Original scientific paper Izvirni znanstveni članek DOI: 10.32022/PHI33.2024.130-131.19 UDC: 165.721 Die unzeitgemässe Situation der Philosophie in der Epoche des Nihilismus Dean Komel University of Ljubljana, Faculty of Arts, Department of Philosophy, Aškerčeva cesta 2, 1000 Ljubljana, Slovenia | Institute Nova Revija for the Humanities, Vodovodna cesta 101, 1000 Ljubljana, Slovenia dean.komel@guest.arnes.si The Untimely Situation of Philosophy in the Epoch of Nihilism Abstract The starting point of the paper is the assumption that the self-understanding of philosophy today is epochally shaped by the announcement of the "uncanniest of all guests"—nihilism. This presents us with the task of determining the untimeliness of philosophy in the age of nihilism, for which a critical examination of philosophy's Phainomena 33 | 130-131 | 2024 current position in the academic, cultural, social, and informational environment is far from sufficient. It is worth pointing out that it is precisely the exaggerated over-preoccupation and obsession with the actual and the activistic today that is a signal of the nihilism at work here. Philosophy's proper response to this is to remain and persevere in its untimeliness. Only in this way can it perhaps succeed in keeping open the question of the measure of time in the epoch of nihilism. Keywords: nihilism, philosophy, time, (post)modernity, epoch. Nesodobna situacija filozofije v epohi nihilizma Povzetek Izhodišče prispevka tvori predpostavka, da samorazumevanje filozofije danes epohalno zaznamuje najava »najgrozljivejšega vseh gostov« - nihilizma. To nas postavlja pred nalogo določitve nesodobnosti filozofije v dobi nihilizma, za kar še zdaleč ne zadostuje kakšna kritična diskusija o aktualnem položaju filozofije znotraj 398 akademskega, kulturnega ter družbenega in informacijskega okolja. Sploh velja poudariti, kako prav čezmerna zasedenost in obsedenost z aktualnim in aktivističnim danes signalizira, da je tukaj na delu nihilizem. Filozofija še najprimerneje odgovarja nanj tako, da ostaja in vztraja v svoji neprimernosti času. Edino na ta način morda lahko uspe zadržati odprto vprašanje o meri časa v dobi nihilizma. Ključne besede: nihilizem, filozofija, čas, (post)modernost, epoha. Dean Komel Der Nihilismus ist die einzige Philosophie, die organisch aus der modernen Spaltung hervorgeht, der Kluft zwischen Gesellschaft und Mensch; die moderne Kultur kann keine bessere „Philosophie" hervorbringen. (Kosovel 1977, 648.) Es ist etwa hundert Jahre her, dass Srecko Kosovel (1904-1926), einer der bedeutendsten slowenischen Dichter des 20. Jahrhunderts, diesen Gedanken in seinem Tagebuch festhielt. Die Auseinandersetzung mit dem Nihilismus war schon damals und bleibt bis heute ein Thema vieler slowenischer Philosophen und anderer Intellektueller, Schriftsteller und Künstler.1 Das Zitat aus Kosovels Tagebuch scheint das Gegenteil von dem auszudrücken, was der Titel unseres Aufsatzes suggeriert, der die epochale Heraufkunft des Nihilismus mit der unzeitgemäßen Situation der Philosophie in Verbindung bringt. Nach Kosovels Verständnis ist der Nihilismus dagegen das einzig wahre Zeugnis für die Zeitgemäßheit einer Philosophie. Kosovel sagt jedoch nicht, dass die Philosophie zum Nihilismus geworden sei, sondern, dass sie sich heute in einer Situation befinde, die grundsätzlich vom 399 Nihilismus beherrscht werde. Aus diesem Grund sei sie in einem besonderen, nämlich epochal nihilistischen Sinne unzeitgemäß geworden. Das heißt nicht nur, dass sie nicht in die Zeit passt, in der wir heute leben und die wir als das Heute erleben, sondern dass sie sich mit der Frage nach dem Maß dieser Zeit selbst konfrontiert sieht. Nimmt man jedoch den Nihilismus als epochales Maß der Philosophie, stößt man auf eine neue Aporie, insofern der Zeitspielraum des Nihilismus wesentlich dadurch bestimmt ist, dass er ohne Ende ist, unendlich und ohne Maß, ja, dass alles Leben bis ins Unendliche maßlos und grundlos und nichts da im Sinne von anwesend ist (vgl. Nielsen 2007). Aber es ist notwendig hinzuzufügen: Diese endlose Maßlosigkeit ist nicht nur etwas, das unsere Existenz und Koexistenz trübt - sie wird von uns selbst unaufhaltsam in ihrem Funktionieren vorangetrieben. Alles ist der Macht des unmäßigen Funktionierens untergeordnet, ohne dass 1 Vgl. Komel 2022; erwähnt sei hier nur das umfassende Werk von Ivan Urbancic (1930-2016) unter dem Titel Die Geschichte des Nihilismus (Urbancic 2011; kroatische Übersetzung 2019). Phainomena 33 | 130-131 | 2024 sich darin irgendeine Ordnung finden ließe außer der Nichtordnung der Nihilisierung.2 Angesichts dieser Maßlosigkeit, die wir erleiden, und des Unmaßes, das wir selbst vorantreiben, ist es wohl auch nicht angemessen, von der Situation der Philosophie im Zeitalter des Nihilismus zu sprechen oder von der geistigen Situation unserer Zeit, insofern das Situiertsein in etwas - die Verortung -bereits ein Maß und einen Grund voraussetzt. Deshalb hatte ich selbst zunächst gezögert, das Thema meines Aufsatzes so zu formulieren, dass er die epochale Erfahrung des Nihilismus mit der unzeitgemäßen Situation der Philosophie konfrontiert. Man muss sich fragen, ob wir damit nicht ungewollt die Erfahrung des Nihilismus selbst nivellieren, die seit langem nicht nur die Philosophie, die Theologie, die Soziologie und die Kulturwissenschaften aller Art, sondern vielleicht noch stärker die Literatur und die Kunst beschäftigt (Hillebrand 1991). Zugleich aber bleibt die Frage offen und wird vielleicht immer weniger beantwortbar, was es genau ist, was unser Verständnis von Nihilismus erfüllt - oder andersherum formuliert: Was 400 bedeutet eigentlich die Entleerung unseres Verständnisses von Nihilismus? Wir können eine bestimmte Gewalt, zum Beispiel die Gewalt des Krieges, als nihilistisch bezeichnen, und doch finden wir an der Gewalttat selbst nichts Nihilistisches, nicht einmal im Gefühl der Ohnmacht, nichts tun zu können; trotz unseres Entsetzens lässt uns die nihilistische Stimmung ausschließlich leer zurück. Dasselbe gilt für Situationen, in denen wir selbst gewalttätig handeln und das Bewusstsein der Gewalttätigkeit unseres eigenen Handelns dazu führt, dass wir uns in gewisser Weise leer fühlen, so als wäre nichts von dem, was wir getan oder verursacht haben, wirklich geschehen, auch dann, wenn wir ein schlechtes Gewissen verspüren (vgl. dazu: de Sousa und Stellino 2002; Komel 2023a). Die Sinnentleerung, die jede nihilistische Stimmung und jedes nihilistische Verständnis begleitet, ist jedoch nicht irgendeine Leere, sondern sie berührt uns unmittelbar in unserem Menschsein, das heißt in der Art und Weise, wie 2 Nietzsche verwendet das Wort „Nihilisierung" in einem sehr aufschlussreichen Zusammenhang, wenn er schreibt: „Die logische Weltverneinung und Nihilisierung folgt daraus, daß wir Sein dem Nichtsein entgegensetzen müssen, und daß der Begriff Werden' geleugnet wird (,etwas wird')." (Nietzsche 1988c, 368.) Vgl. dazu Komel 2007. Dean Komel wir in unserem Menschsein erfüllt oder unerfüllt bleiben. Angesichts dessen, dass die Welt heute mit menschlichen Werken und Pseudowerken derart überladen ist, dass sie fast explodiert, erscheint es etwas unangemessen, von einer nihilistischen Sinnentleerung des Menschen sprechen und sich zudem reflexiv in sie vertiefen zu wollen. Infolge dieser zwar wahrnehmbaren, aber nicht „für wahr" genommenen nihilistischen Entleerung - wenn wir von „Leere" (vgl. Michel 2024) sprechen, impliziert dies bereits eine gewisse Fülle - kann die Philosophie nicht dadurch zeitgemäß gemacht werden, dass man ihr die Beschäftigung mit dem Nihilismus hinzufügt, wie es im sogenannten „Postmodernismus" Mode geworden ist.3 Mehr noch, die Frage nach dem eigentlichen Maß der Zeit ist von den Kommissaren der modischen Philosophie zusammen mit den Bestimmungen von Wahrheit, Sein, Denken, Geist, Schönheit und Handeln auf die Streichliste gesetzt worden, um sie dann bei passender Gelegenheit auf dekonstruktivistische Art und Weise wieder herausziehen und ausstellen zu können. Dennoch lohnt es sich, zumindest daran zu erinnern, dass in einem der ältesten philosophischen Fragmente, das Anaximander zugeschrieben wird, 401 jenem Denker, der im anetpov, dem Unbegrenzten, die äpx^ von allem sah, das Maß der Zeit bereits aufgezeichnet ist, nämlich in der Formulierung xaxa x^v xoß xpóvou xá^tv (DK 12 B1), „nach der Ordnung der Zeit" (Kirk, Raven und Schofield 2001, 128).4 3 Es ist die Machenschaft des Nihilismus selbst, welche die Mode des Postmodernismus ausmacht. Daher stellt sich die Frage, ob sich die Postmoderne, die für sich selbst beansprucht, zwar eine condition (vgl. Lyotard 1979), aber „keine Epoche" (vgl. Gumbrecht 1991) zu sein, aufs Ganze gesehen nicht selbst in die kontemporäre Situation gebracht hat, „Ausweg aus der Moderne" (vgl. Welsch 2002; 2009), „Verwindung der Metaphysik" (vgl. Vattimo 1990), „Denken der Differenz" (vgl. Vattimo 1980; Weimann und Gubrecht 1991), „Postkolonialistischer Diskurs" (vgl. Spivak 2007) und nicht zuletzt „Dekonstruktion" (vgl. Norris 1982) sein zu müssen. Oder handelt es sich dabei lediglich um eine reprogrammatische Konstruktion (vgl. auch Woodward 2009)? Mit Nietzsche, dem von den Postmodernen so hoch geschätzten Autor (nach dem „Ende der Autorschaft" wohlbemerkt), könnte man kommentieren, „wie die wahre Welt endlich zur Fabel wurde". Dadurch, dass die „Historie" zur „Story" gerinnt, wird die Machenschaft des Nihilismus nur noch mächtiger. 