den Berichten den breitesten Raum ein und in ihnen tritt der serbeufreundlichc Standpunkt ani unverhülltesten hervor (13. Jänner 1906): „Wir alle waren überzeugt, daß jene in Wien sich ins Herz getroffen fühlen würden infolge dieses ersten Schrittes zur südslavischen Föderation (der geplanten serbisch-bulgarischen Zollunion, die infolge des österreichischen Widerstandes schließlich nicht zustande kam) aber niemand erwartete, daß Oesterreich zu dessen Verhinderung Repressalien an wenden würde. Wir täuschten uns in dieser Er¬ wartung, denn jene in Wien haben nun offen gezeigt, daß sie sich vor der südslavischen Idee mehr als vor dem Teufel fürchten und es ist gut, daß sie — 11 — dies gezeigt haben. Wir Südslaven wissen jetzt wenigstens, daß raioon ä'otea bei uns nur jene wahrhaft nationale Politik hat, welche dahni zielt, daß wir uns gegenseitig immer mehr nähern und einigen für den gemeinsamen Kampf gegen den gemeinsamen Feind. Man droht uns nun in Wien mit Zollkrieg und — Donaumonitoren! Die Dvnaumonitore fürchtet in Serbien kein Mensch? Wir sahen oft zu, wie diese Kähne auf der Donau schwammen und lachten über sie, denn sie haben in der Tat keinen anderen Zweck, als den, zu para¬ dieren." Das Verlangen Oesterreichs, einzelne Punkte des serbisch-bulgarischen Zvllvertrages zu ändern, nennt das Blatt eine „impertinente" Forderung. „Und es entstand ein ernster Konflikt. Oesterreich be¬ gann sofort mit Repressalien gegen Serbien nnd bedient sich dabei unehrlicher rind illegaler Mittel" (27. Jänner). Einige Tage später: „Serbien muß ansharren in dem schweren Kampse, den es mit Oesterreich-Ungarn, diesem größten Feinde der Süd¬ slaven, begonnen . . . Sein Kampf hat den herr¬ lichen Erfolg, daß einmal in einer Angelegenheit alle Südslaven eines Sinnes wurden, nnd darum kämpft Serbien nicht nur für sich, sondern im Namen des ganzen slavischen Südens. Ja, Serbien ist in diesem Kampfe der Mandatar des SUdflaventums. Ende Jänner 1906 schrieb „Slovenski Narod" : „Jetzt zum ersten Mal tritt der slavische Sü¬ den wie ein Mann auf nnd dieser erste Fall der vollkommenen südslavischen Solidarität darf nicht mit einer Niederlage, sondern nur mit einem vollen Siege enden." Am 24. Februar 1906 schreibt das Blatt: „Das ist fast gewiß, daß Oesterreich seinen Racken beugen müssen wird vor Serbien, das zwar klein, aber moralisch stark und einig ist!", und als der österreichische Gesandte Baron Czikann den Abschluß eines Handelsvertrages von der Waffen- bestelluug bei Skoda abhängig machte, schrieb der Berichterstatter ans Belgrad (14. April 1906) .- „. . . Der österreichische Gesandte Baron Czikann 12 ist eine äußerst lächerliche Figur . . . ist ein solches Auftreten nicht frech?" Am 19. Juni: „Frech war der Ton, in dem der österreichische Minister des Auswärtigen über Serbien sprach". Am 7. Juli. „Auf dieses uner¬ hörte Ansinnen antwortete Serbien so, wie es ant¬ worten mußte, daß es dieseni Verlangen, betreffend die Waffenbestellung nicht entsprechen könne. Serbien Hai von seiner Seite alles getan, was es tnn konnte, Oesterreich aber bildet? sich ein, daß es Serbien auch beleidigende und erniedrigende Fordernngen stellen dürfe. Diese konnte Serbien natürlich nicht erfüllen, weil es lieber materiellen Schaden erleidet, als daß es sich erniedrigen lassen sollte von Oesterreich-Un¬ garn, in m e Ich e m S t a a t e M i l l i o n e n S ü d- flaven leben, welche alle von Serbien verlangen, d aß e s alsZentrnmdesSüd- slaventnms moralisch stark nnd kräftig sei!" Am 17. Juli berichtet Herr Plut aus Belgrad: „Weil der österreichisch - ungarische Minister des Aeußeru, Graf Goluchowsich in den Delegationen die Wahrheit fälschte und die Schuld an dem Zollkriege auf Serbien schob, fühlt sich dieses zur Herausgabe eines Blanbuches bemüßigt, in wel¬ chem alle in der Angelegenheit zwischen beiden Staaten ausgetauschten Noten enthalten sein werden ... Es ist klar, daß Herr Goluchowsky darüber nicht er¬ freut ist. Er wollte ans jeden Fall Serbien die nichts¬ werten Skodakanoneu aufdrängen, und weil er sich schämte, emzugestehen, daß er als Minister sich zum gewöhnlichen A g e n t e n einer h a l b b a n k e r o t t e n Fabrik degradierte, log er, daß er die Ka¬ nonen nicht aufdrängen wollte." Am 21. Juli: „Oesterreich wird sich zwar über die Publikation einiger seiner Noten ärgern, ans denen hervorgeht, auf wie rücksichtslose Weise es Serbien pressieren will — und gerade das wird Serbien zum Vorteil gereichen! Die Welt soll die Wahrheit sehen, das k n l t u r e ll e E n r o p a s o ll s ich überzeugen, daß Oesterreich nicht verdient, zu den zivilisierten Staaten gerechnet zu werden!" 