Inhalt P. Edmund Schümm: Der Mann mit dem apostolischen Herzen........................ 25 P. W. K.: Spannungen zwischen Weiß und Schwarz in Südafrika 28 P. Karl Fischer: Das Himmelreich leidet Gewalt ......................, 1....... 33 Kurznachri chten aus unseren Missionen .......................................... 36 Br. August Cagol: Königslanze und Kreuz ’........................................ 39 Hugo Kodier: Die Station am Rio Begas............ ............................. 45 Das vordere Umschlagbild ist eine Federzeichnung von Rudolf Wirth, München. Zur gefälligen Beachtung Die Missionszeitschrift „Stern der Neger" 'erscheint alle zwei Monate im Umfang von 24 Seiten. — Der jährliche Bezugspreis beträgt in Deutschland DM 2.50; in Österreich 12 Schilling; in Italien 300 Iare|fpf Allen, die den Bezugspreis für 1954 schon gezahlt haben, sagen wir ein herzliches Vergelt's' Gott. Bestellungen werden entgegengenommen: In Deutschland vom Missionshaus Josefstal, Ellwangen (Jagst), Württemberg; in Österreich vom Missionshaus M a r i a Fatima, Unterpremstätten bei Graz; in Italien , vom -Herz-Jesu-Missionshaus in Milüand bei Brixen. Einzahlungen sind zu richten: In Deutschland auf das Postscheckkonto Stuttgart 54066 Missionshaus Josefstal; in Österreich auf das Scheckkonto 86211 „Stern der Neger“; in Italien auf das Herz-Jesu-Missionshaus in Milland bei Brixen: Mlffionegcbctsmcinungcn Vom Heiligen Vater gutgeheißen und gesegnet Für März: Um Brüderberufe für die Missionen. Für April: Für die Kirche in Skandinavien, Island und Finnland. Herausgeber und Verleger: Kongregation der Missionäre Söhne des Heiligsten Herzens Jesu, Josefstal bei Ellwangen (Jagst), Württemberg. Schriftleitung: p. Stephan Hintermann. — Postscheckkonto Stuttgart 54066. — Druck: Schwabenverlag AG., Zweigniederlassung Ellwangen/J. Mit kirchlicher Druckbewilligung und Erlaubnis des Generalobern. Stern Öcr Neger KathoUfche Miffione-Zettfchrift Herausgegeben uori ber Kongregation Miffionäre Söhne öes Heiligften Herzens Jefu 47. Jahrgang Heft 2 Der Mann mit Dem apoftolifchen Herzen Der 7. und 8. Dezember 1953 waren glanzvolle Tage für die Stadt Ellwangen und die ganze Gegend. Am 19. November waren im Beisein des Hochwürdigsten Diözesanbischofs Carl Joseph Leiprecht im Kreuzgang der Stiftskirche die Gebeine des Jesuitenpaters Philipp Jeningen erhoben worden, und nun wurden sie am Vorabend des Festes der Unbefleckten Empfängnis inmitten einer ungewöhnlich langen Lichterprozession durch die fahnengeschmückte Stadt geführt und hinauf getragen zur Wallfahrtskirche auf dem Schönenberg, die der fromme Priester einst seiner himmlischen Mutter erbaut hat. Während der Nacht stand ■ der blumengeschmückte weiße Sarg im Chor der Kirche, und die Pilger aus nah und fern hielten vor dem Allerheiligsten Betstunden, um sich vorzubereiten auf die Eröffnung des Marianischen Jahres, die der Bischof am folgenden Morgen für seine Diözese Rottenburg hier in der Stiftskirche vornahm. Dann wurde die kostbare Last wieder hinabgeleitet und in einem neuen Grabe beigesetzt. 250 Jahre sind es nun schon, seit P.» Philipp die Augen geschlossen hat, und noch immer gehört ihm die Liebe und Dankbarkeit des katholischen Volkes. Denn er war einst vierundzwanzig Jahre lang, in der drangvollen Zeit der Türkenkriege und Franzoseneinfälle, der Pest und des Hungers, des Glaubens- und Sittenzerfalles der gute Engel des Ell-wanger Gebietes. Da die innerste Sehnsucht seines Herzens, wenn auch nicht sein äußeres Wirken, der Heidenmission gehörte, bringt unsere Missionszeitschrift einen kurzen Lebensabriß dieses heilig-mäßigen Priesters. P. Philipp Jeningen wurde 1642 als Sohn eines Goldschmiedes in der vom Dreißigjährigen Krieg arg heimgesuchten Bischofsstadt Eichstätt geboren. Hier be- P. Philipp Jeningen S. J. (1642 — 1704) suchte er das Gymnasium der Jesuiten und studierte dann in Ingolstadt Philosophie und Theologie. Gegen den Wunsch seiner Mutter entschloß er sich, Jesuit zu werden, und trat in Landsberg in das Noviziat der Gesellschaft Jesu ein. 1672 empfing er in seiner Vaterstadt die Priesterweihe und kam dann für ein Jahr nach Altötting. Wie oft mag der von innerem Feuer glühende junge Priester hier vor dem Gnadenaltar gebetet haben. Nach längerer Wirksamkeit in Dillingen als Lehrer wurde er 1680 nađi Ellwangen versetzt in die kleine dortige Jesuitenniederlassung, und bald wurde er zum Wallfahrtspriester für-den Schönenberg ernannt. Damit begann sein eigentliches Lebenswerk. Auf. dem Schönenberg hatten 1638 zwei Jesuitenpatres den Grund gelegt zu der später so mächtig aufblühenden Wallfahrt, indem sie auf der bewaldeten Höhe ein Kreuz errichteten und daran eine kleine Nachbildung der Altöttinger Madonna anbraditen; bald mußte eine kleine Kapelle errichtet werden. Wie freute, siđi P. Philipp, wenn er die Pilgerscharen hier herauf fiihrén durfte zu Maria, wenn er mit ihnen feierlichen Gottesdienst halten und im Bußsakrament so viele verirrte Schäflein zurückführen konnte. Längst war die Kapelle zu klein geworden. Daher trug sich der damalige Fürstprobst Adelmann seit geraumer Zeit mit dem Plan, eine große Marienkirche zu bauen. Aber die Kasse : Bischof Carl Joseph, Leiprecht .mit den Gebeinen des Dieners Gottes : Wallfahrtskirche auf dem Schönenberg bei Ellwangen. In der Nacht zum Fest der Unbefleckten Empfängnis beherbergte sie die sterblichen Überreste des „guten P. Philipp“. war leer; so sdir eckte er immer.wieder davor zurück. Doch P. Philipp bewog seinen Herrn anläßlich einer Feuersbrunst in der Stadt, den Bau zu geloben und alsbald zu beginnen. So konnte schon 1682 der Grundstein gelegt werden. P. Philipp war der unermüdliche Berater der Architekten und Künstler, und reichlich flössen die Gaben des frommen Volkes durch seine Hände in die Küsse des Bauherrn. Als das Gotteshaus schon bis zum Dach gediehen war, fand in seinen Mauern ein Ereignis von weltgeschichtlicher Bedeutung seinen Widerhall. 1683 waren die Türken mit gewaltiger Macht die Donau aufwärts gezogen, um Wien zu erobern und das ganze Abendland zu überfluten. Der berühmte Kapuzinerpater Marco d'Aviano, den der Papst als seinen Legaten äri den Wiener Hof gesandt hatte, war unermüdlich tätig, die christlichen Fürsten zum Eingreifen zu bewegen, und so gelang am 12. September der glänzende Sieg über die Türken. Überall, wohin die Nachricht von diesem Sieg gelangte, war der Jubel der Menschen Bild 3: Am Morgen des 8. Dezember 1953 wurden die Gebeine vom Schönenberg nach Ellwangen zurückgeführt. Bild 4: Das neue Grab in der Liebfrauenkapellé der Stiftskirche zu Ellwangen. (5 Aufnahmen Foto-Zirlik, Ellwangen/J.) unbeschreiblich. Auf dem Schönenberg sammelten sich zahllose Andächtige und erfüllten zehn Stunden lang die neue Kirche mit ihren Dankesliedern zu Maria, der Hilfe der Christen. — Mit dem genannten P. Marco d'Aviano stand P. Philipp Jeningen in Briefwechsel. Einmal war dieser große Redner auch nach Ellwangen gekommen und sprach auf dem Schönenberg vor einer gewaltigen Menschenmenge. Da trat ' P. Philipp auf ihn zu und bat um seinen Segen. Die Leute sagten: „Ein Heiliger segnet einen Heiligen." Später wirkte P. Philipp vor allem als unermüdlicher Wandermissionar in einem Gebiet, das damals zu vier Diözesen gehörte: zu Augsburg, Eichstätt, Würzburg und Konstanz. Zu Fuß durchzog er die Dörfer und Städte; er scheute kein Ungemach des Weges ünd Wetters, auch nicht die Unfreundlichkeit und Gehässigkeit abgefallener Katholiken und fanatischer Neugläubiger, und mehr als einmal wurde er von ihnen überfallen und blutig geschlagen. Das konnte ihn nicht von seinem segensreichen Wirken abhalten, ja, er freute sich, wie sein Meister leiden zu dürfen. Sein schlichtes Wesen und bescheidenes Auftreten und die Herzlichkeit seiner Sprache gewannen ihm die Zuneigung aller Gutgesinnten, und in Scharen liefen ihm die Kinder entgegen, wenn er als apostolischer Wandersmann eine Gemeinde betrat. Nun müssen wir noch seines großen Herzensanliegens gedenken, von dem nur wenige wußten, das aber die innerste Triebfeder seines rastlosen Seeleneifers war: seines Verlangens, in die Heidenmission gesandt zu werden. Damals war die idealdenkende Jugend, besonders in den Klöstern, von einem Feuer der Be-gèisterung erfaßt für die Missionsarbeit in den neuentdeckten und in Besitz genommenen Ländern Asiens und Amerikas. Die Briefe der Missionare aus den geheimnisvollen Ländern Indien und China gingen von Hand zu Hand, und ungeduldig warteten zahlreiche Ordenspriester auf die Erlaubnis, in die Mission gehen zu dürfen. 1662 war der größte Glaubensbote der Neuzeit, Pater Franz Xaver, heilig gesprochen worden, und a allenthalben erwachte für diesen neuen Heiligen eine Begeisterung und Verehrung, die wir uns kaum mehr vorstellen können. Schon als Novize schenkte; P. Philipp sein Herz der Heidenmission, und er konnte es kaum erwarten, bis der Tag seiner Abreise ins ferne Heidenland käme. Er wollte nicht nur den Heiden den Glauben bringen, ihn verlangte nach dem Martyrium für seinen Meister. Aber Gott hatte anderes mit ihm vor. Es greift einem ans Herz, wenn man sieht, wie unstillbar diese Sehnsucht während seines ganzen Lebens in ihm ' brannte. Zwanzigmal, noch wenige Jahre vor seinem Tod, schrieb er an den P. General nach Rom,.