4 Das Maß der Zeit, wie es in Anaximanders Spruch gegeben ist, wird von Emmanuele Phainomena 33 | 130-131 | 2024 Die Ordnung der Zeit wird gewöhnlich so aufgefasst, dass das Spätere dem Früheren folgt, dass die Zeit fließt und alle Dinge der Welt, auch wir selbst, in sie ein- und wieder aus ihr heraustreten. Diese verallgemeinerte Vorstellung von der Ordnung der Zeit in Bezug auf das Vorher und Nachher, die es uns ermöglicht, die Zeit zu messen, legt auch nahe, dass die Zeit nicht nur läuft und abläuft, sondern auch entsteht, was wiederum mit dem angemessenen, heranreifenden, passenden, günstigen bzw. richtigen Zeitpunkt zusammenhängt, den die Griechen Katpöq nannten (vgl. Theunissen 2000). Jedenfalls herrscht heute angesichts des enormen Ansturms an Gelegenheiten die Verstimmung vor, dass für nichts mehr Zeit sei, dass wir so schnell wie möglich vorankommen, dass wir ständig Zeit gewinnen müssten. Diese Zeitgewinnung, um nicht zu sagen Zeiterzwingung, setzt die Zeitaktivierung in der Funktion ihrer Aktualisierung voraus. Auch die (Un-)Zeitgemäßheit der Philosophie wird heute in der Öffentlichkeit meist nur noch am aktuellen Status einer Philosophie - oder gar der Philosophen und Philosophinnen - in Bezug auf akademische, 402 forschungsbezogene, kulturmediale, gesellschaftspolitische und andere derartige Positionen gemessen und diskutiert.5 Diese populäre Vorstellung von Severino in seiner Studie Vom Wesen des Nihilismus (Severino 1983) und in vielen anderen seiner Schriften und unter kritischer Bezugnahme auf Heideggers Erörterungen (Heidegger 1997) besprochen, aber die Ausrichtung seiner Überlegungen ist eine ganz andere als die, die wir selbst in diesem Aufsatz einschlagen. 5 Insofern ist Alain Badiou zuzustimmen, wenn er in seinen Überlegungen zu Philosophie und Aktualität (zusammen mit Slavoj Žižek, 2012) einleitend bemerkt: „Zuerst, glaube ich, müssen wir uns von einer falschen Vorstellung befreien: dass die Philosophie über alles sprechen könne. Diese Vorstellung gehört zur Figur des Fernseh-Philosophen: er spricht über Gesellschaftsprobleme, über Probleme des Zeitgeschehens... Warum diese Vorstellung falsch ist? Weil der Philosoph seine eigenen Probleme schafft; weil er Erfinder von Problemen ist und nicht jemand, den das Fernsehen allabendlich nach seiner Meinung zum Tagesgeschehen fragen kann. Ein echter Philosoph entscheidet selbst, welche Probleme wichtig sind. Er schlägt neue Probleme vor, Philosophie ist vor allen das Erfinden neuer Probleme. Es folgt daraus, dass der Philosoph sich dann einmischt, wenn es ihm in einer Situation, sei diese historisch, politisch künstlerisch, amourös, wissenschaftlich oder was auch immer - bestimmte Dinge als Signal dafür gelten, dass es ein neues Problem zu erfinden gilt. Ja, der Philosoph mischt sich ein, wenn er im Zeitgeschehen Signale für die Notwendigkeit eines neuen Problems und einer neuen Erfindung entdeckt. So ergibt sich die Frage: Unter welchen Bedingungen findet der Philosoph in einer Dean Komel der Zeitgemäßheit der Philosophie gibt sich jedoch nur einer der mächtigsten, wenn nicht gar der mächtigsten Triebfeder des heutigen Nihilismus hin, der sich - wie einschlägige Studien zum Nihilismus bereits gezeigt haben6 - gerade mit einer solchen nahezu unkontrollierbaren Fixierung auf Aktualität und Aktualisierung des ständig Neuen verbindet. Ob „Aktualisierung" überhaupt der richtige Name ist für diese hier am Werk stattfindende Prozessionierung, Rezessionierung und Konzessionierung, sei dahingestellt. Relevant ist der sich ständig aktivierende Zwang zur Aktualisierung, der sich aller Freiheit, Wahrheit, Schöpfung, des Denkens, des Glaubens, des Forschens, des Begehrens, des Willens, des Leibes, der Seele und des Geistes bemächtigt. Ob wir hier „mein" und „unser" hinzufügen, ist gleichgültig, denn unser subjektives Existenzbewusstsein wird nur durch den Zwang zum Funktionieren getrieben, auch wenn dieses Funktionieren unter Zwang das Letzte ist, was wir uns als freie Wesen eingestehen würden. Aber das, was uns in und vor allem von unserem Wesen befreit, ist gesellschaftlich inszeniert. Nicht mehr der Mensch als freies Subjekt, sondern die freimachende Subjektivität der 403 Gesellschaft hat die Szenerie betreten. Menschliche Existenz und Koexistenz bestimmten Situation Signale für ein neues Problem und ein neues Denken? An diesen Punkt möchte ich unsere Diskussion beginnen. Führen wir zuerst den Begriff der philosophischen Situation' ein. Es spielen sich in der Welt alle möglichen Dinge ab, ohne dass es sich dabei um Situationen für die Philosophie, um philosophische Situationen handelt. Fragen wir uns also: Wie sieht eine Situation aus, die tatsächlich eine Situation für die Philosophie, eine Situation für philosophisches Denken ist?" (Badiou und Žižek 2012, 7.) Aus dem Zitat wird deutlich, dass Badiou zwar prinzipiell die Aktualisierung der Philosophie ablehnt, aber dennoch die aktuelle Herausforderung des Philosophierens, das „neue Probleme erfindet", hervorhebt. Wie also kann sich die Philosophie in ihrer eigenen Situation finden und empfinden, wie kommt sie zu dem Problem ihrer eigenen unzeitgemäßen Situation? 6 „Am ,Ende der Geschichte' oder im ,posthistorischen' Zeitalter, in der Asche der Utopie, scheint die Vernunft heute unfähig zu sein, konsensfähige symbolische Erfahrungen zu stiften. Sie läuft Gefahr, zu einer zynischen Vernunft zu verkümmern, die sich, um das Unbehagen über den Verlust der Gravitationszentren zu betäuben, mit dem Hier und Jetzt, mit der Gegenwart in ihrer punktuellsten und flüchtigsten Aktualität, mit dem Sinn in seinem unmittelbarsten Konsum zufriedengibt und berauscht. Auch das ist Nihilismus." (Volpi 1999, 97.) Es sollte nur hinzugefügt werden: Genau das waltet heute als Nihilismus! Phainomena 33 | 130-131 | 2024 werden in diesem Szenario auf ihre gesellschaftliche Funktion reduziert und -nihiliert. Die rasende Mobilisierung von Technik, Kapital und Waffen ist nicht die Bedingung der Funktionierung und Funktionalisierung der Gesellschaft, sondern wird umgekehrt erst durch ihre Totalisierung funktional ermöglicht und möglich. Der Zwang zur Aktualisierung bedarf keiner gesellschaftlichen Kontrolle, weil er selbst schon alles in die Funktion einrollt. Dabei wird das, was sich als mediale Öffentlichkeit der Gesellschaft manifestiert und demonstrativ als globale Welt-Gesellschaft zu erkennen gibt, nicht als sich selbst totalisierender Machtapparat erkannt, der sich aller Aktualitäten der Nihilisierungbedient (vgl. Komel 2023b). Dass sich der Nihilismus zur Machenschaft der Aktualisierung verwandelt hat, bedeutet, dass er in der Funktion und als Funktion einer machinalen Macht der Verfügung über alles auftritt, um es ohne den Anschein von Zwang und Gewalt verfügbar zu machen. Die nihilistisch entfesselte Machenschaft braucht sich nicht als autoritäre Gewalt zu präsentieren, denn sie ist automatisch geworden, das heißt: Sie ist immer und immer wieder neu 404 aktuell. Auf diese Weise wird auch unser menschliches Handeln automatisiert und uniformiert,7 die Unterscheidung zwischen dem Handeln von Menschen und der Maschinenarbeit, zwischen Praxis und Technik verschwindet. Wenn wir die unzeitgemäße Situation der Philosophie als Folge der Nihilisierung der Zeit in ihrer erzwungenen Aktualisierung und ununterbrochenen Aktivierung postulieren, müssen wir zugleich bedenken, dass die aktuelle Verstrickung in das Driften der Zeit, von der nichts bleibt, in der jeder Zustand, jeder