Die Sauerbrunnen bei Rohitsoh. Monographie vori Dr. Ernst Hilarins Frolicfi, practisdiem Arzte und wirkl. Mitgliede der mediz. Facultat und des Vereins homoopathischer Aerzte Oesterreiclis fiir pliysiologische Arzneipriifung zu Wien, correspondirendem Mitgliede des Central- vereines fiir Homoopatliie in Deutschland und des geognostiscli-mon- tanistischen Vereins fiir Steiermark. \ierVe kuftage. Wlen. Verlag von L. C. Zamarski. 1857. 109864 Seiner kaiserlichen Hoheit dem Durchlauchtigsten Herrn Erzherzog Jj 0) I A li N! B A P T II S I, kaiserlichen Primcu umi Erzherzog von Oeslcrreich, koniglichcn Prinzen von TJngarn und Bohmen etc., k. k. General-Feldmarschall, Stiftcr und Protector des slandischen Joan- neums zu Graz etc. etc. etc. in tiefster Ehrfurcht gewidmet vom Verfasser. V o r r e d e zur dritten Auflage. Dic zvveite Auflage dieser Monographie ist bereits vergriffen, und es triLf dalier dic angenelime Verpflichtung ein, cine dritte folgen zu lassen. Seit den lelzten fiinf Jahren in jeder Kursaison zu Sauerbrunn bei Rohitsch als Brunnenarzt anwe- send, babe icli rneine neuen Erfahrungen in diese neue Auflage niedergelegt. Die mit Absicht mog- lichst popular dargestellten Krankengeschieliten (Kurbilder) vvurden mit neuen interessanten Fal- len vermebrt. Damit und mitmancher Verbesserung, welche der aufmerksame Leser in dieser Ausgabe finden wird, versuchte ieh meinen Dank an den Tag zu legen fiir die Theilnahrne, die das geehrte Kurpu- blikurn imLaufe derJahre meinemBuche und mei¬ nen Bestrebungen fiir die,sen rcizenden Brunnenort zu schenken so giitig war. Wi e n, im Jiuii 1856. Dr. E. H. Frolich ■ i ir; .1 J 'f id I n li a 1 t. Scite I. Etlmograpliiscbe, physiograpliiscbe und lili ■ matisehe Schilderung der Gegend von Ro- hitsch. 1 II. Pliysikaliscli-chemisclie Bescbreibung der Sauerbrunnen .20 III. Die st. st. Kuranstalt Sauerbrunn bei llo- hitscli. 38 IV. Anleitnng zum Kurgebraucbe.47 V. Fiihrer in die Umgegend.75 VI. Historisclie Skizze.113 VII. Medizinisches. Der Tempelbrunnen als Ileil- mittel. Kurbilder. 140 Literatur.186 -oOo- . . 1 . Ethnographische, physiographische und klimatische Schilderung der Gegend von Kohitsch. Zwischen der Drau und Save, gegen Nord- westen durch die machtigen Alpen geschirmt, liegt das schone Land der steirischen Slovenen. Es begreift jenen Theil der Steiermark in sich, welcher die einstige Grafschaft Cilli bildete, unlangst aber mit dem Marburgerkreise ver- schmolzen wurde. Die steirischen Slovenen (Wenden, Winden) treiben Ackerbau, Viehzucht und Weinbau; ihre Sprache ist die slovenische Mundart — ein Zweig des grossen slavischen Sprachenstammcs — welche in einer von Giins aus durch Ungarn, Untersteier- mark, Karnthen und Krain bis nach Istrien laufen- den Linie von einer beilaufig 1,150.000 starken Volksmengegesproclien wird. Dochkommen in die- senLandern viele Dialekta-Abstufungen vor. In der Gegend von Rohitsch und im nahen Kroatien hort man z. B. gedehntere Laute oline Abkiirzungen, dagegen im Sannthale und. an der Grenze von Oberkrain eine kurze und schnelle Redcwei.se. Die vvendisclie Sprache tont zwar noch in diesem Umkreise, aber die Volkslieder sind bis auf wenige heilige Gesange und Trinkspruehe ver- 1 2 klungen. * Bisweilen kommen noch am Neujahrs- abende und anderen Feiertagen in die Hausflur der Wohihabenden zwei Bauerndirnen, die mit klangvollen Stimmen, in reinster Intonirung, auf jene Feste beziigliche Texte nach Melodieu singen, welche durch ihre elegische Zartheit und Einfach- heit jedes fuhlende Herz rtihren. Den Rest der noch iiblichen Gesange bilden die sogenannten Sdravice (Gesundheits- und Trinkspriiche), die meist sehr kurz und gereimt sind und oft voli Humor improvisirt werden. Ueberhaupt hort man in jener Gegend weit mehr Gesang und Musik, als in dem benachbarten deutschen Theile der Steier- mark; dieMadchen singen beim abendlichen Heim- weg aus der Weinlese, beim Gang zum Brunnen, bei ihren gemeinschaftlichen Feld- und Hausar- beiten, am Spinnrocken beim Spanlicht in derWin- terstube; die Hirtenknaben phantasiren auf der lustig klingenden Schwegel-Pfeife, oder einer lan- geren melodisch tonenden Flote, wohl auch auf der Panpfeife in Weisen und Gangen, die dem Ohre des Fremdlings seltsam erschallen. Die altslovenisehe Mannertraclit mit dem grosskrempigen, rundgupfigen Hute, dem licht- blauen Mantel mit kurzem Kragen ist verschwun- den. Mehr erhielt sieh die malerische Tracht der Weiber. Beim Kirchgange begegnet man noch hie und da einem Madchen, das sich mit schwarz- * In Liedersammlungen finden sich nocli die lieb- lichsten idyllischen Gesange mi t urstammlichem Geprage aufbewahrt. Einen Theil derselben hat Anastasius Grun in seinen „Volksliedern ausKrain 11 aufdasTreff- licbste in deutscher Sprache wiedergegeben. 3 sammtenem Stirnbande, daruber einem weissen, durch eine Zitt.ernadel geschmiickten Kopftuche, einem rothen, bunt abgenahten Brustlatze, einem mit breitem Seidensaum besetzten kurzen Falten- rocke, und mit dem zierlichen, herabhiingenden Messergiirtel sehr gut ausnimmt. Der steirisclie Slovene hat mehr Behendigkeit des Geistes und Korpers als sein deutscher Nachbar, dafilr aber weniger Ausdauer; der minder strafFen organi- sehen Faser entspricht im Psychischen die eigen- thilmliche Schmieg- und Biegsamkeit, mit der er sich (ohne falsch zu sein) den Verhaltnissen leicht anpasst und der Leute Herz gewinnt. Der dortige Slovene lebt gewohnlieh sehr dtlrftig von Ge- miisen, Hillsenfriichten, Kartoffeln und Maisbrot; das Lieblingsgetrank ist der selbsterzeugte Wein in solchem Grade, dass er selbst in Krankhei- ten haufig als bestgemeinte Arznei missbraueht wird. MerkwUrdig ist es, dass gegen Norden hin, wo die slovenische Sprache durch die deutsche begrenzt wird, auch der Weinbau Steiermarks beinahe ganz aufhort. Im ostlichen Theile dieses Gebietes liegt unfern der kroatischen Grenze der Markt Rohitsch, unter einer geographischen Lange von 33° 20' 40“ und einer Breite von 46° 14' 0". Dieser an sich unbedeutende Flecken hat seinen jetzigen Ruf den eine Stunde weiterhin gegen West entsprin- genden Sauerlingen zu verdanken, welche der steirisch-standischen Kur-Anstalt Sauerbrunn ihr Entstehen gaben. Mit vorzuglichem Bedacht auf diese geben wir im Folgenden eine Physiogra- phie der Gegend, der sich eine Charakteristik des 1 * 4 Klima’s anschliesst. — Wir beginnen die erstere mit einer geognostischen Beschreibung der nahe liegenden Gebirgsziige und des dortigen interessanten Hiigellandes, mit Riicksicht auf das Gebiet der Rohitscher Mineralquellen. In geringer Entfernung vom Markte Rohitsch und nordostlich von selbem erhebt sich in Zucker- hutforin die interessante Grenzmarke des Landes, der Donati- oder Rohitscherberg biszu 2795 W. F. iiber den Meeresspiegel *. Als Gebirgsnachbar hat diese Hohe das die Grenze gegen Kroatien bildende Macel- Gebirge. An den Donatibevg schliesst sich mit naeli N. W. versehobener Streichungslinie und gedehnteren Formen das Boč-Gebirge mit dem bis zu 3097 W. F. ansteigenden hohen Boč, dessen siidliche Vorhugel das Quellengebiet von Rohitsch in sich begreifen. Der Donatibevg besteht aus ter- tiaren Sandsteinen, der Kern des Boč-Gebirges, wahrscheinlich aus Trias- oder Lias-Kalk. Letz- teres Gebirge steht in nordwestlicher Riehtung mittelst der Kalkberge von Plankenstein, Gonobitz, Weitenstein (wo dieselben dem Bacher-Urgebirge gegenuber zu stehen kommen), weiters durch die Sehathaleralpen und den Ursulaberg mit den karnischen Alpen in nicht zu verkennender Verbindung. Der beschriebeneGebirgszugbegrenzt im Nord das Tertiar-Becken von Cilli, welches das Sannthal und das ostliche Hiigelland gegen Ro¬ li itsch bis zum Macel -Gebirge umfasst **. * Siehe den Stahlstich. ** Im Siiden von Cilli ist dieses Beeken von einem ahnlichen Gebirgszug begrenzt, der dem nordlichen nahezu parallel laul't, sich mit zwei Unterbrechungen 5 An jene aus Alpenkalk bestehende, in ziem- lieh gleieher Hohe verlaufende Bergreihe, die von tiefeingerissenen, mitunter hochst pittoresken Quer- thalern durchschnitten ist, lehnen sich nach Siiden gesen das Cillierbecken einfallend mehrere Glieder der Eoeen-Formation. Das unterste derselben sind die init Braunkohlen und Eisenerz-Putzen wech- sellagernden, stellenweise (wie in Socka, Naverhi und Sternstein) unzahlige Pflanzenreste enthal- tenden Thonmergelschiefer; darauf folgt der eocene Sandstein. An diese letzteren, offenbar durch die Erhebung des Alpenkalks aufgeriehtete Schich- ten, sehliessen sicli in ^ebenfalls vielfach gestorter Lagerung die miocenen Tertiargebilde an. So viel im Allgemeinen tiber das Becken von Cilli, welches durch einen Fiord bei Lipoglava mit dem jetzigen Drauthale und so mit dem ober- ungarischen Tertiar-Beeken zusammenhing. Die Betrachtung der Gesteine des Rohitseher Quellengebietes im Einzelnen gewinnt dem Geo- gnosten hohes Interesse ab. Der Alpenkalk des Boc ist stark aufgerichtet, nach den bisherigen Untersuchungen versteinei'ungsleer, und diirfte nach der Analogie mit dem seiner westlichen Nachbarberge alpiner Trias oder Liaskalk sein. Alle an diese Kalke gelehnten und mit selben erhobenen Schichten sind in den geognostischen Karten als Wiener Sandstein aufgefuhrt. Ich will hier diese Gesteine, wie selbe z. B. am Sudabhange des Boc, im Graben von Drevenik von unten nach durch Tertiarland bis nach Krapina und Warasdin fort- zieht und siclidemnachandasilfaceJ-Gebirge anschliesst. Ich habe hier nur den nordlichen Zug zu beschreiben. 6 aufVarts vorkommen, nalier beschreiben. Zu unterst im Bette des jene Sehlucht durehfliessenden Baehes, und an den Ufern desselben, besonders in der Nahe des oberen Kohlensauerlings zu Ober- kostreinitz, bricht in stark aufgerichteten, von West nacli Ost streichenden Schiehten ein vielfaeh und ricktungslos zerkliiftetes, lichtgraues Gestein an; dasselbe ist zumeist von Eisenoxyd gelblieh gefarbt, erscheint aber auch blaulieh und choco- ladfarbig; auf den Flachen der engen Spalten zeigt sich jenes Oxyd als dunkelbrauner Beleg, auf den melir klaffenden Spaltungsflachen als dichter, fir- nissglanzender, verschiedene rundliche Figuren aufhabender Ueberzug; das Gestein braust mit Sauren gar nicht, gibt am Stahle sparlich Funken, und diirfte als dem eocenen Sehichtensystem ange- horiger, thoniger Sandstein bezeichnet werden. Im Graben von Drevenik traf ich weiters dunkel- grauen Thonmergelschiefer in einer Schichtung, und Lagerung wie in Socka, doeh ohne eine Sptir von Versteinerungen. Darauf folgt ein schwarz- liches, mit weissen Punkten versehenes, im Brucke unebenes, am Stahle Funken gebendes und mit Sauren brausendes Gestein, mit Andeutungen einiger Musehelfragmente und mit schwarzgefarb- ten kleinen Quarzkrystallen auf den ZerklUftungs- fliichen. Man findet diese Kalkbreccie nebenan rothlich gefarbt, kaum eine Špur jener weisslichen Punkte zeigend, und stellenweise mit rothlich gefarbtem Kalkspath uberkrustet. Noch hoher am Boe, am Ende des obbenannten Grabens, auf einem steilen Vorhilgel, dessen Spitze eine Kirchenruine tragt, fand ich eine hochst merkvriirdige Breccie, 7 die alle Kalke der Umgegend, den Dolomit des nahen Poltschachergrabens und Triimmer der frii- her beschriebenen Gesteine, Alles in buntschecki- ger Farbung vom Sehneeweis durch Grau bis ins Schwarze und vom Lichtgelb durchs Roth bis ins Dunkelbraune zeigt; die eckigen Korner des Ge- steins sind (besonders dieweissen und lichtgrauen) von schwarzen Adern durehzogen und das Ganze von der Oberflache aus gegen innen ziegelroth gefarbt und offenbar in Metamorphose begriffen; die einzelnen Bestandtheile dieser Breccie brausen insgesammt lebhaft mit Sauren. Einige Muschel- reste und ein einziges Fragment eines Cardium oder P eden , die ich bisher an einem Handstiicke entdeekte, machen den tertiaren (miocenen?) Ur- sprung dieses Gesteines, das dem ersten Anblicke nach vulkanische Einschliisse zu haben scheint, unzweifelhaft. Ober diesen Gebilden trifft man beim Anstieg des Boe bis in das Tlial von St.Niko- laus vielfach zerklufteten Dolomit, der sich von dort in den Poltsohachergraben, einem tief einge- rissenen Querthale absenkt und gegen Planken- stein fortsetzt. Ober St. Nilšolaus erhebt sich mit ■steilen Abhangen die Kalkkuppe des hohen Bod. Uebrigens trifft anan in dieser Gegend den nach Mor lot bei Kirchstatten auf dem Aljtenkalk liegenden schwarzen Kalkschiefer mit schnee- weissen Adern; dasselbe Gestein kommt auch bei Weitenstein vor und wird von den Bergleuten „Schnurlkalk“ genannt. Eine der merkwiirdigsten Felsarten jener Gegend ist jedoch Prof. Anker’s „griiner Porphyr und Uebergangstrapp.“ Es ist ein grasgriines, festes, im Bruche splittriges, am 8 StahleFunken gebendes, mit Sauren gar nicht brau- sendes Gestein, das im Scliichtensjsteme der Eocen- Formation, besonders am Siidabhange des Plesivec (der bstlichen Fortsetzung des Boe) vorkommt, und hat die grosste Aehnlichkeit mit den in allen Karten angegebenen Porphyren von Cilli, von denen Mor lot beweisen wollte, dass selbe nichts als m e t a m o rp h is eh e eoeene Schiefer sind. Dass in dieser Gegend Quarzausscheidungen vorkommen, wird keinen Geognosten iiberraschen ; in den Bachen findet sieh schiin rother Jaspis mit- unter so haufig, dass sieh der Bauer desselben als Feuerstein bedient; in Sauerbrunn selbst hat man imSandstein reine, den sogenanntenMarmaroseher Diamanten ahnliche Quarzkrystalle gefunden. Ueber Prof. Anker’s „Kieselsehiefer, Uebergangs- Hornblendegestein mit Porphyr und dessen Grau- wacke,“ die in dieser Gegend vorkommen.sollen, weiss ich keine Auskunft zu geben. G ramvaeken- sehiefer frndet sieh ausserhalb des Rohitscher Quel- lengebietes in Kroatien bei Hum, und Kostel. Auf dem Siidabhange des sogenarmten ldeinen Boe fand ich zerstreut liegende kindskopfgrosse und kleinere Stiicke von Quarz; es sind weisse, lieht- und dunkelgraue, mitunter eisenschiissige Stiicke von Quarzkonglom e ra ten, deren einzelne ZusammensetzungsstUeke meist abgerundet und mitrein quarzigem Cemente verbunden sind. Diese Quarzkonglomerate haben eine merkvvUrdige Aehnlichkeit mit jenen aus der Steinkohlenforina- tion, veie man sie in den karnthnerischen Kalkalpen und in der Militiirgrenze vorfand. — Eine in dieser Gegend sonst nicht vorkommende Suite von quarzi- 9 gen Sandstein-Varietaten bietetuns der dureh seine schroffe Kegelform ausgezeielmete Donatiberg. Diese Sandsteine bestehen grosstentheils aus melir oder weniger abgerundeten Quarzkornern; am Fusse des Berges bricht eine feinkornige, glimmerreiche, mit Sauren gar nicht brausende, in der mittleren Region eine im Kome noch feinere, glimmerlose, mit Sauren lebhaft brausende Varietat an ; von der Mitte bis zur Bergeszinne zeigt sich der Sandstein grobkornig; die mitunter erbsengrossen meist ecki- gen, nur an den Kanten abgerundeten Quarzkorner sind weiss, oder vom Licht- bis ins Dunkeigriine gefarbt, und im gelblichen, mit Sauren stark brau- senden Kalkcement eingebacken; letzteres verwit- tert an der Oberflache des Gesteins, und dieselbe ist daher sehr rauh und mit vorstehenden Quarz- kornern besetzt; das vervvitterte und dureh Atmo- spharwasser aufgeloste Kalkcement erscheint auch wirklich als rohrenformiger Kalktuff in der Quelle im ersten Drittheile der Bergeshohe. In der letzt- besehriebenen Sandstein-Varietiit fand ich Bruch- stilcke von Austern und einer unbestimmbaren Art von Pecten. Die Scliichten'dieses Sandsteines sind sehr steil, mitunter (besonders gegen die Berges- spitze) senkrecht ai^fgerichtet. Demnach betrachte ich den Donatiberg als tertiaren Sandstein, der bei der Erhebung des nahen Kalkalpenzuges dureh plutonisch-vulka- nische Krafte aus dem Tertiar-Meere emporge- hoben wurde und dessen quarziges Material vom nahen Dac/terurgebirge zu stammen scheint. Wenden wir uns nun zu den Einzelnheiten der dortigen Tertiar-Formation. Das Hilgelland zwi- 10 schen Cilli und Rohitsch gehort derselben an und ist miocen. Am weitesten verbreitet sind Kalk- steine, Sandsteine und der graue mit Glimmer- schuppen besetzte Thonmergel (slovenisch Lapor). Dass in der vom Boc und ATaceč-Gebirge gebildeten friedsamen Bucht des miocenen Tertiarmeeres sich haufig Korallen anbauten, beweist der in die- ser Gegend haufig vorkommende Nulliporen- (Leytha) Kalk. Tegellagen kommen niclit sel- ten vor; bisher fand ich in selben jedoch nicht e in e Foraminifere. Aeltere Braunkohle lagert am Siidabhange des Boč in bedeutender Hohe, beim Jagerhause; jiingere im Gebiete der Mio- cenformation bei Rodein. Lenken wir nun unsere Aufmerksamkeit auf die Ursprungsstatte der Rohitscher Sauerlinge. Der an freier Kohlensaure reiehe Tempelbrunnen entspringt am entferntesten vom Boe-Gebirge aus Kalkstein, nach Anderen zvrischen Kalkstein und Sandstein; seine Bildung geschieht nicht sehr tief unter der Erdoberflaehe, da seine Temperatur die mittlere des Bodens (beilaufig 8° R.) nur wenig iibertrifft. Am andern Ende dieser Gruppe von Sauerlingen entspringt, etwas n-aher am obigen Gebirge, der mit kohlensaurem Natron gesegnete Ignazbrunnen (er enthalt davon 0.610 Proč.), und hat nach seiner Temperatur, so wie nach der Menge jenes ihm vorziiglich eigenenBestandtheiles zu urtheilen, einen tiefern Entstehungsherd und daher der Stoffmenge nach eine sehr verschiedene chemische Constitution im Vergleich mit dem Vorigen. Man sieht bei diesen Quellen ganz be- stimmt den wichtigen Einfluss, vvelchen die groš- 11 sere oder geringere Tiefe des Bildungsherdes a-uf die ehemisohe Mischung derseiben hab Letztere Quelle hat noch uberdiess alle iiber dem Kalke lie- genden Schichten, namentlich den wasserdichten Thonmergel, aus dessen Klilften selbe entspringt, zu durchbrechen; hiedurcb diirfte sie etwas von ihrer Temperatur einbussen, und so ihre eigent- liehe Bildungsstatte noch tiefer (2 — 300 W. F.) vorauszusetzen sein. Merkwtirdig ist das Ur- sprungsverhaltniss der Quelle zu Ober-Kostreinitz ; sie entspringt aus dem weiter oben beschriebenen liehtgrauen, eisenschiissigen Gesteine ; hatte nach einer alteren Analyse die dem Tempelbrunnen eigentbumlichen Bestandtheile, doch bis auf das kohlens. Eisenoxydul (1.04 in 10.000 Gew. Thl.) in \reit geringerer Menge und zeigte friseh ge- schopft eine Menge gl e i eh groš ser Gasperlen. Die nahezu senkrechte Aufriehtung jenes Ur- sprungs-Gesteines mit vielen senkrechten Lage- rungsfiaehen mag hier zu einem geraden Auf- steigungskanale Anlass gegeben und darin der Grund zu suchen sein, warum das kohlensaure Gas hier in durchaus gleichen Bliischen zu Tage kommt. Im Folgenden. werde ieh die zwei wahr- scheinlichsten geoiogiscben Anschauungswei- sen uber die Entstehungsursachen der Kohlen- sauerlinge iiberhaupt auf die im nachsten Ab- schnitte aufgezahlten Rohitscherquellen anzupas- sen suchen. Die Bildung derseiben hatte mit derErhebung der Kalksteinschichten im nahenBoe-Gebirge eine gemeinsame Ursaohe. Aehnliehe plutonische 12 Krafte wie die, welehe das krjstallinische nur 2 Meden in Luftlinie entfernte Bacher-Urgebirge, emporgehoben, zerklUftet und dessen Schichten iiberstilrzt haben, haben auch hier gevzaltet, den aufgelagerten Kalk und die naehstjungeren Schich¬ ten gehoben und tiefe, nachmals von Tertiar-Nie- derschlagen ausgefiillte Risse in die Erdrinde her- vorgebracbt. Die sogenannten plutonischen Krafte hatten verschiedene Gasarten mit ungeheurer Spannung als wichtigste Trager. Eme dieser er- hitzten, hochgespannten Gasarten bat noch jetzt, als Rest der plutonischen Agentien den Trieb durch die Spalten der Erdrinde zu entweichen und begegnet im geborstenen und zerkltifteten, ober- flachlichen Gestein den eindringenden Atmosphar- wassern. Bei dem bedeutenden Drucke, uiiter dem diess geschieht, wird das eindringende Tagwasser mit Kohlensaure gesattigt — es wird Sauerling und erhiilt so die Faliigkeit, mehrere der ihm zum Rinnsal dienenden Gesteine aufzulosen und damit beschwert zu Tage zu treten. Dieser Austritt ge¬ schieht meist an den tiefstgelegenen Stellen der eingerissenen Thaler an den Ufern der Bache hauflg in ihnen selbst, weil die aufsteigenden Quellen dort die wenigsten Durchbruchs-Hinder- nisse tinden, indem die oberflachlichsten, lbsli- chen Schichten wegg:ew,aschen und selbst das Ur~ sprungsgestein durch das vzechselnde Niveau des dariiber fliessenden Bachwassers einem hauflgen Wechsel vonNass undTrocken, somit einer schnel- leren Yerwitterung ausgesetzt ist. Obwohl man im Rohitscher (Juellengebiete selbst keine Spuren des Vulkanismus entdeckt hat, 13 so konnen doeh wenigstens stellemveise vulka¬ ni s c h e K r a f t e mit zur Entstehung der Mineral- quellen, insbesondere zu den Kohlensaure - Aus- stromungen beigetragen haben. Zieht man eine Linie mitten durch jenes Quellengebiet gegenOst, sotriffl dieselbe jenseits des JllaceZ-Gebirges den Ort Pod¬ gorje in Kroatien in Luftlinie hochstens zwei Mei- len vom Tempelbrunnen entfernt. Dort fand unser allverehrter W i 1 h e 1 m II a i d i n g e r dunkelgrii- nen Basalt mit eingesprengtem Olivin und in Rcivnagora eine knabenfaustgrosse, ausser- lieh griinliche, innerlich schwarzglanzende und stellenvveise mit einer Sandsteinkruste aus \veissen und griinen, abgerundeten Quarzkornern belegte Basalt k ugel. In einer Gegend, wo nur ein ausgestorbener Vulkan notorisch nachgewiesen ist, konnen auch mehrere besonders in derselben Linie vorhanden gewesen sein. Im nahen Roliitscher Quellengebiete konnen die vulkanischen Massen zwar aus der Tiefe aufgestiegen, doch nicht genug kraftig gewesen sein, die frtiher abgelagerten Schichten bis zu Tage zu durchbrechen; * jene Massen konnen die neptunischen Schichten nur zerspaltet und der austretenden Kohlensaure Ka¬ nale eroffnet habeii. Die Kohlensaure - Ausstro- mungen sind eine gewohnliehe Erscheinung nicht nur in der Nachbarschaft noeh jetzt thatiger, sondern auch ausgestorbener Vulkane, und es * Bei den ihrem Ursprunge nacli vulkanisclien Gleichenberger Sauerlingen liatten jene Massen keinen friilier abgelagerten Kalk, wie es scheint nicht einmal eocene Schichten zu durchbrechen, sie spielten theils unter, theils ftber dem Niveau des Miocenmeeres. 14 erscheinen uns so von dieser Seite betrachtet die Kohlensauerlinge beiRohitsch alsmit Wasser verbundene Moffeten. Die schvvierigste Aufgabe fiir den Geologen ist allerdings, den Ursprung der Kohlensaure- Ausstromungen zu erklaren. Mit Bezug auf die plutonische Entstehung derselben hat der un- sterbliche Gustav Bischof in Bonn die bei weitem geistreichste Theorie ersonnen. Zufolge derselben stammt der grosste Theil der an der Erdoberflache so haufig vorkommenden Kohlen- saure - Exhalationen aus ungeheuren Tiefen , wo dureh die herrschende Gliilihitze der dort lagernde Urkalkstein zersetzt und so jene Stromungen ver- anlasst werden sollen. Mit L i e b i g’s Hypothese iiber die Entste¬ hung der Kohlensiiure-Ausstromungen aus Braun- kohlenlagern konnte ieh mich iiberhaupt nie, um so •vveniger mit Bezug auf die besprochenen Sauerlinge befreunden. Dass die geognostische Unterlage auf die BeschafFenheit der Dammerde und somit auf die Art und das Gedeihen der Kulturpflanzen, wie der Vegetation iiberhaupt den grossten Einfluss habe, zeigt sich auch inderGegend von Rohitsch auf das Bestimmteste. In den Thiilern finden sich haufig Lagen von Tegel und Thonmergelschiefer, die das tiefereEin- dringen des Regenvvassers in die Erdrinde verhin- dern; daher in den Thiilern die binsenreichen feuchten Wiesengriinde; daher triibe matte Siiss- wasserquellen, mit denen sich der Landmann be- gniigt, obvvohler dureh Tiefergraben diefrischesten 15 Quellen finden konnte. Ueberhaupt sind alleCJuel- len dieser Gegend, die mineralischen mit einge- schlossen, nnd folglich auch die Bache wasserarm; dieser Umstand erklart sieh eben so leicht aus der geognostischen Beschaffenheit der Gegend; denn alies in dem Boč-Gebirge fallende Atmospharwas- ser saugen der dort anstehende zerkliiftete und stark aufgeriehtete Kalk und Dolomit, die Triim- mergesteine und Sandsteine begierig in sich und leiten es in ihren Spalten in die Thaler ab; dort aber liegen haufig obige flir Wasser undurchdring- liche Schichten und lassen das Bergwasser nur an einzelnen Punkten als Quellen zu Tage kommen; diese, besonders die Mineralquellen, finden sich haufig an den tiefsten Stellen, wo noch uberdiess von dariiberfliessenden Bachen die oberflachlichen, leicht aufloslichen Schichten bis auf das festere Ursprungsgestein weggewaschen sind. Das in den Niederungen fallende Atmospharvvasser dagegen flndet eben in den Thongesteinen ein Hinderniss, sich zu infiltriren und fliesst bei der geringen Nei- gung des Bodens langsam ab; hierdurch werden auch die im Vergleiche zu den kleinen Bachen oft bedeutenden Ueberschwemmungen dieser Thal- griinde bedingt. Der dortige Thonboden gibt schweres Ackerland, welches jedoch fleissig bear- beitet reichlichen Ertrag liefert. Auf den Hiigeln wird der Thonboden durch Kalk ein leichter zu bearbeitendes, lohnendes Terrain fiir den Acker- und Weinbau. Diese Verschiedenheit der Kulturgattungen und die weitgehende Zerstilekelung des Landes unter einzelne Besitzer, \velche daher nicht in 16 grossern Dorfern, sondem in zerstreuten Hlitten wohnen, bringt zusammengehalten mit dem von vielen Thalern durchfurchten Hiigelland in die Phjsiognomie dieser Gegend den freundlichen Charakter der lieblichsten, landsehaftlichen Ab- wechslung. Die Flora dieser Gegend ist sehr interessant und bietet ein Gemische aus jenen dureh die Eigenthumlichkeit und Ueppigkeit ihrer Vegetation so bewahrten Lander- und Gebirgszligen, welche in geringerer oder grosserer Entfernung die Ro- hitscher Gegend umgiirten. Es finden aueh wirk- lich die Lander Ungarn, Kroatien, Krain und die obere Steiermark, so wie vorziiglich der benach- barte karnische Alpenzug auf dem Boč- und Bo- natiherge hinlangliche Reprasentanten von dem Reichthume und der Mannigfaltigkeit ihrer Flora. So wird der Botaniker auf den Hohen des Boč dureh die niedliche Astrantia carniolica , Gytisus purpureus, Daphne striata, Lilium carniolicum , Do- ronicmn austriacum, Lamium Orvala , Lonicera alpigena, und dureh die balsamische Galamintha grandiflora iiberrascht. Der im S. O. aufsteigende Donctčiberg deutet dureh das Vorkommen von Pri¬ mula Auricula, Saxifraga Aizoon, Scabiosa sty- riaca Fesi, Draba aizoides und mehrerer anderer Voralpenpflanzen auf dieNachbarschaft alpinischer Hohen hin. Die am Fusse dieses Berges vorkom- menden Helleborus viridis und H. odorus, Ruscus Hypoglossum, Scopolina Atropoides, Eupliorbia carniolica, Dianthus barbatus, die haufige Genista sagittalis und G. procumbens deuten auf einen sud- licheren Charakter und Vervvandtschaft mit der so 17 reichen urici interessanten kroatischen Flora, sowie Walder yon Castanea vesca an der Siidostseile des Donatiberges und die an člen Siidabhiingen des Bočberges gedeihende Mannaesehe ('Fraodnus Or- nusj die Nahe des italisehen Himmels verkiinden. Noch diirften zur naheren Charakteristik der dortigen Vegetation folgende, ziemlich hauflg -vor- kornmende Pflanzenarteh er w ah n en s wer tti sein: Achillea tanacelifoKa , Arabis Turrita, Asirantia Epipadis, Calamintha alpina, Cardamine trifolia, Garpesium abrotanoides, Cirsium Erisithales, Cir- sium pannonicum, Cori/dalis IJallerij Ctjtisus austria- cus, Daplme alpina, Dianthus silvestris, Digitalis laevigata, Dondia Epipadis, Epilobium Dodonaei, Eriča carnea, Ergsimum carniolicvm, Euphorbia angulata, Euph. EpithimOides und Evph. villosa, Evonymus latifolius , Festuca heterophijUa, F. silva- tica, Geranium umbrosum, Glechoma hirsuta, Glo- bularia cordifolia , Helianthemum odandicum , Hes- peris matronalis, Homoggne silvestris , Iris graminea, Lapsaha foetida , Laserpitium aqmlegifolium, Laser- pitium Siler, Lunaria redimva, Ononis Mrcina, GrcKis pgramidalis, Orobanche Picridis, Orobanche ramdsa, Orobanche Salviae, Phleum Michelii, Pin- guicida alpina, Potentitla breviscapa (Vest), Poly- gala major, Iihus Cotinus, Rubus hirtus , Saro- timnmts scoparius, Scolopendrium officinarum, Scro- phularia Scopolii, Scrophularid verna, Sempervirum Wulfenii, Spiranthes autumnalis, Tamus commu- nis, Teucrkm montanum, Thlaspi alpestre, Thlaspi praecotc, Tomasinia verticillaris, Veronica multifida, Vida oroboides, Viola ambigua, Viola persicifolia und Viola silvestris. 2 18 Auch die baumartigen Vegetabilien zeigen eine grosse Mannigfaltigkeit. Die Saume des Acker- landes und die Bachufer vverden meist von der klebrigen Erle beschattet, der sich viele Weiden- arten, so wie mitunter die Schwarz- und Silber- pappel beigesellen. Auf den Hutweiden finden sich, je nach BeschafFenheit des Bodens, bald zahlreich die Birke, bald die Hain- oder Hage- buche, bald vvieder die Eiche als vorzugliche Waldbestande, in dem sich hie und da auch die essbare Kastanie, hier schon vorzUglich schmack- hafte Friichte bringend, eingesprengt zeigt. Die Siidabhange des Boč und die ihn zunachst umge- benden Hiigel werden von Hainbuchen ( Fagus sil- vatica) und Eichen beschattet, wahrend auf den mittleren und aussersten Hohen des Donatiberges die saftreichen Ahornen (Acer Pseudoplatanus und platanoides ), die Grauerle (Alnus incana) und die Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) einen Theil des Waldbestandes bilden, die Hainbuehe jedoch bei weitem vorwaltend ist. Der Scheitel des Boč und Plesivec , so wie ihre nordlichen Abhange sind mit Nadelholzern bedeckt, welche durch die Ueppig- keit und Grosse ihrer Stamme und durch ihr dunkles saftiges Griin an die Voralpenwalder der obern Steiermark erinnern. Nicht uninteressant scheint mir, dass das kalkige Boč-Gebirge auf sei- nem Scheitel und seinen Nordabhangen dichte Na- delwalder (meist Abiespectinata) triigt, wahrend auf dem aus quarzreichem Sandsteine bestelienden Do- nažiberge nicht ein Conj/erenstammchen zu linden ist. Wie die Flora der Rohitscher Gegend Boten des Nordens und Siidens beherbergt, so ist auch 19 das Klima gemischt. Wahrend von dem karni- sehen Alpenzuge mancher erquickende West bei schwiiler Sonnenhitze heriiberweht — vvahrend das von West nach Ost sich ziehende, gegen 5000 W. F. ansteigende Bacher-Urgebirge und das vor selbem ebenso gestellte Boč-Gebirge das Andringen der Nordstiirme vvohlthatig abhalten, zieht iiber das siidlicbeHugelmeer ungehindert der sanfteste Hauch des Siidens in diese gesegneten ThalgrUnde. Der Zusammenfluss dieser verschie- denen Luftstromungen macht sich oft durch som- merliche Gewitter mit sehr starken Elektricitats- Entladungen und strichweisem Hagel fuhlbar. An- haltende Windziige herrschen hier nicht vor; tag- lioh ist Friih- und Abendthau, selbst an den heis- sesten, regenlosen Sommertagen, und es erfri- schen befruchtende, kurzdauernde und sanfte Regen-Niederschlage die Vegetation; daraus re- sultirt eine Fiille und Ueppigkeit der Wald-, Wiesen- und Gartenflora und eine Saftigkeit des Griins, die auf das Angenehmste uberrasehen. Die mittlere Jahrestemperatur des Kurortes ist nach einem funfjahrigen Durehschnitte 8.67° R., der mittlere Barometerstand 28.103 W. Z. Fassen wir alles Obige zusammen, so sieht der freundliche Leser, wie die giitige Natur diese Gegend mit tausendfaltigem Reize geschmuckt und aus ilirem Fullhorn verschwenderiscli zu einem freundlichen Asyl fiir Heilbedurftige ausgestattet hat, wo ihnen am kostlichen Heilquell den Genesungs- becher kredenzt die „holde Gesundheit, die friih- lingsumlachte, epheubekranzte Tochter der Luft.“ 2 * 20 II. Physikalisch - chemische Beschreibung der Sauerbrunnen. Eine Stunde vom Markte Rohitsch gegen West treffen wir die st. st. Kuranstalt, welche fiinf Sauerbrunnen beniitzt, I. Der Tempelbrunnen. Der Brunnenkranz von schwarzem, illyri- sehem Marmor, von 2° Tiefe und 3' Weite, um- fangt mehrere Sauerquellen, die aus lichtgrauem, diehtem Kalksteine entspringen ; das aussei 1 der Kur- und Ftillungszeit anlaufende Mineralwasser ergiesst sieh duroh eine in der halben Hohe des Brunnens angebrachte OefFnung in den vorbei- fliessenden, ubervvolbten Bacli. Ein zierlicher, auf zwolf jonischen Saulen ruhender Tempel wolbt sich uber diesem Brunnen. Das vollkomrnen klare Wasser zeigt frisch geschopft zahlreiche Perlen, die mitunter reihen- weise zur Oberflache aufsteigen uud haufig den Rand des Glases liberspringen; es filhrt kleine, kaum sichtbare rostbraune Flocken mit sieh; der G-eschmack ist angenehm, prickelnd, erfrischend, hintennach (vorztiglich bei Regenwetter) etwas tintenartig; der Gerueh , wie sehon Griindel be- merkte, demjenigen nicht unahnlich, der bei Ueber- giessung von Eisenfeile mit Schwefelsaure ent- 21 steht. Im offenen Gefasse stehen gelassen, triibt sich diess Mineralwasser erst nach mehreren Stun- den, und wird in der Folge, unter Absetzung eines Niederschlages, wieder klar. Dieses Pha- nomen erklart man gevvohnlich durch das Frei- werden des ICalkes und Eisenoxyduls, bedingt duroh das Entweichen der Kohlensaure, ihres Auf- losemittels; wozu noch komint, dass durch den Eintluss der atmospharischen Luft das Eisertoxydul in Eisenoxyd verwandelt wird, und als solehes nicht mehr scbvvebend erhalten werden kann. In Flaschen, die init Genauigkeit verschlossen sind, halt sich diess Mineralwasser sehr lange, und zeigt einen geringen, flockigen Bodensatz, der desto unbedeutender ausfallt, je trocliener die Witterung bei der Fullung war, und je behutsamer die Yer- schliessung gehandhabt wurde. Die Ergiebigkeit der Quelle wechselt nach den Jahres- und Tags- zeiten ; sie gibt mehr Wasser im Friihlinge als im Sommer, mehr in den fruhesten Tagesstunden, als nach Aufgang der Sonne. Als Mittel der Ergiebig¬ keit kann man 3—4 Mass $uf die Minute rechnen. Personen, die am Brunnen leben, prophezeien oft, bei lieiterstem Ilimmel, durch den vom Brunnen ausgehenden schwachen Hydrothiongeruch, so wie durch das eigenthiimliche stossweise Hervorquellen, das Herannahen eines Gewitters. Die Temperatur des Brunnens schwankt zwi- schen 8 und 9°R. DieDichte des Wassers betragt nach Schrbtter 1,00853 bei 19° C. Der Brunnen wurde im J. 1685 von Dr. I.B. Griindel, im J. 1801 von J. A. Siiess, Apotheker zu Graz, im J. 1821 von dem frlihern Proto- 22 medieus der Steiermark, Dr. L. von Vest, und im J. 1837 vom Herrn Professor der Chemie und Physik am Joanneum zu Graz, A. Schrotter, che- misch untersueht, dessen Analyse als die verlass- iichste in der nachfolgenden Tabelle angefiihrt ist. Der Gleichformigkeit wegen wurde der mit 0.095 bestimmte Eisenoxyd-Gehalt auf Eisenoxydul be- rechnet. Ausserdem fand Prof. Schrotter noch Sauer- stcff, Stiekstoff und eine stickstoffhaltige thieri- sche Materie in sehr geringen Mengen, Spuren von Manganoxydul und Phosphorsaure. II. Der Ferdinandsbrunnen. Dieser befindet sich unfern des Tempelbrun- nens, in dem gegen Ost auslaufenden Thale, ist mit einem zweiKlafter tiefen und vierFuss weiten Brunnenkranze aus Eohitscher Schleifstein gefasst und wird bisher bloss zur Versorgung des Bade- hauses beniitzt. Dieser Brunnen hat seinen Namen zu Ehren des edelmiithigen und unermtideten Begriinders dieser Heilanstalt, weil. Sr. Exc. des Grafen Fer¬ dinand von Attems erhalten. Nur wenige Klafter von diesem zeigt sieh III. Der Gotthardsbrunnen. Dieser ist mit dem Kranze gefasst, den die Wiener Apotheker im J. 1732 zugleich mit der Statue des heil. Johann von Nep. zum Hauptbrun- nen spendeten. Diese Quelle ist die dem Tempel- brunnen ahnlichste und hat nach Prof. Schrotter 23 eine Temperatur von 8,6° R. Sie wird wie die vorige bis jetzt fast ausschliesslich zu Badernbenutzt, und tragt ihren Namen von weil. Sr. Exe. dem Herrn Gotthard Kugelmeyer, Abten zu Admont, dem eifrigen Mitbegriinder der Roliitscher Heil- anstalt. Weiter gegen Ost, im einsamen Waldesdun- kel, am Fusse des Janma-Berges, sprudelt hervor IY. Der Waldbrunnen. Dieser ist mit einem viereckigen Wasserbe- lialter aus Sandstein gefasst, und mit einem Grot- tengewolbe iiberbaut. Als eine schwaehe, eisen- haltige Sauerquelle wird derselbe nur zum Bade beniitzt. Temp. nach Schrotter 8.7° R. Auf dem Platze des Kurortes selbst tindet sich V. Der Platzbrunnen. Dieser gibt, wie der vorige, ein nicht sehr kriiftiges Sauerwasser, und wird bislier nur bei grossem Bedarf von Badern und daraus entsprin- gendem Wassermangel zu' jenem Zwecke ver- wendet *. VI. Die Sauerquelle nachst dem Dorfe Bresovec an der S tras s e nach Markt Rohitsch. Sie entspringt in einem tiefen Waldgraben, ist noch nicht kultivirt und nach wendischer Ma- * Im Februar 1856 wurde im Garten neben dem Hause Nr. 11 im Kurorte zufallig eine neue Sauerquelle aufgefunden. 