Kestnurnmer anläßlich der 600-Iahrfeier. ?LkKrninL plsösns V xolovini. Nr. 22. Erscheint jeden 1., 10. und 20. Einzelne Nummer 5 Di«. 12. (27.) Jahrgang. Bezugspreise: Jugoslawien: ganzjährig 3V Din, halbjährig 15'— Din. D Öesterreicb: ganzjährig 6 Schill., halbjährig 3 Schill. Aarerika: 2 Dollar. — Drulsches Reich 4 Mark. Koöevje, Kreitag, den 1. August 1930. Briese ohne Unterschrift werden nicht berücksichtigt. — Zuschriften werden nicht zurückgestellt. — Berichte find an die Schriftleitung zu senden. — Anzeigrn-Aufnahme und -Berechnung bei Herrn Carl Erker in Kočevje r 1330-1930 Willkommen! echshundert Jahre! Im Weltgeschehen eine Zeitspanne, in der Geschichte eines Volkes ein Zeitraum, in jener eines Völkleins eine Ewigkeit, lang genug, um dessen Aufstieg und Niedergang, dessen Entstehen und Vergehen zu beinhalten. Das Gottscheer völklein, dieser kleine Volkssplitter, der, vom Stamme abgesprengt, auf fremder Erde nieder¬ fiel, Wurzel faßte und ein Bäumchen wurde, unter Verhältnisfen, die feinem Gedeihen alles andere als förderlich waren, dieses Völklein hat es wie kaum ein anderes verdient, des heutigen Tages froh zu werden. Was hat sich in diesen 600 Jahren des Bestandes unserer Sprachinsel nicht alles ereignet! wieviel Beharrlichkeit, Unverdrossenheit, wieviel Unverzagtheit gehörte dazu, mitten in der fremde einen Urwald zu roden und in Ackerland zu ver¬ wandeln und nach den verheerenden, grausamen Raubzügen der Türken das Zerstörte immer wieder aufzubauen! Ja, die Gewitterwolken lagerten über unserem Ländchen bis in die jüngste, unsichere Nach¬ kriegszeit. Es ist jedoch eine glückliche Eigenschaft des menschlichen Gemütes, daß der erste Sonnen¬ strahl die Tage der Trübsale vergessen macht und frohe Zukunftsstimmung weckt, wie könnte man auch des Lebens froh werden, wenn Ungemach und Trübsal bleibende Eindrücke hinterließen! So wollen wir also heute dem Augenblicke leben, wollen vergessen, was gestern war, und nicht sehen, was das Morgen bringt: „Tages Arbeit, abends Gäste, Saure Wochen, frohe Festei" Seid uns denn alle vom Herzen gegrüßt, die ihr kämet, um euch an unserem Jubelfeste mit uns zu freuen! Ein freudiges Willkommen vor allem dem Ver¬ treter S. M. unseres Königs, der unser Fest unter seinen mächtigen Schutz gestellt und damit dem Partei- und Tagesstreite entrückt hat. Diese Tat unseres edlen Herrschers ist der schönste Beweis dafür, daß die Staatstreue nicht den Volksverrat gebären muß, sondern daß sich Staatstreue und volkstreue gar wohl vereinbaren lassen. Die An¬ erkennung der Staatstreue unseres Volkes an höchster Stelle ehrt uns, sie ehrt aber auch den König und sie zeugt von hoher staatsmännischer Weisheit, denn es bleibt ewig wahr, daß vertrauen wieder Vertrauen weckt und Liebe Gegenliebe. wir begrüßen auf das herzlichste die diploma¬ tischen Vertreter jener Länder, die unseren Lands¬ leuten im Auslande zur zweiten Heimat geworden sind. Die Teilnahme dieser Herren an unserem Feste ist ein Zeugnis, daß der Gottscheer auch außerhalb der Grenzen seiner Heimat geachtet ist, und eben darum ist unsere Freude eine doppelte. Herzlichen Gruß auch dem Vertreter der obersten Behörde unseres Banates. Wichtig ist die Rolle des Vermittlers zwischen Regierung und Volk, zwischen Thron und Untertanen, wichtig und ver¬ antwortungsreich, wichtig besonders für eine sprach¬ liche Minderheit, deren Schicksal so sehr von dem Wohlwollen der amtlichen Organe abhängig ist. Der heutige Tag, an dem sich auch unsere anders¬ sprachigen Mitbürger neidlos freuen, bedeutet, daß Verschiedenheit der Muttersprachen Menschen nicht trennen kann und daß die künstlichen Schranken brechen müssen, wo gegenseitiges Verstehen und Vertrauen herrschen. Möge diese Harmonie von Dauer und guter Vorbedeutung sein, möge sie Aestnumruer der .Gottscheer Zeitung^ anläßlich der 600-Iahrfeicr «MM—SMMM—^—SSSSSMSSSSi^MMSSSSSS>SSSiS zum Wohle unseres Vaterlandes überall dort herrschen, wo sprachliche Minder¬ heiten unter dem Staatsvolke leben! Kameradschaftlichen Gruß auch unseren Kollegen von der presse, die viel beigetragen haben, daß die breite Öffentlichkeit auf unser Jubiläum, auf unser Ländchen und seine Bewohner aufmerksam geworden ist. Ihr verweilen unter uns wird, so hoffen wir, bestimmend sein, daß sie unsere Interessen auch in Zukunft im Auge behalten. Ihr Stammesbrüder aus den Nachbarländern, auch euch gilt unser Gruß. 600 Jahre sind vergangen, seit uns das Geschick von euch gelöst, ein schwaches Reis, das der Sturm entführte. Lin starker Baum, eine mächtige Liche ist das Zweiglein nicht geworden, doch ein knorriges Bäumchen, das Wind und Wetter überdauerte. Lernet unser Ländchen kennen, ihr Brüder aus dem Reiche, manches wird euch anheimeln, manche vertraute Sitte wird euch an eure Heimat erinnern, ihr werdet im Antlitz des Gottscheers bekannte Züge erkennen, in die zwar Un¬ gemach und Bitterkeit ihre Spuren zeichneten, doch nicht so sehr, daß nicht noch die Verwandtschaft erkennbar wäre. Geachtet und stark steht euer Vaterland nach den Tagen der Prüfung wieder im Rate der Völker und wir vernehmen mit Freude, daß, wie es seinerzeit gefürchtet im Kriege war, so heute seine Haupt¬ aufgabe in den Werken friedlicher Betätigung sieht und auch mit unserem Vater¬ lande in aufrichtiger Freundschaft lebt. Herzlichen Gruß auch euch, ihr Volksgenossen und Freunde aus den ge¬ segneten Fluren der unteren Donau und den weinreichen Bergen des Nordens. Fest und standhaft wurzelt ihr im Boden, den euch das Schicksal zugewiesen, stark und stolz neigt ihr euch heute vor dem kleinen Brüderchen, das^so unver¬ zagt den Kampf um seine Ligenart zu führen verstand. Wollen wir am heutigen Tage hoffen, daß uns eine einsichtsvolle Staatsverwaltung die Möglichkeit bieten werde, uns, der Sorge um die Erhaltung der Muttersprache ledig, gemeinsam mit unseren anderssprachigen Mitbürgern ganz dem Wohle des Vaterlandes widmen zu können. Das letzte, doch herzlichste Willkommen gilt ihnen, den Söhnen unserer Heimat, den Brüdern aus dem Lande der phäaken und des rollenden Dollars. Arme Litern haben arme Kinder. Doch auch die Armut hat ihr Glück. Die seelischen Beziehungen in den Häusern der Armut sind schmerzvoller, aber viel¬ leicht eben darum auch inniger als bei Menschen, über welche das Glück seine Gaben streute. Ihr lieben Landsleute aus dem Auslande, fern der Heimat habt ihr doch diese nicht vergessen, habt für sie gewirkt, euch für sie nützlich gemacht, jeder nach seinem Vermögen, sei es in geistiger, sei es in praktischer Betätigung. Alle habt ihr mit den euch zugemesfenen Pfunden für die Heimat gewuchert. Ihr Brüder aus Österreich, wir danken euch für die lebhafte geistige und ma¬ terielle Unterstützung, die wir von euch empfangen. Ihr Gottscheer-Amerikaner, in euern schwieligen Arbeitsfäusten hat sich die unheimliche Macht des Dollars in einen Segen für unser Ländchen verwandelt und ist ein milder Tröster in den Hütten der Armut geworden. Wenn wir in trüben Stunden den Mut nicht sinken ließen, so ist dies zu einem großen Teile euer Verdienst. Glücklich das Land, das so treue Söhne hat! So seid uns denn nochmals willkommen geheißen, ihr lieben Festgäste aus nah und fern. Freut euch mit uns, nehmet vorlieb mit dem, was wir euch bieten, es kommt vom Herzen; betrachtet euch die Naturschönheiten unseres Länd¬ chens, und sind die Festestage verrauscht und ihr kehret heim, so denket nicht: „Aus den Augen, aus dem Sinn". Behaltet uns vielmehr in treuem Gedenken, erzählet in eueren Landen in wohlwollender Gesinnung von unserer deutschen Sprachinsel, und was wir euch und uns besonders innig wünschen: Kommet bald wieder! Literarische Hörigkeit der Kottjcheer. Bis ins Jahrhundert herein ist darüber nichts bekannt, nichts erhalten geblieben. Priester und Lehrer und wohl auch lesekundige Hausierer dürften ab und zu ein weiteres Andachtsbuch heimgebracht und so den bereits vorhandenen Bestand an Lesestoff verniehrt haben. Das ge¬ nügte den Leuten. Als erstes literarisches Erzeugnis eines Gott¬ scheers erschien s836 eine Broschüre des Tscher- moschnitzer Pfarrers Georg Jonke „Die Bienen¬ zucht". Das Büchlein erlebte wegen seines prak¬ tischen Wertes im Jahre l8Hff eine zweite Auf¬ lage und wurde auch ins Slowenische übersetzt. Von da an blieb es wieder still bis f88H. In diesem Jahre ließ der aus Unterloschin gebürtige Hörer der Philosophie Franz Hönigmann ein Bänd¬ chen „Lieder und Gedichte" erscheinen, die vom Verfasser manches erhoffen ließen. Doch sein frühzeitiger Tod zerstörte diese Hoffnungen. Der Gottscheer Franz Obermann, Postbe¬ amter in Wien, gab dort vom Jahre l8y3 an ff Schulrat Josef Gbergtöll. das erste für die Gottscheer berechnete Blatt, die „Gottscheer Mitteilungen" heraus und leitete es durch acht Jahre. Ls enthielt wertvolle Beiträge über die Gottscheer Familiennamen aus der Feder Prof. Josef Obergfölls. Anfang syOH erschien dann in Gottschee selbst das erste heimatliche Blatt „Der Gottscheer Bote" mit der Beilage „Wandermappe" und als das Blatt bei der staatlichen Umwälzung eingestellt wurde, gab man als Fortsetzung die „Gottscheer Zeitung" heraus, die bis heute die Interessen Gottschees verficht und ihren Grundsätzen auch in Zukunft treu bleiben will. Neben dem „Boten", bezw. der „Gottscheer Zeitung" erschienen auch die „Gottscheer Nachrichten" und der „Landwirt". Von den Gottscheern der Gegenwart, die selb¬ ständige literarische Werke erscheinen ließen, ver¬ dienen Direktor Dr. Hans Tschinkel sowie dessen Neffe Oberlehrer Wilhelm Tschinkel und be¬ sonders Schulrat Obergföll Erwähnung. p>rinz Andreas. Auf Mutterarmen, öen lieben, öen warmen, ruht Krim Andreas in seliger Hust. Kn Uutterblicken, die hoch ihn beglücken, schmiegt er sich zärtlich an ihre Hrust. Hes Glückes Könne, die Ireuöe, öie Wonne immer umstrahle öen Kerrscherthron. Unö fern vom Aeiöe erhalte Gott beiöe, öie Königin, Mutter, öen Königssohn! Amalie Erker. Direktor Georg Widmer, Wien: Das Gottscheer Ländchen und seine Zukunft. Mit freudiger Genugtuung muß jedes Gott¬ scheers Herz die innige Anteilnahme der brei¬ testen Schichten unseres deutschen Volkes an unserem Jubelfeste erfüllen. In zahlreichen füh¬ renden deutschen Zeitungen und Zeitschriften sind Aufsätze über unser Ländchen und seine Bewohner erschienen und angesehene Volks¬ genossen sind herbeigeeilt, um das Fest mit uns zu feiern und uns ihrer täligen Hilfe zu ver¬ sichern. Viel schöne Worte wurden schon ge¬ sprochen und werden in den Festreden noch zu hören sein. Ganz allgemein ist die Bewun¬ derung über die Tatkraft unserer Ahnen, die vor 600 Jahren aus einer un¬ bewohnten Wildnis menschenernährendes Frucht- Itstnummer der ,Hottschcer Zeitung' anläßlich der 600-Iahrfeier 3 land geschaffen haben, und über die Zähig¬ keit, mit der unserevor fahren inmitten slawischer Nachbarn ihre deutsche Ligen¬ art bewahrthaben. Fast jeder Aufsatz und jede Rede schließt mit dem Wunsche, es mögen sich die Nachfahren ihrer Ahnen würdig er¬ weisen und es möge ihnen gelingen, das Väter- erbe ungeschmälert den Nachkommen zu ver¬ erben. Wie steht es nun mit der Möglichkeit, diese Wünsche für die Zukunft des Gottscheer Länd¬ chens zu erfüllen? Himmelblauer Optimismus und alle Ge¬ fahren mißachtende Zuversicht wären für Sie Be¬ hauptung unserer Stel¬ lung im Ländchen und die Bewahrung unserer Ligenart gewiß ebenso verwerflich wie schwarzer Pessimismus, der mit Hinweis auf die unüber¬ windlich scheinenden Ge¬ fahren von vornherein auf jeden Widerstand gegen die drohende Sla- wisierung des Ländchens verzichten will. Was nun in erster Linie nottui, ist, daß wir die Gefahren erkennen, richtig ein¬ schätzen und bekämpfen. Das Bestreben, zur Er- kenntnis der Hauptge¬ fahren beizutragen und dadurch meinen lieben Landsleuten zu nützen, möge als Entschuldi¬ gung dafür dienen, daß ich inmitten der Festes¬ freude von ihnen spreche. Lin wichtiges Ge¬ fahrenmoment, auf das jeder aufmerksam ge¬ macht wir-, der auf die bereits sichtbaren Ver¬ luste im nationalen Be¬ sitzstand der Gottscheer hinweist, bildet zweifel¬ los der Umstand, daß jetzt unser Volk einem fast durchaus von Sla¬ wen bewohnten und be¬ herrschten Staate ange¬ hört. Die Gefahr, die sich heraus für den na¬ tionalen Weiterbestand der geringen Minderheit im Ländchen ergibt, ist gewiß nicht zu unter¬ schätzen. Ls fragt sich aber, ob die herrschende Mehrheit wirklich den ernstlichen Willen hat, die staatlichen Macht¬ mittel zur Vernichtung des winzigen Häufleins der Gottscheer zu mi߬ brauchen. Trotz allem, was bisher in natio¬ nalem Übereifer auf der Gegenseite geschehen ist, können wir daran nicht recht