^-^ÄWÄ ^ccamraOTbcccccco^^ Deutscher- KlauöenBote. Herausgegeben von der Gesellschaft der „Söhne des hlst. Lerzens Jesu Erscheint monatlich 38 Seiten stark. — Preis ganzjährig 3 K = 3 Mk. — 4 Frcs. December 11)01 Aböildnngen: Inhalt: Seite Seite eiitsnbiuifl zur Aeffellung....................35-3 i Wermischle Wächrichle«: EineBitte aus dem Missious- ^Sciliimrfitcti' 3641 Hause. Markt in Urnnbt. - Deutsche Straße in .................................., . Afrika. — Ueber dicGcgenwart und Zukunft Dcutsch- Dre .nortschrrtle bcS ?ss«m im I». Zahrhundert 35o Sau,aas. Der weife Kadi . .........................382 -reizende des Morgenlandes. Der hl. Gregor der Wmiderthäter......................362 i Die Schwarze» auf der Auchliehr in den Sudan 365 Die Aarabra in Uuliien, (Schluss.)................369 Der Aegcrlinalie Majnini ........................372 Flnndschan in den Missionen....................... 376 j Ans deui Misgonskeöen: Tod des Negcrkiudes. — Der Gewinn des lplaubensbotetl ...... 379 1. Betende Muselmänner. — 2 und 3. Eisenbahnbrinke über den Ml. -i. Altar in der Kapelle zu Omderman. — 5. Nilreiher. — 6. Negerkuabe Bajumi. — 7. Grab Napoleons auf St. Helena. Wiftronshcrus WüHLcrnö Bet gßrixett—Hivol. -i nrhi Um kotteMn! erbittet das Gefertigte von seinen Freunden und Gönnern entbehrliche Bücher, « wenn auch älteren Datums, besonders « ascetischen und theologischen Inhaltes. mi$$iOB$bae$ miibland bei Brixen. E 2 Miere Jahrgänge 5k§ KZlern 6er Neger" sind noch erhältlich und zwar: der erste Jahrgang ä 2 K, der zweite (2. für sich abgeschlossenes Halbjahr) ä 1 K, der dritte ä 2 K. Alle Jahrgange zusammen bezogen kosten nur 4 Kronen. ^‘fVtejemgrn unserer verehrten Leser und Wohlthäter, welche von den vergriffenen Hummern 1 bis 5 mol. bes 2. Jahrganges bes „Stern brr Heger“ überzählige Exemplare besitzen, erlauben wir uns herzlichst zu bitten, uns bieselben um Gotteslohn nnb ber guten Sache wegen gütigst zukommen taffen zu wollen, ba wir an bereu fjesti; ein lebhaftes Interesse haben nnb selbe mit beut größten Danke entgegennehmen. ^orx'efponöertg öer GXpeöition. Eingegangene Geldsendungen. sVom 1. bis 28. November 1901.) Kür das Missionshaus: Amalia Schleiß, Brun eck ............... Andreas Wolf, Prosesser, Brixen . . . Franz Rohracher, Lienz Kronen 5,— 7.— 1,— Andreas Wolf, Professor am Vincentinunr, Brixen 20.— Maria Weber, Witwe, Lienz.........................2.— Baronin von Moreau, Kleeberg, Bayern . - . 29.20 H. Weber, Pfarrer, Tettenweis „ ... 3.52 F. X. Probst, Beichtvater, Tettenweis, Bayern . 2.35 Pfarrerköchin, Tettenweis, Bayern....................11.70 Creszenz Mayer „ „ ...............2.35 Johann Bauer, Kaufmann, Fürstenzell Bayern . 5.84 Pfarrer von Karpfham a. R.........................3 52 Aus Grins.........................................20.— Durch P. Bernard Grüner 0. S. B., Lambach, Obligation über 100 fl. 200.— Von den Mieminger Kindern um des lieben Jesukindes Willen 8.— Von einer Wohlthäterin durch Tr. I. Mitterrutzner, Neustift 100.— Näher, Dillingen..................................3 50 Luise Krill, Wien..................................... 2,— Michael Ganser, Schlosser, Rennweg................8.— Wwe. Th. Berghoss, Dortmund, Westfalen . . . 2.35 H. Belgard, Saabe, Westpreußen........................2.35 Franz Vrhovsek, Pfarrer, Scharfenberg, Strain . 1.— Kronen Anton Pichler, Linz............................6.— C. Zang, Oberglogau............................24.61 Mathias Mrak, Pfarrer, Wocheiner-Wellach, Srnin 1.— Schwester Cornelia, Oberin der Schulschivestern, Wien 1.— Katharina Julitzer, Bischofshofen...................1.— Msgr. Ed. Friedrich, Wien......................4.— Rosa Daporta, Campill..........................14.— Aus Westfalen................................... 385.70 Dr. Em. v. Schübel, Bischof, Leitmeritz. . . . 17.— Wenzel Beza, Niiterlangendorf .................17.— Cacilia Gärtner, Graz..........................37.— Iiür heilige Messen: Luise Krill, Wien...................................6.— Baronin Nagel, Vornholz, Westfalen................30.45 Kaplan Hummel, Ravensburg, Württemberg . . 71.49 Aus Grins.....................•••••• 2-rt Paul Mohn, Kaplan, Mehlsack, Ostpreußen. . . 17.58 Aus Westfalen..................................... ^.05 Aus Steiermark....................................st0.— Aus Rheinland ....................................ao.l4 Aus Wien..............................■ • • 2.—■ Aus Furth, Bayern..................................5.84 W. Reiukc, Münster i. W............................5.28 Bücher sandten ein: Johann Spakner Kulm bei Karbitz, Böhmeir. Satt Krall, Notariatsbeamter, Neumarkt, Steiernr. Andreas Wolf, Prosessor am fb. Vincentinum, Brixen. Ungenannt aus Trient. Von Ihrer Durchlaucht der Frau Herzogin von Sabran-Pontsres, Wien, ein Velum, Kneippkasfee. Luise Krill, Wien, Spielsachen. Diesen und allen übrigen Wohlthätern sagen wir ein herzliches „Vergelts Gott" nnb bitten um weitere Unterstützung dieses Mssionshaujes. :msm Deutscher GlauLensbote. Wr. 12. December 1901. IV. Iahrg. Einladung zur Bestellung. MVeiin herannahen des Jahresschlusses danken wir den geehrten Abnehmern unserer Zeitschrift für ihr bisheriges Wohlwollen und bitten, uns auch in Zukunft treu zu bleiben, die Bestellung des „Stem der Neger" für t902 durch Einsendung des Betrages von 3 K. = 3 IHK. — 4 Jr. recht bald erneuern und uns neue Abnehmer zuführen zu wollen. wir werden uns bemühen, die Zeitschrift auch im neuen Jahrgange wieder zu vervollkoinmnen. Durch Bestellung des „Stern der Neger" wird ein hervorragend katholisches Werk unterstützt und zugleich ein österreichisches und deutsches Unternehmen, nämlich die Entwickelung unseres Missionshauses, worin Zöglinge unserer Heimat und Ainder unseres Vaterlandes 311 Missionären ausgebildet werden, wesentlich gefördert. e ihn ach ten! Ivic ein milder, be-^ strickender Zauber wallt und wogt IjfiS; es um diesen trauten Namen! — Weihnachten! Das frohe chest der NI enschwer dung ist das frohe chest der Mensch -heit. Cs bildet den Traum der Kindheit, die chreude des Alters. Der blendende Glanz des Christbaumes, der sich auf den: freudetrunkenen Auge des Kindes wiederspiegelt, findet ebenso den Weg zum lherzen des greisen Vaters: — Klein und Groß, Alt und Jung, singen aus ganzer Seele ihr „Ehre fei Gott in der 6öhe" und fühlen bis hinab in die verborgensten Tiefen des Gemüthes den chrieden, der da verheißen ist, die glauben, hoffen, lieben — „die guten Willens sind". Das Glück und die chreude des einen vermehrt oft die Trauer und das Unglück des andern, und keiner von Beiden ist zu tadeln. Dort oben im einsamen Dachkämmerlein wohnt eine arme Witwe. Cs ist Christabend, chieberdurchschauert sitzt sie im kalten Gemache. Auf dem Schoße hält sie ein Kind von etwa drei Jahren, das mit feinen kleinen Händchen bald die blassen Wangen der Mutter streichelt, bald die angelaufenen Butzenscheiben des kleinen chensters zu klären sucht, plötzlich stößt es einen chreudenruf aus. Aus dem gegenüberliegenden Nachbarhause tönen gleichzeitig muntere Stinv men glücklicher Kinder. Gin matter Schein leuchtet herüber; er stammt vom Christbaum. „Mutter, Mutter", drängt das Kleine auf dem Schoße der Witwe, „kommt zu uns auch das Christkindchen?" Die Mutter schweigt; ihr Herz pocht hörbar, eine glühendheiße Thräne fällt auf die Stirn ihres einzigen irdischen Gutes, mit zitternder Hand wischt sie dieselbe wieder weg. „Mutter, Mutter" — sie kann ihre Thränen nicht mehr länger zurückhalten, in Strömen rauschen sie hernieder, und um dem Kleinen gewaltsam Stillschweigen aufzulegen, presst sie ihn krampfhaft an ihre Brust, während von dem Nachbarhaus die Töne des Zubelliedes Herüberschweben: „Chre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen die eines guten Willens sind." Nicht wahr, lieber Leser, du würdest gewiss dein Schärflein beitragen, um das Kind am Weihnachtsjubel theilnehmen zu lassen, wenn du nur wüsstest, wo es wohnt. Zch will es dir sagen: im Missionshause zu Müh-land, und mehr als eines. (SieheVermischtes.) Wird uns das Christkindchen mit seinem geistigen Frieden zugleich den herben Streit um das leibliche Leben lindern? — Wir vermögen es nicht zu sagen; aber wir werden immerhin glauben und hoffen, lieben und leiden, und freudig einstimmen in den Weltenchor: „Chre sei Gott in der Höhe", auf ihn als unsern Hort in vollem Vertrauen schauen, sowie auf all Jene, die da guten Willens sind. Die Fortschritte des Islam im 19. Jahrhundert. Son Leopold Senorb, <5. b. st. lange wird noch leben der sieche Mann? ssgie lange wird ihm noch die Eifersucht der europäischen Mächte das kämpf- und mühevolle Leben erhalten? Der Islam ist ein uncivilisierbarer Nomade. In der arabischen Wüste geboren und erzogen, stürzte er sich in wildem Fanatismus auf die gebildete Welt; mit Feuer und Schwert machte er seine Laufbahn; überall watete er in Blut, und lange Sclavenreihen folgten ihm. — Nur mit roher Gewalt hat er seine Siege errungen und wo er auf eine höhere Bildung stieß, suchte er sie in Feuer und Blut zu ersticken und gelang ihm das nicht, so wurde er selbst von ihr tödtlich getroffen; denn neben der Bildung kann der Islam nicht bestehen. Das sehen wir heute im Orient. Des Islams Macht ist gebrochen, sein politischer Einfluss ihm genommen. Mit tödtlichem Siechthum im Herzen träumt er an den Gestaden des adria-tischcn Meeres und auf den Ruinen ehemals blühender Civilisation und des Christenthums von seiner einstigen Macht und Größe und brütet über sei» unabwendbares Schicksal. Und die verhassten Christen, die zu bekriegen und zu bekehren er vom Propheten den Auftrag erhalten, wandeln unter seinen Augen, strahlend von Glück und Wohlstand und er muss die Hand ausstrecken, um ein Almosen zu betteln. Das ist ei» Bild dcS heutigen Islams im Orient. Dieses Schauspiel zeigt sich überall, wo die christliche Bildung mit dem Islam in Berührung kommt. Die mohammedanische Ueberlieferung selbst gibt die Thatsache zu, dass einst die Religion des Propheten von Medina dem Andränge der christlichen Bildung wird weichen müssen. Eine alte mohammedanische Prophezeiung sagt, dass die Zeit kommen wird, wo .Konstantinopel wiederum von christlichen Mächten zurückerobert werden soll, und manche tiefer denkende Muselmänner betrachten diesen Fall von Konstantinopel, dem Mittelpunkte des Islam, auf welchen die Augen aller Gläubigen vom Kap der guten Hoffnung bis zum Wladiwostock gerichtet sind, als ein Ereignis der nahen Zukunft, denn bereits sind alle Zugänge und Vertheidigungspuukte dieses Bollwerkes der mohammedanischen Macht in den vergangenen Jahren in die Hände der Christen zurückgefallen. Seit den Tagen Mohammeds hat kein einzelner Chalife so viel Land verloren, als der gegenwärtige Beherrscher aller Gläubigen, Abdul-Hamid, der Bulgarien, Ostrumelien, Bosnien, Herzegowina, Aegypten, Districte in Klein-Asien, und zuletzt Kreta aufzugeben gezwungen war. Sogar die unwissendsten und fanatischsten Mohammedaner beginnen zu fürchten, dass die große Katastrophe nahe sei. Der letzte Krieg gegen Griechenland endigte in der That mit einer Niederlage für die Türkei, die zwanzigmal mächtiger war als ihr Gegner. Ein Wink Europas nöthigte den Sieger, seine Siegeslaufbahn einzustellen und es war ihm nicht erlaubt, vor Athen zu erscheinen. Die Türken wussten gar wohl, dass sie die auf betn Schlachtfelds errungenen Siege nicht sich selbst, sondern den deutschen Officiercn zuschreiben müssen, von denen sie eingeübt und geführt wurden. Und nach dem Kriege ist die Türkei ärmer als sie vor demselben war. Ein sonderbares Schicksal scheint sie zu überfallen und niederzudrücken, so oft sie im Begriffe ist, sich aufzuraffen und ihre Kräfte zu entwickeln. Der Islam ist bereits altersschwach. Obwohl 600 Jahre nach dem Christenthum geboren, hat er schon das Alter der politischen Ohnmacht erreicht, und dies ist cs, was dem Christen-thumc überall in der islamitischen Welt die Thüre aufmacht. Erweist sich der Islam dem Eindringen des Christenthums und seiner Bildung gegenüber als altersschwach und ohnmächtig, so hat er dort, wo er au tieferstehende Völker und heidnische Religionen grenzt, große propagandistische Thätigkeit entwickelt und bedeutende Fortschritte gemacht. Er ist ein ungeheurer morscher Baum, der in seinem Mittelpunkte und in seinem Marke faul und wurmstichig ist, aber trotzdem aus seiner Peripherie stets neue Zweige und Acste treibt, bis sich einmal ein Sturm erheben, ihn mitten entzwei brechen und zu Boden schmettern wird. — Mr. Oskar Mann, ein amerikanischer Gelehrter in der vergleichenden Religionswissenschaft, hat in „The Nortli American Review“ einen Aufsatz über den Fortschritt des Islam im 19. Jahrhundert geschrieben. Er sagt: „Nach sorgfältigen Berechnungen die auf ganz zuverlässigen Angaben der indischen Regierung im „Census of India“ beruhen, ist folgender Zuwachs des Islam in den verschiedenen Theilen des Reiches 356 Die Fortschritte des Islam. zu verzeichnen, im Zeitraume 1881 — 1891 — in der Präsidentschaft Madras ein Zuwachs von 1,933,571 auf 2,250,386 Personen; in der Präsidentschaft Bombay ein Zuwachs von ungefähr 14 Procent der Bevölkerung, in Assam ein Zuwachs von beinahe 13 Procent; im Punjab um 10 Procent; in Bengalen und den nördlichen Provinzen um 7 bis 8 Procent. Das ganze britische Indien sammt den tributpflichtigen Staaten zählte im Jahre 1881 250,150,050 Einwohner, davon waren Mohammedaner 49,952,704, und im Jahre 1891 Einwohner 280,062,080, davon Mohammedaner 57,061,796." Würde der Islam auch im 20. Jahrhundert in Indien in demselben Maße zunehmen — weit über die Fortschritte des Christenthums und über die natürliche Vermehrung der Bevölkerung — so müssten wir schließen, dass am Ende des unsrigen Jahrhunderts die ganze hindostanische Halbinsel dem Propheten von Medina angehören wird. „Verhältnismäßig groß war auch der Fortschritt des Mohammedanismus in Birma, wo von 1881 bis 1891 die Zahl der Mohammedaner von 168.881 auf 210,049 angewachsen ist, was beinahe 25 Procent der Bevölkerung ausmacht." „Im malaischen Archipel hat die von den Wa-haliten ausgegangene Bewegung eine innere Belebung und eine äußere Vermehrung des Islam bewirkt. Das Umsichgreifen des Mohammedanismus wird begünstigt durch den Umstand, dass er von den Ein-geborncn als ein Damm gegen die europäische Ileber-flutung angesehen wird. Die Zahl der Mohammedaner auf dem ganzen malaischen Archipel beläuft sich auf 31,042,000 vou den 44,627,000 Eingeborenen. „Auch im chinesischen Kaiserreiche hat der Islam im vergangenen Jahrhundert rasche Fortschritte gemacht. Die Zahl der Mohammedaner betrug »ach „The Statesman’s Yero-Book“ im Jahre 1882 30.000. 000, während sie 1897 auf 32,000,000 angewachsen war, was die natürliche Vermehrung der Bevölkerung weit übersteigt. Eider der besten Kenner Chinas, M. Vassilies, beschrieb im Jahre 1866 den Fortschritt des Islam mit folgenden Wortm: Nachdem der Islam auf demselben Wege, wie einst der Buddhismus China betreten hatte, wird er, was die chinesischen Muselmänner nie bezweifeln, allmählich dazu gelangen, den Lehrstuhl des Sakya-Muni (Buddha) einzunehmen." Nach panislamitischen Angaben aus Stambul beträgt die Zahl der Muselmänner in China zwischen 80.000. 