Izvirni znanstveni članek UDK 1 Veber F.:159.95 Über einige psychologische grundbegriffe beim späten Weber TANJA PIHLAR Universität Graz bzw. Kranj POVZETEK O NEKATERIH TEMELJNIH PSIHOLOŠKIH POJMIH PRI POZNEM WEBRU Članek obravnava strukturo doživljajev pri poznem Webru. Weber je shemo vsebina - akt - predmet, ki jo je prevzel od Meinonga in njegove šole, ohranil v vseh svojih spisih; v njegovih poznih delih (zlasti po letu 1939) je mogoče v tem pogledu zaslediti nekaj bistvenih sprememb. Sedaj meni, da ima vsak doživljaj dvojno funkcijo: poleg predočevanja mu pripada tudi zadevanje, pri čemer je prva funkcija prirejena vsebini doživljajev, medtem ko je zadevanje stvar akta. V skladu s tem nam na primer barvni občutek predočuje to ali ono barvo; to, kar je barvno, oziroma nosilca barve pa zadenemo. Na podlagi prve funkcije nam je dan brezčasen svet pojavov, z zadevanjem pa nasprotno prodremo "za" pojave, zadenemo stvarnost samo. Poleg tega meni sedaj Weber, da razlika med pristnimi in nepristnimi doživljaji ne zadeva akta, ampak vsebino doživljajev: pristni in nepristni doživljaji so po njegovem usmerjeni na povsem različne predmete, in sicer na "pristne" in "nepristne". Avtorica pokaže, da Webrov predlog, po katerem je treba razliko med pristnimi in nepristnimi doživljaji pripisati vsebini doživljajev, pušča številna vprašanja odprta. Ključne besede: doživljaj, vsebina, akt, pristno doživljanje, nepristno doživljanje, zadevanje, predočevanje, stvarnost, pojav ZUSAMMENFASSUNG Im Vortrag wird die Erlebnisstruktur in der Spätphilosophie Webers näher erörtert. Er hat das Erlebnisschema Inhalt - Akt - Gegenstand, welches er von Meinong und dessen Schule übernommen hat, fast in allen seinen Schriften beibehalten; in seinen späten Schriften (insbesondere ab 1939) sind jedoch diesbezüglich eine wesentliche Änderungen zu konstatieren. Er meint nun, dass jedem Erlebnis eine doppelte Funktion zukommt: Neben dem Präsentieren kommt ihm noch das Treffen zu, welchen Funktionen die Inhaltseite bzw. die Aktseite des Erlebens zuordnen sind. Nach dieser Zweiteilung wird z.B. durch eine Farbempfindung diese oder jene Farbe präsentiert, das "Gefärbte" bzw. der Träger der Farbe selbst wird aber getroffen. Durch die erste Funktion ist uns die zeitlose phänomenale Welt gegeben; mit dem Treffen hingegen stoßen wir "hinter" die Phänomene vor, es wird die Wirklichkeit selbst getroffen. Dazu meint Weber zu dieser Zeit, dass der Unterschied zwischen Ernstmäßigkeit und Phantasie- 95 mäßigkeit des Erlebens nicht den Akt, sondern den Inhalt des Erlebens betrifft: Ernstmäßige und phantasiemäßige Erlebnisse richten sich auf durchaus verschiedene Gegenstände, und zwar auf "echte" bzw. "unechte" Gegenstände. Es wird gezeigt, dass Webers Vorschlag, nach dem der Unterschied zwischen ernstmäßigen und phantasiemäßigen Erlebnissen dem Inhalt zuzuschreiben ist, noch zahlreiche Fragen offen lässt. Key words: Erlebnis, Inhalt, Akt, ernstmäßiges Erleben, phantasiemäßiges Erleben, Treffen, Präsentieren, Wirklichkeit, Erscheinung Im vorliegenden Beitrag sollen einige psychologische Grundbegriffe erörtert werden, welche France Weber (1890-1975) in seinen Schriften verwendet hat, wie zum Beispiel Akt und Inhalt des Erlebens, ernstmäßiges und phantasiemäßiges Erleben usw. Mein Hauptinteresse wird dabei vor allem Webers Auffassung der Erlebnisstruktur in seinen Spätschriften gelten. Weber geht von der so genannten Intentionalitätsthese aus, nach welcher unsere Erlebnisse, wie Vorstellen, Denken, Wünschen usw., immer auf etwas gerichtet sind, sie haben etwas zum Gegenstand. In Anlehnung an Meinong unterscheidet er bei jedem Erleben ein Dreifaches: (1) Inhalt, (2) Akt und (3) Gegenstand. Inhalt und Akt sind dabei etwas Psychisches, sie sind psychische Komponenten des Erlebens, aus welchen sich jedes Erlebnis notwendigerweise zusammensetzt. Sie sind real voneinander nicht abtrennbar, wir können sie gesondert bzw. getrennt nur mittels logischer Analyse behandeln. Der Gegenstand, auf den unsere Erlebnisse gerichtet sind, ist dagegen üblicherweise nicht psychischer Natur; er ist von den Erlebnissen unabhängig und kann bestehen oder auch nicht. Wir können z.B. an einen faktisch existierenden Berg denken aber genauso gut an einen bloß fiktiven goldenen Berg. Dieses Schema des Erlebnisses hat Weber nahezu in allen seinen Werken beibehalten; in seiner späteren "realistischen" Schaffensperiode (ab 1939) sind jedoch in dieser Hinsicht wesentliche Modifizierungen zu konstatieren. Bevor auf diese Änderungen eingegangen wird, soll Webers Auffassung der Erlebnisstruktur in seinen Frühschriften kurz erörtert werden, da er sie später einer eingehenden Kritik unterzieht. 