45589 Vorbemerkung. Jeder Schiller ist gehalten, sich ein Exemplar dieser Disciplinarvorschriften anzukaufen, es aufzubewahren und den Eltern oder deren Stellvertretern vorzuzeigen. Die p. t. Eltern oder deren Stellvertreter werden im Interesse ihrer Sohne oder Pflegebefohlenen ersucht , der Gymnasialdirection schriftlieh zu bestatigen, dass sie von den Disciplinarvorschriften Kenntnis genommen haben. I. Allgemeine Bestimmungen. §• 1 . , ^^^ieDisciplinarordnungenthaltdiejenigenVorschriften, welche die dem Gymnasium angehorigen Schiller als solche in ihrem Verhalten in und ansser der Sehule zu beachten verpflichtet sind. Diejenigen Pflichten, welche sie der biirgerlichen Ge- sellschaft gegenilber zu beobachten haben, werden hier nicht angefiihrt, doch unterliegt die Ternachlassigung oder Verletzung derselben, soweit sie die Sehule beriihren, auch der Disciplinar- behandlung von Seite der Lehranstalt. §. 2 . Jeder Schiller macht sich durch seinen Eintritt in das Gym- nasium verbindlich, die Schulordnuug gewissenhaft zu beobachten. Er verpflichtet sich allen seinen Berufspflichten mit allem Eifer obzuliegen, die Lehrstunden regelmassig und piinktlich zu besuchen, an dem Unterrichte mit reger Aufmerksamkeit theilzunehmen, durch hauslichen Fleiss das in der Sehule Gelernte zu befestigen, den religiosen Gebungen mit Ernst und Andacht beizuwohnen, sich sowohl in als ausser der Sehule eines wohlgesitteten Be- nehmens zu befleissigen, allen Anordnungen von Seite der Sehule unbedingt Folge zu leisten, den Weisungen der Lehrer der Lehr¬ anstalt zu entsprechen und sich gegen sammtliche Torgesetzte bescheiden und hoflich zu benehmen. Eine Verletzung der gebotenen Verpflichtungen wird umso strafbarer, je hoher die Altersstufe und Classe des Schuldigen ist. 1 * 4 E. Besondere Bestiminungen. a) Eeligiose Uebungen. §. 3 . Der Schiller hat dem Gottesdienste, sowie allen anderen vor- geschriebenen religiosen Uebungen gewissenhaft und in wiirdiger Haltung beizuwohuen und an dem Schulgebete, mit welchem der Unterricht begonnen und geschlossen wird, in erbaulicher Weise theilzunehmen. Unwiirdiges Benehmen, Versaumnisse und Ver- spatungen aus Leichtsinn werden strenge geahndet. §■ 4 . Dispensen werden fur einzelne Fiille von dem Beligions- lehrer unter Verstandigung des Olassenvorstandes, sonst nur vom Director unter Mittheilung an den Beligionslehrer und den Olassen- vorstand ertheilt. b) Verhalten in der Schnle. §. 5 . In der Sehule haben die Schiller weder zu friih noch zu spat zu erscheinen. Eine Viertelstunde vor Anfang des Unter- richtes oder Gottesdienstes werden die Lehrzimmer geoffnet. Die Schiller betreten unbedeckten Hauptes das Sehulzimmer und begeben sich ruhig an ihre Pliitze, wo sie den Eintritt des Lehrers oder das Glockenzeichen zum Gange in die Kirche er- warten. Wenn den Schiilern die Besichtigung von Wandkarten, Mi- neralien etc. vor der Unterrichtsstunde durch die Fachlehrer ge- stattet ist, so hat dies in aller Buhe zu geschehen. §• 6 . Jeder Schiller hat in seinem Aeusseren ordentlich, reinlich und anstandig zu erscheinen, sich in seinen Lehrbiichern, Schreib- heften und Geriithschaften der Beinlichkeit und Nettigkeit zu be- fleissigen. §• Jeder Schiller muss mit den fur den Unterricht erforderlichen, vorgeschriebenen Bilchern und Lehrmitteln rechtzeitig versehen sein. Kommt ein Schiller dieser Forderung nicht nach, so kann 5 er unter Umstanden von dem weiteren Schulbesuche ausgeschlossen werden. Das Mitbringen anderer als fur den Unterricht nothigen Gegenstande, Bilcher, Zeitschriften und dergleichen ist verboten. Vorkommenden Falls \verden dieselben weggenommen und nur den Bltern oder verantvvortlichen Aufsehern eingehandigt. §• B. Kein Schiiler darf den ihm vom Classenvorstande angevvie- senen Platz ohne Erlaubnis desselben oder fur einzelne Stunden des betreffenden Fachlehrers mit einern anderen vertauschen. §• 9 . Wahrend der Lehrstunden wende der Schiiler seine ganze Aufmerksamkeit dem Unterrichte zu und vermeide gewissenhaft jede Storung desselben sowie jede Zerstreuung durch Beschaftigung mit anderen, nicht zu dem betreffenden Unterrichte gehorigen Dingen. §. 10 . Jede Meldung oder Entschuldigung muss vor Beginn des Unterrichtes dem betreffenden Lehrer vorgebracht werden. An- liegen, welche die ganze Glasse betreffen, sind in der'Begel durch einen von dem Classenvorstande bestimmten Schiiler dem Lehrer vorzutragen. Hat ein Schiiler ein Anliegen vvahrend des Unterrichtes vorzutragen, so hat er dies durch Aufheben der Hand und nur in dringenden Fallen durch Aufstehen von seinem Platze zu er- kennen zu geben. §. 11 . Beim Kommen und Gehen der Lehrer, des Directors und aller Personen, denen eine aussere Ehrenbezeugung gebiirt, er- heben sich alle Schiiler von ihren Sitzen, und bleiben so lange stehen, bis ihnen das Zeichen zum Medersetzen gegeben wird. §. 12 . Das Hinausgehen wahrend des Unterrichtes ist nur in drin¬ genden Fallen ausnahmsweise einzelnen mit Bewilligung des Lehrers, nie aber mehreren zu gleicher Zeit gestattet. Das Herausrufen von Schiilern vvahrend des Unterrichtes ist in der Begel nur den Lehrern gestattet. 6 Das Herumstehen auf den Gangen oder vor dem Schul- gebaude, das Hin- und Wiederlaufen auf den Stiegen vor und zwischen den Lehrstunden ist nicht erlaubt. §. 18 . Die Pause zwischen der zrveiten und dritten, wie dritten und vierten Stunde ist der Erholung gewidmet. Wahrend dieser Zeit konnen sicb die Schuler, wenn es die localen Verhaltnisse gestatten, auf den Gangen oder im Hofe ergehen, und dabei etwas Nahrung zu sich nehmen. Naschereien diirfen nieht mitgebracht werden. Kein Schuler darf sich ohne Erlaubnis eines Lehrers aus dem Hause entfernen. Auf das Gloekenzeichen hat sich jeder Schuler unverweilt in sein Lehrzimmer zu begeben. §• 14 . Jede Art der Beschadigung oder Verunreinigung der Schul- riiume, Schulgerathe und Lehrmittel, der Gegenstande, welche einem Mitschtiler gehoren, ist strengstens verboten. Der Thater ist zum Sehadenersatze verpflichtet, und wird im Falle erwiesenen Muthwillens ausserdem bestraft. Bliebe er unentdeckt, so haben alle Schuler der Classe, unter Umstanden mehrerer Classen, den Schadenersatz zu leisten. Die aus der Bibliothek oder von dem Unterstiitzungsvereine entlehnten Bucher miissen in der vorgeschriebenen Frist an den Bibliothekar oder CJustos zuriickgestellt werden. Zuwiderhandelnde machen sich der Wohlthat der Bentitzung verlustig. Beschadigte Bucher miissen unter Umstanden, verlorene unter jeder Bedingung ersetzt werden. §• 15 . Das eigenmachtige Oeffnen der Fenster, das Hinauslehnen aus den Fenstern, oder das Hinausrufen ist nicht gestattet. §• 16 . Nach dem Unterriehte verlassen die Schuler ruhig und lang- sam das Haus. Bucher, Schulrequisiten etc. diirfen im Lehrzim¬ mer nicht zuriiekgelassen werden. Alles Drangen, Laufen und unanstandige Larmen auf den Stiegen und Gangen ist verboten. 7 c) Schulversaumnisse. §. 