24 ni er dilrftig mit. einem liohlen Baumstocke gefasst; dieser Sauerling ist dem Tempelbrunnen ahnlich und seit dem J. 1851 Eigenthum des Verfasaers. In westlicher Richtung vom Kurorte entspringen aus den Vorhiigeln des Boč-Berges und in einiger Entfernung von selbem in dcr Nahe des Pfarrdor- fes Iiostreinitz: VII. Der Raimundsbrunnen a m Boe. Dieser wurde im J. 1835 mit einem 2Klafter tiefen und 2 J / 2 Fuss weiten Brunnenkranze aus schwarzem, illjrischen Marmor gefasst. D as Was- ser desselben ist krjstallhell, schmeckt angenehm sauerlioh, entwickelt frisch gesehopft im Glase eine grosse Menge kleiner, kaum zu untersehei- dender Glasperlen, im offenen Glase stehen ge- lassen, behalt es durch langere Zeit die Eigen- schaft, mitWein undSauren aufzubrausen, beginnt sich erst nach ein- bis zweistundigem Stehen etwas zu triiben, und kliirt sich unter Absetzung eines braunlichen Niederschlages. Die mittlere Temperatur der Quelle ist 8.5° R. Die Kohlen- saure-Sehichte im Brunnen reicht bis zurHohe von 2—3 Schuhen uber die Wasseroberflache. Dieser Brunnen wird zu Badern und aucli zur Versendung ausgebeutet und ist cin Eigenthum der Familie Nouackh. VIII. und IX. Z wei S a u er q u el 1 e n in Ga- b r o v e c. Diese entspringen hirtter dem so benanhten Dorfe, an den entgegengesetzten Ufern eines vom 25 Boc abstiirzenden Baches; sie sind mit Weiden- stocken gefasst, arm an Kohlensiiure und festen Bestandtheilen. X. Bine Sauerquelle auf der Wiese Rup a. Diese drei letztgenannten Quellen sind Eigen- thum des Kronlandes Steiennark und wurden von Dr. Johann Frolich fiir selbes angekauft. XI. Der Windischgratzbrunnen (auch Oberrohitscherbrunnen) naclist Gabernik. im J. 1836 entdeekt und in Stand gesetzt. Diese Quelle entspringt in bedeutender Tiefe aus dem in dieser Gegend selir haufig anbrechenden, blau- grauen, glimmerlialtigen, briicliigeii und mit Kalk- spathadern durchzogenen Thonmergel (wendisch Lapor). Sie wurde von ihrem vorigen Besitzer, Herrn Grafen Anton von Attems, in Stein gefasst, und dabei eine Fullanstalt errichtet und kam mit den benachbarten Herrschaften Stermol und Oberrohitsch dureh Kauf in den Besitz Sr. Durch- laucht. des k. k. Feldmarsclialls Fursten Alfred von Windischgratz. Die alljahrlich meist nach Pettau abgehende Flasehenzahl soli bereits 100.000 be- tragen. Die Analyse dieser Quelle vvurde vonHerrn Prof. Dr. Ragsky mit der bei diekem Gelelirten gevvolmlichen vvissenschaftliehen Genauigkeit im J. 1847 durcbgefiilirt und ergab ausser den in der nachfolgenden Tabelle aufgefiihrten Bestandthei- len noch Phosphorsaure und Kali. 26 XII. Ein Sauerling an der alten Strasse iiber den Gabernik. Diese mit einem Weidenstoeke gefasste Quelle wurde im J. 1819 von Dr. Joh. Frolich fur die steirischen Stande angekauft. XIII. Die Mtthlenquelle wurde im J. 1852 im Keller der neben voriger Quelle gelegenen Mtthle aufgegraben, ist dem Tem- pelbrunnen ahnlich, doch sehr vvasserarm und seit 1855 Landeseigenthum. XIV. Ein e dem Tempelbrunnen ahn- liche Sauerqueile zu Bresje. Selbe wurde noch nicht kultivirt und ist seit 1852 Eigenthum des Verfassers. Die bisher aufgezahlten Sauerlinge bilden chemisch betrachtet die erste Gruppe von ver- wandten (alkaliseh-erdigen) Sauerbrunnen, deren vorziiglichster Reprasentant der st. st. Tempe!,- brunnen ist. Nun folgt eine zvveite Gruppe von Natron- sauerlingen, deren ehemische Analjse von der der vorigen Gruppe bedeutend abweicht. XV. Der Ignazbrunnen bei Rohitsch. Ein Marmorbrunnenkranz von 3° Tiefe und 2 \Veite, umfangt hier mehrere Quellen, zudenen drei andere durcli Glasrohren geleitet sind. Diese Quellen entspringen aus einem lichtgrauen, harten, im Bruche unebenen, mit kleinen Glimmerblattem besetzten, mit Siiuren stark aufbrausenden Mio- 27 cenmergel. Das Gestein ist offenbar durcli den Natronsauerling metamorphosirt, derm an einzel- nen HandstOcken, die dem Quellenlaufe zurUnter- lase dienten, sielit man es von Salzadern durch- zogen, die mit der Salzkruste an der Oberflache der Stiicke zusammenhangen. Diese Kruste ist weisslich, unregelmassig zersprungen, 1-—2 Linien dick, leiclit ablosbar, im trockenen Zustande mit schvvarzlichen, erhabenen Punkten besetzt und be- stelit aus kohlensaurem Kalke mit Spuren von Eisenoxyd und kohlensaurer Magnesia. Dieses Mineralwasser ist vollkommen klar, salzig und zuletzt etwas alkalisch schmeckend, zeigt friseh geschopft verschieden grosse im Wasser aufstei- gende Perlen und triibt sich beim Stehen in der Luft. Professor Hruschauer bestimmte bei Luft- wiirme von 13.6° R. die Temperatur mit 10.4° R., das spezifische Gewiclit mit 1.00917. Dieses Mi- neralvvasser lia.lt sich im versendeten Zustande sehr gut, macht in gut versclilossenen Flaschen nur sehr geringenNiederschlag und behalt seine Eigen- schaften, so oft aucli dieFlas'čhen erofTnet werden, bis auf den letzten Tropfen. Selbst in den bestversclilossenen Flaschen geht dieser Sauerbrunn eine Art chemischer Meta- morphose durch; denn er zeigt einige Tage nach der Fiillung Jodgeruch, welchen er bald wieder verliert, ohne dass die Flaschen eroffnet \verden. Professor Sehrotter fand Jod nicht nur im Abdam- pfungsriickstande, sondern auch im Wasser der versendeten Flaschen. Dieser Brunnen sammt einer Fiill - Anstalt ist Eigenthum der Familie Nouackh. 28 XVI. Der Natronsauerling auf der Wiese b e i P o dthur n. Selber ist arm an festen Bestandtheilen und ein Eigenthum des Herrn Skasa. XVII. DerRosalienbrunnenbeiRohitsch, vor dem Dorfe Vntergabernik entspringend, wurde von dem Verfasser im J. 1853 mit einem 17'tie- fen und 3' weiten Brunnenkranze gefasst und iiberbaut. Bei der qualitativen Voruntersuchung, die Herr Dr. Ferstl von Forstenau, Brunnenarzt zu Luhatschovitz, im che'mischen Laboratorium der k. k. geologischen Reichsanstalt vollfiilirte, zeigte sich das Wasser dieser Quelle klar, farblos, leiebt perlend, von prickelndem, etvvas alkalischem Ge,- schmacke, farbte das Lackmuspapier voriiber- gehend roth, was den Gehalt von f r e i e r Ko h- 1 e n s a u r e bevveist. Sowohl das Filtrat, als auch der Niederschlag des gekoehten Mineralwassers brauste mit Sauren auf: gebundeneKohlen- saure. Mit Salpetersaure angesauert be\virkte salpetersaures Silberoxj r d einen weissen kasigen Niederschlag: Chlor; mit Salzsaure und Clior- baryum wurde Sch\vefelsaure nachgewiesen. Eine grossere Partie des Mineralwassers einge- dampft, mit Alkohol extrahirt, verdampft und nochmals in Wasser gelost, dami mit Chlorgas be- liandelt, farbte Amylumkleister schwachblau.: Jod. An Basen fanden sich vor: Kieselerde, Eisenoxydul, Manganoxydul, Kalkerde, Magnesia und Natron. Spz. Gew. bei 18.5° R. 1.0091. In 29 10.000 Theilen fanden sich 52.300 feste Bestand- theile und zwar 50.170 Th. Alkalien und 2.130 Th. Erden. Dieses Mineralivasser zahlt daher zu den muriatisch - alkalischen Sauerlingen, ausgezeichnet durch den Gehalt an freier Kohlen- saure, Carbonaten, Chloriden, Sulfaten nnd Jo- diiren. Zu bemerken ist noch, dass diese Vorun- tersueliungmitMineralwasser gemaeht wurde, das bei der Ftillung von thonigem Sehlamme getrubt und mit Tagwassern verdiinnt war, und dass selbes nach drei Monaten von dem tlionigen Sedi¬ mente zum Zwecke der Analyse abgegossen wurde. Hier sei noch erivalint, dass es mir selbst schwer gelang, etwas reineres Wasser aus meiner Quelle zu erhalten, da dasselbe von den Bauerinnen des Dorfes sehr haufig anstatt des Fermentteiges zum Brodbaeken vervvendet wird und ich so die Quelle meist stark aufgeriittelt oder bis auf den Boden ausgeschopft antraf. Nach Absetzung obiger Ver- unreinigung, die durch die schlechte Holzfassung veranlasst wurde, ist dieser Sauerling vollkommen klar und halt sich sehr gut, so dass selber nach iviederholtem Eroflhen der Flaschen , oder stun- denlangemOffenstehenlassen derselben, bis auf den ietzten Tropfen noeli so viel Kohlensaure behalt, um mit einem Uebersehusse sauren Weines eine Menge gieichgrosser Gasperlen bis zur Undureh- sichtigkeit des Gemisches zu entwickeln, was jedoch erst nach einigen Secunden geschieht; auf der hochsten Entwicklungsstufe des Moussde sprin- gen einige dieser Gasperlen in Bogen liber den Band des Glases, andere bilden einen feinen, auf- 30 steigenden Dunst. Wahrend des Mousseegetrunken, schmeckt jenes Gemisehe so angenehm und lieb- lich, als dies bei irgend einem der bekannten Sauerlinge der Fali ist. Aus diesen Eigenschaften resultirt die vorziigliche Tauglichkeit dieses Sauer- lings zum diatischen Gebrauche, sowie in seiner chemischen Constitution, die sich als eine eigen- thumliche Mischung von heilkraftigen Bestandthei- len darstellt, die sichere Garantie liegt, dass dieser jodhaltigen muriatischen Natro krene eine medizinisehe Zukunft werden muss. XYIII. Eine muriatische Natrokrene im Dorfe U nter g ab er ni k. Sie ist dem Rosalienbrunnen ahnlich, jedoeh noch nicht kultivirt und Eigenthum des Verfassers. XIX. Eine natronhaltige Quelle auf der Wiese Slatina. Diese entspringt auf einer schongelegenen Wiese unter der neuen Strasse liber den Gabernik- berg und wurde von ihrem Besitzer Herrn Fr. Skasa im J. 1855 mit einem Steinkranze gefasst. XX. Der» Marienbrunnen bei Rohitsch * Dieser Sauerling wurde im J. 1854 von dem Verfasser angekauft und durch einen Nothschacht gefasst. Er entspringt in einem Waldgraben in der Gemeinde Kertinzen, unfern der Poststrasse, aus dem hier allenthalben verbreiteten glimmerhiiltigen Thonmergel. Die Analyse wurde mit versendetem * Siehe: Jahrbucli der k. k. geologischen Reichs- anstalt, IV. Jahrgang, 1855. 31 Wasser von Dr. Josef Ferstl von Forstenau im chemischen Laboratorium der k. k. geologisehen Reichsanstalt vollfuhrt und ergab folgendes Re- sultat: Das in Flaschen gefiillte und verkorkte Was- ser zeigte sich ltlar, mit schwachem weisslichem Bodensatze; geoffnet er-zeugt es nebst einem leich- ten Prickeln in der Nase einen an Bitumen erin- nernden Gerucli; der Greschmack ist siisslich, alka- lisch, dabei angenehm prickelnd; es rothet das blaue Lackmuspapier voriibergehend; triibt sich auf Zusatz von Ammoniak und beim Kochen; entfarbt aber J o d arn y 1 u mkl e/i s ter nicht. Eine Partie Wasser wurde nun filtrirt und in einem Kolben unter zeitvveiligem Zusatz von de- stillirtem Wasser durch zwei Stunden gekocht. Es gab denselben weisslichen Niederschlag, der als Bodensatz in der Flasche war; abfiltrirt und aus- gesiisst zeigte er bei der Untersuchung die Kiesel- erde und sammtliche kohlensause Erden. Das Fil¬ trat aber eingedampft, loste sich vollstandig im destillirten Wasser. Die nahere Untersuchung, nach den gewohn- lichen Methoden durchgefiihrt, gab im Nieder- schlage Kohlensaure, Kieselsaure, Kalk, Magnesia, Eisenoxydul; vvahrend das Filtrat Sehvvefelsaure, Kohlensaure, Chlor und Natron enthielt. Eine besondere Partie Wasser zur Trockne eingedampft und gegliiht, fleckte sich von ausge- schiedener Kohle schwarz: diese organische Sub- stanz gab sich spater als Quellsaure zu erkennen. Weitere theils bei der qualitativeu, theils im Verlaufe der quantitativen Untersuchung ange- 32 stellte Versuche gaben rtteksichtlich der Phosplior- saure, des Jod, Brom, Fluor, Bor und Arsen, so wie des Kali, Lithion, der Thonerde und des Man¬ gan nur negative Resultate. Bestimmimg. 1. Specifisches Gewicht. Bei 20° C. wurde erhalten das Gevvieht des destillirten Wassers = 32.129 und das des Mine- ralwassers = 32.132; gibt also als specifisches Ge- wicbt i= 1.003. 2. Gesammtmenge der fixen Be- standtheile. 500 Gew. Thl. im Wasserbade eingedampft, bei 100° C. getrocknet, gaben beim Wagen 1.118 Gew. Thl. Ruckstand, oder in 10.000 Gew. Thl. Wasser = 22.360. 3. Gesammtmenge d e r K o h 1 e n s a u r e. Mittelst einer weiten Pipette wurden 50 Kub. Centim. Wasser aus einer frischgeoffneten Flasehe gehoben und in ein Gemenge von Chlorcalcium mit Ammoniak laufen gelassen, der Luftzutritt abgesperrt, spater flltrirt, und der Niederschlag im Kohlensaure-Apparat behandelt. Es wurden er¬ halten 0.233 Grm. Kohlensaure, oder in 10.000 Grm. Wasser 46.600 Grm. 4. Natron undNatrium. 1000 Gew. Thl. Wasser gekocht, filtrirt, das Filtrat mit Sclnvefelsaure angesauert, eingedampft, wieder gelost und mit essigsaurer Barytlosung im Ueber.schusse versetzt, filtrirt und wieder einge- 33 dampft, dann nach starkem Gliihen gelost, filtrirt, und das Filtrat nach sehwacher Ansauerung mit Salzsaure wieder eingedampft und schwach ge- gliiht, gaben 0.930 Gew. Tli. Chlornatrium oder 9.300 in 10.000 Theilen Wasser. Uiesen entspre- chen aber 3.675 Natrium oder 4.944 Natron. 5. Kieselerde. Der Kuckstand von eingedampften 10.000 Gew. Thl. Wasser in Salzsaure gelost, wieder im Wasserbade eingedampft und auf gewohnliche Weise behandelt, gab Kieselerde 0.218. 6. Kohlensaures Eisenoxydul. Das Filtrat der Kieselerde mit Chlorkalium kochend behandelt, mit Chlorammonium versetzt, und mit Ammoniak gefallt, gab 0.078 Gew. Thl. Bisenoxyd, dem 0.070 Eisenoxydul und 0.071 kohlensaures Eisenoxydul entsprechen. 7. K o h 1 e n s a u r e r Kal k. Das Filtrat des Eisenniederschlages nur mit oxalsaurem Ammoniak versetzt,.,fallte samintlichen Kalk, der durch Gliihen in kohlensauren Kalk ver- wandelt wurde, und als solcher liier direct gewo- gen ist. Es wurden erhalten 9.150 Gew. Theile. 8. K o h 1 e n s a u r e M a gn e s ia. Das Filtrat des Kalkes mit phosphorsaurem Natron und wenig Ammon. versetzt, gab 4.895 pyrophosphorsaure Magnesia, der 1.759 Magnesia und 4.200 kohlensaure Magnesia entsprechen. 9. Schwefelsaureund schwefelsau- res Natron. 1000 Gewichts-Theile Wasser zum dritten 3 34 Theile eingedampft, mit Salzsauve angesauert und mit Chlorbaryumlosung versetzt, gaben 0.100 schwefelsauren Baryt oder 1000 inl0.000Wasser; diesem entsprechen 0.343 Schwefelsaure, die sich mit 0.265 Natron zu 0.608 sch\vefelsaurcm Natron verbinden. 10. C lilo r und Chlornatrium. 1000 Gewichtstheile Wasser zum dritten Theile eingedampft, mit Salpetersaure angesauert und mit salpetersaurerSilberoxydJ6sung behandelt, gaben 0.038 Gewiehts-Theile Chlorsilber, welcben in 10.000 Theilen Wasser 0.093 Chlor entspre¬ chen, die sich wieder mit 0.006 Natrium zu 0.099 Chlornatrium verbinden. 11. Kohlensaures Natron. Suh 4 wurden in 10.000 Gewichts-Theilen Wasser 4.944 Natron gefunden; davon kamen 0.265 Gewichts-Theile an Sehwefelsaure und 0.051 an Chlor, es bleiben also noch 4.628 Gevvichts- Tlieile Natron, die mit 3.284 Gewichts-Theilen Kohlensaure sich zu 7.912 kohlensaurem Natron verbinden. 12. Q u e 11 s a u r e. 10.000 Grm. Wasser eingedampft, derRiick- stand mit Kalilauge gekocht, in Essigsaure aufge- nommen mit essigsaurem Kupferoxyd, und dann mit kohlensaurem Ammoniak in geringem Ueber- sehusse versetzt, gab 2.550 Grm. bei 140° Cels. getrocknetes quellsaures Kupferoxyd, dem 0.034 Grm. Quellsaure entsprechen. 13. Kohlensaure der Bičar bona te u n d f r e i. 35 Sub 3 wurden gefunden in 10.000 Wasser 46.600 Grm. Kohlensaure; davon kamen an Natron . . . Eisenoxydul Kal k .... Magnesia 3.284 0.001 4.016 2.441 Summe . . 9.742 Da sammtliehe Salze als Bicarbonate im Wasser enthalten sind, so komint die gleiche Zahl auf diese, und der Rest von 27.116 Gewichts- Theilen ist als freie Kohlensaure zu betrachten. Zusammenstellung. In 10.000 Gew- a. Fixe Bestandtheile: Theilen. Schwefelsaures Natron . . 0.608 Chlornatrium. 0.099 Kohlensaures Natron . . . 7.912 Kohlensaures Eisenoxydid 0.071 Kohlensaurer Kalk .... 9.150 Kohlensaure Magnesia . . 4.200 Kieselerde . . . . 0.218 Quellsaure . 0.0*34 Summe : . . 22.292 b. Fliiehtige Bestandtheile: Kohlens. der Bicarbonate . 9.742 ,, freie.27.116 Gew.-Thle. In 1 Pfd. a 16 Unz. 0.470 0.076 6.076 0.054 7.025 3.225 0.167 0.026 17.119 7.501 20.825 Orane. Die Aehnlichkeit dieser Quelle (nach obiger Analyse) mit dem Giesshubler Sauerbrunnen (Konig Otto-Quellej bei Karlsbad zeigt sich auch im Ge~ sehmaeke und d en sonstigen Eigenschaften dieses Sauerlings. 3 * 36 Durch die Entdeckung desselben ist die Ge- gend von Rohitsch mit einerdritten Art vonSauer- brunnen bereichert worden, wahrend man noeh vor wenig Jahren nicht abnte, dass der kleine Raum von einer Meile so selir differirende Kohlen- sauerlinge in sicb bergen konnte. XXI. Ein der vorigen Quelle selu - ahnlicher Sauerling entspringt unfern derselben in der Mitte eines Waldberges, muss erst kultivirt werden und ist ein Eigenthum des Verfassers. Es folgt nun eine tabeliarische Zusammen- stellung der neuesten Analjsen der wichtigsten Rohitseher Sauerlinge und der andern eultivirten Mineralquellen der Steiermark. Die letzteren wur- den aufgenommen, weil diese Naturschatze in der literarischen Weltnoch viel zu wenig gekannt und gevviirdigt sind, und um so den Aerzten und Natur- forschern einen Gesammtuberblick zu bieten. Die Anordnung geschah nach der geographischen Lage von Siid nach Nord, so dass zuerst im Marburger Kreise drei CJuellen aus der Gruppe der gehaltrei- ehen Sauerlinge bei Rohitsch und die beiden Akro- thermen von Tiiffer und Neuhaus, die sammtlieli in den Ostauslaufern der karnischen Alpen ent- springen, aufgefiihrt sind. Darauf folgt im Grazer Kreise die interessante Gruppe der vulkanischen Sauerbrunnen bei Gleichenberg, die ausser dem Gebiete der Alpen im Tertiarland aus echt vulka- nischem Roden hervorsprudeln, und endiich die Akratotherme von Tobel bei Graz. 38 III. Die st. st. Kuranstalt Sauerbrunn bei Rohitsch. Von Graz aus gelangt man in 5 — 6 Stunden naeh Sauerbrunn, und zwar mittelst Eisenbahn bis zur Station Poltschach und von dort mittelst Wiigeri; — derselben Zeit, bedarf der Reisende von Laibach aus — wahrend man von Agram 8—10 Stunden zu Wagen zubringt. Sauerbrunn liegt in einem lieblichen, von Siid nach Nord laufenden, bewaldeten Engthale, welches sich zunachst um den Tempelbrunnen in zwei von kleinen Bitehen durchflossene Seitentha- ler spaltet. Diese Thaler fiihren zu dem von West nach Ost sich ziehenden Boč-Gebirge und zum imposanten Schlusstein desselben, dem Donati- berg. Zur Aufnahme der Gaste enthalt die Anstalt in 15 Wohngebauden 341 fiir Gaste hergerich- tete Zimmer, ferner 12 Badezimmer mit je zwei Wannen, ein Douchebad, einen Speise- und Conversationssaal und den im Jahre 1847 er- offneten, in seinen Formen und in seiner Aus- stattung gleich ausgezeichneten Kaiser Ferdinands- Saal, zwei Traiteurien, eine Apotheke, zwei Siiss- vvasserleitungen, die erforderlichen Stallungen und Remisen. Im Conversationssaale und beim zweiten Traiteur \vird Mittags table d’hote gespeist; jedoch 39 ist es den Giisten unbenommen, in den abgeson- derten Localitaten der beiden st. Traiteure oder auf ihren Zimmern naeh der Karte zu speisen. Die unmittelbare Aufsicht und Leitung filhrt das st. st. Kentamt im Kurorte, \velehes aus dem Inšpektor, der zugleich die Stelle eines Brunnen- arztes bekleidet, dem Controlor und Rentschreiber besteht, und dem das erforderliche Dienstpersonale untergeordnet ist. Jenes Amt nimmt Bestellungen auf Zimmer, Bader und Flaschen an, wacht liber die von der st. Verordneten-Stelle bestimmten Tafelpreise und beaufsichtigt die Fiillung. Im AUgemeinen herrseht im Rohitscher Badeleben viel Regsamkeit und Abwechslung. Denn eine Heilanstalt, wo dasTrinken desMineral- brunnens insgemein den Haupttheil der Kur aus- macht, setzt von der Mehrzahl ihrer Besucher doeh einigeFahigkeitherumzuwandeln voraus, und hat einen eben so angenehmen als naturliclien Vorzug vor jenen Kurorten, wo sicb grosstentlieils Gliste mit solchen Krankheiten einfinden, die Kiir- perbevvegung im Freien unmdgličh inachen. Ueberdiess bietet Bohitscli, an der siidliehsten Granze von Deutseliland, in der Niilie vonUngarn und den siidslavischen Lilndern, nicht ferne yon Italien und der Tiirkei gelegen, ein anziehendes Gemische von Giisten aus jenen verschiedenen Lilndern, und eben diese Verschiedenheit der Na- tionalitiit macht das gegenseitige Annahern selir interessant, und wir selien nicht selten den glii- henden Italiener mit dem biederen Deutschen, den Bewohner des ungarischen Flacblandes mit dem Sobne der Alpen wiihrend kurzer Zeit sich be- 40 freunden und beim Abschiede mit Wehmuth sioh die Hande schiitteln. Fttr Stoff zur Unterhaltung ist dureh eine geniigende Anzabl der beliebtesten Zeitschrif- ten, die in dem Kaffeehause nebst dem tagli- chen Courszettel aufliegen, durcli die Abhaltung von 4 standisehen Biillen im grossen Kursaale, dureh wochentliche Tanzreunionen im Conversa- tionssaale, dureh eine wohlbesetzte Musikkapelle, die' des Morgens vor dem Brunnentempel und des Abends auf der Terrasse des Kaiser Ferdinands- Saales spielt, hinlanglich gesorgt und ilberdiess fmdet der Naturfreund — in den sich eigentlich jeder Kurgast umwandeln solite — in der lieblich abwechselnden Umgebung einen unerschopflichen Schatz der reinsten, landlichen Freuden. Trinkgcliraucli. Zu diesem Zwecke wird fast ausschliesslich das Wasser des vorzuglich wirksamen Tempel- brunnens bentitzt. Der Trinkgebrauch istmitjenem der beriihmtesten ahnlichen Heibjuellen Deutsch- lands, docb mit Berucksiehtigung der Eigenthum- lichkeit dieses Brunnens in Einklang gebracht. Man trinkt gewohnlich jede Viertelstunde ein Glas frischgeschopftes * Mineralwasser, und wandelt * Im Sommer 1855 wurde zur Hebung des fiir die Kurgaste bestimmten Mineralwassers eine T o b e r’sche Hebepumpe in den Brunnen gestellt; die meisten Kur¬ gaste zogen jedocb den auf dic bislierige Weise mittelst Schopfeimer heraufbeforderten Sauerling wegen des angenehmeren Gescbmackes vor. Bine almliche Erfah- rung hat man auch am Eger-Franzensbrunnen ge- maeht. 41 darauf in den nach allen Riohtungen vomBrunnen auslaufenden Alleen und Spaziergangen. Zur naheren Bestimmung der Menge des zu trinkenden Heilwassers waren frtiher mehrere Gattungen von Glasern, d. i. solclie von vier, sechs, acht und zelin Unzen Inhalt eingefiihrt. — Dieses Heibvasser wird von den meisten Trinkern sehr leicht ver- tragen. Eingenommenheit des Kopfes, Schwindel, Olirensausen, Brustbeklemmung kommen beim Trinkgebrauche ofters vor, und bestrafen die An- massung des Trinkers, der mit dieser kostlichen Gabe der Natur spielt und mit unzeitigem Selbst- vertrauen den Kurarzt entbehren zu konnen glaubt — liefern aber aueli den unumstosslichen Bevveis filr den Reiehthum dieses Sauervvassers an koh- lensaurem Gase. Die Kur dauert gevvohnlich drei bis vier Woeben. Den Saucrling envarmt zu trinken, erweist sich in vielen Fallen sehr wirksam. Schon Dr. Gril n del kannte diesen Gebraueh, und spricht daruber so: „Hier wollen etliche eine neue Manier anfangen, und den Sauerbrunn zuvor ein wenig warmen, damit er dem .Magen und innerlichen Glidern kein Schaden zufuge. Die Erfahrnuss aber gibts, dass vil tausend dises Wasser ungewarmb- ter getruncken und den besten Nutzen verspuhret;: dann solite man es zuvor warmen, so wiirde vil Krafft mit den Geistern davon fliegen, und konnte der Magen duroh so labliches Ueberseh \vemm en noch mehr verderbt und zum Ueberbrechen ge- zwungen werden.“ Doch bat man sich in neuerer Zeit eines Besseren tiberzeugt, und im Gegentheile 42 gefunden, dass sicli der erwarmte Sauerling filr viele Kranke eigne, die von dem G-ebrauclie des kalten durchaus abzuhalten sind. Das Mineral- wasser wird zu dem Behufe in einem neben dem Tempelbrunnen befmdlichen Sandbade erhitzt und nach Bestimmung des Brunnenarztes fiir sich allein, mit mehr oder weniger kaltem Sauerling, wohl aueh mit Molke gemischt, genommen. Das so erwarmte Mineralwasser wird begreiflieher Weise in seiner chemischen Constitution bedeu- tend verandert, denn das Eisenoxydul wird mit der Kalkerde gefallt, und ein neuer, fiir die Athmsungs- wie Verdauungswerkzeuge gleich wohlthatiger Stoti’, die Warme, dem Heihvasser mitgetheilt. Obwohl 'nun diese kunstlich erzeugteW arme weit verschieden ist von jen er, die lieisse Mineralquellen auszeichnet, so kann man doch fiir den so veran- derten Bohitscher den Namen: kunstliehes Karlsbaderwasser mit allem Reebte beibe- halten. Wie die Erwarmung den Sauerling in Betreif seiner Heilkraft auf besagte Weise modifizirt, so wird durch einen Zusatz von Eisenvitriol die toni- sehe Wirkung vorwaltend, und Dr. J. Frolich hat hierdurch, indem er 1 — 3 Gran dieses Mittels in die einzelnen, an einem Morgen kalt zu neh- menden Glaser vertheilen liess, mehrere lang- dauernde Nervenleiden, so wie einige Fiille von Bleichsucht gliieklich geheilt. Zuweilen wird der Sauerling aueh mit Citro- nensaft und Zueker (als Limonade), mit leichtem, sauerliehem Weine und verscliiedenen Fruchteab- giissen mit Vortheil ordinirt. 43 Sonst ist der Mitgebrauch von Arzneien, der von den iilteren Aerzten so sehr empfohlen wurde, nicht haufig. Insbesondere hat sich von jeher der Nebengebrauch von geistig tonischen Magenmit- teln bei Trinkern dieses Brunnens durchaus iiber- flussig gezeigt, da nur selten ein Magen die vom Badearzte bestimrnte Menge Rohitscher Sauer- brunnens nicht vertragen hat. Badegcltrauch. Die hohe Wichtigkeit der Bader von kohlen- sauren Eisenwassern wohl beherzigend, war man seit Begriindung dieser Anstalt vorzuglich darauf bedacbt, denselben die moglichste Vollkommen- heit and Ausdehnung zu geben. Uureh die Er- hitzung mit gliihenden Stalilkolben wird die tonisch belebende Kraft dieser Mineralbader bedeu- tend erhoht, deren vvohlthatige Wirkungen gegen die verschi eden sten Krankheiten, vorziiglieh der Frauen, von Jahr zu Jahr mehr eingesehen wer- den. Das Mineralvvasser der vier ausser dem Tem- pelbrunnen hierzu vervvendeten Quellen wird durch Leitungsrohren dem Badhause zugefuhrt. In jedem der zwolf Badezimmer finden sich zwei Badevrannen von Holz. Darin wird nun das Mineralvvasser durch 5 — 7 gl ii h en de Stahlkolben erhitzt. Man badet durch */ 4 bis zu einer ganzen Stunde, nach der von dem st. Rentamte in Rilck- sicht auf die Reihenfolge der Anmeldung der Bad- besteller festgesetzten Ordnung, wozu eigene Bade- stunden-Karten verabfolgt vverden. Uebrigens befinden sich im Badhause selbst 44 zwei Etagen von Wohnzimmern, welcher Um- stand den schvracheren Badenden uod uberhaupt bei einfallender regnerischer Witterung viele Vor- theile bietet. Man verabreicht liier gewohnlieh: I. D o p p e 11 e Sauerbrunnstahlbader, die aus reinem Mineralvvasser bestehen, und mit Stahlkolben erhitzt werden. II. Halbe oder gemengte Stahlb&der, die zur Halfte aus Mineral-, zur Halfte aus Siisswasser bestehen. Doeh werden auf arztliche Ordination audi Bader mit Zusatzen von Schwefelleber, aromati- schen Krautern u. dgl. bereitet. Bemerkenswerth ausserdem scheint es mir, dass Gril n del den Gebrauch des Mineralschlammes bei den amBrun- nen wolmenden Bauern antraf; er spridit dar liber: „Dessgleichen wird aueh von etliehen Bauern der umb den Stock des Brunns ligende Kotli ge- brauchet, zu unterseliidlichen Gesehvvulsten der Fiiss, Aussehlag u. dgl.“ Neben dem Tempelbrun- nen findet sich nun wobl gegenwartig kein Mine- ralschlamm, doeli trifft man diesen in neuester Zeit bei anderen Badeanstalten sehr haufig in Anwendung kommenden Arzneikorper in dem Abzugsgraben bei dem Ferdinands- und Gott- hardsbrunnen an, und Dr. J. Frolich hat selben in mehreren Fallen von Anehylose, arthritisehen Geschwliren, atonischen Geschwillsten mit Gliick in Anwendung gebracht. Audi Tropfbader wurden an dieser Kuranstalt angewendet. 45 [ilaschcufullung und Versenduug. Die l'/ 8 osterreichische Mass enthaltenden, wohl bekannten Rohitscherflaschen wurden bis- her atn Brunnen mit Sehlagkolben von Holz ver- korkt, nnd dann in einem, nahe an der Quelle befindlichen Gebiiude mit einer eigenen Verpich- masse versiegelt, mit Staniolkapseln versehen und verpackt. Zum medizinischen Gebrauche eignen sich vorzuglich die Rohitscher Halbbouteillen. * Auf die Witterung, die einen so augenschein- lichen Einfluss auf die Mischungsverhaltnisse der Mineralquellen aussert, wurde in friiherer Zeit bei der Filllung atn Tempelbrunnen immer Be- dacht genommen. Die YortrefflichkeitdieserQuelle verdient es in vollem Masse, dass man bei dieser Vorsicht verbleibe. Denn die tagliche Erfahrung beweist ; dass in den bei Regenwetter gefiillten Flaschen die Bestandtheile des Mineralwassers minder fest gebunden seien, was sich durch einen starkeren, flockigen, in ,kurzer“Zeit entstehenden Bodensatz kund gibt. Rechtzeitig und vorsichtig gefullt, hat sich dieses.,Heilwasser sehr haltbar bewiesen, und schon der kaiserliche Leibarzt Paul von Sorbait spricht sich uber diese vbrzugliehe Eigenschaft des Rohitschers — wie er ihn zu Wien, am Ende des siebzehnten Jahr- hunderts kennen lernte — mit vielem Lobe fol- gendervveise aus : . mirum est, et aliis acidu- * Im Herbste 1855 hat man eine Tober’sche Ilebe- pumpe.bei diesem Brunnen aufgestellt, mittelst wel- cher das Mineralwasser gehoben und in die neuerbaute Fiillhalle geleitet wird. 46 lis negatum, quod Roidsclienses non facile exha~ lent ; etsi decies et pluries aperiatur lagena, semper habent easdern vires, usque ad ultimam guttam, ita, ut quandoque ad miscellam cum vino faciendam, una lagena ad quindecim dies et ultra usus fuerim.“ Auch der gleichzeitige Dr. Gr lin d el stimmt in der Hinsicht mit Sorbait iiberein, indem er spricht: „Nichts desto vveniger, vran man diesen Brunn zu rechter Zeit schopfet, in bequemen Fla- schen vvohl vervvahret, durch getreue Leut fiihret und naehmalen in frischen Kellern behaltet, so konen so vil Geister nicht ausrauchen, vveder die flxen Theile sicli pracipitiren und verbleibet also noch krafftig genug, dass er auch in frembden Orthen schone Churen verrichten kan, wie es vil fiirnehme Medici zu Wienn und andervverts er- fahren.“ Die alljahrlich in die Welt gehenden 6—700,000 Rohitscherflaschen liefern den spre- chendsten Bevveis fiir die Giite dieses Sauerlings. Die Versendung gesehieht auf Leitervvagen, die aufs Hochste 1000, in Stroh reihenweis ver- packte Flasehen einnehmen; nach entfernten Liin- dern in Kisten mit 25 Flasehen. Ungarn mit den siidlichen Naehbarlandern bezieht iiber die Hiilfte vorervvahnter Anzahl und erhalt sie meist iiber Pettau, grosstentheils mittelst Flusstransport auf der Drau. In Italien ist dieser Sauerbrunnen unter dem Namen Aqua di Cilli bekannt und auch sehr beliebt in Dalmatien. Von Triest aus vvird dieser Sauerling zur See nach den jonischen Inseln, Grie- chenland uud Egypten versehiekt. Nur nach Wien vvird verhaltnissmassig vvenig abgesetzt. Um der Vervvechslung dieses Sauerlings mit andern vor- 47 zubeugen, werden die Korke an der Wasserseite mit dem steirischen Panther gezeichnet und den Staniolkapseln ist das steirische Wappen mit der Umschrift: St. stand. Sauerbrunn bei Rohitsch ein- gepresst. IV. Anleitung zum Kurgebrauche. Celui perd son temps et sa peine, Qui sans prdceptes boit et baigne. Jede ordentliche Mineralvvasserkur und ganz vorziiglich der gleichzeitige innerliche und ausser- liche Gebrauch des kraftigen Tempelbrunnens mit seinen Nebenbrunnen am Ursprunge selbst, greift tief in die Organisation ein. Dies beweisen ver- schiedene nicht selten uberraschende Symptome, die man hier bei Kurgasten zu beobachten Gele- genheit hat. Daber ist es sehr einleuchtend, wie nothwendig, ja unerlasslieh ein dem Kurzwecke entspreehendes Verhalten vor, ivahrend und nach der Brunnenkur sei. Durch den Trink- nnd Bade- gebrauch werden der Verdauungsapparat und die aussere Haut vorzugsweise ergriffen, und es muss dah er bei Regelung des Verhaltens auf diese Or¬ gane insbesondere Bedacht genommen werden. Demgemass hat der Kurgast dreierlei zu be- rucksichtigen: 1. die passende Zeit zur Brunnen- 48 kur, 2 . die Art und Weise derselben, 3. die Le- bensordnung beim Kurgebrauehe. I. IHe passeutlc Keit ssur Ihunnenkur. Die gilnstigen klimatischen Verhaltnisse d er Heilanstalt erlauben den Kurgebrauch von der Mitte des Monates Mai bis zur Mitte Septembers. Doeh versammelt sieh in der Zeit von der Mitte des Juni bis zur Mitte August der grosste Theil der Kurgaste, wodurch es oft geschieht, dassdieWohn- gebaude zu wenig Raum bieten. Wer aber nur ein- mal den Lenz in den blilhenden Fluren von Rohitsch durchlebt hat, kommt in dieser Jahreszeit gerne wieder; denn wie dieselbe der neuauflebenden Erde Wonne in Fiille spendet, so reiehen die gutigen Nymphen aus ihrem unerschopflichen Borne dann aueli lieber Heil und Genesung ! — Gleichmassig- keit der Witterung, Abnehmen der Sonnenhitze, reine atherische Luft und wolkenloser Himmel em- pfehlen die in diesen Gegenden herrlichen Monate August und September, wobei nur das zu bemer- ken ist, dass man sich vor dem, beim Nahen des Herbstes nicht seltenen Friih- und Abendnebel zu bilten babe. Die beste Tageszeit zum Trinkgebrauche ist der Morgen, wo der Mensch, gestarkt durcii die nachtlielie Ruke, mit heiterem ungetriibten Sinne fiir jeglichen Lebensgenuss am empfanglichsten ist und wo die Verdauungsorgane das Mineralwasser, als ersten Lebensreiz, begierig in sieh aufnehmen und verarbeiten. Man beginne das Trinken nicht frilher, als die Sonne ikre zerstiebende Kraft auf die Frilhnebel zu aussern beginnt. 49 Viele Brunnentrinker glauben durch die abendlicheWiederholung der Kur fru- her zum gewiinschten Ziele zu gelangen. Die mei- sten ziehen sich dadurch Unverdaulichkeit, Bla- hungen oder heftige Diarrhoe und Koliken zu. Dies sind die Zeichen, unter denen die Natur ihr Wi- derstreben gegen diesen meist zu gevvaltsamen Ein- grifi' kund gibt. Man gehorche diesem deutlichen Winke unserer giitigen Filhrerin und lasse seinen Verdauungsorganen Zeit, das Mittagsmal zu ver- arbeiten und Buhe, sich ftir den kiinftigen Morgen zu erkraftigen. Schon Grundel erklarte sich einestheils gegen diesen Gebrauch, indem er sclireibt: „Frusta ^Jit per plura, quod fieri potest per pauciora. Schei- „net derohalben besser zu sein, dass die Natur, die „in der fruhigen operation in etwas geschwachet, „Nachrnittag ein wenig ausraste und mit Speisen „wohl gelabt \verde. Im fahl aber der Durst sehr „plagen solite, und der Wein wegen unterschiedli- ,,chen Zustand verbotten ware, kann man auch „Nachinittag ein oder zwey Seidl trinken, welehes „ingemein von unsern Brunn-Gasten mit guten n ejfect practicieret wird.