tnr Annst, Literatur, Theatern, geselliges Leben. Herausgegeben «nd redigirt von Leopold Kordesch. ^ NG. Freitag am A. Juni Ä83s. Von dieser Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nummern, jedes Mal ein halber Bogen. Der Preis des Blattes ist in Laibach jährlich 0< halbjährig 3 fl. Durch die l. t. Post unter llouvert mit portofreier Zusendung ganzjährig », halbjährig , fi. C. M., »nd wird halbjährig vorausbezahlt. Alle k. k. Postämter nehmen Pränumeration an. I » Laibach pränumerirt man entweder im Zeitungs-Comptoir, in der Buchhandlung des Herrn Leop. Paternolli, oder beim Nedactcur, am Marienplatze, Nr. l«, zu ebener Erde. WWMiüM^WWM , Des Ginsamen Klage. (Nach dem Pohlnischen des Karpinsky.) >Er kannte Ihren Vater«« nahm etwas ängstlich der Bediente das Wort »»und seine Lebensgeschichte, die ich ihm eben erzählt habe, ergriff ihn dergestalt, daß er bewußtlos zusammen sank.«« Da wachte Do­brovinsk y auf. Er heftete einen langen Blick auf den Offizier, und ergriff wehmüthig seine Hand. »Ich habe Ihnen Alles geraubt,« sprach er, »und an dem Mörder all' Ihres Glückes üben Sie solche Güte?« »»Lassen Sie das! — nicht Ihnen, dem feindli­chen Geschicke muß ich zürnen«« begütigte ihn der Of­fizier. »Nein ! nein! werfen Sie nicht die Schuld auf den allgütigen Himmel, und suchen Sie nicht die Ursache Ihres Unglückes am Throne der ewigen unendlichen Liebe!« sagte der Graf. »Mein ist diese Schuld, in meiner tiefinnersten Brust wohnt sie — wird sie ewig wohnen. Ich bin der Elende, der Fluchenswerthe, durch dessen Thorheit und Unbedachtsamkeit Ihr biede­rer Vater nach Sibirien, Ihre gute Schwester Pau­lowna in die leere, kalte, feindliche Welt hinausge-­stossen wurden!« — »»Wie Sie sich doch so unnütz über geschehene Dinge ereifern können«« fiel ihm der Offizier ein. »»Was kann der klare Mond dafür, daß ihn plötzlich eine Nebelwolke verdunkelt. Die Lüge vergeht, Wahr­heit aber besteht! das ist mein Grundsatz, auf dessen diamantenen Säulen mein Glaube ruht.«« ^ »Daß diese Welt so arg sey, daß so verschieden die Herzen der Menschen schlagen, wußte ich bis jetzt noch nicht,« erwiederte bitter lächelnd Dobrovinsky . Da öffnete sich die Thüre des friedlichen Gemaches, und herein trat der General mit einem Gefolge von mehren Offizieren., Einer derselben überreichte ihm den St. Annen Orden. Er aber ging auf den erstaunten Wohlthäter Dobrovinsky's zu, und befestigte den blitzenden Orden feierlich auf dessen linke Brust mit den Worten: So ehrt mein Kaiser das wahre Ver­dienst! — doch wer ist dieser Fremdling? fragte der General etwas befremdet zurücktretend, und wies auf deu kranken Dobrovinsky . Wahrscheinlich ein pohl­nischer Stabsoffizier, sagte er ohne auf Antwort zu warten, halbgewendet zn seinen Begleitern, indem er ans die an der Wand hängende pohlnische Uniform hindeutete. Dunkelheiten uud Näthsel, die ich aufge­klärt zu haben wünsche. (Beschluß folgt.) Die nächtliche Ueberfahrt. Seen« aus den Zeiten les franziisischen Krieges von ?e«p. Kordesch. Grabesschweigen lag über der Nacht. Monotonen Spieles wälzte die eben hochgehende Save in dem von Bergen verengten Bette ihre mächtigen Fluten dahin in lautloser Oede. Da erklangen vom Thurme des stromüber liegenden Marktes Ratsch ach melancholisch und dumpf die Glockenschläge der Mitternacht. Das immer wachende Echo gab sie getreulich zurück, und gleichzeitig blickte der Moud vollwangig und hell hin­ter dicken Wolfenschichten gleichsam spähend hervor, ob noch welches lebende Wesen sich rege, und goß sein Zauberlicht in hellen Strömen über die Gegend. Dicht am felsigen Abhang