Blätter zur Förderung des NbtrrlungsunLerrrchtrs. Herausgeber: Rudolf E. Peerz, It. k. Professor an der Lehrerbildungsanstalt in Laibach. q Die «Blätter z. 3. d. Mbt.-Mnt.» erscheine» ala Seilagr zur.Katbachcr Schul- r.zuizi zcitung» monatlich. 'S) Bezugegebillir 2 K jährlich. @ Einzelnummer 30 h. • A"oruur 1VU-1. Inhalt: i.) Das Lehrerhelm im Silben. — 2.) 1. Frage > Urteil 8 bis 80); 2. Frage. — 8) Das Rechnen im Stunbrnplanr brr Tchnien mit AbteitnngSnnterrich». — 4.) Beachtenswerte Bücher unb Zeitnngsanjsätze. 5.) Ans ber «Laihacher Schulzeitnng». -*’•) Bricskasten. — 7.) Bon Schule zu Schule (2). «Die gegliederten schulen gehen wie die Königstöchter einher, die einklassigen dagegen sind in unserer pädagogischen Literatur die verachteten Aschenbrödel.» Kehr. Das Cehrerbeim im Süden. Tdee kahl Wurzeln, mehrfache Zuschriften bezeugen es. Doch mit Worten ist wenig getan; wir müssen an die Cat denken. Wo sollen wir sie fassen? Zunächst in unsertn engsten Kreise — bei uns selbst, ^eder greife in die Gasche und spende als Baustein I Krone. Dadurch wird er ein Brün der des Reims. Wie werden ihm’s die kranken Berufsgenosfen danken, wenn sie seinen Damen in der Liste jener finden, die ohne Zaudern Rilfe boten! Der Kreis wird größer, mit ihm der Beitrag. Säst allerorts, wo ein Gesangverein besteht, hat der Lehrer die Leitung des Chores in der Rand. Ihm, dem Uielbeschäftigten, verdankt die Bevölkerung manch frohe Stunde. Sollte sie da nicht einmal ihm zuliebe das Eintrittsgeld einem Zwecke zuwenden, der seinen Stand betrifft? niemand kann (ich weigern; darum mache es (ich jeder Lehrer--Chormeister zur Pflicht, mindestens von einer Ueranstal tung das Erträgnis dem Eebrerheime zuzuwenden. Er ehrt damit den Stand und ehrt sich selbst am meisten. Was noch in diesen Kreis fällt liegt nahe: Sammlungen, Spenden, u. dgl. — Die Radien dehnen (ich, der Bogen umschließt ein größeres Gebiet: Leserversammlungen, Beratungen, Zusammenkünfte! Sollte hiebei des Reims für kranke Kollegen vergessen werden? Das hieße, schöne Worte von Kollegialität im Munde führen und nichts von allem im Kerzen fühlen. — Und endlich umspannt der Blick das ganze Reich. Der es so weise beherrscht und stets allen zuvorgekommen ist, wenn es galt zu helfen, wird auch die treuesten Rüter seines Staates nicht unbeschenkt von dannen ziehen lassen, da sie für die Ärmsten ihres Standes bitten. Was er tut, ahmen die Großen des Reiches nach — und es kann nicht lange währen, bis der Süden den kranken Genossen eine gastliche Stätte bietet. — Der Ausschuß des „Kratnischen Lehrervereines" hat in (einer Sitzung am 2. d. ID. beschlossen, schon jetzt die Sammlung für das Lehrerheim zu eröffnen, damit er dann mit festen Ergebnissen vor den Lehrerbund treten könne. Wenn etwas so ganz in der Luft hängt, schüttelt mancher ungläubig den Kopf; anders ist es, sobald man Boden unter den Hißen fühlt. UJer al(o selbst die Gründer--Krone entbehren kann und will, sende sie dem „Krainischen Eehrervereine“, und zwar dem Kollegen 5ranz Berlin in Laibach, Maria Lheresienstrahe 4, III. Stock. Wer aus dem eigenen Kreise hinaustritt, schreite kühn vorwärts und betrachte die gute Sache als des Wettstreites würdig! JIn uns (oll es (ein, die Gelder wohl zu verwahren und an dieser Stelle genaue Rechnung sowie ein Verzeichnis* der Gründer zu führen. 1. Frage: Ist in der ungeteilten einflnfstgcn Volksschule mit drei Abteilungen der Unterricht nach Drittel- oder Halbstnnden einznrichten? (Fortsetzung.) 8.) Solange die jetzigen Lehrpläne bestehen und ein so großer Lehrstoff zu bewältigen ist, kann ich mich nur für eine Dreiteilung der Stunde entscheiden. Besonders an Schulen mit Schulbesuchserleichterungen ist eine Zweiteilung meiner Ansicht nach fast unmöglich. F. Schmidt, Schulleiter in Langewiese (bei Osseg). 9.) Was den Unterricht in der Landschule mit drei Abteilungen betrifft, so ist nach meiner Meinung und Erfahrung die Stunde nicht in drei, sondern in zwei Teile zu zerlegen. Ich habe durch zehn Jahre an der ungeteilten einklassigen Volksschule unterrichtet und bin mit dieser Einteilung am besten gefahren. Bei einer Sonderung in drei Teile kämen kaum 20 Minuten auf eine Abteilung, welcher Zeitraum nicht hinreicht, ein auch nur annähernd abgeschlossenes Bild zu liefern. Auch würde die in drei Teile gesonderte Stunde ermüdend auf den Lehrer wie auf den Schüler wirken und zu mancherlei Konfusionen Anlaß geben. Bei der Sonderung in zwei Teile kann man doch länger bei einem Gegenstände verweilen. Selbstverständlich darf eine entsprechende Verbindung der Abteilungen nie außer acht gelassen werden, um diesen schwierigen Unterricht einigermaßen zu erleichtern. Josef Windisch, Oberlehrer in Lienfold, Krain. 