13 Als der österreichische Gesandte gegen die Pub¬ likation einzelner Noten protestierte, wurde dies als „Gipfelpunkt der Frechheit" bezeichnet. (11. August 1906). Diese Stellungnahme, d i e v o n d erPre߬ behörde keineswegs b e a ustä n d et wurde, macht es begreiflich, daß die Tätigkeit des „Slo¬ venski Narod" in Serbien warm anerkannt wurde, eine Anerkennung, der auch offen Ausdruck ver¬ liehen wurde durch eine Glückwunschdrahtung des amtlichen serbischen Preßbüros, welche „Slovenski Narod" anläßlich des vierzigjährigen Bestandjubi¬ läums erhielt und am 2. Jänner 1908 mit Befrie¬ digung abdruckte.* Serben und Magyaren. Am 23. Juni läßt sich „Slovenski Narod" über das damals bestandene Freundschaftsverhältnis zwischen den Serben nnd der magyarischen Unab¬ hängigkeitspartei berichten. In dem Kampfe der Magyaren, gegen Wien seien die Serben ganz auf deren Seite, was eine verständige Politik sei. „Heute ist Wien vereinsamt, weil es alle verlassen und in K n r z e w i r d e s d a s v e r d i e n t e S ch i ck s al erleiden. Das prophezeit ihm schon ganz Enrvpa. * Das Glückwunschtelegramm hatte folgenden Wort¬ laut - »Tas serbische Preßamt beglückwünscht den ange- i enen „Slovenski Narod" zu seinem 40-jährigen Bestände und wünscht ihm noch schönere und größere Erfolge." Unter¬ schrieben sind: Ivanič, Ristič, Milovanovič, Taletov, Mar¬ kovič und Plul. Vergleiche hiezu Dr. H. Friedjungs Ar¬ tikel: „Oesterreich und Serbien" Neue Freie Presse Nummer 160,8: Vor mir liegt wortgetreu der Bericht, den der königlich serbische Sektionschef Doktor Miroslav Spalaj- kovic am 4. Juni 1907 an den Minister des Aeußern über eine seiner Agitalionsfahrten aus ungarischem Boden erstattete. Spalajkovic war damals Chef der „Ku!tur"sektion im Ministerium des Aeußern, unter welch darmlosem Namen sich die Abteilung für die g r o ß s e r- bische Propaganda und für Verschwörungen verbirgt- Es heißt in dem Bericht weiter: Für die . . . a n g e w i e s e n e S u m m e st e l l t die selbständige Serben- partei unserem Preßbüro die folgenden Zeitungen zur Verfügung: „Srbobran" und Srpsko Kolo" in Agram, „Srbni" in Gospic, „Sloboda" in Mitrowitza und „Srbski Misao" in Kärlowitz. 14 Alle Lotter au der Donau haben begonnen sich zu nähern und bereiten sich für den nahen Ent¬ scheidungskamps vor, nur wir Slovenen sind ruhig und gefügig." In einem anderen Artikel (am 3. Juli) wird einer allgemein südslavisch-magyarischeu Freundschaft das Wort geredet. „Jene Slovenen, die bereit sind, einen entschiedenen Kampf uni die Unabhängigkeit und Freiheit des Lölkes zu beginnen, treten gern in jede Verbindung, die ihre Ideale verwirk¬ lichen Hilst. Und eine südslavisch-magyarische Ver¬ bindung würde uns leicht das verschaffen, was j e d e r S l o v e ne, der in die Zukunft blickt, seiner Heimat wünscht." Auf Schritt und Tritt be¬ gegnet man in den „Balkanbriefen" der Gehässigkeit gegen Oesterreich. So wird z. B. (5. März 1906) erwähnt, daß in Belgrad ein angeblich von Oester¬ reich ausgehaltenes Blatt „Novo Breme" erscheint, das niemand lese und das bald cingehen werde. Dann wird hinzugefügt: „Wenn die slovenischen Steuerträger (!) wüßten, wie viel von ihrem Gelbe gegen ihre Blutsbrüder verwendet wird!" »Slavonski In der südslavischen Bewegung spielt bekannt¬ lich der Belgrader Klub , Slovenski lug' * eine * Siehe Dr. H. Friedjungs Artikel lNeue Fr. Presse Nr. 16018): Es gab jedoch Dinge, die von den Herren Pasic, Spalajkovic und anderen offiziellen Persönlichkeiten nicht selbst in dis Hand genommen werden konnten und für d i e s e n d u n k e l n und u n h e i m l i ch e n T i i d e r Wühlarbeit wurde der Verein „Slovenski sog" (sla- vischcr Süden) benützt, der ursprünglich von Studenten gegründet war, später aber von führenden Politikern als Instrument verwendet wurde. Auch hier arbeitete man mit Geld, scheute aber auch vor Ausbietung von Banden und Verwendung von Dynamit nicht zurück. Die kaiserliche Re¬ gierung kam zur Kenntnis, daß der „Slovenski lug" von 1806 an Bosnien urch Emissäre bereisen ließ und überall durch Geldverteilung Gruppen von Anhängern gewann, die sich zum Aufstande vorbereiteten. Wichtiges Material wurde der österreichisch-ungarischen Regierung durch einen der Emissäre des „Slovenski lug" Georg Nastic