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(11. 3ahr.) Aolge 128
Monatschrift zur Mr-erung -rs österr. Schulwesens.
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«Frk.ijabrltch. »tnzelnum-«er 60 h (60 Pf, 70 et).* Postsparl. 9!t. 58.218.
Schriftleiter:
Dr. Nndolf peerz.
Geschäftliche- au-schUe^ltch an die ^Verwaltung der Blätter für den AbtellnngS. unterricht in Laibach".
Manuskripte und Bücher an die Schristlettung der Blätter für den TlbtellungSunterricht in MlcS (Böhmen).
Zur Begründung eines Sttdheimreisesonds. ;
Gelegentlich meines Vortrages im Tuschkauer Lehrervereine wurde der Beschluß ge-
die in 5- l2^ angeregte Zdee zur Schaffung eines Südheimreisefonds in ihrer tatsächlichen Durchführung fcstzulegen. Tin Blitglied verwies auf die Notwendigkeit der Einrichtung, nahm den Hut in beide Hände und legte alsbald ein hübsches Sümmchen auf den ^isch des Vorsitzenden. Was nun? Der eifrige Sammler wurde beauftragt, den Betrag in eine Sparkasse zu	hinterlegen und über den Stand	dieses Sondervermögens	von	Fall zu Fall
ju berichten. So	die Tatsache! Was fundiertste,	was nährt sie, was soll	aus	ihr werden?
Wie ich im genannten Leitartikel ausgeführt habe, ist der Südheimgedanke noch keineswegs zu jener Vollkommenheit ausgebaut, daß man ihn als abgetan betrachten und sich nun ohneweiters anderen Projekten zuwenden könnte. Wer in den Listen aus Lovrana nachsieht, wird u. a. finden, daß das Hauptkontingent der Besucher von den Städten ge-stellt wird und im weiteren zumeist aus Lehrkräften höherer Kategorie besteht, lind was wollte ich mit dem Heim ursprünglich? Tinen Rettungshort für aste Kollegen schaffen, denen entweder die Leiden des Studiums oder die Blühen des Wirkens oder sonstige Umstände keil Keim zum Siechtum« ins edle Fleisch gelegt haben. Damit möchte ich die älteren Familienväter, die Amtsbrüder und -schweftern im Staube der Großstadt, und jene, die aus dem aktiven Schuldienste geschieden sind, keineswegs ausschließen; allein cs sollte ein allseitiges Gleichgewicht geschaffen und mit Rücksicht darauf, daß die Zungmannschast nicht ui der Lage ist, die Kosten der kostspieligen Reise zu tragen, dieser der Weg zum Südheime sreigemacht werden. Jene, die meine Arbeit für das Unternehmen' ehren wollten, gründeten unt Rücksicht auf die gekennzeichnete Lage der Dinge einen eigenen Fonds; leider konnte lch selbst zur Stärkung desselben nicht viel beitragen, weil ich endlich einmal auch an mein eigenes Ziel denken mußte. Nun, nachdem dieses erreicht ist, will ich mich der Institution mit erneuter Kraft zu wenden. Fürs erste richte ich an alle Lehrervereine den ein-dringlichen Ruf, gleich dem Tuschkauer Lehrervereine eine Kasse für jene Uljtglieder, die des Lehrerheimes an der Adria bedürfen, aber nicht die nötigen Büttel besitzen, die weite Reise zu unternehmen und an Drt und Stelle sonder Sorge sich ganz und gar der Auf» snschung ihrer gedämpften Lebenskraft zu widmen, zu gründen und in	der	angegebenen
Art ju stärken.	Zwar wächst die Zahl der	Sonderbelange, so sie	ob	ihrer An»
fpi'üchc einen Teil der Blitglieder aus den Versammlungen scheuchen; aber da die
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Wünsche der Lehrerschaft allenthalben reifen und in glücklicher Stimmung eine Krone ab und zu nunmehr schmerzlos entbehrt werden kann, soll neben anderen Zwecken auch des unseren gedacht werden, gilt es doch, unseren Nachwuchs zu schützen und zu kräftigen. 311 das Haus am Klee re sollen nicht allein jene einziehen, die einmal im Rauschen des Wellenschlags lustwandeln wollen oder die sich die Erholung ohne viel Beschwer 511 gönnen in der Lage sind, sondern vor allem die Bedürftigsten: die Lehrer von der Einklassigen her, die Zungrnanne» aus den überfüllten Klassen der Stadtschule, die blassen Fräulein, die schwankenden aufgeschossenen Gestalten aus dem Waldesgrund und all die Armen, denen der Beruf einen Denkzettel gegeben, die aber nicht von der Scholle wandern, weil das Budget die Ausgabe für die weite 5«hrt nicht verträgt. Da auf der einen Seite der Arzt immer dringender mahnt, auf der ändern aber hohen Zahlen nicht die nötigen Werte entsprechen, schließt sich der Südhcinu reisefonds des Lehrervereines auf, um einen Ausgleich zu schaffen: es kommt die Freikarte ins Haus; nun kann der Sieche hinab in den Süden, um das Haus aufzusuchen, in dem schon mehr denn tausend Lehrer und Lehrerinnen Rettung gefunden haben. —
Was die Durchführung unseres Vorschlages im einzelnen anlangt, so ist das Statut sehr einfach: Zeöer Lehrerverein bestimmt nach dem Beispiele des Tuschkauer Lehrerver» eines einen eigenen Südheimreferenten. Zu den meisten Vereinen besteht dieses Amt seit der Zeit, da ich mit der großen Werbearbeit für das Lehrerheim begann. Also braucht die Funktion ^ur belebt und auf das gekennzeichnete Ziel hin eingestellt zu werden. Somit bedeutet der Gedanke keine neue Einrichtung und damit keine Änderung der (Organisation-Der Referent beutet gelegentlich Stimmung und Geist für seinen Zweck aus, verwahrt das Geld in der nächsten Sparkasse und erstattet in der Hauptversammlung Bericht. — Auch hier in den Bl. soll die Südheimreisekasse wieder aufleben: Wir geben Karten aus, ev öffnen die Sammlung von Spenden, verschleißen Marken und werden noch andere Quelle» öffnen, um den Gedanken zu befruchten. Damit das Geldliche hiebei rein bleibe und die „böse Zunge" nicht Anlaß habe, sich zu regen, stellen sich die Bl. in ihrer Gebarung mit Bezug auf den vorliegenden plan unter die Aufsicht jenes Vereines, in dem der Antrag zuerst Boden fand. Auch wird es am besten fein, Spenden nicht an die „Blätter", sonder» unmittelbar an den Südheimreferenten des Tuschkauer Lehrervereines, Herrn Lehrer Franj Hellmer in Trpist bei Mies in Böhme», einzusenden; die Veröffentlichung der Name» erfolgt in den „Bl.". — Wer sodann im eigenen Vereine keinen Reisepfennig findet, melde sich bei unserem Zahlmeister; vielleicht kann dieser helfend beispringen. Wenn all die Blätterleser, die mein Schaffe» seit Zehren mit freundlichem Zutcresse verfolge» : und sich nunmehr, da es mir gelungen ist, den Weg vom Volksfchullchrer zum Doktor, der Pädagogik zurückzulegen, mit mir freuen und der Genugtuung Ausdruck verleihe» | wgllen, nur eine Krone spenden, so können wir beim Anbruch des nächsten Winter* i schon einigen der Hilfsbedürftigen die Fahrkarte dritter Klaffe bis Mattuglic-Abbazia i» die Tasche stecken. Als Anreger eröffne ich die Sammlung mit einer Spende von \00 K1 Mögen alle, die mit mir eines Sinnes sind und mir eine Freude bereiten wollen, siefi i baldigst anschließen! Ein Freundesfeft feiert man durch Wohltuu. —	p.
Der Idealist.
Schilt nicht den Jüngling! Glänzende Sterne sind ihm die Helden
und mit magischer Macht kühlt er des Genius Hauch.
Helden haben auf Helden geblickt und wurden Heroen;
nie wird ein Edelmensch der, der im Moraste gewühlt.	[
•	.	Originalbeitrag	von H. Klotzinger.
.	•	.	.	-	.	'	•	I
Lindenbluh. .
Ich saß am schattigen Bergcshang Wohl unter der blühenden Linde,
Der Abendgiocken ersterbenden Klang Her trugen die wehenden Winde;
Da kühlt' es so milde Wie Mutterhand
Vom Baum herab in das Sommerland:
In die Abendluft
Sank der Lindenblüten wohliger Duft.
Das kühle Wehen umwob mir den Sinn — Hab’ Dank, du blühende Lindei —
Es trug die Gedanken zur Heimat hin Und zeigte die Mutter dem Kinde.
Wie bin ich so gern Ihr Büblein klein
Und schau’ ins dämmernde Land hineinl Wie eine Mär
Aus seliger Jugend klingt’s zu mir her.
Lieb Mutter erzählt von der alten Zeit,
Wie sie als Mägdlein gegangen Zum Wallfahrtsorte so weit, so weit —
Wie die alten Lieder erklangen.
Beim Kirchlein am Berge,
Dort war ihr Ziel,
Dort standen der prächtigen Linden gar viel,
Dort winkte so mild
Im kühlen Schatten das Gnadenbild.
Dort ruhte mittags die Pilgerschar,
Als Beten und Singen verklungen,
Es rauschten die Linden so wunderbar Mit unermüdlichen Zungen.
Da sah die Pilgrin Ins Grün empor
Und lauschte dem säuselnden Blätterchor;
In die Sommerluft
Sank der Lindenblüten wohliger Duft.
Lieb Mutter erzählt von der alten Zeit. —
Hier unter der blühenden Linde Fühlt’ ich der Jugend Glückseligkeit;
Sprach nicht die Mutter zum Kinde?
Es kühlt so milde Wie Mutterhand
Vom Baum herab in das Sommerland,
Es winkt so mild
Aus kühlem Schatten ein Gnadenbild.
Anton Haubner.
Schulhumor.
119.
Unnötig. Der Lehrer hat ein Rechensätzchen durchgenommen und ist eben daran, es einzuüben. Als fünfter, der es wiederholen soll, wird P. gerufen. „Also wieviel ist 4 -{- 3 = ?“
Stille. — „Nun, du weißt es immer noch nicht?“
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„Warum antwortest du denn nicht?“
„„Weil’s eh’ schon oft gmia ist g’sagt wor’n!““
.
Neue Gedanken über den Rechtschreibunterricht.
Von A. Felbinger.
Motto: .Übung macht den Meister.
Wie ich schon in meinem Aufsatze über die Aufgabenverbesserung betont habe, beruht der Rechtschreibunterricht in der Volks- und Bürgerschule hauptsächlich auf der Übung und gedächtnismäßigen Einprägung des Stoffes.
Wenn auch der Lehrplan den Rechtschreibstoff auf alle acht Schuljahre verteilt, so liegt doch der Schwerpunkt dieses Unterrichtszweiges auf der Unter- und auf ' der Mittelstufe und von der Art und Weise, wie auf diesen beiden Stufen der Rechtschreibunterricht betrieben wird, hängt die spätere orthographische Fertigkeit jedes einzelnen ab. Unbestritten ist die Tatsache, daß Kinder, die im fünften Schuljahre noch nicht halbwegs fehlerfrei schreiben können, dies auf der Oberstufe niemals mehr erlernen. Soll daher der Unterricht im Rechtschreiben entsprechende Erfolge zeitigen, so muß er schon in der Elementarklasse einsetzen und streng planmäßig betrieben werden. Schon hier müssen die Kinder am Schlüsse des Schuljahres imstande sein, eine kleine Zahl bestimmter Wörter orthographisch richtig wiederzugeben. Dieser kleine, doch sozusagen „eiserne“ Wortschatz muß von Jahr zu Jahr vermehrt und durch ständige Wiederholung immer fester verankert werden, so daß für die zwei letzten Schuljahre nur mehr die alltäglichen Fremdwörter in Bezug auf die heimischen Gewerbe- und Industriezweige, auf Verkehr und Handel, Staat und Politik übrigbleiben.
Nun in Kürze „meine Methode“ des Rechtschreibunterrichtes!
Ohne langes Herumgerede und weitschweifiges Methodisieren wird der Rechtschreibstoff folgendermaßen dargeboten: Zuerst lese ich die an der Schultafel oder im Lese-, bgzw. Sprachbuche stehenden Sätze (Wörter) lauttreu vor. Hierauf lasse . ich sie einmal nachlesen und bespreche hiebei die vorzuführende Rechtschreibeigentümlichkeit, wobei ich mich aber auf die allernotwendigsten Erklärungen beschränke. Sodann wird das Ganze abgeschrieben und werden die orthographischen Merkmale, z. B. das Dehnungszeichen mit dem voranstehenden langen Selbstlaute, unterstrichen. Nach der sofort vorgenommenen Verbesserung lasse ich die Übung mehreremale lautrichtig lesen.
Auf der Unterstufe sollte der Rechtschreibstoff (selbst bei Abschreibübungen) nur mittels begleitenden Diktierens geübt werden. Erst dann, wenn er zum festen geistigen Besitztume der Kleinen geworden ist, dürfen freie Diktate und Gedächtnisschreibübungen veranstaltet werden. Auf der Mittelstufe kann auch schon selbständiges Abschreiben des Rechtschreibstoffes, wie dies ja in Schulen mit Abteilungsunterricht meist der Fall ist, gepflegt werden. Wo die Rechtschreibeigentümlichkeit durch eine kurze Regel erhärtet werden kann, soll dies nicht verabsäumt werden.
Jede Rechtschreibübung muß sofort durchgesehen werden. In starken Klassen, die es dem Lehrer nicht gestatten, jede Arbeit selbst zu verbessern, kann dafür die Schülerkorrektur eintreten. Doch darf sich der gewissenhafte Lehrer niemals ganz auf dieses Verfahren verlassen, sondern muß durch einzelne Stichproben den Wert der Schülerverbesserungen einigermaßen erhöhen. Auf jeden Fall verdient die Verbesserung durch den Lehrer selbst den Vorzug.	.	.
Zur Befestigung lasse ich die neu gewonnenen Wörter aus bekannten Lesestücken heraussuchen, mittels Ableitung und Zusammensetzung verwandte Formen bilden und diese dann in Sätze kleiden.
Der Rechtschreibstoff wird am besten in kurzen, ungekünstelt zusammengestellten stilistischen Diktaten dargeboten. Hiedurch wird nicht allein der Orthographie, sondern auch dem Stilunterrichte Rechnung getragen. Und dies ist ein Gewinn von unschätzbarem Werte! Wie bekannt, besitzen die meisten unserer Schüler das für den sogenannten Freien Aufsatz notwendige „Sprachgefühl“, das die Vertreter des modernen Stilunterrichtes als etwas „Natürliches“ voraussetzen, ganz und gar nicht und es muß endlich einmal ganz offen herausgesagt werden, daß das Schlagwort vom „natürlichen Sprachgefühl des Kindes“ nichts anderes als pädagogischer Humbug ist, der in der heutigen Schule entsetzliches Unheil anrichtet. Denn das Sprachgefühl
— oder sagen wir besser der Gedankenausdruck — ist nichts Angeborenes, meist auch nichts Anerzogenes, sondern muß den Kindern erst auf recht mühsame Weise nach und nach, so gut es eben geht, beigebracht werden.
Übrigens vertrete ich allen Ernstes die Forderung, daß während der ersten vier Schuljahre kein eigentlicher Stilunterricht, sondern bloß stilistische Rechtsch reib übu ngen betrieben werden sollten. Dies hätte folgende Vorteile: Erstens könnte für den Rechtschreibunterricht bedeutend mehr Zeit gewonnen werden. Zweitens wäre beim Auftreten des eigentlichen Stilunterrichtes, d. i. im fünften Schuljahre, das Sprachgefühlvielbesser entwickelt. Drittens würden Lehrer und Schüler den Stilunterricht mit ganz anderer Freude pflegen als bisher; denn es träten nie jene Schwierigkeiten auf, die gegenwärtig jeden wirklichen Erfolg in Frage stellen und auf beiden Seiten nur das Gefühl der Unlust erzeugen. Der schriftliche Gedankenausdruck setzt außer einer gewissen natürlichen Veranlagung auch einen bedeutenden Grad geistiger Reife voraus. Wenn sich daher einzelne Lehrer mit ihren Leistungen auf dem Gebiete des Freien Aufsatzes brüsten, so können sie damit bloß pädagogische Neulinge fangen. Jeder erfahrene, ehrlich arbeitende Schulmann weiß, daß ihre Lobpreisungen doch nur den Zweck haben, der Welt Sand in die Augen zu streuen.