10.) Ich spreche entschieden dem Drittelstundenwechsel das Wort, denn: 1.) schon die Dreiteilung der Schülerschar verlangt naturgemäß auch eine Dreiteilung der Unterrichtsstunden; 2.) durch diese Einteilung würden für die zweite und dritte Abteilung die stundenlangen Stillbeschäftigungen, die nicht selten in geistloses Niederschreiben ausarten, vermieden werden. Es käme frischeres Lehen in den Unterrichtsgang und die Selbsttätigkeit der Schüler ließe sich mehr berücksichtigen. R. Berndl, k. k. Übungsschullehrer in Linz a. d. D. 11.) Ich würde den halbstündigen Wechsel im Unterrichte vorziehen, da man bei Drittelstunden, kaum den Unterricht in Gang gebracht, wechseln muß und in stärker bevölkerten Schulen im unmittelbaren Unterrichte nicht jeder Schüler zu Frage und Antwort kommt. Im mittelbaren Unterrichte ermöglicht der halbstündige Wechsel eine bessere Kontrolle der schriftlichen Arbeiten, da mehr Zeit erübrigt werden kann. Je weniger Klassen eine Schule hat, desto längere Zeit soll dem Unterrichte der einzelnen Abteilungen zugewiesen werden. Franz Weinberger in Langenwies, Oberösterreich. 12.) Die Verschiedenheit des Lehrstoffes allein schon bedingt die Dreiteilung der Stunde. Die Zweiteilung führt zu unnützen Wiederholungen, welche das Interesse der Schüler erlahmen und das Lehrziel herabdrücken. Die Dreiteilung bietet reichlich Gelegenheit, die Schüler zur Selbsttätigkeit zu erziehen, wodurch Hausaufgaben entbehrlich werden, mit denen es auf dem * Der crflc Ausweis, welcher der „Caibacher Schulzeilung“ einverleibl wurde, weil er faft ausfcbliefjlicb Perionen aus C. betrifft, enthält die Damen von 00 Gründern und 12 Spendern. Gesamtsumme 124 Kronen. Uon den Lehrern, welche ohnedies vielfach belastet sind, wird nur die „Gründer-Krone“ verlangt; alles übrige muh durch Uerniittlung hereingebracht werden. Lande ohnedies hunderterlei Schwierigkeiten hat. Allerdings erfordert die Dreiteilung eine gründliche Vorbereitung, aufopfernden Fleiß und eine gewissenhafte Ausnützung der Unterrichtszeit. Ich glaube, daß die Zweiteilung lediglich aus Bequemlichkeitsgründen Verfechter gefunden hat. M. Tomitsch, Oberlehrer in Fichtenwald, Steiermark. 13.) Der Unterricht ist bei halbstündigem Wechsel viel praktischer: denn kaum hat man bei Drittelstunden zu unterrichten angefangen, muß man sich schon beeilen, zum Schlüsse zu kommen. Die Folge davon ist Übereilen und Überhasten, wobei öfters das Ziel nur scheinbar erreicht wird. — Der Unterricht bei Halbstunden wird für Lehrer und Schüler nicht so anstrengend sein, wie dies bei Drittelstunden der Fall ist. Zu letzterer Art gehört ein vollständig gesunder Lehrer. — Die Schulzucht und Disziplin wird bei Einführung von halbstündigem Wechsel eine strammere werden, weil nicht soviel indirekter Unterricht stattfindet; bei einer größeren Schülerzahl und einer kleinen Schulklasse kann ein Unterricht mit Drittelstunden zur größten Qual werden. Josef Richter, Schulleiter in Johnsdorf bei Gabel. 14.) Je nach der Natur des Gegenstandes bald für diesen, bald für jenen, jedenfalls ist zu rascher Wechsel zu vermeiden, da er keine Vertiefung in den Unterrichtsgegenstand zuläßt. Theoretisch kann für den drittelstündigen Wechsel manches Gute angeführt werden, doch in der Praxis wird es sich nur in einigen Fällen wirklich bewähren, sollen nicht nur Scheinerfolge erzielt werden. Oder soll es möglich sein, in 20 Minuten — in Wirklichkeit noch weniger, da durch den Wechsel immer einige Zeit verloren geht die Schüler in eine Lektion gut einzuführen, den Lehrstoff richtig zu entwickeln, denselben auch genügend einzuüben, so daß die Schüler mit Erfolg selbständig Weiterarbeiten können und auch noch eine entsprechende Wiederholung und Eingliederung des Stoffes vorzunehmen? Würde da nicht hastender Unterricht zu befürchten sein? Ich bin der Ansicht, daß man diesbezüglich Freiheit lassen muß, weil es dem praktischen Lehrer vielfach möglich sein wird, durch Turnusse und richtige Verteilung der Fragen zwei, mitunter sogar drei Abteilungen zusammenzuzichon und so den Abteilungsunterricht, der doch nur ein Notbehelf ist, einzuschränken. Josef Horvath, Lehrer in Cilli. 15.) Ich bin für den halbstündigen Wechsel im Unterrichte mit drei Abteilungen. — Der Drittelstunden-Unterricht zersplittert die Kräfte des Lehrers und läßt die Kinder nicht zur rechten Sammlung kommen. V. Baumgartner, Maria-Grein. 16.) Im allgemeinen für Drittelstunden. Gründe: Der Lehrplan schreitet nach Stunden vor bei allen drei Abteilungen, die gesetzlich vorgeschrieben sind; es soll daher jede Abteilung in jeder Stunde einmal «direkt» an die Reihe kommen, was nur bei Drittelstunden sein kann. — Bei halbstündigem Wechsel fällt eine der drei Abteilungen mit dem direkten Unterrichte durch und muß sich eine volle Stunde still beschäftigen; wer Kinder versteht, kann das nicht verlangen. Das Kind will Abwechselung, dann lernt es leicht und gern. Bei großen Intervallen kommen auch die Unterschiede der Leistungsfähigkeit der Schüler mehr zur Geltung. Die einen sind fertig, haben die Tafel voll müssen sich Gewalt antun Disziplin! — Muß das Kind lange die gleiche Arbeit ohne äußere Anregung leisten, so verliert es die Freude. Je mehr Stillarbeit auf einmal, desto schwieriger die Kontrolle. H. Pichler, Schulleiter in Oppenberg, Steiermark. 