glauben. Sind doch die Gottscheer in keiner Weise etwa eine natio¬ nale Gefahr für ihre slawischen Nachbarn und an ihrer Staatstreue kann nach den wiederholt abgegebenen Lrklärungen ihrer Führer und dem Verhalten des Volkes kein Zweifel bestehen. Außerdem ist das Ländchen, das die Ahnen der - Gottscheer urbar und sich und ihren Nachkommen zu eigen gemacht haben, von der Natur so karg bedacht, daß es fremde Begehrlichkeit wohl kaum zu reizen vermag. Nur übertriebener Nationalis¬ mus könnte also in einer Zeit, in der die besten Köpfe aller Nationen darüber nachsinnen, wie ein gedeihliches Zusammenarbeiten aller Völker Luropas anzubahnen wäre, darnach trachten, die Gottscheer vernichten zu wollen. Dagegen läßt sich wohl ein triftiger Grund finden, der cs den Machthabern im Staate erwünscht er¬ scheinen lassen muß, den nationalen Weiterbe¬ stand des Gottscheer völkleins zu wahren. Ls ist bekannt, wie rege gegenwärtig das Interesse ist, das das deutsche Volk gerade dem kleinen Splitter seines Volkstums in der Gottschee ent¬ gegenbringt. Diese Anteilnahme findet in der stets zunehmenden Zahl reichsdeutscher Besucher in Jugoslawien beredten Ausdruck und daraus erwächst nicht nur den Gottscheern, sondern auch den anderen Bewohnern Jugoslawiens wirt¬ schaftlicher Vorteil. Ls ist bekannt, daß die ernstesten Bemühungen maßgebender Kreise Deutschlands und Jugoslawiens darauf gerichtet find, ein gutes Verhältnis zwischen beiden Reichen herzustellen. Bei diesen Bemühungen Mittler zu sein, wird gewiß stets ein Bestreben aller vernünftigen Gottscheer sein und auch in sla¬ wischen Kreise?, wird diese Idee immer mehr Anhänger gewinnen. Wir sind daher überzeugt, daß die von einzelnen Heißspornen verübten Vorstöße gegen das Gotlscheertum allmählich aufhören werden und uns von dieser Seile keine dauernde Gefahr drohk. Viel größer scheint mir die Ge¬ fahr, die wir selbst unserem Volkstum schlagen. Ls ist heule nicht die Zeil, alles zu sagen, was diesbezüglich gesagt werden müßte, u. zw. bald, wenn es nicht zu spät sein soll. Doch das eine sei gesagt: Wenn es wirklich so ist, wie es manchmal scheinen will, daß unser Völklein die Talkraft und Schaffensfreude der Ahnen, ihre Anspruchslosigkeit und ihr Gottver¬ trauen gänzlich eingebüßt hat, wenn dagegen Genußsucht und Gier nach Reichtum von ihm Besitz ergriffen haben, — dann werden die Segenswünsche für unser Ländchen vergeblich sein. Daß dem aber nicht so sei, das walte Gott. H'rof. Harter Jonke, Klagenfurt: St. Aarthotomäus. 300 Glocken aller Kirchen des Gottscheer Landes läuten morgen den großen Festtag un¬ seres Volkes ein, um ihre Teilnahme an der 600-Iahrfeier zu bezeugen. In ihrer ehernen Sprache wirden sie von Freud und Leid erzählen, von Schicksalen der Menschen von der Wiege bis zur Bahre durch die langen Jahrhunderte hindurch. Werden wohl auch die Stimmen der Glöcklein der Mutterkirche zu Bartholomäus auf dem Gottscheer Friedhöfe in all der Festes- freude gehört und gewür¬ digt werden, denen doch der Vorrang von allen gebührt? Von dieser Kir¬ che aus hat die Gottscheer Geschichte und das Jubeljahr den Ausgang, genommen, hierhin wur¬ den alle erdenmüden ersten Besiedler gebracht, um in ihrem Schatten ewigen Frieden zu finden. Ini Jahre sZZfl wurde hier der Friedhof errichtet, auf dem sicherlich bis heute bei H0.000 Lands¬ leute begraben sind, also mehr, als es gegenwärtig, auf dem ganzen Erden¬ rund Gottscheer gibt. Es wird kaum eine ältere Fa¬ milie im „Land" und im „Unterland" geben, von der nicht Ahnen dort be¬ graben liegen. So be¬ trachtet, gewinnt dieser Ort eine ungeheure Be¬ deutung und erhebt sich zum Volksheiligtum der Heimat. Unwillkürlich streifen unsere Gedanken zurück ins Jahr sZZfl an jenen Tag. wo der erste der Ansiedler in die kühle Grube gesenkt wurde, zurück in die Zeiten der Türkennor, der Rebelli¬ onen, der Franzosenherr¬ schaft und des Welt¬ krieges. Wer ermißt die Summe der Tränen, die hier vergossen wurden? Und doch ist es eine Stätte der Ruhe in der Heimat, für welche die dort Schlafenden gelebt und gestritten haben. St. Bartholomäus ist heimatliches Erdenziel ge¬ worden im Leben und im Sterben. Es ist Undank der Geschichte, wenn dieser Heilige heute so ganz ver¬ gessen ist, daß sein Bild in der Friedhofkirche gar nicht, in der Stadtkirche nur in einem Glasge¬ mälde zu finden ist. Unsere Vorfahren haben den hei¬ ligen Bartholomäus als^ Patron aus ihrer Urhei¬ mat milgebracht, haben ihn also schon dort verehrt. Dies gibt einen Fingerzeig, nach welcher Richtung sich die Forschung zu halten habe. Allzuviele Gotteshäuser älteren Datums für diesen Apostel finden sich nicht, so auch in Moos- walü in Gberkärnten nicht; wohl aber sind solche in Kreuschlach, das als Kruskil — aha Briren unterstand, um fl20, in Friesach W7, in Keutschach bei Reifnitz am Wörtersee s278. Der Apostel Bartholomäus selbst liegt in Rom auf der Tiberinsel begraben. Er soll in Indien, dem „Glücklichen Arabien", gepredigt, also das Evangelium in den fernsten Osten getragen haben. Nach einer anderen Sage wurde er in Armenien geschunden; deshalb hat ihm die Kirche das Schindmesser als Sinnbild beigelegt. Allmählich nur drang die Verehrung dieses Märtyrers in die Alpenländer vor, insbesondere in die Teile des Patriarchats Aquileia. Line Reihe von Kirchen und um solche entstandenen S. M. König Alexander l. und Königin Maria. Kestnummer der ,Gottscheer Zeitung' auläßlich der 60V-IüHrfeier Orten sind nach ihm benannt worden, so auch Lt. Barthelmä am Felde in Unterkrain, St. Barthelmä am Rönigssee usw., ferner der Or¬ den der Bartholomäer, der (307 in Genua ge¬ gründet wurde. Desgleichen wurde er ins Sie- gel der Stadt Gottschee f^7( ausgenommen. Die Beliebtheit des heil. Bartholomäus in unserer Sprachinsel, besonders im „Land" und „Unterland", zeigt sich in den vielen'personen- und Familienbenennungen. Obergföll zählt auf Grund des Urbars von (57H samt den ent¬ sprechenden Ableitungen das Vorkommen von: Matthias (23, Peter ((2, Johann (02, Jakob 96, Michl 87, Gregor 85, Paul 8s, Bartho¬ lomäus 75 mal unter den beliebtesten alten Namen hierzulande. 250 Jahre zuvor wäre Bartholomäus wahrscheinlich an erster Stelle gestanden. Heute noch vorkommende Ablei¬ tungen von diesem Namen sind: Barleime, Barthl, Bartol und May, der nur noch im Hausnamen „Maisch" erhalten ist. So haben wir also mit diesem Märtyrer eine enge Schicksalsgemeinschaft, die sich von der Urheimat der ersten Ansiedler aus Rärnten über das Jahr (339 zieht bis in die herrlichen Zubeltage von (930. Möge sie sich noch wei¬ tere 600 Jahre erhalten! feftkanrlel und M;kuMü Die Festkanzlei und Auskunftei befindet sich ab Donnerstag den 3b Juli bei Ankunft aller Züge in Gottschee im Kotel Kerles (gegenüber dem Bahntjoke). Die übrige Zeit ist die Festkanzlei auf dem Keüplatze. Zeder Festbesucher muß sich in der Festkanzlei anmelden, wo er alle Dokumente für die Wohnung, Ver¬ köstigung und freie Rückfahrt erhält. Pfarrer Keinrich Wittine, Stockendorf: Was die ätteste Kottscheerin erzählt. Zn Sporeben Nr. 10, bei Stockendorf, lebt eine Frau, die am ft. Oktober (930 das 99- Le¬ bensjahr vollenden wird, wenn ihr der Herr noch bis dahin das Leben schenkt. Sie wurde nämlich am ft. Oktober (83( geboren. Unter den gegenwärtig lebenden Gottscheern dürfte sie wohl die älteste Person sein und viel¬ leicht werden hundert und mehr Zahre ver¬ gehen bis wieder einmal ein Gottscheer dieses ehrwürdige Alter erreichen wird. Maria Brinskelle, „Zugeleisch Autammo", ist noch gesund und weiß gar manches aus ihren leiden-, aber auch freudenvollen Tagen und längst vergangenen Zeiten zu erzählen. Lassen wir nun „Zugeleisch Autammo" er¬ zählen : „Zch bin auf der Gatschen Nr. 2 geboren. Das Haus hieß „Zugeleisch". Mein Vater Matthias und meine Mutter Ursula aus Ha- schelitz hatten für neun Rinder zu sorgen. Betten hatten wir keine, sondern auf der Bank mußten wir schlafen. Unser Haus war nicht groß und auch „Grund" (Besitz) hatten wir nicht so viel wie die Nachbarn Ls waren jedoch sieben Äcker beisammen in einer Fläche. Wir säten Hafer, Gerste und auch Weizen. Am meisten hatten wir aber Rartoffeln. Weil wir nicht alle im Reller aufbewahren konnten, gruben wir sie ein und im Frühlinge kamen die Rroaten und kauften sie. Oft hagelte es auch. Dann gab es kein Rorn. „Habreinei und Garschteinei Gan- zelein" (Hafer- und Gerstensterz) aßen wir, großen Hunger jedoch litten wir nicht. Vbst gab es wenig. Zwei Brüder mußten zum Militär und nur einer kam nach acht Zähren wieder zurück. Das Haus, welches mein Bruder übernahm, wurde in späteren Zähren verkauft. Zn Wer- tschitz und Sporeben diente ich mehrere Zahre. Hier lernte ich meinen Mann Zohann Brins¬ kelle aus Sporeben Nr. kennen und im Zuli 1869 heirateten wir. Früher schrieb ich mich Mische. Zohann ging dem Hausierhandel nach Wir bauten uns dann dieses Häuschen, worin ich noch jetzt wohne. Zm Zahre (89H starb mein Mann, 7H Zahre alt. Wir hatten drei Rinder: Helena, Zohanna und Franz. Lena starb (92H in der Heimat, Zohanna ist schon lange in Amerika und Franz wanderte nach Deutschland aus. Von ihn: höre ich aber nichts mehr. Zohanna schreibt mir und unterstützt mich. Ohne ihre Hilfe wäre ich schon längst der Gemeinde zur Last gefallen. Zch heize, koche und wasche noch allein. Oft helfen mir gute Nachbarn oder bringen mir etwas. Schwer ist es, allein zu sein. Einmal war ich schwer krank, ich hatte die „hitzige Rrankheit" (Lungenentzündung). Da¬ mals war ich 20 Zahre alt." Auf die Frage, ob sie aus alten Zeiten noch -etwas wisse, erzählte sie weiter: „Zch habe schon viel vergessen. Zu ,pea- trschtog, Schumitn' (Sonnwende) und Gro߬ frauentag haben wir ,gegrüßeft, ein großes Feuer auf dem .pichleinh Büchel bei Gatschen, -f Alois Loy letzter deutscher Bürgermeister der Stadt Kaltschee. entzündet und glühende Scheiben geworfen. Das war schön. Gatschen liegt hoch und man sieht Tschermoschnitz und alle übrigen Dörfer der Pfarre und noch weiter gegen Neustadl! und weiße Berge in Oberkrain, aber auch gegen Rarlstadt und ins übrige Rroatien bis zum . Meere. Auf der Gatschen waren vier Häuser: pu- glsch, Zugeleisch, Schupponsch und Schimonsch. Die Schupponsch hatten den größten Besitz, der jetzt noch F. Matzelle aus Tschermoschnitz ge¬ hört, welcher von Gatschen abstammt. Hier wurde Ursula Luscher, jetzt in Sporeben, ge¬ boren. Früher hieß sie auch Matzelle. Nur wenige Leute, die auf der Gatschen geboren wurden, leben noch. Die Häuser sind verfallen, nur ein großer Stadl steht noch. Auf pogorelz, eine Viertelstunde von Ga¬ tschen gegen Skrili, standen drei Häuser. Heute sind nur noch Mauerreste zu sehen, die aber auch schon mit Moos und Gestrüpp verwachsen sind, so daß kaum noch zu erkennen ist, daß einst Leute da gehaust haben. Mein Vater er¬ zählte mir — er hat das von seinem Vater oder Großvater gehört — daß die Leute auf pogorelz vor Räubern, die sich immer im Rofel aufhielten, keine Ruhe hatten. Sie schauten beim Fenster hinein. Da verließen die Leute Pogo¬ relz und siedelten sich auf der Gatschen an. Von hier konnten sie nach Tschermoschnitz und weithin sehen und in der Not um Hilfe rufen. Vor zwei Zähren war ich noch einmal auf der Gatschen bei meinem Vaterhause. Ls war dies das letzte Mal." So erzählte Mutter Brinskelle beim warmen Ofen sitzend. Lin herzliches Vergelt's Gott, Behüt' Gott und ein dankbarer Händedruck war der Abschied. Die einstigen Dörfer pogorelz und Gatschen sind nun Ruinen. Sie wüßten viel zu sagen von den Arbeiten und Leiden ihrer einstigen Bewohner. Der Sonntag ((0. August) soll viele Gott¬ scheer aus nah und fern auf den Ruinen von pogorelz und Gatschen in Liebe und Dank¬ barkeit vereinen und eine Zuschrift in Stein wird die Nachwelt erinnern, daß hier einst ehrliche, fleißige Gottscheer gelebt und gelitten haben. Soldatengruß zum Jubiläum. Zetzt, wo unsere Heimat den 600-jährigen Bestand feiert, möchten auch wir Soldaten gerne teilnehmen. Mit Freuden lasen wir die Mit¬ teilungen unserer Angehörigen über den guten Fortgang der Vorbereitungen auf das Fest. Da wir aber nicht zugegen sein können, senden wir brieflich der lieben Heimat unsere Wünsche und Grüße zum Zubeifest. G du lieb's Gottscheer Land Am grünen Rinsestrand. lvir haben dich non Oerzen gern Und grüßen dich aus der Fern. Das Land, durch Schweiß so schwer erworben, Don unfern Vätern auserkoren, kältet mit dec Muttersprache stet- Und dem Väterglauben fest. po-ega, (9. Zuli 1930: Zosef Eppich, Franz Hutter, Richard poje, Rudolf Händler, Mat¬ thias Wolf, Matthias Schaffer, August Troje, Hans Rren, Zosef plesche, Matthias Rabuse, Hans Michilsch, Andreas