Oompi-opsi lANL? OnoLsn. U0H8IM0? Ignaz Kroten, infulirter Dompropst, Jubelpriester, krotonotarius L.po- stolions s-ä instar xartieixantinin, Ritter des Ordens der eisernen Krone III. Classe, fürstbischöflicher Consistorialrath, Director der F.-B. Ordinariats-Kanzlei, Ehrenbürger von Praßberg rc. Eine biographische Zichze verfasst von Franz Pirkmaier. Marburg, 1900. Im Verlage des Verfassers. — St. Cyrillus-Buchdruckerei. M6L O^00 Es ist bestimmt in Gottes Rath, Dass man vom liebsten, Was man hat, Muss scheiden. Düster dröhnten diesmal die Osterglocken vom ehrwürdigen Dome zu Marburg, galt es doch Abschied zu nehmen vom Nestor des f.-b. Lavanter Domcapitels, vom greisen Prälaten OroLen, der an den Folgen einer Influenza- Erkrankung am Charfreitage, 9 Uhr abends, so unvermuthet rasch in ein besseres Jenseits abberufen wurde. Obwohl sich der Herr Prälat schon seit Freitag in der Palmwoche in Folge einer Erkältung etwas unwohl fühlte und ärzt¬ liche Hilfe in Anspruch nahm, so gieng er doch noch seinen gewohnten Verrichtungen nach, bis ihm Dienstag in der Charwoche die zunehmende Schwäche zwang, das Bett zu suchen, von dem leider der alte Herr nicht mehr ausstehen sollte; denn schon Mittwoch verschlimmerte sich sein Zustand so sehr, dass er selbst das Verlangen nach der heiligen Wegzehrung stellte, Donnerstag Vormittag empfieng er die hl. Communion und Donnerstag abends wurde er in die letzte hl. Oelung gelegt. Am Freitag Mittag verschlim¬ merte sich sein Zustand zusehends und der greise Patient hatte unendlich viel zu leiden; doch die größten Schmerzen ertrug der hochw. 4 Patient unendlich geduldig, ohne nur deu ge¬ ringsten Laut einer Klage von sich zu geben. Doch sein sprichwörtlich gewordener Humor verließ ihn auch in den letzten Stunden nicht, und auf jede Frage hatte er noch immer eine launige Antwort in Bereitschaft; seine bekannte Geistesfrische bewahrte er sich bis zum letzten Augenblicke. Beweis dessen, dass ihm noch einige Stunden vor dem Tode der «(lospocka» und das „Volksblatt" vorgelesen werden musste und er seine Umgebung — die an's Todtenbett herbeigeeilten Verwandten — erkannte und sich noch von ihnen beim Abgänge des Abendzuges auf das herzlichste verabschiedete. Wie rührend — und zugleich doch so erhebend war der Abschied von dem ihm die Hk. Absolution er- theilenden Neffen Herrn Pfarrer Kukoviä und von seiner stets in seiner Nähe gewesenen Nichte Frau P.! Und als nach 9 Uhr abends der Todesengel dem edlen Dulder, die schon lange um die Sehkraft gekommenen Augen zudrückte, da bemächtigte sich der Hinterbliebenen ein furchtbarer Schmerz, da sie erst jetzt recht fühlten, welch' edlen Beschützer und Wohlthäter sie im hochw. Herrn Prälaten aus immer verloren hatten. Welcher Verehrung sich der theuere Todte besonders in Priesterkreisen zu erfreuen hatte, zeigte das impösante Leichenbegängnis. Aus allen Theilen der Lavanter Diöcese eilte der hochwürdige Clerus herbei, um ihren lieben Vorgesetzten und einstigen Lehrer und Priester¬ hausdirector das letzte Geleite zu geben. Aber auch aus Laienkreisen war die Betheiligung — s — ^ine selten dagewesene, wir bemerkten Vertreter des k. k. Officierscorps mit dem Herrn General an der Spitze, die Spitzen der Behörden, Mit¬ glieder des Gemeinderathes mit den beiden Herren Bürgermeistern, die hiesigen Mittel¬ schuldirectoren, mehrere Professoren, viele Lehrer aus der Umgebung, die ehrw. Schulschwestern mit den Pensionatszöglingen, der kath. Gesellen¬ verein mit der Fahne und eine nach Hunderten zählende Menge, verschiedene Berufskreisen an¬ gehörigen, insbesondere waren viele Vertreter der Landbevölkerung von auswärts anwesend. Den Conduct führte vom Trauerhause bis zur Domkirche Se. Fürstbischöflichen Gnaden selbst, von da an aber der hochw. Herr Domdechant Herg. Vor dem Sterbehause, wie auch am offenen Grabe sangen die Herren Alumnen des f.-b. Priesterhauses je einen ergreifenden Trauerchor und man sah am Grabeshügel des uns so plötzlich Entrissenen, wie schwer der Abschied von dem guten alten Herrn so manchem war, und so manche Thräne netzte die Wangen seiner einstigen Zöglinge, insbesondere aber zeigte das Schluchzen der Verwandten, welch' herben, ja unersetzlichen Verlust dieselben erlitten hatten. Dompropst OroLen ist zu Tüffer am 30. Jänner 1819, als der älteste Sohn des Bürgers und Kaufmannes Ignaz OroLen und seiner Ehegattin Marie, geb. Ramšak, geboren. Den ersten Unterricht genoss derselbe an der damals zweiclassigen Trivialschule in Tüffer, allwo zu jener Zeit die den Tüfferern noch im besten Andenken stehenden Schullehrer Wenzel Cmitko — 6 — und nach diesem Thomas Stuller wirkten; diese seine ersten Lehrer, insbesondere Stuller und der damalige Hauptpfarrer von Tüffer, Math. Balon, erkannten bald die ungewöhnliche Be¬ gabung des kleinen Ignaz und über ihre Fürsprache fassten die Eltern den Entschluss, ihren ältesten Sohn studieren zu lassen. Zuerst musste derselbe noch die dritte Elaste der damaligen Hauptschule in Cilli besuchen, kam im Jahre 1831 an's Gymnasium daselbst, ab¬ solvierte dasselbe im