Oesterreichisches Frühlings-Album 1854. ? Qi 'S i «.) HM MMN WHW WUMM Oestemichisches Frühlings-All« um lM. H e r a u S g e e be il von Heliodor Trnska. -- Wien. ro u h e l m R k a u II> ü l! t! I' , k. k. Hvfbuchhändler. 4877b Mitr e d i g irl von Karl Adam Saltenbrunner. Zur Feier der allerhöchsten Vermiilung Seiner kaiserlichen königlichen apostolischen Majestät des Kaisers Franz Josephi. mit Ihrer königlichen Hoheit der durchlauchtigsten Prinzessin Esisabelh, Herzogin in Daiern, zu Wien am 24. April 1854. >^eid uns gegrüßt, wie wir den Lenz begrüßen, Die milde, laue nach der rauhen Zeit! Die Veilchen blühn, die Himmelsglöcklein sprießen, Und prangt die Erd' im grünen Feierkleid: O seht den Teppich, den zu Euren Füßen Sie breitet, dicht mit bunter Pracht bestreut, Und fromme Wünsche wie Libellen jagen Im frohen Drang um Euren Siegeswagen! Erneuert scheint die Zeit der Nibelungen: Ein Fürstenzug, von Glanz und Pracht verklart. Wallt in das Land, wo stets Gesang erklungen Und heimisch war die Leier bei dem Schwert: Drum bringen wir Euch Licdeshuldigungeu, Das Heil verkündend, das uns widerfährt, Und nicht in einer Sprache nur, iu allen, Die in des Reiches weitem Raum erschallen! Wer auch begeistert tritt in Eure Bahnen, Bringt nur sein Herz und seine Wünsche dar, Der Burggraf vor dem Schlosse seiner Ahnen, Der fromme Priester, nahend vom Altar, Die einzle Stadt mit Glocken und mit Fahnen, Vorauf der Kindlein lenzgeschmückte Schaar: Wir aber huld'gen auch in Jener Namen, Die nicht zum Fest des Kaiserzuges kamen! Wir grüßen Euch von jenen Millionen, Die an der Heimat engen Heerd gebannt, Im fernen Bergland an der Elbe wohnen Und an des Jsters heerdenreichem Strand; Als ihre Boten stehn wir vor den Thronen, Zu zwei erbaut nach Eurem Eheband, Und schmücken sie mit Kränzen, deren Weihe: Der nahen und der fernen Völker Treue! Geh auf denn, doppelt Sternbild, ob den Reichen, Gnadströmend, so wie Blüthen strömt der Mai, Und leuchte herrlich, daß nicht deines Gleichen Am weiten Himmel der Geschichte sei! Und nimmer soll dein Strahlenglanz erbleichen — Nur schöner leuchten, zog ein Sturm vorbei, Und ew'ge Wahrheit wird die Sage werden: „Daß Oestreich's Glück das dauerndste auf Erden!" Mm 1854, Volkshymne. >Nott erhalte, Gott beschütze Unfern Kaiser, unser Land! Mächtig durch des Glaubens Stütze Führ' Er uns mit weiser Hand! Laßt uns seiner Väter Krone Schirmen wider jeden Feind: Innig bleibt mit Habsburgs Throne Oesterreichs Geschick vereint. Fromm und bieder, wahr und offen Laßt für Recht und Pflicht uns steh'n. Laßt, wenn's gilt, mit frohem Hoffen Muthvoll in den Kampf uns geh'n! Eingedenk der Lorbeerreiser, Die das Heer so oft sich wand, — Gut und Blut für unfern Kaiser, Gut und Blut für's Vaterland! Was des Bürgers Fleiß geschaffen, Schütze treu des Kriegers Kraft; Mit des Geistes heit'ren Waffen Siege Kunst und Wissenschaft! Segen sei dem Land b.schieden, Und sein Ruhm dem Segen gleich: Gottes Sonne strahl' in Frieden Auf ein glücklich Oesterreich! Laßt uns fest zusammenhalten: In der Eintracht liegt die Macht; Mit vereinter Kräfte Walten Wird das Schwerste leicht vollbracht. Laßt uns Eins durch Brüderbande Gleichem Ziel entgegengeh'n; Heil dem Kaiser, Heil dem Lande: Oesterreich wird ewig steh'n! * An des Kaisers Seite waltet, Ihm verwandt durch Stamm und Sinn, Reich an Reiz, der nie veraltet. Unsre holde Kaiserin. Was als Glück zu höchst gepriesen, Ström' ans Sie der Himmel aus: Heil Franz Joseph, Heil Elisen, Segen Habsburgs ganzem Haus! . r ds/ . H d) > 5^ :< ' ! -'k -'--r-fj-Fj f ' . .':tt ' .'/'- ^er Lenz, von Gotte? Hand das Prachtgebilde, Bedeckt und schmückt das Land mit reichster Zier; Es senkte sich auf Oesterreich's Gefilde Der Frühling Achtzehnhundert Fünfzig Vier; Und dieser Lenz, in seiner Lust und Milde, Versammelte die treuen Sänger hier; Es lautet ja die alte Wappensage: Daß Oesterreich im Schilde Lerchen trage. Die Dichter, „Oestreichs Lerchen", bringen Lieder Und grüßen froh die bräutlich schöne Zeit, Im Namen ihres Volks, das treu und bieder Franz Joseph zuruft: „Heil! der Herrscher freit! Am Throne leg' ich diese Blüthen nieder. Der Frühling hat der Liebe sie geweiht! Die Freuden meines Kaisers will ich theilen. Den Festgruß künden hin auf tausend Meilen!" So freue dich, mein Volk, mit deinem Kaiser, Der ritterlich für seine Krone focbt, A» Jahren jung, im Handeln schon ein Weiser, Mit starker Hand das Unheil unterjocht, Der jetzt in seine frischen Lorbeerrciser Beglückend und beglückt, die Myrthe flocht Ans! Vaterland! und Millionen Flammen — Zum Jubel-Opfer schlagen sie zusammen! Glorreicher Ahnen ruhmbedeckter Sprosse, Mit Hellem Geist, den Arm von Kraft gestählt. Erglühend für das Gute und das Große — O sei Ihm reich der Segen zugezählt! In Wittelsbach's erhab'nem Königsschlosse Hat frei und rasch Sein liebend Herz gewählt; O daß Sein Glück im innersten Gemüthe Die Laterhand des Ewigen behüte! Sie ist nun Dein, des Herzens schöne Rose, Elisabeth, die Deine Krone schmückt. Der Du vertraut des Lebens beil'ge Lose, Weil Sie in tiefster Seele Dich beglückt! Die höchste, innigste der Freuden kose Euch noch in Tagen, fern hinausgerückt! O sei, von Himmeln weit begränzt, das Leben Franz Joseph und Elisabeth gegeben! — Die Sänger aber all', die ihre Spenden Als Kränze wanden um den Traualtar, Sie brachten es mit festverschlung'nen Händen Als Gaben ihrer Lieb' und Treue dar; Der Liederfrühling wird Dir niemals enden, Du hohes, allgefeiert Kaiserpaar! Aus Eucrm Blick ein Sonnenstrahl der Güte — Und rosig treibt der Dichtkunst schöne Blütbe! Wien, Karl Adam Kaltenbrnnner. ll ^ei uns gegrüßt, Elisabeth! Du holdes Bild der Gnaden, Willkommen, lieber, lieber Gast, Den Gott zu uns geladen — Sei uns gegrüßt, Elisabeth! Du Rosenwunder Oesterreichs, Den Lenz im trauten Bunde, O nahe, nahe raschen Schritt's; Du Oestreichs gute Stunde — Sei uns gegrüßt, Elisabeth! „Herzinn'gen Gruß, Du süße Braut, „Du meine zweite Krone!" So ruft des edlen Kaisers Mund Dir zu im Liebestone — „Sei mir gegrüßt, Elisabeth!" „O komm' an's warme Elternherz, „Sei Alles unserm Kinde, „Auf daß — bricht auch der Eltern Äug' — „Er uns in Dir einst finde — „Sei uns gegrüßt, Elisabeth!" III Nur durch der Kirche Gnadenthor Nahst Du dem Reich' des Glückes, Drum schirme sie, Du frommes Kind, Im Wechsel des Geschickes, Sie grüßet Dich, Elisabeth! Sieh, wie die Kunst, die ewig juug, Dir Geist und Herz beschwinget, Mit feuriger Begeisterung Um Deine Liebe ringet: Sei hoch gegrüßt, Elisabeth! lind Oestreichs Stimmen der Natur: Bom Firn, wo Gemsen Hansen, Aus Fluß und Meer, durch Wald und Flur Hörst Du es rauschen, brausen: Sei uns gegrüßt, Elisabeth! Bei Oestreichs Böltern stark und treu Bon allen, allen Zungen, Ist Dir aus tiefstem Herzensgrund Der schönste Nus erklungen: Sei uns gegrüßt, Elisabeth! Men, Johann Freiherr von Paümauu. Frühüngshymne. Frühling quillt vom Himmel nieder Auf das weite Kaiserreich, Lerchen schmettern ihre Lieder Voll und kräftig, froh und weich. Sei gegrüßt, o Sonne, im Lenze! Bist dem Herzen des Kaisers hold; Du gesellest Blumenkränze Zu der schimmernden Krone von Gold. Jede Perle auf der Krone Wird zu einem Freudenthau! Liebe schnf's; d'rum Liebe wohne Allerwärts in Oest'reichs Gau. O! Es fällt ihr Strahl belebend Auf das weite Vaterland, Hoffnungsgrüne Ranken webend Als ein treugeschlung'nes Band. Juble Oest'reich! Bete! Singe! Blühe für das Kaiserpaar! Hebt nicht kräft'ger seine Sckwinge In der Frühlingsiuft der Aar? AaMtz in Böhmen. Karl Victor Hansgirg. ^er Frühling ist in's Land gekommen Mit seiner süßen Zaubermacht, Und neues Leben ist erwacht, Und neue Blüthen sind entglommen. Das ist ein Klang, ein Liedersegen! In allen Herzen wird es laut, Es zieht die Welt der holden Braut Im weißen Blüthenschmuck entgegen. Die Jugend ist in's Land gekommen, Die wunderholde Feenmaid, Hat alles alte Herzensleid Mit leichtem Finger fortgenommen. Und jedes Herz mit raschern Schlägen Und jedes Auge, mild bethaut, Begrüßt die jugendliche Braut, Verjünget sich durch ihren Segen. Die Liebe ist in's Land gekommen, Die Tochter Gottes klar und rein, Im Siegesjubel zieht sie ein, Hat alle Seelen eingenommen. Heil, dreimal Heil der seltnen Stunde, Wo des erhab'nen Herrschers Hand Aus Liebe sich der Braut verband. Und dreimal Heil dem hohen Bunde! Der Segen ist in's Land gekommen, Er folgt der Liebe immer treu; Du, Habsburg's Baum, erblühe neu. Dick hat der Herr in Schutz genommen! Kein Sturm wird Deine Krone rühren, Groß wirst Du sein durch Lieb' und Treu': „Du glücklich Oest'reich, lieb' und frei' — „Wenn Andre blut'ge Kriege führen!" Men. S. H. Mosenthal. VIII Zchllm Lrck von MfiH. Die Ehen zwischen den Herrscherhäusern Oesterreich und Baiern. Unter allen europäischen Herrscherhäusern finden sich keine, die so häufig in eheliche Verbindung getreten sind, als die beiden Regenten- Familien Oesterreich's und Baiern's. Die Verbindungen sind seit 580 Jahren so zahlreich, die Verhältnisse so innig, daß mau die vorüber¬ gehenden Zwiste, die zwischen diesen beiden Häusern statt hatten, beinahe wie ein Familien-Unglück betrachten muß, worauf dann nur immer eine engere Verbindung erfolgte. Bei der nun bevorstehenden Vermählung Seiner Majestät des Kaisers von Oesterreich mit Prinzessin Elisabeth, Herzogin in Baiern, ist ein Rückblick auf die früher geschlos¬ senen Ehen zwischen diesen beiden Herrscherhäusern wohl nicht ohne Interesse. Bis jetzt sind zweiundzwanzig solcher Ehen eingegangen worden, und zwar haben eilf österreichische Prinzessinnen nach Baiern, und eben so viel baierische Prinzessinnen nach Oesterreich geheirathet. Betrachten wir zuerst die Reihenfolge der österreichischen Prin¬ zessinnen, die nach Baiern geheirathet haben. Ihre 'Reihe beginnt schon unter 'Rudolf dem Habsburger, dem Gründer des Hauses Oesterreich. t) Mechtilde, Tochter des Kaisers 'Rudolf, wurde vermählt mit Ludwig dem Strengen, Kurfürsten von der Pfalz, im Jahre 1273, 2) Katharina, eine andere Tochter Kaiser Rudolfs, wurde ver¬ mählt mit Herzog Otto von Baiern im Jahre 1278. Es ist derselbe Otto, der im Jahre 1305 von den Magyaren zum König von Ungarn gewählt wurde; Katharina aber batte dies nicht erlebt. 3) Margaretha, Tochter Herzog Albreckt's lV. von Oesterreich, wurde 1412 die Gemahlin Herzog Hcinrich's des Reichen von Baiern. 4) Knnignndc, Tochter Kaiser Friedrich s IV., vermählte sich im Jahre 1487 mit Herzog Albrecht IV. von Baiern. Die Ehe wurde vermittelt durch den nachmaligen Kaiser Maximilian I., Friedrich s einzigen Sohn. Die Spannung, tue damals zwischen dem Kaiser und dem Herzog von Baiern bestand, wurde durch Maximilian's und Kunigundens ver¬ einte Bemühungen ausgeglichen. 5) Maria Anna, Tochter Kaiser Ferdinand s I., wurde 1546 mit Albrecht V., Herzog von Baiern, vermählt. 6) Maria Anna, Tochter Kaiser Ferdinand s II., zweite Gemahlin Maximilian's I., vermählt 1635, gestorben 1665. 7) Maria Anna Josepha, Tochter Ferdinand s III., vermählt mit Johann Wilhelm, Herzog von Psalz-Neuburg, >678. Johann Wilhelm wurde nachmals Kurfürst. 8) Maria Antonia, Tochter Kaiser Leopold's I. Ihr Gemahl war der ritterliche Kurfürst Max Emanuel, der Eroberer von Belgrad; die Bermählung sand 1685 statt. Maria Antonia s Mutter war die spanische Prinzessin Margaretha Theresia. Der einzige Sohn Max Emanuel's und Maria Antonias hatte bei dem nahe bevorstehenden Verlöschen der spanischen Habs- 2 burger die Aussicht auf die größte Erbschaft der Welt; denn ihm hätten nach dem Erlöschen der spanischen Habsburger Spanien, Neapel, Sicilicn, Mailand, die Niederlande und alle spanischen Besitzungen in Amerika und Asien gehört, aber Gott rief den siebenjährigen Prinzen von der Welt ab, als der König von Spanien Karl noch lebte. 9) Maria Amalia, Tochter Kaiser Joseph's l., wurde vermählt mit dem Kurfürsten Karl Albrecht, nachherigem Kaiser Karl VII., 1722. Die pragmatische Sanktion Karl's VI. hatte festgesetzt, daß im Fall des Er¬ löschens seiner männlichen und weiblichen Nachkommenschaft das Erbe auf die Descendenten seiner beiden Nichten, der Kurfürstinnen von Baiern und Sachsen, überzugehen habe. 10) Maria Leopoldina, Tochter des Erzherzogs Ferdinand von Este, heirathete den Kurfürsten Karl Theodor von Pfalz-Baiern-Sulzbach im Jahre 1795. 11) Auguste, Tochter Lcopold's II., vermählt mit Prinz Luitpold, Sohn König Ludwig's von Baiern, 1844. Nach Oesterreich wurden bis jetzt vermählt, und zwar: 1) Elisabeth, Tochter Herzog Stephan's von Baiern, mit Otto dem Fröhlichen im Jahre 1334; aus dieser Ehe entsprossen zwei Söhne, die aber im jugendlichen Alter starben. 2) Johanna, Tochter Albrecht's I. von Baiern, mit Albrecht IV. Herzog von Oesterreich, 1396. Ihr Sobn war der nachherige Kaiser- Albrecht II., unter dessen Herrschaft Böhmen zum zweitenmal, Ungarn zum erstenmal an das Haus Oesterreich kam. 3) Elisabeth, Tochter Kaiser Rupert's, vermählt mit Herzog Friedrich mit der leeren Tasche, 1406. Die Chronik sagt von ihr: „eine schöne bleiche Frau." Als Friedrich durch Kaiser Sigismund in die Acht erklärt wurde, hielt sie im Unglück standhaft bei ihm aus. In ihrem Sohn Sigismund erlosch die tyrolische Linie des Hauses Oesterreich. 4) Maria, Tochter Albrecht s V., Gemahl Erzherzog Karl von Steier¬ mark, Vermählung 1570. Karl's Vater, Ferdinand I., hatte die österrei¬ chischen Erblande unter seine drei Söhne getheilt; so war Steiermark an Erzherzog Karl gekommen. Seine Gemahlin Maria war eine eben so geistreiche als fromme, eben so kluge als standhafte Frau. Sie ist die Stamm-Mutter aller nachfolgenden Habsburger. Wer ausführlich über das mannigfache Wirken dieser höchst merkwürdigen Frau unter¬ richtet sein will, findet in Hnrter's Geschichte Ferdinand's II. Alles, was bis seht über dieselbe bekannt ist. 5) Maria Anna, Tochter Herzogs Wilhelm von Baiern, Gemahlin Kaiser Ferdinand's II., Vermählung 1600. Der Kaiser war der Sohn des in Nr. 4 erwähnten Erzherzogs Karl und Maria's von Baiern. 6) Eleonora Magdalena Theresia, Tochter Herzogs Wilhelm von Pfalz-Neuburg, dritte Gemahlin Kaiser Leopold's I., vermählt 1676. Eine überaus fromme, christlich-edelmüthige Frau. Als sie erfuhr, daß ihr Beichtvater einen Aufsatz über ihre Tugenden geschrieben hatte, ließ sie sich diesen Aufsatz geben und warf ihn in's Feuer. Wissenschaftlich gebildet, schrieb sie auch ein Andachtsbuch, welches gedruckt wurde. Sie war aber nicht nur fromm, sondern auch politisch thätig. Da der Kaiser nichts Französisches lesen wollte, verfaßte sie Auszüge aus französischen Staatsschriften, wenn sie glaubte, daß ihm die Kenntniß derselben nöthig sei. Sie überlebte den Kaiser und auch ihren erstgebornen Sohn Kaiser Joseph I. Bei dem unvermutheten Tode des Letzteren übernahm sie die Zügel der Negierung, und führte sie unter verwickelten Verhältnissen mit Umsicht und Kraft, bis zur Ankunft ihres zweiten Sohnes Karl's VI., der damals m Spanien war. Ihr gebührt der Ruhm, die Rakoczische Rebellion durch den Szathmarer Frieden geschlossen zu haben. 4 7) Maria Josepha, Tochter Kaiser Karl's VII., vermählt mit Kaiser Joseph II., 1765. 8) Maria Karolina Augusta, Tochter Maximilian's l.. Königs von Baiern, vermählt mit Franz I., Kaiser von Oesterreich, 1816. 9) Sophia, Tochter Maximilian's l., Königs von Baiern, vermählt mit Erzherzog Franz Karl, 1824. 10) Adelgunde, Tochter König Ludwig s von Baiern, vermählt mit Erzherzog Franz Ferdinand, Herzog von Modena, 1842. 11) Hildegarde, Tochter König Ludwig's von Baiern, vermählt mit Erzherzog Albrecht, 1844. Die nächst bevorstehende Verbindung Sr. Majestät des Kaisers Franz Joseph mit der durchlauchtigsten Prinzessin Elisabeth wird, wie schon gesagt, die dreiundzwanzigste Ehe sein zwischen den Häusern Oesterreich und Wittelsbach. Nur der Vollständigkeit wegen erwähnen wir noch, daß aucb zwischen den spanischen Habsburgern und dem bairischen Regentenhause eine eheliche Verbindung stattgefunden hat. Maria Anna, Tochter Herzogs Wilhelm von Pfalz-Neuburg, wurde mit Karl II., König von Spanien, im Jahre 1690 vermählt; sie war die Schwester der Nr. 6 erwähnten Prinzessin Eleonora, Gemahlin Leopold's I. Die Ehe blieb kinderlos. Es würde ein, an häuslichen und RegententugMden reiches Buck geben, wenn ein österreichischer oder bairischer Geschichtsforscher dse Bio¬ graphien dieser Fürstinnen schreiben würde. .München, im Jänner 1854. s Illtzwn Lllbriel Seidl. Die Brautwerbung. <588 — 589 l>. Lhr., Es war zur Zeit des Herbstes da kam zu Garibald, Dem Bojoarenherzog, ein reisiger Zug gewallt; Koran ein junger Ritter, so schlank, so schön, so kühn, Auf seinen Wangen die Rosen des Heldenthumes blühn. „Was ist" — so schallts ihm entgegen, — „o Jüngling, dein Begebr?" „Führt mich zu Euerm Herzog, nach ihm verlangt mich sehr." Der Herzog heißt ihn willkommen, der Ritter beugt sein Knie: „Mich schickt ein mächtiger König, der beugt sich vor Andern nie „Er beugt sich aber, o Herzog, vor Dir, der Du Vater bist, „Er beugt sich vor Deiner Tochter, die hold und lieblich ist, „Er beugt vor Theodolinde» sein Knie und bittet Dich, „Du mögst sie zur Braut ihm geben, — als Werber schickt er mich!" Der Bojoarenherzog ist dessen hoch erfreute „Wie heißt der «nächtige König, der solchen Gruß nur bent?" „Der König, der mich solches von Dir erbitten hieß, „Ist Fürst der Langobarden, sein Nenn' ist —- Autharis!" Da hieß der Herzog nahen sein lieblich Töchterlein, Das stand gar süß erschrocken, nie mocht cs schöner sein; Sie hatte sechzehn Lenze, an Freud und Unschuld reich. Jetzt blühten die Rosen von allen auf ihren Wangen zugleich. Die klaren, klugen Augen schlug sie zum Vater empor, Ein Zug von Schalkheit blitzte durch tiefen Ernst hervor, Die Locken in glatten Streifen umrahmten das Antlitz ihr, Und daß sie ohne Zierde, war ihre schönste Zier. Bescheidentlich beugt der Bote sein Knie vor ihrem Reiz: „Weß sich mein Herr darf rühmen, vernehmt Ihr allerseits. „An Jahren und an Zügen, so geht die Sag im Reich, „Bin ich, allhier sein Diener, ihm wie ein Bruder gleich. „Sein Muth ist groß und männlich, unbeugsam sein Entschluß, „Will er, was recht, vollenden, biegts nicht, so brichts, — es muß. „Er spaltet mit einem Axthieb die stärkste Eich entzwei, „Das thut im ganzen Lande kein Zweiter, ich sag es frei!" — So spricht der Bote mit Feuer, laut seine Rede schallt, Es klirrt der blanke Panzer um seine hohe Gestalt; Theodolinde die Augen am Boden haften ließ, Sie dachte sich -im Stillen: „Ach wär er — Autharis!" — Mit herzoglichem Geleite der Troß dann heimwärts zog, Sie führten Geschenke von hinnen, gar schwer manch eines wog. In stiller Frende trugen sie heim das errungnc Glück, Oft blickte, sinnenden Auges, der junge Führer zurück. — Schon waren sie gekommen, wo deutsch und wälsches Land Sich unter grünen Reben nachbarlich reicht die Hand; Da standen sieben Eichen nicht ferne von Terlan^), Dort hielt zum Scheidetrunke der Zug noch einmal an. Es floß des weißen Terlaners gar mancher Tropfe dort. Es scholl aufs Wohl des Brautpaars so manch ein innig Wort, Es ward znm Scherz gerungen und mancher Streich geführt. Und manches Lied gesungen und manche Saite gerührt. Da sprang mit eins der Führer empor von seinem Sitz, Da schwang er weit ausholend die Axt wie einen Blitz, Und führt' in eine der Eichen solch einen kräftigen Hieb, Daß sie, die stärkste von sieben, am längsten ganz verblieb. Das war dem Troß ein Zeichen, des Schweigens Siegel brach: „Heil Autharis, unserm König! Das thut kein Zweiter ihm nach!" „Heil Antharis, dem König!" erwiederte ihm das Geleit, „Nie hat ein besserer Werber um schönere Braut gefreit!" — Und als der Mai^) gekommen, da kam die Braut mit ihm, Nie knospeten Blüten und Blumen mit solchem Ungestüm; Durch Alpen und durch Wälder, wohin den Weg sie nahm, Gieng vor ihr her ein Wehen und Duften wundersam. — Die sieben Eichen aber benannten jenen Ort, Wo Autharis sich verrathen, durch manch Jahrhundert fort; Gar treue Mannen schrieben darnach ihr Stammgeschlecht I, Das waren wackere Degen, Tiroler tren und echt, Hatt' einer davon den Kaiser vorm Meuchterstahl bewahrt, Das ist — Gott mach' eS unnütz! — noch mancher Wackern Art! Gott gebe lieber den Segen jetzt und in aller Zeit, So oft ein Lombardenkönig in Bojoarien freit! Wien. ') Im Herbste 588 n, Chr, ') Die Gegend um Terlan und Siebcneich im jetzigen Botzener Kreise Tiross ist wegen ihres Weines, namentlich des weißen, berühmt. Am l5, Mai 589 fand zu Sarno bei Verona die Vermählung statt, ->) Siebencich war im 12. Jahrhundert die Heimat treuer Dienstmanncn von Tirol, von denen Hartmann der Siebenetcher den Kaiser Friedrich Barba¬ rossa zn Susa vor Meuchelmördern rettete, Vgl, Tirol, Samml, Bd, V, 19. Das kaiserliche Brautpaar. ^Zung, heldenhaft, ein edler Sproß Vom herrlichen Cäsarenstamme, Im Busen der Begeistrung Flamme Für Alles, was da schön und groß, Der Völker Hort, die mit Vertrauen Empor zu seinem Throne schauen, So zeigt dem Blick sich wonnesam Der kaiserliche Bräutigam. Und lieblich wie ein Maientag, Geschmückt mit aller Reize Blütke, Anmuth in Zügen und Gemüthe Und Güte jeder Hcrzensschlag, Ein Rosenknöspchen hold erschlossen, Ein Engelsköpfchen lichtumflossen. So grüßt die holde Kaiserbraut Der Nachbarvölker Jnbellaut. O gottgesegnet schönes Paar, Was Größ' und Seligkeit hienieden, Es ist zur Zierde ihm beschieden Und leuchtet ihm am Brautaltar: Ein Schmuck dem höchsten deutschen Throne, Im Glanz der alten Kaiserkrone, Die stolze Pracht der Majestät Durch eignen Tugendwerth erhöht. Und Liebe ist das goldne Band, Das die Erhabenen verbindet, Liebe, die Herzen rasch entzündet Und Rosen zaubert rings im Land; Sie steigt, ein lichter Götterbote, Herab im sanften Morgenrothe, Und strahlet ihren Wiederschein In alle Gaue weit hinein. Dm'mkadt. Hqmich Mii Schicheim. Das Brautgeschenk. Es kniet das hohe Kaiserpaar, Des Höchsten Segen zu empfangen Durch Priesters Hand, vor dem Altar, Die Herzen voll von süßem Bangen. Die Krone glänzt auf seinem Haupt, Die er ererbt und auch errungen; Einfache Mirthe, grün belaubt, Hält ihre Stirne sanft umschlungen. Die heil'ge Handlung ist vorbei, Vereint für Lust und Weh und Schmerzen Das Kaiserpaar: — ein Jubelschrei Tönt aus Millionen treuen Herzen. iS Den Ruf des Volkes, treu und wahr, Verstand die Braut mit tiefem Sinnen; Denn aus dem schönen Augenpaar Sieht man zwei große Thränen rinnen. Ein frommer Engel schwebt sogleich Herab aus himmlischem Gefilde, Küßt von den Augenwimpern weich Die ersten Perlen reiner Milde; Und trägt sie sort von Land zu Land, Und läßt sie üb'rall niederthauen, So daß das Reich voll Rosen stand, Voll Rosen: Liebe und Vertrauen. „In Oestreich lebt der alte Sinn, „Geheilt schloß sich die letzte Wun Der Engel bringt der Kaiserin Als Brautgeschenk die frohe Kunde. Lriug um Schiilm. Verjüngtes Leben. 6s schwebet in ewiger Wonne Der Schönheit Licht, Als leuchtende Gnadensonne Um Gottes Angesicht. Und ihre glühenden Strahlen: Wahrheit, Liebe und Rech Streben zur Erde nieder. Zu hcil'gen ihr Geschlecht. Aber der Dünste Heer Entsteigt des Abgrunds Nacht, Und hüllet dumpf und schwer In Dunkel die Erde ein, Und wehrt des Himmels Schein, Und hemmt der Segnung Macht. Die arme Menschenschaar Irret umher, Bang und beschränkt. Strauchelt und fallt, Tastend, zum Boden den Blick gesenkt; Oder des Schlafes Bande, Bleiern kalt, Halten sie fest, Von Fieberträumen Das heiße, zagende Herz gepreßt. Da gleitet durch's Dunkel Der Genius daher Mit leuchtender Schwinge, Des Mondes silbern Gefäß Tragend auf rosiger Hand, Und tränst einem Schläfer, Dem auf die Stirne, Dem auf die Brust, Lächelnd den seligen Thau. Und die Geweihten fahren empor. Und preisen und singen In himmlischen Tönen, In freudigen Worten, In prangenden Bildern Der Schönheit Reich, Seht, wie sie singen, Seht, wie sie bilden, Hebt sich die Decke des Nebels, Es dämmert verjüngend der Tag. Lauschend aber und staunend, Süß von Ahnung dnrchbebt, Bon Trost und Hoffnung gefächelt, Sammelt der Hörer Chor Entzückt sich um die Entzückten. Chor der Männer: Wie schwillt bei diesen Tönen mir das Herz! Der Muth erwacht, es stirbt der feige Schmerz; Zur Lust entflammt, zu Wagniß und Gefecht Verlangt die kühne Seele Glück und Recht. Chor der Frauen: Wie schmeichelst du der Seele, holder Klang! Mein Sinn ergibt sich gern dem süßen Drang; Der Himmel blüht, die Erd' in neuer Lust, Und Liebe glüht in wonnentzückter Brust. Chor der Greise: Der Töne Macht lenkt in die eigne Brust Den Forscherblick, er kehrt sich selbst bewußt. Durchdringend das Geheimniß der Natur, Und geht beglückt auf hoher Wahrheit Spur. in Und fort in ewigen Kreisen Schreitet die Regung, die That. Die Hohen lasset uns preisen. Denen weihend der Genius genaht: Die Edlen, die Starken, die Weisen, Die gestreuet die heilige Saad Und folgen laßt uns dem Triebe, Den ihr Schaffen in uns beschwingt, Daß die grausige Nacht zerstiebe, Die nur die Begeist'rung bezwingt, Bis durch Wahrheit, durch Recht und Liebe Sich die Schönheit auf Erden verjüngt! Uleimar. Wv Hom. Am Starnberger See. Ä)o ist, wo ist auf deutscher Erd', Ju allen unfern Gauen, Ein Fleck, so alles Preises Werth, Zu finden und zu schauen? Sei, grüner See! mit deinem Kranz Bon Bergen, Wäldern, Wiesen, Gleich schön im Sturmeswolkentanz, Als wie im Sonn'- und Mondenglanz, Bewundert und gepriesen! Wie viele Blumen farbenschön Im morgenfrischen Thaue, Erblüh'n auf deinen Bergeshöh'n, Und glüh'n auf deiner Ane! Wie ist dein Dnft so zauberhaft. Ein Segen deinem Lande: Wie manches Kraut, das heii'ge Kraft Verbirgt in Wurzel, Bliith' und Schaft, Entkeimt an deinem Rande! Viel Fahrer, die an deiner Flut Geweilt in sel'gen Stunden, Die haben auf den grünen Hut Sich einen Strauß gebunden! Von Rosen und von Edelweiß, Von wilder Anemone; Doch eine — aller Blumen Preis — Gepaart mit einem Myrtenreis, Schmückt eine Kaiserkrone! Trautenau in Rühmen, Mmiril Freiherr vm Budeilkelh. (Eduard 5jfefius.) O c st errclch ' s Wünsche. (Zur MklodU drr Polkshymi».> ^ott erhalt' Ihn, unfern Kaiser, Unfern themen Joseph-Franz! Stark und fromm, ein Held und Weiser, Strahlt Er uns in Jugendglanz. Liebe flicht die Myrthenreiser Ihm in Seinen Lorberkranz. Segne Gott Ihn, unfern Kaiser, Unfern theuern Joseph-Franz! Gegen finstre Höllenmächte Trat Er auf mit Gottesmacht, Schirmte siegreich Habsburgs Rechte, Kühn voraus in Kampf und Schlacht. Stark und fromm, war Er der Echte, Der mit Gott uns Heil gebracht: Mit Ihm ist im Volksgeflechte Oest'reichs Einheit neu erwacht. Seinem Werth zu Lohn und Segen, Ward die beste Braut ja Sein. Einfach trat Er Ihr entgegen, Einfach warb der Held: „Sei mein!" Heil erschließ' auf allen Wegen Solchem herzlichen Verein! Niederlächelt Gott: „Voll Segen Soll und wird solch Bündnis sein!" Heil dem hohen Herrscherpaare! Heil dem ganzen Kaiserhaus! Heil dem hehren Doppelaare, Schwungvoll über Schutt und Graus! Kniet, Millionen! am Altäre — Jubelt in die Welt hinaus: Stets in Einkraft, Gott, bewahre Joseph-Franz und Habsburgs Haus! j Lus Schlesien. Lerche uild Seele. im Schlummer ruht die Welt, Kaum erst graut der Morgen, Schon entschwingt sich die Lerche dem Feld, D'rin sie war geborgen. Wie du früh am Tagwerk bist, Arbeit ohne Beschwerde, Die ein ewiges Schweben ist Zwischen Himmel und Erde. Trillernd, jubelnd steigst du auf, Sachte sinkst du nieder, Und du endest den kühnen Lauf Immer am Boden wieder. Oben bist du dock nur ein Gast, Bist an den Grund gekettet, Wo du ein grünes Plätzchen hast, D'rin du dich weich gebettet. — Meine Seele, wie gleichest du Dieser Lerch' im Leben, Denn auch du mußt ohne Nnh' Auf und nieder schweben. Wenn auch sonnenwärts in Lust Oft du dich schwingest munter, Immer geschieht es, daß du mußt Wieder bald herunter. Lassen kannst du das Fliegen nicht, Hin, wo die Sterne winken, Reinere Luft und helleres Licht Mußt du zuweilen trinken. Doch bis an das höchste Ziel Nicht vermagst du zu dringen, Denn es hängt dir all' zu viel Jrd'scher Staub an den Schwingen. Zwischen Himmel und Erde so Bist du im steten Wundern, Bleibst des Einen selig froh. Und erfreust dich der Andern. Einst fällt aller Ballast von dir, Himmelan wirst du schweben, Aber hier genüge dir Dieses Lerchenleben. Prag. Ritter mn lemtzchlliA Hcrbstrosen. i. ^s war ein Glück zu taufen noch, Daß wir so bald geschieden, Ließ keines bei dem Andern doch Zurück den eig'nen Frieden. Auch waren wir an Jahren arm Und reich an jungen Freuden; Wir hatten ja noch, fremd dem Harm, Viel Scherze zu vergeuden. Auch wußten wir um manchen Sang, Der bis zu Thräncn rührte, Durch seinen zauberhaften Klang Das Menschenkind verführte. Das ist vorbei, wirst du's auch nie Dir zu gestehen wagen. Daß wir den Heiland Poesie Sehr früh ans Kreuz geschlagen. Mein duft'ges Lied liegt tief verweht Gleich Blumen unter'm Eise, Und wie ein reuiges Gebet Klingt deine trübe Weise, Und bricht sich auch zuweileu Bahn Ein Ton, ein kühner, achter, So wandelt's dich wie Weinen an, Und mich wie Hohngelächter, D'rum weil mein Herz begrüßt mit Spott, Was du noch pflegst zu segnen. So füg' es mild der liebe Gott, Daß wir uns nie begegnen! 2. Das Vöglein ist kein Freund der Rast, Fliegt rasch vom Zweig zum Zweige, Es weilt nicht lang' als froher Gast Auf laubgeflocht'nem Steige, Zwar wenn es eine Rose schaut. Ergießt es sich in Liedern, Zufrieden, wenn den Gruß sie traut In Düften will erwiedern. Nun hört man bald den süßen Schall Verheben und verklingen; Der kleine Nirgends-Ueberall Hat anderswo zu singen. Ach, d'rum vergißt er leichtbeschwingt Das Schöne wie das Schlimme, Doch durch der Rose Träume klingt Noch lang die holde Stimme. Uns traf ein gleicher Schicksalsspruch — Ich kam — o sel'ges Müssen! — Dich, meines Lebens Glück und Fluch, Mit Liedern zu begrüße». Uns traf ein umgekehrt Geschick — Mein Sang blieb bald verschollen, Es war ein flücht'ger Augenblick, Dann tauschten wir die Rollen. D'raus zogst du fort, weiß Gott wohin? Wozu dies auch ermessen! Ich kenne deinen leichten Sinn Und weiß, ich bin vergessen. 27 Kalt ließ dich ja der Scheidegang, Du Schöne, ach, du Schlimme; Durch meine Träume aber klang Noch jahrlang deine Stimme. 3. Uraltgewordner greiser Baum, Dein Leben geht zur Neige; Sprich, zieht zuweilen noch ein Traum Vom Lenz durch deine Zweige? Vorüber ist ja lang' die Zeit, Wo Blumen dich umspielten, Und rings die Pfade weit und breit Zu dir mit Düften dielten. Ach, spurlos schwand wie Wind und Schall Die Nacht, die auserwählte, Wo heimlich dir die Nachtigall Brautnächtiges erzählte. Geh' sterben, nicke mälig ein, Wie Tausend vor dir sanken; Zu albern für betagtes Sein Sind zärtliche Gedanken. So sag' ich dir, du aber meinst: „Was höhnst du meine Träume? „Für Menschen ist das Jetzt und Einst „Noch herber als für Bänme, „Schläft doch im Holz, und sei's auch alt, „Die Flamme noch, die rasche; „Doch wird das Herz des Menschen alt, „Was bleibt? - ein Häuflein Asche!" 4. Vorüber ist der Scheidegang, Wir trennten uns im Finden; Dir Aermsten war zum Sterben bang. Ich weinte zum Erblinden, Wir trafen uns zur Winterszeit, Und mochten's nicht verhehlen, Die Rosen seien tiefverschneit Schon längst in unfern Seelen, Ich schrieb manch zärtliches Gedicht, Es kam mir schnell abhanden; Dn hast's entwendet, aber nicht Den wahren Sinn verstanden. Ich habe oft von dir geträumt, Verstohlen, süßbeklommen; Du aber hast zu lang gesäumt, Bist viel zu spät gekommen. Auch war's umsonst, ich glaubte ja, Daß mich dein Herz verschmähe; Was in der Ferne sich so nah', Blieb fern d'rum in der Nähe. D'rauf schieden wir, ich blieb zurück, Verarmt im kalten Norden; Dir ist im Süd bei allem Glück Auch niemals warm geworden. Doch tröste dich und fasse Muth, Wir sind nur irrgegangen; Zum Ziele geht in Gottes Hut Tiesinniges Verlangen. Den rechten Weg, den wir verfehlt, Wird einst der Tod uns künden, Wie alle Ströme dieser Welt Jn's Meer, in's ew'ge, münden! Zchllim Nr! Rrmiil von Nmmthlil. An Ihre Majestät die Kaiserin Elisabeth. Orüklingsgedanke Des hehren Geschickes, Duftig blühender, Blühend für Oesterreich, Sei uns gegrüßt! Tausendmal Tausend Schöne Gedanken Blüh'n für des Vaterlands Gegenwart, Zukunft Mit Dir empor. Adel und Anmutb, Geist und Milde Schweben um Stirne, Augen und Lippen Dir, Erheben und tragen Deine Gestalt: Thauperlen auf Rosen Schmücken die schönste Der Blumen nicht schöner, Als der süße Himmelshauch, Der Dich umfließt! 0 schmieg' an Sein Herz Dich, Das liebereiche, Mit ganzem Herzen; Und bei Seinem Fluge Zur höchsten Höhe Irdischen Strebens Schmiege Dich, holde, Sanfte Taube, Unter die mächtigen Schwingen des Aars! Und vollendet Sich Sein gewaltiger Zug durch das stürmische, Blitzentsendende Donnergewölke Der Nothwendigkeit: Dann, o dann schwebe Als himmelentsandte Taube des Friedens, Der Sühne, der Liebe, Des Glaubens und Hoffens, Beglückend über Dein Oesterreich! Wien. Mim mm der Enim. Romanzen. Oesterreicherin. ^er Himmelssegen möge dich bethauen, Geliebtes Oesterreich, mein Heimatland! So wie die Nachtigall in deinen Anen, Bin ich gefesselt an den Donaustrand. Der fremde Wandrer baut sich auf dem Hügel Die Hütte gern, wo deine Traube reift, Wenn seine Schläfen unsers Adlers Flügel Mit einem milden Hauche hat gestreift. Ich aber bin an deiner Brust geboren, Bin eine Frucht, die deinem Stamm entwuchs, Zu mehren deinen Reiz, bin ich erkoren. Bin eine Seite deines Liederbuch's. 34 Ich lobe singend deine Aehrenfelder Und deiner Mühlen lauten Klapperklang, Den Frieden deiner wildbelebten Wälder Und ihrer Vögel schallenden Gesang. Ich lobe deine fetten Alpentriften, Das Thal, in dem der Eisenhammer Pocht, Und jeden lob' ich, der in deinen Klüften Den Fluß mit Wehr' und Schleußen unterjocht. Ich lobe deinen Jäger, in den Klippen Ermüdet ihn der Gemsen scheue Hast, Und deiner Sennerinnen frische Lippen, Die ihm versüßen abendliche Rast. Ich lobe deiner Weisen ernstes Denken, Die Schätze, die ihr Forschen uns beschied; Ich lobe alle, die das Steuer lenken, Die unsre Schifffahrt heitern durch ein Lied. Am frühen Morgen haucht mir eine Flöte Verliebte Töne ans dem hohen Korn, Und bei des Abends sanfter Rosenröthe Fleht aus dem Wald zu mir ein Jägerhorn. Zu allem Reiz kommt Liebe noch gezogen Mit Hörnerklängen, Flöten und Schalmei'n! Der holden Göttin soll mein Knie gebogen Und meine junge Seele offen sein. 35 3' 2. Taggcfprnft vor der Seismrburg. Bei Seißenburg im Walde Liegt noch der alte Stein, Dort sieht man weit in's Oesterreich, In's Oesterreich hinein. Noch trägt er tiefe Spuren Von einem zarten Fuß, Die hat kein Sturm noch weggefegt Und noch kein Regenguß. Hier stand das Fräulein täglich: „O Krieg — du Menschenqual! Wann kommt der Tag — wann klingt sein Horn In's Herz mir noch einmal?" So spähte sie und harrte, Sie hoffte Jahr um Jahr, Bis ganz die Spur von ihrem Fuß In Stein gegraben war. Er konnte heim nicht reiten, Er lag im Standquartier, Auf dem im Lenze Wachtelschlag, Im Sommer Sichelgeklirr. 26 — In Heller Mittagsstunde Steht sie noch auf dem Stein, Und schaut mit thränenvollem Äug' Jn's Oesterreich hinein. Sie ist von hohem Wüchse, Von köstlicher Gestalt, Von seidenen Gewändern und Von Goldgelock umwallt. 3. Wunder im Schnee. Hoch über Wiesen und Wäldern, In Schnee und Sturmgebraus, Steht auf der Bergesbalde Das alte Jägerhaus. Es dunkeln Thal und Höhen, Und durch der Winde Geschrill Vom Städtchen unten grüßet Das Abendläuten gar still. Die kleinen Scheiben klirren So fremd und wunderlich Sie spricht von ihrer Mutter: „Ich liebte sie — fast wie Dieb! „Sie starb - dann zog mein Bruder Nach Ungarn mit dem Heer Den haben sie erschossen. Und mir blieb Niemand mebr. „Dort steht das Spinnrad der Mutter, Ich nehm' es selten zur Hand, Und drüber hängt noch das Waldhorn Des Brnders still an der Wand, „Doch, Liebster, wenn Du bei mir bist O nenn's nicht Träumerei! — Daun ist's, als schnurre das Rädchen, Als säße die Mutter dabei, „Und wenn mein Herz an Deinem Vergißt des Lebens Weh', Dann ist's mir, als blase mein Bruder Sein Waldhorn schöner als je. „Oft hab' ich ihn selber vernommen, Des Rädchens schnurrenden Gang, Und unter dem Abendläuten Des Waldhorns sanften Gesang," Lieder der Liebe. 1. Sitte. Ich bat mit erhobenen Händen Die Wintermonde um Trost, Sic wollten mein Leiden nicht enden, Sind kalt vorübergetost. Jetzt kommst du, mit jubelnden Chören Von Nachtigallen herbei, Du wirst meine Bitten erhören, O Mai, du lieblicher Mai! Du trägst ja im Herzen die Liebe Nnd süßer Lieder Gewalt, Wer liebte, und sänge und bliebe Beim Ruf des Liebenden kalt?! Du wirst eine Bahn mir bereiten. Vom Schnee, dem feindlichen, frei, Und wirst zur Geliebte» mich leiten, O Mai, o lieblicher Mai! Doch sende, bevor ich sie schaue, Die holde Botin voraus, Entsende durch Lüfte, durch blaue, Die Nachtigall vor ihr Haus. Nie trugen willkommnere Töne Erwünschtere Kunde herbei: „Bald naht deinem Herzen, du Schöne, Sein Mai, sein lieblicher Mai." 2. Unr zu Gaste. Siehst du die arme Hütte, die dort einsam' Das schwarze Dach erhebt auf grünem Grunde! Mich würde dort im tiesen Wald, gemeinsam Mit dir, beglücken jede Lebensstunde. Es wechselten im Lauf der raschen Tage Schnee, Blüthenpracht und Frucht; uns aber bliebe, Ob Lenz, ob Winter seine Zelte schlage, Unwandelbar im stillen Haus die Liebe. Ich weiß es, schöner ist ein Schloß, das mächtig Mit blanken Kuppeln ragt aus alten Bäumen; Wo zwischen Forsten, wildbelebt und prächtig, Kaskaden durch die stillen Gärten schäumen. Ich weiß es, schöner wären hohe Hallen, In denen du auf goldnem Throne prangtest, Durch deren Pforten schon die Freuden wallen, EH' du im sanften Herzen sie verlangtest. — Zu deinem Lobe klängen meine Lieder, Beim vollen Klange goldner Harfensaiten — Inzwischen rauschte von den Thürmen nieder Jn's Festgebrause goldnes Abendläuten. — Doch ach! was soll der Traum vom Prachtpalaste, Vom Bleiben mir! — Ich wäre zu beneiden Allüberall mit dir — doch nur zu Gaste Bin ich bei dir, und — morgen muß ich scheiden. 3. Meine Wonne. . Des Schiffers Wonne ist ein frischer Wind, Der seine Segel schwellt auf blauer Flut; Des Gärtners Freude Maientage sind, Wo Blüthenschnee umflocket seinen Hut. Ich gönn' ihm gerne dieses Blumenleben, Und fröhlich segle jeder Schiffer zu; Was Jedem frommt, das dünkt ihm herrlich eben, Doch meine Wonne bist nur du! Des Jägers Wonne ist ein dunkler Hain, Wo er des Wildes stillen Gang belauscht; Des Voglers Lust ein lichter Feldesrain, Wo ihn der Wandervögel Flug umrauscht. Auch mir gefällt des Waidmanns stilles Treiben, So wie des Vogelfängers kluge Ruh; Doch ihren Wegen will ich ferne bleiben. Denn meine Wonne bist nur du! In seiner Zelle kniet der Mönch allein, Und betet laut, und ringt die Hände wnnd: „O rufe, Vater, aus des Lebens Pein Mich bald zu Dir in einer stillen Stund'!" Die Sterne sandten ihm, die draußen blinken. Von Himmelswonnen eine Kunde zu — Mein Haupt will nur an Deinen Busen sinken, Denn meine Wonne bist nur Du! 4. Scheidcabend. Das Glück Kat rasche Flügel — Sie winkte mit der Hand, Und hinter jenem Hügel Ihr Neisewagen schwand. So riß im Abendthane Das Band, das uns vereint, - - Es haben Feld und Aue Bei meinem Schmerz geweint. Es waren alle Tannen Und alle Aehren naß. Und von den Zweigen rannen Die Dropsen in das Gras. Die weißen Schwäne hoben Sich aus dem grünen See, Und tausend Thränen stoben Von ihres Fittigs Schnee. stratz. ! MMmt Stifter. Bk e n s chlich e s Gut. Es war einmal ein Mann, der Alles hatte, was das Herz des Menschen begehren kann. Die Himmlischen hatten ihn mit Jugend, Schönheit nnd Kraft des Körpers geziert, sie hatten die Größe des Geistes in sein Haupt gelegt, Gott hat ihm Macht und großen Reich- thum anvertraut, und ihm das Schicksal vieler Menschen in die Hände gegeben. Er leitete dieses Schicksal so, daß ihm die Liebe aller Herzen entgegen kam, und er verwendete den Reichthum zum Guten, daß der Dank vieltansendsältig zu ihm empor stieg. Da er die Liebe der Menschen hatte; da alles Bolk begeistert war und jubelte, wenn er sich zeigte; da im Wollen und Bollbringen die ebene spiegelnde Babn vor ihm lag; da die Dinge der Welt sich vor ihm anfthaten, und sich ihm Hingaben — da er Alles hatte, da das Glück in vollem Umfange sein war: gewann er doch noch Etwas, ein anscheinend Kleines — das einzige Herz eines Menschen; er gewann es so, daß das Herz keine Freude kannte, als die seine, daß es kein Glück für dasselbe gab, als das seine, daß es aufhörte selber zu bestehen, und fortan nur in ihm 4:1 bestand. Er gab sich auch dem Herzen so, daß dessen Glück sein eignes war, daß dessen Freude seine eigne war, daß er ihm Alles, Alles hätte geben mögen, um nur seine Schönheit und seine Güte zu belohnen. Da er dieses Herz in seine Wohnung eingeführt, da es abgeschlossen von den vielen tausend Menschen und Dingen dieser Welt mit ihm allein in dem Gemache war, welches für alle Zeit des Lebens ihr gemein¬ schaftliches sein sollte, da sagte der Mann: „Die Dinge der Welt, die Macht, die Neigung von tausend und tausend Herzen zu mir haben mir das Glück gegeben; dieses eine Herz, dieses einzige Herz gibt mir die Seligkeit." ttnz. Mn Hirmger. Der Wund erstranß. ^er König einst von Ostenland Frnh auf vom Daunenlager stand Und rief den Hof zur Stelle: „Ihr Mannen all und Frauen, fleht Mit mir im brünstigen Gebet, Ich geh zur Bergkapelle. Erkiesen will ich ein Gemahl Und hole Rath mir zu der Wahl An heil'gen Kirchleins Schwelle." Der König oben angelangt, Als noch der Thau am Grase hangt. Das Morgenglöcklein schallet. Und in des Glöckleins frommen Klang Mischt sich der Vögel Morgensang, Der auf zum Himmel hallet. Und ferne von des Thals Gewühl Ein betend wonnevoll Gefühl Durch reine Herzen wallet. Das Kirchlein raget alt und grau Ehrwürdig zu des Himmels Blau, Ein Denkmal gläubiger Tage. Ein frommer Fürst halt' es gebaut Zum Dank für eine fromme Braut, Berichtete die Sage. Doch ward darinnen Rath und Heil Gottsel'gen Betern auch zu Theil In andrer Notb und Klage. Er tritt hinein. Das Bildniß schlicht Aus Marmor, mild von Angesicht, Ein Sträußchen hält die Rechte. Mit Rosenknosp' und Lilie fand Sich Immergrün in Einen, Band Zu schmucker Blumenflechte, Doch etwas welk, weil manche Nacht Verflossen schon, seit sie gebracht Wallfahrend fromme Knechte. Ein wenig Lichtlein flackert nur, Sonst nirgend eines Schmuckes Spur, Nicht Silberleuchter prunken. Doch dringen in geweihter Stund' Bis in des Herzens tiefsten Grund Der Andacht heil'ge Funken. Auch ward bewegt der König sehr. Als er vor'm Gnadenbilde hehr Zu beten hingcsunken: 46 „O Gottesmutter, Dir ist kund, Wie Viel' iu Ostlands weitem Nund Die Blicke nach mir senden! Und diese Brust, die nicht von Erz, Will gern in jedes wunde Herz Der Heilung Balsam spenden. Doch schwach ist eines Königs Krast, Er kann den Gram der Leidenschaft Nur durch sein Vorbild wenden. „Du weißt, es ist des Volkes Brauch Und seiner edlen Großen aucb, Zum König aufzuschauen. Geht in des Königs hohem Haus Die Tugend christlich ein und aus, So auch in Burg und Gauen Wird heimisch sie. Ein neuer Ost Zerschmilzt des starren Herzens Frost Durch Lieb' und Gottvertraueu. „Der Himmelshoffnung stärkend Grün Erhebt sich in des Lebens Müh'n; Wo hart die Armuth prüfte. Erquickt mit Trost und frischem Mntb Der Nächstenliebe rosig Blut; Der Lockung falsche Düfte Verweht mit seinem Hauch und Glanz Der reinen Sitte Lilienkrauz Und kühlt die schwülen Lüfte. 47 „Hör', Mutter, denn, was ich beschloß! Einsam bisher im Ahnenschloß Hab' ich mein Haus verwaltet; Geübt das ernste Kampfesspiel, Geforscht nach der Gesetze Ziel Und neu mein Reich gestaltet: Nun will nach freier Herzenswahl Erkiesen ich ein fromm Gemahl, Das hoch den Gatten haltet. „In seines Königs Hause sehn Soll Ostlands Volk, so ist mein Flehn, Was im Gesetz geschrieben, Und kehren soll zum Herd zurück Der treuen Ehe traulich Glück, Das arger Brauch vertrieben! Drum Tugend nur, nicht eitler Glanz Sei meiner Gattin Myrtenkranz, Nur Glaube, Hoffnung, Lieben! „Laß drum, o Gottesmutter, mir Ein zuverlässig Zeichen hier Die Gotterkorne nennen! Sie, die nicht eitler Wünsche Plag', Kein Heller und kein düstrer Tag Von Gott und Gatte trennen! Die für der Frauenwürde Stern, Wie meine große Ahne, gern Die würd'gen Frau'n erkennen!" 48 So fleht er, als zu seinem Ohr Von oben bringt ein Sängerchor, Der singet heil'ge Weisen. Ihm ist, als hör' er feierlich Das Vaterland, sein Volk und sich Von Himmelsharfen preisen; Und ein Gefühl durchdringt sein Herz, Als sollte er vor Lust und Schmerz In weite Fernen reisen. Als er das Bildniß wieder sieht, Ein tiefer Schauer ihn durchzieht, — Er sieht das Bild sich regen. Der Fuß hebt sich von seinem Stand, Die Falte an dem Steingewand Fängt an sich zu bewegen, Des tobten Auges marmorn Grau Verwandelt sich in lebhaft Blau, Der Strauß sich streckt entgegen: „Wo diese Knosp' und Lilie blühn, Und wieder frisch dies Immergrün, Dort, Ostlands König, freie! Die Jungfrau, deren reiner Sinn Den Strauß belebt, ist Königin Durch Gottes ew'ge Weihe!" So tönt es aus dem Heiligthum. — Und lange sinnt der König stumm, Wen wohl das Wunder zeihe? — Doch einen heil'gen Spruch verehr', Auch wenn er dunkel dir und schwer! Er nimmt den Stranß ergeben, Und steckt ihn mit Bescheidenheit An seines Herzens tapfre Seif, Den gold'nen Stern daneben; Setzt wieder dann den Wanderstab Gedankenvoll ins Thal hinab Zum regen Hosesleben: „Bereitet, bis ich Wiederkehr', Nach Monden, wenig oder mehr, Euch vor zu Festgelageu! Zwar dunkel ist des Spruches Siun, Doch will ich eine Königin Nach Gottes Wort erfragen; Und Jeder, der dem König treu, Soll, wie er seines Glücks sich freu', Durch frohe Feste sagen!" So spricht der König, und zieht fort Zu Burgen viel an fernem Ort Mit edlen Paladinen. Gar manche schöne Königsmaid In Perlenglanz und Goldgeschmeid Blickt wünschend still nach ihnen; Doch Knosp' und Lilie will nicht blühn, Und trocken bleibt das Immergrün Den zärtlich schönen Mienen. — Gekommen war die Frühlingszeit, Mit Knospen war der Baum beschneit, Und Berg und Thal in Blüthe. Es rauscht des Baches sausend Bad, Es klapperte der Mühle Rad, Und roth die Esse sprühte; Auf Flüssen ging der Schiffe Zug, Der Landmann wandelt Hinterm Pflug Mit heiterem Gemüthe: Da eines Stromes schönen Lauf Im Baierland sie ziehn hinauf Zum alten Schloß der Schyren. An einem Hellen See cs stand, Des Silberspiegels grünen Rand Viel schöne Burgen zieren. Erst finstern Blicks der König ritt, Doch auf der Stirn mit jedem Schritt Die Wolken sich verlieren. So wohl war ihm, als ritt' er heim! Ach, daß doch hier des Lebens Keim Dem welken Strauße kehrte! — Auf geht des Schlosses ehern Thor, Im Ahnensaal sie sprechen vor, Wie es der Brauch begehrte, Und — Wunder! frisch das Immergrün! Die Rose und die Lilie blühn, Wie neue, nie versehrte! si 4 * Bescheiden, wie am trauten Hag Das Veilchen wächst am Lenzestag, Versteckt im stillen Moose, So steht des Burgherrn Töchterlein Vor ihnen, wie die Lilie rein Und purpurn wie die Rose. Sie hat geweckt der Rose Gluth, Belebt der Lilie schneeig Blut, Erfüllt die heil'gen Loose! Rremsmünster. S2 Alllph Ritter iilin EslhlidliZchilM. Bertrand de Born. ^n der Provence schönen Gauen, Im Glanze südlicher Natur Sang — Held des Lieds und Hort der Frauen — Bertrand de Born, der Troubadour. Er schlug die Harfe, schwang den Degen, Ein tapfrer Sohn der heitren Kunst, Er sang und focht auf allen Wegen, Und warb nm seiner Dame Gunst. „Die Seele will ich Gott vertrauen. Mein Leben soll des Königs sein. Mein Herz ist nur ein Leh'n der Frauen, Jedoch die Ehre — die ist mein!" Und als ihm war, als sollt' er sterben, Des edlen Stammes letztes Reis, Da blieb er unbesorgt der Erben, Nur seiner Ehre pflog der Greis. Er ließ sein eigen Grab bereiten, lind zog dabei auf Wache aus, Wer seine Ehre will bestreiten, Besteh' mit ihm den letzten Strauß. Im Lande reiten seine Boten, Sein Wappenherold ruft es laut, Kein Feiger schmähe auf den Tobten, Dem's vor dem Lebenden gegraut. Am eignen Grabe sieben Tage Hat er des Kampfs bereit gewacht, Kein Kläger kam auf seine Frage, Da war sein Waffendienst vollbracht. „Rein laß ich hinter mir die Ehre!" Er sprang vom Roß, er brach sein Schwert, llnd hing an s schwarze Kreuz die Wehre, Den Schild daneben — umgekehrt. „Bekrittelt frei, was ich gesungen, Was ich gethan, da greift nicht drein. Und keine wag' sich eurer Zungen An meine Ehre, die ist mein!" Er rief es aus, und focht nicht wieder, Und nimmer sang er mehr und schwur; Noch gilt, wo's Ehre gibt und Lieder, Bertrand de Born, der Troubadour. Atagensurt. Ehrenpreis. A)as sollen wir vom Land Tirol Dir. schöne Landcsmutter, dringen? Mit welchem Kranz das Hanpt umschlingen? Das Land ist arm, du weißt es wohl; Nur Gottesfurcht und Kaisertreue Gedeiht mit jedem Jahr auf's Neue, Und Muth ist unsers Lebens Pol. Viel hundert Berge sleh'n darin — Ein Riesenwall für wilde Zeiten, Und wir, die Schützen alt im Streiten, Mit unbeugsamem Kriegersinn, Sind die Besatzung — Deine Söhne; Und rufen einst die Schlachtentöne, Wir bringen Dir dann den Gewinn! Franz Joseph schwingt das Friedensreis, Lehrt liebend uns des Segens Walten, Drum blühn in herrlichsten Gestalten Die Blumen auf, vom Gletschereis Bis abwärts zu deu Vorbergrücken, Um Herz und Auge zu entzücken, Zum Brautgeschenke liebeheiß. Wir haben nun als Minnesold Gepflückt an Deinen Feiertagen Ein Blümlein draus, und hergetragen. Genährt vom reinsten Sonnengold, Bewacht von jenen guten Frauen, Den „Seligen" ') in Wald und Auen, Die Gemsen schützen cngelhold. Die Sage tönt seit grauer Zeit, — So lebt sie fort im Jägermunde — Daß Waldfräulein im Schwesterbunde, Bei Mondesnacht im Silbcrkleid Die Blümlein pflanzen, blau erblühend, Wie Deine Augen huldvoll glühend. Sie sind am mächtigsten gefeit! Wohl manches lebt am Gletscherfeld, Z Gibt opferwillig sich zur Speise, Wenn Schneehuhn tief im Schnee nnd Eise Verweht ist in der Winterwelt; 57 Und stürzen auch Lawinen nieder, Die Pflanze lebt und grünet wieder, Und blicket fromm zum Himmelszelt. Auch dort, wo rauhe Felsen stehn, °) Sich selbstgenügend kalte Riesen, Wo oft im Kampf um Alpenwiesen Manch Hirtenherz muß untergehn- Da winken sie von dunkeln Wänden, Den bösen Todeskampf zu enden. Denn Friede! Friede! ist ihr Flehn. Im Thale unten licht und laut. Wo Haus und Hütte sich erheben, Die grüne Sammtflur weich und eben Zur Klappermühle niederschaut; Da wachen sie beim Kuß der Bienen, Den Kranken schnell als Arzt zu dienen, Und heilen jeden, der vertraut. Wohl blühn sie blau, doch wunderbar Stehn viele aus den Alpenspitzen, Auch roth^), — auch weiß °), — und weithin blitzen Die Fähnlein durch das ganze Jahr; — Und weiß und blau — und weiß und roth — : O Glück! so ziert der liebe Gott Den kaiserlichen Traualtar! — 58 O duld' es, daß dem Herrscherkreis Wir nah'n, und zu den Opferkerzen Die Blume legen; unsre Herzen Fleh'n täglich, warm nach Landesweis: „Ein Himmel werde Dir die Erde! Daß Oestreichs Thron verherrlicht werde, Nennt sich das Blümlein Ehrenpreis!" Mchsenhausen bei Iimssiruck. ') „Die saligen Fräwlen"; die Schneehühner und Gemsen erfreuen sich ihres besonderen Schutzes. ?) z. B. Veronica alpin». °) „ „ Vsr. saxatilis. „ Vor. oksieinalis. „ Vor. srnliculosa. °) „ „ Vsr. serpyllikolis. Uebrigens zählt Tirol bis jetzt mehr als 30 vielvcrbreitete Arten, wovon mehrere mit Ende Februar schon zu blühen anfangen, z. B. Vor. Ireäsrisolia. 