Original scientific paper Izvirni znanstveni članek DOI: 10.32022/PHI31.2022.122-123.8 UDC: 304:1 Mit Fink am Tisch Zu Eugen Finks Philosophie der Sozialität Jakub Capek Charles University, Faculty of Arts, Department of Philosophy and Religious Studies, nam. Jana Palacha 2, 116 38, Prague 1, Czech Republic jakub.capek@ff.cuni.cz With Fink at Table. On Eugen Fink's Philosophy of Sociality Abstract Fink's philosophy of sociality does not start from the experience of the individual other, but from the primacy of participation in the same world. Fink unfolds this idea in the context of material culture, that is, in his analysis of how we interact with everyday things, such as tables. Such things are not merely objects of use, but can become Phainomena 31 | 122-123 | 2022 "meaningful things" that symbolically represent our existence, and they represent it as a fundamentally shared existence. The essay draws attention to the fact that not all sharing, as Fink claims, provides unity. Reference is made to Hannah Arendt's analysis of the table and the world, which, like Fink, holds that human dependence on objects is essential, with the difference that she ascribes both unifying and separating significance to objects and the world. In the conclusion, some critical observations on Fink are made. Fink did not reflect on the ambiguity in the concept of sharing, and his claim that sharing establishes communal unity is thus rather unfounded. Further, his conviction that philosophy of sociality is based on the cosmological concept of the world is viewed in a critical light, since it tempts one to assume a unity of the world, which, however, is never guaranteed in advance. Keywords: Fink, sociality, table, world, Arendt. S Finkom za mizo. O filozofiji družbenosti pri Eugenu Finku Povzetek Finkova filozofija družbenosti ne izhaja iz izkustva individualnega drugega, temveč iz primarnosti soudeležbe v istem svetu. Svojo idejo Fink razvija v kontekstu materialne kulture, in sicer v svoji analizi, kako občujemo z vsakdanjimi stvarmi, kakršna je miza. Tovrstne stvari niso samo objekti uporabe, temveč lahko postanejo »pomenljive stvari«, ki simbolično reprezentirajo našo eksistenco; in reprezentirajo jo kot v temelju deležnostno eksistenco. Članek pozornost posveti dejstvu, da sleherno udeleževanje ne zagotavlja, kakor trdi Fink, enotnosti. Sklicujemo se na analizo mize in sveta pri Hannah Arendt, ki, tako kot Fink, pravi, da je človeško zanašanje na objekte sicer bistveno, a pri tem, v nasprotju z njim, objektom in svetu pripisuje tako poenotujočo kot razločujočo pomenskost. V zaključku predstavimo nekaj kritičnih pogledov na Finkovo misel. Fink ni reflektiral dvoumnosti koncepta deležnosti, zato je njegovo zagotavljanje, da deleženje vzpostavlja skupnostno enotnost, pravzaprav neutemeljeno. Tudi njegovo prepričanje, da filozofija družbenosti temelji na kozmološkem konceptu sveta, razgrnemo v kritični luči, saj navaja k privzetju enotnosti sveta, ki nikakor nikdar ni zagotovljena vnaprej. Ključne besede: Fink, družbenost, miza, svet, Arendt. JAKUB CAPEK Welche Erfahrungen sind paradigmatisch für eine philosophische Beschreibung zwischenmenschlicher Begegnungen und für eine Philosophie der Sozialität? Ist es die Erfahrung des Teilens, etwa wenn zwei Menschen dieselbe Landschaft gemeinsam betrachten, dieselbe Sprache sprechen oder derselben Tradition angehören? Oder ist es die Erfahrung der Differenz, wenn ich z. B. erkenne, dass ich den Schmerz des Anderen nicht fühlen und seinen Tod nicht sterben kann? Dies ist natürlich eine grobe Alternative. Auf der einen Seite steht die Philosophie der Intersubjektivität, die von der Erfahrung des individuellen Anderen als eines Fremden ausgeht, und auf der anderen die Philosophie der Gemeinschaft, die die Teilnahme an denselben Bedeutungsstrukturen der Welt hervorhebt. Wie grob auch dieser grundlegende Unterschied sein mag, er zieht sich, wie ich glaube, durch die phänomenologische Philosophie hindurch (Capek und Matejckova 2021). Für Husserl, Sartre, Stein oder Levinas sind konkrete Begegnungen mit dem Anderen maßgeblich, da sie die Voraussetzung jeder Gemeinschaft bilden. Für Heidegger, Merleau-Ponty