Jahre 1837 mit vorzüg¬ lichem Erfolge, wandte sich hiernach nach Graz, um dort zwei Jahre Philosophie zu hören (jetzt 7. und 8. Gymnasialclasse), studierte dann Theologie in St. Andrä und Klagenfurt und wurde am 4. August 1842 vom damaligen Fürstbischöfe Zimmermann zum Priester ge¬ weiht und primicierte am 15. August d. I. in der Hauptpfarrkirche zu St. Martin in Tüffer. Seine erste Anstellung als Kaplan war jene in Sachsenfeld vom Jahre 1842 bis 1844, pastorierte sodann als Kaplan von 1844 bis 1847 in Cilli, von 1847 bis 1854 d. i. zur Zeit der Choleraepidemie und des Südbahn¬ baues als Vicar ebendaselbst, wurde im Jahre 1854 Pfarrer in Praßberg und wirkte daselbst vom 24. September 1854 bis 31. August 1865, vom 1. September 1865 bis 23. September 1867 als Hauptpfarrer und f.-b. geistlicher Rath in Hl. Kreuz bei Sauerbrunn. Im Jahre 1867 erfolgte seine Ernennung zum Domherrn des Lavanter Domcapitels. Schon im selben Jahre wurde er mit der Würde eines Diöcesan- — 7 Schulen-Oberaufsehers betraut, welches Amt er mit besonderer Vorliebe bis zum Jnslebentreten der neuen Schulgesetze (1869) verwaltete, hier¬ auf wurde ihm die Leitung des Priesterhauses übertragen (1869 bis 1879); im Jahre 1872 erfolgte seine Ernennung zum Vice-Director der theologischen Lehranstalt, im Jahre 1883 zum Director der f.-b. Ordinariats-Kanzlei, am 21. September 1884 wurde derselbe zum in- fulierten Domdechante instituiert und am 20. Juli 1893 wurde er als Dompropst consecriert. Vom Jahre 1881 bis 1887 war Prälat OroLen Mitglied des steiermärkischen Landesschulrathes und wurde derselbe bei dessen Rücktritt von dieser Würde von Sr. Majestät am 4. Nov. 1887 mit dem Ritterkreuz des eisernen Kronen- Ordens dritter Elaste ausgezeichnet. Auch Seine Heiligkeit Papst Leo XIII. hat den um Kirche und Staat so hochverdienten Priester und Geschichtsforscher durch den Titel eines Lrotonotarins ^postolions aä instar partioipantiuin ausgezeichnet. Der verstorbene Herr Dompropst war ob seiner schriftstellerischen Thätigkeit weit über die Grenzen unseres Vaterlandes geachtete und insbesondere als Chronist der Lavanter Diöcese hochgeschätzte Persönlichkeit. Seine erste geschicht¬ liche Arbeit «Oeljska kronika» erschien schon vor einem halben Jahrhundert (1854); dieses nach den besten und nur wenigen zugängigen Quellen zusammengestellte Werk erregte damals nicht geringes Aufsehen. — 8 — Im Jahre 1868 begann er mit der Heraus¬ gabe des mit unendlich großem Fleiße zusammen gestellten und nur auf die dem Forscher zu¬ gänglichen Quellen sich stützenden Hauptwerkes: „Das Bisthum und die Diöcese Lavant". Dieses Werk umfasst in kirchlicher, wie weltlicher Be¬ ziehung eine Geschichte des Bisthums und des Domcapitels Lavant, sowie das Decanat Mar¬ burg, Mahrenberg, Jaring, St. Leonhard in W.-B., Kötsch und Zirkovitz (I. Band erschienen 1875), ferner des Benedictiner-Stiftes Oberburg und Decanates Oberburg (II. Band 1877), des Archidiakonates Säumen und Decanates Cilli (III. Band 1880), des Decanates Fraßlau (1880) und Tüffer (1881) als IV. Band, des Decanates Schallthal (V. Band 1884), des Decanates Drachenburg (VI. Band 1887), des Decanates Rohitsch (VII. Band 1889) und im Jahre 1893 das Decanat Neukirchen. Die im I. Bande be¬ handelten sechs Decanate erschienen Anfangs d. i. in den Jahren 1868—1875 als Beigabe zumLavanter Schematismus. Mit dem Decanate „Neukirchen" schloss der rastlose Verfasser dieser umfangreichen untersteirischen Chronik, die dem kommenden Geschichtsschreiber gewiss eine reiche, nur auf sichere Quellen sich stützende Fundgrube bieten wird, seine über 40 Jahre währende schriftstellerische Thätigkeit. Mit schwerem Herzen nimmt der bei seiner schriftstellerischen Thätigkeit nahezu erblindete Verfasser von dieser ihm so lieb gewordenen Beschäftigung Abschied, indem er in der Vorrede zum letzten Bande schreibt: „Ich habe seit dem Jahre 1868 an diesem — 9 Werke mit vieler Vorliebe gearbeitet, bin aber nun gezwungen, die Feder zur Seite zu legen — senui eninr 6i oenli Ei onligaverunk. Ich hoffe aber, dass sich unter dem Lavanter Clerus Priester finden werden, welche sich die Vollen¬ dung dieses Werkes werden angelegen sein lassen. Die weitere Arbeit wird umso leichter sein, als nun doch schon einiges Material hiezu gesam¬ melt ist und die Quellen zur weiteren Be¬ schaffung des einschlägigen Stoffes bekannt sind. Vivat segnens." Doch ganz konnte der Verstorbene noch immer nicht der Schriftstellerei entsagen. Noch im Jahre 1895, also in seinem 76. Lebensjahre schrieb der Herr Prälat ein vierzig Seiten in Octav umfassendes, in der St. Cyrillus-Buch¬ druckerei erschienenes Büchlein mit dem Titel: «Laoieev-OroLnov Kock» des vorzugsweise für den Gebrauch der Familienmitglieder bestimmt war. Dieses Büchlein enthält an der Vorder¬ seite eine hübsche Illustration, nämlich drei Bildnisse: Oben zwei einfache bürgerliche Leute, nämlich den gewesenen Tüfferer Handelsmann Ignaz OroLen und dessen Ehegattin Marie als Eltern des Verfassers, darunter den Sohn als silberhaariger Greis mit ausdrucksvollen Ge¬ sichte im Prälatentalare, die goldene vom f.