Brinskelle, Zohann Seitz, Rudolf Rump, Zosef Petsche, Zosef Ro- betitsch, Zosef Rikel, Alois Hutter, Alois Hoge, Ferdinand Horvat, Friedrich Rabuse, Friedrich Rump, Hans Hönigmann, Franz Perz, Rar! Rizmann, Arnold Stalzer. Die Zeugen vergangener Jahr¬ hunderte. Das Zügenglöckle in der Mitterdorfer Pfarr¬ kirche ist von vielen Gelehrten und Ungelehrten schon besichtigt worden und keiner von ihnen Hal noch seine den Rranz schmückende Zuschrift enträtseln können. Die Windischdorfer behaup¬ ten, das Glöcklein sei in uralter Zeit aus dem „Ubrich", der Rinsequelle, herausgeschwommen gekommen; andere erzählen, die Gottscheer hatten es bei ihrem ersten Rommen ins Land mitgebracht. Zedenfalls zählt die Glocke zu -en ältesten Zeugen der 600 jährigen Vergangenheit. Heute noch meldet sie sich, wenn einer das Zeit¬ liche segnet, und sie ist stark genug, dieses Amt noch weitere Zahrhunderte zu versehen. Andere Zeugen unserer Vergangenheit wer¬ den jetzt gesammelt. Ls sind dies die fürs Heimatmuseum bestimmten Gegenstände. Bisher ist die Sammlung in der Mitterdorfer Pfarr¬ gemeinde durchgeführt worden und wird das Ergebnis während des Zubiläums in der dor¬ tigen Schule besichtigt werden können. Man hätte kaum gedacht, daß noch so vieles erhalten geblieben ist, was seinerzeit Gebrauchsgegen¬ stand in dem Hausflur, der zugleich Rüche war, — in der Stube, im Stalle, im Schuppen und Stadel war. Auch schriftliche Urkunden sind noch da und dort vorhanden und werden gewiß noch manche Bereicherung erfahren. Zu diesen ge¬ hören auch interessante Briefe, Ansichtskarten und Bilder aus dem Weltkriege. Und ist einmal dies beisammen, soll das Museum, zu dem im Zubiläumsjahre der Grund gelegt wurde, als weiteren Schmuck die Gott¬ scheer Tier- und Pflanzenwelt erhalten. Vielleicht wird uns da unser eifrigster Botaniker Doktor Högler hilfreiche Hand bieten. Aeftimmmer der ,Gottscheer Zeitung anläßlich der 600-Iahrfeier 5 Mdelm fürer, Meg: Wnr frieariebttri«, Kronen, lsövlen «na HimicbkpuMe. Heimatliebe. Wer liebt nicht seine Heimat? Auch wir Gottscheer lieben sie, das schmucke, heimatliche Dorf, die heimatlichen Berge mit ihren Tannenforsten und Buchenwäldern, das Stadtle, das ganze Lontle. Innig hängen wir an allem, mit sämtlichen Fasern unseres Her¬ zens. Wir finden es schön dieses Lontle, gerade so wie der Banater Schwabe die einförmige Ebene, feine Heimat, schön findet und liebt. Und mit Stolz erzählen wir dem Fremden von dem sagenumsponnenen Friedlichstem, von den tropfsteinbehangenen Grotten, von den Wald¬ höhlen, in denen das Eis nie schmilzt, und von den Bergesgipfeln, von welchen wir unseren Blick schweifen lassen können in weite Ferne. Leise säuselnd spielt der Wind mit den Blät¬ tern, ein Rauschen zieht durch den Wald, den würziger, erquickender Tannenduft erfüllt, Räfer schwirren, Vögel singen und dazwischen tönen die verschiedenen Geräusche der nahen Stadt an unser Ohr. Lin steiniger, felsiger Fußsteig schlängelt sich von Gottschee längs der Berglehne, an deren Fuß die Stadt gelegen ist, empor zur Ruine des einstigen Waldschlosses Friedlich¬ ste in. Mauerreste, bemoost, verwit¬ tert, von dem Zahn der Zeit durch Jahrhunderte benagt, ruhen auf einer mächtigen, steil abfallenden Felswand. Und abermals spielt leise säuselnd der Wind mit den Blättern und abermals zieht ein heimliches Rau¬ schen durch den Wald und die alten Wettertannen beginnen zu erzählen aus längst vergangenen Zeiten. Sie erzählen, daß hier einst eine Burg, eine trotzige, stark bewehrte Feste gestanden, die dem Grafen von Or¬ tenburg gehörte, und daß die Zinnen der mächtigen Rundtürme weit hinab ins Tal, zu den Feldern der Grafen — nach Grafenfeld — glänzten. Sie berichten uns von fröhlichen Festen und Gelagen, beutereichen Iagdzügen, von Fehde, Streit und Sieg, von der Liebe Glück und Ende. Sie geben uns Runde, daß, nach¬ dem der Letzte aus dem Stamme der Ortenburger zu Grabe getragen war, durch den Patriarchen Ludwig von Aquileja der Graf Hermann von Lilli mit der Herrschaft Gott¬ schee belehnt wurde, die er später seinem Sohne Friedrich übergab. Als dessen erste Gemahlin, eine geborene Gräfin Modrusch, gestorben war, lernte er die schöne Veronika aus dem Geschlechte der Deßnitz kennen, die er in der Schloßkapelle heimlich, ohne Wissen seines Vaters und gegen die Mah¬ nung seines Schwagers, des Raisers Sigismund, zum Altar führte. Das jungvermählte paar verlebte hier, in dem einsamen, im Urwalde liegenden Schlosse Friedlichstem, eine Reihe glück¬ licher und überaus froher Tage, bis nun Fried¬ richs Vater von der heimlichen Verehelichung Renntnis erhielt und ihn durch Raiser Sigis¬ mund nach Ungarn lockte, wo er gefangen ge¬ nommen und nach Osterwitz bei Lilli gebracht wurde. Als Veronika davon erfuhr, flüchtete sie in den Hornwald, später in ein Haus bei Runtschen und schließlich nach pettau, wo sie aber von ihrem Schwiegervater ausgeforscht und gefangen genommen wurde. Man machte ihr den Prozeß, beschuldigte sie der Zauberei und tötete sie durch Ertränken in einer Wanne. Ihre Gebeine liegen in Gayrach. Nach dem Tode Veronikas ließ Graf Her¬ mann das Schloß Friedrichstein schleifen, worauf er seinem Sohne die Freiheit wieder gab. Dieser baute das Schloß wieder auf, und war es zur Zeit der Türkeneinfälle, besonders für die Be¬ wohner der Stadt Gottschee, ein sicherer Zu¬ fluchtsort. Als die Herrschaft Gottschee und damit auch das Schloß Friedrichstein an das Fürstengeschlecht der Auersperge übergegangen war, wählten diese es selten zu ihrem Aufent¬ halt. Daß es aber bis um das Jahr f800 be¬ wohnt war, geht daraus hervor, -aß vor bei¬ läufig 20 Jahren in Grafenfeld eine hochbe¬ tagte Frau starb, welche am Friedrichstein ge¬ boren war. Und die alten Wettertannen erzählten weiter: Seit vielen tausend Jahren fällt Regen und Schnee herab auf diese Berge, die ihr hier rings¬ um sehet, aber das Regenwasser, das Wasser des geschmolzenen Schnees verschwindet in ihnen. Selten kommt es als Quelle da oder dort zu¬ tage, nirgends stürzt ein Wildbach zu Ta!, schlängelt sich ein Bächlein durch srischgrüne Auen wie anderswo. Ls gibt nur die Rinse, den Rieger- und Wetzenbach sowie den durch das herrliche Tschermoschnitzer Tal fließenden Wildbach, an dem sich Mühle an Mühle reiht. Wo glaubst du wohl, daß diese Wasser¬ massen, die auf unseren Bergen jahraus jahrein niederfallen, hin verschwinden? Sie versickern zwischen Felsplatten und Löchern, kleine Wasser¬ adern bildend. Mehrere solche vereinigen sich zu größeren, die sich als Bächlein zwischen dem harten Gestein hindurch zwängen. Brausend, tosend stürzen diese, sich immer noch mit an¬ deren Zuflüssen vereinigend, in die finstere Tiefe, wo sie reißende Flüsse, rauschende Wasserfälle, ruhig daliegende Tümpel, Teiche und Seen bilden, in denen Höhlenkäfer und farblose, blinde Grottenolme schwimmen. Und diese unterirdi¬ schen, seit undenklichen Zeiten fließenden Wässer haben das Gestein ausgehöhlt. Ls haben sich Hohlräume gebildet, herrlich schön, feenhaft ausgestattet. Von den Decken, von den Wän¬ den hängen verschieden geformte Tropfsteinge¬ bilde herab. Größere und kleinere Zapfen haben die Wassertropfen geschaffen, manche sind so lang geworden, daß sie den Boden berühren und oft mächtige Säulen bilden. Säulenhallen, Feenpaläste, domähnliche, kuppelförmige Räume von nie geahnter Pracht und Herrlichkeit hat hier im Gottscheer Land die Natur im Erd¬ inneren hervorgebracht und aus diesen unter¬ irdischen Räumen kommen und in diese kehren auch, nach kurzem Lauf, alle unsere oberirdi¬ schen Gewässer wieder zurück, darunter auch die großen Überschwemmungen, welche zeitweise ausgedehnte Landstriche in Teiche und Seen ver¬ wandeln. Um in diese Räume zu gelangen, ist ge¬ wöhnlich ein mit großen Gefahren verbundener Weg, der Geschicklichkeit, Rraft und Mut sowie eine entsprechende Ausrüstung erfordert, not¬ wendig, was fast unmöglich macht, solche Na¬ turschönheiten kennen zu lernen, und müssen wir uns damit begnügen, die leichter zugänglichen Grotten und Höhlen aufzusuchen, welche aber durch den Vandalismus unverständiger Besucher stark gelitten haben. Zu diesen gehören die Dreib rüder- und die Lleonorengrotte am Friedrichsteiner Gebirgszug, von welch beiden die letztere noch gut erhalten ist, da die Auerspergsche Forstrevier- Verwaltung den Eingang durch eine Tür ver¬ schlossen hat, wodurch Unberufenen der Besuch unmöglich gemacht ist. Am Rofler Berge liegt das sogenannte „weite Loch", eine Höhle, die wahrscheinlich einst als Zufluchtsort benützt wurde. In ihr konstatierte nämlich der verstorbene Arzt Doktor Erich Schreyer die versteinerten Gebeine von mehreren Menschen. Line weitverzweigte Höhle, neben der Straße, zwischen den Dörfern Schalkendorf und Seele gelegen, ist die Seeler Grotte, in der ein Teil der französischen Besatzungstruppen aus den Jahren s80fl bis WZ vom Gottscheer Land¬ sturm teils erschlagen, teils gefangen genommen wurde. Aber nicht allein Höhlen mit Tropfstein¬ gebilden sind Sehenswürdigkeiten des Ländchens, auch solche, in denen das Lis nie zur vollstän¬ digen Schmelze gelangt und sind die schönsten die Eishöhle am Friedrichsteiner Gebirgszug und die Runtschner Eishöhle. Eine Eigentümlichkeit des Landes sind auch die vielen tausenden trichterförmigen Boden¬ einsenkungen, von welchen die größten die „tie¬ fen Gruben" bei Vbermösel sind. Sie werden nur durch einen scharfen, schmalen Grat von einander getrennt und sind so groß, daß in jeder eine Rirche samt Turm verschwinden würde. Die meisten Bodeneinsenkungen sind Einstürze, welche durch unterirdische Gewässer entstanden find. .-k- Ergreifen wir einmal den Wan¬ derstab, besuchen wir die Berge un- lassen wir von deren Gipfeln das Auge in die Ferne schweifen. Wählen wir als ersten den Hexen-, auch Ruhbüchel genannt, welcher sich oberhalb Langenton aus einer kahlen Hutweide erhebt. Vor uns lieg! nordwestlich Dürrnkrain mit Hinach und mehrere andere Dör¬ fer und leuchtet dahinter in der Ferne die schneebedeckte Rette der Rara- wanken hervor. Links von uns sehen wir auf das in einem Talkessel lie¬ gende Altlag mit seinen weißgetünch¬ ten, freundlichen Häusern und dich¬ ten Obstgärten und dahinter be¬ ginnen die ausgedehnten Hutweiden, welche Rletsch und Malgern um¬ schließen und erst bei Gottschee und Mitterdorf, wo der Friedrichsteiner Gebirgszug das Bild abschließt, enden. Rechts von uns aber ziehen sich die Wälder des Petersberger und hinter uns jene des Steinwander Revie- res hin. Unweit von der an der Straße von Gott¬ schee nach Nesseltal gelegenen Ortschaft Neu¬ friesach erhebt sich der flHO m hohe Aussichts¬ punkt, „Johann erwarte". Die Warte ist zwar schon längst zusammengebrochen, aber der Name ist geblieben. Nördlich, gegen Rei¬ chenau, schließt die Sicht das waldbedeckte Ge¬ birgsmassiv des Hornwaldes ab und gegen Osten begrenzen den Ausblick die zum Reviere Scherenbrunn gehörenden Höhenzüge, wo auch die höchstgelegene Ortschaft des Gottscheer Länd¬ chens Üntersteinwand (fl38 m) zu uns herüber grüßt. Lassen wir aber unseren Blick in der Richtung über Nesseltal bei dem weiß in der Sonne leuchtenden Grodetzkirchlein vorüber¬ schweifen, so sehen wir, wenn die Luft rein ist, bis zum Rulpafluß und über denselben hinaus weit ins Rroatische. Wenden wir aber unseren Blick gegen Südwest, so bemerken wir jenseits der Einsattelung des Stalzer Berges den Mo- robitzer Gebirgszug und über diesen hinaus bei guter Sicht den f528 m hohen Rischniak. Lin leicht erreichbarer und dankbarer Aus¬ sichtspunkt ist auch der „Heil. Geist-Berg" (86s m) bei Graflinden. Ünterhalb des gleich¬ namigen Rirchleins, in der Richtung gegen diese Ortschaft liegt eine Wiese und von ihr sehen wir mit bewaffnetem Auge in nordwestl. Richtung über Tschernembl und Möttling bis Agram, in südöstlicher ins pällandler Tal und über die Rulpa ins Rroatische, in westlicher den Friedrichsteiner, Göttenitzer und Morobitzer Gebirgszug und in der Einsattelung der Rrempe durch abermals Umne Krledrichkein 6 Kestrmmmer der .Gottscheer Zeitung^ anläßlich der 600-Iahrfeier nach Aroatien. Blicken wir aber nordwestlich, in -er Richtung gegen Gottschee, so sehen wir sowohl die Stadt, als auch weit im Hinter¬ gründe die Ruine Drtenegg und den Arimberg bei Laibach, sowie noch weiter rückwärts die Alpen. Da unser Punkt knapp an der Banats¬ grenze gelegen ist und über die Alpen die ent¬ gegengesetzte Grenze geht, so sehen wir quer über das Draubanat. Bon diesem Punkt kann man auch zu gleicher Zeit drei Eisenbahnzüge auf ganz verschiedenen Bahnstrecken, der Groß- lupp-Gottscheer, der Großlupp-Aarlstädter und der Agram-Suschaker Strecke, fahren