oder Gadamer sind im Gegenteil unsere Begegnungen mit individuellen Anderen nur möglich, 173 weil wir im Vorhinein schon in das soziale Leben eingetaucht sind.1 Eugen Finks Philosophie der Sozialität, die er vor allem in den Vorlesungen Existenz und Coexistenz vorgetragen hat (Fink 2018a), fällt unter den zweiten Ansatz, und zwar aus drei Gründen. Erstens lehnt Fink das Primat des Ich-Du-Verhältnisses für die Philosophie der Gemeinschaft eindeutig ab. Er hält die Wahrnehmung der leiblichen Präsenz des Anderen, des Antlitzes oder der Körperhaltung nicht für das Paradigma der Co-Existenz. Wir finden bei ihm vielmehr eine ähnliche Einstellung wie etwa bei Merleau-Ponty, für den sich 1 Merleau-Ponty sagt eindeutig: „[D]as Soziale ist je schon da" (Merleau-Ponty 1966, 414). Und Gadamer erklärt die „Zugehörigkeit" für den Grundriss der „sprachlich verfaßten Welterfahrung" (Gadamer 1975, 434). Diese Studie entstand mit Unterstützung des Projektes Kreativität und Anpassungsfähigkeit als Voraussetzung für den Erfolg Europas in der vernetzten Welt, Reg.-Nr.: CZ.02.1.01/0.0/0.0/16_019/0000734, finanziert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. Phainomena 31 | 122-123 | 2022 der Andere „nie frontal präsentiert",2 oder wie bei Heidegger, der glaubt, die Anderen seien immer schon da und wir selbst von ihnen nicht verschieden. Zweitens glaubt Fink ähnlich wie Merleau-Ponty oder Gadamer, dass unsere Co-Existenz vor allem als gemeinsame Teilhabe an derselben Welt zu fassen sei. Die Grunderfahrung ist hier nicht die Wahrnehmung des Anderen, sondern die Wahrnehmung mit dem Anderen, wie bei Merleau-Ponty,3 nicht die Trennung durch Sprache, sondern die Teilnahme an demselben Dialog, wie bei Gadamer.4 Und drittens, die Teilnahme an derselben Welt lässt sich, unter anderem, am geläufigen Umgang mit alltäglichen Gegenständen thematisieren. Mit Heidegger gesagt, begegnen uns die Anderen „aus der Welt her", in der wir tagtäglich etwas verrichten (Heidegger 1993, 119). Sie sind in unserem Umgang mit den Dingen mit zugegen, ohne konkrete Andere zu sein. Ein Vorteil dieses Ansatzes besteht darin, dass man hier die Gebundenheit unseres Miteinanderseins an die materiale, gegenständliche Welt gut berücksichtigen kann. Ich möchte nun diese drei Schritte im Zusammenhang von Finks Denken 174 durchgehen, das heißt: (1) den Vorrang des Miteinanderseins vor dem Füroder Gegeneinandersein oder, anders gesagt, die Ablehnung des Primats der Ich-Du-Beziehung; (2) die Teilnahme an derselben Welt als Fundament des Miteinanderseins; und (3) die Dinggebundenheit unseres Miteinanderseins. (1) Zu dem Vorrang des Miteinanderseins, also der Gemeinschaft, vor dem Für- oder Gegeneinandersein. Fink lehnt es ausdrücklich ab, die philosophische Analyse der zwischenmenschlichen Beziehungen nach dem Modell meiner Wahrnehmung des Anderen und meiner selbst durch den Anderen aufzufassen. Diese „Optik des Füreinanderseins" gehört Fink zufolge „zum Arsenal neuzeitlicher Bewußtseinsmetaphysik" (Fink 2018a, 78), in der die „Gemeinschaft [...] zu einem Derivat von der vorstellungsmäßigen Ich-Du-Beziehung" wird (ebd., 95).5 2 „[Ajutrui ne se présent jamais de face" (Merleau-Ponty 2008, 185). 3 „Diese Welt kann zwischen meiner und des Anderen Wahrnehmung ungeschieden bleiben." (Merleau-Ponty 1966, 404.) 4 Vgl. die ausgewählten Texte zur Derrida-Gadamer Debatte in: Forget 1984. 5 Siehe auch: „Die Sozialität ist keine Folgeerscheinung der gleichzeitigen Existenz JAKUB CAPEK Dieser, vor allem gegen Husserl gerichtete Einwand besteht, wie ich meine, aus zwei Teilen. Zum einen geht es darum, dass das praktische und affektive Zusammenleben mit Anderen nicht auf unser Bewusstsein, das wir von Anderen haben, eingeschränkt werden kann. Wir sollen nicht davon ausgehen, wie uns die Anderen gegeben sind, sondern wie sie uns angehen, nicht davon, wie sie wahrgenommen werden, sondern wie sie unsere Existenz mitgestalten. Die Anderen können mich angehen, auch wenn sie nicht explizit wahrgenommen werden, etwa wenn es um die unbestimmt vielen Passanten auf der Straße geht oder wenn sie radikal absent, nämlich tot sind (Fink 2018a, 83 und 85f.). Des Weiteren spielt sich unser Verhalten