herausgegeben von der Kongregation: Missionäre Sohne des heiligsten Herzens Jesu. preis ganzjährig: Österreich 2'50 S, Deutschland 2 Mark. Italien 8 Lire, Ungarn 2'50 pengö, Dschechosiowakei 12 oK, Jugoslawien 25 Dinar, Schweiz 2'50 Franken, übriges Nusland 2 Soldmark. Unser heiliger Vater piusXl. hat wie schon früher papst pius X. der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Messen gelesen. Mit Empfehlung der hochwür-dig sten Oberhirten von Grixen, Grünn, ©raz, heitmeritz, Hinz, Olmütz, Marburg, Drient, Driest und Wien. hett 10. Oktober 1929. XXXII. Jahrgang. Cr' ... ' ----- ---------------------- -----k X)ev ©. internationale akademische fDissions- kongreß in 8k ©abrief=Wien. 4: .. - ■ -JJ Vom 5. bis 8. August tagte im Missionshaus St. Gabriel der 6. internationale akademische Missionskougreß, an den sich eine zweitägige missionswissenschaftliche Konferenz anschloß. Sowohl der glänzende Verlauf als auch die starke Teilnehmerzahl lassen diesen Kongreß als den Höhepunkt aller bisherigen akademischen Missionskongresse erscheinen. Während zu der vorjährigen Tagung in Würzburg sich nur 120 Besucher einfanden, zählte man in St. Gabriel 1037 Teilnehmer aus 21 Staaten: Albanien, Belgien,China,Deutschland, Frankreich. Georgien, Holland, Indien, Italien, Japan, Jugoslawien, Litauen, Luxemburg. Österreich, Polen, Rußland, Schweiz, Spanien, Tschechoslowakei, Ungarn, Vereinigte Staaten. Einschließlich der Theologen gehörte die überwiegende Mehrheit, 60 Prozent, dem geistlichen Stande an, 30 Prozent entfielen auf Jungakademiker der Laienwelt, der Rest auf Altakademiker und Lehrer. Die Frauenwelt stellte 234 Gäste, darunter 83 Ordensschwestern. Vom Anfang an war der Geist des Gebetes in reichem Maße über das Kongreßwerk ausge- gossen. Schon die kirchliche Eröffnungsfeier in dem von Lichterglanz und Blumenschmuck prangenden, von brausenden Orgelklängen durchfluteten Heiligen-Geist-Dom gestaltete sich zu einer erhebenden Missionstat. Zahlreiche Priester in Talar und Rochet, Mitglieder verschiedener Orden in ihrer eigentümlichen Tracht, Domherren, Äbte, Bischöfe, der Apostolische Nuntius Sibilia, der Kardinal Piffl von Wien, die Chargierten der katholischen Hochschulverbindungen, höchste staatliche Würdenträger, führende Männer der Wissenschaft und dazu die Scharen des andächtigen Volkes betend um den eucha-ristischen Thron des Weltkönigs geschart, zeigten, daß sie nicht bloß ihre Missionsverpflichtung und Missionsverantwortung mehr als sonst empfanden, sondern auch das Glück fühlten, das die Mitarbeit an der Fortpflanzung des Reiches Christi in jedes katholische Herz senkt. An die eindrucksvolle Feier im Gotteshaus reihte sich die Begrüßung der Kongreßteilnehmer in der mächtigen dreischifsigen Halle, die im Garten des Missionshauses aufragte. Als erster 1 Redner ergriff Kardinal Piffl das Wort: „Es gereicht mir und allen österreichischen Missionsfreunden zur aufrichtigen Freude, daß der 6. akademische Missionskongreß wieder in Österreich tagt, wo er 1924 zum erstenmal gehalten wurde. Denn durch diesen ersten Kongreß wurde der Missionsgedanke der katholischen Kirche den gebildeten Katholiken in Österreich besonders nahegebracht und sand in ihren Reihen seitdem lebhaften Beifall und immer größere Verbreitung." Obwohl Österreich keine überseeischen Gebiete besitze, führte der Wiener Oberhirte aus, habe es dennoch in den letzten hundert Jahren seine Missionsaufgabe in den Grenzen der Möglichkeit erfüllt. Zum Beweise dessen wies er hin auf die Leopoldinenstistung zur Förderung der nordamerikanischen Missionen, aus den Marienverein für Zentralasrika, aus den Verein der Unbefleckten Empfängnis für die Orientmissionen, auf die in Österreich entstandene Petrus-Claver-Sodalität und auf die herrliche Entfaltung der allgemeinen päpstlichen Missionsvereine in den letzten Jahren. Gewiß habe noch viel zu geschehen, um den Missionsgedanken in den Massen des Volkes fruchtbarer zu gestalten, und das um so mehr, als die Missionsförderung ein Hauptteil der Katholischen Aktion fei. Um aber dieses Ziel zu erreichen, bedürfe der Missionsgedanke der wissenschaftlichen Beleuchtung und Durchdringung. Hierauf verlas Seine Eminenz das Begrüßungsschreiben des Heiligen Vaters, in dem es unter anderem hieß: „... Jene, die das Glück des katholischen Glaubens mit Herz und Mund bekennen, müssen das Missionswerk nach Kräften und mit aller Energie fördern ..." Nach der Erteilung des päpstlichen Segens sprach der österreichische Bundespräsident Mitlas: „Schon drüben im majestätischen Gotteshaus umwehte mich die Weltweite des katholischen Geistes ... Vielleicht ist es nicht am Platze, sich in Zeiten des Nationalismus um andere Völker zu kümmern, Missionäre auszusenden? Und doch ist nichts geeigneter, uns die richtige Einstellung aller Werte auf Erden vor Augen zu stellen, als gerade die katholische Missionsidee. Über alle Schranken unter Nationen erstreckt sich als eine die ganze Menschheit umfassende Einheit der katholische Geist. Im Mutterboden der heiligen römisch-katholischen Kirche bekommen alle Nationen der Erde Raum zur Entfaltung. Wir haben uns zusammengefunden, um aus allen Nationen die Gebildeten zu mobilisieren, damit sie nun mit aller Kraft, Hingebung und Opferliebe dem katholischen Missionswerke dienen. Ich verspreche mir davon unendlichen Segen nicht bloß für dieHeidenlander, sondern auch mindestens im gleichen Maße für unser Heimatland und Heimatvolk. Mögen die Heidenmissionäre auch für das katholische Volk Österreichs beten. Dieses kleine Österreich ist doch noch das Herz Europas..." Der Apostolische Nuntius Doktor Sibilia wies in seiner Rede auch auf die kulturellen Missionsleistungen hin, die niemand in Abrede stellen kann. „Es ist daher ein großes und erhabenes Werk nicht nur im religiösen Sinne, sondern auch in kultureller Beziehung, Jesum Christum und seine himmlische Lehre, die einzig nur Liebe ist, überall bekanntzumachen, sowohl da, wo sie noch unbekannt ist, als auch dort, wo man sie auszurotten sucht." Den Vorsitz des Kongresses übernahm mm Bischof Dr. Seidl, der betonte, daß die Akademiker die Schäden wieder heilen müßten, die einst irreligiöse Akademiker angestiftet hätten. Am folgenden Tage begannen die eigentlichen Kongreßreden, die teils missionsbegründender Natur waren, teils die großen Kernprobleme und Gegenwartsaufgaben der Mission zum Gegenstände hatten. Auf der Rednerliste standen Fachgrößen ersten Ranges und Männer von internationalem Rufe, wie der österreichische Altbundeskanzler Dr. Seipel. Was aber die Autornamen erwarten ließen, wurde durch die Wirklichkeit meist überboten. Denn die Vorträge waren ebenso durch Gedankenwucht als durch sprachliche und rednerische Vollendung ausge- zeichnet. Da der Inhalt der Referate durch die Tagespresse bereits bekannt ist, so dürfte es genügen, hier nur die unmittelbaren Früchte des Kongresses aufzuzeigen. (Jedoch werden wir bei Gelegenheit auf den einen oder andern der behandelten Gegenstände zurückkommen.) 1. Der Kongreß hat vor allem unter den Akademikern aufklärend gewirkt und zahlreiche Vorurteile hinweggeräumt. Er hat gezeigt, daß es R ü ck st ä n d i g k e i t bedeutet, wenn gebildete Katholiken für das weltumspannende Missions-Werk der Kirche kein Interesse ausbringen; denn Missionsprobleme sind Weltprobleme, Missions-aufgaben Weltaufgaben von entscheidender Bedeutung nicht nur für das Wohl der außereuropäischen Menschheit, sondern auch für die katholische Heimat. 