1. Die alte Lehre In seiner so genannten "gegenstandstheoretischen" Phase (von 1921 bis 1925) hat sich Weber bei der Behandlung psychologischer Begriffe vornehmlich auf die Position seines Lehrers Meinong und dessen Schule gestützt: Er hat u.a. die Intentionalitäts-theorie sowie die Unterscheidungen zwischen Inhalt und Akt des Erlebens, und zwischen Ernst- und Phantasieerlebnisse übernommen. Im Folgenden werde ich mich auf Webers Ausführungen in seinen beiden Psychologieschriften und Analitična psihologija (aus dem Jahre 1924) konzentrieren. Wie wir sehen werden, decken sich Webers in diesen zwei Büchern niedergelegte Ansichten nicht vollständig. Anzumerken ist außerdem, dass bereits in diesen Werken inhaltliche Unterschiede im Vergleich mit Meinong zu Tage treten. Wie erwähnt sind nach Weber bei allen Erlebnissen zwei Momente involviert, und zwar (1) der Inhalt und (2) der Akt, denen jeweils verschiedene Funktionen zugeschrieben werden: Ad (1) Der Inhalt zeigt, was uns in den entsprechenden Erlebnissen präsent ist: Durch den Inhalt wird ein bestimmter Gegenstand präsentiert. Wenn ich mir z.B. eine 96 Katze vorstelle, dann stelle ich mir eben diese Katze und nicht einen Hund vor. Das Erleben verändert sich mit den Gegenständen, die Erlebnisse verschiedener Gegenstände unterscheiden sich damit voneinander (AP 105). Nach Weber geht es dabei um eine interne psychologische Differenz. Das Verhältnis zwischen dem Erlebnis (genauer: dem Erlebnisinhalt) und seinem Gegenstand wird im Sinne der Grazer Schule mit dem Begriff "Präsentationsverhältnis" bezeichnet: Ein Erlebnisinhalt ist das Präsentierende, während ein Gegenstand als das, was präsentiert wird bzw. was präsentiert werden kann, anzusehen ist. Wie sein Lehrer Meinong behauptet Weber, dass uns jedes Erlebnis einen ihm arteigenen Gegenstand präsentiert: Die Vorstellungen präsentieren uns Objekte, die Gedanken Tatsachen, die Gefühle präsentieren Werte und die Strebungen Sollungen. Außerdem hat Weber in seinen Schriften den strengen "gegenstandstheoretischen Dualismus" von Inhalt und Gegenstand übernommen, welchen die Grazer Schule vertreten hat. Im Einklang mit dieser behauptet er, dass zwischen Inhalt und Gegenstand von Erlebnissen ein grundsätzlicher Unterschied besteht: Der präsentierte Gegenstand ist seiner Natur nach gewöhnlich physisch oder ideal, während der Inhalt immer etwas Psychisches ist. Zugunsten dieser Behauptung spricht ferner die Tatsache, dass der Inhalt stets real ist, ihm kommt reale Existenz zu; wohingegen die Gegenstände, die durch den Inhalt präsentiert werden, nicht immer existieren, wie z.B., wenn ich an das gestrige Wetter denke. Ad (2) Der Erlebnisakt ist als jene psychische Komponente zu betrachten, welche allen Erlebnissen einer Art gemeinsam ist, durch welche sich diese von anderen Erlebnisarten unterscheiden: Der Akt ist also jener Erlebnisbestandteil, nach welchem zum Beispiel eine Vorstellung gerade eine Vorstellung ist, und nicht ein Gedanke oder ein Gefühl. Der Erlebnisakt verändert sich unabhängig davon, ob sich die Erlebnisgegenstände ändern (AP 105). Diese Differenz ist vom oben genannten Inhaltsunterschied durchaus unabhängig (siehe AP 102); es gibt nämlich sowohl Erlebnisse mit gleichem Inhalt und verschiedenen Akten (wie das Hören und Erinnern einer Melodie) als auch Erlebnisse mit gleichem Akt und verschiedenen Inhalten (wie Hören einer Melodie und eines Weinens). Daneben kann unser Erleben in einer weiteren Hinsicht unterschieden werden: es geht um die wichtige Differenz von Ernstmäßigkeit und Phantasiemäßigkeit. Dies lässt sich mit dem folgenden Beispiel verdeutlichen: Wenn ich z.B. einen Tisch sehe und mich später bloß an ihn erinnere, habe ich zwei qualitativ verschiedene Vorstellungen. Im ersten Fall ist meine Vorstellung als ernstmäßig bzw. als echt, im zweiten Fall als phantasiemäßig bzw. als unecht zu bezeichnen. Haben wir es hier mit inhaltlich verschiedenen Vorstellungen zu tun? Worin gründet dieser Unterschied? Weber meint, dass im Prinzip zwischen solchen Vorstellungen kein Unterschied in der Genauigkeit oder Lebendigkeit besteht. Die alltägliche Erfahrung zeigt uns, dass in manchen Fällen Gegenstände in Erinnerung oder