Ort, jede Situation und jeder Halt ausbleibt, selbst eine Fortsetzung dessen darstellt, was die Philosophie in ihrer Zeit 7 „In dieser Entökonomisierung, die zur Entgesellschaftung wird, können die Gegenstände nicht mehr Träger sein. Sie sind nicht mehr unendlich investierbar, da sie vollständig berechenbar geworden sind, das heißt total nichtig. Sie werden zum Nichts; zum Nihil. Der vollendete Computer-Kapitalismus ist in diesem Sinne die Vollendung des Nihilismus. Mit der vollständigen und generalisierten Automatisierung scheint dieser Computer-Nihilismus, zu dem der Kapitalismus strukturell geworden ist, eine neue Form des Totalitarismus hervorzubringen." (Stiegler 2015, 87.) Die „Entökonomisierung" und „Entgesellschaftung", von denen Stiegler spricht, bedeuten, wie auch aus seinen Ausführungen hervorgeht, nicht weniger, sondern unermesslich mehr „Ökonomie" und „Gesellschaft". Dean Komel im Rahmen der Bestimmung der Aktualität begriffen hat.8 Wie erklärt sich dann ihre nihilistische Verkehrung in eine unaufhaltsame und undenkbare Aktualisierung, die sich als Macht der Beherrschung der Welt und des Menschen bemächtigt? Wie ist diese nihilisierende Macht, die das Denken und jede mögliche Begründung des Denkens grundsätzlich entmachtet, aus der unzeitgemäßen Situation heraus zu denken, in die sich die Philosophie selbst gebracht hat, indem sie dieser Macht den Boden bereitet hat und dabei selbst ohne Grund geblieben ist? Ein erster Schritt zur Beantwortung dieser Frage könnte vielleicht darin bestehen, der Unzeitgemäßheit der Philosophie eine positive Resonanz zu verleihen, nämlich in dem Sinne, dass philosophisches Denken überhaupt nur als unzeitgemäßes - was keineswegs „inaktuell" oder „funktionslos" bedeutet -auf das Maß der Zeit aufmerksam werden kann.9 Möglicherweise eröffnet sich 8 Michel Foucault stellt fest, dass Kants Schrift „Was ist Aufklärung?" eine völlig neue Haltung gegenüber der Aktualität etabliere, und verknüpft sie mit Baudelaires späteren Beschreibungen der Modernität: „Auf Kants Text zurückblickend frage ich mich, ob wir die Moderne nicht eher als Haltung denn als Abschnitt der Geschichte ansehen sollten. Und mit Haltung meine ich eine Form der Beziehung zur Aktualität; eine freiwillige Wahl verschiedener Menschen; schließlich eine Art des Denkens und Fühlens, auch eine Art des Handelns und Verhaltens, das zu ein und derselben Zeit eine Beziehung der Zugehörigkeit ist und sich als Aufgabe darstellt. Wohl ein bißchen wie das, was die Griechen Ethos nannten. Und eher als zu versuchen, das ,moderne Zeitalter' von dem ,vormodernen' und dem ,postmodernen' zu unterscheiden, folgere ich daraus, daß es besser wäre, herauszufinden, wie sich seit ihrer Entstehung die Haltung der Moderne mit Haltungen der ,Gegenmoderne' auseinandergesetzt hat. Um diese Haltung der Moderne zu charakterisieren, werde ich ein fast unverzichtbares Beispiel geben: nämlich Baudelaire; denn sein Bewußtsein der Moderne ist weitgehend als eines der verschärftesten des 19. Jahrhunderts anerkannt. 1. Man versucht oft, die Moderne durch das Bewußtsein der Diskontinuität von Zeit zu charakterisieren: ein Bruch mit der Tradition, ein Gefühl der Neuheit, des Schwindels angesichts des Vergänglichen. Und dies scheint Baudelaire in der Tat zu sagen, wenn er Moderne als das Vorübergehende, das Entschwindende, das Zufällige' (,Der Maler des modernen Lebens', in Gesammelte Schriften, Bd. 4, Dreieich 1981, S. 286) definiert." (Foucault 1990, 42.) 9 Entscheidend ist natürlich schon Nietzsches „Apologie" der Unzeitgemäßheit. Das Vorwort zur 2. Unzeitgemäßen Betrachtung Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben schließt mit den Worten: „Auch soll zu meiner Entlastung nicht verschwiegen werden, dass ich die Erfahrungen, die mir jene quälenden Empfindungen erregten, meistens aus mir selbst und nur zur Vergleichung aus Anderen entnommen habe, und 405 Phainomena 33 | 130-131 | 2024 uns dadurch ein anderer Horizont als die Macht der maßlosen Aktualisierung und Funktionalisierung - ja, nicht nur irgendein anderer Horizont, sondern der Welthorizont schlechthin. Ist doch der Nicht-Ort des Nihilismus gerade dadurch charakterisiert, dass es nichts am Horizont gibt, dass der Horizont ausgelöscht ist. Dieses Verschwinden des Welthorizontes bezeugt uns der Aphorismus 125 aus Nietzsches Fröhlicher Wissenschaft, der durch die Erzählung vom tollen Menschen den Tod Gottes offenbart, angesichts dessen alles auf Erden und im Himmel nichtig und gleichgültig - zur Wüste - wird.10 Und selbst wenn alles erlaubt ist oder gerade weil alles erlaubt ist, hilft es nicht, wie ein anderer Verkünder des Nihilismus im 19. Jahrhundert, Fjodor Michailowitsch Dostojewski, feststellt, dass der Mensch sich selbst zum Gott erhebt.11 Der Tod 406 dass ich nur sofern ich Zögling älterer Zeiten, zumal der griechischen bin, über mich als ein Kind dieser jetzigen Zeit zu so unzeitgemässen Erfahrungen komme. So viel muss ich mir aber selbst von Berufs wegen als classischer Philologe zugestehen dürfen: denn ich wüsste nicht, was die classische Philologie in unserer Zeit für einen Sinn hätte, wenn nicht den, in ihr unzeitgemäss - das heisst gegen die Zeit und dadurch auf die Zeit und hoffentlich zu Gunsten einer kommenden Zeit - zu wirken." (Nietzsche 1988a, 246-247.) Vgl. dazu auch Agamben 2008. 10 „Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. Wohin ist Gott?' rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getödtet, - ihr und ich! Wir Alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir diess gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was thaten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Giebt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an?" (Nietzsche 1988b, 480-481.) 11 In Die Brüder Karamasow spricht der Teufel zu Iwan Fjodorowitsch: „Man braucht bei der Menschheit nur die Gottesidee zu zerstören - das ist der Punkt, an dem man das Werk in Angriff nehmen muß! Damit muß man anfangen - o die armen Blinden, die nichts begreifen! Wenn sich die Menschheit erst Mann für Mann von Gott losgesagt hat, und ich glaube, daß diese Periode ebenso wie die geologischen Perioden eintreten wird, dann wird die ganze frühere Weltanschauung und die ganze frühere Moral von selbst, ohne Menschenfresserei, zusammenstürzen, und etwas ganz Neues wird auf den Plan treten. Die Menschen werden sich zusammentun, um aus dem Leben alles herauszuholen, was das Leben geben kann, aber ausschließlich, um sich auf dieser Welt zu freuen und glücklich zu sein. Der Mensch wird höher und größer werden durch den Geist eines götterhaften, titanischen Stolzes, und der Mensch-Gott wird in Erscheinung treten. Indem der Mensch durch seinen Willen Dean Komel Gottes wäre als der entscheidende Nullpunkt des Welthorizontes zu nehmen, auf den die hochgeschätzte Autorität der Aktualität mitsamt ihrem Autor fällt und zugleich ihr Autoritarismus beginnt, der keiner besonderen Autorisierung durch uns mehr bedarf. Aktualität,12 wenn wir sie in der Linie von griechisch evepyeta, lateinisch actualitas, deutsch Wirklichkeit, kroatisch zbilja, slowenisch dejanskost her verstehen,13 ist der bevorzugte Topos der Philosophie, den Zusammenhang von Denken und Sein, von Vernunft und Geschichte zu fassen.14 Sie ist die und die Wissenschaft stündlich und in unbegrenztem Maße die Natur besiegt, wird er eben dadurch stündlich einen so hohen Genuß empfinden, daß dieser ihm alle früheren Hoffnungen auf himmlische Genüsse ersetzen wird. Jeder wird erkennen, daß er ganz und gar sterblich ist, ohne Auferstehung, und wird den Tod stolz und ruhig hinnehmen wie ein Gott. Er wird aus Stolz einsehen, daß er keinen Grund hat zu murren, weil das Leben so schnell vergeht, und er wird seinen Bruder nun lieben, ohne Lohn dafür zu erwarten. Er wird seine Liebe auf das kurze Leben beschränken müssen; doch schon allein durch das Bewußtsein, daß sie nur so kurze Zeit dauern kann, wird sie um so viel feuriger sein, als sie früher durch die Hoffnung auf eine ewig währende Fortsetzung im Jenseits abgeschwächt wurde... Na und so weiter und so fort in dieser Art. Allerliebst!" (Dostojewskij 1975, 860.) Vgl. auch Stellino 2015. 12 Zu Deleuzes spezifischer Auffassung der Wechselbeziehung zwischen dem Aktuellen, dem Virtuellen und dem Realen (Deleuze 2007), die aber keineswegs die Macht der Aktualisierung untergräbt, vgl. Komel 2012. 