Anthropologische Struktur der Slaven im Lichte polnischer Untersuchungsergebnisse. Inhalt: Einleitung. — Polen. Tschechen und Slovaken — Slovenen und Serbo - Kroaten — Bulgaren — Ostslaven. Jan Czekanowski — Lwôw. Einleitung. Mein alter Freund Niko Zupanić veranlaßte mich zum Jubiläum des »Etnolog«, das im 33. Jahre unserer Bekanntschaft gefeiert wird, einen Aufsatz über Polen zu schreiben. Ich glaube aber, daß es besser sein wird, wenn ich statt dessen kurz die Ergebnisse unserer Untersuchungen über die anthropologische Struktur der Slaven zusammenstelle. Daß die Slaven sehr heterogen sind, das ist allgemein bekannt. Daß sie in der frühhistorischen Zeit ein vorwiegend nordisches Volk gewesen sind, das haben schon die Untersuchungen von Lubor Niederle nachgewiesen. Daß die Assimilation der autochthonen Bevölkerung eroberter Gebiete die Hauptursache der großen anthropologischen Unterschiede ist, die zwischen nahe verwandten Völkern bestehen, kann nicht bezweifelt wer- den. Worin aber das Wesen dieser Unterschiede besteht, das soll den Gegenstand dieses Aufsatzes bilden. Das Ergebnis unserer Untersuchungen bildete die Fest- stellung, daß die Bevölkerung Europas, von den asiatisch und afrikanisch beeinflußten Peripherien abgesehen, als ein Auskreu- zungsprodukt von vier Rassenelementen anzusehen ist. Wenn man die prozentuellen Anteile dieser Rassenelemente präzisiert, so bekommt man die einfachste Basis, für die Beurteilung der Unterschiede in der anthropologischen Struktur einzelner Völker. Die Zusammenstellung derartiger analytischer Ergebnisse legen wir unserer Schilderung zu Grunde. Polen bildet den Ausgangspunkt unserer Betrachtungen nicht allein deshalb, weil es in anthropologischer Beziehung am besten erforscht ist. Polen ist, aller Wahrscheinlichkeit nach, das Aus- gangsgebiet der großen Expansion des Slaventums, die in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung begonnen hat und so 234 Jan Czekanowski, Lwôw: tiefgreifende ethnische Umwälzungen in Europa und Asien zur Folge hatte. Mit Rücksicht darauf muß man mit der Möglichkeit rechnen, daß sich in Polen die Ausgangsformen der gegenwärtig so verschiedenen anthropologischen Strukturen slavischer Völker erhalten haben. * SS » Polen. Ich habe schon vor einigen Jahren hervorgehoben, daß den charakteristischen Zug der anthropologischen Verhältnisse von Polen die Tatsache bildet, daß drei Viertel der Bevölkerung das nordische und das lapponoide Rassenelement ausmachen, wäh- rend auf die beiden übrigen Komponenten, das mediterrane und das armenoide Rassenelement, bloß ein Vietel entfällt. Das Wesen der Lokalunterschiede bildet, dieser Auffassung nach, die Ver- minderung des Anteiles der nordischen Komponente zugunsten der lapponoiden, mit der Verschiebung gegen Süden. Jetzt sind wir schon besser über die anthropologische Struk- tur von Polen orientiert und können hier zumindest vier ver- schiedene anthropologische Formationen unterscheiden: Zunächst haben wir in Nordpolen die kontinentale nordische Formation, die neben der nordischen Majorität eine starke lappo- noide Komponente aufweist; eine sehr charakteristische Eigen- schaft dieser Formation besteht darin, daß die mediterrane Bei- mischung stärker als die armenoide ist. Dieser Formation ist die nordische Insel Wolhyniens zuzuzählen. Die Bevölkerung der polnischen Karpaten und Sudeten weist eine Majorität des lappo- noiden Rassenelementes, neben welcher eine starke nordische Komponente auftritt. Eigentlich