05004 - 299 '/ 109 Eine neue Schlangerivarietat fiir Krain Von Dr. Gvidon Sajovic Krain gehort in herpetologischer Beziehung dem siidalpinen und dem nordlichen Teil (Karst) des Mediterrangebietes an. Nach Freyers »Fauna" 1 beherbergt es im ganzen 12 Arten (mit 3 Varietaten) von Reptilien und 15 Amphibienarten; nach Werners Angaben 2 sind es 13 Reptilienspezies (mit 5 Varietaten) und 15 Amphibienspezies mit 5 Varietaten. Von den Formen, welche Freyer angibt, finden wir bei Werner folgende nicht: Testudo marginata Vgt., Bufo Ca- lamita L. und Bombinator igneus M. Hingegen sind von Werner neue Spezies und Varietaten angefiihrt, welche in Freyers Arbeit nicht enthalten sind, so: Vipera berus L., Vipera berus var. bosni- ensis (Schneeberg in Innerkrain), Lacerta vivipara Jacq., Lacerta vivipara Jacq. var. carniolica Werner (Schneeberg in Innerkrain), Rana agilis Thomas und nachstehende Proteus-Varietaten: var. Zoisi (bei Rupa), var. haidingeri (aus der Kleinhauslergrotte), var. Freyeri (Kumpolje), var. Laurentii (aus der Magdalenengrotte) und var. Schreiberii (von Vir bei Sittich). Auf die Ordnung der Schlangen entfallen von diesen Zahlen nach Freyer 6 Arten mit 3 Varietaten, nach Werner 7 Arten mit 4 Varietaten. Sonderbar ist es nur, dag Freyer die gewohnliche Kreuzotter (vipera berus L.) entging. Im Juni des Vorjahres brachte Franz Dobovšek eine Ringelnatter ins Landesmuseum mit der Bemerkung, dag er sie deswegen mitgenommen habe, weil sie ihm wegen der ungewohnlichen Farben- zeichnung aufgefallen sei. Es konnte sogleich konstatiert werden, dag es sich um die gestreifte Varietat der Ringelnatter handle, welche weder von Freyer noch von Werner angefiihrt ist und deren Vorkommen in Krain auch sonst nirgends angegeben ist. Die Streifenringelaatter (Tropidontus natrix L. var. persa Pall = bilineatus Bibr. = murorum Bonap. — progasta belouška) ist eine konstante Varietat der gewohnlichen Ringelnatter (Tropidontus natrix L.). Die Gestalt und Groge des erbeuteten Exemplares weicht von der der Stammform wesentlich nicht ab. Die Gesamtlange betragt 81 cm, wovon bereits 1 / b (15'2 cm) auf die Schwanzregion entfallt. 1 Heinrich Freyer: „Fauna der in Krain bekannten Saugetiere, Vogel, Reptilien und Fische,“ Laibadi 1842. 2 Dr. Franz Werner: „Die Reptilien und Amphibien Oesterreich-Ungarns und der Occupationslander,“ Wien 1897. 110 Die Form des Korpers ist schlank, seitlich deutlich zusammengedriickt und nach riickwarts viel starker als nach vorne verjiingt. Der Kopf ist verhaltnismagig klein, gestreckt, vorne abgestutzt und oberseits flach; vom Halse ist er bereits gar nicht kennbar abgesetzt. Die Schnauze ist abgerundet und iiberragt den Unterkiefer. Die Augen sind ziemlich grog. Die Pholidose ist bei dieser Schlange dieselbe wie bei der gewohnlichen Ringelnatter. Praokularschild ist nur eines, Postokular- schilder sind drei vorhanden. Die Zahl der Supralabialia betragt 7, unter dem Auge befindet sich das vierte und ein kleiner Teil des fiinften. Schlafenschild ist jederseits nur eins entwickelt. Das Schuppen- kleid des Korpers bilden 19 Langsreihen, von denen alle aus deutlich gekielten Schuppen zusammengesetzt sind, nur die Schuppen der untersten Reihe sind nicht gekielt. Auch der Schwanzteil wird von glatten Schuppen bedeckt. Die Anzahl der Bauchschilde betragt 179; die Schwanzregion wird unterseits von 56 Schildpaaren bedeckt. Das Farbenbild der Streifenringelnatter ist schon gezeichnet und sehr verschieden von dem der gewohnlichen Form. Die Grund- farbe der Oberseite ist hell griinlichgrau und mit kleineren und grogeren, in Langsreihen angeordneten, nicht stark hervortretenden schwarzen Flecken besat. Der Kopf ist etwas dunkler abgetont, der fiir die Ringelnatter charakteristische halbmondformige gelbe Fleck hinter dem Mundwinkel erscheirfLžiferriflbh stebR'Vfe?