2. Er hat vielen die Kenntnis vermittelt, daß die Mitarbeit der katholischen Akademiker im heutigen Milsionsbetriebe nicht entbehrt werden kann. Es bedarf ihrer teils auf dem Gebiete der religionswissenschast-lichen, völkerkundlichen und Sprachenforschung, teils als Praktiker int ärztlichen, wirtschaftlichen, technischen, industriellen Beruf. 3. Er hat klar gezeigt, daß wir mitten in einer großen Entscheidungsstunde der Wellmissionen leben. Hie die „Mission Satans", geführt und zusammengefaßt vom Boliäiewis-mus, dessen Emissäre in fast allen Mtssivns- ländern eine unheimliche Tätigkeit entfalten, hie die Mission Christi, getragen von der Kirche, deren Missionäre kraft göttlichen Rechtes das Gottesreich unter allen Völkern auszubreiten suchen. 4. Mehr als je muß darum in der Gegenwart die Missionsarbeit mit höch st erGro tz-zügig keit angefaßt werden. Wie die Feinde in weltweiten Fronten zum Angriff übergehen, so muß auch das katholische Missionswerk alle Kräfte aufbieten, alle Reserven heranholen, damit der Sieg Christi seine Vollendung erfahre. l* Lisieux: Die Lourdes-Pilger um die gewidmete Fahne geschart. 5. Wie die Heidenvölker selbst, so schöpfen auch die katholischen H e i in a t v ö l k e r aus der Missionsarbeit reichsten natürlichen und übernatürlichen Gewinn. Wissenschaft und Kunst, Wirtschaft und Kultur, Technik und Industrie erhalten durch die Mission vielfache Förderung und können andererseits wieder, wenn sie vom katholischen Geiste und katholischer Liebe durchdrungen sind, unermeßlichen Segen in den Heidenländern verbreiten. Das Wirken der Missionäre gibt mannigfache Winke für die heimatliche Seelsorge. Das Missionsinteresse schafft echt katholischen Weitblick, weckt apostolischen Opfersinn, erzieht zum christlichen Gemeinschaftsgeist und wird so eine Segensund Kraftquelle für die europäische Heimat. Misstonsbewegung bedeutet Erneuerung des katholischen Geistes. 6. Die Mission selbst muß angesichts der heutigen Weltlage ihre vornehmste und dringendste Aufgabe in der Heranbildung eines einheimischen Klerus erblicken. Aus diesen Erkenntnissen heraus fanden auch die Entschließungen des Kongresses reichsten Beifall. Sie seien hier wiedergegeben. Der VI. internationale akademische Missionskongreß empfiehlt: 1. Zur Gewinnung der ostasiatischen Studenten in unseren Universitätsstädten in kollegialem Unigang uitb brüderlicher Liebe sich ihrer anzunehmen. 2. Reben der Gründung von missionsärztlichen Gruppen auch die von technischen und volkswirtschaftlichen Missionsgruppen. 8. Energische Hilse bei der Gründung katholischer Universitäten in den Missionsländern. 4. Gründung missiologischer Lehrstühle an unseren Universitäten. 5. Die Gründung von missionswissenschaftlichen Gruppen katholischer Lehrer und Lehrerinnen, wie sie bereits in Österreich mit Erfolg tätig sind. (Die missions-wissenschaftliche Vereinigung katholischer Lehrer und Lehrerinnen im Katholischen Lehrerbund zu Wien stellt sich für Jnfornialionen für die katholische Lehrerschaft der anderen Länder zur Verfügung.) [ r 6. Ein stärkeres Einsetzen für die Heranbildung des einheimischen Klerus in denMissionsländern, insbesondere dnrch die Förderung des Opus 8. Petri. 7. Mittels der akademischen Missionsbeweguug sollen möglichst viele tüchtige missionsärztliche und volkswirtschaftliche Kräfte als Helfer der Missionäre in den Dienst der Missionen gestellt werden. 8. Eindringen in die sozialen und religiösen Verhältnisse der heidnischen Völker als beste Vorbereitung und Schulung zum Verständnis und zur Mitarbeit an der Missionstäligkeit. 9. Die moderne soziale Entwicklung in den Missionsländern soll wegen ihrer Bedeutung für Mission und Heimat mehr durch die Tagespresse bekanntgegeben und die Akademiker zur Lösung der Probleme aufgerufen werden. 10. Eine stärkere Betonung des Missionsgedankens in den von Ordensschwestern geleiteten Anstalten und Schulen im Sinne der Missivnsenzytlika Pius XI., nämlich Pflege des Missionsgebetes- und Opfers, und Missionslektüre bei den Kindern. 11. a) Die Tagespresse möge über die Missionen mehr von Missionären und auch von Laienkorrespon-dcnten bedient tvcrden. b) Die katholischen Korrespondenzen mögen neben den kurzen aktuellen Mitteilungen vor allem auch längere Aufsätze über zeitgerechte Missionsprobleme bringen. c) Der Kongreß empfiehlt den Redaktionen die Zusendung von Freiexemplaren an die größeren Missionsstationen, uni das Interesse der Milsionäre für die Mit-arbeil an der Tagesprcsse zu wecken. 12. Der Kongreß erachtet es für überaus wichtig, eine engere Fühlungnahme der akademischen Missionsbewegung der einzelnen Länder untereinander anzuregen zum Zwecke einer internationalen Zusammenarbeit. . Bei der Schiußfeier zog Professor Dr. Brom in einer großangelegten Rede die Verbindungslinien von der hl. Messe zur Mission. Bischof Dr. Seidl sprach den Wunsch aus: „Dieser Kongreß möge eine Weihegabe sein, die die östereichischen akademischen Missionsorganisationen und mit ihnen 21 andere Nationen dem Heiligen Vater zu seinem Jnbelfeste darbringen." Möge der viel geäußerte Wunsch sich erfüllen, daß die Kongceßreven (auch jene der Sonderversammlungen) im Druck erscheinen und daß bei der nächsten Tagung noch mehr Vertreter der Mtssionsläuder selbst zu Worte kommen. Die schönste Frucht des Kongresses bleibt aber das gesteigerte Missionsinteresse' in der akademischen Laienwelt! P. Heinrich Wohnhaas, P. 8. C. Am Grabe der hl. Theresia vom Kinde "Jesu, der patronin der Tieidenmiffionen. Von Hochw. P. 81. SB tlfltng, P. S. C. Auf der 27. österreichischen Sodalenwallfahrt im Mai dieses Jahres hat der hochgeschätzte Pilgerführer R. Zeilberger die Reiseroute noch erweitert und so den Lourdespilgern Gelegenheit geboten, auch Lisieux, die Ruhe- und Gnaden-stätte der lieben Kleinen hl. Theresia, zu besuchen. Die Pilger — an die 360 — sind mit einer ganz eigenartigen Sehnsucht, mit großen Erwartungen nach Lisieux gekommen, und als geistlicher Leiter kann ich es bezeugen, daß die Erwartungen von der Wirklichkeit noch weit übertreffen wurden. Ein ganz eigener Geist umweht die Gnadenstätten von Lisieux, ein Gnadenhauch der Kindlichkeit und Liebe geht von ihnen aus; er teilt sich den frommen Betern mit und macht ihnen dort die Gnadenstunden so lieb und den Abschied so schwer. Wir erfreuten uns auch einer wunderbaren Heilung (Beamtin Klecl aus Br.), deren Fortdauer der ungläubige Hausarzt nach wiederholter Kontrolle bestätigen mußte. Nicht wenig freute es mich, mit der Oberin des Klosters, Sr. Agnes, einer leiblichen Schwester der heiligen Theresia, sprechen und ihr unser Anliegen anempfehlen zu können. Sie hingegen äußerte den Wunsch, unser Pilgerzug möchte auch einmal dem Heiligtume eine Fahne widmen. Die Pilger nahmen den Wunsch mit Begeisterung entgegen, und so hatte ich schon bei der 28. Pilgerfahrt im verflossenen August die große Freude, eine Fahne von Graz aus mitbringen zu können. Es ist der 8. August. Unter jubelnden Gesäugen begleiten wir die Fahne in das Heiligtum. Ich gebe ihr