Die stilistischen Diktate ließen sich durch Umstellung der Wortfolge, durch Anwendung synonymer Ausdrücke, durch Verwandlung von Satzgliedern in Nebensätze und ähnliche Übungen vielfach umformen, wodurch der Pflege des Sprachgefühls mehr gedient würde als durch die ungeordneten, verworrenen, holperigen und vor Fehlern strotzenden Erzeugnisse des Freien Aufsatzes.
Doch nach dieser kleinen Abirrung wieder zum eigentlichen Thema zurück! Ein vorzügliches Buch mit stilistischen Rechtschreibübungen, das mir schon seit vielen Jahren ausgezeichnete Dienste leistet, ist „Paul Th. Hermann, Diktatstoffe zur Einübung und Befestigung der neuen deutschen Rechtschreibung“, erschienen bei Ernst Wunderlich in Leipzig um den Preis von 2 40 Mark. Gleichfalls sehr empfehlenswert ist das vom Manzschen Verlage herausgegebene Buch „Max Schlegl, Diktate in Aufsatzform im Anschluß an Schule und Leben“. Fast ausreichenden Ersatz in Ermangelung eines eigenen Stoffbuches für den Rechtschreibunterricht bieten „Rudolf Löhrls Deutsche Sprachbücher für österreichische Schulen“. Sie sind im k. k. Schulbücherverlage erschienen und weisen sehr schön zusammengestellte Sprach- und Rechtschreibübungen auf. Trotzdem wird aber der Lehrer gezwungen sein, ab und zu selber passende Rechtschreibstoffe zusammenzustellen.
Die drei genannten Unterrichtsbehelfe unterscheiden sich vorteilhaft von so vielen anderen Übungs- und Diktierbüchern, die zur Vorführung von vier bis fünf Wörtern (!) oft seitenlange Diktate benützen. Gegen oft auftretende, geradezu typische Fehler empfiehlt sich die Anwendung sogenannter Fehlertafeln. Hiezu verwende ich oben und unten mit Holzleisten versehenes 1 in2 großes Schieferpapier. Auf dieses schreibe ich die Verbesserungen und lasse diese durch mehrere Wochen auf das Bewußtsein des Kindes einwirken. Die Rechtschreibeigentümlichkeit wird auf irgend eine Weise, besonders auffallend hervorgehoben. Aber immer gelte der Grundsatz: Besser Fehler verhüten als sie immer wieder zurechtrichten!
Um diesem Grundsätze in jeder Beziehung nachkommen zu können, müssen sich die Schüler im Besitze eines Regel- und Wörterverzeichnisses befinden. Die große Bedeutung und unbestreitbare Notwendigkeit dieses Hilfsmittels haben die Verfasser der neuen böhmischen Lehrpläne erkannt und dessen Benützung schon für die Mittelstufe vorgeschrieben; denn bei der Schwierigkeit unserer Orthographie ist es selbst dem Gebildeten nicht möglich, ohne Wörterverzeichnis korrekt zu schreiben. Wenn nun Erwachsene dieses Nachschlagebuches nicht entraten können, wie ist dann solches bei Kindern denkbar! Nur darf man nicht in den Wahn verfallen, daß mit dem Besitze eines Wörterverzeichnisses auch schon das 'Rechtschreibkreuz behoben sei. Keinesfalls I Das Kind weiß mit dem Verzeichnisse gar nichts anzufangen und muß daher erst zum nutzbringenden Gebrauche angeleitet werden. Andernfalls wäre die Verwendung dieses vorzüglichen Hilfsmittels gleichbedeutend mit Zeitvergeudung und vollständiger Abtötung des ursprünglich hiefilr an den Tag gelegten Interesses. Für Volksschüler genügt die im Schulbücherverlage, erschienene 20 Heller-
.
Ausgabe. Doch darf es der Lehrer bei der Einführung in die Benützung des Wörterverzeichnisses nicht bewenden lassen. Er muß bei jeder Gelegenheit auf dessen Nützlichkeit hinvveisen und seine Verwendung jederzeit gestatten. Nur so wird das Wörterverzeichnis den Schülern ein sicherer Führer durch das Wirrsal der deutschen Rechtschreibung werden.
Die Sprachgrenzschule.
5.
Die naturgemäße Methode bei der Behandlung des ersten Deutschunterrichtes an gemischtsprachigen oder nichtdeutschen Volksschulen. Von Paul Marek, Schulleiter in Bonkau-Richuld.
Vorbemerkung: Die zweite, nach Erfordernis auch noch die dritte deutsche Unterrichtsstunde sei einer gründlichen Wiederholung des Stoffes aus der ersten Unterrichtsstunde gewidmet. Statt der Gegenstände in natura habe ich bei der Wiederholung die Schulsachen auf meinem großen Wandbilde Blatt Nr. 1 von den Schülern benennen lassen. Die Zuhilfenahme der Bilder, speziell bei Wiederholungen, leistet im Deutschunterrichte unbezahlbare Dienste. Bei der Wiederholung verfahre der Lehrer in derselben Weise wie bei der Einübung. (Siehe die 1. Lektion!) Der"Lehrer lasse auch das in das Merkbüchlein Geschriebene öfters laut vorlesen.
2. Lektion.
3.) deutsche Unterrichtstunde.)
Vor der Stunde lege der Lehrer folgende Gegenstände auf den Tisch: einen zugespitzten, langen Griffel, einen kurzen, stumpfen Griffel, eine zerschlagene Tafel mit einem nassen Schwamm und einem trockenen Fetzen, an einer Schnur angebunden, einen weichen Radiergummi, eine alte und eine neue Feder, ein Blatt weißes Papier, eine Flasche mit schwarzer Tinte, ein dickes Buch, eine rote Knopffarbe, eine Schultasche und einen Bleistift.
Der Lehrer nimmt den langen zugespitzten Griffel in die Hand, zeigt und berührt das zugespitzte Ende und spricht dabei „spitzig“, zeigt und berührt das stumpfe Ende und spricht dabei „stumpf“.
L.: Wie ist der Griffel? (Zeigt auf das zugespitzte Ende.)
Sch.: Der Griffel ist spitzig. (Das erstemal wird der Lehrer seine Frage vielleicht selbst beantworten müssen.)
L.: Wie ist dieser Griffel? (Zeigt auf das stumpfe Ende.)
Sch.: Dieser Griffel ist stumpf.
Der Lehrer achte auf das Sprechen in ganzen Sätzen. In derselben Weise werden andere Eigenschaften der bekannten Gegenstände veranschaulicht und benannt; die gewonnenen Eigenschaftswörter werden lautiert, ihre Schreibung wird erläutert und nachher vom Lehrer an der Tafel ausgeführt. Die Andersschreibung wird erklärt, der unbekannte deutsche Buchstabe wird noch einmal neben das Wort samt seiner Aussprache angeschrieben. Es werden zusammen immer je zwei solche Eigenschaften veranschaulicht, die einen Gegensatz aus-drücken. So z. B.: An dem abgebrochenen Griffelstückchen wird die Eigenschaft „kurz“ veranschaulicht, an der Schnur „lang“, an der Farbe „rot“, am Federkasten „gelb“, am Papier „weiß“, an der Tinte „schwarz“, an der Flasche „hart“, am Gummi „weich“, am Buche „dick“, am Papier „dünn“, am Riemen „schmal“, am Ilefte „breit“, an der Schultasche „offen“ und „geschlossen“, an den Federn „alt“ und „neu“, an der Tafel „eckig“, am Bleistift „rund“, am Löschblatte „schwach“, am Deckel „fest“, am Griffel „gebrochen“, an der Tafel „zerschlagen“. Der Lehrer erwende bei der Veranschaulichung der Eigenschaften oder Umstandsbestimmungen aut.. Handbewegungen und Gesten, z. B. bei rund, eckig, lang, kurz, dick, dünn, fest, schwach usw. Das an die Tafel Geschriebene wird von einzelnen Schülern und auch im Chore gelesen. Auch lasse der Lehrer die bekannten Eigenschaften an anderen Gegenständen erkennen.
L.: Wie ist das Löschblatt? Wie ist die Farbe? Der Deckel? Der Bleistift?
Sch.: Das Löschblatt ist rot. Der Bleistift ist rot usw.
Selbstverständlich wird der Lehrer bei jeder Frage, die er an die Schiller richtet, immer auf den betreffenden Gegenstand verweisen oder denselben in die Hand nehmen lassen.
Die eingeübten Sätze werden gegen Schluß der Stunde auch an die Tafel geschrieben. Es steht also folgendes an der Tafel:
spitzig	tz = c	stumpf	st — szt	schmal		breit
kurz	z = c	lang		offen		geschlossen
rot		gelb		alt		neu
weiß	ß = s	schwarz		eckig	II O	rund
hart		weich	ei — aj	fest		schwach
dick	II V	dünn	ü — i	gebrochen		zerschlagen
Die Feder ist spitzig. Der Griffel ist stumpf. Der Pinsel ist kurz. Die Schnur ist lang. Die Farbe ist rot. Der Federkasten ist gelb. Das Papier ist weiß. Die Tinte ist schwarz. Das lieft	ist dick. Die Schnalle	ist	hart. Das	Gummi ist weich. Das Blatt ist
dünn. Der Riemen	ist schmal. Das	Buch	ist	breit. Die	Schultasche ist offen. Das Buch
ist geschlossen. Die Feder ist alt.	Der Korkstöpsel ist	neu. Die Tafel ist eckig. Der
Federstiel ist rund.	Der Deckel ist	fest.	Das	Löschblatt	ist schwach. Der Griffel ist ge-
brochen. Die Tafel ist zerschlagen.
Vorstehendes müssen sich die Schüler in der der Deutschen Stunde folgenden Stillbeschäftigung in ihre Merkbüchlein abschreiben.
Die vierte deutsche Unterrichtsstunde sei wieder einer gründlichen Wiederholung gewidmet.	(Wird	fortgesetzt.)
SpracDunrlcDilgltelten der ScbulspracDe.
Ach ßtü, ich sprich, ich nimm . . . statt ich gebe, ich spreche, ich nehme ... Ich muß eingestehen, daß ich diesen Fehler im Unterrichte selbst beging, daher die Folge nach dem Sprichworte: „Wie der Lehrer, so die Schäler", daß die Kinder ohne Unterschied ebenfalls diesen Fehler machten. Nun, wie ist ihm abzuhelfen? Bor allem bemühe man sich, auch bei Zeitwörtern ohne Tonerhöhung (Brechung), wo dieser Fehler nicht so heraustritt, stets die richtige Form für die erste Person zu verwenden. Beispiel: Ich laufe, nicht ich lauf. Für den Lehrer hat dies insofern eine Schwierigkeit, indem er zu den Schülern häufig in der Be-fehlsform spricht. In der Hitze des Wortgefechtes entschlüpft sie ihm nun zuweilen, auch wenn ein „Ich" vorausgesetzt hat.	Wilhelm	^eltingcr,	Volksschullehrer.
Mdligogische Distichen.
Von Ernst Ilrelmut.
13. Zcllilühuilg.
Weil ju keiner Zeit er mit Kleinigkeiten sich abgibt,
Hat der große Geist wirklich zu allem auch Zeit.
14. Vorrecht der Welsen.
Ward ihm nicht, dem Weise», vom Schicksal herrliches Vorrecht?
Ohne geringsten Verlust kann er beschenken die Welt.
15. Hriindsah für guten Stil.
Gut willst schreiben du lernen? So schreibe vor allem nur wahrhaft; Deine Wahrheit sag'; sage sie redlich und blank!
16. Klägliche Stllmlttel.
Wo der Schreiber nur unklar weiß, da nicht er den Wortschwall,
Oder ein Fremdwort muß Helsen aus peinlicher Not.
17. Schlechte Schreibart.
Wer die Sache nicht trifft, doch äußeren Wirkungen nachjagt, Zwiefach fehlt er: er schreibt widernatürlich, gesucht.
	
	
	
	
	
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Moderne ländliche Schulbauten in Deutschland.
Von Otto Winter, Rektor in Halle a. S.
(Fortsetzung.)
Im Norden Berlins liegt inmitten weit ausgedehnter Rieselfelder ein kleiner, der Reichshauptstadt gehöriger Gutsbezirk, namens Birkholz. Die von früher her stammenden Guts- und Arbeitergebäude stellen, wie fast überall, öde Nutzbauten ohne den geringsten Versuch baukünstlerischer Gestaltung dar. Diesen Bauten hat nun die Stadt Berlin vor einigen Jahren durch die Hand seines Stadtbaurates einige neue hinzugefügt, unter denen auch unsere Schule ist. (Abb. 4 a.)
Die Grundform des Gebäudes ist die einfachste, auch von dem naivsten geometrischen Denken sofort zu erfassende Rechtecksform. (Abb. 4 a und 4 c.) Kein Auflösen des Baukörpers, um malerische Wirkungen zu erzielen, sondern eine feste, in sich geschlossene Gestalt. Als einzige Abweichung von dem Prinzip puritanischer Einfachheit, das zweifellos hier von dem Erbauer zum leitenden geworden ist, könnte man das an der Längsseite mit einem Giebel ausgestattete Dach ansehen. Dieser Ausbau
Abb. 4 a.
war praktisch begründet. Ein Teil des Dachbodens sollte zu bewohnbaren Räumen ausgestaltet werden. Von dem beliebten Mittel, die leeren Flächen links und rechts der beiden Eingänge durch Blendfenster aufzuteilen, hat der Architekt abgesehen. Außer Spalieranlagen hat er durch ein paar Kinderszenen darstellende Reliefs dem Plastiker Gelegenheit gegeben, sich künstlerisch zu betätigen. Den Hauptschmuck des Gebäudes machen die energisch betonten farbigen Werte aus. Die helle Putzfläche, unterbrochen von grünen Türen und Fensterläden, wird eingefaßt von der roten, abgewalmten Dachfläche oben und dem gleichfarbigen Backsteinsockel unten.
Zu dem Einfachen und in sich Geschlossenen, was über dem schlichten Bau liegt, trägt ganz besonders noch die straffe Symmetrie bei, die bis ins kleinste fest-gehalten ist und die sich besonders beim Betrachten der geometrischen Ansicht aufdrängt. (Abb. 4 b.) In gleicher Entfernung von den Gebäudeecken sind die beiden Türen eingeschnitten, die man auswechseln könnte, so gleichartig hat sie die Werkzeichnung vorgesehen. Dazwischen die beiden Fenster mit der gefälligen Sprossenteilung. Zu beiden Seiten der Türen die beiden Reliefs inmitten gleichgroßer Spaliere. Der Giebel des Dachgeschosses zeigt, entsprechend den vier Einschnitten im Erdgeschoß, vier Fenstereinschnitte. Die Fledermausfenster des Daches, die wie schmale Augen
hervorblinzeln, wie auch die im gefälligen Bogen zur Wand übergehenden Fallrohre sind in den symmetrischen Rahmen ebenfalls einbezogen. Selbst die wie kleine Dachreiter aufsitzenden Schornsteinköpfe, die neben dem Dach den Zusammenhang mit Erde und Himmel besonders betonen, sind absichtsvoll in das symmetrische Ganze mit einbezogen.