- er möchte ihn doch in die Liste der Glücklichen aufnehmen, die als Apostel in die Feme ziehen durften. Ihn lockte nicht das Abenteuer, sondern das Kreuz, die Hinopferung seiner selbst in einem unblutigen oder blutigen Martyrium. Aber immer wieder wurde ihm geantwortet, er möge sich gedulden, er möge das Gebiet von Ellwangen als sein Indien betrachten. Der heilige Franz Xaver war sein leuchtendes Vorbild, und leicht entdeckt man gemeinsame Züge bei diesen beiden außerordentlichen Menschen. Gott hat dieses schmerzliche Opfer des Verzichtes angenommen und inSegen umgewandelt für dieses „Indien" in der Heimat. Als P. Philipp am 8. Februar 1704 starb, trug sein rastloses Wirken reiche Früchte eines aufblühenden Glaubenslebens. Auch von ihm konnte man sagen: Himmlischer Segen, göttliche Saat blüht auf den Wegen, die er betrat. Auch unsere Missionskongregatiön hat Anteil an diesem Segen. Stammen doch zahlreiche unserer Patres und Brüder aus dem Gebiet, das P. Philipp einst im Glauben neu belebt hat;’zwei unserer Missionshäuser liegen in seinem einstigen Wirkungskreis; und im Ellwanger Gymnasium, das bald nach dem Tod P. Philipp Jéningens auf seine Anregung hin erbaut wurde, gehen 130 unserer Missionsschüler ein und aus. Möge bald der Tag kommen, da wir P. Philipp als Seligen verehren dürfen, damit Heimat und Mission einen neuen Fürsprecher bekommen. P. Edmund Schümm Spannungen ztmfchen Weiß unt> Schwarz in Süöafriha Das Standbild Paul Krügers ln Pretoria. Er war der letzte Präsident von Transvaal Kürzlich erzählte mir eine Deutsche, Frau Z., sie habe mit ihrem schwarzen Hausboy folgende Unterredung gehabt: Er: Wir werden es genau so machen wie die < Mau-Mau in Kenia, wir töten die Weißen. Sie: Aber wir haben dich doch immer gut behandelt und bezahlt. Er: Ich werde dich auch nicht umbringen, das wird mein Freund tun. Sie: Und du? Er; Ich werde die Weißen töten, bei denen mein Freund dient. Diese halb im Ernst und hajb im Spaß gesprochenen Worte lassen die Spannung zwischen Weiß und Schwarz in Südafrika wie in einem Blitzlicht erkennen. Es wird viel über dieses schwierigste Problem der Südafrikanischen Union gesprochen und geschrieben und auch manches zu seiner Lösung getan. Es ist nicht leicht, beiden Teilen gerecht zu werden, und je mehr man sich mit der verzwickten Frage beschäftigt, desto unentwirrbarer scheint sie zu sein. Ich möchte versuchen, einen kleinen Einblick in die jetzige Lage zu geben. Der Weiße ist der Herr Der portugiesische Prinz Heinrich der Seefahrer sandte seine Kapitäne aus, den Seeweg nach Indien und zu den reichen Gewürzinseln ' zu finden. 1488 erreichte Bartholomäus Diaz das „Kap der Stürme", später umbenannt in „Kap der guten Hoffnung". Seine meuternden Matrosen zwangen ihn zur Rückkehr. Zehn Jahre später gelang es Vasco da Gama, auf dem Seeweg um Afrika herum nach Indien zu kommen. Damit riß Portugal den Handel an sich. Die reichen italienischen Republiken wie Genua und Venedig, die bisher über den Orient und das Mittelländische Meer die Reichtümer des Ostens nach dem Norden geleitet hatten, mußten den Portugiesen und dann den Spaniern weichen. Diese wurden von den Niederlanden verdrängt, die durch die Ostindische Compagnie den Handel mit Indien an sich brachten. Das Kap der guten, Hoffnung wurde eine Versorgungsstation für die holländischen Indienfahrer. Van Riebeeck brachte 1652 die ersten Siedler. Die Kolonie wuchs. Als Holland in die napoleonischen Kriege verwickelt wurde, übernahm England die Kapkolonie. Die eingewanderten Holländer, „Buren", konnten sich mit der englischen Herrschaft nicht befreunden und begannen den großen Treck ins Innere des Landes, d. h. sie zogen mit Kind und Kegel auf großen, überdachten Ochsenwagen aus dem englischen Gebiet fort bis über den Vaal-Fluß ins heutige Transvaal. Im Burenkrieg um 1900 verloren die Buren ihre Freiheit, die sie aber bald darauf von den Engländern wieder zurückerhielten. 1910 schlossen ,sich die vier Provinzen Transvaal, Oranje-Freistaat, Natal und die Kapprovinz zur Südafrikanischen Union zusammen. Um die gleiche Zeit, da die Europäer Afrika von Süden her besetzten, kamen die Bantuneger vom Norden. Die Ureinwohner, Buschmänner und Hottentotten, Blick auf das Regierungsgebäude in Pretoria wurden zwischen diesen beiden Mächten fast ganz aufgerieben. In blutigen Schlachten maßen sich die Weißen mit den Bantunegern, die unter tüchtigen Führern zu mächtigen Stämmen herangewachsen waren: die Zulus unter Tschaka und Dingaan, die Basutos unter Moshesh und die Matabele unter Moselekatse. Wenn die Weißen auch manche Schlappe einstecken mußten, so waren die Schwarzen den besseren Waffen und der zielbewußteren Kriegführung der Weißen doch nicht gewachsen, und so finden wir sie heute als Besiegte und Unterjochte in diesem Land. Man hört manchmal, die Weißen hätten den Schwarzen das Land weggenommen. Das stimmt nicht ganz. Denn die Neger besaßen das Land nicht, es war nicht ihr Eigentum, so wenig wie es das Eigentum der Weißen war. Beide haben es zu besetzen gesucht. Der Schwarze ist dabei zu kurz gekommen, der Weiße ist Herr geblieben. Im Jahre 1868 wurden die ersten Diamanten gefunden, und die Stadt Kimberley wuchs aus dem Boden, Abenteurer und Glücksjäger kamen aus Europa. Diese Einwanderung von Weißen nahm noch viel mehr zu, als 1886 der Wit- Zwei junge Frauen: und ein Mädchen aus dem Stamm der Bapedi watersrand sich als Goldfeld erwies. Die Goldstadt Johannesburg und der „Rand" wurden' das wirtschaftliche Zentrum Südafrikas. Köhlen'im nahen Witbank 'trugen zum schnellen Aufbau der Industrie bei. Heute wird auch Uran gewonnen. Der Schwarze war eine billige Arbeitskraft und ist es noch. Der Weiße ist der geborene Herr, der angibt und befiehlt. Die Schwarzen des Landes reichen nicht' aus, es kommen Neger von Nyassaland, von Portugiesisch-Ostafrika usw. als Arbeiter in die Union. Und der Weiße verdient. 1952 erbrachten die Goldminen Südafrikas ein Ergebnis von, 145 Millionen Pfund Sterling '= ' ein und eine halbe Milliarde DM. Der Weiße will Herr bleiben In der Union leben 2600000 Europäer' und ungefähr viermal so viel Nicht-Europäer, nämlich eine Million Farbige oder Mischlinge, genannt coloured, 300000 Inder und 8400000 Bantuneger. (Die Überreste von Buschmännern und Hottentotten können hier übergangen werden, dà sie, wegen ihrer geringen Zahl ohne Bedeutung sind.) Der Europäer hat sich in Südafrika eine Heimat geschaffen, die er nicht mehr aufgeben will. Er will auch seine Kultur, seinen Lebensstandard, seine Führerrolle beibehalten. Denn der Weiße fühlt- sich bedroht. Die Nicht-Europäer wachsen stetig an Zahl,an Einfluß, an/Fähigkeiteü, Kenntnissen. So bleibt nach der Meinung der, meisten Weißen nur eine Politik: möglich: Die Nicht-Europäer müssen niedergehalten werden, die Weißen müssen oben bleiben. Die Hautfarbe entscheidet also. Ein-Weißer kann noch so verkommen sein, ein ■ Nicht-Weißer noch so tüchtig, in Südafrika genießt der Weiße eine Vorzugsstellung, der Schwarze hat das Nachsehen. Der dümmste und ungebildetste Weiße; steht Vor dem Gesetz höher als der begabteste und gebildetste Nicht-Europäer. -Oft ist die Farbe ein sehr unsicheres Kennzeichen, Manchem Farbigen gelingt es, zur Herrenrasse der bevorrechteten Weißen hinüber zu wechseln, weil ihm ein gütiges Geschick eine hellere Hautfarbe verliehen hat. Alle sind Bürger des gleichen Landes, aber nur eine weiße Haut berechtigt zürn vollen Genuß der wirtschaftlichen, politischen, kulturellen; und gesellschaftlichen' Errungenschaften, der Besitz einer dunklen oder schwarzen Haut aber hat schwere Einschränkungen Zur Folge. In politischer Hinsicht. ist' der Schwarze eine Null. Er besitzt kein Wahlrecht.;: Wirtschaftlich ist;ihm der Zugang zur Erlernung eines Berufes versperrt. Er karin nicht Lehrling sein bei /hinein geprüften Meister, bekommt keine technische Ausbildung, kann niemals Mitglied von Gewerkschaften sein. Der Besitz von Land ist für Schwarze eingeschränkt. In einer kürzlich erbauten Eingeborenen-Siedlung müß die Familie 200 Pfund zahlen für ein schlecht gebautes Häuschen, ohne Eigentümer des Grundes zu werden. Der Staat kann also zu jeder Stundd die Leute,'wieder verjagen. Der Schwarze darf als Hausbursche die, Fußböden schrubben und wachsen, darf kochen, den Garten umgraben- usw., farbige Mädchen dürfen auf die Kinder aufpassen, sie zur Schule führen und in den Park-: zum Spielen;, bringen. Aber, kein Schwarzer darf sich mit einem Weißen an den Tisch setzen, er darf nicht unter dem gleichen Dach schlafén. Die meisten Neger verlassen daher am Abend die Stadt, um die Nacht • in der Siedlung zu verbringen. Der schwarze Mann ist die billige Arbeitskraft