die kirchliche Weihe und widme sie der lieben Heiligen als ein Banner, um das wir uns und alle kommenden Pilgerzüge scharen wollen; es soll nicht bloß ein Zeichen unserer Dankbarkeit und Liebe sein, sondern vor allem ein Wahrzeichen, dem wir im Geiste der Heiligen folgen wollen. Der Geist der Kleinen hl. Theresia! Gerade in diesem Geiste liegt das Geheimnis ihrer Heiligkeit und ihrer Sendung für unsere Zeit. Daß eine unscheinbare Klosterschwester, die sich als unbekanntes Mädchen von 15 Jahren hinter den strengsten Klostermauern für immer vor der Welt verbirgt, die im Alter von 24Jahren von der Erde scheidet, ohne ein einziges Werk verrichtet zu haben, das vor der „Welt" erwähnenswert wäre, daß diese von Gott so außergewöhnlich verherrlicht wird, daß sie in allen Ländern und Weltteilen Wunder und Gnaden wie Himmelsrosen auf die Erde regnen läßt, in wenigen Jahren — noch bei Lebzeiten ihrer Geschwister — heiliggesprochen wird und sich die Liebe von Millionen von Verehrern im Sturme erobert, ist zweifellos ein Geheimnis der Vorsehung Gottes. Das ist ihre Sendung! Gott hat dieses bescheidene Werkzeug auserwählt, um den Blick der Menschen wieder zum Himmel zu lenken, um in diesen Zeiten des Materialismus, voll von Erdenstreben, Erdensorgeu und Erden-jammer wieder kindliches Vertrauen zum lieben Vater im Himmel in die gequälten Herzen zu bringen. In ihrem Geiste, in ihrer Gesinnung liegt auch das Geheimnis ihrer Heiligkeit. Klein-Theresia fühlte sich stets als das geliebte Kind des liebevollen Vaters im Himmel; sie war durchdrungen von der Überzeugung, daß der liebe Gott beständig an sie denke, aus sie schaue und für sie sorge. Sie war überzeugt, daß der Heiland an ihr seine Freude habe, daß er Freude habe an ihrem reinen Herzen, an ihrem guten Willen und an all den täglichen kleinen Werken und Opfern, die sie ihm in kindlicher Liebe beständig aufopferte. Diese Über- Zeugung wirkte in ihr fortwährend wie die Triebfeder eines Uhrwerkes. Dieser Gedanke begleitete sie vom Aufwachen am Morgen bis zum Einschlafen am Abend bei allem, was sie tat, und drängte sie, alles recht gut und freudigen Herzens zu tu», eben um dem Heiland Freude zu machen. Heilandes Hand die harten Dornen entgegen und kindlich liebend schenkte sie ihm die Rosen, die gar bald an diesen Leidensdoruen erblühten. So konnte sie auch das herrliche Geständnis machen: „Ich habe dem Heiland nie etwas anderes gegeben als Liebe." W c Die hl. Theresia vom Kinde Jesu. einer Photographie vom 7. Juni 1897, vier Monate vor dem Tod der Heiligen.) Vor allem aber war es das Unangenehme und Bittere,sKreuz und Leiden, das sie mit besonderer Liebe entgegennahm, weil sie wußte, dadurch dem gekreuzigten Heiland auch eine besondere Freude zu machen. Der Heiland hingegen willfahrte ihrem Herzenswunsch und schickte ihr körperliche und vor allem seelische Leiden in reicher Fülle. Dankbar nahm Theresia aus des Die rückhaltlose Heilandsliebe der hl. Theresia ergoß sich mit natürlicher Notwendigkeit auch auf die Mitmenschen. Einerseits war sie lebhaft von dem Bewußtsein erfüllt, daß alle wirkliche Brüder und Schwestern ihres Heilandes seien und daß sie in denselben, namentlich in den Armen und Leidenden, den Heiland selber liebe und bediene. Andererseits hielt sie es für den größten Liebesdienst gegen den Heiland, wenn sie ihm die Liebe der Menschen gewänne und unsterbliche Seelen zuführte. Was die hl. Theresia selber in heroischem Maße übte, lehrte und empfahl sie stets ihren Mitschwestern und Novizinnen. Sie erblickte ihre und ihrer Mitschwestern Lebensaufgabe hinter den strengen Mauern des Karmel darin, durch ununterbrochenes Gebet, durch Opfer und Leiden den Priestern und Missionären die Gnade zu erwirken, Seelen zu retten. „Ich bin in den Karmel eingetreten," erklärte sie, „um Seelen zu retten und für die Priester zu beten." Wie hervorragend der apostolische Geist dieser kindlich kleinen und doch so großen Seele war, zeigen uns die ausführlichsten Abhandlungen nicht so überzeugend wie die eine Tatsache, daß die heilige Kirche sie zur Patronin der Heidenmissionen ernannt, sie an die Seite der großen Missionsapostel Petrus Claver und Franz Xaver gestellt und neuerdings angeordnet hat, daß ihr Fest in allen Missionsstationen der Welt ebenso feierlich begangen werde wie das der obengenannten Heiligen. Wenn heute Millionen von Katholiken in kindlicher Verehrung, ja mit Begeisterung zu diesem lieblichen Vorbilde aufschauen, so haben die Glaubensboten und alle Missionsfreunde ganz besonders Grund und Recht dazu. Durch die Ernennung der hl. Theresia zur Missionspatronin hat die Kirche gleichsam den Geist der „Maria-Trost", am 6. August 1929. Wie Ihnen aus eigener Erfahrung wohl bekannt ist, fehlt es uns hier nicht an Unglücksfällen beim Reiten und Fahren. Der größte davon ereignete sich letzte Woche am Donnerstag. Msgr. Mohn und P. Riegler fuhren mit hl. Theresia zum Missionsgeist gestempelt! Und in der Tat kann es kein anderer Geist sein, als diese opferfreudige Liebe und Hingabe an Christus den König, die Hochschätzung der unsterblichen Seelen und das selbstlose Opfer seiner selbst, um dem Heiland diese Seelen zu gewinnen. Nur dieser Geist der Liebe wird dem Missionär bei allen Entbehrungen seines opferreichen Lebens die nötige Kraft bieten, er allein wird Gottes Segen befruchtend auf sein Wirken herabziehen. Ebenso wird sich dieser Klein-Theresien-Geist bei den Missionsfreunden in Europa wohltätig auswirken: ihr Blick wird sich erweitern und vertiefen; sie werden das Elend der Heideu-seelen ganz anders erfassen und viel lauter das Flehen des Gekreuzigten vernehmen, der nach Seelen dürstet. Ihr Missionsalmosen, ihr Mitwirken durch Missionsvereine und -schristen wird nicht mehr auf bloßen Zufälligkeiten beruhen, sondern begründet und gefestigt sein in der aufrichtigen Liebe zum Heiland und den Seelen. Über dem herrlichen Grabdenkmal der Heiligen in Lisieux stehen die Worte ihres einstigen Versprechens: „Ich will meinen Himmel damit zubringen, der Erde Gutes zu tun." Blicken wir voll Vertrauen auf zu dieser lieben, hilfsbereiten Patronin, die schon Unzähligen vom Himmel aus Rosen gestreut hat. Vor allem aberbitten wir um das eine, um das wir am Grabe gar herzlich gebetet haben, um opferfreudige Liebe. dem Auto zur Pence-Mine (gut 80 Meilen von Lydenburg), um die schwarzen katholischen Arbeiter zu besuchen, da sie oft darum gebeten hatten. Auf der Rückfahrt (4 Meilen von der Schule inNooitgedacht entfernt), an derschmalsten Stelle der ganzen Strecke, kam das Auto bei Auto=Unfall des Apostolischen präfekten Ndsgr. ?Dohn, F. S. C. Brief des Hochw. P. Anton Schöpf, P. S. C„ an den Hochwdgst. Pater General-Superior. einer sehr scharfen Kurve über den Straßenrand hinaus, und im nächsten Augenblick flog es über den grausigen, steilen Abhang hinunter, wenigstens 250 Fuß tief. Ungefähr in der Mitte des Abhanges wurde P. Riegler links hinausgeschleudert und fast ganz unten, wo der Karren vollständig zertrümmert liegen blieb, wurde Monsignore ebenfalls links hinausgeworfen. Er erlitt einen Bruch des linken Unterarmes, einen sogenannten stumpfen Bruch (der Knochen gerade ab ohne Splitter). An der Stirne klaffte eine etwa 5 cm lange Wunde, doch ohne Knochenverletzung. An