-b. Domcapitel anlässlich der Secundizfeier ihm als Ehrengeschenk gewidmete Prälatenkette um den Hals und den Orden der Eisernen Krone an der Brust. Fürwahr, einen herzerhebenden Anblick bieten diese drei Bildnisse, als ob der Herr Prälat noch einmal, wie in den Kindes- 10 jähren sich unter den Schutz der guten Eltern, insbesondere seiner ihm bis zum letzten Augen¬ blicke vorschwebenven, seligen Mutter, deren Briefe er sich noch einige Tage vor dem Tode vorlesen ließ, stellen wollte! Die Vorrede des Buches sagt auch, dass Ignaz OroLen, Dom¬ propst von Lavant, dieses Buch dem Andenken seiner Eltern widmet und es den Zweck hat, seinen noch lebenden Verwandten die Kenntnis des Herkommens des Geschlechtes OroLen aus dem Stamme Kaöiö zu erschließen. Beigegeben ist noch ein auf lithographischem Wege sehr hübsch ausgesührter Stammbaum des Verfassers. Dieser reicht eils Generationen zurück und beginnt mit dem Jahre 1545. Anlässlich des Erscheinens dieser letzten publicistischen Arbeit OroLen's schrieb L. v. Beck-Widmanstetter im „Grazer Volksblatt" vom 25. August 1895 unter an¬ derem: „Der Vorzug des vorliegenden OroLen'- schen Stammbaumes ist, dass nicht ein Buch¬ stabe ohne urkundlich sichere Grundlage gegeben ist. Aus den Urbarien der Herrschaft Tüffer und aus den Pfarrbüchern wurde das Ma¬ terial für den geneologischen Aufbau geschöpft. Die Bekleidung beschränkt sich auf die Vor¬ führung von Thatsachen. So nüchtern gieng der Verfasser zuwerke, dass er der eigenen Person genau nur zehn Zeilen Text zugestand und nicht mehr. Und doch ist Dompropst OroLen der leuchtende Stern und eine der vornehmsten Zierden des Landes, dem er von Jugend an alle seine Thatkraft widmete. Dies gilt sowohl rücksichtlich seiner Eigenschaft als Priester, als 11 auch jener als Geschichtsforscher. Ein solcher Mann kann seinen Stammbaum weihen. Eine durch drei Jahrhunderte in unzweifelhafter Weise nachgewiesene ehrbare Abstammung von einfachen, redlichen und arbeitsamen Leuten erweckt Sympathie." Auch über OroLen's Hauptwerk: „Das Bisthum und die Diöcese Lavant" spricht der¬ selbe Recensent in nachstehender Weise: „Wer über die Pfarren von Lavant, soweit die Arbeit fertig geworden ist, Auskunft haben will, der verhört zunächst OroLen's Geschichtswerk, welche eine Versammlung aller auffindbar gewesenen einschlägigen Geschichtsquellen darstellt. Auf die Richtigkeit des Inhaltes dieser acht Bände kann man unbedingt vertrauen. Kurzum, Herr Prälat OroLen hat dem Lande Steiermark ein Quellen¬ werk von dauerndem Werthe gegeben." Dompropst OroLen war eine ungemein bescheidene, anspruchslose Persönlichkeit und wer den kleinen, alten, halb erblindeten Herrn mit dem schneeweißen Haare im schlichten schwarzen Talare vor der f.-b. Residenz und vor dem Casino - Parke auf- und abwandeln sah, konnte in ihm unmöglich den hohen kirch¬ lichen Dignitar und namhaften Historiker ver- muthen. Aber nicht allein seine äußere Er¬ scheinung und seine Kleidung ließen seine An¬ spruchslosigkeit erkennen, sondern auch seine ganze Lebensweise war die denkbar einfachste und bescheidenste. Der selige Herr Prälat stand — insbesondere in früheren Jahren, so lange ihn das Augenlicht noch nicht verließ — sehr 12 früh auf, verrichtete zuerst seine geistliche An¬ dacht zu Hause, las sodann die hl. Messe in der Domkirche und nahm dann den Kaffee zu sich; nach dem Frühstück durchblätterte er die eingelangten Zeitungen, begab sich sodann zu den Chorgebeten und gleich daraus in die f.-b. Ordinariatskanzlei, wo er früher immer bis Mittag arbeitete, in den letzten Jahren ließ er sich nur die eingelangten Poststücke verlesen und nahm dann stets Punkt 12 Uhr das jeden bürgerlichen Haushalt bei weitem an Einfach¬ heit überragende Mittagsessen zu sich; abends und zwar im Winter um 6 Uhr, im Sommer um 7 Uhr, wurde das Abendmahl, bestehend aus Suppe und Compot aufgetragen und um 8 Uhr im Winter und um g Uhr im Sommer gieng der alte Herr zu Bette. Den Nachmittag verbrachte der Herr Prälat theils in der Kirche, größtentheils jedoch bei seinem Schreibtisch zu; sein Pult war meist über und über mit alten vergilbten Pergament¬ stücken, unleserlichen Schriftstücken und alten, nur für den Forscher werthvollen Schriftstücken bedeckt; hin und wieder zerrte er auch irgend¬ eine alte Marmorplatte mit unleserlichen Hiero¬ glyphen herbei und hatte dann die größte Freude, wenn es ihm nach langen mühevollen Versuchen gelang, eine derartige Aufschrift zu entziffern. Bei diesen seinen Arbeiten bediente er sich stets verschiedener Luppen und dieses anstrengende, oft stundenlange Hindurchsehen durch die stärksten Vergrößerungsgläser hatte eine Verflachung des am meisten angestrengten 13 rechten Auges, eine allmälige Erschlaffung des Sehnerves und sodannigen Verlust des Augen¬ lichtes zur Folge. Bis vor wenigen Jahren hat sich jedoch der Verewigte der vollen Sehkraft beider Augen erfreut und der Herr Dompropst konnte noch anlässlich der Secundizseier die hl. Messe ohne Benützung der Brillen lesen; die allmälige theilweise Erblindung