zu den Anderen stets in einem Horizont oder einer Atmosphäre ab. Wir verstehen beispielsweise den Unterschied zwischen „Jung" und „Alt" vor dem Zeithorizont, im dem alles vergeht, und vor dem Gesellschaftshorizont, der den Umgang mit den Altersunterschieden durch etliche Sprach- und Verhaltensregeln gestaltet. Unser Verhalten zu dem Anderen ist nie nur „frontal", weil es diese Medien, Dimensionen oder Horizonte miteinschließt. (2) Das bringt uns zur zweiten These: Das menschliche Miteinandersein 175 besteht in der Teilnahme an dem, was uns gemeinsam ist. Das am meisten Gemeinsame ist für Fink die Welt: „[D]as Miteinandersein bedeutet nichts anderes als das menschliche In-sein in einer Welt, die wir teilen - und doch nicht zerstücken." (Fink 2018a, 104.) Fink unterscheidet bekanntlich zwei Weltbegriffe. Der erste, existenzielle Begriff der Welt bezieht sich auf die Welt als auf die Umwelt einer konkreten Gemeinschaft. Die Umwelt bietet die Bedeutungsstruktur an, in der Dinge und Ereignisse verstanden werden und ihre Bedeutung, ihren Ort und Wert haben. Fink sagt in Anlehnung an Heidegger, dass diese Welt „das Ganze des Seienden im Wie einer bestimmten Zugänglichkeit" sei (ebd., 109). Der existenzielle Weltbegriff bezieht sich somit auf Umwelten oder Welten, die geschichtlich sind und so auch im Plural auftreten können: die Welt der Antike, der Aufklärung, der Moderne (Fink von vielen Menschen." (Fink 2018a, 158.) Ferner: „Es ist völlig sinnlos, beim isoliert angesetzen ,Einzelnen' überhaupt von ,Eigensphäre' und ,Fremdbewußtsein' und dgl. zu reden, weil der Unterschied des Eigenen und Fremden grundsätzlich ein in der Sozialität heimischer Unterschied ist." (Ebd., 161, siehe auch 147f. und 235f.). Oder ganz kurz: „Das Ich ist nie früher als das Wir." (Fink 1992, 106.) Phainomena 31 | 122-123 | 2022 2016, 220, 350, 359f.; Fink 2018a, 108ff., 120f.). Der kosmologische Weltbegriff hingegen bezeichnet „ein an sich seiendes Ganzes, eine vom Menschen unabhängige Allheit" (Fink 2016, 221), von deren Geschichtlichkeit keine Rede sein und die ausschließlich im Singular angesprochen werden kann (Fink 2016, 209; Fink 2018a, 108f.; Fink 2018b, 256). Wenn Fink behauptet, das Miteinandersein bestünde darin, dass wir Menschen Welt teilen, will er die so erfahrene Welt nicht auf geschichtlich relative Welten begrenzen. Wir teilen nicht nur die wohlbekannte Welt unserer Gesellschaft, sondern auch die Ausgesetztheit in die umgreifende und schwierig fassbare Weite der Welt im kosmologischen Sinne. „Das Problem der Gemeinschaft", behauptet Fink, ist „eine kosmologische Frage" (Fink 2018a, 217). (3) Um unser Teilen der Welt genauer zu thematisieren, bezieht sich Fink darauf, wie wir mit Dingen umgehen. Ähnlich wie bei Heidegger oder Merleau-Ponty, spiegelt sich auch bei Fink das menschliche Miteinandersein im täglichen Umgang mit den Objekten der materiellen Kultur wider. Fink gibt eine Auswahl von Dingen, die eine besondere Bedeutung haben: Bett, 176 Sarg, Wiege oder Tisch. Das sind geläufige und unauffällige Dinge, die einen Gebrauchswert haben, doch sie können zu Symbolen werden. An jedem dieser Dinge wird ein fundamentales Verhältnis - oder wie Fink sagt: ein Grundphänomen - des menschlichen Daseins sichtbar. Unser Verhältnis zum zeitlichen Vergehen, also unser Todesbewusstsein, wird materiell in der Kultur der Bestattung, also in solchen Dingen wie dem Sarg transparent. Unser Verhältnis zum zwischenmenschlichen Kampf um Herrschaft materialisiert sich in der Kriegsindustrie, deren Objekte vom Schwert bis zur Atombombe reichen (Fink 2018a, 89). Jedes der Grundphänomene - Tod, Herrschaft, Arbeit, Liebe, Spiel oder Heimat und Fremde - ist dinggebunden. Soll unser Miteinandersein im Teilen derselben Welt bestehen, spiegelt es sich im Teilen der „bedeutsamen Dinge" wider.6 Oder wie Fink es ausdrückt: „Solche Dinge sind es, in die wir uns teilen und teilend eine gemeinsame Welt und damit eine Gemeinschaft haben." (Ebd., 90.) 