sollte man hier von einer alpinen Formation sprechen. Um aber Mißverständnisse zu vermeiden, werden wir sie mit dem Namen der karpatho-sudeti- sehen Formation bezeichnen. Die armenoide und die mediter- rane Beimischung sind unbedeutend, die erstere ist aber etwas stärker als die letztere. Im Norden von dieser montanen For- mation, bis zum subnordischen Saume der nordischen Formation, dehnt sich die subnordische Formation aus, in der sich die nordische und die lapponoide Komponente die Wage halten, die armenoide Beimischung aber stärker als die mediterrane ist. Im Anthropologische Struktur der Slaven im Lichte polnischer ... 235 Südosten geht diese Formation in die karpatho - podolische Formation über, die durch ihre starke armenoide Beimischung und das Überwiegen der lapponoiden Komponente, der nordi- schen gegenüber, gekennzeichnet ist. Die Verschiedenheit der hier in Frage kommenden Formationen kommt in der folgenden Zusammenstellung zum Ausdruck: Rassen Nordi- Medi- Arme- Lappo sche terrane noide noide Kontinentale Nordische Formation % % % % Nasielsk. Kleinadel 59-0 12-0 9-6 19-8 Zbiköw bei Warschau. Bauern 52-9 17-5 10-3 200 Kreis Mogilno in Großpolen. Landarbeiter 49-2 17-7 5-5 27-6 Subnordische Formation Katowice in Schlesien 38-5 12-1 14-8 34-6 Oziaty Kr. Kobryn in Polesien 33-3 9.4 17-7 39-4 Kr. Koriskie in Zentralpolen 33 1 13-4 16-4 37-0 K a r p a t h o - s u d e t i s c h e Formation Beskidbauern aus der Gegend von Sandez (S^cz) 33-0 8-0 12 0 47-0 Friedersdorf in Niederschlesien 25-0 7-0 13-0 55 0 Krakauer Gegend 19-4 12-3 10-0 58-3 K a r p a t h o - p 0 d o 1 i s c h e Formation Borszczôw in Podolien 30-3 17-5 21-0 31-4 Kobryfi in Polesien 277 14-5 22-3 35-5 Kosôw in Pokutien (Huzulen) 26-3 15-6 22-8 35-3 Unsere kontinentale nordische Formation ist für die Gebiete der großpolnischen, masurischen und kaschubischen Stämme charakteristisch und umfaßt, aller Wahrscheinlichkeit nach, die gegenwärtig deutschsprechenden Gebiete der polabischen Sla- ven. Bei den frühhistorischen mecklenburgischen Wenden kommt aber schon die germanische Beeinflussung dadurch zum Ausdruck, daß die mediterrane Komponente stärker als die lapponoide ist. In nordöstlicher Richtung scheint diese Formation das littauische Gebiet und die sich anschließende polonisierte Zone des littau- isch-weißrussischen Grenzgebietes zu umfassen. Unsere subnordische Formation umfaßt das Gebiet der mit- einander am engsten verwadten kleinpolnischen und schlesischen Stämme, ausschließlich der karpatho - sudetischen Gebirgszone, die von der dritten Formation eingenommen wird. Welche Ge- biete diese beiden Formationen weiter im Westen umfassen, wissen wir einstweilen noch nicht. Im Osten scheint sich unsere subnordische Zone nördlich vom versumpften Gebiet Polesiens 236 Jan Czekanowski, Lwôw: auszudehnen. Sie greift hier auf das weißrussische Gebiet hinüber und scheint sich der nordischen Zone anzuschUeßen. Die karpatho-podoHsche Formation ist für das ruthenische Gebiet Polens charakteristisch. Auf seinen Südmarken verstärken sich die mediterranen Beimischungen, die in den Mittelkarpathen die Beeinflussungen seitens der alten rumänischen Hirtenbevöl- kerung verraten und in Podolien entweder mit der rezenten ru- mänischen Kolonisation im Zusammenhange bleiben, oder Spuren alter Steppenbevölkerung darstellen. Die nordische Insel Wolhy- niens ist wohl mit der alten Heimat der Ostslaven in Zusammen- hang zu bringen. Bei grober Schematisierung darf man sagen, daß