Sehen wir uns noch das Innere des Baues flüchtig an. (Abb. 4 c.) Ein Blick auf den idealen Grundriß in seiner geschlossenen Einfachheit verrät, daß das Gebäude auch im Aufbau gleichen Charakter annehmen mußte. Nur durch die Giebelausbauten auf den beiden Längsseiten löst sich der Bau nach oben ein wenig auf. Den linken und rechten Teil des Erdgeschosses nehmen die Klassenräume mit je einem Eingang und einem Vorflur ein. Dazwischen liegen die Wohnräume für einen unverheirateten
und im Obergeschoß die für einen verheirateten Lehrer. Die Küchenräume sind oben wie unten nach Norden gelegt. Der Eingang zu beiden Wohnungen liegt separat von den beiden Eingängen der Vorderfront auf der Hofseite.
Auch der Osten Deutschlands, von dem die Tagesblätter im Dorfschulbau des öfteren wenig Erfreuliches über Schule und Schulbauten zu berichten wissen, ist der Entwicklung gefolgt und hat in Ansiedlungsdörferii oft Mustergültiges geschaffen. Unsere Zinsdorfer Schule (Abb. 5) ist für eine Klasse und einen Lehrer geeignet. Der Grundriß zeigt vier Räume, die, mit Einschluß einer Wohnstube im Dachgeschoß, 100 qm Flächeninhalt umfassen. Mit diesem Raume ist zwar das Maximum erreicht, das die Behörde für die Wohnung eines verheirateten Lehrers vorsieht, aber den Luxus
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Abb. 4 C.
Vorder ■ Aneicht
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Abb. 4 b.
Erdgeschoß
eines Studierstübchens, wo der Lehrer, abseits von dem hauswirtschaftlichen Betriebe, seine Korrekturen und Präparationen erledigen kann, den kennt leider auch diese von Staatswegen erbaute moderne Schule nicht.
Und doch legen die billigen Bodenpreise und Arbeitslöhne des Ostens den Gedanken ganz besonders nahe, ein Lehrerheim einmal über die vorgeschriebene Quadratmeterzahl hinaus um ein Arbeitsstübchen für den Lehrer zu erweitern. Die Lehrer im Osten stehen infolge gemischtsprachiger und politischer Verhältnisse doch in besonders schwieriger Berufsarbeit. Sicherlich trüge ein Heim, wo der Lehrer in einem separaten Stüblein nach dem Fron des Alltags eine Stunde stille Einkehr über einem guten Buche oder ähnlichem verbringen könnte, in bescheidener Weise mit dazu bei, ihm Kraft und Mut zu neuer Arbeit zu stärken.
Das Äußere des Gebäudes zeigt größte Schlichtheit. Nur die Giebelfassade ist mit einfachsten Mitteln etwas reicher ausgebildet. Die dreiteiligen Fenster des Erdgeschosses verraten in ihren Dimensionen sofort ihre Zweckbestimmung als Klassenfenster. Ob durch die Pfeiler nicht der lichtheischende Charakter der Schulfenster in etwas beeinträchtigt wird, vermag nur der Augenschein zu entscheiden. Der Giebel
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Abb. 5.
darüber macht in seinem lebhaften Relief, in seinem Wechsel von Backstein, Dachziegel und Putzfläche einen anmutigen und heiteren Eindruck.
Die aufstrebenden Vertikalen, die durch die neuen schmalen Fensterschlitze gebildet werden, brechen sich an der kräftig durchgezogenen Wagrechten, die durch die Ziegelabdeckung gebildet wird. Die drei kleinen Giebelfenster zeigen im Gegensatz zu den schmalen Rechtecksformen unten die herkömmliche Gestalt. Um der Klasse die nötige Breite zu geben, ließ der Architekt das Stück Wand von der uns zuge-kehrten Ecke bis zum Hauseingang vorspringen. Dementsprechend mußte er an dieser Stelle das Dach etwas überschleppen lassen. Damit ist für den Vorübergehenden der obere Feil der leeren Wandfläche verdeckt. Und eine gemütliche Ruhebank unten würde das gleiche für die weitere Fläche besorgen. Hinter dem schützenden Mauervorsprung sind zunächst die Tür und weiter drei Fensteröffnungen, die auch Schutz durch Läden besitzen, eingeschnitten.
Daß der Schulhof durch die dahinterliegende Scheune, die Stallungen und das das Nachbargrundstück abgrenzende Holzstaket den Charakter des ländlichen Wirtschaftshofes wahrt, ist nicht ohne Bedeutung. Erst dadurch geht das Ganze restlos
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in der Stimmung des Dorfes auf. Nicht durch einen „Ganz-etwas-andcres-Stil“ soll und will sich unsere Schule vor den anderen ländlichen Gebäuden hervortun, sondern sie will ein schlichtes, gemütliches ländliches Bauwerk sein, wie die anderen auch, ein Glied in der Kette ländlicher Einzelbauten, die in ihrer Gesamtheit erst das Dorfbild ausmachen.
Als Beweis dafür, wie sich in den letzten Jahren Wandlungen auch unter den die Staatsregierung beratenden Fachleuten vollzogen haben, sei dem letzten Schulbau ein Entwurf gegenübergestellt, der dem vom preußischen Kultusministerium im Jahre 1895 herausgegebenen Buche über „Bau und Einrichtung ländlicher Volksschulhäuser in Preußen“ entnommen ist. (Abb. 6.)
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Abb. 6.
Die der Vorder- und Rückfront angeklebten Giebel, die nicht spitz und nicht flach und daher im Ausdruck vollkommen charakterlos sind, wirken derartig angepappt und unorganisch, daß man sofort an eine bestimmte Seite des Mustervorlagebuches der Baugewerksschulen von einst erinnert wird. Schornsteine, Fenster, Türen, alles fügt sich der lieblosen, unpersönlichen Art, mit der man solche Dutzendbauten zu Hunderten hin und her in unseren Dörfern errichtet hat, ein.
Die Fehler der äußeren Erscheinung setzen auch für das ■weniger geschulte Auge eben schon im Grundriß ein, der eine viel zu aufgelöste Form hat, um geschlossen zu wirken. Der schachtartig aufsteigende Risalit, der das Treppenhaus für die Woh-
nung enthält (siehe Grundriß, Hofseite) und die ganz unvermittelt an der Vorder-•und Rückfront aus dem Hauptkörper heraustretenden Giebel' müssen zu Fehlerquellen werden, die der Außenerscheinung einen so häßlichen Ausdruck verleihen. Unter der Voraussetzung, daß der Grundriß ein straffes und geschlossenes Gepräge zeigt, ist das Auflösen der Umrisse nach oben schon weniger gefährlich, und in den Fällen, wo die Umgebung dazu einladet, sogar angemessen. Denken wir uns den Bau noch in jenem mißfarbigen Backsteinmaterial ausgeführt, wie es die betreffende Industrie nach dem Motto: billig und schlecht seit Jahrzehnten für die Unternehmerbauten der Großstädte fabriziert, so stellt sich auch dieser behördlich empfohlene Entwurf als eine Ziegelbaracke ordinärster Erscheinung dar.
Die staatlichen Baubehörden stellen zurzeit Material zusammen über mustergültige neuere Schulbauten auf dem Lande.
So steht zu hoffen, daß nach Herausgabe dieser neuen Publikation den verheerenden Wirkungen, die das alte Buch in den zwei Jahrzehnten seines Erscheinens auf Grund solcher Entwürfe angerichtet hat, ein Ziel gesetzt wird. (Wir verweisen neuerdings auf O. Winters „SchulhauS und Heimat" (3 K), Verlag List und Bessendorf in ^kipzig. ©$•)	Fortsetzung	folgt.
Der Sternhimmel.
-ugnsi.
Der Fixsternhimmel und die Planeten. Alte Bekannte: Andromeda und Pegasus, in späteren Stunden auch Perseus (AlgolI) und Fuhrmann (Kapella) tauchen im Osten und Nordostcn wieder auf. In, übrigen herrschen noch auf einige Monate hinaus Wega, Dencb, Altair, Arktur und Gemma am abendlichen Himmel. — Unter den Planeten steht Jupiter als einziger die ganze Nacht am Himmel. Am 10. abends 10 Uhr gelangt er in Opposition zur Sonne, am 6. vormittags 11 Uhr in Konjuklion mit dein fast vollen Monde. Merkur ist am 5. nachmittags 2 Uhr in größter westlicher Elongation (19° 13'), am 30. abends 7 Uhr in oberer Konjuktion mit der Sonne. In der ersten Hälfte des Monats kann er bis zu etwa 20 Minuten (am 8.) morgens vor Sonnenaufgang im NO gesehen werden. Bcnus, die während des MoimtS das Sternbild der Jungfrau durchläuft, ist ansangs noch etwa eine Stunde, zuletzt nur noch eine halbe Stunde lang Abendstern. Am 6. vormittags 3 Uhr geht sie ganz nahe (10°) südlich an Mars vorüber, am 24. abends 11 Uhr wird sie vom Monde eingeholt. Mars, der im Dezember in Konjunktion mit der Sonne kommt, wird wegen seiner südlichen Stellung schon jetzt (Anfang August) unsichtbar und bleibt es für den ganzen Nest des Jahres. Saturn bewegt sich rcchtläufig zwischen den Sternbildern des Sucres und der Zwillinge (vgl. die Zeichnung im Mvnatskalendcr für Jänner) und ist Anjang August von 1 Uhr nachts, Ende des Mvnals etwa von halb 12 Uhr an bis Sonnenaufgang zu sehen. Am 7. vormittags 6 Uhr ist der Planet in Konjunktion mit dem Monde. Uranus, der das ganze Jahr im Bereich . des Steinbvcleü bleibt, vom 17. Mai bis 18. Oktober in langsamer rückläufiger, sonst in recht» läufiger Bewegung, gelangt am 2. August abends 8 Uhr in Opposition zur Sonne, kann also trotz seiner südlichen Stellung jetzt bequem beobachtet werden. — Die Sonne tritt am 24. morgens 2 Uhr aus dem Zeichen des Löwen in das der. Jungfrau. Am 21. August 1914 ereignet sich eine totale Sonnenfinsternis. Sie beginnt vormittags 11 Uhr 12 4 Min. in der Jämes-Bai in Kanada und endet nachmittags 3 Uhr 57 Minuten an der Küste des Somalilandes. Sichtbar ist sie im Nvrdvsten von Nordamerika, im nördlichen Teile des Atlantischen Ozeans, in Europa, in Nvrdafrika, in der westlichen Hälfte von Asien, im nordwestlichen Teil des Indischen Ozeans und in den nördlichen Polargcgenden. Die schmale Zone, innerhalb deren die Finsternis total erscheint, durchschneidct den Norden Grönlands, die Mitte Skandinaviens, den Westen Rußlands, Armenien, Persien und Beluischistan und endet beim Golfe von Katscha an der indischen Westküste. Sie geht also nahe an der Nvrdostgrenze Deutschlands vorüber. Im mittleren und südwestlichen Deutschland wird jedoch ein erheblicher Teil der Sonne (bis zn einem Drittel) nicht mit durch dcu Mond verdeckt. — Mond am G. morgens 1 Uhr 40 7 Minuten Nvllmvnd; am 14. morgens 1 Uhr 56 Minuten Letztes Viertel; .am 21. nachmittags 1 Uhr 2G"5 Minuten Neumond; am 28. morgens 5 Uhr 525 Minuten Erstes Viertel.
Zum Leitaufsatze in Folge 122.
Aorkemerkung: Bald nach dein Erscheinen unseres Artikels brachte die Päd. Warte von Beetz (Gotha) das nachfolgende „Priifungsbild ans Posen". — Vgl. hiezn das Urteil auf S. 3021!
Ein junger Lehrer schreibt: „Ungefähr acht Tage vor dein Prlifungstcrinin erhielt ich die Nachricht, daß ich zum Examen zugelassen sei und umgehend 35 Mk.1 und den Stundenplan einzureichen hätte. Ich erhielt Lehrproben in Deutsch und Geschichte — Oberstufe, Rechnen — Mittelstufe. Die Themen waren nicht genannt. Vielmehr teilte mir der Krcis-schulinspektor mit, daß ich den Stoff aus dem verflossenen Vierteljahr parat halten und auch auf eine Neubehandlung gefaßt sein sollte.
Am angckiindigtcu Tage erschienen der Regierungsrat, der Kreisschulinspcktor und der Rektor der nächsten Stadt. Nach einer kurzen Begrüßung wurden die Personalakten nochmals durchgesehen, dann begann die Prüfung. Ich erhielt als Aufgabe: Die Multiplikation im Zahlenkreis von 1 — 1000. In Geschichte und Deutsch hatte ich an schon behandeltem Stoffe den Gang der Entwicklung zu zeigen. — In der Regel wird dann der Stoff aus der letzten Woche genommen. — Es berührte angenehm, daß in der Gcschichts-lektion hohe Begeisterung entfacht wurde. Die Kinderherzen müssen glühen, die Augen dürfen nur auf dem Lehrer rujicn. Nicht viel Fragen, sondern zusammenfassende Aufgaben stellen! Alle Tafeln müssen besetzt sein. Während das eine Kind eine Skizze entwirft, schreibt ein anderes Namen und Zahlen auf; ein drittes bestimmt an der Karte die Lage der Orte. Dann wollen wir vor allen Dingen nicht die Vertiefung im Geschichtsunterricht vergessen. „Welches sind die äußeren und inneren Gründe der Niederlage bei Jena und Auerstädt?“ Also: Selbständigkeit und Begeisterung.
Im Deutschen hatte ich an einem Gedichte von Schwab zu zeigen, welche Gedanken ich entwickelt hatte. Bei dieser Aufgabe hielt und halte ich es für rieht g, von einer Inhaltsangabe auszugehen, den Grundgedanken zu entwickeln und ihn durch das Gedicht zu beweisen. Auf das Gefühl der Kinder muß eingewirkt werden. Die Anwendung für das Leben des -Kindes! Fällt sie trocken aus, so wird kaum ein „gut“ herauskommen. Unterschätze nicht den Wert der letzten Formalstufen! In ihnen kannst du dein Lehrgesehiek, dein Empfinden offenbaren. Wenn dein Auge glüht, das Herz freudig schlägt, der Ton deiner Stimme klar und deutlich klingt, die Kinderaugen an deinen Lippen hängen, dann sei gewiß des Erfolges! Das kannst du aber nur, wenn du Herr des Stoffes, Herr der Methode bist. Willst du es erreichen, so mußt du mit der Feder in der Hand den Stoff formen und auch „Nachbereitung“ üben. Dann wird es dir auch in den Prüfungsstunden gelingen, bei deinen Kindern ein freies, unmittelbares Interesse* zu wecken und zu erhalten. Noch auf „Kleinigkeiten“ möchte ich hinweisen: Denke an die Hefte der Schüler! Korrigiere sie pünktlich! Aus ihnen muß Fleiß und Gewissenhaftigkeit sprechen. Habe ein aufmerksames Auge auf das Äußere der Schulstube! Sie soll ja den Kindern die Wohnstube ersetzen, soll anheimelnd wirken. Schmücke die Fenster mit duftenden Blumen! Man wird es angenehm empfinden. (Das Äußere wirkt bei der Prüfung jedenfalls empfehlend. D. Sch.)
Nach Beendigung der praktischen Prüfung, die 11/s Stunde dauerte, fand eine kurze Beratung statt. Darauf begann die mündliche Prüfung. Ich erhielt als Hauptaufgabe in Psychologie: Die Gefühle. Im weiteren Verlauf hatte ich zu zeigen, wie die einzelnen Arten der Gefühle im Unterricht geweckt und gepflegt werden. In Methodik wurde ich in drei Fächern geprüft. Itude scheint sich gut zu bewähren. Vor allen Dingen muß man seinen Standpunkt kennen. Die geschichtliche Entwicklung wird nicht verlangt. Immer wird auf die Praxis und die Prüfungslektionen Bezug genommen. Die Warum-Fragen spielen eine Hauptrolle. In Geschichtsmethodik wurde ich eingehend über Vcranschautichungsmittcl geprüft. Die Kreide sei erwähnt! Sofort mußte ich an Beispielen zeigen, welche Skizzen ich in meiner Schule anfertige. In Deutsch hatte ich die Entwickelung der schriftlichen Arbeiten von der Unter- bis zur Oberstufe zu schildern, Korrektur der Hefte usw. Themen in Logik waren: Begriff, Urteil, Schluß. Zum Schluß möchte ich auf die Bedeutung der wissenschaftlichen Arbeit hinweisen. Nach meiner Ansicht wird derselben von den jungen Lehrern noch viel zu wenig Wert bcigelcgt. Sie bildet einen wichtigen Faktor bei der Gesamtzensur. (Jeder Lehrer sollte mindestens einmal zu einer Art Dissertation verpflichtet werden. D. Sch.)