auf den Farmen, in den Fabriken, Bergwerken, im Handwerk. Auf erzieherischem Gebiet hat der Nicht-Europäer bei weitem nicht die Möglichkeiten, die dem Weißen geboten werden. Ungefähr 30 Prozent der schwarzen Kinder, bekommen eiben: leichten Anstrich: europäischer Schulbildung. Nur wenige; können höhere Klassen besuchen oder gar Hochschulbildung erreichen.; Auf gesell schaf tli c h e m Gebiet ist der Nicht-Europäer' vom, Europäer Spreti eine Unsumme von Verboteil abgeschlossen. Ein Nicht-Weißer darf natürlich: keinen Weißen »heiraten. Er darf im Zug nicht, den gleichen Wagen be-rtützen, nicht im gleichen Autobus fahren, nicht die gleiche Straßenbahn besteigen. Er hat im Postamt-seinen eigenen Schalr, ter und ebenso in- den andern Ämtern. Er darf sich im Park nicht auf die gleiche Bank setzen wie die Weißen;' Allüberall begegnet man Inschriften, die auf Bürisch oder Englisch besagen: „Nur für . Europäer", In vielen Vergnügungsstätten wird der Nicht-Europäer nicht zugelassen, er muß die für ihn bestimmten Lokale besuchen. Wehe einem Schwarzen oder Farbigen, der sich in ein Kino für Europäer verirrte! Auch in Kirchen wird diese Farbenschranke gezogen. Die katholische Kirche hält sich am wenigsten daran. Bischof Whelan von Johannesburg hat angeordnet, daß kein Schwarzer oder Farbiger aus dem Gottesdienst für Weiße ausgewiesen werden darf. Die Nats-Partei unter : Dr. Malan hat für ; diese Trennung den : Namen '„apartheid" geprägt. Durch neue Gesetze wird diese Politik unter der nationalen Regierung gegenwärtig verstärkt. Warum der Weiße? Könnte nicht der Weißd Südafrika als seine Heimat behalten und doch den Nicht-Weißen ein menschenwürdigeres Leben ermöglichen? Könnten nicht beide Gruppen auf gleicher Ebene zusämmen-arbéiten? Néin! sagen vor allem die Buren. Und warum nicht? Zunächst, weil die Schwar- zen schon von der Bibel dazu verurteilt seien, Sklaven der Weißen zu sein. Nach dieser Ansicht sind die Neger alle Nachkommen Chams bzw. seines Sohnes Kanaan. Noe hat diesen seinen Sohn und dessen Nachkommen wegen seiner Ehrfurchtlosigkeit gegen den Vater -ver- Zwei Bapedl b urschen aui dem Weg zur ZiviUsatlon (4 Aufnahmen W. Kühner) flucht, Während er seine beiden guten Söhne Sem und Japhet segnete: „Gepriesen sei der Herr, der Gott Sems. Kanaan sei sein, Knecht! Weiten Raum gebe Gott dem Japhet. Er wohne in den Zelten Sems. Kanaan soll sein Knecht sein" (1 Mos 9,26.27). Diese Lehre paßt zum Glauben der Kalviner an die Vorherbestimmung einer gewissen Anzahl von Menschen für den Himmel und einer andern für die Hölle, ohne Rücksicht auf die Verdienste des einzelnen. Wir wissen heute ziemlich sicher, daß die Bantuneger keine Chamiten sind, also auch nicht vom Fluch Noes getroffen wurden. Die Idee, daß schwarze Hautfarbe, soviel wie verflucht bedeutet, kam erst zur Zeit der Reformation auf. In früheren Zeiten wußte man davon nichts, ja, man ließ seit alters einen der drei Könige vor der Krippe als Mohren auf-treten, um auszudrücken, daß alle Heiden zum Christentum berufen seien. Aber selbst, wenn die Bantuneger Chamiten wären, so hätte der Fluch Noes keine verderblichen Folgen mehr für sie, da Christus die Menschen auch von diesem Fluch erlöst hat. Die Kalviner scheinen noch ganz im Alten Testament zu stecken und vom Geist Christi wenig gelernt zu haben. Sonst würden sie es als ihre schönste Aufgabe betrachten, den farbigen Völkern dieses Landes die Segnungen der Erlösung zu bringen und nicht so zu denken und zu handeln, als hätte Christus nicht uns alle freigemacht, Andere sind • der Ansicht, daß der Neger überhaupt kein Mensch, sondern ein Tier sei. Zu dieser Überzeugung kommen vor allem jene, die an die Abstammung des Menschen vom Affen glauben. Ist aber der - Schwarze kein Mensch, dann kann er auch keine menschlichen Rechte beanspruchen. Mit diesem Argument bringen viele ihr Gewissen zum Schweigen, das ihnen Vorwürfe macht wegen ihrer brutalen Behandlung der Eingeborenen. Selbst ein katholischer-Itaiiener hier sagte mir: „Padre; die Neger sind keine Menschen, sondern Tiere." Wieder andere meinen, die Schwarzengehörten einer.niederen MenäChenart.an. Sie seien zu dumm und zu faul, um mit den Weißen auf gleicher Ebene Zusammenleben zu können. Es sei aussichtslos, ihnen etwas beibringen zu wollen. Auch sei es nicht gut, sie mit europäischer Zivilisation zu belasten. Sie würden dadurch ihrem eigenen Volk entfremdet und blieben trotzdem den Europäern fremd. Die Bildung der studierten Neger sitze nicht tief, sie sei nicht in ihr Wesen' eingedrungen, sie hätten sie nicht verarbeitet und sich zu eigen gemacht. Ferner könne man den Schwarzen nie einen verantwortlichen Posten übergeben, .es fehle ihnen die Fähigkeit zu planen, zu organisieren, Methoden anzuwenden und vor allem die Ausdauer. Ohne die Aufsicht, eines Weißen werde die Organisation oder Einrichtung der Schwarzen bald zerfallen. Ein ganz schwerer Vorwurf wird den Schwarzen daraus gemacht, daß sie keine, Schrift und keine Literatur entwickelt haben. Aber man darf nicht übertreiben, nicht zu viel verlangen und muß den Schwarzen gerecht werden. Haben vielleicht alle Völker Europas eine Schrift und Literatur gehabt, bevor sie mit dem Christentum in Berührung kamen? Kann man von den Afrikanern billigerweise verlangen, daß sie in einigen Jahrzehnten nachholen, wozu europäische Völker Jahrhunderte gebraucht haben? Und dazu muß man in Betracht ziehen, daß sie das Christentum aufgespalten sehen in hunderte verschiedener Sekten, daß sie in vielen Weißen wenig vorbildliche Christen erleben und daß die christliche Lehre in europäischem Gewand zu ihnenkommt. Man muß auch die guten Sèiten der Bantus sehen. Manche Schwarzen haben eine erstaunliche Bildung erreicht trotz aller Schwierigkeiten,. Ich erinnere nur an Dr. Vilakazi, der in Zulu Gedichte schrieb und auch Werke in Prosa verfaßte. Der Schwarze kann ein treuer und ergebener Freund sein. So schreibt Brett in „Makers of South-Africa" : „Laß die, die den schwarzen Mann verächtlich machen, das Folgende beachten: Susi, Chumi und einige andere trugen den Leichnam ihres töten Meisters (Livingstone), zusammen mit seinem kostbaren Tagebuch, über 1000 Meilen (1600 km) nach Sansibar. Von hier wurde er nach England gebracht und in der Westminster-Abtei in Gegenwart einer großen Menge seiner Landsleute und einiger weniger seiner trauernden eingeborenen Diener beigesetzt." P. Bernhard Huß, der soziale Apostel der %Bantus, sagte von den Schwarzen: „Ich hatte gute, tüchtige, willige, gelehrige und verläßliche Arbeiter, richtige schwarze Gentlemen, aber auch faule, unbrauchbare, leichtsinnige, unzuverlässige, starrsinnige und aufgeklärte Angestellte, Einer war sogar so 'tüchtig, mich wegen .Sklavenarbeit' hineinzureiten. Er war reich genug, einen Advokaten dafür zu bezahlen." Der Schwarze hat ein gesellschaftliches Fühlen, ist gastfreundlich, liebt seine Familie und seinen Stamm. Er ist von Natur aus geduldig und heiter. Zum Christentum bekehrt, zeigt er eine einfache, fromme, aufrichtige Glaubenshaltung. Er lebt im allgemeinen anspruchslos. Die katholische Kirche weiht in vollem Vertrauen auf die „anima naturaliter Christiana" (die von Natur aus zum Christentum neigende Seele) des Schwarzen junge Männer des Banttgl Volkes zu Priestern, ja sogar zu Bischöfen. Ich habe nur Worte des Lobes gehört über den im vorigen Jahr konse-krierten ersten Neger-Bischof Südafrikas, Emanuel Mabathoana im Basutoland. Schwarze Schwestern Und Brüder dienen Gott im Ordensstand als Zierden ihres Volkes. P. W. K. (Schluß folgt) Dae Himmelreich leihet Gemalt Moritz, der einzige Sohn des Häuptlings der Amabaca Zulu in Natal (Südafrika) War mit seinen drei Schwestern... in der Missionsschule in Lourdes (Natal) sehr gut erzogen worden. Mit Zustimmung seines Vaters, der dem Named nach Protestant war, wurden er und die Schwestern in die katholische Kirche aufgenommen. Sein Vatèr-glaubte an nichts, hatte, aber das Gute, allen andern volle Freiheit zu lassen, jener Religion sich zuzuwenden, die sie für die richtige hielten. Moritz'. Mutter dagegen war eine fanatische Protestantin, desgleichen Sein Onkel väterlicherseits. Auf Betreiben, seiner katholisch gewordenen Kinder ließ der alte Häuptling in seinem Kral eine Hütte bauen, die als Bethaus für seine Kinder und die in der Nähe wohnenden Katholiken diente und in der an bestimmten Sonntagen von einem Priester von Lourdes, und später von Centpcow ln ihrer alten Tracht marschieren diese Zulukrieger zum Festplatz, um ihrem Oberhäuptling Bekizulu zu huldigen. Gottesdienst gehalten wurde. Da ich als Missionar in Centocow wirkte, wurde ich mit dem Häuptling und seiner Familie gut bekannt und besonders mit Moritz sehr befreundet. Der Tod des alten Häuptlings war-das Zeichen zur Eröffnung eines langen er-bittterten Ringens zwischen der Gnade Gottes und den Machenschaften der pro-testantischenVerwandtschaft, und in diesem Kampf ging es um die Seele des jungen Stammesoberhauptes. Der Stamm entzweit sich Moritz war der rechtmäßige Nachfolger seines verstorbenen Vaters im Häuptlingsamt nach dem alten Recht der Zuluneger und kraft feierlicher Einsetzung durch die Regierung. Sein Onkel aber wollte ihn nicht, anerkennen, da Moritz weder Protestant noch Heide sei. Durch das Treiben dieses Onkels bildeten $ich zwei Parteien im Stamme. Die Protestanten und ein Teil der Heiden waren für den Brüder des verstorbenen Häuptlings, die Katholiken und ihre Freunde standen zu Moritz. Es kam zum blutigen Kampf zwischen den.feindlichen Gruppen. An die 80 Hütten wurden in Brand gesteckt, Vieh wurde weggenommen, 17 Menschenleben fielen zum Opfer. Unter den Amabaca herrschte große Aufregung. Viele Frauen, Christen und Heiden, flüchteten nach Lourdes und Centocow, um bei den Missionaren in Sicherheit zu sein. Moritz blieb daheim. Er kam aber einigemal nach Centocow, um Rat beim Missionar und Hilfe und Stärke bei Jesus im Tabernakel zu erbitten. Da er Mitglied der Herz-Jesu-Bruderschaft war und gewissenhaft deri Herz-Jesu-Freitag hielt, erinnerte ihn der Missionar an die Verheißung des göttlichen Herzens: „Ich werde allen, die mein Herz verehren, alle jene Gnaden geben, die sie ihrem Stande gemäß brauchen.