E P I G R A P H I S C H E S A U S F L A N O N A (P L O M IN ) G. ALFÖLDY Unter den antiken Siedlungen an der Ostküste Istriens war die bedeu­ tendste Stadt Flanona (Ploinin), eine ursprünglich einheimische Siedlung, deren Hafen bereits in der Zeit der späten Republik gut bekannt war, und nach welcher der Quarnero als Flanaticus sinus bezeichnet wurde. Die Ge­ meinde der Flânâtes oder Flamonienses erhielt am Anfang der römischen Kaiserzeit zuerst die Immunität, und unter Kaiser Tiberius den Rang eines Municipiums und das ins Italicum. Zur Geschichte der Stadt s. bes. B. Ta­ maro, Not. dei Scavi VI 4 (1928) 403 ff., A. Degrassi, Il Confine nord-orien­ tale dell’ Italia Romana (Bern 1954) 102, ders., AMSI 57 (1957) 76, ders., Scritti vari di antichità (Roma 1962) II 8 6 6, 875 ff., 895 ff., M. Pavan, Ri­ cerche sulla provincia romana di Dalmazia (Venezia 1958) 106 ff., G. Alföldy, Epigraphica 23 (1961) 53 ff., ders., Bevölkerung und Gesell­ schaft der römischen Provinz Dalmatien (Budapest 1965) 73, usw. Am 31. 1. 1965 konnten wir Plomin und sein Lapidarium besuchen: bei dieser Gelegenheit konnten wir bei Lesung und Deutung einiger Inschriften einige kleinere Korrekturen durchführen. Neben anderen wichtigen Inschriften von Plomin, die z. T. im Lapida­ rium der heute beinahe völlig verlassenen kleinen Stadt stehen, verdienen eine besondere Beachtung die Fragmente, die von Th. Mommsen unter Nr. 3036 im III. Band des CIL bzw. von A. Gnirs in der Zeitschrift Jahr­ buch für Altertumskunde, Bd. 5 (1911) S. 175 herausgegeben wurden. Den Text des ersten Fragmentes hat Th. Mommsen folgendermassen gelesen: ... CILIA. L. F. QVIN .../... aQVILLIO. VIBi f. .../... AQVILLIO. SEX. F. . . . (vgl. auch C. Daicoviciu, Ephemeris Daco romana 5, 1932, 83). Der Text des zweiten Fragments lautet nach A. Gnirs in der Form ... CTA. V. F. S. ET. SI / ... IO. SVO. ET / ... LA. LONGO. F. D„ wobei der Herausge­ ber des Bruchstückes die folgenden Ergänzungen bzw. Auflösungen vor­ schlägt: [... Au?]cta v(iva) f(ecit) s(ibi) et Si[lio? ... jnarit]o suo et [... C] la(udia) Longo f(ilio) d(ulcissimo). Die letztgenannte Inschrift ist die ein­ zige Angabe dafür, daß das Municipium von Flanona zur Tribus Claudia gehörte, vgl. W . Kubitschek, Jahrbuch für Altertumskunde a. O. 175, A. De- grassi, II Confine 95 Anm. 6 , G. Alföldy, Epigraphica a. O. 55 Anm. 4 usw. Bei der persönlichen Untersuchung der beiden Fragmente konnte festgestellt werden, daß es sich um die Fragmente eines und desselben Grabsteines handelt. W ir lesen und ergänzen die Inschrift folgendermaßen: D. h.: [A]cilia L(uci) f{ilia) Quincta v(ina) f(ecit) s(sibi) et Se[x[to) / A\ quillio viro suo h(eredi) [et / L(ucio)?] Aquillio Sex(tï) f(ilio) [C]la(udia) Longo f(ilio) de[c(urioni). ..]. Der Gentilname Acilius, der v o i- allem in Norditalien verbreitet war (vgl. etwa A. Calderini, Aquileia Romana, Mi­ lano 1930, 445 usw.), ist in Dalmatien sonst nicht bezeugt. Das Cognom en Quinctus/Quincta ist im Gebiet der Provinz auch anderswo bekannt (CIL III 9937, Perušić bei Asseria). Das Nom en Aquil(l)ius kom m t in den In­ schriften Flanonas häufig vor, seine Träger bildeten die wichtigste Familie der Stadt (vgl. neuerdings G. Alföldy, Bevölkerung und Gesellschaft der römischen Provinz Dalmatien, 73). Das Praenomen der Mitglieder der Fa­ m ilie war entweder Sex(tus) (CIL III 1940, 3037, Not. dei Scavi VI 10, 1934, 5, s. auch die behandelte Inschrift) oder L(ucius) (CIL III 3037, 5038 = 10062, Not. dei Scavi VI 4, 1928, 403, usw.); aus diesem Grund haben wir das Prae­ nom en am Anfang der 3. Zeile auf L(ucius) ergänzt. Die Inschrift kann