Phantasie weniger genau gegeben sind. Wenn ich im obigen Fall den Tisch sehe, nehme ich zugleich auch eine Vielzahl einzelner Details wahr, wie schwarze Flecken auf der Platte, abgenutzte Farbe am Rande usw. Im Vergleich damit ist dieser Tisch in der Erinnerung ungenauer und blasser gegeben: Zur Zeit kann ich mich lediglich an einige seiner Qualitäten erinnern, während manche Details in der Erinnerung nicht mehr vorhanden sind. Gerade diese Ansicht, nach der Phantasievorstellungen im Vergleich mit Wahrnehmungsvorstellungen in der Regel als blassere und weniger genaue anzusehen sind, lehnt Weber jedoch ab. Er behauptet, dass es im Prinzip möglich ist, sich einen Gegenstand auch in der Phantasie ganz genau vorzustellen. Ein Kunstmaler z.B. kann ein Gemälde noch bevor es tatsächlich realisiert wird, in der Phantasie inhaltlich genau vor sich haben. Solche und ähnliche Beispiele sprechen - laut Weber - zugunsten der Behauptung, dass sich ernst- 97 mäßiges und phantasiemäßiges Vorstellen nicht durch Lebendigkeit und Genauigkeit wesentlich unterscheiden, was zur Folge hat, dass sie ihrem Inhalt nach nicht grundsätzlich verschieden sind. Ferner behauptet Weber, dass zwischen solchen Vorstellungen auch keine Differenz in der Intensität besteht. Wenn ich z.B. einen Knall höre und mich nachher an ihn erinnere, besitzt der Knall in der Erinnerung dieselbe Intensität wie vorher, als er gehört wurde. Weber will also auch hier darauf hinaus, dass ein solcher Unterschied nicht die Inhaltsseite des Vorstellens betrifft, sondern dass es sich hier - wie er in Übereinstimmung mit Meinong behauptet - um einen aktmäßigen Unterschied handelt, da man sich denselben Gegenstand in unterschiedlicher Weise, nämlich ernstmäßig oder phantasiemäßig präsentieren kann. Nach Weber ist das echte Vorstellen dem Wahrnehmungsvorstellen, das unechte aber dem Phantasievorstellen gleichzusetzen. Er definiert Phantasie als "unser Vermögen des unechten Vorstellens" (AP 89), welches größer oder kleiner sein kann. Beim derartigen Vorstellen besteht ein kontinuierlicher Übergang, was bedeutet, dass ernstmäßige Erlebnisse in phantasiemäßige übergehen können und umgekehrt. Ein Beispiel: Wenn wir eine Landschaft sehen, haben wir zunächst eine ernstmäßige Vorstellung von ihr; dieser folgt eine Vorstellung der Landschaft in der Erinnerung. Diesen Unterschied zwischen ernstmäßigem und phantasiemäßigem Vorstellen erweitert Weber auf alle Erlebnisse, wobei zwischen ernstmäßigen und phantasiemäßigen Gedanken, d.h. zwischen Gedanken "mit Überzeugung" und Gedanken "ohne Überzeugung" bzw. Annahmen, zwischen ernstmäßigen und phantasiemäßigen Gefühlen sowie zwischen ernstmäßigen und phantasiemäßigen Strebungen differenziert wird. Dem phantasiemäßigen Erleben kommt eine wichtige Rolle in unserem Alltagsleben zu: Erstens ermöglicht es uns, mittelbar fremdes Erleben zu erfassen und ist mit unserem Einfühlungsvermögen eng verbunden; zweitens ist es für das Erfassen in der Kunst von zentraler Bedeutung. Hierzu gehören z.B. Gedanken, die man beim Lesen eines Romans, einer Novelle usw. ohne jedwede Überzeugung hat. Welche Beziehung besteht nun zwischen ernstmäßigem und phantasiemäßigem Erleben? Für Weber ist phantasiemäßiges Erleben vom entsprechenden ernstmäßigen Erleben analytisch abhängig, nicht aber umgekehrt (siehe OP 13 Off): Man kann etwas phantasiemäßig nur dann erleben, wenn man schon früher einmal davon ein ernstmäßiges Erlebnis hatte; andrerseits ist es aber sehr wohl möglich, etwas nur ernstmäßig zu erleben. Ernstmäßiges Erleben ist somit als ursprünglicheres und primäres Erleben anzusehen. Aus diesem Grund kann z.B. ein Blinder überhaupt keine Vorstellung von Farbe haben, auch keine phantasiemäßige, da ihm ja jede ernstmäßige Vorstellung davon fehlt. Außerdem meint Weber, dass sich jedes ernstmäßige Erfassen von etwas in qualitativer Hinsicht von dem entsprechenden phantasiemäßigen unterscheidet (siehe AP 105f): Es ist als das qualitativ bessere einzustufen, weshalb jedes phantasiemäßige Erleben die gesetzmäßige Tendenz aufweist, in ernstmäßiges Erleben desselben Gegenstandes überzugehen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob uns gewisse Erlebnisse, nämlich ernstmäßige Vorstellungen, zu faktisch existierenden Gegenständen führen. Diese Ansicht, welche Weber Meinong zuschreibt, vertritt er auch selbst in einigen Werken (wie z.B. OP 34).1 Im Gegensatz dazu meint er aber in AP (siehe 89ff), dass solche