1 Zuviel! Übrigens sollen die Reisediäten, wenigstens bei der ersten obligaten Prüfung, von der Re gierung gezahlt werde». D. Sch.
Lieber Kollege: Arbeite fleißig und gewissenhaft in der Schule, vertiefe dich am Abend im trauten Junggesellenstübchen in anerkannt gute liiicher und Fachschriften! Daun kannst du ruhig die „Gestrengen11 erwarten. Sic kommen als Freunde und der milde Ton wird dir verraten, daß ein sanfter „Wind“ in der Prüfung weht.	X.“
Literaturangaben.
6.) Erziehung zur Arbeit durch die Schule.
1. Wie erzieht die Schule zur Arbeit? (Lehrerzeitung IV, Ferd. Schöningh, Paderborn.)
2. Düringer: Richtige Arbeitsgewöhnung bei der geistigen Lernarbeit als Grundlage der kindl Selbständigkeit. (Zeitschrift III, Schöningh, Paderborn.)
3. Endris: Erziehung zur Arbeit, eine Forderung der Zeit. (Siegismund-Volkening, Leipzig.)
4. Wie kann die Schule zur Arbeitsfreudigkeit erziehen? (Aus der Schule für die Schule III, Dürr, Leipzig.)
5.	Epstein: Wie erzieht die Schule zur Arbeitsamkeit?	(Päd. Warte IV,	Zickfeldt, Osterwieck.).
6.	Erziehung	zum Tun. (Praxis der Volksschule I, Schroedel, Halle a.	S.)
7. Biedermann: Die Erziehung zur Arbeit, eine Forderung des Lebens an die Schule. (Matthes, Leipzig.)
8. Loese: Die Arbeit. (L. Heuser, Neuwied.)
9.	Erziehung	zur Arbeit. (Evang. Schulblatt 45. Jahrg.,	C. Bertelsmann,	Gütersloh.)
10.	Erziehung	zur Arbeit. (Päd. Warte XVII. Zickfeldt,	Osteiwieck.)
11. Eckardt: Die Arbeit als Erziehungsmittel. (Pichler, Wien.)
12. Arbeit und Erziehung. Eine pädagogische Studie. (Hamburger Schulztg. 1896, Hamburg.)
13. Erziehung zu Arbeit und Fleiß an der Hand der relig. Unterweisung. (Monatsschrift 1892, Ferd. Schöningh, Paderborn.)
14. Wie erzieht die Volksschule ihre Kinder zur Arbeitsfreudigkeit? (Praxis der Volksschule 1897, Schroedel, Halle a. S.)
15. Erziehung durch und zur Arbeit. (Lehrerzeitung XII, Wagner, Weimar.)
16. Schreff: Erziehung zur Arbeit. (Praxis der Volksschule XVI, Schroedel, Halle a. S.)
17. Arbeit als Unterrichtsprinzip. (Volksschule 1909, Jul. Beltz, Langensalza.)
18. Wert der Arbeit unserer Jugend. (Preuß. Schulzeitung 1885, Charlottenburg.)
19. Friedrich: Die Erziehung zur Arbeit, eine Forderung des Lebens an die Schule. (Matthes, Leipzig.)
20. Altenburg: Die Arbeit. (Beyer-Söhne, Langensalza.)
21. Die Erziehung zur Arbeit durch die Schule. (Konferenzen 1881, Bleyl-Kacmmerer, Dresden.)
22. Die körperliche Arbeit als Erziehungsmittel. (Konferenzen 1887, Bleyl-Kaemmerer, Dresden.)
23. Wie erfüllt die Volksschule die Pflicht, die Kinder zur Arbeit zu erziehen. (Konferenzen 1879, Bleyl-Kaemmerer, Dresden.)
24. Grabs: Über die Forderungen der Naturforscher und Ärzte an die Schule. (Jahrbuch 22, Bleyl-Kacmmerer, Leipzig.	*
25. Die Werkstätte und die Schule. (Haus und Schule XII, C. Meyer, G. Prior, Hannover.)
26. Über die Arbeit und Erziehung dazu. (Haus und Schule XXXV, C. Meyer, Prior, Hannover.)
27. Schenkendorf: Der praktische Unterricht, eine Forderung der Zeit an die Schule. (Hirt, Breslau.)	'	.
28. Schenkendorf: Der Arbeitsunterricht auf dem Lande. (Vierling, Görlitz.)
29. Christian!: Die Stellung des Handarbeitsunterrichts in der Schule und seine Bedeutung für Schule und Leben. (Heinrichs Bielefeld.)
30. Götze: Die Ergänzung des Schulunterrichts durch praktische Arbeit. (Matthes, Leipzig.)
31. Seidel: Der Arbeitsunterricht eine pädagogische und soziale Notwendigkeit. (Laupp, Tübingen.)
32. Scherer: Die soziologischen, physio-psychologischen und pädagogischen Grundlagen des Handfertigkeitsunterrichts. (Reuther-Reichard, Berlin.)
33. Kreyenberg: Handfertigkeit und Schule. (Diesterweg, Frankfurt a. M.)
34. Backhaus: Stellung und Gestaltung des Handfertigkeitsunterrichts. (Behrend, Wiesbaden.)
35. Rauscher: Der Handfertigkeitsunterricht, seine Theorie und Praxis. (Pichler, Wien.)
Das reiche Kapitel über „Handfertigkeitsunterricht“ wäre noch ausführlich heranzuziehen.
Materne.
I
‘I
3019
Randbemerkungen.
Zum „Latein-Kursus für Lehrer“. Wieder einmal ein glücklicher Gedanke! Schon die erste Lektion des Ovidischen Verses nimmt mich gefangen. Alte Jugend-erinnerungen beginnen zu klingen, Tage qualvoller Unterrichtsstunden an der Lateinischen Schule. Verständnislose Lehrer, dürre Regeln mit zahllosen Ausnahmen erleichterten mir das Scheiden von der klassischen Stätte. Ein gütig Geschick machte mich -zum Lehrer und ich hatte noch nie Ursache, dieser Schicksalsfügung ernstlich zu zürnen, Immer fand ich Freude und Lust, immer Qual und Leid und als köstlichsten Fund — die innere Befriedigung. Den Latein-Kursus halte ich für ein neues Mittel, die Befriedigung zu fördern, zu heben und unserem Standesansehen ein Stück weiter zu helfen. — Vor Jahren mußte ich anläßlich der Installation des neuen Pfarrers als Leiter meiner Einklassigen doch auch ein Begrüßungslied singen, klopfte also kühn an mein Glas und begann. Just gleitet mir ein Sprüchlein lateinischer Zunge über meine Lippen. Hei, wie das die Köpfe frommer Denkungsart in Staunen versetzte! „Was, Sie können auch Latein? Allen Respekt!“ — Und der Zeiger der Hochachtung rückte um ein hübsches Stück nach vorne. Wie billig dies zu haben war! — Als ich mich dann wieder im eigenen Heime befand, hub sofort ein krampfhaftes Suchen nach „Hauler und Schmidt“ an. Aber bald ward die Begeisterung von Regel- und Ausnahmsgestrüpp erstickt. Nun kam Erlösung, das Jännerheft -der Bl. mit der wahrhaft künstlerischen Lektion. Die helle Freude lachte mir aus den Augen, als ich am Schlüsse des Unterrichtsbriefes den Satz des römischen Dichters, sachlich und sprachlich klar, im Denkfache verstaute.
Ich halte den Kurs noch aus anderen Gründen für wertvoll und nutzbringend. Durch Vertiefung in eine fremde Sprache lernt man erst seine eigene gründlicher kennen. Gliederung, Satzbau, Kürze des Ausdruckes bringen neue Anregung zur Förderung des Sprachverständnisses für unsere Muttersprache.
Möge daher kein Leser der „Blätter“ diese Seiten unbeachtet lassen! Wer die bisherigen Lektionen durchgearbeitet, wird freudig zustimmen, daß das „vergnügliche Art“ ist, was andere fürs Leben verdrossen hat. Karl Wöß, Schulleiter in Kollmitzberg.
Zum Leitaufsatze in Folge 122. Der Herr Schriftleiter stellt die Frage: „Weiß in ganz Österreich ein einziger Prüfungskandidat bestimmt, womit er sich zur Lehrbefähigungsprüfung für Volksschulen.zu rüsten hat, weiß ein einziger Prüfungskommissär, was er prüfen soll . . .?“
Es wird kaum jemanden geben, der die Frage bejaht. Nicht anders steht es aber mit der Bürgerschulprüfung. Ist ein derartiger Zustand nicht aufreizend? Während man sonst auf jede Verordnung, und mag sie noch so schädlich sein, peinlich achtet, setzt man sich über die Prüfungsvorschrift für Bürgerschulen einfach hinweg, ohne dringend eine Modernisierung derselben zu fordern. Besonders kraß tritt dies bei der Prüfung aus Zeichnen in Erscheinung. Jede Prüfungskommission, die da glaubt, die bestehende Prüfungsordnung sei zum Teil veraltet, sollte eine Änderung verlangen oder dodh wenigstens die ministerielle Ermächtigung zur Überschreitung der Verordnung einholen; aber so mir nichts dir nichts dieselbe ignorieren, das geht nicht an, schon mit Rücksicht auf die Betroffenen, die Prüfungskandidaten, nicht.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einen anderen Punkt zur Sprache bringen: Wäre es bei dem beängstigenden Anwuchs des Lernstoffes nicht Zeit, daß die Lehrerschaft gleichzeitig mit der Forderung nach Erlassung neuer Prüfungs-Vorschriften auch die Frage ins Rollen brächte, daß bei dem heutigen Umfange des Wissens vier Wissensfächer für eine Bürgerschulfachgruppe zu viel sind ? Man denke, daß zu jedem Fache Nebenfächer gekommen sind, die man zur Zeit der Erlassung der Prüfungsordnung noch nicht einbezog (z. B. Geologie als Nebenfach der Geographie)! Was würden die Akademiker sagen, wenn man von ihnen vier Fächer verlangte? Vielleicht nimmt sich der Herr Schriftleiter dieser Angelegenheit an.1 Meine Forderung geht dahin, die Gruppen für die Bürgerschulprüfung seien so zusammenzusetzen wie bei der Mittclschullehrerpriifung. Für das „Mehr“, das letztere.verlangt, ist die Stellung und Entlohnung des Mittelschullehrers entsprechend höher. Oberlehrer Fcrd. Zenz.
1 Wird geschehen- D. Sch.
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Leitsätze für die Besprechung eines Lesebuches.
Zusammengestellt von Karl Wanderer, Schulleiter in Wetzleinsdorf, Niederösterreich.
Auch im Schulbezirke Korneuburg sind die Lesebuchreferenten eifrig an der Arbeit; ich gehöre ebenfalls zu ihnen. Ilevor ich an diese verantwortungsvolle, schwierige, zeitraubende Arbeit schritt, legte ich mir Richtlinien fest. Nachdem sie gefunden waren, sandte ich den Entwurf an die Schriftleitung der „ Blätter u zur Begutachtung und Ergänzung. ' Postwendend erhielt ich die Erledigung meiner Eingabe, versehen mit einer wertvollen Erweiterung und Ergänzung. Nun ging es frisch an die Arbeit. Die Lesebücher wurden an der Hand der Leitsätze durchgeprüft und es ergab sich ein umfangreiches Referat.
Aufgemuntert durch den Herrn Schriftleiter, lasse ich die Leitsätze, die mir so gute Dienste geleistet haben, hier folgen. Das Lehrbuch sei:
1. fehlerfrei;
2. verständlich;
3. kurz gefaßt ;
4. der geistigen Stufe des Schülers entsprechend;
5. methodisch und wissenschaftlich einwandfrei!
6. Buch- und Musterstücke seien richtig gegliedert in Kapitel und Abschnitte;
7. der Text sei inbezug auf Rechtschreibung richtig;
8. der Bildschmuck mustergültig;
9. das Buch sei nicht zu teuer. Herr Professor Dr. Peerz ergänzte:
10. Ist der Bodenständigkeit für Österreich Raum gegeben?
11. Sind die StolTc, ist die Sprache zeitgemäß?
12. Inwieweit erscheint den modernen Forderungen (Schaffende Arbeit, Biologie) Rechnung getragen ?	*
Sommernachtszauber.
Jugendtraum und Julinacht, dämmernd, dufturnflossen, haben ihre Zaubermacht über mich ergossen.
Vöglein schläft schon längst im Baum, Nebel näßt die Hügel. —
Meiner Seel’ im Ätherraum ist’s, als hält’ sie Flügel.
Hebt sich über Höh’n und Tal sehnsuchtsvoll nach oben, von durchlebter Lust und Qual feierlich umwoben.
Tief im Teiche rohrumweht, als wär’ dort versunken alles Weh, was hier besteht, klagen leis’ die Unken.
Glühwürmchen am Rosenblatt, glitzernd wie Geschmeide, leuchtest du dem neuen Pfad los vom alten' Leide? —
Julinacht und Jugendtraum dämmernd — duftumfangen, enden, eh’ genossen kaum, sehnendes Verlangen.
Th. von Eißcncn.
3031
' Die lUccbsdrcck.
Zusammengcstellt von A. Fclbinger.
Zur 23. Krage.
Soll eine Vermehrung der Titel angestrebt werden oder nicht?
45. Urlel. Oberlehrer A. Holfeld. Die ganze Titelsucht ist eine Schwäche, an welcher besonders wir Lehrer kranken. Was nützen uns Titel ohne Mittel? Fordert ein solch kleinliches Bestreben nicht geradezu den Spott der Öffentlichkeit heraus? Nach meiner unmaßgeblichen Meinung braucht an den bestehenden Titeln keine große Änderung vorgenommen zu werden; man kann mit den zwei Titeln „Lehrer“ und „Schulleiter“ das Auskommen finden. Die Bevölkerung würde sich mit dieser einfachen Rangsordnung bald abfinden, da diese den Verhältnissen ganz und gar
entspricht.
„Lehrer“ sind wir alle und dieser Titel gehöre dem Anfänger wie dem im Dienste ergrauten Amtsbruder. Die Benennung „Lehrer I. Klasse“, oder „L. II. Kl.“ könnte in Wegfall kommen, zumal sie manchmal mit Bezug auf die Klassenverteilung zu absonderlichen scheinbaren Widersprüchen führt. An der Schule in A hat der X, Lehrer II. Klasse, die I. Klasse, und der Y, Lehrer I. Klasse, die 2. Klasse. Die Bevölkerung bringt solchen Möglichkeiten nicht das rechte Verständnis entgegen.