im August 1808 verraten, der in den beiden Broschüren „Finale" und „Wo ist di« Söahrheit?" die Aussagen ergänzte, die er im 1» große Rolle, von dem auch im Agramer Hochverrats¬ prozesse häufig die Rede ist. In den Balkanbriefen taucht er öfter auf, seine Mitglieder werden als tätige und ausdauernde Männer geschildert, auf die man sich verlassen könne. Sein gleichnamiges Organ, das den Kampf für die Vereinigung aller Südslaven auf sein Banner geschrieben, wird vom „Slovenski Narod" allen volkstreuen Slovencu zum Bezüge empföhle». Am 25. März 1906 fand unter großem Pompe die Eröffnung der vom Klub gegründeten „südslavischen Lesehalle" in Belgrad statt, zu welcher auch Bürgermeister Hribar ein Begrüßungstele¬ gramm sandle. Dafür begrüßte wiederum der Klub drahtlich den Vertrauensmänner tag der radikalen Partei am 30. März und das Klub- orgau brachte über denselben folgenden vom „Slo¬ venski Narod" abgedruckten Aufsatz: „Alles deutet darauf hin, daß die Partei in Hinkunft eine lebhaf¬ tere Tätigkeit entwickeln wird. Wir wünschen ihr den besten Erfolg, denn diese Partei i st völlig durchträ n k t v o n d e r sü d s l a v i s cheu Idee, was aus ihrer Tätigkeit und aus der Hal¬ tung ihres Organes „Slovenski Narod" erhellt, das stets die südslavischen Ideen propagierte und wel¬ chen wir Serben besonders seil derZeit unseres Zollkonfliktes mit Oesterreich Dank schulden, für die mährend des¬ selben aus der Feder seines Belgrader Berichterstatters veröffentlichten Be¬ richte, in welchen cs sich für die serbi¬ sche Sache ein setzte und nufere Ford e- ru ngcn n nterstützte? Hochverratsprozesse zu Cetinje gemacht hatte. Denn d> einer seiner früheren Mitverschworenen Milan Pribicevic ibm unvorsichtigerweise ein von seiner Hand ge schriebenes Exemplar des „Statuts der Organi- s a k i o n z u m Z w e ck e derBesreiung der Süd slaven (Slovenen, Kroaten und Serben) übersendet und Nastic da- Original der kroatischen Regierung auslieserte so ist das Treiben der Genoffen aktenmäßig auf¬ gedeckt." * Es mögen hier auch noch einige Aeuberungen von Nastic aus seiner Broschüre „Finale" angeführt werden: 16 Süd slavi sch e Kongresse und Aus- st e ll n n g e n. Der Verbreitung der südslavischen Idee dienten aber nicht nur Zeitungsartikel und Dratgrüße, son¬ dern auch die verschiedenen südslavischen Journalisten-, Künstler- nud Studentenkongresse. Ja sogar eine Gastspielreise einiger wiudischer Schauspieler nach Serbien wurde in diesem Sinne ansgenntzt. Man lnd die Schauspieler zu einem Festabend ins Offi¬ ziers ka s i n v, zu welchem sogar der König er¬ wartet wurde. Selbstverständlich fehlten dabei auch entsprechende Triuksprüche nicht. Und obwohl zwischen Kraiu und Serbien fast gar keine Handelsbeziehungen bestehen, setzte sich „Slovenski Narod" für die Errichtung eines ser¬ bischen Konsulates in Laibach ein, wogegen die Laibacher Handelskammer in Belgrad ein „Handelsamt" schaffen sollte! Sehr viel Aufhebens machte die slovenische Presse von einer Reise, die Ende August 1906 von einer Anzahl radikaler Slovenen unternommen wurde. Das Reiseziel war Sofia, wo die zweite südslavische Kunstausstellung und gleichzeitig ein südslavifcher Jvurualisteukvngreß stattfand, zu dessen Ehrenpräsidenten auch Hribar gewählt wurde. Man unterbrach die Fahrt in Belgrad, nm den Serben einen Gegenbesuch abzustatten, für zwei „Ausflüge", die die Serben, unter ihnen Beamte, Offiziere, Professoren und Lehrer im Jahre 1905 znr Preschernfeier und Prescherudenkmalent- „ . . . und es ist nicht ausgeschlossen, daß heute oder mor¬ gen eine kroatische, slovenische oder bosnische Bomben affäre ans Tageslicht gezerrt wird ... Zu meiner größten Ueberraschung erfuhr ich, daß diese Leute auch schon viels revolutionäre Verbindungen mit den hervorragendsten Po litikern des slavischen Südens angeknüpft hauen Die iüd slavische „Ausstellung" und sämiliche südslavischen „Kon¬ gresse", welche der genannte Klub in den letzten Jahren organisiert hatte waren nur ein geeigneter Schleier für seine eigentliche Arbeit! Ich hörte oft von der großen Ge¬ wogenheit des Königs Peter gegenüber dem Klub, ich börie von der Begeisterung des Kronprinzen Georg für die revo¬ lutionäre Arbeit dieser Leute . . .' 