“ Ebenso wird auch ge¬ gen wartig das abendliche Trinken n ur ausnahms- weise gestattet. In Betrelf der Ku rdauer ist zu bemerken, dass dieselbe von den Besuchern dieser Anstalt lei- der sehr oft eigenmachtig bestimmt wird. Ich unter- scheide hierbei ganz wohl die Gesunden undHalb- kranken, bei denen Laune, Vergniigungssucht u. dgl. ihren Aufenthalt zu verkiirzen oder zu ver- langern ptlegen, von denvvahrhaftHiilfebediirftigen. 4 50 Bei diesen ist nur der Badearzt allein im Stande, nach genauer Erwagung der aus dem Kur- gebrauche in den Krankheitszustanden hervorge- henden Veranderungen die Dauer der Brunnenkur zu bestimmen. Em schones Beispiel von Beharr- lielikeit geben hierin die Besucher der meisten deutschen und bohmischen Brunnenorte; bei der Kaltwasser-Heilanstalt in Griifenberg verweilen die meisten Patienten durch drei bis sechs Monate, viele durch ein auch zwei Jahre. Solite es denn bei dem trefFlichen Rohitscherbrunnen nicht so lange auszuhalten sein, als der Kurzvveck gebietet, um so mehr, da man bei dieser Heilanstalt vier bis sechs Wochen als die langste Zeit einer dureh- dringenden Kur festgesetzt hat? ! Doch derMensch hangt mit besonderer Vorliebe am Ausserordentli- chen, und wiihrend Priessnitz seine Gaste durch Jahre nach Griifenberg bannte, will man einer ahn- lichen, wenn auch sehr gemassigten Anordnung eines Brunnenarztes zu Rohitsch selten oder nie Folge leisten! Die Wiederholung der Brunnenkur in einem und demselben Sotnmer, nach einer Ruhezeit von ein bis zwei Wochen, ist oft durch den gliicklichsten Erfolg gekront worden. Dieser bei vielen Gesundbrunnen gangbare Ge- brauch kommt bei dieser Kuranstalt leider selten in Anwendung. Und doch konnte man dies bei dem viel milderen Klima von Rohitsch, in Folge dessen die dem Kurgebrauche gedeihliche Zeit langer wahret, als an vielen deutschen Kurorten, viel leichter in Ausfiihrung bringen. Die Wiederholung der Brunnenkur 51 in m e h r e r e n n a c h e i n a n d e r f o 1 g e n d e n Sommern ist selir oft zur Hebung tiefgewurzel- ter Krankheiten unerlasslich. So kenne ich eine Person, die sich erst durch die mit besonderem Vertrauen zum Tempelbrunnen in vier Sommern wiederholte Trink- und Badekur von einer Milz- Anschoppung mit Kachexie befreite; ieh kenne An- dere, die sich durch den alljahrlichen Besuch jener Quelle von den verderblichen Wirkungen ihrer Lebensart oder der krankheitserregenden Einflusse ihres heimatlichen Klima’s erholen und fur den tibrigen Theil des Jahres kriiftigen. Dies letzte gilt vorzuglich von den Bevvohnern Nieder-Ungarns, Kroatiens, Slavoniens und von den in Dalmatien und andern sudlichen Landern angesiedelten Deut- schen, welche diese Kuranstalt zahlreich besuchen. Das erste Sauerbrunnstahl ba d nehme man erst nach einigenTagen des Trinkgebrauches. Die passendste Tageszeit fur das Bad ist der Vormittag und zwar eine Stunde nach eingenonimenem Frtihstiicke. Die Bestimmung der Dauer jedes einzelnen Bades hangt von dem, nach Verschiedenheit der Krankheitszustande, ver- schiedenen Heilplane des Badearztes ab. Man halte sich hierin, wie in jedem Anbetracht, genau nach seiner Anordnung. Doch wird langer als eine Stunde zu baden selten oder nie angezeigt sein und man hat desswegen dlesen Zeitraum als langste Dauer eines Bades an dieser Kuranstalt amtlich festge- setzt. Am erspriesslichsten hat sich die Methode bewiesen, mit einer Viertelstunde zu beginnen und diese Dauer des Bades allmalig bis zu einer Stunde zu verlangern. 4 * 52 Im Allgemeinen lasat sich die A n z a h 1 der z u n e h m e n d e n B a d e r nicht bestimmen. Doch hat Dr. Joh. Frolich die hochste Zahl derselben fur eine Badekur auf 30, die geringste auf 12 fest- gesetzt und man istbei diesem Gebrauche geblieben. !!. Art und Heise tles Ktirgcbniudics. Bevor man uberhaupt eine Brunnenreise un- ternimmt, ist es zu rathen, sich an seinen Hausarzt zu wenden und von ihm eine moglichst ausfuhrliche Geschichte der Krankheit, wegen welcher man sich der Kur unterzieht, zu erbitten. Diese Krankheits- geschichte \vird dem Badearzte viele Miiheersparen und dem Hausarzte, der die ganze Organisation mit ihren krankhaften Abweichungen durch langere Zeit beobachten konnte, Gelegenheit geberi, sich iiber dieUrsachen und Entstehungsweise des Uebels bestimmt und kunstgerecht auszusprechen. Unmittelbar nach vollbrachter Reise die Kur zu beginnen, ist verwerflich, und Kranke, die aus Furcht vor Zeitverlust aus dem Reisewagen so- gleich zum Brunnen eilen, biissen oft fiir diese Eil- fertigkeit, da Jedermann, besonders durch eine lan¬ gere Reise, mehr oder weniger aufgeregt ist, was von langeren Eisenbahnfahrten noch mehr gilt, als vom Reisen zu Wagen. Ein laues Susswasserbad wird viel zur Beru- higung der allgemeinen Aufregung beitragen, und selbst dann nlitzen, wenn es aueh nur das Haut- organ, welehes bei jeder Brunnenkur eine sowich- tige Rolle spielt, vom Reisestaube reinigt. Nachdem man sich also durch einen oder zwei Tage Kuhe gegonnt hat, beginnt man die 53 Trinkkur, genau nach Angabe des Brun- nenarztes. Nach dessen Bestimmung erwahle man sich ein Glas von gemessenem Inhalte. Die Zalil und Grosse der zu nehmenden Gla- ser und Uberhaupt die Artdes Trinkkurgebrauches kann nur von einem Kurarzte naeli genauer Erwii- gung aller Krankheitsumstande festgesetzt werden. In dieser Beziehung wird so liaufig von den Rohitscher Kurgasten der Arzt umgangen und nach eigener oder der Eingebung eines alteren Gastes getrunken. Dieses Selbstkuriren, diese Missachtung des arztlichen Einflusses hat schon so manchen Kurgast gereut, umsomehr, da die mit zweckwidrigem Kurgebrauche vergeudeten Tage liaufig ganz verloren sind. Viele Kurgaste vertragen nicht mehr als 2—3 kleine Glaser Minerahvasser fiir einen Morgen; beim Mehrgebrauehe befallen sie Schwindel. Con- gestionen nach edlen Organen oder erschopfende Diarrhoe mit Uebelbefinden. Diese Patienten mogeri desswegen nicht allen Muth verlierenund glauben, dass der Tempelbrunnen filr sie' nicht passe; sie mogen vielmehr bei jener auch noch so geringen Gliiseranzahl steli en bleibeh, die sie mit Wohlbe- finden vertragen, da gerade auf diese Art die herr- lichsten Wirkungen erzielt werden. Oft befallen den Brunnentrinker auch im ge- deihliehsten Fortschreiten der Kur storende Sym- ptome, als: erschopfende Diarrhoe, Uebelbefinden, allgemeine Aufregung bis zur heftigen Fieberbe- vvegung. Doch wie diese Erscheinungen einer- seits eine zeitwei.se Unterbrechung der Kur ge- bieterisch fordern, so begriisst sie anderseits der 54 Brunnenarzt sehr oft als langersehnte Zeichen der dureh den Kurgebrauch angeregten Lebenskrafte und betrachtet sie als eine heilsame, kiinstlich hervorgerufene, kritische Revolution, deren Re- sultat die Ausscheidung veralteter krankhafter Ansammlungen und Verderbnisse ist, gegenwelche die Organisation auf besagte Weise ankampft. Aber nicht selten entspringen jene Sjmptome aus Diatfehlern, vorziiglich aus Unmassigkeit in Speise und Trank und aus Verkiihlung. Die letzte erfolgt uberhaupt sehr leicht bei Brunnentrinkern und ins- besonders bei jenen, die zugleich die Badekur brauchen, wenn sie auf Temperaturswechsel nicht gehorigen Bedacht nehmen. Die hieraus entste- henden Krankheitszustande, rheumatischen, katar- rhalischen und gastrischen Charakters, machen eine gewiss sehr unwil]komrnene Unterbrechung der Brunnenkur nothwendig. Man trinke daher den Brunnen bei feuchter, regnerischer Witterung in einem gesehlossenen Rauine. Ueber die Menge des an einem Morgen zu trinkenden Mineralwassers spricht sich Doctor F aber * kurz und treffend also aus : n Dosim ma- gis designabunt vires, consuetudo, aelas, sexus, tem- peramentum, morbi genus etc. praestat tamen, sem- per subsistere infra dosim summam; non enim mul- titudine poculorum, sedumgue, sed tolerantia, eupho- ria, conferentia bonitas effedus aestimandus, men- surandus.“ In dieser Hinsicht wird jedoch bei kei- nem Heilbrunnen so sehr als beim Tempelbrunnen seit den ersten Zeiten seiner Bekanntwerdung bis * Disputatio medica di Acidulis; auctore J, F. Faber. Viennae 1696. 55 t auf die neueste Zeit gefehlt. Der Wahn, dass durch das Hineingiessen einer Ubergrossen Menge Heilwassers die Kur an Heilsamkeit gewinne und an Dauer abgekiirzt werde, war damals, wie noeh jetzt, bei vielen herrschend. So erzahlt G r tl n d e 1, dass ein Mann aus Kroatien jeden Morgen sieben Maass von diesem Brunnen getrunken habe. Wei- ters beriehtet derselbe: „Vor etlichen Jahren ist noch ein grosser Sauerbrunn-Sauffer und Schlem- mer gefunden worden, welcher an einem Vor- mittag 15 bis 16 Steyrische Maass mit gutem effect ausgesoffen und ebenfahls durch etliche Tag con- tinuirt, von dem noch folgende Vers im Pfarrhof bey dem heiligen Creutz zu sehen sej n: Exhaurire vales mensuras quinque decemque, Ex acidis undis, quis tibi par numero! Ein ahnlieher Fali findet sich im Sauerbrun- nen-Krankenjournale des Dr. Joh. Frolich von einem gewissen Giacomo G. aus Friaul angefuhrt, \velcher wegen einer, ihm nacli wiederholten VVechselfieberanfallen zuriickgebliebenen Milzauf- treibung mit Haemorrhoidal- und Verdauungsbe- schwerden, taglich 10 Maass vom Tempelbrunnen, einige Wochen hindurch eigenmachtig zu sich nahm. Da jedoch so kraftige Verdauungsorgane sel- ten zu treffen sind und durch eine solche Ueber- schwemmung des Magens die Krafte desselben zu sehr angestrengt werden, so wie daraus iiberhaupt bei Weitem ofters nachtheilige als heilsame Fol- gen fur den Trinker entspringen, so muss dieser * Das Weitere in GriindePs Roitschocrene. Missbrauch mit allem Nachdruck getadelt und widerrathen werden. Dein dureh die Brunnenkur zu erreichenden Z\vecke ist nicht minder derWahn vollig zuwider, dass man in den 1 */, oder 2 Stunden des Trinkens ununterbrochen herumwandeln miisse. Selbst star- kere Grganismen erleiden hiedurch nicht selten einen zweckwidrigen Verlust jener Kriifte, die zur Verarbeitung des Brunnens erfordert vrerden. Ftillt man daher Ermattung, Eingenommenheit des Kopfes, Ohrenklingen, Blutwallung u. dgl, so setze man sich ungescheut nieder und ruhe dureh einige Minuten, auch wohl dureh die ganze Zeit zwischen dem Trinken zweier Glaser. Dass man hierin noch weiter gehen, und im Erforderungs- falle den Mineralbrunnen selbst im Bette liegend mit dem besten Erfolge trinken konne, vvusste schon G r U n d e 1 zu wiirdigen, indem er schreibt: „Im Fahl der Patient wegen der Colic, Contractur und anderen Zustanden nicht gehen konnte, und dannoch diese Chur von nothen ware; kann er solehen Brunn im Beth trinken: docli muss der Magen, wie der berilhmte Professor und Regi- ments-Rath Herr Doctor Sorbait rathet, mit warmen Tuchern wohl gewarmt und geriben wer- den. Gedachter Herr Sorbait ist hier so liberal, dass er auch in der grossten Gall-Colie, wann nichts helffen will, denPatienten in ein Bad setzet, und gleich diesen Brunn zu trineken gibt.“ Auch in unserer Zeit wurde diese Methode mit Glilck in Anwendung gebracht. So finden sich im Kranken- journale meines Vaters mehrere Falle verzeiehnet, wo dieselbe wegen besonderen Krankheitszustan- 57 den versucht werden musste und guten Erfolg braelite. Es schien dieser Gebrauch vorztiglich den aus Italien kommenden Rohitscher Kurgasten zu behagen, von denen mehrere an der Heilanstalt, zu Becoaro denselben kennen lernten. Sie nahmen Morgens, im Bette liegend und in mehrere Decken eingehiillt, die erforderliche Menge k alt en Mine- ralwassers zu sich, was sehrstark an die Priess- nitz’sche Wasserheilmethode erinnert. Diess im Bette Trinken ist jenen Brunnengasten vorziiglich zu empfehlen, die Bewegung am frtihen Morgen zu sehr ergreift — oder jenen, die bei sehr em- pfindlichein Hautorgane eine besondere Neigung zu katarrhalischen und rheumatischen Zufallen zeigen, um so mehr, wenn sich die Witterung ktihl und regnerisch gestaltet. Durch den eingefuhrten Trinkgebrauch des erwarmten Tempelbrunnens wird die Anstalt fiir viele Individuen zuganglich gemacht, die sonst vom Genusse dieser Heilquelte ausgesclilossen waren, uud die trefflichen Wirkungen derselben nimmer an sich verspiiren konnten. Durch die Erhitzung des Mineralwassers in schwach ver- korkten Steingutkrilgen wird ein Theil der freien und gebundenen Kohlensaure ausgetrieben, die entsprechenden Basen, das EisenoxyduI mit einem Theil der Salze niedergeschlagen. Durch die Mi- schung des so veranderten Mineralwassers mit Molken, durch den Zusatz einer passenden Menge von Kochsalz, wurden bei verschiedenen, vorziig- lich Lungenkrankheiten, gliickliche Resultate er- zielt. Nicht minder heilsam erwies sich jener Ge- 58 brauch bei Patienten, die mit krankhaft gestei- gerter Bmpfindliebkeit der Schling- und Ath- mungsorgane behaftet waren, ferners bei Personen, die durch die volle Wirkung des kalten Sauer- brunnens zu sehr aufgeregt wurden, endlich bei solehen, die am Morgen ein kaltes Getrank nieht vertragen. Da der so erwarmte Sauerbrunnen min- der erhitzend und mehr auflosend wirkt, so kann der Badearzt mit selben eine Vorkur am Brurmen sehr zweekmassig einleiten, und durch den Zusatz kalten Minerahvassers, den er von Tag zu Tag verstarkt, einen eben so nattirlichen als heilsamen Uebergang von der vorbereitenden zur eigentlichen Trinkkur veranstalten. Da der durch die Hauptkur hervorgerufene organische Heilungsprocess nach Beendigung der- selben nicht sogleich erlischt, sondern vielmehr, einmal kraftig angeregt, zum Heile des Trinkers fortdauert, bis die beabsichtigte Wirkung durch Bntfernung alles Fremdartigen, Befreiung und Regelung der gehemmten und krankhaft veran- derten Ausscheidungsstoffe u. dgl. erreieht ist: so kann dieser wichtige Zeitraum der Nach- \virkung der besondern Aufmerksamkeit der Brunnengaste nicht genug empfohlen werden. In diesein Zeitraume, der bald langer, bald ktirzer wahrt, wird selten der Gebrauch von Arzneien, als formliche Naehkur, nothwendig sein; diese bestehe vielmehr in einer mit dem Zwecke der Brunnenkur in moglichsten Einklang gebrach- ten Lebensordnung. Die Beibehaltung der am Brunnen tiblichen einfachen Kost, gelinde, nicht ermattende Leibeswegung und eine weise Dilit der 59 Seele kommen diessfalls vorzliglich in Betracht. Man hute sich insbesondere, so gutes immer thun- lich ist, unmittelbar nach vollbraehterBrunnenreise sich in den vorigen Schwall von Geschaften zu stiirzen, besonders wenn diese mit anhaltendem Sitzen und Geistesanstrengung verbunden sind. Glucklich derjenige, der durch eine zweckmassig angestellte Fussreise in die Gebirge, wo ihn am Busen der heiligen Natur, in den balsamischen Liiften der Alpen, die einfachsten und reinsten Geniisse erquicken und beleben, seine Nachkur vollendet! Wie einladend hierzu sind die Fels- schluchten und Alpenthaler der benachbarten kar- nischen Alpen; vor allen die romantische Umge- bung von Sulzbach, mit dem Ursprung der spie- gelklaren Sann und ihren pittoresken Wasserfal- len; ich er vv ah n e ferner des an Naturvvundern so reichen Inner- und Oberkrains, so wie der maleri- schen Alpengegenden der oberen Steiermark! — In mehreren Fallen ist jedoch, nach vollendeter Hauptkur, derFortgebrauch des.Rohitscher Sauer- brunnens in der Heimat nothwendig, insbesondere wenn wegen zu friih geschehener Abreise vom Brunnen die Wirkung des Heihvassers unterstiitzt und langer anhaltend gemacht werden soli. Auch der Nachgebrauch der mildwirkenden Warmbiider von Neuhaus oderTiiffer findet sich in den Fallen, wo die durch den Tempelbrunnen entstandenen Nebenwirkungen, z. B. Aufgeregtheit des Nerven- systems, zu beschvvichtigen sind, oft eine empfeh- lensvverthe Anwendung. Hier moge Biniges Liber den Trinkge- brauch des versendeten Rohitscher 60 Sauerbrunnens seinen Platz iinden. Wie sehr dieses Heilwasser bereits im 17. Jahrhunderte be- sonders in Wien geschatzt wurde, und in welchem hohen medizinischen Rufe es damals stand, erziih- len wir im historischen Theile. Aueh in unserer Zeit wird dieser Sauerbrunnen, doeli meistens nur als sommerlicher Erquickungstrank, in vielen Liin- dern haufig getrunken. Gegen diesen Gebrauch lasst sich auch von arztlicher Seite mit Grund nichts Wesentliches einvrenden; denn man nimmt den Rohitsoher gewohnlich mit Zusatzen, die sel- ben in seinem chemischen Gehalte merklicb ver- andern. Durch die Mischung dieses Brunnens mit sauerlichen Weinen oder mit Citronensaft und Zucker — in welcher Form es das lieblichste und erfrischendste Getrank darstellt — ferner mit ver- schiedenen Friichteabgiissen wird die Arzneikraft desselben bedeutend herabgestimmt und dieser Brunnen zum zweckmiissigsten und angenehmsten prophylaktischen Labetrunk, der in heisser Jah- reszeit, besonders in Klimaten, wo dieselbe langer wiihrt, sehr zu empfehlen ist. Die bemittelten Be- wohner von Kroatien, Niederungarn, Slavonien, Dalmatien und Italien, mitunter auch die von Griechenland, ferner die in Egjpten, auf den joni- schen Inseln u. s. f. lebenden Nordliinder, ver\ven- den, vorziiglich in jenen Gegenden, wo drilcken- der Mangel an r r ri n k\v ass er li err« c h t, diesen Sauer- ling gerne zum gewohnlichen|Tischgetranke. Und die Erfahrung bat gelehrt, dass durch diesen Ge¬ brauch die aus klimatischen Verhaltnissen jener Liinder entspringenden hartnackigen Wechseltieber, Milz- und Leberkrankheiten u. dgl. verhiitet wer- 61 den. Die naeh den benannten Regionen alljiihrlich zunehmenden Rohitscherflaschen-Transporte be- statigen hinlanglich die Wahrheit des Gesagten. Abereben der Uinstand, dassdieses Heihvasser als sommerliehes Tischgetranke zur Alltagssache gevvorden ist y trug viel dazu bei, dass das Publi¬ kum der Heilkraft desselben allmalich weniger Vertrauen zu schenken begann. Eben darin ist auch derGrurid zu suchen, warum der einst durch halb Europa als Heilwasser versendete Rohit- scher Sauerbrunnen in unserer Zeit, hochst unver- dienter Weise und zum Sehaden der leidenden Menschheit, an a r z n e i 1 i e h e m Ruf so viel ver- loren hat. Da wir durch frernde und eigene Erfahrung liberzeugt sind, welche trefflichen Dienste dieses Gesundwasser, auch auf viele Meilen weit versen- det, in Milderung und Hebung vieler ehronischen Krankheiten leistet, so halten wir es fiir unsere Pflicht, auf dieses durchdringende und kraftige Heilmittel wieder aufmerksam 'žu maehen. Nebst der grossen Haltbarkeit dieses Mineralwassers bei der Versendung, selbstbeip Seetransport, empfiehlt dasselbe der im Vergleich mit vielen andern, aueh ininder gehaltvollen Sauerlingen, sehr geringe Preis, welclier den Ankauf, auch fiir weniger be- mittelte Kranke, so wie fiir offentliche Heilanstal- ten moglich maeht. Der arzneiliche Gebrauch des versendeten Rohitschers lasst sich auf folgende zwei Arten zuriickfiihren: I. Man brauclit eine vollkommen grosse T r i n k k u r, auf die bei der Quelle iibliche 62 oben geschilderte Weise. Hierbei ist zu be- merken, dass man wo moglieh jenen heil- samen Einfliissen, die eine Iiur am Brunnen begiinstigen, sich nicht entziehe, ich meine: Entsehlagung von Geschaftssorgen, gelinde Korperbewegung in freier, reiner und vvarmer Luft, eine passende Kost u. s. f. II. Man braucht die kle in e T r i n k k u r, indem man ohne auf Jahreszeit und Witterung be- sondern Bedacht zu nehmen, Monate hin- durch, zwei bis drei Gliiser dieses Mineral- \vassers unter sanfter Leibesbevvegung, im Nothfalle wohl auch im Bette liegend, zu sich nimmt. Unterzieht man sich nun der Kur mit versen- detem Rohitseher auf diese oder jene Art, so suche man sich denselben von bester Qualitat zu verschaffen und diese selbst nach dem Eroffnen der Flasche moglichst lang zu erhalten. Man hat in letzterer Hinsicht vorziiglich das Entweichen der Koldensaure zu verhtiten, was man leichter bei der kleineren, wenig gangbaren Flaschensorte und dadurch erreicht, dass man bei Entsiegelung eiper solchen jederzeit einen frischen Kork zur genauen Verschliessung anvvendet. Ua jedoch nichts destovveniger die ersten Giaser aus einer Flasche immer die kraftigsten sind und der Gehalt mit dem ofteren Erschliessen derselben stets ab- nimmt, so ware es ein grosser Vortheil, wenn sich mehrere Sauerbrunnentrinker zu diesem Zwecke vereinigten und immer aus einer Flasche ihre Giaser fiillen wollten. In Wien hat man diesen und noch andere Vortheile bei der Mineralvvasser- 63 Trinkkuranstalt vor dem Karolinentliore zu ge- wartigen. Durch die so eben geschilderten Kuren mit versendetem Rohitseher Sauerbrunnen wird es vielen Kranken, die durch zu grosse Entfernung, bescliriinkte Vermogensurnstiinde und sonstigeHin- dernisse von einer Reise zum Brunnen abgehalten werden, moglich gemacht, sich der Heihvirkungen dieseskraftigenMinerahvassers thejlhaft zumachen. Wie oft vverden Personen, die eine sitzende Le- bensart mit steter Geistesanstrengung fuhren, als: Staatsmanner, Gelehrte, und andere sehreibende Geschaftsmanner verhindert, unmittelbar aus der Quelle ihr Heil zu schopfen. Und gerade die Le- bensweise dieser wichtigen und zahlreichen Men- schenklasse disponirt zu den verschiedensten, hart- nackigsten Krankheiten. Walirend der Staatsmann unermiidet fur das Wohl von Tausenden, der Ge¬ lehrte fiir die Aufklarung des Jahrhunderts arbei- tet, setzt sich oft in ihrem innersten Leben der Keim von furchtbaren Uebeln feSt! Es entwicke.lt sich, als Wurzel aller naehfolgenden Leiden, eine anfangs unscheinbare Blutliberfullung der Unter- leibsorgane; daraus allmahlich verschiedene Ha- morrhoidal-Erscheinungen mit Eingenommenheit des Kopfes, zeitweisem Schmerze desselben, Schwindel, gestorter Verdauung, Stuhlverhaltung, in der Folge zeigen sich Stoekuugen und Verhar- tungen in den Unterleibsorganen, vorziiglich in der Leber, wiederholte Entziindung derselben, durch geringen Anlass entstehend; oder es bilden sich Gallensteine mit Gelbsucht und gallichtem Er- brechen; oder es entspringt ausjener gemeinsamen 64 Quelle, den darniederliegenden Assimilationskraf- ten — die Gieht mit zahllosen Plagen und die Steinkrankheit; oder es erscheinen: Magenkrampfe, Bluterbrechen, Lungen- oder Hautkrankheiten. Dazu gesellen sich versehiedenartige Geisteskrank- heiten, unter denen die Hypochonderie, diese ge- schworne Feindin alles irdischen Gilickes, ihr Schlangenhaupt erhebt! Und gegen dieses fiirch- terliche Heer von Krankheiten kann sich der Ge- sehaftsmann mit sitzender Lebensart, auf eine eben so angenehme als wenig kostspielige Weise, durch eine alljahrlich im Friihjahr zu brauchende Trink- kur mit versendetem Rohitscher beschiitzen, oder wenn er auf erwahnteWeise erkrankt ist, befreien. Ich schatze mich gliicklieh, hierin von jedem Vor- wurf der Uebertreibung vervvahrt zu sein, da ich fiir die Wahrheit des Gesagten zwei Jahrhunderte zu Zeugen aufrufen kann. Nicht minder heilsam hat sich der Gebrauch dieses Gesund-vvassers, in versendetem Zustande, gegen verschiedene Nervenkrankheiten, vorzuglich gegen die marteriellen Ursprungs, dann gegen die Bleichsueht, Anomalien der Menstruation, gegen Schleimfliisse der Lungen, Neigung zu katarrhosen Entziindungen dieses Organs, ferner bei Terschleimung des Magens, Blasen-Katarrh und solchen Htimorrhoiden und gegen Blasenstein- Beschwerden, aucli gegen Wassersucht, insofern sie aus Stockungen in den Unterleibsorganen ent- sprang, bevviesen. Ausser der Haltbarkeit und Wohlfeilheit em- pfehlen den Rohitscher Tempelbrunnen in rein praktischer Hinsicht noch die vorziiglichen Eigen- 65 schaften, dass er sehr leicht vertragen wird und lange Zeit hindurch fortgebraucht werden kann, ohne die Verdauungsorgane in ihrer Function zu storen, welches letztere fur sich allein diesem Mineralwasser einen der ersten Platze unter den Heilmitteln gegen ehronische Krankheiten sichert. Wir lassen hier eine kurze Anweisung 2um Gebrauehe des Sauerbrunnstahl- b a d e s folgen. Wie schon gesagt wurde, ist es rathlich, den Gebrauch der Bader, wenn er zugleich mit dem Trinken verordnet wird, erst nach einigen Tagen der Trinkkur zu beginnen, da indessen der Orga- nismus durch den innerlichen Gebrauch schon einigermassen sich mit demMineralwasserbefreun- det haben wird. Oft ergeben sich jedoch Falle, dass Kranke allein auf den ausserlichen Gebrauch angewiesen sind. Diess wird nothvrendig, wenn der Kurgast durch die doppelseitige Einwirkung desTrinkens und Badens zu sehr angegriffen wird; oder wenn eine krankhafte Verstimmung des Magens , mitunter auch ein besonderer Wider- willen u. dgl. den Trinkgebrauch verbietet. Doch da durch den ausserlichen Gebrauch im Grunde die niimlichen Wirkungeu hervorgebraeht werden, die aus dem innerlichen entspringen, so konnen, wie diess die alltagliche Erfahrung auch in der That bestatigt, durch den fur sich allein fort- gesetzten Badegebrauch nieht minder viele tief eingewurzelte Uebel gemildert oder gehoben wer- den; nur darf man von diesem keineswegs so schnelle Wirkung erwarten, als vom Trink- gebrauche. 5 66 Sehon vor langer Zeit wurden an dieser Heil- anstalt k a 11 e Mineralbader wiederholt ange- wendet und damit bisweilen gliickliche Kuren voll- bracht; doch muss ihre Anwendung stets mit besonderer Vorsicht, nach wohlerwogenen Krank- heitsverhaltnissen geschehen und ihr Gebrauch nur dureh kurze Zeit fortgesetzt werden. I)as Verhalten im Bade sei Anfangs ruhig, weil dureh Bewegung das ohnedem fllichtige, sehr heilkraftige kohlensaure Gas noeh schneller aus- getrieben wird. Das entweichende kohlensaure Gas erzeugt auch bei passender Temperatur des Bades mitunter Congestionen zum Gehirne; ein dichtes, nasses Leinentuch um die Wanne gebreitet und um den Hals des Badenden befestigt, verhin- dert jenes Entweichen und seine Folgen. Erst zu Ende des Bades unternehme man das allerdings sehr zweckmassige Frottiren der einzelnen Kor- pertheile mit der flachen Hand oder noeh besser mit Flanell. Nach dem Bade ist Buhe zu empfehlen und man warte den nach demselben gewohnlich aus- breehenden Sehweiss, unter entsprechender Be- deckung auf einem Ruhebette ab; diess ist vor- ziiglich schwacheren Kranken nothwendig, die sich in dieser Zeit wohl auch ins Bett begeben konnen. Da dureh den fortgesetzten Gebrauch der lau- warmen Bader das Hautorgan verweichlicht wird, so dass es schnellem Sinken der Temperatur nicht den gehorigen Widerstand leisten kann und leicht in seinen Functionen gestort wird, so ergibt sich die Nothwendigkeit einer wiirmeren Beklei- 67 dung und besonderen Rucksicht auf den Tempe- raturwechsel fur den Kurgast voii selbst. HI. Die Lebeiisordniing beim Kurgebrauche. Da die Natur ihre Processe stets naeh einer gewissen, mehr oder weniger sichtbaren, gere- gelten Folge veranstaltet, so wird aueh der durch den Gebrauch eines Mineralwassers im kranken Organismus angeregte Heilungsprocess einen ste- tigen, oft nur dem geistigen Auge des Arztes erkennbarenSchritt gehen. Daraus fliesstdie natiir- iiche Pilicht des Brunnengastes, seine ganze Le- bensart in eine dem Kurzwecke angepasste Ord- nung zu bringen und so einen \vichtigen Beitrag zum Geli n ge n der Heilung zu leisten. Naeh volibrachter Nachtruhe kleide sich der Kurgast warm, arn besten in Wolis(offe, um sich vor Verktihlung in den Morgenstunden zu be- sehUtzen, und wandle nun zum Segensbrunnen. Hat man die erforderliche Anzahl Glaser naeh der Brunnenregel getrunken, so ist zunaehst Kuhe zu empfehlen, die man naeh Bedurfniss durch kiirzere oder langere Zeit pflege. Dann erst nehme man das Fruhstuck, das aus schvvachem Kafiee mit dlinnem Milehrahm, VVasserchokolade, Fleisch- suppe u. dgl. bestehe. Viele pflegen gewohnlich gar nicht zu friihstucken; diese mbgen es aueh vvahrend der Brunnenkur unterlassen, vvenn sie nicht durch dieselbe mehr Appetit dazu fiihlen. Sehr reizbaren Individuen, deren geschvvachter Magen das kalte Mineralwasser nicht vertragt, ist es erlaubt, das Fruhstuck vor dem Trinken zu 5 * 68 nehmen. Nie aber bestehe dasselbe aus geistigen Getranken : Liqueuren, Slivovica oder auslandisehen schweren Weinen u. dgl. Die Falle, wo derNeben- gebraucli von magenstarkenden Mitteln aiigezeigt ist, sind hier selten, da der Tempelbrunnen reieh an Kohlensaure ist, vcelche dieses Heilvvasser auch schvvacheren Verdauungsorganen leicht ver- traglich maclit. Mag uns immer der alte T aber- naemontanus aus dem 16. Jahrhunderte zuru- fen: „dess Morgens aber, dessgleichen auch dess Abendts vor und nach dem trinken des Sawer- brunens sol man. zu bekrafftigung dess Magens (dieweil man den Brunnen kalt trinken muss) Zimmatkttchlein und Kiiehlein von Nagleinwasser und oelen gebrauchen,“ so behaupten wir doch, gestiitzt auf die alltagliche Brfahrung, dass beim Gebrauche des Tempelbrunnens alle die kilnst- lichen Verdauungsbehelfe, die auch in neuererZeit noch bei einigen Brunnen im Gebraueh sind, iiber- fliissig sind, da in dem besonders gliicklichen Mi- schungsverhaltnisse und der Qualitat der Bestand- theile unseres Brunnens ein kraftiges Stomachicum liegt. Nur als Ausnahme wird eine Weinsuppe, ein Glaschen alten Weines mit Zwieback u. dgl. zur Forderung der Verdauung zu gestatten sein. Den Gebraueh des chinesischen Thees haben mehrere Aerzte bei derlei Brunnenkuren verboten. Jeden- falls hiite man sich aber, der starken Esslust, die sich beim Gebrauche dieses Brunnens gewohnlich einstellt, schon beim Fruhstiicke in zu hohem Grade zu entsprechen; es wilrden hierdurch die Verdau- ungsorgane bei der in den Vormittagsstunden geschehenden, besonders wiehtigen Verarbeitung 69 des Mineralwassers sehr zweckwidrig gestort werden. Die Zeit vom Fruhstiicke bis zum Mittags- mahle fulle derKurgast mit dem ordnungsmassigen Gebrauch des Bades aus, oder wenn ihm dieses nicht verordnet ist, verbringe er dieselbe mit erhei- ternder Beschaftigung undZerstreuung desGeistes; Ruhe sei vorherrschend vor Bewegung 5 leichte Leetiire, interessante Conversation, das Durch- blattern der Zeitungen, Musik, sanftes Wandeln in den benachbarten Hainen n. dgl. mogen die Stunden des Vormittags befliigeln. Nie aber bringe der Kurgast diesen sehr beachtenswerthen Zeit- raum der Yerdauung des Brunnens am Spieltische zu! Die Abwechslung von Gewinn und Verlust und die dadurch bervorgerufenen, bald aufregen- denbaldherabstimmenden Leidenschaften ergreifen Seele und Korper gleich stark und bedingen einen bedeutenden Verlust an Lebenskraft, die dem bei einer Brunnenkur in einer hochvvichtigen Revo- lution begriffenen Organismus' nur widersinnig entzogen wird. Durch die anhaltend sitzende Stellung wird der Blutumlauf im Unterleibe in seiner Freiheit besehrankt und das Blut starker gegen das Gehirn und die Lungen getrieben, wodurch das unausgesetzte Kartenspiel, aueh in rein physisehem Anbetrachte, sich als die zweck- ■vvidrigste aller Zerstreuungen eines Brunnentrin- kers darstellt. Das starke Tabakrauchen ist nicht minder, wie uberhaupt, so insbesondere wahrend des Kur- gebrauches sehr zu tadeln. Eingefleischte Raucher mogen ihrer Gewohnheit massig huldigen 5 doch 70 ist der Missbrauch, mit der Cigarre beim Brunnen zu erscheinen und den ganzen Morgen fortzudam- pfen, nachdriicklich zu tadeln. Die nachtheilige Wirkung des Tabakrauchens auf dieMagennerven und das Gehirn (Organe, die bei einer Rohitscher Brunnenkur vorzugsvveise in Anspruch genommen sind,) bat sieh zu klar in der Erfahrung gezeigt, als dass es nicht Jedermann begreiflich ware, wie durcli diesen Missbrauch die heilsame Verarbei- tung des Brunnens aufgehalten und manfche un- willkommene Storung und Nebenwirkung hervor- gerufen wird. Mehrt sich gegen die Mittagsstunde der Appetit, so ist eine Tasse Fleischbruhe zu seiner Befriedigung am zvveckmassigsten. Das Mittagsmahl sei einfach und gehe nie bis zur Ueberladung des Magens. An den Mittags- tafeln, die von den st. Traiteurs hergestellt werden, vermisst man bisher den, mit Rucksicht auf die allgemein anerkannten Regeln der Brunnendiatetik durchgreifenden arztlichen Einfluss. Doch tragt hierin das Kurpublikum selbst die grosste Scliuld, welches so schwer und ungern den gewohnten Lieblingsspeisen entsagt, deren Genuss dem Ge- lingen der Kur oft gerade zuwiderlauft. Eine pas- sendeDiiitbei Behandlung chronischer Krankheiten ist von so hoher Wichtigkeit, dass jeder Kurgast meinen vvohlgemeinten Rath beherzigen moge, in der Wahl der Speisen die grosste Behutsamkeit zu beobachten. Die zvveckmassigste Brunnenkost be- steht: Aus guten Fleischbriihen mit einfachen leicht verdaulichen Zusatzen, aus milrbem Rind- fleisch , Kalbfleisch jungem Gefliigel; ferner aus 71 Gemtisen, als: gelben Riiben, Spinat, gekochtem Lattich u. dgl. Auch gekochtes Obst wird meistens gut vertragen. Zu verbannen sind nach der Mei- nung der beriihmtesten Brunnenarzte: Alles ge- raucherte und gepbckelte Fleiscli, Sauerkraut, alle Kohlarten, rohe Salate und Obstsorten, inarinirte Fische, alle aus dem sogenannten Butterteig be- reiteten Speisen u. dgl. Zum Tischgetranke diene reines Siisswasser, oder ein abgelegener, n i c h t saurer Wein, wie man selben in Steiermark in Fiille zur Auswahl hat, mit Susswasser gemischt. Der G e b r a u c h des S a u e r w as s e rs bei Tische ist durchaus zu vervrerfen, da es docli sehr einleuchtend ist, dass man den Magen, welcher durch das morgendliehe Trinken jeden- falls mehr oder weniger angegriffen ist, nicht un- gestraft durch die Zusichnahme einer Arznei beim Mahi e bestiirmen und so nicht ohne Nach- theil das Verdauungsgeschaft beschleunigen darf. Zum Schlusse des Mahles wird nur selten der Ge¬ nu ss eines Glaschens alten, nicht zu sehr erhitzen- den Weines, oder der Gebrauch eines leichten schwarzen Kaffees zu gestatten sein. Mehr als alle diese Mittel fordert auf eben so naturliche als angenehme Weise eine erheiternde Tischgesell- schaft die Verdauung. An dieser fehlt es im Rohitscher Kurorte, vorziiglich in der belebteren Kurzeit, nicht. Die Champagner ahnliche Wirkung dieses Kohlensauerlings, das Gefuhl der wieder- kehrenden Gesundheit, welches um die Gesell- schaft das einende Band der Heiterkeit und Freude schlingt, fordern die angenehme Stimmung der Gemuther, und mit ihr das Gedeihen des Mahles. 