13 „Indessen kommt bald eine Epoche des Seins, in der die ¿vspYaa durch actualitas übersetzt wird. Das Griechische wird verschüttet und erscheint bis in unsere Tage nur noch in der römischen Prägung. Die actualitas wird zur Wirklichkeit. Die Wirklichkeit wird zur Objektivität. Aber selbst diese bedarf noch, um in ihrem Wesen, der Gegenständlichkeit, zu bleiben, des Charakters des Anwesens. Es ist die Präsenz in der Repräsentation des Vorstellens. Die entscheidende Wende im Geschick des Seins als ¿vspYaa liegt im Übergang zur actualitas." (Heidegger 1977, 371.) Vgl. auch Heidegger 2001. 14 In der Einleitung zu den Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie weist Hegel im Hinblick auf das Verständnis der Entwicklung des philosophischen Denkens auf Folgendes hin: „Um zu fassen, was Entwickeln ist, müssen zweierlei - sozusagen - Zustände unterschieden werden. Der eine ist das, was als Anlage, Vermögen, das Ansichsein, wie ich es nenne (potentia, Suva^ic;), bekannt ist. Die zweite Bestimmung ist das Fürsichsein, die Wirklichkeit (actus, ¿vspYsia). Wir sagen, der Mensch ist vernünftig, hat Vernunft von Natur; so hat er sie nur in der Anlage, im Keime. Der Mensch hat Vernunft, Verstand, Phantasie, Wille, wie er geboren, selbst im Mutterleibe. Das Kind ist auch ein Mensch, es hat aber nur das Vermögen, die reale Möglichkeit der Vernunft; es ist so gut, als hätte es keine Vernunft, sie existiert noch nicht an ihm; es vermag noch nichts Vernünftiges zu tun, hat kein vernünftiges Bewußtsein. Erst 407 Phainomena 33 | 130-131 | 2024 herausragende Bestimmung dessen, was Aristoteles als vö^ci^ vo^oewq (Metaphysik XII, 9, 1) und dann Hegel als Denken des Denkens, als sich wissende Vernunft vergöttlicht hat (Hegel 1986b, 394-395). Deshalb scheint uns die heutige Besetztheit und Besessenheit vom Aktuellen diese hohe, ja, im Grunde erhabene philosophische Auffassung zu banalisieren.15 Dass wir 408 indem [das], was der Mensch so an sich ist, für ihn wird, also die Vernunft für sich, hat dann der Mensch Wirklichkeit nach irgendeiner Seite, - ist wirklich vernünftig, und nun für die Vernunft." (Hegel 1986a, 39-40.) Zu Hegels Auffassung von „Wirklichkeit" vgl. Menegoni und Illetterati 2018. „The German word Wirklichkeit' traditionally translates the Latin ,actualitas' which, in turn, translates the Greek ,energeia' (and sometimes also entelecheia). It is an actualization of a (generic, therefore possible) form, which, as such, always belong to some internal potential or disposition of a thing or (possible) process. The English word ,actuality has lost, in the meantime, the conceptual connections to the form or kind or type of what something really is. It is nowadays used in the sense of merely empirical presence, directly perceived by the senses and in prevailing powers. The Aristotelian words ,energeia' and ,entelecheia' correspond in contrast to this to the real cause of some appearance, just like a definite thing shows up in the phenomena produced by it. The existence of a cause is shown by its effect. To say so presupposes some pre-knowledge about the potentials of the causing thing, its powers, forces or dispositions. Since the word ,actuality' does not carry with it any conceptual reference to such a theoretical formed structure and its actualization, it is no good translation for the German word , Wirklichkeit.' The domain of actuality in modern English is the domain of immediate experiences, of appearances. Hegel uses the word Realität,' because the German Aktualität' has the special meaning of some ,important new matter.' The German word Wirklichkeit' expresses instead the following features: Something exists really (wirklich) if it does not only seem to exist or appears to exist. If something really exists, it works. That means it produces by generic causal laws the corresponding appearances, to which we have access from different perspectives, i.e. we distinguish the working object' (das wirkliche Ding) from its appearances - relative to different positions in time and space. This involves some moments of longer duration, which transcend by far any notion of something that only refers to actuality." (Stekeler-Weithofer 2018, 63-64.) 15 Ausgehend von Aristoteles' Auffassung der ¿vspyaa und Hegels Auffassung der Wirklichkeit beschäftigt sich Michael Marder in seiner Studie Energy Dreams: Of Actuality (2017) mit der Transformation unseres Verhältnisses zur Aktualität, das sich durch einen grenzenlosen Energieverbrauch auszeichne: „Für uns ist die Realität nur eine Zwischenstation auf der Autobahn der unbegrenzten Möglichkeiten. Wir schöpfen Energie aus der Annahme, dass die Potenzialität grenzenlos ist und dass diese Grenzenlosigkeit sie überhaupt erst möglich macht. Was sich hinter solchen Annahmen verbirgt, ist nicht nur die Vernachlässigung, sondern die Zerstörung der Wirklichkeit. Je mehr wir im Namen der unendlichen Möglichkeiten sprechen und handeln, desto prekärer und endlicher lassen wir die Endlichkeit werden. Wir Dean Komel es heute mit einer vielfältigen Banalisierung der menschlichen Welterfahrung zu tun haben und dass dies kennzeichnend ist für unsere nihilistische Stimmungslosigkeit, muss nicht besonders betont werden (vgl. Ludes 2018; Barbaric 2023). Dass Hannah Arendt in einem anderen Zusammenhang das Stichwort von der „Banalität des Bösen" verwendet, das sie zusammen mit der „Gedankenlosigkeit" als Kennzeichen eines wissen- und gewissenlosen totalitären Bewusstseins anführt (Arendt 2011; Fabris 2018), ist an sich schon aufschlussreich genug. Die Nivellierung von allem und jedem auf das Aktuelle, die gleichzeitig voraussetzt, dass es außerhalb des ständig Aktualisierten nichts gibt, folgt aus der Nihilisierung der Welt,16 in der alles funktional zur aktuellen Verfügung steht. In den Gesellschaftstheorien wird dies als Wirkung der Modernisierung beschrieben, ohne freilich diese Wirksamkeit und ihre „Wirklichkeit" selbst zu bedenken. In dieser modernen Funktionalisierung werden die menschlichen Identitäten zunehmend und ohne Unterschied ausgelöscht und durch Identifikationen aller Art durch das Sozial-Aktuelle 409 schöpfen Energie aus dem Mangel an Energie, indem wir das Gefüge des Seienden zerstören und auflösen. Der größte Feind der heutigen Menschheit, unseres Planeten und des materiellen Daseins als solchen ist die ungezügelte Möglichkeit, die die Welt zunehmend unmöglich macht" (Marder 2017). Die unbegrenzte Möglichkeit und das grenzenlose Potenzial werden auf der Grundlage der Potenz der sich selbst totalisierenden Macht zur Beherrschung der Welt gekürt (siehe Komel 2023b). 16 In Bezug auf den „zeitgenössischen Nihilismus" anerkennt auch Alain Badiou, wenn auch aus einer anderen Perspektive als der unseren, „das Verschwinden des Seins der Welt": „- Erste Figur des Nihilismus: Es gibt zwar eine Welt, aber dieser Welt ist der Sinn entzogen, das ist die am weitesten verbreitete These, die Absurditätsthese. Es gibt zwar eine Welt, aber für das Bewusstsein ist diese Welt vollkommen sinnentleert. Das ist der existentiale Nihilismus. Der Welt existiert und wir existieren auf dieser Welt, in dieser Welt und für diese Welt, aber diese Welt hat keinen Sinn. - Zweite Figur des Nihilismus: Es gibt keine Welt. Diese These besagt, dass der Nihilismus nicht existenziell, sondern ontologisch ist. Es ist das Sein der Welt, das verschwindet, es gibt kein Sein der Welt als solche. In dem, was ist, ist keine Abwesenheit von Sinn, sondern ein radikaler Mangel an Kohäsion zu verzeichnen. Es gibt nur eine inkonsistente Vielheit." (Badiou 2018, 79.) Badious Thesen über das „Nichtsein der Welt" - und nicht über den Nicht-Horizont der Welt -, die er in der polemischen Auseinandersetzung mit Jean-Luc Nancy (1993) aufstellte, können hier nicht ausführlich besprochen werden, ebenso wenig wie seine Auffassung des „zeitgenössischen Nihilismus". Phainomena 33 | 130-131 | 2024 ersetzt. Schließlich verliert sich auch die Macht des aktuellen Funktionierens selbst in der Unwahrnehmbarkeit, Unerkennbarkeit, Einförmigkeit und Wertlosigkeit, in einem Wort: in der Nihilisierung. Obwohl in der Philosophie und in den sogenannten Sozial- und Kulturwissenschaften viel darüber geredet wird, stellt sich die Frage, inwieweit wir in der Lage sind, etwas Wesentliches dazu zu sagen, geschweige denn, einem kritischen Zeitgeist zum Ausdruck zu verhelfen. Es ist dabei die Krise des Subjekts (vgl. Vattimo 1986; Cadava, Connor und Nancy 1991; Žižek 2003; Butler 2021), die im Mittelpunkt der Diskussion steht, nicht die Situation selbst, die die „Notlage" des Subjekts aktualisiert und aktiviert. Die Zeit des Subjekts ist vorbei, so die aktuelle postmoderne Theorie, aber das Subjekt, insbesondere das kritische Subjekt, ist noch immer intensiv mit seinen größeren und kleineren Krisen und Hypokrisien beschäftigt und hat seine eigene Kapitulation erfolgreich kapitalisiert. Der postmoderne Diskurs (von lateinisch discurrere, „auseinanderlaufen", „sich ausbreiten") scheint nach wie vor auf der flüchtigen Situation der Moderne (Bauman 2003) zu segeln. 