/tJ Dfyo 2^0b4 Sonderabdruck aus der Monatsschrift «Die Erdbebenwarte», Nr. 9 und 10 , II. Jahrg., 1903 . EFdbebenwarte in Quarto Castello bei Florenz. ( 1 ° 13' 10" 58 geograph. Lange, 43» 49' 11" 39 Breite.) Als eines der glanzendsten privaten wissenschaftlichen Institute in Italien, welches insbesondere zum Zwecke des Studiums der exakten Erd- bebenbeobachtungen sehr reich ausgestattet ist, ware unbedingt das Obser- vatorium in Quarto Castello bei Florenz anzufuhren. Im Vorjahre hatte der Berichterstatter das genannte Institut besucht und war nicht wenig iiber- rascht iiber die Fiille der hier aufgestellten Instrumente und tiber die prachtige Unterbringung derselben in eigens hiefiir hergestellten, geradezu luxurios ausgestatteten Keller- raumlichkeiten. Wohl mit Recht kann man sagen, daG kaum eine Warte der Welt so vornehm eingerichtet sein diirfte wie die genannte. Im nachfolgenden moge einer kurzen Be- schreibung des Obser- vatoriums aus der Feder des Direktors Pfarrer R. Stiattesi selbst Raum gegeben werden. Die beigege- benen Bilder werden berufen sein, dieselben zu erganzen. Das Observatorium von Quarto wurde im Jahre 1893 iiber An- regung des Pfarrers R.Stiattesiund mit einer groGmiitigen Unterstiitzung des Grafen Giovannangelo Bas togi in Florenz errichtet und alsogleich mit einem vielseitigen wissen- schaftlichen instrumentellen Materiale, welches erfahrungsgemaG fiir die exakte Erdbebenforschung, die damals eine neue Bahn betreten hatte, notwendig erschien, reich ausgestattet. K 2 Die Warte befindet sich i io m iiber dem Meere inmitten von herrlichen Parkanlagen der reichen Villen, welche den ersten Teil des Ab- hanges bedecken, gelegen. Der Boden selbst gehort der eozanen Formation an und besteht aus Kalkmergel. Der Berg selbst erhebt sich unmittelbar darauf, einen steilen Rlicken bildend. Zur Errichtung der Warte muBten alte Baulichkeiten mit machtigen Mauern adaptiert und viele Baulichkeiten neu aufgefiihrt werden. Den Anblick von aufien veranschaulichen die Bilder I und II. Der neu aufgefiihrte Turm ist achteckig und so orientiert, daB die offentlichen Zwecken dienende Uhr nach Stiden blickt. Unter dem Funda- mente des Turmes, in einer in den Felsen hergestellten Aushohlung, steht der isolierte Pfeiler, auf welchem die Tromometer und Erdbebenankiindiger aufgestellt sind. Im obersten Stockvverke des Turmes ist ein achteckiger Saal, der die Apparate fiir meteorologische Beobachtungen, und zwar eine Anzahl Richardscher Registrierapparate enthalt. Auf der Nordseite, hervor- stehend, ist das holzerne Gehause, welches die Apparate fiir die Beobach¬ tungen im Freien, das sind Verdunstungs-, Psychrometer und Feuchtigkeits- messer, enthalt. Bei der Turmoffnung an der Ostwand befindet sich das Ende eines hohen Pfeilers, der von dem Fundamente aus durch alle Stock- werke hindurch geht und ein Passage-Instrument ganz eigener Form und Konstruktion tragt. Auf dem Schutzgelander der obersten Plattform des Turmes ist die Windfahne fiir den Richardschen VVindmesser und einen Aktinometrographen von Violle befestigt; auf der Plattform erhebt sich ein drehbarer Rundbau mit einem Teleskop. An diesem Rundbau aufien am Gelander ist noch ein Regenmesser, mit der Registriervorrichtung im Innern des Turmes, angebracht. Auf dem Bilde II ist eine Brieftaubenstation im niedrigen, viereckigen Turme sichtbar, unterhalb desselben sind zwei kleine Rauchfange von zwei Dampfkesseln bemerkbar, welche zur Erzeugung der elektrischen Kraft dienen. In Fig. III sieht man einen Teil des unterirdischen Hauptsaales mit Erd- bebenmessern. Der Raum wurde durch Sprengung aus dem Felsen gewonnen und erhalt das Tageslicht durch Fenster, welche knapp ober dem Erdboden an der Stidseite der Wand angebracht sind. Aus der Abbildung IV kann man entnehmen, daB dieser Saal aus mehreren Stockwerken besteht. Die Normaluhr ist an einem isolierten Pfeiler befestigt und vermittelt den elektrischen Kontakt in jeder Sekunde, Minute und Stunde fiir die verschiedenen Zeitmesser der Apparate. Im Hintergrunde enthalt ein groBer Glaskasten einen Vicentinischen Kleinwellenmesser (kleines Modeli). Auch ein Teil der Stutzrahmen der grofien Horizontalpendel nach Stiattesi* sind auf dem Bilde sichtbar. Der groBe Mikroseismograph ist durch den Pfeiler der Normaluhr verdeckt. * Horizontalpendel gleicher Konstruktion sind auch in Florenz auf der Warte aufgestellt. (Siehe Erdbebenwarte d. J., Seite 17 u. f.) 4 NARODNA IH UNIUERZITETNA KHJI2HICH Die verschiedenen einzeln stehenden Pfeiler im oberen Stockwerke tragen die Instrumente fiir magnetische Beobachtungen, die den Apparaten am Observatorium der britischen Gesellschaft zu Kew ahnlich sind. Fig. IV stellt das mit kunstvoller Male- rei reich geschmuckte Innere der Direktions- kanzlei dar; dortselbst sind in Glaskasten die notwendigen Md 3 - und sonstigen wissen- schaftlichen Hilfs- instrumente verwahrt. In den beigege- benen Bildern er- scheint nicht alles aufgenommen, was die Warte noch aufierdem an wissenschaftlich zweckdienlichen Ein- richtungen besitzt; unter anderem verftigt dieselbe iiber eine voll- standige mechanische Werkstatte,in welcher Instrumente fiir eige- nen Bedarf und auf Bestellung angefertigt Bild IV. werden ' \ Wie schon eingangs erwahnt, machte das ganze Institut auf den Berichterstatter einen vornehmen Eindruck. Pfarrer Stiattesi, der Schopfer und Leiter des ganzen Instituts, ist noch ein junger Mann, der mit seltener Begeisterung im Dienste der Erdbebenforschung steht und unermiidlich ist in der Vervollstandigung der instrumentellen Einrichtung des Observatoriums, an welchem bisher fast alle bekannten mechanisch registrierenden Instrumente im Beobachtungsdienste gestanden sind. Seit dem Jahre 1899 gibt der Leiter der Warte ein »Bollettino Sismografico deli’ Osservatorio di Quarto (Firenze)* heraus. Das Bollettino, von welchem bereits vier umfangreiche Bandchen vorliegen, enthalt kurze Beschreibungen der Apparate sowie die verschie¬ denen Beobachtungen, welche mit denselben gemacht werden, in einer sorgfaltigen Weise behandelt. So ist Pfarrer Stiattesi neben seinen experimentellen Studien auch literarisch tatig und wird eine theoretische Abliandlung aus seiner Feder in unserer Monatsschrift demnachst erscheinen. Belar. K!oinmayr & Bamberg, Laibach.