1. Gruß ans Tirol. iSonitt.) ^.irol auch schickt von seinen Bergesriesen, Aus seinen trauten Thälern, treuen Gauen, Aus Stadt und Land, aus Höh'n und schönen Auen Der Liebe Gruß dem Kaiser und Elisen. Dir soll, o neuvermähltes Paar, entsprießen Des Glückes reichster Flor, hold anzuschauen; An jedem Orte soll sich Dir erbauen Ein Freudenschloß mit Wonneparadiesen. Im vollsten Strome gieße sich hernieder Des Himmels Segen auf Dein theures Leben, In Gott beseligend Dich stets auf's Neue! So kehre jedes Jahr der Frühling wieder, Und jedes Jahr soll blühend sich erheben Des Friedens Kranz, der Völker Lieb' und Treue. 2. Im Frühling. Der Nachtigallen Stimme ruft: „O schließt nur Alles auf, Und laßt der milden Lenzesluft, Und laßt dem süßen Blüthenduft Hinein den freien Laus!" Herein denn, Lüfte lau und lind, Herein mit sanftem Weh'n, Weil Thor und Fenster offen sind. Und laßt der Blumen süßes Kind, Den Duft, auch mit euch geh'n! ! So blick' ich selig aus dem Haus Nun in das Frühlingsreich, Jn's neue Leben hell hinaus, Wo jeder Busch ein Blüthenstrauß, Alles so mild und weich! Wie summt und schwirrt und jubelt laut Vor Lust die ganze Flur! Denn liebend hat sich nun getraut Der Lenz mit seiner schönen Braut, Der lächelnden Natur. 61 Spielt also, Kinder, froh um mich! Singt, Vögel, überall! Und süßverwirrt will lauschen ich, Wie Alles — Alles freuet sich Am Duft und Licht und Schall! 3. Die letzte Blnmengabe. Wie lieb ich diese Blumen habe, So welk auch bald die armen sind! Sie sind die letzte Liebesgabe Von Dir, du stilles, schönes Kind! Du wirst jetzt weit von hinnen gehen. Wo Dir so fremd die Menschen sind; Werd' ich Dich einmal Wiedersehen, Nur einmal noch, Dn stilles Kind? Von Deinen Blumen wird bald jagen Die dürren Blätter weg der Wind; Doch immer werd' ich um Dich klagen, Nach Dir mich sehnen, stilles Kind! 4. Morgenzuruf. sVhasel.» Mensch, erhebe dich! Es tagt. Bald ist ganz entfloh'n die Nacht. Auf, und schaue froherstaunt, Wie Natur ringsum erwacht! Sieh, der Berge Gipfel glüh'n In der Morgensonne Pracht; Sieh, wie Heller Perlenschmuck Rings an Zweig und Blume lacht! lind du wolltest trag und blind Nicht der Schönheit haben Acht, Die des Morgens Rosenhand Aller Flur zum Schmuck gemacht? Horche, wie der Vögel Chor Schon sein Morgenlied erdacht, Und dem Herrn der Schöpfung es Laut zum Opfer bat gebracht! Drum entfchüttle dich dem Schlaf Und erhebe dich mit Macht, Reichthum zu gewinnen dir Aus des Tagewerkes Schacht! Weh dem Tragen, der nicht früh An des Eifers Flamme facht! Drum erhebe dich, o Mensch, Denn es ist die Nacht vollbracht. Meran. l 63 ! Julie LrM ion MOM-Hager. Geheiligt sei Ihr Name! die reiche Liederkette, Die ein hehres Fest umzieht, Flecht' ich hier an ferner Stätte Auch dies kleine Blumenlied! Saget, Reime, die ich sende, Sagt der hohen Kaiserbraut: Daß es glüh'nde Ehrfurchtsspende, Was sich Ihr zu nah'n getraut! Sah Ihr Antlitz, reizumflossen, Augen, strahlend geist'ges Licht, Eine Knospe, halb erschlossen, Schien der Mund, noch Rose nicht. 64 Diese Lippen süß erbeben, Weil der jungfräuliche Mund, Wonneschauernd, jetzt für's Leben Schließen soll den heil'gen Bund. Gibt's auch Vieles, was beglücket. Und gar Holdes, was gefällt. Ist doch Nichts, was so entzücket. Als der Strahl aus höh'rer Welt! Nicht die Rose nur der Jugend, Auch der Unschuld Lilienweiß, Und des frommen Herzens Tugend, Ist der Engel Ehrenpreis! Dies die schönsten Mvrgengaben, Die Ihr Herz dem Kaiser gibt; Kann Er rcin'res Glück denn haben, Ais so liebend und geliebt! Süß Empfangen, sel'ges Geben, Wahrer Liebe Paradies! Blühe durch Sein ganzes Leben, Wie's Sein Schutzgeist Ihm verhieß! Segen, folg' der Hochzcitsfeier -- Und, als duft'gen Blumengrund, Webe Gott in Ihren Schleier Knospen ein zum heil'geu Bund! . . . Daß des Kaisers weite Lande Freudig jubeln laut empor — Und, was heil'ger Lieb' zum Pfände, Pfand auch sei dem Völkerchor! D'rum „geheiligt sei Dein Namen!" Denn Du bist Sein ganzes Glück! Freuden, die von Dir Ihm kamen, Wirken all' auf uns zurück! — Temesvsr. 66 F N. LmAer. Ans d e ni Orient, 1. Ich habe Dich! ^ch habe Dich, Du göttlicher Erbarmer; Ich habe Dich, und mit dir meine Welt! Was wäre ohne Dich, o Gott, ich Armer? Ein wankend Rohr, den Stürmen preisgestellt! Ich habe Dich; und dieser Trostgedanke Erfüllet mich mit Kraft und Zuversicht; Erhalte Du mich, wenn ich kämpfend wanke! Erleuchte meinen Geist mit Deinem Licht! — 2. Morgenpsalm in der Wüste Großer Gott, ich lobe Dich! Groß wie Du sind Deine Werke! Dich mein Lied preis' ewiglich, Denn Du, Herr, bist meine Stärke! Auch in dieser öden Welt Waltet, Bater, Deine Güte; Wie ist Alles wohl bestellt! Gibt's gleich weder Frucht noch Blüthe. 67 s» Dein nrewig Weltgebot Auch im Reich der Wüste waltet; Hier auch glänzt Dein Morgenroth, Froh und frei der Mensch hier schaltet. Bald ist auch die Wüst' zu End', Bald vorbei Angst und Beschwerde; Deine Sonne leuchtend brennt, — Deine Gnade tränkt die Erde. Zwar ein Sandmeer mich umgibt, Docb ich blicke auf zum Himmel, Wo daheim, die ich geliebt, Fern vom wilden Weltgetümmel; Und mein Geist wird still und srob, Denn die Flamme, die dort glühet. Brennt im Herzen lichterloh. Ob mein Frühling aueb verblühet. Und die Seele voraus eilt, Bon der Sehnsucht Flug getragen, Dahin, wo der Herr geweilt — Wo die Lieb' au's Kreuz geschlagen. Tauchend aus der Dämm'rung Nacht, Fern Judäa's Berge ragen; Bald rus' ich: „Es ist vollbracht!" Seh' ich Sion's Morgen tagen. Lrieg Heinrich nm Hittrnm Wolkenbilder. 88ir saßen Drei beisammen. Und keiner sprach ein Wort, Das Schiff mit vollen Segeln Trieb lustig sort und fort. Des Tages letzte Stunde Naht feierlich heran, Nach seiner Sanduhr spähte Der müde Steuermann, Und Jeder von uns blickte Nach einer andern Stell', Ein jedes Äug' erschaute Ein Wolkenbild, so hell. Ein Werter brach das Schweigen, Und fragte endlich laut: „Ich möchte doch wohl wissen, „Was Ihr da alle schaut? „So weit das Auge reichet, „Gibt's nichts am Horizont, „Was so scharf anszulucken „Wohl Eurer Mühe lohnt! „Mein Äug' ist auch nicht blöde, „Ich blick' schon lang umher, „Und kann doch nichts erspähen, „Als Wolken, Luft und Meer." Da blicken All' zusammen Den Redner lächelnd an, Deß Auge, nachtumfloret, Gar nichts bemerken kann. „Du siehst nicht," sagt der Eine, Und zeigt nach Westen hin, „Wie dort die schönen Wolken „Im Abendwinde zieh'n! „Wie sich die Spitzen kräuseln „So üppig und so klar, „Wie über Mädchenschultern „Ein goid'nes Lockenhaar. „Fass' es in's Äug', jetzt hebet „Sich ganz das zarte Bild, „Sieh', wie es seine Formen „Entzückend jetzt enthüllt! „Sieh, wie das Köpfchen freundlich „Zu uns herübernickt! „Mich macht es eifersüchtig, „Daß Jeder es erblickt." — „Und siehst du dort im Osten," Rief ihm der And're zu, „Die dunkle Wolkenmasse „In majestätsicher Ruh? „Die ob're Schichte farblos, „So fahl, so matt, so kalt, „Wie Nebel, der gen Abend „Auf Alpenländer fallt? „Und dort die dunkle Lage, „Wie Föhrenwälder schwarz, „Das ganze Bild versinnlicht „Das Heimathland im Harz. „Der Wald liegt ganz so düster „In seiner ew'gen Ruh, „Der Nebel deckt die Berge „Des Hintergrundes zu. „Das Bild ist sprechend ähnlich „In seinen Theilen all — „Ja, wenn ich horch', so hör' ich „Der Abendglocken Schall. 7r „Dort wo der Lichtstreif schimmert, „Dort zieht der Weg hinein, — „D könnte ich nur einmal „Noch dort als Knabe sein!" „Und dort im Süden, siehst du," So fuhr der Dritte fort, „Siehst du die große Wolke „Mit den zwei kleinen dort? „Komm, stell' dich mir zur Seite, „Erfass' das Bild und schau: „Gleicht nicht die große Wolke „Ganz einer großen Frau? „An jedem ihrer Arme „Führt sic ein kleines Kind, „Sag', ob die schönen Formen „Nicht sprechend ähnlich sind? „So wandelt viele Meilen „Von hier entfernt die Frau, „Der ich mit inn'ger Sehnsucht „So lang entgegenschau'. „Die Heiden Söhne führet „Sie an der Mutterhand, „Lehrt Lieben sie durch Liebe, „Die Beiden zugewaudt." — 72 Da schwieg der Frager stille, Und blickte, nun belehrt, Nach Ost und Süd und Westen, Und ließ uns ungestört. In hoher See, so dacht' er, Sieht man nur Luft und Meer, Die Leute, die das glauben, Die irren sich gar sehr. - Der Eine sieht sein Mädchen, Der Andere sein Land, Der Dritte seine Kinder, Geführt von Mutterhand. An Wolkenbilder haben Die Maler nicht gedacht, Die hat für arme Schiffer Der liebe Gott gemacht. — Triest. NHüm UüMlm. An Selma. A)enn der Frühling uns gekommen, Rauscht der Fluß im Bette wieder, Lerchen bringen ihre Lieder, Wenn das Morgenroth entglommen. Wiesen werden Blumenmatten, Und die langentlaubten Bäume Treiben ihre Blätterkeime, Streuen weithin ihren Schatten. Wenn der holde Lenz erschienen. Jubeln laut die Nachtigallen, In den grünen Blätterhallen, Die zu Brautgemächern dienen. Schwalben zieh'n in dichten Schaaren Bon dem Strand an fernen Meeren, In die Nester einzukehren, Wo sie früher heimisch waren. Duft und Blüthen, Glanz und Lieder Bringt der Lenz auf seinen Schwingen, Freudenstimmen hört man klingen. Weil Natur so bräutlich wieder. Also, wenn der Lenz entglommen. Schmückt die Erde sich auf's Beste, Alles Schöne kommt zum Feste — Willst Du denn allein nicht kommen? Maiwnd. 75 Ein Wiedersehen. 6ün herbstlich klarer Sonntagabend Vergoldet noch den Buchenwald, Und anS den lichten Zweigen schallt Des Vogels Lied, den Wand'rer labend. Das Heimatdörfcben winkt den: Müden Jetzt froh den trauten Liebesgruß, Und schneller hebt er auch den Fuß, Zu ruh'n in seinem sanften Frieden, - Schon ist er an der lauten Schenke, Am Herrenhause sckon vorbei; Da grüßt er mit des Jubels Schrei Ein fernes Häuschen im Gesenke. 76 Weit offen steht des Thores Flügel Im wohlbekannten Ruthenzaum, Und seiner stillen Jugend Traum — Er lächelt aus des Teiches Spiegel. Wie festgewurzelt steht er lange. Und schaut hinab in's kleine Thal, Und läßt die Thräne mal um mal Durchzieher die wetterbraune Wange. Er denkt, in sich gekehrt, der Lieben, Die für des Lebens Pilgerzeit, Ob dieses Lust, ob Schmerzen beut. In seine Seel' er sich geschrieben. Und seufzt, und wischet mit der Fläche Der Linken sich das Auge klar, Ihm dünket, als am Thor er war, Daß ihm das Herz in Wonne breche. Das Abendpfeifchen noch im Munde, Der Vater vor der Schwelle saß, lind tanzend hüpften über'S Gras Zwei Mädchen mit dem Kettenhunde. Durcffs offne Stubenfcnster flackert Des Herdes greller Feuerschein, Und drinnen steht das Mütterlein, Rings von Geflügelbrut umgackert. Noch ahnet Niemand, wer gekommen, Wer staubbedeckt und wegesmüd Am Thore steht und Alles sieht. Mit einem Herzen, süß beklommen. Da reißet sich der Hund den Mädchen Mit vielberedtem Winseln los, Und raschen Sprung's zum Thor er schoß, Und bellt, und schlägt die lust'gen Rädchen. Da wacht aus seinem tiefen Sinnen Der alte Vater stutzend auf; Sein Blick verfolgt des Hundes Lauf, Und kalte Schauer ihn durchrinnen. „Jst's Wahn, der meinen Sinn umgaukelk? Der meinem Herzen bietet Hohn? O nein! es ist — es ist mein Sohn, Den auf den Knieen ich geschaukelt!" „Des Vaterlandes heilig Mahnen, Des guten Kaisers laute Noth, Wie neuen Lebens Morgenroth Zog's uns're Jugend zu den Fahnen!" „Doch lodert noch des Krieges Fackel! Noch rasselt laut der Waffentanz! Vergaß er seines Eides ganz? Nicht trüg' ich dieser Schande Makel!" 78 Und, seiner Vaterlieb' vergessend. Mit sich'rem, festen Männerschritt Vor seinen Sohn der Alte tritt, Mit stummen Blicken diesen messend. Der schweigt, — doch seine Augen halten Den Forscherblick des Vaters aus. — Da wird es laut im stillen Haus, Wo ems'ger Frauen Hände walten. Mit Schlüsselbund und Küchenschürze Kommt trippelnd 's Mütterlein daher. Daß sie des Sohnes Wiederkehr Mit einem Liebeskusse würze. Doch — als im ersten Grußumfangen Sie seinen Mantel hat gelüpft. Ein Schrei der Mutterbrust entschlüpft, Als sei das Herz in Todesbangen. Denn, wie des Grabes offnes Gähnen, Sah man, so leis das Lüftchen weht, Vom Hauch des Abends aufgebläht. Leer sich den rechten Aermel dehnen! Wohl schießet auch iu's Äug' des Alten Der willenlosen Thräne Thau, Und ziehet, lange zögernd, lau Herab in seiner Wange Falten; 79 Doch bald gewinnt er neues Leben, Bekämpft den heißen Vaterschmerz, Und preßt den Sohn an's wunde Herz, Und lispelt mit der Rührung Beben: „Mein Kaiser! Laß an uns es liegen, Dir treu ergeben Schritt für Schritt, Mit unserm Herzensblut als Kitt Fest Deines Glückes Bau zu fügen!" .Nochnia. Ama mn Himberg. Die Rose von Oesterreich. schöne Welt, in deiner Gaben Fülle Bist du das Abbild einer höher'» Macht, Die keine Schranke kennt; ihr heil'ger Wille Rief uns zur Seligkeit aus öder Nacht. Dies Erdenleben, voll der reinsten Wonne, Wenn unser Ohr den Ruf von oben hört, Wird Blumenbahn zu jener milden Sonne, Nach der das bess're Ich 'n uns begehrt; Mag der Versuchung Sturm uns auch umtoben, Wir dringen durch, von inn'rer Macht erhoben. Und diese Macht erfüllt des Menschen Seele Mit Freuden, deren Keim aus jenseits stammt. Und ob auch oft das Glück nach außen fehle, Von innen lohnt ein Glück, das dauernd flammt. 81 6 Wenn aber anch Erfolg die Thaten krönet, Die ein erhab'nes Streben kühn vollbracbt. Dann ist's ein Trostruf, der die Welt durchtönct: „Heil uns! Noch lebt das Reckt, die Vorsicht wacht!" Und solcher Jubel tönt dem schönen Bunde, Den Gott gesegnet in geweihter Stunde. — Bescheiden stand Sie in der Blumen Mitte, Sie überstrahlend all' an zarter Huld, Und ordnete, nach trautgewohnter Sitte, Der Farben Schmelz in Lieb' und in Geduld. So blieb Ihr unbemerkt die Kaiserkrone, Die herrlich in dem Strauß für Sie erblüht, Und ungeahnt, daß auf erhab'nem Throne Ein großes Herz für Sie in Lieb' entglüht; Er naht, — Ihr Herz erbebt in heil'ger Wonne, Er wählt — die Rose, aller Blumen Sonne. O schöner Tag, der Oestreich's Rose bringet, Gewählt von Ihm aus reichem Blumenflor! O freud'ger Ruf, der alle Gau'n durchdringet. Daß solchen Schmuck Er für den Thron erkor! Nach langem Kampf, worin Er unbezwungen Für Oestreich war der einz'ge Hort und Schild, Hat Er des Sieges höchsten Preis errungen In dieser Edensblume Huldgebild: Und also schmückt Ihm nun, zum schönsten Loose, Die Stirn — der Lorbeer, und das Herz — die Rose! 82 Beglücktes Bolk, wo Milde mit der Stärke, Wo Recht mit Huld sich theilt in jede Pflicht; Da blüht Gedeihen jedem großen Werke, Da strahlt vom Thron ein Doppelstern voll Licht! Und solch ein Strahl sä't um des Thrones Stufen Ein leuchtend Meer von Segenskeimen aus, Die tausend Tugenden in's Leben rufen, Und Glück verpflanzen auch in's ärmste Haus. Da winkt, von Kraft und Liebe sanft geborgen, Der Poesie und Kunst ein schöner Morgen. O laßt sie unter Eurem Schutze keimen, Laßt ihnen ausblüh'n eine gold'ne Zeit: Denn was die Dichter hoffnungsselig träumen, Erhebt der schönste Bund zur Wirklichkeit. Was Phantasie ersann, ein Bild zu schmücken, Zeigt Ihr im Licht der Wahrheit und Natur. In Eurem Glück ruht Eures Volk's Entzücken, Drum, Habsburg's Laren, schirmet Oestreichs Flur! Bewahret unterm Schutz der Lorbeerkrone Der Rose Glück mit Habsburgs hohem Sohne! Mncsova. 83 Rirtor Mario Niiürr. 1. Liebes geheimniß. ! lächle nicht so wundersam Und grüß' mich nicht so traut; — So lächelt auch das Morgenroth, Das alle Welt erschaut. O! blicke nicht so fiammendtief Mir in das Angesicht; — So blickt auch auf die ganze Welt Der Sonne Glutenlicht. O! sag' mir nicht vor Allen mehr, Daß mich Dein Herz erkor, So flötet auch die Nachtigall Ihr „Lieben" Allen vor. 84 Sollst lächeln, wie die Blume lacht. Die tief verborgen sprießt, Und nur in frommer Mitternacht Ihr Herz dem Mond erschließt! Sollst blicken, wie ein Sonnenstrahl Durch düstre Wolken blickt, Wenn er ein krankes Menschenkind Mit seinem Schein erquickt! Ja! künde mir Dein „Lieben" an, So wie ein „stumm' Gebet", Das nur der Eine, dem es gilt. In seiner Lieb' versteht. 2. Begegnen wir uns nicht! Ade! Ade auf immer! Du hast es ja gewollt, Daß ich von dir, du Falsche! Auf ewig scheiden sollt'. Ich will dich nie mehr suchen, Wenn's Herz auch d'rüber bricht, Doch höre meine Bitte: Begegne mir nur nicht! 85 O! geh' durch alle Zeiten Mit leichtem Sinn dahin, Sei glücklich! frage Niemand, Ob ich zufrieden bin. Doch läge je die Reue Auf deinem Angesicht, So hab' mit mir Erbarmen: Begegne mir dann nicht! Und steig' ich einst beseligt Am Ziel der Lebensbahn — Auf goldner Himmelsleiter Zum Paradies hinan, So fliehe, stolzer Engel, In's fernste Sternenlicht! Selbst dort, um Gottes Willen Begegne mir nur nicht! Aus SielieiMrgen. Franj Stchlgimm Da Vader is haimkemma! (Mderrnnstsch.) (drüeß di Gott, Weib und Kind, Fallts mär um an Hals, Awa, bitt enk, nä gschwind, nä gschwind, Os Zwai, mein Alls! Hab enk lang nimmä gsehär Und lang nimmä ghabt, Bi bald weiter, bald näher In dä Fremd umätappt. Hau, dahaimt in dä Stubn Wächst kam Nuebn und kam Kraut, Da haißts schaun, wo dä Herrgott Habs Kerndel hibaut! Haißt schaun und haißt scherrn, Haißt vodrnckär und trag», Und was mueßt dä dänöbn Not nu aus'n Kops schlagn! Wieviel traurige Bilder Und truzige Tram Azwann dös iezt und das aftZ Gäch über enk kam! Do, wer kennt, wer mi kennt, Nöt meinen eingfleischten Brau: Sieg vo Jügät auf Gspenster Und hör 'n Wauwau. Drumäuä^), gschwind, uä gschwind, Ös zwai, mein Alls! Herzensweiberl und herzigs Kind, Fällts mär um an Hals. Awa Dirndl, mit 'n Wachsen Wanstä Zeit nöt mehr laßt, Wirst ma heirathsmäßi, Ehtst ä Heirathguet hast. Und hast ä kain Heirathguet, Stammst aus an ehrlign Bluet, Führst gar an herrlign Nam: „Vo Piesenham!" Z Awa Weiberl, was sieg i, Di druckts und mueßt wain'n. Eia, waißtä vo Freuden Mehr anders nöt z'thain! 88 Alls fallt dar ein: All dein Langweil und Laid, All dein Kummer und Angst In der Abgschiedenhait; 'n Leuten iehn Fragn Und iehn Gschmätzt und iehn Sagn, Aft dein haimli schwärs Trag«, Magst äs denner^) Niemd klagn! Das Alls fallt dar ein, Und — das Alls is vobei, Und da bricht dar iezt 's Herz Schier vo Laid und Freud z'glei. Vo Freud und Laid z'glei, Denn das Alls is iezt aus; Weib und Kind hat 'n Badern, 'n Herrn hat 's Haus! Do iez trückä °) da d'Augn, Dast guet siegst und aft guck, Denn ganz lär bringt ja do Niemd Sein'n Raissack zruck. Mach auf dösell Gspaden ') Und guck a Weng drein, Und mä Töchter! mueß rathen, Was drinät mag sein? Rath, Kinder!, rath, Denn sist kimmt dein Rath z'spat, Siegst, dein Mueder is flink, Hat's offtst af'n Wink! Und das is ast ä Schaun, Und das is ast ä Freud, Denn Alls hat a mehr troffen Der Vader, der gschcit! Eia, troifft mä's do leicht, Wann inä's Herz statt und hert. Denn 'n Herzen is Alls, Was von Herzen kimmt — Werth. Und ast säht 'n Ladern Kind und Weib nm an Hals, Denn — i waiß's nu vo mein'« her Da Vader is Alls! * * * Awa, hänzä! ") wie mag i Mehr thain go so dick! Wie leicht, daß mä neidi Ains wird um mein Glück! Wir's 'st, wir's! und aft grad. Wannst cis bist, schau mi an! Gel, d'Augn sand mä naß? San mä 's iezt ann und dann 'st! Und iezt sag i dar was, Und da paß fein guet ans, Ebbä, daß da wohl taugt Auf dein'n Löbenslauf: A Haus ohne Dachung, Ä Faß ohne Ring Und ä Brunn ohne Wasser — Drei traurige Ding! Ä Stock ohne Raosen, Ä Braut ohne Gschmuck Und a Halm ohne Aehern — Drei traurige Stuck! Awa trauriger dreimal Als das, glaub mär's gwiß, Js ä traurigs Paar Eltern, Den's Kind gstoribn is! München. ') Traum. °) dann, darnach. *) darum eben. U Groß-Picscnham, unser Geburtsort. dock, dennoch. °) trockne. ') hölzerne Schachtel. °) offen. sahen, fangen. '°) Inters, sagt mir, sagt mir doch! werde es. zu öfter» Malen. Amandus der Einsiedel iA«s dem ungedruckicn Bedichte - „Klotilde von Payrsderg".> Nalser Föhrenwaldung des Wildbachs Ufer deckt, Hat sich ein friedlich Tiefland ins Erzgebirg versteckt, Ein länglichrundes Becken, mit schmalem Kranichshals Zum Etschstrom ausgemündet, die dunkle Gaul von Nals. Da schimmert dichter Laubwald in kühler Lüfte Scherz, Und duftet schmerzenstillend um's kranke Menschenherz; Und wär' es auch gebrochen durch herben Wetterschlag, Es sproßt mit neuem Leben in den entwölkten Tag. Rings fassen stolze Hügel mit Bächlein vom Gestein Den schmalen Grund der Wiesen in Silbersprudeln ein; Darob zur Linken flüstert ain krausen Schnepfenpsad Mit üpp'gen Laubeskronen die Bergkastaniensaat; Goldammern pfeifen lustig aus ihrem grünen Hag, Den zweifelhaft durchdämmert der Helle Sommertag; Und dieses Sprossendunkel voll Zitterstrahlenpracht Legt sich um's Nest der Liebe wie eine heil'ge Nacht. Genüber kocht auf Hügeln im mächt'gen Sonnenschein Die windgeschützte Rebe den rothen Feuerwein, Der stürmend wie ein Sieger in's Herz des Menschen dringt. Doch bald mit dem Besiegten das Lied des Friedens singt; Versöhnt ruh'n alle Geister im kriegerischen Haus, Aus jedem Fenster ranket die Helle Lust heraus. Wo eng die Seitenflächen im tiefen Hintergrund Sich wurzekhast verschlingen zum grausenvollen Schlund, Und Wassersprudel tanzen von steiler Felsterrass', Daß rings die Schieferwände von ihren Schauern naß, Steht ans der schmälsten Stelle in Heckenbüschen kraus, Vom Kirschbaum überflattert, des Eremiten Haus, Daueben die Kapelle mit unsrer lieben Frau Im schönen Gnadenbilde dem Pilgervolk zur Schau. Da kniet am frühen Morgen, die Scheitel silberweiß, Mit abgebleichten Zügen ein liebenswürd'ger Greis, Das Auge mild erhoben mit leisen Seufzerweh'n, Als wollt' er um die Stunde des Tod's^zum Himmel sleh'n. Den Bart in reichen Locken bis an den Gurt der Brust, Worin schon längst erstorben des Lebens eitle Lust, Und rings die schlanken Glieder vom schwarzen Kleid bedeckt' Worin sich eine Seele so rein wie Gold versteckt; Der erste Strahl der Sonne verklärt sein Angesicht, Ans dem die schön're Sonne der Himmelssehnsucht bricht. Er hat ins Binsenkörblein gesammelt von der Au Die blauen Glockenblümchen ans frischem Morgenthau, Und rings umher geordnet als immergrünen Kranz Die saft'gen Epheusprossen mit ihrem feuchten Glanz, V3 Und dieses Grün umsäumen mit goldner Feuerspur Granatenblüthen-Zwciglein vom Busch der Winzerflur; So bringet er der Jungsrau, die uns das Heil gebar, Alltäglich hell in Blüthen sich selbst zum Opfer dar. Das Blau ist ernster Glaube an den allgüt'gen Gott, Das Grün die süße Hoffnung auf ihn bis in den Tod, Das Feuerroth ist Liebe, die selbst im Tod nicht stirbt, Und noch in letzten Zügen um den Geliebten wirbt; So hat er dreißig Jahre, dem Gottesruf bereit, Die einsamgrüne Stelle mit seinem Hauch geweiht. Doch während er versunken in tiefer Andacht fleht, Fühlt er vom Vogelfluge sich traulich angeweht: Zwei Haselhühner flattern zum lust'geu Morgengruß Mit zärtlichen Geberden beherzt an seinen Fuß, Und heischen Weizenkörner aus seiner milden Hand, Die er gewohnt zu streuen am grünen Bergesrand. Bei dieser Saat umwölkt sich des Klausners sanfter Blick, Ihm tritt ja vor die Seele das kläglichste Geschick. Er stand einst am Altäre im hochzeitlichen Kleid, Ein ritterlicher Jüngling mit seiner lieben Maid. Das Ja! hat sie gesprochen mit festem, klarem Laut, In schönster Nosenblüthe, die übersel'ge Braut, Und ihre Rechte ruhet so warm in seiner Hand, Daß er von ihrem Herzen den Pulsschlag tief empfand. Der Priester segnet betend den Bund der Liebe ein. Und reicht als Bild der Freude den Kelch mit edlem Wein, — Und kaum hat sie genippet am goldnen Bechersrand, Entsank sie still erblassend aus ihres Liebsten Hand, 94 Und lag als schöne Leiche auf schwarzem Marmorgrund, Noch stand ein leises Lächeln um ihren kleinen Mund. Die Welt hat tief getrauert im wehmuthsvollen Chor, Daß sie das Glück des Lebens so kläglich schnell verlor. Ich kann mit dir nicht singen, o Welt! den Klageton, Mir ist die Lilienjungfrau zu schönerm Loos entsloh'n. Sie hat mit zarter Seele die Lieb' im reinsten Sinn Als Frühduft eingeathmet zu ewigem Gewinn, Und keine bittre Täuschung, die unsern Traum zerwühlt. Hat ihr die Hoffnungstrümmer mit Hohn ans Land gespült! Amandus sprach mit Thräuen: „Fahr Wohl, du treues Herz! Wie ich in Lust geliebet, so lieb' ich fort in Schmerz, Und wie du Gott gefallen in deinem zarten Mai, So werd' aus ird'schem Streben auch meine Jugend frei. Bis eine bess're Sonne auf meine Thränen scheint, Und uns zum ew'geu Labsal an Gottes Herz vereint!" Er küßt mit warmen Lippen zum letzten Mal sein Weib, Und büllt in Harne Kleider den schlanken Rittersleib, Er läßt des Hauses Reichthum dem Schwesternpaar zurück, Sie hoffen ja noch beide auf süßes Erdenglück! Und nimmt nur Haselhühner, die Agnes einst genährt. Ein Bild der heil'gen Jungfrau, das kindlich sie verehrt, Ein Herz voll treuer Liebe, das lebend sich gesellt Zu vielgeliebten Tobten, in seine stille Welt. Und als er von der Werburg herniederkommt zum Bach, Da wird in allen Stauden das Lied der Vögel wach. In ungewohnten Trillern für ihren neuen Gast, Sie segnen seine Liebe, sie grüßen seine Rast. 95 Er baut die Frau'ncapelle aus schimmerndem Gestein Und faßt die Seitenwände mit weißen Rosen ein, Die jedes Jahr im Frühling mit ihrem duft'gen Hauch Marienlieder singen nach altem Kirchendrauch. Und kommt ein zarter Pilger aus heißer LedenSqual, Das arme Herz zu kühlen im dunkeln Quellenthal, So sinkt er leise nieder, zu küssen jede Spur, Die wandelnd eingetreten Amandus auf der Flur, Denn alle guten Geister demüth'gen sich dem Mann, Der seiner ersten Liebe das Leden opfern kann. So macht seit dreißig Jahren das Bild in der Kapell' Betrübte Herzen lustig und nasse Augen hell, Und Haselhühner fliegen von felsumzackter Bahn Um milde Körnerspende den Eremiten an. Frankfurt am Main. 96 IllUph /mlM lilin Hllmmkr-NiirPÜiil. Ätkumtzsail für Ihre Majestät die Kaiserin Elisabeth. Deines Licht's, das Fröhlichkeit verkündet, Und wie der Vollmond nicht am Monatscnd' verschwindet; Bei der Vollkommenheit, der Schönheit, die vollendet, An welche sich der Mensch um Hilf' und Beistand wendet! Erhabenheit und Schönheit sind in Dir verschwommen, Und beide sind — ich scbwör's — in Deiner Huld vollkommen. "Ullen. Das hohe Lied der Liebe der Araber. S. 6. 97 MliknrAmu Freiherr i>. Kchiechtli-WArliril. Ans Saadi's Oden. i. ^as Leben freut: daß es nicht währt, wie schade! Wer traut der Frist, die abrollt so geschwind? Es ragt der Meuscb, Platanen gleich, gerade. Doch Flut der Jugend, die ihn nährt, verrinnt. Die Pose blüht, hancht Wohlduft aus und lächelt. Doch hat es dauernd keine noch gethan; Wo ist das Lüftchen, das im Lenze fächelt. Dem nicht im Herbste folgte ein Orkan? Nicht einen Hauch wirst du dem Tod erpressen, Ob du den Erdball in das Joch dir zwingst, Entreißen kann dich ewigem Vergessen Nur was du warst, und That, die du vollbringst. 88 2. Der Lenz, der junge Sieger, Entfaltet sein Panier, Und schlägt aus dem Revier Des Winters wüste Krieger. Lichtstrahl mit Heller Miene Zieht aus auf Jagd und Fang, Und schießt vom Bergeshang Schneerestes Hermeline. Die Wolke holt aus Wellen Sich Perlen, die ste thaut. Und jede Blumenbraut Schmückt Zephyr mit den Hellen. D würzevolle Düfte Aus ferner Schönen Land! Von früher Felder Rand D Balsamhauch der Lüste! Ihr aber, o Narcissen, Schließt zu die Aeuglein sacht, Seit schlummerfeucbt erwacht Das Auge der Gewissen: Aus dunkler Locken Wehung Strahlt sonnig ihr Gesicht: Aus düsterm Weltgericht Der Tag der Auferstehung. «s 7' Aus Hafis. So lang du jung, trink' Wein, das ist das Beste, Vergiß im Rausch, was Pein, das ist das Beste; Don Pol zu Pol voll Wirrsal ist die Welt: Im großen Wirrsal wirr sein ist das Beste Tändelnd an den schönen Haaren, Rief ich: „Heile meine Wunde!" Doch sie sprach: „Die Locken fahren Laß, und häng' an meinem Munde: Nach dem Vollgenuß der Stunde Geize, nicht nach langen Jahren," Aus dem Buche der Natur Lerne Edelsinn und Treue: Jeden, der dein Herz durchbohrt. Wie der Schacht durck Gold erfreue: Wer dich steinigt, wie der Baum Schatten ihm und Frucht erneue; Wie die Muschel, wer dich schlägt, Perlen in die Hand ihm streue. Daß sich dein Haar so zierlich dreht, wie kommt es? Daß, Augen, ihr so schmachtend seht, wie kommt es? Mir Rosen hat dich Niemand doch bestreut; Daß, ihnen gleich, dich Dust umweht, wie kommt es? LonftanNnopet lvv 4 Rudolph Hirsch. Soldaten und Sänger. ^ab' leider nicht in Schlachten mitgeschlagen, Zerhau'n von Wunden nicht sind meine Glieder; Doch schlug ich auf der Harfe manche Lieder, Die hat der Wind in manches Ohr getragen; Vom Dhr in's Herz, drin Lieder Wurzel schlagen, Daß stolz sich hebt der Küraß wie das Mieder, Und weiter dann, bei Menschen treu und bieder, Pom Herzen in die Faust, wenn's galt zu wagen. — Daß Sänger nach des Kampfes heißen Mühen Ganz hinter'm Heere, bei'm Gepäcke ziehen. Je nun, 's ist Brauch; doch herrlich bleibt die Sitte: M,!N. Daß vor der Schlacht sie ihre Harfen stimmen. Und wenn die Feuer spät im Lager glimmen, Ihr Siegestraum durchweht der Zelte Mitte! Mmllnii NM Legende von der heiligen Elisabeth (Isabel), Königin von Portugal. Jahre des Heils 1271 beschenkte die Königin von Aragon, Constanze von Neapel, ihren Gemahl Don Pebro HI. mit einer Tochter, die in der heiligen Taufe nach des Vaters Mutter-Schwester, der heiligen Landgräfin von Thüringen, den Namen Elisabeth erhielt. Schon dieses Kindes Geburt kündete seinen segensreichen Beruf: Frieden zu bringen in die feindlich entzweite Welt; denn aus Liebe zu dem Kinde versöhnte sich der König Jaime von Aragon mit seinem Sohne, dem Vater Elisabeth's, und er sagte von ihr, deren Erziehung er selbst bis zu ihrem sechsten Jahre leitete, im prophetischen Geiste: sie werde an Tugend und Frömmigkeit alle Frauen aus dem Königshause von Aragon überstrahlen. Als sie zur Jungfrau heranreifte, wuchs mit den Jahren der Ruf ihrer Schönheit und Frömmigkeit, und es ließen die Könige von England und Sicilien für ihre Erstgebornen um ihre Hand werben; darum bewarb sich aber auch ein König selbst, Diniz von Portugal. l02 Diesem sagte sie ihr Vater zu, wiewohl er sich nur schwer zur Trennung von diesem geliebtesten Kinde entschließen konnte, dessen frommer, reiner Sinn sicbtbarlich Gedeihen und Segen gebracht hatte über sein Haus. Mau rieth ihm, die Tochter zur See uach Portugal reiseu zu lassen, weil der Landweg, der durch Castilien führte, nicht sicher genug schien wegen des, jenes Land verheerenden Bürgerkriegs zwischen Alfonso X. und seinem Sohne, dem Jnfanten Don Sancho. Trotz¬ dem blieb König Pedro bei der Wahl des Letzteren; denn über seinem frommen Kinde walte so sichtbar Gottes Schutz, daß es keine Gefahr zu scheuen habe. Mit Thränen aber rief der Scheidenden der Vater uach: „Die Trennung von Dir ist mein größter Schmerz, denn Dn bist die beste der Töchter, und Dir ist keine vergleichbar an frommer Zucht und reinem Sinne." So zog sie hin unter dem Geleite des ehrwürdigen Erzbischofs von Valencia; und als sie nach Castilien kam, empfing sie der sonst so rauhe Jnfant Don Sancho mit allen Ehren, entschuldigte sich, sie nicht begleiten zu können, und bestimmte seinen Bruder, den Jnfanten Don Jacob, dazu. Dieser führte sie auch ungefährdet bis an die Grenze von Portugal, wo sie der Bruder ihres Gemahls, der Jnfant Dom Affonso, und der Graf Dom Gonyalo von Portugal empfinge» und sie dem König Diniz zuführten, der ihr bis Trancoso entgegengekommen war. Dort feierten sie die Hochzeit. Auch als Frau und Königin bewahrte sie den frommen, kindlich reinen Sinn, der nicht nach äußerem Glanz und weltlicher Macht strebte, sondern nur nach Verbreitung des himmlischen Lichts, nach der geistigen Gewalt über die Herzen durch Milde, Anmuth und Barm¬ herzigkeit; in all diesen Tugenden ihrem Vorbilde, ihrer nicht blos leiblichen, sondern auch geistigen Verwandten und Patronin, der hei¬ ligen Elisabeth von Ungarn, nachzustreben, war die Aufgabe ihres Lebens geworden! So vertheilte sie reichliches Almosen und suchte besonders jene Armen aufzuspüren und heimlich zu unterstützen, welche, ohne Schuld in Noth gekommen, sich zu betteln schämten. Jeden Putz verschmähend, arbeitete sie mit ihren Frauen, um die Dürftigen zu kleiden und die Kirchen zu zieren; nur auf die strengste Nvthdurft sich beschränkend und Lurch Fasten sich kasteiend, speiste sie die Hungrigen und Pflegte die Kranken mit eigenen Händen. Sie, die in ihrer Ehe so manche Kränkung, so manche Vernachlässigung mit schweigender Geduld uud cutsagender Nachsicht zu tragen hatte, ja selbst die Schwächen und Fehltritte ihres Gemahls zu verhüllen und gutzumachen suchte, sie war unermüdet im Ausfinden der Mittel, um arme Mädchen auszustatten, sie vor den Gefahren der Verführung zu schützen und glückliche Ehen zu stiften. Sie gründete mehrere Hospitäler, wie das große zu Coimbra, die Zufluchtsstätte zu Terra-Nova für reumüthige Gefallene, und die für schutzlose Waisen, genannt das Haus der unschuldigen Kinder zu Santarem. Sie ist die Erbauerin des so berühmt gewordenen Klosters der heil. Clara zu Coimbra, und als sie einst, um mit eigenen Händen den dabei thätigen Werkleuten ihren Lohn zu spenden, eine ansehnliche Summe Geldes in den Falten ihrer Kleider verborgen tragend, sich dahin begab und ihrem Gemahl begegnete, der sie fragte, was sie da trage, antwortete sie ihm — als hätte sie auch vor ihm ihre guten Werke verhüllen wollen — es seien Rosen; und es war so in der That, denn als er, darob verwundert, da es Winter war, darauf bestand sie zu sehen, war das Geld, zum Lohne ihrer Demuth, in Rosen verwandelt, und die fromme Frau hielt mitten im Winter einen Frühling in ihren Armen, wovon das Thor jenes Klosters den Namen des Rosenthors (korta llu kosa) erhal¬ ten hat. ') Trotz dieses frommen Wandels sollten gerade ihre guten Werke sie einer Schuld verdächtigen, die Reine der Schuld bei ihrem Gemahle verdächtigen, die sie ihm so oft zu verzeihen hatte. Denn sie bediente sich eines ihr ganz ergebenen Pagen zur Bertheilung der Almosen, deren Spenderin unbekannt bleiben sollte. Ein anderer Page, neidiseb auf die Gunst, deren sich sein Genosse bei der Königin erfreute, wußte diese Gunst als die Folge eines unerlaubten Verhältnisses dem Könige darzustellen, der nur zu leicht an eine Schuld glaubte, von der er sich selbst nicht frei wußte. So von Eifersucht geplagt, ritt der König eines Tags nach der Waiden-Au bei Coimbra, wo eben mehrere Leute bei den glühenden Kalköfen beschäftiget waren. Da rief er den Werk¬ meister zu sich und schärfte ihm ein, des andern Tages in aller Frühe die Oefen Heizen zu lassen; es werde dann einer seiner Pagen kommen, der in seinem Namen fragen werde: ob sie gethan, was er anbe¬ fohlen; — auf diese Frage sollten sie ihn sogleich in den glühendsten der Oefen werfen, so daß bis zur neunten Morgenstunde der Frevler abgethan sei und aus dessen Asche die Ehre des königlichen Hauses gereint wieder erstehe. — Des andern Morgens trug der König dem Pagen, welcher seiner Gemahlin vertrauter Almosenier war, auf, sich um sieben Uhr zu den Kalköfen zu begeben und dort die Leute zu fragen: ob sie gethan, was der König anbefohlen? — Der Page aber, der sehr fromm war und eben nur deshalb sich der Gunst und des Vertrauens der Königin erfreute, konnte, da ihn sein Weg nach den Oefen bei dem Kloster des heiligen kranomous llu ?ontv vorbei¬ führte, der Stimme nicht widerstehen, die ihn ins Gotteshaus ries. Mit Andacht wohnte er einer heiligen Messe bei, und als darnach eine zweite gelesen wurde, auch dieser; so daß es eben neun schlug, als er aus der Kirche trat, Unterdeß hatte der König, von Unruhe und Reue gefoltert, den andern Pagen, der seinen frommen Genossen bei ihm verleumdet hatte, nach den Kalköfen gesandt, nm dort die Leute in seinem Namen zu fragen: ob sie gethan, was er an be¬ sohl en? Kaum aber hatte der Verleumder diese Frage ausgesprochen, so ergriffen ihn die Kalkbrenncr und warfen ihn in den glühendsten der Oefen, wo er zu Asche verbrannte. Als gleich darauf der fromme Page kam und dieselbe Frage that, erhielt er zur Antwort: sie hätten gethan, was der König anbefohlen, — Diesen Bescheid beeilte er sich dem Könige zu hinterbringcn, der höchlich erstaunte, als er den unversehrt vor sich sah, den er als das schuldige Opfer seiner verletzten Ehre gefallen glaubte; und noch wunderbarer ergriffen fühlte sich der König, als er später erfuhr, die diesem bestimmte Strafe habe dessen Ankläger getroffen. Da erkannte der König Gottes Urtheil darin und zweifelte nicht länger an der Unschuld des Verleumdeten und an der fleckenlosen Reinheit seiner Gemahlin ff. — Da ward auch der König von dem heiligen Sinn und der demüthigen Tugend seiner Gemahlin so durchdrungen und erbaut, daß auch er eines reineren Wandels sich befliß und in Liebe und Verehrung sich ihr um so fester anschloß. So konnte die fromme Frau nur um so wirksamer und heilvoller auftreten als Versöhnern, und Friedensstifterin in jener rauhen Zeit, wo die Hab- und Herrschsucht so schnell zum Schwerte griff und selbst die engsten Bande des Blutes zu zerhauen drohte. So versöhnte sie ihren Gemahl mit seinem Bruder Affonso, mit dem er in Fehde gewesen streitiger Gebiete wegen, indem sie dem Jnsanten die ihr als Heiraths- gut verschriebene Stadt Cintra abtrat, und gewann ihn von nun an IM! seinem Könige und Bruder zum treuen Basalten und Freunde. So stiftete sie Frieden zwischen ihrem Eidam, dem Könige Fernando IV. von Castilicn, und ihrem Bruder Jaime von Aragon, indem sie es dahin brachte, daß sie von der Entscheidung des schon gezückten Schwerts abließen, den König Diniz zum Schiedsrichter wählten und sich ver¬ glichen. Nicht minder segensreich wirkte sie in den niedereren und engeren Kreisen ihrer Vasallen und Unterthanen; wie oft hat sie fick unschuldig Verfolgter angenommen, das strenge Recht gemildert, den Schaden aus Eigenen: gesühnt, durch frommes Wort und gute That die Streitsüchtigsten zur Nachgiebigkeit, die Haßentbrannten zu Ver¬ söhnung und Eintracht gestimmt! — Und doch sollte sie, die überall als eine Fricdensbringerin erschien, selbst im eigenen Hause und im eigenen Herzen durch Groll und Zwietracht zwischen ihren Nächsten und Liebsten auf das Schmerzlichste verwundet, auf das Schwerste geprüft werden! — Denn der langjährige Groll zwischen rhrem Gatten und ihrem Sohne, dem künftigen Thron¬ erben Affonso, war durch hetzende Parteien zum offnen, blutigen Kriege geworden, und die Bürger Eines Reiches, Vater und Sohn standen sich schlachtgerüstet gegenüber. Ja, als sie — in der nur die Angst und der Schmerz der Gattin mit den gleichen Gefühlen der Mutter stritt, deren Herz mit gleicher Liebe für Beide fühlte, betete, sorgte — als sie, die Versöhnen» und Friedensstifterin, wie überall, so hier noch dringender ihr Werk der Vermittelung betrieb, mußte sie nochmals erleben, daß ihr Gemahl ihre reinen Absichten, ihr frommes Wirken verkennen konnte. Von Leidenschaft eingenommen, von verleumderischen Höflingen gehetzt, denen die strenge Tugend und die fast klösterliche Zucht der Königin längst unbequem geworden war, sah Diniz in den Bitten der Königin nur sträfliche Verbleudnng der Mutter für den lO7 pflichtvergessenen Sohn, in ihrem Versöhnungsstreben nur heimliche Begünstigung des rebellischen Vasallen, und er entzog ihr nicht nur alle ihr rechtmäßig gebührenden Einkünfte, um, wie er glaubte, ihr die Mittel zu nehmen, den Verrath des Sohnes zu unterstützen, sondern verbannte die lästige Vermittlerin selbst von seinem Hofe und befahl, sie in dem Schlosse von Penos zu bewachen. Obwohl nun ihre Vasallen und Getreuen herbeieilten und sich anboten, sie zu befreien, blieb sie in Haft und duldete lieber alle Entbehrungen als eine Prüfung des Himmels; denn ihr Werk, sagte sie, ihre Anhänger abmahnend von gewaltsamen Schritten, sei nicht, neue Zwietracht anzu¬ fachen und den blutigen Bürgerkrieg noch mehr zu verbreiten, sondern Eintracht zu bringen und Frieden zu stiften. Nur als sie vernahm, daß Vater und Sohn im Begriffe seien, sich bei Coimbra eine Schlacht zu liefern, hielt sie das Gebot ihres Herzens, solch Unheil zu verhindern, für höher und drängender, als dem Eigenwillen ihres irregeleiteten Gemahls noch länger blinden Gehorsam zu leisten. Sie eilte zuerst in das Lager ihres Gemahls und suchte ihn mit den eindringlichsten Vorstellungen und Bitten zu bewegen, von einem solchen Kampfe abzustehen, wo selbst der Sieg nur mit der Schmach seines Hauses und dem Opfer seiner Unterthanen erkauft werden müßte. Vergeblich! — Der allerdings tief gekränkte Vater überwog den Gatten und König. — Darauf begab sie sich in das Lager des Sohnes, ihm nicht minder herzerschütternd sein schweres Unrecht, seine Kindes-Pflicht zu Gemüthe führend. Hier siegte die allmächtige Liebe zwischen Mutter und Kind, und der Jnfant bot die Hand zur Versöhnung. Aber die Unterhandlungen scheiterten an der Hartnäckigkeit des Königs. Es kam zu einem Gefechte, in dem auf beiden Seiten viel Blut floß, aber nichts entschieden wurde. Um so tiefer, um so herzzerreißender war der Schmerz der Königin; aber er lähmte nicht ihre Thätigkeit, er verdoppelte, beflügelte sie vielmehr. Wie ein Friedensengel eilte sie vom Vater zum Sohne, vom Sohne zum Vater, ermahnte, warnte, bat, flehte mit der unwiderstehlichen Zaubergewalt einer weisen und liebenden Gattin und Mutter, und stimmte endlich die widerstrebenden Gemüther für einen friedlichen Vergleich. Nur durch ihre Vermittlung kam der Friede zu Stande und die Waffen ruhten wenigstens für Ein Jahr (1322). Denn kaum war es noch verflossen, so hatten die Zwischenträger, Verleumder und Parteimänner Vater und Sohn von neuem so entzweit, daß sie abermals in den Waffen sich gegenüber standen. Abermals drohte es vor Lissabon zu einer Schlacht zwischen Beiden zu kommen. Elisabeth aber, die fromme Friedensstifterin, bestieg abermals unverwcilt ihr Maulthier, um mit versöhnender Hand den Sohn und Gatten wieder zur Eintracht zu leiten. Sie fand Beide nahe bei Lumiar, eben im Begriff ein Treffen zu liefern. Noch einmal gelang es der weisen liebenden Mutter und Gattin, mit Hilfe des würdigen Bischofs von Lissabon, einem blutigen Kampfe zwischen Vater und Sohn vorzubeugen und Beide zur friedlichen Rückkehr zu bewegen. Wohl hatte dies wahrhaft himmlische Walten der hehren Frau selbst das rauhere, argwöhnische Gemüth des Königs zur liebenden Hingebung gemildert, in anerkennender Verehrung ihrer Tugend geläutert, und er hatte ihr öffentlich und feierlich Abbitte gethan, und sein Herz ihr nun ganz und ungetheilt zu eigen gegeben. — Aber gerade nun sollte die fromme Dulderin dies Herz, das sie durch so viele Opfer endlich ganz gewonnen hatte, bald auf immer verlieren. Denn nicht lange nach der Versöhnung mit seinem Sohne wurde Diniz unwohl. Eine Reise, die er dennoch unternahm, verschlimmerte seinen Zustand; sein vorgerücktes Alter machte ihn bedenklich. Da erkannte Elisabeth wohl, wie ihr eine neue schwere Prüfung, eine durch menschliche Kräfte 109 nicht zu vermeidende Trennung bevorstehe; fie sah aber darin nur eine dringendere Mahnung, noch, so lange es Zeit, ihr so schön begonnenes Versöhnungs-Werk zu vollenden, den äußerlich so glücklich zu Stande gebrachten Vergleich zwischen König und Thronerben durch den inneren Bund der Herzen zwischen Vater und Sohn zu krönen. Sie beeilte sich daher, den Infanten von Leiria, wohin er sich zurückgezogen hatte, an das Krankenbett des Vaters zu rufen. Sie hoffte mit Recht, daß die Stimme der Natur den letzten Mißklang des Grolls und gedemüthigter Herrschsucht übertönen und mit der an das Vergängliche alles Irdischen mahnenden Stimme der Ewigkeit zu einer reineren Harmonie auflösen werde. Der Jnfant blieb nicht taub gegen diese Stimme; sobald er die Lebensgefahr des Vaters erfuhr, braeb er unverweilt auf; tief bewegt, reuezerknirscbt nahte er dem Sicchbette des Vaters, der den wiederkehrenden Sohn mit Ausdrücken der Liebe empfing, ihm wieder¬ holt die Hand zum Kusse reicbte und mebreremale den Segen ertheilte. Um dem Könige mebr Bequemlichkeit verschaffen zu können, ließ ihn der Jnfant in einer Sänfte nach Santarem bringen, wo er, im Gefühle des herannahenden Todes, die letzten Anordnungen traf. Jetzt, wo der Verlust so nahe drohte, erfüllte er Alle mit tiefem Schmerz; denn schon breitete der Todesengel seine sühnende, reinigende Verklärung über den Sterbenden; nun erkannten Alle, welcher Partei sie auch angehört hatten, daß Diniz trotz seiner menschlichen Schwächen ein großer Mann, ein weiser Regent, ein Vater seines Volkes gewe¬ sen sei. Jeder, auch der Geringste, wollte noch einmal die theuren Züge des geliebten Königs sehen. Doch was ein Jeder selbst fühlte, vergaß er im Hinblick auf Das, was die Königin für ihren kranken Gatten that und empfand. Nächst ihm erregte sie die allgemeinste Theilnahme, und erwarb fick durch ihre Zärtlichkeit, Umsicht, Geduld no und fromme Standhaftigkeit Aller Liebe und Verehrung. Ihr tiefer Schmerz hinderte sie nicht, rastlos thätig zu fein für ihren Gemahl. Als ob außer ihr ihn Niemand zu Pflegen vermöge, verrichtete die Königin die geringsten Dienste einer gemeinen Krankenwärtern!. Ihre liebevolle Sorgfalt fesselte sie Tag und Nacht an des Königs Kranken¬ lager, und nur so lange seine Minister in Angelegenheiten des Reichs mit ihm arbeiteten, entfernte sie sich in das Betzimmer der königlichen Burg, um für ihn des Himmels Hilfe und Gnade zu erflehens. In den ersten Tagen des Januars 1325 schien die letzte Stunde des Königs gekommen zu sein. Er versammelte seine ganze Familie und die Vornehmsten seines Hofstaates und seiner Getreuen um sein Sterbelager, um Abschied von ihnen zu nehmen. Er hielt eine tief ergreifende Rede, in welcher er einen Rückblick auf sein thatenreiches Leben warf und seinem Sohne die Sorge für seines Volkes Wohl eindringlich ans Herz legte, und schloß sie mit folgenden an die Köni¬ gin gerichteten Worten: „Im Gefühle meiner zunehmenden Schwäche, die den Lebcnsfaden jeden Augenblick fallen zu lassen droht, breche ich hier ab und schließe meine Rede damit, daß ich die Königin, meine Gattin, die hier anwesend und deren Liebe zu euch bekannt genug ist. Allen empfehle. Meine Liebe zu ihr, war sie zu einer Zeit nicht so groß, möge es nun sein, da ich die Königin euch empfehle; denn ich hege das Vertrauen, daß durch sie «nein Name gekannt und das Reich geehrt werde." — Und als nach einer kurzen trüglichen Hoffnung am 7. Januar seine Todesstunde wirklich eintrat, sprach er fast mit dem letzten Athemzuge zu seinem Sohne die Worte: „Ich sterbe, lieber Sohn, und nur ein Gedanke beunruhigt mich bei der Erinnerung an Deine Mutter, der ich in meinen jüngeren Jahren einigen Verdruß verursacht habe. Was Du, um Dir zu genügen, des Vergangenen in wegen mir erweisen möchtest, das erweise nun ihr reichlich in Liebe; meinen und ihren Segen wirst Du dafür haben." — Darauf von dem Sohne sich wendend, sagte er der Königin das letzte Lebewohl und verschied, ein Crucifix in der Hand, bald nachher I. Bald nach des Königs Tode entsagte die Königin der Welt, ver¬ tauschte ihr königliches Gewand mit dem Nonnen-Habit der Clarisse- rinnen, und nachdem sie zu Fuß eine Wallfahrt nach Santiago gemacht hatte, zog sie sich in das von ihr gegründete Kloster von Santa Clara zu Coimbra zurück, nm dort in Gebet, Bußübungen und guten Werken den Rest ihres Lebens zuzubringen. Nur kurz vor ihrem Tode verließ sie noch einmal die klösterliche Einsamkeit, um noch einmal die schönste Aufgabe ihres ganzen Lebens zu erfüllen, sich der Welt noch einmal als Friedensengel zu zeigen. Sie begab sich nämlich nach Estremoz, nm zwischen ihrem Sohne, dem nunmehrigen Könige Dom Affonso IV., nnd ihrem Enkel, dem Könige Don Alfonso XI. von Castilien, Frieden zu stiften. Als ihr auch dies Werk noch die sichtbar mit ihr waltende Gnade Gottes hatte gelingen lassen, sollte ihr selbst der Lohn zu Theil werden, nach dem sie sich sehnte, indem sie zu einem besseren Leben abgerufen wurde. Als sie die Stunde ihres Todes nahen fühlte, sagte sie zu ihrer Schwiegertochter, der Königin Dona Briatis, sie sehe die heilige Jungfrau, ganz weiß gekleidet, und wie an diese sich wendend, rief sie: Heil'ge Mutter voller Gnade, Mutter der Barmherzigkeit, Schüße Du uns vor dem Feinde, Unser Hort in Todesstunde °). Sie entschlief selig im Herrn den 4. Juli 1336. Im Jahre 1516 wurde Elisabeth vom Papst Leo X. selig, und 1625 von Urban VIII. heilig gesprochen. Die Kirche feiert ihr Fest am 8. Juli. 112 Unter allen Wundern, die sie im Leben und nach ihrem Tode gewirkt, ist das menschlich-schönste und geistig-christlichste ihre zauber¬ artige Macht, feindlich entzweite Gcmüther zu versöhnen und den Haß in Liebe zu verwandeln, so daß der Name Elisabeth gleichbedeutend mit dem eines Engels des Friedens geworden ist. Mem ') Daher wird auch diese Heilige gewöhnlich mit Rosen im Schooße abgebildet. ?) So findet sich in unserer Legende Wohl eine der ältesten abendländischen Qnellen der weit verbreiteten und Vielfach bearbeiteten Fridolin-Sage. Man vergleiche hierüber' „Balladen und Romanzen der dcutschenDichter Bürger. Stollberg und Schiller. Erläutert und auf ihre Quellen zurüekgeführt" (Berlin, 1827. in 8. zu Schiller'^ Ballade: „Der Gang nach dem Eisenhammer." S. litt - 197) von Fr W. V. Schmidt, dem aber unsere Legende unbekannt geblieben zu sein scheint, trotzdem daß sie schon im l7. Jahrhundert über die ganze Vyrcnäischc Halbinsel verbreitet war, iknniß». Koma, 1625. 8. pax. 18 — 20). Auch unsere Legende ist in Romanzcnform Von einem portugiesischen Dichter der neuesten Zeit bearbeitet worden (Nomanceiro I'ortuKue?. Oomp. por Ignaeio I'irarro lle ülorses 8armento. I.isboa 1841. 