“ Er forderte ihn zum Vertrauen auf das göttliche Herz Jesu auf und versprach, auf der Station von den Mitglieder^ der Herz-Jesu-Bruderschaft für ihn beten zu lassen. (Die Station Centocow ist dem göttlichen Herzen Jesu geweiht und besitzt eine schöne Herz-Jesu-Kirche, an der die Herz-Jesu-Bruderschaft errichtet ist.) Nach einigen Wochen hatte die Polizei endlich Ruhe geschaffen und die Haupträdelsführer, darunter auch den Onkel von Moritz, hinter1 Schloß und Riegel gesetzt. Zum Beweise, daß die Regierung fest zu' Moritz stehe, wurde dieser vom Kommissar für die Eingeborenen erneut zum Häuptling ausgerüfen. Die protestantische Frau Wir in der Mission dankten dem göttlichen Herzen für diesen Erfolg. Der Leiter der Station traute aber der Sache noch nicht. Er meinte, für den armen Moritz müsse man weiter beten; er kenne seine Pappenheimer, der Haß stecke tief in den Schwarzen. Zunächst ging es ganz friedlich weiter. Regelmäßig wurde in der Außenschule dieser Gegend Gottesdienst gehalten, Moritz war immer anwesend, spielte das Harmonium und leitete den Gesang. Wir alle freuten uns über den jungen Häuptling. An einem Sonntag wurde mir nun -von den Frauen gesagt, Moritz hätte am vergangenen Freitag auf dem Standesamt ein protestantisches, Mädchen geheiratet. Das kam wie ein Blitz vom Himmel. Was war jetzt zu tun? Um Rat fragen konnte ich nicht mehr, da Moritz schon auf dem Weg zum Gottesdienst war. Ich mußte selbständig handeln. Vor Beginn der Messe sprach ich zuerst ein paar Worte zum Volk. Dann wandte ich mich an den Häuptling und sagte: „Nkosi Moritz, was ich heute über dich gehört habe, daß du nämlich gegen das Verbot der Kirche eine Protestantin geheiratet hast, ist eine große Sünde, ein großes Ärgernis, und schließt dich aus der Gemeinschaft der Kirche aus. Ich erlaube dir nicht, daß du während der hl. Messe hier im Zimmer bleibst und das Harmonium spielst, solange du diese Sache nicht wieder in .Ordnung gebracht hast." Diese Rede'war hart, und die am Boden sitzenden Leute beugten 'sich noch tiefer zur Erde. Moritz aber blickte ruhig zum Priester vor, verließ den Raum und blieb' außerhalb stehen. Nachher sagte er zu mir: „Vater, ich werde bald zu euch kommen und euch meine Lage erklären. Betet weiter für mich, ich vertraue auf ■P |§| % m Zulu-Mutter mit Kindern. Die Familien der Zulus sind meist mit zahlreichen Kindern gesegnet. Auch Hund und Katze gehören zum Familienverband, müssen sich aber-selbst versorgen. Jesus. Ich weiß, es war nicht recht, was ich getan habe.“ Als ich auf der Missionsstation den Fall erzählte, war der Obere gar nicht besonders erstaunt,? und meinte: '„Der Moritz ist einfach von seiner Mutter ■und seinen Verwandten dazu gezwungen worden. Es ist nur zu wundern, daß er trotzdem noch zu Ihnen in die Messe kam und nachher mit Ihnen sprach, obwohl Sie ihm eine sö, feste .Strafrede, hielten. Soweit ich weiß, sind bisher alle Häuptlingssöhne, die während ihrer Schulzeit getauft wurden, untreu geworden, wenn sie in solche Lagen kamen. Der Moritz scheint eine Ausnahme machen zu wollen. Machen Sie nur weiter nach Ihrer Art, und jetzt nicht das Vertrauen auf Gottes Gnade verlieren!" Als Moritz dann auf der Station erschien, war es wirklich so, wie der Missionsobere vermutet hatte. Es mußte nun wieder das Herz Jesu bestürmt werden, öfters als sonst besuchte ich jetzt den jungen Häuptling, ; und jedesmal - führte er mich in die Hütte, in der sonst die hl. Messe dargebracht wurde, zeigte auf das Herz-Jesu-Bild und sagte: „Hier bete ich mit meiner Frau alle Tage und; unterrichte sie' im Katechismus." Das war ein gutes I Zeichen und gab alle Hoffnung, daß diè besondere Gnade nicht ausblei-ben werde. Darüber vergingen fast zwei Jahre. In dieser Zeit starb die Mutter des Moritz plötzlich an einem Schlaganfall. Nach der Trauerzeit verlegte Moritz seinen Wohnsitz an einen Platz, der ihm gehörte. Er tat dies, um von seinen protestantischen Verwandten wegzukommen. Als er sich dort eingerichtet hatte, kam er eines Tages auf diè Missionsstation und bat den Missionar, seine Sache jetzt in Ordnung zu bringen. Der Missionar legte ihm und seiner Frau eine Bußzeit von zehn Tagen auf, in der sie auf der Station geistliche Übungen machen mußten. Sie begannen noch am selben Tag. Das junge Paar machte diese Exerzitien mit großem Ernst, und es zeigte sich, daß die Frau in den Glaubenswahrheiten wirklich gut unterrichtet war. Sie wußte auch, wie die Lehre im praktischen Leben anzuwenden sei. Da gab es keine Schwierigkeit mehr. Am Abend des neunten Tages schwor die Frau dem Protestantismus ab, wurde bedingungsweise getauft und ging nachher zur hl. Beicht. Am nächsten Tag empfingen beide bei der. hl.-1 Messe das Sakrament der Ehe. Das war ein großer Tag für Uns Missionare und erst recht für Moritz und seine Frau. Nach dem Frühstück dankte er mir und meinte: „Vater, glücklicher als heute war ich noch nie." Ich segnete die beiden, die vor mir knieten, und sagte: „Vertrauet nur fest auf das . heiligste Herz Jesu, es hilft euch weiterhin." Der Obere der Station wollte freilich meine Freude nicht recht teilen. „Sie werden sehen", sagte er, „der Moritz Sitzt noch nicht fest im: Sattel. Er wird noch mehr durchmachen müssen." Mir war das unverständlich. Was sollte da noch Vorkommen? Giftmischer am Werk Die Zukunft gab dem alten erfahrenen Missionar recht. Nachdem die Ehe geordnet war, kam Moritz mit seiner nun katholischen Frau regelmäßig zum . Gottesdienst in die Missionsstation. Seine Frau kam mit anderen Frauen, er . war immer in Begleitung eines seiner Minister. An einem Sonntag, da Moritz in der Frühe bei der hl. Messe gewesen war, kam abends sein Minister in die Station geritten und rief den Missionar eiligst zu Moritz, der vergiftet' worden sèi und im ' Sterben liege. Der alte Missionar, eben von einer Außenschule zurückgekehrt, war gleich bereit, wieder das Pferd zu besteigen und den zweistündigen Ritt zu Moritz zu machen. Er bat auch den Missiorisarzt, mitzukommen. Die, Zauberdoktoren der Zulu haben Mittel, mißliebige Personen unverdächtig aus dem Wege zu räumen. Sie ber eh ten den Leuten, die es verlangen, gegen gute Bezahlung ein Gift, das schnell oder langsam wirkt, je nach Wunsch der Auftraggeber. Dieses Gift muß dann so an den Rand des Bierkrugs gebracht werden, daß das Opfer es beim Trinken einnimmt. Bei einem Trinkgelage, zu dem der Zum Tod bestimmte auch eingeladen ist, wird ihm von dem Mädel oder der Frau, die das Bier gekocht hat, der Krug gereicht. Zum Zeichen, daß das Bier unschädlich ist, trinkt sie zuerst ein Wenig. Sie wischt dann die Stelle, wo sie getrunken hat, großartig mit der Hand ab und reicht nun' den Krug so, daß der Betreffende an der Stelle trinkt, wo das Gift am Kruge klebt. Da auch er nach dem Xrunk den Krug mit der Hand abwischt, wischt er auch das etwa zurückgebliebene Gift weg, und der Krug geht weiter in der Runde. So geschah es auch an jenem Sonntag, als Moritz auf dem Heimweg vom Gottesdienst in einer Hütte einkehrte, wo getrunken wurde. Der Gastgeber hatte wahrscheinlich von diesem Anschlag gar nichts gewußt, da er ein Anhänger des Häuptlings war, aber es gab jemand, der im Auftrag der Gegner den Mordversuch ausführte. Es war aber nicht herauszubringen, wer der Täter, war. Moritz war mit einem langsam wirkenden Mittel vergiftet worden. Da er sich zu Hause etwas unwohl fühlte und über Magenschmerzen klagte, dachte sein Minister gleich an eine Vergiftung. Zum Glück hatte der erfahrene Missionsarzt die richtige Arznei mitgenommen, und Moritz kam mit dem Leben davon. Die heidnische Nebenfrau Bald darauf traf Moritz ein großer Verlust. Sein bester Freund, der alte Missionar, starb an einem Asthmaanfall. Dem Nachfolger wären die Verhältnisse in dieser Gegend noch , nicht