000 und 100,000,000, was jedenfalls übertrieben erscheint. Als ein Beispiel von der Macht des Islam in China kann der Taiping-Aufstand an- geführt werden. ES handelt sich dabei um nichts mehr und nichts weniger als darum, aus China einen mohammedanischen Staat zu machen. Der Aufwiegler war ein Mohammedaner, Jman Matschesana, ein Fanatiker, der in Mekka und in Konstantinopel vordem sich aufhielt, lind ein ähnlicher Aufruhr unter den Mohammedanern in China kann noch jederzeit aus-brechcn und die unsichere Lage des Reiches noch mehr verwirren. In anderen Ländern Asiens, wie Klein-Asien, Syrien, Persien kann kein anderes Zunehmen des Islam wahrgenommen werden als dasjenige durch das natürliche Wachsen der Bevölkerung, und das ist ganz selbstverständlich in einem Lande wie Persien, wo es nur eine verschwindend kleine Anzahl Nicht-Mohammedaner gibt. Im russischen Turkestan bemerkt man ein langsames Abnehmen des Mohammedanismus, was hatlptsächlich der systematischen Russisierung jener Gebiete zugeschrieben werden muss. Einen triumphierenden Fortschritt hat der Islam im letzten Jahrhundert auf dem dunklen Erdtheil gemacht. Sogar in den Ländern, wo das Christenthum einen festen Fuß gefasst zu haben schien, erlangt der Islam stets neue Anhänger. So tvar er im Beginne des Jahres 1870 noch gänzlich unbekannt in Sierra Leone und Lagos, zweien bedeutenden englischen Niederlassungen, wo sich jetzt ungefähr ein Drittel der Bevölkerung zur Religion Mohammeds bekennt. Ilm einen Begriff von der ungeheueren Ausbreitung des Mohammedanismus in Afrika zu geben, genügt zu erwähnen, dass es im Anfange des neunzehnten Jahrhunderts, Timbuktu ausgenommen, kaum eine muselmännische Niederlassung im Gebiete des Niger gab, während im Jahre 1897 40 bis 50 Proc. der ganzen Bevölkerung Mohammedaner waren; und der Einfluss des Islams reicht gegenwärtig so weit, als die nördliche Sphäre des französischen Kongo-Staates. Die Nordküste Afrikas, wo einst das Christenthum so herrlich geblüht und so viele Kirchenlehrer und Märtyrer hervorgebracht hat, ist bald nach dem Tode Mohammeds seinen Anhängern zur Beute gefallen, die das Christenthum mit seiner Civilisation mit Stumpf und Stiel ausgerottet und eine Anzahl muselmännischer Seeräuber-Staaten gründeten. Von da aus breitete sich die Religion Mohammeds nun unaufhaltsam nach dem Süden aus und das ganze Küstenland bis zum Beginn der von europäischen Mächten nach und nach gegründeten Colonien ist nunmehr in ihrer Gewalt. Die erste dieser neuen Colonien ist das französische Senegambien zwischen Senegal und Gambia. Hier haben die um das Missionswesen in Afrika hoch- Die Fortschritte des Islam. 357 verdienten Väter vom hl. Geist die Verbreitung des Evangeliums übernommen. Einer derselben, P. Gn-illet berichtet nun daS Folgende: „Der Senegal theilt sich bekanntlich in de» untern, mittlern und obern Die genannten Toukouleurs gehören zum großen Stamme der Fulahs. Die Fulahs, wie sie von ihren Nachbarn, oder Milbe, wie sie sich selbst nennen oder Feluta, ivic sie gewöhnlich bei uns genannt werden, Betende museimänner. Fluss. Der Mohammedanismus nimmt die beiden Ufer des untern und mittlern Flusses ein. Da wäre es unnütz, eine Mission anzufangen; die Bewohner gehören zum Stamme der Toukouleurs, den leidenschaftlichsten unter den Muselmännern, der obere Fluss dagegen ist von Bamberas, welche geschworene Feinde der Lehre Mohammeds sind, in Besitz genommen. sind die eifrigsten Apostel und Vorkämpfer des Islam in Centralafrika. Sie sind ursprünglich ein viehzüchtendes Nomadenvolk gewesen, bis sie dtirch ihr gewaltsames Eintreten für die Lehre des Propheten zu Ende des achtzehnten Jahrhunderts in den zum größten Theile noch heidnischen Ncgcrländern eine bedeutende Rolle zu spielen begonnen hatten. Unaufhaltsam vom Norden nach Westen gegen Süden 358 Die Fortschritte des Islam. und Osten vordringend, haben sic in Senegambien bereits das Meer erreicht und ihre Vorposten berühren bereits den Nil. Am südlichsten vorgedrungen sind sie in Adamaua, einem von ihnen gegründeten Staate südlich vom Tschad-See, wo sie bald den Aequator erweichen werden. Sie fühlen sich für berufen, in Centralafrika den Islam zu verbereitcn. Der deutsche Afrikaforscher ®r Barth gab der Ueberzeugung Ausdruck, dass bei der Mehrzahl der Fulbe das religiöse Bewusstsein noch immer stärker sei als die Gewinnsucht und dass sie sich nicht allein für-berechtigt, sondern für verpflichtet halten, ihre Herrschaft stets mehr und mehr auszubreiten. Dass sie sich dabei wenig bemühen, den unterjochten Stämmen die Grundsätze und die Vortheile des Islam mitzutheilen, ist allerdings wahr genug. Immerhin, bemerkt Barth, ist es höchst eigenthümlich, den Glauben und die Wissenschaft der Araber auf diese Weise im Herzen Afrikas stets neue Eroberungen machen zu sehen, während in den ursprünglichen Sitzen desselben daS ganze Leben stagniert. „Es ist eigenthümlich," setzt derselbe Forscher fort, „diese Eroberer zu Co-lonisten auf diese Weise stets fortschreiten zu sehen, dass sie zerstören und wieder aufbauen, ganze Strecken des Landes verwüsten, um sie auf ihre eigene Weise nachher wieder zu bebauen. Was dabei an Bevölkerung und menschlichem Lebcnsglück zugrunde geht, wird an politischer Einheit gewonnen, und es kann Niemand leugnen, dass durch diese mohammedanischen Eroberer die einzelnen Landschaften sich mehr mit einander vereinigen und größeren Verkehr erschließen." Die Methode der Verbreitung des Islam ist die vom Koran und Mohammed vorgeschriebene, nach welcher der Islam alle seine Eroberungen gemacht hat. Mit Feuer und Schwert dringen sie vor, die heidnischen Stämme unablässig befehdend, bekehren sie mit Gewalt zum Islam oder machen sie zu Sclaven. Bereits haben sie im West- und Centralsudan mehrere unabhängige Staaten gegründet, die wiederum zu neuen Mittel- und Ausgangspunkten der moha-medanischen Propaganda für die südlicher wohnenden heidnischen Negerstämme geworden sind. Einer dieser Staaten am mittleren Senegal, Futa-doro, ist eine Art von Priesterstaat. In seiner Hauptstadt Medinalla besteht eine Schule zur Ausbildung für den Korandienst, wohin Mauren und Negersclaven eilen, um den Koran zu lernen. Fokmele ist die heilige Stadt der Landes. Von hieraus verbreitete sich der Mohammedanismus nach allen Seiten. Zwischen bent Senegal und dem zweiten großen Flusse dieser Colonie, dem Gambia, hat der mächtige Stamm der Woloffen oder Diolofs, eines der schönsten und kräftigsten Negervölker, seinen Sitz. Auch sie sind bereits großeutheils dem Islam verfallen. DaS gleiche gilt von den südwärts vom Gambia ivohnenden Mandingos, die begabtesten und fleißigsten aller Negerstämme. An Senegambien stoßen, den Meerbusen von Guinea entlang, die meist mit dem Collektiv-Namen Ober-Guinea bezeichneten ungeheueren Küstenstriche, an denen französische, portugisische und englische Besitzungen sich finden. Ueberall begegnet man aber auch dem Islam, der hier unaufhaltsam vorandrängt. An das dttrch seine Kriege mit den Engländern vicl-gcnanntc Aschanti-Reich grenzt hier die Landschaft Dahome, eine sehr volkreiche Gegend, sie soll schon Hunderttausende von Mohammedanern zählen. An Ober-Guinea grenzt südlich das große Land von Unter-Guinea, wo sich die portugiesischen Besitzungen von Angola und Bcnguala befinden. Hier scheinen die Mohammedaner fürs Erste noch keinen festen Fuß gefasst zu haben, dagegen wird das Land vielfach schon von arabischen Händlern und Pionieren des Islam durchkreuzt. Als im Jahre 1897 in Buje im Kissidungi-Land am obern Nigir mitten unter einer heidnischen Bevölkerung eine katholische Missionsstation gegründet wurde, kam gleichzeitig mit den ersten Missionären ein fanatischer Marabut (mohammedanischer Priester) auf den Platz. Um den Schwarzen zu imponieren, legte er seine mohammedanische Gcbetschnur einen Meter weit vor sich auf den Boden und versicherte, er werde dieselbe bloß mit der Kraft des Gebetes in seine Hände zurückkehren machen. Nichtig, das Kunststück gelang. Als er es aber ein zwcitesmal wiederholen wollte, durchschnitt einer der anwesenden Missionäre mit seinem Messer das dünne Roßhaar, mit dem das Taschenkünstlerstück vollbracht worden und der wunderwirkende Marabut musste unter dem schallenden Gelächter der Schwarzen beschämt wieder abziehen. Leider unterstützen auch manchmal die Regierungen und ihre Organe, die in ihrer Verblendung dem heute schmachvollerweise vou manchen ausgesprochenen Grundsätze huldigen, der Neger sei am Besten durch den Islam zu einer höheren Culturstufe zu erheben, die Ausbreitung des Islams unter den Negern und leisten ihm Vorschub auf alle mögliche Weise. Diesbezüglich ließ sich besonders die französische Negierung in Nord- und Westafrika viel zu Schulden kommen. Es werden nicht nur in den Ländern, wo der Islam bereits existiert, Moscheen und Koranschulen auf Staatskosten errichtet und erhalten, sondern auch muselmännische Marabuts zu den heidnischen Stämmen geschickt um sie im Islam zu unterrichten und Koranschulen ;u leiten, während betn Die Fortschritte des Islam. 359 katholischen Priester der Zutritt zu den Staatsschnlen verboten rvird. Also der Katechismus geächtet, der Koran beschützt! Es bleibt uns, noch einen Blick auf den Sudan zu werfen. Auch hier begegnet uns dasselbe allmächtige Vordringen der Mohammedaner. Schon vor langer Zeit waren in die Länder östlich vom Senegal, im sogenannten Westsudan zahlreiche muselmännische Stämme, Felnta, Araber und Tuaregs, eingewandert und hatten die eingeborene Bevölkerung zum Islam bekehrt, zugleich aber auch schrecklich geknechtet. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts wollte Othman dan Fodio eine wunderbare Vision gehabt haben: das ganze Land ringsum mit all seinen schönen Städten und zahlreichen Dörfern sollte den Söhnen des Propheten gehören, dan Fodio aber selbst sollte den Kofir, den Ungläubigen, alles entreißen und sie zum Islam bekehren. An der Stelle, wo er diese Vision gehabt haben soll, wurde die heilige Stadt Sokoto gegründet. Zwischen dem Nigir und dem Tschad-See errichtete er nun das große östliche Feluta-Reich. DaS früher erwähnte Reich der Toukoulenrs, am mittleren Senegal, gründete von Sokoto ans Hadsch Oman, der 1854 den heiligen Krieg gegen die Ungläubigen predigte. Er wurde aber von den Franzosen überall zurückgeschlagen. Trotzdem hatte er schon 1862 ein Reich von etwa 30,000 Meilen erobert, das sich bis znm ober» Nigir erstreckt. 1865 wurde er ermordet und seine drei Söhne theilten sich in die Herrschaft. Weiter östlich haben sich die mohammedanischen Tnarcgs vorgeschoben und ihre Herrschaft begründet: die von ihnen zu Sclaven gemachten Eingebornen müssen ihnen das Feld bebauen. Bis znm Tschad-See gibt es noch eine Reihe mohammedanischer Sultanate, die in fortwährendem Kampfe mit den cin-gebornen Stämmen -liegen, dieselben aber znm größten Theile schon nach ihrer Art „bekehrt" haben. Das größte derselben ist wohl daS von Born», vom Tschad-See an seiner westlichen Seite begrenzt. Es soll zwei Millionen Einwohner zählen, theils Araber, theils Neger, die jetzt alle bcm Islam angehören. Bereits hat sich die Macht dieses Reiches tief nach Süden ausgebreitet: mehrere ausgedehnte Landschaften sind ihm tributpflichtig geworden. Immer von neuem aber werden dorthin Beutezüge gemacht, um Sclaven zu rauben und den Stämme», dortselbst den Islam anfzuzwingen. Auch das östlich vom Tschad-See gelegene Reich Lagiomi ist schon znm Islam übergetreten und lebt in beständigem Kampfe mit den benachbarten heidnischen Völkern. Die Grausamkeiten die sie an den gefangenen Heiden begehen, sind haarsträubend und sprechen jedem Menschcngefühl Hohn. Der deutsche Forscher Dr. Nachtigall, welcher gezwungen war, an einer dieser Menschenjagden theilzunehmen, entwirft schaudererregende Bilder von der Unmenschlichkeit der Jäger. Auch das östlich davon gelegene Reich Wadai wird von fanatischen Muselmännern bewohnt, die jeden Christen, der sich dort sehen lässt,, zu lobten pflegen. Die ausgezeichneten Afrikaforschcr Vogel und Beurmann, die es wagten, die Grenze zu überschreiten sind — der erste 1856, der andere sechs Jahre später — bei» mohammedanischen Fanatismus zum Opfer gefallen. Ein Jahrzehnt hat Dr. Nachtigall es dennoch gewagt, Wadai zu besuchen und er kehrte glücklich zurück. Mohammedanisch ist auch das südlich van Wadai gelegene Land Dar-Runga und das alte Land Dar-Fnr. Auch hier werden die südlich davon wohnenden heidnischen Negerstümme durch zahlreiche systematisch betriebene Razzias (Sclaven-Raubzüge) unterjocht und gewaltsam zum Islam bekehrt. — Nubien erhielt sich, obwohl fortwährend von den Muselmännern ans Aegypten bedroht und bekriegt, bis Ende des 13. Jahrhunderts als ein selbstständiges christliches Reich. Um 1350 aber trat der Nubierkönig selbst znm Islam über und mit ihm ist auch das Volk muselmännisch geworden und es bisher geblieben. Nur wenige Ucbcrrestc der monophysitischen Häresie sind noch vorhanden. So drang der Islam mit dem Schwerte sich den Weg bahnend in die Länder des heutigen anglo - ägyptischen Sudans vor und ward namentlich Unter-Nubien von den Eindringlingen behauptet, die dadurch Ahnherrn des berüchtigten „Propheten" Mohammed Ahmed unserer Tage wurden und auf unabsehbare Zeit die alte Kultur deS Landes vernichten. Die Ureinwohner des Landes mussten sich flüchten und zogen mehr gegen Süden. Daher rühren auch alle die Araberstämme aus Nubien, Kordofan und Dar-Für. Von dieser Zeit an machte der Islam südwärts stets neue Eroberungen. An der Mündung des Rtbara-Flusses befand sich ein mohammedanischer Priesterstaat, Dar-Damer genannt, der hauptsächlich von den Fokaha (Mehrzahl von Fakih, mohammedanischer Priester), welche dort eine großartige Pflanzschulc für ihre Propaganda Jnnerafrikas hatten, bewohnt. Das Haupt dieser Republik war der Kadi, der oberste Richter in islamitischen Religionsangelcgcnheiten. Aber erst mit den ägyptischen Eroberungen im neunzehnten Jahrhundert ist der Islam tm ganzen Ostsudan bis zu den Quellen des Nil und bis in das weitverzweigte und znm größten Theile noch unerforschte Geäder deS Gazellenflusses verbreitet worden. Die albancsischen Truppen bereiteten mit Hic Fortschritte dcS Islam. PE... 360 ihrer Zügellosigkeit, Brutalität und Widerspenstigkeit dem ersten Dice-König von Aegypten, Mohammed Ali, dem Begründer der jetzigen ägyptischen Dynastie, schwere Besorgnisse: dazu kommen noch die großen Geldverlegenheiten, die ^bereits damals in Aegypten den Anfang genommen hatten. Daher entschloss sich Mohammed Ali, den Sudan zu erobern und sich aus den gefangenen Negersclaven eine neue Armee zu schassen und mit dem Golde und Elfenbein Inner- Wollen wir ungefähr eine Grenzlinie ziehen, die das von ihm vollständig besetzte Gebiet nach Süden abschließt, so müssen mir sagen, dass alles Land oberhalb des 100 nördlicher Breite mit Ausnahme von Abessynien schon ganz mohammedanisch ist, dass an den meisten Stellen im Innern diese Linie aber bereits vielfach und ganz bedeutend überschritten ist und dass an der Ost- und Westküste die Macht des Islam Hunderte von Meilen weiter südwärts reicht. 6i$enbabnbrücke über den Nil bei JItbera in Nubien. Afrikas seine Lassen zu füllen. Segen und Glück haben die ägyptischen Eroberungen nicht gebracht. Gold wurde keines gefunden, obwohl das Land Fa-zogel stets als goldreich bekannt war, und die ersten 20.000 geraubten Negersclaven, die in Oberägypten discipliniert und eingeübt werden sollten, erlagen bis auf 3000 der veränderten Lebensweise, den Strapazen und den ausbrechenden Krankheiten. Dafür nahmen aber die Sclavenjagden und die Verbreitung des Islam ungeheuere Ausdehnungen an. Ganze Stämme wurden ausgerottet und andere mit den verderblichen Grundsätzen des Koran angesteckt und so dem Christenthume und der Civilisation für unabsehbare Zeit unzugänglich gemacht. So ist mithin fast der gesammte Norden Afrikas bis tief in das Herz des Continentes hinein schon ganz unter der Herrschaft des Koran. An der ostafrikanischen Küste haben sich im ausgehenden Mittelalter die Portugiesen zahlreiche Besitzungen erworben, die ihnen als Zwischenstationen für ihren Handel mit Indien dienten. Dieselben giengen aber im 18. Jahrhundert fast ausschließlich an die Araber verloren, die von der Südküste ihrer Halbinsel aus dem dort zu großer Macht gelangten Sultanat Maskat herüberkamen und die Portugiesen aus dem Lande verdrängten. Erst 1784 machten jene noch eine für ihre Handelsbeziehungen sehr ersprießliche Eroberung, indem sie die wohl kleine, aber wegen ihrer Lage in der nächsten Nähe der unter ihrer Botmäßigkeit stehenden Küste und wegen ihres guten Hafens wichtigen Insel Sansibar in ihre Hände bekamen. Als im Jahre 1858 das Sultanat Maskat sich theilte, wurde die Hauptstadt dieser Insel auch Mittelpunkt des neuen arabischen Reiches, Die Fortschritte des Islam. 