4. ll'omo I. kom. 1.), und auch ein spanischer Dichter hat den Stoff drama- tisirt, freilich mit Verlegung nach Castilien und in die Zeit der Grafen b'ernan Konralex und 6srci bernsnller (Nira lle LIeseua, Po <;uo puelle e! oir niisa). °) S- Schäfer, Geschichte von Portugal. Bd. I. S- 378—380. ') S. Schäfer, a. a. O. Bd. I. S. 381—382. ') Alaria mä)> lle ßrays, iblsy lle mi8erieorllia: Vos nos llekenllei llo inimißo, k guarllai na Hora lla morte. Fnnij HriÜMtt. 1. Einem Sotvnten. ^och und erhaben steht des Lebens Baum Und breitet in den Luftkreis seine Neste, In Grün und Gold erglänzt der breite Raum Und singend freu'n sich ungebetne Gäste. Von Blüth' und Frucht sind seine Zweige schwer, Er läßt den Ueberfluß zu Boden fallen, Und Alles lagert froh sich um ihn her, Daß er Genuß und reiche Labung Allen. Doch nur die eine Hälfte glänzt im Licht, Und gilt daher als Baum in jedem Munde, Die zweite Hälfte sieht dein Auge nicht, Weil sie sich birgt in tiefsten Bodens Grunde. 114 Dort saugt sic ein den crdgebornen Saft Und treibt ihn in die lichte, bunte Höhe, Sie gibt den Halt, des Widerstandes Kraft, Damit dem Sturm das Laubdach widerstehe. So schließt sich in sich selbst der stolze Bau, Nach oben Fortschritt, Wechsel und das Neue, Die Wurzel stcitig, fest und altergrau, Dasselbe, was bei Menschen heißt: die Treue. Treu jedem Wort, das Mann dem Manne gab, Treu jener Wahrheit, die mit uns geboren, Dem Lande treu, das Wiege uns und Grab, Dem Fürsten treu, dem wir den Eid geschworen. Uns hat der Sturm geschüttelt letztes Jahr Und abgestreift die Blüthen und die Früchte, Au denen nichts als unser Dünkel wahr, Nach kurzer Frist, so gieng der Baum zunichte. Allein die Wurzel hielt. Was Worte leer Geraubt den weisheitstrunk'nen andern Ständen, Das hielt ein einz'ger fest. Es war das Heer, Im Herzen treu und stark in seinen Händen. Sie riß nicht der Versuchung Stimme fort, Die Pflicht entgegen setzten sie dem Wahne, Sie hörten nur des Führers ernstes Wort Und sahen nur die unbefleckte Fahne. 1,5 8' So steht der Baum in neuverjiiugtem Saft, Den sturmgebeugten Wipfel hoch erhoben, Und halten wird ihn auch der Wurzel Kraft, Bcliebt's dem Sturm, von anderwärts zu toben. 2. Lebeusregel. Will eine Meinung dich gewinnen, lind fällt die Wahl, wie öfter, schwer, So frag', willst du dich recht besinnen, Nur nach dem Was, dem Wie, dem Wer. Das Was? es gälte wohl das meiste, Doch rein zu lösen ist cs nie, Zumal bei aufgeregtem Geiste, Dann geh' du weiter auf das Wie? Durch welche.Mittel sich behaupte Die Meinung auf dem Weg zum Ziel? Und sind es schlechte, unerlaubte, So hast du schon gewonnen viel. Doch ost verschafft sich auch das Rechte Nur durch Gewalt den schweren Sieg; Man ist nicht wählig im Gefechte, Denk' nur als Beispiel an den Krieg. Dann bleibt das Wer? als letzte Frage, Als Leitstern zur Entscheidung dir; Wer deiner Meinung Fahne trage Und wer sich schaare unter ihr? Sind's Menschen, die du saust wohl meidest, Dienstbar dem Wahn, dem Trug, dem Lohn Indem du von den Schlechten scheidest, Hast du dich auch entschieden schon. Men. Wh Paoli. 1. Neue - Itiekel - kdgre8. i^)om dunkeln Fichtenwald umbraust. Lehnt die Ruine an dem Hügel; Der Zahn der Zeit, des Sturmes Flügel, Sie haben tüchtig hier gehaust! Roth glüht des Abendhimmels Feuer Durch das gespalt'ne Dach herein, Von dem geborstenen Gemäuer Löst sich, zerbröckelnd, Stein um Stein. Des Epheus grün Geflechte schlingt Sich um die Pfeiler und Balcone, Ein Siegeszeichen, das zum Hohne, Natur, die ewig junge, schwingt! Sie, die aus unerschöpfter Fülle Stets neues, kräftiges Lebe» treibt, Jndeß zu Schutt und zu Gcrüllc Das Werk der Menschenhand zerstäubt! Und stille sinnend sitz' ich dort So manchen Sommertag und Abend, Am Gluck der Einsamkeit mich labend. Gestört von keinem Menschenwort, Verkehrend nur mit den Gedanken, Die, wenn der Dämon in mir spricht, Durch die bewegte Seele schwanken. Jetzt dunkel und jetzt wieder licht, — So saß ich gestern erst, allein Wie immer, in den öden Hallen Und ließ an mir vorübcrwallen Phantast'scher Bilder bunte Reih'n. Ich fühlte sie mich überkommen, Mich überwält'gen je und je; Mein Herz war bang und war beklommen Von einem räthselhaften Weh. Gedenken mußt' ich schwermuthvoll In meines Geistes wachem Träumen Der Zeiten, da in diesen Räumen Der rasche Strom des Lebens schwoll, — Der längst zu Staub zerfall'nen Herzen, Die bang und freudig hier gepocht. Von Wonnen bald und bald von Schmerzen, Von Lust und Jammer unterjocht. M Was schmeichelnd und was ungelind Sich wechselnd ihrem Sein verwoben, Ihr Lieben, Hassen ist zerstoben, Dahingegangen in den Wind! Wonach sie heiß verlangend stritten Kis zu dem letzten Kampf und Hauch, Was sie genossen, was sie litten, Entschwunden ist's, verweht wie Rauch! Wie Rauch? Da sah ich an der Wand, An des Kamines spitzem Bogen Die dunkle Spur, die hier gezogen Des Herdes halbverglühter Brand. Ich fuhr empor, von Grau'n durchschaucrt! Erschüttert sah ich Glück und Leid Der Menschenseele überdauert Vom Sinnbild der Vergänglichkeit. Ihr Todtcn! rief ich, tief und fest Nun schlummernd in den Grabeshallen, Seht hier von enerm Erdenwallen Den letzten, einz'gen Erdenrcst! Der Rauch, der eure Hallen schwärzte, Er zeigt sich noch der Enkel Blick, — Von dem, was euch beglückte, schmerzte, Blieb keine, keine Spur zurück! O Gott! mein Gott! ist diese Wett Des Menschen Grab wie seine Wiege? Ist sie, auf kühner Fahrt zum Siege, Nur Deiner Kämpfer wandelnd Zelt? Vermengt uns mit dem Staub der Erden Ein unerbittliches Geschick? Bleibt, weil wir ganz zum Lichte werden, Kein Schatten hier von uns zurück? — — Noch lange saß ich, wie gebannt, Wie einer Geisterantwork harrend, Mit unverwandtem Auge starrend Auf jene Streifen an der Wand. Dann schied ich. Doch noch an der Pforte Blicks ich nach ihnen um; mir war's, Als läse ich die droh'nden Worte Vom Gastmahl König Belsazar's. 2. Nachts. In stiller Ruhe liegt das Land, Der Nachtwind streifet feuckt und kühl; Was ist es, das den Schlaf verbannt Und scheucht von meinem müden Pfühl? Was ist's, das mich nicht ruhen läßt, Im fiebernden Gehirn mir spuckt, Durch jedes Nervenstamms Geäst Wie eine Naphtaflammc zuckt? Je Heller mich sein Licht umgleist. So ferner rückt mir Ruh und Rast, So wilder, heißer wird mein Geist Von glühn'den Sehnens Brand erfaßt! Dem Sehnen nicht, das ird'schcm Theil Nachjagt in ungestümer Flucht: Dem unstillbaren, das sein Heil Nur mehr in andern Welten sucht! Ich aber bin der Erde Kind Und stehe in des Lebens Neih'u! Ob es mir hold, ob uugelind. Ich will mich nicht mit ihm entzwei'n. Wohl zieht der Mond den Zauberkrcis Um mich stets näher, enger stets, Allein mit einem Ruck zerreiß' Ich seiner Fäden Silbernetz. Der mich verfolgt mit solchem Groll, O nur zu wohl kenn' ich den Feind! Es ist der Mond, der bleich und voll Herein in meine Stube scheint. Ich fühl' die kalte Geisterhand, Womit er mich zu fassen strebt, Jedweder Strahl ein Fesselband, Das er nm meine Sinne webt. Den Vorhang laß' ich rasch herab, Die beiden Laden schließ' ich zu! Nun ist es dunkel wie im Grab Und um mich her die tiesste Ruh'. Jetzt komm, o komm, ersehnter Schlaf, Daß ich, was mich an Lust und Harm Am wechselvollen Tage traf, Vergessen mög' in deinem Arm. — Umsonst! umsonst! den ich nicht seh'. Ich fühle ihn, den mag'schen Glanz! Mit tief geheimnißvollcm Weh Bezwingt er mir die Seele ganz; Daß ich ihn so von mir gebannt, Ein Frevel dünkt's mich, eine Schuld, Als hätte ich mit rauher Hand Zurückgewiesen treue Huld! Als hätte ich, von Trotz erfüllt. Dem Freund den Weg zu mir verwehrt, Vor einem Ange mich verhüllt, Das sehnsuchtsvoll nach mir begehrt! Als hätte ich, ein mystisch Band Verhöhnt mit. übermüth'gem Scherz, Don meinem Bruder mich gewandt Und ihm verschlossen Thür und Herz! — Dort durch die schmale Ritze quillt Ein halbgebrochner Dämmerschein; Er lockt so süß, er fleht so mild,- Verbannter! nur herein! herein! Den Vorhang weg! die Laden auf! Sei mir gegrüßt viel tausendmal! — Auf's Neu', in ungehemmtem Lauf Ergießt auf mich sich Strahl um Strahl! — Ich weiß es, was vor dir erbebt Und deine Geisternähe scheut. Die Fessel ist's, um mich gewebt Vom trüben Stoff der Menschlichkeit; Des Staubes Antheil ist's allein, Was bang und feig vor dir sich schreckt, Wenn ahnungsvoll dein klarer Schein Des Heimwehs Qual in mir erweckt. Der Strahl jedoch, in meine Brust Wie in ein dunkles Grab gesenkt, Er danket dir mit sel'ger Lust, Der stundenlang ihm Freiheit schenkt! Er unterwühlt des Körpers Bau, An den ihn knüpft ein harter Bann, Bis er in's duft'ge Aetherblau, Erlöst, zu dir entfliehen kann. Vien. Igim; Frwj Liistclli. Die Beichte. Tin? LegkNdk. Äei einem Trinkgelage Kam eine tolle Schaar Im Uebermuth zu sprechen Aus Priester und Altar. Und Einer sagte: Brüder! Was kann uns denn gescheh'». Wenn wir zu Ostern Alle Zum Spaß zur Beichte geh n? Ei! sprach darauf ein And'rer, Ich hab' dazu nicht Lust, Und wetten will ich, Bruder, Daß Du cs auch nicht thust. 125 Die Wette ward geschlossen. Die Andern stimmten ein. Sie gelte zwanzig Flaschen Creman-Champagner-Wein. Doch ward dabei bednngen, Wenn er gebeichtet, muß Er auch genau erfüllen Die auferlegte Buß'. Am Ostcrtag er richtig Den Weg zur Kirche nahm. Und harrte bei dem Beichtstuhl, Bis er zur Reihe kam. Im Stuhl ein alter Priester Mit weißen Haaren saß, — Er sprach zu ihm: „Herr Pater! „Ich beichte nur zum Spaß. „Es gilt nur eine Wette „Von zwanzig Flaschen Wein, „Und darnm mnß icb bitten, „Ihr Ohr mir jetzt zu leih'n. „Ich habe viel gesündigt, „Doch mach' ich mir nichts d'raus, „Gelogen und betrogen, „Doch mach' ich mir uicbts d'raus. 126 „Ich habe falsch geschworen, „Doch mach' ich mir nichts d'raus. „Geflucht als wie ein Heide, „Doch mach' ich mir nichts d'raus. „Ob Sie mich absolviren, „Da mach' ich mir nichts d'raus, „Nur bitt' ich jetzt von Ihnen „Mir eine Buße aus." Der Priester d'raus: „Obschon du „Mir beichtest uur zum Hohn, „So will ich doch die Buße „Dir geben, böser Sohn! „Mußt täglich viermal sprechen, „Was ich dir jetzo sag', „Am Abend und bei Nachtzeit, „Am Morgen und Mittag: „Es lebt ein Gott im Himmel, „Doch mach' ich mir nichts d'raus, „Ich muß, wie Alle, sterben, „Doch mach' ich mir nichts d'raus; „Jenseits wird Gott mich richten, „Doch mach' ich mir nichts d'raus, „Es gibt auch eine Hölle, „Doch mach' ich mir nichts d'raus.' 127 Der Frevler ging von dannen Und hatte Freude dran. Daß auf so leichte Weise Die Wette er gewann, Am Abende entschieden Die Brüder, daß nur dann, Wenn er die Buß' erfüllte, Die Wette er gewann. Zum ersten Male plappert Er leicht den Spruch daher, Zum zweiten Male zögert Damit er etwas mehr. Und als er wiederholen Ihn will um Mitternacht, Da war sein Kinderglaube Mit einem Mal erwacht. Er stockte, und die Worte: „Da mach' ich mir nichts d raus," Die bracht' er jetzt vor Schauder Schon gar nicht mehr heraus. „Es gibt ein höchstes Wesen, „Ein ewiges Gericht, „Es gibt auch eine Hölle," Rief er, - „ich zweifle nicht." 128 Von nun an sich zu bessern, Faßt er fest den Entschluß, Er gieng im Ernst zur Beichte Und that im Ernste Buß'. So ward ein großer Frevler Durch Gottes Gnad' und Huld Zum rechten Pfad geleitet Durch seine eig'ne Schuld. Men. Lrmj Schm »m Schlecht -MHrii. Schneeglöckchen. Hingelehnt an deinem Grade, Gute, die so früh erblich, Such' auch ich nach einer Gabe Der Erinnerung für dich. Doch vor liebevollen Spenden Blieb noch kaum ein Plätzchen leer, Und, gepflegt von treuen Händen, Strahlt ein Garten rings umher. Welch ein funkelndes Gewühle, Welch ein mannigfacher Kranz! Weiden hauchen milde Kühle Ueber dlesen Feuerglanz. O des wonnevollen Bundes: Schönes Lieblichem vereint! Jedes kündet, blüh'nden Mundes, Was der Geber still gemeint. Sei denn du von mir erlesen, Sansteste in Flora's Reich, Welcher Sie an holdem Wesen War vor allen ander'n gleich; Die, ein Licht vom Lenz' entzündet Auf des Schneegefildes Flaum, Ihres Schöpfers Lob verkündet Und verlischt, geboren kaum. Wand're denn zur bunten Reihe, Wurzle fest im weichen Moos, Zeichen warmer Freundestreue, Zart wie sie und anspruchlos. Zwar sank schon dein Glöckchen nieder Mit dem keuschen Silberschein: Aber, kommt der Frühling wieder, Wird dein Gruß der Erste sein! Men. 13l Lnmj Hermini voli HminimHiil. Ein Miihrchen. ^rn armer Schuster ivar ernmal, Der lebt' in herber Noch; Ihm ward von seiner Kunden Zahl Nur karg sein täglich Brot. Er rührte sich und regte sich, Doch wollt' ihm Nichts gedeih'», Er rief das Glück so flehentlich. Allein das Glück rief „Nein!" Sein treues Weib hals wacker mit. Liebvollen Angesichts, Durch manchen Stich und manchen Schnitt. Allein es frommte Nichts: Der arme alte Schuster blieb Ein armer alter Mann, Dem auf die Stirn' das Schicksal schrieb, So schien es, seinen Bann. 132 Und eines Abends saß er da, Sein Alles, was er vor sich sah, Ein Stücklein Leder war, Das reichte eben knapp noch zu Für ein Paar kleine Kinderschuh', Dann war er blank und bar. Bei einem Lämpchen matt und schlecht Schnitt er das Leder noch zurecht, Und kommt der nächste Tag, Will er zur letzten Arbeit geh'n, Und nach den letzten Kunden seh'«, Sein letztes Stücklein Brot erfleh'n, Dann helfe, was da mag. So thut er denn die Lampe aus, — Das alte Ehepaar- Hat, wie so manches lange Jahr, Nur Seufzer statt dem Abendschmaus, Bis es in Schlummer war. Doch als die Sorge endlich tief Auf ihrem harten Lager schlief, Und ihr ein holder Traum vielleicht Ein süßes Honigtröpflein reicht — Sieh', was begibt sich jetzt! Ein günstig Wunder soll gescheh'«, Davor, wenn sie's mit angeseh'n. Sie sich wohl gar entsetzt. Das enge finst're Kämmerlein Erfüllt ein rosenheller Schein, Wie Sonnenaufgangsglanz; Ein Geistcrlein, so fein und zart, Erhellt mit seiner Gegenwart Die dunkle Zelle ganz. Gleich schwebt es an den Arbeitstisch, Macht dort sich an das Leder frisch. Und sticht und zieht so emsig fort, Und athmet nicht, und spricht kein Wort, Und reicht' erst knapp der Vorrath zu Für ein Paar kleine Kinderschuh', So sichst du setzt im Nu, Du siehst's, und weißt nicht, wie's gescheh'», Zwei Paare völlig fertig steh'n, Wie du sie netter nie geseh'n. Und als der Geist sein Werk vollbracht, War's plötzlich wieder dunkle Nacht; Er kam — woher? kein Mund erfragt's, Er schwand — wohin? kein Wörtlein sagt's, Nur zeugt, daß er zugegen war, Von Kinderschuh'» das Doppelpaar. Hast eines Abends du vielleicht Dein letztes Kreuzerlein Mit einer Brust, die minder leicht, Gesteckt ins Beutelein, Und hat vielleicht dir über Nacht Ein Geist, den Menschen hold, Ein zweites noch dazu gebracht, Und etwa ein's von Gold — Dann weißt du, wie dem Schuster war, Und was sein Weib empfand, Als Morgens früh das dürst'ge Paar Am Arbeitstische stand. Sie reiben sich die Augen lang; Weil sie geträumt so froh, War Einem wie dem Andern bang'. Sie träumten jetzt auch so. Sie rufen sich, sie schütteln sich, Schau'u sich verwundert an. Der Schuster gibt sich einen Stich, — Nur, weil der weh gethau, Weil Blut, das ihm vom Finger rann, Die kleine Wunde deckt: Nur darum glaubt's der arme Mann, Daß ihn kein Traumbild neckt. „Zwar nicht begreifen läßt sich's fast", So ruft er endlich aus; „Doch war gewiß ein milder Gast, Da uns die höchste Noth erfaßt. Zur Nacht in unsrem Haus. Und war's vielleicht ein guter Geist, Der sich so hold erwies, Die Dankesthräne, die ihn preist. Erfreut ihn auch gewiß!" Sei eine Gabe noch so klein, Der Armuth dünkt sie groß. Wer gestern Nichts noch nannte sein, Reich' ihm von Mild' ein Tröpfelein — Heut ist er sorgenlos. Ein schönes Glück des Armen ist, Er ist mit Wenig reich. Die Gabe, die du nicht vermißt, Erfüllt mit Trost ihn gleich. Wer glaubt, es sei ein ärmlich Ding Um zwei Paar Kinderschuh', Und vollends lächerlich gering. Wenn man als Spende sie empfing. Der hatte Herz und Auge zu. Seit er durch's Leben ging! Und wem's nicht recht, der änder's sich. Doch ich berichte treu: Die Sorge von dem Schuster wich, Und Hoffnung strahlte neu. Bald sind die Schuh' an Mann gebracht, Ein Käufer kommt geschwind, Weil sie, das Werk der Geistermacht, So gar vortrefflich sind. Bezahlt sind sie ihm über'n Wertb, Und Brot und Fleisch ist da. Und lustig wird es auf dem Herd, Wie er es lang' nicht sah. Die Noth war nur ein Kinderspiel, Man ißt und tunkt und plaudert viel, Hat Geld für Leder noch dazu Auf zwei Paar große Mäunerschuh': Das wird auch heut noch angeschafft. Geschnitten noch zurecht — Das Lämpchen war heut minder schlecht — Und morgen mit erneuter Kraft, Das Herz gestärkt von Rebensaft, Soll's wieder an die Arbeit geh'n, Die bald soll blank vollendet steh'n. Nun wird die Lampe ausgeweht, Und schwere Seufzer nicht, Heut steigt ein süßes Dankgebet Empor zum Sternenlicht. Doch als das Paar nun sanft und tief, Erquickt an Leib und Seele, schlief, Begibt, was gestern, sich: Das Helle, zarte Geisterlein Stellt wieder sich zur Arbeit ein, Und treibt sie emsiglich. Schnell, wie Gedanken sind, Handthiert mit Pech nach Handwerksbrauch, Mit Ahle, Draht und Leisten auch. Das lichte Geisterkind. Es zieht und sticht so emsig fort, Und athmet nicht, und spricht kein Wort, lind reichte erst das Leder zu Für zwei Paar große Männerschuh', So siehst du jetzt im Nu, -Du siehst's und weißt nicht, wie's gescheh'», 137 Vier Paare völlig fertig steh'n. Wie du sie netter nie geseh'n. Laßt euch das Wunder, das, wie heut. In mancher Nacht sich noch erneut, So wie es uns berichtet war, Berichten kurz und klar: Der Schuster schneidet manchen Tag Stets mehr des Leders zu. Und als der Morgen draußen lag. Da fand er auch in Doppelzahl, Vortrefflich, wie das erste Mal, Vollendet blank die Schuh'. Es füllten sich die Schränk' ihm an. Stets war der Beutel voll, Der Schuster war ein ganzer Mann, Und fast vor Freude toll. Da fällt ihm eines Abends ein, Als er zu Bette geht, Das nun im schmucken Kämmerlein Gar wohl gepolstert steht: Mit eig'nen Augen möcht' er noch, Was Nachts geschieht, beschau'». Und dem großmüth'gen Spender doch Ein Wort des Danks verträum Dort hinter jener Thür versteckt, Sei lauschend heut gewacht, Und so das Wunder aufgedeckt. Das sie so glücklich macht. Sein Weib, dem er sich anvertraut, Sie widerräth es sehr, Sei's, daß ihr vor Gespenstern graut, Sie leistet Gegenwehr. „Ach, thu's nicht!" ruft sie angstbeengt, „Wer weiß, ob es auch frommt. Und ob die Neugier, die dich drängt. Dir auch zu Gute kommt. Wollt' er, ob Menschenkind, ob Geist, Der solche Wohlthat uns erweist, Geseh'n von unfern Augen sein, Thät' er's geheim nicht und allein. Das Lauschen, so versteckt und still, Ist auch kein schöner Brauch, Und wenn er unfern Dank 'mal will, So zeigt er sich wohl auch." Den Sckuster aber drängt Etwas, Er muß sich machen Luft: „Ei, liebes Weib, vernimm noch das, Ein's ist, so ohne Unterlaß In mir „Erfüllung!" ruft. Des Schusterhandwerks, frei heraus. Bin ich nun endlich satt. Die spitz'ge Ahl' ist mir ein Graus, Und gar der garst'ge Draht! Macht mir, ich weiß nicht, Wer, die Schuh', So muß ich sie doch schneiden zu, Und bleib', und leb' ich Jahre noch, Der alte schmutz'ge Schuster doch. Der schon so viel für uns vollbracht, Wird auch noch Eines thun: Ich bitt' ihn noch in dieser Nacht, Soviel er uns noch zugedacht, Um's Geld gleich statt den Schuh'n." Da schweigt das Weiblein Anfangs still, Der Einfall mundet ihr, Und endlich will sie, wie er will, Und spornt ihn selber schier. Gleich wird die Lampe ausgethan, „Husch, hinter jene Thür', Und schleicht der fremde Gast heran, So treten wir herfür." Doch — was geschieht! die Mitternacht, Wo sonst der Geist erschien, Hat leise sich herangemacht, Und leise schleicht sie hin. Sie schau'n gespannten Angesichts, Es horcht ihr lauschend Ohr, Sie aber seh'n und hören Nichts, Bleibt Alles wie zuvor. Da kommt der Morgen gar heran — „Jetzt hin zum Leder frisch!" Wie sie es Abends hingethan, So lag es auf dem Tisch. Und wie es heut gekommen war, Kam's in der nächsten Nacht, Und in der dritten, die das Paar Still lauschend hingebracht; Auch in der vierten, und so fort, Geschnitten blieb, wie's lag, Das Leder trag an seinem Ort, Und also Tag für Tag. Die Zeit der Wunder war vorbei, Der Schuster trieb die Schusterei, Der Geist blieb fern von seinem Haus, Und suchte wohl ein and'res aus. Ob dort er länger blieb als Gast, Ich weiß es nicht, nur zweifl' ich fast. Doch spricht bei mir er einmal vor, So schreib' ich Ein s mir hinter's Ohr: Er gibt sich gern durch Wohlthun kund. Doch hat er seinen eig'nen Sinn, Auf den ich ihm gekommen bin — Er ist Pedant, und hält auf Pflicht, Und schiebt uns fette Tauben nicht Gebraten in den Mund. Wien. Mrl LMM Kitter uw Leitner. Der Fels. Sonett. ^ch Fels, der von des Berges Kronenzacken Der höchste, nun mich streck' empor zum Blauen, Lag einst tief unten in der Weltfluth Grauen, Ein Pfühl für Urgewürm und Meeresbracken. Es pflegte Hai-Gebiß mich zu behacken, Und gräulich Seegeziefer zu umkrauen; — Da fühlt' ich eines Tags die Fluth erlauen, Sich bäumen unter mir des Seegrund's Nacken. Und jäh' erhöht von innerm Gottesfeuer, Stieg frei aus wüster Nacht der Ungeheuer Ich auf zum gold'nen Lrcht, — vor Lust erschrocken Nun steh' ich hier, von Alpenrosen blühend, Im heil'gen Morgenroth des Herrn erglühend, Fromm widerhallend fromme Morgenglocken. Hratz. 142 Kurl Mm Mtmlmmm. 1. Der Frauenlob alt und neu. 8)! t Liebe genannt sei der Sänger Aus alter verschollener Zeit — Der hatte das Spiel der Saiten Dem Dienste der Frauen geweiht. Und was er in langen Jahren Gesungen in Lust und Leid, Er hat es in treuer Minne Dem Lobe der Frauen geweiht. Der ritterlich edle Sänger, Der also die Frauen erhob. Das war aus Meißen Herr Heinrich, Der wackere Frau en lob. All was man von keifenden Weibern, Von Neugrcr und Eitelkeit spricht. Von schwatzhafter Sucht und so weiter — Der Frauenlob glaubte das nicht. 143 Die Frauen und Mägdlein alle. Die dankten ihm süß nach Gebühr; Sie gaben dem Mann ihrer Ehren Gar seltenen Lohn dafür, Die alten Bücher erzählen, Was Mainz dem Sänger erwies, Der Schönheit und züchtige Sitte So hoch und so mannhaft pries. Mich soll cs darum nicht beirren, Daß wir nicht wissen genau, Ob Frau'nlob von Eva's Töchtern Genommen hat eine — zur Frau? Doch schlossen zu allen Tagen Die Sänger und Frau'n einen Bund; Da hatten dazu wohl die Einen Gar mancherlei triftigen Grund, Es haben zu allen Zeiten Die Dichter den Glauben genährt: Die letzte Freistatt der Muse Wird nur von den Frauen gewährt, Drum möcht' ich auch heut zu Tage Ein Stückchen vom Frauenlob sein; Ich fiele sogleich in die Weisen Des sinnigen Altmeisters ein. 144 Ich sänge, um Deutschlands Frauen Mit holdem Gruß zu erfreu'n, Und ihnen als blühenden Teppich Die Blumen der Dichtung zu streu'n. Es sollte vor ihren Augen Ein Frühling des Geistes erstch'n, Es sollten um ibre Wangen Die Düfte des Maien weh'n! Ich brächte die lieblichsten Rosen In Hütte und Palast, Wo immer du, Engel des Weibes, Das Leben gemildert hast! Wo immer du, selber Blume, Das irdische Sein verschönst, Und Kampf und Gefährde des Mannes Mit Worten des Friedens versöhnst! Wo immer die Mutterliebe Am Bettlein der Kinder wacht. Entsagend so manchen Freuden, Hinopfernd so manche Nacbt. Ich würde das schönste der Lieder Der Ehre der Frauen weib'n, An goldener Schnur die Worte Wie schimmernde Perlen reih'n. Ich schlänge die künstlichsten Zeilen, Die je für das Frauengemüth, Für Anmuth, Zartsinn und Milde, Für Liede und Treue geglüht. Ich dankte damit für den Antheil, Den ihre beseelende Gunst Genommen am Streben und Wirken Der schönen poetischen Kunst. Und — sand' ich von allem Gesagten Das Gegentheil nebenbei — So schlöß' ich ein Auge, wie Frau'nlob, Und wär' es, auch alle zwei. Und wenn mir's gelänge, zu sagen, Was Frauenlob's Schüler empfand, Ein Lächeln der Huld zu erringen, Den Beifall von schöner Hand: Verlangt' ich doch nimmer die Ehre, Wie einst dem Frau'nlob gescheh'»: Im Sarge von Frauen getragen, Als Todter zu Grabe zu geh'n. Zch weiß mir ein süßeres Lohnen, Mir fällt noch Schöneres ein: — Zch möchte als Lebender lieber Im Herzen getragen sein! >46 Ich ließe mich ewig so tragen! Doch — weil es gestorben muß sein. So sei'n einst dieselben Herzen Mein weicher Todtenschrein! 2. Der Brautvater (Vbcrösterreichisch.) 'ku, telix ^U8U ta , nube! Altösterreichiich. Mein Kaiser is Bräugger, Dein Töchter! sein Braut, — Glei Han i vor Freuden Jn'n Tisch eini ghaut! D'Gläseln Ham gscheppert, Und gschwäbekt der Wein, — Wen würd' da in'n Lände! D ö Heirat nöt gsreu'n! 's wird überall gheiräth't Und aufgspiett, daß's staubt. Weil der Mensck auf der Hochzeit Ans Himmelreich glaubt. Und wahr is's, und Recht hat An iedwölligs Herz, Wanns nöt mehr, äs was d' Li ab gibt, .. Bon'n Himmel begehrte! io» 147 Ä rechtschaffen Pari, Was zsammständi is, Das troift's mit'n Ehstand, Dös woaß i für gwiß! Und der Kaiser troift's ab Mit'n Töchter! vo Dir! Dös woäß i so gwiß, As wiä zwoämal zwoä vier. Unser Herrgott hals ausgstäffirt An Leib und Seel; Und wann's so is, da thnet's es schon, Da geht's nöt schel. Daß's a liäbs, a guets Leut rs> Dös lest mci in'n Gsicht; — Han schon z' Hallstatt mein neugierigs Gschau auf sie gncht't — Wiä s' daher sän vo Zschl, Und ausgstiegn dein See; — „Der Kaiser is Bräuggerj" Hat's ghoäßen, juhe! An Weg Ham mä d'Eltbögn Unter d'Leut eint druckt. Und so Han i d'Prinzessing Schönmächti derguckt. L48 Ma is mä so gütlä Ganz einwendi gscheg'n, Ma i d'Braut vo mein'N Kaiser Han unverhofft gseg'n! Frei 's Herz hat mä togetzt, — Zu mir ftlm Han i gsagt: „D ö hat i eähm g'rathen. Wann er mi drum hat g'fragt." Han hoämli hi gjuheht: „Dö Zwoä sollen lebn! Und der Brautvater äh, Und d'Brautmuetter dänebn!" „Und 'n Kaiser sein Vater Und d' Mn et ter dazue! Mein Jesäs! i Han Gar not Jubeher gnue!" „Und Boärn und Oesterreich! No ämal ju! Auf ewige Zeiten! Juhessä! juhu!" Und — so ä Töchterl z'hatn, Js schon ä Freud! „Und so än Schwiegersuhn!" Sagn alle Seut. Der Schwiegersuhn bringt ihr Wohl ellä was zue! Haus und Hof, was für Grundstuck'! Und Fahrnussen gnue! Und so jung als er is, Js er dcnnäst gruudgscheidt. Und wiä brav in alln Stucken! Was Rär's bei der Zeit. So z'höchst als er is schon, Aus eähm wird uo mehr! Wer steht auf der Welt Äso da äs wiä Er? Dein Schwiegersuhn — Kaiser! Der Kaiser — der mein! O du kreuzsäkerlot! So ä Brautvater z'sein! Was für Freuden derleb'n Kanu ä Man, äs wia du! Nu so rebi, bei Sätzen, So rügelsam nu! Ja, Gott wird di bsegna Auf viel und viel Jahr ! Grad vor Denier soll dastehn 'n Glück sein Altar. ILO Schön aufputzt mit Sammet Und an golderen Bram, Auf'n Polstern eing'ardeit't All enkere Nam'. Koän Gwalt darf 'n umkeyn, Boanfest mueß er stek'n; Hiut umi soll Allssand, Was zwider is, geh'n. Derweil avä laß Dir Für gwiß vo mir sagn: Daß mä d'Kaiserin z'Wean Auf'n Händn Wern tragn. Und kimmt wasdawöll. Und mag's wiädäwöll seyn, — Mir rueffän auf d'Weit hi Mit Baßstimmen drein: „Boarn und Oesterreich! Allemal ju! Auf ewige Zeiten! Iuhessä, jubu!" Wien. ') An Seine königliche Hoheit den durchlauchtigsten Prinzen Mazi mili au Herzog in Baiern, am >9. August 1853. HttMMll Ilm Lilm. Der alte Kaiserjäger am Pragser See. lCin Tiroler-Kild.) ^ilf schlägt die Pragser Uhr, am Brunnentroge waschen Die Mägde, die zum Trank geführten Kühe naschen Im hühnervollen Hof' frisch eingeführten Klee. Es deckt die Kellnerin den Eßtisch in der Stube: „Auch ein Gedeck für mich, indeß führt mich der Bube „Des Badwirths an den Pragser See." An Felsenblöcken reich belegt mit Moos-Damaste, Führt durch den Wald der Weg, von einem Birkenaste Zum andern hüpft und fliegt die gelbe Zeisigbrut, Im spiegelhellen Bux der schwarzen Heidelbeere Steht hoch der Himmelbrand, wie im Bananen-Meere Der Berberei ein Marabut. 152 Wallhalla von Tirol, die Lärche dein Pilaster! Jedweder Stamm ist Werth, auf einem Doppelmaster Die Flagge Oesterreichs zu tragen, statt den Kranz Vom Baumbart, schlank der Schaft und zierlich, gleich dein Halme, Und hoch am Capital die träumerische Palme Der Kaisersäule von Byzanz. Dicht steht hier Baum an Baum, die Rabenkaravane Ruht ans auf eines Aft's weit blickender Altane, Und drunten liegt der See im Marmorbecken still — Ein Stück vom Himmel, das ein jedes Herz begnadet, Ein keusches Frauenaug', das in der Thräne badet Und es nicht sehen lassen will. Kein Wind bewegt den See, nicht eine Wellenspitze Berührt das Traubenpaar am Strauch der Berberitze, Das über's Wasser hängt, als tränk' es gern davon. Da plötzlich fällt ein Schuß — rings an die Felsenwände Das Echo klopft, es knallt, es dröhnt, es rollt, als stände Im Feuer ein Bataillon. Die Raben schreien auf und flüchten auf die Zinnen Der Dolomite, — dort der Schütz, was mag er sinnen, Die Hände überm Rohr, im Auge Lust und Zorn. Im grauen Schnurbart sitzt versteckt ein heimlich Lachen: Schlafsücht'ge Donner ihr, höhnt er, wollt ihr erwachen! Und greift nochmal an's Pulverhorn. IbS „Landsmann," ruf' ich ihm zu, „hat hier zu Lande Jeder „An Pulver Ueberfluß für eine Rabenfeder?" Der Alte schließt die Pfann', spannt rasch den Hahn und spricht: „Ein alter Fuhrmann, sagt das Sprichwort, hört gern schnalzen, „Im Stand erseh' ichs nicht, und wo die Hähne Pfalzen — »Zum Joch ersteig' ich's nicht. „Gebt Acht nur, wie das knallt; so war's in all den Tagen, „Wo unser Regiment für Oestreich sich geschlagen; „Schön ist's am Scheibenstand, wenn Büchs" an Büchse kracht, „Schön ist die Gemsenjagd, schön ist's, wenn aus dem Haber „Das Rcpphuhn steigt, ich hab's versucht, — das Schönste aber „Im Schützenleben ist die Schlacht!" Mn Prchtlrr. Religiöse Accorde. I. Än trüber Stunde, ^8ohl keine Klage spricht der Mund, Doch drückt das Weh', das Herz ist wund. Windstill' im Meer des Lebens! Am Baum des Daseins nagt der Wurm, Zu Hilfe ruf' ich selbst den Sturm, Doch auch den Sturm — vergebens Kein Freund ist, der es redlich meint, Kein Auge, das mit meinem weint. Ich seh' mich ganz verlassen! Doch — weil verlassen, weiß ich auch: Ein Freund wird bis zum letzten Hauch Mit Liebe mich umfassen! )hm sag' ich Alles, was mich drückt, Was mich erhebt, erschreckt, entzückt, Und wenn ich rathlos zage: Du bists, mein Gott, mein Vaterherz! Du linderst, lösest allen Schmerz, Und schaffst die Nacht znm Tage! 2. Zuversicht. Was Gott thut, das ist wohlgethan. Und ob wir's nicht immer begreifen! Was säen wir aus im blinden Wahn — ! Was würde wohl ohne Ihn reifen! Das Beste zu wollen, genügt dem Herrn, Die Frucht reift an Sonn' und Regen; Das Gute — es ist! — ob nah' oder fern. Auch im Gewitter ist Segen! Drum, was auch kommt, ob licht oder trüb, Ein Tag macht's klar, daß es gut war. Und daß deine Seele in seiner Lieb' — In Gottes heiliger Hutb war! 3. Glaube. Ich erkenne Dich, Gott, — nicht unsichtbar Dem Auge der Liebe, — des Geistes! Du bist mir allewig offenbar, — Und — daß ich Dich fasse, Du weißt es! Im ersten Gruße des Frühlings weht Dein Odem mich an und belebt mich; Ich fühle dich nah' in meinem Gebet, Der heilige Schauer erbebt mich! iss Ich fühle Dich nah' in jeder Gefahr, In jeder tiefinnersten Freude; Inmitten der Menschen geschäftiger Schaar, Und nah' mir aus einsamer Haide. Und wo ich Dich rufe, da. hörst, Du mich auch. Ich rief zu Dir nie noch, vergebens! Du bleibst — ich fühl's — bis zum letzten Hauch Der Mittelpunkt meines Lebens! Im Vaterhanse. Sei mir gegrüßt, und selig geküßt, Wie kaum ein Weib der Erde, Du heilige Scholle, du heiliger Staub An meinem Baterherde! Ach! deine Blumen schauen mich an Wie kleine verzauberte Schwestern! Die Schwalben flüstern mir Grüße zu Aus ihren liebheimlichen Nestern. Wir haben zusammen Ein Laterhaus, Gemeinsam dieselbe Wiege! O möcht' es auch einstens das Plätzchen sein, Wo ich begraben liege! 1S7 Hier scheint mir die Welt noch schön und rein, — Rein mir die Seele wieder! So flüstern mir zu aus Strauch und Baum Die altbekannten Lieder. Mir ist, als hätt' von den Bäumen all' Auch keiner mein vergessen! Sie rauschen so sanft um dieselbe Stell', Wo einst der Knabe gesessen! Der Bach, der hinter dem Hause fließt, Er schwatzt noch dieselben Märchen; Mir ist, als erklänge die blaue Luft Noch von denselben Lerchen! Lom Kirckthurm tönt noch so fromm wie einst Die alte Besperglocke; Es kräuselt sich — dünkt mich — auf meinem Haupt' Des Knaben goldene Locke! Und Alles ist noch, so wie es war An meines Lebens Schwelle; Die alte Mutter, die Natur, Sitzt noch an derselben Stelle; Und schaut mich an — so warm und so tief, Als wollte sie zu mir sagen: Ich bin die Einzige, die dir treu In guten und schlimmen Tagen! 158 Ich bm die Liebe! — o fürchte nicht, Daß sie dereinst erkalte! Und wenn dich die ganze Welt verläßt, - Ich bleibe dir die alte! Ein Schwanenlied. Noch Einmal töne, heiliger Accord, Harmonisch, nm für immer zu verhallen! Dann schweige, Liebe, — denn schon weht der Nord, Und deine letzten — letzten Blätter fallen! Und fallen sie: — der Baum hat doch geblüht. Er trank des Frühlings Luft und Licht und Leben! So war auch reich an Liebe mein Gemüth, Und konnte, ohne zu verarmen, geben! Ich gab mein Bestes, Heiligstes dir hm. Von keinem Wunsch der Erde überschattet; Du hieltst es werth, was dir des Himmels schien, — Doch hat Entsagung bald dein Herz ermattet! Was ich gefühlt, waS du zu fühlen schienst, Das ließ um uns nie unfern Engel weinen. Der Gott, dem ich gedient, und dem du dienst, Zürnt nicht der Flamme in der Brust des Reinen. I5V Du sahst die Erde blüh'n, — Wohl auch für dich! Du hast ein Recht, der Erde Frucht zu pflücken; Des Glückes müd', das einem Traume glich, Entsagtest du — dem reineren Entzücken! Nicht groll' ich dir, (wer grollte dir so leicht?) Daß du das Märchenland so bald verlassen; Nur, daß du gingst, macht mir das Auge feucht, Ohne des Märchens schönen Sinn zu fassen! Die Brücke, die dich schon zurückgeführt, Ist nun — und ist für immer abgebrochen! Wohl! wenn Eriun'rung noch dein Herz berührt. Das von der Erde selig ward gesprochen. Dein Sänger scheidet! — wenn auch wehmuthvoll, Doch segnend dich im tiefsten, tiefsten Herzen! Dies Lied, es sei der letztgeweihte Zoll Der tobten Lieb' im Friedhof meiner Schmerzen! Men. IVO (Larlopago.) W a l d l i e d e r. 1. Kuhe. öaßt mich schlummern, laßt mich träumen, Und vergessen sein der Welt! Unter finstren Waldesbäumen Fühlt mein Jnnres sich erhellt. — Fühlt von Tag sich reich umflossen In des Dunkels Dämmergrün, Drin die Farrenkräuter sprossen Und die blauen Glocken blüh«. Hier an der geheimsten Stelle In dem stillen Waldeshaus, Wo empor sich gräbt die Quelle, Ruhet meine Seele aus. 2. Anter der Tanne. Unter diesen Tannenbaum Streck' ich in das Moos mich nieder. Tanne, rausche deine Lieder! Seele, träume deinen Traum! Spinne golden dein Gedicht Um dich her als lichten Schleier Hier in einsam stiller Feier! Sei getrost, und bange nicht! Was dir Dunkles auch gebracht Dieser Erde rasche Stunden, Wirf es hin als überwunden Dem Vergangnen in die Nacht! Und was immer kommen mag. Lerchenfreudig sollst du's grüßen! Endlich wird erscheinen müssen Der so tief ersehnte Tag! Horch, die Tanne rauscht so kühn, Ob sich schwarz auch Wetter thürmen, Schlagbereit, herabzustürmeu In, des Alpenthales Grün. Rauscht so kühn — und weiß doch nickt. Ob nicht fahren Blitzesflammen Bald herab, die sie zusammen Brennen, bis sie wankt und brickt. - Dufterfüllt ist aller Raum, Frühling ist's auf Erden wieder, — Tanne, rausche deine Lieder! Seele, träume deinen Traum! i. Trost im Walde. Noch rauscht der Wald und der Waldback tost, So mächtig brausend, so mächtig sausend, Gleichwie sie's gethan vor einem Jahrtausend. Dies Rauschen und Schäumen, es ist mein Trost! Sind wir auch entartet und altersschwach, Der Vorwelt Menschheit nicht zu vergleichen. Noch ragen empor die Tannen und Eichen, Noch rauscht der Wald und es toset der Bach! "Men. im. 11' Hrlldm Mimin;. Wunsch und Erfüllung. Äuf der weiten Ungarhaide Sprengt dahin im reichen Zuge Oestreich's Herrscher, — Ihm zur Seite Die Rumänen kühn im Fluge. Dicht am Wagen reitet muthig Ein gebräunter Sohn der Haide, Der an seinem Dolmäny ') fliegend Trägt sein liebstes Prachtgeschmeide. Und der Kaiser blickt mit Freude Auf den kühnen Ungarreiter, Und mit freundlich milden Worten Rief Er nun zu dem Begleiter: .Welch ein schönes Tuch bewahrest Du an Deines Herzens Seite? Flatternd schwirrt es in den Lüften, Wie die Fahne kühn im Streite." 164 „Dieses Tuch," sprach der Kumane, „Gab mir meines Herzens Taube, Meine Lrrsi,?) die mein Friede, Die mein Leben und mein Glaube." „Hat mein König keine Lr^si?" Sprach nun der Kumane weiter, Und bei dieser kühnen Frage Glüht' sein Antlitz hoffnungsheiter. „Nein, ich habe keine Lrrsi!" Sprach der Kaiser. — Der Kumane Barg nun flugs in seinen Dolmäny Seine süße Liebesfahne. Sprechend: „Ei, so mög' mein König Baldigst eine Lrrsi finden, Dann wird er gewiß ein solches Tuch auf seinen Dolmäny binden " Und zwei Sommer sind verflossen — Wahrheit ward der Wunsch des Treuen; Möge sich ein jedes Herz, das Liebe birgt, in Liebe freuen! Men. ') Ein kurzes Oberklcid, das als Ueberwurf umgehangen wird. Elisabeth, besser Lieschen. Intim PllNlinH. 1. Schillerns Leier. ^eht doch jenes Sternenheer, Dort am Himmelsbogen! Nimmer wird die Straße leer, Magisch kommt's gezogen. Funkelnd strahlt der Abendstern, Mars und Juno glühen; Alle Bilder, hoch und fern, Auf uns niedersprühen. Und mich freut der Sterne Lauf, Freut ihr gold'nes Blinken; Ach, wie zieht es mich hinauf, Wenn sie liebend winken. Doch mein liebstes Sternenbild Bleibt die Himmelsleier; Freundlich glänzt sie, hell und mild. Mit gedämpftem Feuer. UW Laßt uns, deutsche Brüder, sie Schillers Leier nennen! Seines Sanges Harmonie Himmlisch anerkennen. So wie Schiller Meister war Bon den Sängern allen. So sei er's für immerdar In des Himmels Hatten. Nun, will's Gott, so sehen wir Schiller einstens wieder. Und von ihm erfleh' ich mir Seine Himmelslieder. 2. Der Nachtwandler. Wie leuchtet der Bollmond so klar und so rein, Als nächtliche Sonne zur Stube hinein! Da hebt sich der Bater mit bleichem Gesicht, Und schauet mit Sehnsucht ins lockende Licht. „O Mütterchen! sieh doch den Vater, wie wild! Gr starrt vor sich hin wie das steinerne Bild. Mich faßt es, als träf' mich ein eisiger Wind; Ach, schone dein krankes, dein sterbendes Kind!" 167 Es neigt sich der Träumer zur Tiefe hinab, Als sah' er sein Kindlein im offenen Grab, — Und jetzo zum leuchtenden Monde gewandt. Erhebt er das Kind mit der zitternden Hand. „O laß mich, mein Later! und decke imch zu; Ich brauche der Wärme, ich brauche der Ruh'! Ach Mutter! erwache! und bleibe bei mir; Sonst trägt mich der Vater im Zorne von dir!" Die Mutter erwacht aus quälendem Traum, Und sieht sich allein im verlassenen Raum. Da stürzt sie hinaus, aus dem öden Gebäu', Und folget mit Jammer des Kindes Geschrei. „Mein Väterchen! bleib' doch! wo trägst du mich hin? So hoch über Felsen — mir schwindelt der Sinn! Es schlägt mir das Herzchen, es bricht mir der Blick; Ach, bringe mich schnell in mein Bettchen zurück!" Der träumende Vater, der sinnet und schweigt. Und immer noch höher und höher er steigt; Schon glänzt die Kapelle von felsiger Spitz'; Im Mondenlicht leuchtet der Himmlischen Sitz. „Ach Vater! wie wird mir vor Augen so klar! Vom Kirchlein dort oben, ich nehm' es gewahr, — Da winkt mir ein Knabe — o laß mich doch aus! Es trägt mich ein Lüftchen zum heiligen Haus." 168 Und höher und höher der Träumende klimmt; Tief unten sein Häuschen im Nebel verschwimmt. Zur Seite — va gähnen die Schlünde ihn an. Er schwebet, ein Schatten, auf schneidiger Bahn. „„Du Mann meines Lebens, o lasse doch ab! Es reißt mit dem Kind' dich zur Tiefe hinab! O Jesus Maria! im mondhellen Glanz, Auf schwindelnder Spitze, da steht er — mein Franz!"" Sie ruft, und es dringet der Schrei durch die Nacht Hinauf zu den Höhen — der Träumer erwacht — Tief unten, da schlafen sie wieder zu drei; Sie blieben im Leben, im Tode sich treu. Me» 189 Friedrich Mch. kX I' o n t o. gestörte Jubeltänze — Vernüchtertes Gcmüth — Unausgeblühte Lenze — Unausgesung'nes Lied — Erzwungenes Entsagen, Und mißverstand'nes Sein Dieß Alles kann ich tragen; Nur Ein's möcht' ich allein: Weit über die grünen Höhen, Weit über die lachenden Au'n, Weit über die blauen Seen Möcht' ich hinüberscbau'n; I7N Auf rollenden Wettern reiten Jn's schöne Vaterland, Auf schaukelnder Woge gleiten Um steile Bergeswand. Wenn Schwalben selig ziehen Hoch über der Moldaustadt, Und Frühlingsrosen blühen Am Fels von Wissehrad! Steierdorf kei Lmrvitza im Tcmeser Bannt MtMe Feldern- NE Ein Jschler Bild. Gerade gegenüber von St. Wolfgang, auf der gekrümmten Spitze des Wieselhorns, stand ein junger Gemsenjäger auf seinen Stutzen gelehnt, und sah ruhig und nachdenkend hinab in die Fluthen des Sees, welche ein leichter Rosenwind ') kräuselte. — Die Nebelschleier lagen noch drüben auf des Schasberges weitem Rücken, nur unten im Thal ballten sie sich in wunderliche Gestalten zusammen, hoben sich, und schlüpften wie verschwindende Luftgeister zwischen den dunklen Büschen und Tannen hindurch. — Den Jäger mußten sehr ernste Gedanken beschäftiget haben, denn erst jetzt, da in St. Wolfgang die Glocke schwieg, welche die Bewohner aus der Umgegend zur Morgenandacht gerufen hatte, — erwachte er aus seinem Nachsinnen, hängte den Stutzen über die Schulter, und drückte den grünen Hut tiefer in die Stirn. Fast im selben Augenblick ertönte in seiner Nähe eine jener halb neckischen, halb traurigen Weisen, wie sie im Salzkammcrgute mit ihren langgedehnten Endreimen und dem charakteristischen ho — i — ! oft von Berg zu Berg schallen, so daß der Lauscher kaum zu beurtheilen vermag, ob der Mund der Sängerin dabei lächelt, oder deren Augen t7L in Thränen schwimmen. — Der Jäger wendete sich um, und eine junge Aelplerin, deren goldblondes Haar das schwarze Seidentuch nur mühsam zurück hielt, und welche die weiße Schürze voll duftiger Kräuter trug, stand wenige Schritte hinter ihm. — Der Jäger grüßte sie freundlich, sie schöpfte tief Athem, stemmte einen Arm in die Seite, und sprach in ihrer derben, aber gemüthlich klingenden Gebirgssprache: „Grüeß 'n Herrn Gott! — Ah, das is ä G'spoäß! Das hät i nit glaubt, daß heunt schon vor meiner ä Mensch da drobmet auf der Höh war'." „Die Jäger stehen früh auf." „Na ja, — aber auf dem Platz just." „Weil man von hier aus den See am besten übersieht." „Das is schon richti, — schön is da, aber windi und so viel steil auffä." „Warum gehst du denn heraus?" „Na, das wir i Enk glei sag'», — das g'schiecht nur wegen meiner Moähm, von Katterek. Dö is allweil so viel kränkli! Wie s' no hat ä Wengerl krailln künnä, da is s' immer selber auffi kemmä, d'Kräuter z'klaub'n, — na, und nachher hat der Steffel, ihr Sühn, d'Kräuter g'holt. Na, halt seit derer Zeit, als s' ihn zu 'n Soldaten g'nummä habn, geh i alle Summer etliche Mal, — statt'n Steffel auffä." — „So, — und war die alte Mutter sehr traurig, als ihr Sohn Soldat wurde?" — „Freili. wohl! — Aber der Steffel hat glei g'sagt, das mueß sein, — es is halt schon a mal aso! Und d' Moähm hat g'sagt, daß sie's g'wiß woäß, daß der liäbe Herrgott ihr nit den Schmerz anthuet, daß der Steffel verschossen wird. — Aber i Han viel g'woänt, — und mein Herz hat's g'walti packt." — 173 „Hast du den Steffel so gern?" „Das will i moän'n! Er is gar so viel brav" — „Nun, vielleicht kann ich Etwas sür ihn thun, damit er frei wird." — „Dank schön! — das is nimmer nothwendi," — sprach das Mädchen mit einem Anfluge von städtischem Hochmuthe, und zog die Schürze von ihren feuchten Augen. — „dazue braucht der Steffel nit 'n Herrn." — Der Jäger lachte laut auf. „Mein Bue hat st d'rinnet in Wällischland brav g'halten; er hat g'schrieb'n, daß er hat an großen Silberthaler an an wunderschön'« Bändel auf seiu'n Rock aufg'heft kriegt; — nan, ä kloäns Bißerl Ham s' iehm in den linken Arm eini g'haut, — das macht abä nir, es is sür'n Kaiser und sein Recht g'schehg'n, und derntweg'n Han i 'n justa¬ ment no viel liäber. — Ich fürcht nur das Oänzige, daß er so viel vornehm sein wird!" — „Also kommt er bald zurück?" — „Ja, z'Wemnächten; — aber sein Stolz, — ja, den fürcht i." — „Er hat dich gewiß noch lieb, wenn er heim kommt. — Wie heißt du?" — „J? i bi d' Lindauer Fränzel. — Ja, liäb hat er mi no, das hat mir aus sein'n schön'n Brias mein Göth, der Peter Michel vvr- g'lesen. — Der Peter Michel vo Sankt Wolfgang d'runten, nan, das is ä gar ä g'scheidter Man, — ja, das is wahr!" — „Der alte Fischer? — " „Ja, der woäß von an jeden Wegerl und Stegeri im Land ä G'schicht zun verzähl'», — und g'lesen hat er der Meni st, und mit'n Herrschaften thuet er reden, wiä mit unser Am. — Erst z'nächst hat er g'sagt, er wisset's schon, z'wegn was 's z'Jschl gar so schön is, — weil, wiä unser Herrgott d'Welt g'macht hat, — da hat er's justament 174 äso in der Hand g'halten, daß si seine fünf Finger eini druckt habn; — und aus den fünf Grüeberln — da sän die fünf Seen worn, und Ischl is gar sv schön und liäbli, weil's grad in der Hand vom liäben Gott g'legen is; und derätwegen findt mä da Bleämeln, wiä sonst gar ninderst." „Ja wohl, wie sonst nirgend," — wiederholte der Jäger halblaut. „Suecht der Herr ebbä äh auf 'n Bergen ä Bleäml? — denn dös siech i 'n Herrn wohl an, daß er koän g'moäner Gämssäger nöt is." — „Du hast recht, — ich suche mir auch eine Blume. — " „Nan, wann's ebbä 's Edelweiß is, — ast-si wünsch i Enk Glück däzue, — denn dös is nix g'wöhnligs, — das findt mä nit so glei! — Bhüet Enk Gott!" — rief die Franzel, reichte dem Jäger einen Strauß von frischen Genzianen, nickte ihm zu, und ging, ihren unterbrochenen Gesang fortsetzend, gegen die Wiese. — Der Jäger winkte grüßend mit der Hand, und steckte den Strauß in sein grünes Hutband. — Während dieser Zeit hatten sick die grauen Morgennebel gänzlich verzogen. — Der Himmel war klar und blau, die Sonne schien milde, — ein heiterer Morgen breitete sich über Berg und Thal, der Jäger blieb stehen, warf einen Blick ringsum, einen klaren, ver¬ trauensvollen gegen Himmel, und schritt rasch abwärts. — Der Jäger sand das Edelweiß. — Wien. >) Benennung des für die Schiffer günstigen Windes, auf dein St Wolf¬ gangs-See. ") Eine Menge. Dann. 175 August Schilling. Lieder der Liebe. i. hast dein Bild mir zum Geschenk gegeben — Trag' ich's denn nicht im Busen tief und warm? Den todten Schatten nicht, nein, frisches Leben — Mein Ideal, des Daseins Lust und Harm! In hohle Hand gestützt die heiße Stirne, Besah ich mir's mit nimmermüdem Blick; Bald schien es mir, als ob es schelmisch zürne, Bald schien es mir, als lächl' es süßes Glück! Bald daucht mich schmcrzbewegt die Rosenlippe, Bald Lust verheißend dieser holde Mund, Bald träumerisch — ein Quell der Aganippe, Der Feenwunder blüthenreichster Grund! Ein Schatz von Märchen ließe sich ergründen In dieses Auges mildem Flammensee, Ergebung, Treue, Trennung, Wiederfinden, Trotz und Versöhnung, Scherz und süßes Weh! L7t> Laß mich, ein Kind, mit diesen Märchen spielen! Ich hab' sie um ein Leben umgetauscht; Laß in Erinn'rungsträumen still mich wühlen, Vom trocknen Ernst der Prosa unbelauscht. Und wie den Zauber deines Bild's ich fasse: Ist mir's, als schließe dich der Himmel ein; Als drückt' er mich hinab mit tiefem Hasse, Als dürst' ich nicht sein Auserwählter sein. Da wird das Herz mit Einem Mal mir enge, Die Seele fühl' ich tief zu Leid gerührt, Und weinend fragt mein Herz mit leiser Bängc, Ob je mein Engel von mir weichen wird? 2. Bleib' du bei mir, wenn Alles mich verlassen, Wenn blattlos steht des Lebens Lenzrevier, Wenn schüttelnd mich des Herbstes Fröste fassen, Und kalter Nebel streift — bleib' du bei mir! Sei mir noch hold, wenn all' der Rosen Schimmer Entschwunden ist, wie flüchtig Abendgold, Wenn längst zerfiel der Hoffnung Bau in Trümmer, Den ich zu kühn gewagt — sei mir noch hold! Verzeihe mild, wenn jemals ich gesprochen Ein strenges Wort, von Heftigkeit erfüllt; Zch war der Sturm, der Blätter nur gebrochen, Die Frucht blieb unversehrt — verzeihe mild! 177 12 Du sprachst es oft, ich hätte deinetwegen Manch' Glück geopfert, das die Menge hofft. Nimm denn das Opfer hin — es sei mein Segen; Ich that es deinethalb — du sprachst es oft. In deinen Schoß laß sanft den Kummer quillen, Wenn er den Lebensbecher übergoß; Nimm auf mein Leid um unsrer Liebe willen, Du milde Trösterin, in deinen Schoß! Doch auch die Lust mögst du entzückend lehren. Verdoppelt fühlen an der treuen Brust, Wenn sich die Menschen kalt vom Leben kehren. Gib mir zum Liebestrost docb auch die Lust! Verlaß mich nicht, wenn laut die Stürme schallen, Wenn sich verdunkelt einst mein Sonnenlicbt, Und wenn die letzten Erdenschvllen fallen Auf meinen Sarg hinab — verlaß mich nicht! 