Miß Jmns Love 7.7...- > - ..-77— Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen von A. Th. L. - KSSSLVSSrSSSWSSSSKSL8?Sr?SS?SS Augsburg, Bey Conrad Heinrich Stage. 1780. Laßt mich gehen mit Krrabenschritten, wo ShakeS- pear gieng! Der Weg ist schlüpfrig, und Falk ist in jedem Schritte — Wer reicht mir den Arm? — Dem Weiner edler Thranen, dem Hochgebohrnen JOM Nepoimk des H. R. R. G rasen und Herrn «°» CdlMg gewidmet von A. L. Personen. Sir William Love, unter dem Namen S'udderley Lady Sara Love. Miß Jenny Love. Ihre Tochter. Lord Herington. Eduard Sandwell. Hcartwich. Sandwells Freund. warford. Ehemal Sandwells Freund. Sund. Vertranter Diener des Lords Heringtou. Andrews. Bedienter des Sudderley. Thomsen. Ein Officier von der Wache. Wache. Nebenpersonen. Die Handlung ist in Schottland. A z Erster Erster Aufzug. (Ein einsames Gut des Sudderley. In der Mitte das Schloß, auf einer Seite em Garten, auf der andern Wald.) . - Erster Auftritt. Sandrvell. Hearrwich (inReisekleidem). Hcartwich. kommt denn kein Mensch heraus! Es muß nur die Hölle das Schloß bewachen. Sandwrll. (in einem Mantel gehüllt, den Hut in die Stirne) Hier also ists, wo Jenny unge- hort seufzet! hier, wo die schönsten Thranen ungekstßt vertrocknen ! — Ungeküßt? Ha! raubte sie nicht ein verratherischer Kuß von ihren Wangen, ehe sie noch vertrocknen können! — Hearrwich. Sey ruhig! — Ein Herz schlagt hier, und Blut wallt — Sandrvell. Auch da wallt's, da unter der Nar¬ be — und wenn's nicht für Jenny wallt, v so stocke es! — Ruhig seyn — wie kann ich das? — ver¬ brach ichö jemals? — So hab' ich mein Herz ver¬ kannt. kamt. Ich bin noch schwach, wahr i'sts; aber mein Herz, Bruder! das ist stark — den Engel wünscht sich's heraus, und wenn ihn Teufel bewachen sollt ten — Heartwich. Die Wonne der Rettung sey dein! aber Rache — die laß mir! — dich gesund, und Jenny in deinen Armen wissen — Ha! dicß Bild, wenn ich's denke, wenn ich mir's lebhaft vor die Seele herdenke — daö Herz mbchte mir schmelzen — Sandwell. Ich bin gesund. Heartwich! — - Um sie zu retten, was bin ich nicht? — Eine höhere Macht —Liebe, möchte ich sagen — oder derjenige, der mir ein Herz gab, daß es lieben soll, und der oft vermodertes Gerippe aus den Grabern weckt, ihm wieder Leben einbläst, daß es die leidende Tugend ret¬ ten soll, der — der hat mich geheilt. Sonst wäre mir die Wunde tddtlich geworden. Heartwich. Still! da kommt jemand. Wer unter deinen Mantel dich sucht, dein hat Raserey die Gegenstände verwechselt» Zweyter Auftritt. Sund. Die Vorigen. Sund, (aus dem Schlosse kommend) Guten -Tag, Herren! Heartwich.) ^ten Tag! Gandwell.) Sund. Sie sind von der Straße abgegangen» Vermuthlich wollten Sie nach Edinburg -— A4 E 8 Heartwich. Nein, das nicht — Unter uns gesagt; ich arbeite an einem Beytrage zur Naturge¬ schichte — Und hier sagt man, hier, in diesem Ge¬ birge, hat die Natur ihre Seltenheiten verschwenderisch üuSgcstrcut. Sund. Wenn Sie Lust haben, sich auf unfern Seltenheiten den Hals zu brechen, so gehen Sie gerade diescn'Fußstcig; er führt zn Mördergruben. Hcartwich. Mördergruben — wahrhaftig. Mördergruben — Es schaudert dem ehrlichen Man¬ ne. Das Entsetzen gieng uns auf der Ferse nach — durchaus — die Mordwege herüber. Sund. Im Vertrauen! (dem-Heartwich ins Mein Mein Herz ist ein Ungeheuer, das in seinen, Verder¬ ben Kräfte findet, in seinem Tode Leben, um einen neuen noch grausamem Tod sterben zu können. O Sara! einst geliebte, jetzt gefürchtete Sara! dich hat Gott geschickt! dich hat Gott geschickt! — Er, der die Herzen der Lasterhaften durchgräbt, um jede ver¬ borgene Qual wider ihre Ruhe aufzuwiegeln! — Was soll ich dir sagen? Meine Zunge erstarrt, wenn sie reden will. Meine Hände sind steif zur Umar¬ mung ; steif, zur Rettung derjenigen, für die du wei¬ nest und seufzest, diese entsetzlichen Seufzer, diese Dolche für mein Herz — Ich soll sie retten? deine und meine Tochter! das unglückliche Pfand meiner Liebe, das ich dir zum grausame» Andenken znrück- ließ, damit ja dm-ch scchszehcn Jahre keine T hrane nnausgeweint, kein Fluch unausgcslucht bliebe! — Retten? Entreißen? Ihm, den, Vertrauten meiner That? Ihm, dessen Rache mich den schmählichsten Tod, noch tätlicher durch den Fluch der Menschheit, fürchten läßt? Nicht retten?— Also Jenny/die unglückliche Jenny in den Armen ihres Vaters die Räuberhöhle finden lassen, wo sie mishandelt wird? oder die Klippe, wo sie scheitern wird? — Gerechter Gott! führe mich hinaus, aus dieser Verwirrung! — nicht mich, nicht mich— meine Jenny!'Du bist der Rächer des Lasters, ohne die Unschuld mit in deine Strafen zu verwickeln! A 5 Vier- Vierter Auftritt. Sudderley. Lord HerLngton. -Herington. (aus dem Schlosse) Sie ist also La — Ihre Sara — sie ist gekommen; bewaffnet mit Weiberwuth — (trotzig) Ich will abreisen — Sudderley. Und meine Tochter? Herrngton. Haben Sie eine Tochter? Ist der auch noch Vater, der seinem Kinde das Leben gab, um es ihm sauer zu machen? —Der es verlassen hat, da er ihm am nothwendigsten war? der es der Ver¬ achtung , der Dürftigkeit, und den Verführungen des Lasters preiß gab ? — Fragen Sie Ihr Herz, ob des auch noch Vater ist? Sudderley. Grausamer! Sie berufen sich auf mein Herz, und haben es zerrissen! — O Gott! das thnt wehe! das thut wehe! — Verlieren also, ver¬ lieren soll ich sie, meine Jenny, meine Hoffnung — und vicleichr einst die Stütze meiner sinkenden Tage? für die mich Schmerz, Reue, und ein nagender Gram durch sechszehn Jahre verzehret hat? — Verlieren, ehe sich noch ihr Mund geöffnet hat, um mir den süßen Namen Vater zu nennen? — (schmeichelnd) O Mylord! Mylord! Sie werden nicht reisen! Sie werden nicht reisen! Herrngton. Was wollen Sie? War es nicht genug, daß Sie mich auf meiner empfindsamen Seite zu kitzeln wußten , bis Lady Sara meinen Aufenthalt erfuhr? — Daß nun eben Sie der Vater derjenigen sind, die das Glück hat, mir nothwendig geworden zu seyn. LI sey», dafür kann ich nicht. Ich habe meinen Raub zu Ihnen gebracht, um ihn sicher zu stellen — Das ist er nicht — Gut! Ich bring' ihn also nach Edin¬ burg — und Ihrer rasenden Sara will ich eine Hand¬ voll Heringtonischen Glanzes ins Angesicht schleudern. Laß sie erblinden soll, wenn sie's wagt, mir nachzu¬ kommen. Sudderley. Ha, Sudderley! Wenn du Blut hast, so laßes nicht stocken! Deine Tochter wird rei¬ sen -— und du, du Graukopf! Herington. Wirst dazu stillschwcigen müs¬ sen. Lord Herington sagt Ihnen das — Einen Mord auf der Seele — und auf derZunge noch nicht das Stocken? Sudderley. Recht! Mylord, Recht! Hetzen Sie den Wurm, daß er lebhafter werde, um mein Herz zu zernagen! — Einen Mord auf der Seele, ach! der ist schwer! Mord desjenigen, dessen Blut ich in meiner Gattin liebe! — Und Sie, Sie sind der Mörder Sandwells. Sie haben ihm einen Freund aus dem Dusen gerissen. Sie haben das Herz seines Freun¬ des mit meuchelmörderischer Untreue übergcifert, ihm einen Dolch in die Hand gegeben, daß er eine Brust durchbohren sollte, an der er gewohnt war, die Won¬ ne der Freundschaft einzuathmenMessen wir uns! messen wir uns, Mylord ! (er schweigt, die Schande im Angesichte) Gott! das können ist bitter! (geht ab durch dieGartenthüre) Fünf- 12 Fünfter Auftritt. ^eringcon. Sieh' das Männchen! Was für Hitze! — Mörder! Ich fühle das schreckliche Wort ganz! — War's nicht eben Ruhe des Herzens, und der Gedan¬ ke, du hast sie allein, der dich vermocht hat, einen Meuchelmord zn miethen? Und nun — Muth l Herington! Wenn's nun einmal so ist, so morde! wa¬ sche Blut mit Blut weg, und wenn du Leichen ans Lei¬ chen thürmen sollst, so morde! — Jenny ists werth! (steigt mitwuth auf und ab) Sechster Auftritt. Heringcpn. Sund. Herington. Du hast mich behorcht, zittre! Sund. Mylord! Herington. (nimmt ihn bey der Hand, und dann ins Ohr mit steigender Stimme) Herington ein Mörder, ein Mörder! — Ha, du hast ciue Zun¬ ge ! die soll mich nicht verrathen. Sund. Nicht behorcht, Mylord! Ihre Laune habe ich beobachtet. Ich weis, was ich wissen soll— und ich weis, was ich nicht wissen mochte — War- fords Werk ist unvollkommen. Herington. Lügen! Lügen! Oder wenn du mich durchaus zu einem Teufel gemacht haben willst, so rufe den Buben aus seinem Grabe hervor, und entzünde die ganze Hölle meiner Leidenschaften! Sund. IZ Sund. Ich wollte, es wären Lügen, was ich gehöret habe; ich wollte, cs hielte ihn ein ewiger Tod iin Grabe gefesselt — Aber hier, Mylord I (er über- gtrbt ihm einen Brief) Ueberzengen Sie sich — Herington. Sandwell lebt! Still! — Laß' ihn tief eiiidringen, den Hbllcgedanken! Laß ihn jede Wnth aufflammen, wenn noch eine unangeflanimt in mir liegt! — Sandwell lebt! Er lebt! und du hast ihn nicht gerb dret? ihn nicht hingesireckt, daß er im Blute dagclcgcn wäre? meinem Auge ein angeneh¬ mes Schauspiel nicht vergönnet? — Rette dich! E-- lender! Rette