der untersten Rippe rechts verspürte er auch große Schmerzen; jedoch konnte bis jetzt nicht festgestellt werden, ob die Rippe gebrochen sei oder nicht. Das ganze linke Bein ist arg geschwollen und verstaucht. Kleinere Wunden und Schürfungen gibt es bei einem solchen Unglück in großer Menge. P. Riegler kam mit einer tiefen, großen Wunde in der linken Wade und vielen anderen kleineren Verletzungen davon. Wie er merkte, daß es in die schaurige Tiefe ging, verlor er augenblicklich das Bewußtsein. Nach der „glücklichen" Landung kam er sofort wieder zu sich. Sobald er merkte, daß Monsignore auch hinausgeflogen war, rief er hinunter: „Monsignore, leben Sie noch?" Sogleich bekam er Antwort, denn Msgr. Mohn hatte keinen Augenblick das Bewußtsein verloren. Mit unsäglicher Mühe arbeitete er sich bis zu P. Riegler hinauf, und wie er sah, daß dieser nicht mehr gehen konnte, kroch er hinauf zur Straße und schleppte sich mit dem Aufgebot der letzten Kraft bis zur Schule nach Nooitgedacht, von wo Boten in Der Zug ging gegen einen der kriegerischen Stämme, der sich in einem stark gebirgigen Dorf in der Nähe des Sanaga verschanzt halte, Soldaten und Soldatenboten gefangennahm und der Weißen spottete. Anfänglich die Stadt gesandt wurden. Um 1ji9 Uhr kam ein Lydenbnrger-Auto von der Penee-Mine-Seite her, das P. Riegler auflud und dann mit Monsignore auf die Farm herbrachte, da sie nicht ins Spital wollten. Um 1/210 Uhr weckte mich Monsignore auf, sagte, ich solle nicht erschrecken, sie hätten einen Auto-Unfall gehabt, wären aber wie durch ein Wunder mit dem Leben davongekommen. Rasch stand ich auf, und wie ich Monsignore sah, war ich für einen Augenblick wie gebannt: noch nie sah ich so zerfetzte Kleider, wie sie an ihm herunterhingen. Dazu das Gesicht ganz mit Blut bedeckt, Hände und Kleider voll Blut. Schnell wurden die Schwestern geweckt, und diese wuschen und verbanden gleich P. Riegler, den man ins Bett tragen mußte. Bis dann Msgr. Mohn von Schmutz und Blut gereinigt und verbunden war, war es 1 Uhr früh geworden. Da der gebrochene Arm wegen der hohen Geschwulst nicht in Gipsverband gelegt werden konnte, wurde am Freitag Vormittag von Dr. Mening ein Notverband angelegt. Auf Anraten desselben Arztes wurde Monsignore gestern zur Einrichtung des gebrochenen Armes nach Johannesburg überführt, wo auch eine genaue Untersuchung des ganzen Körpers wegen eventueller sonstiger Verletzungen stattfinden soll. Monsignore liegt nun im Kensington-Sana-torium. Die Katholiken Lydenburgs nehmen am Befinden ihres Apostolischen Präfekten warmen Anteil. P. Riegler blieb hier in „Maria-Trost". Seine Wunde heilt gut und wir hoffen, daß er in etwa 14 Tagen wieder auf den Beinen sein wird. hatte die Abteilung mit nicht geringen Schwierigkeiten zu kämpfen. Es war gerade Regenzeit, die Bäche und Flüsse waren über die Ufer getreten, die Hängebrücken waren zerstört und die Lebensmittelbeschaffung war nicht leicht. £)er F\duptImgs[of)n von Sandern. Der Roman eines Schwarzen von P. Johannes Emonts, S. C. J. (Fortsetzung.) Die Eingeborenen lagen in den Büschen am Wege versteckt und schossen mit vergifteten Pfeilen auf die anrückenden Soloaten. Je näher es auf den befestigten Platz anging, desto unwirtlicher war das Gebirgsgelände. Die kriegerischen @m geborenen hatten sich in einer kleinen Festung verschanzt, die, wenn sie in kluger, umsichtiger Weise verteidigt worden wäre, den Anstürmenden sehr große Schwierigkeit gemacht hätte. Hauptmann von Schnellenbnrg rüstete sich zum Angriff. An der nördlichen Seite der Befestigung sollte ein Scheinangriff mit vielem Gewehrfeuer erfolgen und die Besatzungsmannschaft und die Begeisterung der wilden Soldaten, die nichts lieber hatten als Krieg und Raub, Plünderung und wilde Abenteuer. Auch Dlchem-bana, der so mutige und tollkühne Häuptlingssohn, fühlte feine frühere Abenteuerlust zurückkehren, er würde gewiß ein tapferer Soldat sein und seinen Mann stellen, doch wollte er ein Christ werden und als christlicher Soldat Taten der Tapferkeit verrichten. Regelmäßig besuchte er den christlichen Unterricht und den Gottesdienst. In den freien Stunden hatte er sogar angefangen, den Jaundekatechismus zu enträtseln. Zwar machten ihm die fremdartigen Basuto-Neger. Das Bild zeigt die Kleidung der Basuto, eine Decke, die ihnen auch als Schlafdecke dient. Unter der Decke tragen sie meist noch ein Lendentuch oder auch europäische Kleidung. Die Hütten der Basuta sind innen und außen meist geschmackvoll bemalt. Von der eigentlichen Angriffsstelle abziehen. Es gelang den Soldaten durch diese List in die Festung einzudringen und mit ihren überlegenen Feuerwaffen nach kurzem, aber hartnäckigem Kampf den Feind zu bezwingen. Der Häuptling wurde gefangengenommen und mit mehieren Siglen ten nach Jaunde gebracht. Dschembana halte hervorragenden Anteil an der Gefangennahme des Häuptlings und erhielt zusammen mit denen, die sich ausgezeichnet hatten, die gebührende Belohnung durch den Anführer der Truppe. Die soldatische Ausbildung erhielt eines Tages einen neuen Ansporn. Bei den Soldaten herrschte eitel Freude, als die Kunde sich verbreitete, daß für das nächste Jahr große Unter« werfnngszüge gegen die Fullah im Norden Kameruns geplant würden. Das hob den Mut Buchstaben nicht geringe Schwierigkeiten, aber allmählich drang er doch in die Geheimnisse des Buches ein. Wenn die anderen Soldaten tanzten und ihrem wilden Übermut freien Lauf ließen, saß er irgendwo allein oder mit Anjina, seinem Freunde, hinter seinem Buche, buchstabierte und silbierte, setzte die Silben zu Wörtern zusammen, und endlich gelang es ihm, den kleinen Jaundekatechismus zu lesen und zu verstehen. Er war glücklich wie ein Kind, denn nun konnte er die christliche Lehre studieren. Auch wenn niemand bei ihm war, ja sogar wenn er weit weg von der Mission sein mußte, würde es ihm möglich sein, die Lehre Gottes, die in leichten Fragen und kurzen Antworten zusammengefaßt war, bei sich zu haben und daraus zu lernen. Die Soldaten verspotteten ihn und fragten, wann er denn die Gebetsschnur bekomme, damit er ihnen vorbete. Man nannte ihn einen Betbruder, der eher zu den alten Weibern Passe als in ein Soldatenlager. Aber er bezwang seinen aufsteigenden Zorn und gab oft derart treffende Antworten, daß er manchen Spötter zum Schweigen brachte. Meistens aber sagte er kein Wort, sondern tat, als höre er die beißenden Spottreden nicht. Niemand lernte so fleißig wie er. P. Woltring, der den Unterricht der Soldaten übernommen hatte, gewann den Bandari-burschen immer lieber. 