3. Laß deine Augen nur, wie Sternenlichter, Sanft leuchten, wenn die Bahn mit Nacht erfüllt; Wenn das Geschick, ein bitt'rer Lebensrichter Mein Herz in's Leichentuch des Scheidens hüllt! Geb' nicht von mir, wenn dir verstimmt die Seele, Daß nicht die Einsamkeit mir schwere Pein, Daß nicht des Vorwurfs Skorpion mich quäle, Daß nicht statt Nachgenuß nur Kummer mein! Gestatte nicht, daß ich verlassen schreite, Daß ohne Gruß von dir ich scheiden mag; Es grüßt den Morgen sanftes Frühgeläute, Es grüßt die dunkle Nacht der junge Tag! Gib auf die Reise mir ein liebend Zeichen, So oft das Schicksal Trennung uns befiehlt; Und wenn das Leben selber heischt Entweichen — Gib auf die Reis' ein liebend Zeichen mild! Wien. 179 12' MiÜD IM Rärber. Für Gott und Kaiser! Wcchlsprnch der k. k. orientalischen Akademie. ^ür Gott, zu dein wir unfern Geist erheben, Zum Schöpfer, der da ist in Ewigkeit, Für Gott, mit Gott, in Gott sei euer Leben, Dem Glauben und der Tugend stets geweiht! Für unfern Kaiser freudig Gut und Leben! Weih t Ihm und Oesterreich die treue Brust! Der edlen Wissenschaft ein ernstes Streben! Dann könnt ihr stolz sein, geist'ger Kraft bewußt! Und sollt' des Mannes Wort es nicht erreichen, Was die Devise heischt, die ihr gewählt: Wohlan, umgürtet euch das Schwert, zum Zeichen, Daß Rittersinn und Muth die Brust gestählt! Wien. Elisabeth. (Legende., -4 Doch weil sie das einmal nicht kann. So blickt sie's still und furchtsam an. „Wo willst Du hin? — wo kommst Du ber? „Du bist ja bleich und zitterst sehr!" Die gute Gräfin will was sagen. Doch hat's ihr ganz die Stimm' verschlagen; Das Körblein drückt sie fest an sich, Und blickt ihn an gar flehentlich. „Was brauchst Du, Weib, so zu erschrecken? „Was hast Du ängstlich zu verstecken? „Was hast Du in dem Korb, dem großen?" — „Herr und Gemahl — es sind nur — Rosen, „Die hab' im Zwinger ich — genommen — „lind bin ein wenig seitwärts kommen." — „Ei, laß' doch seh'n", spricht er mit Hohn, „Ich glaube Deinen Worten schon; „Willst Du mir nicht ein Röslein spenden?!" Und reißt den Korb aus ihren Händen, Und deckt ihn auf — und — wunderbar! — Das Körblein voll von Rosen war. Der stolze Landgraf steht und schweigt. Beschämt das Äug' zur Erd' geneigt. Doch Elsbeth steht als wie im Traum, Was sie erblickt, sie glaubt es kaum! Sie reibt sich wohl die Aeuglein klar, Es wird ihr gar so sonderbar. Und weinend kniet sie in den Sand Und faßt des strengen Gatten Hand, >85 Und ruft, von Schamesgluth umzogen: „Herr und Gemahl! ich hab' gelogen! „Das Körblein, das Ihr hier erblickt, „Es war mit Speis und Trank beschickt. „Nicht Rosen brach ich mir im Zwinger, „Und was Ihr seht, ist Gottes Finger! „Er thät' in seiner Wunder Walten „Die Speis' in Rosen umgestalte». „Die sünd'ge Angst verwirrte mich, „Doch ich bereu' demüthiglich, „Daß ich der Pflicht der Gattin fehlte „Und solche Lügen Euch erzählte; „Drum bitt' ich, wollet doch in Hulden „Mich züchtigen nach meinen Schulden!" — So rief sie aus, und still ergeben That sie das Auge zu ihm heben; Doch schweigend stand der Landgraf da. Und wußte nicht, wie ihm geschah, Denn eine Thran' dem Äug' entfloß, Die erste, die er je vergoß. Er sprach: „Ich bin voll Sünd' und Mängel, „Du aber bist ein heil'ger Engel, „Und kannst Du meinem Thun verzeih'», „Schließ' Du mich in die Gnade ein. „Willst Du mich Deine Wege lehren, „Will ich nur Deine Stimme hören, „Und handeln ganz in Lieb' und Mild' „Nach Deinem frommen Ebenbild. „Groß ist das Wunder, das wir sah'n, „Doch Größeres hast Du gethan, „Du hast durch Deine Lieb' jetzunder „In mir bewirkt das größte Wunder!" So sprach der Graf, und hielt sein Wort, Sie lebten wie die Engel fort, Bis Gott, der Herr, zu seiuen Frommen Sie gnädiglich hätt' ausgenommen. Und nur die Rosen blüh'u noch heut! Ich sah gewunden sie zu Kränzen Am Arme einer Jungfran glänzen Als sinnig schlichtes Brautgeschmeid'! „Zuerst dem Volke zu begegnen, „Das ich beglücken will und segnen, „Mit welchem Sinnbild tret' ich hin?" So fragte Sie sich still im Sinn. Das hat die Heilige vernommen, Bon der den Namen Sie bekommen, Und trat hinzu in stillem Glanz Und schlang um ihreu Arm den Kranz; Zum Zeichen, wie die Himmelsmilde 'Verklärt die ird'sche Majestät: Gerührt erblicken wir im Bilde Die Rosen der Elisabeth. Wien. ') Siehe das erste Bild der Kaiserbraut, von Hanfstengel gemalt. 187 Heodllr Ems voll Hensmsimm. sLheodor 5tamm.) Herbstmorgen — Lenzabend. Walde wandelt' ich frischgemuth. Umflattert von mancherlei Träumen; Im Moose wimmelte fröhliche Brut, Es schallte aus Büschen und Bäumen. Bon Stamm zu Stamme spannte schlau Die Spinne glänzende Fädchen, Und schäkernd trabten durch den Tbau Nach Reisig die Buben und Mädchen. Die flockige Heerde schlürft wohlbebagt Den sonnigen Abhang bernieder. Die Glöcklein klingen, das Kubborn klagt, Und tönet vom Felsen wieder. Der Jäger schritt munter über den Rain, Er lauscht, und schwindet im Düstern, Sein brauner Hund wedelt hinterdrein,. Und rümpft die spürenden Nüstern. Auf einem bemoosten Eichenstumpf Gewahrt' ich ein altes Pärchen; Sie strickte ruhig an einem Strumpf, Er las ein erbauliches Märchen. Und wenn eine Nadel sie abgestrickt, So sah sie zu ihm herüber; Und wenn er ein Blatt zu Rande genickt, So schaut' er zu ihr hinüber. Vorbei, ihr schillernden Träume, vorbei! Wie seid ihr in Nebel zerfahren Vor dem unverwüsteten Liebesmai Unter diesen silbernen Haaren! Men. 18» IüjWM NllcklMN. 1. Offen liegt der Seele Buch . . Ängethan im Feierkleid Warte ich der nächsten Stunde; Bringe Lust sie oder Leid, Frohe oder finstre Kunde: Festlich will ich sie empfangen, Angethan im Feierkleid, Mit dem freudigsten Verlangen. Schreite ihr mit Sang und Kiang Froh entgegen auf den Wegen, Und mein Herz verzagt nicht bang, Ob sie Flüche oder Segen Als verhüllte Gaben trage: Schreite ihr mit Sang und Klang Stolz entgegen ohne Klage. Senke nimmer feig den Blick Bor gefurchten finstern Brauen, Wage offen dem Geschick In das Angesicht zu schauen, Lausche seinen ernsten Worten, Senke nimmer feig den Blick, Oeffne angelweit die Pforten. Offen liegt der Seele Buch! Manches Blatt ist unbeschrieben; Schreibt hinein noch euren Fluch Oder flammend euer Lieben: Mögt es, wie ihr wollet, halten, Offen liegt der Seele Buch, Und ich lasse frei euch walten. Blättert euch im Buch zurück Zu den Tagen, die gewesen; Wie ich nahm der Tage Glück, Wie ihr Unglück, mögt ihr lesen; Findet drin genaue Kunde, Blättert euch im Buch zurück, Wie ich hinnahm jede Stunde. Freudig stolz war ich zumeist! Mit dem finstern Kummer ringend, Daß er lähme nicht den Geist; Jubelnd, wenn die Freude singend lSl Mit den Frühlingsblüten einzog, Freudig stolz war ich zumeist, Wenn die Trauer auch hereinzog. 2. Ihr schleppt wie eine schwere Last . Ihr schleppt wie eine schwere Last In banger Furcht das Leben: Ich treib' es vor mir her in Hast Wie einen Spielball eben. Das rollet in das Jahr geschwind Und hat nicht Rast und Weile, Ich stürze wie ein tolles Kind Dann hinterdrein in Eile. Die Freude trag' ich, die mich schmückt, Als Kranz in meinen Haaren, Doch will ich auch, was mich bedrückt, Nicht allzulang bewahren. Ich trage freudig frei mein Glück Als funkelndes Geschmeide, Und ziehe einsam mich zurück Mit meinem finstern Leide. 192 DaS hab' ich abgelernt dem Reh, Das tiefverborgne Stellen Aussucht mit seiner Wunde Weh, Wo rauschen frische Quellen. Vernarbte Wunden trag' ich viel Verhüllt in dem Gewände: Doch fahre ich mit Sang und Spiel Laut jubelnd durch die Lande. Ich nehme nicht als schweren Druck Das Leben meiner Tage: Ich nehme hin es wie den Schmuck, Den ich in Ehren trage. So hab' ich stets mit stolzem Muth Mein Leben schön gestaltet, Und hab' es stets mit Flammengluth In Blüten reich entfaltet. Wien. 193 Inneres Leben. i. öaß dein Auge tiefer In den Busen schau'n, Und du wirst dir selber Wieder ganz vertrau'». Deiner Wünsche Kleinod, Deiner Sehnsucht Traum, Deine Macht und Größe Faßt sein enger Raum. Und die ganze Erde Und der Himmel aucb Kann dich nicht beglücken. Wie sein warmer Hauch! 2. Ich möchte nicht vom Leben scheiden, EH' ich es ganz genossen, ganz, In seiner Lust, in seinem Leiden, In seinem Schatten, seinem Glanz. 194 Wie wollt' ich über jenen Sternen Erzählen einst, was Menschen sind? Hier bin ich doch, um auszulcrncn, Und weiß kaum mehr noch, als ein — Kind. 3. Todesmüde sank mein Haupt Jüngst zur Erde nieder, Was ich je gehofft, geglaubt, Thorheit schien mir's wieder. Thorheit, was ich je gedacht, Thorheit all' mein Streben, Thorheit meiner Liebe Macht, Und mein ganzes Leben! Plötzlich — als ich, wie noch nie, Da lag stumm, vernichtet, Hatte still das Haupt mir sie Wieder aufgerichtet. Und wie ich mein Auge kaum Fragend aufgeschlagen, Schien's von ihres Blickes Saum Golden mir zu tagen: Sie ist's, die an dich noch glaubt. Und dein Sieg wär' ferne? — Fortan rage stolz mein Haupt Wieder an die Sterne! 4. Wären die Menschen alle so schlecht. Wie ich sie im Leid' ost gesehen, Hätt' ich längst schon, so jung ich bin, Müssen vor Gram vergehen; — Aber das Leid macht ungerecht, Und die Menschen verstehen Kann nur Liebe, die treu und echt! 5. Sieh neidlos nach dem Glücke Der Liebenden, allein Genießen sie's, stimm' ferne In ihren Jubel ein! Und jauchze deinem Dasein Auf diesem Erdenrund, Wo sich noch Menschen lieben Aus tiefstem Herzensgrund. 6. Lenz ist's! Ringsum Segen! Und du nennst dich arm? Gut' und Böser wegen Scheint die Sonne warm. Jauchzt, denn im Herzen Trägst du keine Schuld, Deren ew'gen Schmerzen Gott entzög' die Huld. Wien. Sieh — und Wärst du böse, Rust der Frühling doch Seele, erwach' und löse Dich vom Todesjoch. Grün sind Thal und Hügel Und der Himmel blau, Bade deine Flügel Nur im Mergenthau. Und du wirst dich reinen. Neu wirst du erstehn. Will doch Gott die Seinen Alle glücklich sehn! 197 1. An die Rose. ^aß dich begrüßen, Königin, Beherrschend rings den Hain! Dn schließest ja der Liede Sind In deiner Krane ein. D'rum, soll je Eine Fürstin sein, Wohlan, so sei es du! Dir neigen, huld'gend im Verein, Sich alle Herzen zu. Vor allen bist du auserwählt Durch holder Anmuth Zier; Der Frühling selbst, der junge Held, Theilt gern sein Reich mit dir. Besiegt hat er des Sturmes Macht, Und seinen blanken Schild, D'rauf wieder mild die Sonne lackt, Geschmückt mit deinem Bild. Nun erst erblühen wird sein Reick; Denn von dem Liebeshauch Der Rose angeweht, zugleick Blüh'n andre Blumen auch. D'rum hat er dich zur Braut gewählt. Zu blüh'n in seinem Licht; Er weiß wohl: „„wo die Rose fehlt, Herrscht auch der Frühling nicht!"" — 2. Der Verschlossene. Du nennst manchen Menschen verschlossen. Weil starr seinen Schmerz er verschweigt? Der Arme! er glaubt sick verstoßen, Weil nie sick ein Herz ihm gezeigt. Und du auch schreitest vorüber Und trittst nickt als Tröster herzu? — Sein Herz steht liebend dir offen, Und der Verschloss'ne — bist du! Mieu. Mimz Illsilür. Eine Mutter. ,,^§o kostbar sclt'ne Beute, wie sic kein Äug' noch sah — „Ward heute uns gewonnen in blut'ger Razzia; „Mein jüngstes Vollblut gab' ich, mein treu' arabisch Roß, „Den schönsten Damaszener, mein köstlichstes Geschoß, — „Wär' dieser Fang mein eigen; bringt her sie an den Thron! „Drei Frankenweiber, jede mit ihrem einz'gen Sohn! „Blick' auf, mein Fürst, und sage, was wundervoller sei: „Die weißen Frauenleiber — oder das Knaben-Drei! — „Uns kostet die Bescherung nun freilich edles Blut „Bon hundertfünfzig Männern — doch der Preis zahlt es gut: „Drei Rosen, wie noch niemals geschmückt sie dein Serail, „Drei Knaben, wie noch keine gefällt das Opferberl!" Jo sprach zu seinem Häuptling der Asrikanerheld, Und wmkte die Gefangnen herein m's prächt'ge Zelt. In Ketten Frist und Hände, gelöst das braune Haar — Doch Trotz nnd Muth rm Auge, so naht die edle Schaar; Drei Mütter mit den Söhnen — als anmuthsvoller Schild, Ihr Kleinod jede bergend, der höchsten Liebe Bild. Ein machtlos Wesen jede, doch jede — Königin: So traten vor den Häuptling die Frauen schweigend hin. Der prüfte lang, versunken in ihre Schönheit ganz, Halb zaudernd und halb trnnken von ungewohntem Glanz — 201 Die rührenden Gestalten. Sein glühend Auge brach An ihren bleichen Zügen sich, und der Wilde sprach: „Es ist die Hand des Henkers vom Beileschwingen matt, „Es ist schon längst die Wüste vom Frankenblute satt: — „D'rum schenk' ich euren Knaben das arme Leben gern — „Sie sollen mir als Knechte wohl dienen, ihrem Herrn: „Doch jene nur der Frauen geht aus dem Lager srei, „Die zeigt, daß sie von Allen die beste Mutter sei!" — Die erste sprach: „Mehr lieb' icb den Sohn, als Mann und Hans; „An seiner Seite zog ich in's Schlachtgefild hinaus. „Den Mann verließ ich blutend im Sande hingestreckt — „Mein Söhnlein bab' ich flüchtend mit eignem Leib gedeckt." „Die zweite sprach: „mein Leben gab ich wohl hundertfach, „Erkauft hab' ich den Sohn mir mit namenloser Schmach: - 1 „Nicht treulos — doch verhandelt, entehrt — und dennoch rein - „Das kann doch nur die höchste, die Mutterliebe sein!" Die dritte aber leise heran zum Feinde schlich, Entreißt den Dolch ihm, zücket ihn auf den Sohn und sich Und spricht: „Hast du zum Sklaven bestimmt den freien Sohn, „Soll er mit mir verbluten, o Scheik, vor deinem Tbron!" Die Menge rings erstarrte, lautlos die Kriegerschaar, — Gebannt blieb jedes Auge aus dieses Heldenpaar. Es zuckte keine Fiber im Kindesangesicht: Das Weib stand todesmuthig — sein Arm erbebte nicht; Der Häuptling aber gebietet: „die Ketten sprengt entzwei! — „Die geht aus meinem Lager sammt ihrem Sohne frei!" Men. FMimd Smtrr. Gartenwildniß. gern betritt mein Fuß die grüne Wildniß; — Des eignen Lebens allzuwahres Bildniß; Von Unkraut überwuchert Pfad und Weg, Zerstört der Zaun, das Bächlein sonder Steg. Da blüht verspätet noch die dunkle Rose, Die Nachtviole und die Herbstzeitlose; Vermählend zart den Sommer mit dem Mai, Als ob der Zeiten Wandel Lüge sei. Der Epheu rankt, am Boden kriecht die Nessel, Die Sträucher grünen sonder Scheer' und Fessel, Kein Frevler pflückt die Blume, heischt die Frucht, Kein Schifflein schaukelt in des Teiches Bucht. So harmlos blüht hier Alles, kein Begehren Will, was da knospt, genießen und verzehren; Ein Urwald scheint's fast, wo des Menschen Fuß Nie hingetragen Leiden und Genuß. 204 Hier nistet sicher Meise, Fint und Häher; Kein Vogelsteller droht der Brut, kein Späher; Das Vöglein flattert flügge aus dem Nest, Und feiert im Gezweig sein Wiegenfest. Wie süß, zu wandeln hier, so hinzudämmern. Vernehmend nur des eignen Herzens Hämmern; Versenken sich in tiefster Seele Grund, Voll Duft und Klang, wenn schweigend auch der Mund. Wie selig, Nichts zu suchen, Nichts zu wollen, Die Schatten des Erlebten aufzurollen. Und ohne Reue, ohne Gram und Haß Den Abend schau'n, des Thaues Perlennaß! O grün' Asyl, du meines Daseins Spiegel, Vergangenheit wie Zukunft birgt der Riegel; Hier spricht der Mensch allein mit seinem Gott, Verschollen scheint die Liebe, wie der Spott. Jst's möglich, so das Sein hinwcgzuwischen, Und Hoffen und Vergessen zu vermischen? — Wohin, mein Geist, verirrt sich deine Bahn, Ein Punkt im uferlosen Ocean? Still, sammle dich, du wirst dich sicher finden, Flamm' auf, Gestirn, die Schatten müssen schwinden, Die aus des Lichtes Pfaden dich verbannt; — Das Räthsel ist gelöst, hast du's genannt. 20ö Jo nenn' es denn, dir ruht's im eignen Innern, Nicht Sklave ist's von Zukunft und Erinnern; Urwüchsig sprießt es in des Busens Schacht, Zum Lichte strebend flucht es seiner Nacht, „Still! wecke nicht die Täuschung auf vom Traume, Und schüttle roh die Früchte nicht vom Baume; Berhülle liebreich dieses Abgrunds Gruft, Woraus der Freude Todesurtheil ruft," Nun doch! so sei der Vorhang denn zerrissen Von deiner eignen Seele Finsternissen; Schau hin, des Jugendwahns zerstörte Welt, Auf Trümmer blickt des Wolkenhimmels Zelt, Lieb' erntet Haß ; Verrath belohnt Vertrauen; Zerstörung führt die Kelle schon beim Bauen; Der Glaube ruft den Zweifel selbst zu Gast, Und Frieden tauft sich eine Spanne Rast. Die Freundschaft Lüge, Eigennutz ihr Bruder, Zum Hafen nicht, zum Wirbel treibt das Ruder; Dich sengt der Sand, dich schlingt das tiefe Meer, Und aus der Rose Duftschoß droht der Speer. Das Wissen eitel, strebt es nicht zum Ganzen; Die Zukunft birgt sich hinter Nebelschanzen; Für Schweiß kein Lohn, für Sehnen fern das Ziel, Die Nacht kein Tröster und der Tag kein Spiel. 206 Genug der Bilder, magst du dich ermannen, Und scheuche die Gespenster all von dannen; Nimm hin den frischen Tropfen Lebensthau, Und wieder wird der Seele Himmel blau. Das Glück, du selbst; doch mußt du nicht verkennen, Was Menschen sonst verketzernd wohl verbrennen, Sie fühlen sich so eng in ihrem Haus, Die Seele darbt, die Sinne Saus und Braus, Vergiß, vergib, ein Crösus sei im Hoffen, Und grüne muthig fort, vom Blitz getroffen; Und sind zersplittert deine Beste stark. So flüchte in der Wurzel tiefstes Mark. Du selbst! o sei die That die goldne Lehre, Werth, daß dein Sein sich göttlich d'rin verkläre; Du schaffst die Welt, und deiner Seele Kraft Erhöht die Lust und sprengt des Leides Hast, So theile wohlgemuth des Lebens Wogen, Von Frührothschein, Gewitternacht umzogen. Und sprich, gepanzert mit der Weisheit Schild: Heran! ich steh dir, Leben, mild und wild! Wien Lmmch KlliPM. 1. Das Ganze. ^ch bin dereinst mit trübem Sinn In einen Wald gegangen, Die Falter flogen her und hin, Und lust'ge Vögel sangen; Es flüsterte in jedem Baum, Die Blumen nickten wie im Traum, Und Silberquellen sprangen. Es hat sich da vor mir ein Bild In sanfter Ruh' entfaltet, Wie jedes Wesen still und mild In seinem Kreise waltet, Und doch ein jedes unbewußt Im frohen Drang der Frühlingslust Nur für das Ganze schaltet. So hebe dich und rege dich, Und schaff in deinem Kreise, Die Hand des Ordners findet sich, Und fügt unmerklich leise Das Stückwerk, was ein Jeder schafft, Mit hohem Sinn und starker Kraft, Daß es ein Ganzes weise. — 2. Verscheucht. Bom Sturm des Unglücks nicht bezwungen, Stand ich, ein ungebeugter Mann, Da kommt mit tausend gift'gen Zungen Das kleine Schicksal hämisch an. Ich hole weitaus, daß zerschlagen Am Boden liegt der Mücken Schwarm, Doch ewig jung sind diese Plagen, Und müde sinken will mein Arm. Doch nein, ich darf mich nicht ergeben, Und kämpfen muß ich Zoll für Zoll! Ob wohl ein stolzes Männerleben Erbärmlich so verbluten soll? Und sieh, es weicht und flieht geschäftig, Ja. poch' an andre Pforten an, - Der Mann, der kühn und muskelkräftig, Der wird dir niemals unterthan! Men. Hubert Ernt d'WriMrmr. Edelweiß. Aalladc. Es brennt der Sonne Feucrkuß Noch an dem Gletscherschnee, Verklärt mit letztem Scheidegruß Den ernsten Königssee. Abstößt vom grünen Uferrand Ein Schifflein in die Flut, Drauf zittert noch vom Sonnenbrand Die halberlosch'ne Glut. Ein Mägdlein schön, voll Lust und Schmerz, Das Vorderruder führt; Ein Jüngling, bleich, versenkt in schmerz, Das Steuer still regiert. Sanft schwebt dahin der leichte Kahn, Schon weit vom User ab: So gleitet hin der edle Schwan Aus tiesem Wellengrab. Das Flutengrab, so ernst, so kalt. Umschließt der Gletscher Kreis; Vom Ufer rauscht's barem so leis Aus dunklem Tannenwald. Hier bricht wildschäumend sich die Bahn Ein mächt'ger Wasserfall: Wie Jugendleidenschaft voll Wahn Im Sinnen-Donnerschall. Darüber Almenhütten traut, Zerstreut auf grüner Flur: Wie Seelenfriede an sich baut, Vertrauend der Natur. . . . Es taucht nun aus dem Luftmecr auf Der Mond in Silberlicht; — Was hemmt des Schiffleins raschen Lauf? Der Jüngling steuert nicht. Das Ruder in der lässigen Hand, Bedenkt er nicht den Kahn; Das Mägdlein drinnen unverwandt Blickt er ticfschmerzlich an. Sein schönes Auge, wehmnthvoll, Sieht schüchtern flehend hin, Und als der Liebe Schmcrzcszoll Glänzt eine Perle d'rin. 14 Die Jungfrau aber, frisch und schlicht, Hat seiner Qual nicht Acht; Und bleicher wird sein Angesicht, Indem sie singt nnd lacht. . . . Sie waren einem Felsen nah' Von schwindelnd steiler Höh', Auf seiner zack'gen Kuppe sah Es glänzend weiß wie Schnee. Doch sind es weiße Blüten nur, Es ist das Edelweiß, Das hinzieht seine Silberspur Im höchsten Felsenkreis. „Könnt' ich von jenen Blümchen dort" — So ruft das Mägdlein aus — „Mir schaffen durch ein Zauberwort Doch nur den kleinsten Strauß!" Im Äug' des Burschen blitzt es kühn. Er ist wie neu belebt; Sein Blick fliegt nach der Kuppe hin. Es ringt in ihm und strebt. Nun schlägt er rasch den Rückweg ein, Jndeß sie wieder singt; Das Schifflein scheint ein Pfeil zu sein, Heim eilt es wie beschwingt. 212 An ihrem Dörfchen springt sie aus; Doch er im Kahne bleibt, Und eh' die Holde noch zu Haus, Der Kahn schon ferne treibt. Der Mond hüllt sich in Wolken ein. Es schwand der Sterne Pracht; Mag seine Fahrt doch glücklich sein In also finst'rer Nacht! . . . Die Nacht geht hin, es dämmert auf Der Morgen, milde Glut Gießt Sonn' in ihrem gold'nen Lauf Hin auf des Seees Flut. Zum Ufer wieder kommt heran Die Maid mit frischem Blick; Sie forscht ringsum nach ihrem Kahn, Der Kahn ist nicht zurück. — „Er ist noch nicht zurückgekehrt!" Ruft sie erbleichend aus: „O hätt' ich nie doch, nie begehrt Den unglücksel'gen Strauß!" Da sich — ein Kahn! Es ist — sie kann's Erspäh'» — der ihre zwar, Doch lenkt ihn statt des jungen Mann's Ein Greis mit weißem Haar. Der Jüngling ist wohl auch darin, Ihr Blick hat's hald entdeckt; Sie schaut, ach, auf dem Boden ihn Als Leiche hingestreckt. Und seine Hand noch fest umschlang Den Strauß von Edelweiß, Den zu erringen ihm gelang Nur um so hohen Preis! . . . Sie schaut's, und sinkt mit wildem Schrei Bernichtet in die Knie, Mit Lust und Sang ist's nun vordei Auf immerdar für sie! 8chloh "Mölkau in Steiermark. Ldmrd Vrem. Gjnka (Georg). (Eme slavonischk Iage.> ^cr Grundherr eines hübschen Stück Bodens zwischen Daruvär und Veröce lag im Sterben. Zwei Mädchen, seine einzigen Kinder, standen ihm zur Seite und weinten. Der Vater, fühlend, daß sein letztes Stündlein geschlagen, richtete sich ein wenig vom Lager auf, ergriff die Hände der beiden Töchter und sagte: „Euch Beiden hinterlaß' ich mein Alles. Theilt das reiche Erbe und gelobet mir, daß ihr euch jede von dem Gelde eine Burg bauen wollt, und daß ihr niemals einen Anderen, als einen Einhei¬ mischen zum Gatten nehmen werdet." Die Töchter gelobten zu thun, wie der Vater es wünschte, worauf dieser selig in dem Herrn entschlummerte. Die Trauerzcit war vorüber, und die beiden Edelfräulein dachten an jenen Theil ihres Gelöbnisses, der vom Manne handelte, vergaßen aber an den Bau der Burgen. Sie sandten ihre Blicke nach rechts und nach links, nach vor- und nach rückwärts, allein es fand sich Keiner, der ihren Wünschen entsprach. Ist's kein Reicher, dachten sie, so soll's ein Armer werden; ift's kein Edler, so wird man sich mit einem Unadeligen begnügen, wenn's nur ein Landeskind ist, so wollt' es ja der Vater gehalten haben. Eines Tages war Aksa (Aksentia), die ältere der Schwestern, ans einem Spaziergange begriffen, als plötzlich der Ton einer Hirten¬ pfeife in ihr Ohr drang. Sie blickte auf und sah einen jungen, schmucken Burschen den Bach entlang kommen. Woher des Weges, mein Freund? redete sie ihn an. Ans dem Wald in den Wald, entgegnete der junge Slavonier. Kennst du mich? Ei freilich! Ihr seid unseres verstorbenen Edelherrn älteres Fräulein. Ein Landeskind und mein Unterthan, dachte Aksa, um so besser. Du gefällst mir, Bursche! sagte sie dann laut. Wirklich? Ich bin auch ein hübscher Junge, nicht wahr? Komm heute um die vierte Nachmittagsstunde ins Herrenhaus, ich habe mit dir zu sprechen. Gjuka erwiederte betroffen den freundlichen Gruß des Fräuleins, und sah der sich Entfernenden kopfschüttelnd nach. Sapperment, brummte er in's Kinn, was ist denn heute los? Vor kaum einer Stunde begegnete mir das jüngere Fräulein, und be¬ fahl mir, ins Schloß zu kommen, jetzt macht es mir die Aeltere eben so; was mögen sie wollen? Haben sie sieb vielleicht verabredet, mich zu narren? Das sollen sie bleiben lassen. Gjuka ist kein Dummkopf; ich hab' mein Theil, und mehr bedarf ick nicht. Aber hingehen muß ich, damit es keine Feindschaft gibt. Als Aksa nach Hause kam, wurde sie von Pela (Pelargia), so hieß die Jüngere, gar freundlich empfangen. Aksa, rief diese freudeglühend, ich bin glücklich, ich habe meinen künftigen Gatten gefunden! Auch ich, versetzte die Nettere, nicht minder froh. Der Meine ist arm — Auch der Meine ist nicht reich. Dagegen ist er hübsch, jung, schlank — Gerade wie der Meine. tim die vierte Stunde wird er sich einfinden. Welch ein Zufall, um dieselbe Zeit kommt auch der Meine. Als die ersehnte Stunde erschien, stellten sich Beide Arm in Arm an's offene Fenster, und harrten der Auserwähltcu. Welcher wird wohl der Erste sein? fragte Aksa lächelnd. Der Meinige ist's! ries Pela in die Hände klatschend, und wies dann auf Gjuka, der schwerfällig cinhcrtrottelte. Der ist ja mein Erwählter! versetzte die Acltere. Wär's möglich, wir Beide haben also. .. . Einen und denselben Mann erkoren! Ich gebe meine Ansprüche nicht auf. Ich bin es noch weniger gewillt. Pela ging aufgeregt durch's Gemach, Aksa that dasselbe. Plötzlich blieb die ältere Schwester vor der jüngeren stehen nnd sagte: Wir haben uns von Jugend an lieb gehabt, wir wollen uns jetzt nicht entzweien. Der tückische Zufall soll nicht triumphiren, wir wollen uns in Güte abfinden. Du wirst begreifen, daß unser Ans- erwählter am Ende doch nur eine von uns Beiden zur Gattin nehmen kann; überlassen wir ihm die Wahl: die, welche er nimmt, wird die Seinige, und die Andere muß ohne Groll und Haß entsagen. Pela willigte in den Vorschlag, und die Schwestern umarmten sich mit dem bescheidenen Hintergedanken: „Ich bin die hübschere, mich wird er wählen!" Gjuka trat ein. rn Wir haben dich hieher bcschiedcn, weißt du wozu? Nein, mein gnädiges Fräulein, ich weiß es nicht, vielleicht gibt es eine Arbeit im Walde. . . . Schlecht erreichen, von einer Arbeit ist keine Rede. Du mußt dich entschließen, Eine von uns zur Gattin zu nehmen. Gjuka machte drei Schritte zurück, und rief erschrocken: „Muß es gleich sein?" Ja, mein Freund, versetzte Pela zärtlich; wählen mußt du gleich, die Vermählung wird aber erst in einigen Wochen gefeiert werden. Nun, mein Freund, entscheide dich! drängte Aksa in ihn, welche von uns Beiden gefällt dir besser? Der slavonische Paris krauete sich Hinterm Ohr, schüttelte den Kopf und dachte: „Wähle ich die Eine, so habe ich die Andere zur Feindin; weise ich Beide zurück, so jageu sie mich von Haus uud Hof, und nehmen mir mein Eigenthum ab; außerdem hab' ich bereits eine Liebste; meine Swieta ist hübscher, als diese beiden Fräuleins zusammen genommen, und ich mag ihr ein für allemal nicht untreu werden; was soll ich also thun, um Beide aus gute Art los zu werden, ohne dabei ihren Zorn zu erregen und ihre gefährliche Feindschaft herauszufordern?" Die List hat noch keinen Slavonier im Stiche gelassen, sie kam auch unserm Gjuka zu Statten. Er schlug die Augen nieder, fuhr sich mit der Rückenseite seines Aermels über den Mund, als hätte er eben einen Leckerbissen verzehrt, uud rief: Jai, jai, was bin ich für ein glücklicher Mensch! Zwei siränlein, eines schöner als das andere, wollen mich zum Manne nehmen, ich soll Grundherr werden, ich soll nicht mehr in's Tagwerk geben, nicht mehr roboten, nicht mebr den Haiduken fürchten, oh, ick bin ein glücklicher Mensch! Mein Reichthnm, sagte Aksa, ist eben so groß, wie der meiner Schwester. Pela sprach: Die Burg, welche ich bauen werde, wird eben so groß und stattlich sein, wie die, welche meine Schwester aufführt. Du siehst also, die Vortheile sind auf beiden Seiten gleich. Du mußt jene wählen, die dir besser gefällt. Wenn mir aber Beide gleich gut gefallen? Bedenke, lieber Freund, daß du doch nur Eine zur Frau neh¬ men kannst. O, das ist ein Unglück, ein großes Unglück! Wähle diejenige, die du am wärmsten zu lieben vermagst. Bei meiner armen Seele, ich liebe eine so heiß wie die andere; ich getran' mich nicht zu wählen, mein Herz ist getheilt, ich kann nicht, ich kann nicht! Die Schwestern waren von dieser Liebe so entzückt, daß sie nun vereint in Gjuka drangen, sich endlich zu entscheiden. Der neue Paris besann sich eine Weile, und crwiedcrte dann: Wählen kann ich nicht, und wenn es mein Leben kostete; ich will jedoch diejenige von euch zur Gattin nehmen, welche mir am meisten zngethan ist. Wie willst du dies beurtheilcn? Das sollt ihr gleich hören. Jede von euch muß, wie der selige Herr es befahl, eine Burg bauen. Diejenige, welche in dem Zeit¬ räume,-von Einem Jahre einen größeren Bau herstellt, soll meine Gattin werden. Zum Bau dürft ihr Arbeiter an Zahl nach Belieben verwenden, alle jedoch müssen Landcskinder sein. Wenn ihr aber binnen der gestellten Frist mit dem Bau nicht zu Ende seid, so habt ihr mir bewiesen, daß ihr mich nicht liebt, müßt ans meine Hand ver¬ zichten, und mir überdies; zwei Morgen Landes znm Geschenke geben. 21« Die Fräulein willigten ein. Die Schwestern machten sich nun risch und rasch über den Bau ber — jede wollte den Preis erringen. Jede schmeichelte sich, den größeren Bau aufzuführcu, und trotzdem zuerst fertig zu sein. Bon allen Theilen des Landes wurden Arbeiter aufgeboten, was Hände hatte, sollte mitbauen helfen. Aber der kundigen Arbeiter gab es damals gar wenige im Lande, die Schwestern gewahrten mit Schrecken den Mangel, und griffen zu dem Mittel, daß sie sich in den Taglöhnen Überboten, um einander die Arbeiter abspenstig zu machen. Dadurch entstanden bald dort und bald hier Störungen, der Bau feierte tagelang, ein Monat verging um deu andern, und man kam nicht vorwärts. Während dieser Zeit herrschte zwischen den Schwestern Spannung, sie mieden sich, und wenn sie mit einander zusammentrafen, so geschah es nur zufällig. Die halbe Frist war verstrichen, die Fräulein begannen einzu¬ zusehen, daß sie mit den Burgen nicht zu Stande kommen, daß ihr Eifer und ihre Eile vergeblich sei. Sie bereuten das gegebene Wort, und wurden mit dem Gedanken, auf den Besitz Gjuka's zu verzichten, vertraut. Einige Tage vor Ablauf der Frist trafen sich die feindlichen Schwestern. Nun Pela, begann die Aeltere, wie weit bist du mit dem Bau deiner Burg? Diese erwiederte in der Landessprache: „lstom sockun stupav." (Kaum einen Pfeiler.) Darauf lachte Aksa und rief: ss ksko cknbru kuös." «lind ick wie ein ziemliches Haus.) Da trat Gjuka heran und sprach: Ihr habt Eure Wette ver- loreu, ich bekomme zwei Morgen Landes, und werde Swieta znm Weibe nehmen. Es ist wohl wahr, ich liebe sie nicht so grimmig, wie euch, allein Gott hat cs nicht gewollt, daß eine von euch meine Gattin werde. Was ihr aber vorhin gesprochen, das merkt euch, und benennet eure Schlösser, die ihr nun mit fremden Arbeitern leicht vollenden könnt, darnach. Aksa's Burg möge den Namen „Dobra-kuöa" führen, und jene von Pela soll „8tupöaniea" heißen. Gjuka's Rath wurde befolgt. Die Ruinen jener zwei Burgen sind noch jetzt vorhanden. Ltupöaniea liegt an der Straße von Daruvar nach Beroče, und stand ehedem mit Dobra - Icuöa in Verbindung. — Die letztere Burgstätte wird jetzt zum Unterschiede des dort angelegten gleichnamigen Dörfchens Dobrigrad genannt. Von den Ruinen sind nunmehr nur einige unterirdische, von Schatzgräbern durchwühlte Gewölbe vorhanden. Im Jahre 1814 prophezeihte nämlich ein blindes Mädchen der St. Georger Grenze, daß dort unermeßliche Schätze lägen. Die Hab¬ sucht sand sich ein, grub aber statt des Goldes nur Steine aus. Men. 221— Frllllj An mein Vaterland. ^ein Herrscher sreit, mein glücklich Oesterreich, Und Heller Jubel tönt der Braut entgegen; Was kam' auf Erden auch der Wonne gleich, Wenn solche Herzen eint der Liebe Segen! O freue dich aus tiefstem Herzensgrund, Und laß' dein altes Lied, den Hymnus tönen! Wann ward geflochten wohl so hehrer Bund, Wie der? Ein Bund des Hohen und des Schönen! Wer dächte nicht — blickt er den Kaiser an, Und schaut Sein fromm und ritterlich Gebühren — Wer dächte nicht an Maximilian, So schön, wie kühn und mannhaft in Gefahren! Und Sie, gefeiert schon vom Dichtermund, Die Kaiserbraut, so hold, so jung und minnig: Wie mahnt Sie an Maria von Burgund, Wie diese bräutlich-schön erblüht und sinnig! 222 Und reicher noch als der burgund'sche Schatz, Glänzt Ihrer Mitgift Gold, verdunkelnd Kronen; Bringt Sie dem Bräutigam doch den Ersatz Für früh geopfert Glück, Werth Millionen. Er gab eS hin für dich, mein Oesterreich! Schon lagst du tief in des Verderbens Ketten, Gelungen wähnten sie den Todesstreich — Da gab Er's hin, um dich aus Schmach zu retten. Denn so gebot das zürnende Geschick: „Nur Eines kann die Schuld, die schwere, sühnen: Ein Jüngling auf dem Thron zu neuem Glück, Ein Jüngling, doch mit männlichem Erkühnen." „Er steig' hinan zu seiner Väter Thron, Doch seine Jugend sei mir dann verfallen! Des Schicksals Ruf gehorch' der Fürstensohn, Und laut wird seines Namens Ruhm erschallen! —" Da trat der Kaiserjüngling aus den Reih'n, Die bang und staunend ihn zugleich umstanden; „Wohlan!" rief er, „ich will das Opfer sein! Leb', meine Jugend, wohl, zum Heil den Landen! —" Und wohlgefällig sah das Schicksal an Dieß Opfer, groß, wie einst in grauen Tagen Der edle Römer todeskühn gethan, Verklärt noch heut in ruhmerfüllten Sagen. 223 Doch kein Verlust, nur Prüfung sollte sein Des Kaiserjünglings Opfermuth und Ringen, — Die Jugend, hingeschenkt so fleckenrein: Ein Engel durfte sie zurück ihm bringen. Ein holder Engel, zieht die Kaiserbraut Umjubelt ein in Habsburgs alte Hallen, In neuem Jugendglanz den Kaiser schaut Alt-Oest'reich, selbst verjüngt, mit Hochgefallen. Drum jubelt's auf aus tiefstem Herzensgrund Und läßt sein Lied, den alten Hymnus tönen; Geschlungen ist der Lieb' und Treue Bund, Der Segensbnnd des Hohen und des Schönen! Me>r 221 Robert Erste Thr cine. ^ahst mir heut im Mannesaug' Eine Thräne stch'n, Mädchen, ach vergiß es auch Nie, was du geseh'n. Reben weinen, wenn sie blühn, Saft von Innen quillt, Männer weinen, wenn ihr Glühn Keine Flut mehr stillt. Mühsam, wie das Baumharz dringt Durch der Fichte Moos, Aus des Mannes Auge ringt Sich die Thräne los; Glühend, wenn ein Riß gescheh». Der zwei Herzen trennt, Läßt ein heißer Tropfen sehn, Was im Busen brennt; 225 15 Und in eine Perle preßt Dann der Mann zumal Seiner Freude kargen Rest, Unermessne Qual. Dachte heut im bangen Schmerz, Als wir eng vereint: Mädchen, könnte je dein Herz Wenden sich vom Freund, Mädchen, dann — ich fass' es nicht, Daß der Tag erscheint — Denke, daß das Auge bricht, Das heut still geweint. Mit einer Rose. Von Sarons Rose geht die Wundersage, Die ferne grünt in Palästina s Zonen, Daß sie den Kelch, drin süße Düfte wohnen, Im Jahr nur einmal sprengt, am Ostertage. Was ich dir heut zum Fest zu bieten wage. Ist schmucklos hold mit schlichten Blätterkronen, Wie du's gewollt, dein einfach Herz zu lohnen, Ein armes Röslein nur vom wilden Hage. Doch rechten Sinns gegeben und empfangen, Fühlst du alsbald mit leisem Busenschlag, Wie sondre Düste von ihm ausgegangen, 220 Als ob, gewiegt von sel'ger Ahnung Scherzen, Am täglich frisch erneuten Ostertag Die Rose Sarons blühte dir im Herzen. Airriil! (Kild von Lhr. Nubcn.) Ein Kähnlein über die Wellen fliegt Im rothen Abendschein, Der Schiffer rudert, sein Liebchen singt, Ein Mönch sitzt traurig drein: „Ein Jeder hat sein trautes Lieb, Das stützen und trösten kann. Ich steh' allein m der weiten Welt, Bcrlaßner, armer Mann." Horch! Horch! zum Ave Maria ruft Die Abendglocke fern, Der Schiffer ruht, sein Liebchen schweigt, Sie beten still zum Herrn. Der Mönch, der lächelt in sich hinein, Sein trübes Äug' wird licht: „Bi» ich auf Erden auch ganz allein, Im Himmel bin ich's nicht!" Prag. 227 Bruder Barry vom St. Gotthardsberge. ^m Hellen Schnee die frische Fährte — Sie zeigt von einem zarten Fuß; Ob sie dem Mägdlein angehörte, Das heute hoch zur Alpe muß? Der Vater krankt an tiefer Wunde, Der Mutter bringe sie die Kunde. „Mem Kind! du mußt zur Sennerhütte, „Ob es auch noch so frostig weht: „Bring' an die Mutter meine Bitte, „Daß sie zu mir herniedergeht." Der Vater sprach's, durch Nacht und Wind Eilt weh'nden Kleid's das gute Kind. 228 Zwei Kuppen hat es schon erstiegen. Gejagt von Vaters bleichem Bild, Da sieht es schon die Hütte liegen, In graue Nebel eingehültt. Und dort das Licht — ist's Lampenschein Der Hütte nicht vom Mütterlein? Doch immer dicht're Nebel gleiten An ihrem Lockenkopf vorbei; Wer, armes Kind? wird dich geleiten? — Dich schauert vor der Waldesfei; Denn immer mehr will sich's verdüstern, Du hörst's im dürren Laube flüstern. Ein kalter Hauch hat ihre Locke Zerweht, mit dichtem Neis berührt. Es stürmt die unbarmherz'gc Flocke An ihre Wange, es verführt Der Nebelqualm sie, daß verwirrt Die Kleine hin und wieder irrt. Vom Schrecken wird sic fast getragen, Bald zieht's nach rückwärts, bald nach vorn, Da möchte sie beinah' verzagen, Die Sohle friert, es sticht der Dorn, Es schmerzt der Stein, und Eis und Schnee — Sie thun der zarten Sohle weh! 229 Ermattet und durchfrostet sinket Das Kind ins Knie dort, wo im Wald Die stille Felscnklause winket. Hin schleppte sie mit Allgewalt Den starren Leib, und sank zum Moose Wie eine bleiche Alpenrose. Da überkommt sie — tiefbetäubend Ein matter, dumpfer, halber Schlaf! Weh', wenn der Schlaf vom Hirne treibend Das Blut — zum Kern des Herzens traf! Der tiefe Athem matter geht, Der Pulsschlag — endlich stille steht. Horch! Horch! — ein Tritt! Naht nicht belebend Die Mutter, dir so lang' ersehnt? Doch nein! — ein dumpfer Tritt, der bebend Bom Waldesgrund herüberdrvhnt. Ein Bär vielleicht, der hergelockt, Nun ahnt, daß hier ein Leben stockt? — Wohl naht ein Thier; doch nicht im Grimme; Der Barry ist's, der Gotthardshund, Er horchte längst der Kindtsstimme, Er setzte über'n Waldesgrund, Lief hastig über's Eisesfeld, Und hat sich wacker hier gestellt. Ha! winselnd springt er in die Höhe Und sucht mit tiefverständ'gem Blick, Daß er des Mägdleins Äug' erspähe, Wirst dann den Kopf aus sie zurück, Und drückt sein Fell, sein warmes, lindes, An's leichte Kleid des starren Kindes. Da hebt sie sich, nun sanft erwachend, Und wie sie schaut den selt'nen Freund — Da schüttelt sie die Locken lachend, Und hat zu träumen bloß gemeint. Und streichelt ihn, gar froh erschreckt, Ihn — der ihr Stirn nnd Auge leckt. Jetzt ladet er sie gar zum Sitze Und zwingt sie, sich mit Fuß und Händen Zu schmiegen an die warmen Lenden, Und schießt dann hnrtig gleich dem Blitze Hinaus, hinaus zur Felsenklause Und trägt sie zum Sauet Gotthardshanse. Die Glocke alsbald wird geläutet. Die uns der Rettung Zeichen gibt. Was hat uns Barry heut erbeutet'-' Ein Mägdlein, das er innig liebt, Hat eine Schwester sich erkoren. Die jetzt zum Leben neu geboren. Schon sind sie an der Klosterpforte; Den Bruder Barry küßt sie jetzt. Und lieblich weh'n die ersten Worte, Womit die Mönche sie ergötzt; Und „Vater!" „Mutter!" „Brüderlein" Wird Alles, was sie sprach, wohl sein. Zu ihren Eltern will sie senden Den Boten Barry nach der Hütte, Vergißt selbst, daß durch's Wort zu spenden Er nicht vermag die Tochterbitte. Doch über Nacht, da kommt im Wagen Der — Vater ihr herbeigetragen. Wer zog ihn wohl? — Es war kein And'rer, Als Barry, ihr lieb' Brüderlein, Der treue Freund verirrter Wandrer. — Dich wird die letzte That nicht sein. Die er in Nebel, Schnee und Nacht Der Menschheit liebend dargebracht! RaiUitz .. 232 (k. (kmi. 1. An Elisabeth von Baiern. Äs ich zuerst Dein lächelnd Bild gesehen, Hold wie ein Traum, gewebt aus Licht und Duft, Fühlt' ich süßkosend meine Stirn umwehen. Wie junge, frische, sanfte Frühlingsluft. Ich sah sich Amoretten selig wiegen Auf Mund und Äug' und Haar, wie Seide weich, Und frug mich selbst: was spricht aus diesen Zügen So anmuthvoll, so lieblich, wonnereich? Jst's eine Fee, dem Zauberbann entsprungen, Jst's einer Rose freudetrunk'ner Geist, Ist es ein Stern, zum Staub herabgedrungen, Ein guter Stern, der uns nun mild umkreist? Da rief's in mir mit jubelndem Entzücken: „Nicht doch — sie war's, die hohe Poesie, Die, um dies arme Dasein zu beglücken, Sich selbst die Formen eines Mädchens lieh!" L33 2. Das Frauenherz. Frauenherz und Frauenliebe Wie so tief, ach! wie so innig. Wie so duldend und ergeben, Wie so heilig, wie so sinnig! Ewig hoffend, ewig schwärmend, Ewig träumend, ewig wagend, Immer sprudelnd, nie versiegend. Ewig glaubend, nie verzagend. Sag': wem gleichst Du, ahnungsvolles Frauenherz, Du Einzigwahres? Räthselhaftes Zauberwesen, Sag': wem gleichst Du, Wunderbares? Ein Komet bist Du — so glänzend. Und ein Aether, feuersprühend, Immer brennend, immer lodernd. Immer flammend, immer glühend. Bist das Nachligallenliedlein, Weckst der Liebe Frühlingsblüten, Bist das Immergrün — Du lebst noch, Wenn die Blumen all' verglühten. Bist das Meer, das unergründlich Ewig schäumet, ewig fluthet, Bist der Pelikan, der liebend Sick verwundet und — verblutet. Bist ein Engel mild und lächelnd, Der die Menschheit freundlich grüßet, Der sie tröstet und sie segnet, Ihr vom Äug' die Thronen küsset. Bist dos Blümchen Centifolie Mit den sanften, weichen Blättern, D'rauf mit Flammenschrift geschrieben Steht der Spruch mit gold'nen Lettern: „Werden auch im Kampf der Leiden „Treulos Menschen einst auf Erden, „Wird auch Alles klein und muthlos — „Frauenherz wird's nimmer werden." Frauenherz und Frauenliebe, Wie so tief, ach! wie so innig, Wie so duldend und ergeben, Wie so heilig, wie so sinnig! Men. Ma FrHrrr »m Hmgenlln. >Vchön ist des Diamantes Heller Schimmer Und zauberisch feenhaft sein Strahlenglanz, Er blitzt zurück in buntem Lichtertanz Der Sonne Gluth, des Mondes bleich Geflimmer. Doch schöner ist des Demants Funkeln nimmer, Als dann, wenn eines Ringes goldener Kranz Mit des Metalles ewig gleichem Glanz Umschließt des Edelsteins unstäten Schimmer. So gibt der Liebe glühendem Entzücken Beständigkeit die heiligende Weihe Mit unveränderlicher, fester Hand; So glänzt in schimmerreicher'n Sonnenblicken, Umschlossen von dem stäten Gold der Treue, Der Liebe wandelbarer Diamant. Wien. r.W Idols Ritter vm Sollubn. Mein Oesterreich. INomanjk.) ^er Doppelaar im Mittelschilde Das schönste Kleinod Habsburg's trägt. Es sind gesegnete Gefilde, Für die das Herz des Volkes schlägt. Wo sich die Berge lustig heben Im Wäldergrün vom Thalesrand, Umsäumt von Garbengold und Reben, Es ist mein schönes Heimatland. Zwar sei dem Ruhme fremder Gauen Des Sängermundes Lob gezollt; Doch wo durch unsre grünen Auen Der Donau Silberader rollt, Wo rings im Forste Büchsen knallen. Wo rauscht der Wildbach über Sand, Wo in der Ostmark Lieder hallen, Blüht Ehrenpreis dem Vaterland. Mein Oesterreich! Zur Lebenswonne Bin ich auf Deiner Flur erwacht; Hier in der Jugend Maiensonne Mir reifte der Gefühle Macht; lind wenn oft Traum nur blieb mein Sehnen, Zu knüpfen manch' geliebtes Band, Ach! dann entfleuchter Hoffnung Thronen Dein Boden trank, o theures Land! Men. 238 ZiMch Mile« Ein Reiter-General. ^as war ein achter Netter, der alte Hans von Spork; Daß er nie satt sich kämpste, macht ihm die größte Sorg', Wo er den Feind erblickte, lacht' ihm das Herz im Leib: — Anreiten, — Schwert fassen, — drein wettern, — das war sein Zeitvertreib! — Als Bauerssohn geboren, ein brav westphälisch Blut, Erweckt die Werbetrommel ihm Rciterlust und Muth; Des Baters besten Rappen reißt er vom Stall heraus: — Schwingt auf sich, — sprengt donnernd, — hält Rast incht bis vor des Werbers Haus! — Da pocht er an die Pforte: „Herr Hauptmann! Ein Rekrut! „Mit eiuem starken Rappen und noch viel stärkstem Muth, „Den Handschlag will die Linke, die Rechte will den Stahl; „Mich drängt es — gewaltig, — zu werden: — Ein Reiter-General!" — Und was der Bursch versprochen, der Mann hielt's: Reiter-treu, Denn wo man zog vom Leder, da war der Spork dabei; Lehrt Freund' und Feinde glauben an seinen Mutterwitz: Ansprengend — d'reinschlagend — fortwetternd: 'ne Wolke, — ein Donner — ein Blitz!- Mußt' er ein Feindeshäuflein wo in der Straße Staub: Die fegt er auseinander wie Sturmwind — dürres Laub; — Und wußt' er sie gebettet, wo in Quartieren fein. Umstellt sie, — versprengt sie — und legt sich — gemächlich selbst hinein! — Und die er zog zu Reitern, das war ein Helden-Chor, Ein Waldstrom, Bahn sich brechend, brausst es dem Heere vor, 240 Manch deutsches Kind erbebte bei dieses Strom's Getos Und hört, vor den Sporkischen Reitern — erbleichte der Franzos'. Zehn Regimenter standen dereinst bei Fürstenseld, Spork ihnen gegenüber mit seinen Reitern hält; Und alle Zehn zerbrach er mit der gewalt'gen Hand; Als hätte — ein Glas er geschmettert — an eine Felsenwand.- Und war er kampfgewaltig, wo er auch immer stritt, Doch war er doppelt furchtbar, wenu er gen Türken ritt; Dann glühte wild sein Auge, und Strahlen schoß sein Schwert, Dann ritt er, als wär' er verwachsen in Ein's mit seinem Pferd. — Es war im Jahr Ein Tausend sechshundert sechszig Und vier, Als wieder 'mal der Türke in Ungarn nahm Quartier, Und siegberauscht geschworen: Nicht eher zu ruh'n vom Sieg, Als bis er das Kreuz zu Sanct Stephan in einen Halbmond bieg'. 241 16 A» Steiermark's Bergpsorten pocht er gewaltig an, Sich lagernd bei Sanct Gotthard mit hunderttausend Mann, Und ihm steht gegenüber des Kaisers letztes Heer, Mit Hilfsvolk an Vierzigtausend — wohl wen'ger eh', als mehr! Als Feldherr commandiret Graf Montecuccoli, Spork hält am rechten Flügel, am linken: Colygni; Die Christen — auf den Höben, die Türken stch'n thalab, — Und zwischen den Christen und Türken drängt scheidend fick die Raab, — Und eh' durch dichten Nebel noch vor die Sonne drängt, Schon Spork mit seinen Reitern ins Türkenlager sprengt. Und färbt dort rotb den Boden lang vor dem Morgenroth, Das sausende Schwert um den Nacken als Morgengruß er bot. — Von Spvlkcns Morgcngruße das Ccko furchtbar gellt! Aufschreckcn die Osmancn — vvrstürzend aus dem Zelt — Die seichte Raab durchwatend — vordrängcn sie mit Macht — Schon klingen die tödtenden Waffen - und es beginnt die Schlacht! -- Wie wenn ein Sturmwind aufjagt, zwei Wolken — wetterschwcr. Die fahren blitzgetränket wild gen einander her, Sich hallend und verbindend in Eins znsammenklebt, Bis krachend der Donner vorpoltert, daß Erd' und Himmel bebt! — So stürzen gen einander das Christ- und Türken-Heer, Sich fassend mit tausend Armen — bis beid' ein Einz'gcs Heer, Gekeilt in eine Masse, — und aus dem wilden Knaul Tönt Schreien von Menschen und Rossen und rasend Wuthgeheul. Das so beengte Treffen bald vor-, bald rückwärts schwankt. Bis endlich das Heer des Kaisers die türk'sche Macht umrankt. Und über die Raab sie schleudert zurück mit siegender Hand, — Als eben die Sonne am Himmel in Mittags-Gluthen stand! — Wie ein gehetzter Tiger zum letzten Rettungssprung, Dem anspannt alle Muskeln Noch und Berzweifelung: So nimmt der Türk zusammen, was Hand und Kraft vermag, Borschwanken — drei mächt'ge Treffen — zu dem Entscheidungsschlag! — Anrücken drei Massen Reiter, au Sechszigtauscnd geschätzt, Geschütz dröhnt in der Mitte, das Fußvolk kommt zuletzt; Ein Allahruf erbrüllet, Tod speiet das Geschütz, Zermalmend rings, schmettert der Donner, Ein Wirbel — Schlag und Blitz! Und da — im Augenblicke, an dem ein Jahrhundert hängt, Der Spork mit dröhnendem Hufschlag vor seine Reiter sprengt: „Wer läßt den Säbel sinken, eh' ihm das Auge bricht?" — Und Alle — sic rufen, wie Einer: „die Spork'schen Reiter — Nicht Und sich vom Haupte reißet Spork seinen Federhut: „Herr Gott! — hilf deinen Christen — ich denk' — es wäre gut! — „Doch willst du nicht? na! gut auch, — nur neutral verbleib', „Dann sollst du dich freuen, wie ich sie zu eitel Staub zerreib'!" Die Reiter hören das Sprüchlein, das fromm ihr Meister sprach, Es jubeln die Heldenkehlen ein lautes „Amen" nach. Spork wettert gen den Feind hin; sie raffeln hinterdrein, Ganz einig in Worten und Thaten: Vorbeter und Gemein. Ob auch Geschützes Qualm heiß haucht in ihr Gesicht, Vorschnauben wild die Rosse, die Reiter kümmert's nicht; Mit tödtendem Schwert sie sprengen bis in des Feindes Mitt', Einhauend — zertretend — entbügelnd, was in den Weg nur tritt. Rückweichen schon die Türken vor diesem Wuth-Anprall, Sie jagt mit flammendem Schwerte Sporks Zorn allüberall. Mau sieht wie Wetterleuchten sein züngelnd Schwert um's Haupt, Zwei Spork und zwei blitzende Schwerter das Äug' zu sehen glaubt! — 24b Und durcheinander wirbelt der Türken Fluchtgebraus, Das Fußvolk, Waffen streckend, entflieht dem Schwertgesaus; Die Reiter — fluchtanspornend ihr angstvoll schäumend Pferd, Stets hinter sich: Sporkische Reiter mit rastlos würgendem Schwert. Was nicht in Flucht zerstäubet, was nicht das Schwert zerschlägt. Die Raab mit blut'gen Wogen zum Schooß der Donau trägt. Der Sieges-Himmel breitet sich über's Schlachtfeld klar, Die grünsten der Kränze, sie flattern um Spork und seine Schaar! Und alle Helden geben dem Spork des Tages Ehr'; Der aber spricht bescheiden: „Hoff', künftig thn' ich mehr!" - Und manch ein Schlachtfeld zerstampfet noch Spork'scher Reiter-Huf, Der Erste — der bravste der Reiter, so spricht von Spork der Ruf! — Roch viele Fahre kämpft er, und ob im Herzen auch Die Kriegeslust noch flammet mit frischem Jugendhauch, 246 Doch drückt zu sehr den Körper der achtzig Jahre Last, Die Hand kann das Schwert nicht mehr halten, die Kniee brechen fast. — Noch einmal läßt er stellen on kennt« sein Regiment, Das er sich anferzogen, das durch und durck er kennt, Mit dem er vierzig Jahre gethcilt hat Lust und Weh, Und reicht seinen Reitern die Hände, sagt: „Gott mit Euch! — ich geh'!" Da tont eiu lautes Stöhnen durch seiner Reiter Reih'n, Die alten Kerle heulen: „Spork! Vater! muß es sein?" Die Rosse selder halten die Köpfe trüb gesenkt. Als Spork jetzt zum letztenmal grüßet, und dann schnell vorwärts sprengt! Denn wie der Aar sich sterbend verbirgt in seinem Horst, So geht der Spork auch sterben nach Böhmens Taunenforst; Und bald entringt dem Greise der Tod den Heldenstahl; Doch lebt noch nnsterblich sein Name: Ein Reiter-General! Haiuluirg - _ 247 IllLtH LMer. Das Urbild. (Fettende.) Saul, Saul, warum verfolgst du mich? Apostrlg. IX. 4. ^en Morgen kündet Heller Lerchenscklag, Aus allen Pforten tritt der laute Tag, In alle Fenster grüßt das gold'ne Licht, Nur in die Kammer eines Malers nicht. Gardinen halten auf die flieh'nde Nacht, Und bei der Lampe letztem Flackern wacht Der Künstler, aus der Lettern schwarzer Saat Bei Worten suchend für Gefühle Rath. Nun fährt er aus und ruft: „Ich biu am Ziel! Vor meiner Seele Blick der Schleier fiel; Des Weisen Wort hat meinen Geist erhellt, Entsiegelt die Geheimnisse der Welt! Das Ideal, so einst den Knaben kaum Beglückte in der Andacht sel'gem Traum, Ich les' es klar in jedem Angesicht, Mern blödes Auge nur erkannt' es nicht; Und was für mich im Himmel nur geweilt, In allen Menschenherzen ist's verthcilt. Gefunden, was von Urbeginn schon Mein! Nun wag' ich mich, o Licht, in deinen Schein. Verkläre, Sonne, festlich das Gemach, Wo sonst du nur geleuchtet meiner Schmach! Herab, du alter Spuk der Tradition, Des schaffenden Gedankens bitt'rer Hohn! Herab, ihr Bibelbilder, von der Wand, Dem Geiste nickt entstammt, ein Werk der Hand; In Einfalt so entworfen und gefärbt, Wie es der Vater auf den Sohn vererbt. O du, der frommen Kunst Erbärmlichkeit! Dich streif' ich ab für alle ew'ge Zeit, Dich streif' ich ab, du altes Bußgcwand, Ich bin entsühnt, dieweil ich mich ermannt! Mein Urbild alles Schönen sei der Mann, Kein Halbgott, den der Aberwitz ersann; Ein Mann, dem Weisheit auf der Stirne tbront. Der in dem Dienst der Lüge nie gestöhnt; An Hoheit Fürst, an Würde ein Prophet, Ein Held an Muth, ein Priester im Gebet, Der, ohne Dünkel dessen sich bewußt, Den Gottgedanken trägt in seiner Brust. Sein Blick, der leicht in Milde kehrt die Gluth, Wenn er in Liebe auf den Völkern ruht; Sein Mund die Pforte, zart vom Bart umweht, Aus der hervor nur Recht und Wahrheit geht; 249 Der Nacken frei, berührt nur vom Gewand, Wie's eigen nennt kein lebend Volk, kein Land. Ein Mann, wie ihn der Weise mir gezeigt, Ein Mann, der vor dem eignen Selbst sicb beugt!" — Und wie der Maler sprach, so regte sich Geschäftig schon die Hand, und Strich an Strich, Und Färb' an Farbe einend, weiß er kaum Ob er es will, was aus des Pinsels Flaum Ein Sclbstsichzcugendes so mächtig quillt. — Nasch flieht der Tag — vollendet ist das Bild. — Es will der Maler vor dem Abendgrau'n Noch einmal prüfend, was er schuf, beschau'n. Nach rückwärts tretend, stiert sein Werk er an; Das ist es nicht! Er findet nicht den Manu, Nicht die Verherrlichung der Kreatur — Das, was er schaut, ist göttlicher Natur Er wähut sein Auge arbeitmüd, und ringt Vlit seiner Sinne Trug. Umsonst! Er sinkt Anbetend in die Knie. Das Abendrotb Mit Glorieschein die Staffelei umloh't, Und Aveglocken grüßen fromm von fern — Das Wunderbild des Heilands, unsers Herrn' Meu 250 Mimi Freiherr vm Rlechrim 's Engelsköpferi. IMedcMerrcichisch.) v^s Wern jetz zehn Jahr bald sein, Da bin i in der Münchner Stadt gwest, Nnd war beim gnädigen Herzog Max, Am heiligen Christ-Kindl-Fest. Es war da so hamli, gemüetli nnd tren, So herzli, wiä's selten wo is; Nnd wann i 's nit gwußt hat, i bin auf der Welt I hat glaubt, i bin im Paradies. Die Biücmcrln habn duft da, so zart nnd so süeß, Die Liächtcr habn g'funkclt so rein. Als zräget' das Jesu - Kind selbst Am heiligen Abend da ein! — 251 Und zwischen die Blüemerln, die blüeht habn und duft Da in ihrer wunderbar» Pracht, Da habn aus Röserln in Morgnroth-Farben So herzige Engclsköpf' g'lacht. A Köpfcri war gar wiä ä Gnadenbild mild, Was Trost den Unglücklichen spend't; Und das Engelsköpferl, das habn die Leut Prinzesserl Elisabeth g'nennt. Und wiä i das Gsichterl mir g'nauer betracht, Da is mir so wohl um's Herz g'schegn! Die Aeugerln warn himmlisch schön, als könnt' ma drin A Stückerl vom Himmelreich segn. Das Halserl war weiß, wiä von Lilien der Schnee, Und hat sie das Köpferl bewegt, So war mir, als wär'n zwischen Goldlöckerln da Zwä silberne Flügerln versteckt! — Und wiä i so schau, und so nachdenk', da schleicht In mei Herz der Gedank'n si ein: Das Kind hat der Himmel auf d' Erd h'ruuter gsckickt. Daß 's hier soll ä Schutz-Engel sein!