361 das sich unter Abzweigung von Maskat tu diesem Theile Ostafrikas bildete. ES gelang dem Islam, die Bewohner dieser Küste, die unter betn Sammelnamen der Suaheli bekannt sind, für sich zu gewinnen und nordwärts desgleichen das große und mächtige Volk der Somali, das von der Suaheli-Küste seinen Wohnsitz bis zum Meerbusen von Aden erstreckt. Diese mohammedanische Bewegung ergriff denn das Innere Afrikas. Sie lassen sich in irgend einem Winkel im Innern des Continents nieder, treiben Elfenbein- und Sclavcnhandel, kommen nicht selten zu bedeutendem Ansehen und Wohlstand, wobei sic nie vergessen, den Islam zn verbreiten und so, wenn man ihrem Treiben nicht Einhalt thut, ganz Afrika zu einer tingchcncren arabischen Getonte machen. Ans seiner zweiten afrikanischen Reise traf Livingstone schon im Jahre 1859 bei Ausfluss des Schive- Li;enbabnbnieke über den Hi! bei Jftbcra in Nubien. auch ein Nachbarvolk, das mit diesem selbst in bitterer Feindschaft und stetem Kriege gelebt hatte, die zahlreichen und mächtigen Stämme der Galla, die ihre Stammsitze zwischen dem Somali-Lande, Abessynien uiib ■; ben am obern Nil scsshaftett Negerstämmcn haben. Ein Theil dieser Völkerschaft ist bereits mohammedanisch geworden, und der Rest ivird cs voraussichtlich in nächster Zukunft werden. Seit den letzten Jahrzehnten schob sich dieser Anstoß der Araber auch in gewaltiger Weise ostwärts. Gilt wahrer Strom arabischer Kaufleute und Sclavenjäger ergoss sich in die ungeheuern Landschaften zwischen den großen von Livingstone, Spekae und Burton entdeckten Seen, bau Tankamstka, Mwntan und Ukarewe und der Küste, also über das jetzige ostafrikanische Schutzgebiet, und dann über jene großen Binnenmeere hinaus nördlich, östlich und südlich in flusses ans dem großen Niassa-Sce, also ganz nahe bereits den südostafrikanischen Besitzungen Portugals, auf arabische Händler, die ans dem damals noch großen und bedeutendem Negerreiche des Cazambe eine reiche Ladung von Elfenbein, Malachit nnd zahlreiche Sclaven brachten. Kurze Zeit daratif fand unser Landsmann Albert Roscher, der einen Monat nach Livingstone als zweiter europäischer Besucher an den Nyassa-See kam nnd dort durch Mördcrhand einige Monate später seinen Tod fand, ganze Land-strecken durch die Sclavenjagden vernichtet. Als aber im Sommer 1867 die Expedition, die sich unser Ionngs Führung aufgemacht hatte, tun den verschollenen Entdecker des Nyassa-Secs aufzusuchen, von dem Zambesi hinauffahrend an die Ufer bcS Schivc kam, fand sie dort, wo Livingstone noch 1859 eine dichte, wohlhabende nnd ihm sehr zutraulich sich er- 362 Der f)L Gregor der Wunderthätcr. weisende Bevölkerung angetroffen hatte, die Ruinen von Hunderten von Dörfern. In der nördlichen Halste des dunklen Erdtheils hat sich nur noch Abcssynieu als eine große christliche Oase in dem durch den Mohammedanismus überfluteten und gründlich verivüstetcn Afrika erhalten. Aber auch in Abcssynieu macht der Islam im Stillen bedeutende Fortschritte. Einer der vorzüglichsten Kenner der dortigen Verhältnisse, der bekannte Werner Münzinger, sagte von dem Verhältnis des Islam Abessynien gegenüber Folgendes: „Er benutzt die Schwäche seines uneinigen Gegners, er erringt nur vereinzelte Erfolge, und dennoch darf man nicht verschweigen, dass er einer steten Zunahme sich erfreut. Während er schon ganz Afrika beherrscht und immer südlicher dringt, hat er wohl den dritten Theil der Bevölkerung des eigentlichen Abessynien schon unterworfen und die Grenzen gegen alle Welt-gegenden sind dem Christenthum wohl für immer verloren. Die Galla werden in kurzer Zeit alle mohammedanisch sein, die Grenzvölker im Norden, die Habab und die Marea, sind erst in unserer Zeit dem Kreuz abtrünnig geworden und die Bogos selbst sind kaum zu retten." Seit längerer Zeit findet man auch sogar im äußersten Süden des Erdtheiles, in der Capcolonie, den Islam; es hat sich von Indien her eine zahlreiche Einwanderung malayischer Elemente gebildet, die mit großem Eifer für die Verbreitung des Korans sich bemühen. Nach den bisherigen Auffassungen scheint es nicht zutreffend zu sein, wenn Münzinger von einer Ausbreitung des Islam über halb Afrika spricht. Die Länder, die unter mohammedanischer Herrschaft stehen oder doch bei weitem vorherrschende mohammedanische Bevölkerung haben, werden vielleicht die Hälfte des Erdtheils ausmachen. Daneben ist aber dort der Islam in ununterbrochenem Vorrücken begriffen und seine Vorbote» haben sich jetzt über eine ganze Reihe von Gegenden verbreitet, die noch vor einigen Jahrzehnten nichts von Mohammed wussten. Nehmen wir diese Länder hinzu, so kann gewiss mit Recht behauptet werden, dass jetzt Afrika bereits zu zwei Drittheilen unter dem Zeichen des Halbmondes steht und dass es im Begriffe ist, ganz unter dasselbe gestellt zu werden, wenn die Verhältnisse so wie in den letzten Jahren weitergehen. Namentlich haben die großen Entdeckungen, welche begeisterte, und für die höchsten Interessen der Cultur sich opfernde Europäer im dunklen Welttheil in unserer Zeit gemacht haben, wesentlich dazu gedient, den Jslain zu fördern. Arabischer Handelsgeist, namentlich arabischer Menschenhandel und arabischer Fanatismus haben sich durch jene Entdeckungen, die wahrhaftig am wenigsten für solche Ausbeuter gemacht worden sind, die Wege gebahnt und arabische Energie und Zähigkeit haben dort allenthalben gewaltigen Vorsprung gegenüber europäischer Langsamkeit und Bedächtigkeit gewonnen. Man darf es also wohl keineswegs als übertrieben ansehen, wenn berechnet wird, dass jetzt alljährlich der Islam in Afrika eine Million neuer Bekenner gewinnt. Legende des Morgenlandes. J)ex Ht. Gregov 6er WrrnöertHüter. (17. November.) (Schluss.) 6HLroh, gekräftigt und erleuchtet verließ Gregorius ^ seine Einöde und gieng nach Neocäsarea, sein heiliges Amt anzutreten. Von Nacht und Regen überfallen, nahm er mit seinen Begleitern Obdach in einem heidnischen Tempel, der von unsaubern Geistern, die dort Orakel sprachen, heimgesucht ward. Indem er hineintrat, bezeichnete er sich mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und brachte die Nacht zu mit Gebet und lautem Lobgesang. Am folgenden Tage gäben die Teufel, welche sich dort als Götzen hatten verehren lassen, zu erkennen, dass sie den Tempel räumen müssten, wegen des Mannes, der in ihm gewesen. Der Priester suchte den Mann Gottes auf, fand ihn und drohte, ihn vor der Obrigkeit zu verklagen. Gregor gab ihm einen Zettel, durch den er dem bösen Geiste befahl: „Gregor an Satan: Geh' hinein!" Der Priester legte die Schrift auf den Altar, opferte wie gewöhnlich Der f)t. Gregor der WunderthLtcr. 363 und der Teufel offenbarte sich wie zuvor durch gewisse Zeichen. Der Götzenpriester ward aufmerksam auf die Macht des Gottes, dem die Götzen gehorchen mussten, eilte dem Wunderthäter nach und bat ihn um Unterricht. Gregor legte ihm die Lehren unseres Glaubens vor. Jener aber nahm Anstoß an dem Geheimnisse der Menschwerdung des Sohnes Gottes. Da sagte der Heilige: „Keine Worte und Vernunftschlüsse überzeugen dich; so mögen denn die Wunder der Macht Gottes cs t h it it ! " Da verlangte der Heide, er möchte einem großen Steine, der vor ihnen lag, befehlen, sich an einen Ort zu versetzen, den der Götzenpriester angab. Gregor that dies, der Stein versetzte sich, der Ungläubige ward überführt, verließ sein Amt und alles, was er hatte, ward Gregors Jünger und in der Folge Diacon; ja, nach Rufinus, dH Wunderthäters Nachfolger im Amte. Der heilige Basilius, der im 4. Jahrhundert blühte, bezeugt auch, dass der heil. Gregor der Wunderthäter dem Teufel furchtbar gewesen. Der Geschichtsschreiber Sokrates berichtet, dass er durch geschriebene Worte böse Geister vertrieben habe. So redet auch der heil. Hieronytuus von seinen Wundern. Der Ruf dieser Wunder war dem heiligen Gregor vorausgeeilt, und das heidnische Volk von Ncocäsarca strömte sammt den wenigen Gläubigen, die dort waren, ihm entgegen. Er aber wandelte still und in sich gekehrt in die Stadt hinein. Da er seine ganze Habe weggegeben, hatte er auch kein Haus mehr und die Gläubigen waren in Sorge, wo ihr neuer Bischof wohnen sollte. Er ermahnte sie an den innern Bau des Tempels Gottes in ihnen selbst zu denken. Indessen boten ihm verschiedene Heiden eine Wohnung in ihren Häusern an. Gregor aber fügte sich der Einladung eines wohlhabenden Christen, der Muson hieß. Gleich am Tage seiner Ankunft wurden viele gläubig und am folgenden Morgen sah man vor der Thüre des wunderthätigen Bischofs viele Kranke, die 5r alle durch Anrufung des heiligen Namens Jesu heilte. In Verbindung mit so ausfallenden Wundern Gottes wirkte das heilsame Wort um so kräftiger und bald war die Zahl der Gläubigen sehr groß. Nun trug Gregor ihnen den Bau einer Kirche au. Einige gaben Beisteuern an Geld, andere legten unverdrossen Hand aus Werk. Mau baute die Kirche auf dem höchsten Orte der Stadt. Ueber der Kirche waltete der ganz besondere Schutz Gottes. Später entstand ein Erdbeben, wodurch ganz Ncocäsarca mit fast allen Einwohnern im Schutt begraben wurden. Nur die vom heiligen Gregor dem Wunderthäter erbaute Kirche blieb stehen. Noch merkwürdiger ist das Ereignis, dass eben diese Kirche erhalten blieb, als Diocletian die Kirchen zerstören ließ. Ohne besondere Obhut des Allmächtigen hätte eine so große und durch ihren Erbauer so berühmte Kirche der wachsamen Verfolgung jenes Kaisers wohl nicht entgehen können. Und im Jahre 499, zur Zeit des Kaisers Anastasius, als eben diese Stadt wieder von einem Erdbeben in Schutt gelegt wurde, blieb abermals die vom Wunder-thäter erbaute Kirche stehen. Der heilige Bischof gewann immer mehr und mehr das Vertrauen seiner stets wachsenden Gemeinde. Jedermann fragte ihn um Rath, entstand ein Streit, so musste er als Obmann entscheiden. Zwei Brüder machten eine traurige Ausnahme, indem sie bei Theilung des väterlichen Erbgutes sich über einen Teich nicht einigen konnten. Sie giengen so weit, dass jeder Leute anwarb und sic mit Waffen versah. Am Abend bevor die Sache durch Gewalt entschieden werden sollte, gieng Gregor an den Teich, betete die ganze Nacht, befahl dann dem Wasser zu weichen und der ganze Teich trocknete aus. Wie staunten die hadernden Brüder, als sie statt des Wassers Erde fanden! Nach hundert Jahren sah man noch Spuren des ausgetrockneten Teiches. Der Strom Lycus, der durch Ncocäsarca fließt, richtet durch Ueberschwemmung großen Schaden an. Er schwoll im Winter zwischen den Bergen stark an, und ergoss sich dann, den Damm durchbrechend, mit Gewalt ins niedere Land. Das Landvolk suchte Hilfe beim Wunderthätcr. Er gieng mit ihnen an den Ort, wo der Strom den Damm zu durchbrechen pflegte, stützte sich auf seinen Stab und unterhielt die Landlcute, im Augenblick ihrer Sorge für das Zeitliche, mit Reden von der Wonne des ewigen Lebens. Dann erinnerte er sie, dass sic von Gott allein ein Wunder erwarten dürften, rief laut den Namen Jesu Christi an, senkte seinen Stab in die Erde, da wo der Durchbruch im Damme geschehen war, bat Gott, das Wasser in der Folge zn hemmen und gieng davon. Der Stab fasste Wurzel und ward zu einem großen Baume, der hinfort dem Wasser ein Ziel setzte. Gottes Segen verbreitete sich durch GrcgoriuS in der ganzen Umgegend, und Gläubige verschiedener Städte baten ihn um Bischöfe. Die Stadt Comana in Pontius schickte Gesandte an ihn, um einen Bischof zu erhalten. Er reiste hin und entflammte ihren Eifer durch Wort und That. Als von der Wahl des Bischofs die Siebe war, sahen die Häupter der Stadt sich um nach Männern von edler Geburt, von Wissenschaft, von glänzenden Gaben, wie sie dies an Gregorius bemerkten, und stellten ihm darauf verschiedene Männer vor. Gregorius, von dem wohl kaum zu zweifeln ist, dass ihm Gott die Gnade ge- 364 Der 5)1. Gregor der Wunderthäter. schenkt hatte, daS Innere der Menschen zu unterscheiden, äußerte den Wunsch, dass sie auch Männer aus niederen Ordnungen auf die Wahl zu einem Amte bringen möchten, zn welchem vor allen andern Vorzügen am meisten auf wahre Frömmigkeit gesehen werden müsse, sollte auch ein solcher unter den niedrigsten Gläubigen gefunden werden. Einer auS denen, welche der Wahl vorstanden, wollte einen Scherz machen und rief aus: „Wenn es so gemeint ist, so rathe ich zu Alexander, dem Köhler, wir werden alle dieser Wahl beistimmen!" „Wer ist dieser Alexander?" fragte Gregorius. „Hier ist er!" rief einer aus der Versammlung und stellte ihn lachend dem heiligen Manne vor. Alexander war halb nackt, halb bedeckt mit schwarzen Lumpen. Seine Hände, sein Gesicht zeigten von seiner Kohlenarbeit. Als er dem Gregor vorgestellt wurde, staunte Alexander nicht, sah keinen an, blieb in voller Ruhe, welche dem heiligen Bischof ganz anders auffiel, als den übrigen, die ein Gelächter über den schwarzen Köhler erhoben. Gregor nahm ihn beiseite und fragte ihn, wer er wäre. Alexander offenbarte sich ihm mit jenem Vertrauen, welches ein Heiliger einem Kinde Gottes einflößt. Er gestand ihm, dass er nicht aus Noth diese Lebensweise gewählt habe, sondern um sich desto unbemerkter in der christlichen Tugend zu üben. — „Ich sehe," sprach er, „diesen Kohlenstaub als eine Larve an, die mich dem Anblicke derWelt entzieht. Ich bin jungundnicht übel gebildet. Diese Vorzüge möchten mir zum Fallstrick gereichen, da ich mich vollkommener Enthaltung widmen will. Mein Handwerk nährt mich auf unschuldige Weise." Gregor betrachtete ihn, unterhielt sich mit ihm, überließ ihn den Händen derjenigen, die ihn auf seiner Bischofsreise begleitet hatten, und gab ihnen Unterricht über das, was sie mit Alexander zu thun hätten. Dann kehrte der Bischof zur Versammlung zurück und redete über die Eigenschaften eines guten Oberhirten. Er zog die Rede in die Länge, bis Alexander, den er hatte baden und mit neuen Gewändern bekleiden lassen, herbeigeführt wurde. Nun erschien dieser allen als ein anderer Mensch. „Wundert euch nicht," sagte Gregorius, „dass ihr euch geirrt habt an diesem Manne, den ihr nach sinnlichen Eindrücken beurtheilt. Der Teufel hätte wohl gern dieses Gefäß der Auserwählung, indem er es verbarg, unnütz gemacht." Alexander ward zum Bischof von Somalia geweiht, stand mit Würde und mit Heiligkeit seinem apostolischen Amte vor und erlitt in der Shriftenverfolgung unter Kaiser Decius den Feuertod. Anthcnodorus, Bruder des Gregorius, wurde auch Bischof in der Landschaft Pontus. Er starb als Märtyrer für Jesus Christus. Des heiligen Gregor des Wunderthäters Predigten, seine Wunder, sein heiliger Wandel wirkten so sehr zu Neocäsarea in Pontus und ringsumher, dass zu Beginn der Dccianischcu Christenverfolgung, d. h. etwa im sechsten oder siebenten Jahre seiner bischöflichen Amtsführung, die Zahl der Christen, deren er nur siebzehn gefunden hatte, mächtig überhand nahm und Jesus Christus fast von allen Menschen jener Gegend angebetet wurde und der beseligende Dienst des lebendigen Gottes auf den Trümmern der Götzentempel blühte. Gregor demüthigte sich um so tiefer, je höher er von Gott begnadigt wurde. Sein Herz brannte von Begierde, für Jesus Christus mit seinem Blute Zeugnis abzulegen. Aber die Rücksicht auf seine Herde, der er sich erhalten zu müssen glaubte, bestimmte ihn in der Verfolgung unter Kaiser Decius vor den Häschern zu fliehen. Diese Verfolgung hatte, mehr als die vorhergehenden, den Zweck, durch lange Dual den Muth der Bekenner zu lähmen. Gregor nahm mit dem ehemaligen Götzenpriester, der nun sein Diaconus war, auf einem einsamen Hügel seine Zuflucht. Es dauerte nicht lange, als auch schon die Verfolger ihm nachspürten. Sie hatten von dem Orte, wo er sich verborgen, gehört. Einige besetzten das unter dem Hügel liegende Thal, andere durchsuchten die ganze Anhöhe. Menschlicher Weise war kein Entrinnen möglich. Gregor forderte seinen Diacon auf, mit ihm zu beten. Die Verfolger durchsuchten alles bis aufs Kleinste. Sie erzählten später, dass sie nur zwei nahe bei einander stehende Bäume gesehen hätten. Ihr Führer gieng dorthin, fand aber statt der Bäume den Wunderthäter mit seinem Diacon, welche auf den Knieen liegend beteten. Der Führer warf sich Gregor zu Füßen, ward ’ ein Christ und blieb bei ihm. Man begreift leicht, wie sehr die Heiden wünschen mochten, einen Mann, der dem Götzendienste so viele Tausende entrissen hatte, zu ergreifen. Aber Gott, der ihm ohne Zweifel eingegeben hatte, sich ihnen zu entziehen, wusste ihn auch vor den Heiden zu verbergen. Indessen wüthete die Verfolgung in Neocäsarea und ringsumher mit großer Heftigkeit. Männer, Weiber und Kinder wurden in die Gefängnisse geschleppt und vor dem Richterstuhl gemartert. Gregor kämpfte im Gebete für seine geliebte Herde. Von seinem Lebensbcschreibcr, dem heiligen Gregor von Nyssa, wird er auf schöne Weise mit Moses verglichen, der, während Israel mit den Amalekitern stritt, auf einem Berge seine Hände zu Gott erhob, Die Schwarzen auf der Rückkehr in den Sudan. 