72 Nach aufgehobenem Tische ist Ruhe zu em- pfehlen, doch versenke man sich nimmer in die Federn! Denn durch den Nachmittagsschlaf sah man bei Trinkern des Tempelbrunnens sehr oft 8chwindel, Betaubung, Kopfschmerz u. dgl. ent- stehen. Die ersten Nachmittagsstunden verbringe man im Schatten der Laubengange und Alleen oder auf der vor dem Kursalon befindlichen Ter- rasse. Ein den Geist nicht sehr einnehmendes Kar- tenspiel ware in diesen Stunden allein noeh zu gestatten. Am rathlichsten ist, selbe im Gesprache mit Freunden zu vertandeln oder mit erheiternder Lectiire auszufullen, wodurch der Geist angenelim zerstreut und von tiefer dringenden Speculationen, so wie von Naehgrubeln iiber eigene Korperzu- stande abgezogen wird. In den spatern Nachmittagstunden, wo die Sonnenhitze bereits abgenommen hat und die Yer- dauung des Mittagsmahles grosstentheils vollbraeht ist, bieten sich dem Gaste der Rohitscher Heil- anstalt vielfaehe zweckmassige Vergniigungen dar, die er theils am Brunnen selbst, im Billard-, Kegel- und anderen Spieien, theils in Ausfltigen in die hochst liebliche und malerische Umgebung findet. Diese ist an abvvechselnden Naturschonheiten so reieh, dass der Kurgast Tag fiir Tag, naeh ande- rer Riehtung pilgernd, immer neue interessante Ansiehten gewinnen kann. Doch lasse man sich durch die Schonheiten der landlichen Natur nim¬ mer verleiten, seine Korperkrafte durch forcirtes Umherlaufen und Bergsteigen ubermassig in An- spruch zu nehmen, sondern mache im Allgemei- nen so viel Bewegung, als man mit Vergnugen 73 und Wohlbehagen, ohne Gefuhl der Ermtidung zu vollbringen vermag. "VVeitere Ausfliige mache man daher zu Wagen oder zu Pferde. Beide Arten von Bevvegung, wo der Korper mehr oder weniger er- schiittert wird, ohne bedeutenden Verlust von Kraften zu erleiden, eignen sich vorzugsvveise zur Unterstutzung der Brunnenkur, insbesondere wenn dieselbe Auflosungen von Stockungen in den Un- terleibsorganen zum Hauptzweek hat. Durch die Esslust, die sich bei derlei Ausfliigen gewohnlich im hohen Grade einstellt, angetrieben, nehmen die Rohitscher Kurgiiste am Ziele ihrer Wanderungen meist eine tiichtige Jause zu sich; ich bin weit entfernt diesen Gebrauch zu tadeln, doch leite hierbei Massigkeit und Einfachheit den Brunnen- trinker. Bald nach Sonnenuntergang fliichte sich der Kurgast, insbesondere \venn er das Bad gebraueht, in die Mauern, um sich vor abendlichem Thau und dem oft jahen Temperaturwechsel zu schiitzen. Sanftes Wandeln im Conversationssaale, Musik, Gesellschaftsspiele, das Billardspiel u. dgl. mogen den Abend ausfiillen. Auch das Vergnugen des Tanzes ist dem Brunnengaste, wenn er sich dazu ' berufen fuhlt, nicht durchaus zu verbieten; doch ist die Art und das Mass des Tanzes sehr zu be- riicksichtigen. Das Nachtmahl muss ebenfalls massig und einfach sein, und nur aus leicht verdaulichen Spei- sen: Fleischbriihe, zartem, mlirbem, gebratenem Kalbfleische oder Geflugel, gekochtem Obst u. dgl. bestehen. Viele schlafen am ruhigsten, wenn sie zu Abend wenig oder gar nichts speisen; 74 diese mogen es denn aucli bei der Brunnenkur so halten. Was nun zuletzt die Se el e ndiat betrifft, so ist es wohl sehwer, in diesem Punkte etwas Be- stimmtes anzuordnen. Massigung oder Ausrottung einer Leiden- schaft ist wold nielit die Sache eines Augenblicks oder weniger Tage und Wochen. Freilich ist es Pflicht des Arztes, seinen Patienten auf den Nach- theil aufmerksam zu machen, den gestorter See- lenfrieden auf den Gang und wohlthatigen Erfolg der Kur nothwendig aussern miisse; aber er kann dem Zornmuthigen nielit gebieten: Sei duldsam jetzt wie ein Lamm ! oder dem Liebesiechen: Ver- banne das Bild, das im rauschenden Treiben des Tages, das in den Traumen der Naeht dich unab- lassig verfolgt! oder dem finstern Hypochonder: Lass dein Grillenfangen nnd Griibeln, sei heiter und frohlich! — zumal wenn eben diese Melan- cliolie, wie es meistens der Fali ist, im inateriellen Kranksein ihre Quelle bat und mit diesem am Ende der Kur selbst versehwinden wird. Der Arzt muss es vielmehr dem guten Willen und der Kraft jedes Einzelnen iiberlassen, zu zeigen, wie viel er iiber die Feindin seines Lebens vermag und wie viel ib m iiberhaupt daran gelegen ist, dieselbe zu bekampfen. Nielit zu laugnen istwohl, dass freund- liches Zureden, Besprechungen, Versuche, den Kranken mittheilsam zu machen, herzliche und wahre Theilnahme, das Zusammenbringen dessel- ben mit anderen gebildeten und feinfiihlenden Per- sonen, das Abhalten desselben von gewissen Ver- gniigungen, das Anrathen Anderer, auf den Ge- 75 muthszustand des Kranken oft den wohlthatigsten Einfluss tiben. Aber leider hat der Brunnenarzt sewohnlich nicht die Musse dazu und karm sicli auf Kosten seiner iibrigen Kranken dem Einzelnen nicht ganz hingeben und widmen. Diess kann nur einFreund; aber nicht Jegliehem \vard ein solcher! Und so mbge denn Jeder sein eigener wahrer Freund sein und die Krafte seines edlen Selbst, so weit es in seiner Macht steht, dazu aufbieten, Alles was seine Gemiiths- und Geistesruhe stbren oder zerriitten konnte, nieder und fern von sich zu hal- ten; Jeder schiittle den alten Menschen abund lebe hier als ein neuer, seinem neuen Zweclte getreu, was ih m, den aus seinen drtickenden Banden Her- ausgerissenen und im Gefllde einer himmlischen landlichen Natur Wandelnden ja unmoglich so schwer falien kann. IV. Fiihrer in die Umgegend. Gruss au die Giiste von Sauerbrunn. Bin Riesenbecher, aus Smaragd gehauen, Vom Walderkranz umgriint liegt dieses Thal; An seinem Itande, funkelnd anzuschauen^ Kameen : der Kirclilein, der Gehofte Zahl. In seinem Grunde perlt die frische Quelle, Sie bringt Uns Labung, macht uns heiter, stark; In heisser Selmsucbt schmolz und ward zur Welle Das Eisen hier der schonen grunen Mark. L. A. Frankl. Sowohl die nachste Umgebung der Rohit- scher Kuranstalt wie auch die fernere Umge- 76 gend bietet fur den Freund der Natur und der Vaterlandsgesehiehte viele interessantePunkte und Merkwurdigkeiten. In der Nahe des Kurortes ladet zuerst: Der Erzherzogswald zum Besuche ein. Er tragt seinen Namen von Sr. kaiserliclien Hoheit dem Herrn Erzherzog Johann, H6ehstwelcher die noeh im Entstehen begriffene Kuranstalt ofters besuchte und diesen Wald zuin Lieblingsziel bei Spaziergangen erkor. Folgende landliche Feier- lichkeit gab erfreulichen Anlass zn dieser Benen- nung. Se. kaiserliche Hoheit begann namlich im Jahre 1811, umgeben von den in nationelle Tracht geldeideten Kurgasten, mit seltener Herablassung den Spaten zur Hand nehmend, eine Balin durch jenen schonen Eichwald zu ebnen. Bald war die- selbe durch die eigenhandigen Bemtlhungen der Kurgaste bis in den schattigen Hain fortgesetzt. Und seitdem -vvandelt so maneher Kurgast in jenen dunklen Laubgewolben und preist dankbar den Namen des hochherzigen Menschenfreundes, der hier wie iiberall, die Bh.imen reiner Freude und \vahren Gluckes entspriessen macht. Vom Brunnentempel nordwarts erhebt sieh der Ferdinandshiigel; er ist mit schonen Ahornalleen und Blumenpartien geziert, durch welche man bis zu dem mit herrlich bliihenden Katalpen geschmilckten Plateau wandelt, in dessen Mitte weil. Sr. Excellenz dem Landeshauptmanne, Ferdinand Grafen von Attems, dem edel- miithigen Begrlinder dieser Heilanstalt, eine kolos- sale Biiste zum dankbaren Angedenken gestellt ist. Ueber den Ferdinandshiigel in nordostlicher 77 Richtung fortschreitend , gewinnt man in einer Viertelstunde die Wienerhohe. Dort schutzt jedoch kein Dach den Besuclier dieser alpentrif- tigen, kurzbegrasten Hohe, daher dieselbe grossen- theils nur als Zielpunkt ftir Sonnenaufgangs- und Abendpartien, sowie zu Vollmondspaziergangen be- nlitztwird. Die vollkommen ungehinderte Rundsicht reicht gegen West bis an die krainischen Schnee- alpen und bietet gegen Ost eine wahrhaft maleri- sche Ansicht, deren Glanzpunkt der hier vom Fusse bis zum Gipfel sichtbare, majestatisch auf- tauchende Donatiberg bildet. Vielleicht findet sich bald der heissersehnte Maecenas, weleher den fur jene Hohe unentbehrlichen Pavillon ausfuhren lasst; versehiedene Plane im reinsten Ruralstyle liegen bei mir zur Einsicht bereit. Oestlich vom Brunnentempel bieten die dunk- lenSchatten des buchwaldumrausclisten. ! /anina- Berges sanfte Kuhlung in der Gluth des Som- mers. Auf den hochsten zwei Punkten des Berges trifFt man z\vei Eremitagen, auS denen man eine lohnende Rundansieht des umliegenden Landstri- ches geniesst. GegenNord,erschaut man dendicht- bewaldeten Boč mit seinen Abhangen und Vorhil- geln; ostwarts streift der Blick iiber einen gleich- laufenden Bergrucken, den Plesivec und wird un- willkiirlieh von dem, durch seine Kegelform auf- fallenden Donatiberge gefesselt, welcher den mit Dorfern und Kirchen, Weinhugeln, Eich- und Buchwaldern prangenden Mittelgrund stolz be- herrscht. An diesen schliesst sich das Macel- Ge- birge und die Hiigel Sagoriens: ein sehones Wie- * Sagorje , d. i. das Land hinter den Bergen. So 78 senthal, von dem Grenzfliissehen Sotla bevrassert, zieht sich in dieser Richtung gegen den Markt Ro- hitsch und die Berge bei Krapina bilden hier einen malerischen Hintergrund. Gegen Siidost zeigen sich auf den JHohen des benachbarten Sagoriens: die Pfarrkirche Taborska, die Burgruinen von Kostel , die, ersten kroatischen Edelliofe und die gastliche Burg Kis-Tabor; das reizende Gemalde schliesst der Bamberg bei Agram. Gegen Sliden liegt zn den Fiissendes Beschauers der Pfarrort zum heil. Kreuz, die Kirehe zur heil. Dreifaltigkeit und auf isolirtern Rebenhugel die Pfarrkirche zur hei- ligen Emina; vveiters auf dunkelforstigem Berg- riicken das Schloss Windisch-Landsberg und die noch in ursprunglicher Form erhaltene Ritterveste Sussenheim ; im Hintergrunde der Berg Veternik bei Draehenburgund das Wachergebirgebei Montpreis. An dieses schliessen sich gegen Slidivest die Ge- birge von Geyrach, TUflerundCilli an, liber welche der von der Save bespiilte KumberginKrain hervor- ragt. Gegen West breitet sich vor dem Blicke ein Meer von Hiigeln aus, die sich in das herrliche Sannthal verlieren, die Hohen mit Kirchen ge- schmiickt, uber welches freundliche Bild die zackigen Hiiupter der Sulzbacher Hochalpen mit dem Petzengebirge in Karnthen und dem waldigen Bacher im imposanten Halbkreis emportauchen. Aehnliche Ansichten der lieblichen Umgegend des Kurortes, mit angenebmer Abvvechslung, ge- wird gewdhnlicli derjenige Landstrich Kroatiens be- nannt, welcher den ehemaligen Cillierkreis umgiirtet und dessen einstige Herren die miichtigen Graten von Cilli waren. 79 winnt man auf mehreren benachbarten Hohen., Unter diesen ist besonclers zu ervvahnen: Der Triestinerkogel, welcher von Kur- gasten und Touristen \vegen seiner Nahe und sei- nes erquicklichen Waldesschafctens am meisten begangen wird und von dessen Hohe man eine reizende Uebersicht des Kurortes und nordostlichen Hligelgevvirres bis zum Donatiherge geniesst. Auf einer gegen die Pfarrkirche zum heil. Kreuz gele- genen Hdhe erreicht man Die Hochebene von B&rneck, die sich ober dem Pfarrorte zum heil. Kreuz, neben der am Berge gelegenen Kirche zur heil. Dreifal- tigkeit ausbreitet. Hat man dieselbe erreicht, so erblickt man, so schon wie auf keinem anderen Punkte, die Hugelreihe, aus der die segensreichen Heilquellen entspringen. Indess sich aber riistige Fussganger auf jenen luftigen Hohen des schonen Anblicks erfreuen, sei es erlaubt, die minder riisti- gen in die Hallen der Pfarrkirche zu begleiten und Einiges aus ihrer Geschichte zu 'erzalilen. Die Erbauung des Kirchthurmes geschah, wie man in den Pfarrbiiehern liest, wahrscheinlich im 13. Jahrhundert. Auf einer Thurmglocke stand die Aufschrift: Sanda Maria Dei Genitrix sis nobis auxiliatrix. Anno 1281. Die massive Bauart des niederen, viereckigen Thurmes deutet auf hohes Alter, worauf sich auch die unter dem Landvolke verbreitete Sage bezieht, dass derselbe schon den heidnischen Bewohnern dieser Gegend zum Gotzen- dienste und zur Vertheidigung gedient, habe. In einer Seitenkapelle findet man ein treff- liehes, von unserem vaterliindischen Kiinstler 80 Johann W a c h tl gemaltes Bild, den sterbenden Heiland darstellend. In der Nahe dei' Heilanstalt zeigt sich ferner neben dem in Waldesdunkel sich bergenden Teiche: Der Parkhiigel Jankomir (Johan- nesruhe)* eine sich sanft erhebende Anhohe, \vo zwischen den Pyramiden dunkler Fichten, schlanke, leichtbevvegliche Birken ihre lichten Fahnen in die Lufte schwenken. In dem freundli- chen Sommerhauschen fmdet der Wandelnde be- hagliche Rast, geniesst einen angenehmen Rttck- blick iiber den Heilort, und sein Auge verweilt mit freudigem Dank auf dem Brunnentempel, der mit seinen hellen Saulen malerisch aus dem schattigen Haine hervorblickt. Von Jankomir aus erreicht man bald, ein duftiges Nadelholzwaldchen durch- pilgernd, den Gipfel des naehsten Weinhiigels; bei dem dortigen Landhause geniesst man eine lohnende Aussicht liber Berg und Thal, und das Auge durchstreift mit Lust die bliihende Land- schaft bis an die schneebedeckten Bulzbacherriesen. Zu Fusspartien sind zu empfehlen; Maria Tersize, die Louisenruhe, ** St. Florian am Boč, die Thalebene von Cerovec, die sich bis ans Hoch- gebirg breitet, der Louisenhof; mehr als diese, die hochgelegenen Weinberge von Rodein. * Kindliche Pietat fiir den in dieser Gegend in lie- bevollem Andenken stehenden Dr. Johann Fro- lich, dessen verdienstreichea Wirken als Director dieser Anstalt allgemein anerkannt ist, gab dieser rei- zenden Statte diesen Namen. ** Nacli der hoehgebornen Frau Grafin Louise von L. im Jahre 1855 so benannt. 81 Aber auch fUr weitere Ausfliige, zu Wagen und zu Rosse, findet man in der Umgegend des Brunnenortes die lohnendsten Ziele. Auf diese Art gelangt man in einer Stunde nach dem M a r k t e R o h i t s e h. Er liegt einige hundert Schritte von der kroatisehen Grenze ent- fernt, zwischen zwei Bergvorspriingen, auf denen sich gegenuber die zwei Schlosser Stermol und Oberrohitsch zeigen, welche Markt und Gegend beherrschen. Der Ort war den Romern bekannt. In der dortigen Kirchhofmauer fand man, aus Ba- ehermarmor gemeisselt, ein antikes Basrelief, dar- stellend eine weiblicbe Gestalt, welche ihr Kind mit einem Dolche bedroht. Diess Monument, das sich gegenwartig im Joanneum zu Graz befmdet, soli eine jener norischen Heldenmiltter vorstellen, die ihre Sprosslinge dem Tode weihten, um sie dem romischen Sklavenjoche zu entziehen. Hier herrschten einst die Rohatzer, Herrn zu Ro- bitsch. Die Pfarrkirche, unter den Burgruinen von Oberrohitsch sehon gelagert, wurde im Jahre 1742 in ihrer jetzigen Form hergestellt. Von Rohitsch hat man noeh eine Stunde Wegs nach der Glasfabrik imBogr-Walde, die von den Kurgasten, zur Besichtigung der Ma- nipuiation, oft und gerne besucht wird. Eben so lange fahrt man von Rohitsch iiber das Grenzfliiss- chen Sotla nach der hochgelegenen Burg Kis- Tabor in Kroatien. Mit edler Gastfreundschaft nehmen die Hallen des Schlosses den Fremdling auf; aus den Fenstern der mit vier Thiirmen be- festigten Burg erfreut ihn ein schoner, umfassender Ueberblick der Umgegend. Auch im Charakter der 6 82 Landessprache und Kleidung liegt viel Interessantes fur den sinnigen Beobachter. Fiir Botanisten sei es hier bemerkt, dass sich in Tabor ein sehr be- deutendes Herbarium mit den merkvriirdigsten Sel- tenheiten der steirischen Flora vorfindet. Es wurde von dem, um die Botanik und vorzuglich die Pomologie verdienten Freiherrn Anton von Moško n gesammelt, und ging nach dessen Tode an die Freiherrn von Kavanagh liber. Auf einem kiirzeren und ebenfalls sehr reizenden Wege kann man zu Fuss iiber Wolfsbiichel und heil. Kreuz nach Sauerbrunn zuriickwandeln. Vom Kurorte fahrt man in zwei Stunden nach der Burg Windisch-Landsberg. Die Strasse fiihrt durch das Dorf Pristova — bemerkenswerth durch eine laue Mineralquelle, welcher wunder- thatige Wirkungen zugeschrieben werden — und voriiber an der, aufsteilem Hiigel sich erhebenden Kirche zur h. Emma. Die Burg selbst, in neuerem Stile gebaut, beherrscht hoch am Berge thronend den zu ihren Fiissen gelagerten Markt und ge- wahrt aus ihren Fenstern eine entziickende Ansicht des umliegenden Gebietes. Als interessantesten Punkt zeigt man hier die Gegend von Desenic in. Sagorien, auf welcher Veste die Gemalin Fried- richs Grafen von Cilli, die ungliickliche V e r o n i k a in Abgescliiedenheit lebte, bis sie ihr ahnenstolzer Schwiegervater, GrafHerrmann von Cilli, gefangen nehmen und grausam er- morden liess. Diese Martjrin ihrer Schonheit wurde zuerst im Jahre 1428 in Frasslau begraben, spater jedoeh von ihrem trauernden Gemal wieder aus- 83 gegraben und in der Karthause Geyrach feier- lich bestattet. Zu Wagen erreicht man in 1 Stunden d en Wallfahrtsort St. M ar e in. Einige tausend Sehritte vor demselben trifft man, links von der Strasse, eine dem Wiesengrunde entspringende laue Mineralquelle, die von den nachsten Bewohnern, wegen Mangel an Siisswasserquellen stets zum Trink- und Kochgebrauche verwendet wird. Bei der Pfarrkirche findet sieh am Feste der Himmel- fahrt Maria’s das slovenische Landvolk aus den fernsten Gegenden zahlreich ein und bietet dem Ethnographen Gelegenheit, die Verschiedenheit der hiesigen slavisehen Dialekte und Kostume zu studiren. Neben demOrte fiihrt der Calvarienberg, zu der auf dem 1170 W. F. hohen BergesrUeken sich erhebenden Kirche des heil. Rochus; auf der sogenannten heiligen Stiege maehen Einzelne die Pilgerreise auf den Knieen zu jenem hier beson- ders verehrten Patrone. Man geniesst, dort angelangt, eine schone Fernsicht; zu Fiissen hat man den Ort mit der statt- liclien Kirche: weiter hinaus auf sanftem Hiigel, zwischen Saatfeldern in einem Obstbaumwalde romantisch gelegen, dasSckloss Erlachstein. Hier haus- ten schon im zwolften Jahrhunderte die Herrn von Eri a eh; spater die Hohenvrarter und die Grafen von Gaissruck. Das Schloss ist im neueren Stile gebaut und dureh seinen friiheren Inhaber,Herrn Raimund Nouackh, bedeutend verschonert worden. Ein guterhaltenes Fresco- gemalde am Saal-Plafonde dieses Schlosses fiihrt 6 * 84 uns eine Scene aus dem kurzen und blutigen Kriege vor Augen, den die windischen Bauern im J. 1516 fur ihr altes Recht (stara bravdaj erhoben; die Zahl der Missvergnugten wuchs gegen 80,000, sie verwiisteten Stadte, verbrannten Burgen und Klo- ster, und wurden endlich von den kriegsgewohnten kais. Truppen unter Sigmund von Dietrich- stein und Georg von Herberstein aufs Haupt geschlagen. Im Munde des Landvolkes heisst es jevški grad , von jevša, die Erle, eine Baumart, die in der Umgegend haufig die Baehufer beschattet. Die Natur bat hier alle Parkanlagen ilberfliissig gemacht, da der liebliche Umkreis des Thales, in dessen Mitte sich das Sehloss auf sonnigem Hiigel erhebet, die anziehendsten Partien bietet, die man von den Fenstern und dem Soller der Burg iiber- blickt. Von dem Kurorte, gegen West, gelangt man in einer Stunde in die dureh ihren Reichthum an Heilquellen und pittoresken Schonheiten merkwiir- dige Gegend von Kostreinitz. Diese Partie wird gevvohnlich so arrangirt, dass man auf der Poltschaeher Poststrasse zum Ignazbrunnen fahrt. Es ist diesdiejungsteBrunnenkolonie, dei-en gastliche Bewobner dem Besucher bereitwilligst den dortigen vortrefflichen Natronsiiuerling kre- denzen. Dureh die kohlensauerlichen Fluthen er- quiekt pilgert man gewohnlieh zu Fusse zu der stattliehen, schon gelegenen Dorfkirche, wo man den Anblick einer lieblichen Landschaft geniesst, welehe dureh die im tiefsten Hintergrunde auftau- chendenFelsenhauptervon Sulzbach begrenzt \vird. In der Pfarrkirche selbst trifft man am Hauptaltar 85 ein vielverehrtes Gnadenbild, die Sta. Maria de Czenstochau, welches aus Polen hieher iibertragen wurde. Fussganger konnen vom Kurorte naeh dem Pfarrdorfe Kostreinitz in l 1 / 2 Stunden auf der alte n Strasse gelangen und selbst die fahren- den Kurgaste diirfte eine Abendpromenade auf jener Strasse, die durcli bliihendes Thal- undHiigel- gelande fiihrt, sehr befriedigt in den Kurort zu- riickbringen. Der Sauerbrunnen v on Ober-Kostreinitz ent- springt in einer nahen, vom hohen Boč ablaufenden Thalsehlucht. Wandert man in derselben bergan, so entdeckt man bald die uralte Kirche zum heil. Leonbard, Beschiitzer des Alpenlebens. Sie liegt am Fusse des Hochgebirges, und war einst die Pfarrkirche, bis der ehemals dortgestandenePfarr- hof durcli die bei einem Wolkenbruche herabstiir- zenden Gebirgswasser zertrtimmert vrurde. Diess trieb die Gemeinde an, die neue Kirche zu bauen und ihren Plarrherrn uber jenes Element erhaben und sicher zu betten. Durch das heimliehe'Thal von St. Leonhard fiihrt der bequemste und interessanteste Weg auf den hohen Boč-Berg, den man ohne Gefahr und Anstrengung in drei Stunden zurucklegt. Der slovenische Fiihrer weiss liier unter mehreren Sa- gen auch von einem gewaltigen Schlosse (Grad), dem die ganze Gegend unterthan war, und wel- ches sogar von Einigen als das in Urkunden vor- kommende Schloss Dor bezeichnet wird, zu erzah- len. Man nahert sich bald der kleinen Ruine, auf welche sich diese Sage griindet; sie ist auf einem 86 steilen Vorhiigel des Boč gelegen, von einem jun- gen Buchwald beschattet und bietet dem Forscher nichts als einige Reste von Grundmauern, die al- lenfalls auch ein Kirchlein getragen haben konnten. Diese Mauern bestehen aus dem merkwiirdigsten Gesteine dieser Gegend, einem vielfach zusammen- gesetzten, dem ersten Anblicke nach vulkanischen Triimmerfels mit Muschelfragmenten. Von hieraus gelangt man in sanftem Anstieg durch die Wein- berge von Drevenik , im wechselvollen Genusse der reizendsten Fernsichten in ein hochstromantisches, nach Westen offenes Thal. Es ist das Alpenthal von St. Nikolai (Sveti Miklauž na ravni). Man ftihlt sich angenehm iiberrascht, hier an der Grenze der Kultur, im Angesichte der rauhen Felsabhange des hohen Boč neben dem uralten Kirchlein zwei be- habige Bauernhofe zu finden; im Kirchlein selbst liest man auf einem Altare die Jahreszahl 1647, auf einem zweiten 1680, wie iiberhaupt der alter- thiimliche eiserne Kirchenleuchter und die iibrige einfache Ausstattung den Beschauer mit dem Gei- sterodem entschwundener Zeiten anweht. Von einer trichterformigen, sehr tiefen Einsenkung in das den Thaluntergrund bildende Dolomitgestein wissen die zwei, jene Hofe besitzenden Bruder schauerliche Geschichten zu erzahlen, die nebst Milch und Schwarzbrod freundlich dargebracht werden. Der frischeste Quell der Umgegend (6'5° R. bei 14° Lufttemp.) bietet das erquickendste Trinkvvasser. Kein Kurgast moge es unterlas- sen, dieses liebliche Thal zu besuchen; wer nicht gehen kann, der reite — wem auch dies zu be- schwerlich, derlasse sich hinauftragen, Im Schatten 87 des malerischen Kirehleins gelagert, um sich harm- lose, frohliche Menschen, yor sich das grunende Thal, von wallenden Laubwaldem umgiirtet, aus denen das Gelaute der Herden und die lustigen Tone der Schvvegelpfeife zuihm heriiberklingen — im fernsten Westen, iiber den schneebedeckten Felszinnen von Sulzbaeh die untergehende Sonne — welch eine Fiille von Naturgenuss fur ein em- pfangliches Gemiith! Hier wird der Zauber der Gebirgswelt mit luftigem Hauch des Kurgastes in- nerstes Geader durchdringen und erweitern, auf dass es williger aufnelime die heilkraftigen Fluten, die nichts anderes sind, als das aufgeloste Gebirg, auf dem er so eben im Naturgenusse schwelgt. Riistigere Fussganger folgen mir auf den ho- hen Boč, dessen Gipfel in einer Stunde gewonnen ist. Wahrend im Thale und auf dem Wege naeh St. Nicolai die verschiedenartigsten Felsarten dem sinnenden Auge des Geognosten vorkommen, flihrt nun der Weg iiber ausgewittertes Gestein des rein- sten Alpenkalks. Auch Flora hat jene Hohen reieh gesegnet: die grossartigsten Exemplare von La- miurn Orvala folgen gleicjisam dem Wanderer aus den Thalern bis auf ein Drittheil der Bergeshbhe, auch zeigt sich im dunklen Waldesschatten manche Tocliter der abenteuerlich bliithigen Familie der Orchideen im phantastischen Kleide, besonders schon die rothbraune und hollunderduftige Orchis — dann mehrere Alpen- und Voralpenpflanzen, als verkorperte Blumenodem, die der sanfteste West von den karnischen Alpen heriibergeweht, einige Irideen, Lonizeren und Primeln, besonders die leuchtende Primula Auricula. Das schonste 88 Buchengeholz bietet dem Bergsteiger erquicklichen Schatten, wahrend ihn auf dem Grat des Gebirges Ahorn- und Eschenwaldchen aufnehmen. Dieser junge Nachwuchs ist es, der auf jener erhabenen Statte die Fernsicht hindert; nur eine halbabge- storbene Esche, die leicht zu besteigen ist, gewahrt einen etwas umfassenderen Anbliek. Dieser istgegen Sud und West entziickend, indem man das ganze Hiigelmeer gegen Kroatien und die Thaler der Sann und Dran uberblickt, steht jedoch in keinem Vergleiche mit der vollkommen unbehinderten Rundschau vom Donahberge. Bevor man den Gipfel erreicht, kann man auf einem kurzen Umwege nach links gegen den Poltsehacherabharig des Berges zu der Kohle der beruchtigten Rauberin Spelka (Elisabetli) gelangen; man trifft in eirier thurmhohen, kalkigen Felswand eine kleine olfene Hohle mit rostfarbigem Sande auf dem Boden und Kalkspath-Kristallen an den Wanden. Der Sage nach hauste hier vor beilaufig 150 Jahren die gefurchtete Rauberin Spelka, die mit zwolfSpiessgesellen die ganze um- liegende Landschaft in Angst und Schreeken ver- setzte, bis sie endlich eingefangen und bei dem Landgerichte Stattenberg gekopft wurde. Man er- ziihlt ferner, dass Spelka, wie sie sich verloren sah, in jener Hohle ihre geraubten Schatze vergra- ben hatte, docli konne man zu denselben wegen eines bosen Wetters, das alle Fackeln der Ein- dringlinge verlosche, unmoglich gelangen. Unfern davon zeigt man einen Stein, auf dem der Sage nach St. Nicolai gerastet, als er das ihm geweihte Kirchlein hinauftrug. 89 Den Bočberg karm man von Sauerbrunn in kiirzerer Zeit auf deraltenStrasse nach Kost- reinitz gevvinnen, von der ab ein Fahrweg zur ftlrstlioh Windischgratz’schen Dampf- sagemuhle hinanfiihrt. Man wird dort in hoher Bergeseinsamkeit dureh industrielles MaschinengeknatterundDampf- gebrause — angenehmer dureh den schonen Hin- ausblick in die Cilliergegend iiberrascht. Wem es liier noch zu wenig einsam, der fliichte sich auf den nahen Gipfel des hohen Boc. Von der Sagemiihle ftihrt ein steiler, nur Natur- forschern, Jagern und Bergsteigern zu empfehlen- der Weg nach dem Kloster Studenitz liinab. Die Excursion zur Sagemiihle liesse sich auoh von schwaeheren Brunnentrinkern und Damen sehr leicht vollfiihren, wenn sie sich nicht scheuen, einen Ochsenwagen zu besteigen, oder zu Pferde weiter zu kommen. Westlioh von Kostreinitz liegt das quellen- reiehe T h a 1 v o n St. R o s al i a', das man auf der Poltschacher Poststrasse vom Kurorte aus in einer Fahrstunde erreicht. Auf §anftem Hilgel neben der Strasse gelagert, von einer stammigen Linde ilber- ragt, ladet dies prunklose Kirchlein zum Besuche ein. Der Sage nach soli dieses Gotteshaus dureh Jahrhunderte der Zielpunkt von Pestprozessionen aus Polen und Ungarn gevvesen sein, die von der Fiirbitte der h. Rosalia die Abwendung jener Lan- desplage ervvarteten. Die Bauart dieser Kirche, ein alterthiimlicher Bronceluster, sowie das verkom- mene Plafondgetafel deuten auf hohes Alter und geben jener Sage um so mehr Wahrscheinlichkeit, 90 da bei der Grabung des in der Nahe entspringen- den Rosalienbrunnens im J. 1853 eine ungarische Silbermiinze, ein reiehvergoldetes Stiick Eisen und mehrere Thierknochen sowie Scherben von Koch- gesehirren als Riickbleibsel der neben dem Dorfe Untergeberniklagernden Pilgrime gefunden wurden. Beliebt es dem Kurgaste, sich mit Rosalien- brunnen zu erfrischen, so wird ihm dort jener, be- sonders im Gemisehe mit Wein sehr angenehm sehmeckende Natronsauerling bereitwilligst ge- boten. Man trifFt im Thal von St. Rosalia noch meh¬ rere Sauerquellen, so z. B. die auf der Wiese Sla¬ tina (seit 1855 gefasst), und am Fusse des Hoch- gebirges sehr malerisch gelegen den Fiirst Win- dischgratzbrunnen, von wo man auf der alten Strasse iiber Kostreinitz auf kiirzerer Linie nach Sauerbrunn zuriickgelangt. In der Nahe von St. Rosalia trifFt man den Markt Lemberg. Er gewinnt durch eineStelle, in den Schriften des ungarischen Geschichtsfor- schers Katancsich historisches Interesse, da hier die Grenze zvvischen den grossen und wichti- gen romischen Provinzen, Noricum undPannonien durchgelaufen sein soli. Hierilber schreibt K.: „Fi- „nes Pannoniae ab occasu Norici, quos juga mon- x tis Cetii, a Danubio ad Celeiam, decurrentia, a „Pannoniis dirimebant, linea Ragandonem C Roga- „detz, Rohitsj inter et Celeiam dueta , quae per „Marburgum et Lembergam transeat. A posteriore }> hoc oppido reda in occasum procede ad Alpes, „Savi recentis (die Sann) alveo Pannoniae tributo , „ad fontes usque, ubi Alpes Carnieae. Per hos pr o- 91 , } cedito ad Nauporti, qui et Homenae vocabulo venie- et Formionis exortum, Lugaeo lacu * Pannoniis n relicto.“ Am Nordabhange des Boč-Gebirges ladet das liebliche und interessante Thalder Dran zum Besuche ein, man findet dahin zu gelangen viel- fache Gelegenheit, wegen des lebhaften Verkehres, der zwischen dem Kurorte und der Eisenbahn- Station Poltscliach unterhalten wird. Eine halbe Stunde von letzterem Orte nach Osten pilgernd erreicht man das Schloss Stu- denitz mit den Rumen des adeligen Nonnen- klosters Gnadenprun, welches im 13. Jahr- hunderte gestiftet wurde und die meisten benach- barten Rittergeschlechter, viele Patriarchen, Bi- schofe und Herzoge, ja sogar Rudolph von Habs¬ burg und Ottokar von Bohmen unter seine Wohl- thater und Beschiitzer zahlte. In der dortigen Kirche liest man auf einem Gruftsteine: „Hier liegt Frau Sophy Rochitscherin Stifterin dies Gottes- haus Gnadenprun und ihr selig Schwester.“ Frisohe Gebirgsquellen ergiessen hier ihre Wasser in ein Bassin und gaben Anlass, zu derBenennung Stude- nitz, die dem slovenischen Studenc (Brunnen) nach- gebildet ist. Nun ist alle klosterliche Herrlichkeit verglommen und man hat Miihe, die traurigen Reste des erstorbenen Glanzes in dem weitlaufigen Gemauer herauszufinden. Unfern davon findet man das Kohlenberg- werk Hrastovec , das furstlieh Lobkowitz’sche Schloss Stattenberg, die kleine Veste Monsberg und tiefer im Gebirge die Burgruine Stattenberg. * Der Zirknitzer See, 92 Zu den beliebtesten grossern Ausfliigen ge- hort seit drei Kursaisonen die Ersteigung des Donati- oder Roliitscherberges. Man fahrt vom Kurorte in 1 1 J js Stunden durch den Markt Rohitseh auf der n e u e n Pettauerstrasse bis zum Fusse des Berges, wo man in den dort zerstreut liegenden Bauernhiitten Fiihrer und Trager fiir den Mundvorrath und fiir die den Kur- gasten auf der luftigen Hohe unentbehrliche warme Bekleidung bereit findet. Im Jahre 1855 wurde der jetzt bestehende bequeme Fussweg von dem Verfasser vollendet, nachdem der Weg auf dem obersten Drittheile des Berges bereits im Jahre 1853 vondemselben angelegtwar. DieVorliebe fiir diesen ausnehmend interessanten Hohenpunkt er- muthigte den Verfasser, die nicht unbedeutenden Terrainschwierigkeiten und sonstigen Hindernisse zu iiberwinden, wobei er durch Subscriptions- Beitrage von den Kurgasten theilweise unterStiitzt wurde. Ungeachtet dieser geringen Zuflusse gelang es durch den ausdauerden Eifer der dabei ver- wendeten Berganwohner in wenigen Sommerwo- chen der Jahre 1853 und 1855 einen iiber 3000 Klafter langen , bequeinen, parkmassigen Weg * Im Jahre 1853 erhielt der Verfasser auf diesem Wege 94 fl., im Jahre 1854 58 fl. und im Jahre 1855 56 fl,, wozu im letzteren Jahre durch die freundliche Vermittlung des k. k. Bezirksamts-Vorstehers Ilerrn Prapotnik und des k. k. Polizei-Commissairs Herrn Wlattnig noch 50 fl. aus demGewerbstaxenfonde des Kurortes kamen. 