410 Karl Jaspers stellt im ersten Kapitel „Entstehung des Epochenbewusstseins" seiner erstmals 1931 erschienenen und seither mehrfach aufgelegten und erweiterten Abhandlung Geistige Situation der Zeit fest, dass die gesamte Diskussion über die Krise der Moderne durch die Verschiebung der Zeit der Kritik zur Kritik der Zeit charakterisiert sei: In der Dialektik Hegels war ein Bild der gesamten Weltgeschichte die Weise, in der die Gegenwart ihrer selbst innewurde; es blieb als andere Möglichkeit, die konkrete Geschichte in ihrem fernen Reichtum liegen zu lassen und das Augenmerk ganz auf die Gegenwart zu lenken. Schon Fichte übte eine solche Zeitkritik in seinen „Grundzügen des gegenwärtigen Zeitalters", zwar mit dem methodischen Mittel der abstrakten Konstruktion einer Weltgeschichte von Anfang bis zur Endvollendung (als Säkularisierung christlicher Geschichtsphilosophie), aber mit dem Blick auf deren tiefsten Punkt: die Gegenwart als das Zeitalter der vollendeten Sündhaftigkeit. Die erste umfassende, in ihrem Ernst von allen vorhergehenden unterschiedene Kritik seiner Zeit brachte Kierkegaard. Seine Kritik hören wir zum erstenmal wie eine Kritik auch unserer Zeit; es ist, als ob sie gestern geschrieben wäre. Er stellt Dean Komel den Menschen vor das Nichts. Nietzsche folgte einige Dezennien später, ohne Kierkegaard zu kennen. Er sah die Heraufkunft des europäischen Nihilismus, in welchem er seiner Zeit die unerbittliche Diagnose stellte. Beide Philosophen waren ihren Zeitgenossen Kuriositäten, die wohl Sensation schufen, aber noch nicht ernst genommen wurden. Sie griffen voraus, indem sie sahen, was schon war, ohne daß es damals beunruhigte; daher sind sie erst heute ganz gegenwärtige Denker geworden. Durch das 19. Jahrhundert ging ein - mit Kierkegaard und Nietzsche verglichen - dunkleres Zeitbewußtsein. (Jaspers 1979, 12-13.) Jaspers ist sicherlich zuzustimmen, was die bahnbrechende Rolle von Kierkegaard und Nietzsche - und vielleicht könnte man Marx hinzufügen17 - für die Herausbildung der zeitgenössischen Philosophie betrifft, in der die Gegenwart selbst zum Problem geworden ist, und die damit verbundene Kritik der Zeit im Unterschied zur Zeit der Kritik, wie sie Kant in der Vorrede zur Kritik der reinen Vernunft hervorhebt: 411 Unser Zeitalter ist das eigentliche Zeitalter der Kritik, der sich alles unterwerfen muss. (Kant 1998, A11 32-33, 7.) 17 Jaspers setzt sich in seinem 1948 erschienenen Werk Philosophischer Glaube angesichts der Offenbarung eingehend mit Marx und Dostojewski (insbesondere mit dessen Roman Die Brüder Karamasow) auseinander: „Wir fanden die Revolte vor: in großartiger, verwirrender Macht bei Nietzsche, in dem fanatisch ungerecht werdenden sozialen Gerechtigkeitswillen bei Marx, als alle Psychologie ins Existentielle und Metaphysische überschreitende, in die offenbarenden Extreme drängende Gedanken und Gestalten Dostojewskijs, als existentiell unwesentliche, ins Psychologische verlorene, daher ruinöse Entlarvung durch Freud. Wir fanden die Revolte in der über alle anderen hinaus ins Unzugängliche hineinfragenden, in der indirekten Mitteilung das Unmögliche scheinbar möglich machenden Denkweise Kierkegaards. Das alles waren geistige Vorgänge. In ihnen zeigte sich am Ende die Tiefe der Revolte in einer Unbestimmtheit, die in den Ursprung des Menschen selbst zu weisen schien. Dazu kam heute die auch faktische Bedrohung des Menschseins: Die Revolten der Völker der Erde gegen Europa haben begonnen, zunächst in Rußland unter Gebrauch und Mißbrauch der Gedanken von Marx, dann bei den meisten nicht abendländischen Völkern. Die Atombombe ist der totalen Verneinung in die Hand gegeben, wenn sie die Menschheit vernichten will." (Jaspers 1984, 441.) Phainomena 33 | 130-131 | 2024 Kants Ankündigung des Zeitalters der kritischen Vernunft findet ihren vollkommenen Ausdruck in Hegels berühmter Formulierung in der Einleitung zu den Grundlinien der Philosophie des Rechts (1821): Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig. (Hegel 1995, 24.) Im Licht dieser Feststellung definiert Hegel die Philosophie als „ihre Zeit in Gedanken erfaßt" (Hegel 1995, 26). Er begleitet die Definition mit einer Bemerkung, die schon einen gewissen Schatten auf die Aktualität der Philosophie als „ihre Zeit in Gedanken erfaßt" wirft, nämlich: Um noch über das Belehren, wie die Welt sein soll, ein Wort zu sagen, so kommt dazu ohnehin die Philosophie immer zu spät. Als der Gedanke der Welt erscheint sie erst in der Zeit, nachdem die Wirklichkeit ihren Bildungsprozeß vollendet und sich fertig gemacht hat. (Hegel 1995, 28.) 412 Hier ist man natürlich versucht, in dieser Formulierung Hegels eine gewisse Unzeitgemäßheit der Philosophie zu erkennen. Offen bleibt auch die Frage, ob sich in der Hegel'schen Philosophie und im klassischen Deutschen Idealismus Vorboten des Zeitalters des Nihilismus finden lassen (vgl. Pöggeler 1970; Kobe 2005). Man könnte natürlich noch die Präsenz des Nihilismus in der Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts hinzufügen (vgl. Stewart 2023) und sie dann mit der des 20. und 21. Jahrhunderts vergleichen (Volpi 1999). Prinzipiell ist aber zu fragen, ob diese philosophische Interpretationserfahrung für sich genommen ausreicht, um das epochale Wesen des Nihilismus selbst angemessen zu erfahren, der durch die Philosophie geschichtlich so wirkt, dass er zur Desorientierung ihres Denkens in Bezug auf die Situation der Zeit führt. Obwohl die Wiederaufnahme des Denkens von Kant, Fichte, Hegel, Schelling, Schopenhauer, Kierkegaard, Marx, Nietzsche, Jaspers, Husserl, Heidegger usw. philosophisch sicherlich nicht nur anregend, sondern auch notwendig ist, kann uns die im Grunde unreflektierte Tendenz zur Aktualisierung der philosophischen Überlieferung von der immanenten Dean Komel Geschichtlichkeit der Philosophie entfernen, die die epochale Erfahrung des Nihilismus als ihr Schlüsselereignis einschließt.18 Die epochale Erfahrung des Nihilismus erfordert eine Besinnung, in der sich das Denken selbst geschichtlich umkehrt und damit notwendigerweise unzeitgemäß wird gegenüber der gesamten philosophischen Überlieferung. In der epochalen Erfahrung des Nihilismus kündigt sich die Umkehrung des Denkens wie in einem Schattenspiel verhalten an, oder besser, gerade diese Zurückhaltung ist für die Umkehrung des Denkens wesentlich und wird am besten in Anlehnung an das griechische Wort eno^ ausgedrückt.19 Mit Blick auf die Verwendung von eno^ in der griechischen Astronomie, bei den Stoikern und Skeptikern und darüber hinaus in der transzendentalen Phänomenologie Husserls (vgl. Held 2013) und im seinsgeschichtlichen Denken Heideggers ist es besonders wichtig zu betonen, dass das Wort Epoche auch im Sinne von Anfang eines Zeitraums, einer Periode, einer Phase gebraucht wird.20 Damit 18 „343. Was es mit unserer Heiterkeit auf sich hat. - Das grösste neuere Ereigniss, -dass ,Gott todt ist', dass der Glaube an den christlichen Gott unglaubwürdig geworden ist - beginnt bereits seine ersten Schatten über Europa zu werfen. Für die Wenigen wenigstens, deren Augen, deren Argwohn in den Augen stark und fein genug für dies Schauspiel ist, scheint eben irgend eine Sonne untergegangen, irgend ein altes tiefes Vertrauen in Zweifel umgedreht: ihnen muss unsre alte Welt täglich abendlicher, misstrauischer, fremder, ,älter' scheinen. In der Hauptsache aber darf man sagen: das Ereigniss selbst ist viel zu gross, zu fern, zu abseits vom Fassungsvermögen Vieler, als dass auch nur seine Kunde schon angelangt heissen dürfte; geschweige denn, dass Viele bereits wüssten, was eigentlich sich damit begeben hat - und was Alles, nachdem dieser Glaube untergraben ist, nunmehr einfallen muss, weil es auf ihm gebaut, an ihn gelehnt, in ihn hineingewachsen war: zum Beispiel unsre ganze europäische Moral." (Nietzsche 1988b, 573.) 19 „So finden wir am Anfang der Geschichte dieses Wortes, das für Husserl entscheidend - und zwar gerade in seiner Rätselhaftigkeit entscheidend - werden wird, dass es eine ,Pause des Lichts' meint." (Rovatti 1989, 278.) Vgl. auch Prole 2022, 32. 