Laibacher Wo ch e n b l a t t zum Nutzen und Vergnügen. Frey tag den 23. Iuly. '815- Ueber den blauen Montag der deutschen Handwerker. <«>or kurzem wurde in einem öffentlichen Blatte geklagt, daß die Unoollkommenheit deutscher Fabriken und Gewerbe, zum Theil auch von dem mindern Fleiße und der mindern Ruhe der deutschen Arbeiter und Handwerker herrühre, welche ausser den Stunden der Arbeit, die ohnedem häusig so sehr als. möglich verkürzt werden, ihr Leben in den Schenken zubringen und demnach nie recht bey sich sind, sondern einmal mechanisch arbeiten, und das anderemal mechanisch lustig llben. Hiebcy wurde bemerkt, daß der englische Arbeiter die Woche über sein Tagwerk verrichte, am Sonntag die Knche besuche, und den Nachmittag in häuslicher Ruhe, und zuweilen mit Nachdenken zubringe, während der Deutsche, nicht zufrieden den Sonntag im Bierhause zugebracht zu haben, auch am sogenannten blauen Montag, und vielleicht noch in der Mitte der Woche,, ähnlicher Zcrst>cu-Nttg, wenigstens zum Theil verlangt. Ob dieß wirklich von so großem Einfluß ist, soll hier nicht untersucht, sondern bloß angeführt werden, daß gegen den blauen Montag im Jahr 1731- bereits Kaiser uno Reich eifenen,und ihn durcb einReichs-gesetz untersagten. Noch 1764 und 1772 wurde dieß Gesetz , das früher wenig befolgt und in vielen Rcichslanden gar nicht bekannt gemacht wurde, erneuert, ohne jedoch allgemein den gewünschten Zweck erreicht zn haben. Die Entstehung desselben geht ins i6te Jahrhundert zurück., Damals wurden die meisten deutschen Kirchen in den Fasten blau ausgeschmückt, und die Handwerker singen an, die Fasten-Montage durch Unterlassung aller Arbeit zu feyern. Dieß thaten Meister, Gesellen und Knechte': alle vertrieben sich die Zöit durchEssen uudTrinken, und ermunterten oder forderten sich wechselseitig dazu unter dem Zuruf auf, daß heute blauer Fastmontag wäre. Als sie die Wohlthat dieses Nichtsthun gefühlt hatten, dehnten die Liederlichsten das, was Anfangs bloß Fastnachtslustbarkeit gewesen war, auf alle Wochen, auch ausser der Fastenzeit aus, und veranlaßten die Uebrrgsn nachzugeben. f So cmstand d^r blausMontag durchs ganzs Jahr. Aber dieGeschäftslosi.qkett an zwey Tagen erzeugte die gröbsten Ausschweifungen , Tumulte, viele Todtschläge und Mißbrauche aller Art. Die Klagen wurden allgemein, der unthätigen Menge fielen allerley lustige nnd boshafte Schwanke ein, es entstanden häufige Unruhm und endlich mußte Kaiser und IUich darüber zu Rathe gehen. Den Auvschlag gab noch folgende B-gebenhcit. Die Schuhmachergesellcn zu Augsburg hatten l 726 einen aufrührischcn Briefwechsel mit den:n zu Warzburg geführt, und bedienten sich dazu des Hanowerkssiegcl, das sie zu diesem Ende aus der Lade ent^ lv.'ndet hatten. Der Magistrat untersag/ te ihnen dieß, sie aber behaupteten es sey ein Eingriff in ihre R'chte und er kön-n> es ihnen nicht verbieten. Ehe dieser Streit beygelegt war, kam hmzu, daß einigo, die durch Schlägsreyen beym Magistratin Geldstrafe verfall:« waren, einen neuen Unfug aufbrachten. Sie wollten die Strafe nicht allein zahlen, sondern behaupteten Schuldige und Unschuldige müßten gleichen Antheil entrichten. Wer das nicht wollte, und nicht gleich gern und willig seinen Antheil hergab, erhielt den Schimpfnamen eme« Spöttischen , alle übrigen aber wurden Brave genannt. Wo diese nun einen Spöttischen sahen, so beutelten sie ihm. Em solcher wurde nämlich bey den Ohren jund Haaren gefaßt, gezerrt, gerupft, geschüttelt, gestoßen und etliche Male herumgedreht, so daß mancher Gebeutelte alles Bewußtseyn , mehrere aber das Gchör verloren. Wollte der Spöttische das nächstemal nicht eben so behandelt werden, so mußte er alle Mißhandlung geduldig ertragen, und zuletzt wenn es der Rotte Braven auszuhören beliebte, sür das Empfangene bestens danken, und laut versichern: es sey ihm Recht geschehen. Um diese schöne Gewohn- heit auch m andern Städten einzuführen, unterhielten sie mit einigen Gesellen zu München deshalb einen