17 hülluug* nach Laibach gemacht hatten, wo ihnen ein glänzender Empfang bereitet worden war. Auf dem Bahnhofe wurden die Slowenen von serbischen Journalisten und O s s i z i e r e n — an deren Spitze sich der Oberstleutnant Vukasovic-Stibil, ein politisch sehr eifriger S l o v e n e befand — erwartet und in die Stadt geleitet. Blau besichtigte das Heeres- museum, die Festnngskasematten und andere Sehens¬ würdigkeiten. Die slovenischen Journalisten machten dem Ches des serbischen a m tl i eh e n P r e ß b ü ros Jvanie einen Besuch, der ihnen „Aufklärungen nnd Instruktionen" gab. Der Klub »Slovenski cku»" veranstaltete zn Ehren der Slovenen ein großes Fest, wobei slowenische Lieder gesungen wurden, die slovenischen (panslavistischen) Fahnen nnd die Bild¬ nisse berühmter Slovenen zur Aufstellung gelangten. Die Slovenen wurden ferner nach Banjicia znm Regimentsfeste (Kostui rinn) des Infanterieregiments Nr. 6 eingeladen, „jenes Regimentes, welches mit seinen Offizieren Serbien von böser T y r a n- nei befreite, welche nicht allein jede freiheit¬ liche nationale Bewegung zn ersticken gedroht hat, sondern auch das Land fremdem Einflüße verkaufen wollte" (Slovenski Narod 30. Au¬ gust 1906). Die Slowenen wurden herzlich begrüßt, ihr Redner Trstenjak feierte in schwungvollen Wor¬ ten die südslawische Idee, und ihm antwortete der Regimentschef Bvzanovic, er habe schon alle süd- slavischen Länder, auch Sloveni en bereist nnd kenne das Freiheitsstreben der Slovenen; er spricht die Hoffnung aus, daß vielleicht schon in naher Zukunft für die Südslaven ein glücklicher Stern scheinen werde.** Zum Schlüsse folgte eiue * Die Beteiligung an letzterer (ls>. September >9O4j war besonders zahlreich. Fast 80 Personen waren gekommen, darunter die Abgesandten der Städte: Belgrad, Schabac und Kragujevac nnd einer Reihe von Standesvereinigungen. Sie wohnten einem Begrüßungsabend im „Narodni Dom bei, woselbst Herr P ! u t den Kronprinzen Georg, der zu gleicher Zeit großjährig erklärt worden, hoch leben ließ. ** In den noch zu erwähnenden Reiseberichten aus Belgrad fuhr! Trstenjak an, Bozanovic habe gesagt, daß 18 allgemeine Verbrüderung zwischen den Slovenm und den serbischen Offizieren. Ob einzelne Slovenen auch vom serbischen König empfangen wurden, ist nicht bekannt geworden, wohl aber wurde wenige Wochen später, wie ein vom genannten Bukasovic dem „Slovenski Narod" gesandtes Telegramm mel¬ dete, Bürgermeister Hribar mit dem ser bischen Savaordeu dritter Klasse ausgezeichnet Da jedoch auch Trstenjak, welcher Beamter der Lai bacher städtischen Sparkassa ist, den gleichen .Or¬ den erhielt, fühlte sich Hribar zurückgesetzt und lehnte die Auszeichnung ab. Die „wirtschastliche Emanzipation". Die vielerlei serbischen Aufmunterungen trugen begreiflicherweise das ihre dazu bei, daß der deutsch feindliche Charakter der Partei Hribars, für die sich die Begriffe deutsch und österreichisch ohnedies seit langem deckten, wieder deutlicher zum Borschein kam In der südslavischen Bewegung ist der Ansporn zu suchen für die gerade im Jahre 1906 kräftiger einsetzende Agitation, welche sich die Erringung der sogenannten „wirtschaftlichen- E m a n z i p a tio n" zum Ziele machte, worunter die Verdrängung des deutschen Handels aus Krain ver¬ standen wurde. Ain 20. Oktober 1906 veranstaltete die Partei einen a l l s l o v e n i s ch e n K a n f m a n ns- t a g in Laibach, an dem Dr. Majaron, Landtag» abgeordneter und Präsident der Advvkatenkammer eine weitausgesponnene Boykottrede hielt, wo¬ rin er betonte, daß nicht nur der slovenische Kon¬ sument den Grundsatz ,8 v ->.s j k s v o f > m' befolgen und nur bei slovenischen Kaufleuten einkaufen müsse, sondern daß auch die slovenischen Kaufleute die Pflicht haben, nur von slovenischen Produzenten Waren zu beziehen. Gleichzeitig wurden in der Presse Boy- ko t t a r t i k e l veröffentlicht Ja es geschah — ohne daß die Behörden einschritten — sogar noch mehr. Der slovenische Studentenverein ,?rosr- Serbien seine Pflicht »och nicht erfüllt bade und daß es immer der unbesreilen Brüder gedenke. (Nr. 72 er ISO» des „Slovenski Narod".) 