365 und so glänzender den Sieg erfocht, als der Held Josua, der das Schwert führte. Als der heilige Bischof einst mit einigen anderen Betete, ward er plötzlich von Unruhe und Angst ergriffen, die sich auch auf seinem Gesichte offenbarten. Er stopfte sich gleich em:m, der einen widrigen Laut hört, die Ohren zu, dann blieb er eine geraume Zeit unbeweglich, bis er auf einmal aufgeheitert Gott pries und ihm dankte. Als die Anwesenden ihn verwundert fragten, ob er ein Gesicht gesehen und welches, soll er gesagt haben, es sei ihm ein Jüngling, im Kampf mit dem Teufel, gezeigt worden. Der Jüngling habe gesiegt. Als man noch ivcitcr in den Bischof drang, sagte er, in dieser Stunde sei Troadius, ein edler Jüngling, vor den Statthalter geführt, heftig gemartert und mit der Mar-tyrcrkrone begnadigt worden. Gregors Diacon erkundigte sich nach diesem Jünglinge, und fand alles wirklich so geschehen, wie cs dem heiligen Gregor im Gesichte war gezeigt worden. Also verherrlichte Gott seinen treuen Knecht und gab dadurch den lebendigen Beweis, dass er nicht ohne seinen Willen der Verfolgung ausgewichcn. Alexander, der Köhler, den Gregor zum Bischof von Comana geweiht hatte, ward zu eben dieser Zeit, des Zeugnisses Jesu wegen, lebendig verbrannt. Sobald die Dccianische Verfolgung aufgehört hatte, kehrte der heilige Gregor der Wundcrihätcr nach Ncocäsarea zurück. Bald nachher brach daselbst eine Pest ans, welche er vorausgesagt hatte. Als an einem Feste, welches man zu Ehren eines Götzen veranstaltet hatte, das Volk im Theater versammelt war, und sich vom Gedränge beschwert fühlte, rief es laut zu Jupiter, mit der Bitte, Raum zu schaffen. Gregor hörte das Geschrei und ließ der Menge sagen, sic würden des Raumes bald mehr haben, als sie begehrten. Als die Seuche viele dahinraffte, ward er oft gebeten, seinen Gott anzurufen. Er that dies für jeden, der versprach Jesum Christum anzubeten und die es thaten, blieben gesund oder genasen. Als Gregor sein nahes Ende vorhersah, hielt er noch vorher gleichsam eine Musterung über seine Gläubigen, sowohl über die in Neocäsarea, als auch über die Bcivohner des Landes ringsumher. Zur Zeit, da er sein Amt antrat, fand er nur siebzehn Gläubige, jetzt aber gab es in der volkreichen Stadt und in der Umgegend nur noch siebzehn Heiden. Er wollte nicht, dass ein besonderer Platz zu seinem Begräbnisse gekauft würde. Als Fremdling habe er in der Welt gelebt, er wolle auch als solcher im Grabe sein und auf dem gemeinsamen Begräbnisplatze begraben werden. Gott hatte diesen Mann mit glänzenden Gaben des Geistes geschmückt, mit außerordentlichen Gaben der Wunder und der Wissenschaft ausgezeichnet. Aber sein Ruhm ist, dass er voll des Glaubens und der Liebe ivar. Und der höchste Wert seiner Gaben bestand darin, dass er sich ihretwegen nicht erhob, sondern ein Beispiel der Einfalt und der Demuth blieb. Die Schwarten auf der Von P. Otto jedweder liebt den Ort der Erde, wo er zum s'S' ersten Male das Licht der Sonne erblickt und seine Kindcrjahre zugebracht hat. Mit schwerem Herzen und nur aus starken Beweggründen entschließt er sich, seine theuere Heimat zu verlassen. In der Ferne bleibt er seines Vaterlandes eingedenk und hegt die Hoffnung dasselbe wiederzusehen. Derjenige aber, der seinem Heimatsorte mit Gewalt entrissen unter fremde Leute als Sclave verkauft wird, ist von wirklich bedauernswertem Lose getroffen. Solch unglückliches LoS eben lastet auf den armen Schwarzen des Sudan seit langen und langen Rückkehr in den Sudan. »ter, S. d. I). H. Jahren. Berüchtigte Sclavenjäger sind die Djallaba, welche schon lange Zeit her die Länder der Schwarzen nach allen Richtungen hin durchkreuzen, dortselbst ihr Unwesen treiben und die arme Bevölkerung wie Schafe ans die Sclavenmärkte schleppen. — Als der Heuchler Mohammed Hamed sich als Prophet ausgab und mit seinen fanatischen Horden den ganzen ägyptischen Sudan an sich riss, verschlimmerte sich die Lage der Schwarzen noch viel mehr. Besonders war das Schillukvolk der Grausamkeit der Derwische ausgesetzt, vor allem der arabischen Bagarastämme, die in westlicher Richtung des Schilluklandes als No- 366 Die Schwarzen auf der Rückkehr in den Sudan. madcn herumziehe». Diese Bagara waren während des SchillukreicheS äußerst stark und einflussreich. Der Nachfolger deS Mahdi, der Khalife Abdullahs war ja aus ihnen hervorgegangen. Die Landschaft Kaka, dort, wo heutzutage das Schillnkland beginnt, wurde schwer heimgesucht und theilwcise verwüstet. Der Schillukkönig selbst, .namens Omer, wurde auf Befehl des grausamen Abdullahs zu Omderman erhängt. Vieles zu leiden hatten auch die Dinka und andere Stämme, da die Emire von Faschoda auf Plünderung und Sclavenjagden auszogen. Der Sclavenmarkt von Omderman war stets belebt. In jenen unglücklichen Zeiten insbesonders nahmen zahlreiche Schwarze den Weg nach Aegypten, wo sie Unterkunft fanden und ganze Dörfer in der Nähe der arabischen Städte bildeten. Aegypten verstand cs, von der Gegenwart so vieler Schwarzen im eigenen Gebiet Nutzen zu ziehen. Die Unerschrockenheit, der Muth, den die Schwarzen an den Tag legten, zogen auf sie die Aufmerksamkeit der ägyptischen Truppenführer. Man kam zur Bildung ganzer Bataillone von Negersoldatcn. Ebenso verfuhr der Khalife Abdullahs; auch er versuchte möglichst viele Schwarze seinen Truppen einzuverleiben. Der Schwarze kümmert sich wenig darum, für welchen Herrn er kämpft. Die Hauptsache ist für ihn, dass er Kost und Geld hat. Er verlässt den ersten Herrn und folgt einem andern, der ihm bessere Besoldung gibt. Darin ist er den deutschen Landsknechten des Mittelalters gleich. Im Verlaufe des Sudankrieges verließen manche Schwarze den Khalifen, um im ägyptischen Heere zu dienen und Abdullahs wurde bei Kereri von seinen eigenen nach und nach zum Feinde übergegangenen Soldaten in die Flucht geschlagen. Negersoldatcn befanden sich im ägyptischen Dienste als auch im Dienste des Khalifen. Zwischen beiden Theilen aber war hier ein großer Unterschied. Ein Schwarzer, der sich den sogenannten ansär eddin d. h. den Glaubensstreitern einreihte, trat in die Klasse der privilegierten Leute ein, bei denen alles ohne Strafe abgieng. Ein Glaubensstreit« konnte stehlen, und allerhand Unwesen treiben. Niemand strafte ihn, auch die schwersten Verbote mochte er übertreten. Während des Derwischreiches war u. a. der Gebrauch der Merissa (ein Getränk, das man aus dem Durrah gewinnt) schwer bestraft d. h. mit Beraubung sämmtlicher Habe verbunden. Solches Verbot wurde mit aller Strenge vollzogen. Nur der schwarze Glaubensstreiter kümmerte sich nicht darum. Er kostete sein geliebtes Getränk, als ob alfolut kein Verbot bestände. Eines Tages erquickten sich die schwarzen Glaubensstreiter hinter einem vollen Merissagefüße, wie nach Gewohnheit. Da drang ihnen daS Schreien eines Fakih zu Ohren, der die Leute zum Gebete ermahnte. Verdrossen über diese Störung giengen sie an die Thüre und riefen dem Fakih zu: „Oh, du armer Tropf, der du in der Sonne herumläufst und schreiest! Du musst wohl Durst haben. Komm herein, einen Labetrunk zu nehmen." Ohne weiteres zogen sie ihn hinein, leerten ihm seinen Wasserkrug, den er für die üblichen Waschungen bei sich hatte und füllten ihn mit Merissa an. „Nimm hin", sagten sie ihm, „und lass das Schreien sein", und schoben ihn zur Thüre hinaus. Der arme Fakih crschrack beim Anblicke des verbotenen Getränkes, sein Wasserkrug war entweiht. Er gieng direkt zum Khalifen und meldete sich wegen umur dinia, d. h. Religions-angelegenhciten. Diese waren die allerwichtigsten Sachen, weshalb der Fakih sofort vorgelassen wurde. Er erzählte dem Khalifen den ganzen Vorgang und zeigte ihm den Verbrechensgegenstand, den mit Mc-rissa angefüllten Wasserkrug. Der Khalife machte ein finsteres Gesicht und behielt den Krug bei sich. Abends sprach er in der Moschee zu seinen versammelten Unterthanen über das Ereignis. Er hob die Schwere des Vergehens hervor, zeigte öffentlich den entweihten Wasscrkrug des Fakih und ließ ihn als unbrauchbar in den Nil werfen. Die Soldaten aber blieben ohne Strafe. Der Khalife wusste zu gut, dass er ihrer bedurfte. So konnten die im ägyptischen Dienste stehenden Negersoldaten nicht handeln. Sie mussten sich an Ordnung und Schulung gewöhnen, sonst wurden sie mit Haft bestraft. — Die Negersoldatcn leisteten der ägyptischen Regierung als Grenzwächtcr zu Su-akin und Assuan, hierauf zu Koroško und Uady Halfa vorzügliche Dienste. Der dainaligc Sirdar Lord Kitchener zeigte stets ein besonderes Wohlwollen für sie. Im ganzen Sudankriege spielten sie eine Hauptrolle; sie waren bei jeder Schlacht. Bei Hikgi überwanden sie die feindlichen Pallisaden und drangen vor den Schottländern ins feindliche Lager. In der Schlacht bei Kereri waren sie in der Front wie gewöhnlich und hatten großen Verdienst bei der Zerstörung des feindlichen Heeres. Die Nachricht der Niederlage des Khalifen weckte bei den in Aegypten weilenden Schwarzen allgemeine Begeisterung. Endlich war doch die Zeit gekommen, wo es ihnen gestattet war, ihre Heimat wieder betreten zu können. Viele, sogar kranke Leute machten sich auf den Weg. Die ägyptische Negierung setzte nicht das geringste Hindernis entgegen. Im Gegentheil beförderte sie früher die Rückkehr der Schwarzen in ihre Länder. Sie vermindert die Negerbataillonc. Viele werden aus dem einen Die SchWrzen'anf fact Rückkehr in bcit Sudan. 367 ober anderen Grunde entlassen. Sämmtliche Neger werden nach bjährigem Waffendienste frei. Die noch in Aegypten sich aufhaltenden Neger werden lebhaft zur Rückkehr in ihre Länder aufgemuntert. Der Sudan ist offen, fagt man ihnen, euere Länder sind frei und zugangbar. Warum ivollt ihr denn noch länger hier im fremden Lande verweilen? Packet euere Habe zusammen, um in euer Land zurückzukehren. Die Regierungsschiffe und die Eisenbahn stehen zu eurer Verfügung. Sämmtliche werden in der That kostenfrei in ihre Länder zurückgebracht. Die Regierung wünscht die Entwicklung und das Emporblühen der Nilländer, deshalb schickt sie die Schwarzen in den Sudan zurück, damit sie ihre Länder bevölkern. So kommt es, dass die Schwarzen in Schaaren von Aegypten heraufkommen und man dort drunten nur mit Mühe noch kräftige Neger finden kann. Bei Gelegenheit solcher Expeditionen fehlt es an Verwirrungen und Fehlern nicht. Den Schwarzen zu Assuan z. B. sagte man, dass sie sich innerhalb kurzem reisefertig machen sollten, kauften ihre wenige Habe und begaben sich nach Schellas zum Dampfschiffe. Dort erfuhren sie, dass sie noch einen ganzen. Monat zu warten hätten. Jedweder kann sich die Unzufriedenheit dieser getäuschten Leute vorstellen. Wie viele Fluch- und Schimpfwörter ließen sie über die Negierung fallen! Manchen, die mittels der Regierungtztransport-mittel in ihre Länder zurückkehrten, gefällt es dortselbst. Sie müssen natürlich gemäß den Gewohnheiten ihrer Landsleute leben. Im Schilluklande fand ich Leute, die lange Jahre in den hiesigen Gegenden und in Aegypten zugebracht haben und nach Vernichtung des Khalifen in ihre Heimatsdörfer zurückgekehrt sind, uw sie in aller Zufriedenheit leben. Einer von ihnen sagte mir: Wie viel bessers befindet man sich hier als dort drunten. Dort muss man arbeiten und schwitzen, wenn man essen will. Hier sind die Sachen ganz anders. Bei der Regenzeit säe ich meinen Durrah, wo immer ich will, denn unser Land ist groß, so gewinne ich Nahrung für das ganze Jahr. Den Schafen und Ziegen steht reichliches Gras zur Verfügung, denn Triften gibt es viele. Ich lebe seitdem ohne Sorgen. Dieser Schilluk war einst hier im Dienste eines europäischen Herrn, weshalb er anständig gekleidet war. Droben begnügt er sich mit einem Fetzen Tuch. Es gibt aber solche, welchen die Lebensweise ihrer Landsleute nicht mehr behagt und die sich deshalb nicht mehr in ihrem Heimatslande aufhalten können. So kehrte unter anderem auch ein Mädchen zu seinen Angehörigen im Schilluklande zurück. Letztere bestanden darauf, dass das Mädchen nach der Landestracht sich kleide; deshalb wollte man ihm die Kleider ausziehen und ihr um den Leib ein Ziegenfellbinden, an dem Schwanz und Füße des getödteten Thieres noch herab-hiengen; ferner wollten sie ihr das Kopfhaar glatt abscheeren, denn so will es die Toilette derSchilluk-damen. Das war nun dem armen Mädchen doch zu viel. Es entfloh deshalb und nahm seine Zuflucht zum „Mamur" von Faschoda. Dergleichen Leute, denen ihre Heimatssitten nicht mehr gefallen, können sich an den Regierungsplätzen niederlassen. So befindet sich z. B. bei Faschoda ein großes Dorf, von Schilluk und Dinka bewohnt, die bei der Rückkehr aus der Fremde mit chren Leuten nicht auskommen', können. Die ans Aegypten in ihre Heimat zurückkehrenden Schwarzen genießen bei ihren Landsleuten keine besondere Achtung, was immerhin für eine Stelle sie in Aegypten innegehabt haben. Selbst die Würde eines ägyptischen Offieiers scheint ihnen keinen Respect zu verschaffen. Als ich nach Faschoda reiste, fand ich ans demselben Schiffe einen Schilluk, der durch seine Tapferkeit es bis zum jusbasclü d. i. Lieutenant gebracht hatte; er war ein herrlicher Mann, groß und von starken Muskeln. Sein Bataillon lag in Kassala. Er giern) auf Urlaub nach Faschoda, da in jenen Gegenden sein Heimatsdorf ist. Mit Ver achtnng deutete er auf einige ägyptische Offieiers Altar in der Kapelle in Omderman. Die Leute ver- ' 368 Sie Schwarzen auf der Rückkehr in den Sudan. burschen die, frisch aus der Schule herausgekommen, nach El-Obeid geschickt wurden. Sind das Ossieiere? rief er aus. Das sind Buben. Die taugen nicht für die Schlacht; sie meinen beim ersten Hiebe, den sie bekommen. Während der Reise sprach er mit Begeisterung über sein Land und seine Leute, beklagte aber sein Geschick, dass er sich bei den ©einigen nicht mehr aufhalten könne. Meine Angehörigen achten mich nicht, obwohl ich die Uniform trage; sie sagen mir: du bist ein Türke geworden. Ich werde ihnen nur einen Besuch abstatten, sonst werde ich meine Vaeanz am Regierungsplatze zubringen. Obwohl er seit langen Jahren von seinem Lande weg war, bewahrte er immer noch Vorliebe für Fische. Tag für Tag aß er Fische, die sein Diener am Rande des Schiffes angelte. Als wir bei der Landschaft Kaka ankamen, war er fast außer sich vor Freude. Der gute Mann wusste mir sämmtliche Dörfer noch mit ihrem Namen zu bezeichnen. Dort ist mein Heimatsdorf, sagte er zu mir. Er machte mich vorzüglich auf einen Baum aufmerksam, an welchen sich besondere Erinnerungen der Schilluk knüpften. Siehst du jenen Baum dort? sagte er. Dort ist die Stelle, wo die Schillukkrieger einen ganzen ägyptischen Truppenkörper vernichtet haben. Es war zur Zeit des Khediven Ismail, als ein gewisser Jusef Bey mit ägyptischen Truppen, nebst einigen Geschützen hier landeten und mit Gewalt unsere Jünglinge zu Soldaten machen wollten. Wir Schilluk, mit Lanzen bewaffnet, haben die Aegypter vernichtet und die Geschütze in Stücke gehauen. Auch ich bin dabei gewesen. Kurz nachher gieng ich in meiner Einfalt aus den Marktplatz nach Faschoda. Da wurde ich nebst anderen Jünglingen ergriffen, rasch nach Aegypten gebracht und unter die Soldaten gesteckt. Als er kurze Zeit darauf zu Faschoda ausstieg, versprach er, mir einen Besuch abzustatten, da unser Ort ihm bekannt war. Es vergieng eine gute Zeit, der schwarze Lieutenant war mir fast aus dem Gedächtnis entschwunden, als er plötzlich eines Nachmittags bei uns erschien. Habe ich dir nicht versprochen, dich zu besuchen, als ich zu Faschoda Abschied nahm? sagte er mir sofort. Nun sieh mich hier, ich habe mein Wort gehalten. Von wo kommst du her? fragte ich ihn. Ich komme non Taufikie, lautete seine Antwort. Zu Faschoda habe ich Klagen meiner Leute gegen einen ägyptischen Beamten vernommen. Deshalb bin ich nach Taufikie gegangen, um den englischen Verwalter davon zu benachrichtigen. — Ich erwähnte, dass die aus Aegypten zurückkehrenden Neger sich in ihren Heimatsdörfern oder an den Regierungsplätzen niederlassen, wo sie im allgemeinen in Zufriedenheit leben. Es finden sich unter ihnen aber auch einige, denen ihr Land nicht mehr gefällt. Sie sind zu sehr ans Herumziehen gewöhnt, erinnern sich der reichlichen Merissa, die sie in Aegypten tranken, der Wassermelonen, der Gurken usw., die auf dem ägyptischen Boden massenhaft gedeihen. Gleich den Israeliten in der Wüste ersehnen sie die Rückkehr in jenes Land. Sie erscheinen deswegen vor den Regierungsbeamten mit der Bitte, dass man sie wieder hinabbringen möchte. Das ist aber nicht der Wunsch der Regierung und die Beamten antworten den Leuten: Die Regierung hat euch umsonst heraufgebracht, aber umsonst bringt sie euch nicht hinab; zahlet das Billet, wenn ihr das Dampfschiff benützen wollt. Die armen Schlucker haben natürlich keinen Heller mehr; im Lande