die Grenzen der nordischen und der subnordischen Formation im Großen und Ganzen parallel den Küsten der Ostsee verlaufen und im Süd- osten der karpatho-podolischen Formation Platz machen. Trotz dieser hier in die Augen springenden ausschlaggebenden Rolle der geographischen Faktoren, läßt sich doch auch jetzt noch ein Zu- sammenhang der anthropologischen Struktur mit der alten ethni- schen Gliederung in Polen nicht leugnen. Mit der Feststellung dieser Tatsachen werden wir uns hier einstweilen begnügen. Tschechen und Slovaken. Über die anthropologische Struktur dieser Westslaven, die schon südlich der Karpathen und Sudeten sitzen, sind wir noch sehr ungenügend orientiert und hier ist doch die Antwort auf die Frage zu suchen, wie waren die Träger dieser transmontanen sla- vischen Expansion beschaffen und wie sehen gegenwärtig ihre Nachkommen aus. Um wenigstens eine provisorische Antwort geben zu können, werden wir uns auf die anthropologische Ana- lyse der tschechischen und slovakischen Emigrantinnen stützen, die von B. R o s i n s k i gegeben wurde. Es wurden hier Frauen gewählt, da diese eine durch Ausleseprozesse der Emigration we- niger entstellte anthropologische Zusammensetzung aufweisen. Diese Daten, zusammen mit den frühhistorischen tschechischen Schädeln aus Lecy Hradec, gestatten die folgende Zusammen- stellung zu geben: Anthropologische Struktur der Slaven im Lichte polnischer ... 237 Rassen Nordische % Mediterrane % Armenoide % Lapponoide % 200 24-5 Zbiköw bei Warschau, XIX. Jahrh. Levy Hradec bei Prag, VIII.—XII. Jahrh. /0 52-9 46 3 Zu 17-5 19-2 70 10-3 9-5 Polnische Beskidbauern bei Sandez Slowakische Emigrantinnen Tschechische Emigrantinnen Wehrpflichtige aus Koiiskie. Mittelpolen 33-0 33 2 31-3 33 1 8-0 11-2 11-3 13-4 12-0 12-5 17-3 16-4 47-0 430 40-1 37-0 Prager Schädel, XIII.—XVI. Jahrh. Budenser, XVI.—XVIII. Jahrh. Prager Schädel, XVIII. Jahrh. 28-3 26-4 24-3 15-7 197 21-7 20 0 25-6 24-3 35 4 28-6 30-0 Diese Zusammenstellung veranschaulicht zunächst, daß die frühhistorischen Tschechen aus Levy Hradec eine sich der konti- nentalen nordischen Formation Polens ganz enge anschließende Population darstellen. Man darf infolgedessen schließen, daß eine derartige anthropologische Struktur auch die erste tsche- chische Expansion, wenigstens in ihrer höheren Schichte, gehabt hat. Was die gegenwärtige tschechische und slovakische Bevöl- kerung anbetrifft, so hat man bezüglich der Volksschichten mit der Wahrscheinlichkeit zu rechnen, daß südlich der Karpathen und Sudeten eine ganz ähnliche Bevölkerung sitzt, wie auf den Nordabhängen, bis tief ins Vorgelände hinein. Die Deutschen Nordmährens haben sich dagegen als recht typische Vertreter der karpatho-sudetischen Formation erwiesen. Was aber Prag anbetrifft, so läßt sich dort eine ganz andere Beeinflussung nach- weisen. Die Prager Schädelserien schließen sich den Badensern an. Es kommt hier also die Einwirkung der mitteleuropäischen Mischbevölkerung, in welcher sämtliche Komponenten fast gleich stark vertretten sind, zur Geltung. Wir sind noch nicht im Stande die Gebiete dieser drei verschiedenen Formationen territorial ab- zugrenzen. Ob die mitteleuropäische Mischformation innerhalb von Böhmen ein geschlossenes Gebiet beansprucht, wissen wir einstweilen noch nicht. Das ist aber wahrscheinlich, da sich die Präger Schädel nicht allein den Süuddeutschen, sondern auch den Slovenen anschließen. Das merkwürdigste der bisher erzielten Ergebnisse bildet die Feststellung, daß