Erlebnisse nicht garantieren, dass ihre Gegenstände tatsächlich sind, wofür u.a. die Tatsache spricht, dass uns auch phantasiemäßige Vorstellungen faktische Gegenstände präsentieren können, wie z.B. in dem Fall, wenn ich mich an den Triglav erinnere. Es kann 1 Mit der Weber'schen Kritik dieser Theorie beschäftigt sich auch Seppo Sajama, siehe: Sajama u.a., 1994: 175ff. 98 nicht behauptet werden, dass uns ernstmäßige Vorstellungen nur faktische und phantasiemäßige nur unfaktische Gegenstände präsentieren. Manchmal haben wir nämlich ernstmäßige Vorstellungen davon, was nicht faktisch ist, wie dies bei Halluzinationen der Fall ist, wo wir uns ernstmäßig vorstellen, was überhaupt nicht wirklich ist. Man kann sich also nach Weber etwas ernstmäßig oder auch phantasiemäßig vorstellen, ohne Rücksicht darauf, ob dieses Etwas faktisch ist. 2. Die neue Lehre: Treffen und Präsentieren Wie erwähnt hat Weber in seinen Spätschriften das Erlebnisschema: Inhalt - Akt -Gegenstand beibehalten, gewisse Änderungen fallen indes ins Auge. Diese sind mit seiner "Wende zur Wirklichkeit" (Terstenjak) verbunden, die in seinen Werken der 2. Hälfte der 30-er Jahre festgemacht werden kann. Weber beschäftigte sich zu dieser Zeit mit der Frage, wie man einen unmittelbaren Zugang zur Wirklichkeit bekommen kann und behandelte die Wirklichkeit u.a. in psychologischer, erkenntnistheoretischer und ontologischer Hinsicht. Im Mittelpunkt seiner Betrachtungen stehen die Empfindungen, wie etwa Gesichts-, Gehör-, Tastempfindungen, welche zu den Vorstellungen gehören. Sie sind nach Weber nichts Physisches und dürfen nicht mit physikalischen Prozessen gleichgesetzt werden; sie sind vielmehr als etwas Psychisches zu betrachten. Überdies sind sie als die fundamentalste Art von Erlebnissen anzusehen, da sie als notwendige Voraussetzung für alle anderen Erlebnisse dienen, während sie ihrerseits keine weiteren psychologischen Voraussetzungen haben. Er schreibt Empfindungen eine doppelte Funktion zu: Neben dem Präsentieren kommt ihnen eine weitere zu, die von ihm "(das) Treffen" genannt wird. Dieser Treffgedanke gilt unter Historiographen und bei den meisten Weber-Forschern in Slowenien als seine originellste Leistung, welche als Abkehr von der Meinong'schen Gegenstandstheorie eingeschätzt wird und die zu einer neuen "Seinsphilosophie" (Terstenjak) führt. Hier sollen Webers relevante Ausführungen aus seinem Buch Vprašanje stvarnosti (1939) sowie aus seinen nur zu einem geringen Teil publizierten Arbeiten, welche wahrscheinlich nach seiner Zwangspensionierung 1945 entstanden sind, dargestellt werden. Weber meint also, dass jeder Empfindung eine zweifache Funktion zukommt: Das Treffen und das Präsentieren. Beide Begriffe stammen aus dem sensuellen Bereich: Der erste gehört dem taktilen Bereich an und bedeutet soviel wie "etwas berühren", "auf etwas treffen"; der zweite Begriff dagegen kommt vom Visuellen her - etwas "schauen", "präsentieren" (VS 100). Diese Funktionen sind eng miteinander verbunden: Wenn wir etwas empfinden, treffen und präsentieren wir zugleich, und zwar treffen wir die Wirklichkeit und präsentieren uns ihre phänomenalen Qualitäten. Nach dieser Zweiteilung wird zum Beispiel eine Farbe präsentiert, "das Gefärbte", die Wirklichkeit selbst, welche "dahinter" steht, wird aber getroffen. Hierbei gilt, dass nur Phänomene präsentiert werden können und nicht die Wirklichkeit selbst, während die Wirklichkeit dagegen nur getroffen werden kann. Deshalb ist es z.B. nicht möglich, eine Farbe zu treffen, sondern diese kann nur präsentiert werden. Wie ist dies zu verstehen? Wie erwähnt ist das Präsentieren mit dem Erlebnisinhalt verbunden: Etwas kann nur durch den Inhalt präsentiert werden. Jede Empfindung präsentiert uns etwas gegenständlich Entsprechendes: Das Sehen präsentiert uns eine Farbe, das Hören präsentiert uns einen Ton usw., wobei die Empfindungen mit dem durch sie Präsentierten nicht verwechselt werden dürfen. Dieser Unterschied ist eben ein inhaltlicher: Sehen und Hören unterscheiden sich durch ihren Inhalt voneinander, sie sind inhaltlich verschiedene Erlebnisse. Das, was durch die Empfindungen präsentiert wird, sind jedoch die Erscheinungen, Sinnesqualitäten, welche uns an Dingen präsentiert werden. Den 99 Empfindungen wird nun eine weitere Funktion zugesprochen, die vom Präsentieren grundverschieden ist: Das Treffen, das der Aktkomponente des Empfindens zuzuordnen ist. Es ermöglicht uns, dass