93 von der Fahrstrasse ab bis zu der mittleren und hochsten der drei Bergesspitzen, die sich bis 2795 W. F- iiber den Spiegel des adriatischen Meeres erhebt, zu bahnen und dort oben eine be- scheidene Eremitage zu errichten, welche unter einem liberhangenden Blatterdache von Eichen- kronen verborgen, den Besuchern ein willkom- menes Obdach bei iiberraschenden Unwettern bie- tet. Der Weg fiihrt anfangs durch Waldchen und Weingarten bis zu dem in einem Walde von rie- sigen Kastanien (Castanea vesca) gelegenen Hause desBauers Fritz; von da sehreitet man im Zick- zack durch schonen Buchwald bis auf den Grat des Vorberges Siebenscheu, wo es beinahe eben fortgeht und man, in der sanftesten Kuhlung bewegter Gebirgsluffc wandelnd, durch die Kronen der hochstammigen Buchen nach links und rechts weite Ausblieke liber Berg und Thal geniesst, als freudige Vorahnung der Herrlichkeiten, die den Besteiger auf der Bergesspitze erwarten. Nach einer kurzen, bergablaufenden Weg- strecke durchzieht man den Hof des Bauers Ledinshek. von \vo man bald den Fuss des eigent- lichen Donaliberges erreicht. Nun umfangt den Wanderer der erquickliche Schatten eines unvergleichlich schonen Urwaldes von riesigen Buchenslammen, unter deren schiitzen- dem Blatterdache er bis auf die Spitze des Berges gelangt. Ohne viele Anstrengung erreicht man so jene Bohe in 2—3 Stunden; fiir minder rustige Kurgaste liess ieh am Fusse einen Tragsessel auf- stellen, mit welchem die dortigen geniigsamen Bauern zu billigst festgesetzten Preisen Trager- 94 dienste versehen. Wenn sich fiir den von mir pro- jectirten Donatiberg-Fond zur Sicherung und Ver- vollkommnung des bereits Geschehenen eine allge- meine lebhafte Betheiligung findet, so liesse sich die Zahl der Tragsessel vermehren und mit gerin- gen Mitteln konnte man mehrere Umwohner dazu stimmen, Reitpferde und brauchbare Langohre bereit zu hal ten , auf deren Riicken man ohne Anstand auf den Gipfel dieses hochst merkwiir- digen Berges gelangen konnte. Ueberdies konnten derlei vergniigliche Cavalcaden unmittelbar vom Sauerbrunnen aus auf einer weit kiirzeren Linie durch die reizenden Thaler von St. Florian nach dem Donatibevge veranstaltet werden. Auf jener Hohe stand ein Kirchlein, dem hei- ligen Donatus geweiht, das im Jahre 1740 vom Blitze zerstort ward. Bald jedoch erhob ea sich durch die frommen Spenden der umliegenden Ge- gend von Neuem aus seinen Trummern und hau- figer als je stromten wallfahrende Pilger hinauf. Da geschah es, dass der Blitz wahrend der Messe abermals in das Gotteshaus einschlug, wobei vierzig Personen theils besehadigt, theils getodtet •vvurden; die Glocke soli vom Thurme gefallen und durch den Wald bis an jene Stelle unversehrt gelangt sein, wo man das tiefer gelegene Kireh- lein erbaute und wohin man den oben so sehr gefahrdeten heiligen Donatus iibertrug. Auf jener Spitze soli in romischer Zeit ein Tempel des Sonnengottes geprangt haben. Ist man auf jenerRuine angelangt, so ergreift freudenvolles Erstaunen den Beschauer, der hier 95 eine der schonsten Fernsichten Oesterreichs vor sich hat. Gegen Nord durchfliegt er mit einem Blicke die bluhende untere Steiermark. Es zeigt sich zu seinen Fiissen ein unzahliges Heer von waldum- kranzten Rebenhiigeln mit vielen Kirchen ge- schmilckt, unter denen die Wallfahrtskirche Maria N e u s t i f t stattlich heraufglanzt. Dariiber hinaus breitet sich das Pettauerfeld mit den Sehlossern: Pulsgau, Freistein, Kranichs- feld, St. Nikolai, Ebensfeld, Thurnisch und vielen Pfarrdorfern weit aus, begrenzt von der goldfuhrenden Drau, an deren Ufern die geschicht- lich beruhmten Stadte M ar b ur g und Pettau freundlich gelagert sind. Zwischen beiden zeigt sich auf steilem Bergesrucken die einstige Temp- lerburg Wurmb er g, vveiter im Hintergrunde die Schlosser: G-utenliaag, Obermureck und Oberradkersburg, die Gleichenberger Ko gel mit ihrer Burg und die unvergleichliche Veste Riegersburg. In derselben Richtung er- schaut man den Berg bei Wildon, die Platte und den Schockl bei Graz und im tiefsten Hin¬ tergrunde die Kette des Hochschvvab, den Stuhlegg bei Spital am Semmering, den Sclmeeberg bei Wien, den landerbegrenzenden W e eh sel und bei reinster Atmosphare wie ver- dammernde Nebelstreifen die Gebirge bei Giins. Gegen Nordost erblickt man zunachst iiber den unzahlbaren W einhiigeln der Kal os, das Uber dem Spiegel der Drau thronende Schloss Anken- stein, die Gegend um Sauritsch — Uber der 96 Drau die Schlosser: Dornau, Meretinzen und G r o s s s o n n t a g — das seine Entstehung einem in dieser Gegend am Ostersonntage des Jahres 1518 von den deutschen Rittern iiber die Tiirken er- fochtenen Siege verdankt — weiters die Stadtchen Friedau, Polsti'au, die gesegneten Reben- hiigel von Jerusalem und Luttenberg in un- iibersehbarer Zahl. Darttber hinaus verliert sich das Auge bis an den Balaton - See in die Ebe- nenUngarns, wo der Stammsitz der Zrinji Csakathurn und das Stadtchen Lendova , als vereinzelte Punkte den Blick fesseln. Gegen Ost hat man zu seinen Fiissen das Macel- Gebirge, mit dunklen Forsten die Steier- mark von Kroatien seheidend, liber dem h e i 1 i- gen Dreikonigsberg hinaus, das Kaiser Constantinsbad bei Warasdin, einige Thiirme dieser Stadt, das laaneica-Gebirge, die Iiohen bei Krapina. Gegen Sudost iiberblickt man das bliihende S a g o r i e n mit vielen Edelhofen und Kirchen, bis an den maehtigen Bamberg bei Agram, an dessen Fusse Or o slavij a und der Wallfahrtsort Maria Bis tr a sich zeigen. Mehr gegen Siiden ersehaut man zunachst die Burgruinen von Kostel — einst Eigenthum der Cillier Grafen — dariiber hinaus die Ruinen von Kaisersberg und K fi¬ ni gsb er g, zwischen welchen die landerschei- dende Sotla fliesst; auf der Ebene bei Ra n n den Spiegel des Savestromes, iiber diesem das Schloss M o kr iz in Unterkrain, die Gegend von Samobor und zwischen den Ruinen von Podso- sed und O kič blau versehvvommen die Berge an 97 der Kulpa und Glina , als miichtige Grenzsaulen gegen die Tiirkei. Gegen' Siid liegt im freundlichen Thale der Markt Rohitsch, die Burg Kis - Tabor, wei- ters die gesegneten Hilgel S a g o r i e n s, die Ge- gend von II o r v a c k a und Grosstabor— eine vveitlaufige Burg, von Mathias Corvinus er- baut — St. Emma, Windisch-Landsberg, der Veternik bei Drachenburg, derheilige Berg bei Wisell, die Burg Horberg, das Wachergebirge bei Montpreis, die wal- digen Hohen bei R e i c h e n b u r g und L i c h t e n- wald und im tiefsten Hintergunde, in dammern- der Ferne das Uskoken-Gebirge. Gegen Siidwest zeigt sich, von Waldern um- schlossen, der st. st. Brunnenort, H. K r e u z bei Sauerbrunn, der Wallfahrtsort St. Marein mit St.Roehus und demSehlosseErlachstein, die Rittervesten Siissenheim und Montpreis, H. Dreifaltigkeit bei Geyrach, die Ruinen von Reicheneck im fruchtbaren Anderbur- gerthale, die Kirchen von Svetina , im Hin- tergrunde der Kosiak bei Tiiffer und der Kumberg in Krain, von den Fluten der Save bespult. Gegen West erbliekt man zu seinen Fiissen die Kirchen Maria Loretto und St. Florian, den PMivec und Boč mit dunklem Tannenforste, die Umgegend von Kostreinitz, Siissenberg, die Gegend der einstigen Karthause Seiz, die Burgruine Obercilli, einige Kirchen der Stadt Cilli; dariiber hinaus, im reizenden, von den kla- ren Wellen der Sann, wie von einem Silberbande 7 98 durchflossenen S a n n t h a 1 e die Schlosser N e u- cilli, Sallach, Heilenstein — von den Templern erbaut— Schoneck mit dem Oehl- berg, Ruhethal, die Ruinen von S a n n e c k — Stammschloss der Grafen von Cilli — abwechselnd mit Markten, Dorfern und vreissglanzenden Kir- chen. Dies reizende Bild umfasst ein Ring von sonnigen Hiigeln und machtigen Bergen. Es zeigen sich der Gosnik bei Pragvvald, einige Hohen des Herzogthums G ots c h e e, die zackigen, him- melanstrebenden Sulzbacher mit den Schnee- kuppen Rinka, Oistrica und der gedehnteren Raduha , das Petzeugebirge in Karnthen und der U r s u 1 a b e r g, den malerischen Hintergrund bildend. — In dem Winkel, in welchem die scharfen, jahabfallenden Umrisse des Kalkberges von St. Uršula mit den sanft ansteigenden Linien des /iac/ier-Urgebirges zusammenfliessen, sah ich an einem klaren Junitage des Jahres 1853 ein von der Abendsonne vergoldetes Berghaupt emportauchen, das ich fur den Grossglockner in Oberkarnthen erklare. Die Freude iiber diese Ent- deckung rief in mir augenblieklich den Entschluss hervor, diesen in Anbetraeht seiner bescheidenen Hohe „unendlich viel umfassenden Aussichtspunkt“ leicht zuganglich zu machen. Gegen Nordvvest erschaut man den majestati- sclien, langau.slaufenden B acher mit zahlreichen Kirchen und allmalich hoher strebenden Saatfel- dern, dessen Scheitel Urwalder bekleiden, indess seine Vorhiigel mit den edelsten Reben bepflanzt, in gesegneter Fulle der Vegetation prangen und die an seinem Fusse gelagerte Stadt Windisch- 99 Feistritz freundlieh umgiirten, mit der wir diese Schilderung beschliessen wollen. " Mit Lust beginnt das Auge immer wieder aufs Neue die heiteren Raume zu durchfliegen und trennt sich ungern von dem schonen Bilde! Durcli den majestatischen Anblick im Innersten erhoben und gelautert, kehrt gewiss jeder Gefiihlvolle, reich belohnt durch den reinsten der Geniisse, die Natur in ihrer wundervollen Pracht angestaunt zu haben, von dieser Hohe zuriick! Nicht nur stille Bewunderer hat der Donati- berg auf semen Gipfeln geselien; er wurde geprie- sen in maneken Schriften und in neuester Zeit haben ihn drei beriihmte osterreichische Dichter durch ihre Feder verherrlicht. Joh. Gabriel Seidl besingt diese Hohe in seinen „Wanderungen durch Steiermark,“ Otto Prechtler hat in dem Abend- * Einige wollen westlich von den Sulzbacher- Alpen die hoehste Kuppe der julischen Alpen, den Terglou gesehen haben, was durch einen Blick auf eine gute Karte sehr in Zweifel gestellt wird. — Wir geben die Hijhen der bemerkenswertliesten vom Donati- berge sichtbarenBerge: Gieichenbergerkogel 1890 W.P.; Grossberg bei Sauritsch 1304'; Ivančiča bei Warasdin 3348'; Pleshivica gebirge bei Karlstadt 5217'; Wacher- gebirge bei Montpreis 3244'; St. Agnes auf dem Kum- berge, NeustadtlerKreis 3855'; Schneeberg bei Abels- berg 5332'; Oistrica, liochste Kuppe der karnischen Alpen 7428'; Petzen in Karntlien 6678'; Ursulaberg 5160'; Grossglockner in Oberkarntlien 12000'; hoehste Punkte des Baeher: Velka Kapa 4866', Planinka 4827'. Nocli nicht hinlanglich ausgemittelt: IPeiiefciigebirge, Svetiberdo mit 5568' und der Felsen Klek mit. 3738' im Grosskapellengebirge. Einige v/ollen auch bei giinsti- ger Morgenbeleuchtung das obere nordostliehe Ende des Plattensee’s gesehen haben. 7 * 100 blatte der Wiener Zeitung vom 6. November 1855 eine Besteigung dieses Berges mit Humor und tie- fem Gefiihl geschildert. Ludwig August Franki widmet in seinem „Gruss an die Gaste von Sauer- brunn“ diesem erhabenen Gebirgshaupte folgende Strophen : Dann, sclione Frauen, edle Freunde ! lade Ich zum Donatiberge Euch empor; Der Wald ist kiihl, geebnet sind die Pfade, Aus Pflanzen quillt und Eichen Duft hervor, Es lichtet sich, der Gipfel ist erstiegen — Ha, welche Wunderwelt liegt aufgethan! Wie Adler die entziickten Blicke fliegen, Hinab zu Thalern und die IIoh’n hinan. Gekront mit Burgen, Thiirmen und Kapellen, D’raus singendes Gebet und Glockenton — Und durch das Land gleich Silberpfeilen sehnellen Die Strome, braust das Eisenross davon. Das goldne Korn, des Weines siisser Segen, Sie reifen zwischen dunkler Waldernacht; Hier sanfte Lieblichkeit und dort verwegen Der Berg mit Eisenadern, Gletscherpracht. Ein kornig starkes Volk in tausend Hiitten, ln Stadten ein Geschlecht gesund und klar. Du schones Steierland! dicli iiberschutten Musik und Glanz und Reiehthum wunderbar. Wir aber scheiden bald aus diesem Eden, Gestarkt vom Quell aus seiner Berge Brust; Ich kore laut und leise sprechend Jeden : Gott segne dieses Landes Kraft und Lust!“ Die interessanten Punkte der ferneren Umgegend des Rohitscher Kurortes sind: Krap in a in Kroatien. Dieser Markt ist in der Geschichte des Landes beriihmt und besonders durch die in seiner Nahe entspringenden vortreff- 101 lichen Mineralquellen — aquae vivae der Romer — merkvvurdig. Bei diesen wasserreiehen Schwe- felthermen mit einer Temperatur von 34.8° R. besteht eine Badeanstalt, die haufig, insbesondere von den umwohnenden Slaven besuclit wird. Hun- derte aus ihnen pilgern alljahrlich im Sommer dahin: nach der Ankunft setzt sich der Landmann sogleich en famille ins Bad und verweilt darin nach Belieben, kiirzere oder langere Zeit. Naeh- dem er das Bad verlassen, sich an Luft und Sonne getrocknet, undmitdem feurigenkroatischen Weine gelabt bat, begibt er sich wieder in selbes und fahrt so ein bis zwei Tage fort, immer die Regel: „Je mehr desto besser“ vor Augen habend. Die Art, wie die Landleute in den fur sie bestimmten grossen Badestuben das Bad brauchen, bat fur den Ungevvohnten viel Abschreckendes. Doch sind auch hier fur fremde Gaste, zunachst dem Ur- sprunge, eigene Bassins hergerichtet und es stehen zur Unterkunft mehrere Wohngebiiude bereit. Man zeigt dem Besucher von Krapina Kriieken, die von dankbaren Geheilten zuruckgelassen wur- den, und welche als unvviderleglicher Beweis fur die Heilkraft dieses Warmbades sorgsam aufbe- wahrt werden. In der Entfernung einer Stunde nordostlich von Krapina trifft man das im Jahre 1811 ent- deckte Schwefelbergwerk Radaboj. Der Klang dieses Namens macht das Auge jedes iicli- ten Naturforschers freudig ergliinzen. Radaboj ist der neuerlichst beriihmt gevvordene Fundort un- zahliger Versteinerungen — die Grabstatte einer Fauna und Flora, welche nicht bewundert von 102 verniinftigen Geschopfen in urzeitlicher Vergan- genheit diesen Boden belebten und sclimiickten. Die petrificirten Insekten und Pflanzen dieses Schwefelflotzes iibertreffen alle ahnlichen Funde sowohl beziiglich der Reichhaltigkeit und Mannig- faltigkeit der Formen, als auch der Reinheit und Schonheit ihrer Erhaltung. Nur der etwa 1 / s < mach- tige, zwischen beiden Schwefelflotzen inliegende, schmutziggraue, etwas bituminose, harte, im fri- schen Zustande schwer spaltbare Mergelsehiefer fiihrt jene Versteinerungen, welche von den in un- serem Klima lebenden Pflanzen und Thieren sehr stark abweichen. Es zeigen sich dem Forseher Pflanzen, die nur im tropischen Klima fortkommen und ftir dieses charakteristisch sind, insbesondere finden sicli Wedel-Fragmente baumartiger Farren- krauter, monstruose Grasblatter, riesige Palmen- blatter nebst einer Masse von anderen Blattern, Frilchten, Samen, ja selbst zarte Bliithen und an- dere Pflanzentheile; die Zahl der bis jetzt ent- decktenArten aus (len verschiedensten Familien des Gewachsreiches tlbersteigt bereits 200. Interes- sant ist, dass hier meerbewohnende Algen neben Silsswasser - Najadeen so zahlreich vorkommen, dass sich z. B. Cystoseirites communis Ung. und Zosterites marina Ung. fast auf jedem Exemplare finden. Auch die fossilen Insekten von Radaboj erfiillen uns mit gereehtem Erstaunen, denn sie sind so gut wie die Pflanzenreste erhalten, und es wurden von Professor Oswald H e er in Ziirich bereits an 250 Arten bestirnmt; darunter sind Ameisen, Fliegen und Libellen besonders zahlreich vertreten und das zarteste Geader der Fltigel auf 103 das deutlichste ausgedriickt; liierzu kommt noch ein Dutzend Arten von Fischen und Abdriicke von Vogelfedern. Die Namen der Naturforscher, die uns diese Schatze zu Tage forderten und beschrie- ben, sind: W. Haidinger, Freyer, A. von M or lot, Professor Unger und in neuester Zeit Constantin v. Ettingshausen, der sieh mit dem Geiste eines achten Naturforschers dem Studium der fossilen Flora gevvidmet und uns mit liebens- wiirdiger Bereitwilligkeit obige genaue Daten mit- getheilt hat. Das geologische Alter dieser merk- wiirdigen Schichte ist mitteltertiar und Professor H e er nimmt an, dass diese Thiere durch die Schwefeldampfe einer in Radaboj bestandenen Solfatara schnell getodtet worden seien, was um so vvahrscheinlicher ist, da unfern von Radaboj in Podgorje vulkanisches Gestein (Basalt) aufgefunden wurde. Die fossile Flora von Radaboj ist dem jetzigen tropisch-mexikanischen, brasilianisehen und indischen Vegetationsgebiete am ahnlichsten, wahrend nur sparliche Vertreter von siidafrikani- schen und neuhollandischen Pflanzen vorkommen. Besonders merkwilrdig ftir Alterthumsfor- scher ist die Stadt Petta‘u, vier Meilen von Ro- hitsch, an der majestatisch dahin fliessenden Drau und dem historisch beriihmten Pettauerfelde gele- gen. Sie ist reicli an Erinnerungen aus der Romer- zeit, woher sich noch zahlreiche Monumente * * Diese sind mit besonderm Fleisse beschrieben und gezeichnet in einem Manuscripte, das sich im k. k. Miinz- und Antikenkabinette zu Wien befindet und folgenden Titel fiihrt: Antiquitaten Pettoviens in Un- tersteyer, von Simon Povoden, Benefiziat und er- grauter Curat des Invalidenspitals zu Pettau. 1828. 104 vorfinden, die von der einstigen Wichtigkeit und der Bliithe des pannonischen Poetovione Zeugniss geben. Die KreisstadtMarburg, seclis Meilen von Rohitsch, an den Ufern der goldfiihrenden Drau gelegen, von sonnigen Rebenhiigeln und den dunklen Forsten des Bachers umgurtet, bietet nicht minder ein freundliches Bild. Dem Naturforscher verspricht das Bacher- Urgebirge, durch das Vorkommen der verschieden- artigsten Mineralien und durch die Mannigfaltigkeit seiner Flora, reiehliche Ausbeute. Dieses machtige Gebirge beginnt an Karnthens Grenze und zieht sich in einer Lange von 6 Meilen in beinahe glei- cher Hohe von 4—5000 W. F. von West nach Ost, bedeckt mit seinen Gneiss- und Glimmer- schiefermassen einen Flachenraum von beilaufig 17 Geviertmeilen und bietet auf seinem Riicken, seinen Abhangen und Vorhugeln, so wie in sei¬ nem Inneren dem Gewerbfleisse tausend Quellen des Wohlstandes. An den siidostlichen Abhangen dieses Gebirgs- zuges lagert das Stadtchen Windisch-Fei- stritz, zwei Stunden von dort der Markt Gono- b it z, wohin man von Sauerbrunn iiber Poltschach und Plankenstein durch das Dranthal mittelst Wagen gelangt. Votn alten Schlosse Tattenbach, dem Stamm- schlosse des einst so machtigen Grafengesehlechtes, gelangt man in zwei Stunden, den Riicken des Go- nobitzer Berges iiberschreitend, in eine einsame Schlucht, wo man die grossartigen Ueberreste der alt- beriihmtenKarthause SeizOndet. DiesesKloster 105 wurde von Otto kar V. im Jahre 1151 gestiftet und gegen Ende des 18. Jalirhunderts aufge- hoben. Ein weiter Kreis von Gebauden breitet sich vor dem Wanderer aus, theils nur sparlieh er- halten, theils in Schutt und Moder; neben gebor- stenen Wanden und eingestiirzten Thiirmen ragen hohe Mauern, dann wieder ein maehtiger fester Thurm in die Liifte. Die grosse Kirche ist einge- stiirzt; Alles, einst schon gereiht und nebenein- ander inFestigkeit und weehselvollem Prunk, jetzt grosstentheils ein Haufe von losem Gestein, ge- wahrt einen gewaltig erschtitternden Anblick. Ge- waltsam geoffnete Sarge, zerschmetterte Marmor- bassins, zerbrochene Pforten geben die traurige Kunde, dass nicht so sehr der Zahn derZeit, als die gierige Hand des Menschen hier gehaust babe, und vergebens mtiht sich der iippig wuchernde Eplieu mit seiner dichten griinen Hiille den Vandalismus zu verdecken, dessen Zerstorungswuth und Raublust keine Seheu hegt vor den ehrfurchtgebietenden Denkmalern der Vorzeit. Aber nicht blos der kalte Zvvang strenger Ordensregel hielt die Herzen der Karthauser in Banden, nicht gelehrtes Wissen allein war hier sesshaft: auch die Poesie entfaltete hier in frii- hester Zeit ihr Banner. In der zvveiten Ilalfte des dreizehnten Jalirhunderts lebte in der Kar- thause zu Seiz ein Monch, Namens Philip p, welcher das Leben der heil. Jungfrau Maria schrieb. Dieses Gedicht ist unter dem Titel „Marienle- ben“ den Freunden altdeutscher Literatur be- kannt, besteht aus 10,133 Versen und wurde von Prof. Ruckert (Quedlinburg 1853) im Urtexte 106 herausgegeben. Wir gebendem freundliehen Leser eine kleine Probe darausin wortgetreuerUeberset- zung, da derUrtext vielen unverstandlich sein diirfte. Der Rock Jesu. Ein Gewand Maria erdachte, Das sie ihrem Kinde machte, Da sie wol wurken konnte, Ihrem Solin einen Rock sie begonnte (begann). Der Rock gemachet war also, Als man wiirket die Handschuli’ Und die Haubel, die man tragt Auf dem Haupt, die niclit genaht Und docli gemacht von Game sind. Also gemachet ihrem Kind Einen Rock die Magd (Jungfrau) wol hat Ohne Sclieer’ und ohne Naht. Ohne Sclieer’ und ohne Naht War gemacht das selbe Kleid. In drei Nachten auf der Hand Hat sie gemachet das Gewand. Nach Masse lang und weit genug War dem Kind Jesus der Rock. Mit dem Kinde der Rock auch wuchs Von dem Ilaupt bis an den Fuss, Also dass er alle Zeit War lang genug und vollig weit. Der selbe Rock rvuclis also An des Kindes Leib Jesu, Dass er ihm ward alle Zeit Lang genug und rechte weit. Der selbe Rock auch nie ward Noch zerrissen, noch zerstort, Noch abgeschaben ; schon und rein Er verblieb, also dass kein Unflatiges Ding daran kam, Seit ihn Jesus auf sich nahm. Alle Zeit blieb er so neu, Wie ihn gemachet hat die Frau. Jesus trug das selbe Kleid Bis zu seiner Marterzeit. 107 Von Gonobitz nach West gelangt man in zwei Stunden zwischen den siidlichen Vorbergen des Bachers in die durch Eisenbergbau, Glasfabri- ken und malerisclie Felspartien merkwiirdige Ge- gend von Weitenstein. Zwei Burgruinen, der Sage nach von der heil. Emma (Grafin von Friesach und Zeltschach) erbaut, deren eine bereits im J. 1201 durch ein Erdbeben zerstort vvurde, der frische durch die Schluchten des Alpenkalks sich muhsam windende Gebirgsbach mit geschaftigen Miihlen und tobenden Eisenhammern bieten hier dem Wanderer ein hochst anziehendes Bild. Folgt man dem Laufe jenes Baehes durch den felsiiberragten Engpass von Weitenstein, so erofihet sich bald nach Westen ein friedsames, von Weinhiigeln umsaumtes Thal; es ist die Socka — der nach Radaboj beriihmteste Fundort unzah- liger versteinerter Pflanzenreste als stumme Zeugen einer in Meeresfluthen begrabenen tropischen Pflan- zenwelt. In einer halben Stunde ist das Thal durch- schritten, und neben einem alten Kirchlein stehend geniesst man eine wirklich entziickende Aussicht liber das Voralpengebirge bis an die Felsenzacken von Sulzbach. Zu seinen Fiissen hat man hier die hochst anmuthigen Thaler von Bad N e u h a u s, welches der Rohitscher Kurgast auch auf kiirzerem Wege mittelst Eisenbahn bis Cilli und von da in zwei Stunden mittelst Wagen erreicht. Ein einziger wasserreicher Quell entstromt hier den Spalten des Alpenkalkes und seine Was- ser sammeln sich in einem Bassin, dessen bestan- dige Temperatur 28° R. ist. Die chemische Mi- 108 schung dieser trefflichen Akratotherme und obige den meisten Patienten angenehme Warme erklart den Ruf dieses Bades, den essich besonders gegen Schwachezustande der weiblichen Sexualsphare, die vielgestaltigen daraus abzuleitenden Nerven- und Driisenkrankheiten und demnach mit Recht den Tite! „Gastein fiir Damen“ erworben hat. Ausser obigen heilt jedoch Neubaus noch melirere andere Krankheiten und wird hiiufig zur Nachkur nach dem Gebrauche von Rohitseh und Gleichen- berg beniitzt. Fiir angenehmen Aufenthalt ist von dem Badinhaber und dem energisehen Piichter in neuester Zeit manche Verbesserung und Neuerung eingefuhrt worden. Am Fusse des von den karni- schen Hochalpen nach Ost sich ziehenden Kalk- zuges gelegen, uberdiess noch von dem in dersel- ben Richtung verlaufenden nahen Bacher-Urgebirge vor dem Andrange raulier NordstUrme wohlthatig beschiitzt, erfreut sich Neuhaus eines milden Kli¬ mah. In dem erquickenden Genusse der wechsel- vollen iandscbaftlichen Scenerie der naehsten Um- gebung und in den Naturwundern, die dieselbe bietet, fmdet der dortige Kurgast reichlichen Ersatz fiir die rauschenden Freuden grosserer Kurplatze. Sudlich vom Bade Neubaus liegt im bliihen- den Sannthale, am Einflusse der Vogleina in die klarflutige Sann: Die Stadt Cilli. Viele Denkmale und Mun- zen aus der romischen Vorzeit, die hier noch im- mer vorgefunden werden, erinnern an die Pracht und hohe Wichtigkeit C el e j a’s im Norikum. Hier wurde der heil. M a x i m i 1 i a n geboren und erlitt bei der Christenverfolgung im J. 284, in 109 seiner Vaterstadt, den Martyrertod. Man zeigt in der N ah c des Kirchleins, das der heil. Ru¬ pert, Bischof von Salzburg, als er den Slaven das Christenthum predigte, im J. 698 dem heil. Maximilian iveihte, noch die Stelle, wo das blutende Ilaupt dieses Miirtyrers hinflel 5 ein wun- derthatiger Quell entspringt dort, den die An- dacht mit der Kapelle iibervvolbte. Im vierzehn- ten Jahrliundert und der ersten Halfte des fiinf- zehnten herrschten hier die machtigen Grafen von Cilli; die hoch liber den Wellen der Sann thronende Burg Ob er-Cilli war der Schauplatz ihrer Feste und Gelage. Machtigen Zauber der Romantik iibt das Wandeln in diesem weitlaufigen Getriimmer, nur noch von Epheuranken zusammengehalten und erinnert an den Fluch, welchen Prof. Seidl* dem ob seiner geraubten Tochter verzvveifelnden Bauer gegen den Grafen Ulrich von Cilli in den Mund legt: „Nun denn, Gliick auf, Herr Ulrich! Ihrsitztim stolzen Saal! „Und spottet meiner Bitten undhohnt des BauersQual! „Doch diese stolze Veste, vor der sich Rohitsch beugt, „Vor der im weiten Sanittlial sich Alles huld’gend neigt; „An deren Wink in Karnthen undKrain manch’Schloss- lein liangt, n Von der der Kaiser selber sich eine Braut verlangt; „Auch diese stolze Veste wird fallen und vergeh’n; „Doch eh’ soli Euer Schatten sie noch erniedrigt seh’n! „Dies Schloss, vor dem verspottet nun liegt ein Bauers- mann, ^Erkenn’ einst meines Gleichen als seinen Herrn noch an; * Siehe:Bifolien von J. G. Seidl. 110 „Trag’ ihm, zerbrockelt, Zinsen; zerfall’in sclmbden Brucli, „Und mit der letzten Trtimmer besiegl’ es meinen Fluch *!“ Der Ueberblick, den man von diesen Ruinen aus iiber das Sannthal geniesst, gewahrt ein weit- umfassendes, anziehendes Bild. Die Umgegend von Cilli ist auch in geogno- stiseher Hinsicht hochst interessant und verdient eine genauere Durchforsclnmg; in den Thalern hinter der Burgruine wird auf ein machtiges Koh- lenlager gebaut. Von Cilli aus bieten sich dem Kurgaste zwei sehr lohnende Ausfluge dar. Die Sann biegt hier aus dem freundlich offenen Sannthale im rechten Winkel gegen Siid ab und windet sich durch ein von hochst malerischen Kalkbergen iiberragtes Engthal nach dem Markte Tiiffer fort. Und doch hat man auf diesem sclnvierigen Terrain durch Pulverkraft, riesenhafte Aufdammungen und kiihn gewolbte Briieken Raum erzwungen fiir eine Eisen- bahn, auf der man in vveniger als einerStunde, an dem alten Markte Tiiffer ** voriiberfliegend, das beriihmte * In der That war bis in die neueste Zeit der vor dem Schlossthore wohnende Bauer Besitzer dieser grossartigen Ruine. Nun ist sie in den Scliutz und das Eigentlium der Stande Steiermarks tibergegangen. ** Vor diesem Markte entspringt eine vortreffliclie Mineralquelie mit30°R. amEinflussedes Resliicabackes in die Sann; diese Akratotberme, die mit den Quellen von Neuhaus und Rbmerbad sebr viele Aehnlichkeit liat, \vurde im J. 1853 von Herrn Redi dem beilbediirf- tigen Publikum durcli Eroffnung einer Badanstalt zu- ganglicli gemacht. 111 Romerbad Tiiffer erreicht. Die im Bade selbst aufgefundenen romi- sehen Insehriftsteine und Reste von antiken Bad- einrichtungen beweisen, dass diese Quellen von den Sohnen Roma’s kultivirt wurden. Hier ergies- sen drei Quellen ihre Wasser in ein nettes Bassin, wovon die warmste bei ilirem Ursprunge aus Do¬ lomit eine Temperatur von 30.72° R. zeigt, wah- rend dieselbe im Bassin selbst 29.5 ist. Dieses Heil- bad bat, so wie das benachbarte Neuhaus, viele Aehnlichkeit mit Gastein und erfreut sich eines besonderen arzneilicben Rufes gegen Gicht und Rheumatismen, gegen einige Hautkrankbeiten und verschiedene Frauenleiden, wie es auch gegen die Gebrechen des hoheren Alters geriihmt wird. Von der jetzigen Badinhabung ist sehr Vieles fiir be- queme Unterkunft der Gaste geleistet worden. Die Umgebung des Romerbades ist reich an pittoresken Punkten, die historisches Interesse abgewinnen; der Botaniker und iiberhaupt der Freund idjllischer Waldnatur fmdet reiehlichen Genuss, derGeognost aber in den interessanten Kalk- und Dolomitbergen mit Kohlenlagern, in den anliegenden liydromor- pbischen Schiefern und Sandsteinen, so vvie in den versteinerungfuhrenden Schichten manchen noch unerhellten Gegenstand, den er zu Nutz und Frommen seiner rathselvollen Wissenschaft auf- klaren mag. Im Westen von Cilli breitet sicb das schonste Tbal der w i n d i s c h e n M a r k, das wunderlieb- liehe S annthal, bis an die Wurzel des machti- gen, bis 7428 W. F. aufsteigenden karnischen Al- penzuges mit den drei Felskuppen Rinka, Oistrica 112 und Raduha. Es ist ein klassischer Boden, den man durchschreitet, merkwtirdig duroh Auffindung vie- ler Romersteine und Miinzen; Kirehen und Schlos¬ ser zeigen sich in malerischer Abwechslung mit Dorfschaften und Markten, umgiirtet v on Wein- hiigeln und schon bewaldeten Vorbergen. Doch immer hoher und hoher zieht es mit der zauberi- schen Allgewalt der Alpennatur den Wanderer, bis er an den Ufern der silberwelligen Sann Sulz- b a c h und den Ursprung dieses Fliisschens erreicht. Eine Felsspalte — die Nadel — gewahrt den einzigen Zugang zu diesem verborgenen Dorfchen, vrahrend man zu Pferde nur durch das Felsenbett der Sann hin gelangt. Der sinnige Freund erhabe- ner Gebirgswelt, der Landschaftsmaler, oder wem es frommt, das bliihende Reich Florens und die seltsame Gestaltung der Gebirgslager zu durchfor- sehen, oder wen es geltistet, die flilchtige Gemse zu jagen, oder dessen Blick sich auf hoher Felsen- zinne in weitausreichender Fernsicht mit Entziicken verliert — jeglicher findet hier reichen Genuss. 113 VI. Historische Skizze. Der Markt Rohitsch, vvelcher durcli die in seiner Niihe entspringenden Heilquellen einen euro- paischen Ruf erlangt hat, soli nacli einigen Ge- schichtsforschern die Stelle der in allen romischen Reisebiichern verzeiclmeten Marschstation Mansio Ragandone einnehmen. Die Romer fanden hier bereits die Ruinen eines Sonnentempels, den einer ihrer Fiihrer \vieder herstellte. Dies wird durch einen in Rohitsch aufgefundenen Denkstein ausser Zweifel gesetzt, der folgcnde Inschrift zeigt: TEM- PLUM DEI SOL. INV. MIT. AUREL. IUSTI- NIANUS V. P. DUX LABEFACTATUM RE- S TIT UIT. * Aus Ragandone, Rogandon lasst sich Rogatec der eingevvanderten Slaven und daher das deutsche Rohitsch ungezwungen ableiten. Prof. Muchar fuhrt dagegen in seinem No- r ikum die benannte romisehe Station am Berge * C. Mayer’s Versuch iiber steyrische Alterthiimer. 8 114 Studenitz bestehend auf, worunter wahrschein- lieh der Boč-Berg verstanden ist, an dessen nord- licher Abdachung, im Drauthale, dasSchloss Stu¬ denitz liegt, wo unzweideutige Spuren einer ro- mischen Ansiedlung zu finden sind. * Obgleicb sich die romische Bedeutung des jetzigen Marktes Rohitsch nieht mit Bestimmtheit ermitteln lasst, so ist doch erwiesen, dass derselbe ein dem persischen Sonnengotte geheiligter Ort war, dass die Romer hier den Mithrasdienst in einem eigenen Tempel feierten, und dass in dieser Gregend eine Romerstrasse durchgefiihrl; habe, \velche die damals sehr bedeutenden festen Stadte Celeja (Cilli) und Poetovione (Pettau) verband. Doch scheinen die Rohitscher Heilquellen von jenen Welteroberern entweder nicht bemerkt oder nieht gewiirdigt worden zu sein, wahrend doch an- dere warme Mineralquellen dieser G-egenden, wie die Schwefelthermen bei Krapina (aquae vivae ), das Varasdiner-Bad (thermae Constantinae, aquae , Jasae ), ferner das Tuffer-Bad bei Cilli von ihnen gepflegt und beniitzt wurden. Schon vor der christlichen Zeitrechnung tra- fen die Romer in jenen Gegenden keltische Urbe- wohner, siedelten sich haufig unter ihnen an und brachten es grosstentheils ohne Waffengewalt da- * In der nordlichen Kirclihofmauer zu Studenitz findet sicli ein Romerstein mit folgender Inschrift: D. M. C. IVL. ROMATSTUS ET VERINA CONV. F. S. E. ROMVLAE AN. XXX. E. FIL ROMVLO ET SV- RIANO. Doch dtirfte hier und zwar in der Gegend von Polt- echach eine andere romische Station — die Mutatio Pultovia bestanden haben. 115 hin, dass kurz vor Chr. Geburt der ganze Land- strich ihrer Herrschaft gehorclite. Durch Jahrhun- derte bliihten jene Landestheile unter den segens- vollen Einflussen der romischen Kultur fort, welche zuerst durch die Eiufalle der Hunnen, und spater der Avaren bedroht wurde. Um das J. 580 nacli Chr. wanderten die Slovenen von der Weichsel kommend, in das Land zwischen der Drau und Save ein, und theilten mit denwenigen Resten der Urbevvohner die weclisclvollen Schicksale ihrer neuen Heimat. Der Sage nach soli der Wendenfiirst Samo sein Volk von dem harten Joclie der Avaren be- freit liaben. Noeli bober stellt ihn dieTradition als Beforderer des Ackerbaues, der Obstkultur, des Wein- und Bergbaues und als eifrigen Pfleger der Musik und des Liedes. Spater herrschten die Franken iiber diese Landestheile, die unter den Nachfolgern Karls des Grossen durch die Einfalle der Ungarn selir viel litten. Im 13. Jahrhunderte erscheinen zuerst die Roehatzer, Herrn zu Rohitsch, als inach- tige Ritter. S opili a von Ro c ha t z stiftete im J. 1273 das Frauenkloster Studenitz, in dessen Mauern sie sich als Witwe zurUckzog, und darin als Abtissin ihre Lebensbahn besehloss. V on den benachbarten Sauerbrunnen seli weigt die Geschichte aller dieser Jahrhunderte ganzlich. Erst im 16. Jahrhundert findet man einen Sauerbrunnen in Steiermark vonj. T. Tabernae- montanus oberfliiclilich beschrieben. Obvvohl sich nicht mit Bestimmtheit behaupten lasst, dass 8 * 116 damiteineRohitseher Quelle gemcintsei, so istdies doch die wahrscheinlichste Deutung des „XC. Ca- pitels im Neuwen Wasserschatze,“ welches also lautet: „Von dem Stejermarcker Sawer- brunnen und von seiner k raft und \vir- kung. In der Stejermarck, nit \veit von Reiclien- burg * sol es auch ein Sawerbrunnen haben, der sol in seinen Gehalt mit sich fiihren die geistlichen subtilitaeten dess schvvartzen Bergschweffels, Vi- triols und Operments ete. Aber dieweil mir dieser Brunnen unbekandt, wil ich denen befehlen, dar- von zu schreiben, die den eigentlichen Gehalt des- selben verstehn und wissen.“ Bis gegen die Mit.te des 17. .Jahrhunderts spru- delte die Rohitscher Quelle unbeachtet aus dem Waldesgrund hervor. Dr. Grllndel, Phjsikus zn Marburg in Steiermark, der im Jahre 1685 seine Roitschocrene als erste umfassende Besehreibung dieser Quelle in lateinischer Sprache herausgab, erzahlt die Umstande ihrer Entdeckung und Be- kanntwerdung ausfiihrlich, wie sie ihm der dama- lige Leibarzt Ihr. Maj. der Kaiser in Eleo- n o r a (aus dem Hanse Gonzaga, geb. Prinzessin von Mantua und Gemalin Kaiser Ferdinand III.} * Dass Tabernaemontanus den etwas ferne am Save- strome gelegenen Ort Reiclienburg zurntlheren Bestim- mung des steiermarkischen Sauerbrunnens nimmt, konnte den Bezug dieser Stelie aul' eine Rohitscher Quelle nicht hindern, da derselbe Schriftsteller seine mangelhaften geographischen Kenntnisse dadurch zu erkennen gibt, dass erBadeninN. Oe. „oberhalb Wienn, zwo Meilen von Kloster Neuivenburg 11 bestehend auffiihrt. 117 „Regimentsrath“ Paul vonSorbait miindlich mittheilte. Um das Jahr 1640 ruhte ein Graf Zrin, der an Milz- und Leberverhartung litt, zufallig an die- ser Quelle aus, als er sich in den benaehbarten Gauen der edlen Waidmamislust ergab. Er fiihlte sich durch die klaren, sauerlich schmeckenden Fluthen dieses Bornes so wundersam erquickt und belebt, dass er sich zum fortgesetzten Gebrauche desselben entschloss und in der That dadurch von seinen Uebeln vollstiindig befreit wurde. Wenn aueli Paul v. Sorbait den Entdecker des Heilbrunnens nicht n-aher bezeichnete, so nia- chen es docli mehrere historische Daten wahr- seheinlich, dass diess Graf N i k 1 a s Z r i n y i, Banus von Kroatien, der Urenkel des gefeierten Vertheidigers von Szigeth gewesen ist. Ja, die Ro- hitseher Sauerquelle bat ihre Segenswirkungen zuerst an einem Manne bevvahrt, dessen Ahnen durch Jahrhunderte einen ausserst wiehtigen Ein- fluss auf die Schicksale des Landstriches zwisclien der Mur, Drau und Save Iibten. Aus Italien stam- mend erscheinen dieZrinyi in Ungarn zuerst unter dem Namen Subich und ‘als Grafen von Brebir, Trau, Spalato, wie auch als Bane von Slavonien, Bosnien und Dalmatien. Unter Ludwig I. Ungarns grossem Ifonig, welcher deni Grafen Georg das Sehloss Zrin im heutigen Militar-Kroatien nebst 65 andern Burgen schenkte, nahrn das Geschlecht den Namen Zrinyi an. Der Heldentod des Niklas Zrinyi in Szigeth am 7. Sept. 1562 bat zwar des¬ sen Haupt mit einem blendenden Ruhmesglanz umgeben, docli an Kriegesmuth und Heldenthaten 118 eteht ihm sein Urenkel Ni k las keinesvvegs nach, ja er iiberragt ihn noch, denn nebst den blu- tigen Lorbeeren der Schlachten errang er aucli den friedlichen Dichterkranz. Ungarn war 'zu jener Zeit grosstentheils in der Gewalt der Tiirken, und Zrinyi ihr erbittertster und unermudlicher Gegner. Der Sultan gerieth in Wuth, so oft Zrinyi’s Namen genannt wurde, er leehzte nach seinem Blute und bei mehrereu Friedensunterhandlungen forderte er (natiirlich ohne Erfolg) den Kopf des tbdtlich von ihm gehassten Banus, weleherbald im Silden, bald im Norden Ungarns uuter seinen Schaaren Tod und Entsetzen verbreitete. Steiermark und Kroatien priesen Zrinyi als ihren Hort und Retter. Bis zu dem, nach der von Montecuculi befehligten Schlacht bei St. Gotthard am 10. August 1664, geschlosse- nen Frieden ruhte Z r i n y i’s gevvaltiges Sclnvert selten in der Scheide, und erst dann zog er sieh bleibend nach Csakathurn zurilck. Seine rastlose und siegreiche Thatigkeit filr das Vaterland hat- ten ihm die Bewunderung und Liebe von ganz Europa erworben, und Ehren aller Art lohnten seine hohen Verdienste. DerPapst liatte ihm sein Bildniss, der Konig von Spanien das goldene Vliess gesendet, Ludwig XIV. hatte ihn mit der Wurde eines Pairs von Frankreich bekleidet. So grossartige Anerkennungen vvurden jedoch durch Neider sehr getriibt, Zrinyi hatte vielfaclie An- feindungen zu erdulden, und šali durch ICabalen oft seine herrlichsten Plane vereitelt, und ausser- dem bereitete ihm der Zvviespalt mit seinem Schvriegervater Grafen Draskovid viele Kriinkun- gen. Diese schmerzlichen Eindrilcke auf das reiche 119 Gemiith des edlen Mannes \varen zu tief und dauernd, als dass sie nichtkorperlicheKrankheiten hervorrufen mussten. Gleiehzeitige Schriftsteller schildern ihn auch als „mit der sclnvarzen Gelb- sucht uberladen, dem aucli Milz und Leber hart gewesen,“ und wer weiss wie bald er den Kriegs- strapazen erlegen ware, wenn die Hand der Vor- sehung den Helden nicht zu jenem Borne geleitet hatte, dessen Fluten ilim Heil bracliten. So war der Rohitscher Sauerquelle erste Segenswirkung die Erhaltung eines Heldenlebens, dessen vorzeiti- ger Verlust dasVaterland vielleiclit in die grossten Gefahren gebracht haben wurde! Doeh gestarkt von diesen heilsamen Wellen besass Graf Zrinyi stets die Kraft, allen Beschwerdcn des Krieges Trotz zu bieten, das Gift des Neides \virkte minder ver- derblich auf sein edles Herz und die Muse, welche den Hypochonder floh, nahte sicli an der Hand der Najade wieder freundlich dem Genesenden. Zrinyi’s Gedichte erschienen zuerst in Wien im Jahre 1657 in Quart unter dem Titel: Adriai tengernek Sirenaja (die Sirene des adriatisehen Meeres); sie bestehen aus der Z r i n i a d e, in \velehem Epos er die Be- lagerung von Szigetli and seines Urgrossvaters Heldentod besingt, dami aus Idyllen und poetisehen Erzahlungen. In allen diesen Diehtungen herrscht Originalitat, Feuer und Naivitat. Graf Niklas Zrinyi, der durcli hundert Siegegekronte Held und Uichter, fand in einem Wald bei Csakathurn am 18. Nov. 16G4 einen klagliehen Tod, indem er auf der -Jagd von einem angeschossenen Eber zerrissen wurde. Der Ruf dieser bei einem so beriihmten 120 Manne gelungenen Heilung hatte sich nicht nur in derNachbarschaftsehnellverbreitet, sondern drang bald bis nach Wien, wohinDr. von Sorbait viele Flaschen dieses Sauerwassers verschrieb und damit die glucklichsten Kuren vollfuhrte. In den Schrif- ten dieses gelehrten und thatigen Arztes, der in der furchtbaren Pestseuche, welelie im Jahrel679 die Stadt Wien verheerte, vielfaltige Proben edler Hingebung und wahren arztlichen Eifers zeigte, findet sich folgende, aufdie Entdeckung desHaupt- brunnens beziigliche Stelle: „Acididae Roidschen- ses ante paucos annos a Zrinianis comitibus , forsan ut bilem, contra Seronissimam Domum Austriacam, absque causa increscentem diluerent * } ex antiquo Sambuci arboris trunco scaturientes, inveniae, in ultimis inferioris Styriae finibus , quatuor miUiari- bus infra Pettovium, Toparcha Perillustr. Dom Curti feruntur.