- — * * * Und was i mir denkt hab' damals vor neun Iabren, Was 's Herz mir da g'sagt hat, is gschegn! I hab in die Aeugerln, so treu und so klar, A Stückerl vom Himmelreich g'segn. 2b2 I hab in dem Gsichterl so liäblich und mild, Ä Gnadenbild damals erblickt, — Ä Gnadenbild, das durch an änzigen Blick Die Herzen aufschliäßt und beglückt! Und das Engelsköpferl von damals is jetz Die Frau von mein Kaiser und Herrn! Und mit Gottes Seg'n wird Elisabeth Der Schutzgeist von Oesterreich wern! — Aerliu. Das Begnadigungsgesuch. lHikorische Novelle.) 16. August 1780 fand sich beim Hoftathe von Gr. . . er, ver damals eines der ersten Häuser machte, die gewöhnliche Abendge¬ sellschaft ein. Die frühere Stellung seiner Gemahlin, welche Kammer fräulein am kaiserlichen Hofe gewesen, erleichterte ihm ungemein die Vereinigung von Menschen, deren Rang- oder Bildungsstufe sie sonst auseinandergehalten hätte. Hier stellten sich die vorurtheilsfreien Herren von niederem Adel, einige vornehme angesehene Beamte und die vorzüglichsten Künstler und Schriftsteller der Hauptstadt ein, und alle Fremden von nur einiger Auszeichnung erfreuten sich an Gr. . . ers zuvorkommender Aufnahme und an der geistreichen Unter¬ haltung seiner Gattin. An diesem Abende jedocb war die Gesellschaft nicht so zahlreich als sonst, und bestand fast nur aus den nächsten und vertrautesten Be¬ kannten des Hauses. Man hätte denken sollen, daß dieser Umstand die Lebhaftigkeit des Gesprächs fördern müsse. Allein vergebens strengte die liebenswürdige Hausfrau all die kleinen Künste an, womit man einen Kreis von guten Freunden so leicht in frohe Bewegung versetzt; heut wollte nichts verfangen. Der Hofratb war in Verzweiflung; nie war man m semem Salon so mürrisch, so einsilbig gewesen; sogar der lustige, feurige Hofagent, Rechtslicentiat Rautenstrauch, der immer neue Schnurren zu erzählen wußte, immer ein gutes launiges Gedicht m Bereitschaft hatte, saß verdrießlich im Lehnstuhl und drehte die Daumen übereinander, wobei er nur die Abwechslung gebrauchte, fünf Minuten lang den rechten über den linken und eben so lange den lin¬ ken über den rechten zu drehen, und die Damen, darunter die Haus¬ frau, saßen um einen runden Tisch und zupften Gold und Seide oder strickten. Man hörte nichts als das Athemholen von zehn bis zwölf Per¬ sonen, den Schritt der hin- und hcrgehenden Dienerschaft, das Räuspern und Niesen der Tabakschuupfer, oder das Stuhlrücken der Spieler beim Platzwechseln. Aber es war nicht jene trauliche, wohlthuende Stille, die sich bisweilen einer angenehm beschäftigten Gesellschaft bemächtigt; anderseits war es auch nicht jene unbehagliche, drückende Stille, die manchmal in einen fröhlichen Kreis cintritt, weil der Stoff zur Unter¬ haltung ausgegangen ist; es war vielmehr jenes peinliche, unfreiwillige Schweigen, wo alle Anwesenden von einem und demselben unangeneh¬ men Gedanken, von einer und derselben schmerzlichen Empfindung oder Erinnerung beherrscht sind, wo Jeder das Gefühl des Andern ahnt oder weiß, und doch Keiner den Mutb hat zuerst auszusprechen, was Alle quält. Ja es schien sogar, als ob man sich heimlich das Wort gegeben, den schönen Abend nicht durch Anspielungen auf das alle Gcmüthcr in Spannung haltende Tagesereignis zu verderben, und gerade dadurch verdarb man ihn. Der Unglückliche, dem Heute wegen Stämpclverfälschungen das Leben abgesprochen worden, war fast allen Gliedern der Gr. . . er'schen Gesellschaft mehr oder minder be¬ kannt; seine Verwandten, seine Gönner und Kollegen gingen im Hause ein und aus; abgesehen von dem gewöhnlichen Mitleid trat 255 hier noch die Kränkung hinzu, einen bisher geachteten Mann als Ver¬ brecher gebrandmarkt, eine bisher allgemein geehrte Familie tödtlich beschimpft zu wissen. Der Gr. . . er'sche Abendzirkel war daher mit vol¬ lem Recht bis in's Innerste ergriffen und verstimmt. Erst beim Souper kam der Gegenstand des allgemeinen Be¬ dauerns zur Sprache. Rautenstrauch nämlich, der lange, bald lauter, bald mäßiger mit den Fingern auf Tisch und Teller getrommelt hatte, — eine Unart, die man dem Dichter hingehen ließ, weil man ihn während dieser Zeit von poetischen Gedanken erfüllt wußte, — stand plötzlich auf und wollte fort. Auf die Frage der Hausfrau „Wohin? Warum?" platzte der Hofagent mit der runden Antwort heraus: „Ich kann nicht mehr essen und trinken, seitdem ich dem armen Kassier das Todesurtheil ankündigen sah. Das plötzliche Zusammenzucken und Erbleichen des Unglücklichen, der eine zwar harte und schimpf¬ liche, aber nicht diese Strafe erwartete, liegt mir noch in allen Gliedern. Wohin ich schaue, tritt mir seine Jammergestalt entgegen; selbst wenn ich die Augen schließe, seh' ich ihn mit dem Blick mei¬ ner Seele; er verfolgt mich wie ein Gespenst, das um Erlösung bittet. Lassen Sie mich fort, Hofräthin; ich muß meine aufgeregte Phantasie durch einen Gang in kühler Nachtlust wieder in's alte Ge¬ leis bringen." „Nein, nein, lieber Freund, Sie müssen bleiben," sagte die Hof¬ räthin, indem sie Rantenstrauchs Arm ergriff und dem Widerstrebenden Hut und Stock abnahm. „Da, setzen Sie sich zu mir. Vielleicht wer¬ den Sie ruhiger, wenn Sie sich aussprechen. Sie wissen ja, welchen Antheil wir Alle an dem armen Kassier nehmen." „Da haben wir's," fiel der Banquier Baron von F... s in's Wort. „Jeder Verbrecher heißt den Dichtern und den Frauen ein Armer, ein Unglücklicher, und so ein schlechter Kerl, an dem jeder Blutstropfen ehrlos und niederträchtig ist, interessirt diese poetischen zarten Seelen mehr, als ein Dutzend hungernder Kinder, die um Brod schreien/' „Sie vergessen, Herr Baron," fuhr der in seinen heiligsten Ge¬ fühlen verletzte Dichter auf, „daß die Familie dieses „schlechten Kerls" zahlreich und ohne Mitschuld ist. Sie vergessen, daß dieser traurige Fall wie ein Streich aus heiterem Himmel niederfällt. Wer tonnte vermuthen, daß die großmüthige Monarchin, die oft bei größeren Ver¬ gehungen die Todesstrafe nachließ, plötzlich den Grundsatz der unnach¬ sichtlichsten Strenge werde walten lassen?" „Ich denke," antwortete der Banquier, „daß die große Maria Theresia triftigere Gründe gehabt haben wird, die zwciundzwanzig Bittschriften um Begnadigung des Kassiers Rein. ... zu verwerfen, als Sie vorbringen können, diese Verwerfung unbillig zu nennen." „Unbillig!" rief Rautenstrauch zornig aus; „unbillig! habe ich das gesagt, habe ich das gemeint? Wie könnte ich, der vielleicht mehr als Sie von der Gerechtigkeitsliebe der Kaiserin überzeugt ist, einen solchen Gedanken hegen! Aber ich wundere mich, daß dießmal die gewöhnliche Milde der hohen Frau so ausfällig in den Hintergrund tritt; denn cs ist das erste Mal seit dreißig Jahren vielleicht, daß ein Verbrecher dieser Art mit dem Tode bestraft wird. Verurtheilt wurden sie dazu, das ist wahr, denn das Gesetz verlangt es; allein das Herz unserer angebeteten Theresia fand stets einen Vorwand zur Begnadigung, und säumte nicht, sie dem Unglücklichen schnell ankündigen zu lassen. Es wurde fast eine Art Herkommen daraus, und wir sind gewöhnt daran. Dießmal jedoch, gerade dießmal verfährt sie so streng. Warum? Es ist mir unbegreiflich. Das verkürzte Aerar wurde ja gänzlich entschädigt und die unaus¬ löschliche Schande, die mit dem Tod durch Henkershand verknüpft ist, wird nun nicht bloß zu einer Strafe für den Schuldigen, sondern zum 17 257 ewigen Schimpf für die schuldlose Familie, die seinen Namen trägt. Ja, wenn Rein. ... ein Mörder, ein Brandstifter, ein Deserteur, ein Hochverräter gewesen wäre! aber so war er nur ein Betrüger, ein elender Fälscher, eine Art Dieb; wenn man alle Diebe gleich hinrichten wollte, man hätte viel zu thun." „Und glauben Sie," sagte der Baron gelassen, „daß die Monarchin dieß Alles nicht reiflich genug erwogen habe? Haben Sie vergessen, daß gerade das, was Sie „nur" einen Betrug, einen Diebstahl nennen, sich in letzter Zeit erschreckend oft wiederholt hat? Sitzt nicht eben jetzt auch der H wegen desselben gemeinen Verbrechens gefangen? Muß nicht endlich auch die langmüthigste Weichherzigkeit solch fortwährender Gewissenlosigkeit gegenüber von Ingrimm und Verachtung erfaßt und zuletzt dahin gebracht werden, der Welt in einem erschreckenden Beispiele zu zeigen, daß Gesetze nicht mit sich spielen lassen? Es ist eben die Milde der Monarchin, worauf derlei Leute bei ihren verbrecheriscben Unternehmungen schon im Voraus recbncn. Sie fürchten die ungeheuerste That nicht mehr, weil sie wissen, daß die darauf gesetzte Strafe dock nicht vollzogen werden wird. Entweder mußte das Gesetz aufgehoben werden, oder man muß das einmal be¬ stehende vollstrecken. Die Gerechtigkeit selbst wird zum Kinderspott, wenn stets die Barmherzigkeit hinter ihr her hinkt und das Wort der Gnade spricht." „O Sie haben der Urtheilsprechung nicht beigewohnt, sonst wür¬ den Sie anders reden!" rief Rautenstrauch in hoher Bewegung. „Denken Sie sich einen gebildeten Mann in Ketten; denken Sie sich denselben im Bewußtsein seines Verbrechens; ohnehin von Scham und Reue zu Boden gedrückt, voll Angst und Verzweiflung, aus der Nacht des Gefängnisses plötzlich auf eine Tribüne unter freiem Himmel geführt, um dort Angesichts der athemlosen Bevölkerung, die Kopf an rs8 Kopf den Marktplatz füllt, sein Endurtheil zu vernehmen; denken Sie sich hinter ihm die Gattin, die Kinder und Enkel, die Anverwandten, ja selbst Hausfreunde, alle mit hochklopsender Brust den fürchter¬ lichen Augenblick der Entscheidung erwartend, alle in Thränen einzig auf die Güte der Monarchin, aber auch mit Vertrauen darauf hoffend, und nun tritt der Richter vor und verliest das Bluturtheil. Mit einem Weheschrei stürzt die Gattin, das treue Weib, die liebende Mutter seiner Kinder zu des Verbrechers Füßen und windet sich in Krämpfen. Alles, was seinen gebrandmarkten Namen trägt, ist ent¬ ehrt, wird verachtet und beschimpft. Sein ältester Sohn, ein liebens¬ würdiger junger Mann, sieht die Familie seiner Braut von der Verbindung mit ihm zurücktreten, die Amtscollegen des zweiten Sohnes, die Kame¬ raden des dritten wollen nicht mit dem Sprößling eines Justificirten dienen; die Töchter sind gewissermaßen ausgeschlossen von jeder standes- mäßigen Heirath; auf die Enkel zeigen von jetzt die Straßenjungen mit dem ungezügelten Hohne der Gemeinheit; der Schwiegersohn, dessen Gemahlin den bräutlichen Segen aus der Hand des Fälschers empfing, und dessen Kinder einen gemeinen, ehrlosen, schmählich Hinge¬ richteten Verbrecher Großpapa nennen, schämt sich der Schuld und Strafe seines Schwiegervaters, als ob sie seine eigenen wären, er muß sich vor der Welt zurückziehen, denn er weiß, wie sie ihn nun empfangen wird; keiner der Verwandten darf sich irgendwo sehen lassen; jeder Hausfreund wird bei seinen Besuchen in andern Häusern mit der Anrede begrüßt werden: „Ah, Sie waren ja auch mit dem Stämpel- Verfälscher sehr befreundet!" oder: „Wie geht's denn bei Rein. . .. ; Sie kommen doch wohl noch hin?" All diese Keulenschläge und Nadel¬ stiche der Zukunft stehen Plötzlich vor der ahnenden Seele des Verur- theilten, dem in diesem Augenblicke die Qualen der Hölle nur eine Erlösung von. noch größeren scheinen. — Und nun, wenn Sie auch 2SS 17' von dem Familienjammer absehen können, wenn Ihnen die Schmerzen des Abschieds, das Weinen und Schluchzen der Frauen und Kinder, die letzten zitternden Händedrücke und Küsse der Söhne, die langgehal¬ tenen letzten und allerletzten Umarmungen der schuldlosen, ehrenwerthen Familie, der zu Liebe nur der Vater sich versündigte, wenn Ihnen das Alles noch eine gelinde Strafe dünkt, an der nur der Schuldige theil- nimmt, die nur der Verbrecher allein empfindet; — dann, Herr Baron, stellen Sie sich den langen Weg vor, den nach drei martervollen Tagen und Nächten der Unglückliche zurücklegcn muß; da wird er sitzen auf offenem Karren und der Henker sitzt ihm gegenüber; vom hohen Markt schleppt sich der Wagen langsam, langsam durch das Kärntner- thor über die weitgestreckte Vorstadt bis zur Spinnerin am Kreuz, Ein unabsehbarer Zug von Menschen wälzt sich entgegen, wälzt sich nach und drängt sich immer zahlreicher und schaugieriger auf den Platz der Hinrichtung, und — ach! ihm, dem Todesbangen gegenüber lacht der Sommer mit allen Reizen des Erdenlebens; vom wolkenlosen Himmel strahlt die Sonne so freundlich wie immer und spiegelt sich wie sonst im goldenen Knopf des Stephansthurmes, auf dem sein Blick noch den Adler unterscheiden kann, — — — Herr, wenn Sie jetzt nicht sagen, daß dieß zu viel Angst und Pein, zu viel Schrecken und Strafe für einen Menschen ist, der keinen umgebracht hat, so haben Sie selbst kein menschliches Herz in der Brust, sondern ein Stück Holz, das nicht einmal durch das Feuer des Mitgefühls in Brand gerätst." Rautenstrauch sprang auf, sein Gesicht glühte vor Empfindung, seine Augen funkelten, er ging heftig auf und nieder, all seine Bewe¬ gungen verriethen die leidenschaftlichste Aufregung. Gespannt sahen die Andern bald auf ihn, bald auf den Banquier, der, ohne im Mindesten die Fassung zu verlieren, ruhig eine Prise aus seiner goldenen Dose nahm, und endlich unterm Schnupfen sagte: 26Ü „Lieber Hofagent, man sollte glauben, Sie wollen sich berühmt machen wie der Hofrath Sonnenfels; der hat die Tortur abgebracht; mir scheint, Sie möchten die Todesstrafe abschaffen." „Das wohl nicht," antwortete Rautenstrauch. „Aber?" frug die Hausfrau mit sinnigem Lächeln, „aber! Ich wette, unser Poet sinnt auf eine Bittschrift zu Gunsten des Berurtheilten." „Was würde diese auch nützen!" meinte der Hofagent achsel¬ zuckend. „Und gesetzt, ich brächte die dreiundzwanzigste Bittschrift zu Stande, wer bürgt mir dafür, daß ich alle jene Gründe, ja nur einen einzigen Grund anführe, wodurch die Monarchin bewogen werden könnte, Gnade für Recht eintreten zu lassen? Freilich wenn mir das gelänge — aber es ist ja nicht möglich." „Allerdings ist es nicht möglich," rief der Banquier höhnisch aus. „Vor Allem ist die Zeit zu kurz. Die Kaiserin wohnt in Schön¬ brunn. Bis das Gesuch verfaßt und abgeschrieben, endlich überreicht ist, bis die Monarchin das Gesuch gelesen, überlegt, an den Justiz- Präsidenten zur Aeußerung geschickt und diese von ihm erhalten hat, vergehen mindestens zwei Tage, und dabei rechne ich noch auf alle kleinen Begünstigungen des Zufalls in Bezug auf die Schnelligkeit sämmtlicher Expeditionen. Aber es ist nicht nur nicht möglich, es ist auch unschicklich. Solch unbefugte Einmischung in Angelegenheiten die Ihnen ganz fremd sind, die Sie gar nichts angehen, kann man selbst einem Poeten von vierunddreißig Jahren nicht mehr verzeihen. Wie? Sie, ein Ausländer, der nur durch die Gnade der Monarchin hier naturalisirt ist. Sie wollten einen Versuch wiederholen, den schon hohe und höchste Fürbitter vergebens gemacht haben? Sie wollten das edle Herz unsrer angcbeteten Kaiserin noch einmal auf die Folter spannen und die erhabene Frau zwingen, zum dreiundzwanzigsten Male zu verweigern, was, wenn sic es zu dürfen glaubte, sie ja dock schon das erste Mal freudig zugesagt hätte. Wollen Sie dessenunge¬ achtet von Ihrem thörichten Vorhaben nicht «blassen, — denn ich seh's Ihnen an, daß Sie darüber brüten — so verursachen Sie der Monarchin eine schwere Stunde mehr und sich selbst machen Sie durch dies unziem¬ liche Unternehmen, das unmöglich Erfolg haben kann, nur lächerlich. — Verstehen Sie mich recht," fügte er milder hinzu, als Rautenstrauch aufbrausend gegen ihn losfahren wollte und die Hausfrau mit bittendem Blick dazwischen trat; „ich tadle nicht die edle Aufwallung Ihres Herzens; aber der Poet vergißt, daß er zugleich Hofagent ist, und Ihr Verstand läuft mit dem Herzen davon." „Leider ist übermorgen", warf der Hausherr ein, um dem Gespräch eine andere Wendung zu geben, „leider ist übermorgen der Sterbtag des seligen Kaisers Franz. Diesen und den Vortag bringt die Kaiserin stets in einsamem Gebete zu. Da hat kein Kammerherr Dienst; es wird Niemand vorgelassen, Niemand gemeldet. Wie wollte man zu ihr dringen, oder selbst nur das Papier an sie gelangen machen? Der Baron hat Recht, es geht nicht." Damit schien die Sache abgethan zu sein, war ja doch der Streit darüber beendigt. Die allgemeine Stimmung hatte sich wie durch ein Gewitter entladen und die früher so eintönige Gesellschaft plauderte und schwätzte lebhaft bis gegen Mitternacht. Als die Gäste noch einmal in den Salon zurückgekehrt waren, nm dort von den freundlichen Wirthen Abschied zu nehmen, zog die Hausfrau den Hofagenten bei Seite und flüsterte ihm leise während des Handkusses zu: „Rautenstrauch, versuchen Sie's doch! Um der Menschlichkeit willen, versuchen Sie's!" „Ach, wie gern!" war die Antwort; „die Bittschrift ist bald ver¬ faßt, aber wie bring' ich sie an die Kaiserin?" „Lassen Sie das meine Sorge sein," entgegnete die Hofräthin. „Eine der Kammerfrauen Ihrer Majestät ist meine Freundin und ich selbst gelte auch noch was bei der Kaiserin. Schreiben Sie nur Fbr Gesuch und bringen Sie's morgen nach Schönbrunn hinaus. Gegen zehn Uhr früh erwart' ich Sie in dem einsamen Bosquet am Teiche. Meine Freundin wird auch zugegen sein und da wollen wir gemein¬ schaftlich berathen, was in dieser Sache geschehen kann." „Sie sind, wie immer, ein Engel," sagte Rautenstrauch und schloß sich der übrigen Gesellschaft an, die nichts von dieser gelispelten Unterredung gehört, ja sie kaum bemerkt hatte. Aus der Straße trennte man sich, und jeder ging in der Richtung seiner Wohnung nach Hause. In seinem Zimmer angelangt, warf sich Rautcnstrauch schnell in seinen Schlafrock, ließ sich die Studirlampe anzünden und schickte den Diener zur Ruhe. Er ging, indem er sich nachdenkend die Hände rieb, auf und ab; in seiner Phantasie stand er selbst vor der Kaiserin und hinter ihm wimmerte die Familie des Verurthciltcu. Er stellte sich den ganzen Lebenslauf des unglücklichen Verbrechers vor und ver¬ glich die Summen der guten und schlechten Eigenschaften desselben, seiner Verdienste und Vergehungen. Es war nicht möglich, ein Ergebnis zu Gunsten desselben herauszubriugen; der Mann war Kassier beim Haupt-Siegel-Amt gewesen und hatte sowohl seine Monarchin als das Publikum betrogen; der einzige mildernde Umstand, den das Mißver- hältniß zwischen einem kleinen Gehalt und einer großen Familie lieferte, verlor sich, wenn man den Aufwand in Betracht zog, den Nein.... gemacht und endlich auf so sträfliche Art gedeckt hatte. Auch die Rücksicht auf hochgestellte und vornehme Verwandte zerfiel in Nichts, wenn mau das klare Gesetz g>or Augen hatte und erwog, wie weit die Sache trotz aller mündlichen und schriftlichen Einschreitungen bereits gekommen war; hätte man hie Verwandten schonen wollen, so mußte dies vor der 263 Urtheilsprechung geschehen. Der Umstand endlich, daß der Schaden des Aerars vollständig ersetzt worden war, verlor an Gewicht, wenn man sich erinnerte, daß die Verwandten Rein ... .s zehntausend Gulden zu einer milden Stiftung ««geboten hatten, 'wenn der Verbrecher das Leben behielte; diese bedingnißweise Wohlthat wurde dadurch zu einem niedrigen Handel und moralisch werthlos; hätten diese Verwandten zu der Zeit, als sich Rein.... in seinen Geldverlegenheiten an sie wandte, dem Unglücklichen nur die Hälfte jener Summe geliehen, die sie jetzt zu verschenken bereit waren, so retteten sie seine Rechtlichkeit und sicherten ihre Ehre. Rautenstrauch gerieth in ein Labyrinth von Wenn und Vielleicht; je länger er nachgrübelte, desto weniger fand er für Rein.... zu sagen und desto mehr trug er dennoch Verlangen, ihn zu retten. Er hatte sich in diese Idee verliebt, wie ein Dichter in den Stoff eines Dra¬ mas; und hier war es ein erschütterndes Drama, ein Stoff aus der nächsten Wirklichkeit, ein Drama, in dem er selbst eine Rolle zu spielen übernahm, ja sich eine Hauptrolle zutheilte. Das Verbrechen wurde bald zum Hintergrund, die Kaiserin und er traten allein auf die Scene und unten lauerte, horchte, schaute die ganze Bevölkerung von Wien als Publikum. In der Ueberzeugung, die Kaiserin wünsche es selbst, begnadigen zu können, verschwendete er in seiner Phantasie die rührendsten Bitten, die feurigsten Worte, und gleichwie in einem Trauerspiele ermangelte er nicht, kühne Gedanken und prachtvolle Bil¬ der als Redeschmuck anzubringen. Es war ein Zustand der Begeisterung, der Verzückung. Er hatte nur Einen Gedanken: „Du mußt ihn retten; wenn er stirbt, ist es deine Schuld!" Er hatte die Empfindung, es liege in der ganzen Un¬ glücksgeschichte ein unbeschreibliches, ein unnennbares Etwas, das jeden Menschen zum Erbarmen, zum Mitleid, zur Gnade stimmen müsse, 264 denn in der That hatte die Hauptstadt mit seltener Einmüthigkeit sich für die Begnadigung dieses Menschen interessirt, dessen Vergehen sie eben so einmüthig verabscheute und verdammte. Allgemein ging die Sage von Rein.... s persönlicher Liebenswürdigkeit, von seinem feu¬ rigen Wohlthätigkeitssinn, und mancher schöne Zug aus seiner Jugend kam jetzt an's Tageslicht; unter Anderem sollte er mit Lebensgefahr einst einen Menschen aus dem Feuer gerettet haben. Das Alles stellte sich für Rautenstrauch zu einem überredenden, gewinnenden Ganzen zusammen, und er begriff die Kaiserin nicht, die sonst der Todesstrafe so abhold war und hier in einem Falle, der kein Blut- oder Hochver- rathsfall war, die volle Strenge des Gesetzes walten ließ. „Vielleicht ist es ihr nicht recht vorgestellt worden", dachte er. „Vielleicht that man zu wenig und versäumte das Rechte, weil man gar zu viel thun wollte. Der Fall ist eigen; er verdient keine Schonung und dennoch spricht sich die Volksstimme so deutlich, so allgemein für Schonung dieses Verbrechers aus. Wagte man vielleicht nicht, der großen Kaiserin die wahre Stimmung Wiens zu berichten? Doch wenn auch! die Stimmung des Volks wird diesem erhabenen Geist so wenig Gnade abtrotzen, als Rein... .s Verwandte ihm Gerechtigkeit abhan¬ deln konnten. Gott, o Gott, wie entschwinden mir alle Gründe, alle Mittel der Erschütterung! Und wenn ich auch Alles zusammenfasse, was nur hier gesagt werden kann, wenn ich alle Kühnheit wage, die der Unterthan sich im Angesicht des Thrones erlauben darf, wer bin denn ich, daß ich mir schmeicheln sollte, mein Wort würde zu Stande bringen, was so viele Andere vergeblich zu erbitten suchten? Ich, ein unbedeutender Schriftsteller, von dem einige Lustspiele gefallen haben, ich, kein Beamter von Rang, kein vornehmer Herr, kein hochgestellter Geistlicher oder Militär, ich, ein schlichter, unbemerkter Privatmann, ich sollte durch meine einfache Dazwischenkunft erreichen, was zwciund- 201» zwanzig Bittschriften mißlungen ist? Unmöglich! Wenn die Kaiserin nur meine Unterschrift sieht, so wirft sie das Gesuch weg. Wer bin ich zu ihr, wer zu dem Verbrecher? Beiden gleich fremd, Beiden gleich fern. — Aber halt! — Ungelesen wirft Maria Theresia keine Bittschrift weg. Wie? Wenn ich mich nicht unterzeichnete, wenn ich nur durch die Macht der Gründe, nur durch das Feuer des Styls wirken wollte? Wenn ich nur die Ausdrücke „man," „das Publikum," „die Bevölke¬ rung Wiens" gebrauchte? Im Grunde bin ich ja doch nicht mein, sondern des Publikums Dolmetsch in dieser Angelegenheit. Es sei! Und Du, Gott der Barmherzigkeit, bilf mir!" Er warf sich an seinem Bette auf die Kniee und betete inbrün¬ stig; dann stand er auf, trat an seinen Schreibtisch und entwarf in raschen festen Schriftzügen ohne alle Correctur das Gesuch an die Kaiserin. Den außerordentlichen Umstanden gemäß hielt es sich äußer¬ lich zwar in den vorgeschriebenen Formen, der Inhalt aber war dithy¬ rambisch; sogar die Gründe waren schwungvoll vorgetragen und das Ganze glich mehr einem reimlosen Gedicht, als einer Bittschrift; es war voll Huldigung und Kühnheit, voll Glnt und Begeisterung. Als er die Arbeit vollendet batte, sank er erschöpft in den Lehnstuhl zurück und starrte eine Weile vor sich hin; dann raffte er sich auf und überlas noch einmal mit prüfendem Blicke die Bittschrift; er versetzte sich in die Seele der lesenden Kaiserin und ward von dem eigenen Werke ergriffen, ja erschüttert. Schnell besserte er einige, in der Flüchtigkeit des Schreibens entfahrene Fehler aus und legte das Papier weg. Ein Blick aus die Uhr belehrte ihn, daß cs fünf Uhr Morgens sei. Nun sprang er auf, machte rasch einige Gänge durch das Zimmer, athmete am offenen Fenster frische stärkende Morgenluft ein, und begab sich dann auf eine Stunde zur Ruhe. Um sechs Uhr erwacht, schritt er schnell zur Reinschrift des Ge- suchs und bemühte sich, seine Buchstaben so verführerisch als möglich zu gestalten; denn eine Schrift ist wie eine Physiognomie; beide kön¬ nen im ersten Augenblick für immer abstoßen. Er kleidete sich mit einiger Sorgfalt an und war eine Stunde vor der Bestellung bereits im Garten von Schönbrunn. Er traf noch Niemand am bestimmten Platze. Er setzte sich daher auf eine Bank, zog seine Bittschrift heraus und überlas sie noch ein¬ mal. Im Ganzen war er mit ihr zufrieden, aber im Einzelnen glaubte er da und dort den rechten Ton verfehlt zu haben; allein was war zu machen? Mochte ihm auch dies oder jenes Wort jetzt unpassend er¬ scheinen, diese oder jene Phrase zu verwegen dünken, es war zu spät, etwas umzuändern und eine neue Reinschrift zu fertigen. Das Papier brannte ihm zwischen den Fingern; eine Unruhe, eine Ungeduld be¬ mächtigten sich seiner, wie noch nie; war das Gesuch eine Sünde, so wollte er sie endlich los sein; aber begehen mußte er sie, er konnte, er durfte nicht mehr zurück und er schämte sich fast, auch nur einen Augenblick verzagt gewesen zu sein. Dennoch schrak er bei jedem Tritt eines vor oder hinter ihm vorübergehenden Menschen zusammen, als ob er ein böses Gewissen hätte. Die Kühnheit, ungerufen und unberu¬ fen in's Rad der Geschichte einzugreifen, schien ihm nunmehr viel grö¬ ßer, als in der begeisternden, aufregenden Stille der Nacht. Er über¬ dachte alle Folgen, die ein Mißlingen des Schrittes für ihn und die durch ihn Betheiligten haben könne. Gewicht an Gewicht, Lebensglück an Lebensglück, ja Leben an Leben hing sich lastend an seinen Ver¬ such, denn sein und seiner Helferinnen guter Wille konnte als die strafbarste Anmaßung gedeutet und behandelt werden. Was dann? dann hatte er dem armen Rein.... nicht genützt und sich und seine Freundinnen unglücklich gemacht. Aber sein Name stand ja nicht unter der Schrift;, wer wird auf die Idee gerathen, der Hofagent und Rechtslicentiat Rautenstrauch falle einer der mächtigsten Monarchinnen Europas in den Arm? So frug er sich, des Schweigens der Hofräthin gewiß. Allein dafür erschien ihm jetzt das Mysteriöse in der Bittschrift eine Unmännlichkeit, eine Feigheit, und er gelobte sich heilig, wenn irgend eine Unannehmlichkeit daraus erfolgen sollte, sich selbst der Behörde als Urheber und Thäter zur geziemenden Bestrafung aus¬ zuliefern. Er sah auf die Uhr; es war noch nicht zehn. Er stand auf und streifte in den schattigen Gängen des Gartens umher, die Hände auf den Rücken gelegt und im Stillen Punkt für Punkt sein Bittgesuch hersagend. Endlich knisterte der feine Sand von leichten Tritten, und als er sich umsah, kamen ihm zwei Damen entgegen; die eine davon war die Hofräthin. „Guten Morgen, mein Freund," rief ihm diese traurig zu. „Stellen Sie sich vor, meine Freundin will nicht. Mit Mühe habe ich sie beredet, Ihnen das selbst zu sagen." „Entschuldigen Sie, mein Herr," sagte die Kammerfrau der Kai¬ serin mit einer Verbeugung, „aber wir haben den strengsten Befehl, Befehl bei augenblicklicher Dienstentlassung, uns nichts Derartiges zu erlauben. Mein Herz blutet, Ihnen bei einer so schönen Handlung nicht beistehen zu dürfen, aber ich kann wahrhaftig nicht." „Gott, an wen soll ich mich nun wenden?" fragte Rautenstrauch ganz bestürzt über die vcrmuthete und dennoch überraschende Weigerung der Kammerfrau. „Ich weiß Ihnen keinen Rath zu geben" war die Antwort. Die Frau Obcrsthofmeisterin läßt Niemand vor, selbst die Minister nicht; denn Ihre Majestät zieht sich in diesen zwei Tagen gänzlich zurück. Und wenn es auch gelänge, die Obersthofmeisterin zur Bewilligung einer Unterredung mit Ihnen zu bewegen, so zweifle ich mit Grund, daß sie 2N8 eine Bittschrift in dieser Angelegenheit noch annehme, indem sie den festen Willen Ihrer Majestät der Kaiserin kennt." „Dann kennt sie auch das gute Herz Ihrer Majestät," rief Rau¬ tenstrauch so laut, daß ihm die Hofräthin ein Zeichen gab. Gemäßigter fuhr er fort: „Gibt es denn gar kein Mittel, das Gnadengesuch vor die Augen der Kaiserin zu bringen?" „Ich weiß eines," antwortete rasch die Hofräthin. „Ich habe Ihren Namen noch nicht genannt; meine Freundin kann also mit gutem Gewissen sagen, daß sie nicht wisse, von wem sie die Bittschrift er¬ hielt." „Mein Name ist auch in der Bittschrift nicht genannt," fiel der Hofagent ein, „ich spreche nur im Namen des° Publikums." „Desto besser," sagte die Hofräthin. „Mein Mann ist heute Morgen auf meinen Betrieb zum kaiserlichen Leibarzt Baron Störk gefahren. Von dort schrieb er mir ein Billet, daß er den Baron nach Schönbrunn heraus begleite, indem derselbe in die Nähe der Kaiserin gerufen sei, die sich nicht ganz wohl fühle." „Sie meinen, ich soll den Baron Störk-" „Ach Gott, was die Männer doch schwerfällig sind!" rief die Hofräthin etwas ärgerlich. „Baron Störk ist der Einzige, der heute nebst der Obersthofmeisterin Zutritt bei Ihrer Majestät hat. Wenn meine Freundin nur so viel Muth besitzt, das Bittgesuch dem alten Herrn in die Rocktasche zu praktiziren, so daß er es mit der Dose herausziehen muß, dann ist uns Allen geholfen. Für das Weitere sorgt der Baron selbst; denn der ist im Stande, einen solchen und so lauten Streit mit der Obersthofmeisterin anzufangen, daß die Kaiserin in ihrer Andacht gestört wird und selbst herauskommt." Und nun bearbeiteten Rautenstrauch und die Hofräthin die Weich¬ herzigkeit der ohnehin schon gerührten Kammerfrau dergestalt, daß sie 289 sich nur mehr hinter zweifelnde Aber verschanzte. Rautenstrauch bemerkte das und benützte den errungenen Vortheil, indem er ihr mit wohltö¬ nender Stimme und ergreifender Beredsamkeit das Gesuch vorlas, da¬ mit sie die Dringlichkeit und Richtigkeit der Gründe recht einsähe. Die alte Dame trocknete sich die Augen, jammerte über die Pflichten ihrer Stellung, beseufzte das Unglück der Rein....'schen Familie, weigerte sich, wehrte sich und sagte schließlich zu, nach den Andeutungen der Hosräthin zu handeln; ja sie versprach, aus dem Fenster im Vorzimmer der Kaiserin eine Blume fallen zu lassen, als Zeichen, daß das Gesuch in Maria Theresia's Händen sei und gelesen werde. Die Hosräthin als ihre Bekannte möge sie wieder in's Schloß begleiten, der fremde Herr aber mit Vorsicht auf das Fenster sehen, welches das fünfte im ersten Stock des rechten Flügels sei. Die Kammerfrau wollte eben das Gesuch zu sich nehmen und verbergen, als sie Männerschritte hörte und in den Stimmen der Spre¬ chenden jene des Hofrathes und des Leibarztes erkannte. „Kennen Sie den Baron Störk oder er Sie?" frug sie schnell und leise den Hofagenten. Auf dessen verneinende Antwort flüsterte sie schnell ihm in's Ohr, was er thun solle, und verschwand mit der Hos¬ räthin hinter einer benachbarten Laubwand, wo sie mit den beiden Herren zusammentraf und sich von ihnen aufhalten ließ. Die Hosräthin benützte das, um ihrem Manne Zeichen zu geben, daß bald ein ent¬ scheidender Schritt geschehen solle. Nachdem man einige gleichgültige Redensarten gewechselt hatte, trennte man sich wieder und die beiden Damen gingen auf das Schloß zu, nicht ohne sich von Zeit zu Zeit gespannt und neugierig umzusehen. Sie bemerkten endlich mit Vergnü¬ gen, wie Rautenstrauch das Gesuch mit beiden Händen auf dem Rücken haltend langsam den Herren nachging, sie einholte, an ihnen vorüber¬ schritt, in einiger Entfernung vor ihnen das Papier fallen ließ und 270 ohne den Gang verdächtig zu beschleunigen in einen Seitengang ein¬ bog, wodurch er Allen aus dem Gesichtskreis kam. Der Hofrath hatte inzwischen den Leibarzt durch ein Gespräch gefesselt, daß dieser nicht eher etwas von dem Papier bemerkte, als bis er mit dem Fuße daran stieß. „Was ist das?" frug Störk. „Das muß Jemand verloren ha¬ ben; vielleicht der Herr, der an uns vorüberging. Rufen wir." Dabei bückte er sich, um das Papier aufzuheben. Der Hofrath kam ihm zu¬ vor Als die Damen dies gewahr wurden, entfernten sie sich eiligst und eilten in's Schloß. „Ach, wohin ist der!" antwortete der Hofrath. „Warten wir ein wenig hier, vielleicht kommt er zurück, wenn er den Verlust bemerkt hat; oder noch besser, wir hinterlegen es bei der Schloßwache. Es wird wohl Jemand darnach fragen. — Aber was seh' ich? Ein Majestäts¬ gesuch! Wem mag dies wichtige Actenstück gehören? — Keine Unter¬ schrift. Sonderbar! Sehen Sie selbst, lieber Baron." „In der That, höchst sonderbar," entgegnete Störk. „Sollte er es absichtlich verloren haben? Es scheint fast." „Dann wird er sich auch hütens darnach zu suchen oder zu fra¬ gen," sagte der Hofrath. „Geben Sie her," fuhr der Leibarzt fort; „was ist es denn? — Ach wieder zu Gunsten des armen Rein....! damit werden wir schön bei der Kaiserin ankommen." „Sie denken doch nicht daran, es Ihrer Majestät zu überreichen?" frug der Hosrath mit geheuchelter Bestürzung. „Sie wissen doch —" „Alles weiß ich, lieber Hofrath," sagte Störk lächelnd, „außer die Gränze, wo die Güte meiner Kaiserin aufhört. Ich spiele ihr trotz Verbot und Bettag das Gesuch in die Hände; gerade in dieser Zeit ist ihr Gemüth besonders weich. Sie soll es lesen, dafür stehe ich. 271 Und daß sie es mir nie verzeihen könnte, wenn ich's unterschlüge, dafür steh' ich Ihnen auch." „Aber wer wird es ihr verrathen, daß —" „Ich selbst, mein lieber Hofrath, ich selbst. Dergleichen kann ich nicht auf dem Herzen behalten, und wenn sie den Rein.... hinrichten, ohne daß dies Gnadengesuch vor die Augen der Kaiserin kam, weiß Gott, sein Tod würde wie ein Mord auf meiner Seele lasten. Kommen Sie, kommen Sie. Wir haben keine Zeit zu verlieren, wenn die Sache glücken soll." Und damit schob der alte Herr seinen Freund gegen das Schloß zu. Rautenstrauch aber hatte im Gebüsch versteckt Alles gesehen und gehört und Thränen der freudigsten Hoffnung überströmten sein ver¬ klärtes Antlitz. Er betete, ohne es zu wissen. Die Hofräthin erwartete ihren Mann im Zimmer der Kammer¬ frau; diese eilte zur Obersthofmeisterin und sah dort mit Spannung dem Weitern entgegen. Bald darauf trat Störk ein und sagte ohne alle Vorbereitung: „Stellen Sie sich vor, Excellenz, was mir heute im Garten von Schönbrunn geschieht!" Nun erzählte er, wie er zu dem Bittgesuche gekommen war, und überreichte es der Obersthofmeisterin. Ihre Excellenz, die Gräfin von Pinos-Vasquez, gerieth vor Erstaunen außer sick. Anfangs wollte sie in ihrer Entrüstung über die Zudring¬ lichkeit des verschmitzten Bittstellers den ganzen Park abschlicßen und durchsuchen lassen; allein der Leibarzt meinte, der Fremde werde wahr¬ scheinlich längst entwischt sein; fände man ihn aber, so gäbe das erst ein rechtes Aufsehen, und käme früher oder später die Kaiserin dahinter, so würde sie bei Weitem mehr über das Borenthalten der Bittschrift zürnen, als sie jetzt über das Ueberreichen derselben böse sein werde. „Braucht man den Burschen," sagte endlich der Leibarzt, „so finden wir ihn doch heraus." 272 „Aber mein Gott/' rief die Obersthofmeisterin halb ärgerlich, halb mitleidig aus, „die Kaiserin will nichts mehr von der ganzen Geschichte wissen, die Ihrer Majestät nach höchstderv eigenem Aus¬ drucke ohnehin wie ein Stein auf dem Herzen liegt. Ersparen wir der hohen Frau den erneuerten Kampf und vernichten wir die überflüssige Bittschrift." „Wenn Sie das auch vor sich verantworten zu können glauben," sagte Baron Stork feierlich, „werden Sie es auch vor Gott können? Ich appellire von Ihren Hofpflichten an Ihr menschliches Gewissen, Excellenz. Wird, kann Maria Theresia zürnen, wenn man der Stimme des Gewissens Gehör gibt? Lesen Sie das Gesuch durch, Gräfin, und prüfen Sie sich daun, ob Sie das Dasein desselben Ihrer Majestät verschweigen dürfen." Die Obersthofmeisterin las, las wieder, las mit Thränen in den Augen, aber sie wagte es doch nicht, die verhängnißvolle Schrift zur Kaiserin hincinzutrageu. „Nun gut," rief der Leibarzt entschlossen, „was kann mir ge¬ schehen? Es gilt ein Menschenleben. Ich geh'selbst hinein/' Die Gräfin vertrat ihm den Weg. „Unmöglich," sagte sie, „die Kaiserin betet. Ich muß warten, bis sie klingelt, dann erst kann ich anmcldeu." „Melden Sic mich sogleich. Ihre Majestät hat nach mir verlangt. Melden Sie ihr, daß ich da bin." So ging der Streit zwischen der ängstlichen Obersthvfmeisterin und dem entschiedene» Leibarzt immer lebhafter hin und her, bis sicb plötzlich die Thürc des kaiserlichen Gemaches aufthat und Maria The¬ resia selbst auf die Schwelle trat. „Was hat Er denn, lieber Stärk, mit meiner Gräfin?" rief die Kaiserin. „Er schreit ja wie ein Korporal." 273 18 „Halten zu Gnaden, Majestät," antwortete der Leibarzt, indem er sich tief vor der Kaiserin verneigte, „die Frau Obersthosmeisterin und ich streiten über eine Frage der Etikette. Das Erscheinen Euer Majestät überhebt uns aller Schwierigkeiten. Ich war nämlich so glück¬ lich, im Park etwas zu finden, das für die Augen und das Herz mei¬ ner allergnädigsten Gebieterin bestimmt ist und wahrscheinlich vom Ver¬ fasser selbst verloren wurde. Ihre Excellenz meint, es schicke sich nicht für mich. Euer Majestät Sachen zu überreichen, die ein Anderer und zu anderer Zeit überreichen sollte/ „Was ist's denn?" frng die Kaiserin und langte darnach. „Enre Majestät", versetzte Baron Störk und ließ sich bei der Uebergabe des Dokuments auf ein Knie nieder, „ein Gnadengesuch, das dreiundzwanzigste in der Rein... .scheu Angelegenheit." „Wie?" rief Maria Theresia unwillig aus und trat einen Schritt zurück. „Läßt man noch nicht ab, mich für diesen Menschen nm Barm¬ herzigkeit zu bestürmen?" „Majestät," sagte der Leibarzt noch immer knicend, „ich habe es gewagt, einen Blick in die Schrift zu thun; sie ist feurig, aber anständig geschrieben, von Jemand, welcher der ganzen Sache fern steht und nur im Namen des Publikums das Fürwort ergreift; offenbar ein junger Mann, den die Menschlichkeit kühn macht, der aber in edler Bescheiden¬ heit seinen Namen verschweigt; wahrscheinlich ein Rechtsgelehrter, denn das Gesuch ist in allen vorgeschriebenen Formen und bringt gesetzliche Milderungsgründe; ganz gewiß aber ist der Verfasser auf den allertrif¬ tigsten Grund der Befürwortung verfallen, auf einen Grund, den keiner jeincr Vorgänger angeführt hat und auch keiner anführen konnte; denn dieser Grund zur Begnadigung ist erst seit gestern eingetreten." „Geb' Er her!" rief die Kaiserin lebhaft; „was ist das für ein Grund? — Steh' Er auf und zeig' Er mir den Grund." 274 „Wenn ich mich recht entsinne," entgegnete Störk aufstehend, „so befand er sich fast schon am Ende des ganzen Gesuchs. Erlauben Eure Majestät, daß ich nachsehe. Ja, richtig, hier; unter Nummer 6." „Les' Er mir das vor." „„Weil der Berurtheilte die Qualm des Todes durch die schauder¬ volle Ankündigung seines Endnrtheils und durch die fürchterliche Zube¬ reitung zu demselben, bereits ganz empfindet — "" „Da steht noch etwas. Weiter!" „„folglich 7. der Endzweck der Strafe, das Beispiel für Andere seines Gleichen, nicht verfehlt, sondern der strengen Gerechtigkeit schon ein großes Opfer gebracht worden.- Noch nie war man mehr von der Gewißheit überzeugt, daß der Verbrecher den Tod verdient habe, als bei diesem; aber — darf ich's sagen? — noch nie hat man zuversichtlicher der Gnade entgegen gesehen; Alles wünscht, Alles hofft — Erbarmen für diesen Unglücklichen. Ein dankvolles Jubelgeschrei für Thercsicns höchstes Wohlergehen wird dafür durch die Wolken zum Throne des Ewigen dringen und Gott wird eine Handlung segnen, die eine Abbildung seiner ersten Eigenschaft ist."" „Ist Er zu Ende?" „Ja- Ihre Majestät." „Wer ist der Bittsteller?" frug die Kaiserin und richtete ihren durchdringenden Blick auf den Leibarzt. „Auf mein Gewissen, Ihre Majestät, ich glaube den Mann gesehen zu haben, der dieses Papier verlor, aber ich sah ihn nur von rückwärts und habe keine Ahnung, wer es ist." „Gewiß ein Freund oder Verwandter des Verurtheiltcn, der auf diese Art noch einen letzten Versuch zur Rettung wagt." „Entschuldigen Ihre Majestät, daß ich widerspreche. Im Ein- 275 18* gange des Gesuchs, hier, sagt der Bittsteller auSdrücklicb: „„der mit der Todesangst nunmehr schon ringende Mathias Rein... von der Größe seines Verbrechens überzeugt, hofft aus keine Gnade und weiß nichts von dieser flehentlichen Bitte; seine Gattin, seine Kinder, seine Enkel und so viele schuldlose Anverwandte — alle — ringen trostlos die Hände und verzweifeln an seiner Begnadigung, nachdem sie alles Mögliche versuchten — aber das Publikum, welches die unermeßliche Huld seiner angebeteten Monarchin aus tausend Beispielen kennt und sich in seiner Hoffnung noch nie getäuscht fand, dieß hofft Gnade für ihn,"" „Wirklich? — Und Er, Baron Störk, der das Zeug so beweglich herunterliest, hat nicht die Hand dabei im Spiele? „Ich würde es nicht längnen, Ihre Majestät, wenn eS der Fall wäre; dießmal aber hat mir der Rathschluß des Himmels und nicht meine eigne Weichherzigkeit zu einer Bittschrift verhalfen und somit hat mir Gott selbst das Leben des mir ganz fremden gleichgültigen Rein.... auf die Seele gebunden, und ich erachte mich ihm für jede Unterlassung verantwortlich, wodurch ich das mir von ihm gleichsam anvertraute Leben gefährde." Maria Theresia sah ihren Leibarzt betroffen an. Ihre Frömmig¬ keit gerieth bei Störks begeisterter Sprache in die größte Aufregung. Sie durchflog mit ihren Augen rasch die noch übrigen Stellen der Bittschrift und sagte dann mit klarer, ruhiger Stimme: „Ich will mir's doch noch Ein mal in Ueberlegung ziehn. Wann soll das Urtheil vollstreckt werden?" „Am neunzehnten, Majestät. Heute ist der siebzehnte." Eine Pause entstand. Die Kaiserin las noch einmal die vom Baron schon ausgezeichneten Punkte 6 und 7, dann schritt sie langsam in ihr Gemach zurück, das Papier in der Hand. „Wartet und schweigt!" waren ihre Worte, als sie hineinging. Der Leibarzt warf einen trium- 276 phirenden Blick auf die Obersthofmeisterin; diese aber in ihrer Gut- müthigkeit war weit entfernt, dadurch beleidigt zu sein. Nach einer halben Stunde ungefähr klingelte die Monarchin. Die Kammerfrau eilte hinein. Die Gräfin und der Baron sahen sich erwar¬ tungsvoll an. Bald darauf stürzte die Kammerfrau wieder heraus. „Ich muß satteln lassen," ries sie außer Athem, „Ihre Majestät schickt eine Stafette in die Stadt. Sie läßt Ihre Excellenzen ersuchen, bei ihr einzutreten." Damit öffnete sic die Thüre und der Leibarzt folgte der Obersthofmeisterin zum Arbeitszimmer der Kaiserin. Die Kammer¬ frau aber eilte noch, bevor sie die Befehle der Monarchin weitergab, an das fünfte Fenster des rechten Flügels, guckte durch die Ialousieen, ob der fremde Herr noch da wäre, und warf, als sie ihn richtig noeb auf einer Gartenbank harrend sitzen sah, in ihrer Freude einen ganzen Blumentopf hinab. Als er emporschaute, zeigte sie sich ihm gerade so lange, daß er nicht im Zweifel über die Bedeutung des gegebenen Zeichens bleiben konnte, und verschwand. Nautenstrauch war selig in diesem Augenblick. Die Kaiserin hatte das Gesuch empfangen, gelesen, gewürdigt! Was tonnte er für jetzt mehr wollen? Er machte sich auf den Heimweg; als er über die Wien der Stadt zuschritt, galoppirte ein kaiserlicher Reitknecht an ihm vor¬ über. Enthielt die schwarze Tasche vielleicht ein Handbillet der Kaiserin an den Justizpräsidenten? Der Hofrath und seine Gemahlin, die inzwischen durch die Kam¬ merfrau die hoffnungsvolle Wendung der Sache vernommen hatten, verabschiedeten sich und fuhren im eigenen Wagen nach Wien zurück. Unterwegs holten sie den Hofagenten ein, ließen ihn zu sich einsteigen und erzählten ihm, daß die Monarchin sein Gesuch sammt einem Handbillet durch eigene Stafette schleunigst an den Präsidenten der obersten Justizstelle gesendet habe. Die Kammerfrau sei so freundlich gewesen, das Versprechen zu leisten, unverzüglich die Hofräthin von allen zu ihrer Kenntniß kommenden Dorfallenheiten in dieser Sache zu unterrichten. Für Rautenstrauch trat nun erst eine Periode nüchterner Ucberlcgung ein, und umsonst bemühten sich seine Freunde, ihm all die Gründe auszuredcn, die er erfand, warum die Kaiserin nicht verzeihen könne, nicht verzeihen werde. Ja, der Widerspruch riß den ohnehin nervös aufgeregten Mann zu der Behauptung hin, die Uebcrsendung des auf die Eigenheiten der Kaiserin berechneten Gesuches an den kalten, be¬ sonnenen Justizpräsidenten sei ein sicheres Zeichen, Maria Theresia wolle um kein Haar breit von dem einmal gefaßten Beschlüsse abgchen. Da sic die Bittschrift in Händen hatte, mußte sic dieselbe auch lesen; nachdem sic dieselbe gelesen, muß sie auch davon officiellen Gebrauch machen; sic sendet also die Schrift an den Justizpräsidenten; was heißt das anders, als sic will die Sache auf die Schulter eines Drit¬ ten schieben und dieser Dritte ist Chef desselben Gerichtshofes, welcher dem Nein.... die Todesstrafe zuerkannte. So folgerte Rautcnstrauch mit wahrhaft selbstquälerischer Logik, daß sein verwegener Schritt ein vergeblicher sein müsse. Nichts desto weniger packte ihn doch zuweilen wieder der Gedanke der Möglichkeit, sein Dorhaben könne gelingen. Mehrmals im Tage frug er selbst an oder ließ doch nachfragen, ob die Hofräthin noch keinen Brief erhalten. Spät Abends erbielt er endlich ein Schreiben seiner Freundin mit einem eingeschlossenen Billet der Kammerfrau an diese. Er entnahm daraus, daß die Kaiserin dem Justizpräsidenten wirklich die schleunigste Untersuchung der in der Bittschrift angegebenen Gründe anbesohlen habe. Rautenstrauch schöpfte wieder Hoffnung. Leider lchwand diese am nächsten Morgen. Ein Geschäft führte ihn nämlich in die Druckerei, wo das Stadtgericht seine Bekannt- 278 machungen, Edikte u. s. w. drucken ließ. Da sah Rautenstrauch zu seinem Entsetzen, wie eifrig man bereits an dem Todesurtheil Rein., .s druckte, wovon nach altem Herkommen gleich nach der Hinrichtung viele hundert und hundert Exemplare ausgerufen und an's Volk verkauft werden sollten. Wie gern hätte er mit Einem Hauch die ganze Anstalt in Trümmer geblasen! Jeder Buchstabe, den der Setzer aus dem Kasten nahm, schnitt ihm in's Herz. Es war zehn Uhr vorüber. Eine wahre Todesangst ergriff ihn um seinen Schützling. Er eilte zur Hofräthin. Ihr Mann war zu einem Rath des obersten Gerichtshofes gegangen, um wo möglich verläßliche Kunde Heimzubringen. Der Hofrath erreichte seinen Zweck. Er hatte den Rath nicht getroffen, indem dieser mit allen Kollegen schleunig zu einer außerordentlichen Sitzung gerufen worden; der Sekretär gab im Vertrauen die Veranlassung dazu ziemlich deutlich zu verstehen. Auf Bitten Rautenstrauchs ging der Hofrath gegen zwölf Uhr noch einmal hin; er selbst wartete in einer benachbarten Straße auf die Zurückkunft desselben. Der Hofrath traf seinen Bekannten abermals nicht, erfuhr aber, daß das gesammte Amtspersonale in freu¬ diger Aufregung sei; eben wäre der Thürhüter Weidner mit einem vom Präsidenten selbst versiegelten Aktenstück nach Schönbrunn zur Kaiserin gefahren; man hoffe, es enthalte den Vorschlag zur Begna¬ digung des Rein... . „Fassung, Fassung!" sagte der Hofrath, als er sah, welch gewal¬ tigen Eindruck seine Worte auf Rautenstrauch hervorbrachten. „Sie haben leicht reden," versetzte dieser; „Sie haben die Sache nicht zu Ihrer eigenen gemacht. Ich bitte, verlassen Sie mich jetzt nicht. Schlendern Sie ein wenig mit mir herum. Wenn die Sache gut geht, so geht sic schnell. Weidner kann in einer Stunde mit der Begna¬ digung zurück sein. Nur so lange halten Sie bei mir aus. Wir wollen in der Nähe des hohen Marktes nmherstreifen. Wenn binnen einer Stunde die Blutfahue auf dem Schrannenhause nicht eingezogen ist, so gehen Sie in Gottes Namen wieder nach Hause. Ich aber bleibe und müßte ich bis zur sinkenden Nacht dort stehn." Was wollte der Hofrath machen? Er nahm den Arm seines Freundes und suchte ihn auf jede mögliche Weise zu zerstreuen. Bei jedem Schlag der Uhr zuckte Rauteustrauch zusammen nud sah nach dem Dach des Schrannenhauses. Es ward halb Eins, es ward Ein Uhr — die Blutsahue wehte noch. Der Hofrath wollte gehen. „O nur uock eine halbe Stunde!" bat Rautenstrauch. Auch diese verging in pein¬ licher, vergeblicher Erwartung. Der Hofrath verlor nun die Geduld, und zog seinen Freund mit sich über die Tuchlauben; er lud ihn bei sich zu Tisch ein. Da lief plötzlich das Volk zusammen; Weiber, Kinder, anständige Spaziergänger strömten neugierig und endlich jubelnd gegen den hohen Markt zu, wo die Masse zuletzt so anwuchs, daß keiu Wagen mehr dnrchkounte. Ahnungsvoll, aber todesbleich und an allen Gliedern zitternd, wandte sich Rautcnstrauch um, — die Blutfahne war eingezogeu! Mit einem Schrei der Freude fiel er seinem Freunde auf offener Straße um den Hals. Nach und nach und theilweise gelangten die Einzelheiten dieser Begnadigung in's Publikum. Man erzählte sich, der oberste Gerichtshof habe wirklich die Gründe des unbekannten Bittstellers dermaßen triftig gefunden und dargestellt, daß die Kaiserin augenblicklich, nachdem sie den Vortrag desselben durchgelesen, unter den Antrag auf Begnadigung höchsteigenhaudig dem üblichen lAnoot beigesetzt habe: „lind ist mir ein Stein vom Herzen!" Mau erfuhr auch, daß die Monarchin sich nach dem Verfasser dringend erkundigt und Weisung gegeben habe, ihn zu entdecken. Nautenstrauch hielt es jetzt für unschicklich, sich länger zu ver¬ bergen, setzte eine Art schriftlichen Bekenntnisses auf, und begab fick damit zum Vicestatthalter, dem Grafen Herberstein. Diesem erzählte er offen den Hergang. Der Vicestatthalter bestellte ihn auf acht Tage später zu sich in's Bureau. Als Rautenstrauch zur bestimmten Stunde beim Grafen Herber¬ stein erschien, fand er bei ihm den kaiserlichen Leibarzt Baron Störk. Der Vicestatthalter trat mit freundlicher Würde auf den Hof- agenten zu und sprach: „Sie haben sich in Dinge gemischt, die Sie gar nichts angingen. Ihre Majestät befiehlt Ihnen daher durch mich, daß Sie — auf drei Tage in Profoßen - Arrest gehen." „O wie gerne!" rief Rautenstrauch, „dieser Arrest wird der Stolz meines Lebens sein!" „Lieber Herr Rautenstrauch," sagte Baron Störk und bot ihm die Hand, „ich freue mich, einen so Wackern Mann von vorne zu sehen. Ihre Majestät gab mir den Auftrag, Ihnen zu sagen, sie habe sich um Ihretwillen bewogen gesunden, auch den andern Spitzbuben zu begna¬ digen, den Fälscher H der morgen ausgesetzt werden sollte." „Ach die gute, gnädige Kaiserin!" ries Rautenstrauch mit vor Rührung fast erstickter Stimme. „Gott segne und erhalte sie!" „Und nun gehen Sie getrost in Ihren Arrest," sagte der Graf. „Wenn Sie wieder frei sind, so hoffe ich beide Herren bei mir zum Diner zu sehen. Auch Hofrath Gr. . . .er mit seiner Frau ist geladen. propos, Herr Rautenstrauch! Wenn Ihr Lustspiel „Jurist uud Bauer" im Burgtheater gegeben wird, so sollen Sie hineingehen, läßt Ihnen die Kaiserin sagen; sie würde auch kommen und bei den belieb¬ testen Scenen recht tüchtig Beifall klatschen. Dießmal aber gelte es nicht dem Stück, sondern dem Verfasser. Kommen Sie nur gewiß." Rautenstrauch war sprachlos vor Entzücken. Wien. 281 Friedrich Mdr!. Ein nächtliches Echo. Blitzend Ziehn die Sterne auf am Himmelsrand, Spritzend Senkt der Thau sich auf das durst'ge Land. „Liebe!" Seufzt der Knabe in die Nacht hinein, „Liebe!" Klingt es wieder aus dem Myrthenhain. Säuselnd Schleicht der Wind durch die gewürzte Luft, Kräuselnd Jeden Blüthenzweig voll Hauch und Duft. „O Traum!" Ruft der Knabe aus in süßem Schmerz, „O Traum!" Hallt 's zurück, als hätt' die Nacht ein Herz. Knabe Glaubt entzückt, was Seel' und Sinn ihm füllt, Habe Schmeichelnd sich in Luft und Duft gehüllt. „Komm! komm!" Quillt es ihm aus heißer Brust hervor. „Komm! komm!" Spielt es lind und weich ihm um das Ohr. Seine Seufzer gibt der Wald ihm treu zurück, Keine Himmlische Gestalt erscheint dem Blick. „Nur Schall!" Ruft er endlich, und er ruft nicht mehr. „Ngr Schall!" Klagt es binter dem Verstummten her. Wien. NilM ÄMr. Weiß und Grün.') Jubel bringt dem hohen Paar Das Steierland die Farben dar, Daß sie im sinnigen Verein Ein Bild des Segens mögen sein, Der aus dem neuen Liebesband Entgegenlacht dem Vaterland. Wie grüne Tannen aus den Höh'n, So mög' im Sturm Er trotzend steh'n; Und wie im Grünen reift die Saat, So streue künftig jede That Von unsrem milden Herrscherhaus Durch's weite gleich nur Segen aus! Und wie der Gletscher Weiß, so rein Soll immerdar Ihr Leben sein! Das fromme Herz dem Mitleid weich, Dem Herrscher selbst ein Himmelreich, Das seine Hoffnung aufrecht hält, Und Milde mit der Kraft vermählt! D'rum — Grün und Weiß und Weiß und Grün Im Frieden mild, im Sturme kühn! Dem Schwachen eine starke Wehr! Ein Engel Sie, ein Vater Er! So kann nur Glück und Segen blüh'n Aus Grün und Weiß, aus Weiß und Grün! tMtz. ') Steiermark's Landcsfarben. 