17. Kapitel. Auf Kriegspfaden. (Kurzer Inhalt.) Monat um Monat ging dahin, Dschembana kannte die Lehre Gottes wie keiner seiner Kameraden, aber getauft war er noch nicht, denn die Zeit seiner Vorbereitung war noch nicht zu Ende. Da trat aber ein Ereignis ein, das die Zeit des Wartens für ihn abkürzen und sein Verlangen nach dem heiligen Wasser stillen sollte. Im April 1901 war Hauptmann Dominik vom deutschen Kolonialamt zum Führer einer Forschungsfahrt nach dem oberen Venus ernannt worden. Im Herbst desselben Jahres traf er mit 600 Trägern in Jaunde ein, freudig begrüßt von Häuptling und Volk. In größter Eile wurden die letzten Vorbereitungen für die gefahrvolle Expedition getroffen. Hauptmann Dominik suchte selbst jene Soldaten für die Teilnahme an dem Zuge aus, die ihm am besten gefielen. Unter ihnen war auch Dschembana, denn er galt als einer der tüchtigsten Soldaten. Aber so sehr das Vertrauen seines Hauptmannes ihn auch ehrte und freute, die getroffene Verfügung stimmte ihn traurig, denn er glaubte, daß die so heiß ersehnte Taufe dadurch in weite Ferne gerückt sei. Dem P. Woltring eröffnete er seinen Kummer, und dieser konnte ihn in wirksamer Weise trösten, denn er stellte ihm in sichere Aussicht, daß er noch vor Abgang der Expedition das Gotteswasser erhalten werde. Ta war alle Trauer verflogen, und freudig sah Dschembana dem Tage entgegen, der ihn zu einem Kinde Gotlls machen sollte. Und dieser glücklichste Tag seines Lebens kam bald, schon am nächsten Sonntag wurde er durch die heilige Taufe in die Zahl der Christen ausgenommen. Dschembana ward aus vollster Überzeugung Christ. Einige Tage später brach die große Karawane auf, Norden zu. Ohne besondere Unglücksfälle, aber nicht ohne Schwierigkeiten, und Strapazen erreichte man die Grenze des mohammedanischen Gebietes Adamaua, in welchem die Fullah, ein semitisches Hirtenvolk, die Herrschaft an sich gerissen hatten. Vom Senegal bis Gambia und weiter bis an den Logone im Osten reichte ihr Einfluß und ihre Macht. Die Aufgabe des Hauptmanns Dominik war es, in diesen nordöstlichen Teilen des Fullahbereiches sich mit den fanatischen Herrschern, Emirs und Lamidos ins Einver- nehmen zu setzen, dem friedlichen Handelsverkehr die Wege zu bereiten und den ewigen Kriegen und Befehdungen ein Ende zu machen. So näherte man sich der ersten Fullahstadt Banjo. In breiten Blassen standen die Männer, alle bewaffnet, die Straßen entlang, durch die die Karawane einzog. Hinter den Hecken und Zäunen sah man Bewaffnete, die Pfeile schußbereit auf der Sehne, die vollen Köcher an der Seite, die Schwerter gelockert. Sie standen da in voller Kriegsbereitschaft, eine riesige Übermacht. Hauptmann Dominik ritt an der Spitze seiner Leute stolz und mutig, furchtlos und sicher in die Stadt ein, als wäre er in friedlichem Lande. Hinter den Aufmarschsoldaten mit schußbereitem Gewehr und aufgepflanztem Seitengewehr folgten Mann an Mann in unendlich langem Zug etwa 400 Träger. Die Mitte bildete eine weitere Abteilung Soldaten unter Führung der beiden Unterossiziere, während Oberleutnant von Bülow mit seinem Zuge den zweiten Teil der langen Trägerreihe als Nachhut deckte. Kein Willkommengruß war zu hören; dagegen sprachen die haßerfüllten Blicke und die kriegerischen Gebärden laut genug von der großen Gefahr eines Angriffes. Es bedurfte nur eines Zeichens, und den Einziehenden wäre es kaum möglich gewesen, sich zu retten. — Und dennoch, es blieb alles ruhig. Sultan Omaru wagte nicht, das Zeichen zum allgemeinen Angriff zu geben, wahrscheinlich, weil er bereits genugsam von den bedeutenden Kriegstaten des großen Weißen gehört hatte. Von Banjo aus ging der Zug der Soldaten und Träger weiter hinein ins Adamaualand. Über Laro und Djatau führte der Weg nach Tschamba und Garua au den SBeiiue, den man erst nach mehr denn zweimonatiger Reise erreichte. Es ist unmöglich, die Strapazen, Reiseunglücke, Zwischenfälle, die Widersetzlichkeiten der Lamidos und die sich daraus entspinnenden Kämpfe zu schildern. Träger erkrankten oder brachen erschöpft zusammen. Die Umgebung war feindliches Land. Die Bewohner waren zumeist feindselige, fanatische, kampfgeübte, mit der Gegend und ihren Hinterhalten vertraute Krieger. Die Beschaffung der Nahrungsmittel machte bisweilen ungeheure Schwierigkeiten. Dazu war die Hitze oft unerträglich. Und doch erreichte Hauptmann Dominik das erste vorläufige Ziel seines Forschungszuges: Garua. Die Soldaten erhielten hier die zur Herstellung ihrer Kräfte nötige Ruhe und Erholung. Nun war man in Garua, das als Stiitz-und Ausgangspunkt für die eigentlichen Unternehmungen im nördlichen Teil der Kolonie gedacht war. Ein starkes, widerstandsfähiges Lager tourbe in der Nähe des Benutzflusses angelegt. Soldaten und Träger wurden zu den Arbeiten herangezogen. Dann begannen allmählich die Kämpfe Der mohammedanischen Fullah gegen den Hauptmann Dominik und seine kleine Macht. — Zubern, der Emir von Aola in Englisch-Nigerien, war aus seiner Hauptstadt vertrieben worden und auf deutsches Gebiet übergetreten. Sein Bestreben ging dahin, mit den Lamidos von Bubaujidda und Marna sowie den anderen reichsunmittelbaren Fullahmachthabern ein Heer aufzustellen und damit im deutschen Teile Ada-mauas seine Herrschaft zu befestigen und auszubauen. Die Gefechte begannen bald. Die Jaros und Lamidos erwiesen sich größtenteils als die Verbündeten Zuberus. Unter beständigen Kämpfen mußte Hauptmann Dominik sich den Durchgang erzwingen und die plötzlichen Angriffe der feindlichen Fullani abschlagen. Es galt nun, gegen Marna zu marschieren und dort einen Hauptschlag gegen Zubern zu fuhren. Solange man ihn, den mohammedanischen Fanatiker, nicht ergriffen hatte, würde man keine Ruhe haben. In der Nähe von Marua kam es zum Kampf. Große Heerhaufen mit wehenden Fahnen sprengten unter lautem Kriegsgeschrei der kleinen Truppe entgegen. Je näher sie kamen, desto lauter und wilder wurde ihrKriegsruf: „ Allah il Allah!" Wie ein Gewittersturm stürmten die Fnllah heran, fanden aber entschlossenen Widerstand an der kleinen Schar des deutschen Hauptmanns. Diese hielt eine kleine Erdfalte besetzt und war durch deren Böschung gut gedeckt. Ihre ruhigen und wohlgezielten Schüsse rissen große Lücken in die Anstürmenden, doch immer aufs neue wurden diese wieder ausgefüllt, bis die fanatischen Reiter in die Geschoßgarben des deutschen Maschinengewehrfeuers gerieten und nun furchtbar niedergemäht wurden. Einigen wenigen gelang es, sich an die Soldaten heranzuarbeiten — sie wurden im Nahkampf überwältigt. Die letzten Reserven schickte sodann der feindliche Emir in den Kampf. Vor dem Wall von toten und verwundeten Rossen und Reitern sprangen sie von den Pferden und versuchten, im wilden Anlauf die Stellung der deutschen Truppen zu stürmen. Auch ihr Angriff brach im Feuer zusammen. Verwirrung packte die Stürmer, und bald lösten sich ihre ohnehin schwer gelichteten Reihen in wilder Flucht. Sofort begann die Verfolgung: Marua war erobert, ehe der Feind auch nur daran dachte, die Fliehenden zu sammeln und einen neuen Angriff zu wagen. Aber mit der Einnahme Maruas war der Krieg noch nicht beendet. Das ganze Jahr hindurch fanden stets neue Kämpfe statt. Zuberu war entkommen, und mancher große Lamido mußte erst mit Gewalt zum Frieden gezwungen werden. Hin und her, auf und ab zog der Hauptmann Dominik mit seiner kleinen Truppe, vor der man immer größeren Respekt bekam. Nach Mara, Nadagoli, nach Dikoa, nach Kusseri und bis an den Tsad-see wurde aufgeklärt und das Land von Banjo bis znm Tsadsee, vom Benutz- bis zum Logonesluß der deutschen Herrschaft unterworfen und dem friedlichen Handelsverkehr erschlossen. Das Ziel der Forschungsfahrt war endlich erreicht, der Krieas-zug war zu Ende und Hauptmann Dominik hatte das frohe Bewußtsein, in kurzer Zeit unter unsäglichen Strapazen und dazu mit ganz unzureichenden Mitteln ein Werk vollbracht zu haben, das die Ko'onie im Norden abrundete und sicherte. Aus der Heimat kam