wollen sie auch nicht bleiben, deshalb machen sie sich zu Fuß auf den Weg und marschieren Tag und Nacht; wenn sie vor Müdigkeit nicht mehr weiter können, legen sie sich nieder und schlafen unter freiem Himmel. — In Aegypten kann einer wohl unter freiem Himmel schlafen und auch reisen, er begegnet nur Füchsen, Schakalen oder selten einer Hyäne. Im Sudan aber sind der Löwe, der Tiger und andere wilde Thiere zuhause, die bei Nachtzeit auf Beute ausgehen. Wenn diese auf ihren Streifzügen auf die unglücklichen Wanderer stoßen, fallen sie dieselben an und fressen sie auf. Man behauptete mir, dies sei schon ver-schiedenemale vorgekommen und die Ueberreste der Verunglückten seien hier und dort von den Eingeborenen aufgefunden worden. Möge der liebe Gott sich dieses armen, schwergeprüften Negervolkes erbarmen, ihm immerwährende Ruhe im eigenen Lande verleihen und es mit dem Lichte des wahren Glaubens beschenken. Die Baraßra in Kubi en. Suit P. $ a t) c ti @ c tier. ^>ie Barabra unterstehen der ägyptischen Regierung, 6X^ bei der sie durch ihre Häupter oder Scheiks vertreten werden. Jedes Dorf hat seinen Scheik, den man mit unserm Bürgermeister oder Schulzen vergleichen könnte, mit dem Unterschied, dass die Scheik-würdc mit dem Rechte der Erstgeburt erblich ist. Der Scheik übt in seinem engeren Kreise eine bedeutende Macht aus. Mau muss längere Zeit in- (Schluss.l einen Dienst von den Eingeborenen erlangen, selbst nicht für (Mb; sie streiten und Lärmen ohne Ende, unb nur der Scheik vermag ein Endresultat zu -erzielen. Der Scheik ist für Sicherheit und Ordnung in seinem Dorfe verantwortlich. Bricht unter den Leuten ein Streit aus, so schlichtet ihn der Scheik. Bei den Männern kommt dies selten vor. Aber die Weiber number. mitten des Volkes geweilt haben, um zu sehen, mit tvelcher Ergebenheit und sclavischcr Unterwürfigkeit sie an ihrem Scheik hängen. Sie nennen ihn „unser Herr" und „unser Vater". Sein Wort ist ihnen Gebot. Zeigen sich die Leute ungehorsam und wider-spänstig, so genügt es, sich an den Scheik zu wenden. Dieser erscheint und obivohl er sich in der Tracht oft nicht von gewöhnlichen Leuten unterscheidet, ertheilt er seine Befehle und fällt seine Bescheide, die ohne ein Wort der Erwiderung hingenomineu werden. Ohne Verinittelnng des Scheiks kann man selten sind höchst ränkesüchtig. Schon bei den aller-kleinsten AMissen erheben sie ein großes Schreien und Lärmen und begleiten dasselbe mit heftigen Ge-sticulationen. In der Hitze des Streites bewerfen sie sich gegenseitig mit Steinen und schleudern Staubwolken in die Luft. Stundenlang stehen sich die Streitenden gegenüber und iverfcn sich die gröbsten Schimpfworte und Schmähungen zu, ohne jedoch oft zu thätlichen Ausschreitungen überzugehen. Da erscheint der Scheik mit einem großen Stocke und stellt gebieterisch die Ruhe her. Hiebe und Schläge 370 Die 93imitira itt Nubien. nach rechts und links schaffen Ordnung. Ist jemand im Streite beschädigt oder verletzt worden, so wird der Thäter zur Zahlung in Geld oder Naturalien an, den Beschädigten verurtheilt. Lässt sich jemand ein Vergehen gegen die Ehre des Nächsten zu Schulden kommen, so geschieht die Genugthuung durch Körperstrafe. Die Barabra ziehen Stockschläge und Ruthenstrafen der Zahlung von Geld vor. Sie haben große Furcht vor der Regierung und ihren Behörden und suchen daher die meisten Angelegenheiten und Streitigkeiten unter sich durch Vermittlung des Schecks auszumachen. Zu diesem Behufe haben sie überdies das inedsclilez, d. h. die Versammlung, woran die vorzüglichsten Familienhäupter und die Schecks der Nachbardörfer theilnehmen. Diese Versammlungen finben meist im Freien unter altehrwürdigen Sykomoren oder im Hofe der Scheikwoh-nungen statt. Neben den kleineren Versammlungen, die sehr häufig sind, finden von Zeit zu Zeit größere statt unter der Leitung der Großscheiks. Diese letztern gebieten über ausgedehnte Landstriche oder Provinzen, bereisen zeitweise ihr Gebiet, weilen mehrere Tage in den größeren Ortschaften, um Versammlungen und Gerichtssitzungen abzuhalten. Hierbei wird die Rechffprechung in patriarchalischer Weise nach dem Koran und dessen Erläuterungen gchandhabt. Hier gebe ich eine kurze Schilderung einer solchen Gerichtsversammlung. Die Anwesenheit eines Fremden in Versammlungen, in denen ganz private Angelegenheiten der Eingebornen verhandelt werden, ist den Barabra zuwider. Da ich jedoch mit dem Großscheik bekannt und dessen Gast war, wurde ich ohne weiteres zur Theilnahme eingeladen. Die Versammlung fand im Dorfe Makrakeh, zwischen Dongola und Uady-Halfa, unter dem Vorsitze des Großscheiks Ah-m.cd-Madjub statt. Schon vor Sonnenaufgang wanderten die Männer aus allen Richtungen der Wohnung des Großscheiks zu. Als ich ankam, hockten bereits Hunderte von Männern und Weibern vor der Hütte in lebhaftem Geplauder. Ich drängte mich zwischen durch und trat in den engen Hausflur, wo die Aeltern, Schibuk rauchend, auf Matten und Holzgestellen saßen. Unter ihnen bemerkte ich den Bruder des Scheiks, der mich sofort vorführte. Durch einen großen viereckigen Hof und einen engen Flur gelangten wir in ein sehr hohes Zimmer. Da saß Madjub im Morgenanzug auf einem mit bunten Teppichen belegten Bettgestell aus Holz. Als er mich erblickte, sprang er rasch auf und zog mich sachte und unter einem Strom von Komplimenten mit sich auf den Angareb nieder, während dessen Bruder vor uns sich zur Erde setzte. Das sehr spärlich beleuchtete Zimmer war ohne jede Einrichtung, die Wände hingegen waren mit Flinten, Lanzen, Schilden und Säbeln behängen. Das Gespräch über verschiedene Angelegenheiten unterbrach er häufig durch graciöse Komplimente; man braucht jedoch nicht zu glauben, dass derartige Reden von Herzen kommen, man muss sie als landesüblich anhören und erwidern, ohne ihnen weitere Bedeutung beizulegen. Madjub empfieng mich freundlich wegen warmer Empfehlungen der englischen Befehlshaber, die damals Makareh als südlichsten Vorposten Aegyptens gegen die vordringenden Rebellen des Madhi besetzt hielten. Während unserer Unterhaltung kante der Scheck fortgesetzt den mit Soda und Salz gemischten Tabak. Allmählig kamen mehrere untergeordnete Scheiks an; beim Eintritte eilten sie herbei und küssten unter Verbeugungen und Kniebeugungen die dargebotene Rechte des Mahdjub, um sich dann ehrerbietig zurückzuziehen und an die Wand zu setzen. Nach etwa einer halben Stunde gab der Großscheck ein Zeichen, sich zu erheben, umhüllte sich das mit einer weißen Calotte bedeckte Haupt mit einem großen, weißseidencn Turban, warf einen seidenen Shawl um die Schultern und zog die rothen beschnäbclten Maroccoschuhe an, wie sie von den Reichen getragen werden. Alsdann begaben wir uns in den großen Hof, wo etwa 50 Männer versammelt waren. Sie erhoben sich beim Erscheinen des Schecks, der sich auf einem bedeckten Angareb im Vordergründe niederließ und mich zu sich zog. Die Männer näherten sich der Reihe nach, küssten ihm schweigend die Hand und kehrten an ihre Plätze zurück. Zur Rechten des Schecks saßen auf dem Boden dessen Bruder, zwei Schreiber und zwei Bediente. Zur Linken führten zwei niedrige Thüren in dunkle Gemächer, worin sich die Angeklagten befanden; ein Wächter stand am Eingänge. Auf ein Zeichen des Schecks erhoben sich zwei Männer, holten einen jungen Mann aus dem Gefängnisse herbei und stellten sich in einiger Entfernung vom Scheck in die Mitte der Versammelten. Der Schuldige begrüßte aus der Ferne den Scheck, der ernst und ruhig mit dem üblichen „ salti m alekom" (Friede mit euch) antwortete und die Versammlung fragte, was sie gegen den Mann vorzubringen habe. Es erhob sich nun einer der Anwesenden und begann im Dialekte der Provinz die Anklage mit großer Ruhe und würdevollen Handbewcgungen. Alle hörten schweigend zu, nur ein Mann unterbrach zuweilen den Kläger und berichtigte seine Aussagen. Bei gravierenden Angaben richtete der Scheck einen langen, ernsten Blick auf den Angeklagten, der kein Wort sprach und alles mit gesenkten Augen anhörte. Nachdem die Anklage, Die Bnrabra in Nubien. 371 die nils Diebstahl von Korn lautete, beendigt roar, ertheilte der Scheik dem Angeklagten das Wort zu seiner Vertheidigung. Da er aber nichts zu seiner Rechtfertigung vorzubringen wusste, fuhr ihn der Scheik mit starken Worten an, indem er einen neben ihm liegenden Korbatsch (Peitsche aus Nilpferdhaut) ergriff und drohend schwang. Nach kurzer Berathung mit den Männern zur Rechten entschied er, dass der Dieb das gestohlene Korn und zur Strafe einen Theil mehr abliefern müsse. Ein Zeichen des Scheiks und der Vernrtheilte wurde in die Dunkelkammer abgeführt. Sodann wurde ein alter Mann in zerlumpten, schmutzigen Kleidern vorgeführt, anscheinend in krankhaftem Zustande. Derselbe war angeklagt, einen Nachbar im Streite gewaltthätig misshandelt zn haben. Nach einer tiefen Verbeugung vor dem Scheik begann er laut und aufgeregt zu sprechen. Seine erregte Darlegung wurde mit Ruhe angehört und nur zuweilen von einem jungen Manne in der linken Reihe unterbrochen. Die Sache wurde glücklich beigelegt, indem der Scheik sowohl dem Angeklagten als auch dem Kläger einen scharfen Verweis ga6; beide entfernten sich sodann schweigend aus der Versammlung. Nachdem noch gegen drei Diebe in gleicher Weise wie beim ersten verhandelt worden war, erschien ein wüst aussehender Jüngling, der seinen alten Vater tödtlich mishandclt hatte; der Vater konnte wegen Krankheit nicht in der Versammlung erscheinen. Fünf der anwesenden Männer erhoben sich gegen den nngerathencn Sohn, der alle Anschuldigungen mit Ungeberde und Fluchen zurückwies. Er wurde als schuldig erkannt und zur Prügelstrafe vernrtheilt. Der Scheik gab zwei Männern Befehl, den Burschen zu Boden zu legen, während der Kerkermeister aus den Händen des Scheiks die Knute entgegennahm und auf dessen Kommando auf den Rücken des Schuldigen einhieb. Dieser mit Gewalt niedergehalten, wandt und drehte sich unter den Streichen, den Scheik um Vergebung anflehend. Bei dem zehnten Streiche war der Gerechtigkeit Genüge geschehen. Der Bursche sprang ans und eilte unter dem Gemurmel der Anwesenden aus dem Hofe. Nun kam die Reihe an die Weiber. Mit der einen Hand bnS- Kopftuch vor das Gesicht haltend, blieben die Vorgeführten in einiger Entfernung vom Scheik stehen. Die Klage drehte sich meist um Zänkereien mit den Nachbarinnen. Die Sache war stets in wenigen Minuten entschieden. Den einen wurden Strafen angedroht, den andern Ermahnungen gegeben; die meisten erhielten eine derbe Lection und wurden unter Verwünschungen fortgejagt, so dass ihnen ein weiteres Klagen wohl verleidet wurde. Ich bewunderte die Zungenfertigkeit und die lexikalischen Kenntnisse in Verwünschungen, über die der Scheik verfügte; nicht weniger bewundernswert aber war die sclavische Gelassenheit, mit welcher die Frauen die ziemlich nnparlamentarischcn Titulaturen anhörten; je gröber man gegen sie loszog, desto demüthiger wurden sie; es machte mir auch hier, wie an anderen Orten Afrikas den Eindruck, dass besonders Frauen gegenüber Grobheit und Entschiedenheit mehr ausrichten, als ruhiges Vorgehen. Indessen war es Mittag geworden. Die Versammlung wurde ausgesetzt. Neben dem Angareb wurden zwei Matten ausgebreitet, auf deren eine sich der Scheik setzte. Er lud mich ein, neben ihm Platz zu nehmen. Zwei Burschen stellten ein kleines, rundes Tischchen vor uns und darauf eine Schüssel mit Durrahfladen und eine zweite mit Kräuterbrühe und Hammelfleisch. Während wir Stück für Stück vom Brotfladcn loßrissen und in die Brühe tauchend aßen, brachten Weiber aus dem Dorfe den versammelten Männern die gleiche Kost. Zwei Knaben bedienten, die Runde machend, die Durstigen mit Wasser. — Nach etwa einer Viertelstunde war die Mahlzeit vollendet und nach kurzem Geplauder wurde die Gerichtssitzung wieder aufgenommen. Während derselben wurden noch zwei Männer wegen Gewaltthätigkeit zur körperlichen Züchtigung vernrtheilt. Erst spät gegen Abend fanden die Verhandlungen ihren Abschluss, die Männer zogen sich nach Begrüßung des Scheiks allmählich zurück und auch ich verabschiedete mich für diesen Tag, um mich in mein Nachtquartier auf dem englischen Kriegsschiffe „Lotus" zu begeben. Der Negerknabe Bajumi Von P. Joscf Weiller, S. d. I). H. Negerknaben unserer Colonie lassen schon auf den ersten Blick erkennen, dass- sie den verschiedenartigsten Stämmen des Sudan angehören. Ihre Hautfarbe weist sozusagen alle Schattierungen auf, die zwischen dunkelschwarz und hellbraun möglich sind; selbst in ihrem Körperbau waltet eine Mannigfaltigkeit ob, die jedem Kenner der Negerrasse sofort in die Augen springt. Die Wege, auf denen sie in unsere Colonie gelangten, sind sehr verschieden. Manche verließen ihre Heimat an der Hand ihrer Eltern oder Verwandten, die sich dann in den Negerdörfern Aegyptens niederließen; andere wurden aus ihrer Heimat auf gewaltsame Weise entführt und fanden nach Wechselfällen aller Art und durch eine augenscheinliche Fügung der göttlichen Vorsehung in unserer Colonie Aufnahme, wo sie nebst unentgeltlicher Unterkunft und Verpflegung die unschätzbare Wohlthat einer christlichen Erziehung genießen. Zu dieser letzteren Classe gehört auch der Negerknabe Franz Xaver Bajumi, wie der Leser aus Folgendem entnehmen wird. Bajumi ist ein Knabe von 14 Jahren. Seine röthlich.-braune Hautfarbe und sein gekräuseltes Kopfhaar verrathen uns, dass er kein eigentlicher Neger, sondern ein Nigrite oder Halbneger ist. In der That ist fein Vater ein Berberiner aus dem Nubi-bischen Nilthale, der mit seiner Mutter, einer Negerin aus dem Stamme der For in Esne angesiedelt war. In diesem Dorfe Oberägyptens, das durch seine Alterthümer jedem Aegyptologen bekannt ist, erblickte der Knabe das Licht der Welt und verbrachte ebendaselbst seine ersten Jugendjahre. Er war kaum 10 Jahre alt, als er seiner Eltern durch den Tod beraubt wurde. Zuerst verlor er seine Mutter, die der Schwindsucht zum Opfer fiel, einer Krankheit, welche unter den in Aegypten angesiedelten Negern besonders häustg auftritt und eine große Sterblichkeit unter denselben zur Folge hat. Bald daraus stieg auch sein Vater ins Grab, nachdem er kurz vorher Bajumi der Obsorge eines seiner Verwandten in Esne anvertraut hatte. Beide sollten das traurige Schicksal nicht erleben, dass ihren einzigen, von ihnen heißgeliebten Sohn in Bälde ereilen sollte. Es war vor vier Jahren, als der sogenannte Mouled el Nebi d. i. Geburtsfest des Propheten, wie alljährlich unter allgemeiner Volksbetheiligung in Esne gefeiert wurde. Der große freie Platz am Rande der Wüste, der das ganze Jahr hindurch in einsamer Stille dalag, war in einen geräuschvollen Vergnügungsplatz umgewandelt, auf dem sich die vorherrschend mohamedänische Einwohnerschaft des Ortes die dreitägige Festzeit hindurch bis in die späte Nacht hinein belustigte. Wer eines dieser Volksfeste, wie sie von jeher in ganz Aegypten an den Hauptfesten des Islam gefeiert werden, nur einmal angesehen, wird gestehen müssen, dass dieselben ein interessantes Schauspiel darbieten. In einer langen Reihe von Zelten und Krämerbuden findet man Früchte und allerlei Süßigkeiten in reichlichster Auswahl ausgestellt. In den Garküchen, die auf offener Straße errichtet sind, dampft und brodelt cs Tag m b Nacht. Verkäufer von Schcrbat Und sonstigen Getränken durchschreiten in weit aufgebauschten, durch einen buntfarbigen Gürtel befestigten Beinkleidern und einer enganschließenden, auf der Brust zusammengeschnürten Jacke, die auf- und abwogende Menschenmenge, indem sie mit schreiender Stimme ihr Waren anpreisen und die metallenen Präsentierteller klirrend aneinanderschlagen. Hier führen Seiltänzer, Schlangenbändiger und Gaukler den staunenden Zuschauern ihre Kunststücke vor, dort sitzen mehrere Derwische mit unterschlagenen Beinen im Kreise herum und bringen unter der monotonen Begleitung des Tamtam den sogenannten Zikcr zur Aufführung, indem sie die neunundncunzig durch den Koran bestimmten Beinamen Gottes mit wechselndem Tempo und allerlei oft sonderbaren, ja abstoßenden Körperbewegungen der Reihe nach absingen. Doch all dieser Lärm wird noch übertönt, durch das Knarren und Krächzen mehrerer Caroussels, von denen die einen in horizontaler, die anderen in verticaler Richtung mit ihren seelenvergnügten Insassen eine kreisförmige Bahn beschreiben. Letztere haben sich in Aegypten allgemein eingebürgert und bilden an den mohammedanischen Festen für alle, Groß und Klein eine beliebte Belustigung. Auch Bajumi nahm an den Festlichkeiten des Mouled, die wie sich von selbst versteht, vor allem auf die Jugend einen starken Reiz ausüben, lebhaften Antheil. Stundenlang trieb er sich mit seinen Kameraden auf dem Festplatze herum und weidete sein Auge an den Kunststücken der Seiltänzer und Schlangcnbän-diger oder hörte mit Spannung den märchenhaften Erzählungen der Gaukler zu, so dass ihm die Zeit wie im Fluge vorbeieilte. Doch sollte die an sich Der Negcrkuabe SSnjumt. 