trat erst in den letzten zwei Jahren ein, doch hatte der alte Herr noch immer soviel gesehen, dass er die äußeren Umrisse größerer Gegenstände wahr¬ nehmen und an manchen Tagen auch noch ver¬ schiedene Bilder von einander unterscheiden konnte. Monsignore OroLen hat sein Augenlicht nur durch die übergroße Anstrengung seiner Augen, man kann es ganz getrost sagen, im Dienste der Wissenschaft eingebüsst. Auf Zureden seiner Umgebung entschloss er sich nochmals, einige Male hat er es bereits gethan, bei einem be¬ kannten Specialisten in Graz seinen Zustand untersuchen zu lassen und für den Fall ärzt¬ lichen Anrathens, sich sogar einer Operation zu unterziehen, aber in Gottes weisen Rath¬ schluss war es anders bestimmt, es sollten ihm die empfindlichen physischen Schmerzen einer gefährlichen Operation in den alten Tagen er¬ spart bleiben! So diät und pünktlich der Verewigte die einfachen Mahlzeiten zu sich nahm, so ent¬ haltsam, wenn nicht noch enthaltsamer zeigte er sich im Genüsse geistiger Getränke. 14 Der alte Herr trank nur zu Mittag und abends je ^/4 Liter Wein mit Wasser gemischt; und wenn er sich einmal ausnahmsweise an einem sehr heißen Sommertage ein Glas Bier holen ließ, so bedeutete dies schon ein ganz besonderes Ereignis. Monsignor hatte es jedoch nicht gerne, wenn Jemand in seiner Nähe von dieser seiner sprichwörtlich gewordenen Mäßig¬ keit sprach und sagte dazu: „Meine Mäßigkeit ist keine Tugend; diese Leidenschaft (das Trinken) habe ich einfach nie gekannt und deshalb ver¬ achte ich keinen Trinker, sondern mir erbarmt ein solcher Mensch". Bei festlichen Gelegenheiten jedoch, am Geburts- und Namenstage, oder wenn beson¬ ders illustre Gäste zu Mittag geladen waren, da machte er von der Regel eine Ausnahme und ließ stets neben den Tischwein auch welchen Dessertwein servieren. Und wenn er auch selbst hiebei nur wenig trank, so sprach er doch immer seinen Gästen zu und hatte die größte Freude, wenn sich seine Umgebung gut unterhielt und in fröhliche Stimmung versetzt wurde. So ein¬ fache Küche der Herr Prälat auch führte, stand doch Niemand, der das Glück hatte, den Mahl¬ zeiten zugezogen zu werden, unbefriedigt vom Tische auf, denn was nämlich die Küche an Reichhaltigkeit vermissen ließ, wurde hundert¬ mal durch den köstlichen Humor, durch die wohl- thuende HerzenSgüte und gewinnende Liebens¬ würdigkeit des greisen Gastgebers ausgewogen. Prälat OroLen war nämlich trotz seines hohen Alters und der täglich zunehmenden Er- 15 blindung stets guter Laune und ließ es seiner Umgebung niemals fühlen, wie viel er, „der stets Geistesfrische", unter der Wucht dieses herben Schicksalsschlages zu leiden hatte. Wer den alten Herrn nur einmal seine heiteren und doch so geistvollen Anekdoten erzählen hörte, glaubte stets, einen in der Blüthe seiner Jahre stehenden Mann und nicht einen halb erblin¬ deten Greis vor sich zu sehen. Man mag eine Humoreske schon oft und oft gehört haben, wenn sie der Herr Dompropst erzählte, so musste man stets wieder und wieder lachen, denn im Erzählen eigener, heiterer Erlebnisse, im Wiedergeben guter, Heiterkeit erregender und doch stets sinnvoller Anekdoten war der alte Herr wirklich ein großer Meister. Da zuckte keine Muskel in seinem sonst so heiteren Ge¬ sichte, kein schalkhaftes Lächeln verrieth im Vor¬ hinein den Inhalt der Humoreske, nur als dann das schallende, zwerchfellerschütternde Lachen der umstehenden Zuhörer zu seinen Ohren drang, da konnte der liebenswürdige Gastgeber so herz¬ lich mitlachen, als ob er selbst erst den be¬ treffenden witzigen Einfall zum ersten Mal gehört hätte. So wusste der alte Herr auch das einfachste Mahl durch seinen schier uner- wüstlichen Humor auf das köstlichste zu würzen und die in seiner Nähe verlebten Stunden auf das angenehmste zu gestalten. Besonders wohl fühlte er sich im Kreise seiner Verwandten und war stets sichtlich erfreut, wenn selbe auf Besuch kamen. Wie angenehm berührte es ihm, wenn seine älteste Schwester, Frau Flies, ver- 16 — witwete Oberlehrersgattin aus Tüffer, die mit ihm aufwuchs, einige Wochen auf Besuch bei ihm weilte. Da wurden wieder alte Jugend¬ erinnerungen aufgefrischt, jedes Plätzchen, wo sie als Kinder sich getummelt und gespielt, benannt, alter Schuleollegen erinnert, insbeson¬ dere aber dabei glücklicher Erlebnisse im Eltern¬ hause, der guten, leider so früh verstorbenen Mutter und des so oft beim seligen Dompropst in der Weinlese zu Sauritsch weilenden Vaters mit kindlicher Pietät gedacht. Insbesondere, wenn der alte Herr von seiner seligen Mutter einen guten Herzenszug erzählte oder ihrer häufigen Besuche während seiner Studienzeit in Cilli gedachte, da fühlte er sich so selig und weich gestimmt, dass oft Thränen in seinen Augen glänzten. Besonders innig befreundet war der Herr Prälat mit dem Gatten seiner ältesten Schwester, dem Oberlehrer Flies in Tüffer, und der früh¬ zeitige Tod dieses lieben Schwagers berührte Monsignor auf das schmerzlichste. Aeußerst zu- gethan war er auch seinem, ihm vor zwei Jahren im Tode vorangegangenem Bruder Franz, gewesenen