Wenn die Anregung sich verwirklichte, daß jeder Lehrer nach 20—25 Dienstjahren den Titel .Ober“ erhalten sollte, so könnte dies den Fall zeitigen, daß bei einem größeren Lehrkörper mehrere .Ober“ wären und eine fremde Partei, welche Kinder zur Anmeldung in die Schule bringt, wäre zur Frage genötigt: „Welcher ist denn der „oberste Ober“, der Anmeldungen entgegennimmt?“ Eine solche, geradezu beschämende Situation zu schaffen, kann doch die Lehrerschaft nicht anstreben wollen. Gewiß würden die älteren Berufsgenossen auf das „Ober“ verzichten, wenn ihnen nach einer so ch ansehnlichen Dienstzeit von 20—25 Jahren wegen Nichterlangung einer „Leiterstelle“ eine angemessene Zulage gewährt würde, und das mit Recht. Da entfiele wohl der Titel, aber die Mittel wären da und die wären wohl für die noch darbende Lehrerschaft angezeigter als der erstrebte Titel. Der Titel „Ober“ falle ganz und jeder „Leiter“ führe den Titel „Schulleiter“. Das beschämende „Unter* lst gefallen, warum soll das angefochtene „Ober“ bestehen bleiben? Auch würde dieser Wegfall manchem „Flachsmann-Ober“ eine Ernüchterung bringen, die unserem Stande zum Vorteil gereichen könnte. Der Titel „Schulleiter* statt „Oberlehrer“ entspricht in allen Verhältnissen, in welche ein „Ober“ in dienstlicher Hinsicht geraten kann, am besten, und auf den Schulnachrichten unterschreibt er sich auch jetzt schon als „Schulleiter“.
46. Urteil. Alois Paulmichl, Oberlehrer in Gasen, Steiermark. Zur jetzigen Zeit, da viele Fehrerfainilien am Hungertuche nagen, über Titel zu debattieren, mag so manchem aus unserm Kreise lächerlich erscheinen. Wer glaubt, durch tönende Titel im Ansehen zu steigen, befindet sich arg auf dem Holzwege und kennt die schädigenden Faktoren zu wenig, die unser Standesansehen untergraben. Erst wenn wir diese beseitigt haben, wird das Volk auch dem einfachen „Lehrer“ mehr Achtung zollen. Das Hauptübel, das an unserem Standesansehen zehrt, ist die geringe Bezahlung. Nicht Wissen, sondern Geld ist heutzutage Macht. Unser Bestreben ist also vor allem auf bessere Gehaltsvcrhält-nisse zu richten; dann steigt von selbst unsere gesellschaftliche Bewertung.
In zweiter Linie müssen wir trachten, die für uns Lehrer so unwürdige Institution des Ortsschulrates abzuschaffen oder zumindest ihren Einfluß abzuschwächen. Gar mancher Lehrer kann von den Schikanen durch den Ortsschulrat ein Liedchen singen und so viele andere haben sogar ihren Dienstposten im Stiche gelassen, um vor ungerechten Verfolgungen, gegen die ihn die höhere Behörde n'cht schützen konnte oder schützen wollte, Ruhe zu haben.
Dureh die Einschränkung der ortsschulrätlichen Befugnisse fiele auch ein gutes Stück des Protektionsunwesens weg und den Bittgängen bei Kompetenzen würde ein Riegel vorgeschoben.
Haben wir diese Krebsschäden beseitigt, dann mögen meinetwegen die Titeljäger ihre Wünsche erfüllt sehen. Ich hege die Ansicht, daß uns nie und nimmer ein höherer Titel Achtung bringt, sondern dies nur die Persönlichkeit des Lehrers selbst bewirken kann. Nur zwei Kategorien sollte es im Lehrstande geben, nämlich Lehrer und Schulleiter. Die Titel Direktor und Oberlehrer finde ich ganz überflüssig; desgleichen wäre dadurch die Zurücksetzung des Einklaßlers behoben.
Zur 37. Krage.
Was wäre bei' der Reform der Lehrbefähignngspcüfnng für Volksschulen in Rücksicht zu ziehen?
2.	Urteil. Schulrat M. Haupolter in Salzburg. In dem Leitaufsatze der Folge 122 sind manche beherzigenswerten Gedanken niedergelegt, aber auch solche, die vielleicht Widerspruch hervorrufen.
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Vor kurzem wurde ich von einem Beamten mit Mittelschulreife ausgeholt, ob die Reifeprüfung der L. B. A. wirklich .für gleichwertig mit der einer Mittelschule gehalten werden könne. Unumwunden erklärte ich, gleichwertig sei sie nicht, aber ungleich schwieriger, denn die Unmassen von Gegenständen, die an der Lehrerbildungsanstalt zu bewältigen sind und über die die Reifeprüfung abzulegen ist, verlangen eine so erdrückende Anhäufung von Gedächtnisstoff, daß man sich billig wundern muß, wie er aufgenommen und verdaut werden kann. Dieses Sammelsurium von Gegenständen, wie Sie sich, Herr Sch., auszudrücken belieben, läßt eine Wissensvertiefung nicht zu, verlangt aber vom Prüfling eine Unmenge von Einzelkenntnisscn, mit denen er vollgestopft wird. Doch so einladend es wäre, auf die Einrichtung der L. B. A. einzugehen, zumal man diesem Versuchskaninchen immer noch neue für die verschiedensten Zweige des Volkslebens wichtigen Gegenstände zumutet, so möchte ich mich nur zur Lehrbefähigungsprüfung für V.Sch. äußern. Die preußische Prüfungsart hat viel Bestechendes: Eine, wenn auch kleine Prüfungskommission, reist an den Wirkungsort des Prüflings, wohnt einen Tag lang dem Unterricht des Prüfungsopfers bei und horcht er dann über seine wissenschaftliche Weiterbildung aus. Diese wandernde Kommission — oder sollte je eine für jeden Bezirk gebildet werden — wäre dann einen großen Teil des Jahres unterwegs und müßte von jeder anderen Beschäftigung enthoben werden. Man denke an die ungangbaren Wege, an weitentlegene Orte ohne jegliche Verpflegung, wie es in den Alpenländern nicht selten vorkommt, und an andere Hemmungen und man wird mir beipflichten, daß sich diese Prüfungsart nur schwer durchführen läßt, umsomehr, als der Bezirksschul-inspektor ohnedies mit soviel Geschäften überbürdet ist, daß er keine weitere Last übernehmen kann. Aber ebenso unbestreitbar ist die gegenwärtige Prüfungsart einer Neuordnung bedürftig. Schon bezüglich des Ausmaßes des Prüfungsstoffes herrschen die abweichendsten Meinungen und Forderungen. Zwischen einer reinen Wiederholung der Reifeprüfung und nur methodischen Prüfungsfragen gibt es fast so viele Prüfungsarten, als es Kommissionsmitglieder gibt, und da ist der Prüfling wirklich oft in Verlegenheit, wie er sich vorbereiten soll. Die gesetzlichen Bestimmungen, nach denen die Prüfung den Charakter einer praktischen Prüfung tragen soll, andererseits die Beherrschung des Lehrstoffes der Volksschule verlangt wird, gestatten mancherlei Auslegung, wenn auch der Gesetzgeber hauptsächlich die Schulpraxis im Auge gehabt haben mag. Aber was läßt sich nicht alles dem Lehrstoff der Volksschule unterstellen! Las ich doch schon Prüfungsfragen der Unterrichtssprache aus Literaturgeschichte, Poetik, ja sogar aus Mundartenforschung. Da hörte man, das müsse ein halbwegs Gebildeter wissen. Zugegeben, aber kann beim Sammelsurium der Gegenstände der L. B. A. dies erreicht werden? Jedenfalls muß man sich darüber klar werden: Soll die Lehrbefähigungsprüfung den neuerlichen Beweis erbringen, daß der Prüfling den Lehrstoff der L. B. A. nicht nur nicht vergessen, sondern daß er sich noch wissenschaftlich fortgebildet hat, kurz: Soll der Lehrerberuf verurteilt sein, zweimal eine und noch dazu eine verschärfte Reifeprüfung zu bestehen, oder genügt cs, seine praktische Verwendbarkeit in der Schule zu zeigen? Wie gern vergißt jeder Mittelschulmaturant gar manchen Stoff seiner Lernzeit, der für seinen weiteren Beruf fast belanglos ist! Damit ist nicht gesagt, daß dies überflüssig sei, vielmehr wird jeder einsehen, daß auch das scheinbar Überflüssige zu seiner Geistesbildung wesentlich beigetragen hat. Doch, bei seiner Fachprüfung werden nur seine Fachkenntnisse bewertet. Bloß der Lehrer soll über alles noch einmal geprüft werden, ja mehr kennen. Es ist freilich richtig, daß der Lehrer überall zu Hause sein soll; aber es kann das Wesentliche vom weniger Wichtigen seines Berufes auseinandergehalten werden.
Und so. komme ich als ein fast seit einem Menschenalter tätiges Prüfungskommissionsmitglied zum Ergebnis: Mehr praktische Erprobung der Lehrtüchtigkeit und Einschränkung der mündlichen Prüfung aus Gegenständen, die für die Volksschule zwar nicht wertlos, aber doch von geringerer grundlegender Bedeutung sind! Wieder höre ich die Einwände der Fachleute: Ja, ist mein Fach nicht außerordentlich wichtig in dieser, in jener. Hinsicht? Gewiß, aber für Kinder der Volksschule kann manches zurückgesetzt werden, was sie kaum verstehen können. Würde an der Lehrerbildungsanstalt Raum geschaffen für eine Wissensvertiefung, so daß die Reifeprüfung wirklich die Reife erweist, dann kann die Lehrbefähigungsprüfung, ihrem Namen entsprechend, im Sinne dieser Ausführungen beschränkt werden, ohne daß zu befürchten ist, der Lehrer sei nicht imstande, diesen oder jenen Stoff in der Volksschule zu bewältigen.
Zwei neue Fragen:
38.) Fortbildungsschulen oder nicht?
39.) Soll eine Reichsorganisation der Lehrerschaft ohne Unterschied der Nationalität und Konfession angestrebt werden?	Eingesendet	von	0.	Klingcr.
Skizzen aus dem Schulleben.
Leben und nicht sehen.
Der Lehrer hatte eben die Kinder hinausgeführt und ging hierauf ins Klassenzimmer zurück. Er öffnete die Tischlade und entnahm ihr den Brief, den die kleine Anna heute gebracht hatte. Vor dem Unterrichte hatte er ihn nur flüchtig durchgesellen. Jetzt las er ihn langsam — Zeile für Zeile. Gestern also war die Mutter mit der Kleinen zur Augenuntersuchung in der Stadt gewesen. Der Arzt meinte, daß es mit den Augen des Kindes sehr schlecht stehe. Wohl verschrieb er vorläufig Brillen; doch sprach er die Befürchtung aus, daß das Mädchen im Alter von elf bis zwölf Jahren erblinden werde. Wieder und wieder las der Lehrer diese Zeilen und unwillkürlich streifte sein Blick die erste Bank, in welcher die kleine Anna ihren Platz hatte. Er stellte sich recht lebhaft vor, wie ihre frühen Augen ihn so treuherzig, so ganz ohne Falsch ansahen. Und für diese lieben, treuen . Augen sollte es keine Heilung geben? „Leben und nicht sehen, das ist ein Unglück.“ Er empfand dieses Wort Schillers nie erschütternder als jetzt. Leise schloß er die Lade und ging. —
Monate waren vergangen. Wieder führte der Lehrer die Kinder hinaus. Er sah ihnen eine Zeitlang nach und bemerkte, wie der alte Sanitätsrat, der erst einige Tage im Orte weilte, eifrig mit ' der kleinen Anna sprach. Als er sich von dem Kinde verabschiedete,
, lächelte er freundlich. Der Lehrer wartete, bis der alte Herr vorbeikam; dann grüßte er und bat um eine kleine Unterredung. „Herr Sanitätsrat sprachen vorhin ein kleines Mädchen . meiner Klasse an.“
„Ja, die Kleine mit den Brillen.“
„Die Kleine scheint Herrn Sanitätsrat wegen ihres Augenleidens zu interessieren.“ „Ganz richtig. Ich habe auch die Absicht, bei ihren Eltern vorzusprechen.“
„Das wird den Eltern jedenfalls sehr willkommen sein. Der Arzt in X. hat nämlich die Befürchtung ausgesprochen, daß das Kind im Alter von 11 bis 12 Jahren erbliijden
werde.“
„So schlecht steht es? Da muß ich gleich morgen mit den Eltern sprechen. Adieu, Herr Lehrer!“
„Meine Hochachtung, Herr Sanitätsrat!“ — —
Als der Lehrer am nächsten Tage nach dem Unterrichte seinen gewohnten Spaziergang unternahm, begegnete er dem Sanitätsrate. Dieser eilte sofort auf ihn zu.
„Herr Lehrer, ich kann Ihnen eine freudige Mitteilung machen. Sie betrifft Ihre Schülerin A. B.“
„Ah, Herr Sanitätsrat waren schon bei den Eltern des Kindes?“
„Ja, ich habe die Augen des Kindes sehr sorgfältig untersucht; das Mädchen wird nicht erblinden.“
„Gott sci’s gedankt!“
„Zwar wird sie zeitlebens Brillen tragen müssen, doch liofte ich, ihr Augenlicht zu erhalten.“
„Wenn Sie das vermöchten, würden sie vier Menschen glücklich machen.“
„Ich sage: ich hoffe es. Alle meine Kräfte will ich einsetzen, um das Kind vor dem 1'iirchtcrlichsten zu bewahren: -leben und nicht sehen.“
„Mich freut es, Herr Sanitätsrat, daß Sie solchen Anteil nehmen an dem Glücke eines fremden Kindes.“
„Das fordert mein Beruf. Leben Sie wohl, Herr Lehrer.“
Der Sanitätsrat hatte recht. Dank seiner Fürsorge gelang es, dem Kinde das Augen-hcht nicht nur zu erhalten, sondern auch sein Leiden zu mildern.	R.	Birbaumer.
Ratschläge für den kranken Lehrer.1
Veranlaßt durch das Eingesendet in Folge 115, in dein Herr Oberlehrer Vinzenz Ulaska den unglücklichen Verlauf seines hartnäckigen Leidens schildert, sei hicniit einiges aus der Erfahrung über die so sehr verbreitete Lehrerkrankheit mitgeteilt. Die Ursache eines Lungenspitzenkatarrhs wird wohl in den meisten Fällen eine Infektion