durch ihre schöne Bearbeitung, durch die Buch­ stabentypen und durch das Fehlen des Cognomens bei Sex. Aquillius in das A p Ì lTAm T:-Q V d'^Ć'! A 'V L -5A f • SfcX - AU VI L L I O V I If/o ■ 5 V O • H • JE 7 i... /AQV1 L LI Q,S F . X ffni a- I O n G o • F . o / r- 1. Jahrhundert, und innerhalb dieser Zeit wohl in die erste Hälfte des Jahrhunderts datiert werden. Durch die revidierte Lesung erwiese sich die Claudia tribus Flanonas als sicher, außerdem enthält die Inschrift auch eine Angabe für einen Decurio der Stadt. Sonst kennen wir nur einen ein­ zigen Decurio des Municipiums, der ebenfalls aus der Familie der Aquillii stammte (CIL III 1940, Salona). Aus den W ürdenträgern der Stadt ist noch ein curator der res publica bekannt (CIL V 60 = Inscr. It. X,1 Nr. 88, Pola). Unter den Inschriften mit einheim ischen Personennamen in Flanona ist besonders die Inschrift CIL III 3038 = 10062 wichtig. Den zweiten Namen in dieser Grahinschrift, die ebenfalls noch aus dem 1. Jahrhundert stammt, las man in CIL ursprünglich in der Form Velsounae Suiocae Ve selene sis f. (CIL III 3038) ; nach O . Hirschfeld ist statt VELSOV richtig VDLSOV oder VEDLSOV zu lesen (CIL III 10062 ad n . 3038). In der Fachliteratur erwähnt man den ersten Namen nach der ursprünglichen Lesung im CIL in der Form Velsouna, so etwa D. Rendić-M iočević, Zbornik Instituta za Historij­ ske Nauke u Zadru 1 (1955) 129 f., H . Krähe, Lexikon altillyrischer Perso­ nennamen (Heidelberg 1929) 124, A. Mayer, Die Sprache der alten Illyrier I (W ien 1957) 355, G. Alföldy, Beitr. z. Namenforschung 15 (1964) 69. Sonst kommt dieser Name nicht vor. Auf dem Stein ist in W irklichkeit einwand­ frei Volsounae Suiocae usw. zu lesen, der Name lautet also richtig Volsouna. Dieser Frauenname ist in Liburnien gut bekannt, s. D. Rendić-M iočević, a. 0.129, G. Alföldy, a. O. 69 usw.; zu den liburnischen Namen m it der W urzel Fo/s-im allgemeinen s. bes. J. Untermann, Die venetischen Personen­ namen (W iesbaden 1961) mit Karte 32. Zum Schluß m öchten wir noch die Inschrift CIL III 3041 erwähnen. Das CIL liest FL IILII / co iu gi / incom pa / ra b ili / F l. F e licis / sim us / fee. In der beschädigten ersten Zeile kann wahrscheinlich F l(av iæ ) T iti[a ]e ge­ lesen werden. Da die Inschrift aus dem 3. Jahrhundert stammen soll, fehlt am Anfang vielleicht auch [D .M .], Titia als Cognomen ist in Liburnien noch in Asseria bezeugt, YAHD 54 (1952) 209. PO V ZETEK K p lo m in sk im spom en ikom 1. C IL III 5036 -)- Gnirs, JfA 5, 1911, 175 Plom in-Flanona. A vtorju uspe se­ stav a obeh doslej ločeno tretiranih odlomkov, tako da se novo celotno besedilo n apisa, ki ga datira v prvo polovico 1. stoletja po K r., glasi kot sledi [A] cilia L. f. Q uincta v(iva) f(ecit) s(ibi) et Se[x.] / [A]quillio viro suo h(eredi) [et] / [L. ?] A quillio Sex. f. [C]la(udia) Longo f(ilio) de[c(urioni) ..]. Tekst je hkrati edini dokum ent, da je bila Flan on a vpisan a v tribus C lau dia, kot je opazil že Ku- bitschek, JfA 5, 1911, 175. A quillii so bili v mestu m ed vodilnim i družinam i. K er so — po poznanih dokum entih sodeč — nosili pretežno praenom en Sextus ali L u ­ cius, pride za dopolnjevanje n a začetku 3. vrstice predvsem slednji v poštev, ker prostor več kot črko ne dopušča. 2. C IL III 3058 = 10062 Plom in-Flanona. K ontrola na spom eniku iz 1. sto­ letja je p ok azala, da je žensko ime v 2. vrstici treba citati Volsounae, gen., in ne kot doslej V elsounae ozirom a še drugače. Ime je v Libu rn iji epigrafsko večkrat spri- čano. 3. C IL III 3041 Plom in-Flanona. Prvo vrstico, ki jo zapisuje Mommsen F L IIL II, čita avtor Fl(aviæ ) Titi[a]e.