Handelsmannes in Tüffer, wie dessen ältesten Sohne Franz, derzeitigen k. k. Professors in Laibach. Professor OroLen hat sich nämlich als Schulschriftsteller durch die Herausgabe mehrerer geographischer Lehr¬ bücher und Schulwandkarten bereits in Fach¬ kreisen einen geachteten Namen erworben, was den Herrn Onkel ungemein freute, denn nichts that dem alten Herrn Wohler, als wenn er 17 über einen seiner Verwandten etwas Erfreu¬ liches hörte. Mit sichtlicher Befriedigung durch¬ blätterte er daher die von seinem Neffen ge¬ schriebenen Bücher und ließ sich noch in letzter Zeit einige aus der Feder seines Neffen und Namensträgers stammende Artikel vorlesen. Wie lieb der Verstorbene auch seine jüngste Schwester Amalie und deren Gatten Kukoviü, pensionierten k. k. Hauptsteuer-Einnehmers in Cilli hatte, zeigte er bei verschiedenen Gelegen¬ heiten, insbesondere aber dadurch, dass er für deren Kinder und Kindeskinder eine wahrhaft väterliche Fürsorge an den Tag legte und dies noch am Todtenbette bezeugte. Wie glücklich fühlte sich der Herr Dom¬ propst, als sein Neffe, Herr Fritz Kukoviü, am 3. August 1890 die erste heilige Messe in der Pfarrkirche zu St. Daniel in Cilli celebrierte und wie erhebend und doch zugleich ungemein ergreifend war es anzusehen, wie der greise hohe kirchliche Funktionär dem jugendlichen Priester hiebei assistierte. Mit welch' väterlichen Wohlgefallen ruhten des alten Herrn damals noch so heiter dreinblickende Augen auf den jugendlichen Primicianten beim fröhlichen Fest¬ mahle, als Monsignor auf das Wohl des ihm so theuren Schützlings toastierte und ihm Gottes¬ segen auf seinem neuen Lebenswege wünschte. Damals, nämlich am Primiztage seines Neffen, ferner an seinem eigenen Secundiztage, d. i. am 15. August 1890, als der ganze Clerus der Lavanter Diöcese dem hochgestellten Jubel¬ priester durch Ueberreichung äußerst sinniger 2 18 Geschenke seine Hochachtung und Sympathien bezeigte und am 2. Februar 1898, anlässlich der Feier seines 80jährigen Geburtstages fühlte sich der Herr Prälat so recht glücklich und zu¬ frieden im Kreise seiner werthen Herren geist¬ lichen Mitbrüder, so wie seiner aus Nah' und Fern herbeigeeilten, nahezu vollzählig erschie¬ nenen Verwandten! Wie gut gelaunt der Herr Dompropst an diesen Festtagen war, erhellt am besten daraus, dass er, der 80jährige Greis, einige seiner Lieblingslieder mit dem bekannt gut geschulten Flies'schen Quartette mitsang und die heiter gestimmten Sänger immer wieder zum Vortrage weiterer, insbesondere OroLen'scher Lieder, an¬ spornte. Der Herr Protonotarius war nämlich auch gut musikalisch gebildet, spielte in jüngeren Jahren sehr viel Clavier und war ein beson¬ derer Freund guten Volksgesanges. Zur Zeit, als der Herr Dompropst noch Oekonom des f.-b. Lavanter Domcapitels war und dieses Amt bekleidete der selige Herr nahezu durch zwanzig Jahre, unterrichtete er Jahr für Jahr die Winzermädchen in Sauritsch im Chorgesange, damit selbe dann bei der heil. Messe in der Capitelkapelle milsangen, aber auch Volkslieder lehrte er sie und zur Zeit der Weinlese musste jedes Halbwegs für Gesang empfindliche Gemüth ordentlich auflhauen, wenn aus den frischen, jugendlichen Kehlen ein prächtiges Lied erscholl. Am liebsten waren dem alten Herrn Lieder von Slomšek oder Valentin OroLen; mit 19 letzterem, seinem Namensvetter — aber nicht Verwandten — war der Verstorbene innig be¬ freundet und wusste manch' heiteres Stücklein von ihm zu erzählen. Eines Tages, so erzählte der Herr Prälat, war ich bei meinem Freunde Valentin OroLen auf Besuch. Bald nach mir erschien ein Bauer, der den Herrn Pfarrer um die Conductkosten nach seinem verstorbenen Weibe frug. OroLen, der eine äußerst humoristisch angelegte Natur war und besonders Ueberraschungen über alles liebte, nahm sofort die Kreide zur Hand und rechnete auf der in seinem Zimmer befind¬ lichen Schultafel die längste Zeit, so dass dem armen Bauer vor der langen Rechnung schon ganz angst und bange würbe. Endlich als schon die ganze Schultafel nahezu mit Ziffern be¬ schrieben war, sprach der Herr Pfarrer zum Bauern: „74". Dem Bauer, der da meinte, er hätte 74 Gulden zu zahlen, perlten die Angst¬ tropfen im Gesichte, küßte aber gleich daraus vor Freude und Dankbarkeit OroLen die Hand, als dieser ihm aufklärte, er hätte nur fl. 5'74 zu zahlen. — So innig, wie mit dem Dichter vieler im Volke noch heute erhaltener jedoch nicht aus¬ geschriebener Lieder, dem Sänger Val. OroLen war der selige Herr Prälat auch mit dem da¬ mals weit und breit bekannten Humoristen, Pfarrer Michael Plaskan aus Xaveri befreundet, dessen Biographie der Herr Dompropst selbst in den «Drobtmos» vom I. 1864 (S. 126 —143) schrieb. Vom Herrn Plaskan wusste der Ver- 2* 20 — storbene auch viele Anekdoten zu erzählen; es sei auch an dieser Stelle eine hievon erwähnt: Plaskan's benachbarter Herr Pfarrer sollte einen neuen Kaplan bekommen. Plaskan besuchte diesen Herrn Nachbar, erzählte diesem dies und jenes und wusste das Gespräch ganz unbemerkt rasch auf den neuen Herrn Kaplan zu lenken, den er gut zu kennen vorgab und