wir im Süden und Norden vom Gebirge eine in anthropologischer Beziehung identische Bevölkerung haben, die durch die Zone der karpatho-sudetischen Formation voneinander 238 Jan Czekanowski, Lwöw. geschieden sind. Das andere Ergebnis bildet der Nachweis einer bei den Tschechen, im Vergleiche zu den Slovaken, wesentlich stärkeren Beeinflussung seitens der mitteleuropäischen Misch- bevölkerung. Diese könnte dabei sowohl die Folge späterer deutschen Einwirkungen, wie auch alter Zusammenhänge mit dem slovenischen Gebiet darstellen. Um diese Frage zu beleuchten, gehen wir jetzt zur Besprechung der westlichen Südslaven über. Slovenen und Serbo-Kroaten. Die Eigenart der westlichen Südslaven ist im hohen Maße dadurch bedingt, daß sie sich auf altem illyrischen Boden, nach der Expansion, weiter entwickelt haben. Die Überreste dieser Autochthonen haben sich bis auf die Gegenwart in der Gestalt von Albanesen erhalten. Unter dieser alten illyrischen Schicht liegt aber eine ganz archaische Unterschicht, die sich der allaro- dischen Formation des Kaukasus enge anschließt. Es soll infolge- dessen gezeigt werden, daß sich im Gebiete der westlichen Süd- slaven die Übergangsformen von der mitteleuropäischen Misch- bevölkerung bis zur allarodischen Formation des Kaukasus er- halten haben. Das veranschaulicht die folgende Zusammenstellung: Ras sen Nordi- Medi- Arme- Lappo sche % terrane % noide % noide % Germanisierte Slovenen. Oberes Muhrgebiet 70 33-0 /0 22-5 70 25-ü Ai 19-5 Nordmakedonier aus Skoplje 29 1 22-7 25-4 23-6 Norddalmatiner aus Istrien 26-7 22-5 22-5 28-6 Prager Schädel, XVIII. Jahrh. 24-3 21-7 24-3 30-0 Albanesen: Sala 20-2 19-5 30-2 301 Serben: Morawa 21-8 18-9 32-7 26-7 Serben: Belgrad 248 17-2 34-0 24-0 Serben: Podrinije 17-7 9-9 53-0 19-9 Kaukasische Lesginen: Artschinen 5-6 7-6 56-4 30-2 Albanesen: Dibri 6-6 12-2 51-6 29-5 .\lbanesen: Toplana 99 11-6 43-9 34-0 Obige Tabele genügt um zu zeigen, daß die Slovenen in anthropologischer Beziehung gegenwärtig den Charakter einer mitteleuropäischen Mischbevölkerung haben müssen. Berück- Anthropologische Struktur der Slaven im Lichte polnischer . . . 239 sichtigt man ferner, daß es bezüglich der frühhistorischen Slove- nen, mit Rücksicht auf M a t i e g k a, nicht ze bezweifeln ist, daß sie den frühhistorischen Tschechen sehr ähnlich waren, so darf man daraus schließen, daß die Tschechen und Slovenen eine ähn- lich anthropologische Evolution durchgemacht haben. Sehr merk- würdig ist ferner die Tatsache, daß sich die Nordmakedonier den Slovenen und den Nordwest - Bulgaren, wie wir später sehen werden, so ähnlich erwiesen haben. Diese Tatsache ist meines Erachtens in dem Sinne zu deuten, daß sich in der Zone des serbo - bulgarischen Grenzgebietes die mitteleuropäische Forma- tion sehr weit nach Süden eingekeilt hat. Um die anthropologische Struktur der Serben zu verstehen, muß man sich zunächst vergegenwärtigen, daß sich bei den Al- banesen die allarodische Formation des Kaukasus in ihrer klassi- schen Gestalt stellenweise bis auf die Gegenwart erhalten hat. Ihre charakteristischen Züge bestehen darin, daß neben der arme- noiden Majorität eine starke lapponoide Komponente auftritt und die mediterrane Beimischung stärker als die nordische ist. Bei den Serben ist infolge der anthropologischen Umwälzungen, von denen die Slavisierung der illyrischen Unterschicht begleitet war, die nordische Beimischung stärker als die mediterrane, und die beiden Hauptkomponenten, vor allem die