sehen. Eine wenig beschwerliche, sogar mit dem Wagen ausführbare Partie ist jene nach Su¬ chen bei Eben (860 m). Fünf Almuten von dem aus zwei Häusern bestehenden Suchen fällt das Tal gegen Westen jäh ab und es bietet sich ein schöner Fernblick auf die zur großen Aulpa gehörenden Rischniakgruppe sowie auf den Arainer Schneeberg (s?96 m), dessen uns zugekehrte Seite zum Teil schon zu Italien ge¬ hört. Lieblich liegt vor uns das Cabrankatal mit den vielen kleinen Ortschaften und roman¬ tisch zieht sich eine steil abfallende, kilometer¬ lange Felswand, die Eleonorenwand genannt, gegen das nordwestlich gelegene Obergras. Steigen wir von Suchen durch den Wald gegen Süden empor, so gelangen wir zu einem Hoch¬ plateau, auf welchem wir uns im Urwalde be- finden. Sobald wir diesen, uns immer südlich haltend, durchquert haben, kommen wir auch hier zu jäh ins Aulpatal abfallenden Fels¬ wänden, welche auf einer Stelle eine beiläufig einen Ailometer langen, schmalen Ausläufer haben. Das Ende desselben fällt steil in einer beiläufig 280 m tiefen Wand ab, und es steht am Fuße derselben ein hoher Felsblock, der, vom Tal aus gesehen, auffallende Ähnlichkeit mit einem betenden Mönch hat. Von diesem Punkte hat man nach links und rechts einen großartigen Einblick in die wild zerklüfteten Abhänge des Morobitzer Berges, in das ro¬ mantische Aulpatal und auf das Gsbirgsmassiv der großen Aapela. Schließlich sei noch die bekannte Moro¬ bitzer Arempe erwähnt. Von ihr ist der Ausblick gegen Südwesten ein Teil der kroati¬ schen Berge, im Nordosten das Rieger Tal und der Friedrichsteiner Gebirgszug. Nach den beiden anderen Seiten ist aber der Rundblick versperrt. Lohnender ist deshalb eine Fußwan¬ derung am Bergrücken in der Richtung nach Tiefenbach. Von hier überblickt man gegen Norden den größten Teil des Hinterlandes mit dem Friedrichsteiner Gebirgszug, im Osten den Verdrenger, Aummerdorfer und Aositzenberg sowie den im Aostlerischen gelegenen Aapitsch. Südlich aber hat man die abwechslungsreichsten Bilder, welche der steil und zerklüftet gegen die Aulpa zu abfallende Hang bietet. Am jensei¬ tigen Ufer der Aulpa steigen aber die dicht be¬ waldeten Lehnen der kroatischen Berge empor. Derjenige, welcher das erstemal diesen Berg¬ rücken erklommen hat und das vor ihm sich ausbreitende Gebirgspanorama sieht, ist über¬ rascht und bezaubert. Er wähnt sich in eine andere Welt, in die Alpen, in die Schweiz ver¬ setzt und nennt man deshalb diesen Teil des Gottscheer Landes die GottscheerSchweiz. Schließlich sei noch des „Friedensberges" Erwähnung getan; er bildet einen Ausläufer des Hornwaldes. Von diesen überblickt man einen großen Teil von Aroatien und Arain und ist besonders der Ausblick über die zu Füßen liegende Weißkrainer Ebene ungemein fesselnd. I>r. Krnst Jaber, Wien: Die Stadt Hottschee. Meine Heimat ist die sagenhafte Alte deutsche Siedelung Gottschee. In der Mitte liegt gleich einer Feste Das uralte Schloß der Auersperge, Mit den langen Laubengängen, einer Zier des stolzen Baues, der dem Sturm der Zeit getrotzet! — An das Schloß Schmiegt sich ein lichter, bunter Garten, Der im Ostermond voll Zauber ist, Wenn die Blumenbeete, Bäume und Girlanden Mit dem Frühlingskleide angetan Und die Vöglein in den Zweigen Gott und seine Wunder preisen! Um den Herrschaftssitz als Erbgut treuer Ahnen Alte Bürgerhäuser liegen wohl gepflegt! Manche ragen aus dem Grün der Wiesen, Manche spiegeln lraumbaft sich im Rinseflusse, Der mit seinen grünen Wässern mitten Durch die Stadt sich schlängelt und an Dessen Ufern tiefverträumte Erlen stehen, Eine Airche hart am Strand der Rinse Strebt zum Sternenhimmel hoch empor Und an sonnenhellen Tagen leuchtet Weithin in das Land ihr Anauf! Dient zur allgemeinen Ändacht meinem Volke, Ist für feierlichen Anlaß auch bestimmt! Fern von dieser liegt ein stilles Airchlein In der Mitte eines Gottesackers, Rings von altem Mauerwerk umschlossen, Friedlich an dem Saume eines Waldes Und von weiten Feldern sanft umrandet, Schaut es auf den Bahnhof, wo das Leben froh pulsieret, während hier sein Totenglöcklein bange klingt, wenn einer, Abberufen, gehet in die Ewigkeit! Wie ein breiter Silberstreifen zieht die Straße Durch die schöne Stadt nach Süden hin. Tief im Rasen stehet die Aapelle Samt Francisci, die zu ehrendem Gedächtnis Eines frommen Mannes ward erbaut, Der vor s50 Jahren einsam — heißt es — Hat als frommer Büßer dort gehaust. Einmal nur im Jahr erstrahlet ihr Altar Blütenvoll in Hellem Lichterglanze Am Fronleichnamstag in Festesstimmung. Weil nicht von dem Felsenschloß, um das der Aampf einst lobte, liegt in einer Mulde, rings umkränzl von hohen Tannen Ažuren schimmernd in dem Strahlenglanz der Sonne Eisgepanzert eine Grotte, abgrundtief. Wie ein Sturzbach, eiserstarret, raget eine Breite Wand tief in die dunkle Höhle, Deren Ursprung keines Menschen Auge je erschaut! Unweit springet aus der Erde froh ein ^uell mit seinem silberhellen Wasser, Wo sich Aronen alter Bäume spiegeln, Große Schillerfalter durstig ruh'n vom Langen Flug an ihrem feuchten Rand und Gierig saugen den eiskalten Trank. Nahe diesem H>ue!l erschließt dem Auge Sich der Bergwelt größtes Wunder, Die Dreibrüdergrolte: Von Gestrüpp umwachsen und von hohen Bäumen. Sorgsam vor der Menschen Blick behütet, Öffnet sich mit einemmal die Erde Wie ein Schlund und ist voll tiefstem Dunkel. Uber Steingeröll steil abwärts führt der Weg tief in das Innere der Grotte, Die, gewölbt und kühl ist wie ein Dom! Unerwartet in das Dunkel fällt das Licht durch einen efeugrünen Spalt, Und wie perlentau im Sonnenstrahle Tausend' Tropfen glänzen an der Grottendecke l Iranziskuskapelle, auf dem Wege von Hottschee nach Grasenfekd Im Gesichtsfeld der Aapelle liegt ein Friedhof, Mit dem Tor zur Stadl gewendet, In die Mauern und die breiten Fliesen Mancher Grabstein eingefüget ist als Stummer Zeuge für die Herrschaft Friedlichstem. Einem Edelstein in einem goldnen Ringe Gleicht die Stadt, von blauen Bergen rings um¬ rahmt. Auf der Spitze eines dieser Berge Stehen heute noch die starken Mauern Von der Feste Friedrichstein, Wo Graf Friedrich glücklich einst gehauset, Dem sein Vater, Hermann Graf von Tilli, Die Veronika, die schöne Gattin — Gegen dessen Willen sich erkoren — Ließ gefangen nehmen und ertränken. Aufgebaut auf hohen, steilen Felsen Uneinnehmbar hielt die Burg stets Stand dem Wilden Sturm der tapfern Ianitscharen. Ringsum floß das Blut verwegner Arieger, Bäume stürzten krachend in die Tiefe, Um das Felsenschloß im heißen Aampfe. Unten aber im Gottscheer Tal Mordet, sengt und raubt der Feind. Flammengarben aus den Häusern künden Unheil und Vernichtung überall. Wehe jenen, die nicht flüchten können! Barfuß und in Aetten müssen Sie den Türkenhorden folgen in die fremden Lande, Fern der Heimat in die Sklaverei. Aus den Waldeshöhlen, wo es sich verborgen hielt, Aommt mit Furcht des Volkes Rest. Weinend schaut es auf die leergebrannte Stätte Seiner Heimat Haus und Hof und Habe. Zwischen Wänden und Geröll gebettet Liegen dunkle Wässer kleinen Seen gleich, Wo der Olm sein Schattendasein fristet, Toter Tropfstein ruht auf ihrem Grunde — Unverstand und frevle Hand hat ihn gemordet! Einzeln ragen hohe Felsen auf, Jäh erschließet dem erstaunten Auge Sich ein Tropfsteinhügel mit zwei riesengroßen Stalagmiten; tropfsteinartig schon ist Das Gebilde rings umher. Die Grotte Neigt dem nahen Ende zu, ein Stalagmiten-, Stalaktitenwald liegt in erhabner Schönheit da, der an die Grottenwänds Grenzt, in die ein Labyrinth von Laubengängen Führt, vom Glitzern des Gesteins erfüllt. Und von der Natur wie ein Geheimnis Zart gehütet, tief im Grottenauslauf Liegt ein Wässerlein, von Tropfsteinwänden Eingebettet da in wundervollem Glanze! Lebendig wird der Märchentraum der Aindheit, Wenn man aus dem funkelnden Gestein in Seiner Helle seltsames Gebild sich spiegeln Sieht; ob seines Zaubers heißt es Elfen- Brünnlein, eines von den Wundern Gottes I Von der Brüdergrotte führt zu Tal ein Pfad durch eine kleine Lichtung. Von einem Fels aus Sieht man auf die Stadt Gottschee, die reich an Schönheit und an Wundern ist, erkennt in ihr die Liebevollste Schöpfung und das Lächeln Gottes Und ist tiefst beglückt ein Sohn der sehenswerten, Sagenreichen, vielumkämpften Stadt zu sein, Die Heuer ruhmgekrönt 600 Jahre alt geworden. Aellnummer der ,Gottscheer Zeitung^ a» läßlich der KOÜ-Ia-rfeier Wilhelm Aschinkel, Hiosegg: Aas IMstied in der deut¬ schen Sprachinsel Hottschee. Wie anderwärts ist auch in der deutschen Sprachinsel Gottschee das Volkslied im Versiegen begriffen. Manch kostbares Gut, an dem un¬ sere Altvordern mit allen Fasern ihres Herzens hingen, hat die Neuzeit unbarmherzig hinweg¬ geschwemmt. Der Forscher und Sammler konnte noch vor wenigen Jahrzehnten nach altem Gute schürfen und wie aus einer nie versiegenden Quelle an Liedern, Sagen und Märchen schöpfen. Mit dem versagen der Spinnstube ist die Sangeslust ermattet und der Liederschatz schrumpft immer mehr und mehr zusammen. Damals freilich, als noch die Spinnräder ber Dorfschönen in der Spinnstube surrten, als man an langen Winterabenden oft bis zum Morgengrauen hinter dem Spinnrade saß, stand das Volkslied in hohem Ansehen und wurde von jung und alt eifrig gepflegt. Es wurde gesungen ohne Unterlaß, ein Lied reihte sich unvermittelt an das andere. Kanin hatte eine Sängerin die ersten Töne eines Liedes angestimmt, setzte schon der ganze Thor ein, und dazwischen schwirrten die Räder im Takte, als wollten sie erzählen von Türken und Hungersnot, von Pest und Krieg. So ran¬ nen die Stunden dahin, bis die Uhr schon lange nach Mitternacht zeigte. Nun ist es anders geworden. Das Spinn¬ rad träumt seit vielen Jahren vergessen und verlassen auf dem Dachboden von längst ver¬ klungenen Tagen. Die heutige Jugend kennt das Spinnrad kaum vom Hörensagen. W Nur die gemeinsamen Arbeiten regen, wie vor Jahren, zum Singen an. Wenn sich heute noch die Mädchen des Dorfes, die immer die Hauptträgerinnen des Volksgesanges waren, beim Rübenstoßen oder beim Auslösen der Fi¬ solen und Maiskörner treffen, kommen die allen Volkslieder wieder zu Ehren und alt und jung erbaut sich an dem Geiste, der aus ihnen zu uns spricht. In letzter Stunde hat inan die Wichtigkeit des Volksliedes erkannt und versucht, diesen kostbaren Schatz zu heben. Herr (Oberlehrer I. Perz hat in den achtziger und neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts nach alten Liedern geforscht und sie ausgezeichnet. Er hat sich da¬ durch ein dauerndes Andenken in den Herzen aller Gottscheer gesichert. Ein glücklicher Zufall spielte mit, daß ge¬ rade zur damaligen Zeit Prof. Dr. A. Haussen in Prag sich für das Gottscheer Lied sehr in¬ teressierte und die gesammelten Lieder einer wissenschaftlichen Bearbeitung unterzog. Sein Buch „Die deutsche Sprachinsel Gottschee" er¬ regte in der Heimat und in der Fremde berech¬ tigtes Aufsehen und war bald vergriffen. Gott¬ schee verdankt der Herausgabe dieses Buches jH7 Lieder, die dadurch der Vergessenheit ent¬ rissen wurden. Das begonnene Werk eiferte nun zur wei¬ teren Arbeit an. So ist es dem Schreiber dieser Zeilen gelungen, rund HOO Lieder niederzu¬ schreiben, die er dem Volksmunde abgelauscht hatte. Er durchzog alle Gaue unseres geliebten Heimatlandes und kehrte oft mit reicher Beute von seiner Wanderung heim. Manchmal glückte es ihm, von einer Frau HO und mehr Lieder aufzuzeichnen, was von dem großen Reichtum unseres Liederschatzes zeigt. Unser unvergeßlicher Landsmann Direktor Dr. Hans Tschinkel in Prag hat die gesam¬ melten Lieder wissenschaftlich verarbeitet und das Ministerium in Wien wollte gerade im Jahre WH an die Drucklegung des Werkes, das nun¬ mehr 677 Lieder umfaßte, schreiten, als der Ausbruch des großen Weltkrieges die Heraus¬ gabe vereitelte. Die Folgen des Krieges haben die vollständige Herausgabe wohl auf Jahre hinaus verschoben. Die äußerst wertvolle Samm¬ lung ging in den Besitz des Prof. Dr. John Meier in Freiburg i. Br. über. Sicheren! Ver¬ nehmen nach soll in Kürze eine Auswahl der schönsten Lieder im Buchhandel erscheinen, was nur wärmstens zu begrüßen wäre. Der große Reichtum unserer Lieder wirkt geradezu herzerfreuend. Einen Großteil der Lieder haben unsere Ahnen wohl schon mit ins Land gebracht, was daraus zu ersehen ist, daß sie als Varianten zu den Liedern anderer deutscher Stämme unschwer zu erkennen sind. Doch dürfte das sangesfrohe s5. und j6. Jahrhundert auch in Gottschee neue Blüten angesetzt haben. Was die Volkslieder in der Mundart an¬ betrifft, sind sie in Form und Inhalt typisch. Sie beginnen meist mit den Worten: „Brr vris ischt auf" und erscheinen im Gewände strenger Reimloflgkeit. Sie schreiten in 2 oder 3 Zeilen in fortwährenden Wiederholungen gleichsam zögernd weiter. Die Melodie ist weich und tief traurig, was dadurch bedingt wird, daß der Gottscheer mehr zur Wehmut als zur Heiterkeit neigt. Der karge Boden, dem er die magere Ernte durch müh¬ same Arbeit abringen muß, ist auf sein Gemüt sicherlich nicht ohne Einfluß geblieben. Die Türkeneinfälle, Pest, Hungersnot und Kriege haben auch das Ihrige dazu beigetragen. Von der tiefen Wehmut, die aus vielen Liedern zu uns spricht, möge nachstehendes Lied, das im Hinterlande heute noch häufig gesungen wird, Zeugnis ablegen: 1. Ls bac'n amol zbuai usrmai buashlain. Aube, aube, main bs buashlain. 