Ablösung, und Hauptmann Dominik kehrte über den Benutz in die Heimat zurück. Dschembana hatte sich sowohl bei den dauernden Kämpfen als bei der langandauernden Verfolgung und Vertreibung Zuberus die Anerkennung des Hauptmannes verdient. Mehr als einmal war ihm wegen seines Mutes, seiner Ausdauer und seiner Zuverlässigkeit ein hohes, öffentliches Lob seines Vorgesetzten zuteil geworden- Er hatte gezeigt, daß er ein tüchtiger Solaat war, aber bei allem war er auch ein guter Christ geblieben. Beinahe ein ganzes Jahr verblieb er noch in Garaa, machte noch eine ganze R,ihe von kleineren und größeren Streifzügen mit, wurde mehrmals verwundet und fiel einmal in die Hände der Fullah, denen er jedoch durch eine kluge List entkam. DerStations-beamke von Garua übergab ihm oft wichtige Aufträge, zu denen nicht nur Mut und Entschlossenheit, sondern vor allem Klugheit und Gewandtheit erforderlich waren. Eines Tages hieß es, daß ein Teil der Besatzung mit einem weißen Offizier zu einem Unterwerfangszug ausgesandt würde. Schon am folgenden Tage wurden vierzig Soldaten für diesen neuen Kriegszug bestimmt. Neunzig Träger wurden angeworben, und als alles vorbereitet war, ging's in südlicher Richtung los, ohne daß die Mannschaften recht wußten, wohin. Nach großen Ent- behrungen und Strapazen langte der Zug in der fruchtbaren, von großen Gebirgen eingeschlossenen Ebene von Biamba an. An Nahrungsmitteln war kein Mangel. Häuptling und Volk waren freundlich und entgegenkommend, und so gestattete der Weiße seinen ermüdeten Soldaten eine mehrtägige Rast. Am dritten Tage ereignete sich ein eigenartiger Zwischenfall. Der Weiße hatte, um den Leuten seiner Karawane Weisung, die Vermißten zu suchen. Er selber begab sich mit den Soldaten ebenfalls auf die Suche. In allen Gehöften und Hutten des Ortes und der Umgebung wurde nachgeforscht. Der erste Tag ging dahin, ohne auch nur die Spur der beiden Vermißten zu sinden. Der Osstzier vermutete, daß die Eingeborenen des Dorfes vielleicht, auf Veranlassung des Häuptlings oder der Bigleute sich der beiden bemäch- Tembu-Mädchen, spielend das „Setolotola". (Ein kleines Musikinstrument für Tanz und Marsch.! Fleisch zu verschaffen und dem Häuptling nicht die letzten Ziegen und Hühner abverlangen zu müssen, die Soldaten auf die Jagd geschickt. Antilopen und Affen sollten sich zahlreich sowohl in der Ebene, als im Gebirge aushalten. Mit einbrechender Dunkelheit sollten alle Soldaten heimkehren. Gomo Bana, ein Monrovia-mann, und Johanni Dschembana waren aber zur festgesetzten Zeit nicht zur Stelle und alle Nachforschungen waren vergebens. Am anderen Morgen ließ der Weiße den Häuptling und alle Bigleute zu sich rufen und gab strenge An- tigt hätten, um sich in den Besitz der Gewehre zu setzen.. Die Befürchtung wurde jedoch noch am selben Tage zerstreut, denn zwei Soldaten fanden am Eingang des Gebirgswaldes nicht weit von dem kleinen Pfad die gänzlich verstümmelte Leiche des kaum noch erkennbaren Monroviamannes. Ein Buschmesser, wie die Wilden der Gegend es tragen, die beiden Gewehre und das rote Soldatenmützchen Djchem-banas lagen in der Nähe der Leiche, die, daran war nicht zu zweifeln, von einem Leoparden gräßlich zugerichtet war. Von Dschembana je- doch fand man keine Spur. Aber wie war es zu erklären, daß das Gewehr und die Kopfbedeckung Dichembanas auf der Unglücksstelle lagen? Sollte der Leopard ihn vielleicht mitgeschleppt haben? Dann müßte man in der Gegend Blutspnren finden. Aller trotz eifrigen Euchens war nichts zu entdecken. Eines fiel noch auf. Einige Schritte von der Leiche lag ein mit frischen Lianen zusammengebundenes Bund mit trockenem Brennholz, wie die Frauen es im Walde sammeln. Holzsammeln gehört in diesen Gegenden zu den Arbeiten der Frauen. Das auf der Unglücksstelle gefundene B sch-messer gab dem Weißen ebenfalls zu denken. Halte das gefährliche Werkzeug Blutspuren aufgewiesen, dann wäre die Annahme berechtigt gewesen, an einen hinterltstigen Mordversuch von feiten der Biambaleute zu denken. Jedenfalls war die Sache geheimnisvoll und dunkel. Dschembana blieb verschollen und ward nicht mehr gesehen, wie auch trotz aller Nachforschung bei den Dorfangehörigen nicht herauszufinden war, wem denn eigentlich das Buschmesser gehörte und wer das Brennholz zu einem Bündel zusammenfaßte. Der Häuptling war ebenso ratlos wie die Bigmänner, die die Sache nicht besser zu deuten wußten als der Weiße selber. Noch einmal wurden der Wald, das ganze Dorf, die Umgebung abgesucht. Die verschiedensten Leute wurden verhört, man fand keine weiteren Anhaltspunkte, und es blieb dem Weißen keine andere Wahl, als nach zwei weiteren, mit unnützen Untersuchungen zugebrachten Tagen aufzubrechen und weiterzuziehen. Beim Abschied übergab Budangi dem Weißen seinen Katar mit den Worten: „Hier, Weißer, das ist mein kleiner Katnr; den übergebe ich dir, daß er dein Boy sei und dir diene, wie dein anderer Boy Bembo, den ich in diesen Tagen kennengelernt habe. Ich möchte, daß mein Liebling ebenso anstellig und geschickt, ebenso klug und verständig werde wie dieser. Nimm ihn mit und mache einen brauchbaren Menschen daraus, der unserem Stamme später Ehre macht. Ich habe dich in diesen Tagen genügend kennengelernt, um zu wissen, daß du ein guter Mensch bist. Ich sah auch, wie gut du zu deinem kleinen Boy Bembo warst. Ich sprach mit deinen Soldaten, die dich ebenfalls gern haben. Ich übergebe dir meinen Katnr, weil ich weiß, daß du auch gegen ihn sein wirst wie ein Vater, und ich hoffe, daß du ihn mir -dereinst gesund und klug mit deiner Sprache und mit den Sitten der Weißen zurückbringst. Ungern und mit großen Befürchtungen sah ich dich in mein Dorf kommen, ungern sehe ich dich jetzt fortgehen." Der Di fixier wunderte sich nicht wenig über das großmütige Anerbieten des Häuptlings. Katnr ging mit und ward, der Boy des Weißen. Dschembana blieb verschollen. 18. Kapitel. Der Missionär in Biamba. Während an den leicht zugänglichen Küstengebieten Kameruns die eifrigen Glaubensboten schon viele Jahre in fieberhafter Tätigkeit an der Verbreitung des heiligen Glaubens arbeiteten, dauerte es noch recht lange, bis sie ins Innere der ungeheueren Ländergebiete vordringen konnten. Das gebirgige und zerklüftete Land erhielt endlich die ersten Missionäre (Sittarder Herz-Jesu-Priester), die langsam, aber stetig bis in die entferntesten Ortschaften und Stämme vordrangen. P. Klinkenberg, ein tüchtiger und eifriger Priester, den der Missionsobere gern zu Neugrnndungen ausschickte, befand sich soeben auf einer solchen Missionsreise und näherte sich mit seinen vier Trägern und seinem Boy dem großen Dorfe Biamba, das nach dem Plan der Missionäre ein neuer Missionsmittelpunkt werden sollte. Den Boy ließ er eine Strecke Weges vor dem Dorfe zurück und gab ihm die Weisung, erst dann nachzukommen, wenn er Bescheid sende. Wie gewöhnlich beim Einzug eines Weißen in ein Dorf von Schwarzen, die selten oder nie einen Weißen gesehen haben, so stoben auch hier die Frauen und Kinder Laut schreiend auseinander und verbargen sich in den Hütten oder im dichten Busch. Lautes Rufen von Gehöft zu Gehöft gab die Nachricht von der plötzlichen Ankunft eines Fremden weiter, und so erhielt auch der Häuptling die Kunde, noch bevor P. Klinkenberg aus dem großen Dorsplatze anlangte. Der Häuptling trat schon bald ans einer der vielen Schiebetüren hervor und schaute den Ankömmling fragend an. Die Schwarzen, die bei ihm waren, hielten ihre Lanzen fest in der Hand, als gälte es, ihr Stammesoberhaupt zu beschützen. P.Ktinken-berg ließ die Träger bei den Lasten zurück und ging allein ohne Gewehr und sogar mit Zurücklassung seines Reisestockes dem Häuptling entgegen. „Wer bist du, Weißer?" fragte dieser.