dich! (Sund bleibt in einer Entfernung stehen) Ein Brief? An wen? An Miß Jenny! Von wem? Von Sandwell! Ha, ha, ha! von Sandwell! —> So hat mich die Holle um diese Mordthat beneidet? Du zitterst? Pfui! Herington! Hast doch nicht ge¬ zittert, seinen Tod zu beschließen — (er liest) „Er- „holen Sie sich. Miß! — Man hat mich umbringcn „wollen, aber ich lebe! Noch mehr! Ich komme. Sie „zu umarmen — Auf was immer für Kosten es auch „geschehen mag — ich will, ich muß Sie umarmen." Und du das sehen! Herington, du das sehen! (er geräth in wuth, und zerreißt den Brief) Mein Blut stocke mir, und werdeGist, wenn ich das kann — Ha,zerrissen ? Das verschlagt nichts — Ich habemirWuth undMord- sucht genug herausgelesen! (liest noch an einer Ecke) „Mislingr alles, so dringe ich wenigstens so weit, daß „ich zu Ihren Füßen sterben — kann." Ja — das. Las (steigt auf und ab, ist Gedanke, und endlich stampfend) das sollst du! —- (stürmisch) Sund! Sund! Sund. IH Sund. Mylord! Herington. Schaff ihn her! daß ich ihn er¬ morde! Schaff ihn her! Wo hat ihn die Holle? Sund. In der Falle, Mylord. Sic haben für Sandwells Tod den schönsten Plan. I hr gutes Glück hat mir seine Ausspäher zugeschickt. Ich seufzte bey dem Namen Jenny tief aus der Lunge, heulte, preßte Thränen aus, und was dergleichen Gaukelspiel mehr ist. Ich erboth mich sogar, Miß Jenny aus Barm¬ herzigkeit gegen die leidende Tugend bey der Nacht mit möglichster Stille aus dem Schlosse zu bringen — Herington. Du — du das? Sund. Um ihn desto sichrer in die Falle zu locken. Er lauert drüben im Dorfe. Ohne Helfer — seines Raubes sicher — so kömmt er in der Mitternachts- stundc am Fußsteige her — indeß, daß Warford mit frisch aufgchetzter Wuth über ihn herstürzt — Herington. Warford? — Sund. Er begeht nichts, als eine Mordthat, die schon so gut, als begangen ist. Herington. Ist er dann Warford? Hast du ihn seit einigen Tagen beobachtet? — Siehst dn nicht, daß ihm Meineid, Untreu, und Mord, und Furien,'und die Teufelskinder alle im Hirne Herumreiten? — Sund. Den Tod Sandwells können Sie ihm einmal, als eine Pflicht abfodern. Wird er Ihnen ge¬ fährlich — gut! so räumt man ihn aus dem Wege. Herington. Ihn! — Ihn, der nichts that, als wozu ihn meine und Satans Beredsamkeit ver¬ mochten! — das Werkzeug meines Verbrechens! — Ovtt! — Reich dich darf ich nicht nennen!— Hölle! kann kann ich dann? Kann ich? — Und doch muß ich! — (mitwuth) Ha, Rathgeber! (Sund gehr eilends ab) Siebenter Auftritt. Heringron. Dein Rath kehre in deine Seele zurück, und wer¬ de zum Saamcn für eine Holle voll Matter! Dein Herz empöre sich wider deine Ruhe! und die Kräfte, die dich erhalten, wider dein Daseyn! — Ha, ha, ha, Herington! Du fluchst ihm, und wirst ihn noch küssen, wirst ihm für den wvhlmeyncndcn Rath Herzcnsdank sagen — Du wirst Warfords Blut und Sandwclis Blut untereinander mischen, wirsts dem Sudderley und seiner tobenden Sara ins Angesicht spritze», und indeß, daß sie sich die Augen auswischen werden, deine Jenny umarmen! — Herington! Heringtvn! Du warst ein Mensch! liebst ein Mädchen! wirst ein Mör¬ der ! deines Miethmorders Mörder! — bekömmst eine Hölle ins Herz! und handelst, wie eine Hölle! — (schlägt sich mit der Hand auf die Stirne, und geht rvüthend ab) Zwevter l6 .!'7> K Zweyter Aufzug. (Saal im Schlosse.) Erster Auftritt. Miß Jenny. ^-»a! wie er wnthet! wie er raset! — Dank dir, c»' Herington! Dank dir! Du warst wir nie so er¬ träglich ! — Jede Empfindung werde dir Wnth und Blutdurst! Dann kann ich vieleicht aufhören, dich zu hassen — Was ist mein Leben ? — Ha, Barbar! unter deiner mörderischen Hand, da, da soll's mir weg¬ bluten , wenn ich's nicht für Eduard lebe! — O Eduard! Eduard! Du Verlohnter! werde ich dich nicht mehr umarmen? aus deinem schmachtenden Auge die keinen Blick mehr wegschauen? nie mehr die Wolluss fühlen, wie, wenn du bey mir gesessen hast, die warme Hand mir da herüber, so sanft mir da herüber — und wenn dann ein unbekanntes Schwellen die Bruff mir hob, ungeduldig, so fern von dir zn seyn! —- Sofern! — damal! — und itzt! itzt!- Gott! — in diesem Gedanken liegt eine Holle! — (setzt sich) Warum hab' ich, hab'ich— ich weis selbst nicht, was ich habe — O mein armes Herz! sey ruhig, wenn du kannst, sey ruhig! — Nein! sey nicht ruhig! — hast ihn geliebt, deinen Sandwell — lieb' ihn noch! und Herington — den hasse l Zweyrell Zweyter Auftritt. Miß Jenny und Lady Sara. Lady Sara (weinend). Warford wird den Augenblick da seyn. — Jenny. Thranen, Mutter? Lady Sara. Noch hab' ich sie, noch sind nicht alle weggeweint — (für sich) Was will er? o Gott! was will er? — „ich will sehen, ob ich bethen kann, „nnd nachher, nachher" — hier verbiß er ein großes Wort — „ob ich bethen kann!" — und die Mine, mit der er's sagte — O meine Tochter! was werden wir noch erleben ? Jenny. Ich bin auf alles gefaßt — ach Mut¬ ter! zeigen Sie mir den Verrather meiner Liebe, vie- leicht werde ich ihn umarmen kbnnen, wenn dieß Opfer Ihre Ruhe fodert — aber Sie für mich weinen zu se¬ hen, dazu bi« ich zu schwach. Lady Sara. Meine Tochter! so würdig, es nicht zu seyn! — Engel! wirst du mir alles verge¬ ben? — Jenny. Das soll ich? — Mntter! das? — Was thaten Sie, um nicht Mutter zu seyn? Lady Sara. Um es zu seyn — wolltest du sa¬ gen. Ich war es, die dich in eine Welt versetzet hat, die von dem Augenblicke an, als du sie betreten konn¬ test, deiner Last überdrüßig zu werden schien.— Jenny. Liebt mich nicht Sandwell? — Dieser Gedanke würde mich für eine Hölle schadlos halten. Was thut's, wenn mnd um michHeringtonewüthen? Habe ich nicht die Quelle des Vergnügens im Herzen? B Da 18 Da ersäufe ich sie alle, alle die Widerwärtigkeiten — O meine MutterDank! ewigen, ewigen Dank! Gott, und Ihnen! für mein Leben, und für mein Herz! ich bethe alle Tage für Sie — Lady Sara. Tochter! zu viel, Tochter! — Du tauschest dich, um mich zu trösten. Jenny. Es ist mir so wohl, so ganz wohl — Lady Sara. Du willst mich trdsten, und ich, ich muß dich tbdten — Jenny (auffahrend). Jst Sandwell todt ?— Geschwind, geschwind, Mutter! daß mein Herz breche, und mein Geist ihm Nacheile! — Dort wird uns kein Herington trennen — Sie verweilen? Sie seufzen? Ach Mutter! Dieser Seufzer— Sie durchbohren mein Herz, und tbdten es nicht — Lady Sara. Sandwell lebt, wenn er kann. Fasse dich, Engel! Jenny. Ihre Mine — o Himmel! — Reden Sie! Mutter! — Wenn er lebt, so liebt er mich. Schrecklich für mich ist nur sein Tod, oder Heringtons Liebe — Reden Sie! - Lady Sara. Du hast mir's von de» Lippen ge¬ nommen, das entsetzliche Wort, warst auch da Tochter, (mit Nachdruck) Heringtons Liebe! — Ach! — und ich — ich bin der Tvdesengel, der dir de» Tag des Schlachtopfers verkündigen muß! — ES ist nur eine Nacht, die ihn von dem heutige» trennt! -- mor¬ gen schleppt er dich nach Edinburg — Ienny (nach verschiedenen Bewegungen, mit einiger Feycrlichkcit). Gott! du Rächer! Gott! — wenn es wahr ist, daß du die Schicksale der Mn- 6 V' ----- Menschen ordnest, daß dir die Thrane der Unschuld tverth ist, «nd daß du die Begierden der Lasterhafte» in Furien verwandelst, ihnen die Holle im Herzen bau'st, o so bau sie ihm! laß ihn rasend werden! — laß ihn in dem Gerüche meines Todes einen Himmel finden!— Deinen Retter, Gott! deinen Tod! — Dann, dann komme er, und umarme mich! ein kal¬ tes Todtengerippe umschließe ihn, und — Dritter Austritt. Heringtou, und die vorigen. Herington (wirft sich der Miß zu Füßen). Zu deinen Füßen, Zauberin»! da fluche mir! — Jenny. Gott! vernichte mich! (gehr eilends mit der Mutter ab) Vierter Auftritt. -Herington. (Er bleibt eine Weile in der nemlichen Stellung, und dann mit bittrem L achen:) Ha, ha, ha! Der Lord, den die Nation mit Ehr¬ furcht nennt, zu den Fußen eines Mädchens, das ihn verachtet, ihm flucht! — Ha, ha, ha! Lady! Haben Sie ihr gesagt, daß ich sanftmüthig bin? — Nehmen Sie das Wort zurück. Es ist Wuth, es ist Raserey, was mich stimmt! Ich will das Band, das uns knü¬ pfensoll, mit Blute malen! will mir ans Leichen ein Brantlager betten! — Das sagen Sic ihr, Lady. Lady! — auch weg! — Ha, ha, ha! da steht er mm, der Lord, der die Großen Brittarmiens nm sich her rei- B 2 hen SH L0 8-s Heu konnre, der über das Gewimmel gebeugter Höf¬ linge mit erhabenem Nacken hinwegsah, da steht er nun! von Weibern nicht geachtet! — Das Spiel ihrer Verachtung! — Herington! — Gedanke! wach'auf! — du warst mir einst groß in der Seele. Wach' auf! He- rington! — Bist nicht du's, der die Herzen der Gro¬ ßen so meisterlich nach Osten und Süden gcdrehet hat? — Und für ein Weibsherz bist du kraftlos! — kraft¬ los ! — Ha, Weib! und du, Sucht, es zu haben! Seuche! — Hast dich an die Urquelle meiner Kräfte gesetzet, um sie alle da zu.verderben! Hast den Lord zum Kriecher herabgewürdigt! — O Weib! Weib! Was bist du? — Ha, Zauberin»! Göttinn! Furie! — Laß