wir in die Wirklichkeit selbst vordringen, dass wir auf das, was "hinter" allen Erscheinungen steht, stoßen. Das Treffen führt uns demgemäß nicht zu Tönen, Farben usw., sondern zu etwas, das tönt bzw. zum Farbigen. Während das Präsentieren keinen Gegensatz aufweist und in diesem Sinne als "vollständig" zu bezeichnen ist (siehe OPS 15), kann dagegen das Treffen positiv oder negativ sein: Die Wirklichkeit kann getroffen oder auch verfehlt werden - wie Weber das Gegenteil des Treffens nennt. Dieser letztere Begriff wird allerdings bei Weber nicht näher erörtert und es wird auch kein gutes Beispiel dafür angegeben. Weber sagt bloß, dass beim Empfinden das Treffen manchmal trügerisch sein kann, indem es uns etwas als wirklich zeigt, was in der Tat überhaupt nichts Wirkliches ist (siehe OPS 15f). Ein Beispiel dafür wären Halluzinationen (siehe auch VS 313). Hier liegt ein negatives Treffen vor, also ein Verfehlen. Wie wir sehen werden, gibt Weber an einer Stelle jedoch eine völlig andere Erklärung von Halluzinationen. Die Trefffunktion führt uns unmittelbar zur Wirklichkeit: Wenn wir etwas treffen, empfinden wir dies als wirklich, als tatsächlich, während uns unzugänglich bleibt, wie dieses Etwas selbst beschaffen ist. Wenn wir die Wirklichkeit treffen, erleben wir einen besondern "Widerstand" (VS 110), "ein Nicht-weiter-Können", wobei uns die Wirklichkeit als "ein Hindernis" erscheint. Durch das Präsentieren, welches mit jedem Treffen einhergeht, bekommt diese Wirklichkeit "einen bestimmten Inhalt", sie wird uns anschaulich gegeben. Wenn wir zum Beispiel an einen Stein stoßen, empfinden wir ihn als etwas Wirkliches, während uns das Präsentieren seine verschiedenen Sinnesqualitäten zeigt, wie seine Farbe, seine Gestalt, seine Härte usw. Wenn wir uns diesen Stein nicht präsentieren könnten, würden wir ihn als etwas Wirkliches empfinden, ohne dass er anschaulich wäre. Wenn wir ihn aber nur präsentieren würden, hätten wir zahlreiche Vorstellungen seiner Qualitäten, ohne dass er uns als ein Wirkliches entgegentritt. Mit anderen Worten: Wir treffen die Substanz, während ihre Akzidenzien präsentiert werden, wobei sich Webers Akzidenzien mit Sinnesqualitäten decken, welche uns "phänomenal" gegeben sind. Da jeder Empfindung sowohl die treffende wie auch die präsentierende Funktion gleichzeitig zukommen, könnte man - laut Weber -sagen: Wenn wir die Wirklichkeit treffen, wird diese durch das gleichzeitige Präsentieren auch veranschaulicht, während Phänomene, welche wir uns präsentieren, durch ein gleichzeitiges Treffen verdinglicht werden. Nach Weber weisen beide Funktionen eine besondere Dynamik auf, da sie bei einzelnen Empfindungsarten unterschiedlich ausgeprägt sind: Je mehr eine Funktion ausgeprägt ist, desto weniger ist es die andere und umgekehrt.2 Es gilt also: Je größer das Treffen ist, desto kleiner ist das Präsentieren und umgekehrt. Mit anderen Worten stehen das Präsentieren und das Treffen in konträrem Verhältnis zueinander. Dies lässt sich an einzelnen Empfindungsarten klar darstellen. Nehmen wir als Beispiel Tasten und Sehen: Wenn wir einen Apfel berühren, erscheint er uns üblicherweise - so meint Weber - mehr wirklich als in dem Fall, wenn wir ihn bloß sehen. Beim Tasten ist das Treffen ausgeprägter als das Präsentieren. Wenn wir also etwas tasten, erscheint uns dies in stärkerem Maße wirklich, während seine Sinnesqualitäten hierbei für uns im Hintergrund stehen. Gerade das Umgekehrte gilt für das Sehen: Wenn wir etwas sehen, präsentieren wir uns in erster Linie seine Sinnesqualitäten, während dessen Wirklichkeit für uns Nach Weber kann dieses Verhältnis mathematisch folgendermaßen ausgedrückt werden: a + b = 1. Dies bedeutet, dass einmal die eine, einmal die andere Funktion im Vordergrund steht, wobei ihre Summe immer gleich 1 ist. Siehe MPW 62. 2 100 weniger ausgeprägt ist. Gemäß Weber steht bei bestimmten Empfindungsarten das Treffen und bei anderen das Präsentieren im Vordergrund. In der Empfindungsreihe Tasten-Temperaturgefühl-Schmecken-Riechen-Hören-Sehen (siehe VS 83) erreicht das Treffen beim Tasten seinen höchsten Grad, während es beim Sehen den niedrigsten erreicht. Gerade Umgekehrtes gilt für das Präsentieren: Dieses hat beim Tasten seinen niedrigsten Grad und beim Sehen den höchsten. Weniger klar ist dies beim Schmecken, Riechen und Hören: Warum sollte uns etwas wirklicher erscheinen, wenn wir diesen Gegenstand riechen als wenn wir ihn hören? Warum z.B. sollte uns eine Wurst beim Braten als wirklicher erscheinen, wenn wir ihren Duft riechen als wenn wir hören, wie sie beim Braten brutzelt? Im Lichte dieser späteren Lehre hat Weber seine früheren Ansichten über die Erlebnisstruktur signifikant korrigiert. 