6 Finks Analyse der „bedeutsamen Dingen" steht in einigen Hinsichten Heidegger und dessen Dingvortrag nahe (siehe Heidegger 2000, 165-184). JAKUB CAPEK Finks Betonung, dass jede Gemeinschaft und jedes Verhalten an Dinge gebunden sei, setzt seine Kritik der Bewusstseinsphilosophie fort: Dinge sind nicht Objekte für ein Bewusstsein, sondern Stätten der menschlichen Existenz, ohne die diese unmöglich wäre. Dinge sind notwendig nicht nur in einem rein praktischen Sinne, wo man etwa ein Bett braucht, um zu schlafen, sondern im ontologischen Sinne. Für Fink kann es „kein Verhalten' geben, das sich nicht zugleich auf Dinge einläßt" (ebd., 118). Die Dinggebundenheit ist eine Notwendigkeit oder, wie Fink gerne sagt, „Not", ohne die menschliches Leben undenkbar sei. Im Folgenden werde ich diesen Gedanken am Beispiel des Tisches als eines dieser bedeutsamen Dinge verfolgen. Der Tisch als bedeutsames Ding Wie verschieden auch immer Tische aussehen mögen, das Grundkonzept ist verhältnismäßig einfach, so dass der Tisch als ein gutes Beispiel der Platonischen Idee in der Politeia oder der eidetischen Schau in Husserls Phänomenologie (Husserl 1963, § 34) oder auch im synthetischen Kubismus auftreten kann (Pijoan 1979). Doch ist „Tisch" nicht nur ein allgemeiner Begriff mit vielen Instanzen, sondern auch ein Gebrauchsgegenstand, der nach dem Maßstab der Nützlichkeit hergestellt wird. Eine Philosophie, die sich für das Thema der Welt interessiert, wird jedoch diese Hinweise für nicht ausreichend halten. Der Tisch kann nicht aus dem umgreifenden Zusammenhang losgelöst werden. Jeder Tisch ist Teil der konkreten menschlichen Welt oder, mit Heidegger gesprochen, einer „Bewandtnisganzheit" (vgl. Fink 2018a, 126). Das Primäre ist also nicht die Idee, der Begriff oder die Nützlichkeit des Tisches, sondern die konkrete Umwelt, die Situation oder der Lebensstil der jeweiligen Menschen. So sieht beispielsweise ein Esstisch für allein wohnende Personen anders aus als ein Esstisch für eine größere Familie, auch nimmt ein solcher Tisch vermutlich eine andere Stelle in einer anders gestalteten Wohnung ein. Jeder Tisch gehört einer Welt an. Menschen entwerfen bedeutungsvolle Strukturen ihrer Umwelten und der Tisch kann hier als gutes Beispiel betrachtet werden. Doch für Fink greift all das zu kurz: Der Tisch ist nicht nur eine Instanz des Allgemeinen, ein nützlicher Gebrauchsgegenstand oder Knotenpunkt einer Umwelt. Der Tisch ist auch Phainomena 31 | 122-123 | 2022 ein Symbol, ein Gleichnis der fundamental menschlichen Situation oder, mit anderen Worten: ein bedeutsames Ding. Ähnlich wie in seinem Buch Spiel als Weltsymbol (Fink 2010) greift Fink auf die kultische Bedeutung der bedeutsamen Dinge - hier des Tisches - zurück. Das Mahl, das am Tisch geteilt wird, verbindet Fink mit dem Kult und fügt hinzu: „[U]rsprünglich ist immer der Tisch Altar und Opferstein" (Fink 2018a, 123). Fink geht von der archaischen Symbolik des Opfers zur christlichen Symbolik von Brot und Wein über, und von hier wieder zu polytheistischen Religionen, für die Götter beim menschlichen Mahl anwesend sind. Wie auch immer diese Andeutungen an eine ursprüngliche Bedeutung zu verstehen sind, eine Sache ist klar: Der Tisch ist für Fink die Stätte, an der ein Fest stattfinden kann. Die Versammlung am Tisch ist nicht nur praktisch oder angenehm - es macht mehr Spaß, zusammen zu essen als allein -, sondern auch symbolisch. Fink verbindet das Symbolische mit dem Begriff des Teilens: Die am Tisch Versammelten nehmen am Mahl teil und sie teilen das Essen miteinander. Diese Teilung ist, wie Fink eindeutig sagt, „einend-stiftend" (ebd., 124). 178 Die entscheidende Frage ist jetzt: Wovon genau ist denn der Tisch ein Symbol? Welches Grundphänomen kommt am Tisch zum Tragen? Wenn das Fest gut verläuft, teilen die Teilnehmer die „Freude des Mahles", die nicht dadurch gemindert wird, dass sie geteilt wird (ebd., 103). Wir können jedoch diese Freude wirklich als Freude nur erfahren, weil wir implizit unsere Existenz als bedroht und erschöpfbar verstehen. Das Fest am Tisch schließt das Bewusstsein unserer Endlichkeit ein. Der Tisch ist somit nicht nur ein Symbol der Einheit der Versammelten, sondern auch der fundamentalen Situation der Menschen, die das Leben an der Grenze zwischen Sein und Nichts führen.7 Es stellt sich somit die Frage, wie wir das Nichts verstehen sollen, das am Tisch symbolisch miterfahren wird. Zwei