2. Gsschtuarbsn ischt ir lisbai ammo. ch Direktor Dr. Kans Uchinkek z. Shai zischsnt ahin af's grisns vraithof. Thai schraisnt auch z'r laut'r schtimms: 5. „Sho klisb di, sho klisb di, kölshbusrzai eards. S. Unt lusß insch außar insh'r lisbai ammo." ?. Gsklöbsn Hot shi dai kolshbuarzs eards. 8. Unt außar ischt kamsn ir lisbai ammo. 9. Unt außar't shi prucht a luaible pruat. !0. A luaible pruat, a putschte bain. II. Nus assst unt trinkst, main ds usrmsn buashlain. !2. Shi haushst unt puschst ir ds usrmsn buashlain. !Z. v'rshbundsn ischt ir lisbai ammo. Im Unterlande sind die Melodien etwas lebhafter, was auf die anschließende Weinge¬ gend von Maierle zurückzuführen sein dürfte. Die Mehrzahl der Lieder ist religiösen In¬ haltes. Im schroffen Gegensatz zu den übrigen deutschen Stämmen treffen wir in Gottschee die ernste Ballade, von denen „Dai schians mera- rin" die bekannteste ist. Sie werden meist zwei¬ stimmig gesungen, wobei sich die zweite Stimme in Terzen oder Quinten bewegt. Neben geistlichen Liedern finden wir Liebes-, Hochzeits-, Spott-, Trink-, Totenlieder u. a. Alle diese Lieder vermeiden jedes derbe Wort, was um so verwunderlicher ist, da der Volksmund sonst gewöhnlich eine unverblümte Sprache führt. Von den 677 Liedern sind etwa drei Viertel in der Mundart, die übrigen in neuhochdeut¬ scher Sprache abgefaßt. Letztere haben zweifel¬ los in den letzten Jahrzehnten im Lande Ein¬ gang gefunden. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß vor Jahren bei Begräbnissen freie rhythmische Totenklagen oft von den Leidtragenden selbst oder von be¬ stellten Klageweibern gesungen wurden, die in ergreifender Weise die Tugenden des Verstor¬ benen besangen. Ferner ist es bemerkenswert, daß nicht in allen Teilen des Gottscheer Landes die gleichen Lieder gesungen werden. Jedes Gebiet hat seinen eigenen Liederstock. So singt man im Hinter¬ lande andere Lieder als im (Ober- und Unter¬ land, als im Tfchermoschnitzer Tale oder im Hochtale von Suchen. Nur die schönsten perlen unseres Lieder¬ schatzes, wie „Dei scheans merarin", die Hoch¬ zeitslieder und einige andere, sind Gemeingut des ganzen Landes geworden. Daher stammt auch der große Reichtum der Volkslieder in unserem Lande. Der Gottscheer ist im großen und ganzen nicht unmusikalisch; es fehlt ihm mehr oder weniger an der Sangesfreudigkeit. Es ist tief bedauerlich, daß ein Großteil des Liederschatzes bereits in Vergessenheit ge¬ raten ist. Dieser Verlust könnte leicht dadurch wettgemacht werden, wenn man bei jeder Ge¬ legenheit alte Gottscheer Volkslieder sänge. Schöpfen wir ohne Unterlaß aus diesem Born heimatlicher Volksdichtung in frohen und trüben Tagen! Amalie Erker, Witterdorf: Autatte. Erzählung in der Gottscheer Mundart. „Bu hent ds Zeitn?-Io, bu hent ds Zeitn, bis i noch a bintschigss pirble pin grban, a Pisble, a pese, wenf Zusl hoach und zboa proit." — Sho drzelrt dar autr Goschpar in Nochparn und tust a Hescheitz. — „Autatte Hot rächt gshot. — Io, dennar! . . ." Gonz wrtramst schagst ar nus ahin und denkst noch. Aus ischt schtills atin in dr Schtubn, lei as 'n Pfeiflein kudrts, bis aus a Rachlukn. —r „Bues is ottr dennar gsban?" wrugrt nus neigirig der Gorsch. — „Buss rs ischt grban? — Gndrs Zeitn, ondrs Leits, ondrs Manndr, ondrs Beibr." — Asha, asha! Buss pringsscht du noch wirrhar?" risfst nus ds Goschparin won dr Gwnponk har. Shi Hot grud Milich gsschlugn und nus gslishnt, buss ds Manndr drzelnt. — Umar um dan oichein Tisch, beldr woar in Binkl schteat, shitznt shei, a Krusg Moscht geat an ds Scheids. — „Nus drzel abak, biss ottr denar ischt gsban," shugst dar Andrsch. „Scheans Zeitn wor insch Kindrlein, den a et gusts. — Mein Alte — Gott dr Herr treascht ihn — ischt a gustr Wutr, a wilgsploitr Monn gsban. Kindrlein sheibr sheksei um ds Schißl gsshassn und hobn ds Ganzslein aus dr Milich außar gswuchn. Autatte Hot ibr inshr ds Kepfs a apur Lefflwolls gsnom, ottr ischt ar bidr hin af ds Gwnponk odr afs Meisrle gean shitzn. Atte Hot wleißig Holz gswirst und asho Hot ar a pur Groschn wrdisnst, odr ischt ar mit n Roschn af Kurlschtodt um Boizs. Gftein Hot ar a won Krobotn auhar Bein wor dr Birts prucht. Inshr Rosch Hot a großei Klocks gshot, ben d, Shamars (Säumer) um Bein hent grgean. Sho ischt Atte et wil ahoims gsban. Begn damon sheibn dir Kindrlein an meari- schtn pei Autattein gshong. Ben ar drzelst Hot won Krisgs, won Tirkn und Franzoshn, hobn dir gslishnt bis ds Haftleischmochars. I pin shein 's Lisbischts gsban — Gott gib mon aus Gusts! — Ben i augn af ds Gwnponk hon gsbelt, pin i af shein Schtiwl gsschtean, ottr Hot ar mir shein Daumnegl gsroichrt und — Hopps — schon pin i af shein Knisn gsshassn. In Bintr Hot inshr Ammo gsschpunnen, Atte Hot gsbirchst und ds Musms Hot insch Königheshlein und a Woldrkittlr grmochst. A- woar ischt oftein rächt a peashss Battr gsban. S Hot gsplushn und grshnibn. Dr Bind Hot dr Haushntir gswecklt und ds Klachl (Türschloß aus Holz) Hot gstschikst. Ubr in dr Schtubn is wein burm grban. Iedss Hot shein Urbeit gshot. Leane Hot Attein gsholfn, Andrle Hots Licht gsshneizst, Mins Hot Sefein grshboigst, Ioshe Hot won Gwn uhar grschagst und i — i pin af Autatteisch Knisn gsrittn. pei shein Daumnegl hon i mi gshubst und gslishnt, buss ar insch drzelst. — Io, wil Hot insh Autatte drzelst, wil Hot ar insch gslearst. Won Boldr und won Tirlein, won pilichn und Mudrn, won Engltaschn (Iltis) und preitslein (Wiesel), won parn und Belwn. Autatte Hot olldrhont Gsschichtn gsbescht. Won shburzn Manndrn 8 Aestrmmmer der -Gottscheer Zeitung^ autäßkich der 6vü-IaHrfeier und roatn Rosch, won Hexinsn und Trutn (Alp). — A Lisdlein Hot ar kenn shingrn. Won dr Meerarin, won Shein peatr und Shein Palein, won Boishlein hobn dir wellig olls Nachts gsshung, ottr sheibr erscht in Roashnkronz gen schprachn. Berslein Hot insch Autatte a gslearst. Gins konn i heint noch harshugn." „No, bis geats?" wrugst gahs dar puttrsch. — „Bilscht du's Hearn, ottr lei paß auf," onpartrt dr Gosch- par und tust a Areischt. „kearsscht du bos, sho konnsscht du bos; konnsscht du bos, sho pischt du bos; pilcht du bos, sho hoscht du bos. „Sho geats Berste." — „Ballein, du hoscht a gustss Gsmerk," shugst nus dr Aotrar. „Bis is ottr beitar gsban," wrugst. noch neigirig dar Lukssch. „Io, i brt wil Gaud hubn. Io, i brt ahin in ds Barlt gean und a reichr Nkonn gsrustn, ottr kimm i et mear hoim Goißs gean z' histn." Asho hobn bir insch gsschtrittn — bir Aindr. Autatte Hot a Beils gslishnt, ottr Hot ar gs- shoit: „Aindrlein, ahin zishn in ds Barlt, ds Barlt probisrn, ischt rächt und schean, ubr ds Hoimot dearfn bir et wrgassn. Ds Hoimot ischt a goldeins puech, bu aus gsschribn schteat, buss bir leshn sholln. Ds Hoimot ischt epos Heiliges, epos — af dos mon nis wrgassn dearf. Bear shein Hoimot et gearn Hot, bear et gearn hoim geat, dar ischt a Znichtoch (Taugenichts)!" — „G, dos hon i mir gust gsmerkst und a mein ds Aindr asho gslearst." — „Shooo?" marst shi dar podnsch, „dein ds Aindr hent, pis af zwoi, olls in Amerika und hont ds Hoimot schon lengischt wrgassn. Lai posdei shaubn plu- gst ir ei af dr Hubn. Hescht shs a pessr kenn learn." — Nus ischt dr Goschpar wellig peashs gsrustn. Ar schteat auf und shugst groß und ernsschtig: „Mein ds Aindr hent olls ahin, ubr shei brnt olls mit Beib und Aindrn bidr kam. Dr Wronz brts Lausch ibrnam, dr Joshi mochst shi a neiss. Mine Hot Mattisch Honsch gshei- rotst; die kamsnt a hoim und Sefeisch Monn kafsts Maushn. Glls babr bidr peinondr shein, olls, olls. I pin koin Znichtoch und mein ds Aindr a et. I hon mir Autatteisch Boart gust gsmerkst. G, i brt di et wrgassn, mein lisbr Autatte und dein — Daumnegl!" — — H»rof. Otto A Z-ischer, Graz: Mein Besuch in Kottschee. Wer weiß in meiner fernen westfälischen Heimat vom Gottscheer Land? Die meisten haben mit sich selbst zu tun oder halten diese Beschäftigung für die nützlichere: auch find sie ja weit von den Grenzen des Volkstums ent¬ fernt und wissen so wenig von den Sorgen und mehr oder weniger stillen Aämpfen der Grenzer; denn die durch Habsburgs Schuld dem Deutsch¬ tum entfremdeten Niederländer, welche nach ihrem Abfall ihren eigenen politischen und sprachlichen Weg gingen, können ja nicht als wirkliche Fremde angesehen werden, ist doch ihre „Mundart" derjenigen unseres Landvolkes so ähnlich, wie diejenige der Waldner derjenigen der Hinterländer. Mich aber haben schon von Jugend auf besonders die Grenzdeutschen an¬ gezogen und ganz besonders die Bewohner der Sprachinseln. Früh schon habe ich gewünscht, die Steiermark und das Land Arain kennen zu lernen und wenn ich auch, einem sanften Zwang folgend, zu meinem Wohnsitze in der ersteren gelangte, so war es doch ein Trieb des Herzens, welcher mich nach Gottschee führte. Jahre mußte ich warten, bis der plan zur Reife kam, und viele Mühe habe ich mir gegeben, von Handel treibenden und anderen Gottscheern Näheres über ihr Land zu hören, über Unter¬ kunftsverhältnisse, Lebensweise und sonderlich über seine Natur. Aber es war nicht viel zu erfahren: Der Prophet gilt nicht viel in seinem Vaterlande; sollte man diese alte Weisheit nicht auch so anwenden können, daß der Eingeborene das Eigentümliche seines Landes nicht zu schil¬ dern weiß? Ich glaub's. Ein Teil meiner Ferien war schon ver¬ strichen; da entschloß ich mich plötzlich zur Reise. Es sollte nur eine anschauliche Wan¬ derung werden, von kurzer Dauer. Auf der Rückreise ein Besuch den Steiner Alpen abge¬ stattet werden, diesmal von einem anderen Ein¬ bruchspunkte aus als in früheren Jahren. Es wurden jedoch mehrere Wochen in Gottschee daraus und wie das kam, werden die Leser, welche das Schnapperle gehört haben, vielleicht zwischen den Zeilen finden. Das schöne untere Sanntal halte ich vom Wagenfenster aus bewundert und das malerische Savetal hatte das trunkene Auge in sich aus¬ genommen. Auch die weiße Stadl lag nach dem üblichen längeren Aufenthalte hinter mir; die Rufe der eilenden Aellner in Großlupp waren verhallt. Im heißen Abteil ging es in die Sommernacht hinein und wenig von der Ge¬ gend war zu sehen. Die Mitreisenden unter¬ hielten sich lebhaft, in fremden Lauten; was sie sprachen, konnte ich nicht entziffern. In der Aleidung gar nicht, im Gesichtsschnitt nicht son¬ derlich von uns abweichend; ich mußte mich immer wieder fragen, wie zwei Volksstämme, welche demselben Norden entsprungen sind, so weit auseinander geraten konnten; sie haben verschiedene Wege genommen, die einen weit nach Gsten ausbiegend und über den Süden zurück schwenkend, überall fremde Volkssplitter in sich aufnehmend, die anderen auf geradem Wege der Sonne entgegen strebend. Endlich das alte Reifnitz, an welches sich auch viele deutsche geschichtliche Erinnerungen knüpfen — und fast alle Mitreisenden verlassen den Wagen; zwei Reisende insbesondere erregten meine Aufmerksamkeit: vierzehn, zum Teil um¬ fangreiche Warenballen wurden durch das Fen¬ ster den zahlreichen zum Empfange Erschienenen heraus gereicht. Nun noch Mitterdorf und dann Gottschee. Eigentlich eine kleine Enttäuschung; denn die Angekommenen, welchen ich folgte, war erstaunt über die dicht aneinander gereihten Linsturztrichter (Dolmen), zum Teil sehr ver¬ flacht, fast alle von außerordentlich üppigem Rasen erfüllt, nur hin und wieder dazwischen eine Doline mit Steinen am Grunde (Saug¬ löcher) oder im Hang. Ich war bekannt genug mit den geologischen Vorgängen, um zu er¬ kennen, daß es sich bei dem Gottscheer Haupt¬ tal um eine ehemalige ausgedehnte Höhle han¬ delt, welche, zwischen zwei Bergrücken gelegen, einstürzte bezw. gleichzeitig oder vorher als ganze Scholle in die Tiefe rutschte. Auch konnte ich bei dieser Gelegenheit vor Grafenfeld die Rinse unter der Brücke als starken Bach fließen sehen, wobei mir sogleich auffiel, daß auf dem Grunde Pflanzen standen, welche sonst nur am Afer der Gewässer sich finden oder auf zeitweise feuchten