#isehtLDie‘b J eidfen 111 schwarzen Halbmonde auf dem Hinterkopf sind schwach ausgepragt und getrennt, wahrend sie bei der ungestreiften Stammform hinter den Parietalen zusammentreffen. Auf der Riickenseite befinden sich zwei schmale, deutlich kennbare und parallele Langsstreifen, welche am Nacken beginnen und bis zum Schwanze sich hinziehen. Diese typischen Langsstreifen (Name!) sind von gelblichweiger Farbung und verlaufen jederseits auf der 6. und 7. Schuppenreihe. Nach An- gaben von Werner konnen die Streifen auch ganz weig, gelb oder orangegelb sein. Die Kehle und die ersten zehn Bauchschilder sind gelblichweig, die letztgenannten schwarz umrandert. Die Unterseite des iibrigen Korpers ist auf blaulichschwarzem Grunde nach den Seiten zu hell gefleckt. Diese weiglichgrauen Flecken sind anfangs ziemlich grog, nehmen jedoch gegen das Korperende an Groge all- mahlich ab. An der Unterseite des Schwanzes verschwinden sie ganz und daher erscheint dieser Teil vollkommen schwarz gefarbt. Uber die Verbreitung dieser Varietat in Krain konnen wir vorlaufig nichts Naheres angeben, da nur ein einziger Fundort — Abhang des Gruberkanals unter dem Golovec bei Laibach - bekannt ist. Herr Fr. Dobovšek beteuerte, die Streifenringelnatter dort ofter in der Gesellschaft der gewohnlichen Form gesehen und beobachtet zu haben. Sie sind jedoch schwer zu fangen, weil sie sofort die Flucht ins Wasser ergreifen. Sicherlich ist aber diese Schlangen- varietat bei uns stark verbreitet, nur fehlt es an Beobachtungen. Im allgemeinen kommt namlich die Streifenringelnatter neben der gewohnlichen Form der Ringelnatter vor und entstammt haufig sogar dem Gelege der letztgenannten. Fr. Werner gibt in seinem Werke folgende Fundortsangaben fiir unsere Monarchie an: „Mahren (Znaim); Niederosterreich (bei Laxenburg und bei Bruck a. d. Leitha); Steiermark (nach Mojsisovics); Karnten (nach Gallenstein); Siidtirol (nach Erber); Dalmatien (Žara, Vrana, Scardona, Lesina, Solta etc.); Bosnien (Travnik); Herzegowina (nach Moellendorf, Tommasini); Ungarn (an der grogen Donau zwischen Mohacs und Apatin nach Mojsisovics). Augerdem in Griechenland und Kleinasien bis Persien. - In Dalmatien ist diese Varietat weit haufiger als die ungestreifte Form, als deren Stammform sie anzusehen ist.“ In den Kaukasuslandern und in Persien wird sie vollstandig zur herrschenden Form und im kleinasiatischen Gebiete scheint sie sogar die ungestreifte Stammart vollkommen zu verdrangen. Aus diesen Angaben kann man leicht ersehen, dag die gestreifte Varietat vorzugsweise sudliche Gegenden bewohnt und daher ihr haufiges Auftreten bei uns nicht ausgeschlossen ist. Sonderabdruck aus Carniola 1909 III u. IV — Buchdruckerei Kleinmayr & Bamberg, Laibach j Die Streifenringelnatter Von Dr. Gvidon Sajovic Zlim gleichnamigen Aufsage des Carniolaheftes III und IV 1909 auf Seite 109 bis 111 habe ich folgendes nachzutragen: Als die Drucklegung der Carniola bereits fertiggestellt war, brachte Frau Baronin Edith Miiller zwei lebendige Streifenringelnattern in das hiesige Museum, die Herr Artilleriehauptmann G. Veith auf dem Grogkahlenberge gefangen hatte. Im grogen und ganzen sind die Bemerkungen auf Seite 109 bis 111 auch fur diese zwei Exemplare zutreffend, jedoch sind noch folgende Einzel- heiten erwahnenswert: Das grogere Exemplar — ein altes, ausgewachsenes Weibchen — ist 99‘4 cm lang, das kleinere, ein Mannchen, nur 68'3 cm. Beim Q entfallen auf die Schwanzlange 21'4 cm (ein gutes 5 / 5 ), beim (J dagegen 15'5 cm (bereits 1 / 4 der Totallange). Bei der Pholidose variiert die Anzahl der Bauchschilder. Es ergeben sich folgende Zahlen: beim P 172 Bauch- schilde und 71 Schwanzschildpaare, beim c? 173 Bauchschilde und 74 Schwanz- schildpaare. Die Grundfarbe der Rtickenseite ist graubraun (Waldschug- farbung), wahrend die Farbe des im Gruberkanale gefangenen Exemplares eine griinlichgraue (Wasserschugfarbung) ist. Ein weiterer Farbenunterschied von den legterwahnten Tieren ist bei beiden Exemplaren die starke Aus- bildung der gelblichen Mondflecken hinter dem Mundwinkel, welche fiir die Ringelnatter diarakteristisch ist. Die gelblichen Langsstreifen sind gut ausgepragt. Das Farbenbild der Bauchseite ist beim Q dasselbe, wie es auf Seite 110 beschrieben worden ist. Das (J zeigt jedoch andere Farben- verhaltnisse; die ersten 27 Bauchschilde sind rein weig, die folgenden 66 blaulichweig mit bereits angedeuteten schwarzen Flecken, die iibrigen sind weigschwarz gefledit. Auch die Unterseite der Schwanzregion ist nicht vollkommen schwarz, sondern besigt weigliche Fledien. Das Weibdien legte in der Nacht 23 Eier, von denen 16 traubenartig zusammenklebten. Die Eier sind 25 bis 29 mm lang, 18 bis 20 mm breit. Das Gevvicht der Eier betragt 5'5 bis 6'4 g. — Nach der Angabe des Herrn Hauptmannes G. Veith, der ein Schlangenkenner ist, kommt die Streifenringelnatter auf dem Grog- kahlenberge haufig vor. Sonderabdruck aus Carniola 1909 Heft III u. IV Buchdruckerei von Ig. v. Kleinmayr & Fed. Bamberg in Laibach