19 eta", der sich mit der Volksverhetzung an den Sprachgrenzen befaßt, entschloß sich zur Heraus¬ gabe von Empfehlungsdiplomen, die an strammnationale Kaufleute behufs Aufstellung in den Schaufenstern verabreicht wurden und den Inhalt hatten: „Dem slvvenischen Publikum, insbesondere der slvvenischen Studentenschaft wird diese nationale Firma empfohlen vom ..." Dieses Treiben fand indessen damals wenig Anklang. Gekrönt wurde das Streben nach wirtschaft¬ licher Emanzipation durch die Septemberereignisse des Vorjahres, die das fast vollständige Ver¬ schwinden der doppelsprachigen Auf¬ schriften der Geschäftsläden in Krain nnd ein weiteres Umsichgreifen der Boykotthetze zur Folge hatten. Diese Ereignisse hatten, wie Landtagsabge- ordueter Dr. Eger auf dem deutschen Parteitage in Laibach (27. Dezember 1908) feststellte, „offenbar der Zweck, Krain aus dem wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenhang mit den deutschen Nachbar¬ provinzen, in dem es sich seit Jahrhunderten befunden, zu reißen und auf das zweifellos tiefere kulturelle Niveau der südlichen slavischen Länder zu bringen, um es so für den Anschluß an das slavifche Zentrum vorzubereiten." Dieses Zentrum aber ist — Belgrad! Man hat übrigens ganz bestimmte Anhalts¬ punkte dafür, daß die Exzedenten Sukkurs aus Serbien erhalten haben. Dian bemerkte zu jener Zeit in Laibach einige Dutzend verdächtige Gestalten mit ausgesprochen serbischem Typus. Die Zustände in Bosnien. In der Darstellung über die Verhältnisse in Bosnien (vor der Annexion) stimmt „Slovenski Narod" ganz mit der serbischen Presse überein: Er schildert sie in den düstersten Farben. „Wer die Verhältnisse in den okkupierten Ländern einigermaßen kennt, wundert sich nicht darüber, daß die Bosniaken und Herzegovzen sich unter der österreichischen Herr¬ schaft nicht w»h! fühlen. Die Regierung kann 20 nur mit dem ärgsten Tyrannentum nnd mit dem grausamsten S ch r e cke ns re g i- m e u t die Ruhe aufrecht erhalten. Bosnien ist heute zwar anscheinend ruhig, aber das ist die Ruhe vor dem Sturme. (1. August 1908). Es ist begreiflich, daß auch die Slovenischradikalen durch die Annexion überrascht nnd enttäuscht wurden. „Slo¬ venski Narod" stellt sich auf die Seite Serbiens und bringt wieder — wie im Jahre 1906 anläßlich des Zollkrieges — sehr häufig „Eigen"berichte, die vom Herrn Plut ans dem serbischen Preßbüro ge¬ sandt werden. „In Bosnien haben sich die Verhält¬ nisse so zngespitzt, daß die Nachricht von der Anne¬ xion in dem überwiegenden Teile der Bevölkerung einen Sturm der Entrüstung und des Unwillens Hervorrufen wird" (6. Oktober 1908). Und am nächsten Tage (an welchem die Annexion in Bosnien knndgemacht wurde): „Die Lage ist im Wesen nicht viel anders, als unter der türkischen Wirtschaft. Ja in einer Hinsicht ist sogar noch eine Verschlechterung zu verzeichnen. Die Türken haben in nationaler Hinsicht niemandem Zwang angetan, mit der öster¬ reichischen Okkupation aber begann auch die Ger- manisation. (!) Angesichts des in Bosnien herrschen¬ den Systems kann man sich wohl nicht wundern, daß die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung lieber das türkische Joch znrückersehnt, als unter der Verwaltung der österreichisch-ungarischen „Kul¬ turträger" zu bleiben wünscht." Am 10. Oktober: „In Serbien siedet es. Das ganze Volk ist znm Kriege bereit, verlangt ihn nm jeden Preis, fordert ihn mit dem Mute, welchen nur die Erkenntnis ver¬ leiht, daß Serbien einen tödlichen Schlag erhalten hat und daß es nnr mit den Waffen in der Hand Rettung finden kann." Breitspurig werden sodann die Konferenz- und Kvmpensationsplllne erörtert, worauf von der Armee gesprochen wird: „Was den Geist der serbischen Armee anbelangt, so ist es schon eine bekannte Tatsache, daß sie eine nationale Armee ist, daß Offiziere nnd Soldaten Serben sind und daher wissen, daß sie ihrem Volke znm .Nutzen und zur Ehre in den Kampf ziehen." 21 Besonders ausfällig ist ein Lobgesang auf den Thronfolger in der Nummer vom 24. Oktober: „Die Gasse (vor der Wohnung des Thronfolgers) war gesteckt voll von mehreren taufend Frei¬ willigen, die den Thronfolger so begeistert akkla- mierten, wie vielleicht in Serbien noch kein Herrscher oder Thronfolger begrüßt worden ist . . . In diesen Tagen hat sich der Thronfolger noch größere Sympathien erworben, so daß man ihn einen wahren Liebling des Bolkes nennen kann. Mau mußte ihn gesehen haben, wie er vom Fenster ans ans die Grüße der Freiwilligen antwortete. Ganz blaß vor Erregung, mit starker Stimme und erhobener Hand sprach er, so begeistert und so schön, daß er die Freiwilligen und Umste¬ henden geradezu elektrisierte: „Meine teuren Brüder! Ich bin stolz darauf, daß ich serbischer Soldat bin und mit Euch in den Krieg ziehen kann, das Blut zu vergießen für die Ehre des Heimatlandes. Es leben jene, die zu sterben bereit sind/ sterben sollen jene, die leben wollen!" K r i e g s p rä lu d i e n des „s l o v e n s k i N a ro d". Es folgt sodann eine großsprecherische Schätzung der serbischen und