17.) Ich bin für den Halbstunden-Unterricht. Der Lehrer hat mehr Zeit zur Erledigung des jeweiligen Lehrstoffes und zur Einübung desselben; er ist nicht gezwungen, manche Lektion in zwei 'Teile zu zerlegen; die Schüler gewinnen Zeit zur schriftlichen Einübung des Gehörten. Durch den einmaligen Wechsel in der Stunde wird überhaupt Zeit gewonnen und die Ordnung in der Klasse weniger gestört. S. Charwat, Schulleiter in Abbrand, Bez. Gmünd, N.-Ö. 18.) Ich habe durch sechs Jahre mit Drittelstunden gearbeitet und gefunden, daß in mancher Disziplin — Rechnen — diese Art der Teilung gut ist. Auf alle Unterrichtsgegenstände angewendet, bin ich jedoch nicht für die Arbeit mit Drittelstunden, da dieses geringe Zeitausmaß z. B. beim «Aufsatz» eine entsprechende Vertiefung in den genommenen Stoff behindert. Es ist auch zu berücksichtigen, daß hei halbstündigem Wechsel an der ungeteilten einklassigen Volksschule eine Abteilung in jeder Unterrichtsstunde still beschäftigt werden müßte, bei der zweiten und dritten Abteilung wohl möglich, bei der ersten — das erste Schuljahr umfassend — nicht gut durchführbar. Ich gebe aus eigener Erfahrung an, daß ich mich beim Unterrichte mit drei Abteilungen in manchen Disziplinen niemals genau an das Drittelstundenausmaß gehalten habe, sondern geeignete Verschiebungen vorgenommen habe, die es mir ermöglichten, einen begonnenen Stoff aufzuarbeiten; ein plötzliches Abbrechen bringt so viele Nachteile, daß die Verantwortung über das Nichteinhalten der präzisen Drittelstunden übernommen werden konnte. Mir würde eine Verbindung beider Zeitverteilungen am zweckmäßigsten erscheinen. Wilhelm Wihl, Schulleiter in Großhirndorf bei Deutsch-Gabel in Böhmen. 19.) Die Zweiteilung der Stunde ist der Dreiteilung vorzuziehen. Gründe: Es ist auch beim dreiteiligen Unterricht nicht zu vermeiden, bald die eine, bald die andere Abteilung eineinhalb bis zwei Stunden hintereinander schriftlich zu beschäftigen. — Die schrift- lichen Arbeiten der stillbeschäftigten Abteilung können bei der Dreiteilung vom Lehrer nicht mit der wünschenswerten Genauigkeit besprochen werden, da eben bei einem derartigen Unterrichte die Zeit zu kurz ist und der Lehrer zur nächsten Abteilung oder zur Vornahme eines neuen Stoffes eilen muß. Dieses Hasten rächt sich. — Der Lehrer wird beim dreiteiligen Unterrichte mit der Vorbereitung und dem Studium für eine zweckmäßige Einteilung des StoSes bezüglich der einzelnen Abteilungen so überbürdet, daß er selten zu einem wahrhaft methodischen Unterrichte ausholen kann und sich daher meistens mit einem schablonenmäßigen Vorgänge begnügen muß. M. Petsche, k. k. Fachlehrer in Gottschee. 20.) Ich bekenne mich zu Drittelstunden. Gründe: Es wird dadurch jede der drei Abteilungen in einer Stunde direkt beschäftigt, was einen bedeutenden Vorteil in der Erreichung des Lehrzieles und in der Erzielung einer guten Disziplin bedeutet. Freilich gehört dazu eine größere Vorbereitung. Die geistige Tätigkeit des Lehrers wird in einer solchen Stunde mehr in Schwung kommen müssen. — Der direkte Unterricht wird auf diese Weise gleichmäßig auf alle drei Abteilungen verteilt, es kommt also keine Abteilung zu kurz. Die Hauptsache ist ja der direkte Unterricht. Dieser muß besonders ausgenützt werden. Beim halbstündigen Wechsel ist immer eine Abteilung eine Stunde indirekt beschäftigt, was besonders für die erste und zweite Abteilung nachteilig wirkt. Ich habe während meiner Wirksamkeit als Schulleiter die erste Abteilung nie eine ganze Stunde indirekt beschäftigt. Eine Stunde indirekten Unterrichtes lockert die Disziplin und hemmt den Fortgang. R. Pensler, Pirken-Komotau. 21.) Drittelstündiger Unterricht bedeutet Zeit- und Kraftverschwendung und gestattet keine richtige Vertiefung in den Unterricht; denn kaum sind die Kinder in der richtigen Stimmung, so muß abgebrochen werden. Auch bezüglich des halbstündigen Wechsels bin ich der Meinung, daß man nicht immer starr daran festhalten solle; sind die Kinder voll und ganz bei der Sache, so unterrichte man getrost weiter, denn, was man in einer solchen Stunde mit einer Abteilung leistet, wiegt die Verkürzung, welche einer ändern Abteilung widerfahren ist, dreifach auf. In meiner nun bereits 15jährigen Praxis an der einklassigen Schule versuchte ich es verschieden, erst mit drittelstündigem und später mit halbstündigem Wechsel. Don ersteren gab ich bald auf; denn indem ich alle drei Abteilungen innerhalb einer Stunde vorwärts bringen wollte, erreichte ich gewöhnlich trotz der redlichsten • Mühe bei keiner Abteilung etwas Nennenswertes und mußte in der nächsten Stunde meist wieder von vorne anfangen. Alfred Zwen, Aussig. 