Bedeutungen von „Nichts" Das Nichts wird bei Fink anhand verschiedener Metaphern thematisiert, so beispielsweise als „die Nacht des Seins" (Fink 2018a, 268). Wir können, wie ich 7 Fink spricht z. B. von der „Ausgesetztheit des Menschen" (Fink 2018a, 120). JAKUB CAPEK meine, bei Fink grundsätzlich zwei Bedeutungen von „Nichts" unterscheiden: (1) die Nicht-Existenz, das Nichts als Nichtsein von etwas oder von jemandem; (2) die Absenz der Unterschiede, das Nichts als Gegenbegriff zur Bestimmtheit. Unter die erste Bedeutung - das Nichts als Gegenbegriff zum Sein - fallen Finks Überlegungen zur Endlichkeit als Vergänglichkeit von allem, was entsteht und vergeht. Jedes Seiende existiert in der Welt für eine begrenzte Zeitspanne, das heißt, es ist in dem Sinne endlich, dass es dem Untergang geweiht ist. Der Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er davon weiß, dass er über ein Todesbewusstsein verfügt. Es handelt sich dabei immer um eine qualifizierte, eine bestimmte Nicht-Existenz: Der Verstorbene war eine konkrete Person, ihr Nicht-Sein ist temporal bestimmt, das heißt, ab einem bestimmten Zeitpunkt ist sie nicht mehr da. Das Todesbewusstsein kann in der Todesauslegung der gegebenen Gemeinschaft, die ebenfalls in bedeutsamen Dingen wie dem Sarg oder Grabstein seinen Ausdruck findet, geteilt werden. Fink setzt sich hier eindeutig von Heidegger ab, bei dem „der soziale Charakter des Sterbens und des Todes als bloßes Sekundärphänomen entwertet" werde. Für Fink bleibt der Tod wesentlich 179 ein „Gemeinschaftsphänomen" (Fink 2018a, 279) - etwas, das wir zu teilen vermögen und in dieser Teilung die Gemeinsamkeit der Sterbenden bestätigen. Der zweite Begriff von Nichts - das Nichts als Gegenbegriff zu allem bestimmten Seienden - ist für den kosmologischen Weltbegriff von maßgebender Bedeutung. Das Nichts bezieht sich hier nicht auf das Nicht-Sein von etwas, sondern auf den Gegensatz, in dem die Welt zum einzelnen Seienden steht. Jedes Ding ist ein konkretes Dies-da, ein Vereinzeltes; demgegenüber kann der Welt die Vereinzelung, also die Verschiedenheit von anderen vereinzelten Dingen, nicht zugeschrieben werden. Das „Nichts der Welt" wird von Fink zum Teil negativ bestimmt, z. B. als das apeiron (ebd., 141, 151), zum Teil anhand der spekulativen Überlegung, die die einzelnen Dinge als Resultate einer ontologischen Bewegung auffasst. So verwendet er beispielsweise die metaphorische Unterscheidung zwischen dem Tag und der Nacht des Seins, um - wie er sagt - „die Rückverwurzelung aller unterschiedenen endlichen Dinge in einem unendlichen Seinsgrund" zu benennen (ebd., 245).8 8 Das Nichts bezeichnet somit „die Tiefe des Seins, die vor aller Individuation ist" Phainomena 31 | 122-123 | 2022 Auch dieses Nichts im Sinne von „Negation der Unterschiedenheit" (ebd., 229) findet seinen Ausdruck im menschlichen Selbstverständnis, z. B. in der Liebe, aber auch im Tod. Sowohl die Liebe als auch der Tod werden bei Fink als Negationen der menschlichen Individualität verstanden. Die Liebenden vergessen im Akt der Liebe, dass jeder von ihnen eine vereinzelte Person ist. Und die Lebenden können den Tod als Heimkehr empfinden. Es ist überraschend, dass Fink diese Volksweisheit der Grabreden ernst nimmt, und vor allem, dass er eine Parallele zwischen Liebe und Tod zieht: Das Nichts, verstanden als die Negation von allem Bestimmten, ist „das ,Nichts', in das der Tote eingeht und die Liebenden sich verlieren" (ebd., 236). Das „Nichts der Welt" bezeichnet nicht ein Nicht-Sein, sondern einen Aspekt von Sein, unter dem Umstand, dass wir das Sein breit genug auffassen, als Sein, das „weltweit" ist und das sowohl das vertraute individuelle Leben als auch den Verlust der Individuation und das unheimliche apeiron umgreift. Die befremdliche Weite der Welt wird Fink zufolge auch affektiv erfahren. Es gibt das „Erschreckt- und Geängstigtwerden durch die Unheimlichkeit der Welt" 180 (Fink 2018a, 249, 151, 106f.). Im Gegensatz zu Heidegger können wir von der Angst sozial, gesellschaftlich ergriffen werden. Es gibt authentische Angst, die gemeinsam ist, die also nicht vereinzelt, sondern verbindet. Finks Betonung der kollektiven Stimmungen für die Gemeinschaftsbildung ist zuweilen beunruhigend, als würde er einen existenzialen Kollektivismus vertreten.9 Ich habe zwei Begriffe von „Nichts" bei Fink unterschieden: das NichtSein von etwas oder von jemandem und das Nichtbestimmt-Sein der Welt. Wenn wir zum Thema „Tisch" zurückkehren und fragen, welches Nichts am Tisch erfahren und geteilt wird, ist es, glaube ich, das zweite Nichts, das nicht-bestimmte Sein.10 Genauer gesagt machen wir eine Doppelerfahrung: die Erfahrung der Endlichkeit im Kontrast zur Unendlichkeit, die Erfahrung, (Fink 2018a, 140; siehe vor allem Fink 2018b). 