— „Wie du siehst, 6m ich ein Weißer. Ich komme, den Häuptling von Biamba zu besuchen", sagte P. Klinkenberg in der Biambasprache. Großes Erstaunen malte sich auf den Gesichtern der Schwarzen, die nicht begreifen konnten, daß ein Weißer, der nie im Dorfe gewesen war, ihre Sprache verstand. Auch der Häuptling schaute groß auf; leise flüsterte er seinen Leuten zu: „Der Weiße spricht unsere Sprache!" Dann wandte er sich diesem zu und fragte: „Woher kommst Du, Weißer?" — „Aus Banßo, wo ich ein großes Gehöft habe. Der Häuptling von Banßo ist mein Freund, und ich hoffe, daß auch du mein Freund wirst." — „Was willst Du denn hier in Biamba?" — „Ich bin ein Mijsionär, ein Mann des Gebetes, der von Stamm zu Stamm geht, um den Schwarzen die Lehre des Großen Geistes zu bringen. Ich unterrichte sie auch in der Kunst des Buches und möchte dich und deine Leute alles lehren, was ich vom Großen Geiste weiß, und so denke ich, wirst du mir hier in Biamba ein Gottesgehöft bauen, damit ich euch unterrichten kann." — „Wie? — Ein Gottesgehöft bauen? Da muß ich zuerst mit meinen Bigleuten sprechen. Soll ich sie holen lassen?" — „Ja, Häuptling, laß sie holen, ich habe dir und ihnen eine wichtige Botschaft zu bringen." Der Häuptling sandte seine Bolen aus, alle Bigmänner zusammenzuholen, dann ließ er die Gongs schlagen und auf langen Elfenbeinhöruern fo laut und lärmend blasen, daß man es in weitem Umkreis hören mußte. Die Männer strömten in großer Zahl herbei und nach kaum einer halben Stunde erichienen auch schon die ersten Bigleute. Ehrerbietig grüßten sie den Häuptling und den Weißen und nahmen erwartung-voll Platz. Zuerst iprach man von allerlei alltäglichen Dingen. Häuptling Budangi erkundigte sich dabei vor allem nach dem Inhalt der Kisten, die die Träger des Weißen mitgebracht hatten. Der Missionär öffnete endlich eine und machte ihm einige Geschenke: ein großes Stück Stoff, einen Aluminiumbecher, einen kleinen Dolch mit schönem Griff und einen Spiegel. Budangi dankte dadurch, daß er sogleich einen Boten aussandte, der zwei Hühner holen mußte. Dann platzte der Häuptling mit der Frage heraus: „Weißt du schon, daß bereits einmal ein Weißer hier in Biamba war?" — „Ich habe davon gehört, Häuptling." — „Hast du ihn nicht gesehen. Weißer?" — „Nein. Ich hörte nur, daß er auf seinem Kriegszuge gegen die Mubadji hier durchgekommen ist." — „Es ist schade, daß du ihn nicht kennst. Ich hätte mich gefreut, wenn du mir Nachricht über ihn hättest geben können." — „So! — Gefreut? — Weshalb denn?" — „Ich hatte den Weißen in den Tagen seines Aufenthaltes hier im Orte liebgewonnen. Er war ein guter Mensch, dem ich meinen kleinen Katur mitgab, damit er sein Kochboy sei. Ich hätte gern gesehen, daß Katur so klug und tüchtig geworden wäre wie der andere Boy des Weißen." — „Und dein Sohn ist noch nicht zurückgekehrt?" — „Nein. Ich habe seit jenem Tage nichts mehr von ihm gehört und weiß nicht, ob er noch lebt." — „Und so hättest du gern Nachricht über ihn?" — „Ja. Tag für Tag denke ich an ihn. Er war mein Liebling, und so kannst du dir leicht denken, wie groß meine Freude wäre, wenn du mir Nachricht geben könntest. Wenn ich nur wüßte, daß er noch lebt!" — „Vielleicht kehrt dein Sohn doch noch zu dir zurück. Der Weiße wird gewiß. gut für ihn gesorgt haben." — „Meinst du?" — „Ja, die Boys der Weißen haben es gut. Ich habe ihrer viele gesehen, und ich konnte beobachten, daß es ihnen gut ging." — „Dann bist du auch vielleicht meinem Katur begegnet." — „Das ist möglich. Ich erinnere mich, einmal einen Biambaburschen als Boy eines Weißen gesehen zu haben, aber der Weiße nannte ihn Josefu " — „Wie, Josefu? Ein Biambabursche? Das kann nur mein Katur sein, denn sonst ist niemand aus diesem Dorfe mit einem Weißen fortgesogen. We.ßt du sicher, daß er aus Biamba war?" — „Ja, Häuptling, das weiß ich ganz gewiß." — „Und du hast mit ihm gesprochen?" — „Ja, das auch, ich erinnere mich seiner noch sehr gut. Er hatte wie alle Biambaleute, die ich hier sehe, fünf Punkte auf seinen Wangen, gerade unter den Augen." — „Ja, dann ist er es gewesen. Das war mein Katar. Weißer, du glaubst nicht, welch große Freude mir deine Worte bereiten! — Habt ihr's gehört, Leute? Mein Katur lebt noch! Hier, der Weiße hat ihn gesehen, ja sogar mit ihm gesprochen! — Es ist gut, Weißer," fuhr Budaugi freudig erregt fort, „daß du nach Biamba gekommen bist. Du kannst mir gewiß noch mehr über meinen Sohn sagen. War er gesund und stark?" — „Ja, als ich ihn sah, fehlte ihm nichts, er sah gesund und frisch aus, und nur einen Wunsch hatte er, wieder in seine Heimat zu kommen und seinen Vater wiederzusehen." — „Wetch gute Nachricht du mir bringst, Weißer! Aber erzähle weiter. Weshalb ist er denn dis heute noch nicht heimgekehrt?" — „Wenn er noch nicht heimkehrte, dann liegt das an verschiedenen Umständen. Der Weiße, der ihn von hier mitgenommen, mußte nach Ulopa (Europa) zurück, da er krank wurde. Ein anderer sollte ihn nach Biamba zurückbringen, aber auch der hatte bis jetzt keine Gelegenheit dazu. Soviel ich aber weiß, wird ein anderer Weißer ihn nach Biamba bringen." — „Wann wird -as sein. Weißer?" — „Es wird nicht lange mehr dauern, Häuptling." — „Nicht lange mehr dauern! Du sprichst nur so, Weißer, um mir eine Freude zu machen." — „Nein, du kannst dich darauf verlassen. Ich weiß es ganz gewiß, daß du deinen Sohn bald wiedersehen wirst." „Wenn mein Katur zurückkehrt, Weißer, dann wird hier im Dorfe ein Freudenfest sein, wie wir es lange nicht mehr erlebten. Die Gongs werden geschlagen, mit allen Musikinstrumenten wird gespielt, das ganze Dorf wird tanzen und singen, und der Palmwein wird in Strömen fließen." — „Dann laß nur heute dieses Fest feiern, Häuptling, denn der Weiße bringt dir heute deinen Sohn zurück." — „Wie! Der Weiße kommt heute. So ist er schon auf dem Wege?" — „Ja, er spricht schon mit dir. Ich bin es selber, der dir deinen Katur zurückbringt, gleich wirst du ihn sehen und selber mit ihm sprechen." Der Missionär gab einem Träger einen Wink, daß er den Heißersehnten aus seinem Versteck vor dem Dorfe herbeihole. Der Häuptling war außer sich vor Freude, er ergriff die beiden Hände des Missionärs und drückte und schüttelte sie warm. Worte des Dankes sprudelten über seine Lippen. Er wußte kaum, was er sagen sollte. Dann sprach er zu den Leuten von ieiner Freude, forderte seine Dschindar auf, so schnell als möglich Palmwein und Bananen, Ziegen und Hühner und was sonst an Nahrungsmitteln aufzutreiben iet, herbeizuholen. Alle Gongs und die Musikinstrumente des Ortes mußten eiligst gebracht werden. Boten wurden nach allen Seiten bis in die entferntesten Dörfer ausgesandt. Es war ein Rennen und Laufen, ein Befehlen und Rufen, ein Erzählen und Fragen ohne Ende. Die große Freude erreichte aber erst ihren Höhepunkt, als