17. Jeder Schiller ist zu ununterbrochenera Schulbesuche ver- pflichtet. Im Falle eines triftigen Grundes hat der Schiller die Erlaubnis zum Ausbleiben filr eine e in z el ne Stunde von dem betreffenden Lehrer, fur eine n Tag vom Classenvorstande und fur mehr als einen Tag von dem Director einznholen. §• 18 . Die Verpflichtung des regelmassigen Schulbesuches erstreckt sich aueh auf die nicht obligaten Lehrgegenstande. Das eigenmaehtige Ausbleiben von demUnterrichte in einem gewiihlten freien Gegenstande wird mindestens bei Bestimmung der allgemeinen Fleissnote in Anrechnung gebracht. §• 19 - Erkrankungen und unvorhergesehene Hindernisse muss der Schiiler, wo moglich innerhalb 24 Stunden durch eine zuverlassige Person, miindlich oder schriftlich melden. Bei seinem Wieder- erscheinen hat er durch ein glaubwiirdiges Zeugnis der Eltern oder deren Stellvertreter, eventuell auf Verlangen des Classenvor- standes durch das eines Arztes, den Grund fur die Dauer seines Ausbleibens naehzuvveisen. Ein Schiller, welcher acht Tage hindurch ohne glaubwiirdige Meldung von dem Unterrichte wegbleibt, ist als ausgesehlossen zu betrachten; er wird in dem Kataloge gestriehen und verliert den Anspruch auf ein Abgangszeugnis. Eine Wioderaufnahme kann nur ausnahmsweise im Falle vollkommener Bechtfertigung vom Lehrkorper gevvahrt werden. d) Verhalten ausserhalb der Schule. §• 20 . Ausserhalb der Schulstunden liegt dem Schiller vollstandige Erlernung, Einilbung und Wiederholung der Lectionen, Aus- arbeitung der schriftlichen Aufgaben und Vorbereitung filr die Schule als hausliche Beschaftigung ob. Besondere Sorgfalt widme er den schriftlichen Hausarbeiten; dieselben miissen moglichst correct ausgearbeitet, genau und rein geschrieben, zur bestimmten Zeit abgegeben werden. 8 §■ 21 . Der Schiller zeige sich auch ausserhalb der Schule durch ein anstandiges, bescheidenes, artiges und sittliches Benehmen der Bildungsstatte, welche er besucht, wurdig. Selbstverstandlich soli der Schiller gegen seine Wohlthater seiner dankbaren Gesinnung auch noch am Schlusse des Sehul- jahres Ausdruck verleihen. §. 22 . Der Schtiler verwende seine freie Zeit zur nothwendigen korperlichen Erholung und auf eine geregelte Privatlectiire nach Anweisung oder Andeutung der Lehrer. Leihbibliotheken zu be- niitzen, schlechte Biicher zu lesen oder zu verbreiten ist streng verboten; der Schiller beniitze die Schillerbibliothek, welche auch fiir eine angeinessene Erheiterungslectiire Sorge tragt. Das Halten politischer Schriften ist untersagt. §. 23 . Seinen Mitschulern gegeniiber sei der Gymnasiast stets freundlich und dienstfertig, vertraglich und nachgiebig; nationale Gehassigkeiten sind strenge zu vermeiden. Klagen iiber erlittene Unbill sind dem Olassenvorstande zu melden. Der Schiller befleisse sich in seinem Umgange einer anstandigen Sprache und Haltung und vermeide aus Achtung vor sich und anderen alles, was in’s Bohe, Triviale und gemein Niedrige žalit. §• 24 . Geldsammlungen, gleichviel zu welchem Zwecke, sind ohne schulbehordliche Bewilligung nicht gestattet. §. 25 . Spates Herumgehen auf der Gasse ist fiir Gymnasialschiiler unschicklich und daher zu unterlassen. Jeder Gymnasialschiiler hat zu der vom Lehrkorper nach der Jahreszeit und den localen Verhaltnissen bestimmten Stunde zu Hause zu sein. Das zwecklose Umherstehen auf oflfentlichen Platzen, sowie das Umherziehen in geschlossenen Eeihen durch die Strassen der Stadt, auf Spaziergangen oder auf dem Trottoir ist nicht gestattet. Das Mitnehmen von Spazierstocken in die Schule oder in die Kirche ist unstatthaft. 