22.) Als vieljähriger Praktiker an einklassigen Landschulen (nicht an von ausgewählten Schülern zusammengestellten einklassigen Übungsschulen) kann ich mich weder für das eine noch für das andere ausschließlich entscheiden. Der lebendige Unterricht läßt eine genaue Abzirkelung nach Halb- oder Drittelstunden nicht zu. Jede der drei Abteilungen muß stündlich unmittelbaren Unterricht (Anleitung, Vorbereitung der Stillbeschäftigung etc.) erhalten; die Dauer des letzteren richtet sich nach dem Unterrichtsstoffe, nach der Befähigung der Schüler und nach anderen Umständen. Es genügt darum, im Stundenpläne lediglich für jede Stunde den vorzunehmenden Gegenstand zu bezeichnen, die Verteilung der 50 bis 60 Minuten auf die Altersstufen aber dem Lehrer zu überlassen. Uniformierungsbestrebungen in dieser Hinsicht haben keinerlei Wert, — sie zeitigen nur Vorschriften, die in der Praxis nicht befolgt werden, weil sie nicht befolgt werden können. Jos. Jahn, Schulleiter, Konradsgrün bei Eger. 23.) Vom Standpunkte der Theorie ist die Forderung, nach Drittelstunden den Wechsel im Unterrichte eintreten zu lassen, fast selbstverständlich: drei Abteilungen, also jede Vs Stunde. In der Praxis ist diese Forderung schwer durchführbar. 20 Minuten sind m der Regel für die Behandlung des vorzunehmenden Stoffes zu kurz — die Vornahme ist zu hastig, entbehrt daher der nötigen Gründlichkeit, deshalb der Erfolg zweifelhaft, °ft gering. Aus diesen Gründen ist im allgemeinen der halbstündige Wechsel im Unterrichte zu empfehlen. M. Petutschnigg in IIolz (Kärnten). 24.) Die Durchführung der Dreiteilung begegnet freilich großen Schwierigkeiten, doch sind selbe schon zu bewältigen, wenn der Lehrer eisernen Fleiß, guten Willen und die Gewissenhaftigkeit der täglichen Vorbereitung hat. Franz Pfeilstöcker, Schulleiter in Katal (Steiermark). 25.) Ich bin zur Einsicht gekommen, daß ich bei dem oftmaligen Wechsel zu viel Zeit verliere. Es ginge nur, wenn man einen regelmäßigen Schulbesuch hätte und die Stoffverteilung demgemäß bis ins Einzelnste ausarbeiten würde. «Zuerst das Notwendigste» muß mir als Grundsatz gelten. Hans Lackner, Schulleiter in Obergras (Gottschoe). 26.) Aus mir spricht 25 jährige Erfahrung und diese entscheidet zugunsten der Zweiteilung. Ein freier Stundenplan wäre allerdings ein Ideal; daun müßte aber auch die Lehrerbildung eine andere, eine praktische sein. Jurko, Schulleiter in Razbor (Untersteiermark). 27.) Weder eine zwei- noch dreiteilige Stundenzerlegung! Solche feste Normen behindern den gewissenhaften Lehrer der einklassigen Schule. Franz Krassnig, Schulleiter in Waldenstein (Kärnten). 28.) Eine Dreiteilung der Stunden wäre meiner Ansicht nach ganz unzulässig, da durch das Zerstückeln zu viel Zeit verloren ginge und man kaum zum Ziele gelangen könnte. J. Krauland, Schulleiter in Maierlc (Krain). 29.) Ich bin für die Zweiteilung der Stunde und begründe es mit folgendem: Schon bei der Zweiteilung geht infolge Verteilung der Aufgaben für den indirekten Unterricht und infolge deren Kontrolle von der eigentlichen Stunde ein Teil verloren; wie vielmehr erst durch eine Dreiteilung! — Die durch den geringeren Wechsel gewonnene Zeit kommt den Abteilungen zugute, welche direkten Unterricht genießen. — Durch eine Zweiteilung wird eine gründlichere Darbietung und Vertiefung des Lehrstoffes möglich. Josef Janauschek, Schulleiter in Neustadt, Bez. Teplitz (Böhmen). 30.) Ich bin für Drittelstunden, sobald es das Temperament des Lehrers zuläßt. Freilich gehört zu allem 1.) eine gründliche Vorbereitung, 2.) Begeisterung für den Beruf. Aus Mnuthen.* Anträge: Der Mangel eines feste» Systems im Abteilnngsunterrichte tritt schon bei der ersten Frage hervor. Welche Meinungsverschiedenheit! Es ist ja richtig, daß die Ortsverhältnisse ihre Sondcr-berncksichtigung erfordern; doch es ist ebenso richtig, daß vorerst ein gemeinsamer Weg aus-gehoben werden müsse, ehe man die verschiedenen Weglein betritt. Sie verlieren sich im Dickicht und führen zn keinem Ziele. Wenn man nun das ganze Gewirr überblickt, so wird man insbesondere dreier Fährten gewahr: * Die Kurzschrift erfordert Abschreibern Bitte, mir das zu ersparen! Der Name des Einsenders ist unleserlich. 1.) Halbstündiger Wechsel. Vgl. die Urteile 3, 6, 9, 11, 13, 15, 17, 19, 21, 23, 25, 2(i, 28, 29! (14 Stimmen.) 2.) Drittelstunden. Vgl. die Urteile 4, 7, 8, 10, 12, 16, 20, 24, 30! (9 Stimmen.) 3.) Freier Stundenplan. Vgl. die Urteile 1, 2, 5, 14, 18, 22, 27! (7 Stimmen.) Ich für meinen Teil füge dazu einen vierte» Antrag: Verbindung der drei Wege zu einem, so daß für denselben Lehrer zuerst die halbe Stunde, später die Drittelstunde und in letzter Linie die völlige Freiheit gilt. Der junge Amtsgenosse ist noch ungelenk; er wird mit einer Drittelstunde wenig anzufangen wissen und sich mit der Vorbereitung schwer tun. Das Hüpfen von einem zum ändern, das Darbieten von knappen und doch gehaltvollen Unterrichtseinheiten, das Überblicken einer Klasse mit Drittelstnnden-Wechsel kann erst die Praxis bringen.* Der freie Stundenplan endlich sei der Lohn für den Meister. Der Anfänger mißbraucht die Freiheit; für ihn muß die Regel gelten. Wer den einen und wer den ändern Weg betreten darf, darüber entscheide der Inspektor! Der Wechsel im Stundenpläne soll Ehrensache werden. Freilich muß bei allein der Inspektor einen offenen Blick und eine gründliche Sachkenntnis besitzen. — Gibt sich für den vierten Antrag Interesse kund, so soll er nächstens näher beleuchtet werden. Auf jeden Fall wird die Frage in Nr. 3 abgeschlossen; daher ersuche ich dringend um die Abgabe der Stimmen. (Eine Postkarte zur Hand, darauf die Worte: «Ich bin für den X Antrag- — das ist alles. Die Spesen werden vergütet werden.) 