Katur endlich auf dem Platze erschien und seinen Vater und die Angehörigen des Stammes begrüßte. Er war groß und stark geworden, trug einen hellen Anzug und ein kleines rotes Mützchen. Er war ein so stattlicher und schmucker Bursche geworden, daß Budangi selber ihn fast nicht erkannt hätte. Der Eindruck des Wiedersehens war gewaltig. Niemand dachte daran, den Gong zu schlagen und die sonstigen Instrumente zu spielen. Der Häuptling tagte nur immer wieder: „Mein Katur! Mein Katur! Wie bin ich froh, daß du endlich heimgekehrt bist." Als der Häuptling seinen Sohn endlich losließ, ging die Begrüßung der Bigmänner an, die ihm ebenfalls warm die Hände drückten und die schönsten Begrüßungsworte aussprachen, die sie nur fanden. Dann endlich kamen die anderen Biambaleute an die Reihe. Alle drängten sich an ihn heran. Erst nach geraumer Zeit konnte Katur sich neben den Häuptling setzen und all die Fragen beantworten, die dieser an ihn stellte. Als dann endlich die Neugierde einigermaßen befriedigt war, begann der laute Freudenausbruch, der dann aber auch desto wilder und mächtiger in Erscheinung trat, je länger er zurückgehalten worden war. DaS war ein Grüßen und Erzählen, ein Singen und Spielen, ein Tanzen unv Palmweintrinken ohne Ende. Als die Hauplfreude des Wiedersehens vorüber und das Fest seinen Höhepunkt erreicht hatte, bat Katur seinen Vaier, einige Dankesworte an das versammelte Volk richten zu dürfen. In den tollen Trubel mischten sich nun die schön geschnitzten Elfenbeintrompeten, die Dschindar liefen durch die Volksmassen, winkten mit den Armen und stellten die Ruhe wieder her. Budangi ließ es sich nicht nehmen, selber zuerst zu seinen Leuten zu sprechen. „Ihr Leute von Biamba! Hört! Ich, euer Häuptling, will sprechen!" Er machte eine lange Pause. Dann, nachdem er vier, fünf Schritte gegangen war, begann er so laut, daß es über den ganzen Platz schallte, seine Rede: „Haben wir hier in Biamba jemals ein solches Fest, haben wir jemals einen solch frohen Tag, haben wir jemals ein solches Wiedersehen gefeiert wie heute?" — „Niemals !" riefen begeistert und wie aus einem Munde die zahlreich Versammelten. — „Wahrhaftig, niemals sahen und erlebten wir ein solches Fest. Der Weiße, der hier an meiner Seile sitzt, hat meinen Sohn gesund und stark heimgebracht. Katur war für uns tot, er war verschollen, und nun sehen wir ihn so ganz plötzlich und unerwartet wieder. Das hat uns froh gemacht, das hat uns mit solcher Festfreude erfüllt, daß nicht nur heute, sondern alle Tage, die der Weiße und Katur hier verbringen, Festtage sein sollen. Ihr alle freut euch, ich aber freue mich am meisten, denn er ist mein Sohn. Und wem verdanken toil diesen frohen Tag und dieses unerwartete Glück? Diesem Weißen, der hier sitzt und soeben mit mir die Pfeife der Freundschaft geraucht hat. Ja, der Weiße ist mein Freund. Ich will, daß ihr ihn grüßet wie euren Häuptling, denn ich betrachte ihn als meinen Bruder. Er darf aut meinem Häuptlingsthron sitzen, was sonst niemand darf. Er darf in meinem Gehöft aus- und eingehen, wann es ihm gefällt. Ihr habt ihm zu gehorchen, wie ihr mir gehorcht. Sein Befehl ist mein Befehl. Habt ihr alle gehört, was ich gesagt habe?" Das Volk stieß laute Freudenschreie aus zum Zeichen der Zustimmung. „Und noch etwas, ihr Leute von Biamba ! Der Weiße ist der Mann Gottes, er ist ein großer Arzt, er ist ein weiser Lehrer, der die Kunst und den Zauber des Buches versteht. Er ist mehr, als ich es euch sagen kann, und vor allem ist er ein guter Mensch, der meinem Katur ein guter Vater gewesen ist. Katur weiß besser, wer und was der Weiße ist, und deshalb soll er zu uns sprechen und so befehle ich die größte Ruhe, damit keines seiner Worte verlorengeht. Das ist es, was ich, der große Häuptling von Biamba, zu sagen habe." Alle schauten gespannt auf Katur, der nun sprechen sollte. Dieser begann: „Meine Stammesbrüder! Es ist nun fünf Jahre her, daß ich als kleiner Knabe hier fortzog. Der Weiße, der mich mitnahm, wurde krank und mußte in seine Heimat reisen. Ein anderer Weißer sollte mich sodann nach Biamba zurückbringen, indes war es ihm nicht möglich, und ich kam zu diesem Weißen, den ihr hier vor euch seht. Ich wohnte mehrere Jahre auf seinem Gehöft in Banßo. Wollt ihr wissen, wer und was er ist? Er ist der Mann Gottes und hat einen Auftrag vom Großen Geiste, allen Schwarzen eine neue Lehre zu bringen, alle Kinder der Schwarzen zu unterrichten, allen Menschen das Gotteswasser der Taufe zu geben und sie nach dem Tode an einen Ort zu führen, an dem es kein Leid, aber alle Tage, alle Stunden, alle Monate, alle Jahre ohne Ende so viel Freude gibt und noch mehr, als an irgend einem Festtag der Schwarzen jemals gesehen wird. Wollt ihr wissen, wer der Weiße ist? Er war mir ein guter Vater, der mich liebte und behandelte wie einen Sohn. O, er hat ein gutes Herz. Das werdet ihr alle kennenlernen. Überall nennt man ihn den ,weißen Vater'. Und das ist er. Man nennt ihn auch den ,weißen Gebetsmann'. Wollt ihr wissen, was der Weiße tut? Er lehrt die Kunst des Buches, er unterrichtet die Kinder, er verbindet die Wunden und gibt Medizin allen Kranken, die zu ihm kommen, er hilft in allen Schwierigkeiten, er versöhnt solche, die in Streit leben, er weiß Dinge, die kein Schwarzer weiß, er macht Dinge, die kein Schwarzer fertig bringt, er baut Häuser von Stein, die kein Schwarzer bauen kann. Wollt ihr noch mehr wissen? Dieser Weiße, den ihr seht, ist ein Mann der Freude, der froh ist, wenn alle lachen und lustig sind. Sein Gehöft ist ein Gehöft der Freude und des Friedens. Da gibt es keinen Zank, keinen Streit, und ich war glücklich all die Zeit, die ich dort verlebte. Er ist wahrhaftig ein guter, ein lieber Weißer. Ich lernte seine Sprache und er lernte von mir unsere Biambasprache. Ich kann lesen und schreiben, er hat es mich gelehrt. Ich lernte die Lehre des Großen Geistes und die ist schön, so schön, daß ich hoffe, daß auch ihr sie lernt. Ich wurde ein Kind des Großen Geistes, denn der Weiße gab mir das heilige Gotteswasser. Das ist der Weiße. Nur eines ist schade. Er kann nicht bei uns bleiben, sondern muß nach Banßo zurückkehren. Aber er hat mir gesagt, daß er bereit ist, im nächsten Jahre zu uns zu kommen und bei uns zu wohnen, wenn wir ihm ein Gehöft bauen wie in Banßo. Ich weiß, daß keiner von allen, die hier versammelt sind, etwas dagegen hat. Ja, alle würden sich freuen, einen solch guten Vater bei sich zu haben. Ich bin ganz gewiß, daß im nächsten Jahr hier in Biamba ein Gottesgehöft gebaut wird, das größer und schöner ist als das in Banßo. Und wenn dann der weiße Vater zu uns kommt und bei uns wohnt, dann wird unsere Freude noch größer sein als heute. Ich, euer Stammesbruder Katur, habe gesprochen." Katur hatte seine Sache gut gemacht, denn sogleich brach ein derartiger Freudenorkan los, daß man hätte meinen können, tausend Teufel wären losgelassen. Es war ein wildes Fest, es war ein Jubel und Trubel, Singen und Schreien, ein Rasseln und Flöten ohne Ende. (Fortsetzung folgt.) Eigentümer, Herausgeber und Verlegern Kongregation der Misstonäre Söhne des heiligsten Herzens Jesu. Verantwortlicher Schriftleiter: P. Al. Wilfling, Missionshaus Graz, Paulustorgasse 10. — Unioersttäts-Buchdruckerei „Styria" in Graz.