20 Im Wörterbuch der deutschen Sprache heißt es unter dem Stichwort „Epoche": „Epoche f. ,Zeitabschnitt'. Mlat. epocha, griech. epoché (ênoxf\) ,fester Zeitpunkt, nach dem die Zeit berechnet wird', eigentlich ,das An-, Zurückhalten, Hemmung, Unterbrechung, Halte-, Fixpunkt', zu griech. epéchein (êné^Eiv) ,auf etw. zuhalten, an-, innehalten, verweilen', wird im 17. Jh. ins Dt. entlehnt. Das Substantiv bezeichnet jedoch im Dt. wie im modernen Frz. (im Unterschied zum Griech. und Mlat.) den ,Zeitraum bedeutender historischer Ereignisse'. Nur in der festen Verbindung Epoche machen (18. Jh.), die frz. faire époque übersetzt, ist die im Frz. des 17./18. Jhs. geläufige Phainomena 33 | 130-131 | 2024 Zeit und Raum gedanklich frei erfasst werden können, ist die Erfahrung von Epochalität notwendig. Keine geschichtliche Aktualität, Wirklichkeit, Realität, Präsenz, Lage und Situation ohne die Schichtung der Epochalität. In seinen ersten Vorlesungen nach dem Zweiten Weltkrieg im Studienjahr 1951/52 unter dem Titel Was heißt Denken?, die an seine Besinnung auf den vollendeten Nihilismus als einer Epoche der Seinsverlassenheit anschließen, weist Heidegger auf eine besondere Zurückhaltung und Verhaltenheit des Denkens hin, die unsere Zeit wesentlich kennzeichne: Das Bedenklichste in unserer bedenklichen Zeit ist, daß wir noch nicht denken. (Heidegger 2002, 7.) Natürlich ist man versucht, in Heideggers Feststellung, dass wir in unserer bedenklichen Zeit noch nicht denken, eine Bestätigung von Hegels These zu sehen, dass das philosophische Denken gegenüber dem, was sich als geschichtlicher Prozess entwickelt, notwendig zu spät kommt. Aber Heidegger spricht nicht über eine Verzögerung der Theorie gegenüber der Wirklichkeit, sondern von der Frühe des Denkens, die als Vorzeitigkeit einer Vorzeit die unzeitgemäße Situation der Philosophie maßgeblich stimmt, indem sie unsere Zeit bedenklich macht. So übt Heidegger auch keine Kritik an der Zeit und plädiert auch nicht für einen Ausweg aus der Krise des kritischen Denkens. Er beklagt sich auch nicht über die Banalität unserer Zeit, in welcher niemand denkt. In diesem Fall wäre es eine gedankenlose Zeit, nicht eine bedenkliche Zeit. Dass der Sachverhalt, dass wir heute noch nicht denken, am meisten zu denken gibt, kann natürlich als philosophischer Exklusivismus abgetan und umgehend zurückgewiesen werden. Wenn überhaupt etwas, dann kann man Heidegger bescheinigen, sich dessen bewusst gewesen zu sein, wie der Mensch heute allmächtig und ohne jedes Bedenken mit dem „Denken" rechnet. Er erfindet sogar superintelligente Bedeutung ,Zeitpunkt, an dem Bemerkenswertes geschieht (und in dem daher der Beginn eines neues Zeitabschnitts gesehen werden kann)' noch zu erkennen; hierzu epochemachend Part. adj. ,eine neue Epoche einleitend, bemerkenswert' (18. Jh.). epochal Adj. ,bedeutend', latinisierende Ableitung des 20. Jhs." (Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, s.v. „Epoche"). Vgl. auch Rovatti 1989, 277-278. Dean Komel Maschinen, um rechnend über alles und jedes Seiende zu verfügen, ohne sich auf das Sein selbst besinnen zu können, das selbst kein Seiendes ist und mit dem es „überhaupt nichts gibt", wie Heidegger in seiner seinsgeschichtlichen Besinnung auf den Nihilismus festhält (vgl. Heidegger 1961, 338). Im Zusammenhang der Überwindung der Metaphysik als vollendetem Nihilismus verkündet er die völlige Unzeitgemäßheit der Philosophie im Sinne ihres Endes.21 Die Vollendung des Nihilismus und die Bevollmächtigung der Nihilisierung der Welt bedeuten zugleich das Ende der Philosophie. Das Ende der Philosophie ließe sich aber nicht so verstehen, dass wir in unserer Zeit nicht mehr denken, sondern dass wir noch nicht denken, was das Denken auf den Weg bringt, nämlich das Sein endlich am Ort des Unter-Schieds zum Seienden zu denken. Das Ende der Philosophie ist epochaler Ort des UnterSchieds. Es wäre wiederum ein Missverständnis, wenn man das so interpretieren würde, dass wir, sobald wir das Sein denken, bereits denken. Das Sein selbst zu denken, wäre der gleiche, wenn auch nicht derselbe Nihilismus wie der, der alles auf das Rechnen mit dem Seienden reduziert, denn er würde lediglich 415 die höhergestellte Aktualität des Seins gegen die Aktualisierung des Seienden geltend machen. Es ist ein Denken im und durch den Unterschied von Sein und Seiendem erforderlich, das eine epochale Unzeitgemäßheit, ein Noch-nicht-Denken voraussetzt. Es handelt sich also nicht um ein Denken, das noch nicht zum Denken gekommen, das noch nicht zur Identität mit sich selbst gelangt wäre, sondern um ein Denken, das auf dem Weg zum Unter-Schied ist und so die Vorzeitigkeit des „noch nicht" epochal zu denken gibt. Ein solcher Denkweg hat nichts zu tun mit etwas, das in oder an der Zeit aktuell ist oder aktualisiert werden könnte, sondern ist durch das Maß der Zeit selbst bestimmt, das heißt: durch den Unter-Schied,22 der sich dazwischen als „noch 21 „Die alte Bedeutung unseres Wortes ,Ende' bedeutet dasselbe wie Ort: ,von einem Ende zum anderen' heißt: von einem Ort zum anderen. Das Ende der Philosophie ist der Ort, dasjenige, worin sich das Ganze ihrer Geschichte in seine äußerste Möglichkeit versammelt. Ende als Vollendung meint diese Versammlung." (Heidegger 2007, 70-71.) 22 „Die Innigkeit des Unter-Schiedes ist das Einigende der Aia^opa, des durchtragenden Austrags. Der Unter-Schied trägt Welt in ihr Welten, trägt die Dinge in ihr Dingen aus. Also sie austragend, trägt er sie einander zu." (Heidegger 1986, 22.) Phainomena 33 | 130-131 | 2024 nicht" epochal eröffnet. Die Redewendung „noch nicht" vereint, wenn wir genau hinschauen, in sich das Unzeitgemäße der Philosophie und das Epochale des Nihilismus, indem der Unter-Schied das, was sich aktuell aufdrängt, anderswo verortet, so dass es noch auf eine andere Weise erfahren und gedacht werden kann. In dem „noch nicht" vollzieht sich eine epochale Verschiebung des nihilisierenden Antriebs zum Aktuellen.23 Die Epoche des vollendeten Nihilismus verlangt von der Philosophie, dass sie eine Epoche in Bezug auf sich selbst, auf ihre eigene Situation durchführt. Das Wort „Epoche" wird hier in zwei Kontexten verwendet, im Sinne von „Zurückhaltung" und im Sinne des „Anfangs eines Zeitalters". Beides ist in der Redewendung „wir denken noch nicht" enthalten. Für unsere Diskussion ist entscheidend, die Epochalität als den Kontrapunkt zur Aktualität zu verstehen, welcher die Kontrade, die Gegend der Philosophie freisetzt, auch der Philosophie, insofern sie, nach Heidegger, an ihr Ende gekommen ist. Im Vergleich zu Heidegger haben wir die Benennung Philosophie im gesamten Aufsatz durchgehend beibehalten, und zwar mit Absicht. Heideggers 416 Unterscheidung von Philosophie und Denken und die Ersetzung des Titels 23 Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang auch der etymologische Zusammenhang zwischen dem Adverb „noch", das auch als Konjunktion (weder ... noch) verwendet wird, und dem Adverb „nun": „noch ist wohl wie in gleichbed. got. nauh eine Verbindung von ie. *nü ,nun' (s. nun) mit ie. *-kue (vgl. aind. ca, griech. te, Te, lat. -que ,und', s. auch kein und noch Konj.)