montenegrinischen Streitkräfte und dann heißt es: „Sehr bedeutungsvoll ist die Reso¬ lution, welche gestern die Sknptschina einstimmig beschlossen hat und welche ich daher auch vollin¬ haltlich dem , Slovenski Narod" drahtete. Aus der Resolution spricht männliches Selbstbewnßtsein und die Entschlossenheit der nationalen Abgeordneten, die der Regierung die ganze Kraft des einigen Bol¬ kes zur Verfügung stellen." An der österreichischen Grenze bemerkte man größere Nervosität als diesseits. Dies sei daraus erklärlich, daß die öster¬ reichische Armee sich auch ans ihrem Staatsterrito¬ rium in Gegenden werde bewegen müssen, in denen Serben leben, die — was ganz natürlich ist — vollständig auf Seiten ihrer Brüder im Königreiche stehen. In Belgrad lacht man darüber boshaft und wartet kaum darauf, die Grenze zu überschreiten, 22 - dem! mich nachdem man sie überschritten hat, wird man dennoch nicht in Feindes Land sein." Ein andermal verhöhnt (17. Oktober 1908) Plut die angeblich übertriebenen österreichischen Sicherheits- Maßregeln in Semlin und an der Grenze. Ein Artikel vom 19. Oktober schließt folgend: „Ein gerechter Mensch mnß zu geben, daß Ser¬ bien, wenn diese seine bescheidene Forderung (Gebiets¬ abtretung und Zugang zum Meere) nicht erfüllt wird, mit den Waffen in der Hand sein Glück wird versuchen müssen und daß es ans seiner Seite die Sympathien ganz Europas haben wird. Gegen Serbien könnten höchstens sein die habgierigen Deutschen und jene unausrottbaren oder aber ver¬ derbten sogenannten Slaven, die mit gleichem Zy¬ nismus (!) wie die Deutschen Serbien empfeh'en, ohne zu mucksen Frieden zu geben und zn sterben!" Diese Stichproben dürsten genügen! Der südslaoische Gedanke. Der südslavisch. Gedanke ist in der letzten Zeit schon so erstarkt, daß auch die slovenische Vvlks- partei sich ihm nicht mehr verschließen kann. Wäh¬ rend aber die Radikalen ein großes südttavisches Reich mit Einschluß Serbiens anstreben, hat die slovemsche Bolkspartci ans ihrem Programm eine Verbindung der südslavischen Länder unter katholisch- kroatischer Führung. Abgeordneter Dr. Krek, einer der Führer der slovenischen Volkspartei, erklärte in der letzten Session des Krainer Landtages, daß alle Slaven von der Adria bis zum schwarzen Meere e i n e F a m ilic bilden. „Ich kenne", sagte Dr. Krek, „keine historischen, keine geographischen Grenzen, sondern nur ethnographische Grenzen und die umschließen alle slavi- schen Völker des Balkans und des ehemaligen Illyrien." Dieser Traum von der Einbeziehung der „slovenischen Länder" in den trialistischen Verwal¬ tungskörper müßte selbstverständlich die schärfste Gegnerschaft der Deutschen Oesterreichs — um Oester¬ reichs willen — Hervorrufen. M ili 1 ä r- und D p u a st i e fe i n d l i ch ks i t. Seit den Gewalttätigkeiten im September sind mehrfach Anzeichen einer sich ausbreitenden mili t L r- u n d d p n a st i e f c i n d l i ch e n G e s i n n u n g bei den Anhängern Hribars bemerkbar. Es sei dies bezüglich veriviesen ans die Laibacher Gemeinderats¬ sitzung vom 2k. September, in welcher das Militär ungestraft mit „Mörder" beschimpft wurde, aus die zahlreichen Abstrafungen, (bisher 24), die bei den Laibachcr Gerichten wegen Beleidigungen und Tät¬ lichkeiten gegen Belgiersvldaten erfolgen mußten — auf die Verurteilung des sloveni scheu Land- wehrnntero fsizicrS Zidanšek wegen hoch¬ verräterischer Aeußerungen — ans die Verbrennung einer kaiserlichen, bei dem Amtsgebände der Bezirks- hauptmannschaft in Stein angebrachten Fahne am 4. Oktober — auf das Verhalten des Laibacher Militär-Veteranenvereines^ — auf die Illuminierung des serbischen Kronprinzenbildnisses im Schaufenster des „Slovenski Narod" am 2. Dezember — auf die Vorkommnisse bei der Begehung der Ka:fer- jnbilänmsfeier in Laibachs — ferner ans die ö Dies« beteiligte sich an der Geldsammiung zugunsten der am 2a. September verwundeten „Opfer" und zur Er¬ richtung eines Denknalcs für die beiden Erschaffenen: er wurde deshalb behördlich aufgelöst. ** Diese ging unter merkwürdigen Umständen vor sich. Am i Dezember beleuchtete nur die deutsche Bevöl¬ kerung, während der Fackel zug der Militärkapelle statt- fand, von dem die Slovene» gemäß ausgegsbener Losung sich ferne hielten, bis auf einige Heißsporne, die während des Spieles und bei der Ausbringung von Hochrufen seitens des Offizierskorps vor der Wohnung des Divisionärs zu Schmähungen sich hinreißen ließen. Für den 2. Dezember hatte der