Armenoide, weisen meistens eine weitgehende Abschwächung auf. Die ganze Struktur der Serbo-Kroaten ist infolgedessen stellenweise sehr stark in dter für die Slovenen charakteristischen Richtung verschoben. Es ist dabei, schon aus rein geographischen Gründen, zu erwarten, daß bei den Kroaten diese Verschiebung wesentlich stärker ist, als bei den Serben, die in gewissen Gebieten den Albanesen noch recht ähnlich sind. Zum Schlüsse wäre noch zu erwähnen, daß man vom dynari- schen Charakter der Serbo - Kroaten zu sprechen pflegt. Das ist insofern richtig, da man mit dem Namen des dynarischen Typus die armenoide Komponente und ihre nordische Mischform zu- sammenzufassen pflegt. Wir beschränken den Begriff des dyna- rischen Typus auf die nordische Mischform des armenoiden Rassenelementes. * 2401 Jan Czekanowski, Lwôw: Bulgaren. Die Eigenart der Bulgaren ist dadurch in erster Linie bedingt, daß sich hier die frühhistorischen Slaven auf thrakischem Boden weiterentwickelt haben. Die Beimischungen der türkischen Bulgaren, die den gegenwärtigen Tschuwaschen am nähesten ver- wandt waren, scheint dagegen sehr unbedeutend gewesen zu sein. Auf Grund unserer Untersuchungsergebnisse darf man behaupten daß den Kern der modernen Bulgaren die alte Bevölkerung der Kultur bemalter Keramik bildet, die sich in wenig veränderter Form bis auf die Gegenwart erhalten hat. Dafür sprechen jeden- falls die Ergebnisse der von Krum Drontschiloff in Südwest- bulgarien ausgeführten Untersuchungen. Wenn man diese Be- obachtungen analysiert, so bekommt man folgende die Zusam- menstellung: Komponenten Nordi- Medi-Armesche terrane noide ] Lapponoide Paläo asiati sehe % % % % % Bulgaren Kr. Samokov Bulgaren Kr. Orchanie Nordmakedonier Kr. Skoplje 25 9 28-5 29 1 24-4 23-3 22-7 17-9 23-3 25-4 32 0 23-3 23-6 1-3 Alanen ukrainischer Steppe, VIII. Jahrh. Bulgaren Kr. Pirdop 24-4 22-9 36-3 35-6 23 9 22-9 15-4 16 2 2-3 Kultur bemalter Keramik. Bilcze Ztote. Polen Bulgaren Kr. Dupnitza 22-2 25-8 42 0 44-9 19-8 10-7 14-9 16 9 1-7 Bulgaren Kr. Trn Kretenser Griechen aus Kydonia 23-8 21-4 50-2 51-6 12 1 11-6 13-1 15-6 1 0 Die geringen Beimischungen des paläoasiatischen Typus sind als Spuren der alten türkischen Bulgaren anzusehen, da diese Komponente auch jetzt noch für die Tschuwaschen charakteri- stisch ist. Abgesehen von dieser exotischen Komponente besteht die Eigenart der modernen Bulgaren darin, daß der alte neoli- tische Kern, den wir aus der Kultur der bemalten Keramik von Polnisch Podolien kennen, einerseits von der mitteleuropäischen Mischbevölkerung, andererseits von der Bevölkerung der medi- terranen Küstenzone sehr stark beeinflußt wurde. Die mittel- europäische Beeinflussung hat den engen Anschluß der Nord - West-Bulgaren an die Nordmakedonier zur Folge. Die mediterrane Beeinflussung verursacht dagegen die auffallende Ähnlichkeit der Anthropologische Struktur der Slaven im Lichte polnischer ... 241 Südbulgaren und der kretensischen Griechen. Die fast identische Zusammensetzung der Bulgaren des Kreises Pirdop und der ala- nischen Schädel aus Ukraina (Charkov) wird wohl dadurch be- dingt, daß sich in den Alanen bis in die frühhistorische Zeit hinein die Bevölkerung aus der Zeit der bemalten Keramik in ähnlich beeinflußter Gestalt, wie in Bulgarien, erhalten hat. Dieser engen Beziehung zur alten Bevölkerung der ukrainischen Steppen und den Beimischungen des paläoasiatischen Typus ist ohne Zweifel die so auffallende Ähnlichkeit der Bulgaren und der Südrussen