Briefwechsel, der aber verrathen wurde. Nach mehrern Händeln, die darüber mit dem Magistrate vorfielen, verließen in einem allgemeinen Aufruhr 107 die Stadt, nnd schrieben von Fcie>berg aus, wo sie sich hinbegeben hatten, an ihre Mitbrüder nach Leipzig, Dresden, Berlin u. a. Städte in der kräftigen Handwerkssprache wie folgt: „Wir haben einen Aufstand machen „müssen, mitdiestn, daß wir unsre al-„ts Gerechtigkeit behalten, und berichten „Euch, daß keiner nachher nach Augsburg reisen thut, was e'm braver K^rl „ist, ode? gchet er hin, und arbeitet in „Augsburg: so wiro er seincn verdienten „Lohn schon empfangen, was aber, das „wird er schon erfahren." Dieser Aufstand machte in ganz Dcutscb-lan) Aufsehen, und da ähnliche anderwärts statt hatten, da die innere Ruhe der Städte häufig gefährdet wurde, und Unordnungen jeder Art statt hatten, kam es auf dem Reichstags darüber zur Sprache. Es erfolgte 1731 ein Reichsgesetz gegen die vielen Mißbrauche und gegen dcn blauen Montag, .das selbst vom Könige von Preußen in den Brandenbur-gischen Landen strenge befolgt wurde. , »M «W ,l»> Glaubwürdiger Bericht über Ver-thiers Tod. (Fortsetzung.) Schon seit der Erklärung der Miirteu vom 13. März d. I. gegen Napoleon herrschte das Gerücht, daß ein Corps Russischer Truppen durch Bamberg nach Frankreich zich.n würd«. Ende. Mays and zu Anfange Iutt. rrafsn gegen 70,000 Mann größtencheils Fußvolk zwischen Schweinfurt, Codurg, Cronach, Baireuth, Nürnberg ein, und das Haupt Quartier dos Feldmarschalls Barclay de Tolly wm-de in das Lustschloß Seehof verlegt. Am H. Iunius zoqen gegen 5000 unvergleichlich schöne CsvcUleristen mit prächtigen Pferden durch die Stadt Bamberg, in deren Mitte sich der schon einige Tage früher >'n,getroffene Gtneral von Sacken mit seinem ganzen Stäbe befand, um die einzelnen Abtheilungen vor sich vorüber reiten zu lassen. Kaum war um halb 2 Uhr die letzte Abtheilung dieser Reiter vorüber, so verbreitete fich plötzlich das Gerücht durch die Stadt, daß dor Fürst Verthier so eben vom Fenster der R.'sidmz herabgestürzt, und ganz zer? schmettert sey. So schrecklich diese Nachricht :var, so wurden doch diejenigen allgemein verlacht, welche ihr einigen Glau-btn bemessen wollten , vielmehr hielt man dieftlbe für eine Erdichtung muffiger Köpfe. Indessen wanderten doch sehr viele dm Domberg zur Residenz hinauf, um sich von der'Wahrheit oder Unwahrheit zu überzeugen, und leider kchrten alle höchst bestürzt zurück, da sie das Gerücht bestätigen mußten. Sogleich ftröhmten aus allen Stadtbezirken Leute von allen Ständen auf der Ludwigsftrasss, um die Höhe von 65 bis 70 Schuhen anzuschauen . von welcher dieser durch seine Talente so ausgezeichnete Fürst herabgefallen war, und seinen gefunden Tod hatte. Im Staunen verloren dachte in den ersten Stunden Niemand daran, ob ein unglü't-licher Zufall oder Entschluß einen Tod herbeigeführt haben konnte, welcher nicht bloß auf Bayern wegen des Familien-Bandes, auf Napoleon und die ganz? Französische Nazion sowohl, als auf den ganzen Kontinent, und dessen Monarchen einen sthr w'lchtizsn Einfluß habsn muß- te. Erst spater, als man sich nnt deM Gedanken an dieses Ereigniß etwas bekannter gemacht hatte, sing man an, zw fragen, wie ein solcher Zufall wohl sich ereignen konnte. Manche wollten glauben, ein stilles Leben unter den oben beschriebene» Verhältnissen müsse einem so grossen Geiste unerträglich gewo.