Bürgermeister die allgemeine Beleuchtung ange¬ letzt, die prächtig ausfiel. Nur wenige Häuser blieben dunkel: darunter das des Geineinderates und Landtagsabgeordnelen Dr. Orazsn, eines berüchtigten Deutsch seindes, dessen Hetz¬ rede am 18 September unmittelbare Veranlassung der Ausschreitungen gewesen war. Einige hundert Menschen folgten, slavische Lieder singend, dem Zuge ciiur slovenischen Kapelle, wobei — nach sem Geständnisse des Slovenski Narod — mehrere Individuen Kivija Lerbisu" riesen. — Buch in Citli wurden am S. Dezember „Hoch- Serbien"-Ruse vernommen. — 24 — Reden einzelner Abgeordneten* mrd auf die all¬ gemein miiitärfeindliche Schreibweise des Slovenski Narod seit den Laibacher Septemberexzessen, endlich ans die gegen den Advokatnrskonzipienteu Dr. G. eingeleitetc Untersuchung wegen Hochverrates, sowie ans das im Zusammenhänge damit erlaßene Verbot der Militärbehörde, den „Narodni Dom" zu besuchen. Süds l a v i s ch c Konzentration. Ja selbst in diesen Tagen der allgemeinen Auf¬ regung über die Kriegsgefahr fährt Slovenski Narod ganz unbedenklich fort seine serbischen Sympathien zu zeigen. Das Blatt veröffentlicht serbenfreundliche Telegramme nud unterm Strich erscheint seit 14 Tagen ans der Feder des serbischen Ordensritters Trstenjak in Fortsetzungen ein Bericht über die oben erwähnte Reise nach Serbien, aus dem einige Stellen besonders hervorgehoben zu wer¬ den verdienen. Am 8. März 1909 schrieb er: „Viel, sehr viel hat der derzeit regierende König von Ser¬ bien, Peter I. dazu beigetragen, daß die Verhält¬ nisse in unserem Süden sich geändert nnd gebessert haben. Seitdem das ruhmvolle und tapfere Geschlecht der Karagjorgje zur Regierung ge¬ langte, datiert auf dem Balkan ein neuer Zeitab¬ schnitt des politischen nnd wirtschaftlichen Lebens. In wirtschaftlicher Beziehung nähern sich Serbien und Bulgarien; beide Staaten haben ja gemein¬ same wirtschaftliche Interessen. Im politischen Leben ist die s l a v i s ch e Ri ch t n n g vorherrschend, das ist die Hinneigung zu den slavischen Völker gruppen. Die politische Magnetnadel ist nach Ru߬ land und nach jenen Ländern gerichtet, in welche» Slaven wohnen, insbesondere Süd slaven. Seit dem Regiernngsantritt König Peters begann die gegenseitige An¬ näherung der Südslaven, und es ist kein * So z. B des Abgeordneten Tr. Tavcar, der »m krawischen Landtage (15. Jänner) sagte: „er fürchte, daß .die beiden Toten 'die während der Unruhen Gefattsnen) zwischen den Slovenen und der Dynastie liegen werden' und des Reiä sratsabgeordneien Hribar uüv 25 Zufall, daß diese Annäherung in Belgrad ihren Ursprung hatte. Das ist kein Zufall, das ist ein Programm. Der weise Herrscher hat er¬ kannt, daß es der Sammlung und Konzentrierung der zerstreuten slavischen Kräfte bedarf." „In Belgrad fand die südslavische Gemälde¬ ausstellung und der Kongreß südslavischer Journa¬ listen und Schriftsteller statt. Alles dies geschah vor nicht langer Zeit. Es wurde die Bestimmung ge¬ troffen, daß solche Zusammenkünfte in Agram, Sofia, und Laibach, also in den Hanptzentren der Süd¬ slaven ihre Fortsetzung finden müßten. Auf sol¬ ch e n K o n g ress e n leruen sich die tätigen Männer kennen, dort werden die Freundschafts¬ bünde geschlossen, ans denen oft poli¬ tische Berbindnngeu entstehen." Die „slavische" Richtung. „Seit dem Belgrader Journalistenkongreß datiert in der südslavischcn Publizistik eine neue Richtung, die „slavische". Heute wissen wir alle, daß ge¬ rade diese Richtung besonders dazu beigetrageu hat, daß sieh in der Geschichte der Südslaven ein be¬ deutendes Ereignis vollzog, welches neue Lebenskraft verleiht. Die serbisch-kroatische Nation, die sich einstens um des Glaubens willen entzweit und jahrhundertelang tödlich gehaßt hat, vereinigte sich wieder im politischen Kampfe. Die Kroaten und Serben sind wieder einig und sie verbanden sich zu gemeinsamer Arbeit. Dieses Ereignis ist von allergrößter Bedeutung für alle Südslaven und diese Tat kam zustande unter der Patronanz Serbiens und dessen Herr¬ schers, den wir als den größten Sohn der Südslaven an seh en. König Peter ist uns heute das, was uns seinerzeit Bischof Strohmayer war. Dieser hat uns große kulturelle Anstalten begründet, die (kroatische) Akademie und Universität, König Peter betätigt sich zwar auch auf kulturellem Gebiete, aber seine Macht i st größer n n d b e d e utu n g s v o ller ä6 und das deshalb, weil er einen Staat regiert, der jeden Tag 300.000 kräftige und