3. Zwischen ernstmäßigem und phantasiemäßigem Erleben besteht kein Aktunterschied 1939 hat Weber seine eingangs dargelegte Auffassung der Erlebnisstruktur in wesentlichen Punkten kritisiert: Er meint nun, dass zwischen ernstmäßigen und phantasiemäßigen Erlebnissen kein Unterschied im Akt, sondern ein Unterschied im Inhalt besteht. Er behauptet, dass dieser Unterschied die Frage betrifft, was wir uns präsentieren und nicht wie wir uns dieses Etwas präsentieren. Deshalb muss in dieser Hinsicht seine eigene frühere Position wie auch die Ansicht seines Lehrers Meinong berichtigt werden. Wie erwähnt hat Weber in seinen Frühschriften behauptet, dass sich im Prinzip ernstmäßiges Erleben vom phantasiemäßigen durch Genauigkeit und Lebendigkeit nicht grundsätzlich unterscheidet. Nun vertritt er die genau gegensätzliche These, nämlich dass ernstmäßiges Erleben seiner Natur nach in der Regel als lebhafter und genauer als phantasiemäßiges anzusehen ist. Wenn wir etwas nicht mehr wahrnehmen, sondern es in der Erinnerung vorstellen, ist die Erinnerungsvorstellung im Vergleich mit der Wahrnehmungsvorstellung als blasser zu bezeichnen. Außerdem meint er, dass Ernstmäßigkeit und Phantasiemäßigkeit des Erlebens verschiedene Abstufungen aufweisen, indem ein Erlebnis sie in höherem oder in geringerem Grade besitzen kann (siehe VS 117). Demgemäß gibt es Erlebnisse mit Ernstmäßigkeit im höchsten Grade - das sind eben Wahrnehmungen, wie es auch Erlebnisse mit Phantasiemäßigkeit im höchsten Grade gibt - zu diesen gehören die reinen Phantasieerlebnisse. Zwischen beiden Gegenpolen befinden sich Erlebnisse mit größerer/höherer bzw. geringerer/niedrigerer Ernstmäßigkeit bzw. Phantasiemäßigkeit, wie etwa Erinnerungen. Dieser Unterschied, der nach Webers neuer Ansicht den Inhalt des Erlebens betrifft, hat Änderungen auf der gegenständlichen Seite zur Folge. Er besagt, dass ernstmäßige und phantasiemäßige Erlebnisse desselben Gegenstandes dem Inhalt nach verschieden sind, da sie sich durchaus auf verschiedene Gegenstände richten. Nur ernstmäßige Erlebnisse richten sich auf eigentliche bzw. "echte" Gegenstände, während die Gegenstände des Phantasieerlebens als Surrogate, als "unechte" Gegenstände zu bezeichnen sind. So sind z.B. die Sinneswahrnehmung und die Erinnerungsvorstellung eines Donners nicht gleichzusetzen, da sie etwas vollkommen Verschiedenes zum Gegenstand haben: "[D]ieser gegenwärtige' Donner, welchen wir uns in der Erinnerung phantasiemäßig vorstellen und vorstellen müssen, [ist] etwas ganz Anderes als jener vergangene und echte Donner, an welchen wir uns im Augenblick nur erinnern, und welchen wir uns gerade aus diesem Grund nicht ernstmäßig vorstellen und nicht vorstellen können" (VS 116). Der Donner, den wir jetzt hören, und der Donner, der 101 danach in unserer Erinnerung vorhanden ist, können nach Weber nicht identisch sein, da sie verschiedene Eigenschaften besitzen: Der letztere, wie Weber sagt, "donnert nicht" und kann sich deshalb mit dem echten Donner nicht decken. Hier gilt, dass sich lediglich das gegenwärtige Hören auf den echten Donner richtet; in der Erinnerung ist jedoch bloß dessen Surrogat, nur der "unechte" Donner vorhanden, und somit besitzen Wahrnehmung und Erinnerung vollkommen andere Gegenstände. Außerdem kann ein unechter Gegenstand nach Weber als "besserer oder schlechterer Vertreter" (VS 118) des "echten" Gegenstandes betrachtet werden. Hierbei sind Erinnerungsgegenstände jedenfalls als "bessere Vertreter" der echten Gegenstände anzusehen, als dies für reine Phantasiegegenstände gilt. Das bedeutet, dass ein Erinnerungsgegenstand dem "echten" Gegenstand stärker gleicht, da sie mehrere ähnliche Eigenschaften besitzen. Es ist allerdings nicht ganz klar, wie dieser Unterschied zwischen "echtem" und "unechtem" Gegenstand zu verstehen ist. Bedeutet dies, dass ein "unechter" Gegenstand bloß in unserem Geist existiert und etwas bloß Psychisches ist? Es liegt nahe, dass zwischen beiden eine gewisse Ähnlichkeit bestehen muss. Der "unechte" Gegenstand muss jedoch weniger Eigenschaften besitzen als der "echte" Gegenstand. Was garantiert uns, dass wir einen "echten" und nicht einen "unechten" Gegenstand vor uns