zuzuschreiben. Zum Schlüsse wäre noch zu erwähnen, daß die nordischen Bei- mischungen bei den Bulgaren ebenso groß wie bei den Serben sind. Das wird wohl eine Folge der ähnlichen slavischen Über- schichtungen sein. Die weitgehende anthropologische Verschie- denheit der östlichen und westlichen Südslaven ist dagegen eine Folge der Assimilation einer ganz verschiedenen autochthonen Bevölkerung. Ostslaven. Über die anthropologische Struktur der Ostslaven sind wir einstweilen noch am schwächsten orientiert. Die slavische Expan- sion hatte sich hier über sehr ausgedehnte Gebiete ergossen und assimilierte einerseits eine wenig zahlreiche finnische Bevölke- rung, andererseits eine wesentlich dichtere, einst iranische Step- penbevölkerung. Diesem Umstände ist es wohl zuzuschreiben, daß die nordrussische Bevölkerung den Großpolen sehr ähnlich ist, da sie im namhaften Teile ihre Zugehörigkeit zur nordischen kontinentalen Formation bewahrt hat. Am Rande des Steppenge- bietes hat sich dagegen eine Formation erhalten, die von E. Cepurkovsky mit dem Namen des Rjasan-Typus be- zeichnet wird, und wohl ein großrussisches Relikt der alten Steppenbevölkerung darstellt. Sie scheint eine den Bulgaren recht ähnliche anthropologische Struktur aufzuweisen. Die ukrainischen Ruthenen, wenigstens im Westen vom Dnieper, haben eine iden- tische Struktur, wie die Ruthenen des polnischen Steppengebietes. Weiter im Osten werden sich wohl stärkere Spuren der alten Steppenbevölkerung auch bei den Ruthenen wahrnehmen lassen. 16 242 Jan Czekanowski, Lwôw: Das gleiche scheint auch in der Küstenzone des Schwarzen Mee- res der Fall zu sein. Weiter möchte ich einstweilen den jetzt an- gefangenen Arbeiten über die anthropologische Struktur der Ost- slaven nicht vorgreifen. Das hier entworfene Bild der anthropologischen Struktur sla- vischer Völker ist einstweilen noch sehr schematisch und lücken- haft. Es gestattet aber schon um eine allgemeine Orientierung zu gewinnen. Literatur: J. Czekanowski: Le probleme de la composition anthropologique de la Boheme. Anthropologie (Prague). 1932, V. X. p. 200—207. J. Czekanowski: Zur Rassenkunde der Serbo-Kroaten. Slavische Rundschau 1934, p. 393—404. J. Czekanowski: Czlowiek w czasie i przestrzeni. Warschau 1934. Tržaška, Evert i Michalski. J. Czekanowski: Les conditions anthropologiques de la Bulgarie d'apres les recherches du regretté Krum Drontschilov. Congres des Géographes et Ethnographes Slaves a Sofia 1936. ,i. M a t i e g k a : Physische Anthropologie der Slaven im 9. bis 12. Jahr- hundert. Korrespondenzblatt der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte 1912, Jhrg. XLIII, p. 84—88, 96. L. Niederle:K otâzce o puvodnim typu slovanskem. Ateneum 1891. E. Tschepourkovsky: Geograficzeskoje raspredielenije formy go- lowy i cwietnosti krestjanskago naselenija preimuszczestwenno Welikorossii etc. Moskwa 1913. Vsebina. Jan Czekanowski, Antropološka sestava Slovanov v luči izsledkov poljskega proučavanja. Jan Czekanowski, širno znani profesor antropologije na univerzi v Lwovu trdi v tej študiji, da so Slovani krvno (rasno) heterogeni, da so pa v davnini predstavljali narod pretežno nordijske rase. Glavni vzrok antropoloških razlik med posameznimi zelo sorodnimi plemeni Anthropologische Struktur der Slaven im Lichte polnischer .. . 