dich räuchern! Ich will dir opfern! — Fünfter Auftritt. Herington und warford. (warford, ein Pistol in -er Han-, sieht wild umher, setzt sich, und legt das Pistol neben sich auf den Tisch.) Heringron. Nun, Warford! - Ich soll dir schmeicheln, soll dir Worte des Flehens sagen — Ich kann nicht! Bruder, ich kann's nicht! — Weißt du. Laß ich nun bald mit jedem Hauche eine Mordthat aus¬ hauchen werde? — Ha, ha, ha — nun — wie ist dein Entschluß? — warford. Unwiederruslich! Herington. Laß dich umarmen ! (er umarmt ihn) Du bist's werth! bist's werth, Bruder! —Ha! rö ist mir, als sah' ich's bepm Mondlichte, wie der Bu¬ de, sr Ve, trunken von Sehnsucht, daher taumelt -- Paff! — da liegt er — da krümmt er sich, und sträubt sich, in- deß, daß der Lord sein Mädchen umarmt — Was ist dir, Bruder ? — Du legst ja die Jahne so übereinander, willst dir die Junge abbeißen — Die Wuth hat dirja deine Nerven gespannt, daß sie beynahe zerreißen möch¬ ten — warford. (bitter) mbchten! Herington. Ha, ich verstehe dich. Du willst mir die Schamröthe ins Gesicht jagen! — Glaub's Bruder, ich bin auch kein Weib — Laß sehen! (greift nach der Pistole, und hält es dem Warford an die Brust) Jittre! Laß dir die Beine zusammenfahren! Laß dir Schrecken und Angst das Mark ergreifen! — Du willst nicht? — (legt das Pistol weg ) Wenn du zittern wirst, wenn dir der Gedanke: tvdt, kalt, und mit allen seinen Schrecken durch die Seele fahren wird, dann, Bruder, rechne auf mich — Wvhlthaten sind meine Sache nicht — (geht ab, wo Anny abgieng) Sechster Auftritt. Warford. Diese Umarmung — (fährt auf ) Gerechter Gott! mir war's, als hätte mich eine Hölle umarmt! —- O Warford! Warford! was ist aus dir geworden! — Heringtons Freund! — Hast du dann die Freundschaft eines Teufels um diesen Preist erkaufen müssen! —- Sandwells Blut soll mir also noch einmal die tvdtlichen Vorwürfe in die Seele röcheln! Noch einmal soll ich sie heben, die Mörderhand! - Soll! - Ich kann B -5 nicht! 22 nicht! — Was kann ich dann? — Ihn leben lassen? — In einer Welt, wo ich lebe? — Mich selbst zur Hblle jagen? — O ihr Qualen alle! wenn euch der Racher des Lasters ins Herz legt, daß ihr wüthen sol¬ let, so wnrhet! aber tödtet den Saamen der Empfin¬ dung! — Sara! Jenny! (siehtumher) Ha! ich bin dieser Wohlthat nicht werth — bin ihrer nicht werth! — Eure Blicke sind für ein Schauspiel der Hblle viel zu segnend! — Nun — so gehe dann, Warford!. gehe, ohne die Peinen deines Herzens durch ein freyes Ge- standniß deiner That ausgeschüttet zu haben! — Einen Schritt! -- einen großen, gewaltigen Schritt — und du bist nicht mehr! — Was säumst du? -- Was hin¬ dert dich eine Lücke zu öffnen? — (ergreift das Pi¬ stol, und zittert) Gott! -- das ist zu viel! — zu grausam ! Du Racher! (fallt in den Gessel zurück, drückt den Streit seiner Seele mit Gebärden aus, endlich scheint er entschlossen zu werden, fahrt mit der Hastigkeit eines Vcr;weifclndcnauf,und macht Mine, sich zu tödten. Diesen Augenblick treten Herington und Lady Sara auf. Erdrückt los, das Pistol sagt ab; er fallt zurück, laßt das Pistol fallen, Furcht und Schaudern bemächtigen sich seiner.) Siebenter Austritt. warford. Herington. Lady Sara, Herington. Man laßt mich nicht zu ihr; ma« stoßt mich weg, wie einen Buben. — Sudderley! Lady! zittern Sie! — Lady Sara. Gott! laß es nicht wahr seyn, was ich gesehen habe! — Warford! Warford! Hering- Herington. Du willst mir bevorkvmmen, Bru¬ der — warford. Ha, vcrrathen— (will abgehen) Fliehen Sie, Lady! verrathen, Selbstmörder sind ge¬ fährlich. (Herington steigt mit zurückgehaltener wuth auf und ab ) Lady Sara. Warford! (für sich) O mochte ihn Gottes Kraft halten! — (zu warford) Sie müssen leben! Sie sind ja mein lieber, lieber Warford. Ich werdeSie nicht verlaffen,ich werde Sie fest halten— warford. Um mir zu fluchen. Grausame! — So fluchen Sie mir dann, fluchen Sie mir'— Mein Herz flucht mir auch. Lady Sara. Ich? (für sich) Du lieber Gott! soll meine Zunge ihm einen Fluch sagen können, o so laß sie erstarren! — Du selbst bist ja der Gott des Er¬ barmens! — Gnade, Sir, ja ich wage es. Ihnen Gnade zn verkündigen, von dem, der Menschen schuf, um ewig vergeben zu können. Schwöre» Sie, schwö¬ ren Sie, daß Sie leben wollen. warford. Sie wissen nicht, mit wein Sie zu thun haben. Kann dann ein Meuchelmörder schwö¬ ren? — Kann der schwören, dem kein Schwur heilig ist — der eine Brust mit meuchelmörderischer Hand durchbohren konnte, an de^er die Wonne freundschaft¬ licher Umarmungen genoß? -- Kann der schwören? — (Heringen geht mit einer drohenden Mine gegenwarford ab) B 4 Achter Achter Auftritt. warford. Lady Sara« Lady Sara. Warford! ich wollte. Sie waren wahnsinnig — Ihre Worte — sind so wunderbar — warford. Sie wissen vieleicht Sandwells Tod noch nicht — (Lady erschrickt) Sein Mörder -- bin ich! — Die That schlug fehl — er lebt! — Und zu seinem Mörder — bin ich gemiekhet — Lady Sara (nachdem sie eine weile schwieg) Hdr's, wer'skann — ich kann's nicht! — OGottl¬ er lebt! — und Sie — Sie haben sich zu seinem Mör¬ der miethen lassen? — warford. Lassen — Doch nur lasten! — Sterben soll — Warford. Er wird kommen, Lady! er wird kommen— in seinem Anblicke ist Tod! — Soll ich ihn erwarten? — ich ihn hier erwarten? — Hal noch ist Tod da — ( ergreift das Pistol) Ihren Fluch, Lady! und wenn er kömmt, ein Zeugniß — daß ich aus Reue starb — Lady Sara. O Gott! o Gott! was wollen Sie thnn? So ist es dann möglich? Sv kann ein Wesen wider sich selbst wüten? — Fassen Sie sich, War¬ ford ! — Sie sind ein Mann! Sie können von den Wallungen Ihres Blutes bessern Gebrauch machen — Retten Sie Jenny — und Sie haben Ihren Sandwell für einen Tod schadlos gehalten — warford. Herrlicher Gedanke! —, Jenny ans deiner Hand in Sandwells Armen sinken lassen! — Ha, Unvergleichlicher! — ist eine schwarze Seele auch deiner noch fähig? — Ach Lady! leiten Sie mich — in Hr-üü-ü^sO 2Z in dichtem Dunkel taumele ich umher, in jedem Schrit¬ te ist Unsicherheit — leiten Sie mich ! — Wo, wo ist Rettung? — und wenn sie in meinem Tode ist — Lady Sara. In der Flucht— da nur — mor¬ gen ist sie auch da nicht mehr — warford. O so sink dann , Hoffnung ! die di« meine Seele aus ihrer Kraftlosigkeit emporzuheben be¬ gannst ! sink, um nie mehr anfzulebeu! - In der Flucht, da nur Rettung! — Gott! so ist keine mehr! — Wird der Lord seine Beute unbewacht lassen — Er, den das Sumsen einer vorbeyfliegenden Mücke zur Wachsam¬ keit weckt? — Denken Sie ihn, diesen Gedanken, und dann hoffen Sie, wenn Sie noch können! — Lady Sara. Ich habe Thranen — meine Toch¬ ter hat auch Thranen — Ich gehe, Warford! ich gehe, um sie ihr auszupressen — zuerst Thranen der Freude, und dann Thränen des Birtens. Sudderley ist ein Freund des Lords; aber sein Herz hat an seinem Be¬ tragen keinen Antheil - er wird uns zur Flucht Gele¬ genheit machen. Wir wollen seine wankenden Knie umschlingen, wir wollen sie mit unfern Thranen bene¬ tzen! - Seinen Schutz - und Jenny ist gerettet. (geht ab) Neunter Austritt. Warford. Wo bin ich? — wo war ich? — Jst's Wahrheit? oder ists Traum? — Einen Selbstmord! — Gott' welchen Abgrund entdeck ich in diesem Worte! — Einen Selbstmord! — Die Seele schwindelt mir, wenn sie hinab blickt l — Und da — welch' ein Gewebe von B 5 Ge- 26 Gedanken! — Bin ich ein Mörder? -- Das Herz sagt es laut — Ist morden wollen auch Mörder seyn? -- Wollen! gerechter Gott! Wollen! — Schweigt, Grün¬ de, oder überzeugt mir das Herz! — Hab' ich auch welche? — Wollen ist verschulden; mißlingt die That, so bleibt das Verschulden; nur die Absicht ist nicht er¬ reicht — Ha, du herrlicher Entschluß! befestige dich, und werde Ausführung! -- Eilen will ich, ihm, wemr die wohlthatige Nacht ihre Finsternisse ausbreiten wird, mit seiner Geliebten entgegen eilen, sie in seine Arme, und mich — mich zu seinen Füßen werfen, meine Holle ausschütten, Versöhnung und Tod mir von seiner Hand erflehen — Das will ich! — Der Himmel sey Zeuge, der in die schwarzen Seelen die Reue pflanzet, daß sie, wie ein verzehrendes Feuer, wüten soll! — (ab) ... ,—-^! -- -.