vom selben auch dem Pfarrer berichtete, dass er etwas schwerhörig sei. Bei der bald darauf erfolgten Uebersiedlung musste der Herr Kaplan Xaveri passieren und sich dabei Herrn Plaskan vor¬ stellen. Dem Herrn Kaplan gegenüber lobte nun Herr Plaskan den künftigen Pfarrvorsteher des Ankömmlings und meinte nur so vorüber¬ gehend, wie schade, dass der betreffende Herr Pfarrer etwas taub sei. Als nun der Herr Kaplan an seinem neuen Bestimmungsorte ankam, begrüßte er seinen Chef mit allen ihm verfügbaren Stimmmitteln und letzterer schrie wieder auf den Herrn Kaplan so, dass ein Heidenlärm im Pfarrhofe entstand und die Vorübergehenden erstaunt fragten, was nur dieses Geschrei im sonst so ruhigen Pfarr¬ hofe zu bedeuten habe. Endlich fasste sich ein Dienstmädchen ein Herz und frug den Herrn Pfarrer, warum er auf den neuen Herrn Kaplan denn so schreie. Der alte Herr legte aber den Zeigefinger ge¬ heimnisvoll auf den Mund und sagte: «?st, pst! Kospoä Kaplan so nokaj glulri». „Wa-a-a-s, schrie der Herr Kaplan, „ich soll taub sein, so etwas ist mir aber noch nicht vorgekommen; 21 Sie, Herr Pfarrer, Sie sind taub, es hat mir ja noch heute der Herr Plaskan davon erzählt". Nun gierig dem Herrn Pfarrer sofort ein Licht auf, wusste er doch, dass sich Herr Plaskan abermals einen seiner gewohnten Scherze er¬ laubt habe und beide Herren konnten sich nun nicht genug über den so geschickt eingesädelten Scherz auslachen. Als bald darauf Herr Plaskan in den Pfarrhof auf Besuch kam, da wurde nun er von beiden Seiten etwas mehr als laut angeredet und alle lachten nun über den witzigen Einfall nach Herzenslust. Innig befreundet war der Herr Prälat auch seinerzeit mit dem Herrn Dechant Floriane!« aus Oberburg, Pfarrer Lipold aus Trofin, Pro¬ fessor MurZec aus Graz, Hauptpfarrer Fröhlich aus Sauerbrunn und besonders gern aber hatte er seinen einstigen Schulcollegen geistlichen Rath Jäger aus St. Paul in Kärnten, so dass die Freundschaft dieser beiden Herren in beiden Diöcesen sprichwörtlich geworden ist. Noch vor vier Jahren besuchte der Herr Dompropst in Begleitung des verstorbenen Hauptpfarrers Fröhlich seine beiden noch lebenden Kärntner College», fand aber zu seinem größten Leid¬ wesen Herrn Jäger krank im Bette, den zweiten Herrn aber dem Tode nahe im Spitale; da sollen sich recht erschütternde Scenen beim Wieder¬ sehen nach mehr als 50 Jahren abgespielt haben. Auch der selige Fürstbischof Slomšek hatte OroLen schon zur Zeit, als der berühmte Kirchen¬ fürst noch Abt in Cilli war, seiner besonderen Freundschaft gewürdigt. Als Prälat OroLen 22 noch Pfarrer in Praßberg war, lud ihn Slomšek zu einer kanonischen Visitation nach Hb Kreuz bei Weihwasser ein. Wahrend der heil. Messe wurde nun dem Bischöfe infolge der übergroßen Anstrengung plötzlich so unwohl, dass ihm nur vor den Augen flimmerte und ec nicht imstande war, die hl. Messe zu Ende zu lesen. Da rief der Kirchensürst OroLen herbei und sagte: «Orožen korito Vi claljo!» und dieser musste nun seinem Bischöfe Wort für Wort die heil. Messe vorlesen. Gelegentlich dieser Visitations¬ reise verfasste Slomšek auch das schöne Lied: «?68oin oä 8v. liriSa». Auch der verstorbene Dompropst Klofutar aus Laibach zählte zu OroLen's Freunde und Verehrern und besuchte ihn nahezu jedes Jahr einmal. In früheren Jahren unterhielt der Herr Prälat anch eine rege Correspondenz mit hervor¬ ragenden Vertretern der Kunst und Wissenschaft und sogar noch in neuerer Zeit hat der Ver¬ ewigte mit Männern wie Landesarchivdirector v. Zahn, Hauptmann Beck v. Widmannstetten, Conservator Graus u. a. theils persönlich, theils schriftlich verkehrt. So zählten seinerzeit auch Professor Konček aus Cilli, mit dem OroSen gemeinsam die «Loljsko Yovino» herausgab, der Historiograph Josef Karl Hofrichter, der die Raster Chronik verfasste und OroLen widmete, Pfarrer Richard Knab l aus Graz und der gewesene Custos' des Joaneums, Professor Wartinger zu OroLen's intimsten Freunden, besonders letztere zwei hatten Ororen zu schrift¬ stellerischen Arbeiten ermuntert und auf ihn 23 großen Einfluss genommen. Wie der Ver¬ ewigte mit Professor Wartinger bekannt wurde, erzählte er folgendermaßen: Als ich nach zwei¬ jähriger Thätigkeit in der Seelsorge nach Graz in's Joaneum kam und bei Professor War¬ tinger über historische Daten betreffs Gairach änfragte, erkundigte er sich, ob ich etwa dar¬ über schreiben wollte. Darauf antwortete ich: „Dazu bin ich wohl zu schwach, ich frage nur deshalb, weil ich nahe bei Gairach zu Häufe bin". Herauf erwiderte Warlinger: „Junger Freund, Bescheidenheit ist eine Tugend, kann aber leicht in eine Untugend ausanen". Diese Worte machten auf Ororen einen so gewaltigen Eindruck, dass man sagen kann, dass sie auch auf seinen Charakter bestimmend geworden sind. Nichts war dem Verstorbenen mehr zu¬ wider, als wenn ihn Jemand mit übertriebenen Höflichkeitstitulaturen überhäufte, sondern liebte es einzig und allein als „Herr Dompropst" angesprochen zu werden und sprach sich ost scherzweise äußerst missbilligend über die so¬ genannte „buckelte Demuth" aus, während