243 16* je iskati v asimilaciji autohtonega prebivalstva osvojenih ozemelj. Avtor stoji na temelju, da so se v Evropi križale štiri rase ne glede na peri- ferijo, ki je stala pod vplivom Azije in Afrike. Poljaki. Kar se tiče Poljakov zavzemata pri njih, pravi avtor, nordijski in laponoidni rasni element tri četrtine (%), medtem ko izpolnita ostali dve rasni komponenti, namreč mediteranski ter armenoidni rasni element ostalo četrtino celote. Bitnost lokalnih razlik tvori po tem osnovnem Dojmovanju zmanjšanje primesi nordijske komponente v prid lapo- noidni s premikom v južni smeri. Razlikuje pri Poljakih štiri antropo- loške formacije: 1. na severnem Poljskem kontinentalna nor- dijska formacija, ki vsebuje zraven nordijske večine močno laponoidno primes; udeležba mediteranske rase je močnejša nego arme- noidna. 2. V območju poljskih Karpatov in Sudetov pokazuje prebi- valstvo večino laponoidnega rasnega elementa z močno komponento nordijske krvi, kar predstavlja karpato-sudetsko formacijo. 3 Na severu te gorske formacije do subnordijskega roba nordijske formacije je razprostrta subnordijska formacija, pri kateri se nordijska in laponoidna komponenta nahajata v ravnovesju, pri če- mer pa je armenoidna primes močnejša nego mediteranska. 4. Na jugovzhodu prehaja ta formacija v karpato-podolsko forma- cijo, za katero je značilna močna udeležba armenoidne primesi in pretežnost laponoidne komponente nasproti nordijski. Čehi in Slovaki. Čehi zgodnjega srednjega veka (Levy Hradec) predstavljajo pre- bivalstvo, ki je bilo zelo blizu kontinentalni nordijski formaciji Poljakov. Kar se tiče današnjega češkega in slovaškega ljudstva, je zelo verjetno, da stanuje na jugu Karpatov in Sudetov popolnoma podobno prebi- valstvo, kakor na severnih pobočjih teh dveh pogorij. Slovenci in Srbo - Hrvati. V antropološkem oziru kažejo sedanji Slovenci značaj srednje- evropske etnične zmesi. V ranem srednjem veku so bili zelo podobni tedanjim Čehom, iz česar sledi, da so imeli Slovenci in Čehi slično antropološko evolucijo. Zanimivo je, piše Czekanowski, da so se severni Macedonci pokazali podobni Slovencem in severozapadnim Bolgarom. Ta pojav tolmači avtor v tem smislu, da se je v pas srbsko - bolgarskega obmejnega ozemlja zagozdila srednjeevropska antropološka formacija. Pri Srbih je zaradi antropoloških prevratov, spremljanih od poslove- njenja ilirskega spodnjega sloja, nordijska primes močnejša nego medi- teranska in obe glavni komponenti, predvsem armenoidna, pokazujeta v glavnem dalekosežno oslabelost. 244 Jan Czekanowski, Lwôw: Anthropologische Struktur der Slaven ... Bolgari. Slabe primesi paleo - azijatskega tipa je treba smatrati za ostanke turško govorečih Bolgarov, ker je ta komponenta še sedaj značilna za Čuvaše (sorodnike prvobitnih Bolgarov). Posebnost sedanjih Bol- garov se odraža v tem, da je stalo staro neolitsko jedro, ki je znano po kulturi slikane keramike v poljski Podoliji z ene strani pod močnim vplivom srednjeevropskega mešanega prebivalstva, z druge strani pa pod vplivom mediterancev primorja. Vzhodni Slovani. Razprostiranje Slovanov proti vzhodu je imelo za posledico na eni strani asimilacijo redko posejanega finskega prebivalstva, na drugi strani pa iranskih stepskih rodov, ki so bili bolj številni. Na ta način so Veliko-Rusi antropološko zelo podobni prebivalstvu Velike Poljske, ker so zadržali dober del svoje pripadnosti k nordijski kontinentalni formaciji. Na meji stepnega ozemlja se je pa ohranila formacija, ki jo je E. Cepurkovsky krstil za rjazanski tip in ki predstavlja med Veliko Rusi ostanek starega stepnega prebivalstva. Izgleda, da pokazuje antropološko strukturo, ki je zelo podobna Bolgarom.