285 1. Die Zeitlose. ^as erste Veilchen ruft im März, Indem es lieblich duftet, Uns freundlich an: „O, freu' dich, Herz; Die Blumen geh'n entgruftet!" — Das Veilchen währt nur kurze Zeit, Nur kurze Zeit die Rose; Schnell welkt, was sich in hartem Streit Entringt dem rauhen Schooße. Der Lenz, der Sommer, rasch entstreift, Der Herbst kommt angezogen; Der Nebel webt, die Meise pfeift. Die Schwalben sind entflogen. Was mir der Lenz, der Sommer nahm. Der Herbst mir nimmt, — er hab' es! Baid bringt der Winter ohne Gram Die Ruhe mir des Grabes. 286 Schon harrt sein Bote mein am Weg: Der Blumen letzte — leise, In blassem Kleid, des Häuptlein schräg, Nach stiller Dulder Weise. „O komm! — so winkt sie — Es ist Zeit! Du wirst mich doch erkennen? Zeitlose heiß' ich. Ewigkeit Thät also ernst mich nennen. „Zeitlose! Zeitlos ist's ja dort. Wohin ich, Freund, dich bringe! Entrüste dich, ruh' aus sofort, Knie nieder und lobsinge!" — 2. Die Sucher. Sieh' an! Die Muschel ist ein Äug', Auf daß sie Gott vom Himmel saug'; Zhr Perlein — ein Dankzährlein drin — Sie ahnet ihn und suchet ihn. Sieh' an! Ein Ohr die Schnecke ist. Die fest sich an die Erde schließt Und horcht hinab: ob Gott wohl drin? — Sie ahnet ihn und suchet ihn. Men. 287 Anilin iiM Nikbmirr. Die Mutterthräne. ^n Atasträon sprach der Geisterkönig: „Vernimm nun meinen Wnnscb, getreuer Knecht! Von allen Wesen, die mir unterthänig, Bewährtest du allein dich stets gerecht! Du bliebst allein mir treu in jedem Streite! Als Raubgier sich an meinen Schatz gewagt, Als Alle feige floh'n von meiner Seite: Da kämpftest dn allein nur unverzagt, Da warst es du, der Blitz auf Blitz geschwungen, Bis nun der letzte Frevler war bezwungen! „Drum bist nur du es würdig zu vollbringen. Was jetzt von dir dein Herr, dein Fürst begehrt —- Dem Edlen muß zuletzt der Sieg gelingen, Ob Alles ihm entgegentritt, ihm wehrt! Nicht länger freuen mich die Diamanten, 288 Nicht länger reizen diese Schätze mich! Sie, die dereinst mir jede Schwermuth bannten Mit ihrem Glanz, dem keine Sonne glich, Sie dünken mir jetzt matt, jetzt arm an Strahlen, — Nicht fürder kann mein Stolz mit ihnen prahlen! „Zieh' hin in's Land der Schmerzen drum und Wonnen, Und sammle mit getreuer Sorgsamkeit Die Thränen auf, die Tropfen, die der Bronnen Des Harms, der Lust: das Men sch en äuge streut! Verzaubern will ich sie zu Edelsteinen, Zu Diamanten, glut- und strahlenreich. — Mag dir auch dunkel noch mein Wille scheinen, Du hast zu grübeln nicht! Wohlan! Zieh' gleich Hinaus, Getreuer! wie ich dir's befohlen, Zieh' hin, der Menschheit Thränen mir zu holen!" Und hin zieht Atasträon, ihm zu dienen. — Viel Kummer fand er, aber wenig Wohl! Schon kehrt er heim — Triumph in seinen Mienen Von Thränen ist sein Kelch ja übervoll! Und nach dem Kelche langt der König nieder Und stellt geheimnisvoll ihn vor sich hin. Und denkt und sinnt — und faßt ihn murmelnd wieder Mit allgewalt'ger Hand und segnet ihn — Und seht — wie dichte Schleier ist's gesunken — Rings sprüht's und glüht's von Millionen Funken. — Erstarrt, versteinert sind die Thränen alle — ES dehnt der Keich sich weithin schimmernd auf — Und seht! Und hört! mit Hellem, blanken Schalle, So rollen sie hervor im raschen Lauf! Da ruft der König aus iu stolzem Prahlen: „Was brüsten Sterne sich mit Glut und Licht? Mein nenn' ich einen Ocean von Strahlen, Der Euern Stolz mit starker Woge bricht! Getreuer! auf! zur Erde eile nieder Und bringe schnell mir neue Thränen wieder!" Doch Atasträon spricht: „O König! höre! Noch Eine Thräne hab' ich dir gebracht, Der, wie ich es bei deinen Siegen schwöre. Der keine gleicht an hehrer Zauberpracht! O könnte diese auch zu Stein da werden: Dein eigen ist der schönste Diamant! Ja! als ich wallte auf der weiten Erden, Ward manche Lust mir, mancher Schmerz bekannt, Da sah ich viele wohl der Thränen fallen, Doch diese war die herrlichste von allen! „In einem Thal, umgrünt von sanften Tristen, Da saß ein Weib, versenkt in dunklen Harm, Und ringsum war's so friedlich in den Lüften — Ein kranker Säugling schlief in ihrem Arm! Da ächzt das Kind empor aus seinen Leiden — ! !-> Die Mutter küßt's und drückt's, und blickt es an. Als müßte sie von ihm auf ewig scheiden, lind eine Thräne — schwer von Wehmutb — rann Hernieder über ihre bleichen Wangen, Die ich in diesem Becher aufgefangen!" — Und nach dem Becher langt der König nieder Und stellt geheimnißvoll ihn vor sich hin, Und denkt und sinnt — und faßt ihn murmelnd wieder Mit allgewalt'ger Hand und segnet ihn! Doch nimmer, nimmer will cs ihm gelingen! „Die Mutterthräne — die wird nicht zu Stein!" Und will er's rastlos eifernd auch erzwingen — „Die Mutterthräne — die wird nicht zu Stein!" Da ruft er aus, daß rings die Hallen zittern. Wildbrausend, wie der Sturm in Ungewittern: „Gehorsam fand ich all' die andern Thränen — Und du allein gibst solchen Stolz mir kund? Und du willst frei von meiner Macht dich wähnen?" Da wankt die Geisterburg in tiefstem Grund', Da wankt die Stärke selbst der Marmorsäulen — Doch endlich wird es friedlich ringsherum, — Ein Nosenwölkchen sieht man niedereilen, Weitstrahlend wie Apollo's Heiligthum — Sie naht, sie naht in himmelsreinem Glanze: Die Liebesgöttin mit dem Myrthenkranze! ! ----! Ein Blumennetz umflicht die zarten Glieder — Verfuhren darf, was rein und göttlich, nicht; In blonden Wellen fließt ihr Haupthaar nieder, Mild — wie Selene — blickt ihr Angesicht! Und also spricht sie zu dem Geisterkönig: „Was wagest du an fremde Schätze dich? Das Reich der Steine ist dir unterthänig, Hier sollst du herrschen, hier entfalte sich Mit Macht dein Herrscherthron — doch mit Gefühlen, Mit Thran en sollst du nie und nimmer spielen! „Und ist dir's mit den andern auch gelungen, Nicht jede Thräne weint ein wahrer Schmerz! Ach! manche wird dem Auge abgerungen. Und starr und leblos bleibt dabei das Herz; Doch heilig sind des Mutterherzens Zähren! Nicht rühre frevelnd solche Schätze an! Die Mutterthräne sollst du betend ehren, Denn was ein Herz an Lieb' nur denken kann, Das birgt sie still in nie verletzter Schöne: Ein Quell von Liebe ist die Mutterthräne!" Meu. Mrimiliim Nmiltjilll. Aus den „Liedern der Liebe". 1. Fetsenhcrz. 9!icht von der Axt, nicht von dem Blitz Aus ihrem alten Felsensitz Die Wurzel je sich reißen läßt, So grub sie sich im Steine fest. So wurzelt Lieb' im Herzen mir Zu dir, du holde Frau, zu dir! So schließt mein Herz wie Felsgestein Die Lieb' in seinen Tiefen ein! Erst wenn der Fels in Trümmer fällt, Die treue Wurzel nimmer hält, Erst bei des Herzens letztem Schlag Die Liebe d'raus entschweben mag. — 2. Der Lettler. An deiner Thür' ein Bettler steht, Und hebt die Hände auf und fleht: „Ach, gib mir nur die kleinste Gabe, Daß ich den müden Leib mir labe!" Ein Bettler kniee ich vor dir: „Ach gib ein Bischen Liebe mir, Ein Tröpflein Balsam diesen Schmerzen, Nur Hauch der Liebe diesem Herzen!" Dich rührt des Bettlers bleich Gesicht, Die Angst der Liebe rührt dich nicht! Dem Hunger fristest du das Leben, — Der Liebe hast du nichts zu geben! Wien. 2St Waches Träumen. Nacht war hell; einsam im Moudenscheine Irrt' ich umher; sehnsüchtig bebt' mein Herz; Mir war so weh, — und trüb, als ob es weine. Hob sich mein zitternd Auge himmelwärts. Es war so still; der Mond sah zu mir nieder, So fragend und mit vorwurfsvollem Blick', Als mahnt' er mich an längst verklungne Lieder, An längst verträumtes, längst vergessnes Glück. Es war so ruhig; auch die Sterne sahen Mir forschend in mein bleiches Angesicht, Als wollten sie wie alte Freunde nahen, Doch stören meines Herzens Kummer nicht. Die fromme Nacht und ihre Sternenlichter, Der sanfte Mond in seinem Thränenglanz Erkannten freundlich ihren einst'gen Dichter, Doch fanden sie ihn wohl verändert ganz. 295 Da träumt' ich wehmuthvoll von frühem Tagen, Von meiner Jugend kurzer Blüthenzeit, Bon manchem Lied voll sehnsuchtsheißer Klage», Von manchem Schmerz voll bittrer Seligkeit. Bon manchen Freunden, die der Strom des Lebens Gewaltsam riß von meinem Herzen fort, Bon manchen Feinden, die ich nun vergebens Bersöhnen möcht' mit weichem Reuewort. Bon meinen Lieben, die dem Grab verfallen. Des schönen Daseins düstrer Ironie — Bon einer Freundin, die ich liebt' vor allen, Und doch verlassen könnt' — die Poesie. Bon mancher Hoffnung träumt' ich', die entwichen, Bon mancher Liebe, ihres Glücks beraubt, Bon mancher Schönheit, deren Reiz verblichen, Bon einem jungen, halbergrauten Haupt. — Da fuhr ich auf aus meinen wachen Träumen, Und blickt' im Mondeniichte rings um mich; Sah weiße Häuser nur statt grünen Bäumen — Ist solches Träumen denn nicht wunderlich? Wien. Mrl Oberleitner. Der Winter. ^)er Winter sitzt dort auf den Gletschern, Gehüllt in seinen Hermelin, Und grollend sendet er die Stürme, Weckt Blumendust aus Träumen ihn. Im Thale Hüpfen munt're Wellen Hin über Wiesen und Gestein, Der Sommer schützt sie vor dem Alten, Und läßt ihn nicht in's Thal hinein. Ost schüttelt er die weißen Locken, Hört er der Vögel Lustgesang, Doch die Lawinen, die er schleudert, Zerstäuben an dem Felsenhang. Aus finst'ren Klüften peitscht er Ströme, Die donnernd stürzen auf die Flur, Doch bald im Schooß der duft'gen Wiesen Hört man sie leise rieseln nur. So mag der Alte zürnen oben, Kein Sturm, kein wilder Wasserfall Verscheucht die lust'gen Sängerchöre, Er muß sie hören überall. Und vor dem blauen, klaren Himmel Verbirgt im Schnee er sein Gesicht, Sein Herz so kalt wie Eis der Gletscher, Es fühlt des Schöpfers Liebe nicht! — Wien. 298 Milj Mim AroHkii. Der alte General ^anns Joachim von Ziethen, Der alte General, Der war ein Mann von Felsen, Der war ein Mann von Stahl. Im Feld und auch im Frieden Gab er zu jeder Frist Dem König, was des Königs, Und Gott, was Gottes ist. Nicht Tod und Teufel fürchtend. Bekannt in Nah und Fern, Trug er in seinem Herzen Allein die Furcht — des Herrn. Drum wollt' er niemals weichen, Ob's krumm ging oder g'rad. Ob's ging g'en Kugeln oder Zur Königs - Wachparad'! Es war am kühlen Abend Nach heißem Schlachtentag, Da saß der alte Degen Beim festlichen Gelag. Der alte Fritze schaute Vergnügt im Kreis herum, Wo Messer jetzt und Gabel Manch Flügel hauten krumm. Er sah den alten Zecher, Und sprach: „Ei, General! „Hab' wahrlich nicht vermuthet, „Ihn heut' zu seh'n beim Mahl; „Sah ihn ja in der Kirche „Heut' Morgens ganz allein, „Als er mit gier'gen Lippen „Ein Frühstück schlang hinein. „Nun? — hat ihm recht gemundet, „Was er genießt so gern? „Hat er recht gut verdauet „Deu wahren Leib des Herrn?" Pflichtschuldiges Gelächter Der Höflinge trabt nach Den Worten, die der Schüler Voltaire's zum Greise sprach; Doch Joachim von Ziethen, Der alte General, Der war ein Mann von Felsen, Der war ein Mann von Stahl. Nicht Tod und Teufel fürchtend, Bekannt in Nah und Fern, Trug er in seinem Herzen Allein die Furcht des Herrn. Den läßt er nicht verhöhnen. Springt auf und salutirt: „Herr König, jeder redet, Wie es sein Herz dictirt. „Drum haltet, Herr, zu Gnaden, Wenn offen ich und frei Zwei Worte mir erlaube, 's ist eben gleich vorbei. — „Ich bin der alte Ziethen, Im Lager wohl gekannt, Hab' oft für meinen König Gerührt die Männerhand. 3M „Hab' oft mein Haupt getragen Für Friederich zu Markt, Und hab' mit meinem Blute In Schlackten nie gekargt, „Ich bin der alte Ziethen, Bin treu Euch bis zum Tod, Doch was ich bin, das bin ich Allein durch meinen Gott. „Befehlt, so leg' ich willig Mein Haupt zu Füßen Euch, Doch höhnt Ihr meinen Glauben, So höhnt Ihr Euch zugleich. „'s ist Einer über Alle, Deß Haupt der Dorn gekrönt, Der auch für die geblutet, Die eben ihn gehöhnt. „Den laß' ich nicht verhöhnen! Und wer es noch nicht weiß, Der kann es gleich erfahren, So wahr ich Ziethen heiß'!" Schlägt d'rauf an seinen Sarras, Setzt sich und salutirt, — Und von den bleichen Schranzen Hat Keiner sich gerührt. — 802 Dem König aber perlet Ein Tropfen auf die Wang'; Er saß wohl in Gedanken Noch eine Weile lang. Dann zieht er sanft die Rechte Des Greises sich heran, Und spricht: „Mein lieber Ziethen. Er ist ein braver Mann! „Vergeb' er, was ich sagte! Thu' ferner er die Pflicht! Wer Gott den Herrn nicht ehret, Ehrt auch den König nicht!" Linz ') Nach einer wahren Begebenheit. 303 Blumengedanken. ^ie Nacht sinkt nieder — Alles schweigt, Und rings im Blumenkreise Ihr Köpflein jede Blume neigt Und denkt auf ihre Weise: Die Lilie an der Unschuld Lust, In der sie aufgegangen; Die Kose an des Mädchens Brust, An der sie einst wird prangen. Das Immergrün an Freundschafts -Macht, Befreit von Erdenbanden, An las Gespräch in Mondesnacht, Wo sich zwei Herzen fanden. Die telke an den süßen Duft, Den eine That entsendet, Die wit noch über deine Gruft Beglückt und Segen spendet. ao4 Die Tulpe denkt mit bitter'm Leid An jene kalten Herzen, Die nur aus Stolz und Eitelkeit Der Liebe Glück verscherzen. Das Beilcken senkt das Köpslein tief. Wie sehr es sich verstecket, Die Liebe, die im Herzen schlief, Sie wird ja doch erwecket. Ein Blümlein aber, still und trüb, Als wollt' es fast vergehen, Es denket an sein fernes Lieb' — Und wagt's nicht zu gestehen; Und nur wenn er vorüber geht, Und and're Blumen bricht, Es sanft mit süßer Wehmuth fleht: „Vergiß, vergiß mein nicht!" Die Nackt sinkt nieder — Alles schweigt. Und rings im Blumenkreise Ihr Köpflein jede Blume neigt, Und denkt auf ihre Weise. Wien. 305 20 Lari HiW KöLsler. Das Lied vom Osten. ^ubel! Hebe deine Schwingen, Denn in jegliches Gemütch Sollst du jetzt, ein Sieger, dringen, Welcher reich zur Heimath zieht. Tief im Herzen hör' ich's klingen, Und der volle Busen glübt, Drum vergönnt es mir, zu singen Von dem heil'geu Ost das Lied. Seht! Im Osten ist zerronnen Leeren Abgrunds öde Nacht, Golden an des Urlicht's Bronnen Dort der erste Tag erwacht; Und der Erde gab die Sonne Dort den ersten Kuß so süß, Und der erste Mensch voll Wonne Schwelgte dort im Paradies. Seht! Im Osten ist zerronnen Auch des Todes ew'ge Nacht, Und aus Gottes Gnadenbronnen Dort das Leben neu erwacht; Dort hat ja der Held gestritten. Er, der Größte, den es gab, Der für uns als Mensch gelitten. Und als Gott entstieg dem Grab. Seht! In unserm Ost — voll Muthes Hat ein Kaiser, fromm und stark. Sich, zum Schirm des weiten Gutes, Einst gegründet eine Mark; Und sie ragt seit tausend Jahren Schon, ein Heldenhaus des Ruhm's, Ist in Drängniß und Gefahren Stets der Hort des Christenthum's. Auf dem tausendjähr'gen Pfade Hat sie stets den Herrn geehrt, Und es hat der Herr in Gnade Sie geschützt und sie gemehrt; Denn von Gott und Ehre nimmer Wich die Ostmark einen Zoll, Darum steht der Spruch für immer: ^.ller bchr' Ist Oesterreich Voll. Aber nicht an Ehr' alleine Bist du, frommes Oesterreich, In des Heldenruhmes Scheine Vor so vielen Ländern reich. 307 A' Glück und Liebe — sie auch haben Dir die Kron' ost ausgesetzt, Doch die beste ihrer Gaben Bringt dir Glück und Liebe jetzt. Deinen Ritter, deinen Kaiser, Der auf mntb'gem Waffengang, Schon als Jüngling — Held und Weiser — Sieg und Größe dir errang. Eilt die Liebe zu verklären, Flüstert Ihm in's Herz hinein: „EineWelt kann Dich verehren. Lohnen kann nur ick allein!" „Und wie Du in schweren Stunden „Selbst der eh'rnen Pflicht gelebt, „Heilend Deines Reiches Wunden, „Auf der rechten Bahn gestrebt: „So gehorchte meinem Rufe „Jetzt Dein Herz allein vom Tbron, „D'rum von meines Thrones Stufe „Reich' ich Dir den höchsten Lohn. „Bon der treuen Donau Wiege, „Aus den Gauen, deren Ruhm, „Deren Helden, deren Siege „Preiset Karol's Kaiserthum, „Bring ich meine schönste Blume „Aus dem edlen Baierland, „Geb' mit Ihr zum Eigenthume „Dir des höchsten Glückes Pfand." 308 Ström' in feurigen Gebeten, Oestreich, deinen Jubel hin. Von den mächtigen Sudeten Bis zum fernen Apennin, Selig im Gefühl der Wonne, Die durch alle Herzen weht. Grüße laut die reine Sonne Deines Glücks: Elisabeth. Die Erhab'ne, die dem Kaiser Mit der Liebe treuer Hand Durch die reichen Lorbeerreiser Zart den Zweig der Myrthe wand. Gott, der Herr des Himmels, wußte, Was dir nöthig zum Gedeih'n, Deutschland's Fürstenperle mußte Oestreich! deine Mutter sein! Ostmark! Sag', wo noch ein gleicher Läuderkreis zur Seit' dir stellt, Glücklicher und segensreicher Dich regiert ein Manu und Held? Ueber Dem des Ew'gen Gnade Schirmend treue Wache hält, Dem sie jetzt auf Seinem Pfade Einen Engel zu gesellt. SMeeöerg in Böhme». Wilhelm Gürtim. M Moiiohaccs, Käniq 2-s ist die Sünde alter Uebel Bronnen, Der unerschöpflich fort und fort geronnen. Bis er zum Meer der Trübsal angeschwollen! — Es steht der Geist betrübt vor seinem Leide, Das aus ihm selber ist heraufgequollen — Gleich wie beim Teichesrand die Trauerweide, Die kummerschlaff läßt ihre Arme hangen. Will sie der Schmerzen Sturm zum Knß umfangen. Und unsre Liederrosen, die wir singen, Sind jener Blume gleich, der sehnsuchtsbleichen, Die auf dem Meere schwimmt, ein sich'res Zeichen, Vom nahen Land die Botschaft uns zu bringen: So muß das Lied, deß Blüthen ftöhlicb ragen, Bis sie im Hauch der Lüfte niederfallen — Apr bittern Lebensmeer, das wir durchwallen, In unfern Thränen seine Wurzeln schlagen! Und wie es sich den Zähren hat entrungen. So wird's ein Bote aus des Himmels Landen, Ein offner Freibrief von der Knechtschaft Banden, Ein Palmenzweig, vom Frieden selbst geschwungen! Wir sind gefallen, das ist unsre Sünde — Das ist der Tod mit seinen Riesenmächten; Wir wandeln in der Dornen Jrrgewinde, Um Stachelkronen unserm Haupt zu flechten; Wir drücken sie noch selber in die Stirne, Und Perlen rollen purpurroth und dicht, Als wie Lavinen von der eisigen Firne, Die Ruh zerschmetternd, über's Angesicht! Es ward uns nach dem Fall ein heilig Sehnen, Und die Erlösung nur vermag's zu stillen; Nur nach der Sünde kam der Quell der Thränen, Der Herr gab ihn um unsers Trostes willen; Es ist die Zähre eine Himmelsgabe, Sie fließt aus unsers Herzens Felsensteinen, Berührt der Schmerz sie mit dein Mosesstabe, Daß sie die Fluth ins Thal des Jammers weinen Die Tbräne ist die Zeugin unsers Falles; Sie soll im Antlitz, in dem schmerzenbleichen, Als wie das Bächlein eines öden Thales Durch s Furchenbett des Grames fürdcrsckleicben; Ein Aschenkrüglein ist die Zäbrendrüse, In dem des Friedens Leichnam uns gcdüeben; 336 Es hat der Gram, ein unbesiegter Riese, Die Grabschrift selbst auf's Antlitz uns geschrieben: Das Kleid der Unschuld haben wir vergeudet. Verloren unser» Frieden, unser Glück, Und von der reichen Zier, die uns bekleidet. Blieb nur die Thränenperle noch zurück! Es liegt in ihr die Zukunft, wie im Spiegel, Sie deutet hin auf die Vergangenheit; Sie ist der göttlichen Verheißung Siegel Und ein Apostel der Unsterblichkeit! Das kranke Herz ist ihre Lebensquelle; Steigt sie empor, so ist der Freude Frusten, Der in den Augen erst geglüht so Helle, Verloschen und in Asche hingcsunkcn. — Sie gleicht dem Gift, das in den Lebensbechcr Das Kind schon streut in seiner ersten Stunde; Dann schleicht sic lebenslang herab zum Munde, Als wie zum Freudenmahl ein blut'ger Rächer! Die Thräne ist des Geistes erstes Zeichen; Das Kind weint fort durch viele Marterwochen; Wie lang strömt Regen aus den Augenteichen, Ehdem die Mundesknospe ist zerbrochen, Und eh die Geistcsblüthe sonder Gleichen Im ersten Wort sich freudig ausgesprochen. Die Thräne birgt das Salz der Bitterkeiten, Und würzt die Freude aller edlen Herzen, Wenn ihre Tropfen als wie stille Schmerzen Zn den Pokal der frohen Tage gleiten. Wir weinen nicht allein in banger Trauer, Auch Freude macht den Augenhimmel trübe: Ein jeder heit'rer Tag hat seine Schauer, Und keiner ist, der obne Wolken bliebe. Die Sehnsucht nach dem ew'gen Gute flechtet, Ein Immergrün, sich durch die Lebensdorneu, Wie durch die Rosen aller Staubgebornen, So lang wir aus dem Vaterland geächtet. Wenn wir den Themen eine Thräne weinen, Die in die Ewigkeit vorausgegangen, Dann lesen wir, gleichwie auf Marmorsteinen, Das Wiedersebn auf unfern bleichen Wangen; Die Thränen aber sind die goldnen Schriften — Die Osterkerzen auf der Liebe Grüften. Men. Das letzte Sehnen. ^An einer stillen Hütte Bei ihrer Lampe Schein Sitzt Lischen, rein an Sitte, Bei ihrem Kind allein. Und wackt ob seinem Schlummer, Der sanft sein Auge schließt, Nicht ahnend, daß voll Kummer Der Mutterbusen ist! Sie harret ihres Gatten, Der fort zum Kriege zog, — „Ist er's nicht, der im Schatten „Dort um die Ecke bog?!" So rief sie oft voll Freude, Da laut das Herz ihr schlug. Doch wie des Schwertes Schneide Traf sie des Hoffens Trug. — Und Tag und Stunde schwindet, Sie späht nach Wald und Hain... Doch jeder Morgen findet Beim Knaben sie allein! — So sitzt sie in der Kammer Mit bleichem Angesicht, Und nagend quält der Jammer Mit furchtbarem Gewicht! Da hört sie Schritte schallen — Der Sand sich knisternd regt — Wie ihre Pulse wallen, Wie laut das Herz ihr schlägt! „Mein Richard! Kehrst du wieder? „Herein! Herein! zu mir!..." Zu eng wird ihr das Mieder, Zu eng der Busen schier! 340 Da öffnet sich die Pforte, Die reinlich zwar, doch klein, Und bei dem letzten Worte Tritt still ein Mann herein. — Der Krieger, echt und bieder, Mit ernster Stimme spricht: „Den Degen bring' ich wieder, „Den Herrn doch — bring' ich nicht!" Da sinkt, im Auge Thränen, Sie bleich und starr zurück: Es war ihr letztes Sehnen — Es war ihr letzter Blick! Wien. .'M Zgm; Nmstip Hmgrrle. 1. Im Frühling. ^a! Frühling wird's; die stille Anemone Läßt schon die blaue Sternenkrone sehen. Es spielt der Weste lenzesfrohcs Wehen Schon mit der Bäume augenreicher Krone. Die Sonne lächelt von dem goldnen Throne Und lockt in Berg und Thal zum Auferstehen; Die Bienen folgen schnell, du siehst sie gehen Und wandern nach des Honigs Botenlohne. — Ja! Frühling wird es; niegeahnte Gluten Fühl' ich im Strome meine Brust durchfluten, Da innen will es keimen, will es blühen. Ja, Liebe webt die ewig schönen Träume, Sie füllt mit glühem Duft des Herzens Räume Und läßt der Wonne Feuerrose glühen. 342 2. Glück der Erinnerung. Wie lachte hell der Frühlingstag; Blau hing der Himmel droben, Grün stand die Wiese und der Hag, Bon Blumenschmelz durchwoben. Die Feierglocken klangen klar Empor vom Thalesgrunde, Und sangen tics und wunderbar Der Liebe Zauberkunde. Wir standen selig Hand in Hand, Vom Morgcnschein umsponnen, Und sah'n hinaus ins reiche Land, Und sah'n uns an mit Wonnen. Da schlug das Herz so heiß und laut. Das Auge glomm so minnig, Da drückt' ich dich, die süße Braut, Ans Herz gar fest und innig. Da hielt ich dich vom treuen Arm Gar weich und fest umschlungen. Vergessen war der letzte Harm, Der letzte Schmerz verklungen. Ich küßte dich, ja du warst mein Im heil'gen Liebesbunde. Daß holder lachte Hag und Hain Und schneller floh die Stunde. Die Glocken klangen und das Lied, Und beide sind verklungen, Doch leuchtend die Erinn'rung zieht Durch Nacht und Dämmerungen, Dann wird es still, dann wird es klar, Dann blüht's im Herzensgründe, Als brächte Blumen wunderbar Die goldne Frühlingsftundc. Dann flieht der Schmerz, es bleicht die Nacht, Hoch droben wallt die Sonne, Es steigt das Lied in stolzer Pracht Und rauschend strömt die Wonne. gnskruck. Sankt Katharina in der Schart'). ^Virchlein, — ich bin ausgegangen, Heute dich zuerst zu grüßen; Träumerisch und schlafbcfangen Ruht das Thal dir noch zu Füßen. Predigend auf hohem Orte Von der Andacht Freudenfülle, Sprichst du herzlich warme Worte In des Morgens tiefer Stille. Sieh, — ich horche fromm und schweigend, Hie und da nur, — tief mich neigend, — Muß ich flüstern: Laßt uns beten! Betend und im Beten selig Fühl' ich deiner Worte Wahrheit, Während sich ins Thal allmäiig Niedersenkt des Tages Klarheit. 345 Mächtig lassen im Erwachen Baum und Strauch die Blätter rauschen; — Doch du sprichst in allen Sprachen, Denen Mensch und Bäume lauschen. Stille, stille wird es wieder, Bäume neigen tief sich nieder. Flüstern nur: O laßt uns beten! Zu dem Himmel ruft mich schweigend Deine Prediger-Geberdc: Mit dem Thurmc aufwärts zeigend. Reißest du mich von der Erde. — In des Aethers blauer Reine Hat die Sonne sich erhoben. Und gleich einem Heil'genscheine Ihren Glanz um dich gewoben. Mit dem Rus der Nachtigallen, Mit des Himmels Sängern allen Ruf' ich jetzt: O laßt uns beten! tlteruu. ') Bei Meran. 346 (kWllck Aare und Tauben. i. ^Eönigsaare — tragt im Anfwärtsschweben Himmelwärts das Geisterleben! — Wen im Sonnenglanze ihr umstrahlt, Der vergißt, daß er im Staub geboren — Kon der herrlichsten der Lebenshoren Ist sein Anrecht an das Glück bezahlt; In den Sonnentag, den ewig jungen. Dringt er mit euch aus des Lebens Nacht, Und die Welt um ihn, sie liegt bezwungen. Huldigend der ew'gen Macht. Seht den kühnen Aar — voran dem Krieger Fliegt er! seht — voran dem Sieger, Der aus blut'ger Schlacht zur Heimath kehrt. Rettung brachte er dem Katerlanbe, Riß es von des innern Abgrunds Rande, 347 Und die fremden Feinde traf sein Schwert. Zu dem Dank, den reich der Herrscher spendet, Dringt auch Lölkes Dank zu ihm hinan, Und den Ruhm, der nicht hieniedeu endet, Zeigt des Aares Sonnenbahn. Seht auch einen Aar — im Flug der Sphären Dort des Priesters Haupt verklären, Wenn er von der heiligen Tribun Sendet aus — der Predigt Gottgewalten, Die das härteste Gewissen spalten. Strafend — lohnend das geheimste Thun. Lautlos starrt das wirre Weltgetümmel, Lautlos horchend auf den heil'gen Sturm, Und der Fromme ahnet seinen Himmel. Und im Sünder nagt der Wurm. Noch ein Aar — seht — hell strahlt sein Gefieder — Senkt sich auf den Dichter nieder. Wenn im Kreis das Bolk die Bilder schaut. Die im Mimenspiel, im wundervollen, Sich vor ihm — ein Weltgericht — entrollen: Plötzlich wie ein Bergstrom, eisentthaut, Tauseudstimm'ger Jubel donnernd kündet Dir, o Dichter, deine Herrlichkeit, Und begeistert — weil der Geist gezündet, Dir das Bolk den Lorbeer beul. 348 Auf der Aare Fittigen entschweben Himmelwärts drei Geisterleben, Erdcntrückt für einen Augenblick — Brennt den Krieger dann auch seine Wunde, Lebt der Dichter dann auch — Schmerz im Bunde, Kehrt zur Zell' der Priester auch zurück — Steh'n sie siegreich jeder Weltbefchwerde; Und bricht einst im Todeskampf ihr Herz, Schwebt ihr Aar zum zweitenmal zur Erde, Trägt die Seelen himmelwärts! II O seid gegrüßt, ihr holden Himmelstauben, So schimmernd weiß wie Heller Firnenschnee, Wen ihr umschwebt, beseelt ein göttlich Glauben, Ihn leitend durch des Lebens Lust und Weh. Könnt ihr auch kämpfen nicht, wo Geier rauben. Könnt ihr doch flieh'n in sich're Himmelshöh'! Drum — wer zu schwach dem kühnen Aaresfluge, Folgt still zum Himmel hin dem Taubenzuge, Sebt! Eine Laube schwebt im Abendrothe, Das durch der Laube grünes Gitter blinkt. Wo keusche Liebe gleich des Senkblei's Lotke Ins Tiefste einer Weibesseele sinkt. O Taube mit dem Myrthenreis — ein Bote, Der nur mit einer Himmelsahnung winkt! Doch wen dein Ahnen tief ins Herz getroffen. Der darf auch einst auf deinen Himmel hoffen. :i4n Und nieder schwebt in immer engem Kreisen Auch eine Taube auf die Beterin, Die müd und müder auf der Pilgerreise Sank am Altar um Stärkung flehend hin: Die Stärkung ward ihr — von der Himmelsspeise, Noch ganz verkläret ist ihr frommer Sinn, Gesenkt ibr Haupt — als ob sich auf sie neige Die heil'ge Taube mit dem Palmenzweige. O dort — seht des barmherzigen Weibes Schalten, Ein Lebensengel vor so manchem Grab, Der Armuth Thräne stillt ihr Segenswalten, Dem schwachen Greise reicht sie ihren Stab — Und eine Taube läßt den Flug entfalten, Ihr Oelzweig senkt sich auf das Weib herab, Und steht sie einsam auch im Drang des Lebens, Der Oelzweig grünt — sie lebte nicht vergebens. Ob rings sich gegen sie auch Wolken thürmen, Ob Blitze zucken auf der Liebe Glück, Ob Lockungen, gleich höllischen Gewürmen, Vom Altar ziehn die Beterin zurück. Geschützt stehn alle sie den künft'gen Stürmen, Zu ihren Tauben fest gewandt den Blick, Die einst noch einmal auf sie niederschweben, Den Seelen winkend — in ihr Himmelsleben! Vien. 358 Mli§ vrni Nmullllll. Frohnleichnams-Kränzchen. dieses Kränzchen hat gedienet Heute unserm lieben Herren, Als er festlich im Triumphe Zog durch die geschmückten Straßen. Doch die guten, guten Blumen Wußten nicht, zu wessen Ehren Heut' sie in dem Kranze prangen. Ach, die armen, armen Blumen Kennen nicht den lieben Herren, Dem sie mit uns festlick dienen. — Und sie dauerten mick innig, Wie ich's im Gemüth bedachte; Und mich rührte ihre Unschuld, Und sie dünkten mich wie Kindlein, Die zum Himmel, fromm gefaltet, Ihre kleinen Händchen heben, Und nicht wissen, was sie thun. — SSI 's ist des lieben Herren Wille, Den sie unbewußt erfüllen, Drum so selig wie die Blumen Läßt er auch die Kindleiu sein. Aber dich hat seine Liebe Weit vor ihnen auserwäblet. Hat dich zu dem Glück berufen. Daß du schauend ihn erkennest, Und erkannt ihn wieder liebest, Und Lurch seine Liebe selig Oben in dem Himmel werdest. Wie die guten Blumen unten Und die Kindlein auf der Erde. Wien. Fmj Holbein non Holbrinobrrg. Grillparzer's Portrait gemalt v,a Holbein. ^er Umriß ist nicht groß, nicht klein, Behaglich anzuschau'n, Die Stirne nicht non Wolken rein, Das Auge weckt Bertrau'n. Es blickt so grab und treu dich an, Daß dir das Herz aufgeht, In jedem Zug ein Biedermann, Ein Dicbter vor dir steht. Der. Mund beredt, und dennoch spricht Er von sich selber nie; Es zeigt das freundliche Gesicht Gefühl und Phantasie. Und sieht's auch manchmal düster aus, Es dauert doch nicht lang; Oft guckt wohl gar der Schalk beraus, Wenn Einem was mißlang. ZLll Doch niemals zeiget Mißgunst sich Zn dieser Miene Schrift, Er freuet selbst sich inniglich, Wenn Schwarz ein Andrer trifft. Dem Meisterdlick entgeht es nicht, Was einem Werke fehlt; Doch wenn sein Mund ein Urtheil spricht, Er Tadel gern verhehlt. Dies Urtheil, sonst belehrend, mild, Und streng nur gegen sich, Wird schmäh'n auch dies getrostste Bild, Weil ihn — preist jeder Strich. Und dennoch kann er läugnen nicht, Daß dieses konterfei, Was auch sein Mund dagegen spricht, Ein echter Holbein sei. Men. Wilhelm m Uchmch. Aus meinem Tagebuche. ^en Mann, der seines Innern Glübn Bestrebt war zu verschweigen. Und zusah, wie ein Andrer kühn Sein Liebstes nahm zu eigen, Den Mann verlacht ihr; doch bedenkt, Daß milder schon er fühle, Daß in den Strom der Zeit versenkt, Die Glut gemach sich kühle. Bedenkt, daß vom geträumten Lobn Sein Sinn gelöst sich habe, Und, ach! mit seinem Traume schon Die Jugend ging zu Grabe. * * Es war das letzte Flackern blos Bon seiner Iugendflamme, Das letzte Grün, der letzte Sproß Am welken Lebensstamme. --_! 355 23 * Und wie er sieht in raschem Fluß Die schöne Zeit enteilen. So will sein Äug' an ihrem Schluß Noch lange liebend weilen; So will, was ihm das Leben karg Gespendet vom Beglücken, Er nun mit Blumen reich den Sarg Entschlaf'nen Traumes schmucken. Der Winter läßt sich nicht erfleb'n, An seines Reiches Scbwelle Muß Baum und Böglein schlafen geb n, Und stille steh'n die Quelle. Was Hilsts, daß sehnend obne Rast Das Thier die Flügel breite. Daß Blätter treib' der dürre Ast, Die Quelle streb' ins Weite? Auch dir, auch dir, der immerzu Berlanget jung zu bleiben, Was Hilst es dir! Es geht zur Rub, Vergeblich ist dein Sträuben! * * * Daß ihr, für euer Wobt bedacht, Des Träumers heißes Fühlen, Weil ihr es selber angefacht, Mitleidig wolltet kübien, — 8SK Es sei verzieh'n! doch, daß ihr dann, Bon niedrer Furcht getrieben, Ihn fern gehalten und in Bann Gelegt sein reines Lieben; Daß ihr die schöne Stromesflutk Versiegen laßt, und binden Und lähmen wollt des Dichters Mutb, Das kann er nie verwinden! * * * Sie sagte einmal, daß sie mir Drei Fragen stellen wollte, Darauf ich ernst und redlich ihr Die Antwort geben sollte. Zuerst, warum ich schon so lang Mein Dichten ihr verhehlte, — Dann, wer das Wesen, der mein Sang, Der mein Empfinden gelte? Die dritte Frage wollte sic Für später mir bewahren; Nun ist sie fort, — ich werde nie. Was sie verschwieg, erfahren. * * * Was auf die Fragen, jene zwei, Die meine Zunge banden, Ich stammelte, ob sie die Scheu, Die blöde, wohl verstanden? 357 Ob sie verstanden wohl den Zwang, In dem die Welterfahrung Nicht kommen läßt den Sehnsuchtsdrang Zur frohen Offenbarung? Ich schonte sic; doch muß ich nun Mit bangem Zweifel fragen: Wer dankt, wer lohnt dein stilles Thun, Dein Opfern, dein Persagen? * * * Der Dichter läßt euch euer Glück, Doch lasset ihr hinwieder, Wenn er sich einsam zieht zurück, Den Trost ihm seiner Lieder. Denn, wenn ihr ihm auch sie entreisst, Dann werden sie ihn rächen, Und von der Sünde an dem Geist Zu euren Herzen sprechen. Bald init ergrimmten Sturmes Draug, Bald auf des West's Gefieder, Wie Blütenhauch und Glockenklang, — Ihn rächen seine Lieder! Mea. 35S Minder Mmmml. An Edelweiß im Thal. Miederökerrcichisch.) 88er mueß der frische Jäger sein. Der dort von Laufen kimmt? Sein Gang so stolz, der Wuchs so fein, Was B'sunders, wiä mi zimt! Wohl hat er d'Joppen über st, Und 's greäne Hüetel auf, Do steckt was HScher's unterschi, Da thät i wett'n d'rauf. Dös is halt ja ä b'snndrer Man! Der Jäger, denst da schaust. Den stellt der Herrgott selber an, Damit'st aus eähm vätraust; Dersell hat gar ä b'schwerligs Brod, Und gar ä groß's Revier! 's Durchforscht'» thuet oft häusti Noth, Denn's gibt gar wilde Thier. Äh andre Gschästeln fahlen nit, — Alls kimmt zu seiner Thür; Der hat ä B'schwerd, und der ä Bitt, Sollt' Allen Helsa schier. Kän Wunder, wann der Jägersman Oft ernst und traun schaut! 's is d'Sorg um d'Andern ganz ällän, Dö Gott eähm anvertraut. Ja d'Sorg um d'Andern hätzt eähm ein. Und laßt eähm oft kän Rueh; Er selber kunnt ja lusti sein, Für eähm ja hat er gnue. Do heunt — da schaut er glückst aus, Dös mueß än Grund wohl Ham? D'Freud' glanzt eähm recht von Herz'n 'rano' Wäßt was? i red 'n an: „Mein liäber Herr, väzeigts zur Gnad, Ds gfallts mä gar so guet. Daß i dös seltne Bleäm'l grad Möcht' steckä Enk an'n Huet; „'s is gar ä b'sunders Bleäm'l gwiß, Mä häßt's das Edelweiß, Es wachst herunt auf käner Wies, Z'höcbst obmät nur dein Eis; 360 „Ä sölchers Bleäm'l bringt wohl Glück, Drum brokt'S äu Jäds mit Freud, Und i will äh für Enkä Gschick Jätzt sagu, was's Enk bedeut', „Das Jägern is ä schöne Sach', Und 's zimt si für än Man, Do würd' dä Mensch gar z'wild hernach, Thät' eähm nix mahnä d'ran, „Drum mitt'n in dä wild'n Gier, Aus stoanig oedä Höch, Tritt eähm als wier au Engel schier, Dös Bleäm'l da in'n Wech. „llnd streckt die Weißen Händerl aus. Halt' an sein'n Jägertritt, Schaut kindli ans die Äugerln 'raus, Und sagt — geh', nimm mi mit! „Der Jäger, trotz sein wild'n Laus, Halt' freundli schmunzläd an, Er hebt's vom stoänern Boden auf. Und steckt's an's Hüetel dran. „lind war er just mit Leib und Seel Für d'Gäms no ganz dägrimmt, — Das Bleäm'l da an oeder Stell, Dös hat 'n welcher g'stimmt. 36 t „Er denkt an d'liäbe Hämät bald, An d'Freund' und d'Mueder da, Vor allen an sein Dirndl halt, Eähm bringt er's Bleäm'l ja; „Drum tragt da Jager im Gebirch Dös Strciußl wor ä geht. Als Zoächen, daß's nit gar so schiäch Ums Herz bei eähm no steht. „Als Zoächen, daß so stark er is, Sein wilder Jägersinn, Für d'Liäb und d'Guetheit äh no gwiß, Was schlagt dein eähm da drin. „Und drum dös Bleäm'l Glück bedeut', Weil Gott si selber freut, Zoägt eähm dä Mensch zur reckten Zeit Ä Herz und Gmüethlichkeit. „Und drum mein liäber, gueter Man, Hörts freundli an mein Bitt! Und nehmts dös seltne Bleäm'l an, Os sindts koän schöners nit!" Dä Jäger hört eähm lächläd zue, Und dankt für'» gueten Rath, Do sagt er: „Schau mein liäber Bue, Du kimmst heunt schon als z'spat! 362 „Han's gfund'n schon dös Edelweiß, Trag' i 's äh nit am Hnet, Halt s hoch in Ehr'n auf aileweis, Weil's da im Herzen rueht. „'s is schöner äh und seltner gwiß, Als dein's auf iäden Fall, Weil's nit von dort, wo d'Andern, is, Weil's gwachs'n drunt im Thal. „Und daß's mä Glück bringt gwiß äso, Dössell dös glaub i gern, Nit mir, äh vielen Leuten no, Dös män' i wirst wohl hör'n. „Nit umäsunst hab i am Pfad Dös Bleäm'l da däblickt, I moän', Gott hat's in seiner Gnad Mir als äu Engel gschickt." Men. Friedrich Mi». Mit einer Büchersendung. Äil — ^ier sind sie nun beisammen Die Bücher, Band für Band, Bon da und dort verschrieben Weit über Berg und Land. Hier sind sie! — Große Namen Aus alt und neuer Zeit Erglänzen von ihrem Rücken, Goldstrahlend weit und breit. Und große Werke sind es, Und trugen von Ort zu Ort, Und erbten von Jahr zu Jahren Den Ruhm ihrer Meister fort. Und einst — wie zog, wie lockte Mich jener Meister Kranz, Wie glühte um ihre Scheitel Mir aller Sterne Glanz? Wie schienen einst mir Fürsten Nur Bettler gegen sie? Ich weinte, wenn ich dachte: Nein, du erreichst sie nie! Und jetzt — um wie viel minder Bekümmert mich's zur Frist, Daß jene jemals waren, Als daß du heute bist! To hängt sich Jugendsehnen An eitlen Ruhmes Schein, Und dringt so spät erkennend Ins Mark des Lebens ein; Und lernt so spät begreifen Des Lebens Lust und Schmerz, Und höher, als Kränze, schätzen Ein lebenswarmes Herz. Men. Nstwig Scherer. 1. Wandervögel. ^eran die Wandervögel ziehen, Sobald der holde Lenz entblüht, Zur Zett des Herbstes aber fliehen Sie wieder rasch dahin nach Süd. Mit gleichem Drange sie enteilen, Wo es zu heiß, wo es zu kalt, Und lieben dort nur zu verweilen, Wo mild und warm die Sonne strahlt. So flieht auch ihr stets jene Kreise, Wo allzuheiß das Leben gährt, Und rüstet euch schnell dort zur Reise, Wo kalter Sinn das Blüh'n verwehrt. Doch wo Gcsühl in milder Wärme Erquickend euch entgegenquillt, Da bleibt, wie jene Wanderschwärme, Wenn sie erreicht ein Lenzgefild'. 36V 2. Ruhe. Schiffte lange regen Strebens Auf dem weiten Lebensmeer, Forschend nach der Bucht vergebens, Wo die Ruhe heimisch wär'. Habe manchen Kampf begonnen, Manchen Sieg errungen schwer, Doch mein Herz hat nichts gewonnen, Neue Wirren kamen her. Auf der Freude hohen Wogen, Wie gefiel es mir so sehr! Stolz war ich dahingezogen, Doch das Herz blieb ruheleer. Freundschaft kam mit offnem Arme Und die Liebe wonneschwer, Lösung hofft' ich von dem Harme, Doch das Herz blieb ruheleer. Erst als ich mein Schiff gelenket Aus dem weiten Lebensmeer, Fand ich matt und herb gekränket, Wo die Ruhe heimisch wär': Innen tief beut einen Hafen Der Entsagung stilles Meer, Alle Erdenwünsche schlafen, Ruhe waltet rings umher. Men. Ein Jubelgruß aus Böhmen. gönne, Herrscherpaar, daß zu den Kränzen, Die Oesterreich und Baiern heut Dir dringen. Und die in überirdischen Gefilden Dir Engel aus den schönsten Blüthen schlingen: O gönne mit der Huld, der angestammten, Die sonnenfreundlich strahlt auf alte Wege, Daß zu der Weihespenden bunter Fülle Ich stillbescheiden dieses Kleeblatt lege! Es ist des Böhmen selsenfester Glaube, Daß Du durch Gottes Walten ihm gegeben, Und daß des Himmels unsichtbare Mächte Bei jedem Schritte fühlbar Dich umschweben: Es ist des Böhmen süße, sel'ge Hoffnung, Daß in der Völker weitem Kinderkreisc Du auch sein Volk mit treuem Auge hütest Nach eines Vaters, einer Mutter Weise. Es ist des Böhmen warmempsund'ne Liede, Die, um das reichste Heil Dir zu erwerben. Heut dreifachinnig betet, froheutschlossen, Für Dich zu leben und für Dich zu sterben! Prag. ZlMH Am UusjMM. 1. Völker-Chor. lAm 24. April 1854.1 ffranz Joseph und Elisabeth! Ist unser Gruß der Weihe, Er dringt erst aufwärts wie Gebet, Das Segen für das Paar erfleht, In Völker-Lieb' und Treue; Dann hallt der Gruß dem Donner gleicb Durch Baicrland und Oesterreich! — 2. Gott und Welt. Bewundre Gott in all' den Weltsystemen, Die du dort schaust im weiten Himmelsdom! Bewundre Gott auch in den Erdenschemen Und bis hinab zum winzigsten Atom! 370 Er ist die Allmacht in der höchsten Höhe, Die er im Abgrund aller Tiefen ist. Er ist die Güte in der nächsten Nähe, Wie in den Fernen, die kein Äug' mehr mißt. Und wie er selber ohne Ziel und Ende Und unaussprechlich für des Menschen Mund, Sind auch die Wunderwerke seiner Hände: Ein Meer — das weder Ufer hat, noch Grund! — Dien. 371 2t- J. Z. HllimuH. Sankt Veronika. 88nndenvoll, mit banger Seele, Todesmattem Schritt, Während, daß kein Leid ihm fehle, Spott sein Herz durchschnitt: Hat der Herr das Kreuz getragen Hin nach Golgatha, Das schon fernher, ohne Klagen, Jetzt sein Auge sah. Schauer flog durch seine Glieder; — Eine kurze Rast Gönnet man. Da sinkt er nieder Unter seiner Last. Sieh', dort fließet eine Thräne, Die — um Mitleid fleht. Simon ist es von Cyrene, Der voll Trauer steht. 