des Ufers stand eine kräftige Mannsgestalt in einem weißen Mantel gehüllt, uud schien die mitternächtlichen Glockenzeichen als ein Signal erwartet zu haben; denn kaum waren noch diese im Dunkel verklungen, als er drei Mal in die Hände schlug, uud dann in der Stellung eines Horchende» über das Wasser hinüber schaute. Er mußte zum Krie­gerstaude gehören. Ein schöner Helm, im Monde er­glänzeud, zierte seine Heldengestalt, und unter dem Mautel blitzte die blanke Stahlscheide des Säbels her­vor. Da bewegten sich jenseits zwei Menschen gegen das Ufer, und bestiegen geräuschlos ein Boot. »Sie ist's!« sprach hastig und halblaut der Krieger, und rieb sich, wie es schien, vor Frnide die Hände. Von einem kräf­tigen Ruder geleitet, flog der Kahn pfeilschnell über den hoheu Rücken des Stromes herüber. Der Schiff« blieb im Fahrzeug, eine weiße Gestalt aber erstieg in Hast den steilen Uferabhang, und stürzte sich mit den Worten: »Ach mein Anton ! welch' ein Wiedersehen!« in die offenen Arme des Weißmantels. Einige Minu­ten lagen sie so in sprachloser Umarmung, dann erhob das Mädchen thräneuglänzend ihr Auge zu dem krie­gerischen Jünglinge, schmiegte sich fest an ihn, :md 39 sprach unendlich weich und wehmüthig: «Mein Anton ! wie vermag ich mein Schmerzgefühl, nieine Angst um dich zu beschreiben? — Ach, was hast du gewagt! du stehst in augenscheinlicher Lebensgefahr, selbst die Breite des Stromes schützt dich nicht, des Verräthers Auge wacht, du bist verloren, wenn du nicht fliehest. Deiw Uebergaug an die Oesterreicher, dein Verrats) der feind­lichen Stellung beschäftigt in unserm Orte alle franzö­sischen Offiziere; man weiß, daß du in der Nahe weilst, du bist auf's Genaueste beschrieben, unser Verhältniß bekannt, und dein Tod gewiß, wen» du noch zögerst. Ach, Anton ! welche Todesangst verbreitete dein küh­ ner Brief, mich heute hier sehen zu wollen, in deinem und meinem Hause! Ich mußte den Eltern geloben, deine tollkühne Einladung auszuschlagen, allein deiue letzten Zeilen, dich, wen» ich keine Nachricht sende, in den Fluten zu begraben, meine grenzenlose Liebe zu dir, uud der Vorsatz, dich zu warnen, ließen mich aller Rücksichen, meines feierlichen Gelobnißes und der eigenen Todesgefahr vergessen. Still weckte ich, als Alles schlief, «nsern treue» Knecht, uud so setzten wir in grauenvoller Nacht über den hochgeschwollenen Strom; darum mein Anton , bei der Höllenangst deines Mäd­chens, bei ihrer-Liebe, die an's Unendliche grenzt, bei. der Gefahr, die sie deinetwegen so gerne ausstand, beschwöre ich dich, zögere nicht länger, fliehe, fliehe ungesäumt!« — Sie war in flehender Stellung vor dem Jünglinge hingesunken. I m sprachlosen Schmerz hatte der Krieger den weichen,flehende» Tönen feines engelschönen Mäd­chens gelauscht, deren Himmelsangen im milden Mond­licht unbeschreibliche Liebe und Reinheit, Angstund Wehmuth spiegelten. Dann hob er sie auf, küßte sie brennend auf Mund und Auge, und sagte gegen Him­mel blickend feierlichen Tones: »Bei dem Sternenlichte da oben, ich konnte dem Drange meines ungestümen Herzens nicht widerstehen, ich mußte,dich sehen, Ma­rie , zum letzten Male vielleicht; — deun morgen mit Tagesanbruch marschirt mein Regiment, ohne daß wir die Route noch wissen. Ich habe als Sohn mei­nes Vaterlandes gehandelt, habe den Meinen genützt und mein Gewissen ist ruhig. Sieh, Marie , ich bin Offizier!« sprach er weiter, den großen Neitermantel auseinander schlagend «und mag ich nun auch fallen! Ich habe dich nochmals gesehen, die Liebe trug dich herüber, ich habe aus deinen treuen, freundlichen Au­gen Muth und Ergebung geschöpft, ich danke dir Mäd­chen, und will nun ohne Zögerung fliehen. Bringe un­fern Eltern meine Grüsse uud mein Lebewohl, du aber gedenke stets deines Antons , und bethe für ihn!