-den seyn; um so mehr, je tiefer der Gedanke an die Gefahren, womit seine Nazion bedroht war, aus ihn einwirken mußte, uub je bestimmter auch noch am nehmlichen Morgen die Nachricht von Mürats gänzlicher Niederlage eingetroffen war. Allein bey näherer Untersuchung aller Umstmrve ergab sich, daß ein reiner Zufall obwaltete. Schon mehrere Tage vVrher klagte er über Kopfweh, und hatte sich deshalb auch mit dem Leibärzte seiner Gattin berathen, welche? einen Rücktritt seines btkannttn podagrischm Zustandes besorgte. Morgens war er noch spazieren gegangen, und der Wagen zur gewöh»lichen nachmittägigen Spazierfahrt war schon bespannt, als der durch die Russische Cavallene erregte Staub, seine Abfahrt um etwas verzögerte. Nach einer kurzen Pause ging er m ein Nebenzimmer, vermuthlich um sich mit eignen Augen zu überzeugen, ob es nun thunlich sey, zu fahren. Da das Fenster in dem vierten Stockwerk« mehr als drey Fuß über dem Boden steht, und, um die Aussicht auf die tief unten liegende Ludwigsstrasse möglich zu machen, immer ein Stuhl am Fenster stand, so bediente auch er sich desselben, verlor aber wegen seines starken Körpers wahrscheinlich das Gleichgewicht und stürzte plötzlich hinab, vorerst auf die am Nesidenzbaue hinlau-,' fende 4 Schuh hohe Balkinmauer, und - dann erst auf die Strasse. Natürlich war ' er gleich ganz todt, sein ganzes Gesicht t bis das auf Kinn war zerschmettert, ein gro-l ßer Theil des Gehirn mit der Schaale - zerstreut. Bey der d?s andern Tags er- folgten Sekzion soll man noch drey Rippen eingebrochen, die gvoße Fußzehe des rechten Fußes ,wie abgeschossen, uno den einen Schenke.! zerbrochen gefunden habm, übrigens war sein ganzer Körper, bis auf einige kleine Fchler am M.lze, aanz aefund. , ' (Der Beschluß solgt) ' 'Die Stabt Neapel. Diese Hauptstadt des Königreiches beyder Sicilien ist die größte Stadt in Italien , indem sie mit ihren Mauern neun, und milden Vorstädten achtzehn bis zwanzig italienische Meilen im Umfange hat. Ihr Alter reicht auf ,300 Jahre vor Ch. G. hinauf, wd sie von einigen griechischen Abenteurern angelegt worden seyn soll; und ihre Lage an dem mit Landhäusern und Gärten geschmückten Meerbusen, den. Vesuv im Hintergrunde, ist so reitzend, daß sie selbst der Lage von Genua vor-qezoqen wird. Auch das Innere der Stadt entspricht der günstigen Erwartung, die hohen Häuser mit ihren Galleren aufden Dächern haben ein gutes Aussehen, und die vielen Springbrunnen, öffentlichen Plätze tt. machen Neapel wirklich zu einem schönen Qct, wenn es gleich in jedem Betracht Rom weit nachstehen muß. Es sind dort 4 Hauptkirchen, 43 Pfarrkirchen, 20 andere Kirchen und Kapellen, i3o Ca--. pellen der Geistlichen Brüderschaften, 149 Klöster, 5 geistliche Seminarien, 45 Armenhäuser. Nach den neuesten Bevölke-rungsllsten zählte man in Neapel über 400,00^ Einwohner. ,, ^ Der königliche Pallast, welchen der Graf von Lemos im I. 1600 durch Fon-tana anlegen ließ , ist em großes Gebäude, dessen Vorderseite sechshundert Fuß breit ist. Er hängt nnt dem A seual und dem neuen Cast-l, St. Elmo, zusammen, wel-ches zur Vertheidigung des Hafens dient, der ungefähr 9<-> - Faß ins- GMerW hat.' Ein anderer Pallast ist Capö di Nionts; er wurde 1733 von einem Ing'Weftr ülld einem Schmidt' mit so wen^g Überlegung / aufgcsührt, daß man, um den,Grund fester zu machen, Mauern darin ziehemmußte, und am Ende sogar die Haupttreppe ver? g5ss,n wurds. Der Monte di Pietä odsr das össent-che Leihhaus ist ein schönes Gchände und eine rühmliche Anstalt, der man auch die hier» so selten vorfallenden Bankerote zuschreibt. Die dem heiligen Januar gewidmete Domkirche ist vom König Karl von An-jou im I. l23o erbaut worden, und so wie die meisten andern Kirchen mit einem Reichthum von Verziernngen geschmückt, der alles übertrifft, was man von dieser Art iu katholischen Ländern sehen kann. Die unterirdische Kapelle, worin der Hnlige ruhet? ist von weißem Marmor. Das prächtigste aber ist il Tesoro < oder die Capelle, m welcher das Haupt und Blut desselben aufbewahret wird. Der hier aufgehäufte Reichthum geht über alle Beschreibung. Es leben in der Stadt Neapel eine große Anzahl Tagediebe, die weder Arbeit haben noch verlangen , nicht mehr als sechs Pfennig zu ihrem täglichen Unterhalt brauchen , keine Wohnung haben , des Nac^s auf Bänken und Stufm schlafen, daher sie auch Lazzaroni heißen und am Ta^e die meiste Zm in der Sonne liegen. Leute vom Mittelstande haben dagegen ein vollkommen artiges und gesittetes Betragen^ und gehören zu d^n bestcn Menschen, ow man auf dem Erdboden finden kann.