1 Ei» sehr beachtenswerter Artikel!
D. Sch.
sein. Die Ärzte behaupten (Dr. H. Dekker, Kosmos), daß die Tuberkulose in den meisten Fällen ausheilt, ohne daß sich der Mensch einer Erkrankurig bewußt wird. Dies geschieht nur dann, wenn sich der Infizierte einer kräftigen Konstitution erfreut. Es soll im folgenden gezeigt werden, wie man sich eine kräftige Konstitution erwirbt und damit einer Erkrankung vorbeugt, und ferner, wie man eine schon eingetretene Erkrankung zur Ausheilung bringt. — Der Beginn eines Lungenspitzenkatarrhs ist immer zu befürchten, wenn ein Husten gar zu lange dauert, wenn Schmerzen in der Brust oder zwischen den Schultern wahrgenommen werden. Andere Anzeichen sind: Atembeschwerden, Herzklopfen, Hüsteln mit oder ohne Auswurf, mit hellem Blute untermischter Auswurf, Abnahme des Körpergewichtes, Fieber, nächtliche Schweiße. Um nicht der Ängstlichkeit Vorschub zu leisten, sei noch bemerkt, daß aus dem Zutreffen eines einzigen Anzeichens ein sicherer Schluß nicht gezogen werden kann. Es stellen , sich aber auch nicht bei jedem alle Anzeichen ein. Wer diese Erscheinungen an sich wahrnimmt, wird gut tun, sich von einem Arzte untersuchen zu lassen. Doch sei darauf hingewiesen, daß das Erkennen der Krankheit im Anfangsstadium für den Arzt ziemlich schwierig ist. Dem Erkrankten wird vor allem der Unterricht beschwerlich fallen. Er soll es darum nicht versäumen, sich sofort, wenn die Krankheit bei ihm festgestellt wurde, einen längeren Urlaub zu nehmen. In kurzer Zeit kann eine derartige Krankheit nicht völlig ausheilen. Wird man im Winter von dem Leiden befallen, so wird eine Luftkur in Lovrana von großem Nutzen sein.- Unser Lehrerheim sorgt für eine gute und billige Verpflegung. In der Sommerzeit dürfte eine Luftkur in der Heimat auch gute Erfolge bringen. Diese kann in folgender Weise durchgeführt werden: Bei regnerischem Wetter ist es oft noch möglich, Spaziergänge in freier Luft oder in den Wald zu machen, wenn man sich nur entsprechend kleidet. An trüben Tagen macht man Liegekur. Dazu ist ein Brett notwendig, das etwa die Breite eines Bettes hat und die Bodenfeuchtigkeit zurückhalten soll. Dieses legt man auf ein ebenes Plätzchen in der Nähe des Hauses, überdeckt es mit einer Decke und legt sich in der Rückenlage darauf. Die Kleidung muß der Witterung angepaßt sein. Ist es kühl, so wird noch eine Decke notwendig sein. An schönen, sonnigen Tagen können Sonnenbäder genommen werden. Man legt sich, wenn möglich, an einer verborgenen, windstillen, sonnigen Stelle eines Jungwaldes im Adamskostüm an die Sonne. Es soll aber der Kopf vor den Sonnenstrahlen geschützt werden. Nach je fünf Minuten muß eine andere Körperseite der Bestrahlung ausgesetzt werden. Das Sonnenbad ist eine einschneidende Kur; darum ist Vorsicht dabei zu gebrauchen. Gegen die Bodenfeuchtigkeit ' schützt man sich durch einen Linoleumstreifen, der nach Breite und Länge dem oben genannten Brette entspricht. Das Sonnenbad darf anfangs nur 10 Minuten dauern. Es wird von Tag zu Tag etwas verlängert; soll sich aber in dieser Form niemals über eine Stunde ausdehnen. Herzkranke müssen besonders vorsichtig sein. Der sich entwickelnde Schweiß ist mit einem Handtuche beständig abzuwischen. Nachher ist eine Abwaschung mit sonnenwarmem (lauem) Wasser zu empfehlen. Infolge der vermehrten Schweißabsonderung stellt sich ein quälender Durst ein. Es wäre verfehlt, wenn man jetzt kalt oder auch nur kühl trinken wollte, denn die von der Sonne durchglühte Lunge würde zu schnell abgekühlt und eine Verschlimmerung der Krankheit wäre die natürliche Folge. Laue Milch ist zum Stillen des Durstes am geeignetsten. Zu Hause angekommen, wird man zuerst essen, dann erst trinken. Eine mildere Form des Sonnenbades, die sich auch auf längere Zeit erstrecken kann, ist folgende: Man liegt fünf bis zehn Minuten an "der Sonne und geht dann zwei, drei oder fünf Minuten in den Schatten. Dieses Sonnenbad im Wechsel mit dem Lichtluftbade kann auch mehrere Stunden dauern.
Zimmerstaub ist einer angegriffenen Lunge schädlich. Darum wird man bestrebt sein, der Lunge auch während der Nacht eine reine, staubfreie Luft zu verschaffen. Dies kann im Sommer in folgender Weise geschehen: Die Bettstelle wird mit dem Betthaupte vor das Fenster gestellt; ist das eine Haupt zu hoch, so daß ein Teil des Fensters verdeckt würde, so wird man das Bett verkehrt stellen. Die Fensterflügel werden geöffnet. Vor dem Fenster hängt eine dicke Decke, die oben am Fenster befestigt ist und auf das Bett herabreicht. Man legt sich nun in das Bett u. zw. mit dem Kopfe unter das Fenster. Die herabhängende Decke verhindert den Zutritt der staubigen Zimmerluft. Der Ruhende atmet reine Luft von draußen. Es dürften jedoch
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viele vom Straßenlärm im Schlafe gestört werden. Diese können sich Paraphonc („Unitas“ Stettin, Falkenwalderstr. 25; Preis 15 St. 2 50 M) zum Verstopfen der Ohren anschaffcn. Bei dieser Schlafmethode muß man sich selbstverständlich über die Schultern gut zudecken.
Wer einmal an einem Lungenspitzenkatarrh erkrankt war, wird sich vor Riick-fällen hüten müssen. Damit solche nicht eintreten, ist eine zweckmäßige Abhärtung notwendig. Die Haut unterstützt durch das Ausdünsten am meisten die Ausscheidungstätigkeit der Lunge. Darum wird jeder der Hautpflege sein Augenmerk zuwenden müssen.
(Schluß folgt.)
Das Lied.
Von Heinrich Kurz.
Durch den klingenden Wald schritt langsam das Volkslied Und horchte auf das Jauchzen, auf das Singen im Dome der unfaßbaren Gottheit. Im verklärten Angesichte lag heilige Andacht; überselige Freude, Empfindung eines stillen Glückes, wie es nur einem reinen Herzen zuteil werden kann, das die Stimmen der Natur hört und versteht. Die ltäume senkten die Zweige in Ehrfurcht, als ginge der liebe Herrgott durch den Wald.
Zu der hoheitsvollen, der schönen Wahrheit gleichen Gestalt gesellte sich ein anderes Wesen. Leicht und frech war das Gewand, keck, tänzelnd der Gang, kalt das Auge, aus dem zeitweise wilde Sinneslust aufloderte. Frech und sinnlich war die Sprache des leichtgeschürzten Weibes. Es war das Gassenlied, das Lied der Leierkasten, das Lied der Hasse. Voll Ekel und Abscheu wandte sich das Volkslied von der Genossin ab.
„Schämst du dich wohl meiner?“ fragte mit frechem, kreischendem Lachen die Geschmähte. „Ach ja, du verträgst ja nicht des Lebens lachende Lust. Traurig gehst du durch die Welt, kannst ja nicht lustig sein. Horch nur, sieh nur, wie ich lustig sein kann!“
Und das Gassenlied sang eine Weise, sinnlich, keck, prickelnd, frech und doch wieder ohne Empfindung. Als es zuende war, strich stärker der Wind durch die Bäume, als wollte er den Schmutz, mit dem die Natur befleckt wurde, aus dem Dome der Gottheit tragen.
Dann begann das Volkslied.	Leise zuerst, dann klang	es so	sonderbar: lachend,
jauchzend, klingend, neckend, wiegend und kosend, bald sangen auch die Vöglein mit und durch den Wald erscholl ein Klingen fröhlicher Lust.
„Wie einfältig nur!“ sagte höhnisch lachend das Gassenlied, „so ein rechtes Liebeslied kannst du doch nicht bieten“. Und wieder sang die Stadtschöne ohne Empfindung. Sinnliche Glut, ein begieriges Verlangen nach sinnlicher Lust klang aus dem Liede. Entheiligt wurde das Gefühl, das eine gütige Göttin den Menschen ins Herz gelegt.
Abscheu erfüllte die Seele des Volksliedes, als es das Schöne, das Heilige in den Schmutz gezogen sah. Dann aber	begann das engelgleiche	Wesen	wieder seinen Ton,
sehnend nach Glück und Liebe, verbergend im Herzen, was da drinnen für ein Menschenkind schlummert und glüht. Rein war das Lied, rein war das Gefühl, das aus der Weise klang. Nicht empfindend, nicht heuchelnd, nicht krankhaft sentimental waren Wortlaut und Weise. Nichts von dem, was das Herz empfand, was das Herz verspürte, verriet das Lied und doch .ahnte man das Sehnen, das reine Verlangen einer unschuldsvollen Seele. Und leise begann auch der Wald zu singen, mikle strich der Wind durchs Geäst, durchs Gezwcige. Neidisch, höhnisch lachte im verbitterten Grimm das Lied der Gasse. Und lange stritten die	beiden über ihre Vorzüge.
Da nahte die Göttin der Kunst. „Wir wollen die Kunst als Richterin erwählen“, sprach das Volkslied, „sie möge entscheiden“!
Längst hatte die Göttin den Streit der beiden gehört. Sie nahm das Volkslied bei der Hand, zog es zu sich heran und gab ihm einen Kuß auf die reine Stirne. „Geh hin m die Hütten der Armen, in die Stuben der Bauern, begleite die Menschen bei der Arbeit, erfreue ihre Herzen, spiele mit den Kindern, hilf den Herzen voll Liebe das sagen, was sie empfinden und fühlen, begleite den Burschen durch Wald und Heide und hilf ihm vergessen Sorge und Kummer, damit er sich des Lebens freue, versenk den Greis in die Tage der Jugend, bete mit frommem Herzen, wenn sic sich in Ehrfurcht vor der ewigen Gottheit beugen. Und wenn der letzte Mensch gestorben ist, dann komm zu mir, du holde Schwester, in die Gefilde ewiger Reinheit und Schönheit!“
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Ohne das Lied der Gasse eines Blickes zu würdigen, schritten die beiden Schwestern durch den klingenden Dom der ewigen Gottheit. Das Lied der Gasse kehrte wieder zurück in die engen Straßen der Stadt, mit Tand und Flitter behängen zog es in jene Welt, die kein Auge für-die Natur, kein Herz für edles Empfinden hat.
Latein-Kursus für Lehrer.
7. Per aspera ad astra.
Das Leitwvrt für dcn Studierenden. „Astrologie" ist uns als „Sternkunde" bekannt; also steckt im „astra“ das dcntfchc Wort „Stern", bezw. „Gestirn". Die Präposition „ad“ ist unS bereits als „au" bekannt. Auch „asper“ wird noch in Erinnerung sein u. zw. vom „Spiritus asper“ her. Wir entnehmen als Übersetzung „rauh". Nun bleibt noch „per". Dieser Vor« schlag ist als „durch" in vielen Fremdwörtern wiederholt ausgetreten: perforieren, Perkussion, perfekt usw. Es ergibt sich sonach der deutsche Wortlaut: Durch das Rauhe zu den Gestirnen — oder, angleichend: Durch Kampf zum Sieg — oder: Durch Nacht zum Licht.
Etwas Formenlehre: astra ist von aslrutn hergeleitet. (Vgl. hiezu exemplum in Folge 126, S. 28361) Die g. Leser werden eingeladen, das Substantiv nach exemplum zu deklinieren. In „aspera“ liegt derselbe Fall vor, nur handelt es sich hiebei um ein Adjektiv. Dieses zeigt indes eine kleine Unregelmäßigkeit, weil es nicht aus -us, -a, -um ausgeht, sondern im Maskulinum asper (also nicht: asperus!), im Femininum aspera, im Neutrum asperum heißt. Da sind wir also schon im Gleise des Substantivs exemplum. Per und ad mögen als Präpositionen, die den Akkusativ verlangen, angemerkt werden 1 —
Das Ringlein.
Eine Erzählung nach einer wahren Begebenheit von A. L.
Ein schöner, warmer Sommertag. Die Sonne glitzerte durch dev Bäume Geäst, die Vüglein sangen und jubilierten und die tausend Blütenköpfchen erschlossen alle ihre Iliille und standen nun da im vollsten Sonntagsstaate, sich selbst und uns Menschenkindern zur Freude. Wen zog cs da nicht hinaus ins wundersame Freie mit seinen überreichen Freuden und doch geheimnisvollen Wundern! Auch ich wunderte nach beendeter Schulzeit ins herrliche Grün, in den nahen, nun wieder reich belebten Wald. Zum erstenmale nach langer Winterszeit suchte ich mein Licblingsplätzchen wieder auf: eine Ilolzbank, fast am Rande des Waldweges, umgeben von einigen Tannenbäumchen und gegenüber einer alten, mächtigen Buche, in deren Laubdach viele der lieben, befiederten Sänger ihr Nestlein bauten und von hier aus voller Kehle von Liebe und Freude erzählten. Wie erfreute ich mich an ihren'AVeisen! Da wurde ich plötzlich aus meiner Andacht gerüttelt. Mir war’s, als hörte ich die ersten Schwalben zwitschern. Und immer näher kam dieses heimliche Lispeln, bis ich endlich am Wege daher zwei Kinder kommen sah, just die Kleinsten, doch herzigsten der mir anvertrauten Schüler. Liner!,, des Försters jüngstes Töchterlein, und Toni, des nahen Waldhegers Schnellen. Dieser ein stämmiger, aufgeweckter Junge, mit braunem Lockenkopfc und schönen, blauen Kinderaugen im etwas gebräunten Gesichte,.— sie ein zartes Pflänzchen, von jedermann liebgewonnen, der nur einmal in ihre seelenvollen, braunen Guckätiglein geschaut, mit denen sie jeden so treuherzig anbliekt. Ihre blonden Zöpfchcn hat sie gerne mit einem breiten, roten Bande gefestigt, das zu ihrem Anzuge, einem blauen Kleidchen und weißem Sehiirzchcn, immer gut steht. - Nun blieben die beiden auf dem Wege stehen und ich verstand, was sie plauderten. Es war zu herzig, als der Kleine seinen Blechreifen mit blauem Steine vom Finger zog und meinte: „Lincrl, nimm den Ring zum Andenken von mir, weil ich dich so lieb hab’l“ „Ja, ich würde ihn so gerne nehmen“, gab die Kleine etwas ratlos zur Antwort, „aber ich darf ja nichts nach Hause bringen, das ich nicht von Vater und Mutter bekommen habe“. Unschlüssig standen die Kinder eine Weile einander lautlos gegenüber. — — „Ich weiß etwas“, brach Lincrl endlich mit einem erlösenden Seufzer das Schweigen, „wir machen hier, grade am Wege, ein kleines Grüberl und da hinein wollen wir das Ringlein legen und vergraben. So gehört cs keinem von uns und doch auch wieder
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jedem. Hist du einverstanden?“ „Ja, ja Lincrl, so wollen wiv’s machen“, rief der Knabe freudig aus. Und er grub ein Grübchen und das Mädchen versenkte darein den Reifen. Und noch ein Pflänzchen mußte drauf und, als wäre ihnen eine schwere Last von ihren Kinderherzen gefallen, setzten sic nun singend und springend ihren Heimweg fort.
Der Jugendfürsorgekurs in Wien.
Von Franz Breunlich, Bürgerschullehrer in Wien.
(Schluß.)
13. Ladislaus Müller, Sektionsrat im Justizministerium: Waisenfürsorge in Stadt u. Land.
14. Anton Püchl, Landesschulinspektor in Wien: Die Aufgaben der Jugendfürsorge für die gewerbliche Jugend.
15. Dr. Michael Freiherr von Pidoll	zu Quintenbach,	Sektionsrat a.D.:	Die Methoden
der	englischen Jugenderziehung. (Diesem	Vortrage wohnte	Se. Exzellenz der	Herr Minister
für Kultus und Unterricht Dr. von Hussarek bei.)
16. Dr. Emil Walkhoff, k. k. Polizeioberkommissär in Wien: Das Zusammenwirken der polizeilichen Jugendfürsorge mit der Schule.
17. Emerich Teubner, Oberleutnant	a. D. in Wien: Das Pfadfinderwesen	in Österreich
in seinen Beziehungen zur Wehrkraft-Erziehung und Schule.
18. Val. Sikorski, Übungsschullehrer an der Lehrerbildungsanstalt in Lemberg: Stellung der Schule zu den Jugendfiirsorgeeinvichtungen in Galizien.
19. Maximilian Schönowsky von Schönwies, Hauptmann im Ministerium für Landesverteidigung : Zwecke und Ziele der militärischen Jugend Vorbereitung, Zusammenwirken von Lehrern und Offizieren.
20. Regierungsrat Dr. Rudolf Hornich, Direktor des Pädagogiums in Wien; Zwecke und Ziele des k. k. Reichsbundes der Jugendwehren und Knabenhorte Österreichs.
Der erste Besuch des Kurses galt dem Gänsehäufel. Daselbst wurden unter der liebenswürdigen Führung des Kaiser!. Rates Aichhorn die Bade-, Schwimm- und Rudereinrichtungen des Zentralvereines zur Errichtung und Erhaltung von Knabenhorten besichtigt. Hieran schloß sich ein Rundgang durch die übrigen Badeanlagen der Gemeinde Wien am Gänsehäufel, wo auf 200.000 ptn 2 Grundfläche 7200 Garderobestellcn und 1200 in Strandlänge entfallen.