vertraut. So nahm er es nicht besonders tragisch, als er von Moritz' Frau die Mitteilung erhielt, ihr Mann habe ein heidnisches Mädchen als zweite Frau zu sich genommen. In der Meinung, Moritz sei ein Protestant, machte er mich ganz nebenbei darauf aufmerksam. Als er aber; Vernahm, Moritz sei ein katholischer Häuptling und mit Victoria, seiner Frau, kirchlich getraut, Und nachdem er die ganze Geschichte gehört hatte, beauftragte er mich, den Fall zu erledigen. Das Beste war wohl, mit Moritz persönlich zu reden. Es stellte sich heraus, daß man ihm nach heidnischer Sitte das Mädchen aufgedrängt hatte, um ihn von der katholischen Kirche wegzubringen. Die Lösung des neuen Verhältnisses war aber nicht so einfach. Moritz konnte das Mädchen nicht einfach wieder heimschicken; das hätte einen neuen Aufruhr entfacht. Es mußte langsam und vorsichtig gehandelt werden. Victoria, seine rechtmäßige Frau, zeigte sich nun als charaktervolle Katholikin. Sie trug es geduldig, eine/ zweite Frau neben sich zu haben, und versprach, darauf hinzuarbeiten, ■ daß das heidnische -Mädchen wieder seiner ’ Familie zurückgegeben werde, ohne daß daraus neue Mißstimmung unter den Leuten entstehe. Und Mann und Frau nahmen aufs neue. ihre Zuflucht žum Gebet;-,', zur Herz-Jesu-Andacht. Da begann der zweite Weltkrieg. Er war ein Unglück für die Welt, aber eine große Gnade für Moritz, Die Regierung zog sehr Viele Schwarze zum Militärdienst ein. Den Häuptlingen, besonders jenen, die eine Schule besucht hatten, wurden verlockende Angebote gemacht, weil man sie als Führer für ilire Leute gut gebrauchen konnte. Auch Moritz ging zum Militär. Seine Hauptabsicht dabei war, aus dem häuslichen Trubel herauszukommen und seine Stellung bei der, Regierung zu festigen. Jahre vergingen. Moritz ließ nichts. Besonderes von sich hören. Auch ich kam fast nie in den Häuptlingskral,, da uns Missionären im Verkehr , mit den Schwarzen bedeutende Einschränkungen aüferlegt worden waren und wir nur in den Außenschulen, Gottesdienst halten und die Kranken besuchen konnten. Da geht auf der Missionsstation ein Gèsuch von Victoria, der Häuptlingsfrau, ein, P. Karl Fischer schreibt zu diesem Bild: „Ich, fand diese Familie im Urwald der Waliwaga-Berge in der Nähie der Reichenaus-Mission. Der Vater ist Schàfhirte eines Farmers. Ihre elende Wohnung ist weit weg von jeder sonstigen menschlichen Behausung.“ (4 Aufnahmen K. Fischer) es möchte beim Häuptlingskral eine kleine Kapelle gebaut werden als Bethaus für .die dortigen Katholiken und zür Abhaltung des Sonntagsgottesdienstes. Der Bitte wurde gerne entsprochen, da man immer Ausschau hält nach neuen Plätzen für etwaige Außenschulen. Den Auftrag, die Kapelle zu bauen, bekam ich. Umgehend begab ich mich in die Amabaca-Siedlung und besprach mit der „Königin Victoria" den Plan der neuen Kapelle. Mit besonderem Nachdruck sagte sie: „Die Kapelle sollte bis Ostern fertig sein, da Moritz heimkommt und in der Osterwoche hier hl. Messe haben will." Sie versprach auch, für die notwendigen Arbeitskräfte zu sorgen. Das Bauholz bereitete ich auf der Station vor und ließ es mit dem Lastauto hinbringen. Mit -der Erlaubnis der Polizei in der Tasche ritt ich dann selber hin und, blieb 14 Tage dort. Die Arbeit ging schnell voran, und am Passionssonntag wurde die Kapelle auf den . Titèl vom Heiligen Kreuz geweiht, und es wurde die erste, hl. Messe gelesen. Am Ostermontag war die zweite hl. Messe. Da traf ich nach Jahren wieder den Häuptling Moritz. Wie ich ihn sah, dachte ich: „O-könntest5 doch auch du wieder Ostern feiern!" Er trat auf mich zu und bat mich, seine Beichte zu hören. Ich fragte: „Aber wie willst du beichten,-, da du zwei Frauen hast?" Freudig antwortete er: „Vater, es ist jetzt alles wieder in Ordnung. Mit meinem Beichtvater in Kapstadt habe ich alles besprochen. Letzte Woche hat mein Minister hier das heidnische Mädchen mit Zustimmung ihrer Eltern und der anderen Leute heimgebracht. Ich bin jetzt frei und werde wahrscheinlich auch künftighin von' meinen Gegnern nicht thehr belästigt werden. Meine Frau hat in meiner Abwesenheit alles getan, daß die Leute einig wurden und uns Katholiken leben lassen." So endete die heiße Schlacht. Am Schlüsse siegte die Gnade Gottes durch die Güte des heiligsten Herzens Jesu. Bis heute lebt Moritz Msingapansi mit seiner Frau Victoria friedlich zusammen. Er ist der Häuptling der Amabaca, sie die eifrige Führerin der katholischen Frauen. P. Karl Fischer, Reichenau-Mission (Natal) Kurznachrichten aus unteren Miffionen Diözese Lydenburg, Südafrika Barberton. Am 29. November 1953 konnte Bischof Johannes Riegler in Bar- Auf dem Bauplatz der Eingeborenenkirche ln Barberton. Das am 29. November 1953 eingeweihtc Gotteshaus wurde gebaut von Bruder Otto Hüber aus Bieringen (links), Bauherr war P. Pius Segeritz aus Untergriesheim (Mitte). Hechts steht Bruder. Adolf Hirschlein aus Staigerbach. (Archiv) berton die neue Kirche für die Eingeborenen einweihen. Beim Pontifikalamt und den Einweihungsfeierlichkeiten war das neue Gotteshaus von den Schwarzen bis auf den letzten Platz gefüllt. Beim anschließenden Empfang im Pfarrheim dankte der Bischof besonders P. Josef Stèmpfle, dem Pfarrer der schwarzen Gemeinde, und P. Pius Segeritz,' der mit seinen weißen Pfarrkindern den Bau finanziert hat, so daß die Kirche schon jetzt schuldenfrei dasteht. Der Bischof dankte auch dem Vertreter der bürgerlichen Gemeinde für das Entgegenkommen beim Umtausch des ursprünglich vorgesehenen ungünstigen Bauplatzes gegen den jetzigen. ■ Maria Trost. Am 3. Dezember eröffnete Bischof Riegler hier den zweitägigen Kongreß der „Katholischen Afrika-Union", zu dem etwa 100 Vertreter der Lehrer- und Elternschaft aus ganz Südafrika erschienen waren, um die ernste Lage auf dem Gebiet des Schul- Wesens zu besprechen. Der- Fortbestand der katholischen Schulen ist durch ein neues Erziehungsgesetz gefährdet. Der Bischof forderte die Lehrer und Eltern auf, sich unter persönlichen Opfern für! den christlichen Charakter der Schule und die Erziehung der Kinder im Geiste Christi einzüsetzen. Er konnte mitteilen, daß die Regierung zugesagt habe, eine gewisse Art von Missionsschulen weiterhin bestehen zu lassen und zu unterstützen, wenn die geforderten Bedingungen eingegangen würden. P. Richard Lechner, der geistliche Leiter der K; A. U. in der Diözese Lydenburg, ergriff ebenfalls das Wort. Der Tagung waren zweitägige Exerzitien vorausgegangen, die P. Franz Demél gegeben hatte. . S a b i e. Am 24. Januar dieses Jahres' wurde in Sabie eine neue Kirche für die Eingeborenensiedlung eingeweiht, Witbank. Die Kathedrale in Wit-bank, zu der am 12. April 1953 der Grundstein gelegt worden war, konhte nun am 31. Januar von Bischof Riegler einge-Weiht werden. Näheres in der nächsten Nummer des „Stern der Neger". Diözese Huanuco, Peru P o z u z o. Ein Missionar kann. alles brauchen, aber es gibt auch Missionsfreunde, die an alles denken, wie wir einem Brief P. Michael Wagners entnehmen. Er schreibt an einen Friseür-meister im Allgäu: „Herzlichen Dank für das praktische Geschenk von zwei Haär-schneidmaschinen, die Sie uns durch den Hochwürdigsten P. General vermittelt haben. Damit haben Sie uns Missionaren mitten im Urwald einen großen Gefallen erwiesen. Herzliches Vergelt's Gott dafür! Sie funktionieren ausgezeichnet und wir können sie sehr gut gebrauchen, Auch meine Indianer haben davon schon Gebrauch gemacht. So manchem habe ich die langen, stahlblauen Borsten abgeschnitten und sie wieder salonfähig gemacht. Der Missionar muß allen alles sein: Friseur, Arzt, Landwirt, Schreiner, Maurer Und Eseltreiber. Im Urwald fehlen uns ja gute Handwerker. Da muß der Missionar selbst einspringen, Einmal mußte ich sogar Zähne ziehen. Es stand mir kein anderes Werkzeug zur Verfügung als eine alte Beißzange. Ein Indianer, der an heftigen Zahnschmerzen litt, bat mich, ihm den bösen Zahn herauszunehmen. Ich probierte zuerst, aber da fing der Mann an, mit den Fäüsten auf mich einzuschlagen. Es blieb mir nichts anderes übrig, als den1 Indio mit Stricken an einen Urwaldbäum anzubinden. Sie hätten aber den Spektakel hören ,sollen! Ein Zetergeschrei, daß es im Urwald widerhallte. Doch endlich war der Zahn heraus." Nun will der gute Friseurmeister auch für einige Zahnzangen sorgen. Lydenburg. Bischof Johannes Riegler hat sich in die Vereinigten Staaten begeben, um bei den für die Heidenmission so aufgeschlossenen dortigen Katholiken für seine arme Missionsdiözese Geld zu sammeln. Am 10. Februar verließ er mit dem Flugzeug Johannesburg Und gelängte über Dakar, Lissabon und die Azoren nach New York. Königelanze unö Kreuz Geschichtliche Erzählung vo n Bi;, Auge st; C a g o 1 (Fortsetzung) Nur zu gut kennen sie ihre Gegner, nu-bische Sklavenjäger, ihre Todfeinde, Mit ihren dicken Schilden aus Nilpferdhaut die edleren Körperteile schützend und Hütten und Strohwände geschickt als Deckung benutzend, eilen Sie der feindlichen Schützenlinie entgegen, die gewaltigen Lanzen