—" ",. - ' Dritter Aufzug. Erst« Austritt. Lord Herington. Sund. Herington. <^/ast du alles genau besichtigt? — Sund. Man dürfte halb blind seyn, um von beydcn Seiten das Felsengebirg zu entdecken. Selbst der Fußsteig ist in Felsen gehauen. Herington. Kann er unmöglich einen andern Weg nehmen? — Sund. Unmöglich. Es muß ihn nur die Liebe über schrofe, ungangbare Wege, wo noch kein Men¬ schenfuß gieng, auf ihren Flügeln tragen. Hering- At'! Hermgtsn. Du sagst bitter« Scherz—Ist auch ein Fels, ein Gesträuch, oder sonst etwas da, wo sich Warford verbergen kann, wenn das Licht des Mondes die Nacht zu sehr erleuchten soll? Sund. Ein Fels, Mylord. Man möchte glau¬ ben , daß es die Natur bey dem Baue dieser Gegend auf einen Meuchelmord abgesehen habe, so trefflich ist die Lage — Heringtsn. Schweige! — Du Schwärmer! — Natur — Meuchelmord — das sind Gedanken, die ein¬ ander umbringen — (denktnach) Deine verfluchte Anmerkung! — hast du sie deßwegen gemacht, daß sie den Menschen, den ich ersticken muß, um bey der Wahl meiner Handlungen frey zu seyn, in mir wieder aufhe¬ tzen soll? -- Weißt du nicht, daß ich in der Lage, in der ich bin, durchaus kein Mensch seyn darf? — Mensch! — Was für tbdtliche Begriffe liegen in diesem Worte ! — Jenny, das Ziel meiner Wünsche, dem Buben Sand- well entgegen führen — sie in seine wonnezitternden Arme legen- ihre Seligkeit schauen, wenn Mund in Mund, Busen in Busen, Seele in Seele überfließen wird — mich glücklich schätzen, Mim sich das tragische Spiel nicht mit meinem Tode an: Schaffst endigte — daß müßte ich, wenn mich der Gedanke ergriff, ein Mensch zu seyn — Ha! nm diesen Preis; bin ich ein Teufel! — Sund! Warford soll mir gerade über Sandwells Leiche hinstürzen, daß sich ihr Blut mitein¬ ander vermische — Nun — bin ich ein Mensch? — Hast du den Mann auch schon, der dem Werre gewach¬ sen ist? — Sund. Ja, Mylord, einen Mann, wie die Holle - He- -8 Herington. Destobesser. Sag ihm, Lord He¬ il igton sey sein Freund; das sag ihm. Sund. Warfords Tod beraubt sie eines tapfe¬ ren Mordgesellen. Er hat sich so ganz verändert, er wütet, und schnaubt nach Blute, er ist gar nicht mehr der Warsord, der Ihnen gefährlich war — Herington. Mehr, als jemals. Die Verände¬ rungen in den Karakteren der Menschen sind wie die Veränderungen im Staate: der durch Erfahrung grau gewordene Beobachter fährt mit Beklemmung zusam¬ men, und sein altes Aug entdeckt noch die Vorboten des Ungewitters: Er muß mir durchaus aus dem Wege. Sund. Eine Mordthat ersparen, kann kein un¬ edler Wucher seyn — Herington. Ha, du hast Empfindung! — bist im Dienste der Hölle, und hast Empfindung!— War's nicht dein Rath, Unmensch! war's nicht dein Rath? — Er hat sich angefaßt— er will Blut! — zittere! — Sund. Er sterbe! Mylord, — Sein Tod sey Labung für meine Wuth! — Herington. Ha, mein Lieblingston — aber nur aus deinem Munde, nicht wahr? Sund. Aus meinem Herzen, Mylord! — Herington. Nenn' mich Freund, Mordgeselk, wie du willst — Zweyter Auftritt. Sudderley. Herington. Sudderley. Mylord! was soll diese Lebhaftig¬ keit unter Ihren Bedienten ? — Ha, Sie wollen mich ver- verlassen; — (wie weinend) Reißen Sie mir das Herz aus der Brust, und nehmen Sie s mit! (Herington lacht, Sund geht ab) Wenn Thranen aus einem Herzen, das für eine Toch¬ ter blutet, das seinen Henker drey Schritte vor sich hat, ihm flucht, und den Fluch in sich verschließt, um all sein Eist da zu behalten — wenn Thranen aus diesem Herzen zu weibisch sind, so lachen Sie, Mylord, lachen Sie! — Ich will weinen, daß mir die Seele in Thra¬ nen ersauft! Hcrington. Im Blute, wenn Sie wollen — Sie haben es mit Heringtvn aufzunehmen! — Was fodern Sie noch? was wollen Sie?— MirdieHande am Rücken fesseln, daß ich sie nach dem Weibe meines Wunsches nicht mehr ausstrccken soll? — Sudderley. Nach dem Weibe Ihres Wunsches — das — aber nur das! — Herington. Was sie nicht'ist, soll sie werden. Sudderley. Was sie nicht ist — werden? — Und du wirst das sehen, Varer! Du wirst das sehen! — Herington. Sehen, daß ich sie ans dem Staube bis zur Grbße der Hcringtoue heben will — daß ich Macht und Reichthum habe, sie ans ihrer Höhe zu er¬ halten — ihrem Weibsstolze, und wäre es der Stolz einer Prinzessin, königliche Nahrung zu geben — das sehen! — Sudderley. Und sie zum Weibe eines ehrlichen Mannes gemacht sehen? — Ha! Vater! wach auf k Du bist mir in der keuchendenBrust noch nicht erstickt!— Herington (spöttisch). Wach auf, Vater! dem seineTochker fluchen wird,wenn er aufwacht,wach auf!— Sir! HO Ov'"."!7"'. SP Sir! ich würde das Mordgewehr hervorziehen, ich würde in Ihre Brust eine Lücke machen, daß das feige, weibische Blut zu meinen Füßen strömte — Aber mei¬ ne Rache ist grausamer — sie schont Sudderley, und durchbohrt sein Vaterherz — Ich will— ich will— zittern Sie! — (geht ab) Dritter Auftritt. Sudderley. Gott! was hat er gesagt! was hat er gesagt!'— Das Wort braust mir in der Seele, wie der Hall eines tobenden Orkans — Wenn er mich verrathen sollte— wenn dieß graue Haupt unter den Vorwürfen meiner Gattinn und meiner Tochter, von Jahren und Schande gekrümmt, sollte niedcrsinken müssen — Gott! wie voll unausstehlicher Holle ist dieser Gedanke ! — Und doch mußt du ihn denken, Sudderley! — Du wirst ihn mit all seiner Furchtbarkeit fühlen, wenn Heringtons Rache bis zur Ausführung wütet! — Du willst nicht ? — So krieche, Graukopf! Du, der du nie krochst, dem Stolz und Ehrgeiz jederzeit den Nacken aufrechterhielt, bis ihn Jahre beugten, itzt krieche! — vor dem, den du verfluchst — Was verweile ich? — Es ist mir, als ob die Schande, du wirst kriechen, durch jedes mei¬ ner Glieder führe, und sie fesselte, daß sie alle erstar¬ ren! — Aber ich muß! — Muß? — Ist da kein -Nebenweg? — Gerechter Gott! wie bitter ist müssen! — (will abgehen, und taumelt plötzlich zurück, indem er Jenny mit ihrer Mutter ersieht) Sie selbst! sie kommen! — sie selbst! — Vier- ZI Vierter Auftritt. Lady Sara. Jenny. Sudderley. Lady Sara (im hereintreten). Komm, Jenny! Nun ist er allein. Beschwöre ihn bey seinen grauen Haaren, bey dem Pochen seines Herzens — so beschwö¬ re ihn, Jenny! —- (Jenny fallt zu den Füßen des Sudderley, und umfaßt seine Rnie) Ha! nun habe ich sie, die letzte Stütze meiner Hoffnung — ihr ehrwürdiges Zittern ist mir Bürge, daß ich sie nicht vergebens umfasse — Lady Sara (indem sie niederfällt). Und meine Thranen — meine heißen, heißen Mutterthrä-- neu — sollten die das Unglück haben, Sie nicht zu rühren? — Sudderley. Dieser Anblick — Gott! — mir nebelt's vor den Augen — (Hebt beyde auf, und bringt sie auf Gessel). Lady Sara. Man will sie mir wegnehmen — man will sie fortschleppen, und zum Weibe eines Teu¬ fels machen— zu einer Zeit, da Sandwells Arme be¬ reit sind, sich für sie zu öffnen — Jenny (ungeduldig). Da sie offen sind, Mut¬ ter ! da sie offen sind — Lady Sara. Ach Sir! — Sorgen und Jahre haben Ihnen das Haupt nicht vergebens mit diesem ehrwürdigen Grau bestreut — Es ist das Gepräge der Tugend — sonst kann es nicht ehrwürdig seyn — ( Sudderley läßt eine Thräne fallen) Durch diese Thräne — und durch das Mitleid, dessen Bürge ZA A!7""".»7?>V ny. Noch nicht! Mutter, noch nicht! — Ha, Kräfte, ihr hebt mir ja so gewaltig den Busen—- Sehen Sie, Mutter, sehen Sie! — Kein Schloß, keine Wache, nichts, nichts soll mich aufhalten — Ich bedarf keiner Hülfe — Der Gedanke, Eduard, soll meine Schritte beflügeln, und mich mir der Geschwin¬ digkeit eines Sturmes über alle Felsen hinwcgtragen — Lady Sara. Und vieleicht einem schottischen Baren zum Raube bringen — O Tochter! Tochter! Jenny. Gut! — Er drückt mir die Seele her¬ aus! — O meine Mutter! — Wenn ich nicht in Eduards Armen sterben kann, so lassen Sie mich da sterben! — da ist weniger Tod, als in den Armen ei¬ nes Wollüstlings -— Ich will ihn aufsuchen, den wohl- thatigen Bären, ich will ihm entgegen eilen — C Lady AH Lady Sara. Ha, du willst sterbenDas Leben, das ich dir gab, ist dir Last! ist dir unerträglich! Du willst sterben! das sollst du! das sollst du! (sucht ein kleines Messer hervor) Komm, alter Betrüger! (zu Sudderley) ergötze dich an dem Blute derjenigen, die du zur Tochter annahmst, nm auf sie ein Recht zu haben, daß du sie dem Teufel in die Hand liefern könn¬ test ! — Jenny. Mutter! — Lady Sara (zuSudderley). Sieh' her! — Warm von ihrem Blute durchbohre es mein Herz! — Sudderley. Hülfe! Hülfe! O Himmel, Lady, o Himmel! — Ja, ja. Sie sollen fliehen! Sie sollen fliehen!