9 §■ 26 . Der Besnch der Kaffehauser ist den Schulern des Gymna¬ siti m s nur in Begleitung der Eltern oder deren Stellvertreter aus- nahmsweise gestattet. Auch Gasthauser diirfen Schiller des Unter- gymnasiums, sowie die der V. und VI. Olasse nur ausnahmsweise in Begleitung ihrer Eltern oder deren Stellvertreter besuchen. Dagegen ist den Schulern der VII. und VIII. Olasse der massige Besuch einzelner als anstiindig bekannter Gasthauser nach vollstandig abgelaufener Schulzeit, jedoch nur auf kurze Zeit ge¬ stattet. In den Monaten September bis einschliesslich April darf der Besuch des Gasthauses nicht liber acht, in den Monaten Mai bis Juli nicht iiber zehn Uhr abends ausgedehnt werden. Jeder Missbrauch dieser Erlaubnis sowie offertbarer TJnfleiss kann sofort die Entziehung derselben auf kiirzere oder lžingere Zeit zur Polge haben. Ungeziemendes Betragen, Trunkenheit, Streit und Excesse jeder Art werden nicht nur mit Entziehung dieser Begiinstigung, sondern auch sonst auf das strengste, unter Umstanden mit sofortiger Ausschliessung bestraft. Zu Spiel und Trinkgelagen Extrazimmer zu nehmen, ist strenge untersagt. §. 27 . Das Tabakrauchen ist den Schulern des Untergymnasiums verboten. Die Folgen friihen oder iibermassigen Bauchens filr die Gesundheit, die Auslagen, zu welchen es širmere Schiller verleitet. bestimmten den Lehrkorper, vom Tabakrauchen auch zu Hause allen Schulern ernstlich abzurathen. Den Schulern des Obergymnasiums ist das Kauchen im Schulgebaude, in der Stadt auf der Gasse, ferner in offentlichen Localen, auf offentlichen Spaziergangen und an offentlichen Ver- gntigungsorten verboten. §. 28 . Spiele um Geld, insbesonders Kartenspiele sind iiberall, in offentlichen Localen alle Spiele strengstens verboten. Dawiderhandelnde verfallen einer Disciplinarstrafe und konnen unter Umstanden nach erfolgloser Mahnung ausgeschlossen werden. 10 §. 29 . Das Tkeater diirfen Schiller des Untergymnasiums nur in Begleitung der Eltern oder deren Stellvertreter nach eingeholter Erlaubnis des Classenvorstancfes oder des Directors besuchen. Ben Schillern der oberen Olassen ist der Besuck des Theaters mit Wissen und Bewilligung ilirer Eltern oder deren Stellvertreter im allgemeinen gestattet, doch kann der Besueh einzelner Theaterstiicke und Productionen vom Director untersagt werden. Missbraueh oder schlechter Fortgang haben die Entziehung dieser Erlaubnis zur Polge. — Der Besueh der Gallerie im Theater ist verboten. Der Besueh von G erichts ve rhan dlu n gen sovvie der offent- lichen Verhandlungen von Korpersehaften ist den Gymnasial- schiilern verboten. §. 30 . An offentlichen Productionen und Unterhaltungen, welche von behordlich anerkannten Vereinen oder geschlossenen Gesell- schaften veranstaltet werden, diirfen Schiller der obern Classen, an dergleichen offentlichen Ballen Schiller der VII. und VIII. Classe mit der Erlaubnis des Directors theilnehmen. — Der Besueh von Maskenbšillen ist Gymnasialschiilern untersagt. Tanzunterhaltungen untereinander zu veranstalten, ist ver¬ boten. Ueber die Erlaubnis Tanzstunden zu besuchen, entscheidet von Fali zu Fali die Lehrercomerenz, die Erlaubnis des Besuehes fiir den einzelnen Schiller gibt der Director. §. 81 . Die Gymnasialschiiler diirfen an Vereinen, welche von Per- sonen, die nicht Gymnasialschiiler sind, gebildet werden, vveder als .Mitglieder, noch als Zuhorer theilnehmen. Den Gymnasialschulern ist jede politische oder nationale demonstrative Kundgebung in und ausser der Schule strenge verboten. Diese diirfen auch keine Vereine unter sich bilden, und daher vveder Vereins- noch andere Abzeichen tragen. Zusammenkiinfte und Versammlungen derselben in grosserer Anzahl Behufs der literarischen Ausbildung, der Geselligkeit konnen nur mit Genehmigung und unter Aufsicht des Lehrkorpers stattfinden. 