372 „Hast du menschliches Erbarmen Für den armen Mann: Hilf ihm!" — Und mit starken Armen Eilt er rasch heran; Hilft dem Herrn das Kreuz erbeben; Jesus blickt ihn an; Simon fühlt sein Herz erbeben, Und der Zug begann. Ach, der Herr, bald sinkt er wieder, Bleich und todesmüd', Unter'm Kreuze zitternd nieder. — Eine Jungfrau sieht. Weinend, mit bewegtem Herzen, So viel bitt'res Leid, Und zu lindern diese Schmerzen, Ist sie still bereit. Eilig, knieend, — von der Stirne, Die so bleich und heiß — (Spotte auch das Volk, und zürne!) Trocknet sie den Schweiß. Himmelshuld in seinem Blicke, Schaut der Herr sie an; Fühlt, daß — Mitleid ihn erquicke Auf der Todesbahn. Und es nennt die fromme Sage Sankt Veronika, Die an seinem Todestage Jes» leiden sah. Göttlich strahlt des Himmlisch-Reinen Demuth und Geduld; Aber menschlich schön erscheinen: Mitleid, — Frauenhuld! Wien SU Am Clavier. Ä)ir wollen ihn Eduard nennen; er hieß auch wirklich so. Der Name thut hier mehr zur Sache, als es vielleicht auf den ersten Anblick den Anschein hat, und wollte auch der Dichter — der Kalen¬ der und das Taufbuch legen ihren gewichtigen Protest dagegen, und er muß Eduard heißen. Es ist noch ein Drittes, das sich um diesen Namen wie ein unsichtbares Netz legt, über dessen fcstgezogene Maschen er nicht hinaus kann, und dieses Dritte ist ein von den meisten Menschen bald geleugnetes, bald wieder gläubig verehrtes Ding, ein bald winzig kleines, belachtes Kräftlein, und dann wieder ein auf¬ geblasen stolzes Wesen, das sogar längere Zeit mit einem schauerlich rostigen Dolche auf den deutschen Bühnen debütirte. In Allem gesagt: das Schicksal. Man muß nämlich Eduard heißen, wenn man die Organisation in sich trägt und mitbringt, die diesem Namen eben jene charakteristischen Merkmale verleiht, die ihn von anderen „Organi¬ sationen" so haarscharf unterscheiden. Wer nur ein wenig sein auf der Schule eingelerntes System nicht einrosten ließ, wird immer im Stande sein, im Baue einer Blumenzwiebel und eines Frosches nicht gar zu große Aehnlichkeiten zu entdecken. So ergeht es uns auch mit „Eduard". Wer einmal die „Gattung", „Familie" und „Ordnung" dieses Namens erkannt hat, dem ist es dann ein Leichtes, die „Art" anzugeben. Es kommt, wie gesagt, nur auf das System an. Eduard ist jederzeit der Inhaber einer sanften, anmuthenden, gefälligen Persönlichkeit. Wenn euch ein unbekannter Mensch seine Visitenkarte mit dem Vornamen „Eduard" auf's Zimmer schickt, so lasset jeden Groll über etwaige Störung, und ihn eintreten. Böse unliebsame Menschen heißen nicht Eduard. Mag sein Haar nun die Schwärze des Rabengefieders haben, oder kastanienbraun sich ringeln — auf bas Eine läßt sich mit der Gewißheit der vergleichenden Anatomie schließen: Eduards Herz ist blond. Es versteht sich von selbst, daß Eduard hoher „Tenor" ist; es wäre eine eigenthümliche Verirrung der Natur, die wohl vorkommen mag, aber nicht als Norm ausgestellt werden kann, wenn Einer, der heute den teuflischen Bertram und morgen den Kaspar mit der langen Nase singen sollte, Eduard hieße. Es gibt noch eine Anzahl naturgeschichtlicher Merkmale; aber für unfern Zweck ist es hinreichend, nur die bezeichnenden und dem Gedächtnisse leicht einprägbaren anzugeben. Denn unsere Absicht ist es nicht, hier eine „Monographie" des Namens Eduard zu schreiben; die würde alle unsere Kräfte und Kenntnisse übersteigen, sondern nur mit einer „Art" desselben bekannt zu machen, vielleicht nicht der uninteressanten einer, wenn der Verfasser im Voraus etwas ver¬ sichern darf. Nur noch einige Striche sind nöthig, um das natnrgeschichtliche Bild dieses Namens, wenigstens in seinen Umrissen, wiederzugeben. Eduard gehört zu den gefährlichen Individualitäten seiner Gattung; für gewisse empfindende Herzen, namentlich für Mütter, die erwachsene Töchter besitzen, liegt in dem Klange dieses Namens ein Zauber, der lebbaft an die sabelbasten Thränen der Hiäne, ja sogar an das Kindesweinen des Nilkrokodils gemahnt. Schicket euere Töchter nicht aus, wenn euch die Kunde zu Obren gekommen, daß ein „Eduard" im Reviere eurer Bekanntschaften sich hat blicken lassen. Nur, wenn ihr die feste Ueberzeugung gewonnen habt, sie würden bei seinem Begegnen ihren „Mann" stellen, unternehmet das Wagniß. Eduard ist nämlich ein vortrefflicher Tänzer. Keiner, wie er, vermag die Com¬ binationen eines Cotillons mit einer beinahe kristallinischen Bestimmt¬ heit anzugeben. Keinem sitzt die Atlaßbinde so genau. Keiner weiß nack und während des Walzers Euch so zarte, aufmunternde Dinge ins Obr zu flüstern; er ist unwiderstehlich. Recknet dazu, daß Eduard immer eine gute „Partie" ist, ein „Eduard" der von seinen Renten lebt, oder sonst ein glücklicher Aspirant auf ein schönes „Geschäft", oder ein einträgliches „Amt" ist, und ihr werdet aus der Summe aller dieser Merkmale leicht den Schluß ziehen können, daß man nur mit vollkommen reinem Gewissen und den allerbesten Absichten unsere modernen Rothkäppchen in die Gegend schicken darf, wo sich ein „Eduard" aufhält. Noch Eines hätten wir fast vergessen, und es ist beinahe das Wichtigste: Eduard ist ein vollkommener Clavierspieler. Eduard, von dem hier die Rede sein soll, vereinigt alle diese Merkmale in hohem Grade an sich. Er ist vor Allem eine glänzende „Partie", faktischer Besitzer und Erbe einer der größten Fabriken unseres Vaterlandes, die er aber durch seinen Cousin verwalten läßt, während er selbst — kein Müssiggänger ist. Eduard gehört zu jenen liebenswürdigen Persönlichkeiten, die unserer Gesellschaft einen so eigentümlichen Anstrich verleihen. Wer sie sind? was sie treiben? darf nie gefragt werden. Darüber liegt ein undurchdringliches Mv- sterium. Und dennoch sind sie jederzeit beschäftigt; ihr Fleiß ist in ihrer Art wahrhaft riesig zu nennen. Jeden Abend im Opernhaus oder in irgend einem andern Theater jede Falte in der Toilette einer Schauspielerin zu stndiren, dann mit kritischer Gewandtheit die Pas einer Tänzerin im Theezirkel zu referiren, — setzt das nicht einen Fleiß voraus uud eine Energie, von denen sich in der Zukunft das Trost¬ reichste erwarten läßt? Es ist wahr, nicht alle dieser liebenswürdigen Persönlichkeiten bewegen sich nach dieser Richtung. Einige von ihnen bringen es sogar zu einer gewissen „Passion" für irgend einen Gegen¬ stand; sie sind vortreffliche Reiter, ausgezeichnete Billardspicler. Die poetischeren unter ihnen wählen irgend ein Instrument, bringen es darauf, z. B. aus der Violine, so weit, daß sie die „Elegie" von Ernst mit allem Schmelze einer gefühlsweichen Seele schmachten können; aber die meisten sind Klavierspieler. Auch Eduards „Leidenschaft" ist das Elavier. Stunden, ja Tage lang seine Finger in den schwierigsten Scalen zu üben, ein Tonstück so unermüdlich zu bearbeiten, bis cs wie eine gepanzerte Minerva ans seinen Fingerspitzen herausquillt, eine schwierige Passage so lange zu wiederholen, bis sie rein und glatt und ohne Härchen von den Tasten wiederklingt, darüber Essen und Trinken, Spaziergang und Freunde, Politik und Theater zu vergessen, ist für ihn eine That, die täglich wiederkehrt. Er würde sich wundern, wenn man ihm darob ein Lob ertheilte. Mnß man nicht so das Elavier behandeln? Ein ernstes Buch zu lesen, in den Geist eines Dichters eingehen, darin liegt nichts Großes. Das vermag Jeder. Aber das Elavier ist eine Charade, ein Pferderennen mit Hindernissen. Es will den ganzen Menschen — und Eduard hat sein Ich ihm auch ganz ergeben. Es liegt in diesem träumerischen Brüten an den schwarzen Tasten etwas, das lebhaft an die wunderbare Sage von den indischen Gymnosophisten gemahnt. Die Hand aufs Herz! Ob man tagelang die schweren Läuse einer Passage an den Fingerspitzen aus- und nieder- gleiten läßt, oder ob man Monate, und jahrelang über die Existenz seiner Nasenspitze die tiefsinnigsten Betrachtungen anstellt, kommt das am Ende nicht auf Einerlei heraus? Sollten das zwei Gegensätze sein, auf die sich kein Reim findet? Zu Eduards Ehre müssen wir es wiederholen: er gehörte zu der poetischeren Natur der vorhin bezeichneten Gattung, d. h. er spielte nicht nur Scalen und Passagen, sondern vorzugsweise „classische" Sachen. Ein Walzer, eine Polka, eine Variation über ein „beliebtes" Thema ist ihm ein Gräuel; dagegen schwelgt seine Seele in Beethoven und Mendelssohn und klammert sich mit Organen an sie sest, die dann in der Berührung mit der Außenwelt schmerzlich bluten müssen. Was er in diesen „Classikern" findet, die Seligkeit, die sie ihm bereiten, das sucht er vergebens außerhalb ihrer Töne; harmonie¬ loses, schales Echo tönt ihm überall zurück; die heiterste Farbe scheint dagegen abgeblaßt. Jeder wird das begreiflich finden, der einmal einer so eigentümlich organisirten Natur begegnet ist. Es mag ein unentschiedenes Räthsel der Psychologie bleiben, mie eines Tages demselben Eduard mitten in seiner Tonwelt der Gedanke kommen konnte — eine Frau zu nehmen. Die zartesten Winke, die wohlgemeintesten Zureden waren bis dahin von ihm abge¬ glitten. Die schöne, glänzende „Partie", die er in sich vorstellte, stand angestaunt, beneidet da — aber „trauernd auf einsamer Höh", wie es von jenem Baum im Gedichte heißt. Zum Entsetzen Aller, die bis dahin im Stillen und Lauten auf ihn gehofft hatten, trat Eduard plötzlich mit einer Frau auf. Es war Allen, als erlebten sie ein Zau¬ bermärchen: Eduard ein irrender Prinz, der Jahre lang umherge¬ zogen und endlich in einem dichten Walde ein armes Mädchen gesunden hatte, die er als Königin mit sich auf sein Königsschloß genommen. Und in der That! Eduards Heirath war so ein Stück niederer No- mantik. Er hatte zufällig ein unbemitteltes, aber in eigentümlicher Schönheit glänzendes Mädchen kennen gelernt; mit einer Hast, die Allen unerklärlich schien, trug er ihr Herz und Hand an, und man kann denken, ob Beides mit zimperlicher Bescheidenheit zurückgewie¬ sen ward. Am Tage der Verlobung fragte Eduard seine junge Braut: „Du spielst doch Clavier, Agnes? Die Frage war nicht so leicht hingeworfen, daß sie für zufällig hätte gelten können. Dennoch brachte sie über das Wesen der Braut ein leises Zittern und Erbeben, das zum Glück Eduards Augen ent¬ ging. Tieferbleichend stotterte sic eine Antwort heraus, die für ein „Ja" genommen werden, aber eben so gut als Verneinung gelten konnte. Darauf wünschte Eduard etwas von ihr zu hören; aber das Mädchen rief mit einer Bewegtheit in Stimme und Geberde, die ihm hätte auffallen sollen, es sei ihr unmöglich, heute den „kleinsten" Ton dem Claviere zu entlocken. Eduard ließ es bei dieser Ausflucht bewenden. Am Tage vor der Trauung wiederholte Eduard die näm¬ liche Frage. Diesmal erbleichte Agnes noch mehr, als das erste Mal; aber mit einer, nur Frauen in solchen Augenblicken eigenthümlichen Geistes¬ gegenwart, lächelnd beinahe rief sie: „Am Vortage meines wichtigsten Lebensabschnittes eine profane Polka oder dergleichen zu spielen, wäre das nicht Entweihung? Könnte mir so was Glück bringen in den neuen Stand, in den ich morgen treten soll?" Eduard ließ es auch diesmal dabei bewenden. Ein Mann fühlt sicb stets geschmeichelt, wenn ein weibliches Wesen sein Glück als von ikm abbängig, als durch ihn bedingt darstellt. Die Hochzeit fand statt. Aber gleich in den ersten Flittertagen offenbarte sich ein merkwürdiger Umstand. Eduard hatte die alte Gewohnheit seines Daseins, das Clavier- spiel wieder ergriffen; sie war durch die Zurüstungen und Vorbereitun¬ gen sür den Einzug der Lebensgefährtin etwas ins Stocken gerathen. Wieder kam die nämliche Bitte, die er am Tage der Verlobung und vor der Trauung gethan, aus seinem Munde. Diesmal klang sie aber wie eine Aufforderung, der keine Ausflucht mehr entgegen zu setzen war. Agnes setzte sich an s Clavier. Krampfhast zuckend fuhren die schönen Hände auf den Tasten umher, aber was daraus erklang, erfüllte Eduards Herz mit dem tiefsten Entsetzen. Agnes spielte eine Art Lied ohne Worte, wie man es Kindern nach den ersten zwanzig Lectionen zu spielen gibt, und dazu noch — als Stümperin. „llm Gottes Willen!" rief Eduard, und fuhr mit einer Bewe¬ gung von Verzweiflung nach seiner Stirne, als sei das Grauenhafteste vorgefallen. Agnes sprang vom Clavier auf. Bleich, nut Thränen in den Augen stellte sie sieb vor ihren Mann hin, nnd indem sie seine Hand ergriff, schrie sie mit dem Tone tiefster Erregtheit: „Nicht wahr, Eduard, du denkst jetzt, ich hätte dich getäuscht. Du hattest eine Kla¬ vierspielerin in mir erwartet, und findest dich nun in deiner gerechten Erwartung aufs Grausamste betrogen. Du siehst eine Lügnerin vor dir stehen." Es klang ein Ton von Wahrheit aus diesem Aufschrei der jungen Fran, der trotz aller Enttäuschung, die er in diesem Augenblicke erfahren, an Eduards Innerstes griff. Er vermochte kein Wort her- vorznbringen. Agnes hielt das für Zorn, und in steigender Bewegung rief sie, halb weinend, halb schreiend: 381 „Nicht wahr? ich habe dich betrogen? und du kannst mir das vielleicht nie vergeben? Ich war schlecht, sehr schlecht! Aber mein Gott, was konnte ich anders thun, als du mich fragtest? Ich wußte, daß du ciue Clavierspielerin in mir finden wolltest. Hätte ich dich verlie¬ ren sollen?" setzte sie mit schmerzlicher Naivetät hinzu. Das entschied. Lächelnd blickte Eduard aus die zarte, flehende Gestalt. Konnte er solchen Worten, den Thränen solcher Augen Widerstand leisten? Er sagte nur: „Es ist wahr, ich habe erwartet, daß du und ich — auch am Clavier dasselbe sein würden, was wir uns am Altar zugeschworen haben: daß wir vierhändig durch das Leben und am Piano wallen würden. Aber was nicht ist, kann ja werden." Agnes horchte hoch auf. „Willst du meine Schülerin werden?" fragte Eduard, „ich will dich unentgeltlich zu einer Clavierspielerin machen. Willst du?" Freudestrahlend, mit dem Ausdrucke des seligsten Entzückens warf sich die junge Frau ihrem Manne an die Brust. Sie konnte lange nicht sprechen. Sie mochte es fühlen, daß eine Ehestands¬ tragödie, deren finsterer Geist sie ahnungsvoll gedrückt hatte, vor¬ übergegangen war, ohne Schaden und ganz anders, als sie erwar¬ tet hatte. „Ob ich will?" rief sie begeistert. „Sei du mein Lehrer, und du sollst sehen, ob ich gesonnen bin, mein Unrecht wieder gut zu machen."- Von diesem Augenblicke an begann ein eigenthümliches Schau¬ spiel, das in allen seinen Acten, Scenen und Details zu mannig¬ faltig ist, um cs in wenigen Strichen erschöpfend wiederzugeben. Es war aber „kein Scbauspiel für Götter"! Eduard begann seine Cla- vierlectioncn mit einer Energie und Ausdauer, als wäre er auf das Honorar einer Stunde angewiesen; er unterrichtete die jnnge Frau mit dem Ernste eines Lehrers, dem man zu verstehen gibt, man wolle an den Fortschritten der Schülerin seine eigene Brauchbarkeit erproben. Je mehr er die Ueberzeugung gewann, daß Agnes kaum über die ersten Hindernisse des Instrumentes hinausgekommen war, desto mehr wuchs der Eifer in ihm, das Fehlende zu ersetzen und die Lücken zu ergänzen. In den ersten Tagen ging auch Alles auf's Beste, die junge Frau, noch unter dem Eindrücke der erlebten Schreckensscene, lernte rasch und willig, und der strenge Lehrer hatte ihr nur Lob zu ertheilen. Sie mühte sich mit den Scalen und Läufen in einer Weise ab, daß die Finger schmerzten; sie verwendete mehr Zeit darauf, als sie je irgend einem Gegenstände gewidmet. Dennoch blieb, trotz allen Fleißes, Eines nickt aus; es kam früher, als zu erwarten stand. Im Innersten der jungen Frau begann fick allmälig etwas zu regen, das man den ersten Keim einer Revolution nennen konnte, über deren Anfang und Tragweite sie nicht im Klaren war. Sie fühlte sick von dem Gedanken, daß Eduard von ihr nichts verlange, als daß sie seiner Lehrmethode Ehre mache, verletzt, fast gedemüthigt. Wie son¬ derbar kam sie sich selbst vor, wenn Eduard beim Weggehen aus dem Hause ihr eine „Lection" aufgab, ihr diese oder jene Scala, die sic noch nicht geläufig in den Fingern hatte, zur Wiederholung einschärfte, und dann schon im Eintreten fragte, ob sie gehörig „studirt" habe, ja zuweilen zur besseren Ueberzeugung sogleich eine Prüfung anstellte. So lange Eduard zugegen war, schwiegen diese innern, immer lauter werdenden Stimmen; aber wenn er sich entfernte, huschten sie leise hervor, jagten Wolken auf ihrer Stirne zusammen, drängten sckwerc Seufzer ans ihrer Brust. Dann ließ sie träumerisch die Hände auf den Tasten liegen, sah unbewußt in das Notenblatt, dessen krause Zeichen wirr vor ihren Augen tanzten. Das ist ein trauriger, bedeut- 383 samer Zustand in den ersten Wochen der Ehe! Träumen, versunken in sich dasitzen in den Tagen der Blüthe! Dann, wenn sie lange so dagesessen, konnte sie mit einem leisen Schreckeusschrei aus diesem gefährlichen Träumen erwachen und wieder hastig in das Notenblatt sehen und die „Uebungen" fortsetzen, die sie unterbrochen. Sie hatte ja ihre Lection noch nicht inne! Es wird Viele sonderbar bedünken, daß Eduard von diesen un¬ sichtbaren Kämpfen der jungen Frau nichts gewahrte. Wie wäre dies auch möglich gewesen? Zeigte sie ihm nicht immer dasselbe heiter strahlende Antlitz? Machte sie nicht Fortschritte? Er konnte sich rüh¬ men, daß sie von ihm „profitirt" habe; er begann stolz zu werden auf feine Schülerin. Er ahnte nicht, wie sie ein jedes Lob tiefer demüthigte, und daß die Folgen dieser Kränknngen an den blassen Wangen sich abspiegelten, von denen er aucb nichts merkte. — Was wollte Eduard mit ihr? begann sie jetzt öfters den Monolog. Gesetzt, sie war nun eine Virtuosin auf dem Clavier, was stand ihr dann bevor? Nichts, als dann ihren Mann „vierhändig" zu begleiten? War das ein Leben? war das die kostbarsten Stunden werth? Sollte sie zu nichts Besserem für fähig gehalten werden, als das Clavier auf- und niederzujagen, heute den und morgen jenen Classiker herunterzuspielen? Solche Gespräche ließen sich nicht mehr beschwichtigen, griffen immer tiefer und schnitten bereits an das eigentliche Leben des Gemüthes. Die junge Frau litt grauenhaft, — aber mitten in ihrem Weh vergaß sie nicht auf die Scalen und die Lectionen Eduards. Er hätte ihr ja den strengen Meister zeigen können! — „Bin ich glücklich?" begann sie sich bereits zu fragen. Kann dieser Uebcrfluß, der zur Entbehrung in meinem väterlichen Hause einen solchen Gegensatz hildet, mich befriedigen? Eine Trostlosigkeit bemächtigte sich der jungen Fron, die sich nur zuweilen in heiße Thränen auflöste. In einsamen Momenten sagte sie es sich hundertmal vor, ihr junges Leben sei dazu verdammt, zu einer Note zusammen zu schrumpfen, wie ein schaales Musikstück unwil¬ lig zu verklingen. Das hatte sie nicht erwartet! — Die Ankunft eines Töchterchens änderte nichts in dieser Lage. Kaum, daß die junge Frau wieder zu Kräften gekommen, so bestand Eduard darauf, wieder die Uebungen vorzunebmen, die eine so unfrei¬ willige Unterbrechung erlitten batten. Schweigend, aber mit einem Grolle im Herzen, der nur eine dünne Florhülle durchzubrechen hatte, um lichterloh zu brennen, leistete Agnes Folge. Wieder begannen die Scalen. Eduards Lebrereifer schien verdoppelt; er gab größere „Leetionen" — die junge Frau machte riesige Fortschritte! So waren beinahe zwei Jahre vergangen, — Jahre, auf die die junge Frau in ihren Selbstgesprächen oft mit einem Gefühle von Schauer, ja von Scham zurückblickte. Was hatte sie in diesen zwei Jabren getban? War ihr Geist gebildeter, ihr Herz reicher geworden? Sie mußte sich gestehen, sie habe sogar Rückschritte gemacht. Die Dinge, die früher ihrer Seele die süßeste Nahrung zuführten, waren längst in den Hintergrund getreten; sie wußte fast nicht mehr, was ein Buch sei. Selbst ihr Gemüth war nicht mehr dasselbe; statt der frübern Unbefangenheit hatte sich dort eine Säure gebildet, die sie sonst nie gekannt hatte. Agnes sah auf den zurückgelegten Zeitraum zurück; worin bestand das gewonnene Resultat? Sie war eine Clavier- spielerin geworden. Sie war die zwei Jahre hindurch nicht die Sklavin eines Mannes — in dieser Stellung hätte sie Befriedigung gefunden, — sondern eines todten Instrumentes gewesen. War dieser hölzerne Kasten es werth, daß eine Menschenseelc zwei Jahre hindurch solche Pein seinetwegen litt? Eines nagte aber am schärfsten am Gemüthe der jungen Frau: sie konnte ihrem Kinde nicht Mutter sein, wie sie wollte; sie mußte es einer Fremden überlassen. Sie kannte das holde Geschöpf nur halb; sie überredete sich zuweilen, auch das Kind wisse noch jetzt nicht, daß sie seine Mutter sei. Wer hatte das verschuldet? Hatte sic Zeit, das geliebte kleine Wesen in jene Zauberathmosphäre von Zärtlichkeit und Sorge zu tragen, es in den weichen Armen der Liebe zn wiegen, in denen sie selber groß geworden war? Wenn daS Kind litt, so beschwichtigte es eine Fremde; wenn es weinte, unruhig war, suchte eine Gedungene es zu beruhigen. Und sie — die Mutter des Kindes saß indeß am Clavier und zermühte sich an der Uebung schwerer Scalen und Passagen! — Eines Tages war Eduard auf längere Zeit aus dem Hause gegangen. Wie immer hatte er auch diesmal, bevor er wegging, seiner Schülerin die Aufgabe bezeichnet, die sie bei seiner Rückkunft ihm vorzutragen hatte. Gehorsam wie immer, setzte sich Agnes ans Clavier und studirte mit einem Eifer und einer Energie an dem schweren Tonstück, wie noch nie. Das ist eines der Geheimnisse, wie sie ein solches Sclaventhum in sich birgt. Jeder bittere Gedanke, jede Rückerinnerung war für diesmal zurückgedrängt, ihre ganze Seele war bei der „Aufgabe" ihres Mannes. Mit einem Male kommt es ihr vor, als höre sie aus dem Zimmer ihres Kindes leises, unterdrücktes Wimmern. Sie horcht auf... Es ist so; in dieser Weise hat sie das kleine Wesen noch nie wimmern gehört. Eine schwarze Ahnung durchfliegt blitzschnell ihre Seele; es muß etwas vorgefallen sein. Mit fieberhafter Hast springt sie auf, reißt die Thüren des Kindszimmers auf. . Um des lebendigen Gottes willen! Welch ein Anblick bietet sich ihr dar! Dichter Rauch qualmt ihr entgegen, der ihr im ersten Augen- 386 blicke beinahe den Athem raubt. Mitten durch diesen Rauch sieht sie eine Flamme — die Flamme ist dort, wo das Bettchen ihres Kindes steht. Sie stürzt darauf hin; bewußtlos hat sie gethan, um was es sich in diesem Augenblicke am meisten handelt; sie hat das Kind aus dem bereits brennenden Bettchen gerissen, sie überzeugt sich, daß es lebt, daß es unversehrt ist. Von dem Geräusche, das währenddem entstanden, erwacht die Kindsfrau, die ruhig geschlummert; sie sieht das Unheil, das sie durch eigene Schuld gestiftet. Aus dem Ofen waren einige brennende Kohlen gefallen, die den Fußteppich in Flammen gesetzt hatten. Nur wenige Augenblicke noch — und das Furchtbarste wäre eingetroffen. Einige Krüge Wasser, die zur Hand waren, löschten den leichten Brand. Unbekümmert, was weiter geschehen solle, war die junge Frau ins andere Zimmer geeilt; hatte sie doch ihr Kind gerettet. Dort verließen sie die Kräfte; das Kind krampfhaft gegen die Brust gedrückt, sank sie am Clavier nieder. Sie war einer Ohnmacht nahe. In diesem Augenblick trat Eduard herein; er fand sie noch in dieser Lage. „Um Gottes Willen," schrie er entsetzt, „was ist geschehen?" Agnes vermochte nicht zu antworten. Ein Schluchzen, wie er es nie gehört, brach sich mit Gewalt aus ihrer Brust; sie bemühte sich aufzustehen, aber ihre Kraft reichte dazu nicht aus. Eduard eilte auf sie zu, um ihr aufzuhelfen. Doch kaum hatte er sie berührt, als sie, wie von einer unsichtbar wirkenden Federkraft emporgeschnellt, leicht und schnell sich erhob. Ein furchtbar Drohendes blitzte aus ihren Augen. Das Gesicht war tvdtbleich, aber es lag ein Ernst darauf, wie er nur aus einem starken Entschlüsse hervorgeht. „Rühre mich nicht an," ries sie stark, „wie du mich jetzt hier siehst, gehe ich aus deinem Hause hinweg und nehme nur mein Kind mit mir. Alles klebrige lasse ich zurück." 387 rr- „„Agnes, höre ich recht?"" rief dagegen Eduard voll Entsetzen. „„Was ist vorgegangen? Du bist ja ganz außer dir! Ich fürchte, du bist krank, liebes Kind!"" „Heiße mich nicht so!" schrie sie, und wandte sich von ihm ab. „Von diesem Augenblicke an kehre ich in mein väterliches Haus wieder zurück. Du bist frei." „„Was soll das?"" nef nun Eduard, m dem sich ein gewisser Zorn zu regen begann, mit der Kraft eines Mannes. „„Rede, was ist geschehen? Habe ich dich beleidigt? Ist eine Kränkung von mir ausgegangen? Ich bin mir keiner Schuld bewußt."" Diese Worte verfehlten ihren Eindruck nicht. Das krampfhafte Schluchzen löste fick in Thränen auf. Mit Mühe, in unzusammen¬ hängender Reihe, quollen ihr die Worte vom Herzen auf die Lippen. Eduard erfuhr, in welcher Gefahr sein Kind geschwebt; ein jäher Schmerz durchzuckte ihn. Dann ging er zornig auf das Kinds¬ zimmer los. „Was willst du?" schrie Agnes, indem sie ihm nacheilte. „Willst du etwa noch das Unwürdige begehen, und mit ihr zanken, die nur gemiethet ist, um unser Kind zu warten? Gegen mich richte deinen Zorn, ich bin die Unwürdige, Vetdammenswerthe. Statt über meinem Kinde zu wachen, jeden Luftzug von ihm abzuwehren, was habe ick gethan? Ich habe Clavier gespielt." Eduard stand tiesbetroffen da. Der Schlag seines Herzens schien still zu stehen. Auf solche Vorwürfe war er nicht vorbereitet. »Ja, daß du nur es hörst," rief sie in immer höher steigender Erregtheit, „dein Clavierspiel hat mich zu dem gemackt, was ich bin. Wisse, daß ich dieses Instrument von jeher gehaßt habe; von jeher klang es mir widerwärtig. Dir zu Gefallen log ich, dir zu Gefallen bemeisterte ich diese Abneigung. Aber was ich aus Dankbarkeit that, 388 das hast du in bittere Sciaverei verwandelt. Ich bin nicht dein Weib, du bist nicht mein Mann — ich bin nur deine Schülerin, du nur mein Meister. Das hat Gott im Himmel nicht gefallen, das muß ihm wie größte Sünde dünken, wenn zwei Menschen, bestimmt einander zu dienen, für einander zu leben, sich gewaltsam ein solches Berhältniß aufdrängen, nm eines elenden Instrumentes wegen. Diese Sünde will ich büßen, weil ich ihr nicht mit aller Kraft entgegenge¬ wirkt, weil ich schwach genug war, eine Lebenslüge mir aufzubürden. Ich gehe jetzt. Ich nehme die Buße über mich." - Wie diese Katastrophe geendigt hat? Das menschliche Herz ist ein wunderbares Ding; oft reicht ein einziger Moment hin, ein Berständniß herbeizuführen, das selbst mit dem Tode nicht ausge¬ sprochen würde. Gewaltsam, mit wunden Fingern muß darnacb gegraben werden; dann bricht die lautere Quelle hervor. Ein solches Verständnis war mit einem Male über den Mann der jungen Frau gekommen. Er sah klar. Agnes hat ihre Drohung nicht ausgeführt. Sie spielt auch nicht mehr Clavier. Aber strahlend von Glück, das schöne Kind in den Armen, lauscht die junge Mutter auf die Klänge, wenn sie unter der geübten Hand Eduards hervorquellen. Jetzt erst weiß sie, was das heißt: „Am Clavier". Men. Mmig Nmiirch. An den Frühling 1854. ^er Lenz ist kommen So hold und klar. Und Alles reget Sich wunderbar. Die Blume spendet Den süßen Duft, Der Falter flattert In blauer Lust. Der Gletscher löst sich In Perlen auf: Der Strom beginnet Den Wanderlauf. In lichten Farben Erglänzt die Halb': In Liedern rauschet Der dunkle Wald. O Frühling, Frühling so wonniglich: Auch ich, dein Sänger, Begrüße dich. Jn's Blätterrauschen, Jn's Quellgebrans Send' ich begeistert Mein Lied hinaus. So segenbringend Wie dieses Jahr, Erschienst du Frühling Ja uimmerdar. Du führest lächelnd An deiner Hand Des Friedens Engel Ins grüne Land. Mie«, Ein Himmel dämmert Im Angesicht, Die Krone funkelt Wie Mvndenlicht. Auf, weist euch, Wälder, Im höchsten Glanz: Lerwebt euch, Rosen, Zum schönsten Kranz. Solch einen Frühling, Der Frühling gleich. Hat nie gesehen Noch Oesterreich! 39L (k m i! L n h. 1. Abendgefühl. ^ie Sonne sank, und dunkler wird Das Grün auf Feld und Bäumen; Sei still, mein Herz! Natur beginnt, Den schönsten Traum zu träumen. Die Blumen duften süßer noch, Bevor sie schlafen gehen, Nur selten tönt ein Bogelruf, Die Lüfte qualmend wehen. Es summt so leise durch den Busch, Du magst es kaum noch hören, Es lispelt so geheimnißvoll, Keins will das Andre stören. Ein Jedes sucht am Abend jetzt Die Räthsel aufzulösen, Die ihm der Tag gegeben Kat, * Zum Guten oder Bösen. O, streife nicht mit deiner Hand Zu nah die Lindenzweige, Und wenn die Lippe sprechen will. Du junger Wandrer schweige! Geh' ruhig deiner Wege, dir Gab auch der Tag zu denken: Ins Gottesräthsel sollst du tief Und tiefer dich versenken. 2. Lenzempfindung. Ich weih nicht, was mit mir geschieht, Im Herzen keimt ein buntes Lied, Halb lustig ist's, halb schmerzerfüllt. In Träume scheint es eingehüllt. Die Frühlingsiuft durchdringt mich ties. Ich glaube, daß ich lange schlief. Nun bin ich endlich aufgewacht Und denk' an diese wüste Nacht. Ihr Böget, fliegt auf mich nicht zu, Sonst kommt ihr noch um eu're Ruh', Ihr Blumen lasset mich allein. Ihr seid ja schuldlos, gut und rein; Ich will ganz ferne von euch stehn Und euch so recht in's Auge sehn. Und läßt mich bald der Unmuth los. Dann sink' ich froh in euern Schooß. Men. Mimrd im VmierMsti. 1. Verwundet. Hoch auf den waldumgränzten Höh'n, Im Lande der heißen Trope, Da lag, tief im Gebüsche versteckt, Verwundet die Antilope. Den braunen Aeuglein, so klar, so bell. Entschosscn im -schmerz noch Flammen, Die zarten Glieder, sie sieb, Die ruchlos verletzten, zusammen. Soll ich preisen, soll ich beklagen sie. Jene schmerzlich-süße Stunde, Wo ich die holde Anmuth fand Mit ihrer ewigen Wunde? Süßes Geschöpf! du bist zu stolz. Daß man dich pflege und heile! Nur tiefer und tiefer in die Brust Drückst du die brennenden Pfeile. Das Schöne trägt immer den Pfeil in der Brust, Es tritt mit dem Stachel in's Leben — So kann sick's dem rauschenden Dasein nicht Frisch, voll und freudig ergeben! Uns Andern, derberen Sinns, uns ist Ein Näthsel die Scheu der Gazelle, Mit ihrem zarten verletzten Leib Und ihrer verwundeten Seele! 2. Eines fehlt. Keimt der Frühling, sprießt's von Innen, Mit den Blütken will's hervor: Fertig wird, was wir beginnen, Als ein Ganzes schießt's empor. Blühen Blumen, blühen Lieder, Neues Leben, neues Licht — Alles, Alles find' ich wieder, Nur die Jugend find' ich nicht! 3. Tagewerk. Mm. Streckst du dich des Abends Arbeitsmüd' auf's Lager, Anfangs schlummerlos — Martern deine Seele Traurige Gedauken, Fühlst du dich so klein! Was du schufst und schaffest, Dünkt dich unbedeutend, Schöpfungskraft versiegt, — Bilder trüber Zukunft Steigen vor dir auf — Da umfängt dich Schlaf. Und am jungen Morgen — Ei, wie ist das Leben Wieder klar und hell! Schaffens Lust bewegt dich, Arbeitskraft durchströmt dich — Frisch an's Tagewerk! :w7 Rar! Lick. Frühlingslieder. ^er Dichter spricht: Wie soll es mir gelingen, So Herrliches — so Heiliges zu singen. Das würdig wäre, Ihr es darzubringen! Nur Lösung weiß ich süßen Herzensfragen; Weiß nur von Liebe und vom Lenz zu sagen. Und wie im Ried die Nachtigallen schlagen. Die Muse drauf mit rosigem Erglühen: O singe du! Ein seliges Bemühen, Der Blume zu erzählen von dem Blühen! Frühling ist ein schönes Buch, Allen aufgeschlagen; Hat manch kernig edlen Spruch, Lieder, Bilder, Sagen. Aber wer es rasch durchfliegt, Wird den Schatz nicht inne. Der darin gesammelt liegt. Reichster Huld und Minne. 398 Werf' es Niemand stolzgelaunt Fort zu eitlem Plunder: — Kein Verstand hat ausgestaunt Jene süßen Wunder! Oder kannst du, Menschcngeist, Mir die Räthsel sagen, Wer das Blatt zu grünen heißt, Nachtigall zu schlagen? Wer als Ordner weise sorgt. Daß in Strauß und Garben Eins nicht von dem Andern borgt, Duft, Gestaltung, Farben? Daß sich kein Geweb' zerwirrt An den Blüthenträubchen? Daß sich kein Atom verirrt All' der Samenstäubchen? Oder, wer die Wurzel schwellt An dem tobten Stamme? Wer die Blume treu bestellt Zu der Bienen Amme? Wer das Fischlcin goldig schuppt. Wer den Aar befiedert, Wer den Schmetterling entpuppt, Und den Käfer gliedert? 399 Wer ihr künstlich Baugeschäft Lehrt die Schwalbe treiben, — Und den Wald das Liederheft Seiner Sänger schreiben? Wer den uralt holden Traum Ausstreut allerwegen. Daß ringsum der weite Raum Blüht voll Liebes-Segen? Hastlos, rastlos, Blatt für Blatt, Habe ich gelesen; Bin des Staunens gar nie satt, Niemals müd' gewesen. Mir bedeutsam ward der Strauch, Der am Abhang zittert; Mir bedeutsam ward der Hauck, Der den Deich zerknittert. Wollte ich em Blumenmerk In die Zeilen legen. Ward anch das zum Wunderwerk, Neu mich anzuregeu. Hab' belauscht aus tiefster Schluckt Luft- und Erdengeister, In der Werkstatt ausgesuckt Den gewalt'gen Meister. 400 Hab' der Waldfee schön gethan, Wie man Mütter streichelt; Folgte ihr auf grüner Bahn, Bis ich es erschmeichelt; Und sie mich die Formel ließ Ihres Zaubers hören: Aus dem dunklen Erdverließ Knospen zu beschwören; Der Natur geheimstes Fach Lächelnd zu erschlüßen, Und zu zwingen Hain und Bach, Daß sie reden müssen, Waldfee meint, die beste Zeit Sei die blaue Mainacht, Wo es Blüthenflocken schneit Zu der Erde Weihnacht. Wo der holde Lenz begeht Die Bescheerungsfeier, Perlen legt in's Pflanzenbeet, In die Furchen Eier. Ihres Glückes froh bewußt, Will die Flur nicht zaudern, Wie ein Kind — die kurze Lust Selig auszuplaudern. Vöglein, singe; Echo, klinge, Bächlein, rausche — Herz, belausche! Sternlein, blinke; Bienchen, trinke; Lüftchen, wehe: — Herz, verstehe! — Strahl, belebe, Falter, schwebe, Schwalbe, baue, — Herz, vertraue! Dust, zerfließe, Thau, begieße, Blümlein, blühe, — Herz, erglühe! So begränze, So ergänze Saat und Triebe, Herz, durch Liebe! Wien. 4VL ZllijMn NeplmM Vvfl!. 1. Lied er grüß. Än Elisabeth. 8^as in Oest'reick des Gesang's Pfleget, als erkor'nes Ziel, Grüßt Dich jetzt, voll sreud'gen Drang's, Durch sein tönend Saitenspiel, Und so bringt nach seiner Art Jeder aus der Sänger Schaar, Der beschwingt und jener zart, Seine Huldigung Dir dar. Schmetternd wie der Tuba Schall Der Willkomm' des Einen klingt, Lieblich wie die Nachtigall Dir den Gruß ein Zweiter bringt. Gleich dem Festchoral des Dom's Sich des Dritten Sang ergießt, Und wie Hauch des Waldarom's Dich des Nächsten Lied umfließt. M' Aber nicht wie Tubaschall, Wie der Säng'rin Schlag am Nied, Noch auch wie des Dom's Choral, Schlicht wie ich bin, ist mein Lied, D'rum beinahe macht's micb bang', Nun sein Gruß an Dich ergeht, — Denk', es sei ein Zitherklang, Der aus Deiner Heimath weht! 2. S i r i 1 h a. Galladc,> Zum Storthing zieh'n hinaus mit Waffenschall Des Tawastlandes tapf're Recken all', Biel ries'ge Helden, göttergleich gebaut, Wie selten sie das Menscbcnange schaut. Die Glieder stramm, ein eh'rner Wall die Brust, Im blauen Auge blitzt des Kampfes Lust! So zieh'n sie hin, an Herz und Wange heiß. Zu ringen um des Sieges Ruhm und Preis, Doch Einer schreitet mit der Heldenschaar, Wie unter Kranichen ein edler Aar, Hoch überragend Alle ihm zur Seit', Die Riesenformen wie geschwellt zum Streit; Der Ojan Pavo vom Cuniostrand, Der Finlandsheld, dem noch kein Gegner stand. Und Frauenbilder sind auck da zu seh'n, Gleich zarten Elfen, die auf Blumen geh'», 404 ! s '-- -! j Wie Ros und Lilie prangend un Verein, Wenn sie erblüh'n im ersten Morgenschein; Doch Eine schreitet in der Mägde Zahl, So weiß und züchtig, wie der Mondenstrahl; Wie eine Rose unterm Veilchenflor, So leuchtet ibre Schönheit dell kervor. Und Ojan Pavo sieht die Magdgestalt, Und unter'm Panzer pocht's ibm mit Gewalt, Doch auch Sirit ha steht den Mann voll Muth, Und ihre Wange brennt in loder Glutb- Und m dem Hof der Things versammelt steht Die Hcldenschaar, von Fähnlein rings umwebt; Doch schau'n nur alle Frauen mit Erglüh'n Nach Ojan Pavo, der so stark und kühn. Und aller Helden Augen seh'n allein Nur nacb Sirit ha, die so zart und fein. Da spricht der starke Pavo solches Wort: „Ihr Alle, die versammelt dieser Ort, Sagt, welcher, der geboren ward vom Weib, Vermag es hier, zu fesseln meinen Leib? — Sein sei mein ährenreiches Ackerland, Zein sei mein Haus an des Cunio Strand, Jein sei das Silber, so mein Eigentbum, Sein mein Gemässen, das des Pavo Rukm, Jein sei ich selber, und ihm unterthan. Nun komme, wer zu zwingen mich, der Mann!" — _ - I _—___! Doch keiner naht. Jedweden hält die Scheu; So unter Wolf und Panther steht der Leu; Kein Schwert erklirrt, kein Panzer rasselt leis, Lautlose Stille herrscht im weiten Kreis. Da, auf beschwingten Sohlen fliegt im Nu Siritha auf den Finlandshelden zu, Und schlingt um seinen Hals den Arm so weiß, Und legt an seine Brust die Wange heiß, Und schmiegt an seinen Panzer kalt und blank Den schönen Leib so elsenhaft und schlank, Und ruft mit Lächeln zu dem Helden dann: „Nun mach' dich frei, du starker Finlandsmann!" Da steht betäubt der Pavo und erblaßt, Auf solchen Gegner war er nicht gefaßt! Gebrochen ist des Starken Riesenkraft, Doch jauchzt sein Herz, wie auch sein Arm erschlafft, D'rauf küßt er glühend sie auf Stirn' und Mund: „Besiegt bin ich durch dich in dieser Stund', D'rum ist nun dein mein reiches Ackerland, Dein ist mein Haus an des Cunio Strand, Dein ist das Silber, so mein Eigenthum, Dein das Gemässen, das des Pavo Ruhm, Dein bin ich selber, und dir unterthan. Wenn Pavo'S Liebe dich beglücken kann! " Men. 406 Frühlingsmärchen. Frühling, Paradiesesbote, sei gegrüßt im Morgenrothe Von der Lerche Jubelschall! Sei gegrüßt bei Sterngefunkel, In der Wälder heil'gem Dunkel Vom Gesang der Nachtigall! Und in mitternächt'gem Schweigen, Wenn es flüstert in den Zweigen, Sei gegrüßt vom Windeswehn! Sei gegrüßt von tausend Düften, Wenn aus ihren Blumengrüften Holde Elfen auferstehn! Sei gegrüßt, ersehnter Freier! Bräutlich wehn der Nebel Schleier, Dämmernd ist die Nacht erhellt. — Mich erfaßt ein Liedessehnen, Ach, in meinen Wonnenthränen Schimmert eine Märchenwelt. N>7 Durch die Lüste hör' ich's klingen, Zaubrische Gestalten schwingen Sich im Neigen her nnd hin. Dort am grünen Uferhange, Eingelullt vom Wellensange, Ruht die Elfenkönigin, Nixen mit Korallenmunde Heben sich aus küblem Grunde, Tauchen aus der Fluthen Schaum; Zartbeschwingte Sylfen gleiten Niederwärts aus Sternenweiten Auf der Wolken Silberflaum, Rings die Hügel und die Haine Funkeln m demant'nem Scheine; Dxnn aus Höhle, Niß und Schacht Dringt das emsige Volk der Zwerge, Und es öffnet sich der Berge Tiefgeheime Zauberpracht. Welch ein Huschen durch die Wälder, Ueber Wiesen, über Felder, In den Auen, am Gestad! Welch ein liebliches Getönes „Wache auf, du süße Schöne! Siehe da, Fürst Frübling nabt!" 408 „Seine Pfade — Blüthenflocken, In's Gewühle deiner Locken Drückt er eine Blnmenkron': Wache auf, du Holde, Süße, Deinen Bräutigam begrüße, Theile seinen gold'nen Thron!" — Und sie halten sich umschlungen, Aller Geister Huldigungen Jubeln in entzücktem Chor; — Sieh! da wogen Rosenfluthen, Und wie Segensopfergluthen flammt die Morgensonn' empor. Mußte auch mein Traum zerstiebe» — Seine Wonnen sind geblieben, Und der Tag den Osten säumt; Fubelhymnen hör' ich schalleu, Frohe Schaaren seh' ich wallen - Hatt' ich wirklich nur geträumt? Men 4V» Amilder Mg!. Ein Wanderjahr der Poesie. ^s tritt an's Thor der Sänger — „Herr Pförtner, laßt mich ein!" Der spricht: „„Bevor ich öffne, Laßt sehn, wer mögt Ihr sein?"" „Mich hält, mein guter Pförtner, Nicht böser Werkelzwang — Ich treib' es mit den Lerchen, Ich halt' es mit dem Sang." „„Ei, singen kann ein Jeder, Das hört man sich schon satt — Ihr müßt ein Handwerk nennen, Das einen Namen hat."" „Ich könnt' statt aller Rede Euch singen wohl ein Lied; Doch muß ich just was nennen — So hört: Ich bin ein Schmied!" 4tü „Der Ambos fest gekettet, So geht es drauf und dran. Der Takt ist meine Seele, Die Luft ist meine Bahn." „So schwing' ich spät und frühe Des Hammers schwere Wucht — Es reifet unter Schlägen Des Liedes süße Frucht." „Im Freien aufgerichtet Hab' ich die Werkstatt mein, Es nickt der blaue Himmel, Es nickt der Busch hinein." „Zu meinen Füßen rauschet Des Baches Welle hin; Die treibt mir meine Werke, Die frischet mir den Sinn." „Und wenn ich oft erglühe In meines Schaffens Hast, Da naht mir von der Straße Gar freundlich manch' ein Gast." „Oft kommt ein Zug vorüber, — Wie prächtig auzuschau'n! Von Reitern und von Rossen, Von vielen edlen Frau'n." 411 „Da fehlt wohl manch' ein Stistchen, Gelöst in scharfem Ritt, Und mancher Frauen Zelter Ist seiner Hufe quitt," „Da gilt kein langes Sinnen — Zu hoher Thaten Preis Muß fügen sich das Eisen Zur Spitze und zum Kreis," „Sie aber steh» verwundert Und schau'n des Hammers Kraft, Und seh'n die Funken sprühen, Und was der Meister schafft," „Da ernt' ich manchen Dankes Bedeutungsvollen Sinn, Da fällt auch manche Rose Auf meinen Ambos bin," „Da blick' ich dann gar stolze Auf meine That zurück — Fürwahr, ich hab' bezwungen Schon manches robe Stück," „Doch, ob auch Flammen rauschen Und Schlag auf Schlag erschallt — Im Hause wohnt der Friede Mit süßer Allgewalt." 4ir „Ihr findet wohl ein Gärtlein Um meiner Esse Raum, Wo manch ein Halm sich schaukelt. Und Baum sich reiht an Baum." „Nur manchmal, wenn von Hunden Ein Rudel mich umschart --- Da greif' ich nach dem Hammer Und treff' den Ambos hart." „Und manchmal, wenn ein Kummer Mein Herz beschleichen will. Da wird es in der Schmiede Gar traurig und gar still." „Das aber währt nicht lange, — Ich singe mir ein Lied — Es tröstet sich gar schnelle Ein freier, wack'rer Schmied." „Nun ist mein ganzes Leben, O Pförtner, Euch bekannt. Ich hab' Euch einen Namen, Wie Ihr begehrt, genannt." „Nun öffnet mir die Pforte, Laßt in der Stadt mich ruh'n — Ich weiß, es find't so Manches Der Hammer da zu thun." — Men 4l3 Illjmil Fercher um SteimMii. Wirklichkeit und Sehnsucht. ^in Bannfluch ist es vom Geschicke, Daß Ohnmacht — daß Berschnittenheit Mit feigem, kläglichem Gequicke Nach abgelebten Formen schreit. Auch ist's unsittliches Gegrolle, Zu winseln nach den Nebelhöh'n, Berläugnend Leben, Geist und Scholle Mit sehnsuchttriesendem Gestöhn. Man hat den Schatz der Nibelungen Mit Schweiß hervorromantisirt, Man lallt in ritterlichen Zungen, Mit aufgewühltem Prunk geziert: — Doch einen Schöpfergeist zu wecken, Der Macht besaß', mit uns'rer Tracht Den Kraftgehalt Siegfrieds zu decken, Daran hat Keiner noch gedacht. _! 414 Es prangt selbst das Augustusalter Der deutschen Kunst im Griechenkleid, Nun fliegt sie wie ein Schimmerfalter, Mit Blüthen jedes Volks bestreut: — Doch durch die künstliche Umfaltung Bricht schon das deutsche Urgefühl, Und steht in eigner Thatenhaltung Fremd überm fremden Farbenspiel. War's Blödsinn nicht, als man vermessen Um's Schemenreich der Gleichheit schrie? — Man schlug die Priester gottvergessen, Entgiebelte die Monarchie: — Doch dachten nicht die Kriegsmedusen, Daß unser Volk mit heil'ger Glut Altäre hegt in seinem Busen, Das Kaiserthum in seinem Blut. Als gält's, die Welten zu nasführen, Don flackernden Ideen toll, Begann man Kaiser frech zu kühren, Heraldischen Behagens voll: — Doch, allen Völkern angeboren. Ein weiser Churfürst ist die Zeit; Sie hat den Kaiser auserkoren, Ein Weltgeschick hat ihn geweiht. Wie schwebt um Alpenkranz und Sonne Der kaiserliche Aartitan, Und seinen Zügen folgt mit Wonne Der königliche Purpurschwan! — Ein goldner Horst nimmt auf den Starken, Ties in die Wirklichkeit gepfählt - Ihr müßt Europa erst entmarken, EH' diese neue Form zerschellt! Drum ist's ein sündiges Gegroüe, Zu ächzen zu den Nebelhöh'n, Lerläugnend Leben, Geist und Scholle Mit sehnsuchttriefendem Gestöhn. Nur wer sich stählern bält an's Leben, Hat Triebkraft, Wahrheit und Natur, Hat Schwingen für ein kühnes Streben, Und Segen blüht auf seiner Spur. Wien. 4IN Illtzwn Mmig Lniijiiirdztkin. Kaiser Franz Josephs Lied. 8ranz Joseph Hoch! Hoch! Der mit mächtiger Hand Schützet das Vaterland, Der mit vereinter Kraft Glück Seinen Völkern schafft, Der, nach der Ahnen Art, Kraft mit der Milde paart; Franz Joseph Hoch! Franz Joseph Hoch! Hoch! Der zum Höchsten strebt, Der für Sein Volk nur lebt, Der mit Vertrau'n belohnt, In dem die Güte wohnt; Segen und jedes Heil Werde Ihm reich zu Theil; Franz Joseph Hoch! 4l7 2? Franz Joseph Hoch! Hoch! zu der Liebe Band Legte Er Hand in Hand, Zwietracht und Haß entflieh'n Bei Seines Herzens Glüh'«. Und in dem weiten Reich Liebt Er die Seinen gleich; Franz Joseph Hoch! Men. ') Dieses Gedicht wurde von dem bekannten Compostteur Erkel in Musik gesetzt, und während der Anwesenheit Seiner Majestät in Ungarn, zuerst auf dem National-Tbcater in Pesth, dann auf anderen ungarischen Theatern als Volkslied gesungen. Mmy Ow. Der Hußär und sein Enkel. sExisodr au« des Kaisers Reise durch Ungarn.) streng verbannt ist heut die Fide! Aus der braunen Csardaschenke, Denn die Weisheit dreier Dörfer Tilget drinnen das Getränke. Ueber den Empfang des Kaisers Hatten viel sie zu beschließen ... Jetzt gilt's noch den Redner wählen. Der den Kaiser soll begrüßen. Und nach einem riesigen Schlucke Spricht nun von den Weisen Eineri „Wählet doch den alten Hußär, Besser thut es wahrlich Keiner!" Wohlgesprochcn! Äsen! kijem! Schallt es d'rauf aus jedem Munde; Und auf des Hußären Wohlsein Trinkt die ganze weise Runde. .419 2' Ganz verblüfft hört das der Hußar; Weiß zu führen wohl den Degen, War auch, wenn es galt zu fluchen, Nie noch um ein Wort verlegen. Hat den Dirnen in der Jugend Auch manch' zierlich Wort gespendet, - Aber zum Parlamentiren Hat mau ihn noch nie verwendet. Doch, — mit seinem Kaiser reden! Wie es flammt in seinen Zügen! Kann es größ're Ehre geben? Muß er nicht der Wahl sich fügen? — Seit dem Tag gibt die Rhetorik Keine Ruh' mehr dem Hußären, Und in seinem Kopfe summen Bunter Floskeln tolle Schaaren. II. Wie Ihr den Hußären seht hier, Hat daheim er vier der Orden, Die zum Tausch für Feindesfahnen Ihm einst sind gespendet worden. Doch seit Leipzig leider hinkt er; Da ward ihm ein Bein zerschmettert.. Hei! wie hat er damals zornig In des Feindes Schaar gewettert! Wie ein Racheengel rast er In der alten Garde Reihen; 420 Und das Schwert in beiden Fäusten, Mäht die Köpfe er zu zweien! Wie der Hauptmann steht verstümmelt Seinen treusten Kampfgenossen, Sprengt hinzu er mit dem Rufe: „Hast des Bluts genug vergossen! Bursche! bist verstümmelt... kehr' um! Hast gethan schon heut das Deine!" ... „Pardon, Hauptmann, bin kein kaksnos! ss Kämpfe auch nicht mit dem Beine!" So der Hußär; und fort fährt er Mit den todgewalt'gen Streichen, Bis ihn die Erschöpfung hinftreckt Auf die selbstgemachten Leichen. Als er dann zu sich gekommen. Lag er auf des Hauptmanns Pfühle, Der ihn pflegt und hegt mit treuem. Brüderlichem Mitgefühle. Wie er wieder heil geworden, Führt ihn vor die Front' der Hauptmann, Steckt ihm da der Kreuze fünftes Mit dem wunderschönen Spruch an: „Nicht dich ziert das Schwert, mein Junge, Du selbst zierst den Stahl der Helden, Und der Ruhm wird lang noch preisend Deine kühnen Thaten melden." m. Ein gar lieber brauner Knabe Hütet auf dem Feld die Heerde; Aber sonst so munter, sitzt er Heut still weinend auf der Erde. — Plötzlich naht ein Zug von Reitern, Mitten d'rin ein goldner Wagen; Gold die Räder, Gold die Hufe, Welche die sechs Schimmel tragen. Zwar den Wagen sieht das Kind nicht, Doch der Anblick schon der Ritter Thut so weh ihm in der Seele, Daß er aufweint kläglich bitter. Sieh, da kommt der Reiter Einer Zu dem Kind herangesprenget: „Willst du mir nicht sagen, Kleiner, Was dich gar so sehr bedränget?" — „Ach, warum sollt' ich nicht weinen," — Spricht das Kind, vom Schluchzen heiser „Ich allein muß Schafe hüten, Alle Andern seh'n den Kaiser. Alle sind im großen Dorf dort. So die Jungen wie die Alten. Mein Großvater, der Hußär, wird Eine schöne Rede halten. An der Spitze von zwei Dörfern Ist er früh schon fortgeritten; Mich allein ließ er zu Hause, Mocht' ich auch wie immer bitten. 4LL Biel zu stark sei das Gedränge, — Meint er, — könnt' mir was geschehen; Und doch wär's mir lieber sterben. Als nicht meinen Kaiser sehen." IV. Blumenkränze zieren bunt das Dorf; Frisches Laub bedeckt die Heeresstraße, Fahnen wehen grüßend, und voll Spannung Harrt des Volkes festgeschmückte Masse. Heil'ge Stille herrscht im weiten Kreis — Alles lauscht dem ersten Freudenzeichen, — Plötzlich knallt der Poller, und der Anstand Muß dem mächt'gen Drang des Herzens weichen. Still und ruhig vor Sekunden noch, Wälzt sich jauchzend jetzt des Volkes Menge Vor das Dorf hinaus, und mit den Ordnern Kommt die Ordnung schlecht weg im Gedränge. Der Hußär nur findet noch Respect; Aufgewichst des Schnurbarts grimme Flügel Wie zwei Widderhörner, ist sein Antlitz Aller Wonnen, alles Glückes Spiegel. Und in malerischem Wurfe liegt Um die Schultern ihm die schmucke Mente; Flimmernd, strahlend, daß er in der Noth wohl Selbst die Sonne gut ersetzen könnte. An der Seite dann das breite Schwert/ Das schon dreißig Schlachten mitgeschlagen; Auf der Brust die blanken, stolzen Kreuze, Wer will ihm zu widerstehen wagen? „Donnerwetter!" — schreit dem Bolk er zu — „Hat der Teufel Euch den Witz verhagelt?! Glaubt Ihr wohl, es sei mir wie ein Huf In das Hirn die Rede festgenagelt? — Euer Heulen macht mich ja ganz dumm. Scheucht mir die Gedanken aus dem Kopfe; > Wartet bis ich rufe, und dann schrei't! Störer nehm' ich wahrlich noch beim Schopfe!" Und das wirkte; wieder war es still. An der Rede hing der Dörfer Ehre, Allen bangte vor der großen Sendung, Alle fühlten dieser Sendung Schwere. Doch nicht lange dauert's — denn heran Kommt in einem Sonnenstrahlenkranze, Den des Zuges blanke Waffen bilden. Jetzt der Kaiser mit erhabnem Glanze. Und das Volk vergißt den Hußär ganz; Jauchzend stürzt es seinem Herrn entgegen, Ueberschüttet ihn mit tausend Blumen, Fleht herab des Himmels besten Segen. „Seht, — so ruft's, — des Reiches Morgenroth! — Heil und Frieden bringt er seinen Landen! — „Wie ein Bissen Brod gesegnet" ist er! scheint in ihm erstanden!" — Der Hußär nur schweigt, — sein starrer Blick Kann sich kaum von einer Stelle trennen, 424 Wo jetzt zwei bekannte schwarze Augen Freudestrahlend ihm entgegenbrennen. Träumt er? wacht er? — Der auf einem Roß Bon des Kaisers prächt'gem Sechsgespanne Dort so stolz sich wiegt — der braune Range, Jst's sein Enkel nicht? — Wer sagt's dem Manne? Wer?. . . der Kaiser selber! .... Durch das Volk Tritt Er zu dem halberstarrten Greise, Legt die Hand ihm auf die starke Schulter, Spricht zu ihm in väterlicher Weise: „Alter Freund, vergib, daß ich so früh Deinen Enkel Ungehorsam lehre; Doch ich wollte, daß er Zeuge sei. Wie ich meine alten Helden ehre. Fünf der Orden, — hat man mir gesagt — Schmücken deine Brust als Siegeszeichen, Und so wollt' ich dir als Pfand der Treue Auch der Ehrenkreuze sechstes reichen." Und so that Er's. — Aber der Hußär Weiß in seinem Glück sich nicht zu fassen. Sprechen möcht' er, doch die Zunge will Grade heut sich nicht bewegen lassen. Und von seiner Rede reichem Schatz Ist kein einzig Wörtlein ihm geblieben; All das schmucke Zeug hat ihm der Anblick Jenes Rangen aus dem Kops getrieben. Himmel, hilf!... Da blitzt's ihm durch's Gehirn — Und er ruft mit halbersticktem Tone: „Nicht Dich ziert die Krone, mein Herr Kaiser?) Du bists, der da ziert der Väter Krone!" Lljon! jauchzt er drauf, und tausendfach Hallt es von des Volkes Lippen wieder, Und ein Paar recht voller Thränen rollt In des Helden grauen Schnurbart nieder. Tief gerührt ist auch des Kaisers Herz; Innig schüttelt Er die Hand dem Alten, Und mit Mienen, „gut wie ein Gebetbuch", °) Spricht Er: „Mög' Euch Alle Gott erhalten!" — Wien. Hußär nach magyarischer Schreibweise. ') kalisnos — Infanterist, ein Mensch, auf den der Hußär, gewiegt und erzogen auf dem Rosse, ziemlich stolz hcrabsieht. 2) Magyarismus. °) Magyarismus. 426 MiüH Wlw. Morgen- und Abendstern. 88enn die Sonne früh erwachet. Ihr zur Seit' ein Sternlein steht, Und das Sternlein steht und wachet, Wenn die Sonne untergeht. Liebe diesem Sterne gleichet, Die bei uns im Glücke steht, Und auch dann nicht von uns weichet, Wenn die Sonne untergeht.- Mein Herz. Das Glas gar zart und spröde, Ist härter doch als Stein, Und es zerschneiden, theilen, Der Demant kann's allein. Mein Herz — das gleicht dem Glase, Und der Demant bist du; Du schnittest es in Stücke, Und nimmer heilt es zu. Kennst du es? Kennst du es? Kennst du jenes Wunderblümchen, Das dem Himmel ist entstammt, Dessen Farbe licht und prächtig Ewig aus dem Kelche flammt? Kennst du es? Stets wohnt es im Sonnenscheine An des klaren Bächleins Rand, Unberühret von des Winters Frostig starrer Todtenhand. Kennst du es? Seinen Balsam haucht es immer In die reine, heitre Luft, Und doch trägt es in sich ewig Neichen, frischen, süßen Duft. Kennst du es? Kennst du jenes Wunderblümchen? Weißt du, wo sein Heimathland? In dem Herzen ist sein Boden, Liebe wird's bei uns genannt, ssrag. 428 Nori; Siegemt. Der Toast. ^n einer Schenke am Donaustrand Drei Männer sitzen, sonnverbrannt; Sie starren sinnend in's Glas hinein, — Fast scheint's, als widert sie an der Wein! Sie hatten sich eben ihr Schicksal erzählt, Und was sie sich hatten zum Ziel erwählt. Was sie erstrebt, vollbracht und bereut, In längst verklung'ncr — in jüngster Zeit. — Der Eine aus heißem Magyarenblut Focht gegen den König mit blindem Muth, Ihm hatte in tiefer Kerkersnacht Des Herrschers Milde die Freiheit gebracht. — Der And're war aus Wälschland entstammt, Ihm hatte ein Wahn das Gehirn entflammt; Doch reuig zerriß er das schnöde Band, Als es blutig gebrandmarkt sein Vaterland. 429 An den Weichselstrand kehrt der Dritte voll Glück Vom Hochverrathe begnadigt zurück, Den schimpflichen Tod von Henkershand Hat milde ein Engel von ihm gewandt. Und als so jeder gedankenvoll sann. Da trat ein Vierter zum Tisch heran: Der drückte jedem schweigend die Hand, Und füllte die Gläser voll zum Rand. „Ihr Freunde, daß ihr bewegt und weich, Ein deutscher Bruder erklärt es euch, Wenn die Lippe auch schweigt, im Innern ruft's doch: Es lebe der Kaiser — der Kaiser hoch!" Da fahren die Drei von den Stühlen empor, „Es lebe der Kaiser!" so tönt's im Chor; Da mundete wieder den Gästen der Wein, Es fiel auch wohl manch' eine Thräne hinein! stratz. 430 Engelbert AMNiilim Seliuger. Weiblichkeit. Ein Segensborn für Zeit und Ewigkeit Bist du, fürwahr: o holde Weiblichkeit! Wo du erscheinst mit Augen hell und klar. Da wird die Macht des Himmels offenbar. Was Edles liegt in tief verschloss'ner Brust, Es wird geweckt und seiner sich bewußt. Die Künste blühn in deiner Sterne Schein, Und Menschenlieb' und Menschenwohl gedeihn. Des Lebens Schmerz, des Lebens Pein und Qual, Sie weichen still vor deinem Zauberstrahl. 