— Und ein Greis, von Jahren, und von einer nagenden, markverzehrenden Reue gekrümmt, wird sie begleiten — (für sich) Ha, Natur! Blut! ihr seyd mächtig! — (zu Lady Sara) Wir wollen Schott¬ lands Eranze verlassen — wir wollen all das Elend theilen, das ich— das ich — (für sich, mit weg- gewendetem Gesichte) Sag's, Graukopf! sag's, wenn du kannst! — Verfluchen würde ich die Hand, die mich itzt wegtrennen wollte — und doch — kann ich dableibcn? Kann ich? — Ich habe sie vieleicht schon mit Ahndungen erfüllt; vieleicht fangt ihr Herz in diesem Augenblicke an, mir Vorwürfe zu bereiten— Lady Sara wirft das Messer weg. Jenny (mit einer frohen Mine) Nun, Mut¬ ter — Lady Sara (die Hände übereinander schla¬ gend) O Jenny! Jenny! Sud- ZA Sudderley (stotternd). Ich gehe, Lady! — Die Mitternachtsstunde soll uns vereinigen— ich gehe — (für sich) Gott! Wie sie mich ansah! — Es fährt mir durch alle Glieder — um sie zu lahmen — vermuthlich — (geht mit unsicherem Schritte ab) Fünfter Austritt. Lady Sara. Jenny. Jenny. O der gute, gute Mann! — Lady Sara. Ich wollte, er wäre es nicht — Jenny. Wie mirs da so gewaltig pocht! wie mir das Herz schlägt! — Fühlen Sie, Mutter! — DftMenn wir mit Sandwell, Arm in Arm geschlungen, beysammen saßen, wenn er dann plötzlich aufbrach, und mich von eingeschlürfter Wonne betäubt, einsam Zurückließ! o da schlug's, das armeHerz, daschlug's! -— so gewaltig — so gewaltig — Mutter! — nicht so, wie itzt — nicht gerade so — Lady Sara. Ha, du legst zu meinen Muth- maßungen die letzte grausame Zugabe! — O meine Tochter! — Es ist Natur, es ist Blut, was dich in Gährung setzet! — Er ists, Er -— Er selbst! — Ienny. Wer? Lady Sara. Der Mörder meines Bruders —- Er, dessen Flucht unser Vermögen den Häschern des Königs, und unsere Ehre der Verachtung seiner Feinde xreiß gab! — Ienny. Mi» Vater? mein Vater? C s Lady Zv Lady Sara. Denk all das Elend, all das müh¬ selige Leben, das wir in Armuth und Dürftigkeit so traurig dahinschleppten, all die Unbilden der Verach¬ tung, des Stolzes, der Grausamkeit, alle Heringtonische Wuth, das denke dir alles zusammen, und nenne ihn Vater, Jenny! nenne ihn Vater! — Jenny. O er wird ja alles wieder gut ma¬ chen — Wir wollen Schottlands Granze verlassen, sagte er, wir wollen all das Elend — da brach ihm das Wort — er konnte nichts mehr sagen — und er war so gerührt — so gerührt— o er wird alles wie¬ der gut machen. Lady Sara. Er, der ans Licht nicht hewortre- ten darf? — Hat nicht der König auf seinen Kopf einenPreiß gesetzet? — Wenn du Lust hast, vomLo- vischen Blute das Schaffet besudelt zu sehen, so laß ihn mitkommen — Ich fliehe nach Nordamerika, um vor allen Nachrichten sicher zu seyn. Jenny sinkt, mit tiefen Schmerze, auf einen Sessel. Sechster Auftritt. warford. Die Vorigen. warford. Flucht? oder Verzweiflung? —- Lady Sara. Das erstere — wenn Sie ohne Sudderley können. Sonst — Verzweiflung! — Jenny in den Armen Heringtonö sterben sehen — mit blutigen Thranen sehen — und nicht helfen können — Das ist mein Lovsl — Entfliehen — diese Nacht ent- eutfliehen — so wie sie soll— wie sie kann — das wird sie nicht! — Ich — ich will sie i» meine Arme cinschließen, und wer sie mir entreißt, den nenne ich einen Teufel — Er zwingt mich, eine Pflicht zu ver¬ letzen — Eine Pflicht! — Still! Still! Hieristje- des Wort beladen mit Sünde. warford. Eine Pflicht, eine Pflicht vereinigt sich mit der Hblle, nm meine Absichten zu stören? — Gott! Bist's nicht du, der mich leitet? Bist nicht du Geber und Nehmer der Pflichten? — Nein, Lady! Nein! (bricht bey dem Anblicke-Heringtons ab, und nimmt plötzlich eine andre Mine an) Siebenter Auftritt. He ring ton. Die vorigen. -Herington (für sich). Nun — Dn stehst noch aufrecht? — Liegst noch nicht da, wie ein Wurm? — Es sind Zeiten, wo man sich jedes bischen Wuth mit Wucher erkriechen muß — (er wirft sich der Miß zu Füßen) Du willst mir nicht fluchen?— Hast mich doch zu deinen Füßen hergezaubert — so fluche! — Ist es möglich, Jenny! ist es möglich?- Soll ich der¬ jenige seyn, dem Sie nicht fluchen? — Lady Sara (indem sie Jenny bey der Hand faßt). Sich' auf, Tochter! — Jenny. Gott! so verfolgt mich diese Höllenge¬ stalt wieder! — (geht ab, sich auf ihre Mutter stützend) Cz Achter 38 Achter Auftritt. Herington. warford. Herington (für sich). Hbllengestalt! — Hdl- lengestalt! — Hinein, Wort! — tief hinein! -- da fasse dich an, da breite dich aus! — da sey mir Nah¬ rung für die Nacht voll Heringtonischer Thaten! — Ha, Warford — warford. Ja, ich bins — ich habe mich zum Warford gestimmt -- ich bin nun einmal so gestimmt, daß ich mn zwanzig Pfund Sterling meinen Vater morde - Herington. Genug -- genug für mein Herz! — O so laß uns einander umarmen, Bruder! laß uns ein¬ ander umarmen, daß Wuth und Rachsucht von Brust zu Brust gehn, und uns mit unwiderstehlicher Spann¬ kraft bis zu der Stimmung empor hebe, die uns noth- wendig ist! — (geht geschafftig ab) Neunter Auftritt. Warford. Und du erlagst nicht unter dem Zwange? — Er¬ liege, Warford! oder wenn du noch einen grausamern Tod willst, so eile deinem Sandwell entgegen, daß er den Auch sage! — dann nimm ihn ins Grab! — (geht ab) Vier- ZH G^^SLS^^SSS^BSSZSKZ^ Vierter Aufzug. Mitternacht. Eine rauhe felsichte Gegend. Erster Auftritt. Warford. (er kömnrt am Fußsteige hergeklettcrt) so stirb denn! stirb! und laß meine Seele in tiefe mitternächtliche Verzweiflung hinabstürzen, du schöner herrlicher Gedanke von Versöhnung, und einem barmherzigen Tode! — Fluch und Tod — das hat Sandwell — Versöhnung kann er nicht haben —> (sich setzend) Itzt ruhe noch einmal, Warford — der Schritt, den du thnst, ist gewaltig — aber dann hüllst du dich in ewige Ruhe — und den Fluch Sandwells, den hüllst du mit hinein! — (auffahrend) Was für ein Gedanke fahret mir durch die Seele, kalt, wie ein schneidender Nord! — O Gott! wenn ich dich noch nennen darf, wenn deinen Namen meine Zunge noch zittern darf, o Gott! — (er schweigt, in einer Stellung,die seiner Lage entspricht) hinab, Seele, steig' hinab — in den Abgrund — und schau, ob da Ruhe ist — Du schwindelst? - In nnsicherm Wirbel schauderst du da vvmSchrecken getrieben umher? — O du furchtbarer Gott! — Was sind das für Gedanken! — Fluch! Tod! — blind, ohne Sehekraft, taumle ich umher — und entdecke überall Abgrund — C 4 tiefen. 4<3 tiefen, unermeßlichen Abgrund — O du stille, einsame Nacht! - Hast du keine Sturme? — Keine Orkane vom Ocean herüber? — Laß sie draußen! laß sie wü¬ ten ! laß deinen schrecklichsten-Nord sein betäubend Ge¬ zische an meinem Ohre vorbeytragcn — daß das Ge¬ braus deiner- Stürme den Sturm meiner Seele wegbrau¬ se! — (erhorcht) WaS hallt da so dunkel herüber? — ES ist mir, als hörte ich cine Menscheusiimme — bring's naher, Wind! bring's naher— Ach Gott! sie ist's! sie ist's — Sandwells Stimme! — wie war sie einst so lieblich in meinem Ohre! — nun ist sie schreckbar, wie die Stimme des Donners — O du silberner Mond! er¬ leuchte den Pfad, den er wandelt! streu dein zitternd Licht mit Verschwendung herab! — Tas Geräusch kommt näher — ich höre Tritte — Und ich habe keine Jenny — keine Jenny ihm entgegen zu tragen! — O Himmel! Erde! und ihr Kräften alle, die Himmel und Erde erhalten! stärket mich! laßt mein Vorhaben in diesem Augenblicke nicht muthlos zusammen sinken! — Zweyter Auftritt. warford. Sandwell. Heartwich. (Sandwell und Heartwich kommen von der andern Sette) Sandwell. WaLwar's? — Rede,Heartwich?— -Heartwich. Weleicht hat der Wind die Fluten des LceanS mit ungewöhnlicher Wuth an eine Klippe lhinangetricben, daß der Wicderhall von Ufer zu Ufer gieng, und sich bis in diese Felsen verschlug — Sandwell. Sv hast du dann, schöpferische Nacht l Liesen verhaßtenTon nur fürSandwells Ohr gemacht! — Holla Holla! — ich sehe etwas— es bewegt sich — es kömmt näher — siehst du nichts, Heartwich? warford (in tiefem, ernstem Tone.) Ja, Sandwell — es bewegt sich — es kommt naher — (fällt nieder) nm vor deinen Füßen niederzufallen — Sandwell (anffchreyend). Warford! — Und du ergreifst mich nicht, Rachsucht, du ergreifst mich nicht? — Ha, Mörder! — was willst du? — deinen Freund, dem's einst in der Brust für dich gcpvchct hat, wieder aufwarmen, um ihn warm wieder durchbohren zn können? — warford. Es ist nicht Vergebung, was ich bit¬ te— nicht Vergebung — es ist Fluch und — Tod! Heartwich (zu Sandwell). Tritt der Schlange auf den Nacken! Sandwell. Kann ich auch morden ? ich kann's! — Elender! verthcidige dich! — Hebt's dich nicht em¬ por?— Wo ist dein Dolch? Wo ist deine Mordsucht?— Verthcidige dich! warford. Ich wills — ich wills — (steht auf, reicht ihm sein Pistol, kniet nieder, und öffnet die Brust) itzt spalte sie! diese schwarze, wider sich selbst tobende Brust— spalte sie! durchbohre sie!— Was säumst du? — Warum erstarren deine Glieder? — Denk WarfordöThat!— O Gott! dieß Anstaunen — dieser haftende Blick fahrt mir durch die Seele, wie ein glühender Stahl — Aus Barmherzigkeit, Sandwell! wende das Gesicht weg, und ermorde mich! — Sandwell brennt auf die Seite los, fällt über warford her, und umarmt ihn. warford. O Gott! das der Tod, um den ich bach?— Eine Umarmung!