11 Der Lehrkorper ist berechtigt, Schtiler, welche gegen diese Vorschriften verstossen, nach einmaliger fruchtloser Ermahnung von der Anstalt zu entfernen. Ob es Schulern gestattet werden konne, bei einzelnen Vereinsproductionen mitzuwirken oder als Gliste d ara n theilzu- nehmen, beurtheilt von Fali zu Fali der Lehrkorper unter Be- achtung der etwa diesfalls erlassenen besonderen Weisungen der Schulbehorde. §• 32 . Fackelztige, Standchen und ahnliche Ovationen wem immer zu veranstalten, ist Schulern des Gymnasiums nur in Ausnahms- fallen mit Bevvilligung der competenten Behorden erlaubt; sie haben sich diese Erlaubnis rechtzeitig durch den Director ein- zuholen. §■ 33 . Den Schulern ist es nicht gestattet mit Erzeugnissen ihres Geistes ohne Bewilligung des Lehrkorpers in die Oeffentlichkeit zu treten. §. 34 . Baden, Schwimmen und Schlittschuhlaufen, wie Spiele im Freien sind unter den fur Sicherheit und Anstand nothvvendigen Bedingungen und in einem solchen Zeitausmass, dass die Erful- lung der Schulpflichten darunter nicht leidet, erlaubt. Gemein- same Ausfluge sind nur unter Leitung und Aufsicht eines Lehrers gestattet. §. 35 . Jeder Schiller muss unter Aufsicht der Eltern oder eines verantwortlichen Aufsehers stehen. Die Wahl der Wohnung wie der Person des verantwort- lichen Aufsehers kommt nur den Eltern der Schtiler oder deren Stellvertreter zu; die getroffene Wahl, sowie jede Veranderung derselben ist dem Director durch den Classenvorstand anzuzeigen. Im Gasthause zu wohnen und daselbst Mittagskost zu nehmen, ist nur in Ausnahmsfallen und nur mit Bewilligung des Directors gestattet. Lassen wohlbegrtindete Thatsachen die hausliche Aufsicht liber einen pflegebefohlenen Schtiler als ungentigend erscheinen, 12 so steht dem Lehrkorper gesetzlich das Kecht zu, von den Eltern die Aenderung des Kost- und Wohnortes zu verlangen und sogar den Schuler auszuschliessen, wenn diesem Verlangen nicht ent- sprochen wird. §. 36 . Die ausgegebenen Gymnasial- und Maturitatszeugnisse sind offentliche Urkunden. Eine Falschung der Zeugnisnote oder der Unterschriften unterliegt der disciplinaren Ahndung, — unter Umstanden der Ausschliessung und strafgerichtlichen Verfolgung. Die Schuler vverden aufmerksam gemacht, die Zeugnisse wohl aufzubewahren, da Duplicate von Semestralzeugnissen nur in seltenen Fallen, die der Maturitatszeugnisse nur nach eingeholter Ermachtigung der Landesschulbekorde ausgestellt werden. §• 37 . Seinen Abgang von der Lehranstalt kat jeder Schuler in gebiirender Weise deni Director anzuzeigen. Nur wenn er die Einwilligung seiner Eltern oder deren Stellvertreter zum Austritt nachgevviesen hat, erhiilt er ein Abgangszeugnis oder die Abgangs- clausel. Es wird von jedem Schuler ervvartet, dass er von der Anstalt nicht abgeht, ohne dem Director und seinen Lehrern zu danken. Ein entgegengesetztes Benehmen ist seiner Bildung nicht entspreehend. Einem Schuler. weleher ohne Meldung abgeht, kann die Wiederaufnahme an der Anstalt versagt vverden. §. 38 . Sittliches anstandiges Verhalten wird vom Gymnasialschuler auch vvahrend der Ferialzeiten erwartet; fur ein entgegengesetztes Verhalten ist er verantwortlich. e) Disciplinar-Strafen. §. 39 . Bei geringeren, aus Unbedacht entspringenden Verletzungen dieser Disciplinarvorschriften wird der Fachlehrer oder derClassen- vorstand den Fehlenden er mahne n. 13 §• 40. Die Kuge ist offentlicher Tadel in der Schule. Sie wird nach Massgabe des Verschuldens ent\veder von dem Fachlehrer oder vom Classenvorstande oder vom Director, und zwar letztere nach Umstanden in Gegemvart des betreffenden Lehrers oder des Olassenvorstandes oder sammtlicher Lehrer der Classe oder der Lehrerconferenz ausgesprochen. Verscharft wird die Kiige durch Vormerkung im Classen- buche und durch gleichzeitige Anzeige an die Eltern oder deren Stellvertreter. §. 