373 ganz harmlose Feier für ihn einen verhängnisvollen Abschluss nehmen. Es ivar am letzten Festtage, als er bei einbrechender Dunkelheit den Heimweg antrat. Während er einsam und ganz ahnungslos am Rande der Wüste dahinschritt, kam plötzlich ein Bisch arin er auf seinem Pferd dahergesprengt; dieser ritt ans ihn zu, erfasste ihn, hob ihn auf den Sattel und sprengte, wie er gekommen, in rasendem Tempo von dannen. Das alles war das Werk eines Augenblicks, und der Bischarincr war mit seiner Beute längst verschwunden, ohne dass irgend Einer auf dem nahen Festplatze die geringste Kunde von dem tragischen Vorfalle erhalten hatte. Die Bischarincr, welche die Wllstensteppe zwischen dem Rothen Meere und dem Nile bewohnen und ein Nomadenleben führen, haben sich schon längst durch den Raub von Ncgerkindcrn berüchtigt gemacht. Die ägyptische Regierung hat cs bisher nicht vermocht, sic durch das Verbot des Sclavenraubcs einzuschüchtern und cs wird wohl ebensowenig in Zukunft gelingen, diesem Verbote unter jenen freien Wüstensöhnen Achtung zu verschaffen. Der Grund liegt darin, dass der Arm des Gesetzes sie nur schwer ober gar nicht erreichen kann. Die weite Wüste mit ihren geheimen, oft schwer zugänglichen Schlupfwinkeln bieten ihnen gegen eine polizeiliche Verfolgung einen sicheren Zufluchtsort. Die ans diese Weise geraubten Negcrkinder werden meistens ans Schleichwegen nach Arabien oder Aegypten transportiert, wo sic als Sclaven heimlich verkauft werden. Nur selten gelingt cs, die Sclavenjäger auf frischer That zn ertappen und ihnen ihre Beute zu entreißen, wie dies im letzten Jahre in Suakin am Rothen Meere der Fall war. Die Freilassung von Sclaven, welche durch ein eigenes zu diesem Zwecke in Kairo errichtetes Bureau von Zeit zu Zeit erfolge», sind ein Beweis, dass selbst heute noch trotz dcS gesetzlichen Verbotes und strenger Ahndung jeder Ucbertrctnng desselben in Aegypten ein heimlicher Sclavcnhandcl, freilich in kleinem Maßstabe, stattfindet. Dem Mohammedaner ist und gleibt eben die Sclavcrci ein Institut, welches mit seinen religiösen Grundsätzen durchaus im Einklänge steht, mag er auch im klebrigen die vor seinem Auge offenliegcudcn Errungenschaften der christlichen Cultur noch so sehr anerkennen. Der Schwarze gilt als cul-turunfähig, er ist nach den unabänderlichen Satzungen des Koran ein geborener Sclave, der zum Dienste des Weißen von Gott erschaffen ist. Bajumi begriff ivohl, welchem Schicksale er in der Gewalt des Bischarincrs entgegengehe. Er schrie laut auf und wehrte sich atis allen Leibeskräften, als er von dem frechen Räuber ergriffen wurde, doch umsonst; dieser sperrte mit unwiderstehlicher Gewalt seinen Mund, so dass ihm die Stimme gänzlich versagte und in ein verhaltenes Schluchzen übergieng. Zugleich band er ihm die Hände auf dem Rücken mittelst eines Strickes zusammen. Sie waren schon eine bedeutende Strecke von Esne entfernt, als der Knabe von Neuem in ein lanteS, in der nächtlichen Stille weithin vernehmbares Weinen ausbrach. Doch dies sollte ihm theuer zu stehen kommen. Wüthend vor Zorn und die gräulichsten Flüche ansstoßend, schleuderte der Sclavenjägcr den Knaben ans den Mi ^ ' 9 r I "2 M Der Ilcgcrknabc Bajumi. Boden, dann sprang er selbst vom Pferde herab und schlug ihn mit der Peitsche, so dass' der Rücken des Unglücklichen sich mit blutigen Wunden und blauen Striemen bedeckte. Die Narben von den erhaltenen Wunden sind noch heute sichtbar. Diese grausamen Misshandlungen und die Androhung eines sofortigen Todes, falls er sich nicht ruhig verhalte, brachten den Knaben endlich zum Schweigen. Der Ritt int Dunkel der Nacht wurde sogleich fortgesetzt und nach mehreren Stunden langten sie in einem Dorfe namens Hagr an, welches theils aus Zelten theils auS noth-dürftigen Strohhütten bestand und ausschließlich von Bischarinen bewohnt war. Hier wurde Halt gemacht. Bajumi wurde in ein Zelt geführt, wo er die Familie dcS Sclavenjägers, bestehend aus einer Bi-scharinerin und ihrem Sohne antraf, ivclch letzterer mit ihm in gleichem Alter stehen mochte. Beide betrachteten ihn mit neugierigen Blicken und richteten in ihrer Stammessprache allerlei Fragen an ihn, wovon er jedoch nicht das Mindeste verstand. Dann brachten sie ihm zur körperlichen Erfrischung Kesra (sudanesisches Brot) und Datteln. Nachdem Bajumi seinen Hunger einigermaßen gestillt hatte, legte er sich auf einer aus Palmblättern verfertigten Matte nieder und vergaß für einige Stunden das schmerzliche Los, dem er wieder alles Erwarten und nur infolge der frevelhaftesten und strafwürdigsten Verletzung seiner Freiheit anheimgefallen war. Als er am folgenden Morgen aus dem Schlafe geweckt wurde, gewahrte er zu seiner Ueberraschung, dass man sich zu einer Reise vorbereitete. DaS Pferd, auf dem er feiner Heimat entführt worden, wurde gesattelt, während ein Kameel mit einer Menge Schaf- und Ziegeufellen beladen wurde, welch letztere offenbar zum Verkaufe bestimmt waren. Der Moment der Abreise war gekommen, und die Frau des Bischariners nahm mit ihrem Sohne auf dem Kameele Platz, er selbst bestieg mit Bajumi das Pferd, doch nicht ohne denselben vorher für den Fall eines Fluchtversuches oder der geringsten Widersetzlichkeit eine überaus strenge Strafe angedroht zu haben. Bajumi hatte Avar schon im Elternhause gelernt, an das Leben rechtmäßige Anforderungen zu stellen und war an Entbehrungen aller Art gewöhnt, trotzdem war diese Reise für ihn in hohem Grade beschwerlich. Den Tag über gieng dieselbe zum großen Theil durch die Wüste, wo er den sengenden Strahlen der Sonne schutzlos ausgesetzt war und Hunger und Durst zu leiden hatte. Erst am Abend machte man gewöhnlich an einer Ortschaft am Ufer des Nils Halt, um daselbst von den Reisestrapazen bis zum ersten Morgengrauen auszuruhen. So gelangte die kleine Karawane nach einer Reife von 10 Tagen nach dem Dorfe Giseh, in dessen Nähe sich die drei größten, weltberühmten Pyramiden erheben. Hier übergab der Bischariner den Knaben einem arabischen Kleiderhändler aus Kairo, der in Giseh damals eine Verkaufsstelle errichtet hatte. Dann verabschiedete er sich von Bajumi unter dem Vorgeben, dass er nach Erledigung einiger geschäftlicher Angelegenheiten zurückkehren werde. Er zog mit Frau und Sohn von dannen, kam aber nicht wieder zum Vorschein. Vermuthlich hatte er Bajumi jenem Kaufmann heimlich als Sclaven verkauft. Dieser nahm ihn bereits am folgenden Tage mit sich nach Kairo, wo er in einer der belebtesten Straßen ein Waaremnägazin besaß. Bei seiner Ankunft in Kairo glaubte sich Bajumi sozusagen in eine neue Welt versetzt. Das wechselvolle Leben und Treiben dieser Großstadt mit den hohen palastähnlichen Bauten, dem lebhaften Straßenverkehrc und der nach Nationalität, Tracht und Sprache so verschiedenen Bevölkerung machte auf ihn einen überwältigenden Eindruck. Doch sollte auch sein dortiger Aufenthalt nicht von langer Dauer sein. Das was ihm im Hause seines neuen Herrn besonders missstel, war die verächtliche Behandlung, die ihm von allen Hausbewohnern zu Theil wurde. Wiewohl er die ihm aufgetragenen Arbeiten mit möglichster Sorgfalt verrichtete nnd sich zu allen auch den niedrigsten Dicnstleistnngen bereit zeigte, so ließ man ihm doch fühlen, dass er nur ein rechtloser, verächtlicher Sclave sei, der seinem Herrn rückhaltlos angehöre und daher mit jeder Behandlung zufrieden sein müsse. Als er sich eines Tages wegen einer groben Abfertigung beklagte, antwortete man ihm mit derben Vorwürfen und Schmähungen und drohte ihm mit körperlicher Züchtigung. Unter diesen Umstanden konnte er sich in jenem Hause natürlich nicht heimisch fühlen; der Entschluss, heimlich zu eutslichen, um womöglich bei mitleidigen Leuten eine bessere Unterkunft zu erlangen, war bald in ihm gereist, und er wartete bloß auf eine günstige Gelegenheit, denselben in Ausführung zu bringen. Letztere ließ denn auch nicht lange auf sich warten. In der nächsten Nachbarschaft wohnte ein Neger-knabe, der auf unserer Colonie erzogen worden und in Kairo unter einem katholischen Meister das Buch-binderhandwcrk ausübte. Dieser traf mit Bajumi fast täglich auf der Straße zusammen und beide waren bald vertraute Freunde. Bajumi erzählte ihm seine Lebensschicksale und machte aus seinem Entschlüsse, aus dem Hause seines Herrn möglichst bald zu entfliehen, keinen Hehl. Als dann jener Negerknabe sich anbot, ihn auf die hiesige Colonie zu führen, wo er nebst vielen anderen Knaben aus dem Sudan unentgeltlich verpflegt würde und manche für sein späteres Leben nützliche Dinge erlernen könnte, da ward sein Entschluss zur That. Noch am selben Tage kam er mit seinem Begleiter auf die Colonie und bat den' Obern dringend um Aufnahme. Kaum hatte dieser seine Verhältnisse näher erfahren, so leistete er der Bitte ohne Weiteres Folge. In der Hoffnung, dass ihm in seinem neuen Heim ein besseres Loos beschicken sei, sah sich Bajumi keineswegs getäuscht. Das Zusammenleben mit so vielen seiner schwarzen Altersgenossen aus dem Sudan, die gleich ihm das Elend hierhergeführt hatte, gefiel ihm sehr und er nahm sogleich an ihren gemeinschaftlichen Erholungen lebhaften Antheil. Wenige Tage vergiengen und er fühlte sich in unserer Colonie ganz heimisch. Für seine Aufnahme erwies er sich dadurch dankbar, dass er die Hausordnung treu beobachtete und sowohl in der Der Ncgcrkiicibc Bajumi. 375 Schule als in der Wcrkstätte den Anforderungen seiner Vorgesetzten zu entsprechen sn chte. Als er dann unter die Katechumencn aufgenommen wurde, verlegte er sich mit erbaulichem Eifer auf die Erlernung des Katechismus, der unter den Untcrrichtsgcgen-ständcn unserer Negerschulen den ersten Platz einnimmt nnd wöchentlich dreimal ertheilt wird. Die Wahrheiten unseres hl. Glaubens machten auf sein noch unverdorbenes Herz einen erhebenden Eindruck. Dazu trug, wie er selbst 'bekennt, nicht wenig der feierliche Gottesdienst bei, der ja gerade dem Zwecke dient, dem Menschen durch Einwirkung auf seine Sinne die Erhabenheit und Göttlichkeit unserer hl. Religion begreiflich zu machen und der daher in der Colonic an den hohen Festtagen mit entsprechender Pracht und Würde und unter gewissenhafter Beobachtung der kirchlichen Ceremonien abgehalten wird. Bajumi ivar überdies nicht leichtsinnig und flatterhaft, er trug vielmehr in seinem äußern Benehmen einen gewissen Ernst zur Schau, wodurch er seiner Umgebung, wenigstens seinen Mitschülern Respect einflößte. Der mit dem katholischen Unterrichte betraute Missionär verwandte ihn daher mit Vorliebe auch dazu, den kleinern Negerknaben, welche des Lesens der arabischen Sprache noch unkundig waren, beim Auswendiglernen des Katechismus behilflich zu sein, welcher Aufgabe er sich mit unverdrossenem Eifer und auch mit verhältnismäßig gutem Erfolg unterzog. Wiederholt äußerte er den Wunsch, das Sacrament der Taufe, dessen Nothwendigkeit znm ewigen Heile er längst erkannt, empfangen zu dürfen. Dieser Herzenswunsch gicng am 9. September letzten Jahres, dein Feste des heil. Petrus Claver, in Erfüllung. Dem Wunsche eines Wohlthäters entsprechend erhielt er den Namen Franz Xaver. Sein Auge strahlte vor Glück, als unser hochwürdigstcr Herr-Bischof das Wasser der geistigen Wiedergeburt über sein Haupt nusgoss und ihn in den Schoß der Kirche aufnahm. Diese Gnade wurde noch dadurch erhöht, dass er am selben Tage das Sacrament der heil. Firmung cmpfieug. Ein gleicher Frcudentag war für ihn das Fest der Unbefleckten Empfängnis, da er an diesem Tage nüt mehreren anderen Negerknabcn zum Empfang der ersten feierlichen Communion zugelassen wurde. — Nun ist das Werk der Erziehung Bajumi ^ sozusagen vollendet. In der Schule hat er cs so weit gebracht, dass er in der arabischen Sprache lesen und schreiben kann. Nebstdem versteht er weiters die Elemente des Rechnens, soweit cs sein späterer Lc-bcnsbcruf erfordern mag. Dazu ist er ein angehender Schuster, was bei einem Neger wegen seines Hanges zum Müßiggänge und der Unbeständigkeit seines Charakters schon viel sagen will. Durch seine Leistungen im Handwerk macht er seinem Meister, einem deutschen Laienbruder unserer Mission, alle Ehre. So bleibt nur zu wünschen übrig, dass er auf dem Wege des Guten verharre und auch durch seinen spätern Lebenswandel bekunde, dass die katholische Religion wirklich irrt Stande ist, den Neger zu veredeln und ihm die Güter der wahren Cultur zu vermitteln. Rundschau in (Europa. Deutschland. Für bcn Bonifacius-Sammelvcrein zum Besten der Communicantcn- und Waiscn-An-stalten der Diaspora wurden während bc5 letzten Jahres 148.834-45 Mk. gesammelt. Zu dieser Gc-sammtsumme lieferten die höchsten Beiträge die beiden westfälischen Diöccsen, nämlich Münster mit 37.344-33 Mk. und Paderborn mit 35.17117 Mk.; Köln folgt mit 29.325-99 Mk. Asien. Vorderindien. Die Hiobsposten und Nothrufe aus Indien dauern immer noch fort. Unter anderem wendet sich auch die chrw. Mutter Provinzialoberin der Krcuzschwcstern an die „katholischen Missionen". Die Schwestern sind in verschiedenen Theilen Indiens, besonders in der Präsidentschaft Bombay, theils im Schulfach, theils im Spital- und Armendienste thätig. Unter den Schwestern befinden sich auch mehrere Deutsche. „Infolge der furchtbaren Hungcrs-noth, der Pest und anderer Heimsuchungen," schreibt die Schwester von Haus Asper bei Rhees (Rheinland) „befinden sich unsere Niederlassungen: ein Waisenhaus in Bandora, 300 Kinder umfassend, ein Findelhaus in Bombay und eine Zufluchtsstätte für dem Hungertode preisgegebene Kinder in Guzerat, in bedrängter Lage. Schon 3000 von uns im Laufe des Jahres getaufte Kinder find in den Himmel gegangen. Die Zahl der Hilfsbedürftigen ist so groß, dass die beschränkten Räumlichkeiten sie nicht zu fassen vermögen. Zwei unserer Schwestern wurden in ungefähr einem Jahre ein Opfer des Klimas sowohl als der ungesunden Wohnung". Lhina. Die Lage in China ist nach den „katholischen Missionen" noch sehr unklar. Einer Meldung zufolge hat eine Anzahl der Scheutvelder Missionäre die Reise in die Mongolei über Russland und Sibirien angetreten. Freilich sind die Verhältnisse der Mission nach den letzten Berichten nichts weniger als gesichert, da zahlreiche Räuberbanden sengend und brennend das Land durchziehen. Indessen machen jetzt wenigstens die Regicrungstruppen nicht mehr gemeinsame Sache mit diesen Horden, sondern schlagen sich mit ihnen herum. Eine Ursache des schrecklich um sich greifenden Räubcrunwesens ist die allgemeine Nahrungsnoth, die sich als naturgemäße Folge der bm Missionen. letzten Wirren und Kämpfe in den Nord- und Binncnprovinzen eingestellt hat. Selbst in dcr Maudschurci, wo die Russen mit starker Hand Ordnung zu halten suchen, geht abgesehen von den mit Garnisonen bedachten Städten, alles noch drunter und drüber und war au eine ernstliche Wiederaufnahme der MissionSarbeitcn, wenigstens vor einigen Monaten, noch nicht zu denken. Der Anblick der geschwärzten Ruinen, der vielen zum Theil herrlichen Kirchen und Anstalten, die so viele Mühe und Opfer gekostet, ist herzzerreißend. Furchtbar sind die Verluste, welche die Mission von Südtscheli zu verzeichnen hat. Vor der Verfolgung zählte daS Vicariat, eines dcr blühendstcn in China 50.575 Christen, 5104 Kate-chumcncn, 674 Kirchen und Kapellen, 55 Priester (16 Chinesen) 447 Katechisten (davon 220 Lehrer), 285 gottgeweihte Jungfrauen, die in den Schulen und im Krankendienst überaus segensreich wirkten, 5 Normalschulen, 221 Knaben-, 209 Mädchenschulen mit ungefähr 4500 Kindern, 8 Waisenhäuser, 88 Armenapothckcu usw. Von dem allem ist nur ein kleiner Rest übrig geblieben. Die Zahl der Ermordeten konnte noch nicht genau festgestellt werden. Gewiss aber ist, dass die Wohnungen von wenigstens 30.000 Christen zerstört und ihr Hab und Gut geraubt ist. Dazu kommt das sittliche und geistig Elend, das durch die Unterbrechung des Missionse wertes und die furchtbare Nothlage über so viele-gekomrncn ist und kommen wird, wenn nicht bald ruhige Zeiten wiederkehren, was jedoch nach den neuesten Berichten nicht so bald zu erwarten ist; hingegen sprechen alle die Besorgnis aus, dass ein neuer Ausbruch der Volkswuth und des Fremdenhasses bevorstehe. Noch im Juli kam die Nachricht von dem Ueberfall des Christendorfes Tsarchnan, etwa 100 Lis westlich von Tsinin (Süd-Schantnug), wobei 6 Christen ermordet, die Wohnungen und das Kirchlein verbrannt wurden. Armenien und Kurdistan. Erfreulich sind die Nachrichten, die aus diesen Gebieten kommen. P. Galland, Oberer der Dominicaner-Mission, berichtet aus Wan, dass in letzter Zeit 22 ncstorianische Dörfer der Districte Wan, Serai, Norduz, Mahmudie, Lervin mit zusammen 2400 Seelen ihren Anschluss an die katholische Kirche erklärt hätten. Aus dein Districte Gaver, werden 697 Bekehrungen gemeldet. Der Obmann des Gelostammes, Melik Benjamin, ist katholisch geworden, und der Staunn der Baz Rundschau in beit Missionen. 