« Thränen entstürztcn seinen schönen männlichen Au­gen, uud in unbeschreiblicher Wehmuth umarmten sich die unglücklich Liebenden. Da schlug die Glocke Eius über dem Wasser, und einige dumpfe Stimmen am jenseitigen Ufer wurden hörbar. »So leb' denn wohl mein geliebter Anton!« hauchte in kaum vernehm­baren Worten das weinende Mädchen, »eine ungeheu­re Angst befällt mich, indem ich scheiden soll, und einer inner» Stimme Flüstern will mir sagen, daß wir zum letzten Male uns sehen. Als der Knecht vom Ufer stieß, zog's mich mit einer geheime» Kraft zu­rück zu meiuen Eltern, uud nun will's nimmer mich hinüber lassen, aber —Anton , es muß seyn, ich höre Stimmen jenseits, noch diesen Kuß — nun Gott be­fohlen !« Gewaltsam entriß sie sich seiner stürmischen Umarmung, winkte dem harrenden Knechte, stürzte, ohne zurück zu sehen, den steilen Abhang hinab auf das Fahrzeug zu, bestieg es, und der stromkundige Schiffer stieß geräuschlos vom Felsen. Das Schiffchen flog gegen die reißende Mitte des Wassers. Aber gleichsam, als wollte der Liebenden Freund, der bleiche Mond, den schmerzlich Getrennten noch einen hellen Scheideblick schenken, trat er plötzlich lächelnd und voll aus seinem Gewölk. Mit verschränk­ten Armen stand Anton , stieren Blicks auf das schwan­kende Boot, auf seiuem hohen Felsenabhange, und streckte liebend seine Arme aus, während des Mädchens wei­ßes Sacktuch flatternd im Mondlicht als Fahne unver­gänglicher Liebe, dem Zurückgebliebenen entgegenschwoll. Da zuckten vom heimatlichen Ufer der Ueberschif­ fenden plötzlich und fast gleichzeitig drei Blitze empor, und eben so viele Schüße dröhnte» gräßlich über den brausenden Flnß. »Herr Gott!« schri«, das Mädchen auf, und warf todesängstlich und schnell ihren Blick auf de» je»seits noch immerstehenden Anton. — Arme Marie ! — Vom schroffen Felsabhang sah sie tödtlich getroffen und lautlos den Heißgeliebten in die Fluten stürzen, die schäumend über ihn zusammen schlugen — noch ein Schmerzensschrei, den der Widerhall von bei­ den Ufern grell zurückwarf — uud der erschrockene Knecht stand allein im Kahne, und sah die geliebte Tochter seines Herrn von gierigen Wellen verschlun­ gen. — Lichter bewegten sich gegen das Ufer. Mehre Stimmen ertönten angstvoll- Der Knecht fuhr au's Land. Mit aufgelöstem Haupthaar stürzte ein Weib ihm entgegen. »Unglücklicher!« schrie sie verzweifluugs­ voll »wo ist meine Tochter? — Du hast sie überfah­ ren !« Schmerzzerrißen wies der Getreue auf die schäu­ mende Flut, legte seine Hand mit einem Blicke zum Himmel auf die Brust, und sprach feierlich: Mutter, bei Gott, ich bin schuldlos! — Aphorismen. Handle nie in der ersten Wallung der Leidenschaft. Verheerend für die ganze Natur ist der Sturm in der ersten Wuth. Wir haben Ableiter für die Gewitter; aber wo wäre ein Frankli n zu finden, der uns Ableiter für häuslichen Unfrieden erfände. 4V Zügle deine Wunsche und Begierden; im Frühlin­ge deines Lebens ereilt dich sonst das Alter, und die Sonne deiner Tage ist nur die Dauer einer Morgen­röcke gewesen. Sich über die Mittel kleiden, heißt die Wangen schmücken, an welchen innerlich der Krebs nagt. Glaube an Alles lieber, als an die Festigkeit des menschlichen Charakters. Des Thurmes Fähnlein ist aus Metall, und doch dreht's der Wind nach Willkühr hin und her. Die Unschuld gleicht dem Schmetterlinge. Der Hauch eines Wortes bläst ihr den Staub von den zar, ten Flügeln, und nimmer