41. Sind Ermahnungen und Kiigen fruchtlos geblieben, oder liegen grobere Pflichtverletzungen vor, so treten besondere Stra- fen ein. Dieselben sind: 1. Die Versetzung des Schtilers auf einen abgesonderten Platz. 2 . Das Zuriickbehalten in der Schule nach den Unterrichts- stunden, bei Schiilern der unteren Olassen, unter entsprechender Aufsicht, namentlich zur Nachholung einer versaumten Leistung. 3. Der Oarcer, bei schweren sittlichen und disciplinaren Vergehen, stets unter entsprechender Aufsicht. Die Strafe kann filr einen Tag die Dauer. bis acht, im ganzen die Dauer von sechzehn Stunden haben. Sie wird uber denselben Schiller nicht ofter als hochstens zweimal im Laufe eines Sehuljahres verhangt. Der zu dieser Strafe verurtheilte Schiiler erhalt eine Aufgabe, die er ausge- arbeitet nach Ablauf der Strafzeit abzugeben hat. 4. Die Ausschliessung von der Schule. Die Kiige durch den Director, sowie die sub 3—4 ange- fiihrten Strafen werden nur liber Beschluss des Lehrkorpers ver¬ hangt und sowie die Strafe sub 2 den Eltern oder deren Stell- vertretern von dem Glassenvorstand durch die Direction angezeigt. §. 42. Die Ausschliessung findet statt: 1. Nach achttagiger Abwesenheit von der Schule, wenn der Grund davon weder miindlich, noch schriftlich gemeldet wurde. (§■ 19.) 14 2. Wenn ein Schiiler nach dem Schulgeld-Einhebungstermine in der bestimmten Frist das Schulgeld noch nicht bezahlt bat. 8. Wenn ein Schiiler durch zwei Semester nacb einander ein Zeugnis der dritten Olasse oder als unfreiwilliger Repetent am Jabresschlusse die zweite oder dritte allgemeine Fortgangs- classe erbalten hat. 4. Bei straflicher und ungeachtet aller Riigen und Ahn- dungen fortgesetzter Vernachlassigung des Schulbesuches oder des Gottesdienstes. 5. Infolge eines durch Riigen und Strafen nicht zu behe- benden Unfleisses und anderer in langerer Zeit sich summierender Pebler. 6. Wegen entscbiedener Widersetzlichkeit oder Irreligiositat, wegen grober Unsittlicbkeit, namentlich wenn letztere der Sittlich- keit der anderen Schiiler gefahrlich werden kann. 7. Wenn die Ermahnung an den Schiiler beziiglich einer Uebertretung der in den §§. 28, 81 gegebenen Vorschriften oder die Aufforderung an die Eltern nach §. 85 fruchtlos geblieben ist. Die Griinde der Ausschliessung werden im Abgangszeug- nisse ersichtlich gemacht. §• 43. Erscheint die weitere Aufnahme eines von der Anstalt aus- geschlossenen Schiilers ftir jede Lehranstalt als unehrenhaft oder verderblich, so wird vom Lehrkorper hoheren Orts die Ausschlies¬ sung von allen Mittelschulen oder sammtlichen Lehranstalten der im Reichsrathe vertretenen Lander beantragt. §. 44. Der straffallige Schiiler hat sich der iiber ihn verhangten Disciplinarstrafe in dem ihm hiezu bestimmten Zeitpunkte und Orte ohne Widerrede zu untervverfen. Die Abbiissung der Strafe hebt nicht zugleich den Einfluss auf, denn das Vergehen auf die Sittennote haben kann. Es hangt jedoch von dem Schiiler ab, durch ernstliche Besserung und ferneres tadelloses Verhalten den Einfluss ent- weder zu mildern oder nach Umstanden ganzlich aufzuheben. 15 Kein Schiller karm sich der Verpflichtung zum Abbussen einer Strafe durch Abgang von der Schule entziehen; er erhalt, ehe er dieser Verpflichtung nachgekommen, kein Abgangszeugnis. §• 45 . Nur den Eltern oder deren Stellvertretern, nicht aber den Schulern, steht das Eecht zu, bei dem Director oder der vor- gesetzten Behorde wegen einer verfugten Strafe Beschwerde zu fiihren.