377 habe sich für die Rückkehr zur katholischen Einheit entschlossen. Leider ist auch der Abfall besonders zur russisch-schismatischen Kirche erheblich. Afrika. Westafrika. Apostolische P r ä f c c t u r K a -m e r u n. Elf Jahre sind bereits verflossen, seitdem diese Mission eröffnet wurde. Manches Opfer und manchen Schweißtropfen hat das Werk gekostet. 15 Missionäre und eine Schwester starben in der Blüte der Jahre dahin, andere mussten nach Deutschland zurück, um dein drohenden Tode zu entgehen. Aber die Opfer wurden belohnt; von einer Reihe blühender Stationen aus wird heute christliche Gesittung und Cultur verbreitet. In Marienberg wirken ge-gcnwärtig 2 Priester, 3 Brüder und 3 Schwestern. Bereits empficngcn hier 2150 Katechumencn die hl. Taufe. In der gutbcsuchten Knaben- und Mädchenschule und in den 12 Ncbenschulcn werden die Kinder in der christlichen Religion unterrichtet, lernen Lesen, Schreiben und Rechnen, die Knaben erhalten Anleitung in den verschiedensten Handwerken, die Mädchen in den HaushaltungSarbeitcn. Die von dieser Station aus unternommene Bekehrung des Baschwir-stammes hat einstweilen geringere Erfolge auszuweisen als an anderen Orten Doch mehren sich die Bekehrungen von Jahr zu Jahr, so dass auch dieser Stamm in nicht allzulanger Frist sich dem Christen-thume unterwerfen wird. — In Edca arbeiten ein Priester und drei Brüder, 20 Nebenschulen unterstehen dieser Missionsstation und seit einem Jahre verfügt dieselbe auch über ein Schwesternhaus. — Kribi hat sich allmählich wieder erholt und zählt gegenwärtig 9 Nebenschulen. In Großbatangc wurde im vorigen Jahre ein neues Missionshaus gebaut sammt Schule, Küche, Vorrathskammern und Stallungen. Die Veranlassung zu dieser Neugründung gab der Rückgang der amerikanischen presüyteranischen Secte, die früher das Feld behauptete. Um nun gleich beim Rücktritt derselben an Ort und Stelle zu sein, haben die Pallotiner diesen Posten gegründet. Der mächtige Häuptling Bobala ist der Mission wohlgesinnt, und seinem Einflüsse ist es zu verdankest, das gegenwärtig 80 Kinder die Schule besuchen. Getauft sind bisher nur einige Knaben und mehrere Erwachsene. — Der Mittelpunkt der Colouie ist Kamerun-Stadt. Diese im Jahre 1898 neuerrichtete Station mit Kirche, Schule und Schwesternhaus weist gute Fortschritte auf. 115 Knaben besuchen die Schulen der Hauptstation; 65 Kinder werden in der Schwcstcrnstation unterrichtet. — Von der Gründung unter dem Jauudevolke haben wir schon füher berichtet. Togo. Wie in Kamerun schreitet auch in Togo die Missionierung stetig voran. Hauptsächlich sind es auch hier die Schulen, durch welche die Missionäre immer mehr Feld gewinnen. Der hochw. P. Bauer schreibt: „Die Zahl der Kinder, welche sich zum heil. Wcihuachtsfcste hier (Porto Seguro bei Kleiu-Popo) eiufinden ist bisher stetig gewachsen und sie wird immer größer, wenn dem jetzigen Verlangen vieler Gemeinden nach Schulen entsprochen werden kann. Es macht nämlich an einigen Orten der Umgegend ein besonders reger Eifer sich bemerkbar, wie folgendes zeigt: In Adjome-Gbalugble (1132 Einwohner), Wogba (1235 (Simo.) und Elpne (820 Einw.) haben sich die Familienhäupter bereit erklärt, Schulest von 15 Nieter Länge und 5 Meter Breite aufzuführen. Diese Gebäude sollen auch für den zeitweiligen Gottesdienst benutzt werden.'Die Dorfältesten haben ihr nicht geringes Interesse dadurch bekundet, dass sie in einer großen Rathsversammluug beschlossen, den Bau unentgeltlich aufzuführen, die Missionäre sollen nur das Holz liefern. An allen drei Orten erheben sich die Wände schon mehr als 2 Meter über den Boden, und der Fleiß der theilweise betagten Männer ist bewunderungswürdig. Gegen 40 Männer sicht man mitunter beschäftigt, um mit kllinen Hacken und den Füßen den Lehm vorzube-. reiten. Wenn Fetischlcute den Plan nicht mehr vereiteln, sind alle drei Schulen in einigen Wochen fertig. Der vierte Ort, der nach den vorherigen Bedingungen eine Schule bauen möchte, ist der nicht unbedeutende Marktplatz Seva. In Anjorolope haben wir vor drei Wochen ebenfalls einen Versuch mit der Schule gemacht. Bisher fanden sich 80 bis 100 Kinder regelmäßig in der Palavcrhalle ein, die uns vorläufig als Schule zur Verfügung gestellt wurde. Vor einigen Tagen konnte ich mich von ihrem Interesse überzeugen, obwohl kein Schultag angesagt war, waren über 70 Kinder anwesend. In Woga war der Versuch ebenfalls günstig ausgefallen, es kamen stets 50 bis 80 Kinder. Abejsynien. Die - Lazaristen, welche Anfang dieses Jahres durch die Ränke des ObcrhäuptlingS der Provinz Agamnin, Dedschatsch Hagos, »ach kaum zweijähriger Thätigkeit das Land abermals verlassen mussten, wurden durch persönliches Eingreifen Me-nelikS, der sich bckanntcrweise den Missionen schon des öfteren ivuhlwolleud erwiesen hat, wieder zurückberufen. Nach den „katholischen Missionen" geben wir hier das RückbcrufnngS-Decrct in seinem Wortlaute: „Vielt Leo de tribu Juda (ES siegte der 378 Rundschau in beit Missionen. Löwe vom Stamme Juda) Meuelik II., Erwählter des Herrn, König der Könige von Aethiopien au den Vater Johannes! Wie befinden Sic sich? Mir geht es, Gott sei Dank, gut. Ich kann die Quälereien, denkn Sie ganz gegen meinen Willen ausgesetzt sind, nicht verstehen. Bleiben Sic an den Plätzen, die Sie mit meiner Einwilligung besetzt hatten. Damit Sie nicht mehr beunruhigt werden, habe ich dem Ras Hosts meine Instructionen ertheilt. Setzen Sie sich mit ihm inS Einverständnis. Gegeben am 16. Myazia im Jahre der Gnade 1893 (24. April 1901)." Amerika. vereinigte Staaten. Stets trauriger gestaltet sich die Lage der Indianer in den Vereinigten Staaten. Zwei Dinge sind es hauptsächlich, welche aus den Briefen der Bischöfe und Apostol. Vicare folgen: einerseits die ungerechte Politik der Regierung, welche die Gewissensfreiheit und die verbrieften Rechte der Indianer mit Fähen tritt und andererseits der Mangel an thätiger Unterstützung der Indianer-missionen seitens der amerikanischen Katholiken. Das Gesammtergebnis der 1900 für die amerikanischen Neger- und Jndianermissionen gesammelten Gaben betrug spärlich 80.000 Dollars (320.000 Mk.). Bischof O'Dea von Nesqually schreibt z. B.: „Die alten Indianer bleiben durchweg dem Glauben treu und sind musterhaft in der Ausübung ihrer Religion." Die Kinder aber seien großen Gefahren ausgesetzt, da es an Schulen fehle. Die Okanayan - Jakima-Stümme bäten dringend um Schule und Kirche und stellten freiwillige Frohnarbeit in Aussicht. Die Mission von Vancouver Island, klagt Bischof Qrth, seufze unter ihrer schweren Schuldenlast Mehrere Jndianerposten mussten aufgegeben werden und wurden sofort von den Protestanten (Methodisten) besetzt, die alles aufbieten, um die mühevolle Arbeit von 30 Jahren zu zerstören. Nicht nur die Bundesregierung, klagt Bischof Meerschwert vom Indianer-Territorium, sondern auch die protestantischen Localbehörden nehmen gegen die katholische Mission vielfach eine feindselige Haltung ein. Dank der Opferwilligkeit seiner Priester, die ihren letzten Pfennig der guten Sache opferten, halte man sich über Wasser. Kanada. Im Gegensatz zu der nordamerikanischcn Regierung behandelt die britische Regierung in Kanada die Indianer mit viel größerer Billigkeit. Sie unterstützt ohne Unterschied der Confession 287 Indianer-schulen, darunter 22 Gewerbeschulen. Von denselben gehören 100 den Katholiken, 94 den Episcopalcn, 41 den Methodisten, 14 des Presbyterianern, 38 verschiedenen freien Genossenschaften an. Auch hier geht die rothe Rasse, wegen der starken Einwanderung und Vermischung, langsam und unaufhaltsam dem Aussterben entgegen. (Dccaniett. Salomonsinseln Die neue Maristenmission auf den deutschen Salomonsinseln scheint einen guten Fortgang zu nehmen. Bereits ist eine Reihe von Posten gegründet. Der Anfang wird auch hier mit den Kindern gemacht, da mit den Erwachsenen wenig anzufangen ist. „Anfangs", so schreibt ein Missionär, „hatten die Kinder vor den bärtigen weißen Männern große Furcht. Das ist nun anders geworden. Die Furcht ist verschwunden; wir sind ihre Freunde und hoffen es . ihnen bald dadurch beweisen zu können, dass wir sie zu Christen machen. — So scheint die Stunde der Gnade für diese einst so rebellischen Wilden geschlagen zu haben." Nus dem Misstonsleben. Aoö öes Wegerkinöes. (Aus „Btecresstern “) h, roic heiß ist dieser Wind, der von der glühenden Ebene herweht — er dringt überall ein — gleitet sogar bis in die Säle des Hospitals. Die Kranken öffnen ihre trockenen Lippen gierig nach Kühlung und verzehrt vom brennenden Fieber ächzen sie aus verschmachtenden Kehlen. Er ist lang — dieser eintönige Tag, und noch schrecklicher ist die Nacht ohne einen Luftzug, in dem sich die Hitze der Sterbenden kühlen könnte. Unter den Fenstern der Veranda liegt der Ozean ivie ein großer silberner Spiegel, aus dem die Sonnenstrahlen blitzende Funken locken. — Der Negcrknabe liegt auf seiner Matte, müde ausgestreckt — eines seiner Beine ist leblos, ohne Kraft. Vor fünf Monaten hat er die Schwelle des Spital überschritten, seit fünf Monaten hat er sein Schmerzenslager nicht verlassen. Als er kam, öffneten sich die Blumen unter dem Fenster — jetzt sind sie todt. Das Nest, in dem die kleinen Vöglcin zwischertcn, ist leer — längst schon hat die Stutter den Flug der Jungen nach anderen Gcgcndeil geleitet. Aber er, dieser arme Vogel der Wildnis, das Kind der Freiheit, liegt mit gebrochenen Flügeln da — er hört glcichgiltig die Uhren schlagen, denn der Verlauf der Stunden bringt keine Veränderung für ihn. — Geheilt werden! — wie hatte er es gehofft! Und jetzt------- Während die Mosquitos ihr eintöniges Lied erschallen lassen, liegt der Knabe mit geschlossenen Augen da und sucht nach Erinnerungen. Wie schön, wie lieb scheint ihm das kleine Haus, von Grün bewachsen, wo seine Augen sich dem Licht geöffnet hatten! Er meint die Stimme seiner Stutter zu hören, die kräftige Gestalt seines Vaters zu sehen und das Lachen, der Lärm, die Freude seiner Geschwister klingt ihm in den Ohren. Aber wie kürz war daS alles, wie rasch vorüber! Die einfachen Waldbemohner hatten erfahre», dass die Schwärzet: in den Städten der Weißen Gold gewinnen konnten und schöne Dinge und Palmwein. Und sie sagten ihren dunklen Bäinnen Lebewohl und der Häuptling führte die Frauen und Kinder der Küste zu. Es war eine lange und ermüdende' Reife, voll Mühseligkeiten und Schmerzen. Welch maßloses Erstaunen, als sie die erstetn Weißen sahen — diese Menschen mit blassen Gesichern, wie verblichene Blumen, mit fremden Kleidern und unverständlicher Sprache. Der Negerknabe hatte gelacht über diese Fremden aus einem fernen Lande, die nicht an den Palmen emporklettern konnten, noch sich im Gras verstecken, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Er hatte gelacht — aber wehe! Die Weißen haben Soldaten, sie haben Gold, und damit wissen sic die armen Schwarzen zu fangen — der kleine Kranke öffnet die Augen. Die Dämmerung fällt rasch, aber die Luft ist noch immer brennend heiß- — Er ist ja auch bei den Weißen. Sein Vater, seine Mutter, wo sind sie? Eine Negerfamilie ist rasch zerstreut. Kaum ist das Kind zu irgend einer Arbeit fähig, so wird es sich selbst überlassen — die Eltern lehnen von da an jede Verpflichtung ab. Das arme Kind ist ohne Führung aufgewachsen, sich an jedem Stein auf seinem Wege stoßend, ohne an eine Zukunft zu denken, nichts wünschend als wenig Reis und einen Sternenhimmel, um darunter zu schlafen. — Plötzlich sieht er sich — und die Erinnerung macht ihn zittern — zu Boden geworfen, wie zerschlagen, verlassen. Er wirr einigen Arbeitern gefolgt in ein ihm fremdes Haus, — jenes Haus, in dem sich der Verdienst des Tages in Getränke verwandelt. Hier sah er, ivie sie sich drängten und stießen und nicht nur Palmwein, sondern Branntwein verlangten, das feurige Wasser, das die Weißen ins Land gebracht haben. Auch er tauchte seine Lippen in die helle Flüssigkeit. Der Kopf wurde ihm schwer, und er sah nur wie durch einen Nebel hindurch, was ringsum vor sich gieng. Die aufgeregten Neger, in Streit gerathend, mit verzerrten Gesichtern und zum Kampf ausgestreckten muskulösen Armen — die Flaschen, die durch die Luft flogen, das Blut, daS zu fließen an-fieng — Wuthgeschrei und Toben. Er versteckte sich zitternd unter einen Tisch und horchte entsetzt auf den Lärm der fallenden Hiebe, des keuchenden Athems. Plötzlich tönte ein Schlag — etwas fiel schwer auf ihn — er fühlte sich in einem warmen Strom ge- 380 Aus bent Misst ausleben. badet, wollte rufen, aber die Augst schnürte ihm die Kehle zu. Endlich verstummte der Lärm, die Kämpfenden hatten das Hans verlassen. Das Kind wollte entfliehen. Aber bei der ersten Bewegung suhlte es einen heftigen Schmerz in einem Bein und fiel bewusstlos zurück. Als er erwachte, fand er sich im Spital wieder das arme Bein und Knie in Schienen, mit schmerzendem Kopf. Neben ihm saß eine weiße Frau mit weißen Kleidern. Ihre Augen waren gut und wenn sie dem Knaben die brennenden Lippen anfeuchtete, überkam ihm ein Gefühl des Wohlbehageits. So gut hatte ihn nicht einmal seine Mutter gepflegt. Aber so vergoldet der Käfig auch sein mag — der Vogel verlangt nach Freiheit. Der Kranke seufzt danach — er findet seine Unbeweglichkeit schwer zu ertragen. Zweimal schon haben die Aerzte seine Glieder gebrochen, um die Knochen wieder an die richtige Stelle zu bringen — ■ vergebens. Sie haben keine Hoffnung mehr für ihn. Er weiß es nicht — er strebt nach Leben, Freiheit und Bewegung und mit Ungestüm verlangt er einen dritten Versuch. Bei diesem Verlangen lächelt der Arzt und sagt leise, zu der Franciscanerinnen - Missionärin, die das Kind hält: „Er hat die Kraft nicht dazu. Sorgen Sie, dass er isst und Muth bekommt." Die Klosterfrau sucht zu gehorchen, aber der Kranke stößt die Nahrung zurück, er wird zornig, weint. Mit sanften Worten sucht sie ihn zu trösten — sie spricht zu ihm von dem glücklichen Land, wo man nicht mehr leidet, wo die Guten ewig selig sind — sie erzählt ihm von dem, was Gottes Sohn gelitten hat. Die Worte dringen an seine Seele — er beruhigt sich, gehorcht, und wenn er allein ist, sucht er in den Sonnenstrahlen die EngelSslugel zu sehen, die nach dem schönen Paradies fliegen. Aber in der Nacht vergisst er es wieder — da denkt er nur, dass er gehen will und am Morgen verlangt er mit gleichem Ungestüm die Operation. Seine Stirne brennt im Fieber, seine Augen sind hohl. Man fühlt Mitleid mit ihm und sucht ihn zu täuschen. „Schlafe, Kind — mache die Augen zu — du sollst haben, was du verlangst." Der Knabe streckt sich sofort aus, strahlend von Hoffnung. Der Arzt beginnt eine scheinbare Opera- tion. Er drückt die kalten Instrumente gegen das abgezehrte Fleisch, presst und massiert das Bein und verbindet es mit festen Verbänden. Dann sagt er lächelnd zu dem Sterbenden: „Iss jetzt und habe Muth — deine Leiden sind bald vorüber." Das Kind betrachtet mit Freude die umherliegenden Instrumente — diese scharfen Schneiden, vor denen die tapfersten zittern — er möchte sie küssen ans Dankbarkeit. Plötzlich verschleiert sich sein Blick — die Thränen stürzen ihm aus den Augen — mit trostloser Stimme ruft er: „Ihr habt mich getäuscht! wo ist das Blut? nein, nein, ich werde nicht gesund werden!" Er reißt die Verbände ab, er weint und sein ganzer Körper zittert. Er hat begriffen, dass alles für ihn zu Ende ist. Mit 13 Jahren — cs ist hart! — Aber plötzlich kommt ihm ein anderer Gedanke. Die Thränen versiegen — er streckt die Arme nach der Klosterfrau ans und sagt ihr leise: Ich werde sterben — ich werde in Deinen Himmel gehen." Wer hat ihm dies eingegeben? Wer ihm den Schrecken des Todes genommen — wer ihm die Hoffnung des ewigen Lebens eingeflößt? Sie fallt auf die Knie. „O Herr, Deine Wege sind wunderbar und Deine Güte ohne Maß!" Von jetzt ab träumt das Kind nur mehr vom Himmel — es verlangt jene Taufe, welche die Pforten öffnet. — Und das große Wunder vollzieht sich an ihm. Der Sclave des Satans ist verschwunden und an seine Stelle ist ein Kind Gottes getreten, das mit dem Blute Christi erkauft ist. Er heißt Raphael. Der Himmel ist wie von glühendem Erz — der Wind von der Wüste her weht sengend — die die Wasser flammen rot unter der sinkenden Sonne. Die Kranken klagen. Der schwarze Knabe jedoch lächelt. Er lächelt den Engeln entgegen, die ihn erwarten. Noch einige Augenblicke und die Sonne ist verschwunden — Raphael seufzt leise — ein großer Frieden breitet sich über sein Gesicht. Die Klosterfrau drückt ihm sanft die Augen zu. Aus ihrer, froh bewegten Seele ringt sich das Loblied empor: Lobet, o Kinder, den Herrn! Aus bent Missionsleben. 