Wiesenstellen. Nachmittags, als ich auf dem Wege nach Gbermösel an dieselbe Stelle kam, war der Bach verschwunden, ein Aarstphänomen. Bald konnte ich auch mehr von dem höhlen¬ reichen Gelände kennen lernen. Nur schade, daß man dis Tropfsteine, zu deren Bildung Tau¬ sende von Jahren nötig gewesen sind, so wenig geschont hat. Interessant war mir das Mearars- loch, die Dreibrüdergroite, die Aofler Grotte, das Almdorfer Wasserloch und besonders die meist eingestürzten, fast nur noch als gewaltige Torbögen oder Brücken vorhandenen Grotten von Seele und ebenso die in der Nähe der letzteren vorhandenen, offenbar früher in einer Schlucht oder einem unterirdischen Flußlauf ge¬ standenen Pilzsteine, welche ihre Form dem Unterhöhlen durch brausendes Wasser verdanken; Straße Rieg-Moroöitz mit der Hlasteröuche überschritten eine Art Holzlager und — in der Nacht war nicht viel zu sehen. Für diese kleine Abkühlung wurde ich reichlich entschädigt, als ich beim „Gustl" noch einige seßhafte Männer antraf und diese sich mit mir noch ein Stünd¬ chen unterhielten, in einem Deutsch von so reinem Alang, daß ich Fremden dort Aufent¬ halt zu nehmen raten würde, wenn sie reines Deutsch sprechen lernen wollen. Mich aber be¬ gleitete das Gefühl zum Nachtlager, nicht in einem fremden Lande zu sein. Am folgenden Morgen war ich begierig, den ersten Eindruck von der Gegend zu erhalten, und fand: keine himmelstürmenden kahlen Zin¬ ken, keine engen bedrückenden Schluchten, auch nicht der vermutete öde Aarst, sondern ein an¬ genehmes breites Tal, auf dessen Grün das Auge mit Wohlgefallen weilt, ein sehr nahe gerückter und ein entfernter liegender Höhenzug von beträchtlicher Erhebung, in Nocke endigend und vom Fuße bis zum Scheitel mit schönem, dichtem Walde bedeckt, nichts von dem, was man sich als Aarst vorstellt. — Alle Achtung vor denjenigen, die sich so schonend und pfle¬ gend des Waldes angenommen haben, im Ge¬ gensatz zu jenen, welche den istrianischen und dalmatinischen Bergen zu jenem Zustand ver¬ halfen haben, welcher uns bei dem Namen „Aarst" vor das innere Auge tritt. Allerdings sollte der Aarst im besseren, d. h. theoretischen Sinne mir bald vor Augen treten. Am gleichen Vormittag wanderte ich durch das lange Dorf Grafenfeld bis Lienfeld und bedauerlich, daß eines dieser hochmerkwürdigen: Naturdenkmäler neuerlich durch die Hand eines Unverständigen schwer beschädigt wurde. Was könnte man noch alles in der doch wohl nur zum Teil eingestürzten Höhle des Haupttales finden, wenn sie zugänglich wäre! Ich möchte aber nicht darin sein, wenn überraschen- Hoch¬ wasser auftritt und von den Sauglöchern ver¬ schlungen wird. Ein lieber Weg war mir derjenige über die Nock-Höhe zum Hirisbrunnen in seiner grünen Waldeinsamkeit, mit seinen Schwimmkäfern und Molchen (Nixen und Wassermännern) und jener zum Rosenbrunnen. Herrlich war ein Ausflug nach Morobitz und Tiefenbach, von wo ein pfadloser Anstieg (immer der Nase nach) über herrliche Wiesen mit reichem Flor von verschiedenen Arten Lilien an großartigen, tiefen Einsturztrichtern vorüber zur Höhe führte, auf welcher hart am Steil¬ rande ein reizender Pfad verlief, welcher ständig herrliche Tiefblicke in das malerische Aulpatal gestattete, wobei besonders des Turmes ge¬ dacht sei. Die Hitze war groß, die Straßen leider sehr staubig, die Landschaft anregend und zum Teil sehr schön. Tier- und Pflanzenwelt nahmen das Auge, der Wein (Scheffel würde sagen: der hundertschlündig zu trinkende) die Zunge gefangen. Das Beste aber waren die Menschen und diese hoffe ich, so Gott will, wieder zu sehen. Jestuummer der ,Hotlscheer Zeitung^ anläßlich der 600-Iahrfeier 9 J. A., Unterlag: Zur Wanderung ins Hott scheer Unterland. An der Straße Gottschee-Tschernembl kommt man, nachdem der Reintaler Wald durchquert >und der Abhang, die „Hölle" genannt, passiert ist, nach Römergrund. Die Ortschaft ist bekannt wegen ihres Reichtums an Wasser. Zur Zeit der Dürre wird das Wasser von weit und breit von hier geholt. Rechts liegen auf einem anmutigen Riegel Ramsriegel und Turn in sonniger Lage. An der Straße weiter erreicht man die Ort¬ schaft Graflinden. Von da führt rechts die Gemeindestraße nach Unterlag. O, diese Straße, wie dringend wäre es, daß diese umgebaut würde! Vierzig Jahre bitten wir schon darum. Die Pfarre Unterlag ist die südlichste der Gottscheer Pfarren. Sie reicht bis zur Aulpa. Die Ortschaft selbst ist mit ihren Hs Häusern in schöner Reihenfolge gebaut. An der Ostseite des Dorfes zieht sich der Eliasberg, auch Hei¬ liger Geistberg genannt, mit seinen Wiesen und Waldanteilen von Graflinden bis gegen Vorn- schloß hin. Am Gipfel des Berges stand noch vor kurzem die Elias- oder Heil. Geist-Airche. Zm August des Jahres sß28 schlug der Blitz in die Airche ein. Die Airche brannte ab. An der unteren Seite des Berges, ganz oben, steht die Ortschaft Aositzen. Einstens wohnten da wohlhabende Familien. Heute stehen drei Häuser leer, vier sind verfallen. Ein einziges Haus ist bewohnt. Jenseits des Berges hat Fürst Auersperg einen großen Tannenwald, die Graischitze. Der Name stammt vom Worte Zracl — Schloß. Das unten liegende Dorf heißt auch prellZruci — Vornschloß. Der Berg selbst bietet eine herrliche Aus¬ sicht hinauf nach Gottschee, hinüber nach dem Tschernembler Boden und hinein ins kroatische Delnitz. Auch befinden sich da oben großartige Grotten und Höhlen. Eine Grotte heißt die Frauengrotte. Vor einigen Zähren waren fremde Touristen und Naturforscher da oben und ließen sich 80 m tief in die Höhle, besuchten auch die Grotten. Sie konnten in den Zeitungen diese Grotten und Höhlen wie auch die herrliche Aussicht nicht genug loben. Auch bei Neuge¬ reut — Labbüchei ist eine Grotte, genannt „Wiehischloch", wohin sich die Bevölkerung zur Zeit der Türken- und Franzosenkriege geflüchtet hatte. Von Unterlag führt eine Gemeindestraße nach Gereut an der Aulpa. Die Aulpagegend hat die Natur mit besonderer Vorliebe ausge¬ staltet. Tief unten im Tale zieht die mächtige Aulpa mit ihren Fluten dahin, umspielend die angrenzenden Gefilde. Auf der Anhöhe die Gereuter, Neugereuter und Unterlager Wein¬ gärten mit ihren schmucken Aellern. An der Aulpa die vielen Wühlen und Sägen. Oberhalb der Ortschaft Unterwilpen ergießt sich die Rinse, unterirdisch hervorwallend und einen stürmischen Wildbach bildend, in die Aulpa. Da spukte einmal der Teufel. Ihn zu ver¬ treiben, kam ein Student und verrichtete die Gebete. „Du kannst mir nichts anhaben," sprach der Teufel. „Du hast deiner Mutter Eier ge¬ stohlen." „Ich habe nur Unseres genommen und dafür Bücher gekauft, um zu studieren. Weiche und begib dich in die Wüste, wo du keinen Schaden anrichten kannst!" Da sprang der Teufel hoch oben aus der dort befindlichen Höhle herunter auf die da liegenden Steine und, auf einem derselben seine Spur zurücklassend, sprang er über die Aulpa, riß aus Zorn die dortigen Bäume aus, stellte sie auf die Spitze . und entfloh. Noch heute heißt die dortige Ortschaft Sa¬ mens vraZa. Von Graflinden aus kommt man an der Straße nach Wieden. Da ist der Friedhof der .Unterdeutschauer Pfarre. Die Friedhofskirche stand zuvor an der rechten Seite der Straße. . Noch ist der Platz erkennbar, wo sie gestanden war. Oberhalb Wieden am Berge liegt pre- riegel. Hier heißt es, daß diese Ortschaft die älteste da unten ist. Der höchste Gipfel des . Berges heißt.Spahä. Da stand in früheren Zeiten eine Airche. Auch eine Grotte ist da oben, groß wie eine Airche mit Tropfsteinen schönster Ge¬ bilde. Auf dem Spahäberge war zur Zeit der Türkenkriege und größerer Räubereinfälle eine Signalstation, eine sogenannte Areutfeuerstation. Unterdeutschau liegt in einer Mulde mit fruchtbarem Boden. Es besitzt eine schöne Airche und ist Wallfahrtsort. So wird der Wanderer auch im Gottscheer Unterland einige beachtenswerte Naturschön- heiten finden. Aommt zum Besuche! I»Hik. Matter Hschinkel: Heimat. sehe deine Wälder in Kraft vor mir ersteh'n, Durch Buchen, Fichten, Lichen die winde hör' ich weh'n. Ich fühle deinen Atem, geliebtes Heimatland. Durch weite, weite Fernen uns eint ein ewig Band. Ich weiß, daß deine Felder so wunderbar ergrün, Ich weiß, daß deine wiesen wie nirgends sonst erblüh». 2. Die Sehnsucht faßt mich heftig nach dir, mein Land Gottschee. Lrinn'rung schaff' mir Bilder, die Irgend mir ersteh! Ich bin dir nicht mehr ferne, ich bin ja jetzt bei dir, Die Seele trinket Heimat, das Glück erdrückt mich schier. Dort, wo der Wald sich ziehet, da mach' ich müde Rast Und such' mir hier Erholung von Fremde schwerer Last. 2. Ls ist die alte Buche, die ich als Kind erklomm, Ich starre in die Zweige, sie lispeln: Komm, nur komm! Sie schatten weit im Kreise und das wohl ladet ein — Ich Müder ganz versonnen, sink' hin ins kühle Sein. Ich schließe meine Augen, nun, Heimat dich zu seh'n Und um der Blätter Sprache zur Gänze zu versteh'n. 4. Da raunt es durch die Krone, es ist der keimst wind, Er singt von alten Tagen, er kost um mich gelind: „Der Boden, der dein Bette, er ist ein deutsches Gut, Den deine Ahnen einstmals erkämpften sich mit Blut. Sie haben ihn erworben, bleib' du ihm immer treu Und harre aus als Deutscher, der nie die Feinde scheu'. 5. Sechshundert Jahre sind es, da lag ein weiter Wald Hier über diese Lande; nur wilder Tier Gewalt Beherrschten da sein Dunkel. Da hauste Wolf und Bär Und noch viel and'res wild, das trieb sich da umher. Kein Mensch noch war gedrungen in dieses wilde Land, Das trotzig sich erstreckte, bis es der Deutsche fand. s. Aus Thüringen und Franken die Siedler zogen her, Dazu noch kamen Schwaben und and're Deutsche mehr. Sie bahnten sich die Wege durch finstern Wald dahin, Sie leisteten die Arbeit, die übermenschlich schien. Die Rodung würd' begonnen, die Arbeit ging recht schnell, wo früher tiefes Dunkel, da würd' es endlich hell. 7. Der Fleiß ließ nimmer locker und Hütt' auf Hütt' erstand Und deutsche Worte hallten weit über deutsches Land. Der Boden würd' gelockert und Samen warf man aus — Die deutschen Früchte keimten und sproßten bald heraus. Am Lnde haucht' dem Ganzen die Seel' man auch noch ein, Lin Kirchlein schlicht von Holze, das mußt' gebauet sein. 8. Bald war'n die weiten Wälder von Dörfern voll besät, Daher die Glocken klangen weithin, wie ein Gebet. So schufen sich die Männer mit Frau und auch mit Kind Da ihre neue Heimat, ein neues kos beginnt. Getrennt von deutschen Landen, gestützt auf eig'ne Kraft — Sie standen da wie Lichen und haben's Werk geschafft. 9. Gar viele deutsche Grafen, die herrschten übers Land. Zuerst die Ortenburger hat da Gottschee gekannt. Sie waren fromme Herren, die manche Kirch' erbaut, Die heute noch im Lande verträumt vom Berge schaut. Als von den Ortenburgern der letzte, Friedrich, starb, Da war's der Lillier Hermann, der um die Lande warb. 10. Doch der schenkt sie dem Sohne, den Friederich man nannt', Der dann im schönen Lande das schönste Mädchen fand. Veronika von Desnitz, die himmlisch feine Maid, Die liebte er wohl innig und hätt' sie auch gefreit, wenn nicht sein grimm'ger Vater ihm da gewehret hätt' Und mit des Kaisers Hilfe getrennet hätt' ihr Bett. p. Die Zeit doch nützten beide, bevor noch's Unglück schritt. Der junge Friedrich baute, weil es ihn nimmer litt Zu treffen nur ganz selten das Mädchen, das er liebt, Die Burg auf hohem Berge, die er der vroni gibt. Da lebten nun die beiden in eitel Glück und Freud', Das Schicksal aber schreitet und seine Opfer beut. t2. Der Kaiser halt' geladen zu sich den Friederich In ferne Ungarlande, was nicht der Wahrheit glich. Veronika voll Ahnung, sie weinte 's Herz sich bloß Und wollt' den Liebsten halten . . er riß sich traurig los. Der Kaiser ließ ihn fangen und schickt' dem Vater ihn. Der warf ihn in den Kerker und ließ ihn nimmer zieh'». t2. Zum Friedrichsteine schickte er viele Ritter aus. Sie sollten vroni ketten, ihr machen den Garaus. Die Ritter wollten fangen das allerschönste Kind, Doch dieses war entflohen, so schnell wie schnellster wind. Nun stand es da verlassen, von allem Schutze bar, Das Märchenschloß der Liebe und bot sich Feinden dar. 14. Des bösen Grafen Knechte, sie ritten über'» Berg, Sie hielten vor der Feste und taten da ihr Werk. Da 's Fräulein sie nicht fanden, sie zündeten das Schloß. Derweil die Flammen schlugen, entfernte sich der Troß. Die Ritter ließen traben ihr Rößlein jetzt zurück; Sie waren doch zufrieden, zerstöret war ein Glück. ;5. Ganz in der Näh' von pettau, in einem finstern Turm, Da wohnte jetzt die vroni und ließ verweh'n den Sturm. Doch nicht wie das Dörnröschen würd' sie daraus befreit, von ihrem lieben Friedrich, indem er hätt' gefreit. Die bösen Ritter kamen und führten sie jetzt fort Und warfen sie ganz rohe an finstern Kerkers Drt. Man wollte sie verklagen, als ob sie Hexe wär', Doch den Beweis zu geben, das war nun allzuschwer, Daß sie gebraust hätte gar manchen Liebestrank, Um Friedrich zu gewinnen, das gleich als Lüge klang. Doch frei sein durst' sie nimmer, der Graf es jetzt befahl, Daß man sie sollt' ersäufen ... so endet ihre Oual. Da tot war jetzt die vroni, ließ man den Friedrich frei — Der alte Graf wollt' haben, daß wieder Friede sei. Die Burg, die war zerstöret, doch wieder er sie baut', Und heute noch, nach Jahren, sie stolz vom Berge schaut. Doch Friederich, der junge, der fand die Freude nicht — Sein Liebstes war getötet, dahin der Freude Licht. ;8. Und dann in spätern Jahren, da stockt Gottscheer Fleiß. Der Türken flinke Rosse zerstampften Müh' und Preis. Sie kamen wie das Wetter von Osten und von West Und hieben alles nieder. . . das war ein blutig Fest. Vie Töten nicht genügten, sie forderten noch mehr. Sie trieben Weiber, Kinder vor ihren Rossen her. 9. Sie kamen oft und öfter und immer raubten sie, Was immer sie nur fanden, so Leute oder Vieh. Doch die Gottscheer fachten, wenn nahte die Gefahr, Die Feuer an auf Bergen; es zog'n in großer Schar Die Männer, Frauen, Kinder in der Tabore Schutz. Die Türkenhorden ritten . . . doch gegen deutschen Trutz. 