2. Frage: Wie sind die Schuljahre bei der vier-, drei-, zwei-, einklasngen Volksschule mit Gaiiztagsunterricht zu verteilen? Gründe! Die Frage schien zu allgemein gefaßt; mehrere Zuschriften brachten dies zum Ausdrucke. Antwort: 1.) Wir denken in erster Linie natürlich an vollkommene Schulzustände, also nicht an Schulen mit weitgehenden Schulbesuchsbefreiungen. — 2.) Die einklassige Volksschule mit Halbtagsunterricht ist kein Ideal, kommt also «vorläufig- nicht in Betracht. — 3.) Erst das Allgemeine, dann das Besondere! Demnach wollen wir zunächst die Regel ins Auge fassen und uns erst hernach die Ausnahme» besehen. — Die Frage ist überaus wichtig; es mögen sie darum alle ernstlich ertvägen! — Einsendungssrist für die Urteile bis 5. März. Das Rechnen im Stundenpläne der Schulen mit Rliteihmiismitemchi (Zur Stoffverteilung in Nr. 1.) Wenn der Vater abends Einnahmen und Ausgaben des Tages gegenüberstellt, dürfen sich die Kinder nicht mucksen, — sonst setzt es Schläge. Wenn wir hinter dem Pulte sitzen und eine Rechnung ansführe», so fahren wir unwillig in die Höhe, sofern unten in den Bänken ein Schüler laut rechnet. Warum? Die von ihm gesprochenen Zahlen mischen sich in unsere Rechnung und haben uns alsbald verwirrt. Der Vater gestattet den Kindern, wenn er besonders gütig ist, daß sie allenfalls miteinander plaudern; aber nur das Einmaleins dürfen sie nicht üben — und zählen dürfen sie beileibe nicht. Warum nicht? Das Geplauder lenkt ihn nicht so sehr ab, wohl aber die gesprochene Zahl. — Wir, die wir unserm Geiste Fesseln anznlegcn gewohnt sind, wir können also * Der gekennzeichnete Stuscngang tritt in den vorstehende» Urteilen klar hervor. (14 : 9 : 7 !) Sollen es etwa — auf Jahre bezogen — Verhältniswahlen für das Durchfchnittsmas; werden? unsere Rechnung nicht isoliere», wir können uns nicht abschließen. Wie sollen nun die Kleinen imstande sein, es zn tun, da ihr Sinn doch nach allen Seiten flattert und da es keiner starken Lockung bedarf, damit er von einem Gebiete auf das andere schwebe! Was tun Kinder, wenn sie sich necken wollen? Das eine zählt, das andere sagt laut verschiedene Zahlen dazwischen — und bald ist die Zahlenreihe durchbrochen. Nun ist aber die Zahlenreihe etwas, was dem mechanischen Gedächtnisse znfällt. Um wie viel großer muß die Störung sein, wenn sie das jndiziöse Gedächtnis betrifft, oder wenn gerade Denk- Prozesse mit Zahlen eingeleitet sind! Jeden Augenblick reißt sie den Urteilenden aus seiner Geistes- sphäre und vernichtet sein Gewebe oder sie nagt wie ein Wurm am Geistesmark, sofern sich der Hin- und Hergeschleuderte ermannt und wenn er trotz allem ans seinem Platze verharren will. Diejenigen, welche meinen, das Kind müsse lernen, die Störung zu beherrschen, es müsse den Geist zügeln, damit er nicht abgelenkt werde, setzen den Wurm in das grüne Holz. Das Denken an und für sich bedeutet ja für das kleine Gehirn einen bedeutenden Kraftaufwand. Sollen wir da noch Hemm-"isse einschieben und das Werden der Schlüsse anfhalten? Doch keinesfalls! Wir müssen uns im Gegenteile bestreben, alles anfzubieteu, daß der Strom nicht abgeleitet, sondern daß er isoliert werde, um mit ganzer Kraft zu wirken. Dem entsprechen wir aber nur dann, wenn wir einmal von der Notwendigkeit überzeugt sind, wenn wir den Effekt an uns selbst wahrnehmen. Die Stube, in welcher der Vater seine Dagesbilanz macht, das Schulzimmer, in dem wir rechne», während die Schüler schreiben und einer von ihnen laut Zahlen hersagt: — beide bieten uns das Bild des Abteilnngsunterrichtes. Die eine Abteilung ist der Vater, bezw. der Lehrer, die andere sind die Kinder, bezw. die Schüler. So ist uns die Sache in die unmittelbarste Nähe gerückt und wir müßten wahrlich mit Blindheit ge- schlagen sein, wenn wir sie nicht sogleich bis zum Innersten dnrchblickten. — Darf nach den gepflogenen Erörterungen mit einer Gruppe von Schülern laut gerechnet werden, während eine andere Gruppe im stillen Rechnungen ausführt? Jeder einsichtsvolle Laie antwortet sogleich mit — «Nein!» Wer «Ja!» sagte, müßte entweder ein Schablonenheld sein, den cs deunruhigt, wenn der Stundenplan nicht ein regelmäßiges Bild zeigt, oder er ist ein Tyrann, der beit Geist erbarmungslos knechtet. Es gibt — man möchte es nicht glauben — unter den Lehrern »och immer viele, die für solche «Helden» eintreten. Natürlich darf dabei die alte Phrase nicht schien: «Wir haben auch unter denselben Umständen gelernt und können doch rechnen.» Daß sie aber nicht denken können, beweist am besten ihr Urteil. Und Denken, Denken — man kann es nicht oft genug ausrufen — ist die goldene Mitgift für den Mann des zwanzigsten Jahrhunderts! Rücken wir nun der Sache näher, nehmen wir sie, wie sie sich uns in der Schulstube bietet, Unter die Lupe! (Fortsetzung folgt.) Beachtenswerte Bücher und Zeitnngsaufsätze. Dr. O. Schmeil: Lehrbuch der Zoologie. (Verlag Nägele in Stuttgart. 