431 Die Bosheit schweigt, wo deine Stimm' erklingt, Weil Göttliches in's Mark der Seele dringt. Und die Musik in deiner Stimme Klang Beschwichtiget der Selbstsucht wilden Drang. Was du berührst — es ist damit geweiht. Und ist geschützt vor der Berworfenheit. Wen du umfängst in reiner Liebesgluth, Wird reich an Glück und an Beglückungsmuth. Dein lobend Wort — es ist ein Talisman Für Thatenglanz beim Jüngling und beim Mann. Und tadelst du — da beugt sich Jung und Alt, Im Schuldgefühl, vor höherer Gewalt. Durch deinen Reiz und Seelenblüthenstrauß Schmückst du gar schön manch' dunkles Leben aus. Und wenn es dir zu arger Zeit gefällt, So änderst du die kalte, düstre Welt! Hräsenkerg. N. (kmÄllllt. Das Weltall. kann ich's sagen, wie so schön Das Weltall, das ich schaue! Getragen von granitnen Höh'n Das Tempeldach, das blaue; Und tausendblum'ger Weihrauchdust Qualmt durch die prächtigen Räume, Laut im Choral zur Andacht ruft Das muntre Volk der Bäume. O wie da Alles glänzt und gleißt, Sich stündlich Neues findet, Jndeß unsichtbar Gottes Geist All' die Atome bindet. Wer könnte solcher Herrlichkeit Unendlich reiche Massen, Wenn er auch forschte gottgeweiht, In Worte sinnig fassen! In Worte! Will er denn fürwahr, Ein üdermüth'ger Zecher, Das Weltmeer schöpfen ganz und gar In seinen winz'gen Becher? Er hält das Glas und hält es gut, Und sieht nicht, wahnzerrüttet, W>e ihn mit seiner ZturMesflut Das Weltmeer überschüttet. Men r34 iLrab.) Lob des Gesanges. Beglückt, wem durch des Himmels Gunst Die echte Weihe zum Gesang gegeben, Und der, em Jünger schöner Kunst, Ihr wehend Banner tragen kann druck'? Leben! Der Gram entflieht vor seinem Minnetied, Ihm nahen Jünglinge und holde Frauen, Denn jener heil'gen Flamme dars man trauen, Die in der Sängerbrust verborgen glüht. Wenn Janus' Tempelpforte klirrt Und greise Helden rufen auf zum Streite, Durch's Feld der Todesengel irrt. Ringt Poesie mit ihm um seine Beute. Wen er erschlug, dem reicht sie ihren Kranz, Den Zagenden entflammt sie, um zu fassen Das weggeworsne Schwert, und Himmelsglanz Streut sie auf Wangen, ehe sie erblassen. A» 43b Doch klingt die Stimme der Natur Im Liede von der Lyra goldnen Saiten, Dann wird des eig'nen Fühlens Spur Im Herzen reg' und wonnig sich verbreiten. Tiefgroße Wahrheit liegt in jener Mähr': Daß Phöbus' Spiel die Berge könnt' bewegen Und Orpheus' Lied — der Thiere wildes Heer, Daß sie gezähmt sich ihm zu Füßen legen. Unsterblich macht nur Dichterlob! In eitel Nichts fällt Stein und Erz zusammen, Wenn nicht dem Schutte, der zerstob, Entwallen hell der Dichtung Feuerflammen: Sw steuert durch das Zeitenmeer den Ruhm, Sie pflanzt die Blumen, die auf Lava blühen, Und in dem Schatze seiner Melodieen Ruht auch des fernsten Volkes Heiligthum. tüten lkdllllrd Heinrich Pokuriš. Dem Mai entgegen! ^as ist ein Grünen, ein heimliches Regen In Garten und Au, an Busch und Gehegen! Wie quillt das Leben so mannigfaltig, Wie weht es, wie schwellt es so allgewaltig Dem Mai entgegen! Es wallen die Menschen auf sonnigen Stegen, Durch Fluren, verheißend den üppigsten Segen; Selbst dort die hageren, bleichen Kranken, Wie senden ste brünstig die Hoffnungsgedanken lyem Mai entgegen! Die Bilder der Kindheit erwachen und Prägen Sich tief in die Seele mit süßem Bewegen ; — Die frischesten Lieder des Sängers, sie wollen Mit Lerchen flattern, mit Bächlein rollen Dem Mai entgegen! Dort einet zwei Hände der heiligste Segen, Zwei Herzen erbebend in wonnigen Schlägen; Es muß wohl Heil dem Bunde bedeuten, Wenn Myrthe und Lorbeer die Kronen breiten Dem Mai entgegen! Men 488 AllllZtllMS Grün. J a g e l l o. I^achtigallenmacht Füllt den Eichenwald, Weithin widerhallt Jauchzende Liederschlacht Polens Heeresmacht Lagert am Waldessaum, Fürst Jagello, im Traum, Ruht, vom Zelt umdacht. Plötzlich ihn erweckt Langentbehrter Klang, — Ha, der Sprosser Sang Hat ihn aufgesckreckt Durch Verhau und Wacht Dringt's ins Königszelt, Und ihn überfällt Nachtigallenmacht. Bon dem Schilde dort Als ein Echo prallt's, In dem Helmrund wallt's Tönend fort und fort; Süßer Klang umspinnt Ihm das Schwert zugleich, Wie mit Watte weich, Wie mit Seide lind. „Klang der Seligkeit, Längstvergessner Laut, Wie erweckst du traut Längstvergeffne Zeit! „Meine Kinderzeit, Als ich dir gelauscht, Nachtigallberauscht, Tief in Einsamkeit; „Mich im Forst verlor, Bis mich Mütterlein Fand in Todespein Unter Busch und Rohr. „Dort ein muntrer Knab', Hier ein müder Greis; Dort das frische Reis, Hier der morsche Stab! „Was dazwischen liegt. Traurig sieht's mich an: Dornenvolle Bahn, Die ein Fürst durchfliegt! „Gib mir dein Geleit, Wonniger Waldchoral, Tauche mich noch einmal In die ferne Zeit!" Und er stürzt zum Wald, Nachtigallberauscht, Horcht und wallt und lauscht, Wo's am schönsten schallt. Doch die Klänge scheu Vor dem Lauscher fliehn, Locken ihn und ziehn Mit sich fort aufs Neu; Hier der rollende Fall, Dort das flötende Flehn; Holdes Jrregehn! Wohlklang überall! - 441 Weißer Nebelflor Hängt am Binsenstrauch, Und mit qualmendem Hauch Athmet schwer das Moor. Kalt und scharf der Thau Bon den Blättern fällt. Und der Irrwisch hält Dort die Leuchte blau. Durch das knisternde Rohr Schleicht das Fieber sacht. Auf den Lüften der Nacht Schnelles den Pfeil hervor; Trifft in's Königsherz! Greises Heldenbein Ist nicht Stahl und Stein, Nieder wirft ihn Schmerz. An der Eiche Saum Sinkt er todesmatt. Letzte Liegerstatt Beut der alte Baum. So im Kriegeszug Polens König starb, Den kein Feind verdarb, Den kein Schwert erschlug; 442 Starb nicht auf dem Thron, Starb im Wald und Rohr, Noch in seinem Ohr Nachtigallenton. In Gesang gewiegt, Eingesargt in Sang! So verschönt der Klang, Was dazwischen liegt. Schloß Thur» am Hart. 443 Mu; Sllihre nov Mthmberg. 1. Zum 24. April 1854. 8Äenn überall die Fluren sich verschönen Und wenn es wird in allen Büschen laut, Mit Blumen sich der Berge Häupter krönen Und Diamanten jeder Morgen thaut: Dann fehlt es nicht an Farben und an Tönen Zum Wcihgeschenk für Bräutigam und Braut, Dann fehlt es nicht an Worten und an Bildern, Das Mitgefühl, das innigste, zu schildern. Doch wenn ein Paar, in sel'gen Jugendtagen, Der Liebe Glück auf hohem Throne fand: Dann kehrt zurück die gold'ne Zeit der Sagen, Ein neuer Lenz ins alte Vaterland; Die Herzen, die in sich nur Liebe tragen, Sind aller Welt ein theures Unterpfand: Denn, wie sich hält das Herrscherpaar umfangen, So wird es auch an seinen Völkern hangen. Und nach dem Sturm erscheint der Friedensbogen, Die fromme Taube mit dem Oelzweig naht; Sie kam vom Inn zur Donau hergeflogen, Sich weidend an der hoffnungsgrünen Saat, Den Kaiserschwan umkreisend auf den Wogen, Wie ein Gebet der Rettung hohe That, Verkündigend auf wechselvollen Wegen, Daß ewig währt der Lieb' und Treue Segen! 2. Des Kaisers Panier. Zwei Farben find's, d'rau zu erkennen Des Kaisers glorreiches Panier: Die schwarze vereint mit der gelben. Als eine bedeutsame Zier. Die schwarze bedeutet vor allem Die finsteren Wolken der Zeit; Die gelbe — den Schimmer der Hoffnung, Der wieder die Herzen erfreut. Die schwarze versinnlicht den Treubruch, Den Abfall durch schnöden Verrath; Die gelbe — die goldene Treue, Die Mutter der rettenden That. Die schwarze bezeichnet die Schrecken, Die rollenden Donner der Schlacht; Die gelbe — die Feuer des Sieges, Die festlich erhellen die Nacht. --! 44S Die schwarze versinnlicht die Trauer, Wann Unglück dem Vaterland droht, Die gelbe den Glanz der Verklärung, Wenn Helden umarmet der Tod. Die schwarze bedeutet die Nebel, Die neidisch verhüllen den Aar; Die gelbe — die Strahlen der Sonne, Durch die erst sein Aufflug wird klar. Doch unter den schwarzgelben Fahnen, Da Pflegen auch weiße zu weh'n. Auf denen das Bildniß der Jungfrau, Die bar aller Makel, zu seh'n.') Es mahnet zu wahren die Ehre, Des Kriegers jungfräuliche Zier, Und eher zu lgffen das Leben, Als je von deS Kaisers Panier > Prag '> Die unbefleckte Empfängniß 44S (Verengnrius Üvo.j An den Kaiser. Als Du der Väter Thron bestiegen, Wie lag das weite Oesterreich Zerfleischt in Süd und Ost von Kriegen, Nur einer großen Wahlstatt gleich! Noch gohr der grimme Kampf der Zungen, Noch tobte wild der Bruderstreit, Und neu schon ward der Stahl geschwungen, Als wir vom Dolche kaum befreit. Und wie erwacht zum neuen Leben, Glüht nun des Volkes reger Flerß, Das jede Beere seiner Reben Sich selber nur gelesen weiß! Schon schmiegt sich Fels und Flut den Bahnen, Die unsre Frucht nach Norden zieh'n; Wer kann die Wucht der Lasten ahnen, Die später hin und wieder stieh'n! Verschwinden völlig wird die Schranke, Die zwischen deutschen Brüdern lag. Gesunden ist der Lichtgedanke, Dem aller Hader weichen mag. Vorerst noch ein verlorner Posten, Wohin der deutsche Geist nicht dringt, Ist es fortan die Mark im Osten, Die weithin seine Leuchte bringt. So reich an Ehren und an Siegen, So groß und mächtig ragt ihr Schild, Daß dort, wo ihre Banner fliegen. Der Lorbeer schon geborgen gilt. Die an Europas gold'nem Rande In Waffen steht, die halbe Welt, Sie weiß, daß an dem Donaustrande Der Würfel der Entscheidung fällt. O Herr, was eine Krone ehret. Du wahrest es in fester Hand, Und Die Dein edles Herz begehret, Der Himmel hat Sie Dir gesandt; Sie ist ein Schatz von deutscher Güte, Die alle Herzen schon gewann, Sie ist das Bild der reichen Blüte, Die uns mit Deutschland werden kann. Rozen. ! 448 BllrMllMims Wer onn ltarnm. Ergebung. Ergebung, frommer Engel, Welch tiefer Friede spricht Aus deiner Stirne Klarheit, Aus deinem Blick voll Licht! Der Glaube macht dein Lächeln, Du bleiches Kind, so rein, Statt zweifelnd zu verzweifeln, Blickst du vertrauend d'rein. Statt mit dem Schmerz zu rechten. Reichst dn ihm still die Hand Nnd fragst nicht nach dem Grunde, Wenn Glück sich abgewandt. Den Grund von allen Gründen, Ihn weißt du, daß er ist, Ihn, der durch dich uns kündet. Daß Niemand er vergißt. Zu träufeln seinen Segen In jedes Menschenherz, Schuf er — die Lust beschämend — Ergebung aus dem Schmerz. Men. ILü Johann vm FmtvL (Lenophil.) Leier und Schwert. 88as jubeln all' die Nationen heute? Was kündet all' der Glocken Festgeläute, Mit ihren Hellen Zungen wohl so laut?... Seht! Hymen spendet Oestreichs Herrschersohne, Traun, mehr denn Demant, eine zweite Krone, Ein Lichtgestirn, die hohe Fürstenbraut! Darum erglühend von Begeift'rungsfeuer, Ein Dichter jetzt betret' ich mit der Leier, Kühn, Oestreichs heilig Sänger-Pantheon, Und füge, formend nun in Dichtungsglieder, Als Weihgeschenk, verwebt dem Kranz der Lieder, Was ich gefühlt im Herzen riesig loh'n. ^81 r»» Wohl mancher Barde mag in weichen Tönen, Euch abgelauschet, liebliche Kamönen! Bewegen süß das edle Fürstenherz; Ich aber gieße kühn das Festgeschmeide, Im lauten Iubelton der Völkerfreude, Aus schwerem Silber nur, und schwerem Erz. Ist's aber wahr, was man in Sagen findet, Was man von alten, biedern Sängern kündet, Daß ihnen Gott der Segnung Macht vertraut: Daun salb' ich meine gold'nen Priesterlocken, Verweb' des Liedes Guß dem Klang der Glocken, Und segne Dich, o hohe Fürstenbraut! — So mag verstummen nun des Sängers Leier! Ich greife wieder, mit des Kriegers Feuer, Ium blanken Schwert, getaucht in Weiheglut, Und harr', wo meines Herrn Gebot mag winken: Des Ruhmes oder Todes Kelch zu trinken, Beschützend Seiner Kronen Recht und Gut. Anchnw. 4ü2 Kubüljch Fürst NechteuZtm. Die Blumen. Entblättre nicht die lieben Rosen, Die deines Gartens Flur dir zieren; Mit ihren Blüthen magst du kosen, Sie werden nicht den Duft verlieren. Mit Liebe sollst du stets sie Pflegen, Und blühend werden sie dich lieben; Es ist des Himmels schönster Segen, Wenn uns die Blumen treu geblieben So lang im Feuerbrand des Lebens Die keuschen Farben nicht verblichen, So lang der Erdenwurm vergebens An ihre Blätter sich geschlichen, 453 So lange mag dein Herz sich weiden An ihrer Hülle reinem Schimmer! Kurz ist die Frist, — und wenn sie scheiden. Bedenk' es wohl: sie kehren nimmer. Und auswärts mit des Zephyr's Lüften Siehst klagend du die Geister schweben, — Dir bleibt von den entschwund'nen Düften Ein welkes, blüthenleeres Leben! Wien 454 IchllM HrHlller. An die hohe Kaiser-Braut. ^chon durchfliegt das Reich die Kunde, Die vor allen uns erklang; Jubel schallt aus jedem Munde Und die Freude wird Gesang. Hohe, sieh, wie Aller Augen Wo Du weilest engelsmild. Liebend in die Seele saugen Dein jungfräulich holdes Bild. Wer's erschaute, in Verklärung Hält er's fest im Herzen drin; All Entzücken, all Verehrung: „Das ist unsre Kaiserin." Welche Wonne, Dich zu kennen, Welche Huld und welch ein Blick! Ja, mit Deinem Namen nennen Wir nun unsers Kaisers Glück. 155 Er ist mit des Kaisers Namen Der Unsterblichkeit geweiht; Zeiten schwinden, wie sie kamen, Deiner lebt für alle Zeit. Suche rings auf allen Thronen, Wo ein Herrscher, der Ihm gleich. Der die Völker seiner Kronen Lenkt so edel segenreich. Der schon in des Lebens Lenze Kampf und Schlacht als Held bestand, Und auch schöne Friedenskränze Um die junge Stirne wand. Der Sein Reich zum lichten Morgen Führte aus der düstern Nacht, Der den ernsten Herrscher-Sorgen Seine Jugend dargebracht. Darum rufen Millionen Flehend Dir, o Hohe, zu: „Gott wird Jhm's im Himmel lohnen — „Hier auf Erden wirst es Du „Ihn für all dies zu beglücken — „Herrin, wir vermögen's nicht; „Sieh", uns müßte sie erdrücken, „Nimm auf Dieb die schöne Pflicbt." Jscht. den 21. August 1853. Joseph ithristimi Freiherr voll Heiilih. Schlußwort. Frühling xommt, der holde, Durch die laue Lust, Auf dem Wolken-Golde, Auf der Blumen Dust. Junge Halme kosen, Alle Gräser blühn. Und die ersten Rosen In den Knospen glühn! — Wen bringst du getragen, Lenz, — welch holdes Bild, Das von deinem Wagen Niederschaut so mild? Mit so süßem Lächeln Uns entgegen, grüßt, Süß wie Zephyrs-Fächeln, Das die Blüthen küßt. Und „Willkommen" hallt es Rings durch Berg und Thal, Und „Willkommen" schallt es Millionenmal! _ ! Sag', o Lenz, wen trägst du. Wem jauchzt man so laut? „Fremdling, wie noch fragst du? Unsers Kaisers Braut!" — „Und die Lieb' umfängt Sie Bei dem ersten Schritt; Und die Lieb' umdrängt Sie Dicht bei jedem Tritt!" Und ein Lied anheben Möchte jede Brust, Der Gesang gegeben, Ausschrei'n ihre Lust! Wie's auch kunstlos klinget, Es spricht dieß Gebraus', Was im Herzen ringet, Tausendstimmig aus: Wie aus Waldeshallen Stimmen allerlei Durcheinander schallen, Woblklang und Geschrei! Und so soll erklingen Frisch aus Herzensdrang, Den wir Dir hier bringen, Schlichter Waldgesang. Herrin aus dem Throne! Wisse dieses: Auch In dem rauhsten Tone Weht ein Liebeshauch! — Meu. _ 458 Inhalt Widmuiia. VoWhymne. l. H u c d i g unq 8 o e dichte. , Seite In deutscher Sprache von: Karl Xänm knltenbrnnnsr. Litton krsikerrn v. knümsnn ksrl Viktor NsnsZirA V 8. U. NosentknI. V,, An itallenischer Sprache von: Dominik ?«r»rr». IX Lessr Kitter von IVo^-. XI kelix krnnessooni .. . XIII kliilipp Leolsri.. XV In polnischer Sprache von: aolisnn IVepom. Niolisel I'opor von ks m inski . , XVII X. aoNgnn »obiecki XIX ksrl 8rsinooNs . XXI Vineenr Kitter von IlruIIie . ... XXIII In rnthenischer Sprache von: aoksnn 6nsrslvvivr. XXV IVivolLus HsisLno^-icx.XXVII Wokaßl Lonsnovior. XXIX »V' 45!' II. Seite Die Ehen zwischen den Herrscherhäusern Oesterreich und Baiern. Von Johann Grafen von Mailäth. 1 Die Brautwerbung. Bon Johann Gabriel Seidl. 6 Das kaiserliche Brautpaar. Von Karl Fcrd. Draxler-Manfred lv Das Brautgeschenk. Von Hyacinth von Schulheim. 12 Verjüngtes Leben. Von Franz von Schober. 14 Am Starnberger See. Von Uffo Horn . 18 Oesterreichs Wünsche. Von Eduard Silcsius. 20 Lerche und Seele. Von Karl Egon Ebert. 22 Herbstrosen. Von Heinrich Ritter von Levitschnigg . 24 An Ihre Majestät die Kaiserin Elisabeth. Von Johann Karl Braun von Braunthal. 31 I. Romanzen. 2. Lieder der Liebe. Von Julius von der Traun. 34 Menschliches Gut. Von Adalbert Stifter. 43 Der Wunderstrauß. Von Beda Piringer. 45 Bertrand de Born. Von Adolph Ritter von Tschabuschnigg. 53 Ehrenpreis. Von I. N. Mahl-Schedl Ritter von Alpcnburg. 56 I. Gruß aus Tirol. 2. Im Frühling. 3. Die letzte Blumengabe. 4. Morgcn- zuruf. Von Pius Zingerle. 60 Geheiligt sei Ihr Name! Von Julie Gräfin Oldofredi-Hager. 64 Aus dem Orient. Von Jakob Nikolaus Craigher . 67 Wolkenbilder. Von Heinrich von Littrow. 69 An Selma. Von Wilhelm Marsano. 74 Ein Wiedersehen. Von Wilhelm Schmidt. 76 Die Rose von Oesterreich. Von Marie von Thurnberg. 81 l. Liebesgcheimniß. 2. Begegnen wir uns nicht! Von Viktor Maria Müller 84 Der Lader is haimkemma! (Oberösterreichisch.) Von Franz St elzh amer ... 87 Amandus der Einsiedel. Von Beda Weber. 92 Albumblatt. Von Joseph Freiherr» von Hammer-PurgstaU. 97 1. Aus Saadi's Oden. 2. Aus Hafis. Von Ottokar M. Freiherrn von Schlechta-Wssehrd. 98 461 Seite Soldaten und Sänger. Von Rudolf Hirsch..... .ioi Legende von der heiligen Elisabeth, Königin von Portugal. Von Ferdinand Wolf 102 1. Einem Soldaten. 2. Lebensregel. Von Franz Grillparzer .114 l. Mene-Thekel-Phares. 2. Nachts. Von BettyPaoli .118 Die Beichte. Legende. Von Ignaz Franz Castelli .125 Schneeglöckchen. Von Franz Freiherrn von Schlechta-Wsschrd.130 Ein Mährchen. Von Franz Hermann von Hermannstbal.132 Der Fels. Von Karl Gottfried Ritter von Leitner.142 Der Frauenlob alt und neu. Von Karl Adam Kaltenbrunner . 143 Der Brautvater. (Oberösterreichisch.) Von Demselben.147 Der alte Kaiserjäger am Pragser-See. Von Hermann von Gilm.152 1. Religiöse Akkorde. 2. Zm Vaterhause. 3. Ein Schwanenlied. Von Otto Prechtler.155 Waldliedcr. Von Carlopago.161 Wunsch und Erfüllung. Von Theodor Bäkody.164 I. Schillers Leier. 2. Der Nachtwandler. Von Anton Pannasch.166 Lx konto. Von Friedrich Bach .17V Ein Jschler Bild. Von Mathilde Feldern-Rolf.172 Lieder der Liebe. Von August Schilling.176 Für Gott und Kaiser! Von Philipp von Körber.180 Elisabeth. Legende. Von S. H. Mosen thal.181 Herbstmorgen — Lenzabend. Von Theodor Grafen von Heusenstamm ... 188 l. Offen liegt der Seele Buch. 2. Ihr schleppt wie eine schwere Last. Von Johannes Nordmann. .190 Inneres Leben. Von Johann N. Bach mapr. 194 1. An die Rose. 2. Der Verschlossene. Von Adolph Hirschberg . . 198 Eine Mutter. Von Ludwig Foglär.200 Gartenwildniß. Von Ferdinand Sauter.204 1. Das Ganze. 2. Verscheucht. Von Emcrich Ran zoni 208 Edelweiß. Von Hubert Grafen d'Harnoncour . . . .210 Gjuka. Slavonische Sage. Von Eduard Brcier . 215 An mein Vaterland. Von Adolph Franz Berger.222 1. Erste Tbräne. 2. Mit einer Rose. 3. Ave Maria! Von Robert Zimmermann 225 Bruder Barry vom St. Gotthardsberge. Von Karl Viktor Hansgirg . . . 228 l. An Elisabeth von Baiern. 2. Das Fraucnherz. Von Cajetan Cerri . . . 233 Sonett. Von Otto Frciherrn von Hingenau.236 Mein Oesterreich. Romanze. Von Adolph Ritter von Sallaba.237 Ein Reiter-General. Von Joseph Weilen. 239 Das Urbild. Legende. Von Joseph Tandler . - . . . . . 248 's Engclsköpferl. lNiederösterrcichisch.) Von Anton Freiherr« von Klesbeim 251 Das Begnadigungsgesuch. Historische Novelle. Bon C. Paul . . 254 Ein nächtliches Echo. Von Friedrich Hebbel ... 282 Weiß und Grün. Von Vincenz Zusner.284 1. Die Zeitlose. 2. Die Sucher. Von Anton Schurz.286 Seite Die Mutterthränc. Von Anton von Nie bau er.288 I. Felsenherz. 2. Der Bettler. Von Maximilian Löwcnthal.293 Waches Träumen. Von Karl Faukal.29S Der Winter. Von Karl Obcrleitner . . . . . 297 Der alte General. Von Franz Isidor Pro sch ko.299 Blumengedankcn. Von Karl Tennenbaum . .304 Das Lied vom Osten. Von Karl Hugo Rößler . . . . 306 Madonna. Von Wilhelm Gärtner.310 Das schönste Wandcrbild. Von Hermann Hilli sch.314 Die Schätze des Königs Munbas. Von Maximilian Lcttcris.310 Frag' und Antwort. (Niederösterreichisch.) Von Anton Ritter von Perger . . 320 Der Schutzengel. Von Ludwig Gottfried Neumann.323 Der Weihnachtsbaum. Von Franz Fitzinger . .325 Heilung. Von Moriz Märzrotb . .327 Atlantis. Von Marlo . .329 An das heutige Geschlecht. Von Ludwig Julius Semitisch . . . . . 33l In sinkenden Jahren. Von Emanuel Straube.333 Die Thräne. Von Sebastian Brunner . 335 Das letzte Sehnen. Von Friedrich Steinebach.339 1. Im Frühling. 2. Glück der Erinnerung. Von Ignaz Vincenz Z in geile . . 342 Sanct Katharina in der Schart. Von Joseph Zingerle .345 Aare und Tauben. Von Eginhard . .347 Frohnleichnams-Kränzchcn. Von Franz von Braunau.351 Grillparzers Porträt. Von Franz Holbein von Holbeinsberg.353 Aus meinem Tagebuche. Von Wilhelm von Metzerich. 355 An Edelweiß im Thal. (Niederösterreichisch.) Von Alexander Baumann . 359 Mit einer Büchersendung. Von Friedrich Halm. 364 l. Wandervögel. 2. Ruhe. Von Ludwig Scheyrer . 306 Ein Jubelgruß aus Böhme« Von Joseph Wenzig.308 1. Völker-Chor. 2. Gott und Welt Von Joseph Alois Moshamer 370 Sanct Veronika. Von J I. Hannu sch .372 Am Klavier. (Novelle.) Von Leopold Kompert 375 An den Frühling 1854. Von Ludwig Bowitsch .390 1. Abendgefühl. 2. Lenzempfindung. Von Emil Kuh .393 I. Verwundet. 2. Eines fehlt. 3. Tagewerk Von «dnard von Bauern selb . 395 Frühlingslieder. Von Karl Rick . 398 1. Liedergruß. 2. Siritha. Ballade. Von Johann Nep. Vogl.403 Frühlingsmährcheu. Von Alexander Vekk . . 407 Ein Wauderjahr der Poesie. Von Alexander Gigl . . 4l0 Wirklichkeit und Sehnsucht. Von Johann Fercher von Steinwand .414 Kaiser Franz Josephs-Lied. Von Johann Ludwig Dein Hard sic in .417 Der Hußür und sein Enkel. Von Moriz Gano .4l9 l. Morgen- und Abcndsteru. 2. Kennst Du cs? Von Adolph Kulka .427 Der Toast. Von Moriz Sieger! st ... . 429 Seite Weiblichkeit. Von Engelbert Maximilian Selinger.43l Das Weltall. Bon W- Constant.433 Lob des Gesanges. Von Theodor Holzapfel.435 Dem Mai entgegen! Von Eduard Heinrich Pokorny.437 Iagcllo. Von Anastasius Grün. . . 439 I. Zum 24. April 1854. 2. Des Kaisero Panier. Von Franz Lachse von Rothenberg .444 An den Kaiser. Von Joseph Streiter.447 Ergebung. Von Bartholomäus Edlen von Carneri. 449 Leier und Schwert. Von Johann von Lantus.45 l Die Blumen. Von Rudolph Fürsten von Liechlenste in .453 An die hohe Kaiserbraut. Von Johann Perth al er.455 Schlußwort. Von Joseph Christian Freiherrn von Zedlitz.457 4l>4 Alphabetisches Namen-Verzeichnis Alpcnburg I. N. Mahl-Schedl Ritter von.. 56 Bach Friedrich . 170 Bachmayr Johann N. 194 Badenfeld Eduard Freiherr von (Eduard Silesius) ... 26 Bäkody Theodor. >64 Bauern seid Eduard von . 395 Baumann Alexander .... 359 Bekk Alexander. 407 Berger Adolph Franz .... 222 öoroevio Meolau8. 4,VII Bowitsch Ludwig. 390 Braun von Brauuthal Joh. K. 3l Braunau Franz von (Franz Fritsch) .. 35> Breier Eduard . .. 215 Brunner Sebastian. 335 Carlopago (Karl Ziegler) I6l Carneri Bartholomäus Edler von 449 Castelli Ignaz Franz .... >25 LsterKisn Lamuol.I-XVII Cerri Cajctan ....... 233 Craigher Jakob Nicolaus . . 67 Constant W. 433 Dein Hard stein Johann Ludwig 417 Demeter D. XDIX vodi eck! X. lolraun .... XIX Dräxlc r-Manfred Karl Ferdinand 10 Ebert Karl Egon. 22 Eginhard (Gotthard Freiherr von Buschmann). 347 Lrdeir Karl Isromir.XXXIX Faukal Karl. 295 Feld ein-Rolf Mathilde ... 172 Fercher von Steinwand Johann 414 Fitzinger Franz. 325 Foglär Ludwig. 200 b'rsncesconi ?elix .... XIII kurelr Viuoenx. . XI-III Gans Moriz. 419 Gärtner Wilhelm. S1O Gigl Alexander. 410 Gilm Hermann von. 152 Grillparzer Franz. 114 Grün Anastasius (Anton Alexan¬ der Graf von Auersperg) . 439 Eusxalevrier lolrann . . . XXV Halm Friedrich (Eligius Freiherr von Münch-Bellinghausen) . . 364 Hammer-Purgstall Jos. Freih. v. 97 tt-ruka VVenre!. XXXI Hannusch I. Joseph. 372 Hansgirg Karl Viktor . . . V u. 228 d'Harno ncour Hubert Graf von 210 Hebbel Friedrich. 282 Hermannsthal Franz von . 132 Heusenstamm Theodor Graf von (Theodor Stamm) ... 188 Hilli sch Hermann. 314 H i n g en au Otto Freiherr von. 236 Hirsch Rudolf. >01 Hirschberg Adolph. >98 Holbein von Holbeinsberg Franz 353 Holzapfel Theodor (Crab) . 435 Horn Uff». ,8 OsIIosios Xnäreas. I.XXI 3eri8a Kranr do Bauls . . . I,Xl Kaltenbrunner Karl Adam . I u. >43 krsmiu8ki 3. IX U. 1'opor von XVII Hatsliureno8 Xloxandor . . I-XV Klesheim Anton Freiherr von . 251 Körber Philipp von. 180 Kompert Leopold. 375 Koubelc lostann ?.XXXIII sto-isnowicr Wclrael . . . XXIX Kuh Emil . . -. 393 Kulka Adolph. 427 465 31 Druct von Keck ä Picrcr in Wien — Papierene der L-ber« Eggendorfer Sabril. AH’Augusta Sposa, uc dal mio nulla a te levar son oso Regal Donna lo sguardo, e ’1 verso mio Dell’augusto tuo trono ai piedi io reco, Amor mi spinge e della gente il voto Che in questo di solenne il Ciel fe tua. Madre e Regina ognun di noi saluta Due cari e dolci nomi in te raccolti; Cari e dolci cosi, che la piu pia La piu sublime affezi'on non mai Corona ordita di piu santi nomi Intorno a capo femminil compose. Vergine sogno d’un mattin d’amore. Appena l’ali della vita impenni Che gia voli gigante e, pari a sole Lume e vita piovente, a raggiar movi Le speranze d’un popolo che, vario Di lingua e di costume, uno d’affetto, Dell’Augusto tuo Sposo il fren corregge. IX Tu ne’ rosei d’amor Iacci ne stringi A1 suo trono, o Diletta; e grande e pio E felice su noi stenda lo scettro Cui tanta speme infiora: e ’1 Ciel benigno Gli fortuni le pugne; e ’1 sacro ulivo Pace gli cresca; e ognor gli sieda accanto Di questo di la gioja in cui si cinge La maggior gemma della sua corona. Ei drizzi i vanni dell’augel di Giove A glori'osa meta; e ’1 yoIo antico Ognor propizio gli secondi Iddio. Tu le miti virtu della tua Casa, Fior gentile d’amore, in don ne reca; E benedetta in capo a noi t’assidi. Padova. Domenico Turazza. x Per le Auspicatissime Nozze (Idle LL, MM. Francesco - Giuseppe ed Elisabetta, Sonetto. Qiial la fredda stagion per neve o gelo Stende candido ammanto in sul Ceniso, 0 qual ridente sul materno stelo S’apre ai raggi del sole il fiordaliso, Tal racchiuso in divin mistico velo II saero voto oggi da Yoi diviso Cola s’innalza, u’ lo riveste il Cielo Del pin casto fulgor di Paradiso. XI Rare virtu, che alio splendor del trono Vostra Mente informar fin dalla culla, Suonan per noi Clemenza, Amor, Perdono; E la pace del Ciel su Voi ricade, Che speme all’uom nel misero suo nulla Viva mantiene alia piu tarda etade Vienna. Cesare l\oy A S. HI. L R. A.. Elisabetta, Imperatrice d'Austria, nel giorno delle faustissime sue nozze. Sonetlo. Stagion verra, che d’ Imeneo le feste Di si gran giorno — ancor belle e ridenti A1 tuo cospetto sorgeran rideste Nel suol natio di molte e molte genti. Vedrai del vasto Impero ampie foreste, Eccelsi gioghi, e rapidi torrenti, E di cento citta le gioie oneste Le glorie avite, i patrii monumenti. XH1 L Ma quando, al suon dell’itala favella, Di Yinegia i tesor — quando vedrai Le altere moli in riva dell’Olona, „Salve, fecondo suol! parte si bella „DeU’Ausonico ciel! salve — dirai — „ Gemma lucente della mia corona. “ Praga. Felice Francesconi. XIV Alla Sposa Augustissima. Di questo giorno Raggio, che spandesi A Te d’intorno, D’un vasto Impero. E tal risplendere Lo feo l’accento Di quel si fervido Tuo giuramento, Che tanto seppe Dir a GIUSEPPE. A n a c r e o n t i c a. E il gaudio vero XV Vedranno, dissegli, Nella Tua Sposa Contenti i popoli Un’amorosa Madre per essi Di figli stessi. Vedran la ten era Della Tua Vita Compagna amabile, Su cui fiorita Di virtu vera Vien priinavera. ft ELISA! . . Schiudere II caro accento Chi pud del fervido Tuo giuramento? Basta che il seppe II Tuo GIUSEPPE! Venezia. Filippo Scolari. XVI Gios radosci! Jezelim — Muzo — by! twym ulubienoem, .lezelis kiedy zwiedzala me progi, Dzis cie zaklinam na Olimpu Bogi, Otocz skrori moje twym czarownym wiencem, Rozgrzej piers moje twych natchnien ptomieniem. Bym radosc ludow swietnem uczcil pieniem, Bym wraz z innymi te pozyskal chlube^ Zem swiatu gtosit: „Felix Austria Nube!“ .lakoz zaiste od wiekow to godio Szio w pokolenie! A kiedyz zawiodio? . . . Radosc warn ludy Austryjskiej Korony! Proroeze gwiazdy szczesna przyszlosc wr6zj[, Wzajemny wezel umacnia dwa trony, Wzajemna milosc Laur poiacza z Roza! Sa to i Slawy i Szczescia zadatki, Mieliscie Ojca — a me mieli Matki; Teraz warn z Nieba wielkim losem padlo, W czul^ opieke najdobransze stadio, W slubnym pierscieniu dwa drogie klejnoty, Bijace blaskiem i Chwaly i Cnoty! Juz niebedziecie zadnych przygod czuli: Ojciec ustrzeze, Matka was utuli!. .. Niechze w czesc swieta tej Wysokiej Parze, W swiatyniach Panskich sptona dzis oltarze, Niech wszystkie ludy po Austryjskiej ziemi, Szla w Nieba dzieki i blogie zyczenia! Niech w huczne gody, W skore zawody, Wszystkie a wszystkie w znak uwielbienia, Wznosz^ swe pienia — A ty Galicjo wraz z niemi! Lwow. Jan Nepoinuccn Kaminski. XYill Echo od Karpat. Odwiecznych Tatrow niebotyczne szczyty ! Otworzcie piersi skal waszych gleboko, Aby dzwon echa, ze dna sere dobyty Pieciu milionow, rozlegl sie szeroko Pieniem rozkoszy, ze stesknione dziatki, Juz sie dzis tula i do Tronu Matki. Wszechwladnej dloni niesmiertelne stroze! Sere naszyeh zarem stopcie wasz swiat lodu, Rozglosem echa, jak Synai burze, Grzmijcie poteznie srod Habsburgow grodu: Ze lud, co Ojcu chowa krwi ostatki, Rad jq. w dzial sklada u Tronu swej Matki. Uroczych skalisk czcigodne olbrzymy! Nim wasze szczyty olsni pierwsza zorza, Rzuccie piesn nasz^, ktor^ z sere nucimy, Tam — na kochanej Bawaryi przestworza; Niech w calym kraju grzmi podzieka nasza, Jak^ za Matke wdzieezny lud wyglasza. XIX Odbijcie echa srod Krolewskiej sali, Jak lad z za Karpat wita Ja radosnie; Jak w nurtach Dniestru, w slarej Wisly fall Wal lez rozkoszy wyz lozyska rosnie Niebem, ze Matka, z cn6t aniulom blizka ; Bierze w opieke i nasze siedliska! Trzy kroc powtorzcie Cesarzowej Pani, Ze milosc ludu do podnoza Tronu, Co echa Tatrbw w hymn rozbudzil dla Niej, Nie zstygnie w piersi ani lodem skonu; Ze pizod Karpaty w ziem’ zczezna czelusci, Niz lud z za Karpat Jej Tronu sie pusci! Praga. X. Jan Dobiecki. XX Powitanie. W blasku pieknosci. w mlodosci kwiecie Zstapa monarsza oblubienica — Wiosna weselny wieniec jej plecie — Dunaj srebrzysta droga przyswieca — Ona do dawnych Cesarzow grodu Naprzeciw sloncu ciagnie z zachodu. J jakby sionce w hoid powitania Morzem swiatlosei skron JEJ oblalo — Dwanascie koron ku Niej sie siania, Sloneczna czoio zwienczajac chwaia — Dwanascie luddw kwiatem wesela W progi cesarskie t6r JEJ wysciela. Pomiedzy temi jeden z sp6ilud6w — Od niw rozlegiych dawne mu miano - Acz prdzen wielkich natury cud6w, Acz ziotorodnych g6r mu nie dano — Przeciez nad wiele innych bogaty W pola kwitnace i polne kwiaty. XXI J w piersi swojej kwiatow ma wiele, tatwo milosci^ dusza mu pionie; A kiedy kocha, natenczas smiele Spocz^c kazdemu na jego lonie — Jak ziemia polna stubarwnem wianem, Tak on rad sercem darzy wylanem. Wiec i w dzisiejsze swieto naroddw, Zaden radosniej, Koronna Pani! Twego przybycia nie wita godow, Hojniej im kwiatow nie sciele w dani, Nad lud, ktorego wielk^ uciecha Naszych tu gtosow brzmi siabe echo. Lwow. Karol Szajnoclia. XXII Wiersz rm dzien 24 6 ° Kwietiiia 1854- d rozjasniala na niebie pogoda Stubarwna tecza dla calego kraju, P^czek w kwiat rozkwitl, w Nim blysla Jagoda. Cudna, urocza, nadziemskiego raju! Use zielenieje, roztopnialy lody. W najezystszem swede i slohca i swiaty Dzisiaj miliony. dwa bratnie narody, Kazden weselne przyodziewa szaty! Kazden sle modly do Pana nad Pany, Tysi^czne echo w swi^tyniach powtarza Tam lud od Boga juz jest wysluchany Gdzie mysl od serca sercern sie wyraza! Dzisiaj lud wi^ze to jedno zajecie, Droge Obojgu kwiatami zasciela — Oh! bo to szczescie, szczescie nad pojecie, Cesarz w Aniele znalazl Przyjaciela! xxm A tym Anioiem nadobna Dziewica Ktoraz Jej wdziekom wyrowna kobieta? Jej boski usmiech narody zaetrwyca A tym Aniolem, krblewna Elzbieta! Dzis naszq. Pani^, w Cnoty tak bogata Z naszym Cesarzem tron i berlo dzierzy — Hzadzic z Nim bedzie w diugie diugie lata — Hold nasz skiadamy jaki Jm nalezy! Komie zginamy przed Nty dzis kolana, Perle Bengalu jakze znalesc rzadko — Ona wlasnosciq Cesarza i Pana, Oa nam jest Ojcem, Ona bedzie Matk^! Lwow. Wlncenty Tliullic. XXIV Ke slavnemu snatku. Kvete rfiifce za fteskyrni lesy, Vyhledal si rufci Cisaf satn, Blaha nad8je se snasi k ndm. Rozh'hej se radost, jasot, plesy! Sem poneste kviii mlade devy, A mladenci kone sedlejte, S venci chote s choti hledejte, A svatebm prozpevujte zpevy. Plesy ty nam samo nebe dava! Zdravi biufte mladi manzele, Provazej Vas vsudy vesele Stesti, radost, blazenost i slava. Slava, slava hrdinskemti krali, Slava Jeho mlade neveste, Slava krajem, slava ve meste, Slava, slava na blizku i v dab. XXXI V skvostny pruvod lid se valne mnoih', Specha spatrit panstva sveho tvar Vyjasnenou jako ranni zar, Kratfejici k snatku pred trun bozi. „Buh hojneho udel pozehnani! Buh Vas milostive vzdycky chran!“ A lid vola: „Boze, tak se stan! To jsou nase prosby, nase pfani.“ Slava, slava na blizku i v dali, Slava krajem, slava ve meste; Slava nejjasnejsi Neveste, Slava, slava hrdinskemu Krali! V Praze. Vaeslav Hanka. ! xxxn Ozvena Ceska. Jak kdyz mine zima trvanliva J kdyz na zemi se uhosti Vesna, vsechnem tvorum privetiva Pestounka i luk i polnosta, Tak ta nevesta nas potesila, Kterai Cisari se zasnoubila. Od hor Krkonosskych do Moravy, Od Dunaje po vsech kon&nach, Kde£ ted’ pod stejnymi omlad’ pravy Narod oslaveny v dejinach: Hrady, mesta vesnieke pak stanky Nove naplnily radovanky! Slava i zas slava! ozyva se, Kdezto slovansky je slyset hlas, Neb se nad nami skvi v nove krase Se dvou jasnych slunci jarni &as, •lenzto v rolmcich tu viru mesta, Ze nam Buh da tirodu a siesta'! XXXlli Hletfme na kralovskou na§i Prahu. Jak se ona cela raduje, Ze ted k manielskemu krafii blahu krai, Jeji narod verny miluje, Slavna Praha, hlava 6eske vlasti, Krale jareho se test' slasti. Ulouho ledy inocnv Buh at chrani Krantiska i dobrou Alzbetu, Aby Jejich stastue panovani Pomahalo vlasti rozkv&tu. Aby fe£ i vfernost 6eske zeme Po nas zachovalo nase pleme' V Fra T.e. .Ian P. koubek. I_J j -J XXXIV Plesani Cechu. i^rasna ruze; kmene vzneseneho, V nizto sobe zasvetila chram Laska panovm’ka rytirskeho, Skvela trunu hvezdo vitej nam! Narodu rakouskych zbozne hlasy Vznaseji se k nebi s modlitbou: Kroky Tve by zehnal andel spasy, By Te piijal pod ochranu svou! Lid Tvuj cesky v proslule vernosti V dobach trudnych krvi stvrzene, I’anovnice! k trunu Yelebnosti Tve tez s vrouci srdce prosbou Ine By Jsi jemu pnmluvnici byla, Jak Eliska, Pfemyslovcu kvet, Fvtera narod lasky vencem kryla, Trvaji'eim dokud trva svet. xxxv A jak Alzbeta, jez Karla sveho Perutim modlitby chranila, *) Cherubem bud’ krale vzneseneho, Jej^ nam milost Bozi zvolila; Nad Vami necht svata duha irn'ru Ramena sva jasna rozklene, By Vas v budouciho casu viru Zehnaly jen lesky blazene. Narodu rakouskych perlo jasna, Zanci na srdci rytirskem, Laskou, slavou, velebnosti stastna, Shledni mile i na Ceskou zem; Tam Te vitaj vernych Cechu sbory, Cela zem jest vroucnych citu chram, Vnemzto opetuji lesy, hory: Krasna trunu hvezdo vltej nam! V Praze. Jail Erazim Woccl. *) Kdyz r. 1371 Karel IV tezkou nemoci na hrade Karlsteine sklicen byl, vydala se zbozna cisaiovna Alzbeta pesky na poui do Prazskeho chramu sv. Vita; kdyz pak, vykonavsi u oltafe sv. Sigmunda vrouci modlitby za uzdraveni chote sveho, opet na Karlstein se vratila, uzdraven byl vzneseny manzel jeji. XXXVI City Cechu. Cisarska nevesto, hvezdo trunu, INarodu Svych strazny andeli, Vitej, vitej v rise krasnem lunu, Pan Ti pozehnani udeli! Vitej v srdei rise na Dunaji, Kvete z kmene vladcu spanily! Labe, Vltava Ti uctu vzdaji, Hody jich svou krev by cedily. Alzbeta! pfi sladkem zvuku jmena Verny Cech se slasti zachveje; Tak mu sloula vlasti mati ctena, A Ty vkracis v jejx slepeje. Vzhledni k Orionu na nebesku, Mec mu valny s stitem hvezdnatym; Tak Tvuj Ghot — nas Vladce v slavy lesku S srdcem ctnosti, virou rozzatym. AXXVll Narodove rise, slasti novou Zaplesejte k nebes blankytu; Sila se s neznosti liliovou Snoubi pred oltarem v soucitu! Nuz otevrte nebesa se cele, Andele sstupujte z raju svyoh, Pocelujte Snoubence na cele, Ylozte na skran vencu nesvadlych. Tvorce! svlazuj rosou Sve milosti Yence ty pro blaho narodu, Jsou to vence lasky, viry, ctnosti, A ty daji krasnou urodu! Pro Yas, nejjasnejsi Snoubencove, Z milionu srdcl prosby jdou: ..lvrali kralu dej at Jejich dnove Jednim snatku dnein bez konce jsou!“ Pribrami. Vacslav .laromir Picek. XXXVIII V e s t b a. Praha spala v huste pare railin', Jasnou zari zplanul Vysehrad, A v te zari bila, krasna pam, Stolec krokuv zlatoskvouoi za in'. V pravo. v levo panen tichy rad. Na vyslupci stala nad Vltavon. Zraky jeji ztraeely se v cas; Modrotemne nebe nade lilavou. Vazne zvedla raku svoji pravou A z list vestj’oh slavny vanul Idas: „Slunce vidim na jihu te chvile, Otcuv slavnyoh syna jasneho; Slunce vidi'm v mlade jara site, Ana jemu touzebna je pile K druzce rodu rovne vzacneho.“ XXXIX „Lunu vidim svetlonosnou v seru, Jemna zar se od ni prameni; Lunu vidim vzchazet nad Jseru, Bavarie druzne jasnou dceru, Ano k slunci jeji touzeni. 11 „Zasnoubi se s lunou slunce jasne, Novy, nevidany vzejde den; Zkvete mir a slava neuhasne, Bude hsi blahobyti spasne, A tyz snatek vecne veleben!“ V Praze. k. Jaromir Erben. XL Z Moravy. Zare zableska nachova s nebeskych Popluzi; blazna prochodic co rajske Proudy slasl v srdci'ch vselikych probouzi Yesnu radosti. O! Kdo tak sladkym pocitem Te, vlasti, Rozplesal? Svatkem kdo odel blahostnym Zvury tve? Stastna’s! Na takou ti dano Patriti slavu! Ajta! Z pratelskych milena se Knezna Bere k nam konfiin, vznesena co slunce Svetlo vychodm, spanila co zai-e Luny milostne. Pojd’, o pojd’! S vroucnou ode drahna tuzbou Veskeren narod Te eeka a prahne V ucte bezmezne celovat Ti Tveho Obruby roucha XLI Pojd’, o pojd’! Vita to blahe s radostnou Utrobou pnsti premily Panovnik. Pojd’ a h'bezne v korunu privijej Blahy Mu riize. S vyse blankytne ukochat blazeucu Pospecha zastup ve Vase-m se snatku, A v libem slasti trvalych vylivat Usmevu cisi. Tuhle pak modli k vecite vselasce S upeni’m narod se nici, by jasne Yam vzdy v nezvadle se ve zari leskla Dobrota Pane. V Brne. Frantisek Susil. XLII Hlas Moravanu. ZIelena se dul i hora, Zbuzen jarni, ranm sum, Zjevila se nova Zora Ysem Rakouskym narodum. Div divouci: na zapade Vystupuje Zora dries Y nevidane posud vnade, Jasave Ji vita pies. Y Jejim lesku hie se skveje Vychod, zapad, sever, jfh, Slavozpev se hlu6ne peje Ve vsech zemi’ch Rakouskych; Zvufite tez Moravske zpevy Eli^bete k oslave, S Ni nadejny den se jevi Take drahe Morav6. Vitame Te do Austrie, Cisarskeho do hradu, Ivazde srdce lobe bije, Jasna dcero zapadu; Milo jest nam Tebe zvati Lasky plnym hlaholem: Nasi kneznou. nasi mati! Vita Te Moravska zem. Blaze Tobe, nam i Jemu, Jenz Te do Svych zemi zval, Bohatyru mladistvemu, Jen2 Ti trim a srdce dal. Brej Vam stesti, prej Vam slava, Zrustej Jeho sily chlum, Stastna budiz Jeho zprava, Pevne stuj Bakousky dum! Ve Vidni. Vincenc l urch. XL1V Slavozpev Slovaku. Hons v milostnem usvite blankytu Dni 6 pfeslavny! Ai, v nebi zasvecen Jsi v narodu velkou budoucnost, V June chova je co svem Rakousko Jest slavy knizat den veseli'm lidu, Dunaj v mohutnem se plesu rozvlnil, J s chlumu tatranskych se vznasi Pri'vetive nebesum plesani. Pani! ve velkycb Tve v diadem celo Na trune ci'sarskem se ovaz spolek: Dostojno jest vzacnym ve vzacnych; Byt velikym velikych je bo£ske. XLV K oltari kraciz Ci'sari k odmene, Na ci’sarsky trun narody zehnati: Te v modlitbach zboznych zprovazi Zastupy: Buh Tobe dej v£dy stesti! .1 cisarsky dum Ty v blahu rozveleb, ,J jmeno Tve Slav slastne ziva pamet Rodu budouci'ch, tvare jasnost Tve vMy jeviz blazenost nebeskou. Bud" narodu ctnych laska mila Tob6, Dubou bud’krasnou miru a poklidu: Vrahum v postrach — nam bud’ k blahu Tvuj Trun a nemej sobe rovna v slave! Ve Vi'dni, Karel Kuziiiany. XL VI Cesarska prositba. S prijestola zlatna starodavna Car mladjahan polom svieta vlada: Zevs je moci, licem Feb, a strukom * Achill slavni i desnicom rukom. U ruci mu munje i gromovi; Ukraj njega dvoglav or6 stoji; A pod njime narodi bez broja Njime diini, svakom dobru vibni. Orle derzi sibiku od zlata, Der2i orle od zlata jabuku: Ov put na njoj zlatno slovo pise: „Najliepsa je koj dodjem u ruk Tad sur orle mahnu pod oblake Nosec sobom gospodstva sibiku I jabuku od suhoga zlata, Pak se nebu pod oblacim vije Tere motri gospodske dvorove I u njima za cara dievojke, Gdie da spusti zezlo i jabuku? Kad to knezke kceri sagledale, Vezen rubac svaka razgertala Ter se tiho bogu utiecala, Nebi li je dopala jabuka. A1 bog dade, JELISAVO jasna, Od svieh Tebi, jer si mila i krasna, Pirni persten u krioce pade; Od svieh Tebi, kano Parid niegda Ali s boljom nego onda kobi, Oro slavni svu'jabuku dade. P Zagrebu. Ivan Mazuranic. XLYUI Krajisnik. Crvenkapa sred cardaka Na vjernu se opro saru, Na lieu mu vise znaka’ Da je vi6an bojnom zaru; Nu sijed mu brk se smije, Iz ocih se radost sjaje, Neobican plam ga grije Sav se 6ini blazen da je. Uspomena zar ga zane Ko za tamom biela zora Na krvave, slavne dane Od Tapija Beea. Mora? XLIX 11 ga nuka opet nada Da prolije krv za cara I pokaze da svedj vlada U Hrvatih vjeraost stara? — Drugi glasi njega blaze: „Car si ljubu vodi u dvore u To je njemu joste draze, Yoli nego sve lovore. Kli6e junak i klik to je Sveg njegova vjerna roda: Zivi care! Sve dao je, Njeznu majku tko nam poda! U Zagrebu. Dr. D. Demeter, i_ l Podloznicki poklon IVjezinu Velicanstvu Presvietloj Carici Jelisavi it ime krajine. Jounce vodi rujnu zoru, Vodi dragu svome dvoru U grimiznu rumenilu, Da imade driigu milu! Sjatilo se jato ticah, Drufcnih ticah lastavicah. Oko sunca Iiece jato, Da pozdravi zore zlato. S druMcami tu se sasta Iz krajine brza lasta: Da zapjeva oko dvora. Dje uz sunce sja se zora. IJ Lastavicu iz krajine, Prije, neg ce poc s planine, Naska Vila ulovila, Izvezla joj laka krila. Na jednom joj izivera Sjajna slova oil bisera: „Sunce nase, sjaj nam milo! Mi za Tobom kudgodj biIo!“ A na drugom veze krilu Zlatnom rn'ti rieccu inilu: „Rujna zoro! srecna sini Preradostnoj carevini!“ Sunce nam je, sto nas grije Franjo Josip, car Austrije; Zora rujna, sunca slava, Carica je Jelisava! A la druzna lastavica Pred prejasna dosav lica — To je pjesma srecnoj sgodi, Iz krajine sto dohodi. U Zagrebu. Ivan Trnski. i.ii Na slavu vecanog vencanja Njegovog 1 Velicanstva Franca Josipa I. cara od Auslrie. Uranio mladi Care, S eela brigu da rastare; Uze strelje i kopove I na hitre ode love. Lov bijase pust nemio, Daleko ga odmamio; Mimo jelah mimo bora’ Do bavarskih gustih gora'. Tu bistroga iz potoka Skoei zverka krasnooka; Lahka berza kano ptica, Jedna mlada kosutica. LIIl ' Lovca stegnu eudna muka, Terze strelju On iz luka; Prignu oko i nagodi’, Zver u same serce zgodi. Zverka pade, car dopade, Ah i lovca bol zapade! Jer to gorska ne bi zverka Vec kraljevske kervi kcerka. Na konja jn Care mece, Pak s njom berze k dvoru krece. S Bogom care sokolova’! Dostojan si lakvog lova! Ti kraljevsku uz tu momu: iNosis svomu srecu domn. Sebi Ijubu, rodu snasti A nam dobru majku nasu. U Novoj- Gradiski. Josip Marie. I.IV Slovenije dar, Kaki god, moj Car, praznujesS, Ki topi mi v raj serce, — Z zenko Ti se porodujes, Ko hrume drugot vojske! — Vse sestrice moje verne Cvet darov posiljajo, Y celem domu stostoterne Strune slavo pevajo. Ah kaj hocem jaz podati Verna zmiraj, vdana vsa, Ko ne plava v blagu, v zlati Mala moja zemljica? — Dve cvetlici pomenljiyi Z gorkim sereom Vama dam, Da bi bile pricSi zivi, Moje ielje jasen znam. L1X Rase jedna na planinah, Ojstri pihi jo brij6; Rase druga na ravninah, Mili dihi v njo dijo. Kakor sneg je perva bela, Jasna kakor solnca svit; Rujna druga i zarela Kakor jutra zor razh't. Perva, Car, naj bode Tebi Zlahtna „gorska zvezdica“; Drugo. Carnja, vzemi sebi, Ko je znam Tvoj — „ro2ica.“ Perve svit — pomen pravice, Druge zor ljubezni zar; — Kake sreee poroduice! — Znamnje nju Slovenje dar. V Gradcu. I>r. liovro Toiitan. Pozdrav slovenske gerlice. Ko svetiti zaeenja vzhodno se neb6 Y cveteeem blesku milosjajne zore, Vzbude se gaji, polja in zelene gore, Ter svecano presumljajo krilate kore, Ki dnevu pevajo slavico jutranjo. — Zmagavno vstaja lzza tamin prijazni dan — prihaja t njim Avstrije spomlad, milinovencana ELIZABETA, Carinja! I vrisk pozdravlja od roda Jo do roda, Da jek leti od vzhoda do zahoda, — Od juga pa golci v radosti vzmaknjena •• Slovenska gerlica: Bog Te sprimi, angelj mira, Svitla zarja milsih dm'! Vse obilje blagrovira Svoj’ga eez Te Bog razli! Kamor stopis, kali sreea, — blagor, kjer prikazes se, Solncu TYojega ocesa usahni solza revseine! Tvoj smehljej bod’ mila utazba, glas Tvoj vestnik milosti, Carja bran molitev Tvoja. — radost Tvoja vrisk ljudi! S Carjem venea Te desm'ca Bozjega namestnika. — Slave bodi Mu danica. Svit zivljenja. lek serca! Oj svitlobe. velicastja. ki nasproti mi blisci, Ki razsiplje eez oeino iskre nove blaznosti! Yse cvete, zori, bleskeee — vse septa mi vzhitjeno: „Sursum corda!“ Angelj bdi nad omlajeno Avstrijo! Dika nasa, ljubav nasa, Svitle dobe mavrica! Serce vriska, jek odglasa: Bog Te sprimi, Kneginja! Na Dunaji. Franjo Jerisa. LXII Votul romanilor. fn timpuri fluptuose pasi’si la Tronu Cesare, Geniu plapendu de dile, caruntu inse de svatu! Si’n scurtu puse’si, o Sire, pe lume la mirare Prin fapte gloriose. ce 'naltia alu Ten Statu! Acera duplicata insuffla reverintia, Pe unde’si tinde sborulu, pe mari si pe uscatu; Poporele ’nfratite marescu in umilintia Cu nume de: „Parinte“ pe bunulu Imperatu. R dulce rnultu recorea sub pomi cu umbra dessa, Pe cari in tineretie tu insu’ti i’ ai plantatu; Mai dulce inse. Sire, candu mana’ Ti cea allessa Rechiama dein ruine maretiulu nostru Statu! Lipsea anoa unu angeru, cu care in vieatia Se nparti cu fragedime a Tele bueurii, Si care se’ Ti allunge, ca ventulu, ver ce ceatia S’ aru pune ’n timpuri grele pe ochii Tei cei vii LXIII Lipsea anca o Mama, la care se allerge Femeiele remase de bravii loru barbati, Si care, ca Regina se pota ver candu sterge Suspinele ce varsa orfanii neculpati. Bavaria Ti presenta o Nimfa gratiosa, 0 rosa purpuria, corona intre flori; E bella — a Tea Mireasa, Saftitia cea formosa, La care se inchina ai Tei locuitori! Popore pe’ntrecute allerga se depuna La Tronulu Maiestatei loialile sintiri; In larga-Imperatia unu versu numai resuna, Orandu vieatia dulce maretiei Insotiri! Romanulu simplu-in tote, cu inima deschisa. Da laude la Ceruri si striga ne’ncetatu: „Traiasca-in fericire formosa Principisa Saftitia, cu Franz-Josefu, Augustulu Imperatu!“ Sabmiu (HermannstadQ. A. Miiresiaiiu. LXIV April 24-dike 1854-ben. JBajorhazabol jott kozenk Gizela, S aldas virult az ifju hon felett; Es oldalan dicso Istvan kiralynak iidvhdz vezette a hos nemzetet. Bajorhazabol josz Te is, s korotted Bajkellemed varazsa tiindokol, S csarzari Fcrjed oldalan lebegven, A hu magyar fonhangon iidvozol! Te fenyderiit hozasz csillagszemedben Szivedben dseidtol nyert erenyt, S mint a tavasz viragot hord magaval, Te egy mosollyal adsz orom-remenyt. LX1X Te josz ; hogy annyi millio sziveben Lelj szirtkemenyen alio tronhelyet; Te josz kozenk, hogy annyi millionak Ved paizsaul kinyiljon kebeled. Oh! szent e frigy; lebegjen istenaldas Te rajtad, es csaszari Ferjeden; A beke kdzt vagy adaz harczviharban Gyonyort, vagy enyhet leljen kebleden. Az ilju hos Tied most mind halalig S Te is mienk vagy igy 6 altala Ereny-magasztos szivetek frigyeben Egy szep jovonek ebred hajnala. Odv nektek! im hii nemzetek virasztnak Orangyalul szerelmetek felett; A hon javaert s tronotok diszeert Forro imara fonjak a kezet. S legyen, hogy a jovonek gyaszoleben Keservetekre keszttl harezvihar. Inogni nem fog tronotok talapja Mig el az os hazaban egy magyar! Festen. Sujanszkj Antal. LXX Hy mnus. Alkotd, ald6 atya, oh nagy Isten! Nezz le felseged magas edenebol, Zsamolyodnal im! fejedelmi hii Par Terdre borula. Bajolo latvany! sziizi kecs virulo Hosi Fenseghez rokonul, bogy egyrnast Boldogitolag soha nem hanvatlo iidvnek iiriiljmi Milly igezo a liliom havaval Zdld baber mellett! s ragyogo kituzott Ekszerek halman az arany-szegelyes Langtiizii gyemant Milliok hangjan riad e dal: oh legv Udvoz es aldott Ara, «j hazadban! Nepek, orszagok magasull remenybeii Allriak Blotted. LXXI Asszonyunk, Vednonk, Oromiink, Remenyunk! Holdszelid fenyben mosolyogj le hozzank: Mig dieso Ferjed ttize, egi napkint Onti sugarit. Angyal - ihlettel deli homlokarol A setet gondok boruit simitsd le; S zalogul tobb szep csemetet mutass a Boldog Atyanak. Szent frigy! aldasdus kegyeletnek orvendj; P^ldakep bajold el a nagy vilagot; Tronodat lu'r, dues, s hataloin koritse, S vedje orokre. Alkoto, aldo brok Ur, nagy Isten! Ints le f'elseged magas edenebol .,L’gy legyent ;< : inert ho sziveinek buzognak Hala - imakban. Pesten. Jnllosics Ymlras. LXXII Orom Hangok i Mi az? Erdely os vadona harsogo morajtol zeng! Geza az Apostolt nemzo Sarolt’ kezeert eseng. Vajda batya megtartando itt is az osi szokast, Mond: ki nem talalja a czelt, ne elvezzen aldomasl Megluvatvan a riado, — ott f'ut egy deli szarvas. Pillanatban sziven kapja hos Par tegzebdl a vas. A Taltos josolt: Vezer urain illyet Biivesz kesem eletemben soh’se szelt! Ki latott valaha, — es ki tudja init jelent? Egy allatban keresztbe not! ket szivet! Itt a Taltos komoly arczszint oltott. S felkialtott: Hadiir frigyet kotott. Frigyet kotott hatalmast, es kivel? Gyula Vajda eros Istenevel! LXXlll II. Csoda hazassag hire a Szittya f'ajt Csodabb erzettel tolte el, s iitott zajt, Nines toll, ecset, nines veso oily mesteri, r Erzelmoket melly tudna lefesteni. Udvot e nep a fold termeben lele, Mellyen szeme kejittason legele Orome koesag toll, s parduez kaezagany, Bizodalma a felmazsas buzogany. Felnem fogbata a mil beszelt Geza Hogy ott fenn van a valodi os baza. „Nem, nem tudjnk, nem is erthetjiik mi ezt, Botond bardja. s ezzel a szelid kereszt 11 ?! III. Osz Adalbert Ersek erre elo all Testet foszlany talar, meliet osz szakal Kode, s esendet ker, szemet az egliez fel Emelve, tortt hangon nekik igy felel: Im az erds Teuton nep nek Mar reg szelid vallasa, S mind e mellett hoi van ennek A esata teren masa?! Beke napjan dltaranak Zsamolyanal leborul Csalakdzben karja alatt Ellensege Ibldre hull. Szerintem e harezos neppel Ordk frigyet kbtndtok kell. LX XIV IV. Krigyet kotiink, frigyet — kialt Minden ajak, — szerezd meg hat Vajk szamara a kertt arat Bajorhoni szep Gizelat!! Megkottetett: mellynek evlap Nem mutathatja fel masat Kilencz szazad dta erzi Honunk annak dus aldasat. Im! itt is a fo tenyezd Volt a fejdelmi mennyekzo. V Kimerte Isten a tudas hatarit Embertdl elfdde a jovo titkait Nem iigyel o tegnap, s mara Nala nincsen ma nines holnap Im eloall egy szavara Istvan korabeli szep nap. A bitalapitd szent fot. Elvitni fol hiva Romat, S kiild Apostolt illetd not, A Bajorhoni Gizelat. Most mi don a Csaszar — kiraly Fercnez Jdzscf az ds hazat Kormohatdl megtisztita, Fold nyita meg rideg gyomrat LX.W Vissza advan rejtett ekit Koritendot halantekit. Bajorhon adds itt se lett, Fblmutata Erzse'betel! VI. Jojj ifjadott hazank eke Kebel var rad szaz meg szaz, Kit az oskor szent emleke Mar elore koronaz! Jojj s parancsolj! — os leczkejet A Magyar nem feledte „Moriamur pro Regina “ Szive melyebe veste. Jojj, s parancsolj! egy szavadra Szaz halalra keszen all, Ha valahol, e nemzetnel A ver vizze soh’se vail. Bees. Nagy Miklos. LXXVI 3n l>5l)mifrt)tr Spradjt non: Wenzel Hank a. XXXI Johann Pravoslav Koubek . XXXIII Johann Erasmus Wo cel XXXV Wenzel Jaroinir Picek .XXXVII Karl Jaromir Erben. ... XXXIX Franz Susil. XL1 Yincenz Furch .. XLIII Karl Kuzmany . XLV 3ii krontifdjer Sprodjt eon : Ivan Mazuranic . XLVII D. Uemeter . XLIX Ivan Trnski . LI Joseph Marie . LIII 3n ftrbifd)fr Spradje eon : Johann Subbotits . LV Nicolaus Boroevic . LVII 3n floornipdjtr Spradft uon : Lorenz Toman . LIX Franz de Paula Jerisa . LXI 3n rmiiallifdjtc Sprndjc O on : Andreas Muresianu . LXI1I 3n ntuarifd)tfd)tr Sprndjc uon: Alexander Katakuzenos . LXV 3n nrmrnifrijtr Sprodtt uon : P. Samuel Catergian . LXVII 3it tmijijiirifdjcr Spritdje uon: Anton Sujauszky . LX1X Andreas Jallosics . LXXI Nikolaus von Nagy . LXXIII