tapfere serbische Soldaten zur Verfügung hat . . . Wir Slovencu gravitieren nach dem Süden. Unser nationaler Charakter und unsere kulturellen und wirtschaftlichen Interessen treiben uns in den Bund der Balkanvölker. Gerade deshalb haben wir Slowenen uns der nationalen Bewegung der Serben und Bulgaren angeschlossen und beteiligen wir uns an jeder Unternehmung auf kulturellem Gebiete." Gegen die Obre novic. Spricht aus diesen Sätzen eine nicht mehr zu überbietende Offenheit, so beweisen die folgenden eine außerordentliche Niedrigkeit der Ge¬ sinnung des Schreibers: „König Alexander hat schlecht gewirtschaftet, darum weint um ihn keine Seele und alle Serben sind froh, daß sie den ge¬ wissenlosen Wüterich los geworden sind. Nichts ist übrig geblieben, was an den königlichen Lebemann erinnern würde. Alexanders Konak, der neben dem königlichen Schlosse stand, haben die Serben von Grund aus zerstört und dort, wo er stand wächst jetzt grünes Gras. Alexander wurde bestattet wie ein gewöhnlicher Bettler und nach einigen Jahren wird man nicht einmal mehr sein Grab kennen. Die Männer, die am 11. Juni 1903 ihr volks¬ treues Werk verrichtet haben, sind freiwillig in den Ruhestand getreten. Die Nation achtet sie darum. Als wir im Garten des Hotels „Paris" saßen, setzte sich zu einem Nebentisch ein noch junger Mann in Zivilkleidnng, von dem mein Begleiter sagte: „Sehen Sie, das ist jener Offizier, der den König Alexander ermordet hat. „Bald darauf kam ein an¬ derer Mann, stärker als der Erwähnte und das §var der „Mörder der Königin Draga". (Slovenski Narod, 13. März 1909). Und warum dieser zyni¬ sche Haß gegen den toten Alexander? Er läßt sich nur erklären aus der Tatsache, daß die beseitigte Dynastie den Wert der österreichischen Freundschaft zu schätzen wußte und daher den Südslaven von der Sorte Trstenjak mißliebig war. 27 Alles nur Hetze gegen O e st e rreich. Die perfide Schreibweise des „Slovenski Narod" wird auch der übrigen slovenischen Presse schon zn arg — nicht aber den Behörden — und sie wendet sich in scharfen Ausdrücken dagegen. So äußert sich z. B. „Slovenec", „Slovenski Narod" schreibe schon die ganze Zeit im Sinne der Serben und gegen Oester reich. Die Serben aber seien genug kindisch, den Faseleien des Blattes Glauben zu schenken. Dies mache den Serben Mut Oesterreich anzufallen. Ebenso wurden sie ermutigt durch Reden, wie die des Abgeordneten Hribar* im Reichsrate. Die Belgrader Blätter hätten mit Begeisterung dieaufSerbien bezüglichen Sätzeseiner Rede abgedruckt. Wenn es zum Kriege kommt trügen die Radikalen zwar nicht die einzige Schuld daran, aber mitschuldig seien sie, weil sie in ihren Reden und Artikeln sich auf die Seite der Serben gestellt haben, nicht aber, wie es ihre Pflicht wäre, auf die Seite Oesterreichs." Diese Ansicht ist sehr richtig, und man muß ihr umsomehr beistimmen, wenn man die engen Beziehungen in Betracht zieht, die, wie im Vorstehenden erwiesen wurde, zwischen Laibach und Belgrad bestehen. Es ist alles in allem ein trauriges Bild, das sich da dem geistigen Auge darbietet. Das sind die Früchte jahrelanger Duldung nnd Verhätschelung der erst seit Taaffe emporgekommenen radikalen Partei. Das Bedenklichste ist dabei der Umstand, daß sich in ihrem Lager die slovenische Jugend von * Siebe besten Rede in der „Wiener Zeitung" vom 17. März 1806 : „Die österreichische Politik sei nicht frei von Schuld. Es Huke Serbiens geographische Lage aus- genützl. Man könne es Serbien nictn verargen, wenn es diesen Augenblick für günstig Halle, für immer au> der Klemme herauszukommen. Das serbiiche Volk erkämpfie seine Unabkä- gigleir selvuändig in deldeumüiigen Kämpfen. Ein solches Volk verdiene die Möglichkeit freier, durch keine Schranken eingeengter wiriichafrlicher Entwicklung und niemand könne es ihm verargen, wenn es Anstrengungen mache, sie zu erlangen. Es lei ein glückliches GesÄi t, daß gerade Oesterreich ohne Einbuße an seinem Prestige ihm diese Möglichkeit gewähren könne. Z8 der Mittel- bis zur Hochschule uud fast vollzählig auch die slovenischeu Beamten befinden, denen sie sogar ihre Lebensfähigkeit verdankt. Es wäre verhängnisvoll, wollte inan die bisher geübte Nachgiebigkeit auch fernerhin walten lassen, denn dann bestände die Gefahr, daß auch die bie¬ dere slovenische Landbevölkerung von dem gleicher¬ maßen staats- wie deutschfeindlichen Treiben der slo- venischen Serbenfreunde mitgerissen werden könnte. Diseito moniti! cosiss S SSSSSSS27S4