haben? Was ist der Fall, wenn kein "echter" Gegenstand vorliegt, wie bei Halluzinationen? Kann man einen "unechten" Gegenstand auch dann besitzen, wenn ein entsprechender "echter" Gegenstand fehlt? Bei Weber kann man keine Antworten auf diese Fragen finden. Wie erwähnt können ernstmäßige Erlebnisse in phantasiemäßige übergehen und umgekehrt. Da sich nach seiner neuen Ansicht ernstmäßige und phantasiemäßige Erlebnisse auf grundverschiedene Gegenstände richten, nämlich auf "echte" und "unechte", stellt sich die Frage, ob zwischen derartigen Erlebnissen genau genommen noch ein kontinuerlicher Übergang vorliegen kann oder ob es sich nicht vielmehr um eine diskrete Differenz handelt - diese Frage kann hier nicht näher erörtert werden. Weber behauptet ferner, dass dieser Unterschied bei allen Erlebnissen, also auch bei Gedanken, Gefühlen und Strebungen festzustellen ist, welche sich also auf Grund des Gesagten sowohl auf "echte" als auch auf "unechte" Gegenstände richten (siehe VS 124). Ein Beispiel: Ernstmäßige Freude über das schöne Wetter, welche ich in diesem Augenblick erlebe, bezieht sich auf das "echte" schöne Wetter, während sich in der Phantasie erlebte Freude bloß auf einen vertretenden Gegenstand richtet. Deshalb unterscheiden sich die ernstmäßige Freude von der phantasiemäßigen durch ihren Inhalt und nicht durch den Akt. Es scheint uns jedoch fraglich, ob sich mit einer solchen "Verdoppelung" der Gegenstände der Unterschied zwischen Ernstmäßigkeit und Phantasiemäßigkeit des Erlebens besser erklären lässt, und ob das nicht vielmehr in schwer nachvollziehbaren und letztlich unfruchtbaren Entwicklungen mündet. Jedenfalls führt Weber Begriffe ein, die er weder bei ihrer Einführung noch später genauer erklärt. 4. Ernstmäßigkeit und Phantasiemäßigkeit des Treffens und des Präsentierens Wie erwähnt bestreitet Weber die Behauptung - die er Meinong zuschreibt - nach welcher uns ernstmäßige Vorstellungen bereits zur Wirklichkeit führen. Im Buch von 1939 wird die Differenz von Ernstmäßigkeit der Empfindungen und deren Trefffunktion präzisiert. Weber meint, dass sich mit Hilfe des Treffgedankens diese Differenz näher erläutern lässt. Wenn wir etwas sehen, hören, tasten usw., empfinden wir dies als wirklich und stellen es uns gleichzeitig als ernstmäßig vor; hierbei ist unser Empfinden nicht nur als treffend, sondern auch als ernstmäßig zu bezeichnen. Allerdings sind diese beiden Begriffe nicht gleichzusetzen, wofür Weber mehrere Argumente vorbringt. 102 Erstens gilt, dass das Treffen bei gleicher Ernstmäßigkeit unterschiedlich ausgeprägt sein kann. Wie wir gesehen haben ist diese Funktion bei verschiedenen Empfindungsarten unterschiedlich ausgeprägt: Beim Tasten erreicht das Treffen seinen höchsten Grad und beim Sehen den niedrigsten. Wenn also die Ernstmäßigkeit der Empfindungen mit dem Treffen identisch wäre, müsste sie sich analog zum Treffen verändern; sie bleibt hierbei jedoch völlig gleich - wenn wir z.B. einen Stein sehen und berühren, haben beide Vorstellungen Ernstmäßigkeit in gleichem Grade. Ein weiterer Unterschied liegt in der Passivität: Wenn wir etwas treffen bzw. wenn wir uns etwas ernstmäßig vorstellen, sind wir in beiden Fällen passiv; jedoch handelt es sich jedes Mal um eine völlig verschiedenartige Passivität. Wenn wir etwas ernstmäßig vorstellen, dann befinden wir uns in einem passiven Zustand. Passivität bezieht sich hier auf den psychischen Zustand und wird von Weber "innerliche oder psychologische Passivität" (siehe VS 110) genannt. Um eine andersartige Passivität geht es beim Treffen: Wenn wir etwas treffen, erleben wir nach Weber "einen Widerstand", wir empfinden es als "ein Hindernis". Wir haben es in einem derartigen Fall mit tatsächlicher Passivität zu tun, welche der Wirklichkeit zukommt. Diese Passivität nennt Weber "wirkliche" (ebd.); es handelt sich um eine "Passivität unserer innerlichen Beziehung zur fremden Wirklichkeit" (ebd.). Diese ermöglicht es, dass wir uns in unserer Umgebung erfolgreich orientieren. Auf Grund des genannten Unterschiedes lässt sich nun nach Weber auch der Unterschied zwischen Sinneswahrnehmung und Halluzination genauer erklären. Wenn ich z.B. eine Schlange wahrnehme oder wenn ich sie halluzinatorisch wahrnehme, habe ich in beiden Fällen ernstmäßige Vorstellungen von ihr. Deshalb kann der Unterschied zwischen Wahrnehmungsvorstellungen und Halluzinationen mit Hilfe des Begriffspaares Ernstmäßigkeit und Phantasiemäßigkeit