“ Ueberdiess hat Sorbait das Verdienst, den Kohitscher Sauerbrunnen der medizinischen Welt zuerst bekannt gemacht zu haben, indem er die zahlreicben in Wien damit vollbrachten Heilun- gen in seiner Praxis medica veroffentlichte. Die ehrenvolle Anerkennung der besondern Heilkraft dieses Mineralvvassers von Seiten eines in der Re- sidenz sehr geachteten und hochgestelllen Arztes hatte bald den glanzenden Erfolg, dass man, vvie Oriindel erzahlt, „dieses hejlsambc saucre * Sorbait deutet liier auf den Grafen Peter Zrinyi, der seinem obengenannten Bruder Nik las II. in der Wiirde eines Banus von Kroatien folgte, in der grossen Verschworung gegen Kaiser Leopoldi, die Hauptrolle spielte und zn Wiener-Neustadt im Jahre 1671 enthauptet wurde. 121 Wasser nicht alleio in die Kayserliche Erblander, sondern auoh zu frembden Nationen, als in Walschland, Pohlen, ins H. Romisclie Reich und mehr entlegene Oerther gantz hauffig fuhret, dadurch unzahlbar vil, von den gefahrlichsten Zu- standen befreyet werden.“ Eben dieser Griindel verdient liier nach S o r b a i t zunachst genannt zu werden; er lieferte im Jahre 1687 eine deutsche Uebersetzung des obenerwahnten Werkes. Das demselben beigefiigte Titelkupfer versinnlicht im hjperbolischen Geiste jenes Jalirhunderts die Ent- stehung des Hauptbrunnens durch den Ilufsclilag des Pegasus. Das Musenross, inspirirt durch eine ausden Wolken herabblitzendeFeuersaule, stampft sehnaubend den Boden und ein Springquell — Roitschocrene — entsprudelt dem Wiesengrund. Im Vordergrunde sitzt Apollo mit gen Himmel er- liobener Hand. Griindels Freund und College, der „Kayserliche Comes Palatinus , gekronte Poet und Piipstliche Notarius li Dr. Adam von Leben- w al d lieferte dazu folgende Erklarung: „Da Pegasus wollt fliegen auf des Parnassi Spitzen, Šahe er Apollinem auf llarmolsaulen sitzen, Er seliwang sicli zu der Erden und grtisste sein Herrn, Den grossen Musen-Ffirsten tliet er billicli verehren, Plioebus sprach: DuFliigel-Eoss verlassdieMusen neun, An statt dess IIypocrene sol Roitschocrene seyn. Alldort ist Fabelwe.rck und eitler Menschen Pracht, Hier aber Krankheits Ileyl, und wahre Gottes Macht. Damals entsprang- die Hauptquelle mitten auf dem Wege nach dem Dorfe Heil. Kreuz; sie war einem ausgehohlten Weidenstocke gefasst, ohne mit irgend eine Bedachung und nur sparlich durch eine holzerne Umzaunung geschiltzt. Kurz vorher 122 soli eine 50 Schritte davon entfernte Quelle ver- siegt und darauf die jetzige entsprungen sein. Hier mag auch ein in Grundels Werke angefiilirtes hierher beziigliches Gedicht nebst ori- gineller Uebersetzung seinen Platz finden. Est inter rnontes acidis fons clarns ab nudiš : N on procnl a Sanda conditus ille Cruce, Hic biiem expellit, nodosaque crura resolvit , Atque trucis Chirargrae vincula s aeva fugat. Corporis obstructos uperit fons iste meatus , Et co.put, expulsa debilitate levat. Languenti stomaclio rires superaddit , et ultra Insipidos sapidos fons facit iste cibos. Ergo Castalii sileant jamjlumina Pindi , Et taceant liquidae Bellerophontis aguae, Vos quoque Stgriaci relif/ui jam cedite fontes , Hic sacri latices, 1\ T edareique fuunt. Auff Teutsch: Nicht weit vom lieilgen Creutz ein edler Brunn ent- springet, Der dem erkrankten Leib die Gsundheit wider bringet, Sein Krafft und Tugend ist, dass er die Gali purgirt, Und andern Unratli auch gantz lind vom Leibe ftihrt. Wann in die Glider will der scharpffe Sclileim mar¬ ci) iren, Und alldort mit Gewalt die Iland und Fiiss torquiren, So wird mit diesem Brunn verhindert solcher Fluss, Dass er durch andern Weeg von dannen weichen muss. Wann Miltz, und Leber ist verstopfft, oder entziindet, Wann man die Colicam in grosster Qual empfindet, Wann im erhitzten Haupt nichls anders ist alsSchmerz, Wann von den Fiebern wird gemartert unser Herz, Wann Sand und Griess die Nieren und Blatter wollen plagen, Und sein nothwendigst Ambt vergessen thut derllagen, So zeiget dieser Brunn, sein sonderbare Krafft. Was er in disem Fali vil Guts und Nutzen schafft; 123 Drumb schwcigt ihr Nymphen ali, ihr eonst beriiliinten Fiiisse Ob sclion ibr dem Parnass ertheilt die edlen Giisse: Audi weicht ihr andere Briinn, allhier in diesem Land, Weil dieser Roitsche Brunn ist mehr als ihr bekandt, Er ist wahrliafftig ja ein Gotter-Tranck zu nennen, Wie soidies immerdar vil tausend thun bekennen, Er ist ein Schatz im Land, dem Steyermarck ein Zier, Ein Kleinod der Natur; drum trinck, und solchs probier. Durch die eifrigen Bemlihungen Sorbaits und Grtindels, der Rohitscherquelle einen blei- benden Ruf zu verschaffen, wurden auch andere gleichzeitige Aerzte zu medizinischen Versuchen mit diesem Heihvasser aufgemuntert. In einer Reihe von Briefen jener Aerzte, die Grtindels Werke beigeftigt sind, lesen wir die gtlnstigen Re- sultate, die aus jenen Versuchen entsprangen. Doch in dem Masse, als die medizinische Bedeu- tung des Robitscber Sauerbrunnens immer mehr gewiirdigt und sein Ruf fester begrundet wurde, stieg auch die Bedeutung dessplben als Handels- gegenstand. Wie Anfangs nur der Pfarrer zu Heil. Itreuz die Fullung und Versendung dieses Minerahvassers besorgte,' so drangten sich, bei zunehmender Naclifrage, mehrere Gewinnlustige zu dieser vielversprechenden Unternehmung. Peter v. Ham m er erhielt ein ausschliessendes Privilegium auf die Verfilhrung dieses Sauerwas- sers; dadurch hielten sich Dr. v. Sorbait und der Gastwirth Franck in Wien in ihrer friiher erlangten Freiheit beeintrachtigt. Zu derselben Zeit sprach Freiherr Peter v. Courty, Inhaber der Herrschaft Stermol, das Eigenthumsrecht die- 124 ser Mineralquelle an. Hieriiber entstand ein Pro- cess, der mehrere Jalire dauerte, in denen Freiherr v. Courty formlich Besitz von der Quelle nahm und neben ihr eine kleine Kuranstalt errichtete. Griindel spridit liier so.; „Diejenigen aber, \velche in der Nahe seyn, und kein Verhindernuss haben, die thun besser., wann sie zum Ursprung selbsten raisen, wo nicbt unlangst der Herr Baron C ur ti hat lassen ein Gast- oder Wirthshaus fiir bessere accomoditet der Frembden auffbauen, und mit victualien, auch anderen Nothwendigkeiten ver- sehen.“ Dass die Rohitscher - Heilquelle schon damals haufig besucht wurde, geht aus dem Wei- teren hervor: „Im fahl \vegen Menge der Leuth schon alle Ziminer solten angefullt seyn, konnen sieh die Sauerbrunn-Gast in die nachste zwey Stiitt als anhero naher Mahrburg, wo ohne diss wegen dess Bacher, und anderer Berg- ein gesun- dter Luft zu fmden, oder nachher Pettau begeben, wo man taglich den Sauerbrunn friscli baben kann, und darneben auch mit Appotecken und Medieis versehen, dass man den Zustanden, die bissvreilen in wehrender Chur vorfallen, desto besser kan entgegen gehen.“ Durch diese Einrichtung erwarb sich zwar der Freiherr v. Courty entschiedenes Verdienst um seine Mitmensehen; doch scheinen seine Ab- sichten nicht so ganz rein gewesen zu sein, indem er schon imjahrel676 einen Aufschlag von 30 kr. fiir die mit Pergament verbundene und versiegelte Fiascbe festsetzte, wodurch eine solclie in Wien auf 1 fl. — 1 1 fl. 15 kr. zu stehen kam. Gegen dieses Verfahren des Baron Courty 125 erhoben sich nun von allen Seiten die lautesten Klagen. Dr. v. S o r b a i t macht seinem Unmuthe hieriiber mit folgenden Worten Luft: * „sed jam dum haec scribo, nempe anno 1678, pr o dolor ma- ledicta Toparchae avaritia, qua obstetricante, plura jam super aquas Roidschenses exactiones et foenera- tiones exercet, hoc nobis et toti mundo beneficium plane nequiter rapit etc.“ Audi der Stadtmagistrat von Pettau protestirte formlich dagegen, bis end- lich diese Streitigkeiten durch eine Allerhochste Entsdiliessung beigelegt wurden, wortiber G rti li¬ ri el uns so benachrichtet: „damit aber in dem sehopffen, und verkaufFen, kein Betrug unterlaufFet, wie es leider sehon oft zu Wienn geschehen, dass man ihn verfalschet, oder gar einen andern Sauer- brunn an statt des Rohitsehen verkauffet, welches man dodi gleicli an dem EfFect hat spiihren konnen : Also haben Ilir Rom. Kais.Majestaet dem Wiennerischen Gastgeb in der neuen Welt, Herrn Ambrosio Franck, welcher in der jiingsten Bela- gerung Anno 1683 eine Frey-Compagnie von 335 Mann, als Hauptmann gantz loeblich com- mandirt, und filr das Vaterland ritterlich gestritten, ein sonders Privilegium a uti' viel Jahr allergna- digst ertheilt, dass ihm allein in den Kayserlichen Erblandern disen Sauerbrunn zufiihren, und zu verkaufFen erlaubt sey, auch darbei scharpfF befoh- len, allen Fleiss anzuwenden, damit ein jeder dises heylsambe Wasser gerecht und unverfalschet, aueli in einem billichen Werth bekommen kann.“ Doch selbst durch diese Allerhochst getrofFene Anordnung wurde der Preis des Rohitscher Heil- * Prax. med. 126 -vvassers nicht selir gemildert, und da auch die EUllung und Verschleissung am Brunnen, von den anwohnenden Bauern nachliissig geptlogen wurde, so konnten selbst die eifrigsten BemUhungen Sorbaitfs, selbst seine briefliche Vervvendung bei Dr. Brabant, die Fiillung personlich zu liber- wachen, den Ruf des Robitsclierwassers in diesem Jahrhunderte nicht mehr aufrecht erhalten. Mit dem Beginne des 18. Jahrhunderts schenkte man dieser Heilquelle wieder mehr Auf- merksamkeit. Kaiser Josef I. bestatigte im Jahre 1706 einem gewissen Johann Conrad v. Henčki, des innern Rathes zu Wien Mitglied, die dem- selben sehon friiher verliehene Freiheit zur Ein- filhrung und Verschleissung des Rohitscher Sauer- brunnens. Diese geschah damals in Flaschen von l 1 / und 2% osterreichischeMassInhalt und in die nahliegenden Stadte in Fassern von Fichtenholz. Von Henčki erhielt vom Kaiser Karl VI. die Bestatigung des obigen Befugnisses. Da aber dieses Mineralvvasser, so selir es in Wien gesucht und bezahlt wurde, hier nie in ge- niigender Menge zu finden war und es iiberhaupt in schleehter Qualitat geliefert wurde, so schritten nach dem Erloschen der von Henckrschen Frei¬ heit, die eili' bilrgerlichen Apotheker zu Wien Allerhbehsten Orts um dieErlangungderselben ein. Sie erhielten auch wirklich von K. Karl VI. im Jahre 1721 das v Privilegium privativum zur einfuhr- verleg- und verkauffung des Rohitschers- Sauerbrunns sowohl als Pfeffervrassers in dieses Erzherzogthumb Oesterreich und hiesige Residenz- Statt Wienn.“ 127 Die „aylf burgerliche Apothecker“ verpflich- tetensich, denRohitscherSauerbrunnen, sowie das damals in Wien sehr gesuchte Pfefferwasser in gehoriger Menge und Giite zu stellen — jede Flasche Rohitscher in Wien nicht hoher als um 36 kr. zu verkaufen ■—■ ferner die Filllung und Versohleissung durch ein von ihnen am Brunnen aufgestelltes Individuum zu ilbervvachen — den Sauerbrunnen nur bei hellem Wetter zu schbpfen; — jede neuangekommeneLieferung dieses Mineral- wassers von einem Mitgliede der hiesigen medizi- nischen Facultat untersuchen zu iassen — wie auch den vom vorigen Jahre allfallig gebliebenen Flaschenrest getreulich anzuzeigen, welcher bei Ankunft der ersten Lieferung im Friihjahre stets ausgegossen werden musste. Da sich jedoch damals die Hauptquelle in einem sehr verwahrlosten Zustande befand, so war es im Interesse der Frivilegiums-Inhaber gelegen, diesen Brunnen in gehorigen Stand zu setzen. Zu dem Ende reisten alljahrlich zwei Wiener Apo- theker nach Rohitsch ; sie liessen zuerst die Quelle mit ,,quater-Steinen umb und umb belegen“ —• er- richteten die nothvvendigen Lokalitaten zu einer Fiillanstalt — verschafften den beiden in derNiilie des Brunnens vorbeifliessenden Baehen, die den- selben oft ellenhoch uberschwemmten, durch Ab- tragung eines Hugels und Regulirung ihres Bettes einen freien Abfluss und stellten einen eigenen Brunnenaufseher an. Um die Fiillung noch genauer zu ilbervvachen, veranlassten die Wiener Apo- theker, dass der damalige Landsehafts-Physikus zu Pettau Dr. Anton Gr und el — „dessen Herr 128 Vater tiber diesen Sauerbrunn ein Schones Trac- tatl ans Tagslicht hat kommen lassen“ — die jedesmalige Fiillung, welche fUr Wien durch die Sommermonate von 14 zu 14 Tagen geschah, per- sonlich libervvachte. Die Fiillung der 2y a osterreichische Mass ent- haltenden eylinderischen eng- und kurzhalsigen Flaschen geschah mittelst Eingiessen durch ble- cherne Trichter in einer vom Brunnen zu entfern- ten Lokalitat, wohin das Minerahvasser in grossen enghalsigen Kriigen von Stein iibertragen \vurde ; die Flaschen wurden dann mittelst-„Terpentin-wax und zinnerner Schrauhen vermacht, verbunden und verpetschirt.“ Das Bediirfniss nach diesem Sauerling scheint in jener Zeit niclit geringe gevvesen zu sein, indem die Wiener Apotheker in den drei ersten Jahren ihrer Privilegiums-Inhabung 19,906 Flaschen in Wien verkauften. Al s im Jahre 1730 der Brunnen vvenig Was- ser gab und sogar neben selbem ein neuer Quellen- ausbruch sich bildete, wurden alsogleich durch die Wiener Apotheker die nothwendigen Verbesserun- gen eingeleitet, „der umb den Sauerbrunn von cpiater-Steinen auffgebaute grandt, vveleher ausser der Erden eine halbe, in der Erden aber eine Klafter TifF bis ad fundum sich befindet, heraus- genommen, der Ausgang mit Degl wohl verwah- ret und mit Steinen iiberlegt“ und sodann ein neuer Steinkranz gesetzt. Im Jahre 1732 liessen die Wiener Apotheker neben dem Brunnen die Statue des heiligen Johann von Nepomuck, welche gegenwiirtig am Fusse des Ferdinaridshilgels steht, 129 aufstellen. Sie ist aus Sandstein vom Leithage- birge gemeisselt, und mit folgender Inschrift geziert: SANCTO IOANNI STATVA A COLLEGIO PHARIACEVTICO AVSRTR1ACO VIENNENS 1 STRVOTA. Inzwischen wurde den Wiencr Apothekern von Kaiser Karl VI. jenes Privilegium wiederholt bis zum Jahre 1740 verhingert. Docli begann durch die in diesen Jaliren iiberhand nehmende Einfuhr des Selters- und Spaawassers — welehe einzufuhren nicht minder dem Apotheker-Gremium zu Wien aussehliessend gestattet wurde — der Absatz des Rohitsehers in etwas zu sinken 5 denn im Jahre 1742 wurden in Wien nur 5236 Flaschen verkauft. Auch Kaiserin Maria T h e r e s i a bestatigte und verlangerte den Wiener Apothekern jenes Fiill- und Verschleiss-Privilegium. In dem anno 1773 Allerhochst erlassenen Diplome wurde den- selben aufgetragen: „die noch vorfindige zweijiih- rige oder noch altere Sauerbrunnflaschen fiirderhin alle Jahr zu tilgen und die neuankommenden a.lso- gleich bei ihrer Ankunft Flaschenweiss mit einetn gewissen jahrlich abzuandern kommenden Zeichen, anbey nebens mit einem gedruckten Zettul und darauf anmerkenden Jahrzahl zu signiren, da selbe ausser diesen von keinem fiir eine gerechte Waare passiren: solches auch nebst dem Beisatz, dass jede Flasche Sauerwasser, so von dem vorherge- gangenen Jahre obhanden, um die Halbscheide 9 130 des sonsten gesetzten Preises zu iiberkommen sey, zur Nachricht des Puhlici von Jahr zu Jahr in dem Diano * kund zu maehen und das Zeichen bey- rueken zu lassen.“ Docli wurde ungeachtet dieser Allerhochst getroilenen Vorsichten in den letzteren Jahren die Ftillung und Verschliessung niclit melir mit der gehorigen Aufmerksamkeit gehandhabt, denn Herr von C r a n t z beklagt sieh in seinen Gesundbrunnen der Oesterreichischen Monarchie sehr ttber diese Fahrlassigkeit und aussert zugleich Bedauern, dass der friiher so beruhrnte Rohitscher Sauerbrunnen nun \veder melir verschickt, noch in dem damals aufgelegten Werke Z iiekerts liber die Gesund¬ brunnen Deutschlands, auch nur mit einem Worte beriihrt werde. Ein Auszug aus Grundels Roit- schocrene , so wie aus der Abhandlung des Dr. Dieti liber mehrere Mineralquellen, die im Jahre 1772 in Wien als medizinische Dissertation ersehien, ist Alles, was wir in dem Werke des Regierungsrathes von C r ant z iiber die Rohit- seher Hauptquelle flnden. Als endlich Kaiser Josef II. im Jalire 1782 das Gollegium Pharmaceuticum Viennense aufhob und die „Eilf zum Verschleiss deren Gesundheits- wiisser associrten Allhiesig burgerlichen Apo- theker“ noch in demselben Jahre um die Verlan- gerung ihres seit so langer Zeit innegehabten Pri- vilegiums beim Kaiser einschritten, wurden sie mit ihrem Gesuche abgevviesen und im darauf folgen- den Jahre das Befugniss der Wiener Apotheker * Die heutige Wiener Zeitung. 131 zum Alleinverkaufe der Mineralvvasser vollig auf- gehoben. So endete der vvohlthatige Einfluss, den das Wiener Apotheker-Gremium durch Gl Jalire auf' die Rohitscherquelle ausllbte, und bis zum An- faiige des gegenvvartigen Jahrhunderts gerieth die- selbe immer mehr in Verfall und verlor ihren Ruf fast ganzlieh. Diess konnte mn so leichter geschehen, da seit Aufhebung des Apotheker - Gremiums die Quelle Niemand in besondere Obhut nahm und der Betrieb der Fiillung und Verschliessung aber- rnals in die Hande der amvohnenden Bauern ge- langte. Jeder von ihnen errichtete seine Fiillhutte und liielt Gasthaus flir die den Versehleiss betrei- benden Fuhrleute; sie weehselten in der Fiillung ab und unterhielten eine kleine Badanstalt. Wie von jenem Vereine von Bauern zu ervvarten, ent- spannen sich unter ihnen oft thatliche Streitigkei- ten liber das Fullungsrecht und es vvurde bei der- selben bbchst unzvveckmiissig und nachlassig ver- fahren. llurch die vielen hieriiber entstandenen Kla- gen wurden die Herre,n St and e Steier- rnarks auf die Rohitscher Hauptquelle aufmerk- sam gemacht, und liessen eine Analyse derselben, so wie mehrerer nahen S,auerquellen durch Herrn Apotheker Josef Siiess, im Jalire 1801 veran- stalten, deren hochstbefriedigende Ergebnisse, nebst einer Anleitung zum Kurgehrauehe von dem k. k. Rath und Leibmedicus Dr. B. F a b j im Jahre 1803 veroflentlicht wurden. Inzvvischen vvurde durch eine Allerhoehste 9 # 132 Verordnung vom Jahre 1803 das Schopfen des Sauerwassers aus der Rohitscher Hauptquelle, so wie die Fullung und Versendung der Flaschen all- gemein untersagt und das Befugniss dazu den Stan d en Steiermarks aussehliessend zuer- kannt. Die Herren Sta n de erkauften nun alle die Quelle zunachst umgebenden Bauernbesitzun- gen und begriindeten durch Errichtung mehrerer Wohngebaude, so wie durch Anstellung eines eigenen Inspectors und Brunnenarztes die jetzige Kuranstalt. Unter dem erfolgreichen und besondern Augenmerke weil. Sr. Exc. des verewigten Herrn Landeshauptmannes Ferdinand Grafen v. Attems, so wie dessen Sohnes und wiirdigen Naehfolgers, Sr. Excellenz des letzten Herrn Landeshauptman¬ nes, Ignaz M. Grafen von Attems, ferner weil. Sr. Exe. des Herrn Abten zu Admont, Gotthard K u g e 1 m e j e r, entwickelte und vervollkommnete sieh in der Zeitfolge und zwar unter der Leitung des Herrn Dr. Johann N. F roli eh, der im Jahre 1804 zum Brunnenarzte und bald darauf zum In- spector ernannt wurde — diese Heilanstalt mit besonderem Glttcke. Der neue Inspector machte sehon im Jahre 1804 einen Vorschlag zur zweekmassigeren Be- reitungsart der Mineralbader, die bisher in Kesseln erhitzt wurden, an die Herren St and e. Dieser Vorschlag wurde unverandert angenommen und alsogleich in Ausfiihrung gebraeht. Weil. Se. Exc. der verewigte Herr Landeshauptmann nahm ver- suchsweisc das erste, nach jener neuen Angabe, 133 mit gliihenden Eisenkolben bereitete Bad, und er- offnete so diese segensreiche Badanstalt, deren liohe Bedeutung seitdem immer mehr gevviirdigt wird. In den nachstfolgenden Jahren begann es immer lebendiger zu werden in dem waldigen Thalkessel; es entstanden von Zeit zu Zeit neue Wolmgebiiude, und im Jahre 1810 ward bereits das friihere Badhaus erbaut, welches in der Folge durch unterirdisch gelegte Leitungsrohren mit der Trink- und den drei Badequellen inVerbindung ge- bracht wurde. Das den Hauptbrunnen zunachst um- gebende Terrain ward bedeutend gehoben und geeb- net, und die denselben bedrohenden Bache durch geraumige bedeckte Kanale unschadlich gemaeht. Durch die eifrige Pflege begann nun der Ro- hitscher Sauerbrunnenseinen altverdienten und nur verdunkelten Ruhm wieder zu gewinnen, der Fla- schenabsatz mehrte sich von Jahr zu Jahr und ebenso fanden sich immer mehrere Hulfesuchende bei dem heilbringenden Borne ein. Zu diesem ge- deihlichen Aufschwunge trug das gltickliche Ereig- niss sehr viel bei, dass Se. k a i s e r 1 i c h e H o h e i t, der durehlauchtigste E r z h e r z o g Jo¬ hann, der edelmuthige BeschUtzer der Steier- mark, die Rohitseher Kuranstalt im Jahre 1811 besuchte, urn die durch Anstrengungen wieder- holter Feldziige angegriflene Gesundheit herzu- stellen. Und nieht unbelohnt blieb dieses der Quelle geschenkte Vertrauen, denn sie spendete ihrem hohen Gonner „der Gesundheit bliihenden Purpur“ und sah ihn noch zweimal kommen und schopfen von ihren Wellen. 134 Im J. 1813 wurde der friihere Kursalon er- baut, dem in den folgenden Jaliren mehrere Wohngebaude folgten. In einem derselben wurde eine Kapelic errichtet, zu deren Schmuck weiland Se. Exeellenz der verewigte Herr Landeshaupt- mann ein meisterhaft gemaltes Altarblatt, die hei- lige Familie darstellend, weihte. Dieses Gemalde ist von der Hand Adam W e i s s k i r e h e r s, wel- cher Klinstler um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Steiermark lebte. Im Jahre 1816 wurde der alte, von denWie- ner Apothekern gesetzte Brunnenkranz der Haupt- quelle durch einen neuen aus 'illyrischem Marmor ersetzt, und bei dieser Gelegenlieit eine neu ent- deckte Quelle zur Beniitzung gebraeht, die seitdem ihr Wasser durch einen aus Steinplatten zusam- mengefiigten Kanal in den Brunnen schickt; im Jahre 1819 vvurde der in seinen Formen vollen- dete , auf 12 jotiiselien Saulen und vier Pfeilern ruhende Brunnentempel, nach dem Bntvvurfe des Triestiner Baumeisters Herrn Nikolaus P erts c h, dariiber gevvolbt und sofort mit zunehmendem Gasteandrange durch Errichtung mehrerer Wohn- gebaude dem Bedurfnisse der Zeit zweckdienlich entsproehen. Dem bisher im Badeorte herrschcn- den Mangel an. Siissvvasser vvurde durch die im Jahre 1819 gelegte, 1100 Klafter in gusscisernen Kohren laulende Wasserleitung abgeholfen, wel- cher im Jahre 1834 eine zweite folgte. Schon beim Entstehen der Anstalt vvurde die vorige Flaschenform mit der jetzigen vertauscht, die zinnernen Schrauben zur Verschliessung un- statthaffc erkannt und dieselben durch eine feste 135 Verkorkung und Anwendung einer eigenen Ver- pichmasse ilberflussig gemacht. In gleiehem Schritte mit diesen Verbesserungen mehrte sich auch der Flaschenabsatz nacli den verschiedensten Punkten des In- und Auslandes so sehr, dass die Anzahl der im J. 1833 versendeten Flasehen 387,901, im J. 1834 388,671, im J. 1835 465,254, im J. 1836 382,042 Flasehen betrug. Im J. 1828 wurde, um weil. Se. Exc. den verew. Herrn Landeshauptmann, den eifrigsten Be- grilnder dieser Anstalt zu ehren, sein Bildniss als kolossale, von Leopold Kislingin Wien, aus Bronce gefertigte Biiste feierlich aufgestellt. Sie ruht auf einem Monolith-Piedestale von Mauthaus- ner Granit, welches mit folgender Inschrift ge- ziert ist: FERDINAND GRAF VON ATTEMS. IHREM UNVERGESSLICHEN LANDES- IIAUPTMANNE DEM MENSCHENFREUNDLICHEN GRUNDER DER ROHITSCHER HEILANSTALT IM IAHRE MDCCCI " DIE STAENDE STEYERMARKS ZUR DANKBAREN ERINNERUNG IM IAHRE MDCCCXXVIII. Der Hiigel, auf dem das Monument ruht, wurde so wie die benachbarten Haine naoh allen Richtungen mit Alleen bepflanzt und mit Giingen durchzogen, so dass gegenvvartig der niedlielie Brunnenort, von einem Parke umschlossen, alle Annehmliehkeiten eines reizenden Sommeraufent- haltes bietet. 136 Wegen der irnmer zunehmenden Giisteanzahl wurden fast alljiihrlich neue Bauten gefiihrt. Als man im Herbste des J. 1834 das erste und alteste, nordlich vom Brunnentempel gestan- dene, von Baron Cou rty erbaute Wohnhaus de- molirte, fand ieh in den Trummern einen inschrift- lichen Stein, der als Bruchstuek beim Kiichenge- wolbe verwendet war. Er zeigt folgende sehr deutliche Zeilenanfange, die auf zvvei Seiten mit einem erhabeneu doppelt cannelirten Streifen umrandet, auf den zvvei aiidern durch die Bruchrander begranzt sind. M G R I S I E H O C I N X I BI U R O Aus vvelcher Zeitperiode dieses Stilck her- riihre, vvage ich nicht zu entscheiden; doch lassen Fundort, Gesteinart — es besteht aus rothlichem feinkornigen Sandstein, wie er in den benachbarten Gebirgen haufig anbricht — ferners die Worte: aegris, cinxi, muro keinen Zweifel iibrig, dass das- selbe auf diesen Heilbrunnen Bezug habe. Inzwischen wurde jeder Anfordernng eines gebildeten Kurpublikums durch zweckmassige Ein- riehtungen gentigend entsprochen und die Anstalt gewann immer mehrere Gonner und Verehrer. So betrug die Zalil der Kurgaste im J. 1834 745, im J. 1835 817, im J. 1836 704, im J. 1837 865 Personen. — Seit dem Jalire 1836 ist der k. k. Rath, Herr Dr. Joseph Sock, Inspector und Brun- nenarzt zu Sauerbrunn; es wurde unter seiner Leitung ein giinzlicher Umbau des Kurortes begon- 137 575,774 546,180 675,961 650,000 680.927 nen und bereits dem grosseren Theile nach durch- gefiihrt. Fiir den Aufschwung dieses Kurplatzes in neuester Zeit mogen Zahlen spreehen: Jahr Gasteanzahl Bader Versendete Flaschen. 1851 2147 5736 1852 2318 6527 1853 2491 6043 1854 2300 6000 1855 2400 6405 Wir geben noch eine kurze Geschichte der ausser der Kuranstalt im Quellengebiete von Ro- hitsch entspringenden Sauerbrunnen. Der Ignazbrunnen zu Unterkostreinitz wurde im Oktober 1842 entdeckt. An der tiefsten Stelle der nassen, um jenen Quell liegenden Wiese gruben spielende Hirtenkinder eine schuhtiefe Grube; Tags darauf fand der Besitzer jener Wiese die Vertiefung mit Wasser gefiillt, das sauerlich schrneckte, mit Wein gemiseht ein lebliaft brau- sendes angenehmes Getrank gab und uberzeugte sich so, dass seine Kinder in harmlosem Spiele einen hochst wichtigen Fund machten. Ohne Zo- gern schiekte jener Landmann einigeFlasehen von der neuentdeckten Quelle mit einem Verkaufs- anbote derselben an Herrn Ignaz Nouackh in Cilli, welcher durch die Bearbeitung der Brun- nen zu Oberkostreinitz in der Gegend bekannt- und durch menschenfreundliches Betragen unter den dortigenBauernsehrbeliebtwar. Herrl. Nouackh kaufte die Quelie mit der anliegenden Wiese, und fand an oben bezeichneter Stelle in der Tiefe von 2 V 4 0 drei dicht nebeneinander aus einem „Thon- 138 schieferfelsen“ hervorsprudelnde Sauerquellen, die jedoch wegen Wasserarmuth die Miihe und Un- kosten der Fassung nicht gedeekt hatten; durch Weitergraben fand Hr. N. noch drei Quellen von gleicher Vortrefflichkeit, die er durch Marmor- kanale, welehe spater mit Glasrohren vertausclit wurden, in den auf die ersteren gesetzten Brunnen- kranz leitete. Bei der entferntesten der zuletzt ent- deckten Quellen traf man die Reste einer Fassung aus Holz, die 1 'j„ 0 unter der Erdoberflache begra- ben, den Beweis lieferte, dass diese Quelle bereits vor Jahrlninderten beniitzt vvorden sein milsse. Auf eine neuerliche Verschtittung derQuelle durch Re- genbache ist bei dem geringen Umfange des von niedern Hugeln umschlossenen Thales, das noch iiberdies weitab vom Hochgebirge liegt, nicht zu denken; auch erinnern sich die altesten Leute der Gegend nicht, jevoneinem Sauerbrunnen ( Slatina ) in jenem Thale gehort zu liaben. Nur die Jager erzahlen noch, dass in dem jener Wiese zunaehst gelegenen Haine von uralten Eichen der beste Stand auf Wildtauben gewesen, die gerne in die Kronen jener Biiume einfielen, um sich von Zeit zu Zeit auf die von Sauervvasser durchtrankte Wiese herabzuschwingen und davon zu schliirfen; auch bemerkte man von jeher, dass das weidende Hornvieh auf jener Stelle der Wiese am liebsten verweilte. Herr I. Nouackh iiberbaute im J. 1843 die in Marmor gefassteQuelle mit einer netten, tempel- artigen Bedachung, errichtete eine Fiillanstalt und liess den Brunnen durch Herrn F. Nagj, Apo- theker zu Samobor einer Anaiyse unterziehen, 139 vvelche in 16 Unz. Wasser 98,126 Gran fester Bestandtheile (darunter 80,950 Gr. kohlens. Na- tron) und 93 W. K. Zoll kohlens. Gas naehwies. Die Versendung dieses ausgezeichneten Sauerbrunnens stieg von Jahr zu J ahr in nahe und ferne Lander. Im Jahrel847 analysirte Dr. Franz Hruschauer, k. k. Professor der Chemie an der Universitat zu Graz, diesen Brunnen und die Resultate flelen sehr befriedigend aus. Als Heilmittel wurde der Ignazbrunnenvon Dr. Kotsevar, k.k. Districtsarzte zu Windiseh-Landsberg, und vonr Verfasser in mehreren Fallen mit glanzenden Er- folgen angevvendet; in neuester Zeit wurden von Dr. Sigmund im hiesigen allgemeinen Kranken- liause Heilversuche eingeleitet, deren bisherige Re- sultate dem praktisehen Arzte vielversprechend erscheinen. Ich betrachte es als schuldigen Tribut der Dankbarkeit, den Namen eines Mannes, der durcli rastlose Thatigkeit eine fiir die leidende Mensch- heit so vvichtige Heilquelle ersehloss und zum Ge- nusse bot, der iiberhaupt fiir die Industrie und Agrikultur Steiermarks so vieles geleistet hat, auf die Nachwelt zu bringen, und diese trelfliche Na- trokrene unter dem Namen I g n a z b r u n n e n in die Welt einzufiihren. Der W i n d i s c h g r ti t z b r u n n e n wurde im J. 1836 aufgegraben, mit einem Marmorkranze ge- fasst, im J. 1847 von Herrn Prof. Ragsky in Wien analysirt und eine Fullanstalt bei selbem errichtet. * * Die Analyse des Windischgriitzbrunnens wurde in der Tabelle auf S. 38 theils wegen Mangel an Platz, theils desswegen niclit aufgenommen, weil es interes- 140 Die Rosalienquelle wurde ira J. 1852 von dem Verfasser angekauft — im J. 1853 kunst- massig gefasst und im J. 1854 eine Fiillanstalt ein- geriehtet. Der bisherige Erfolg der Probeversen- dungen des Rosalienbrunnens lasst hoffen, dass derselbe in weiteren Kreisen Anklang finden wird. Die Geschichte der iibrigen, noeh nichtkulti- virten Sauerquellen konnen wir hier fuglich iiber- gehen. VII. Der Tempelbrunnen als Heilmittel. Kurbilder. Den arzneilichen Charakter dieses Brunnens mit markigen Strichen zu zeiclmen, unterliegt den- selben Schwierigkeiten, wie die Bestimrnung der therapeutischen Individualitat aller zur Arznei geeigneten Naturkorper. santer scliien, eine fiir das Rohitscher Quellengebiet neue Art von Sauerling — den Marienbrunnen vorzu- fuhren. Dagegen fiigen wir dieselbe gleicli hier bei: In 16 Unz. sind nach Prof. Ragsky enthalten in Granen: Kohlens. Kalk 5,598, kohlens. Magnesia 4,079, kohlens. Natron 8,576, kohlens. Eisenoxydul 0,069, schwefels. Natron 10,2.53, Chlornatrium 0,218, Kieselerde 0,020; ausserdem nocli Spuren von Pliosphorsaure, Kali und Thonerde. 141 Bisher hat die analytische Chemie der Heii- kunst unter die Arme gegriffen. So betrachtet zahlt der Tempelbrunnen zu den alkalisch- erdigen Sauerlingen mit einem leisen An- hauch von Eisen. Der Tempelbruimen steht in Betreff seines Gehaltes an freier und gebundener Kohlensaure nahe an den starksten Sauerbrunnen und keiner hat dem Analytiker diese Menge von kohlensaurer Kalk- und Bittererde geboten, vvelche mit dem bedeutenden Antheil an schvvefelsaurem Natron diesen Brunnen als eine ganz eigenthttm- liche Mischung darstellen. Aus der Analyse der Heilquellen uberhaupt schlossen die Aerzte mit vorztiglicher Beriieksich- tigung eines oder des anderen Lieblingsstoffes auf die vorwaltende Wirkung dieser treffliehen Arz- neikorper und kamen dadurch zu den vviderspre- chendsten Ansichten iiber die Heilanzeigen fur selbe. So z. B. hat die friihere Analyse des Tem- pelbrunnens von Dr. L. von Vest (mit 1.0 Gr. kohlensauren Eisenoxyduls auf 16 Unzen) die Aerzte der antiphlogistischen Sehule in 'žine form- liche Eisenfurcht versetzt, obvvohl ihnen dieser Gran des mildesten Eisenpriiparatps gegenuber den 45 Granen festerBestandtheile und den 82 Kubik- Zollen kohlensauren Gases^ winzig klein hatte er- scheinen sollen; dagegen finden die Vertreter der ausleerenden Methode in dem Vorhandensein jenes StofFes hauflg eine Anzeige gegen die Anvrenduug dieses Sauerlings und ziehen die gewohnlichen stark e n (?) Glauber- und Bittersalzvvasser vor. Die neuere Analyse des Herrn Professor S c h r o t- ter hat 0,069 Gran kohlensauren Eisenoxyduls 142 fiir obige Wassermenge, somit \veniger als im Johannisbrunnen (0,070) und im beruhmten Sel- tersbrunnen (0,078) nachgewiesen; hierdurch durften die Aerzte sicherlich von ihrer Eisenfurcht geheiit werden. Die Congestionen zum Gehirn und den Lungen, sowie die meisten lastigen Symptome, die den Trinker des Rohitscherbrunnens, beson- ders bei unzweckmassigem Kurgebrauche, befal- len, lassen sicli ganz ungezwungen durch den Koh- lensauregehalt desselben erklaren. Um diess zu beweisen, lassen wir hier eine Reihe vonBeobaChtungen iiber die VVirkungen der Kohlensaure auf den Gesunden folgen. 1. Inhalationen von 70 Theilen atmosphari- scher Luft mit 30 Theilen Kohlensaure rufen bereits nach wenigen Minuten Schwindel und Schlafrigkeit hervor. (Davy.) 2. C o 11 ar d bemerkte an sich von einem kohlensauren Gasbade: Schwere des Kopfes, Yer- dunkelung des Gesichtes, Ohrenklingen, Schmerz in den Schlafen, Betaubung, unbeschreibliches Angstgefiihl. 3. Jeder ilbertriebenen Anwendung von Gas- badern folgen: Druck im Kopfe und Neigung zum Einschlafen, lastige Tragheit, Schwere der Glie- der, erst nach mehreren Stunden vorubergehend. 4. Die Wirkung der Kohlensaure ist eine muskelfeindliche, d. i. sie hemmt die Muskelthiitig- keit und erzeugt Tragheit, Unlust zu gehen, be- schwerlichen Gang. (Lerscli.) 5. Lange und hiiufig fortgesetzter Gebrauch des Trinkens der reinen Kohlensaure erzeugt Magen - druck, Uebelkeit und Erbrechen von Magenschleim. (Dr. Fr. Kil s ter , Brunnenarzt zu Cronthal.) 