kehrt der schöne Farbeu­schmelz zurück. Die Erfahrung ist dersicherste Stab, an dem du ohne zu wanken, gefahrlos durchs Leben wandeln kannst. Grabdevise. Nach Goldesschimmcr strebte Der Niedre nie hienieden: — L l war, so lang er lebte — Mit Silbergeld zufrieden. Epitaphien. (Aus einem Dorftirchhofe.) Vieh! hier liegen Brüderchen Franz und Friedrich Mul>); Jener starb am fünfzehnten — Der am letzten Juli. — Hier liegt der Korporal Hans Mord: Wollt' früher zwar Feldwebel werden: Doch ward er es nicht hier auf Erden, Vielleicht wird er es dort! — __x°­Revue des Mannigfaltigen. Als in den holländischen Colonien von Südamerika noch die Sklaverei in ihrer vollen Härte bestand, er­zählte man sich folgende fürchterliche Rache, die ein mißhandelter Neger an seinem grausamen Herrn übte. Wegen eines geringen Vergehens nämlich wurden Weib und Kinder von ihm getrennt, er aber mit einer un­menschlichen Strafe belegt, daß er darüber fast seinen Verstand verlor. Er wurde still und in sich gekehrt, und schien ganz abgehärtet und fühllos gegen die Au­ßenwelt zu seyn. Mehre Jahre verflossen, und der Herr, von seiner Seite alles vergessend, schien in de« alten Neger wieder sein Zutrauen zu setzen. Einst von einer seiner Plantagen zu seiner Besitzung zurückkehrend, wählte er den Weg zu Wasser auf einem jener zahllo­sen Nebenflüsse des Oronoco, und bestimmte verdacht« los den Neger zum Führer seines Canots. Es war eine der herrlichen milden Sommernächte, wie sie nur jenen Breiten eigen sind, als das Schiff still über die ruhige Fläche des Wassers dahinglitt, indeß der Herr von des Tages Mühen erschöpft, im tiefe» Schlummer versenkt, in der Kajüte ausgestreckt am Boden lag. Mit nervigen Armen stieß der Diener in mechanischen Ruderschlägen den leichten Kahn durch die öde Wasserwüste. Da tönt an sein Ohr das Grun­zen und Klaffen der Kaimane, dieser furchtbaren Kro­kodille Südamerika's, die nach Beute lüstern, in großer Menge den Nachen umgaben. Da blitzt durch das öde Gehirn des mißhandelten Negers ein Gedanke der fürch­terlichsten Rache. — Mit gigantischer Faust packt er seinen Herr«, und wirft ihn über Bord, den grausen Unge­heuern des Flußes ein willkommenes Futter. '— Nur ein Flecken Blutes schwamm noch an der Oberfläche hinab, wo die schauervolle That geschehen war- Mit wenigen Ruderschlägen trieb er nun den Kahn an das entgegengesetzte Ufer des Flußes, und verschwand in die Wälder. Man erzählt, David habe Napoleon male» wollen als Helden , den Degen in der Hand, auf dem Schlachtfelde; Bon aparte erwiederte aber die merk­würdigen Worte: »Nein, mit dem Degen gewinnt man keine Schlachten; ich will ruhig gemalt seyn, auf einem wilden Pferde.« Anagramm. Mit A triffst du's in allen Auen, Mit Au will's Niemand gerne schauen, Mit Ei ist's ruhig und besonnen, Mit Je wird es vom Uetreid gewonnen. Mit 2 kannst du es leichter sehen, Mit Usiehst du den Freund vorübergehen. Auflösung des Palindroms im Blatte Nr. 9. Geis — Sieg. Berichtigung. Im Blatte Nr. y, S. 24, Spalte t, Zeile »««n oben ist anstatt Villen, Stillen — S. 35, Spalte I, Zeile2« von unten ist anstatt Jahren, Jahre, und Spalte 2, Zeile iü, von unten anstatt: daß, das — ferner Seite 26, Spaltet, Ze,le 22 von unten anstatt: Rinnen, Ruine» zu lesen. Nachricht. Jenen?. I'. Herrn, die «uf diese Zeitschrift nachträglich prcinumeriren wollen, dien« hiermit zur Nachricht, daß bis Ende des Monates Juni noch alle vorhergehenden Nummern nachtraglich bezogen werden tonnen. Der Preis eines einzelnen Blattes ist «n kr. Laibach am l. Juni luin. Die Redaktion. Laibach, gedruckt bei Joseph Vlasnik.