Am 14. Mai nachmittags versammelten sich die Kursteilnehmer vor der prächtigen Odoakerschule im 16. Bezirk. Die Räume, durch welche k. k. Bezirksschulinspektor Franz Ernst W oh Ibach die Besucher führte, haben Decken und Fensterpfeiler aus Eisenbeton und Linoleumbelag. Von der Odoakerschule ging es in den städtischen Kindergarten im 16. Bez., lirüßlgasse, und in den nahe gelegenen Knabenhort, Ivoppstr. 75, des erwähnten Zentralvereines. In beiden Anstalten hatte Bürgerschuldirektor Tremml die Führung übernommen. Auch Kais. Rat Aichhorn war zur Begrüßung der Gäste erschienen. Die Zöglinge ernteten durch ihre Leistungen in Instrumentalmusik, Gesang, Spiel und Handarbeiten lebhaften Beifall.
Zu den angenehmsten Erinnerungen jedes Teilnehmers "zählt der Besuch in der Knabenbeschäftigungsanstalt „Pestalozzi“ in Währing (Wien, XVIII.). An dieser im Jahre 1902 vom Direktor Bürgerschullehrer Krtitzner gegründeten Anstalt wirken fast vierzig Lehrkräfte vollständig unentgeltlich für ungefähr 800 Zöglinge. Was diese Leute in ihrem Idealismus zustandebringen, ist mustergültig für jede derartige Anstalt. Nach einem Skioptikon-vortrage des Direktors über das Leben der Zöglinge in den Ferienkolonien hatten die Besucher Gelegenheit, die Leistungen der Zöglinge im Fochten, Turnen und Musizieren zu bewundern. Nach einer Defilierung der Kinder in dem von der Gemeinde Wien überlassenen Czartoryskipark lud Direktor Krtitzner, der für seine Verdienste vom Kaiser mit dem goldenen Verdienstkreuze ausgezeichnet worden ist, die Besucher zu einem kleinen Imbiß in der Anstaltsbaracke ein. Der Abend verlief den Gästen unter Rede und Gegenrede überaus gemütlich und bewirkte, daß sie einander auch innerlich nahegebracht wurden.
Die „Praktische Durchführung von Jugeiulspiclcn“ unter Leitung des Prof. Anton Landsiodl wurde, leider .durch Regenwetter verhindert.
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Am 18. Mai nachmittags fanden im k. k.	Blinden-Erziehungsinstitute	MusikaulTiilivungeii
der	Zöglinge statt, wobei besonders die blinde Sängerin Hotter und der	blinde	Musiklehrer
llaindl lebhaften Beifall errangen. Unter Führung des Hauptlehrers Gigerl wurde das Institut besichtigt. In der Bibliothek und Druckerei gab der blinde Druckerei-Verwalter Satzcnhofen die	notwendigen Erläuterungen. Der blinde	Lehrer Meßiner führte in	seiner	gediegenen
Art	die Methode des Blinden Unterrichtes vor.	Als besondere Sehenswürdigkeit	des Hauses
ist das vom Kcgierungsrate Mell, dem Direktor der Anstalt, ins Leben gerufene Blinden-museum zu erwähnen.
Am 19. Mai wurde unter Führung des Direktors Anton Druschba das k. k. Taubstummeninstitut im 3. Bezirk besichtigt. Eine werktätige Unterstützung der Taubstummen: fiirsorge ist durch den „Verein zur Unterstützung taubstummer Kinder“ ermöglicht, an dessen Spitze Hof rat Dr. Ri eg er steht und das durch das Entgegenkommen des Bürgermeisters Dr. Richard Weiskirchncr alljährlich eine prächtige Weihnachtsfeier im Festsaale des Wiener Rathauses abhält. — Anschließend an die Taubstummenanstalt erhebt sich das k. k. Waisenhaus, durch welches Direktor Fr. Baum die Gäste geleitete. Auch das in der Nähe gelegene mit einem Kostcnaufwande von 17 Millionen Kronen erbaute Wiener Versorgungsheim wurde noch am selben Abend besichtigt.
Der Nachmittag des 19. Mai war dem Zentralkinderheim in Gersthof gewidmet. Die Anstalt ist in erster Linie dazu bestimmt, jene unehelichen Kinder zu versorgen, welche in der k. k. Gebäranstalt geboren worden sind. Im Verbände des Heimes stehen rund 17.000 Kinder, der größte Teil in der Außenpflege. Landesrat Dr. Hu eher und Anstaltsarzt Dr. P a w 1 o w s k i gaben auf dem Rundgange die nötigen Aufklärungen.
Am 21. Mai besuchte der Kurs das Kinderheim der Kinderschutz- und Rettungsgesellschaft in Maria-Enzersdorf. Daselbst begrüßte der Präsident der Gesellschaft k. u. k. Geheimer Rat Dr. Max Graf Wicken bürg die Kursteilnehmer. Zweck der Kinderschutz-»nd Rettungsgesellschaft ist, Kinder ohne Unterschied der Konfession gegen' Mißhandlung und gegen sittliche und körperliche Verwahrlosung zu beschützen. Die Kinder befinden sich in drei Kinderheimen und in zwei landwirtschaftlichen Kolonien. Nachdem unter Führung der Frau Baronin von Riefe 1 und des Frl. von Sedlakowitz die Räume des Heimes besichtigt worden waren, machten sich die Teilnehmer auf den Weg nach Biedermannsdorf, um dem Asyl für schwachsinnige Kinder, der „Stephaniestiftung“ einen Besuch abzustatten.
Das Protektorat über den 1883 gegründeten Verein hat Frau Erzherzogin Zita inne; Präsident ist Graf Bellegarde, Vizepräsident Hof rat Dr. Karl Rieger. Nachdem die Kursteilnehmer vom Verwaltungsausschuß mit einem Imbiß bewirtet worden waren, sprach Direktor J. Wötzmann über die Ausbildung der Kinder. Ihr dient eine achtklassige Schule, die in eine zwciklassige Vorschule und die sechsklassigc Volksschule zerfällt. Das Lehrziel, welches in günstigen Fällen in einzelnen Gegenständen erreicht werden kann, ist das der •normalen dritten Volksschulklasse. Dem Besucher fällt auch die Bezeichnung der Klassen auf. So stellt zu lesen: Klasse der Tante Irma, Klasse der Tante Anny usw. Man wählt absichtlich nicht die Bezeichnung 1., 2., 3., . . . Klasse, weil die Kinder in den einzelnen Gegenständen nicht gleich weit fortgeschritten sind. Sic werden daher in den verschiedenen Stunden ausgetauscht, d. h. ein schwacher Rechner der 4. Klasse besucht z. B. den Hcchcmmtcrricht der 3. Klasse. (Wie in der Eiuklalsigeil. D. Sch.) Statt daß man ihm nun sagt: „Du gehst in die 3. Klasse!“, heißt es einfach: „Du gehst jetzt in die Klasse der Tante Lina!“ Ein Rundgang durch den schönen Besitz der Anstalt beschloß den Besuch.
Am 22. Mai nachmittags wohnte der Kurs dem Turn- und Sportfest der Mittelschul-jugend Niederösterreichs bei.
Am nächsten Tage empfing uns Reg.-Rat Kamille W i n d t im Jugendheim der Polizeidirektion, Die Räume sind von der Gemeinde Wien kostenlos zur Verfügung gestellt. Es werden daselbst solche Jugendliche untergebracht, welche von der Polizei aufgegriffen oder von ihren Eltern verlassen werden, im Jahre rund 33.000. — Hieran schloß sich eine Besichtigung des Zentralfortbildungsschulgcbäudes im C. Bezirk, wo Ober-Direktor Schiffer die Führung übernahm.
Am 25. Mai erläuterte Oberst II öhn in fesselnder Weise an Ort und Stelle den Verlauf der Schlacht bei Aspern. Der Ausflug sollte zeigen, daß der Lehrer sich bei Schiileraus-lliigen zuerst selbst bei Fachmännern Rat holen soll, um dann die Schüler richtig zu führen.
Am 20. Mai besuchte der Kurs die n. ö. Landeserziehungsanstalt (Besserungsanstalt) in Eggenburg. Sie besitzt eine siebenklas-ige. Volksschule, eine dreiklassige gewerbliche und
eine zweiklassige kaufmännische Fortbildungsschule. Außerdem ist der Tnstrumentalunterrieht eingefithrt. Die Zöglinge besorgen alle landwirtschaftlichen Arbeiten auf dem .",30 Joch großen Grunde. F,s sind auch genügend Werkstätten vorhanden, wo die Zöglinge nach freier Wahl ein Gewerbe erlernen können. Gegenwärtig befinden sich 800 Knaben und 220 Mädchen in der Anstalt, 1200 werden in Evidenz geführt. — Zu Mittag wurden die Teilnehmer vom Lande N.-Ö. bewirtet. Nach den Dankreden und Ansprachen des Kursleiters Hofrat Dr. Ri eg er, des Direktors Hu cm er und der Bezirksschulinspcktoren Winkler und Zickero brach die Reisegesellschaft zu Besichtigung des Heldenberges bei Wetzdorf auf.
Dr. John, der Direktor des Heeresmuseums in Wien, erklärte den Ileldcnberg als das merkwürdigste Denkmal der Monarchie. Es verdankt seine Entstehung dem Armeelieferanten Parkfrieder, der mit seinem Freunde Radetzky und dem Grafen Wimpffen hier begraben liegt.1
Der Eindruck, welchen die Kursteilnehmer von dem Tun und Treiben in der k. u. k. Militär-Akademie in Mödling am 27. Mai erhielten, war der denkbar günstigste und sehr lehrreich, wozu die liebenswürdige Führung der Offiziere mit ihrem Chef Generalmajor H es eile viel beitrug. Es berührt sehr angenehm, daß das Buchwissen vollständig zurtick-tritt und nur zur Orientierung der praktischen Arbeit dient, welche auf allen Gebieten zur Durchführung kommt. Es herrscht aber auch insofern ein gewisser freier Zug in der Anstalt als man sich bemüht, besonders im letzten Jahrgange einen Mittelweg zwischen den Anforderungen der Schule und jenen des praktischen Lebens zu finden.. So können z. B. die Zöglinge in den für sie bestimmten Kasinoräumen rauchen, Billard spielen, Zeitung lesen
u.	dergl. Diese Art, den Zögling nicht bis zum letzten Jahrgauge durch Gebote und Verbote zu gängeln, sondern ihn in sich selbst das Gesetz für seine Handlungsweise durch praktische Betätigung finden zu lassen, wirkt ungemcin fördernd auf seine Charakterbildung und es wäre nur zu wünschen, wenn sie gleicherweise in den Lehrerbildungsanstalten, die ja auch Berufsschulen sind, allmählich Eingang fände. (Nichtig! D. Sch.) — Von Mödling ging cs nach Wr.-Neustadt, wo Oberleutnant Schwarz die Bauweise der Flugmaschinen erklärte.
Am 23. Mai erläuterte Direktor Dr. John im k. k. Heeresmuseum in Wien auf einem dreistündigen Rundgange in außerordentlich fesselnder Weise die Tatsache, wie unsere Armee aus einem Unternehmertum Einzelner eine Einheit unter der Leitung des Herrschers wurde. — Hierauf hielt Hauptmann Fischer einen kleinen Vortrag über das Kartenlesen u. dergl.
Anläßlich des letzten Vortrages in der Urania brachte Oberlehrer Linke aus Wien den Dank der Kursteilnehmer an den Unterrichtsminister zum Ausdruck und erklärte es als wünschenswert, daß öfter solche Kurse abgehalten und eine größere Anzahl Lehrer dazu einberufen würden.
Am 29. Mai führte Hauptmann Schönowsky v. Schönwies in Hütteldorf ein Kriegsspiel mit Geländeübungen auf, welches alle Erwartungen der Gäste erfüllte.
Am letzten Kurstag wurden am Vormittage die Jugendfürsorgeeinrichtungen beim Kreis-ge'richte in St. Pölten besichtigt. Nach den interessanten Führungen des Krcisgerichtsprä-sidenten Hofrat Müllncr erhob sich Landesschulinspektor Bruchnalski aus Lemberg und führte unter anderem folgendes aus:
„Mit dem heutigen Tage schließen drei Wochen pädagogischer Arbeit, reichlicher Belehrung, erweiterten Weitblickes für alle Kursteilnehmer.
Daß wir mit vollster Befriedigung und hoher Begeisterung für die edlen Ziele der Jugendfürsorge und unseres Kurses auseinandergehen, verdanken wir neben dem Wohlwollen des hohen Unterrichtsministeriums dem hochverdienten Leiter des Kurses, Herrn Hofrat Dr. R i e g e r.
Im Namen aller Anwesenden erlaube ich mir, dem Herrn Hofrate einige Dankes wort c zu sagen, welche uns allen vom tiefsten Herzen kommen. Wir bewundern im höchsten Grade Ihre Arbeitskraft, Ihren Weitblick und Ihre geradezu einzig dastehende Organisations- und Reistungsgabc, welche sich bei den Verhandlungen, Debatten und Resümees in einem beispiellos glänzenden Lichte gezeigt hat.
Aber nicht nur als Amtsperson, als weitberühmter Schulmann und Jugendfreund sind uns Herr Hofrat näher getreten, sondern auch als Privatperson haben Sic sich unsere Sympathie und Verehrung im Sturme erobert.
1 Sich dazu das Leseslück Nr. 98: „Der Heldenberg bef Wetzdorf.“ (Deutsches Lesebuch für allgem. Volksschulen. Von Dr. Karl Ricgcr und Dr. Karl Stejskal. Wien. K. k. Schulbüchcrvcrlag.)
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In gleichem Grade wie Ihr Geistesflug, Ihre hinreißende Beredsamkeit, Ihr Humor auch in der feinsinnigsten Kritik uns imponierten, in eben solchem Maße staunen wir über Ihre körperliche Rüstigkeit, Ihre spartanische Anspruchslosigkeit, mit welchen Eigenschaften Herr Hofrat uns, unter denen sich viel Jüngere befinden, geradezu beschämten.
Wir werden "Herrn Ilofrat stets in bester Erinnerung behalten, nicht nur als geistigen Pfadfinder und Bahnbrecher, als ersten Pionier des österreichischen Jugendfürsorgewesens, sondern auch als Vorbild praktischer Arbeitstätigkeit, unermüdlicher Arbeitsfreude und fester
Ausdauer Gott erhalte Herrn Hofrat der Familie, der Jugend und dem Vaterlande
noch viele, viele Jahre!“
Nach der vom stürmischen Beifall begleiteten Rede dankte Hofrat Rieger für die Ehrung und wies darauf hin, daß die Kurserfolge der selbstlosen Hingabe der Teilnehmer an die edle Aufgabe zuzuschreiben seien.
Mittags erfolgte die Abreise nach Maria-Zell. Von hiev aus wurden an den Unterrichtsminister Dr. v. Hussarek und den Sektionschef v. Madejski, dem Organisator des Kurses, Danktelegramme abgesendet. Ilofrat Rieger dankte dem Hofrat Ar de 11 und Vize-Sekretär Dr. Becker, welche die langen und schwierigen Vorarbeiten geleitet haben. Fürst R a d z i w i 11 brachte den Dank	der Gäste zum Ausdruck.
Wenn man	nun versucht, einen zusammenfassenden Rückblick	zu halten,	so ist	folgendes zu sagen:	Jedem Kursteilnehmer drängte	sich im Laufe der Arbeit das	Gefühl	auf,
wie doch unsere	Schule heute noch auf einem	Isolierschemel steht,	wie viele	Fäden	des
Lebens an ihr vorbeilaufen; es muß das Hauptziel eines aufstrebenden Lehrstandes bilden, die Verbindungen mit den verschiedenen praktischen Jugendfürsorge-Organisationen nicht nur zu knüpfen suchen, sondern womöglich auch die Schule zum Zentrum aller auf das Kindeswohl bezüglichen Bestrebungen zu machen.