9 Nicht nur sind „Gruppenstimmungen" für ihn „Urerfahrungen, die ein Menschentum prägen", sondern sie entscheiden auch darüber, „wer dazu gehört und wer nicht" (Fink 2018a, 250). 10 Fink sagt wiederholt, dass bedeutsame Dinge, wie etwa der Tisch, „welttief" (Fink 2018a, 133f.) seien oder „eingetaucht in das Nichts der Welt" (ebd., 141), dass wir an ihnen die „Tiefe des Seins" erblicken können (ebd., 140) usw. Siehe auch: „[W]ir sind gemeinschaftlich aufgetan und eröffnet der Welttiefe in allen Dingen." (Fink 2010, 67.) JAKUB CAPEK dass wir „zugleich geborgen und ausgesetzt, heimatlich und fremd" leben. Fink behauptet, diese Doppelerfahrung stifte die menschliche Gemeinschaft, die somit ohne das „welthafte ,Nichts'" nicht bestehen würde. Deshalb ist -wie Fink explizit sagt - die „Gemeinschaft [...] ein Geschenk der Welt" (Fink 2018a, 152). Fink betont zugleich die Angewiesenheit an das Dingliche und die Ausgesetztheit in die unbekannte Welt, um einer allzu anthropozentrischen Deutung von Gemeinschaft vorzubeugen: Auch wenn wir Dinge und gesellschaftliche Ordnungen entwerfen, werden die Dimensionen, in denen wir das tun, nicht von uns geschaffen. Das finde ich überzeugend. Einige Fragen bleiben jedoch offen. Erstens ist unklar, was es denn genau bedeutet, wenn wir „etwas teilen". Finks Beispielen zufolge kann man das Mahl teilen, die Freude, das Todesbewusstsein und die Angst. Bedeutet das Teilen hier immer dasselbe und kann man es ohne weiteres für „einend-stiftend" erklären? Und zweitens, kann das „Nichts" problemlos als Negation der Unterschiede aufgefasst werden, das heißt, kann man es sozusagen dequalifizieren? Nur unter der Voraussetzung, dass das Nichts nicht ein „Nichts 181 von etwas oder jemandem" ist, kann es möglicherweise gemeinsam sein. Es gibt jedoch gute Gründe, das Nichts als ein qualifiziertes beizubehalten, als einen persönlichen Verlust, und eben nicht als eine namenlose Tiefe der Welt. Ich möchte mit der ersten Frage und mit dem ersten Einwand beginnen: „Etwas zu teilen" kann verschiedene Verhältnisse bezeichnen und nicht jede Teilung ist unbedingt „einend-stiftend". Kehren wir nochmals zum Tisch zurück. Verbinden und trennen Ungefähr zu derselben Zeit, als Fink seine Vorlesung Existenz und Coexistenz hielt (vorgetragen 1952/53 und 1968/69), hat auch Hannah Arendt auf die „Angewiesenheit menschlicher Existenz auf Gegenständlichkeit und Objektivität" hingewiesen (Arendt 2005, 16).11 Der Tisch hat bei Arendt eine bemerkenswerte Doppelstellung. Auf der einen Seite ist er ein typischer 11 Zu einer komparativen Lektüre von Fink und Arendt, die auf den Begriff des Politischen bezogen ist, siehe Hilt 2011, 288-291. Phainomena 31 | 122-123 | 2022 Gegenstand des Haushaltes, des privaten Lebens, das Hannah Arendt gegen das öffentliche Leben stellt und bisweilen ziemlich ironisch behandelt. So schildert sie das Frankreich der Zwischenkriegszeit als eine Nation, die sich in das private Glück zurückgezogen habe. Die Franzosen sind für sie die „Meister [...] in der Kunst, glücklich zu sein in den eigenen vier Wänden, zwischen Bett und Schrank, Tisch und Stuhl, umgeben von Hund, Katze und Blumentopf" (ebd., 65). Auf der anderen Seite stellt der Tisch für Arendt das Symbol des Zusammenlebens in der Öffentlichkeit dar: In der Welt zusammenleben heißt wesentlich, daß eine Welt von Dingen zwischen denen liegt, deren gemeinsamer Wohnort sie ist, und zwar in dem gleichen Sinne, in dem etwa ein Tisch zwischen denen steht, die um ihn herum sitzen; wie jedes Zwischen verbindet und trennt die Welt diejenigen, denen sie jeweils gemeinsam ist. (Ebd., 