ihm Leute, die ihre Manneswürde überall zu wehren wussten, äußerst sympatisch berührten. Pfarrer Knabl und Professor -Wartinger veranlassten auch, dass Orosen zuerst einige Aufsätze in den Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark veröffentlichte. So sind aus seiner Feder erschienen: „Zwei vorgefundene Römersteine aus Untersteiermark (Mittheilungen des historischen Vereines für Steiermark Heft 3l. S. 63—67); ferner: die Vesten Schaumburg 24 — und Trauersburg im Schallthale (Mitteilungen Heft 31. S. 127). Ebenso finden sich in den Sitzungsprotocollen der Central-Commission für Erhaltung der Bau- und Kunstdenkmale für die Jahre 1853—1857 auf Seite 80 und 85 Andeutungen über einen Bericht Ignaz OroLen's über die aufgefundenen Baudenkmäler der Stein¬ zeit, dergleichen schrieb er eine Abhandlung über die von ihm aufgefundenen protestantischen Friedhöfe in Windenau und Scharfenau. Sehr viel trug OroLen auch zur stylgerechten Er¬ haltungkirchlicher Baudenkmäler in der Lavanter Diöcese bei. So ist es seiner Initiative zu ver¬ danken, dass der schöne Dom in Marburg nicht abgetragen, sondern renoviert wurde; ebenso ist die Reconstruction der Marien-Lichtsäule durch eine von ihm eingeleitete Sammlung ermöglicht worden. Auch die passende Unterbringung der Gedenktafeln (Grabsteine) an den geschützten und doch Jedermann zugänglichen Außenseiten der Stadtpfarrkirche in Cilli und der Domkirche in Marburg ist fein Verdienst. Unter all' den Seelsorgestationen, die der verstorbene Herr Dompropst inne hatte, war ihm Praßberg am meisten an's Herz gewachsen; auch die Praßberger verehrten ihn hoch, Be¬ weis dessen seine Ernennung zum Ehrenbürger dieser Marktgemeinde anlässlich seiner Secundiz- feier am 4. August 1892. Welcher Beliebtheit sich OroLen in Praßberg erfreute, erhellt am besten daraus, dass er mit geringen Mitteln den Pfarrhof umbaute und ein neues Wirth- schaftsgebäude Herstellen ließ. Die Pfarrsinsassen — 25 — wetteiferten ordentlich, ihren lieben Seelenhirten durch freiwillige Zufuhren von Holz und anderen Baumaterial die Bausorgen zu erleichtern; ebenso hat der Verstorbene die schöne Praßberger Filial¬ kirche St. Nicolaus in Lifai meist durch frei¬ willige Spenden der dortigen Bewohner im rein gothischen Style erbaut. Auf welche Weise Pfarrer OroLen bei den Praßbergern rasch zu Ansehen kam, darüber erzählte eine in Mar¬ burg wohnhafte Dame nachstehende Begeben¬ heit: Es war in den fünfziger Jahren, als im ganzen Sannthale eine furchtbare Dürre herrschte, so zwar, dass die Leute schon ganz verzweifelt waren. Eines Tages, als die Noch nahezu den Höhepunkt erreichte, wehklagte und jammerte die Bevölkerung laut in der Kirche und der gute Seelenhirt wusste die Leute so liebevoll zu trösten und sagte, sie mögen ja nicht ver¬ zagen und nur auf Gott vertrauen, denn Gott hat ja immer geholfen und Gott wird wieder weiter helfen, denn es seien ja bereits alle Anzeichen eines bevorstehenden Witterungs¬ wechsels vorhanden. Und der Herr Pfarrer, der sich schon damals in seinen freien Stunden sehr viel mit meteorologischen Beobachtungen beschäftigte, hat den Leuten richtig prophezeit, denn kaum war der Gottesdienst zu Ende, begann es ganz fürchterlich zu regnen, so dass sich die Leute kaum flüchten konnten, und von dieser Stunde an war OroLen der aus¬ gesprochene Liebling der Praßberger. Wie lieb und entgegenkommend der selige Herr Dompropst seinen Herren Kaplänen gegen- 26 über war, illustriert uns nachstehende Geschichte: An einem heißen Sommertage wird plötzlich gegen Abend ein Versehgang hoch in's Gebirge angesagt. Um den Herrn Kaplan, der sich gerade bei einem Glase Bier gemüthlich that, dem Ver¬ gnügen nicht zu entziehen, machte sich der Herr Pfarrer gleich selbst auf den Weg. Rasch ver¬ breitete sich im ganzen Markte die Kunde, der Herr Pfarrer gehe selbst weit in's Gebirge ver¬ sehen und um den Herrn Pfarrer deshalb ihre besondere Verehrung zu bezeugen, hatten auf einmal alle Praßberger ihre Fenster beleuchtet. Die außergewöhnliche Helle trieb auch den Herrn Kaplan auf die Gasse und als er den Grund der so plötzlichen Beleuchtung erfuhr, rief er laut mit thränenden Augen: „Bei Gott! wer hat einen solchen Pfarrer wie ich; mich lässt er im Gasthause sitzen, unterdessen verrichtet er den beschwerlichen Weg in's hohe Gebirge". Viel verkehrte OroLen zur Zeit seines Praßberger Aufenthaltes mit dem damaligen Lehrer Praunseis, mit dem er manch' heiteres Jagdabenteuer erlebte. So raunte man sich in's Ohr, dass, als eines Tages beide Nimrods beutegierig den Wald durchquerten, plötzlich ein Häschen aus dem Dickicht aufsprang und seine Krallen im Herrn Praunseis Beinkleid ver¬ suchte und sodann aber dem zweiten Jäger, dem Herrn Pfarrer, während dieser auf den so plötzlich aufgetauchten Meister Lampe an¬ schlug, direct zwischen den Beinen des auf¬ geregten Schützen hindurch das Weite suchte und auch unversehrt erreichte. 