wurf- und stoßbereit haltend, mit scharfem Auge jede Bewe- gung des’ Gegners beobachtend und mittels des Schildes die Bleikugeln auffangend, und ihre Wirkung abschwächend, gleichzeitig trachtend, an die einzelnen Schützen heran- und mit ihnen in Nahkampf zu kommen. Der Vorteil der Feinde hingegen lag darin, die wilden Krieger nicht zü nahe an sich herankommen zu lassen, weil dadurch ihre Feuerwaffen die Überlegenheit über die Lan- zen der Schill uk bewahrten. So sank denn ein Schwarzer nach dem andern tot oder kampfunfähig hin, so daß die Sklavenjäger nach kurzer Zeit daran denken konnten, die gewünschte menschliche Schiliukmädchen vom Weißen Nil. Um sich schön zu machen, legten sie ihr, Festkleid, ein Ziegen- fell, an. (Archiv) Beute zu sichern. Mit schnell entzündeten Fackeln — Büscheln von dürrem Grase —- drangen sie in die Hütten ein und bemächtigten sich der Frauen, Jungfrauen und Kinder, die sich nach dem Verstummen des Kampfgetümmels “fast willenlos gefangen nehmen ließen. Den Nubiern, war Eile geboten, denn aus der Entfernung hallte der aufgenommene Kriegsruf wider, der sich fort-'pflanzte von Dorf zu Dort. An Seilen fesselten die Räuber, die ihr schmähliches Handwerk gut verstanden, die menschliche Ware, meist Knaben und Mädchen, während ältere Frauen und kleine Kinder einfach getötet wurden. Auch vergaßen die Eindringlinge das Vieh nicht, das sie aus den Stallhütten trieben. Ebenso wenig unterließen sie es, den niedergebrannten Fackeln neue Nahrung zu geben, indem sie mit ihnen die trok- kenen Strohdächer der Hütten und die Mattenwände der Gehöfte anzündeten. Dann eilte die ruchlose Gesellschaft, Sklaven und Vieh mitten im Zuge führend, den wartenden Schiffen zu, auf denen die Segel entfaltet und alles zu augenblicklicher Abfahrt bereitgemacht wurde. Ador hatte sich, durch das Hundegebell jäh aus dem Schlafe geweckt, unverzüglich ins Freie gestohlen, wo ihr sogleich die gefährliche Sachlage klar wurde. Ihr Entschluß war gefaßt; sie wollte zu fliehen versuchen und sich ins heimatliche Dorf retten, obschon der Weg über die nächtliche Steppe, auf der sich häufig wilde Tiere herumtrieben, gefährlich genug erschien. Behende eilte sie dem landeinwärts gelegenen Dorfausgang zu in der Hoffnung, die Eindringlinge befänden sich nur auf der Flußseite. Doch sie täuschte sich. Die Räuber hatten bereits das ganze Dörfchen umstellt, Und die Fliehende wurde von zwei der Gesellen gesehen. Sie wollte sich . zurückziehen, aber es war schon zu spät. Einer dér Männer sprang ihr nach, ergriff sie, fesselte sie an Händen und Füßen und ließ, sie einstweilen hilflos liegen, um sich am Kampfe beteiligen zu können, beim Abzug nahm er das Mädchen als seine persönliche Beute an sich. In Räuberhänden Im unheimlichen Schein des brennenden Dörfchens stießen die drei Barken vom Ufer ab, suchten die Mitte des' Stromes auf und begannen, flußabwärts zu gleiten. Aus den nächsten Dörfern erschienen die ersten wehrhaften Männer am Ufer, in ohnmächtiger Wut ihre Lanzen und Keulen schwingend. Wie zum Hohne sandten die Nubier noch einige Schüsse hinüber, deren Kugeln aber nur das .Uferschilf erreichten. . Die Opfer des nächtlichen Überfalles waren in aller Eile in die Laderäume der großen Barken gestoßen worden, wo sie sehen mochten, wie sie ihre Leiber und Glieder unterbrachten. Es waren bereits Unglückliche aus zwei Dinka-dörfern in den Fahrzeugen verteilt; die zwei Nächte vorher geraubt worden waren. Unter den. Schiffern herrschte frohe Stimmung. Der gute Fang : versprach guten Gewinn. Würziger Duft-frisch bereiteten Mokkas stieg auf, und unter heiteren Gesprächen schlürften die auf den Vorderteilen der Barken versammelten Sklavenjäger den anregenden dunklen Trank. Die Morgensonne fand die kleineFlotte im Flusse ankernd, angesichts der großen „Zeriba"' Heilet Kaka, Das freundliche Tagesgestirn konnte nur weniges Licht ins Innere der Schiffsräume senden. Da lagen die armen Naturkinder zusammengepfercht, der Freiheit beraubt, ihren Lieben entrissen, einer unbekannten, düstern Zukunft entgegengehend. Was wird ihr Los sein? Wer wird ihr künftiger Gebieter sein? Wie wird er Sie behandeln? Werden sie je ihre traute I leimat, ihre Landsleute Wiedersehen? Alles das sind Fragen, auf die sie keine Antwort finden. Niemand ist zum Reden aufgelegt. Alle sind. trostbedürftig, und keiner von ihnen kann Trost spenden. Ador war von ihrem Erbeuter auf der größten Barke untergebracht worden, Er war ein großer, schlanker Mann und hörte auf den Namen G h ali. Er war einer der führenden Männer und genoß, ziemliches Ansehen. Die wohlgebildete Schillukjungfrau betrachtete er als sein persönliches Eigentum, und niemand widersprach ihm darin. Ador befand sich in Gesellschaft von Dinka-Gefangenen, die ihr völlig fremd waren; von ihren Šćhilluk-Freunđen aus dem Dorfe Abur war sie getrennt. Bald erschollen Rufe von Schiff zu Schiff. Die Segel wurden wieder entfaltet, und kurze Zeit darauf stießen die Kiele am Uferrand auf. Die Schiffsluken wurden aufgerissen und die Sklaven aufgefordert, ans Ufer zu kommen, was sie blinzelnd und stolpernd taten, denn ihre Augen waren das grelle Sonnenlicht nicht gewohnt und ihre Glièder ungelenk. Am Ufer erwartete sie eine Anzahl bewaffneter Nubier, die sie zusammenseilten und in ihre Mitte nahmen. Dann ging es durch hohes Gras in westlicher Richtung landeinwärts. Bald wurden die auf einer Bodenstelle errichteten, Strohhütten der nubi- schen Ansiedlung sichtbar, und dann langte der Zug vor dem Graben und dem Erdwall mit Dornenverhau an und betrat durch einen schmalen Zugang das Innere der Zeriba. Vor den Augen der/Gefangenen tat sich eine Ansammlung dicht gedrängter Hütten auf, ,zwischen denen Hühner hèrumliefen und vor deren: Eingängen vereinzelte, mit Kocharbeiten beschäftigte Weiber kauerten, die sogleich ihre Tätigkeit unterbrachen, um ihre Neugier zu befriedigen und mit den heimkehrenden Genossen Begrüßungen und Neuigkeiten auszutauschen. Durch eine enge, schattige Gasse ging es einem freien Platz zu, wo Halt gemacht wurde. Diese Zeriba, d. i. befestigter Platz, war von den Sklavenjägern vier Jahre vorher errichtet worden, denn Ara k i 1 B e y , der. damalige Génèralstatthalter des Sudan, ein christlicher Armenier, war mit aller Strenge gegen den schmählichen Menschenhandel vorgegangen, was die gewissenlosen Händler veranlaßt hatte, im freien Schillukland, das damals außerhalb der ägyptischen Botmäßigkeit lag, einen festen Stützpunkt zu schaffen, von wo aus sie ihre Raubzüge ungehindert antreten könnten. Die in der Nähe wohnenden mohammedanischen Baggarastämme waren' die Abnehmer der geraubten Menschen, die sie auf dem Landweg nach Kairo schafften. Hellet Kaka hatte sich bereits zum bedeutendsten Sklavenmarkt des mittleren Weißen Nil entwickelt, der sich eines Jahresumsatzes von 2000 Sklaven rühmen konnte. Einer der Führer des Zuges begab sich in eine Wohnung am Ende des Platzes und kehrte nach kurzer Zeit mit einem schieläugigen, bejahrten Manne in langem Hauskleid und weißer Taqia (Kopf-mützchen) zurück. Mit großer Wärme und süßlichem Lächeln bot dieser den Freunden die Rechte, um sie wieder und wieder mit ! Inbrunst auf die . Brust zu legen, dabei sich unaufhörlich nach ihrem Befinden erkundigend. Angesichts der guten Beute rief er voll Entzücken aus: „Nischkur Allah!" (Wir danken. Gott!), wobei er die Augen verdrehte, daß nur das Weiße der Augäpfel sichtbar blieb. Der Wackere war Ahmed e 1 Agat, der Wakil (Geschäftsführer) Musa el Agats, eines der reichsten sudanesischen Kaufleute und Sklavenhändler. Dieses Mädchen liebt nicht nur glänzenden Schmuck, es hat auch am Tabakkauen Geschmack gefunden. (Archiv) Die Nachricht der Ankunft neuer Sklaven hatte sich schnell verbreitet, und schon fanden sich Kauflustige ein, Bag-garaleute,. ungebildete, grobknochige Menschen. Ahmed el Agat machte seine „Ware" sogleich marktbereit. Er ließ die Gefangenen nach Geschlecht und Alter abgeteilt aufstelleri. Schilluk waren es etwa 50, Dinka etwa 180 Sklaven. Ador suchte mit den Augen die Reihen ab. Unter den wenigen Frauen erblickte sie die Mutter Njikaias und in ihrer eigenen Gruppe ihre Freundin selbst; das war ihr ein Trost. Umsonst aber hielt sie Umschau nach Luong, von dem keine Spur zu erblicken war. Diese Beobachtung fiel ihr schwer aufs Herz; hatte sie doch im stillen auf seinen Schutz gehofft, obgleich ihr Selbst nicht klar war, wie er als gefangener Sklave sie hätte beschützen können. Ebenso wenig sah sie Adjak, den Vater, und Akwetsch, den jüngeren Bruder Njikaias. Während die Angesehenen unter den Nubiern die einzelnen Gruppen des „schwarzen Elfenbeins" absonderten, beobachtète Ador mit Schrecken, wie Ghali, der sich der Gruppe der Frauen genähert, die alternde Mutter Njikaias als „nutzlose Ware" einfach mit dem Gewehrkolben niederschlug, so daß sie blutüberströmt zu Boden sank und bald darauf den Geist aufgab. Njikaia stieß einen herzzerreißenden Schrei aus und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Der