— C 5 Sand- -4 Sandwell. Noch ist er Warford. Komm, Heart- wich! — Laß uns all das vergangene in der Wonne dieser Umarmung begraben! — Hcartwich (umarmt ihn). Vergib, Bruder! — ich habe dich verkannt. Sandwell. Sags, hat nicht dein Herz in dem Augenblicke für mich gebcbet, als deine Hand den Mdr- derstoß führte? Hast du nicht in der Bereitung deines Fehltritts mehr Tod gefunden, als ich in der Wunde, die du mir schlugst? — Sags— dochnein! sagenichts — kein Gedanke soll dich foltern! — warford. Ist es möglich, Sandwell! Ist es möglich? — Du kannst mir vergeben ? — o so komm dann, komm— laß meine zitternden Arme — (will ihn umarmen, und bebt zurück) O Sandwell! dich umarmen, das kostet Gewalt, wie eine Mordthat — Warfords Brust an die deinige drücken! — Nein, ich kann's nicht! ich kann's nicht! — Den Tod, Sand¬ well! gib ihn — den Tod aus deiner Hand — da ist mehr Wonne, als in der Umarmung — Sandwell. Fasse dich, Bruder! — Und wenn du's nicht kannst, so komm! — Ein reizender Anblick soll deine Laune zersplittern — komm! eile! warford. Laß mich— meine Füße haben keine Gehekraft —- Laß mich — ich kann nicht — Sandwell. Du kannst nicht? -Heartwich. Miß Jenny — das denke! Warford. Miß Jenny — ach! — Sandwell. ) Heartwich.) Sie ist gerettet. Warford. Gerettet? -— Aus den Händen des Lords, Lord^, der sie mit den Klauen des Teuftls halt? — dem 'nth und Raserey jede Kraft in Besitz nahm, um sie nach allen entsetzlichen Thaten zu stimmen ? — Ach Sandwell! — Laß dir die Beine erstarren! — oder wenn du nicht willst so gehe! laufe! renne! — aber renn' nach Edinburg — wenn du Muth hast, sie in seinen Armen zu sehen — Sandwell. Jage mir den Dolch ins Herz! — ja! — das!— aber sage keine Todesnachrichten!— Heartwich. Was sagst du, Warford? warford. Ich wollte, es wäre Wahnsinn, was ich sage — ich wollte, diese Mitternacht hätte die Erde mit dichten, uudnrchdringbaren Finsternissen bedeckt, oder meine Augen hatten sich nie zum sehen eröffnet, wenn es ihnen Vorbehalten war, Sandwells Geliebte zu sehen, als sie der Lord auf seinen Händen nach dem treulosen Wagen trug — Sandwell. Und du säumst noch? — Nach! Sandwell! nach! — (geht auf einer Seite ab, WS noch niemand kam) Heartwich. Komm, Warford! Hast du Kräfte ? — Wir wollen sie vereinigen — (geht ab) Warford (für sich). Durch ihn starbst du nicht! — stirb für ihn! (geht ab) Dritter Austritt. Sund und Thomsen mit noch einigen Straßen¬ räubern, wo warford kam. Thomsen. Nun — wo ist er? — Hier ward doch geschossen — Sund. 44 ^---ÜÜTÜÜTS^ Sund. Horch, Thomsen! — er kann nicht weit scyn — die Nacht bringt jeden Tritt getreu ans Ohr — Thomsen. Daucht'S dich nicht auch? — Ich höre gehen. Sund. Nach, Thomsen! — Wenn du gehen hörst, so ist's Warford — gewiß! glaub's! —Wer nicht auf Mordthaten ausgehet, der klettert aufSchott- lauds Felsen lieber bey Tage — Thomsen geht mit seiner Rotte ab, wo Warr ford abgieng. Vierter Auftritt. Sund. (Er sucht mit unslcherm Schritte herum.) Es ist nun einmal so — schlaf mit denen, die ehrlich sind, oder renne mit denen, die's nicht sind, auf Wegen der Gefahr, und brich dir den Nacken — P)! so möchte ich nun gerade über ihn fallen, rind mich mit seinem Blute beflecken, daß der Lord bey meinem An¬ blicke recht nach Herzenslust lachen könnte — Ge¬ schossen ward's! — nach Sandwcll? — Vermuth- lich— in der Mitternacht schießt man keine Rehböcke — (es wird ein Schuß gehört; Sund wird darüber erschüttert) Es ist wunderbar! — Sey ein Marrn! — Hab'Herz! — nein, kein Herz — in der Brust sey dir ein Fels! — Wenn eine blutige That, woran du Theil nimmst, vollbracht wird, so wird's dich er¬ schüttern ! es wird dir kalt und schaudervoll durch die Gliederfahren! — (er (er sinkt durch das Geräusch, das immer näher kömmt, erschrecket, hinter einem Fels, in der Tiefe des Theaters, zusammen). Thomsen, und einige seiner Gesellen tappen zer¬ streut vorüber, und verliehren sich auf verschiedenen Seiten. Fünfter Auftritt. Heartwich. (Er schlägt mit cinemDolche in dcrLuft herum) Bleib ! — wenn du ein Mann bist, so bleib! — Ha, du feiger, feiger Mörder! — Du Weib! — Spalte dich, Nacht! wirf ihn aus deinem Schooße zu meinen Füßen her! — Sein Blut fließe in Strömen dahin! und des Mondes Licht spiele mit dem Sprudeln seines Blutes! — Und du, du, ungetreues, meinei¬ diges Aug! du hast ihn aus deinem Gesichte entlassen? Hast meinem Herzen die Wollust misgönnet, den zu ra¬ chen, dein Sandwell vergab? — O Warford! War- ford! —, so ist dir die Nacht deiner edlen That die Nacht deines Todes geworden! — und ich kann dich nicht rachen! Sandwell kann dich nicht rachen! ich werde ihm kein Opfer der Rache, in seinem schwarzen Blute dahingestrcckt, zeigen können! — Ein Geräusch — was soll's? — O Gott! wenn Warford aus sei¬ nem tiefen Todesschlummer erwachte, wenn ihm sein stockendes Blut die Adern noch einmal mit Leben füllte, wenn sie sich itzt mit der Wonne geprüfter Freundschaft umarmeten, und wenn das Geklatsch ihrer Umarmun¬ gen an meinem Ohre wiedechallte, p! — schwinde weg. H.6 tz-e-— weg, Gedanke! schwinde weg! — Du Kind eines Wunsches! — deine Geburt ist dein Grab — Ein Licht dort drüben? — Es soll mich wundern, wenn ein ehrlicher Mann hier ist, der das Licht nicht scheuet — O Gott! o Gott! was sehe ich? — Was erschüttert dich ? was bebst du, Heartwich? — Bebt dann die Unschuld bey einem Anblicke, der dem Laster nur schreck¬ lich ist? — Sechster Auftritt. Andrews, nebst anderen aus dem Schlosse des Sudderlcy, bewaffnet, und in der Mit¬ te Gandwell. Andrews (im Hereintreten). Geht nun ein¬ mal, und verfolgt den Lord, der die Hölle in seinen Diensten hat; sie spielt euch einen Mörder in die Hand, um ihm Lust zu machen. Heartwich. O so rinn' mir aus, Sehekraft! Ein ewiges Stocken setze sich an die Triebfeder meiner Sinne, wenn ich das erleben soll! — Sandwell! Sandwell! — Sandwell. Ich bin vcrlohren! — Heartwich. Verlohren? — O so muß meinen Dolch in diesem Augenblicke fauler Rost überzogen ha¬ ben , oder meine Hand muß erstarret seyn, nm ihn her- vorzuzichcn (zieht ihn) und von Brust zu Brust zu jagen — Sandwell. Sachte, Heartwich! Was Sie thun, ist Pflicht — Heartwich. Pflicht?— v Name! o Name! — Misbraucht dich der Mensch, um mit deinem heiligen Klange 47 Klange die Unschuld zur Duldung seiner Bosheit einzu- wiegen? — Gandwell. Sey nicht ungerecht, Bruder! Heartwich. Ungerecht? — o so hat sich auch dein Hirn wider dich empöret? — Wo ist dann dein Ankläger? Wo? — (zu Andrews) Sag's! liefert dir die Holle auch Zeugen ? — Andrews (einen Blick nach der Seite, wo sie Herkarnen). Dorr liegt er — geliefert hat er ihn — (einen Blick aufSandwell) GandweU (zu Heartwich). Was staunst du? — Ja, Warford — Er, Er selbst! — Ter Wunsch durch mich zu sterben, machte mich in seinem schwin¬ delnden Hirne zum Mbrdcr. Zitternd, oder starr, wie er — das weis ich nicht — so Hieng ich über ihn, als er mit schreckbarem Bemühen die letzten Kräfte der sich ldscnden Maschine gespannt hat, um für mich noch ein Donnerwort hervorzuarbeiten — „Grausamer, — sprach er noch schluchzend — „Grausamer! du schworst „mir — die Freundschaft, und — hast mich ermor¬ det" — So klang's ihm tief heraus — mir durch die Seele — ich bebte zurück— und sah mich umrnn- gen — Nun — wenn dir nicht jede Sylbe erstickt, ehe du sie über die Lippen gebracht hast, so rede! — Heartwich (nachdem er eine weile schwieg). Ist da keine Rettung ? — Noch ist sie! Noch ist sie l — Gott — und dein Herz — da muß Rettung sepn!— (er wird umrungen) SandweU. Er ist unschuldig — Andrews 48 Zlndrews. Zwanzig Schritte daven, wo eine Mordthat begangen ward — bewaffnet — in dec Mitternacht — Wenn man so anch unschuldig ist, so reißt das Schaffet in Trümmer, oder laßt das Blut der Unschuld hcrabtriefcn — Heartwich. Es soll's! Es soll's! — Wenn SandwellS Blut triefen muß, so bin ich ein Mörder! — Grausamer! oder, Gntthater, möchte ich sagen, Gut- thater! Du ersparst mir die Erniedrigung, dich um das fußfällig zu bitten, was du eigenmächtig thust — Sandwell. O Gott! — Dich in den Tod zie¬ hen — das soll ich ! werd' ich! — O Gedanke! —- hatte ich ihrer nicht genug, die mein Herz zerreißen? — (wendet sich weg, und weint) Heartwich (nähert sich ihm mitLmpfindung) O mein Freund I — (tritt zurück,und weint auch) Fließt, Thranen, fließt! — Ihr seyd die Schande der Menschheit, die euch auspreßt! — (alles schweigt) Andrews (für sich). Weinte ich je Mördern eine Thrane? — Itzt möchte ich sie weinen— Der Mord ist offenbar — ich wollte, Herington hatte ihn uns vor die Augen hergezaubert, um unsere Beine mir Schrecken zu fesseln — ( zu seinen Gefährten) Sagt's! Mar's Blut? war's Warfords Stimme? war's er, er selbst? Sagt's! Einer von ihnen. Er war's! Andrews. Und muß der Mörder Sandwell hei¬ ßen ! — O Jenny! wenn dein Sandwell ein Mörder ist — (zuSandwell) Wenn du's bist— sag, bist du's? — L> so verblutet mit dir ein göttliches Herz! —> Sandr 4Y Gandwell. Ha, noch ein Mörderstoß ! — Stich, wenn du noch kannst! — aber sey grausamerI rddte das Herz, das du zerstichst! — Ich soll sterben! — Einen Tod sterben, der meine Asche mit dem Fluche der Menschheit schänden wird! — Und Jenny — soll es wissen ? — (zu Andrews) O du, wer du auch immer seyn magst! — Mensch! — wenn's noch Menschen giebt, so beschwbre ich dich bey diesem Namen! — Nen¬ ne mich Mörder! aber nenne mich nicht Sandivell! — Laß mich schleppen! laß mich hinschleppen an die Statte des Lasters, wo Blut fließt, und — die Unschuld nicht bebt — Aber, bey Gott! nenn' mich nicht Sandwell! — Heartwich. O Freund! Freund! ich vergehe — D» willst sterben! du wirsts nicht — du wirsts nicht — Ich will