20. viel Not noch kam dann später in dieses karst'ge Land, Dem man mit großer Mühe die karge Frucht entwand. Erdbeben, Pest und Hunger, dazu noch Robot, Zeh'nt Lntmarkten Volkes Körper, der sich nach Kraft nur sehnt. Dazu noch Herren waren, den's Herz im Leibe fehlt. So ward den Bauern, Bürgern das Leben ganz vergällt. 2;. Da flammten auf die Feuer, die Glocke tönt' vom Turm. „Wir wollen alte Rechte!" so ging's durchs Land wie Sturm. Da strömten finst're Bauern vom ganzen Land herbei. Der Ruf nach freiem Leben, der gellt' durchs Land wie Schrei. Der Funke zündet' weiter, die Trommel rührt' durchs Land, Sie weckte manchen Streiter, der dann den Tod wohl fand. 22. In spätern Jahren wieder die Glock' zum Sturme sang. Sie klagte über Felder und traurig war ihr Klang. „Franzosen sind im Lande!" so rief sie wimmernd hin, Derweil die Sonne freudig das ganze Land beschien. Und wieder eilten alle, zu folgen schnell dem Ruf, Frei wollten sie die Heimat, wie sie ihr Herrgott schuf! 22. So hat Gottschee gefärbet der vielen Feinde Blut, So hat sich nun der Deutsche auch so ererbt sein Gut. Der zähe Fleiß der Hände, der hatte aufgebaut, Das rote Blut der Fremde, das hatt' gedüngt das Kraut, Das heute nun kann sprießen und mächtig steht und ragt, Das wieder Deutsche hegen und pflegen unverzagt." 24. So träumte ich recht lange und vieles sprach der wind, Er rauschte in den Blättern, die sagten mir's geschwind. Erwachen mußt' ich plötzlich, mir tat da» Herz so weh, Daß ich von Heimat träume und in der Fremde steh'. Ich liebe meine Heimat, wie ich die Mutter lieb. Ja, glücklich jeder Landsmann, dein sie erhalten blieb. Die geehrten Kestgäste werden er¬ sucht, nur mit dem Heststempet versehene Anstchtkarten zu Kausen! 10 Aestrmmmer der »Gottscheer Zeitung" anläßlich der 600-Aa-rfeier festorilnung tler Somcbeer tzoo^aMeier. Freitag den 1. August 1930: Um halb 9 Uhr abends Aackekzug uud fest¬ liche Beleuchtung der Stadt. Die Mitbürger werden höflichst ersucht, in den Tagen vom 31. Juli bis 5. August die Häuser zu beflaggen und zu schmücken. Freitag abends aber soll jeder die Fenster festlich beleuchten und so zur Verschönerung der Festlichkeit sein Scherslein beitragen. Der Fackelzug marschiert mit der Musik an der Spitze vom Brauhause ab, zieht durch die Stadt, macht am Hauptplatze halt, wo der Bürgermeister der Stadt eine Ansprache halten wird. Sodann zieht der Zug aus den Festplatz und löst sich dort auf. An dem Fackelzuge sollen alle Landsleute in der Stadt und von den umliegenden Ortschaften und auch die schon anwesenden Festgäste teilnehmen. Nach Auflösung des Zuges Generalprobe mit Gesang und Musik. Samstag den 2. August: Um 8 Uhr abens Megrüßungs- und Jest- aöend in der Festhalle. — Von 8 bis 9 Uhr abends werden in allen Kirchen des Gotlscheer Landes sämtliche Glocken geläutet werden. Gleich- Aus Stadl und Land. KoLevje (Gottschee.) Singe, wem Gesang gegeben.) Der Festzug, Sonntag den 3. August, soll festlichen Charakter haben. Er soll also nicht wie eine „Siebente" aussehcn, sondern Freude bekunden. Vom Brauhaus bis in die Stadt und von da bis zur Festhalle widerhalle es vom Ge- sang. Burschen und Mädchen, tut euch zusammen und singet, was ihr könnet und wollet: „Du hoscht lei oin „Ate", Bu hoscht du hin dos Zautle? Dos Häuschle ischt scho mischig, oder sonst ein schönes deutsches Lied. Vergesset nicht die neue Gotlscheer Hymne „Ein neues Lied ein altes Lied, das wollen wir heut' singen" usw. — (Geschäftssperre am Hauptfest¬ tage.) Sonntag den 3. August sind sämtliche Geschäfte in der Stadt den ganzen Tag gesperrt. Der Festausschuß ersucht die p. t. Bevölkerung, ihren Bedarf rechtzeitig zu decken. — (D erDeutsche im GottscheerLand), so betitelt sich ein Büchlein, das soeben bei Ju¬ lius Beltz in Langensalza (Deutschland) erschienen ist und in recht verständlicher Form Gottschee und die Gotlscheer bespricht. Das Büchlein ist mit Bildern aus Gottschee versehen und ist zusammen¬ gestellt von Dr. Hugo Grolhe aus Leipzig, der unser Ländchen aus eigener Anschauung kennt. Der Preis ist niedrig. Die Anschaffung wird nie- manden gereuen. Zumal die Schulen sollten es für die deutschen Kinder bestellen. — (Personalnachricht.) Der hochw. Herr Kaplan Johann Sedej aus Bostanj kommt als Administrator nach Unterlag. — (Spenden für die 600-Jahrfeier.) Glanzmann und Gaßner, Trzic 500 Din, E. K. S., Ljubljana 500 Din, Gemeinde und Spar- und Darlehenskassenverein in Kočevska reka (Rieg) je 200 Din, Pfarrer Josef Kraker und Gemeinde¬ vorsteher Leopold Meditz, Rieg je 100 Din. Alois Haberle, Leoben 25 S, Hausierer Alois Schneider, Kostern 100 Din, Dr. Lukan, Weipert 90 Din, Gemeinde Stara cerkev (Mitterdorf) 600 Din, Köstner Karl, Mooswald 10 Doll, llntergemeinde Grcarice (Masern) 155 Din, Matthias Rom für „Ungenannt" 100 Din, Bewohner des Hauses Matthias Perz, Mooswald 1000 Din, K. A., Ljubljana 1000 Din, Dr. Hans Petsche, Mittel- darf 100 Din, Hausierer Stephan Hönigmann, Kostern 100 Din, Verein der Deutschen aus Gottschee in Wien 145 S, Hausierer Leopold zeitig entflammen Höhenftuer im ganzen Ländchen. — Tagsüber schon wird auf dem Festplatze ein rühriges Treiben herrschen, denn für Belustigungen verschiedenster Art ist gesorgt (Riesenrad, Auto¬ drom, elektrische Rutschbahn usw.). Sonntag den 3. August: Um 5 Uhr früh Weckruf. Um 9 Uhr vormittags feierlicher Aestgottes- dienst, zelebriert vom hochw. Herrn Stadtpfarrer und Dechanten Ferdinand Erker unter Assistenz der gesamten Gottscheer Geistlichkeit. Festprediger ist Pfarrer August Schauer. Nach dem Gottesdienst Krühschoppenkonzerte auf dem Festplatze und im Gastgarlen „Harde". Um 12 Uhr mittags Aestvankett. Das Ban- kett ist der offiziellste Teil der 600-Jahrfeier. Fest¬ redner Geistlicher Rat Pfarrer Josef Eppich. Um 2 Uhr nachmittags Lrachtenfestzug. Der Festzug sammelt sich im Brauhause „Union" und geht durch die Stadt auf den Festplatz. Dem folgt die Aufführung der „Gottscheer Kochzeit". Her- nach großes Wolksfest. Montag den 4. August: Verschiedene Ausflüge. Plesche, Stalzern 100 Din, Hutter Josef, Ma¬ ribor 2000 Din, Frank Mihelič, Brooklyn 200 Din, Sammlung unter Gottscheern in Wien und anderen Städten Österreichs Schilling 2000 Din, Ungenannt, Celje 1000 Din, Sammlung Andreas Hutter, Perg 40 S, D. V., Ruma 500 Din. Stara cerkev (Mitterdorf). (Uner warte- tes Ende.) Der Besitzanwärter und Fabriks- arbeiter Johann Händler in Slovenska vas 24 (Windischdorf) ist am 23. Juli unerwartet schnell einem Herzschlag erlegen. Er war 37 Jahre alt, Die Familie, die so schnell den Erhalter verloren hat, bedauern alle. — (Die Thealeraufführung) Montag den 4. August beginnt hier Punkt 5 Uhr nach- mittags. Steh- und Sitzplätze find kostenfrei und leibliche Stärkung ist auch dabei. Wozelj (Mösel). (A u t o v e r b i n d u ng.) Sonntag den 3. August besorgt das Auto des Herrn Peter Lackner den Verkehr zwischen Mösel und der Stadt. GrLarice. (Todesfall.) Am 14. Juli 1930 starb Josefa Krisch in Masereben Nr. 2 in ihrem 78. Lebensjahre. Die besorgte Hausmutter hatte noch das Glück, ihre einige Tage zuvor aus Amerika heimgekehrten Kinder zu sehen und ans Herz zu drücken. Sie ruhe in Frieden I ZajLja vas (Hasenfeld). (Trauung.) Herr Rudolf Herbst, Besitzer aus Hornberg Nr. 4, und Frl. Josefa Stampfe! aus Hasenseld Nr. 8 schlossen am 27. Juli den Bund fürs Leben. Blanina (Stockendorf.) (Die Gedenk¬ feier) zur Erinnerung an die ersten Ansiedler und einstigen Bewohner von der Gatschen und Öden-Pogorelz findet Sonntag den 10. August um halb 3 Uhr nachmittags mit folgender Fest- Wilhelm Aürer, Wieg: Einst und jetzt. Urwald. Düster, kühl und ruhig steht er da. Baumkrone schließt sich an Baumkrone, einen unendlich großen Dom bilden der an den Berg¬ lehnen empor und zu den Tälern hinabsteigt. Und diesen großen Dom betraten vor sechs¬ ordnung statt: 1. Ansprache. 2. Enthüllung der Gedenktafeln. 3. Trauermarsch. 4. Huldigung der Jugend. 5. Die Lieder: „Mein Wouterhausch", „O hast du noch ein Mütterchen", „Es ist ein armes Wörtchen nur" und die neue Gotlscheer Hymne. Zuerst ist die Feier auf der Gatschen,. dann auf Pogorelz. Öden-Pogorelz nennt man den Ort, weil er nun öde und verlassen ist und zum Unterschiede von Pogorelz bei Pöllandl.. Siatt Gatschen schreibt man auch Gachen, welches wohl die ältere Schreibweise ist. Die Fernsicht von Gatschen und vom Pogorelzer Kofel aus erstreckt sich hauptsächlich gegen Osten und Norden. Die Stadt Novomesto sieht man sehr schön, aber auch noch die Berge Oberkrains. Im Westen grüßen die Berge des Gotlscheer Ländchens herüber. An der Gedächtnisfeier wird auch die 99 jährige Frau Maria Brinskelle, welche am 11. Oktober 1831 auf Gatschen Nr. 2 geboren wurde, tcilnehmen, um ihren Heimatort das letztemal zu sehen und von ihm Abschied zu nehmen. Die ganze „Moschä" wird in großer Zahl erscheinen. Am Vorabend wird bei Gatschen in 1000 Meter Höhe ein Feuer entzündet, das weithin sichtbar sein wird. Auch am Abend des 2. August wird hier und auf dem Friedensberge ein Fmerwerk (bengalisches Feuer, Raketen usw.) sein. So wollen wir alle in Liebe und Eintracht die Gottscheer 600-Jahrfeier würdig begehen. Unsere lieben, teuren Vorfahren verdienen es, daß wir uns ihrer mit liebendem, dankbarem Herzen erinnern. Unserer Nachwelt soll die Feier ein unvergeßliches Vorbild und ein unversiegbarer Quell der Liebe zu Eltern und Heimat und gegenseitigen Zusammenhaltens sein. Der große Tag ist nahe. Daher jede Feindschaft und Uneinigkeit beiseite! Alle Herzen sollen eins sein! —- (Für die Gedenkfeier auf der Gatschen und Öden-Pogorelz) sammelte Herr Johann Rom aus Tapplwerch Nr. 1 den Betrag von 179 Din. UiKnig. (Ein Raub der Flammen) wurde in der Nacht vom 21. auf den 22. Juli das Sägewerk des Herrn Franz Kump aus Ressen. Gegen 100 Waggon geschnittenes Holz soll verbrannt sein und der Schaden über zwei Millionen Dinar betragen. Den Feuerwehren von Stalldors und Tschermoschnitz gelang es, dem Feuer Einhalt zu tun, damit es nicht auch auf die Kirche Übergriff, die zweimal zu brennen an¬ fing, in welchem Falle das Dorf nicht zu retten gewesen wäre. Spodnji Wozelj (Niedermösel). (Todes- fall.) Am 12. Juli wurde Matthias Stängel unter zahlreicher Beteiligung der Bevölkerung zu Grabe getragen. Er erreichte ein Aller von 80 Jahren. Er war früher Besitzer einer der besten Huben, verkaufte diese vor dem Kriege und baute sich ein kleines Wohnhaus, zeichnete in der Kriegszeir von dem Rest seines Geldes Kriegsanleihe und wurde ein armer Mann. Jahre lang bekleidete er das Ehrenamt eines Kirchenprobstes und war beeideter Schätzmann und genoß die allgemeine Achtung des Volkes. Er ruhe in Frieden! — (Einbruch). Wieder machen sich Ein¬ brecher bemerkbar. In der Nacht am 24. Juli machten sie einen frechen Besuch im Hause Juran in Niedermösel. Sie nahmen eine Leiter, stiegen durch das Fenster in die Speisekammer, gingen durch die Küche in das Zimmer des alten Vaters, der darin schlief, ohne zu erwachen, nahmen alle alten Kleider und Schuhe mit, mußten aber die neuen belassen, weil sie fest im Schranke einge¬ sperrt waren. Von den Einbrechern ist keine Spur. Sie kommen und gehen, ohne daß man weiß, woher und wohin. Klagenfurt. (Trauung.) Am 22. Juli wurde hier Fräulein Leopoldine Koscher aus Goltschee mit Herrn Heinz Rumbold, Landes¬ beamten in Klagenfurt, getraut. hundert Jahren, mit der Axt in der Hand, die ersten Gottscheer. Aus fernen Ländern hatte man sie hierher gebracht. Das schmucke, von Gbstbäumen um¬ rahmte Elternhaus, an dessen Schwelle sie von Vater und Mutter schmerzerfüllt für immer Abschied nehmen mußten, hatten sie verlassen, vorbei waren sie gezogen an den wogenden Kornfeldern der väterlichen Scholle, den saftigen wiesen und Matten der heimatlichen Hügel-' kine Sitte an alle festgärte r Der Aekausschuß ersucht ässe KeftgSke, die in den Hagen der 600-Zahrseier phoiogra- phische Ausnahmen machen, je zwei Mlder jeder Ausnahme dem Aessansschuffe znr Anlegung eines Grinnerungsalöums zur Vertagung zu kesse». Jedes Wild soss au der Bildseite die Unterschrift des Spenders tragen. - * * LantWNschattiiches. « « « Aeilauminer der ,Hottschecr Zeilun^^ anläßlich der !