66.) Genau wie der Tisch soll auch die Welt, die aus handgreiflichen Dingen 182 und öffentlichen Angelegenheiten besteht, die Kraft haben, „zu versammeln". Doch bei Arendt heißt das Versammeln auch: „zu trennen und zu verbinden" (ebd.). Versuchen wir uns diese doppelte Leistung - „zu trennen und zu verbinden" - vor Augen zu führen. Ich möchte mich auf zwei Bemerkungen beschränken; die eine bezieht sich auf einen räumlichen, die andere auf einen zeitlichen Aspekt von Tisch. Jeder Tisch, an dem sich mehrere Leute versammeln können, bietet eine räumliche Anordnung, eine überschaubare, begrenzte Menge von Plätzen, die einander zugewandt sind. Diese Anordnung verbindet und trennt zugleich, d. h. sie sichert die Individualität der einzelnen Teilnehmer durch die mehr oder weniger fixe Zahl der Plätze. Ein Verbinden von Individuen muss die Trennung, die hier räumlich definiert ist, bewahren. Das Zusammensein der Individuen findet sein Symbol am Tisch und wird somit stark unterschieden vom Zusammensein in einer Masse. Für Arendt ist der Tisch u. a. das Symbol der verhinderten Masse. Zum zeitlichen Aspekt möchte ich Folgendes bemerken: Gegenstände wie der Tisch unterscheiden sich von der menschlichen Existenz durch ihre Dauer. Um noch einmal Arendt zu zitieren: „[D]ie Welt bietet dem Menschen JAKUB CAPEK eine Heimat in dem Maße, in dem sie menschliches Leben überdauert, ihm widersteht und als objektiv-gegenständlich gegenübertritt." (Arendt 2005, 16.) Ein Tisch ist ein Ding, das dazu taugt, die menschlichen Verhältnisse auf eine bestimmte Weise zu strukturieren. Es ist jedoch nichts mehr als ein Angebot oder - wie Arendt es nennt - eine Bedingung. Menschliche Beziehungen brauchen Stätten, an denen sie sich entfalten können. Die dauerhafte Existenz dieser Dinge ermöglicht es, dass ab und zu ephemere Begebenheiten wie ein Fest oder ein Gespräch an ihnen stattfinden. Doch das wirkliche Zusammensein ist ein Vollzug, der einen ganz anderen zeitlichen Charakter hat als die Dauer der Gegenstände, und daher kann er auch nicht durch diese gewährleistet sein. So ist etwa ein Festmahl, bei dem das Gespräch anhaltend stockt, ein misslingendes Zusammensein. Und ein Tisch, an dem verbissen geschwiegen wird, ist kein Symbol der Verbindung, sondern des Getrenntseins, das durch die räumliche Nähe nur umso stärker hervorsticht. Um etwas zu teilen, müssen wir als Individuen getrennt sein und wir dürfen diese Teilung nicht als eine im Vorhinein ausgemachte Sache 183 hinnehmen. Jede Teilung wie auch Trennung sind ein Vollzug oder Ereignis. Das bringt uns zur letzten angedeuteten Mehrdeutigkeit: Was heißt es genau, „etwas zu teilen"? Was heißt Teilen? Ich habe Finks Satz aus seiner Vorlesung Existenz und Coexistenz zitiert: „Solche [d. h. bedeutsame] Dinge sind es, in die wir uns teilen und teilend eine gemeinsame Welt und damit eine Gemeinschaft haben." In der Vorlesung Existenz und Coexistenz werden vor allem Dinge behandelt, die das Teilen eher unproblematisch darstellen, wie beispielsweise der Tisch, und Grundphänomene, die in einem unproblematischen Sinne allen gemeinsam sind, wie die Sterblichkeit und das Todesbewusstsein. Andere Grundphänomene, wie Herrschaft und Kampf, bleiben in der Vorlesung eher am Rande. Es mag zwar sein, dass wir auch diesen Grundphänomenen alle ausgesetzt sind und dass wir sie in einem gewissen Sinne teilen. Jedoch geht es hierbei um eine Teilung, die keine Einung schafft, sondern im Gegenteil im Phainomena 31 | 122-123 | 2022 Konflikt, der die Teilnehmenden gegeneinanderstellt, fortbesteht.12 „Teilung" ist nicht ohne weiteres mit „Einung" gleichzusetzen, wie Fink nahelegt (Fink 2018a, 132). Er kann seine Grundbehauptung - die Gemeinschaft bestehe im Teilen - nur unter Vernachlässigung gewisser Grundphänomene formulieren, die für ihn sonst von großer Bedeutung sind, beispielsweise in der Vorlesung Grundphänomene des menschlichen Daseins (Fink 1979). Auch wenn wir die Grundphänomene außer Acht lassen, die Streit, Konkurrenz oder Kampf implizieren, und wenn wir beim Tisch bleiben, scheint das Teilen mehrdeutig zu sein: Eine geteilte Freude am Fest kann als eine numerisch identische Erfahrung angesehen werden, die mehreren