6. Es sei mir erlaubt, hier eine Vergiftungsge- schichte mit Kohlensaure zu erzahlen. Ein drei Monate altes, kraftiges Huhn wurde dureh Eintauehen in das kohlensaure Gas meiner QuelleNr. III. in 45See. asphyktisch; d. i. es lag mit weit offen stelienden Augenlidern regungslos da; Glasglanz der Augen, stark erweiterte Pupille; keine Zuckungen gingen diesem Zustande voraus; er trat plotzlich ein. Durch das Einsehmieren des Sehnabels mit Salmiakgeist, Besprengen des Tbie- res mit Wasser, Rutteln und Hi n- und Herschau- keln in der Luft gelang es mir erst naeli 15 Mi¬ nuten, das Iiuhn etwas zu sich zu bringen; zuerst verengerte sich die Pupille, dann traten Bevregun- gen der Augenlider ein, dann fing das Thier an, mit dem Schnabel eine Bewegung zu machen, die man gewohnlich so auslegt, als habe das Thier Durst, endlich begannen einzelne Bewegungen der Fusse und erst 30 Minuten nach geschehener Ver- giftung konnte ich versuchen, das Huhn auf eigene Beine zu stellen, was jedoch schwer ging, da das- selbe zuerst immer umfiel; wiederholte Steh- und Gehversuche gelangen endlich so weit, dass das Thier mit ausserst schvvankendem Schritte lang- sam in den benachbarten Wald forttaummelte, die Bewegungen waren dabei sehr trage, die Flugel hingen herab, das Auge blickte stier und sinnlos vor sich hin. Doeh stiess das Thier im Fortschrei- tennichtgegendieBaumean. Erst eineStunde nach geschehener Kohlensaure-Intoxication scheint das Bewusstsein vollkommen zuruckgekehrt zu sein, 144 dcnn das Huhn folgte dem Rufe eines ih m bekann- ten Huhnes im benachbarten Bauernhofe und lief geradlinig, doch irnmer noch etwas steif ia den Bewegungen dorthin ab. 7. Wie bei allen perlendenSauerlingen, wurden auch bei Trinkern des Tempelbrunnens obige ahn- liehe Symptome beobachtet, als: Kopfeingenom- menheit, Betaubung, Schwindel bis zum Umfallen, pressender Stirnkopfschmerz, Unlust zu gehen und beschwerlicherGang wegen uniiberwindlicher Trag- heit der Fiisse. I)iese Symptome erscheinen beson- ders in heissen Sommertagen haufig beiunsernKur- gasten, auch wen n Tags vorher starke Weine getrun- ken wurden, wie nicht minder bei Individuen mit apoplectischem Habitus und steigern sich bei letz- teren, insbesondere bei unvorsichtigem Gebrauche, bisweilen bis zur Lebensgefahr durch drohenden Blutschlag. Man bezeiclmet diese Erscheinungen gewohn- lich mit dem Ausdrucke Brunnenrausch, der um so heftiger ist, je weniger Hauttranspiration sich beim Trinker zeigt. Da alle Symptome der Kohlensaure sofliichtig sindwie sie selbst, so rieth ich mit meist gutem Erfolge den Brunnenberauschten, besonders wenn sie nicht ge- liorig transpirirten, eine foreirte Promenade in die benachbarten Walder zu machen, von der sie meist mit heiterem Kopfezuriickkehrten: bleibt noch ein Rest von Kopfbenommenheit zuriick, so verzieht sich dieselbe nach dem Mittagsmahle. Der Brunnen¬ rausch dauert selten langer als 3—5 Stunden. So wie wir einerseits durch diese aufgeziihl- ten Thatsachen bevviesen zu haben meinen, dass 145 die Kohlensaure und nieht das Eisen die bespro- chenen Congestivzustande hervorrufe, so dient diese Aufzahlung auch dazu, dieselbe fluehtige Saure als das Hauptagens bei Hervorrufung der Heihvirkung unseres Brunnens erklaren zu konnen. Ich bin jedoch weit entfernt, die Kohlensaure- Wirkung fiir die Erklarung der Gesammtwirkung dieses Brunnens allein genUgend zu finden. Nacli meiner Meinung liafr eben diese einseitige Beriick- sichtigung einzelner Bestandtheile die grosse Ver- •svirrung in die arztlichen Ansichten iiber die Heil- quellen gebracht. Ich betrachte den Tempelbrunnen, sowie jeden Heilquell, als ein eigenthtimliches flussiges Mineral, das nach der Totalitat seiner Bestand¬ theile zu beurtheilen, und von jedem individuali- sirenden Arzte ebenso als ein besonderes Arznei- Individuum zu nehmen ist, als z. B. eine der che- misch vielfach zusammengesetzten Giftpflanzen. Wie in einer solchen das Alkaloid, so finden sich in den Heikjuellen allerdings einzelfte Stofle be- sonders stark vertreten, welehe den IIauptwir- kungs-Charakter derselben bedingeu. In unserem Sauerlinge spielt obige Rolle un- zweifelhaft die I£ o h 1 e n s a u r e. Wenn das thie- rische Leben — chemisch betrachtet — in Ver- wandlung des Aeusseren in StickstofI - , in Rttck- wandlung desselben in Kohlenstoff und immerwah- render Ausscheidung des letzteren besteht, wenn wir ferner die Wichtigkeit des Haut- und Selileim- Inuitsvsterns, — der beiden Entkolilungsorgane des Leibes — fiir die gesamrnte thierische Oeko- nomie ricbtig wiirdigen, so wird es uns nieht be- 10 146 fremden, denselben Stoff, der dem animalisehen, ja dem Gesammtleben so nahe verwandt ist, auch von tiefeingreifender Wirkung auf dasselbe zu finden. Es ist derselbe Štolf, der im edlen Weine Frankreichs mit leichtem Hauche des Dichters Phantasie entziindet, im gemeinen Wasser iabt und erfrischt, in tausend Heilquellen das losende und erregende Prinzip darstellt, der auf der an- deren Seite zu den furchtbarsten Giften gehort; es ist ein Stoff, der heilt und erquickt, belebt und tiidtet. Bei der rriedizinischen Anwendung der Kohlensaure wahlt man entweder die aussereHaut oder die Schleimhaut in ihren verschiedenen Aus- breitungen im Verdauungsapparate, in den Ge- schlechtstheilen oder den Sinneswerkzeugen als Aufnahmsorgane. Der allgemeine Charakter ihrer Wirkung ist fliichtig erregend, sowohl Nerven- als Gefasssystem, sowohl producirende als secer- nirende Organe zu erhohter Thatigkeit spornend, durch unmittelbaren Uebergang ins Blut selbst den chemischen Zustaud desselben und dadurcli auch die Ausscheidungsstoffe qualitativ bestimmend, besonders jene der Lungen, die als das tliatigste, Kohlenstoli' absondernde Organ davon am meisten erfilllt und durchdrungen vverden. Obvvohl die Kohlensaure schon wegen ihrer Gasform beson¬ ders geeignet ist, den ganzen Organismus mit Behendigkeit naeh den Gesetzen der Endos- mose und Exosmose zu durchdringen, so liat die- selbe doeh auch anerkannt specifische Biohtungen zu einzelnen Organen, von denen nebst den Lun¬ gen auch die Dnterleibs-, namentlich die Becken- organe vorzugsweise ergrilfen werden. In dieser 147 besonderen Richtung wird die freie und gebundene Kohlensaure unseres Siiuerlings d u r c h die Q u a- litiit der in selbem v o r h an d en en S al z e erhalten, und eben dadurch in ihrer Wirkung be- deutend modilizirt. Ein solcher Richtungsgeber zu den Verdauungsorganen ist das starlsvertretene schwefelsaure Nat r on, wahrend das koh¬ lensaure Natron die Wirkung dieses Brun- nens auf die Harnorgane erklart. Weniger aner- kannt ist die Wirkung der diesem Heilquell in ungewolmlicher Menge beigemisehten ko hi e n- sauren Kalk- und Bittererde, wodurch ge rade der e i g e n t h ii m 1 i c h e W i r k u n g s- Charakter desselben bestimmt, und selber von dem a n d e r e r Sauerlinge die- s e r A r t ( Species ) u n t e r s e h i e d e n w i r d. Beide Stoffe sind im Allgemeinen von den Aerzten wenig oder gar nicht gevvUrdigt worden. — Dass diese im rohen Zustande nahezu indifferenten Stoffe neben den potenten noch vvirken soilen, das eben ist die gevviclitige Frage. Ich ervviedere hierauf, dass diese Stoffe im Rohitscher Tempelbrunnen durch die Natur in bedeutender Menge, die dem grobsten Materialisten denn doch geniigen konnte * und dazu noch in mvriadenfacher, durch die Be- wegung der einzelnen Wassertheilchen beim Auf- steigen der Quelle hervorgebrachter Zertheilung geboten werden. In solcher Zertheilung sind selbst die einfachen Carbonate, noch mehr aber die Bi- carbonate loslich oder wenigstens doch mecha- nisch suspendirbar. Doch wo ist die Grenze der * Kohlensaure Kalkerde, 11,874 und kohlensaure Bittererde 9,931 Gran auf 16 Unzen. 10 * 148 Theilbarkeit der Stofle und wo beginnt die chemi- sche Losbarkeit? Die Theilbarkeit halten wir fur unendlieh, weil man verschiedene Metalle, z. E. einen Gran galvanisch prazipitirten Goldes mit Wasser oder Weingeist bis zur Billion verdiinnt, unter einem guten Mikroskope ausnimmt, und weil diese viel weiter verdiinnten Me¬ tal la to m e an kranken und gesunden Mensehen unlaugbare Wirkungen (Symp- tome) hervorrufen. Dass durch eben diese feine Zertheilung das in jedem Tropfen unseres Brunnens leicht nach- weisbare E is en arzneikraftig wird, ist fur uns jedenfalls eineweit bemerkensiverthere Ansieht, als die chemisch-therapeutische Floskel, ivelche die Kraft des diesem Sauerling innewohnenden Ei- sens als eine die erschlalfende Wirkung des Salzgehaltes besclirankende charakterisirt. Das von Eisen Gesagte bezieben wir aucb auf die geringen Mengen des Chlornatriums, der Kiesel- und Thonerde, so wie auch auf alle in der Folge nochzu entdeckenden Bestandtbeile unserer Quelle * * Der Chemiker Will in Giessen bat in vielen Eisenoeker absetzenden Quellen, in diesem Absa,tze, wie auch im Verdampfungsriickstande des Wassers die Gegen-vvart der Oxyde von Kupfer, Blei, Zinn, Antimon und der arsenigen Saure unlaugbar nachgevviesen; letz- tere findet sicli in den Quellen von ltippoklsau, Wies- baden, Iiomburg nnd mehreren Sauerlingen desTaunus moist als Begleiterin des Eisens, und die Analyse ergab z. B. auf 10,000 Theile derLeo_poldsquelle in Bippoldsau 0,0090 Theile der letzgenannten Siiure. Solite die che- mische, nic rastende Thatigkeit des Erdorgani3mus diese Stoffe aus ihren verborgenen Tiefen nur lierauf- senden, um den Witz der Chemiker zu scliarfen?! — 149 Der Wirkungscharakter des Tem¬ pe 1 b i' u n n e n s i s t, naeh altem Style zu spredi en, t o n i s c h - s o 1 v i r e n d; in grossen Gaben iierrsclit die solvirende, in kleinen die tonisclie Wirkung vor und es stellt sidi in dieser Beziehung eine un- laugbare Wirkungsverwandtschaft dieses Heilquells mit dem Rheum heraus. Uodi weder dureh die einseitige Abschatzung der Einzelnbestandtheile, noch dureh dieErfindung der klingendsten therapeutisehen Adjectiven \ver- den die Heilquellen als solehe charakterisirt — und nimmer werden auf diese Art die Anzeigen fUr selbe die allgemein ersehnte wissensehaftliche- Bestimmtheit und Scharfe erlangen. Diesswird man friiher oder spat er n ur auf' dem von ikilmcmaim vorgezeich- neten und von ih m s e 1 b s t so erfolgreich betretenen Wege d e r p h y s i o 1 o g i s c h e n Arzneipriifung erreichen. Man trinke im ge sun de n Zustande unter Beobachtung einer entsprechenden Diat so viel Mineralvrasser, bis Symptome oder Symptomenreihen erfecheinen. Der gesunde rnenschliche Leib, dieses emplindliehste und reinste Reagens fiir Arznqimittel, wird die an ihn gestellte Frage sieherlich beantvrorten, \vie es sovvohl bei Giften als auch bei an sieli indifferen- ten, doch kunstmassig verdilnnten Rohstoffen bis- lier so oft geschah. Dieses sclnvierige, die grossten Opfer und Entbehrungen heischende Experiment werde von vielen Personen versehiedenen Ge- schlechts, Alters und Temperamenta unter ver- schiedenen Zeit- und Witterungsverhaltnissen und in den verschiedensteu innerlichen und ausserlichen 150 Gebrauchs\veisen durchgefuhr. Dann erst wird man mit der grosstmoglichsten Bestimmtheit, deren die Heilkunst uberhaupt fahig ist, die specifischen Richtungen der einzelnen Heilquellen zu einzelnen Organen und Organsystemen erfassen, dann erst wird man den arzneilichen Geist der Brunnen, ihren therapeutischen Charakter erkennen. Damit wollen wir jedoch nicht gemeint haben, dass die physiologische Arzneiprlifung der am Kranken be- obachteten HeiKvirkung desselben Brunnens allen Werth raube. Die A r z n e i w ir k u n g a m K r a n- ken dient, streng vvissensehaftlich genom men, z ur Kontroli e der Arzneiprttfung a n Ge- sunden, und je haufiger, mit je mehr Umsicht, Beharrlichkeit und vvissen- schaftlieher Skepsis letztere durchge- fuhrt wird, desto \veniger Experiment ist das Heilen eines gegebenen Falles. Die an meiner Person wiederholt durchge- fiihrten pliysiologischen Prilfungen des Tempel- brunnens haben in Bezug auf die Verdauungs-Or- gane, die Lungenschleimhaut, sowie auf die Gei- stes- und Gemuthssphare so manches interessante Symptom geliefert; doch sind dieseVersuche noeh nieht soweit gedielien und stehen zu vereinzelt da, um ein umfassendes Bild der pathogenetischen Wirkung dieses Brunnens liefern zu konnen. Ich werde diese Versuche fortsetzen und es diirften sich vielleicht noch andere Aerzte und gebildete Laien mit mir zu demselben Zwec ke vereinigen, auf welchem Wege es sicherlieh gelingen wird, die Anzeigen fiir den Tempelbrunnen festzu- stellen. 151 Auf demselben Wege wird man auch zu kla- ren Anzeigen fiir die heilkraftigen Sauerbrunnstahl- bader gelangen. Man kann mit Siclierbeit behaupten, dass diese Bader im AllgemeinendieselbeWirkung lier- vovbringen, wie der innerlich gebrauchte Sauer- ling. Doch wird bei der Erhitzung mit gliihenden Stahlkolben viel von dem kohlensauern Gase aus- getrieben und demnach der chemische Gehalt des Mineralwassers und mit ihm die Wirkung dessel- ben bedeutend verandert. Aus den Kurerfolgen zu schliessen, iiussern diese Bader eine d u r c h d r i li¬ ge n d star k e n d e und b el ebe n de Wir- k u n g und haben ihre Heilkraft gegen Krankhei- ten der Genitaliensphare mit dem Charakter der Atonie , insbesondere gegen Neigung zu passiven Metrorrhagien oder zu Fehl- und Friihgeburten, gegen Sterilitat, wie auch gegen Impotenz , ferner gegen den anaemischen Zustand naeli erschbpfen- den Blutfliissen, gegen Schwachezustande nach iiberstandenem Tjphus, gegen chkirotische Zu- stande u. s. w. vielfach bewahrt. Ueberhaupt werden die Bader in allen fur den Tempelbrunnen passendenFallen verordnet, in de- nen man voraussetzen kann, dass selbe zu dem beim Trinkgebrauche vorhabenden Kurzweck mit- wirken kbnnen, oder wo der innerliche Gebrauch contraindicirt ist. Die bleibenden C o n tr a in d i ca ti on en des Kurgebrauches in Rohitsch sind: i. Allgemeine Vollbliitigkeit, Neigung zu aktiven Blutfliissen, die meisten organischen Krank- 152 heiten des Herzens und der grossen Gefasse, Nei- gung zu Blutschlag, wenn dieselbe nicht durch Stockungen in den Unterleibseingeweiden bedingt ist, in welchem Falle die vorsichtig gebrauchte Trinkkur oft die trefflichsten Diensteleistete, ferner mehrere Hypertrophien einzeln er Organe (mitAus- nahme der naeh Wechselfiebern zuriickbleibenden Milzhypertropbie) ; endlich krebsige Entartungen. In der Monatperiode ist derKurgebrauch verboten, so aucli in der Graviditat nur mit grbsster Vorsicht durchzufuhren. Was die in der Neigung zu Tuberkeln oder dem Vorhandensein derselben begriindete Contrain- dication betrifft, so ist dieselbe in viel engere Gren- zen, als es bisher geschah, zurilekzuweisen und auf weiter vorgeschrittene Falle mit entzundlichen Affectionen der Lungen zn beschranken. Im Allgemeinen ist in liilcksicht der Gegen- anzeigen unsere Ansicht,dass so manchesfiir einen bestimmtenFall trefflich passende Arzneimittel als contraindicirt bei Seite geschoben wird, welches gerade den Fali geheilt h at te: derFehler liegt hier hautig in den herrsehenden Grundsatzen der ge- wohnlichen Posologie. Den therapeutisehen Charakter der ubrigen analysirfen Rohitscherquellen zu bestimmen, un- terliegt wegen Mangel an physiologischen Priifun- gen und Kurversuchen vor der Iiand nocli man- chen Schwierigkeiten. Der Windiseligratzbrunnen zeigt sich in seiner Zusammensetzung als ein dem Tempel- brunnen sehr ahnlicher, doeh an Menge der Be- 153 standtheile und besoaders der Kohlensaure dem- selben nachsteheuder Siiuerling. Grosses Interesse fiir Aerzte, wie auch fur Chemiker und Geologen bietet der Ignazbruu- nen. Aus dem leicliten Anliauch von Jod, den dieser eminente N a tr on siiuerling mit sicli fiihrt, erklart sich ungezwungen dieausgezeichnete Wirkung desselben bei Driisengesclrvviilsten, lym- phatischem Kropfe und bei Blasenkatarrhen. Um dieAnzeigen fiir dieWahl desTempel- brunnens und derBader inSauerbrunn naher zu bestimmen, geben wir eine Reihe von Kurbildern, die dem Krankenjournale des ge- wesenen Directors und Brunnenarztes, Dr. Job. Froli eh, und meinem eigenen entnommen sind. Knrbilder. 1. Larvngitis chrouica. Chronische K e h 1 k o |) f e n t z u n d u n g. Fran L. ausTriest hatte, ungeachtet eilf tiber- standener Geburten, ein zartes Hautorgan und die lieblicbste Jugendfrische erhalten. Zwei Jahre vor ihrem ersten Erseheinen am Rohitseher Kurplatze wurde selbe von einer Heiserkeit belallen, die in Kurzem so weit zunabm, dass die Patientin oft ltein lautes Wort hervorzubringen vermochte und von einer bestiindigen Trockenheit der Scldingpartien beliistigt wurde. Letzteres Sj^mptom ward durch 154 Erhitzung des Korpers und insbesondere bei sehr warmer Atmosphare alsogleich gesteigert; dabei waren jedoch im Kelilkopfe keine oder nur unbe- deutende Schmerzen vorhanden. Die Patientin trank nach Anordnung vom Tempelbrunnen zuerst gevvarmte kleineDosen und ging dann allmiilig zum kiilteren und ganz kalten iiber. Diese Kur, unterstiitzt von einigen kiililen Sauerbrunnstahlbadern hatte der giinstig gestellten Prognose vollkommen entsprochen, und Frau L. reiste mit einer klangvollen Stimme, befreit von allen lastigen Symptomen , in ihren Wolinsitz zurUck, 2. Ilvs|i(‘[isia. Yerdauungsschwache. Ein vollblutiger Mann von 56 Jahren litt seit geraumer Zeit, ohne bekannte Ursache an Unver- daulichkeit, ofterem Erbrechen, wozu sicli zuletzt ein uniiberwindlicher Ekel vor allen Fleisehspei- sen gesellte, der so weit ging, dass der Patientdureh mehrere Monate nur dlinne Suppen und wenig trockenes Brot zu sich nehmen und zuletzt nicht einmal den Geruch einer Fleisehsuppe ohne Ekel vertragen konnte. Dadurch erlitt Patient einen be- deutenden Krafteverlust und kam bleich und abge- zehrt an den Rohitscher Ivurort. Genauere Unter- suchung zeigte, dass das Leiden durch Atonie der Magenschleimhaut bedingt sei. Man rieth ihni, mit drei Bechern von sechs Unzen Inhalt die Trinkkur zu beginnen. Am drit- ten Tage des Kurgebrauches konnte Patient Mit- 155 tags bereits eine ldeine Portion Kalbfleisch genies- sen; er stieg sofort auf sechs solche Becher fur den Tag mit Nebengebrauch des Sauerbrunnstahlbades und kam dadurcli zu herrlichem Appetit, zu allge- meiner Erkraftigung und zu besserem Aussehen, so dass er nach vierzehntiigigem Yerweilen sehr befriedigt den Brunnenort verliess. Scorbutus emu Iivilrope cousecutiv«. Scorbut mit Wassersucht. Ženo B. ein starkgebauter Mann von 45 Jah- ren aus Kroatien, der sich schon ofters von den Folgen tiberstandener hartnackiger Wechselfieber durch den Kurgebrauch am Rohitseher Tempel- brunnen erliolt hatte, wurde endlich durch einen erneueiten Anfall von Wechselfieber so ttbel mit- genommen, dass er mit kachektischem Aussehen, Gelbsucht, wassersiichtig geschwollenem Unter- leibe und Fiissen, halbverzvveifelt abermal sein Heil in Rohitsch suchen musste. Zugleich zeigte sich an ihm ein sehr angstliches Athmen, ofteres Herzklopfen, und seine ganze Oberhaut vvar mit dunklen lividen scorbutischpn Flecken wie besaet; sein Geist vvar dabei gedrUckt, sein Gemiith diister und voli banger Ahnung eines, baldigen Endes sei- ner Leiden durch den Tod. Nach vierzehntagiger Trinkkur traten bereits wesentliche heilsame Veranderungen ein, denn die Anschvvellung des Unterleibes hatte bedeutend nachgelassen, so dass man nun die vergrosserte Leber undaufgetriebene Milz deutlich fiihlen konnte; das Athmen vvurde um vieles freier, der scorbuti- 156 sclie Ausschlag verschwand undEsslust mit besse- rem Aussehen stellton sieh ein. So weit hergestelltmusstePatientseiner Amts- verhaltnisse \veg£n abreisen. Den Gebrauch desBa- des hielt man in diesem Falle wegen hydropischer Ansehwellung fiir niebt angezeigt. 4 . Ciilorosis. B1 e i c h s u c h t. Fraulein N. 14 ] / 2 Jabre alt, fdlirte wahrend des Halbjahres vor ihrem Erscheinen auf unserem Kurplatze eine angestrengt sitzende Lebensart und es entwickelte sich wahrend dieserZeit eine hocli- gradige Bleichsucbt mit den gevvohnlichen Symp- tomen. Patientin nahm, ohne arztlichen Rath einzu- holen, taglich 3 bis 5 Glaser von 6 Unzen Inhalt vom kalten Siiuerling'und zuersttaglicb ein balbes, d. i. zur Halfte aus Mineral- und zur Halfte aus Susswasser bestehendes Stablbad; weil sie jedoch dies sehr schlecht vertrug, rietb man ihr, das Bad j eden dritten Tag zu nehmen. Doch auch so wollte ihr die Kur niclit beha- gen, und Patientin war nacb 8 Badern auf dem Punkte, die Kurwegen fieberhafter Aufregung un- terbrecben zu miissen; insbesondere wurdePatient in in jeder auf den Badetag folgenden N acbt von einem sebr heftigen, ziebendreissenden Scbmerz in der recbten oberen Zabnreibebefallen, denieb, da man mich endlich zu Ratbe zog, durch Pulsatilla heilte. Ieh rietb nach einigen Rubetagendie Kur mit gemassigten Gaben Minerahvasser vieder zu be- 157 ginnen. Patientin tranknun taglich 3 Gl as er zu 4 Unzen und nahm jeden dritten Tag ein Stahlbad, dem zuerst 10 Mass Sauerbrunnen und so fort mit jedem Bade um 5 Mass mehr zugesetzt vvurden. So kamen wir allmalig bis zum taglichen Ge- brauche des doppelten Sauerbnmnstahlbades, was sie nun ohne allen Anstand und mit dem bestenEr- folge vertrug. Die Kur dauerte im Ganzen durcli 10 Woelien und die Ileilung war eine so vollkom- mene, dass die Patientin, obvvohl zur gewohnten sitzenden Lebensart zuriiekkehrend, von keinem Sjmptome der Bleichsucht beliistigt wurde. 5. Scrofulosis rum ata\ia mnistnioruui. Ein Fraulein von 15 Jahren mit irritablem Temperamente und ausgesprochenem scrofulosem Habitus, deren Menstruation mit ihrem 14. Jahre erschien, seither aberbald zu stark, bald zuseh\vach, oft unter Schmerzen und Fieberbewegungen vor sich ging, das uberdiess noch mit bedeutenden An- sehwellungen der Halsdrtisen, von denen einige in langvvieriger Eiterung begriffen waren, so wie mit zeitweise wiederkehrenden Augenentzlindungen behaftet war, wurde durch Jahre mit Antimonial- und Merkurialmitteln vergebensbehandelt und floh endlich vertrauungsvoll zum Rohitscher Brunnen. Man verordnete drei 5 Unzenbecher taglich nebst dem Gebrauche eines einfachen Sauerbrunn- stahlbades. Nacli wenigen Kurtagen fuhlte sich Patientin iibermassigangeg^iffen, von Unruhe und allgemeiner Aufregung befallen. Man glaubte dies dem Sauer- brunnstahlbade zusehreiben zu miissen, und liess 158 dasselbe daher durch einige Tage aussetzen. Die fur sich alleinfortgesetzte Trinkkur ward sehr wohl vertragen ; dagegen erfolgtejedesmal unangenehme Aufregung- sobald ein Bad genommen wurde. Man fuhr also mit der Trinkkur durch volle vier Wo- chen fort und es war davon auffallende Besserung des Krankheitszustandes zu ersehen. Im niimlichen Sommer noch wiederholte Patientin die Trinkkur am Brunnen durch 3 Wochen, und es ordnete sicli im darauffolgenden Winter die Menstruation, das Aussehen ward frisch und bliihend, die Disposition zur scrofulosen Augenentzundung war gehobcn, die Halsdrilsengeschwure vernarbten und die dor- tigen Anschwellungen verschwanden. (i. Cachexia splenica. Milz - Kachexie. Eine zart gebaute Frau von 36 Jahren, die seehs schwere Geburten tiberstanden hatte, litt seit mehreren Jahren an hartnackiger Leibesversto- pfung; dagegen, so wie gegen das mitunter sich einstellende Bauchgrimmen und Mangel an Esslust wurde sie mit drastisehen, mit Brechmitteln und reizenden Klystiren anhaltend behandelt. Hierauf trat eine von Tag zu Tag zunehmende Anschwel- lung der Milz mit heftigen anhaltenden, meist ste- chenden Schmerzen im linken Hypochondrium ein. Naehdem -vviederholte Aderliisse den Zustand versclilimmert hatten, und spater noch die ver- schiedensten Antimonial-, Merkurial- und andere auflbsende Mittel ohne Erfolg angevrendet worden waren, verfiel die Patientin selbst auf den Gedan- ken, ihr Heil an der Rohitscher Quelle zu suchen. 159 Sie erschien mit kachektischem Aussehen, Zalinfleisch und Gaumen warea blass und leicht blutend, das Athmen bei der geringsten Bewegung angstlich und keuchend, der Unterleib, besonders die linke Rippenweichgegend stark aufgetrieben, die Milz vergrossert. Nachdem Patientin in anfangs geringen und dann massig gesteigerten Dosen vom Rohitscher Heilbrunnen durch drei Woelien getrunken und taglich ein Sauerbrunnstahlbad genoinmen hatte, besserten sieli ofFenbar alle ihre Leiden und sogar die Monatperiode, die bisher immer unregelmassig und mit Besclnverden eintrat, stellte sieh wahrend des Kurgebrauches auf normalo Weise ein. Durch Wiederholung der Brunnenkur im fol- genden Jahre wurde ganzliche und bleibende Her- stellung bewirkt. 7. Cachexia splcnica cum febri intermittentc. Milz-Kachexie mit Wechselfieber. Eine 35jahrige Frau litt seit vielen Jahren an trager Verdauung mit Stuhlverstopfung, wobei die Milzgegend besonders aufgetrieben und mitunter schmerzhaft war. Mehrere dagegen gebrauchte Mi- neralwasser blieben ohne gewiinsehten Erfolg. Wahrend ihres mehrjahrigen Aufenthaltes in Agram warsiegrosstentheils voneinem viertagigen Wechselfieber befallen. Zuletzt vertrug Patientin keine Arzneien mehr, auch die leielitesten Formen der Chinarinde nicht, die sie sogleich erbrach. Letzterer Umstand war um so bedenklicher, da 160 sieh Patientin itn sechsten Monate der Graviditat befand. Demungeachtet wagte man mit dieser Patientin mit dcr grossten Vorsicht eine Rohitscher Brunnenkur. Kanm hatte sie durch einigeTage in geringen Dosen das Sauerwasser getrunken und (an den fieberfreien Tagen) ein sogenanntes einfaches Sauerbrunnstahlbad genommen, so waren auch schon die Fieberanfalle von viel geringerer Inten- sitat, und nach dreiwochentlichem Kurgebrauche biieben selbe ganz aus. Bald nach der Ruekkehr in ihren Wohnsitz genas sie eines gesunden Spross- lings. Nach glilcklieh iiberstandenem Wochenbette trank diese Frau vorbauungsweise R. Sauerling mit dem Erfolge fort, dass sie von jedem ferneren Anfalle des Wechselflebers verschont blieb und die Unter- leibsbesclrvverden ganzlich verschwanden. 8. Infardns iicnis cum feltri intermittente. Anschoppung der Milz mit Wechsel- fieber. Ein 'lBjahriger Jungling wurde in seiner Hei- mat, dem tieferen Kroatien, dureh ein Jahr lang von einern viertiigigen Fieber geplagt und dadurch so Ubel zugerichtet, dass er abgezehrt und mit lei- chenblassem Aussehen, mit allgemeiner Entkrafti- gung, schwacherheisererStimme, einem bleibenden driickenden Schmerz unter dem Brustbein mit so beangstigtem kurzen Athem, dass er kaum einige Stufen ersteigen konnte, ferners mit darniederlie- gender Verdauungskraft und mit aufgetriebenein sehmerzhaftem linken Hjpochondrium an den Ro- 161 hitscher Kurort kam. Jenes hartnackige Fieber verliess ihn mitunter auf eine Woche, doch iiber- flel es ihn darauf mit desto grosserer Wuth • so liatte er eben am Ta,ge vor seinem Eintreffen in Rohitseh einen gewaltigen Paroxysmus zu iiber- stehen. Unter diesen bedenklichen Umstanden begann man die Trinkkur behutsam mit drei Bechern zu vier Unzen fur den Tag, welehe sodann, als man ihre gute Wirkung wahrnahm, bis auf sechs ver- mehrt wurden. Patient hatte hierauf regebnassig zwei Stuhl- entleerungen taglich, es envachte eine lange nicht verspiirte Esslust, regelmassigere Verdauung, so wie sicli im gleichen Masse die Kriifte sammelten. Im weiteren Verfolge der Kur ward aueh das Athmen freier, so dass er Stiegen ersteigen und am Ende sogar ohne iible Folgen sieh durch mas- siges Tanzen erheitern konnte. Zuletzt verlor sich auch die Auftreibung der Milz beinahe ganz und er reiste wie neugeboren in der heitersten Stimmung seiner Heimat zu. Einen Ilaupttheil der Kur mach- ten die zuletzt mit in Gebrauch gezogenen Sauer- brunnstahlbader aus. 'J. Hypertropkiii licnis cum fcbri intermittcnte. Milzgeschwulst mit Wecliselfieber. Herr Pfarrer N. N., 45 Jahre alt, aus einer Gegend Ungarns, wo Wechselfieber endemisch herrschen, erschien mit folgenden Symptomen am Rohitscher Kurplatze: Patient ist von kleiner, ge- drungener Statur' im holien Grade abgemagert, 11 162 Gesicht von schmutzig gelber Farbe mit Leber- fleeken; an jeder Seite des Kinns ein thaler- grosser, blassrother Flecken auf schwarzlichem Grunde, Albuginea gelblich; Bittergeschmack, Ekel vor Fleischspeisen; Patient experimentirt mit allerliand Speisen, von denen einige ab und zu vertragen werden, dann wieder nicht; Magengrube gegen den leisesten Druck, meist auch gegen die aufliegenden Kleider empfindlich; driiekt man an einer kleinumschriebenen Stelle des Magen- griibchens gegen reclits, die der Gallenblase ent- spricht, so ftthlt Patient einen lebhaften, ziehend brennenden Schmerz, der sicli bei leichterem Drucke auf die Stelle selbst konzentrirt, bei star- kerern Drucke aber nach aufwarts in die Brust- hohle zieht und den Athem benimmt. Geniesst Patient nur etvvas mehr von einer Speise, so leidet er an Druckgefiihl in der Magengegend — Luftauf- stossen, das an jene Speisen erinnert, Blahungs- auftreibung desMagens und der Gedarme, welcher Zustand durch drei bis funt' Stunden fordauert, in denen er sich hoelist unbehaglich and von gereiz- tester Stimmung filhlt. Leber bedeutend vergrossert, noch mehr die Milz, welche in mehreren harten, unter sich abge- grenzten Partien, durch die allseitig gespannte Bauchdecke hervorstehend, in der Liingsachse bis in das Becken herabreicht. Stuhlgange selten, spiirlich, meist steinhart, mit grosser Miihe, oft nur mittelst mechanischer Nachhilfe zu entfernen. Haufiges Jucken der meist gespannten Hiimorrhoi- dalknoten; dieses Jucken irritirt Patienten oft so ,eehr, dass er die Knoten in Verzvfeiflungmit rauhen 163 Steinchen so lange reibt, bis erleichternderHiimor- Thoidalfluss erscheint. Harn meist rothlich, dann wieder gelblich trube, mitunter ammoniakalisch riecliend, oft Brennen in der Harnrohre liervor- rufend. Die psychischen Symptome, die Patient an den Kurort mitbrachte, waren: Vergesslich- keit, Unvermogen einen Gedanken zu erfassen und zu verfolgen; durch Geistesanstrengung wird er sehr abgemattet und es wird ihrn dabei so, als solite er den Verstand verlieren. Patient furchtet sicli allein zu sein, weil ihn in der Einsamkeit die Sucht zum Selbstmord unabweislich verfolgt, die ihn paroxistiscb befallt, dabei Schvvindel, Zittern am ganzen Korper mit Angstsehweiss. Doch fiihlt er sich in einer etwas grosseren Gesellscbaft hoehst unbehaglich, wird durch rausehende Musik ausserst unangenehm beriihrt, wahrend ihn sanf- tere Tonweisen bis zum Weinen bringen. Immer ist seine Stimmungeine hoehst melan- cholische, nervos gereizte, die ihm Alles im trub- stenLichte erscheinen liisst; er wUnscht sehnlichst den Tod als Erloser von seiner Seelenpein. Patient hat in seiner Amtswirksamkeit viel in Stubenluft gesessen und vvurde funf Jahre vor seiner Ankunft am Kurorte an s einen jetzigen Wohnort versetzt, wo er hiiuflg am taglichen — dann drei- und viertagigen Wechselfieber litt, das fort und fort mit grossen Gaben Chinin und bis- weilen mit auflosenden Arzneien behandelt wurde 5 den letzten Anfall hatte Patient zehn Tage vor seiner Ankunft am Brunnen. Patient begann die Trink- und Badekur, einer ganz oberflachlichen Ordination seines Hausarztes 11 * 164 folgend, und liess sich dariiber noch durch die hochst unziveckmassigen Rathschlage anderer Kurgaste bestimmen, zweimal im Tage ein dop- peltes Sauerbrunnstahlbad durch eine Stunde zu nehmen, sowie Friih funf und Abends drei grosse Glaser Tempelbrunnen zu trinken. Durch diesen, gegenilber dem so krankhaft erregten Nervensysteme unsinnig zu nennenden Kurgebrauch uberreizte sich Patient so sehr, dass er nach drei Kurtagen in hochster Verzvreiflung davon laufen wollte; auf den Rath eines Freun- des consultirte inich Patient noch vor der vorge- habten Abreise. Ich setzte die Zalil der nun am Morgen zu nehmenden Glaser von vier Unzen Inhalt auf vier fest und verbot den Badegebraueh bis auf Wei- teres ganz. Wiihrend dieses gemassigten Kurgebrauches beruhigte sich Patient nach und nach; am sechs- ten Kurtage hatte Patient auf obige Glaserzahl zwei breiige, reichliche, hie und da blutgestriemte, licht- und dunkelbraun gefarbte Stuhlentleerungen mit nachfolgendem Gefiihle von Befriedigung; am After verspiirte er heftiges Brenrien und es schien ihm, als wenn sich von der Mitte der Wirbelsaule etwas gegen Kreuzbein und After herabzoge; dasselbe Gefuhl hatte Patient auch vom Magen abwarts. In der Nacht vom 5. auf den 6. Kurtag scheint ein heilsamer Umsclnvung in den kranken Organen dieses Patienten stattgefunden zu haben, welche IJmkehr zur Besserung sich auch im Psy- chischen abspiegelte; es triiumte namlich dem 165 Patienten, dass seme Seele in leuchtender Gestalt an sein Bett getreten sei und ermuthigend also zu ihm gesproehen habe: „Lass sie nur kommen die triiben Selbstmordgedanken — sie konnen dir nichts rnehr anhaben — denn du vvirst bald ge- sunden.“ Aus diesem Traume erwachte sehweiss- gebadet der Patient, war erstaunt tiber seine Um- stimmung rfnd konnte sicli vor Freude liaum fassen; er verliess wie neugeboren sein Lager und eilte zu mir, dieses frolie Ergebniss zu berichten. Wirklich hatte Patient an diesem seehsten Kur- tage bereits die moraliscbe Kraft gewonnen, den so hauflg auftauchenden Selbstmordgedanken zu bannen. Am 10. Kurtage musste die Dosis wegen haufigen, flttssigen Stuhlgangen von 16 auf 12 Unzen herabgesetzt werden; es zeigte sich an diesem Tage die erste griinliche, zuerst geformte und dann breiige Stuhlung mit nachfolgendem Uamorrhoidalflusse ; hierauf befiel ibn Sehwixche- gefuh), sowie nach jeder etwas bedeutenden Ent- leerung, wovon er sich jedoch durcli Bettruhe oder irgend eine Speise bald befreite. Am 20. Kurtage naljm Patient nur rnehr zwei Glaser zu vier Unzen; die letzten Tage zeig- ten sich fortwahrend schmutziggrune Stulilungen mit nachfolgendem Hamorrhoidalblutflusse; vor den Stulilungen driickendes Stirnkopfweh mit Schvvindel. Abends sechs Uhr befiel Patient ohne sonstig auszumittelnde Ursache: kaltes Ueberlau- fen mit Kreuzschmerz und Brennen in den Fuss- sohlen mit kalten Fiissen 5 dieses kalte Ueberlau- fen zeigte sich besonders in der redilen Schulter 166 und im rechten Beine; dabei Auftreibung des Bauches und Ziehen im selben nach abwarts; diese Szene, an Wechselfieber mahnend, verlor sich in der Bettwarme durch einen massigen all- gemeinen Schweiss. * Die Stuhlgange griin oder schiefergrau, \varen gegen das Ende stets mit Blut- und Schleimklumpen vermischt; die Ge- sichtsfarbe besserte sich von Tag zu Tag, die blass rosenrothen Fleeken an beiden Seiten des Kinnes gewannen eine lebbaft rothe Farbe; im gleichen Masse stelite sich Appetit ein, besserte sich die Verdauung und der Nachtschlaf wurde erquicklich und voli angenehmer Traume. Die Milzauftreibung schwand in allen Dimen- sionen bedeutend, besonders in der Langsachse um zwei Zoll, auch fiihite sich die Milz am Ende der Kur viel weicher an. * Der Tempelbrannen bewalirte sich als ein un- sclhttzbares Heilmittel gegen Hypertrophien der Milz und die anderen Polgen langvvieriger VVechselfieber; ich sah die grossten Milzauftreibungen wShrend des Kurgebrauches zuriicktreten oder giinzlich schwinden und zugleich alle andern Storungen der Verdauung, Assimilation und Blutmischung geheilt werdcn. Selir merkwiirdig waren jene Fiille von Wechselfieber-Zer- ritttungen, bei denen sich bereits nach wenigen Tagen der Trinkkur mitunter sehr heftige Paroxismen ein- stellten ; diese mit Cliinin zn behandeln liielt ich fiir ganzlicb unpassend und taktios, da ich selbe als eine Art homoopathischer Verschlimmerung — als Brun- nenkrisis begrusste. Diese kiinstlich erregten Paroxis- men verloren sich auch wirklich bald, nachdem sie hochstens drei Mal auftraten, meistens ohne Arznei und hatten last immer auf den Stand der UnterJcibs- infarkten den heilsamsten Einfluss. Es ist klar, dass bis zum Aufhoren der Paroxismen die Trink- und Badekur unterbrochen wurde. 