5 K.) Ich habe aus Schineils Zoologie mehr Methodik gelernt als aus allen Anleitungen, die sich mit dem Lehrverfahre» beschäf-iigen. Es klingt zwar sonderbar, ans einem Sehrbuche für Naturgeschichte allgemeine Grundsätze für den Unterricht zu heben, und doch muß ich es eiugestehcn. Wer auf kurzem Wege in die Geheimnisse des «modernen» Lehrverfahrens eingeführt werden will, kaufe sich das goldene Buch! Wenn er je eine Ausgabe bereut, so ist es gewiß nicht diese. — Der Frühling pocht an die Pforten; wer ihn mit Schmeils Zoologie und Botanik begrüßt, wird ihn doppelt genießen Pädagogische Brosamen. Unter diesem Namen sendet Schulrat Fr. Polack allmonatlich ein Blatt hinaus, Pas gleichsam als Ergänzung zu seinem berühmten Werke «Brosamen» angesehen werden kann. Den Polack-Verehrern wird die überaus anregende Zeitschrift angelegentlich empfohlen. (Verlag Herrose, Wittenberg. Bezugspreis 2 K.) . Lehrinittclsammler, Monatsschrift, herausgegeben von Gustav Settmacher, Oberlehrer in Petersdorf bei Drautenau. Sehr reichhaltig, belehrend und dabei billig. (2 K 50 h jährlich.) Aus der Laidacher Schulzeitung? 1.) Ei» Wort a» die Eltern und Erzieherinnen. — Die Frage .Was ist das'?, wird dem Kn'de angelernt. Es will wissen .Wie ist das?- Die Erzieher sollen klare Vorstellungen schaffen und dann erst die Namen cinsetzen Der nächste Umgebnngskreis, der Hof, das Hans, die Stube bieten eine Fülle von Anschauungen. Man wende den Blick auf eines und entwerfe von dem ein klares Bild in der Seele! So arbeitet man der Schule am besten vor. 2.) Ein krainisch-knstenländischer Lrhrerverein. Gleiche Bodenverhältnisse bedingen gleiche Arbeit, gleiche Ziele, also engen Anschluß. 3.) Elektrische Wellen und deren Anwendung. Man führt gelehrte Ausdrücke im Munde, erfaßt aber nicht den Sinn. Der Aufsatz gibt Aufschluß über die neuesten Forschungen. 4.) Auf zur Bnrgcrschnllehrerprnfung! Sie ist eine passende Übergangsstufe zu einer erhöhten Lehrerbildung. Durch das tiefere Eindringen in einige Wissensgebiete wird die Methode gereifter. 5.) Das Gespenst der fünf formalen Stufe». (Ein Gespräch.) Jeder Lehrer, der seine Arbeit denkend verrichtet hat, ist im Wesen den formalen Stufen gerecht geworden. Das Kind erhält einen neuen Namen, bleibt aber, im Grunde genommen, dasselbe. — Der Lehrer im Abteilnngsnnter-richte lasse sich nicht beirren; was ihm der gesunde Geist eingibt, ist wertvoller, als was ihm Kathederhclden mit gelehrte» Phrasen leihen. Inwieweit der Avteilungsnnterricht dem neuen Kurse folgen soll, darüber nächstens! 6.) Die gefürchtete «S--Regel. (Eine Lehrprobe.) Entwicklung nach den formalen Stufen. I. Anknüpfung und Ziel, («th--Regel, die häufig vorkommenden Fehler in Wörtern mit -S - - Lauten.) II. Entwicklung: a) Die Stellung der ©-Arten in den Wörtern; b) die Aussprache; c) der . Stammlant; d) Gedächtnishilfen. III. Verknüpfung: Vergleich des «ß» mit den übrigen «S»- Lauten. IV. Zusammenfassung: Bestimmungstafel. V. Übung, Übung, Übung! (Verteilnngsplan wie bei der «th»-Regel.) Briefkasten. P. in Pirkendorf: Ich bitte um die in Aussicht gestellte» Stundenpläne. Dank und Gruß! Mögen auch andere Kollegen Ihr Beispiel uachahmen und mich auf -Meister« im Abteilungsunterrichte aufmerksam machen! Insbesondere die Herren Bezirksschul Inspektoren können auf diese Weise der Sache wesentlich nützen. — Pf. in Katal: Ihre gediegene Arbeit werde ich nächstens in Rücksicht ziehen. Herzlichen Gruß ins Land meiner llnterlehrerzeit! — K. in Waldenstein: Ein zweiter Po'ack? Zuviel des Lobes! Ein Schüler Polacks — wenn Sie wollen. B. Sch. I. «B.» ist mir bereits als tüchtiger Fachmann bekannt. Vielleicht geleitet er mich auch einmal von -Schule zu Schule». Wenn alle für den Beruf so begeistert wäre» wie Sie! — Schulleiter Pichler in Oppcnbcrg (Steiermark): Welche Fülle wertvoller Beiträge für den Abteilungsunterricht ist in Ihren Vorbereitnngsheften aufgestapelt! Schon die Anlage allein würde auf den Leser vorteilhaft wirken; um so mehr müßte es der Inhalt als solcher tun. Ob Sie jedoch einen Verleger finden werden, bezweifle ich; die Teilnahmslosigkeit der Lehrerschaft wirkt aus den pädagogischen Buchhandel in geradezu erschreckender Weise. Warten wir vielleicht noch eine Weile; es muß ja auch manches -modernisiert- werden! — Obl. Krall in Spielfeld : Es wäre wahrhaft schade, wenn Ihre witzigen Erzählungen und Betrachtungen in der Mappe verschlossen blieben. Wieviele Kollegen und auch Laien würden Ihnen für die vergnügten Stunden danken, die Ihre Schriften ihnen und den Kindern brächten! Mein Rat lautet: Sichten Sie, kürzen Sie, trennen Sie die Prosa von der Poesie (in der ersteren liegt Ihre Kraft) und treten Sie frischweg an einen Bcrlagsbnchhändler in der Kleinstadt heran; man findet hier fast mehr Unternehmungsgeist als bei Bücherkönigen! Die Durchsicht habe ich mit Vergnügen besorgt; von einer Entlohnung kann nicht die Rede sein. — An die Abnehmer meiner Schrift «Das Zeichnen »ach der Natnr-: Da in nächster