nicht erklärt werden, sondern man braucht dafür noch etwas Zusätzliches, nämlich eben die Trefffunktion. Nach Weber sind lediglich Wahrnehmungen mit dieser Funktion ausgestattet, während sie Halluzinationen völlig abgeht. Sinneswahrnehmungen unterscheiden sich von ihnen darin, dass sie als ernstmäßige Vorstellungen zu klassifizieren sind, die auch noch die Trefffunktion erfüllen. Halluzinationen sind dagegen als ernstmäßige Vorstellungen aufzufassen, denen aber jede Trefffunktion mangelt. Es ist jedoch etwas völlig anderes, wenn man behauptet, dass Halluzinationen ganz ohne Trefffunktion sind, als dass es sich hier - wie oben ausgeführt wurde - um ein negatives Treffen bzw. ein Verfehlen handelt. Weber bleibt uns hier allerdings eine genauere Erklärung schuldig. Im Weiteren behauptet Weber, dass der Unterschied zwischen Ernstmäßigkeit und Phantasiemäßigkeit der Erlebnisse sowohl auf das Präsentieren als auch auf das Treffen angewendet werden kann. Das bedeutet, dass das Präsentieren bzw. das Treffen echt oder unecht sein kann. Wie wir gesehen haben handelt es sich hier um einen Inhaltsunterschied, da sich ernstmäßige und phantasiemäßige Erlebnisse auf etwas durchaus Verschiedenes richten, nämlich auf "echte" bzw. auf "unechte" Gegenstände: Durch ernstmäßige Empfindungen präsentieren wir uns "echte" Phänomene, durch phantasiemäßige indes "unechte". Ähnliches gilt es beim Treffen: Mit ernstmäßigem Treffen dringen wir zur "echten Wirklichkeit vor, mit phantasiemäßigem jedoch zur unechten bzw. zur "vertretenden" Wirklichkeit. Phantasiemäßiges Treffen bzw. phantasiemäßiges Präsentieren werden von Weber "das vertretende Treffen und Präsentieren" genannt (VS 124). Auf Grund des Gesagten kommt Weber zum Schluss, dass Ernstmäßigkeit und Phantasiemäßigkeit als "besondere Seite" des Treffens bzw. des Präsentierens (VS 126) aufzufassen sind. Es ist wieder unklar, wie die genannten Differenzen zu verstehen sind. Was bedeutet z.B., etwas "unecht" zu treffen? Weber erläutert dies an keinem Beispiel. Er führt wiederum Begriffe ein, die nicht genug präzisiert werden. 103 Somit ergibt sich, dass Webers Vorschlag, den Unterschied zwischen Ernstmäßigkeit und Phantasiemäßigkeit der Erlebnisse dem Inhalt des Erlebens anstatt dem Akt zuzuordnen, viel zu viele Frage offen lässt. Außerdem führt er zu unnötigen "Verdoppelungen" auf der gegenständlichen Seite.3 Literatur (Auswahl) Gombocz, W. 2001: "Ende und kein Ende der Tradition der 'Grazer Schule'/ 'Graška Šola' in Slowenien. Anmerkungen zur beginnenden Historiographie", in: Binder, T. u.a. (Hg.): Bausteine zu einer Geschichte der Philosophie an der Universität Graz, Amsterdam/New York: Rodopi (Studien zur Österreichischen Philosophie 33), 263-287. Marek, J. C. 2001: "Meinong on Psychological Content", in: Albertazzi, L. u.a. (Hg.): The School of Alexius Meinong, Aldershot/Burlington/Singapore/Sydney: Ashgate, 261-286. Meinong, A. 1917: "Über emotionale Präsentation", Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien/Philosophisch-historische Klasse, Bd. 183, 2. Abhandlung. Nachdruck in: Alexius Meinong Gesamtausgabe, Bd. III, 283-476. Pihlar, T. 2004: "Zur Theorie der Intentionalität bei France Weber", in: Marek, J. C. und Reicher, M. E. (Hg.): Erfahrung und Analyse. Beiträge des 27. internationalen Wittgenstein Symposiums, 8.-14. August 2004, 266-268. Potrč, M. 1995: "Sensation According to Meinong and Veber", Grazer Philosophische Studien 50, 573-590. Reicher, M. E. 2001: "Die Grazer Schule der Gegenstandstheorie", in: Binder, T. u.a. (Hg.): Bausteine zu einer Geschichte der Philosophie an der Universität Graz, Amsterdam/ New York: Rodopi (Studien zur Österreichischen Philosophie 33), 173-207. Sajama, S. u.a. 1994: Misel in smisel, Ljubljana: Znanstveno in publicistično središče (Sophia). Terstenjak, A. (Hg.) 1972: Vom Gegenstand zum Sein, München: Trofenik. Veber, F. 1924: Očrt psihologije, Ljubljana: Zvezna tiskarna in knjigarna (OP). - 1924: Analitična psihologija, Ljubljana: Kleinmayr & Bamberg (AP). - 1939: Vprašanje stvarnosti, Ljubljana: Akademija znanosti in umetnosti (VS). Bemerkungen zum Werdegang des France Veber, Graz: philos. Diplomarbeit, 1*-79* (MPW). - " (OPS). Weber, F. 1987: "Empfindungsgrundlagen der Gegenstandstheorie", Conceptus 53-54, 75-87. Ich möchte mich bei Mag. Harald Berger, Dr. Wolfgang Gombocz, Mag. Ulf Höfer und Dr. Johann Marek für ihre Hinweise und sprachliche Korrekturen bedanken. 104