einen Namen nennen! Ich will ihn nennen, -aß sein Höllenklang aus den Kerkern Edinbnrgs bis ans Ohr der Gerechtigkeit mit schreckbarem Wiederhalle ertönen soll! — Warfochs Tod ist Heringtons Werk! Siebenter Auftritt. Die Vorigen. Gndderley, mit einem Be¬ dienten, der ihm leuchtet. Gudderley (indem er eilends dahertappt). Mylord! Grausamer Flüchtling! ach Mylord! waS haben Sie gethan? — Ihre That rechtfertigt mein Betragen — Ihr habt ihn nicht? — Nicht? — Andrews. Wir giengen den Fußsteig , um ihn auf der Edinburgerstraße einzuhvlen, und die Hölle führt uns zu einer wunderbaren Mordthat her, und streuet D uns ZS O^üüüüüvH uns einen Dunst von Erstaunen und Verwunderung vor die Augen, daß wir dastehen, als wenn sie uns gefesselr hatte. Sudderlcy. O ihr grausamen, o ihr undankba¬ ren Diener! Ihr seht die Wunde eures Herrn bluten, und keiner, keiner hebt dieHand auf, um sie zu verbin¬ den! — Laufet, rennet! — Einer gebe dem Frie¬ densrichter Nachricht, daß er die Schuldigen übernehme. Heartwich (zu Sandwell). Himmel! —- Gott! — Wenn ein Gott ist — Sandwell. So wird er uns rachen — (gehe mit der wache ab, alle auf der nämlichen Seite, bis auf einen) Gudderley. Ich will euch nachklettern — will klettern — auf Greisenfüßen — bis bessere Wege die Bequemlichkeit des Wagens möglich machen. D Gott! — (geht ab) Achter Austritt. Sund. (Er kriecht hinter dem Leisen hervor, wo er ver¬ borgen gesteckt hatte.) Nun — wenn dir das Entsetzen noch nicht deine Beine gelähmet hat, so gehe! laufe! Hast du Lügen? — O wenn du sie hast, so sag sie dir, dir selbst, ar¬ mer Schelm! — (geht ab) >K ZI MMMMMMMM o MMMMOMMM Fünfter Aufzug. Ein Saal in Heringtons Hause zu Edinburg. Erster Auftritt. Herington. Oust! Luft! man möchte ersticken, wenn man's so schwer auf der Seele hat — Hast dir die Hochzeits¬ fackel angezündet? — Blase sie aus! blase sie aus! Laß die Todesfackel emporschwingen, daß die gierige Luft ihre schwarzblauen Flammen verschlinge! Sey Herington! Laß den Klotzen vollends dahinsinken! und wen- sich Tod und Verwesung seiner bemächtigt haben, so wirf ihn hin, zu den Leichen, die du aufgethürmt hast, steig' oben hinan, und lache! (lacht bitter) Zweyter Auftritt. Heringcon. Sund. Herington (indem Sund die Thüre öffnet). Stürz' herein, wie ein Mörder! — so bist du, was du seyn sollst — sitzt dir die Furcht auf der Zunge, und fesselt sie ? — Rede! — blitzt dir doch die Hölle aus den Augen — so rede! Sund (holtAthem, wieeiner, dermüdeist). Das sind Mordwege, Mylord! — Sturz auf Sturz, Fall auf Fall — so wälzt man sich bis zur Haupt¬ straße — D 2 Hering- Z 2 HS----ÜSK Herington. Rede! gieb Nahrung meiner Wuth! — rede! — Sund (mit unsicherm Tone). Warfords Tod — Sandwells Tod — Herington. Still! — Warfords Tod! — Sandwells Tod! — Ha! es schwillt mir in der Seele empor: es erhebt mich noch über Herington, wenn ich ihn denke, den erhabenen Gedanken: Du hast Rache ausgeübet! — Sag', hat sich der Bube in seinem Blute mit athemlosen Krümmungen gesträubt? — Sund. Das hat er — Heringtsn. Meinen Namen genennet, daß sein Wiederhall von Kluft zu Kluft gieng, und meine Rache verkündigte? — Sund. Das hat er Herington. Sterbend den Namen Ienny,aus- gesprochcn — Sund. Das hat er —- Herington. Ha, Mörder! — Das hat er? —- Und du hast für ihn keinen Tod mehr gehabt? — Kei¬ nen Tod, daß ihm kaltes Erstarren jede Krast ergriffen hätte, ehe sie sich bemühet hat, ihm eine Sylbc von Jenny über die Lippen zu bringen? — Sund. Tod? — für Sandwell? — (mit Zwang) Um nicht zu sehen, wie sie sich mit furchtba¬ rem Bestreben übereinander krümmten, wie sie, um im Tode noch eine Mordthat zu begehen, die erstarrenden Kräfte in jeder Nerve noch einmal spannten — um das nicht zu sehen? — geschwinden, gütigen Tod? — Den hatte ich nicht — Es war Wollust, Mylord! — ich konnte sie meinem Herzen nicht versagen — HektNA Herington. Wollust? — Schmolz dir das Herz? sag's! — Ha! wir sind trunken von Wonne, nicht wahr, Sund? — trunken von Wonne — Die Mordthaten dort drüben, und hier — öffne die Brust! erweitere sie! erweitere sie! Du sollst Wollust, wie ei¬ nen Strom, einschlürfell — Dort drüben die Mord¬ thaten — und hier — Jenny im grabetiefen Tvdes- schlummer — Sund. Jenny todt? Herington. So gut, als todt. Im grabetie- fen Todesschlummer — das denke, und sag', ob dir die Wollust nicht noch das Herz weggeschmelzt hat? — Sund. Sie hat's — sie hat's — Wo? wo ist Jenny? — Diesen Anblick, Mylord! — noch diesen — Herington (auf ein Nebenzimmer zeigend). Schau dir Lust und Wonne heraus, daß dir die Seele davon überschwemmt werde! — (Sund gehr ab) Dritter Auftritt. Heringcoir. Spann's höher! Spann's höher, wenn du kannst! — Ich hab's gespannt — hab Nerven, Brust und Seele gespannt — Ha, du sinkst — du sinkst, He¬ rington! — Bist du matt? -- matt von morden? — Hebe mich, Hölle! — heb' mich empor bis zu deiner erhabensten Höhe! — dann streu mir schwarzen Schwindel vor die Seele, daß sie hinabstürze in deine Tiefen, um da die Fülle der Wollust, die sie sich berei¬ tet hat, zu verschlingen! — D L Vier- Z4 8-SÜÜÜ-Ü7VK Vierter Auftritt, ^ermgron, »nd nachher ein GMcier von der Wache. (l?in Bedienter stürzt ^rthemlos herein.) Der Bediente. Mylord — Herington. Was soll's? —> Rede! — Der Bediente. Mylord — Hcrmgton. Stockr dir die Stimme? Erstarrt dir die Zunge? — Wenn's ein Donnerwort ist, so stoß es heraus I stoß es heraus! (Der Hfficier kömmt, und man sieht beym Oeffnen der Thüre die wache. Der Bediente eilt ab.) Herington (zur wache). Stürzt herein! Mein Anblick soll euch lahmen — Stürzt herein! — (zum fficicr) Um zu erstarren? Um zu schweigen? — Der Officier. Um zu reden, Mylord! Man hat Klagen wider Sie. Einer Ihrer Bedienten ist vom Meuchelmorde verdächtig. Man verspricht sich. Sie würden kein Bedenken tragen, ihn auszuliefern —> »nd, was Sie betrifft, hat man die Vorsicht gebraucht, sich Ihrer zu versichern, bis die Sache untersuchet werde. Hcrmgton. Hat dich Naserey hergeführt, um meiner Wnth ein Opfer zu bringen? — oder bist du ein Teufel, der's dem Lord Herington an Verwegen¬ heit gleich thun will? — Will? — Ha! — (zieht den Degen) Fahr' in deine Hölle zurück! und sag', ich sey Herington, das sag'! — (Sie schlagen: der «Dfficier entwaffnet ihn, und wirft seinen Degen verächtlich nach dem Theater.) Hering- 55 Heringtsn bleibt unbeweglich stehen. Der Officier (im Abgehcn). Sparen Sie Ihr Blut, Mylord! Es hat seine Bestimmung — (geht ab) Fünfter Auftritt. Herington. Sund. Sund steht furchtsam hinter der Thüre des Nebenzimmers hervor. Herington. Herington ! Herington! — du schwindelst? — Rührt sich doch mir ein Wurm, und du schwindelst auf deiner Höhe? — Wo ist deine Wuth? Wo ist deine Raserey ? — (geht zur Mittel- thüre, öffnet sie, ersieht die wache) Ha! du hast mich verlassen, Hdlle! — du hast mich verlassen! — Diesen Raum meiner Wuth ansgemessen! — Meiner Mordsucht diese Granzcn gesetzet! — Gränzen! — Fuhr mir je ein Gedanke mit so viel Tod durch die Seele? — Es verschlagt nichts — noch bin ich Herington! — (hebt den Degen auf) Kommt! ihr alle, die ihr euch von blutigen Thaten nährt! kommt, und schauet — Auch da, auch da noch will ich euch ein Schauspiel be¬ reiten , das einer Hdlle würdig seyn soll! — (fährt mit dem Degen herum) Was ergreif ich — daß Blut fließe — und mein Arm im Strome sich wasche! — (kömmt zur Thüre, wo Sund hervorsieht, und zieht ihn heraus, so, daß die Thüre offen bleibt) Ha, Mordgeselle! — Rathgeber! — (zückt den Degen gegen seine Brust, und steckt ihn plötz¬ lich wieder in die Scheide) Hast nur ein Leben, D 4 Grau- Z6 Grausamer! nur ein Herz zum durchbohren? — Ss lebe! — um zu sterben, wo deinen Tod der Fluch von tausend Schotten begleiten wird — Du wirst Herzenö¬ lust haben, Beneidenswertster! — wirst durch die Straßen Edinburgs im Triumphe dahinfahren, und hoch oben am herrlichen Schaffet mit deinem Anblicke tausend Herzen erschüttern — Sund. Das werde ich? — Und Sie — Sie, Mylord —? Herington. Dich der Wache überliefern — Sund. Sie? Mich? — Ha, (nimmt ihn bev -er Hand) So kommen Sie, Mylord! kommen Sie! Ein Streich soll nns beyde zu Boden strecken! — Ich war das Werkzeug, nnd Sie waren die Triebfeder. Herington. Hast der Hölle gedient, nnd rennst der Wollust, mit der sie lohnt, nicht entgegen! — Bist ein Mann! — Ein Mörder! — und sinkst bis zum Weibe! — Ha, ich will dir helfen — will dich emporheben — (macht die Thüre auf, und über- gicbt ihn der wache) Sund. Ich gehe, ich gehe! — Aber zittern Sie, Mylord! zittern Sie! — Ich will Ihnen von der Stätte des Todes, von der Stätte meines Todes her will ich einen Rächer schicken! — Er heißt Sand- well! — (die Thüre geht ;u) Herington. Sandwell! Sandwell! — Ja, den — den — aber gieb' ihm Leben! — gieb' ihm Blut! — Sechs 57 Sechster Auftritt. Herington. Miß Jenny. Jenny (indem sie aus dem Nebenzimmer . herausftürzt). Sandwell! Sandwell!