Zeit eine zweite Auflage nötig sein wird, ersuche ich um Berbessernngsvorschlüge. Dem Verlangen nach einem Vorlagen werke kann ich nicht entsprechen. Ist das Zeichnen nach Vorlagen — Zeichnen nach der Natur? Wer das vermeint, lese die Schrift neuerdings! — Ich werde Bleististsammlungen komme» lassen und dann eine Bezugsquelle angeben. — Bczirksschulinspcktor P in Spittal: Daß Sie die -Blätter» fördern werden, konnte ich mir denken. Bitte auch um geistige Förderung. Aus Wiedersehen im Tal der Drau! — Zum Schlüsse die Bitte: Wer das Blatt beziehen will, mache mir dies bekannt; wer es nicht wünscht, sende es zurück! — Allen Mitarbeiter» herzlichen Dank! Hoffentlich bringt uns die zweite Frage anch so viele und so treffende Urteile. Es liegt viel kostbares Metall im Schachte der Lehrerschaft; mir wollen es ans Sicht bringe». * Herausgegeben vom Krainischen Lehrerverei». Bezugspreis 4 K jährlich. 1 Bogen stark (Schriftleiter: Rud. E. Peerz.) Von Schule zu Schule. 2. Sommer im Süden! Drückende Schwüle lagert während des Tages über der Stadt nnd jeder sehnt den Abend herbei, die Zeit, da vom Meere herauf eine kühle Brise weht nnd den Dunstkreis zerteilt. Bis um Mitternacht wogt cs dann in den Straßen und ans den Plätzen, im Gasthansgarten spielt die Musik, vor dem Kaffeehanse wimmert der Neapolitaner zum Erbarmen. Sinkt endlich der Tan herab, so verstummt der Lärm und nun — in der Morgenstunde — geht man zu Bette. So hatte ich am Tage vor der Abreise kaum die Angen geschlossen, als es auch schon an meiner Türe pochte: Der Kutscher mahnte zum Ausbruche. Es war Zeit; eine Viertelstunde Verspätung nnd ich hätte das Vergnügen gehabt, in dem Grenzstädtchen gegen Italien bei glühender Hitze einen Tag zu verbringen. Also war ich rasch auf den Beinen und auch bald eingebettet in dem Karren, der mich zur Grenze bringen sollte. Wie ich so einsam durch die Felder dahinfuhr und das liebe Fleckchen Erde, ans dem ich nun fast ein Jahrzehnt gelebt hatte, betrachtete, war mips sonderbar zumute. Wieviele teure Plätzchen huschten da vorüber! Hier saß ich einst mit Diesterweg, dort mit Jean Paul, von dem Busch grüßte Dittes herab und drunten der Felsblock rief mir den Namen Herbart zu. Sie alle, die großen Geister, standen vor meiner Seele und gaben mir das Geleite, als ich auszog, das zu lernen, was sie mir nicht bieten konnten: Die lebendige Regel. — Der Stadtbezirk lag im Rücken; mit ihm waren auch die Geisteshelden in den Nebel getaucht. Allerlei Gedanken jagten durch die aufgeregte Phantasie. Sieh! Dort ragt ein Hügel ans der endlosen Ebene empor: Man sagt, an ihm sei Jasons Schiff gestrandet; die Ortschaft am Fuße trägt denn auch mit Stolz den Namen «Medea». Wir zucken mit den Achseln nnd doch können wir uns von dem Bilde nicht losmachen. Es ist klassischer Boden, auf dem das Wägelchen rollt. Durch jenes Tor, das der Karst gegen Süden öffnet, sind einst die tapfern Goten gezogen; hier haben sie das Schwert gezückt und sich den Weg nach Rom gebahnt. Wehmut nnd Freude ist es, die der Augenblick in das Herz zaubert; Tantröpflein liegen auf dem Grase nnd Tau-tröpflein fühl' ich im Auge, da ich entschwundener Macht denke nnd entschwundenen Glanzes. In der Ferne glänzt eine Turmspitze ans dem Nebelmeere: Agnileja! Wechselvolle Bilder ziehen an meinem Auge vorüber — nnd ich danke dein Kutscher, daß er mich ans dein Bannkreis gezogen: Wir sind in der «Stazioue». — Man ist gemessen ans beiden Seite» — auf der österreichischen wie ans der italienischen. Jeder Staat will ja seine Würde vertreten. Kaum aber ist der Zug über die Brücke gefahren, welche die beiden Reiche verbindet, so hör' ich schon den Morgengesang des italienischen Schaffners. Mir gefällt der schwarze Junge nnd ich bringe bald meine Sprachkenntnisse an Mann. Das wirft. Sogleich setzt er sich neben mich nnd läßt seine helle Stimme ertönen. Wie dankbar bin ich ihm dafür! Es ist doch ein ganz eigenartiges Volk, das jenseits der Alpen wohnt. Dieser Frohsinn, diese Lebenslust! Was gäbe mancher darum, wenn er sie besäße! Freund Giovanni versteht auch was von feiner Sitte: Er überreicht mir seine Visitenkarte und bittet um die Erlaubnis, daß er bei der nächsten Haltestelle wieder hereinkommen dürfe. Natürlich bin ich mit dem üblichen - prego» zur Stelle. Wie ich mich nun so in die Ecke lehne nnd mir das Bild des drolligen Jungen im Gedächtnisse festznhalten suche, ziehe ich einen Vergleich zwischen Heimat und Fremde. Wie freundlich kam mir der Mann entgegen, wie unfreundlich sind zuweilen nnsero Schaffner! Und feine Sitte — wird man ihrer bei »ns in den untern Volksschichten häufig gewahr? Man muß nicht Knixkünstler sein, nicht aalglatt, nicht zuckersüß, nicht überhöflich, aber man soll freundlich sein nnd zuvorkommend. Wo liegt der Grund, daß wir in dieser Beziehung diesseits nnd jenseits der Grenzpfähle Gegensätze finden? Teilweise im Volkscharakter, teilweise aber auch in der Schule. Man stopft heutzutage noch viel zu viel, wiewohl das Schlagwort -Erziehender Unterricht» schon längst ansgegeben wurde, — nnd