." „nun. Adv. ,jetzt', das Gegenwärtige oft zu Vorangegangenem in Beziehung setzend (,im Anschluß daran, danach'), wobei gelegentlich ein kausaler Zusammenhang hergestellt wird (,deshalb, folglich'); ferner als Partikel lediglich eine Aufforderung, Frage unterstreichend oder Zögern, Bedenken ausdrückend. Dem gemeingerm. temporalen Adverb ahd. nü (8. Jh.), mhd. nü, nuo, nuon, spätmhd. nun, asächs. nü, mnd. mnl. nü, nl. nu, nou, afries. nü, aengl. nü, engl. now, anord. nü, schwed. dän. nu, got. nu (germ. *nu) entsprechen außerhalb des Germ. z. B. aind. nu, nü ,nun, jetzt, also, gewiß', griech. ny (vv) ,nun' (enklitische Artikel), lat. nu- (in nudiüstertius ,vorgestern, eigentlich ,es ist nun der dritte Tag'), lit. nü, nü ,nun, jetzt' und wohl auch aslaw. m, russ. no (ho) ,aber, sondern', air. no-, nu- (Verbalpartikel), so daß ie. *nü ,nun' (vielleicht Tiefstufe von ie. *neu-, der Wurzelsilbe der unter ,neu' dargestellten Adjektivformen, s. d.) angenommen werden kann; vgl. außerdem mit nasaler Erweiterung (zum Teil erstarrte Kasusformen eines Adjektivs ie. *nü-no- jetzig'?) aind. nünam jetzt, nun, heute, wohl, gewiß', griech. nyn (vvv) Adv., nyn (vvv) enklitische Partikel ,nun, jetzt', lat. num ,nun, noch, denn, doch wohl nicht', nunc ,jetzt, nun' (zu -c s. ,hin'), aslaw. nyne, russ. nyne (uune) jetzt, heute', lit. nünat, nün ,nun'." (Etymologisches Wörterbuch des Deutschen, s.v. „nun"). Dean Komel „Philosophie" durch das „Denken" ist zwar als eine wesentliche epochale Zäsur zu verstehen, kann aber zugleich einen entscheidenden Sachverhalt verdecken, nämlich, dass die epochale Kehre des Denkens die Sache der Philosophie zwar grundlegend verändert, sie aber doch im Wesentlichen dieselbe bleibt. Das klingt paradox, aber es geht um ein epochales Paradox der Geschichtlichkeit der Philosophie im Sinne des Geschicks des Denkens selbst. Wir haben betont, dass der Nihilismus in der Funktion der Ermächtigung der Macht über alles auftaucht, indem er die Nihilisierung des Horizonts der Welt auslöst, die sich im Unmaß der Aktualisierung zerstreut. Wie kann die Philosophie aus diesem Kreislauf der Macht des nihilistischen Leerlaufs epochal ausbrechen, wenn sie sich, so scheint es zumindest, immer mehr in dem verstrickt, was so oder so ihren Kollaps bedeuten kann? Ein solcher zeitgemäßer Kollaps hat jedoch nichts mit der unzeitgemäßen Situation des Endes der Philosophie als ihrem epochalen Ort zu tun.24 Diese Verstrickung und Verwicklung, diese Aporie, eröffnet aber noch ein anderes Moment der Epochalität, das wir bisher im Zusammenhang mit der unzeitgemäßen Situation der Philosophie noch nicht besonders 417 hervorgehoben haben. Philosophisches Denken lässt sich nicht als kognitive Disposition des Menschen betrachten, auch wenn sie in gewisser Weise bei jedem von uns vorausgesetzt werden kann. Philosophisches Denken ergibt sich nicht aus dem, was uns biologisch, anthropologisch, kognitivistisch und technologisch definiert. Es ergibt sich auch nicht aus dem Verständnis des Menschen als gesellschaftlichem Wesen. Die Frage, was den Menschen als Menschen stimmt und bestimmt, ist die Sache der Philosophie selbst und zugleich die Suche des Menschen, philosophisch zu denken. Das gilt auch für die unzeitgemäße Situation der Philosophie in der Epoche der nihilistischen Machenschaft, die wir in unserem Menschsein durchstehen und noch nicht eigens zu bedenken vermögen. Wie Heidegger in seinem Vortrag „Was ist das - die Philosophie?" betont, geht das philosophische Denken immer aus dem hervor, was wir in unserem 24 Vgl. Heideggers Bemerkung in der Schrift „Das Ende der Philosophie und die Aufgabe des Denkens" (1964): „Das Epochale ist aber nicht das Zeitgemäße, sondern das Unzeitgemäße für die Epoche." (Heidegger 2007, 70.) Phainomena 33 | 130-131 | 2024 Menschsein durchstehen (vgl. Rocha de la Torre 2019), das heißt aus einer zwar unbestimmten, aber doch bestimmenden Stimmung oder einem Pathos, das uns in unserem weltlichen Dasein ergreift. Schon die griechischen Denker, Platon und Aristoteles, haben darauf aufmerksam gemacht, daß die Philosophie und das Philosophieren in die Dimension des Menschen gehören, die wir die Stimmung (im Sinne der Ge-stimmtheit und Be-stimmtheit) nennen. Platon sagt (Theätet 155 d): ^dXa Y&p ^iXoaö^ou toüto to nd9o;, to 9au^dq>av. oti Y&p aXXr| äpx^ ^tAoao^La; ^ autr|. „Gar sehr nämlich ist eines Philosophen dieses das nd9o; - das Erstaunen; nicht nämlich ein anderes beherrschendes Woher der Philosophie gibt es als dieses". (Heidegger 1966, 24.) Heutzutage haben wir vielleicht nichts mehr, worüber wir staunen könnten, und das Erstaunen scheint durch das Starren auf Bildschirme als eine der Aktualisierungspraktiken ersetzt worden zu sein. Die weltliche Antipathie der Philosophie, die epochale Stimmungslosigkeit in ihrer unzeitgemäßen Situation, ist heute - wenn es ein „Heute" überhaupt noch gibt - durch Nihilisierung vorbestimmt. Nihilismus ist das, was die Philosophie ohne Heute, Gestern und Morgen in sich selbst findet und die Art und Weise, wie sie sich selbst befindet, indem sie am Horizont nur noch nichts in nichts erblickt. Die Nihilisierung der Welt in und zwischen uns bedeutet nicht nur eine existenzielle und koexistenzielle Verstimmung, sondern diejenige Nicht-gestimmtheit, die an der Macht ist, um die Totalisierung der Macht und nichts als das Unmaß der Macht zu ermöglichen. Es bleibt die entscheidende Frage, die als unentschiedene nur allzu oft einer Passivität, Pathetik, Pathologie und allgemeinen Antipathie unterliegt und nur selten ein philosophisches Pathos hervorruft: In welcher Situation finden wir uns, was können wir als unser Ethos finden, finden wir überhaupt etwas? So fragend werden wir ohne Stimme aus der Situation der Zeit herausgezogen in die Stille der Philosophie. Die Frage reißt uns aus den Weltverhältnissen heraus, in die wir weltlich verstrickt sind, Zeit und Raum werden für einen Augenblick stillgestellt. Dieser Augenblick ist im epochalen Sinne dessen zu fassen, was Platon im Dialog Parmenides über e^ai^v^; ausführt, nämlich: „dieses wunderbare Wesen Dean Komel [^uotq äxonoq], der Augenblick, liegt zwischen Bewegung und Ruhe als außer aller Zeit" (Platon, Parmenides, 156 d-e; Platon 1991, 96-97).25 „Außer aller Zeit" (ev xpovw oüSevi oüoa) meint hier nicht einfach etwas, das außerhalb der Zeit bestünde, sondern ein Äußern von Zeit und Selbst, das Ekstatikon, das uns mit sich hinauszieht. Wohin? Es zieht uns dorthin, wo uns das Maß der Zeit begegnet, nach dem wir auch unser Menschsein als zeitlich verstehen. Dieser Einfall in das, worin wir immer schon als je-meine Zeit fallen, könnte als „Bezug der Transzendenz", „Eros", „Enthusiasmus" oder als „dionysischer Rausch" im Gegensatz zur „apollinischen Klarheit" interpretiert werden. Aber darin liegt die Gefahr, den tragenden Zug der Philosophie, das, was das Denken in dem Seinsbezug verortet, der maßgeblich als diese Welt-Zeit erfahren wird, als Sprung ins Unbekannte und Unerkennbare zu verstehen. Das philosophische Denken springt wesentlich, paradoxal gesagt, zurück und gibt damit in seinem epochalen Ur-springen den Zeitraum und Spielraum unserer Existenz in der Welt und der Koexistenz der Welt unter uns frei. Eine solche Freigebung ist weniger mit unermesslichem Hochgefühl und Begeisterung verbunden als mit einer Gemessenheit, die sich aus dem Maß der Zeit erfüllt. Gemessenheit allein 419 vermag die maßlose Machenschaft der Nihilisierung stillstehen zu lassen.26 Die Gemessenheit ist nicht nur eine Schlusscharakteristik des philosophischen Denkens, sondern dessen Schlüssel selbst, der die Fenster der menschlichen Seele und die geistigen Türen der Welt öffnet. Bibliography | Bibliografija Agamben, Giorgio. 2008. Che cose il contemporaneo? Roma: Nottetempo. Arendt, Hannah. 2011. Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen. Berlin: Piper. Badiou, Alain. 2018. Der zeitgenössische Nihilismus. Bilder der Gegenwart I. Seminar 2001-2004. Übers. von M. Born. Wien: Passagen Verlag. 25 Vgl. dazu: Barbaric 1999; Nielsen 2022. 26 Die Gemessenheit wird uns durch die Inschrift M^Ssv &Yav (Nichts im Übermaß), die zusammen mit der Inschrift Tvw9i asautov (Erkenne dich selbst) am Eingang des Apollo-Tempels in Delphi stand (vgl. Platon, Protagoras, 343a-b) vor Augen geführt. Die Inschrift verweist auf das Nichts als das Zeitigende für Maß. Die Nihilisierung dagegen findet über jedes Maß hinaus statt und nährt sich aus dem Unmaß an Macht über alles, wo „nichts nie und nimmer zu viel ist". Phainomena 33 | 130-131 | 2024 420 Badiou, Alain, und Slavoj Žižek. 2012. Philosophie und Aktualität. Ein Streitgespräch. Aus dem Französischen und Englischen von M. Probst und S. Raedler. Hrsg. von Peter Engelmann. Wien: Passagen Verlag. Barbaric, Damir. 1999. Anblick, Augenblick, Blitz. Ein philosophischer Entwurf zum Seinsursprung. Tübingen: Attempto. ---. 2023. „Die moderne Barbarei." Phainomena 32 (126-127): 7-26. Bauman, Zygmunt. 2003. Flüchtige Moderne. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Butler, Judith. 2021. Sinn und Sinnlichkeit des Subjekts. Übers. von J. Kleinbeck, O. Precht, K. Ruf und H. Schurian. Wien: Turia & Kant. Cadava, Eduardo, Peter Connor und Jean-Luc Nancy (Hrsg.). 1991. Who Comes After the Subject? New York: Routledge. Deleuze, Gilles. 2007. „Das Aktuelle und das Virtuelle." In Deleuze und die Künste, hrsg. von P. Gente und P. Weibel, 249-253. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Dostojewskij, Fjodor M. 1975. Die Brüder Karamasow. Aus dem Russischen übertragen von H. Ruoff und R. Hoffmann. Stuttgart: Parkland-Verlag. Fabris, Adriano. 2018. „Arendt in Jerusalem." Phainomena 27 (106-107): 23-33. Foucault, Michel. 