>ott-Aa.)rse:er ketten, an der weißgetünchten Kirche des pfarr- -orfes, von deren Turm schwermütig und ernst die Glocken -en Abschiedsgruß läuteten. Durch ihnen unbekannte Dörfer und Städte, vorüber an Klöstern, Burgen und Schlössern, durch fin¬ stere Wälder und anmutige Täler und Auen, über Bäche und Flüsse und schneebedeckte Berge, bei Tag und bei Nacht, bei Sonnenschein, Sturm und Regen waren sie gezogen, bis ihrer Fahrt ein unwegsamer Urwald — ihre neue Heimat — halt gebot. Mit der Axt in der Hand hatten sie diese neue Heimat betreten. Es schien fast unmög¬ lich, daß diese kleine Axt die alten, riesigen B)ettertannen, die mächtig dastehenden Buchen, die knorrigen Lichen zu Falle bringen könnte, und doch ist es vollbracht worden. Krachend stürzte Stamm um Stamm auf den moosigen Waldboden, immer mehr und mehr lichteten sich die Wälder, immer größer und größer wurden die Lücken in ihnen. Mächtig loderten die Rodefeuer, denn die umgestockten Stämme mußten zerkleinert und verbrannt werden, die Baumstöcke ausgegraben und ebenfalls durch Verbrennen vernichtet werden, damit die abge¬ stockten Flächen zu Ackerland brauchbar wurden. Als das zum Anbau der Feldfrüchte taug¬ liche Gelände gerodet und hergerichtet war, ging es an das Roden der Bergwiesen und Weiden, bei denen diese Arbeit insofern leichter war, als das Ausgraben der Baumstöcke und Wurzeln nicht erforderlich wurde. Immerhin waren diese Arbeiten ein Werk von vielen Jahr¬ zehnten, gab es doch nebenbei viel anderes zu tun. Besonders das Anlegen der Acker war manchenorts ungemein mühevoll, denn lagen -diese an einem Abhang, so mußte erst die Lrde durch Abgraben und Aufschütten in eine tun¬ lichst horizontale Lage gebracht werden. Diese Arbeit wird heute viel zu wenig gewürdigt, ja es gibt Leute, die glauben, daß die Acker immer so ausgesehen haben wie heute und gibt uns erst der Vergleich zwischen einer mit Lrde ge¬ füllten Schiebtruhe und., den sichtbaren Aufschüt¬ tungen bei manchen Ackern das richtige Ver¬ ständnis für die große Arbeit, die durch unsere Vorfahren geleistet wurde. Mit viel Mühe und großen Anstrengungen war auch das Entfernen von Felsen und der Steine aus den Ackern verbundeu, denn es konnte diese nur mit Werkzeugen ausgeführt werden, gab es doch damals noch keine künst¬ lichen Sprengmittel. Viel schwere Arbeit erforderten auch die Fahrwege und Straßen, welche anzulegen not¬ wendig war. Was die Gebäude anbelangt, so waren die ersten Wohnhäuser, Stallungen und Scheuern sehr primitiv und wurden sie erst nach der Be¬ endigung der Rodungsarbeiten durch bessere, meist Holzbauten, ersetzt. Die Bewirtschaftung war damals intensiv. Jedes Fleckchen Ackergrund wurde bebaut, die Wiesen gepflegt und mit Sorgfalt verhütet, daß in ihnen Sträucher und Stauden zur Entwick¬ lung gelangten; die Hutweiden waren gut aus¬ genützt, bildeten sie doch die Futterstätte von großen Vieh- und Schafherden. Der Gottscheer Bauer aber war ein Bauer von echtem Schrot und Korn, fleißig vom frühen Morgen bis zum späten Abend, dabei genügsam und in allen Fächern geübt. Er und seine meist zahlreiche Familie fand ihr Auskommen bei der Hube und das gab allen Zufriedenheit. Durch innige Liebe war der Gottscheer mit seiner neuen Heimat verbunden. Das war einst. Wie ist es jetzt? Jetzt sind die von den ersten Ansiedlern mit großer Anstrengung geschaffenen Acker vielfach unbebaut und tragen minderwertige Gräser. Die einst kahl gerodeten Bergwiesen und Hut¬ weiden sind zum Großteil mit Bäumen und Gestrüpp bewachsen und es wird nicht lange dauern, so werden sie zu dem werden, was sie . einst waren — zu Wald. Die großen Vieh- und Schafherden gibt es nicht mehr, denn in vielen Stallungen, wo einst zehn Rinder standen, steht heute oft nur eine Kuh, und Schafe sind zur Seltenheit geworden. Und weil wenig Vieh, ist auch wenig Dung, und weil wenig Dung, ist auch wenig Frucht, und so hängt alles innig miteinander zusammen wie die Glieder einer Kette. wenn wir uns die Frage stellen, was wohl die Ursache dieser gewaltigen Veränderungen ist, so kommen wir zu der Erkenntnis, daß er¬ stens der Hausierhandel und zweitens die Aus¬ wanderung daran die Schuld tragen. Ls läßt sich nicht leugnen, daß der Hausierhandel sowohl als auch die Auswanderung manch Gutes mit sich gebracht hat. Durch beide kam viel Geld ins Land und manches wäre nicht geschaffen worden, wenn diese Linnahmsquellen nicht be¬ standen hätten. Besonders viel von diesen Gel¬ dern steckt heute in den Gebäuden unserer schmucken Dörfer. Als der Hausierhandel in Schwung kam, der Gottscheer Bauer zur Erkenntnis gelangte, daß das Hausieren nicht nur eine viel einträg¬ lichere, sondern auch eine bedeutend bequemere Erwerbsquelle als die Landwirtschaft ist, fing er an, diese mehr und mehr zu verkleinern. Da während eines großen Teiles des Jahres der Mann durch den Hausierhandel vom Hause abwesend sein mußte, so fehlte seine Arbeits¬ kraft bei diesem und brachte so an und für sich eine Einschränkung der Wirtschaft mit sich. Die Frau aber, auf deren Schultern nun alles la¬ stete, machte es sich schließlich auch immer leichter und bequemer, hatte sie doch gar keine Ursache, sich zu plagen, denn der hausierende Mann brachte und schickte Geld, mit dem sie die Le¬ bensbedürfnisse bestreiten konnte. Man verklei¬ nerte den Viehstand noch mehr, baute, nur die in der Nähe des Dorfes gelegenen Acker auf und ließ die Bergwiesen und Weiden nicht mehr die bisherige pflege angedeihen. Als aber später zum Hausierhandel noch die Auswanderung hinzukam, so daß es fast keine Familie im Lande mehr gab, die nicht ein oder mehrere Mitglieder im Auslande hatte, und zu den beim Hausierhandel verdienten Geldern noch die Dollars kamen, vergaß der Gottscheer Bauer fast ganz, daß er eigentlich „Bauer" war, und wurde manchem sein vom Vater ererbter Besitz nahezu eine Last. Als im Jahre fSIZ der Bau der Unter- krainer Eisenbahn beendet war und Gottschee eine Eisenbahnstation erhalten hatte, trat noch ein dritter Faktor, welcher die Landwirtschaft jetzt gänzlich in den Hintergrund drückte, hervor, und das war, daß die früher kaum beachteten Waldungen plötzlich einen ungeahnten Wert erlangten, welcher immer mehr und mehr zu¬ nahm, bis erst im heurigen Jahre ein Abflauen der Holzpreise eintrat. Jeder Gottscheer Bauer war Besitzer schlag¬ barer Wälder und es ist naheliegend, daß er diese als eine willkommene, äußerst bequeme Linnahmsquelle ansah. Es gab ihm sogar die Lxploation der Waldungen noch separate Ein¬ nahmen, wenn er sich als Holzer, Frächter oder Kohlenbrenner beteiligte. So lange nun der Hausierhandel, die Aus¬ wanderung und der Holzhandel blühte, ging's dem Gottscheer ganz gut. Da kam der Krieg und ihm folgte die Än¬ derung der Landkarte, welcher Umstand auf den Hausierhandel insofern von großem Einfluß war, als sich die neu entstandenen Staaten ge¬ genseitig mehr oder weniger abschlossen, der Hausierhandel erst im Wege der Handelsver¬ träge geregelt werden mußte und die Hausier¬ gesetze überall verschärft wurden. Die Anschauungen über das Hausieren sind heute sehr verschieden und sieht man manchen- orts besonders den Hausierhandel mit Zucker¬ waren in öffentlichen Lokalen als eine Belästi¬ gung des Publikums an, die dem Betteln nahezu gleichkommt. Zu all dem kommt noch, daß man heutzutage in jedem Krämerladen das, was der Hausierer feilbietet, auch zu kaufen bekommt, so daß sich nur wenige Gottscheer mit diesem Geschäft befassen und die Zahl der Hausierer langsam abnimmt. Was die Auswanderung anbelangt, so sind die Vereinigten Staaten von Nordamerika durch die bestehenden Beschränkungen bis auf weiteres für den Gottscheer verschlossen, da die festgesetzte Auote ungemein niedrig ist. Man hat sich des¬ halb andere Staaten wählen müssen und bildet jetzt Kanada dasjenige Land, wohin sich das Hauptkontingent der Auswanderer richtet. Gb aber diese dort ausnahmslos die gewünschten Erfolge finden werden, ist fraglich, denn man befürchtet auch für dort Beschränkungen der Ein¬ wanderung der Arbeiterklasse. Anbelangend den Holzhandl müssen wir fest¬ stellen, daß sich heute nur wenige Bauern mehr rühmen können, schlagbares Holz zu besitzen, und steht der Zuwachs an Holz in keinem sehr günstigen Verhältnisse zu dem, was alljährlich 11 geschlägert wird, so daß schon heute ein starkes Abflauen der Holzausbeute aus den Bauern¬ waldungen zu bemerken ist. Aus diesen Darlegungen, betreffend den Hau¬ sierhandel, die Auswanderung und den Holz¬ handel geht hervor, daß der Gottscheer gezwun¬ gen sein wird, das zu werden, was er, bezw. seine Vorfahren einst waren, daß er wieder wird „Bauer" werden müssen, wenn nicht er und mit ihm das ganze Ländchen wirtschaftlich zu Grunde gehen soll. Da aber erfahrungsgemäß nur jene Gegen¬ den sich landwirtschaftlich entwickeln, wo der Bauer für seine Erzeugnisse Absatz, und zwar guten, regelmäßigen Absatz findet, so ist es vor allem notwendig, daß Absatzgebiete für die ver¬ schiedenen Produkte der Landwirtschaft und Viehzucht sowie des Obstbaues gefunden wer¬ den, um das Gottscheer Land zu erhalten. Jugoslawien ist ein Staat, in dem der Gott- scheer aber sehr schwer, wahrscheinlich gar nicht, solche Absatzgebiete finden wird, wir haben wenig Städte und Industrieorte, denn nur diese kämen als solche in Betracht, und sind die vor¬ handenen schon vollkommen von den sie um¬ gebenden Gebieten mit allem Notwendigen ver¬ sorgt. Es bleibt deshalb nur das Ausland übrig, wo der Gottscheer für verschiedene ab¬ gebbare Produkte Abnehmer finden könnte, wenn ihm dabei an die Hand gegangen wird. Am Tage der Feier des 600 jährigen Be¬ standes des Ländchens befindet es sich, wie wir sehen, in einer schweren landwirtschaftlichen Krise. Gelingt es, dieses auf dem angedeuteten Wege aus ihr herauszureißen, so können wir hoffen, nach einem Dezennium schon ein wieder neuerblühtes Gottschee zu finden. Die Freude zum schönsten Stand unter allen Ständen, zum Bauernstand, würde dann im Gottscheer wieder erwacht sein. Und daß dieses Wiedererwachen zur Wirk¬ lichkeit werde, das soll mein innigster Wunsch zu unserer erhebenden Feier sein. Herausgeber u. Eigentümer: Josef Eppich, Stara cerkev. Schriftleiter: Alois Krauland, Koöevje. Buchdruckerei Joses Pavliöek in Koöevje. Kaus mit Wrtschaftsgeöäude in der Stadt Gottschee ist samt Feldern, Wiesen und Waldanteilen zu verkaufen. Anzufragen in Gottschee 158. Areiwillige Keuerweyr Walgern. Einladung. Sonntag den 10. August 1930 im Gasthause Perz feuelMbrkest. Beginn um 2 Uhr nachmittags. Eintritt 5 Din, Kinder und Mannschaft in Uniform 3 Din. Um zahlreichen Besuch bittet der Wehrausschutz. KaLo! Kairo! Am 10. wird es sein, Da laden wir euch ein. Es wird getanzt im Reigen Wird das ein Zeitvertreiben. Der Tanzboden wird ganz neu, Es wird auch Bäckerei, Der Wein, der wird so gut, Ist echtes Rebenblut. Drum kommt nach Malgern all', So kommt auf jeden Fall, Und kommt ihr alle her, Dankt euch die Feuerwehr! Achtung! Baumeister, Aimmermeister, Landwirte und Holzverarbeitende Hewervetreibende. Der Festausschuß für die Gottscheer 600-Jahrfeier wird am 18. August d. I. nachstehende Materialien unter den Gestehungskosten an Interessenten zum Kaufe an¬ bieten, u. zw. Bauholz, Grubenholz, Schnittware (Bretter und Pfosten), B ennholz und Dachpappe. Den Interessenten bietet sich Gelegenheit, billige Materialien für Bau- und sonstige Zwecke zu beschaffen, und können schon heute Anmeldungen hiefür an den Festausschuß gemacht werden. Zwei Bauplätze in der Nähe der Stadt sind günstig zu verkaufen. An¬ zufragen in der Verwaltung. 2—1 12 Jestrmmmer der,Hottscheer Zeitung' anläßlich der 600-Iahrfeier sonis SA» in KSvcvZc Kaus des Kerrn Ar. 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