Subjekten zuteilwird.13 Ein geteilter Genuss an demselben Mahl ist jedoch eine getrennte Erfahrung, die bei mehreren Subjekten gleich oder ähnlich ist. Und eine Geschichte am Tisch zu teilen heißt, die Individualität der Erzählenden wie auch ihren Witz und ihre Beredsamkeit zu schätzen. Unterschiede wie diese scheinen in Finks Behauptung, jede Teilung sei „einend-stiftend", verloren zu gehen. Ich möchte abschließend zum Weltbegriff zurückkehren. „Wie jedes 184 Zwischen verbindet und trennt die Welt diejenigen, denen sie jeweils gemeinsam ist", sagt Hannah Arendt. Die Welt ist hier nicht die unbestimmte Weite, in der wir uns alle vorfinden, sondern das, was zwischen uns liegt, was uns verbindet und trennt, das heißt das, was nie von allen auf dieselbe Weise erfahren wird. Arendt meint natürlich nicht die kosmologische Welt, sondern die menschliche Welt. Die Frage ist jedoch: Brauchen wir, um Sozialität zu denken, wirklich den kosmologischen Weltbegriff? Und weiter: Selbst wenn wir die Gebundenheit der menschlichen Existenz an Dinge, oder - im politischen Bereich - an Institutionen betonen, ist nie gewährleistet, dass die Welt der Dinge und Institutionen diese trennende und 12 Allerdings muss die Tatsache, dass wir alle die Sterblichkeit teilen, nicht unbedingt eine Einheit stiften, vor allem nicht im Krieg. Aus der Tatsache, dass wir eine Dimension teilen, können folglich nicht Einigkeit oder Sozialität abgeleitet werden. Dasselbe gilt für die Erfahrung des Älterwerdens. Fink zufolge soll sie eine geteilte Dimension darstellen, die die Generationsunterschiede überbrückt (Fink 1978). Das ist erneut ein non sequitur: Aus der Tatsache, dass uns allen das Älterwerden gemeinsam ist, folgt nicht zwingend, dass wir einig sind. Oder allgemein formuliert: Die geteilte Ausgesetztheit führt nicht unbedingt zur Teilung der Ausgesetztheit. 13 Gemeint ist eine Erfahrung, die „jointly owned" ist, siehe J. Kruger 2013. JAKUB CAPEK verbindende Aufgabe erfüllt, dass es diese Welt als eine also tatsächlich gibt. Das, worin wir leben, ist höchstens das Angebot einer Welt, ein Angebot, das wir nutzen oder auch fallenlassen können. Finks kosmologischer Horizont der Sozialität ist in diesem Sinne trügerisch, da er zu der Sicherheit verführen kann, wir hätten eine Welt. Das ist jedoch nie gewiss; der kosmologische Weltbegriff kann demnach nicht als Garantie der Einheit der Welt, zumindest der sozialen Welt angenommen werden. Dasselbe kann man anhand von Begriffen wie dem des „Nichts" formulieren. Das nicht-qualifizierte Nichts - das Nichts als Gegenbegriff zu allem Bestimmten - legt die Vorstellung einer Quasi-Einheit nahe: Alles Vereinzelte ist von einem apeiron umgeben. Es gibt eine Welt. Selbst wenn diese Einheit nur via negationis erreicht wird, wie es bei Fink häufig der Fall ist, ist dadurch schon zu viel gesagt. Es impliziert nicht nur eine De-humanisierung des Nichts (des konkreten Verlustes), sondern ist auch eine illegitime Abkürzung zur sozialen Einheit der Welt, eine Art kosmologisch begründeten Optimismus. Ich denke jedenfalls, man sollte die Möglichkeit offenlassen, dass es eine derartige Einheit nicht gibt. Oder, um mir einen Satz von Derrida zu borgen: Wir sollten die Möglichkeit ernst nehmen, „dass die 185 Welt eines jeden Menschen nicht teilbar ist und dass es niemals ,dieselbe Welt' geben wird".14 Auf diese Weise können wir, glaube ich, dem ungesicherten Charakter des Zusammenlebens eher gerecht werden. Bibliographie | Bibliografija Arendt, Hannah. 2005. Vita activa oder vom tätigen Leben. 3. Aufl. München: Piper. Čapek, Jakub, und Tereza Matejčova. 2021. „Intersubjectivity and Sociality." In The Routledge Handbook of Phenomenology and Phenomenological Philosophy, hrsg. von Daniele de Santis, Burt C. Hopkins und Claudio Mojolino, 259-270. London/New York: Routledge. Derrida, Jacques. 1998. Le toucher. Jean-Luc Nancy. Paris: Galilée. 14 „[...] que le monde de chacun est intradusible et qu'au fond il n'y aura jamais de ,même monde'." (Derrida 1998, 220.) Phainomena 31 | 122-123 | 2022 Fink, Eugen. 1978. Grundfragen der systematischen Pädagogik. Freiburg: Rombach. ---. 1979. 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