In den maßgebenden Kreisen fehlt	cs	nicht an	Interesse in	Fragen der Jugend-
fürsorge. Das bezeugt die Anwesenheit dev vielen Minister und hohen Persönlichkeiten am Eröffnungstage. Dr. v. IIus sar k erschien noch ein zweitesmal am 25. Mai zum Vortrage des Freiherrn von Pidoll. Auch Sektionschef v. Madej ski und andere Funktionäre des Unterrichtsministeriums wohnten öfters den.Vorträgen bei, ebenso mehrere Landesschulinspcktoren und viele Bezirksschulinspektoren.
Der Kurs hat auch gezeigt, daß so manches Gute auf dem Gebiete der Jugendfürsorge schon geschaffen wurde, was nur nicht genügend bekannt war und darum als nicht vorhanden galt. Er hat das Gefühl erweckt, daß jene Faktoren, welche berufen sind, über das Wohl der Jugend zu wachen, auch ihre Pflicht erfüllen. Insbesondere hatten die Kursteilnehmer oft Gelegenheit, die Schulfreundlichkeit der Gemeinde Wien zu beachten. Wenn natürlich wie auch anderswo noch sehr viel zu tun übrig bleibt, dann werden wohl auch die Lehrer nicht ermangeln, als Volkserzieher freudig mitzuarbeiten an dem edlen Werke der Volksbegliickung.	'	.
Briefkasten.
Ein bedeutungsvolles Schlagivort unserer Zeit Heißt „Ökonomie mit geistiger Kraft". Wer wird leugnen, daß es angesichts der allgemeinen Nervosität und des psychischen Niederganges, soweit es sich um effektive Leistungen Handelt, in erste.r Linie aus daS Geschäft jener «»gewendet werden muß, die einerseits geistige Kraft in stufenmäßiger Folge entwickeln, anderseits die eigene Kraft derart eimichten solle», auf daß ihr Energiequantum nicht Schaden leide. Ich behalte mir vor, über den ersten Punkt bei Veröffentlichung meiner Dissertation näher einzngehe»; jetzt liegt mir eines am Herzen: die Psyche der Lehrers. So mancher ist ihr ein Tyrann, ein grausamer Tyrann. Er wiegt sie in den Ferientaumel ein, um sie sodann, wenn die Tore des neuen Schuljahres ausfliegen, plötzlich von einem Ende zum ändern zu zerren, sie zu foltern, sie geradewegs aus dem Ruhepunkl heraus der Vernichtung anheimzugeben. Ich meine damit vor allem den unvorberei-teten Beginn der neuen Jahresarbeit. Wer nämlich ohne jedwede	Prnparation in	das	Schuljahr	tritt, ist
seines geistigen Kapitals ärgster Verschwender. In	dem	Wirbel der	ungeregelten Tätigkeit	findet sein	Streben
feilte feste Linie; es beginnt daher das nervöse, unsichere Tasten. Wie anders läßt sich die Arbeit an, wenn sie mit ansgesührten Lehrplänen vorbereitet erscheint und wenn alles zur Hand ist, was sie stützt, was sie auf bestimmte Gleise bringt! Darum wird jeder, der gewissenhaft waltet mit seiner Pflicht und ökonomisch mit seinem Denken, den zweiten Töil der Ferien der Rüstung widmen, um leichtbeschwingt in daS neue Jahr zu ziehen. Das gib! sodann nicht allein ein flinkes, sondern ein frohes und vor allem ein tiefes Schaffen. — Schlisst. I. K. l» M.: Wenn Sie sich jener Kollegen, die von der Mittelschule her schnurstracks z»
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uns stießen, annehmen, so habe ich dagegen nichts einzuwenden, sofern ihnen unser Amt nicht bloß ein rcfugium roar. — Aach Aürnöerg: Herzlichen Gegengruß! — „Zweifler": 1. Kein Mitglied des Lrtsschnlrates hat daS Recht, sich in die enteren Amtsangelegenheiten dcS Lehrers zu mengen; dazu rechne ich auch die Amts» fChristen. — 2. Innerhalb dcS Schulhauses gelten nur die amtlichen Grade; also hat die Lehrerin nlS Untergebene den Leiter der Schule zu grüßen. Allerdings überwiegt in der Regel die Rücklicht, die man dem schöne» Gcschlechte im allgemeinen zollt; aber ans der spontanen Höflichkeit kann keineswegs eine Pflicht gemacht werden. — Kür die hundert und hundert Zuschriften anläßlich meiner Promotion zum Doktor der Philosophie und der Pädagogik nach allen Seiten hin schöne» Dank! Run tannjoieber ein bedeutender Nährstroiii auf die Bl. übergeleitet werden. —
Kleine Mitteilungen.
548.) Sie Vereinigung für flaatsvürgerkicke Aifbnng und Erziehung (Eharlottenburg, Lcibnitzstr. 47) hält auch in diesem Jahre in Jena vom 12.—18. August einen staatsbürgerlichen Ferienkursus ab. Diele Veranstaltungen erfreuen sich von Jahr zu Jahr wachsender Beliebtheit, insbesondere auch in Lchrerkrcisen. DaS Programm zeigt folgende je sechsstündige Vorlesungsreihen: Dr. jur. PollenSke, Privatdozent an der Universität Halle: „DaS Recht in seiner Bedeutung für daS wirtschaftliche und geistige Leben"; UniversitütS» Professor Dr. Jellinek, Kiel: „Polizei und Rechtsschutz in der Verwaltung"; RcichstagSabgeordneter Dr. Friedrich Naumann, Schöneberg: „AuS der deutschen ReichSversassung"; Dr. Paul Rühlmann, Leipzig: „Staat und Schule, grundsätzliche Fragen der staatsbürgerlichen Erziehung"; Dr. A. Günther Privatdozent an der Universität Berlin: „Grundzüge der Sozialpolitik"; Dr. R. Hennig, Friedenau: „Hauptprobleme des Weltverkehrs" (mit Lichtbildern). Außerdem finden folgende Einzelvorträge statt: Dr. R. Hennig, Friedenau: „Der Panamakanal, seine wirtschaftliche und politische Bedeutung" (mit Lichtbildern); Dr. Fr. Raumatm, Schöneberg: „Geburtenrückgang"; Negierungsrat Sperl, Posen: „Ansiedlungsproblcmc in der Ostmark". Auch in diesem Jahre wird ferner ein zwangloser Erörterungsabend über Mittel und Wege zur staatsbürgerlichen Bildung und Erziehung abgehalten werden. Die Besucher der Kurse finden hier Gelegenheit, ihre praktischen Erfahrungen auf dem Gebiete der staatsbürgerlichen Erziehung auszutauschen. Die Teilnahme an der staatsbürgerlichen Woche erfordert keinerlei staatswissenschaftliche Vorkenntnisse. Die Hör-gebühren betragen Mk. 5 für die sechsstündige Vorlesungsreihe, Mk. 1 für den Einzelvortrag. Anmeldungen sind an die Geschäftsstelle der Vereinigung oder an die Geschäftsstelle der Jenaer Ferienkurse (Jena, Gartenstr. 4) zu richten. Von dort sind auch kostenlos Programme zu beziehen, die über die gleichzeitig ftattfmbenbcn naturwissenschaftlichen, pädagogischen, theologischen, philosophischen, geschichtlichen, literarischen, Sprach», Modellier- und Zeichenkurse Auskunft geben. Vor Beginn der staatsbürgerlichen Kurse wird allen Teilnehmern ein ausführliches Programm mit VortragSdiSpositionen und Literaturangaben zugestellt. Dadurch soll eine Vorbereitung auf die behandelten VortragSgebiete ermöglicht werden. Die Vereinigung beabsichtigt, auch in anderen Städten staatsbürgerliche AnSbildungSgelegeuheiten zu schaffen. Zunächst soll im bevorstehenden Winterhalbjahr in Berlin ein etwa 20 ErörterungSabende umfassender AuSbildungSkursuS abgehalten werden, der einen systematischen Überblick über daS Gesamtgebiet der Staatsbürgerkunde geben wird. Hervorragende Persönlichkeiten haben bereits ihre Mitwirkung als Vortragende zugesagt. Zur Teilnahme an diesem AuSbildungSkursuS sind, wie bei allen Veranstaltungen der Vereinigung, Männer und Frauen aller Parteirichtungen willkommen. Näheres wird noch bekannt gegeben »'erben.
549.) Ale Schulgkocke. So nennt sich ein neues Schulblatt in der Bukowina. Es ist berufen, die deutschen.Lehrer und Lehrerinnen beS Buchenlandes sowie die GalizienS unter einem Fähnlein zu vereinigen. Rt. 1 verrät viel Geschick und vor allem eine glühende Begeisterung. Möge dieselbe alle erfassen, denen sie zugedacht ist! —
550.) Zeitschrift für das öftere. Afitibenroefeit. (Schriflleitung in PurkerSdorf bei Wien; 4 K jährlich.) Das schmale, schmale Heftchen entspricht nicht dem Preise. Eure ErösfnungSnuminer sollte doch, reicher aus» gestattet, versprechen! —
651.) So sollten es alle machen! Der SimplicissiinuS leistete sich unlängst einmal einen derben Witz, in dem der „Schulmeister" wieder einmal eine klägliche Stolle spielt. Daraufhin blieS die Thüringer Lehrer-zeituug zum Boykott. Stecht so! Wenn uns die Zeitungen verunglimpfe», so sollen wir sie wirtschaftlich bekämpfen. DaS wird die Lehrerkarrikatur bald verschwinden machen. —
552.) Aom Akpenhelm für Lehrer. Die Gemeinde Deutschlandsberg in Steiermark hat dem Deutsch-österr. Lchrerbnnde die kostenlose Überlassung von 3—4 Joch Grund (20.000 ni*) in der herrlichsten Alpen» gegend zur Erbauung beS geplanten Nlpenhcimes angetragen. Heute sind gezeichnet 154 Bausteine. Weitere Zuwendungen für das Nlpenheim nimmt die Geschäftsstelle desselben, Wien V., Reinprechtsdorferstraße 32, entgegen.
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553.) Ein ASellverkand für Sotkrerzkchung llnti ^olftsBifimng. Ob es wohl jetzt an der Zeit ist, die großen Probleme der Erziehung und Bildung des Volles, besonders unserer Jugend nach beendigter Schulzeit, in systematischer Weise international zu organisieren?
In fast sämtlichen Kulturstaaten bestehen hieiür ja bereits vorbildliche Verbände, es seien von deutschen nur die Gesellschaft zur Verbreitung von Volksbildung oder die Zentralstelle für Volkswohlfahrt oder die Deutsche Zentrale siir Jugendfürsorge genannt.
Zurzeit fehlt cs aber an einem internationalen Zusammenschluß. Es müßte für diesen Zweck ein dauerndes Bureau eröffnet werden zur planmäßigen Beobachtung der Erziehungsfortschritte aller Staaten. Von Zeit zu Zeit müßten dann auf internationalen Kongressen die Erfahrungen ausgctauscht werden, wobei vor allen Dingen im Auge zu behalten ist, daß alle Kulturnationen Gelegenheit haben, in genügender Weise zu Worte zu kommen. Daß eine solche internationale Veranstaltung wohl möglich ist, beweist der IV. Internationale Kongreß für Volkserziehung und Volksbildung, der unter dem Protektorate des Königs von Sachsen im September dieses Jahres in Leipzig tagen wird. Es werden hier tatsächlich die bedeutendsten Volkserziehungsverbände der ganzen Welt vertreten sein. Der Kongreß wird sie auf einige Tage zu gemeinsamer Arbeit aufs innigste zusammenschließen. Wäre es nicht im Interesse der Volkserziehung auf das lebhafteste zu beklagen, wenn auf jenem Kongreß sich nicht eine dauernde Vereinigung ermöglichen ließe? Wie wir hören, wird cs das eifrigste Bestreben des Präsidenten des Kongresses Dr. Max Brahn sein, einen solchen Zusammenschluß vorzubereiten. Welche Vorteile mit einem solchen Weltverbande verbunden sind und welche Aufgabe er zu erfüllen hätte, zeigt das Programm des IV. Internationalen Kongresses für Volkserziehung und Volksbildung, das in jeder gewünschten Anzahl kostenlos durch den Generalsekretär des Kongresses, Paul Schlager, Leipzig, Eutritzscherstr. 19 bezogen werden tarnt
554.) Englische Sprache. England — und seinem Beispiel ist Amerika gefolgt — hat China mit Schulatlanten überschwemmt, auf denen Deutschland neben dem mit Städten übersäten England nur mit Heidelberg und noch einer kleinen Stadt vertreten ist. Eines ähnlichen Verfahrens befleißigt sich England in Indien fchon lange. Aber man begnügt sich nicht, Deutschland als ein fast unbewohntes Land darzustellen. Mitunter läßt man es samt seinem Bundesgenossen Österreich ganz verschwinden. In einem bereits in mehreren Auflagen erschienenen Lehrbuchs des kantonesischcn Dialekts heißt es (in englischer Sprache) wörtlich: „England gehört zw Europa, wie Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Holland, Rußland und die Türkei, alle diese liegen in Europa."
555.) Die WonalsBlättcr für die Schulaufsicht — eingegangen. „Der Schriftleiter wurde amtsmüde." So heißt es im Abschiedsberichte. Ja, das muß man mitgemacht haben: einmal ein Blatt für Schulinspek-toten zu leiten. Während der drei Jahre, da ich die „Östcrr. Schulaufsicht" redigierte, sind mir aus dem Leserkreise nicht ein Dutzend nennenswerter Beiträge zugekommen. Aufrichtige Kollegen meinten, sie hätten nicht einmal Zeit, daS Blatt zu lesen, geschweige denn etwas einzusenden. Und doch sollten gerade die Schulaussichtsorgane Führer sein, informiert sein über jede Neuerung, stehen mitten in der päd. Literatur — und nicht allein im Aktenhauf. Man sieht, in Preußen ist cs diesbezüglich nicht besser als bei uns. —
556.) Pas ewig Weibliche zieht uns hinan. Verflossenes Schuljahr unterrichtete ich die großen Knaben. Schulbesuch: 76 48 °/o. Im Mai nahm der Lehrer der großen Mädchen eine Woche Urlaub und ich zog mit meinen Knaben zu den verwaisten Mädchen hinüber, um sie gemeinsam zu unterrichten. Schulbesuch während dieser Zeit: 100 °/o. Sogar Fritz Deimerl, der die Woche zuvor und die Woche nachher Halsschmerzen hatte, war in diesen Tagen pumperlgejund.	Mitgeteilt	von G. St.
557.) Sen Weg vom Soltlsschullehrer zum Soktor der Philosophie hat nunmehr auch der Üeiter der „Bl." zurückgelegt. Die Promotion fand am 10. Juli d. I. an der Wiener Universität statt. — Lebcnsgang: Geb. 5. I. 1871 in Oseu, Besuch der einklassigen Volksschule in Obermösel (Deutsche Sprachinsel Gottschee), tlutergymuasium in Gotlschee, Lehrerbildungsanstalt in Marburg, Lehrersupplent dortsetbst, prov. Unterlchrer in Muraii (Steierm.), Lehrer an der Deutschen Schule in Görz, k. k. ilbungsschullehrer in Innsbruck, a. o. Hörer der Universität dortselbst, k. k. Hauptlehrcr in Laibach, k. k. Bezirksschulinspektor in Gottschee, Gymnasialmatura in Triest, o. Hörer der Universität in Wien und München, k. k. Hauptlehrer in Mies. — Thema der Dissertation (232 Bogenseiten Umfang): „Experimentell-pädagogische Untersuchungen über die gestörte geistige Arbeit bei Kindern". (Eine wissenschaftliche Grundlegung für den Unterricht mit Abteilungen.) — Hauptrigorosum aus Philosophie und Pädagogik; Ncbcnrigorosum ans der Geschichte des Miltelalters und der Neuzeit. —
(>cc«tii4ychcr nnb verantwortlicher Dchrlstletter Hubolf Peerz. Druck von Ivsel Pa „licet tn Onttfchcc