381 Aev Kewrnrr öes Ktcrubensboten. ^>er Araber, seinem Wesen nach religiös, verachtet ^ den Europäer, der ohne Cultus und ohne Gott ist, und schenkt sein volles Vertrauen demjenigen, der gewissenhaft den von der christlichen Religion auferlegten Pflichten nachkommt. Eine Missionsschwester berichtet über eine Reise, die sie mit inchreren Mit-schwcsteru und in Gesellschaft einer Karawane von Arabern in Mzab mit Rande der Sahara machte: Omar, ein Araber, hatte bemerkt, dass die religiösen Uebungen einen großen Theil des Tages bei uns in Anspruch nahmen, und naiv äußerte er folgendermaßen seine Bewunderung: „Du, Schwester, Du „Ich", sagte er einmal, „ich ziehe immer Nutzen von meiner Reife; und Ihr, was gewinnt Ihr dabei?" Dieser Gedanke kam mir so drollig vor, dass ich ein Lächeln nicht unterdrücken konnte. Ich antwortete ihm, dass, wir nicht um Geld zu gewinnen, reisten, da nahm er eine Miene an, als ob er sagen wollte: Machen sie das einem andern weiß, aber keinem Kaufmann aus Ghardaia. „Höre", begann er wieder, „was ich Dir jetzt sage: „Ich verkaufe Datteln, und kaufe Wolle . . . die Wolle ist für mich; ich verkaufe Körbe, und kaufe mir einen Burnus . . . der Burnus ist für mich. Grab Napoleons auf Helena. nimmst Dein Buch und liest; Du nimmst Deinen Rosenkranz und betest; Du sprichst gut, Du wandelst auf rechtem Wege." Aber ein anderer Gedanke ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Jeder der Reisenden verband mit der Reise einen materiellen Zweck: ein kranker Greis war in Djelfa ausgestiegen, um dort von seinen Kindern Pflege zu genießen; ein Jude schloss in den verschiedenen Gastwirtschaften Handelsverträge ab; Omar-selbst reiste geschäftshalber, ein Graf für sein Vergnügen, der Diener folgte seinem Herrn . . . abcr wclchcn Zweck mochte die Schwester mit dieser Reise verbinden? Du aber, Du reisest, Du ermüdest Dich, Du gibst Almosen . . . waS fällt da für dich ab?" „Die Freundschaft Gottes und das Paradies, wenn ich ihm gut gedient habe, verstehst Du?" „Ein ivcnig, nur ein klein wenig." Einen Augenblick später kommt er auf seine fixe j Idee zurück und sagt: „Aber, höre einmal, Du verdienst doch täglich für Dich tvenigstens fünf Franken?" „Weit entfernt, für mich etwas gewinnen zu wollen," antworte ich, „habe ich vielmehr den Armen das Geld gegeben, welches ich früher besaß." „In diesent Falle," erwiderte ganz vcrduzt der arme Omar, verstehe ich gar nichts mehr." Vermischte Nachrichten. *egp>H ^ Eine Bitte ans unserem Missionshmise. Ein Vater machte mit seinem elfjährigen Sohne, einem muntern, talentvollen Knaben, durch seine Aecker und Wiesen einen kleinen Sonntagsgang. Es war mitten im Mai, alles stand in Grüne und Blüte, die junge Vogelwelt war wie eben ans dem Ei gekrochen. Auf den Zügen des Vaters spiegelte sich die ungetrübte Freude eines guten Gewissens, der Schimmer einer reinen Seele, der Ansdruck eines guten Herzens wieder. Aber das kleine Herz des Knaben war nicht so ruhig, es scheint ein Geheimnis zu bergen, eine drückende Sorge scheint aus seinem unsichern Blick zu sprechen, doch ein fester Schwertstreich entscheidet den Kampf; er tritt hin zum Vater und sagt ihm etwas erregt, er möchte so gerne Priester werden, er möchte Studieren gehen. — „Ja, ja", meinte der Vater, „schön roär’s schon, — aber ’s Geld! Weißt, ’s Studieren greift tief in den Säckel! — — — Nun gut, es sei! Was ich kann, das werd’ ich thun; vom eigenen Mund will ich’s absparen, das klebrige wird schon Gott besorgen." Und wie er noch so redet, begegnet ihm ein Kleinbesitzer aus der Nachbarschaft, der gerade nichts Wichtigeres zu thun weiß, als ebenfalls über Geld und Geldnoth zu klagen. Sein Haus ist zum zerfallen alt, tagtäglich muss er fürchten, dass ihm das ganze Gerüst über dem Kopfe zusammenkracht. Jetzt soll er bauen, muss bauen und hat kein Geld! „Es ist wohl richtig wahr," entgegnet ihm der Vater des angehenden Studiosen, „die ganze Welt ist ein Golgatha voll Kreuz und Leid. Gestern hat sich der Singbauer bei mir beklagt, dass er rein nicht mehr weiß, wo er ’s Brot hernehmen soll für sein Dutzend Kinder. Steuerzahlen sollte er auch, und dabei war’s bald nothwendig, das Steueramt brächte ihm ein Geld." — Lieber Leser! Nimm nun diese Geldverlegenheiten, diese drei Episoden aus dem ländlichen Leben zusammen, und du hast dann, wenn auch ein kleines, so doch ein ganz treffendes Bild von unserer kritischen Lage. Auch unser altes Haus bekam schon einen Theil seiner Beleuchtung durch die Ritzen und Spalten der Mauer; auch wir mussten bauen und haben gebaut, und zwar ein großes, schönes Haus, ganz, wie es dem hohen Zwecke entspricht. Aber nicht so sehr mit Geld haben wir gebaut, als viel- mehr im Vertrauen ans Gott und unsere guten Landsleute. Das Haus steht nun da . . . aber ’s Geld? Auch wir haben Studenten, nicht nur einen, sondern gar viele; wir fühlen cs gar bitter, dass das „Studieren gar tief in den Säckel greift". Vom Munde können wir uns auch nichts absparen, weil wir ohnedies nichts zum absparen haben. kind wir haben nicht nur ein, sondern sieben Dutzend und noch mehr zu ernähren; wo aber das Brot hernehmen, wenn es an Geld uns mangelt? Das neue Haus zwar ist vollgefüllt mit jungen Leuten vom ersten Platze bis zum letzten, die Lasse aber ist leer! Ja, wir könnten noch zufrieden sein, wenn es nur so und nicht noch schlechter wäre! Da nun liegt es in eurer Hand, uns zu helfen. Wir können nicht mehr thun, wir haben das unsrige gethan, wir haben uns selbst geopfert für diesen so hohen aber auch schweren Beruf; was darüber hinausgeht, müssen wir in euere Hände legen. Und da wir Deine Söhne sind, katholisches Oesterreich und Deutschland, so wenden wir auch unsere Augen vor allem auf D e in e Leute. — Ja, ihr seid es vor allem, auf die wir unsere bittenden Blicke richten und mit Recht richten, denn es ist beinahe kein Land in der Monarchie, das nicht seine Vertreter da hätte, vom Nordrand derselben, vom böhmischen Erzgebirge, bis hinab zur wellenden Adria, hinein in die kalkgc-tünchten Karstschlnchten des halbwilden Bosniens; und vom Südrand der Karpathen, von Rumänien bis zu den eisumkränzten Felsenhäuptern der freien Schweiz; ja noch darüber hin, über ganz Bayern hin bis zum stolzen Rhein. Von all diesen Ländern sind Berufene hier: da siehst du eine muntere Schar braver Zöglinge, die muthig und freudig die liebe Heimat, ihre Eltern und kleinen Geschwister verlassen haben, und dem Rufe des Herrn in ein fernes fremdes Land gefolgt sind; und wenn du einen Blick in die Kapelle wirfst, so siehst du da die andächtigen Reihen der Novizen, die sich ganz der Ausbildung der Seele hingeben, um so würdige Werkzeuge des göttlichen Meisters zu werden. Den eigentlichen Kern des Hauses endlich bilden die Professen oder wirklichen Ordcnslcute, die nur durch Arbeit oder Vollendung der Studien von ihrem heißersehnten Ziele, dem seelenreichcn Afrika, ferngehalten sind. Und dieser aller Augen blicken auf euch, liebe Landsleute! Aber nicht nur diese, nein, Vermischte Nachrichten. 383 der ganze ägyptische Sudan, was auf deutsch soviel heißen will, als 40 — 50 Millionen Seelen; diese alle sind noch zu retten! Ja, der Kampf beginnt schon zu entbrennen! Es ist ein Kampf zwischen Leben und Tod, zwischen ewige m Leben und ewig e m Tod, es ist der Kampf mit der Hölle! Und seht, wir, die Gott zu Streitern auserkoren, wir haben nicht die Mittel, uns zu rüsten! O, wenn ihr doch, die ihr Christen seid und euch Christen nennt, wenn ihr doch die Lage erkenntet, in der wir jetzt sind! Ich meine, ihr müsstet dann helfen! Euer Herz, euer Edelsinn, er müsste euch antreiben, mit c t iv a s wenigstens, wenn es auch nur den Namen von Hellern trägt, uns zu unterstützen. Wenn aber dein Herz noch nicht entschlossen ist, dann denk nochmals recht ernst darüber nach, lies c§ dann nochmals durch — und auch zum drittenmal — und dann, dann, mein ich, d r i n g t' s zu m Herz e n ! Markt in Urundi. Heute will ich den Leser einmal auf dem Markte herumführen, der hier in unserem Lager selbst jeden Morgen abgehalten wird, seitdem die Leute in der ganzen Nachbarschaft wissen, dass sie an uns etwas verdienen können. Ganz in unserer Nähe steht unsere Nachbarin, eine gutmüthige aber putzsüchtige Negerin, die eine Schüssel voll süßer Pataten feilhat. Ihre Ware ist nicht, was man Primaqualität nennt, denn die Früchte sind nur fingerdick. Aber weil wir bei andern Verkäufern nichts besseres finden, bieten wir ihr für 2 Kilogramm Pataten 2 Schnüre dünner Glasperlen, die einen Gesammtwert von 10 Pfennigen haben dürften. Recht gern gibt sie sich mit diesem Angebot zufrieden und freut sich ungemein über diesen für sie so vortheilhaften Tausch. Ein wenig weiter steht ein Mädchen mit Sorgho-mchl, etwa ein Kilogramm. Mit zwei Schnüren ist sic überglücklich und läuft eilig nachhause, die schönen rothen Perlen ihrer Mutter vorzuzeigen. Hier wartet ein stämmiger Neger auf einen Kaufmann für sein Bündel Brennholz. Drei Schnüre Glasperlen — mehr fragt er nicht für seine Ware. Sobald er dieselben empfangen hat, eilt er heim, um am nächsten Tage auf's neue sein Glück zu versuchen. Erdnüsse gibt es in dieser Gegend augenblicklich wenig, so kommt cs, dass ich Tauschivaren im Werte von 20 Pfennigen für ein kleines Körbchen voll geben muss. Grüne Bananen zum Kochen sind wohl-feiler; für ein Kilogramm derselben fragt man nur 5 Perlenschnüre, also 25 Pfennige. Unser Nachbar ist auch auf betn Markte erschienen, aber weil er mit leeren Händen dasteht, frage ich ihn scherzweise, tvas er uns denn verkaufen tvolle. Und ganz einfach erklärte er, er wolle für eine einzige Schnur Wasser holen, Wasser für uns, für unsere Küchenbutschen, für Maria, die Frau des Tavcrio, soviel man sich nur wünscht, klares Wasser, frisch aus der Quelle. Was könnte man sich noch mehr wünschen? Da steht wieder eine tvohlgenährte Negerin, die uns einen Krug Pombe verkaufen möchte. Sie fragt nur 5 Perlenschnüre für das kostbare Gebräu, das ihrer Aussage nach recht kräftig und nahrhaft sein soll. Um ihre Behauptung glaubhaft zu machen, lässt sie uns in den Krug hineinblicken und wirklich: ein haariger Schimmel bedeckt die breiige Flüssigkeit und zeugt davon, dass es echtes, altes „Lagerbier" sein muss. Trotz der guten Qualität des Zeuges lehnen wir dennoch ab, da wir noch geitug Pombe besitzen, die uns geschenkweise gebracht ist. Eine hagere, ältliche Frau hat ein Paar Hühner im Korbe, die auch verkauft werden sollen. Wir nehmen einen schönen Hahn heraus und fragen, für wieviel sie uns denselben lassen will. „Zwei Schnüre, Bawna", sagt die Alte und dcQKauf ist geschlossen. Theuere Artikel, ivie Ziegen, Schafe, Kühe und Ochsen, würden wir mit Baumwollenzeug kaufen müssen, aber solche Thiere werden einstweilen noch nicht auf den Markt geführt, weil ein jeder, der Augen hat, sehen kann, dass >vir noch keinen Mangel an Vieh haben. So sieht man, dass die Warundi, wenn sie bisher auch noch keine rechten Handelsleute sind, dennoch Anlage dazu zu haben scheinen. Deutsche Strasze tu Afrika. Der Bau einer deutschen Verbindungsstraße zwischen dem Tanganyka und Nyassa-See schreitet rüstig vorwärts und ist zu zwei Drittel beendet. Es wird von beiden Endpunkten aus gearbeitet, und zwar ist man von Bismarckburg, dem Südende des Tanganyika aus bereits bis zum Saisfi-Flusse mit dem Bau der Straße vorgedrungen, während vom Nyassa aus die Straße bis zum Rungwe-Berg fertiggestellt ist. Die Straße besteht aus Lehm mit Lava-Schüttung, ist sehr breit und führt durch herrliche landschaftliche Gegenden. Die paralelk mit dieser neuen Straße laufende auf englischem Gebiet befindliche Stevcnson-Road tvird ihrer schlechten Beschaffenheit und des dort sehr schwierigen Geländes wegen selbst von englischen Transporten kaum mehr benutzt. Der weise Kadi. Die orientalische Justiz scheint noch immer nach salomonischen Recepten ausgeübt zu werden. Jüngst erkrankte in einem kleinen marokkanischen Hafenorte ein Eingeborener Sein Nachbar, ein großer Mcdiciumann, verschrieb ihm als Heil- mittet ein weißes Pulver, das bei einem Händler im Öertdjen zu haben war. Die Wirkung des Mittels tiefe nicht fange auf sich warten: der Kranke verschluckte das Pulver und war auf der Stelle todt zum größten Entsetzen des Arztes und der Verwandten des Opfers, die den Apotheker beschuldigten, statt des Heilmittels ein Gist verkauft zu haben und ihn vor Gericht citierten. Der Kadi verlor keine Zeit und zerbrach sich nicht. erst den Kops darüber, ob die verabreichte Medicin wirklich ein Gift war oder nicht. „Allah wird richten!" erklärte er und besaht dem angeklagten Apotheker, auf der Stelle eine gleiche Dosis von dem weißen Pulver zu verschlucken. — „Wenn du stirbst", sagte er, „bist du schuldig, wenn du aber leben bleibst, bist du rein und wirst nicht bestraft werden." — Der „Reveil du Maroc", der diese Geschichte erzählt, sagt leider nicht, ob der Angeklagte gestorben ist oder noch lebt. Ueber die Gegenwart und Zukunft Teutsch-Sauioas spricht sich R. Deeken, welcher die Inseln kürzlich besuchte, recht günstig in der „Colonialen Zeitschrift" aus. Die Erträgnisse an Kopra würden regelmäßig steigen, da jeder eingeborne Landbesitzer durch Gesetz verpflichtet worden sei, alljährlich mindestens 50 Kokospalmen zu pflanzen. Durch diese Maßregel sei zu erwarten, dass sich die Kopräerträge nach 13 Jahren etwa verdoppeln, nach 20 Jahren etwa verdreifachen werden. Die größten Aussichten jedoch verspricht er sich von der erst in den letzten Jahren angefangenen aber sich außerordentlich günstig entwickelnden Cacaocultur. Die letztjährigen Ernten waren noch jeder Richtung hin zufriedenstellend, und samoanischer Cacao hat aus dem Markte die höchsten Preise erzielt. Auf der Cacaocultur beruht ein großer Theil der Zukunft Samoas, da dieselbe Kleinbetriebe gestattet, zu deren Anfang verhältnismäßig kleine Capitalien genügen. Gutes Cacaoland ist noch in Unmassen und zu billigen Preisen (6—8 Mk. pro Acre) zu haben. WaS jedoch auf Samoa fehlt, sind solide, deutsche Colonisten. 2000 Dollar (8000 Mark) sind im allgemeinen hinreichend, um einem fleißigen, arbeitsamen Einwanderer nach einigen Jahren nicht nur ein gutes, sondern ein reichliches Einkommen zu garantieren. Ja, ich möchte sogar behaupten, dass ein an Arbeit und Entbehrung gewöhnter Mann auch mit einem erheblich geringeren Capital zur Zeit in Samoa günstigere Chancen hat, als z. B. in den Vereinigten Staaten von Amerika. Der Ansiedler auf Samoa kann seine Prodncte an Ort und Selle in Geld umsetzen, während dies in Amerika wegen der mangelnden oder zu kostspieligen Verbindungen und der enormen Entfernungen oft geradezu unmöglich ist. — Man wundert sich in Apia, dass die günstigen Verhältnisse ans Samoa in Deutschland so wenig bekannt sind und dass bisher nur ganz vereinzelte Colonisten gekommen sind. Samoa Bietet Raum für mindestens 50.000 Einwanderer. Man vergisst häufig, dass Samoa noch um ein wesentliches größer ist, als das Herzogthnm Sachsen-Weimar. Daneben aber wird besonders das Bedürfnis nach einem wettersichern Hafen hervorgehoben als unerlässliche Vorbedingung für die handelspolitische Entwickelung Deutsch - Samoas. Ohne einen solchen werde es uns nie gelingen, auch nur einen kleinen Theil des stark aufblühenden Südseehandels nach Samoa zu ziehen. Für die S chr istleitnng: P. Xaver Geyer F. 8. C. — Druck von A. Weger's fb. Hofbuchdrnckerei, Brixen.