Vorgang versetzte M o h a m tn e d Ali, den Befehlshaber auf dem Raubzug, in große Wut. Obschon die Handlungsweise Ghalis die allgemein übliche der Nubier war, die älteren Sklaven ohne Umstände töteten, behauptete er in diesem Falle — offenbar aus persönlicher Abneigung gegen den ehrgeizigen Ghali —, die Frau sei noch nicht zu alt gewesen und hätte noch einen leidlich guten Preis erzielt. Ghali zeigte sich ebenso gereizt und wies die Vorwürfe; seines Widersachers 'mit scharfen Worten zurück. Die Gefährten und der Wakil legten sich ins Mittel und beschwichtigten beide Teile mit dem Hinweis, es sei nunmehr unnütz, die Sache weiter zù verfolgen. Ador bedauerte ihre Freundin herzlich, die es hatte ansehen müssen, daß ihre Mutter auf so ruchlose Weise ..hingemordet wurde. Ihre Abneigung gegen Ghali aber steigerte sich zu glühendem Hasse. Alsdann begann das Handeln zwischen Verkäufern und Kauflustigen. Beide Teile nannten zunächst Preise, die den denkbar größten Abstand aufwiesen. Die einen wollten viel lösen und die andern möglichst wenig springen lassen. Allmählich, nach langem Feilschen, wurde ein Teil der Sklaven verschachert. Gleichzeitig mit der Bezahlung wurde ein, Verkaufschein ausgestellt, durch den der Sklave oder die Sklavin in den rechtmäßigen Besitz des' neuen Herrn überging. Das Geschäft ging nicht sonderlich flott; nur etwa ein Drittel der Sklaven konnte abgesetzt werden. Ghali hatte beizeiten den Wakil für sich gewonnen, daß er ihm gegen Erlegung ' eines persönlichen • „Bakschisch" (Schweigegeld) Ador als Eigentum über- lasse. Sein Gegner Mohammed Ali, der ihn scharf beobachtete, hatte das Nebengeschäft wohl bemerkt, scheute sich aber, gegen den Wakil aufzutreten und sparte seine Rache gegen Ghali auf gelegenere Zeit auf.. Da es dem Wakil nicht ratsam schien, so viele Sklaven in der'Zeriba zu behalten, er anderseits die Schiffe brauchte zur Erledigung weiterer '„Geschäfte", gedachte er, nur eine der Barken mit Sklaven und Vieh nach Chartum zu schicken, die übrigen Gefangenen aber auf dem Landweg über El-Obeid zu senden; Das zurückkehrende Schiff aber konnte notwendige Vorräte von Chärtuni mitbringen. Sogleich wurde die Scheidung vollzogen. Die für den Landweg bestimmten Sklaven wurden' alle aus den Sčhilluk genommen nebst einem Teile der Dihka, während die zur Flußreise ausersehenen Gefangenen ausschließlich Dinka waren. Da Ghali auf dem Wasserweg nach Chartum abgehen sollte, nahm er seine Sklavin als einzige Schilluk mit auf das Schiff. Als Ador mit ihren Dinkagenossen abgeführt wurde, fand sie eben noch Zeit, mit Njikaia einen Händedruck .auszutauschen, sie dem Schutze des großen Geistes anzuempfehlen und sie anzuspucken, was die Segensformel der Schilluk darstellt. Inzwischen war es Spätnachmittag geworden. An Bord des Schiffes wurde alles zur Abfahrt bereit gemacht. Der Wakil brachte seine für Chartum bestimmten Briefe, das Segel wurde .entfaltet, der ■ Anker gelichtet, und unter den „Ma'a Salam"-Rufen der Zurückbleibenden steuerte ' die voll beladene Barke der Mitte des Stromes zu, um dann den Bug flußabwärts zu richten. Beratung Die Schilluk, Bewohner eines offenen, Feinden leicht zugänglichen Landes, in welchem 6s an reißenden Tieren nicht fehlt, waren gewohnt, nie ohne Waffe auszugehen, sei es auch nur ein kleiner Speer oder eine Keule aus hartem Holze. Lanzen und Speere aber wollen geschmiedet sein. Daher steht das Schmiedehandwerk in hohem Ansehen im Schilluk- land, denn durch der Schmiede Kunst wird der Schilluk erst ein ganzer Schilluk, ein gefürchteter Krieger. Schillukmädchen (Archiv) Besonders zahlreich sind die Schmiede nicht, denn diese hohe Kunst wird eifersüchtig in der Familie gehalten und vererbt sich meist von Vater auf Sohn. Solch ein hochgeachteter „Bodo". (Meister) war Kal to, der Vater Adors. Wir finden ihn im Schatten eines Baumes, durch eine Strohmatte gegen den Wind geschützt, unweit seines „Kal" (Gehöft), mit der Ausübung seines Handwerks beschäftigt. Sein Werkzeug besteht aus zwei Hämmern, einer Zange, einem Meißel, einer Feile und einem kleinen Eisenstück als Amboß, alles Gegenstände, die von arabischen Händlern gegen , Vieh eingetauscht sind. Seinen Blasebalg aus Ziegenfell hat er sich selbst angefertigt. Diesen bedient A k u 11 o, sein Lehrling, der Sohn seines Bruders A j u h 1. Kalto übte seine Kunst am Boden sitzend aus. Mit unterschlagenen Beinen hockte er vor dem Feuer und hatte seine wenigen Werkzeuge neben sich liegen. Rings um ihn saß fast beständig eine Reihe müßiger Zuschauer, halbwüchsige Burschen und selbst gesetzte Männer; es war eben gar zu anregend, einem Solch geübten Meister zuzuschauen. Kalto war eben damit beschäftigt, eine Lanze für einen jungen Krieger zu schmieden. Er-hämmerte das Eisen und sah zuerst die Öffnung für den Schaft vor. Dann dehnte er durch erneuertes Hämmern das Eisen zum Lanzenblatt aus. Nachdem die Waffe fertig geschmiedet war, bezeichnete der Meister sie, indem er einige zickzack-förmige. Striche darin einritzle. Sodann besah er wohlgefällig ein' letztes Mal das gèlungene Werk und überreichte es dem wartenden Burschen, der bereits vorher eine Ziege dafür bezahlt hatte. Inzwischen ging die Sonne zur Rüste, und Meister Kalto machte Feierabend mit seinem Lehrling, der das Fell mit den Werkzeugen in das Innere der Behausung des Meisters, trüg. .In seinem Kral erfuhr Kalto, daß seine Tochter Ador ins Nachbärdorf gegangen sei.' Akuruar ist das Großdorf des Distrikts von Moaiii, des nördlichsten im Schillukland, der an die Wohnsitze der Baggara grenzt. Es ist zugleich Sitz eines der vier Großhäuptlinge, die auch Räte des Königs sind. Als Meister Kalto nach seiner Mahlzeit auf ;dem Dorfplatz erschien, winkte ihm der bereits anwesende Großhäuptling Atsch wat Der große, starkknochige Mann saß auf einem Schemel-chen von leichtem Korkholz, an jedem Arme zwei prächtige Elfenbeinringe und um den Hals eine Schnur von Plättchen aus Straußeneierschalen, in den Händen eine große Pfeife haltend, aus deren riesigem Mundstück er dichte Rauchwolken sog. Als Kalto sich ihm genähert ■ hatte, teilte er ihm mit, N j i a d o k,. der König, habe ihm einen Boten gesandt und ihm sagen lassen, es seien verdächtige Barken auf dem Strome gesehen worden; er (Atschwat) möge den Fluß gut beobachtenlassen. Er habe somit vor, noch am Abend Zwei Späher auszusèn-den, einen nach Norden, den: andern nach Süden. Als einen von ihnen habe er Kaltos Brudersohn Akullo ausersehen, der ein gewandter und schlauer Bursche sei, um dessen Überlassung er somit bitte, was ihm der gutmütige Kalto ohne weiteres zugestand. Als in stiller Nacht der Kriegsruf aus dem überfallenen Abur nach Akuruar drang und Gewehrschüsse aus dieser' Richtung vernehmbar wurden, dachte der aus dem Schlafe aufgeschreckte Kalto sogleich an sein Kind, das gewiß in Gefahr war. Er stimmte in den Kriegsruf ein, der überall aufgenommen wurde und sich mit Windeseile fortpflanzte, und stürmte, mit mehreren Lanzen bewaffnet, in Gesellschaft von andern Männern dem Orte des nächtlichen Kampfes zu. Im schnellsten Laufschritt —^ und die langbeinigen Schilluk sind geborene Schnellläufer — eilten sie dahin, nur zu gut' wissend, wieviel auf dem Spiel stand. Das Aufhören des Kampfes, das Gebrüll des ins Freie getriebenen Viehs und das Aufflammen der in Brand gesteckten Hütten feuerte sie zu höchster Kraftanstrengung an. Als sie sich endlich der hell erleuchteten Brandstätte näherten, wußten sie, daß es zu spät sei, denn die Räuber hätten bereits das Ufer erreicht und rüsteten zur Abfahrt. Der größere Teil der Krieger eilte trotzdem der Uferstelle zu, während einige Männer, darunter Kalto, die Umgebung des, brennenden Dörfchens aufmerksam absuchten. Ein leichtes Stöhnen im Grase führte sie zü einem Jüngling, der mit blutüberströmtem Haupte am Boden lag. Sie trugen ihn näher an die Brandstätte und erkannten in dem Verwundeten Luong, den Sphn Adjaks, der bewußtlos war. Außer ihm wurden neun männliche Leichen zwischen den brennenden Hütten gefunden. Inzwischen waren die Krieger vom Flusse zurückgekehrt. Der Verwundete und die Toten wurden auf Schilde gelegt; und ins Großdorf getragen, wo der biedere Kalto Luong in seinen Käl aufnahm. Nach einer aufgeregten Nacht war der ■Kranke am Morgen ruhiger und schlief mit gleichmäßigen Zügen; nachdem er seinen Durst mit Nilwasser gelöscht hatte, Gegen Mittag erwachte er und setzte sich, aufrecht hin. Abuol, die Mutter Adors, brachte Wasser und wusch ihm das Blut ab, das aus einer großen Wunde am Hinterkopf geflossen war. Eine Kugel hatte ihm den Schädelknochen zersplittert, ohi},e jedoch ins Hirn eingedrungen zu sein. (Fortsetzung folgt) Die Station am Rio Begae Eine Erzählung aus Perus wildesten Tagen. Von Hugo Kocher 1. Das schwarze Gold Es war für Don Laureano, den dicken, schmierigen Mischling mit den fettigen, indianerschwarzen Haaren einer der seltenen großen Tage. In seinem Boliche, seinem Verkaufs- und Ausschankraum hatten sich