— In deinen Armen laß mich sterben! — (sieht herum, und sinkt kraftlos in einen Sessel) Ha, nur sein Name! —. -Herington. Der nur — Seine Arme — die sind kalt — Weck' ihn zum Leben, Zauberin»! — Sein Mörder bin ich — Jenny wird ohnmächtig. Herington (bleibt unbeweglich stehen, end/ lich wirft er sich verzweifiungsvoll in einen Ses¬ sel, und steht über eine weile wieder auf). Mei¬ ne Wuth ist entkräftet! — O Jenny! o Jenny! — Lu wirst sterben! — sterben, weil ich dich liebte! — (auf seinen Rnieen) Ein Teufel war' ich! — Ei¬ nen Blick — so bin ich ein Engel! — Einen Blick, ehe du stirbst! — Ich habe dir Ehre, Gewissen, Frey- heir, und vieleicht mein Leben geopfert, (steht auf) ES ist verschlossen — verschlossen — daö schönste Ang! — Hülfe! Hülfe! Doch wer — wer soll hel¬ fen? — Helfen! — Elender! In wessen Armen willst du sie sterben sehen? — Diese Wonne — auch diese dir rauben lassen? — Jemry (fahrt sinnlos herum, indeß daßHe- rington, nachdem er sie mit einem bedeutenden Blicke ansah, vornen am Theater wüthet, ohne sie mehr anzusehen). Fort! fort! — du mußt nach! — nach — Warte, Eduard! — Ich bin krank — Jenny ist krank — Ha, dn bist mir entwischt — Laß D 5 sehe» §8 sehen — Da rdchelt's — da röchelt's —- da ist Blut — Siebenter Austritt. Die vorigen. Sudderley. Jenny (ergreift den Sudderley, als er eben zur Thürs hereintritt). Hab' ich dich, Mörder! — hab' ich dich? — O du lieber Mdrder — Mir auch einen Stoß! — Ich bitte — (sieht ihn starr an, bebt stillschweigend zurück, und sinkt in die vor rige Betäubung) Sudderley. Gott! ich bin verrathen! — (er bleibt in der Stellung eines von Schande Durchdrungenen bey derThüre stehen, so daß ihn Herington nicht bemerkt) Herington. Ha, nicht einen Blick zusammen¬ gemordet! — Ist alles verlohren? — Kerker — Schande — Tod — das der Lohn meiner Liebe? — O Wuth! Wuth der Hölle! Wuth, die du je noch in einzelnen Ungeheuern zerstreuet lagst, da versammle dich, und stimme mein Herz für die blutigste That, die die Reihe meiner begangenen blutigen Thaten krönen soll! — Schlacht' dir ein Opfer! — Ein Opfer — Herington! — würdig deiner Wuth! — Noch ist dein Arm frey — Was säumst du? — (Indes, daß tzudderley mit steigendem Zorne immer näher tritt, und Jenny von Zeit zu Zeit aufzuleben scheint, um in eine neue Ohnmacht zu sinken, stößt Herington, über Jenny hinhangend, die folgenden Worte mit einem furchtbaren Tone her- Heraus) Dein Sandwell todt! — Deiner Mutter Blut — Ja, wäre sie da! — ihr Blut müßte von meiner Klinge wegrauchen — Dein Vater stirbt am Echaffot — Und du — (zieht den Degen hervor) Sudderley sticht ihn im nämlichen Augen- bliche zu Boden. Herington (indem er stürzt). Ha, gerächet — das scyd ihr — (er bemüht sich, bis zur Jenny zu kriechen) Suddcrlcy. Weg! — Dein Blut soll diesen Engel nicht entheiligen. Hcrington. O wehe! o wehe! Sudderley. Jenny! Jenny! (bebt zurück) Was will ich dann, großer Gott! was will ich? —- Ihr Anblick — bewaffnet mit Kindesfluch — mitten durchs Vatcrherz — Und du vergehst nicht? — Ver¬ kriech' dich, verkriech' dich, unglücklicher Vater! — Jenny (scheint sich zu erholen, hebt die Au¬ gen auf, und sieht den Sudderley unbeweglich an). Sie sind's — Sie sind's — nun erkenn' ich Sie — o mein Vater! — (nimmt ihn vertrau¬ lich bey der Hand) Retten Sie sich! — Retten Sie sich! — Hier sind Mörder — Mörder — Sehen Sie! — Sehen Sie! — sie haben ihn umgebracht — (beugt sich über Herington) O du lieber — lieber Sandwell! — Einen Knß noch — einen Kuß — und dann — (erschrocken) Ha, welche Gestalt! — (sieht ihn mit Erstaunen an) Sudderley. Ein Opfer für dich, Jenny! — Geschlachtet hat'ö — dein Vater — Hering- 6s Heringtsn (indem er den Degen in die Höhe langt). Jenny! Jenny! — (die Hand sinkt kraft¬ los zurück) Nicht? — Auch — den Tod — nicht? . . . Grausame! . . . (ersticht sich selbst) Ich —. ich selbst— (stirbt) Achter Auftritt. Die Vorigen. Officier von der wache. Officier. Schauder — Entsetzen — Erblaßte Gesichter — Eine Mordthat — Es soll mir leid seyn, alter, ehrwürdiger Greis! wenn Sie dem Arme der Gerechtigkeit vorgegriffen haben sollten. Sudderley erschrickt. Officier. Die Strenge der Gesetze — und mei¬ ne Pflicht — Sudderley. Strenge der Gesetze! — Pflicht! — So strafen die Gesetze auch den, der einen Teufel er¬ mordet hat, um einen Engel zu retten! — Ienny (wirft sich dem Sudderley um den Hals.) O mein Vater! — Sudderley. O meine Tochter! (zum Officier) Vergebens, Grausamer! vergebens — In dieser Um¬ armung will ich sterben. Jenny. Das ist mein Vater! das ist mein Va¬ ter! — Du kannst ihn nicht wegreissen — Willst du Blut? — Stich her! — Ich hab's — ich hab's — Warte — (sinnt nach) Und Eduards Blut nimmst mit dazu — in ein besonders Gefäß gebracht — da vereinigt sich's — Ha! nun wird mir's ganz gut — Officier. Officier (für sich). Ihr Vater? — Der Miß Love Vater? — Soll's derseyn, auf dessen Kopf ein Preiß gesetzet ist, und dem ich seit so vielen Jahren ver¬ gebens nachforschte? — (ergreift den Sudderley bey der Hand, und sieht ihm genau in die Augen) Habe ich das Unglück, unter dieser ehrwürdigen Mine, unter diesen grauen Haaren den verlohrnen Sir William Love zu entdecken? — Sudderley taumelt kraftlos von Schande und Schrecken dahin. Jenny (folgt ihm nach). O mein Vater! o mein Vater! — Officier. Mein Herz schmi lzt - und die Pflicht will es hart — (zückt die Achseln, und holt die wache herein) Jenny (reißt demHeringksn denDegen aus der Hand, und stellt sich damit vor ihren Vater). So, mein Vater! so — Und Sie hinten drein — Die¬ ser Stahl — Ha! er ist naß — naß von einemBlute! — tausendfachen Tod ins Herz — Das, ja — Aber keinen Stahl — naß von diesem Blute! — Der ist für Ihre Feinde, mein Vater! für Ihre Feinde — Die wache dringt hervor. Jenny fallt ihrem Vater ohnmächtig in die Arme. Sudderley (bringt sie, selbst zitternd, auf einen Sessel). Stirb! stirb! Tochter! — um die Schande deines Vaters nicht zu sehen! — (zur wache) Fort! —- fort! — Doch nein! — nein! Barmher¬ zigkeit! — Ich muß da sterben! (wirft sich voll Ver, 62 .. Verzweiflung zur Erde) O Freunde! Freunde! bringt mich um! — Jagt mir alle, alle eure Dolche ins Herz! — Vergebens — Ist keiner so mitleidig? — O so soll mich der Anblick meiner Tochter umbrin- gen! — Neunter Auftritt. Die Vorigen. Lady Sara. Lady Sara (indem sie die Thüre aufbricht). L- Mein Herz führt mich nicht irre — da muß sie seyn — Jenny! Jenny! Sudderley. Du? — Auch du noch? — Got¬ tes Fluch ist auf mir — Gottes Fluch! — Lady Sara. Darum — darum mußte ich dich sehen! — (indem sie Jenny mit zärtlichem Schmerze umarmt) O so brich' dann, brich', Mut¬ terherz! — Sudderley. Sara! — Meine Schande ist voll¬ kommen — Versöhnung — eine Thräne — und dein Gebeth — wenn ich sterben soll — Die wache will fortdringen. Sudderley. Barmherzigkeit! Barmherzigkeit! Laßt mich diese Scene des Schreckens ganz sehen! — Zehnter Austritt. Sandwell. Hearrwich, und die Vorigen. Sandwell (indem er hereinstürzt). O Jenny! y Lohn meiner Leiden! o Jenny! (fallt ihr zu Füßen) Jenny. Jenny (hebt die sterbeirden Augen empor, sieht Vater, Mutter, und ihren Geliebten starr an). Du holst mich ab, Eduard! — (stürzt mit der heftigsten Bewegung über Sandwell) Ha! — Nun ist mirs wohl — Sandwell. Hab' ich dich? Hab' ich dich? — Unvergleichliche! — Ja, Jenny! ja — schling' dich um meinen Hals! — Wer — wer kann dich ent¬ reissen — Alle stehen umher, und auf jedem Gesichte ist Erwartung. Jenny liegt mit ihrer ganzen Schwere über Sandwell. Sandwell (mit äußerstem Entsetzen). Sie ist kalt!— (er sinkt zusammen) Jenny, getödtet durch die Stärke so ver/ schiedener Empfindungen, stürzt leb¬ los über ihren Geliebten zur Erde. NsL j D m-m-T°ch«! Sandwell (umarmt sie). Theure Geliebte! — auch da — auch da noch — Lady Sara (zu Sudderley, mit Bedeutung). Sie ist hin! — Dein Werk! — Sudderley. Dieser Fluch ist schwer, Sara! — Dieser Fluch ist schwer! — (will mit der wache abgehen) Lady Sara. Kein Fluch, William! — Der Gott des Erbarmens segne dich! — Versöhnung — und und — wenn ich dich überleben soll — mein Gebeth — Leb' wohl/ William! — Sudderley. O Sara! — Du Göttliche! — Leb'wohl! Leb'wohl! auf ewig! — O Sara! (kehrt noch einmal zurüch, rn.d umarmt sie) diese Um¬ armung noch — Thranen mischen sich drein — Gott! was für Thranen! — (beugt sich zur Erde, und küßt feine Tochter) Und diesen värerlichen Kuß — (zu Sandwell) Und diese» — Leb wohl, mein Sohn!— (will noch reden, der Schmer; macht »hm die Sprache stocken, und er dringA.. selbst mit der wache sort) Sandwell schlingt sich von Jenny los, und faßt den Degen in die Hand. Hcartrvich. Faß' dich, Bruder! — Wir ha¬ ben Leichen genug — Sandwell läßt den Degen sinken, und stürzt voll Schmerz und Verzweiflung wie¬ der zur Leiche seiner Geliebten. Der Vorhang fällt zu.