1990. „Was ist Aufklärung?" In Ethos der Moderne. Foucaults Kritik der Aufklärung, hrsg. von E. Erdmann, R. Forst und A. Honneth, 35-53. Frankfurt, New York: Campus. Heidegger, Martin. 1961. Nietzsche II. Pfullingen: Neske. ---. 1966. Was ist das - die Philosophie? Pfullingen: Neske. ---. 1986. Unterwegs zur Sprache. Gesamtausgabe 12. Hrsg. von F.-W. von Herrmann. Frankfurt am Main: Klostermann. ---. 1977. „Der Spruch des Anaximander." In M. Heidegger, Holzwege. Gesamtausgabe 5, hrsg. von F.-W. von Herrmann, 321-373. Frankfurt am Main: Klostermann. ---. 2001. „Wissenschaft und Besinnung (1953)." In M. Heidegger, Vorträge und Aufsätze (1936-1953). Gesamtausgabe 7, hrsg. von F.-W. von Herrmann. Frankfurt am Main: Klostermann. ---. 2002. Was heißt Denken? Gesamtausgabe 8. Hrsg. von P.-L. Coriando. Frankfurt am Main: Klostermann. ---. 2007. „Das Ende der Philosophie und die Aufgabe des Denkens (1964)." In M. Heidegger, Zur Sache des Denkens (1962-1964). Gesamtausgabe 14, hrsg. von F.W. von Herrmann. Frankfurt am Main: Klostermann. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich. 1986a. Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie I. Werke 18. Frankfurt am Main: Suhrkamp. ---. 1986b. Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse 1830. Dritter Teil: Die Philosophie des Geistes. Werke 10. Frankfurt am Main: Suhrkamp. ---. 1995. Grundlinien der Philosophie des Rechts. Mit Hegels eigenhändigen Randbemerkungen in seinem Handexemplar der Rechtsphilosophie. Hamburg: Meiner. Dean Komel Held, Klaus. 2013. „Von Pyrrhon zu Husserl. Zur Vorgeschichte der phänomenologischen Epoché." Metodo. International Studies in Phenomenology and Philosophy 1 (2): 233-244. Hillebrand, Bruno. 1991. Ästhetik des Nihilismus: von der Romantik zum Modernismus. Stuttgart: Metzler. Gumbrecht, Hans Ulrich. 1991. „Die Postmoderne ist (eher) keine Epoche." In Postmoderne - globale Differenz, hrsg. von H. U. Gumbrecht und R. Weimann, 366-369. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Jaspers, Karl. 1979. Die geistige Situation der Zeit. 8. Abdruck der im Sommer 1932 bearbeiteten 5. Auflage. Berlin/New York: Walter de Gruyter. ---. 1984. Philosophischer Glaube angesichts der Offenbarung. 3. Auflage. München: Piper. Kant, Immanuel. 1998. Kritik der reinen Vernunft. Nach der ersten und zweiten Originalausgabe hrsg. von J. Timmermann. Mit einer Bibliographie von H. Klemme. Hamburg: Meiner. Kirk, Geoffrey S., John E. Raven und Malcolm Schofield. 2001. Die vorsokratischen Philosophen. Einführung, Texte und Kommentare. Deutsche Übers. von K. Hülser. Stuttgart: Metzler. Kobe, Zdravko. 2005. „Die Auferstehung des Begriffs aus dem Geiste des Nihilismus oder Hegels spekulativer Karfreitag." Filozofski vestnik 26 (2): 113-128. Komel, Dean. 2007. „Nietzsche und die Phänomenologische Wende in der Philosophie des 20. Jahrhunderts." Interdisziplinäre Phänomenologie 4: 33-46. ---. 2014. „Virtualität und Vollendung der Metaphysik." Phainomena 23 (88-89): 109-126. ---. 2022. „Philosophy, the Humanities, and Social Criticism in Slovenia." Slovene Studies. Journal of the Society for Slovene Studies 44 (1): 79-98. ---. 2023a. „War of Nihilism." Teoria: rivista di filosofia fondata da Vittorio Sainati 43 (2): 9-26. ---. 2023b. „On Totalitarium". In Thinking Togetherness: Phenomenology and Sociality, hrsg. von A. Božič, 381-398. Ljubljana: Institute Nova Revija for the Humanities. Kosovel, Srečko. 1977. Zbrano delo III. Hrsg. von A. Ocvirk. Ljubljana: Državna založba Slovenije. Ludes, Peter. 2018. Brutalisierung und Banalisierung. Wiesbaden: Springer VS. Lyotard, Jean-François. 1979. La condition postmoderne. Paris: Les Éditions de Minuit. Marder, Michael. 2017. Energy Dreams: Of Actuality. New York: Columbia University Press. Menegoni, Francesca, und Luca Illetterati (Hrsg.). 2018. Wirklichkeit. Beiträge zu einem Schlüsselbegriff der Hegelschen Philosophie. Hegel-Tagung in Padua im Juni 2015. Frankfurt am Main: Klostermann. Michel, Sascha. 2024. Leere. Eine Kulturgeschichte. Frankfurt am Main: Klostermann. 421 Phainomena 33 | 130-131 | 2024 422 Nancy, Jean-Luc. 1993. Le Sens du monde. Paris: Galilée. Nielsen, Cathrin. 2007. „Wirklichkeit als unendlicher Progress." Phainomena 15 (6061): 257-275. ---. 2022. „Torweg Augenblick'. Zu Finks Nietzsche-Deutung." Phainomena 31 (122-123): 37-63. Nietzsche, Friedrich. 1988a. Die Geburt der Tragödie. Unzeitgemäße Betrachtungen I-IV. Nachgelassene Schriften 1870-1873. Kritische Studienausgabe 1. Hrsg. von G. Colli und M. Montinari. München, Berlin, New York: Deutscher Taschenbuch Verlag, Walter de Gruyter. ---. 1988b. Morgenröte. Idyllen aus Messina. Die fröhliche Wissenschaft. Kritische Studienausgabe 3. Hrsg. von G. Colli und M. Montinari. München, Berlin, New York: Deutscher Taschenbuch Verlag, Walter de Gruyter. ---. 1988c. Nachgelassene Fragmente 1885-1887. Kritische Studienausgabe 12. Hrsg. von G. Colli und M. Montinari. München, Berlin, New York: Deutscher Taschenbuch Verlag, Walter de Gruyter. Norris, Christopher. 1982. Deconstruction: Theory and Practice. London, New York: Methuen. Pfeifer, Wolfgang et al. 1993. Etymologisches Wörterbuch des Deutschen. Digitalisierte und von W. Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache. https://www.dwds.de/d7wb-etymwb. Abgerufen am 6. Oktober 2024. Platon. 1991. Parmenides. Sophistes. Politikos. Sämtliche Werke in 10 Bänden. Griechisch und deutsch. Nach der Übers. Fr. Schleiermachers, erg. durch Übers. von F. Susemihl und anderen. Hrsg. von K. Hülser. Frankfurt am Main, Leipzig: Insel Verlag. Pöggeler, Otto. 1970. „Hegel und die Anfänge der Nihilismus-Diskussion." Man and World 3: 163-199. Prole, Dragan. 2023. „Nihilismus als operativer Begriff." Phainomena 32 (126-127): 27-39. Rocha de la Torre, Alfredo. 2019. „Stimmlung und Verstehen." Phainomena 28 (108109): 57-81. Rovatti Pier Aldo. 1989. „Das Rätsel der Epoche."In Phänomenologie im Widerstreit. Zum 50. Todestag Edmund Husserls, 277-290. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Severino, Emanuele. 1983. Vom Wesen des Nihilismus. Übers. von M. Oschwald-Di Felice. Stuttgart: Klett-Cotta. Sloterdijk, Peter. 1989. Eurotaoismus: Zur Kritik der politischen Kinetik. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Sousa de, Luis Aguiar, und Paolo Stellino (Hrsg.). 2002. Violence and Nihilism. Berlin, Boston: Walter de Gruyter. Spivak, Gayatri Chakravorty. 2008. Can the Subaltern Speak? Postkolonialität und subalterne Artikulation. Übers. von A. Joskowicz und S. Nowotny. Wien: Turia & Kant. Dean Komel Stekeler-Weithofer, Pirmin. 2018. „The concept of reality. On Hegel's disambiguation of Energeia." In Wirklichkeit. Beiträge zu einem Schlüsselbegriff der Hegelschen Philosophie, Hegel-Tagung in Padua im Juni 2015, hrsg. von F. Menegoni und L. Illetterati, 59-78. Frankfurt am Main: Klostermann. Stellino, Paolo. 2015. Nietzsche and Dostoevsky. On the Verge of Nihilism. Bern: Lang. Stewart, Jon. 2023. A History of Nihilism in the Nineteenth Century. Confrontations with Nothingness. Cambridge: Cambridge University Press. Stiegler, Bernard. 2015. La Société automatique: 1. LLavenir du travail. Paris: Fayard. Theunissen, Michael. 2000. Pindar. Menschenlos und Wende der Zeit. München: C. H. Beck. Urbančič, Ivan. 2011. Zgodovina nihilizma. Od začetka do konca zgodovine filozofije. Ljubljana: Slovenska matica. ---. 2019. Povijest nihilizma. Od začetka do kraja povijesti filozofije. Übers. von M. Kopic. Zagreb: Demetra. Vattimo, Gianni. 1980. Le avventure della differenza. Milano: Garzanti. ---. 1986. Jenseits vom Subjekt. Nietzsche, Heidegger und die Hermeneutik. Hrsg. von P. Engelmann. Übers. von S. P. Riekmann. Graz: Böhlau. ---. 1990. Das Ende der Moderne. Übers. und hrsg. von R. Capurro. Stuttgart: Reclam. Virilio, Paul. 1999. Fluchtgeschwindigkeit. Essay. Aus dem Französischen von B. Wilczek. Wien, München: Hanser. Volpi, Franco. 1999. Il nichilismo. Roma: Laterza. Weimann, Robert, und Hans Ulrich Gumbrecht (Hrsg.). 1991. Postmoderne - globale Differenz. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Welsch, Wolfgang. (Hrsg.). 2002. Wege aus der Moderne: Schlüsseltexte der Postmoderne-Diskussion. 2., durchgesehene Auflage. Berlin: Akademie Verlag. ---. 2009. Unsere postmoderne Moderne. 7. Auflage. Berlin: Akademie Verlag. Woodward, Ashley. 2009. Nihilism in Postmodernity: Lyotard, Baudrillard, Vattimo. Aurora: The Davies Group, Publishers. Žižek, Slavoj. 2001. Die Tücke des Subjekts. Frankfurt am Main: Suhrkamp. 423