27 Aber nicht allein Herrn Praunseis, sondern überhaupt der Lehrerschaft gegenüber war der Herr Prälat stets freundlich und zuvorkommend und zeigte sich bei jeder Gelegenheit derselben sehr geneigt; insbesondere in seinen Stellungen als letzter Diöcesanschulen - Oberausseher, aber auch später als Mitglied des k. k. Landesschul- rathes trat er stets für die Lehrerschaft ein. Monsignor beschäftigte sich auch sehr gerne mit pädagogischen Fragen, war in der päda¬ gogischen Literatur sehr eingehend bewandert und las insbesondere gern die pädagogischen Schriften seines großen Lehrmeisters und un¬ vergesslichen Bischofs Slomšek, dessen «Mass in NeLioa« er sich noch kurz vor dem Tode von seiner Großnichte Mitzi P. vorlesen ließ. Wie bereits früher erwähnt, lebte der alte Herr äußerst haushälterisch und sparsam, doch wo es galt, seinen angebornen Wissenstrieb zu befriedigen, sei es bei Ankauf von Büchern, Abonnement von guten Zeitschriften und Unter¬ stützung von in Noch gerathenen Schriftstellern oder zur Ausführung äußerst kostspieliger Studienreisen, da war er äußerst freigebig und raisonnabel. Sein Wohlthätigkeitssinn besonders unverschuldet in Noch gerathenen Personen gegenüber war weit und breit bekannt, und so manche Thräne in Noth und Verzweiflung hat der alte Herr gestillt, ohne dass auch nur seine unmittelbarste Umgebung davon eine Ahnung gehabt hätte. Wie viel Studenten haben in ihrer Bedrängnis an seine Thüre gepocht und nahezu stets mit Erfolg; nur wo der Herr — 28 — Prälat sah. dass er seine Unterstützung einem Unwürdigen lieh, da wurde er unwillig und wies dem Petenten die Thür. In früheren Jahren hat der Herr Prälat auch größere «Studienreisen unternommen, um besonders den kirchlichen Baustyl an hervor¬ ragenden Monumentalbauten zu studieren. Seine erste weitere Reise unternahm er nach Prag und kehrte von dieser hochbesriedigt nach Hause; dann begleitete er den seligen Fürstbischof Stepischnegg znm Besuche des Bischofes Emanuel Ketteler in die Rheingegend, besichtigte unter¬ wegs eingehend den berühmten Kölner Dom, hielt sich später einmal längere Zeit in München auf, um die dort angehäuften Kunstschätze mit Kennermiene zn prüfen; gleichzeitig besuchte er auch seine in München lebende Cousine Frau v. Milosoviü geb. Paltauf, eine hochgebildete Dame, mit der er auch im regen Briefwechsel stand, und ihr auch in den bittersten Stunden ihres Lebens, zur Zeit des Todes ihres Gatten Ferdinand, auf das liebevollste zur Seite stand und ihr den innigsten Trost und Zuspruch ge¬ währte. Anlässlich seiner Romreise bestieg Mon¬ signore auch den Vesuv und erzählte häufig davon, dass ihm der daselbst credenzte oriinao Lbri8ti» nicht besonders mundete, resp. den gehegten Erwartungen nicht entsprach. Damals besichtigte der Verewigte auch die durch die Lava des Vesuv verschüttete Römerstadt Pompeji, verfolgte daselbst die damals bereits angeordneten Ausgrabungen mit großem Inter- — 29 esse; unvergesslich blieb dem Herrn Dompropst der Anblick einer verschütteten Frauensperson, die im Momente der Katastrophe gerade ihr Kind säugte. Anlässlich der zu Ehren des 40jährigen Regierungs-Jubiläums Sr. Majestät des Kaisers in Wien veranstalteten Festlichkeiten besuchte er die Residenzstadt und wurde ihm gelegentlich des Festzuges ein Platz auf der Ehren-Tribüne angewiesen. Seine letzte große Reise unternahm er in Begleitung des seither verstorbenen Herrn Prälaten Kosar anlässlich der Einweihung der Kathedrale in Serajevo nach Bosnien; mit dem genannten Herrn Prälaten suchte der Herr Dompropst auch nach seiner letzten schweren Erkrankung Erholung in Jka, um, wie er selbst sagte, „Seeluft zu schlürfen und im Salzwasser zu baden". Am politischen Leben hat sich der selige Herr Prälat nie activ betheiligt, wohl aber hat derselbe bis in die letzten Stünden seines Lebens die politischen Tagesereignisse mit sichtlichem Interesse verfolgt Und die vorgekommenen Aus¬ wüchse im politischen Leben in treffender, jedoch humorvoller Weise gekennzeichnet. Schließlich sei noch bemerkt, dass der selige Herr Dompropst auch in Armeekreisen im hohen Ansehen stand, was aus nachstehender Begeben¬ heit ersichtlich ist. Als vor einigen Jahren der hochwürdige Herr Canonicus Dr. Pajek nach Tirol reiste, fuhr mit ihm im gleichen Coupö auch ein Oberst des Generalstabes. Auf die Frage des Herrn Obersten, woher der Herr 30 Canonicus sei, antwortete dieser: „Aus Mar¬ burg!" „So", meinte der hohe Officier, „dort lebt ja der berühmte Historiker Orožen, bitte ihn zu grüßen!" Gewiss wird sich eine berufenere Feder finden, die das Wirken und Leben dieses edlen Mannes in seinem eigenen Berufe als Priester und hohen kirchlichen Dignitär in eingehenderer Weise würdigen wird; vorstehende Zeilen mögen nur als der Ausfluss unbegrenzter Dankbarkeit und hoher Werthschätzung dem hochherzigen Gönner, väterlichen Freund und liebevollen Großonkel meiner Kinder in dankbarer Erin¬ nerung gewidmet sein Frau he im, am 12. Juni 1900. Franz Pirkmaier. N8. An dieser Stelle sei auch dem ge¬ jammten f-b. Lavanter Domcapitel, insbesondere dem hochw. Herrn Canonicus Dr. Jos. Pajek für die liebenswürdige Uebermittlung einiger nothwendiger Daten bestens gedankt. SSSSSS12SSS ALkviML IX EVMrriUM»