bildet den Menschen zu wenig fürs Leben. Blättert nur einmal in den Werken der großen Pädagogen nach und Ihr werdet überall die Worte finden: «Mache das Kind auch mit den Regeln für Anstand nnd feine Sitte bekannt!» — Was hälfe indes das Gebot, sofern wir es auffrischte», da ja nicht dafür gesorgt wird, daß jener, der ihm in der Schule entsprechen soll, hiefür gerüstet wird. Unsere Lehrerbildung ist noch immer großenteils eine Bildung für Schulstnben, aber nicht fürs Leben. Hat man schon einmal Knigges Buch zur Hand genommen und vom Katheder herab erklärt? Meint Ihr, das sei Zeitvergeudung? Da kennt Ihr die Welt schlecht. Wenn der junge Mann hinauszieht, iittt seine Arbeit zu beginnen, da entscheidet gar oft.der erste Augenblick über sein künftiges Geschick. Ist der «neue Lehrer. unbeholfen, linkisch, allzu schüchtern, so ist er auch schon der Knecht, manchmal »och weniger. Zeigt er jedoch Gewandtheit in Wort und 'Bewegung, tritt er sicher auf, so gilt er als Mann, dem man Ehre zollt. Dann gestaltet sich aber auch seine Arbeit anders, dann bedeutet er etwas in Schule und in der Gesellschaft, dann steigt mit seinem Ansehen das Ansehen des ganzen Standes. Geben wir ihm darum nicht nur Wissen und methodisches Geschick in sein Ränzel, sondern auch Lebensregeln, Lebensweisheit! Ich habe es immer so gehalten und die Wanderer haben mir's von Herzen gedankt. Partenza! schallte es durch die geräumige Glashalle und alsbald klapperte der Zug über das vielmaschige Schienennetz, hinaus aus dem Gewirr von Häusern und Häuschen, hinein in die schöne 'Alpenwelt. Ich war in dem langen Wagen, der von Venedig kam, auf und ab gegangen, um ein passendes Plätzchen anszuforschen. Nirgends wollte es mir recht behagen. Hier saßen Künstler ans Monaco, im zweiten Abteil war -Alt«-Wien vertreten, im dritten Kästchen schmachtete ein Hochzeitspaar und im vierten hatten sich «studierte- Leute eingefunden. Hier blieb ich kleben. Es war kein Platz frei, darum mußte ich mich mit dem Sitze im Seitengange begnügen. 'Noch waren wir in der Ebene und ich zog zur Kurzweil ein Büchlein aus der Tasche. Die Herren im Käfige taten dasselbe. Als jedoch die Berge näher rückten, krochen sic aus dem Verstecke und sahen bald nach oben zu den schroffen Zinken, bald nach unten in den wildschänmenden Bach. Unter den Reisenden tat ein Männlein mit gelocktem Haare und einem pfiffigen Schnnrrbärtlein gar gewichtig. Es war bald hier, bald dort, bediente bald einen behäbigen Herrn, bald eine Dame mit Namen und Zahlen — zum Erstaunen. Ob alles richtig war, was es geschäftig anskramte, bezweifle ich; aber die Weisheit wirkte und das war die Hauptsache. Alsbald war der Gang gefüllt und mitten in der Menge stand triumphierend der witzige Cicerone; alles beugte sich vor ihm nur einer nicht, der hinten in der Ecke. Der wartete, bis der grnndgescheite Erklärer näher kam, und wagte die niederschmetternde Frage: -Sie sind gewiß ein Lehrer — und jedenfalls ans dieser Gegend?- Damit war ein Damm in den Strom geschoben worden; der Nachbar wurde stutzig, wurde kleinlaut, er wurde stumm. Ich hatte nämlich vergessen, das Buch, welches mir vordem die Zeit vertrieb, einzupacken, und da war der Blick des jungen Freundes jedenfalls auf das Titelblatt -Bericht über die Landeslehrcrkonserenz. . gefallen. Zaghaft trat der Genosse näher und meinte, daß ich wohl ein Schnlinspektor sei, am Ende gar der neue Bezirksschulinspektor des Bezirkes V. Als ich das in Abrede stellte, ward es Heller auf der Stirne des Cicerone und der Strom rauschte wieder heran allerdings mit einer ändern Melodei. Er ergoß sich über Schulen und Prüfungen. Der Kamerad rückte nämlich heraus, daß er an einer cinklassigen Schule wirke und jetzt mit dem Studium für die Bürgerschnllehrcrprüfnng beginnen werde. In einem halben Jahre habe er das Zeugnis in der Tasche und dann stehe ihm die Welt offen. Wie leicht jungen Kollegen die Prüfung für Bürgerschulen erscheint! Ich wollte dem schön-gebauten Schlosse nicht sogleich den Ruck geben, wie das oft geschieht, so daß dann dem strebenden Lehrer die Hoffnung auf ein Gelingen zeitlebens zerstört ist, sondern forschte nach den Werken, die mein Gegenüber zu Rate ziehen wolle, ergänzte die Liste und meinte dann: «Sie werden die Frist wohl vervierfachen müssen!» Das Männlein nickte, bat neuerdings um die Namen der Bücher und verzeichnete sie auf der Manschette. Ob er alles, was er so unter dem Ärmel trug, auch aus dem Ärmel geschüttelt hat? Ich weiß es nicht. — Als ich mich durch das Gewühl von Menschen drängte, um meinen neuen Wagen zu erreichen, sah ich noch einmal das Gesicht mit dem -rötlich strahlenden Gipfel» und dem spärlichen Graswnchs am Rande des gesprächigen Mundes und so ist es mir in Erinnerung geblieben. Ich habe mit dem Amtsbrnder im Eisenbahnwagen viel über die Schule, viel über den Abteilnngsunterricht und viel über Methode gesprochen. Ausplandern will ich's jedoch erst nächstens. Herausgeber und verantwortlicher Schriftleiter: Rudolf E. Peerz. Druck von Jg. v. Kleinniayr & Fed. Bamberg iii Laibach.