167 Diese Kur dauerte dureli 24 Tage und erst gegen das Ende derselben wagte ich es in Allem seehs halbe Sauerbrunnstahlbader von 24° R. und zwar jeden dritten Tag dureli 15 Minuten nehmen zu lassen. Patient reiste im liolien Grade befriedigt nach seinem Wohnort zuriick. 10. Hjpertrophia hcpatis cimi oedcmatc peilurn et agrypnia. Leberanschoppung mit Geschvvulst der Fiisse und Schlaflosigkeit. N. N., 32 Jalire alt, Maler, blondhaarig, er- freute sieh von Jugend an einer vortrefflichen Ge- sundheit; doch sass er die letzten Jahre sehr viel und lebte in einer Gegend Kroatiens, \vo Wecli- selfieber ^ndemisch berrschen. In dem Herbste und Winter, die seiner Ankunft in Rohitsch vor- liergingen, vvurde er von einem unregelmassigen, schleichenden Wechsellieber befallen, das als be- sonders hartnackig mit grossen Gaben Chinin an- haltend behandelt vvurde; das Fieber vvurde zvvar geheilt, docb entwiekelte sich eine wassersilch- tige Geschvvulst beider Unterfiisse, die sich in den letzten dreiMonatensovveit verlor, dass Patient vve- nigstens ohneStock gehen komite. Die Symptome, vvelcbe Patient an den Kurort initbrachte, waren : Abmagerung des ganzen Korpers bis zur Unkennt- licbkeit (Patient wog vor dieser Krankheit 154, nun 104 Pfunde), erdfahles Gesicht, aufgetrie- bener, allseitig und gleichmassig gespannter Un- terleib, teigige, blasse, den Fingereindruck behal- 168 tende Gesclnvulst der Unterfiisse; sein friiher sehr heiteres Temperament war durch die tiefste Me- lancholie verdustert; seit sieben Monaten ganz- liche Schlaflosigkeit; wie er einzuschlafen beginnt, wird er durch Ameisenlaufen im rechten Beine geweckt; abwechselnd Verstopfung, dann wieder Diarrhoe bis zu 30mal im Tage, welcke letztere ihn sehr abschwaeht; ist Verstopfung vorhanden, so leidet er an Auftreibung des Bauches durch Gase, wobei es ihm zum Sterben angstlich wird; Leber stark vergrossert; im Magengrilbchen gegen reclits eine Stelle, die gegen Fingerdruck sehr empfindlich ist; der dadurch hervorgerufene Schmerz zieht sich bis in die Mitte der Brust- hohle hinauf, so stark dass selber den Athem benimmt. Die Kur dieses Patienten wurde wahrend einer Stuhlverhaltung mit vier Glasern zu sechs Unzen begonnen und dann mit kleineren Gaben durchgefUhrt; arn zehnten Kurtage nach Mittag befiel Patienten bedeutender Frostschauer — die darauf folgende Naclit war schlaflos wie gewohnr lich — gegen Morgen stellte sich ein allgemeiner, reichlicher Schvveiss durch zwei Stunden ein, nach we]chem sich Patient wie neu geboren fuhlte ,* die Gesehwulst der Fusse war bereits so \veit ge- schvvunden, dass Patient ohne viele Anstšinde seine vor der Krankheit gebrauchten Stiefel anziehen konnte. Nun erst wurde der vorsichtige Gebrauch eines gemischten Sauerbrunnstahlbades versuchs- weise ordinirt, was ihn zwar sehr abmattete, die Geschwulst jedoch nieht vermehrte. In der Naeht von dem 13. bis auf den 14. Kurtag schliefPatient 169 endlieh wieder durch drei volle Stunden, was ihn im hohen Grade erquickte und mit der frohesten Hoffnung auf Genesung erfullte; die darauf fol- genden Nachte schlief Patient regelmassig zur sel- ben Stunde ein und eben so Jange, bis zuletzt am Ende der dreiwochentlichen Kur Normalsehlaf eintrat. Patient musste' nun aus Geschaftsrilek- sichten die Kur abbrechen und verliess als neu belebter Reeonvalescent in der heitersten Stim- mung unseren Kurort. 11. lderus cniphradicus. Gelbsucht aus L e b er anseh o p p u n g. Die Fiirstin H. aus Graz, 60 Jahre alt, litt seit vielen Jahren an einem festgewurzelten Leber- leiden mit gestorter Verdauung und gelbliehem Aussehen 5 ein Jahr vor dem Erseheinen in Ro- hitsch hatte sie die Karlsbader Trinkkur gebraucht, ftthlte sich jedocli davon bald ubermassig angegrif- fen und auch mehrere Monate nachher keine Lin- derung ihrer Leiden. Auf &rztliche»Ratli brauehte Pat.ientin gegen Ende desselben Sommers in ihrem Wohnsitze eine grosse Trinkkur mit dem versen- deten Rohitscherwasser, wodurch bedeutende Er- leichterungherbeigefiihrt wurde. Von diesem guten Erfolgeaufgemuntert, unterzog sich die Fiirstin den Sommer darauf einer formlichen Brunnenkur in Rohitsch selbst, wodurch diesehmerzlichenGefuhle von Druck, Spannung uud Schwere in der Leber- gegend verschwanden, eine bessere Gesichtsfarbe an dieStelle des blassen gelblichen Aussehens trat und die Verdauung geregelter wurde, so, dass die 170 Fatientin in der heitersten Stimmung abreiste, und noch viele Jahre die Brunnenkur in Rohitseh mit stets gutem Erfolge \viederholte. 12. IHdusicfcrus. Schwarzsucht. Eine wohlbeleibte Frau von 40 Jahren er- freute sich von Jugend an einer bliihenden Gesund- heit und war Mutter mehrerer kraftiger Kinder. Ein Jahr vor ihrerAnkunft am Rohitsclier Kurorte ling sie zu krankeln an. Ihr Unterleib wurde auf- getrieben und schmerzhaft, besonders in der Leber- gegend, wozu sich oft Erbrechen und Ohnmacht- anfalle gesellten. Uebrigens war sie abgemagert und von gelbsiichtiger Hautfarbe. Die eingreifend- sten Auflosemittel blieben erfolglos, ja die Kranke nahm von ihrer Wohlbeleibtheit sebr sehnell bis zur Unkenntlichkeit ab, die Hautfarbte sicbimmer dunkler, ja schwarzgelb und es katnen noch un- regelmassig wiederkebrende heftige Fieberanfalle hinzu. Manliess die Kranke vom Tempelbruunen nur wenige Glaschen nebrnen undbatte in einigen Kur- tagen das Vergniigen, dass die Leidende, die seit- lier kein kuhleres Getriinke nehmen durfte, ohne von den beftigsten Krampfen befallen zu werden, nun dieses Minerahvasser mit Lust trank und sehr wohl vertrug. Allmalig stieg man in der Becheran- zahl, verordnete ihr anfangs laue einfache Wasser- bader und dann gemischte Sauerbrunnstahlbader. Die Kur ging, kleineUnterbrechungen ausge- nonnnen, vortrefllich von Statten, so dass Patientin 171 nach vierwochentlichem Venveilen in jeder Riick- sieht gebessert naeh Hause kehrte, den Winter iiber von den meisten vorigen Beschwerden frei blieb und im darauf folgenden Sommer dureh Wie- derholung der Trink- und Badekur am Tempelbrun- nen ihre Gesundheit bleibend hergestellt sah. Pa- tientin konnte grosse Quantitaten Mineralwasser ohne tumultuarische Stuhlentleerungen vertragen. So erzahlt Sorbait (prax. med. pag. 144) folgenden Fali von sich selbst: Anno 1673 drča ealendas Maji inddi in liemicraniam dolorosissimam sinistri lateris et simul in ioterum et cum nec urinae essent tinctae, nec hepatis adesset scirrhus , nec do¬ lov drča vesicidam fellis conjeci ipsum icterum nec esse hepaticum nec felleum sed potius criticum, eram enim circa annum aetatis climactericum, guadragesi- mum nonum; factis itague per aperientia praepara- tionibus, usus addularum Roidschensium et icterum el dolorem capitis cum surama lassitudine et defectu totius corporis sustulit ex integro, Deo T. O. M. in- finitae sint gratiae. 13. IIypcracniia abdominalis. Blutiiberfullung der Unterleibsorgane. Ein schvvachlich gebauter Mann, 48 Jahre alt, von irritablem Temperamente, war vonJugend an im Schreibgeschafte angestrengt. Seit einer Reihe von Jahren litt er an heftigem, driickendem Magenschmerz, an bestandigem Appetitmangel, die Stuhlgange waren unregelmassig, bald fest, bald fliissig. Patient begann die Trinkkur mit sehr gerin- 172 gen Dosen vom Tempelbrunnen; docli schon am drittenTage desKurgebrauches ward derselbe nach Tische, bei dem er etwas mehr Wein getrunken hatte, plotzlich vom Sch\vindel befallen, dass er kaum sein Zimmer erreichte, dort fast ohnmachtig zu Boden sank und ganze Strome schwarzen Blutes erbraeh. Dieser Sturm ward beschwichtigt , die Trinkkur indessen ausgesetzt, da die allgemeine Aufregung, der beschleunigte volle Puls, die Hitze u. s. w. erst beseitigt werden mussten. Nach eini- gen Tagen Ruhe begann er die Kur wieder, ver- trug jedoch das Mineralwasser mit warmer Molke gemischt — was man wegen gesteigerterEmpfind- lichkeit der Magennerven zu thun fiir rathlieh fand ■— durehaus nicht. Man verordnete demnach sehr kleine Dosen k a 11 e n Mineralwassers, in langeren Zwischenraumen zu trinken. Dies vertrug der Pa- tient sehr wohl und er konnte wahrend des Kurge- brauehes durch 3 Woehenbis 6 Glaser zu 4 Unzen fur den Tag steigen, wodurch er von seinem Uebel ganzlich befreit wurde. Wahrend der Kur gingen mit den Stuhlgangen hauflg Blutkrumen ab. Ein ahnlicher Fali ist der eines 50jahrigen Mannes, welchernach oftmalsuberstandenemWeeh- selfieber aus der Banatergrenzenach dem Rohitscher Kurplatze kam. Patient erbraeh an seinem Wohn- sitze so wie auf der Reise oft bedeutende Quanti- taten schwarzenBlutes, hatte eine bedeutendeMilz- anschoppung und durehaus gestorte Verdauung mitgebracht. Sehon nach 2tagigem Kurgebrauche schwieg das Bluterbrechen, wie sich aucli gegen das Ende des leider zu kurzen 14tagigen Verweilens alle seine Beschwerden bedeutend besserten. Man rieth 173 ihm, zu Hause die Trinkkur mit versendetem Ro- hitschervvasser fortzusetzen, was er denn auch mit dem giinstigsten Erfolge ausfiihrte. Solche Entleerungen, wie in den ietzterzahl- ten Fiillen, zeigen sieli bei vorvvaltenderUnterleibs- venositat ofters wahrend der Trinkkur amTempel- brunnen und erscheinen als Melaena , bald mit, bald ohne Diarrhoe und Fieberbewegungen; die ausge- schiedenen Stoffe sind meistpechschwarz,glanzend, zah und von seharfem Geschmacke. .Der Complex dieser Sjmptome stellt sich als kiinstlich erregtes — wie schon Griindel es nannte— Sauerbrunn- fieber dar, und ahnelt sehr einer Cholera biliosa, in welcher Krankheit Sorbait und Griindel den Rohitscher Sauerbrunnen besonders heilkraftig fanden. 14. Iljpcraemia abdominalis. Ein 64jahriger Mann hatte sicli durcli an- strengende Geschafte am Schreibtiselie ein tiefwur- zelndes Hamorrhoidalleiden mit krankhaftem Aus- sehen, Schwindel, Kopfschmerz, gestorter Yer- dauung u. dgl. zugezogen; diese Symptome wur- den durcli zeitweise sich einstellenden Hiimorrlioi- dal-Blutfluss meistens erleichtdrt; doch wie dieser durcli einige Zeit niclit erschien, verschlimmerten sich dieselben so sehr, dass durch Blutentzieliun- gen, mittelst am Kreuzbeine angebrachter Blutegel, abgeholfen werden musste. Schon einmal hatte er sich durch eine Brunnenkur in Rohitsch far ge- raurne Zeit von jenenlastigen Erseheinungen befreit. Doch als nach einem in anstrengenden Schreib- geschiiften durchlebten Winter, im Friihlinge 1837 174 sich abermals Schwindel, Kopfschmerz, gestorte Verdauung und Hamorrhoidal-Beschwerden in ho- hem Grade einstellten, und die dagegen gebraueh- ten Mittel nur geringe und kurz dauernde Erleich- terung brachten, wendete sicli Patient personlich an meinen Vater, um ihn wegen einer nach dem Rohitscher Kurorte beabsichtigten Reise zu Rathe zu ziehen. Man fand Herrn N. zu einer dortigen Trink- und Badekur vollkommen geeig- net und er reiste im Mai dahin ab. Nach achttagigem Trinkgebrauche wurden Sauerbrunnstahlbader verordnet. Schon nach dem dritten Bade zeigte sich ein sehr merkwurdiger sehuppenfdrmiger Ausschlag am behaarten Theile des Kopfes, der sich bei der Fortsetzung des inner- lichen und ausserlichen Kurgebrauches, unter Ab- nahme aller liistigen Symptome, bald verlor. Zu- letzt verschwanden dieselben vollkommen und machten einem auffallend gebesserten Aussehen Platz, so dass Patient wie verjilngt und in der hei- tersten Laune den Segensbrunnen verliess. J5. Arthrltis chronica. Chronische Gicht. Ein hagerer Mann von 50 Jahren aus Kiirn- then, cholerischen Temperamentes, gewohnlich eine ordnungsmassige Lebenswei.se fuhrend, ward ein Jahr vor seiner Ankunft am Brunnenorte von hef- tigem herumziehendenKopfschmerze befallen, wel- cher sich endlich am linken Jochbeine und dem Winkel des Unterkiefers derselben Seite festsetzte, dort in kurzer Zeit mit solcher Wuth iiberhand 175 nahm, dass man das Geschrei des Unglucklichen auf Gassenweite horen konnte. Ohne besondere Veranlassung setzte sieh das Uebel in dem linken Schenkel mit solcher Heftigkeit iiber, dass die Weichtheile daselbst ungewohnlich anschwollen und die Haut rothblau und heiss erschien. N a eh Anlegung einer grossen Anzahl von Blutegeln ver- lor sich die Geschwulst und der Schmerz nahm wieder seine vorige Stelle ein. Der Kranke litt of- ters an Mundsperre und die Gesichtshaut war so empfindlich, dass die leiseste Beriihrung Schmer- zen erregte. Nachdem er unter diesen verzweifelten Um- standen mit Antiphlogisticis und Antiarthritieis, auch mit Belladonna und Calomel in grossen Dosen, erfolglos behandelt worden war, schickte ihn sein Ordinarius, unter Voraussetzung einer hier obvval- tenden krebshaften Schiirfe, an den Rohitscher Kurort. Schon am dritten Kurtage konnte der Patient den Mund ungehindert offnen und die Zunge frei bewegen; er trank nun ohneUnterbrechung durch 20 Tage fort, liatte die ganze Zeit liber gar kei- nen Schmerzanfall mehr, so 'wie die aufs hoehste gesteigerteEmpfindliehkeit der Gesichtshaut in ihre normalen Grenzen zuriick trat. Zu bemerken ist, dass auch Sauerbrunnstahlbader taglieh in Ge- brauch gezogen wurden. Nach Ablauf obiger Zeit reiste Patient, um seine in Rohitsch gelungeneHei- lung zu befestigen, nacli den Thermen von Kra¬ pina. So viel wir erfuhren, hatte er nie wieder einen Anfall seines flirchterliclien Schmerzes. 176 16 . Ciitarrhus chronicus pulmonum. Chroniseher Lu ngenkatarrh. Herr Dechant K. aus Karnthen, 58 Jahre alt, vorvvaltend phlegmatischen Temperamentes, liatte melirmals Lungenenlzundungen iiberstanden, die stets mit gastrischen Symptomen verbunden waren. Im Fruhling und Anfang des Sommers, in welchem Patient am Rohitscher Kurplatze erschien, hatte er an langerem, fieberlosen Sclileimliusten gelitten, dem ein massiger Anfall der damals epi- demischen Grippe folgte. Mit beschwerlichem Athmen, heftigen An- fallen vonHusten undreichlichem Schleimauswurf, Brustdrlicken, aufgetriebenem Unterleibe, trager Verdauung und unregelmassigen, meist zuriickge- haltenen Stuhlgangen kam Patient auf Anrathen seines Arztes an diese Heilanstalt. Patientgebrauchte eineformlichegrosseTrink- kur mit steigenderBeeheranzahlundschliesslichem Mitgebrauch der Mineralbader. Der Erfolg am Kurplatze selbst war nicht besonders glšinzend und Patient reiste nur halb befriedigt in seine Heimat zuriick. Docli nach einigen Monaten sandte der Herr Dechant ein Danksagungsschreiben an meinen Vater, das hier im Auszuge folgt: „Das Trinken unmittelbar aus der Rohitscher Heilquelle war zu meiner Wiedergenesung wirk- lich heilsam, noeh mehr aber das Bad, dessen ich mich auf Ihre Anordnung bediente. Zwar fuhlte ich mich wahrend des Kurgebrauches ganz und gar nicht wohl; aber sobald ich nach Hause kehrte und etwa 10 bis 12 Tage hier war, ward ich in 177 meinem 58. Jahre wie neu geboren. Der heftige Husten hat sich ganz verloren — Brust und Athem sind ganz frei, so dass ich nun alle Sonntage Yor- und Nachmittags meiner Pfarrgemeinde Kanzel- vortrage abhalten kann, mit einem Worte: Ich bin gesund, und dieses mein Wohlbefinden habe ich nach Gott einzig und allein der Rohitscher Heil- quelle zu verdanken.“ 17. Catarrhns vesicae urinariac. II a r n b 1 a s en - K a t a r r li. Der bejahrte HerrN. ausWien wurde wegen eines Blasenieidens vom Prof. N. untersucht, wel- clier die Diagnose auf einen vorhandenen Blasen- stein maclite. Vor dem zur Operation des Stein- schnitts festgesetzten Tage liess sich jedocliPatient vom Dr. N. in W. nochmals untersuchen und wurde von diesem wegen eines bestimmt ausgemittelten chronischen Blasenkatarrhs an die RohitseherHeil- anstalt gewiesen. Yon der Reise aufgeregt, mit Schmerzen in der Blasengegend und beim Harn- lassen, kam der Kranke dort an. Ruhe und laue einfache Halbbader reichten zur baldigen Hebung dieser voriibergehenden Beschwerden hin; doch bestand sein voriges Uebel in gleichem Grade fort. Der meist unter krampfhaften Schmerzen in gerin- ger Menge gelassene Harn ersehien getrilbt, zeigte nach dem Erkalten einen stark ammoniakalisehen Geruch, und setzte am Grunde des Gefasses einen klebrigen, albuminbsen Bodensatz ab. Der dreiwochentliche Gebrauch derTrinkkur hatte so herrliche Wirkung hervorgebracht, dass 12 178 Patientsich vollkommen vonseinenBlasen.besch.wer- den befreit fiihlte. Vorbauungsweise trank derselbe jedes Frilhjahr kurmassig den Rohitscher Sauer- brunnen in seinem Wohnsitze mit gewiinschtem Erfolge. 18. Catarrhus vcsicae urinariac. Eine Frau von 43 Jahren and von starlter Korperbeschaffenheit wurde 3 Jahre vor ihrem Erseheinen am Kurorte von einem Nervenfieber befallen; als Rucklass desselben blieben heftige, oft wiederkehrende Schmerzen in den Lenden und FIarnzwang zuriiek, der triibe Harn liess starken Bodensatz von Schleitn fallen. Hierzu gesellten sich bedeutende gichtische Schmerzen in Handen und Fiissen. Nachderji an ihrem Wohnorte ver- schiedene Aerzte sich fruchtlos bemiihten, ihre Uebel zu heben, ward Patientin in das Neuhauser Bad gewiesen. Der Gebrauch dieses sonst sehr heilsamen Bades hatte jedoch in diesem Falle gar nicht entsprochen. Patientin entschloss sich daher zu einer Rohitscher Brunnenkur. Mit geringen Dosen beginnend stieg sie bis auf sechs Glaser zu sechs Unzen und wurde dadurch und durch den Nebengebrauch einiger Sauerbrunnstahlbader nach vierwochentliehem Aufenthalte sowohl von den Harnbeschwerden, als von den Gichtschmerzen vollkommen befreit. 19. llrolithiasis. Blasensteinkr-ankheit. Ein starkgebauter Mann von 50 Jahren fiihrte 179 atets eine sehr geregelte Lebensweise. Doch litt er seit vielen Jahren an Verdauungsbesehwerden mancherlei Art, sem Aussehen wurde immer iibler, sein Gemiith gab sich iingstlichen, triiben Vorstellungen hin, und fruehtlos wareu die ver- schiedenartigsten Auflose- und Nervenmittel, wobei er noch zusehends abmagerte. Lange blieb die Quelle seiner Beschwerden und seiner diistern, hypochondrischen Stimmung unbekannt, als man endlich, nach genauer Untersuchung, auf das Lei¬ den der Harnorgane aufmerksam wurde. Der Harn setzte haufigen Bodensatz ab und verbreitete einen stark ammoniakalischen Geruch; mitunter erschienen einige Steinchen beim beschvrerlichen Harnlassen, wovon ein grosseres, mehr eckiges, mittelst Einspritzungen und Bougie herausbefor- dert werden musste. Patient begab sich nun nach Rohitsch, trank gleich anfangs filnf bis sechs Becher taglich, filhlte sich von Tag zu Tag besser, ward zur Vervvunderung ganz heiterer Stimmung, Esslust und starkender Schlaf stellten sich wieder ein, das vorher beschwerliche Athmen wurde frei, so dass Patient nach vierzehntagigem Trinkgebrauche be- reits kleinere Hilgel ersteigen konnte. Die Be- schwerden beim Harnen, dieSchmerzen in Nieren- und Blasengegend wichen vollstiindig, der Harn •vvurde von Tag zu Tag ldarer und so verliess denn Ilerr N. in der frohlichsten Gemilthsstimmung, frei von seinen bisherigen Uebelstanden den Kurort. 20. llrolithiasis, Der fiinfzigjahrige Graf S. aus Graz, ein 12 * 180 Mann von regem, aufgewecktem Geiste und unge- aohtet ehemals geleisteter schvverer Kriegsdienste noch kraftig erhalten, liatte seit Jahren mit hef- tigen Kongestionen besonders nach dem Kopfe bei sonst gutem Korperzustande zu kampfen. Mittler- vveile entvvickelten sich mehrere Unterleibsbe- sch\verden, die sich bei Abgang von Hamorrhoi- dalblut jedesmal verloren und so i lire n Ursprung- in einer vorvvaltenden Venositat des Unterleibs beurkundeten. Zn obigen Symptomen gesellten sich zeit- weise Lenden- und Nierenschmerz, trliber Ham mit bedeutendem Bodensatze, worauf unter schmerzhafter Anstrengung einige steinige Con- cremente abgingen. Patient brauchte mit dem besten Ertblge eine Trink- und Badekur von drei Wochen, wahrend vvelcher sich alle krankhaften Erscheinungen so weit verloren, dass die Brunnenkur im darauf fol- genden Sommer als Uberflussig unterlassen wurde. l)och eben dadureh fasste das friiher noch nicht vollig getilgte Uebel wieder festere Wurzel; es entwickelten sich abermals bedeutende Harnbe- schwerden mit Entleerung von Harnsteinchen und die zuerst angefuhrten Symptome. Hiedurch er- schreckt, unterliess Graf S. nicht, sovvohl im darauf folgenden Sommer, wie alljahrlich zur Vor- sicht eine Rohitscherkur am Brunnen zu brau- chen, und verliess jedesmal vollkoinmen bcfriedigt den Heilbrunnen. Zu bemerken ist, dass immer nach einigen Kurtagen ein erleichternder Hamorrhoidalabfluss in massiger (juantitiit sich einstellte, wegen vrel- 181 ■chen der Gebraueh des Bades auf einige Tage untersagt werden musste, der sicli aber -vvahrend der fortgesetzten Trinkkur von selbst verlor. 21. llacmorrhoidcs vesicac urinariac. Blasenhaemorrhoiden. Das sechzehnjahrigeFraulemB. hattesieh im Jalire 1841 durch Ilbermassiges KafFeetrinken eine sehr schmerzhafte AnschwelJung der Hamorrhoi- dalgefasse zugezogen. Ohne ihre Diat zu andern, wusch und bahte sie die Enoten mit eiskaltem Wasser, wodurch seibe verselnvanden. Dafur stellte sich Harnverhaltung ein, die den bewahr- testen Mitteln trotzte. Ich musste in fiinf Tagen viermal das Katheter anwenden und bemerkte dabei ein leiclit zu u^erwindendes Hinderniss am Eingange in die Blase. Ich rieth der Patientin am seclisten Tage Morgens den versen de ten Ro- hitscher Tempelbrunnen und zwar stiindlicli ein Glas zu vier Unzen zu trinken. Nachdem Patientin bis Abends etvvas iiber die Halfte der Flasche ge- trunken, zeigte man mir drei Mass eines triibli- chen Harnes und theilte mit mir die Freude liber diesen glanzenden Erfolg. Das Fraulein bat seit- dem — auch nicht als Frau in den verschiedenen W eebselzufallen der Ehe — keine Mahnung obigen Leidens verspiirt. * Die Treilliehkeit dieses Brunnens im versende- ten Zustande bei solchen Fallen von Blasenkrankhei- ten wird von den Aerzten zu wenig gewiirdigt, weil sie denselben nicht kennen und weil er als Luxus- getrank allenthalben getrunken wird. Bei Biasenleiden mit stark ausgepragtem Charakter der Atome, wie z. B. bei Blasenkatarrhen verdient jedocli der Ignaz-, brunnen eine vorzngsweise Beriicksiclitigung. 182 22. Atam mcnstriioruiii post abortum. Nachdem eine 32jahrige Frau zweimal abor- tirt hatte und darauf imtner an bald zu haufiger, bald zu sparsamer Monatsperiode litt, entschloss sie sieh an der Rohitseher Kuranstalt ilir Heil zu suchen. Man verordnete taglich ein Sauerbrunnstahl- bad mit Nebengebrauch der Trinkkur in geringen Dosen. Durch diese, drei Wochen lang fortgesetzte Kur wurde die Kranke so weit hergestellfc, dass sie bald daraut' coneipirte und eines vvohlausge- tragenen gesunden Kindes genas, dem in den nachsten Jahren mehrere folgten und iiberdiess auch die Katamenien vollkojnmen normal blieben. 23. Gutta rosacea. Kupferrose. Ein Mann von fiinfzig Jahren, cholerischen Temperaments, von starkem Korperbaue, vvurde bereits in seinem dreissigsten Jahre durch anhal- tendes Sitzen bei anstrengender Kopfarbeit und dem unmiissigen Genuss geistiger Getranke, vor- ziiglich starken Weines, von einem Hamorrhoidal- leiden mit Schwindel und gestorter Verdauung, das mit den Jahren immer tiefere Wurzel schlug,, befallen. Die dagegen genommenen Mittel, so wie der zeitweise sich einstellende Hamorrhoidalfluss braehten nur vorubergehende Erleichterung und da Patient im Genusse des Weines immer unmas- siger wurde, zeigte sich auf der Haut der Nase 183 eine bleibende, ins Blauliehe spielende Rothe, die mit den Jahren um sich griff, die Wangen und endlich den grossten Theil des Gesichtes Uberzog. Die Haut ward dabei irnmer derber, wuistiger, es bildeten sich Knotchen, die an der Spitze in Eite- rang tibergingen und entstellende Wucherungen. Dadurch beunruhigt entschloss sich Patient eine Kur am Rohitscherbrunnen zu versuchen. Da er noch sehr kraftig war, nahm man kei- nen Anstand, ihm das Weintrinken bis aufkleine Portionen zu verbieten und es wurden ihm anfangs drei acht Unzenglaser verordnet, welche Anzahl nach einigen Kurtagen auf sechs solche Glaser vermehrt wurde. Zu gleicher Zeit brauchte Pa¬ tient Waschungen des Gesichtes mit einer sehr verdtinnten Chlorkalk-Auflosung und Seifeneinrei- bungen des Unterleibes in lamvarmen Siisswasser- badern. Nach einigen Tagen Kurgebrauch entleerte sich eine bedeutende Menge gestockten Hamorr- hoidalblutes ; im ferneren Verlaufe der Kur ging eine grosse Menge zaher, sehleimiger Stoffe ab, wodurch der fruher gespannte Unterleib allmah- lich abfiel, Appetit und Gemuthsstimmung um Vieles gebessert wurden. Nach vierwochentlichem Yerweilen erschien die so iiistige Gesichtsrothe, als Reflex des Unterleibsleidens viel bliisser und verschwand selbst an mehreren Stellen ganzlich. Wie richtig G r u n d e 1 letzberiihrten patho- logischen Zusammenhang der Gutta rosacea mit Stockungen im A h do m i n ul -Ve n e n sy s te m e zu wiir- digen wusste, beweist folgende Stelle seiner Roitschccrene: „denjenigen dienen auch die Sauer- 184 brunnen. bei vrelchen sich der haufige Wein ins Gesicht sublimiret und selbiges mit lauter Zinno- ber- und Kupfei'-Bergwerk angefiillt. Dann durch diese Chur wird die Leber wiederumb abgekiihlet, aus welcher diese holie Auror -Farb und lebendige Rubinen auf den Nasen entsprossen und ihren Ursprung genommen.“ 24. Anosmiu e corjza ncglccta. Mangel des Geruchsvermogens aus ver- n ach las s igtem N a s en kat a rrh. Eine dreissigjahrigeDame verband mit einem sehr zarten Hautorgane und bluhendem Aussehen eine besondere Geneigtheit zu Nasen- und Hals- katarrhen. In Folge dieser wiederholten Anfalle ward die Nasenschleimhaut in ihrer Function so bedeutend gestort, dass Patientin an immerwah- rendcr Trockenheit und lastigem Gefilhle desVer- stopftseins der Nase zu leiden hatte und dass zuletzt der Geruchssinn so abgestumpft war, dass diese Dame auch von den starksten Geriichen gar nicht afficirt wurde. Alle dagegen angewendeten Mittel, als Nasen-Dunstbader, der wiederholte Ge- brauch des Karlsbader Sprudels u. s. w. blieben erfolglos. Erst naclidem Patientin der Rohitscher Trink- und Badekur sich durch drei Wochen unterzogen hatte, stellte sich die Funktion der Nasenschleirn- haut und mit ihr der Geruchssinn vollkommen wie- der ein und auch die Geneigtheit zu Katarrhen ward um Vieles gemindert. 185 25. Ambljopia amaurotica. AmaurotischeGesichtsschwache. Bin zart gebautes Fraulein von 22 Jahren hatte von einem iiberstandenen Nervenfieber eine ausserordentliche Augenschwache, fast bis zur Er- blindung mit hochgesteigerter Empfindlichkeit der Augen, jedoch ohne Špur einer organisehen Ver- anderung zurilckbehalten. Luftverandemng und Behandlung eines ausgezeicbneten Augenarztes in Wien hatte ihr Leiden nur wenig gemildert. Ver- trauensvoll floh Patientin zur Iiohitscher Heil- quelle, wo eine vierwochentliehe Trink- und Bade- kur ihre Augenschwache vollkommen heilte. Grleichzeitig waren auch Augenbader mit kaltem Mineralwasser ordinirt worden, die mittelst der am Brunnen vorfmdliehen Augenbahungsglaschen genommen wurden. Literatur 1. Neuw Wasserschatz, das ist: Aller Haylsamen me- tallischen Bader und Wasser, sonderlich aber der new erfundenen Sawerbrunnen zu Langen Sohwal- bacb, in der Niedergrafschaft Katzenelenbogen ge- legen: Auch aller andererSawerbrunnen eigentliche Beselireibung, sammbt derselben gelialt, natur, krafft nnd wirkung. Auss langwiriger obstrvation uud erfalirung auffs fleissigst beschrieben und an den Tag geben, durch Jacobum Theodorum Tabernaemontanum, der Artzney Doctoren und Stattartzt der freyen Reichstatt Wormbs. Mit Rom. Keys. May. Freyli. in zelien jahren nicht nachzudrueken begnadet. Getruckt zu Franckfurt am Mayn M.D.L.XXX.I. 2. Praxis medica, plurimis observationibus rebusque scitu dignissimis aucta et correcta, Pauli de Sorbait, Belgae, Phil. et Med. Doctor Praxios medicae Pro- fessor. Primarii et emeriti, Sacrae Imperatricis Eleo- norae Personae et Aulae Medici, ab Excels. Regi- mine Sanitat. Consiliarii, Superintendent. et Incpui- sitor. nec non Regn. Hungar. Equitis etc. Viennae Austriae apud Leopoldmn Voigt, Universitat. Typo- graphum. Anno qVo Venenata LVes, Deo Dante et fa Vente eX toto CeDebat. 3. Roitschocrene, seu scrutinium physico-medico-che- micum acidularum Roitschensium, auctore Joanne Benedicto Griindel. Phil. et Med.Doctor etc. Viennae Anno 1685. 187 4. Roitschocrene, das ist: Ausfuhrliclie Bescbreibung dess in Unter-Steyer weit-beriihmten Roitsehen Sauerbrunn, in welchen alle, und jede Mineralien Eigenscliaften und Wilrkungen, naeh Galenischer und Ghymischer Lehr examinirt und mit Auffld- snng vieler nothwendigen Fragen entdecket werden sambt einem nutzlichen Bericht, wie, wann, wie lang und in was fttr Zustanden diser Brunn ausser- lich und innerlich sey zugebrauchen, auch wie man sich im diat, und Krankheiten Zufallen verhal- ten soli. Erstlichen in Lateinischer, jetzo aber in Teut- scher Spracb, mit unterschidlichen neuen An- merckungen, und viler hochgelehrten Manner Er- fahrnussen vermehrter in Druek gegeben. Von Joanne Benedicto Griindel, Phil. et Med. Doctore,, Sac Bom. Imp. Academiae Naturae Curiosorum Col- lega, einerHochloeblichen Landschafft inSteyerPhy- sico ordinario zu Mahrburg. Gedruckt zu Gratz, bei denen Widmanstetteri- schen Erben, Anno 1687. 5. Disputatio medica de Acidulis, quam Praeside Mar¬ tino Ant. van Drahn, exercitii gratia publicae dis- cjuisitioni exponit Joann. Franc. Faber, Carniolus Presseriensis A. A. L. L. et Phil. Magister, saluber- rimae Medicinae studiosus. Anno MDCXCVI. 6. Sauerbrunn-Aktenstiicke des Apotheker Gremiums zu Wien von dem Jahre 1721- 1 —1782. 7. Disputatio medica de acidulis in genere et specie. Auctore Philippo Jacobo Weigant. Cum conspectu aedium et fontium. Viennael726. * 8. Dissertatio inauguralis medico-cliemica de Au- striaci Imperii Aquis Medicatis Brisgoiae, Carin- thiae, Carnioliae, Styriae, Tirolis et nonnullis aliis etc. auctore Franc. X. Dieti, Austriaco Vindo- bonnensi. 1772. * Kebst dieser soli es noch eine sehr seltene Dissertation von Dr. Brau liber den Bohitscherbriinnen geben, die in derselben Zeit in Wien erscbienen ist. 188 9. Die Gesundbrunnen der Oesterreichischen Monar- chie von Heinrich Joh. von Crantz, Ihro k. k. Apo¬ stol. MajestatN. Oe. Regierungsrath, der k. k. Aka- demie der Naturforscher, der botaniselien Gesell- scliaft zu Florenz, derAcademie der Wissenschaften zu Roveredo Mitgliede. Wien 1777. 10. Versucli Liber steyrisehe Alterthtimer. Von Carl Mayer. Gratz 1782. 11. Joseph Aloys Siiess junior, Apotheker zn Gratz, chemisch-pliysikalische Untersuchung des Rohit- scher-Sauerbrnnnens. Nebst Anleitung zum innerliclien Gebrauclie desselben von Bernhard Faby, k. k. Rath und Leib- medico. Gratz 1803. 12. Bruchstiicke aus dem Leben, Trink- und Bade- gebraueh an der Mineral- und Heilquelle Sauer- brunn bei Rohitsch in Steyermark. Gesammelt von C. A. Riedl, der Med. und Cliir. Doetor, corresp. Mitgliede der medieiniscli- chirurgisclien Josephs-Academie , k. k. Rath und dirigirendem Stabsfeldarzt. Griitz 1821. 13. Taschenbuch fiir vaterliindische Geschiclite. Von Freyherrn von Hormavr und von Mednyansky. Wien 1821. 14. Der Aufmerksame. Jahrgang 1821 Nr. 49 und 50. 15. Physikalisch-medicinisclie Beschreibung der Sauer- brunnen bey Rohitsch in Steyermark, mit Anlei¬ tung zum Gebrauclie derselben an der Heilanstalt fiir Cur-Gaste. Von Matliias Maclier, Doetor der I-Ieilkunde, Magister der Geburtslnilfe, Mitglied der k. k. steyermark. Ackerbaugesellschaft und subst. Physicus in Gratz. Wien und Gratz 1823. 16. Istri adeolarum geographia vetus e monumentis epigrapliici^, marmoribus, numis, tabellis eruta et commentariis illustrata a P. Math. Petro llatancsich. O. M. S. P. F. Prov. Capistr. A. A. L. L. et Phil. Doetor. in Reg. Univ. Hung. Antiquit. ac Numism. Prof., et Bibliotk. Cust. emerit. P. II. Budae 1826 et 27. 189 17. Das romische Noricum, oder Oesterreicli, Stever- mark, Salzburg, Karnthen und Krain unter den Romern. Unmittelbar aus den Quellen bearbeitet von Dr. Albert Mucbar, Kapitular und Professor des Benedictinerstiftes zu Admont. 2 Thle. Gratz 1826. 18. Brandes Archiv des Apothekervereines Bd. XXII. S. 320. 19. Tromsdorffs Journal der Pharmacie. Bd. XII. St. I. S. 50. 20. Die vulkanischen Mineralquellen Deutschlands und Frankreichs. Von Dr. Gustav Bischof. Bonn 1826. 21. Physikaliscli-medicinische Darstellung der bekann- ten Heilquellen der vorziiglichstenLander Europas. Von Dr. E. Osann , Prof. der Medicin in Berlin. 2 Bande. Berlin 1829 und 1832. 22. Kurze Darstellung der mineralogisch-geognosti- schen Gebirgsverlialtnisse der Steyermark. Von Math. Jos. Anker, Prof. der Mineralogie, Custos am Joanneum und Mitglied mehrerer gelehrten Gesell- schaften. Gratz 1835. 23. Die Cursaison am standiscben Robitscher-Sauer- brunnen im Jahre 1837. Von Dr. Sock, Inspector undBrunnenarzt daselbst. Med. Jalirb. des k. k. ost. Staates. 25. Bd. 24. Darstellung der physikalischen und chemischen Verhaltnisse der Mineralquellen zu Roliitsch. Von A. Schrotter, Prof. der Chemie und Pliysik am Joaneum zu Gratz. Med. Jalirb. des k. k. osterr. Staates. XXXIII. Bd. 25. Erinnerung an Sauerbrunn naclist Rohitscb und seine Umgebungen. Von Dr. Rudolf Puff. Griitz — bei I. F. Kaiser. 26. Wanderungen durcb Steyermai'k. Von I. G. Seidl. Leipzig — bei G. Wigand. 27. Keuentdeckte Mineralquelle zu Unterkostreinitz im Cillierkreise. Von Dr. Kotsevar, k. k. Distriktsarzt zu VVindisch-Landsberg. Oest. medicinisclie Wo- chenschrift 1844. 190 ■28. Bericht liber die Mittheilungen von Freunden der Naturvvissensehaften in Wien. Gesammelt von Wilhelm Haidinger. VI. Bd. 29. Sechs Abhandlungen iiber die Ergebnisse der im Sommer 1849 vorgenommenen Begehuiigen von A. von Morlot. 1851. 30. Uebersicht der Mineralvvasser und einfaclien Mine- ralien Steiermarks. Von Prof. Dr. B. Kopetzky. Graz 1855. Zur Bcachtung fiir Kurgiistc. An der st. st. Kuranstalt S a u e r b r u n n bei Rohitsch sind amtlich festgesetzte Preistarife angeschlagen und wir lassen hier im Auszuge das Nothigste aus denselben folgen. Man zalilt fiir ein Sauerbrunn-Stahlbad 30 kr. €. M., fdr ein gemischtes 24 kr., fiir ein Siisswasserbad 15 kr., fiir ein Doackebad 15 kr. Die Preise der 341 Zimmer sind nach Umfang, Lage nnd Einrichtung ver- schieden, von 8 kr. bis zu 1 fl. C. M. fiir den Tag. Die Betten werden separat mit 12, 8 und 6 kr. fiir den Tag berechnet. Vom 12. Juli bis 12. August sind die Preise aller Zimmer um die Halfte erholit. Zur Unterbringung von Pierden und Wagen sind gentigende Lokalitaten vorhanden. An Kurtaxe bezahlt die Person 3 fl. Bei den zwei standischen Traiteuren speist man an drei verschiedenen Tables d’hOte Mittag; doch kbnnen die Kurgaste audi nacli der Karte und auf ihren Zimmern speisen. •— Eine grosse 1 '/ 8 Mass enlhaltende Flasclie vom Tempelbrunnen kommt fiir die Vefsendung adju- stirt auf 9 kr; eine kleine Flasclie auf 6 kr. zu ste- hen. — Die von der Eisenbahnstation Poltschach nach. der Ankunft jedes Trains abgelienden Gesellschafts- wagen befordern die'Person um 50 kr. C. M. an den Kurort; jedoch sind auchimmer separate Postkutschen zu haben. — Die Flasclie Ignazbrunnen kostet an der Quelle 8 kr., die Flasclie Rosalienbrunnen 7 kr. C. M. COBISS '4042X00 NARODNA IN UNIUERZITETNA KNJIŽNICA 00000439024 Druck von L. C. Zamarski’s Universitats Buchdruckerei (vormals I. P. S o 11 i n g e r).