ein Dutzend Abenteurer aus aller Herren Länder eingefunden, überall auf Sätteln, Decken oder auf dem blanken Boden kauerten ihre indianischen Begleiter, stumpfsinnig, ergeben. Was kümmerte sie das wilde Schreien und Fluchen, das Feilschen und zähe Verhandeln ihrer Herren, denen sie freiwillig oder gezwungen dienten, deren Reittiere versorgten, das Essen bereiteten, das Lagerfeuer unterhielten. Dafür gab es genügend zu essen, ab und zu Faustschläge und Fußtritte, aber auch gelegentlich einen Schluck des gelben Zuckerrohrschnapses,, na/ch dem sie gierten und dem sie rettungslos verfallen waren. Der Fusel schenkte ihnen wirre Träume, weckte uralte Erinnerungen, machte sie wieder zu Herren des Landes, über das jetzt die fremden Eindringlinge selbstherrlich bestimmten. Wie war es nur gekommen, daß die Urwälder am Amazonas und an seinen riesigen Nebenflüssen aus ihrem jahr-.tausendalten Schlaf aufgerüttelt wurden? überall in der Welt war die Nachfrage nach dem schwarzen Gold, dem Kautschuk im Steigen begriffen. Die tausenderlei Verwendungsmöglichkeiten hatten den Wert der kostbaren Pflanzenmilch ins Uferlose getrieben. Wie ein Rausch war die Gier nach dem schwarzen Gold der Wälder über die Abenteurer und Glücksritter gekommen und hatte zuletzt auch die Ansiedler und die nüchternen, großen Unternehmer gepackt, überall in den undurchdringlichen, weltabgeschiedenen Wäldern wuchsen die hohen 'Kautschukbäume, wiegten sich ihre Baumkronen mit den behaarten Blättern und den kleinen blaßroten Früchten im Winde. Hatten sich bisher nur Affen und Papageien um die Kautschukbäume bekümmert, so setzte jetzt von allen Seiten eine eifrige Nachsuche ein. Raubbau trieben die einen, indem sie die Bäume fällten und ausbeuteten, aber mehr und mehr ging man dazu über, die Kautschukbäume nur noch anzuzapfen, Jahr um Jahr die dickflüssige Milch in dem unter dem Schnitt angehängten Gefäß aufzufangen. Auf den Schultern von Trägern, auf den Rücken der Maultiere, auf Kanoas und Dampfern wurde das schwarze Gold zu den Siedlungen und Städten und zu den großen Hafenplätzen gebracht, um von dort in alle Welt'verschifft zu werden. Wer fragte nach Blut und Tränen, die an dem begehrten Kautschuk hafteten. Die Dollar- und Pesoscheine knisterten unter den Fingern der Händler, gierig griffen die Männer danach, die monatelang im tiefsten Urwald gewerkt und geschuftet hatten, die sich mit Fieber, Moskitos, Schlangen und Jaguaren abplagten. Vergessen war, mit einem Schlag Gefahr und Not, vergessen auch der camarado, den man irgendwo im Wald eingescharrt hatte. Die Taschen beulten sich über dem Gewinn, wieder einmal hatte der Preis scharf angezogen. Die lederbraun gegerbten Gesichter verzogen sich zu breitem Grinsen. Jetzt aber wollten sie erst einmal leben, genießen, Musik und Tanz sollte sie die Strapazen vergessen lassen. Aus allen Schenken, die wie die Pilze aus dem Boden schossen, lachten Mädchengesichter, überall rollten die Würfel, hüpften die Kugeln des Rouletts. Die Musikbanden spielten, indianische Gesänge mischten sich mit Weisen aus aller Herren Länder. Das Geld floß ja umso leichter, je öfter ein heimatliches Wort, ein Lied alte Erinnerungen weckte. Und heute ging es in dem kleinen, aus gespaltenen Palmstämmen errichteten Boliche Don Laureanos fast ebenso zu wie in den großen Städten am Unterlauf des Amazonas. Der Dicke konnte nicht schnell genug die Flaschen herbeischleppen. Dabei huschten seine schiefen, katzenfalschen Augen hierhin und dorthin und kein Wort der Unterhaltung am Schanktisch entging ihm. Ein fettiges, unterwürfiges Lächeln stand wie festgefroren um seinen wulstigen Mund. O ja, Don Laureano hatte längst begriffen, um was es hier ging. Die Senhores gehörten zwei verschiedenen großen Unternehmungen an, die überall in den Wäldern ihre Secciones, ihre Niederlassungen gründeten. Unbekümmert um den Grenzstreit der Staaten, teilten sie die Urwaldgebiete willkürlich unter sich auf. Häufig genug kam es zwischen ihnen zum Kampf. Aber so nach und nach bildete sich unter den Großen ein System heraus, sie fingen an ihre Interessengebiete abzugrenzen, um den ewigen Streiterein ein Ende zu machen. Nicht ohne Neid blickten sie alle auf die Kolonie des Julio Arana, der am mittleren Putumayo, der einstweilen noch zu Peru gehörte, einen Staat im Staate aufgebaut hatte. An die 2000 Indios standen in seinem Dienste und suchten für ihn unter Leitung seiner gut bezahlten Aufseher den Kautschuk in den Wäldern. Die Firma hatte ihre eigenen Dampfer, mit- denen sie den Putumayo und seine Nebenflüsse befuhr. Don Julio Arana hielt auf Ordnung, das mußte mancher Abenteurer erfahren, der ihm ins Gehege kam. Er duldete auch unter seinen Angestellten keine Übergriffe. Don Leonardo, der hagerö Peruaner mit der blutroten Narbe über der Stirn, mußte es wohl wissen. Er war. erst vor. Wochen aus Aranas Dienst gejagt worden, weil er die Indios mit Fußtritten und Peitschenhieben zu behandeln pflegte. Jetzt Stand er im Dienste Don Josés, eines skrupellosen Ausbeuters, der seine Ansichten teilte. Für Leonardo waren die Indios schmutzige Tiere, gerade gut genug zur Arbeit, zur Ausbeutung. Schmunzelnd hatte ihn Don José angeworben und zur Verhandlung mit seinem schlimmsten Konkurrenten, dem nicht weniger gewissenlosen Händler Don Carlos an den Putumayo geschickt. Und jetzt war Leonardo dabei, mit seinen Spießgesellen, ein paar Abenteurern aus aller Herren Länder, Burschen, die dem Henker mit dem Strick Um den Hals davongelaufen sein mochten, seinen Plan auszuspielen. Er gedachte, Don Carlos und seine Bande betrunken zu machen, um sie nachher leichter übers Ohr hauen zu können. Aber genau dasselbe hatte Don Carlos mit ihm vor. Schon ein paarmal waren die Stimmen der Unterhändler dro- hend angeschwollen. Der eine und andere hatte einen Griff nach dem Revolver getan. Aber-jedesmal wuf'es Don Lau-reanos beschwichtigenden Worten gelungen, den "Frieden wieder herzustellen. Und jetzt, während sich die Männer mit verbissenen Mienen, finster brütend gegenüber saßen, warf er mit seiner öligen Stimme dazwischen: „Aber Senhores, das alles ist doch kein Grund zum Streiten. Dergleichen macht man unter Caballeros und Freunden in aller Ruhe aus: Wie wäre es mit einem kleinen Spielchen? Dabei läßt sich doch die Geschichte hübsch friedlich abmachen." Er ■ griff mit seinen> behenden Diebsfingern über den Tisch nach der primitiv gezeichneten Karte. „Lassen Sie einmal sehen, compädres, also hier ist der Rio Begas, oben die Tortugaberge, links das Gebiet der Mayanos und rechts das der Tetetes oder wie die rote Bande sonst heißen mag." Er spuckte im Bogen aus und griff nach einem Bleistift.; „Teilen wir einfach so ab, der . Rio bildet, die Grenze, links und rechts liegen zwpi ungefähr gleich große Bezirke, die im Süden die Secciones Aranas begrenzen. Machen Sie, sagen wir ein Dutzend Spiele oder noch mehr aus. Der Gewinner hat freie, Wahl und bestimmt, welches Gebiet er nimmt.“ Don Carlos, der eben überlegt hatte, ob er die ganze Geschichte nicht doch mit einem schnellen Schuß erledigen wollte, tat einen tiefen Zug aus der Flasche. Grinsend nickte er dann zu dem Vorschlag des schmierigen Laureänos. Ja, so war es gut und recht unter Caballeros. Ein Schuß konnte fehlgehen, ein Messerstich abgefangen werden, und dieser Leonardo sah gerade so aus, als ob er einem die bösen Gedanken von der Stirne ablesen könne. „Einverstanden", nickte auch der Narbige und griff bereits nach den Karten. „Zwanzig Spiele?" Der Andere nickte. Es. wurde ein ehrliches Spiel, denn vor so vielen Aufpassern wagte es keiner der beiden Anführer einen der beliebten Tricks anzuwenden. Die Flaschen kreisten, die Spannung steigerte sich von Spiel zu Spiel. Jeder versuchte den: Andern durch spöttische Reden in Wut zu bringen oder zum Trunk zu reizen. Dabei mühten sie sich verbissen, das Spiel zu machen, jeden einzelnen Stich zu merken. I Es war ein unheimliches Bild. Im flak-kernden Licht der Öllampen, zwischen Wölken von Tabakrauch, beugten sich die von allen bösen Leidenschaften gezeichneten Gesichter über den Tisch. Die Karten fielen zum letztenmal. Noch immer war das Spiel ganz offen. Da wagte es Don Leonardo. Er schob beim Geben so blitzgeschwind, daß es keiner merkte, ein Aß unter seinen Hemdärmel, das eigentlich seinem Gegenüber hätte zufallen müssen. Er verstand sich auf das Geben. Mit Schwung knallte er seine Karten auf den Tisch, holte sich Stich um Stich. Und nun zog er als Gewinner die schmierige Kartenskizze zu sich heran. Ein Blick und er entschied sich für das Stammesgebiet der Mayanos. Er wußte zwar so wenig Gewisses wie die andern über diese Stämme, aber die Tetetes waren als Menschenfresser verrufen. Zur gleichen Zeit, während in Laüre-anos Boliche ein Kartenspiel über weite Ürwaldgebiete am Rio Begas entschied, saßen viele Meilen weit entfernt in der Missionsstation San Pedro einige Männer über der Karte. Auch hier ging es um weite, unerschlossene Urwaldgebiete, aber die Beratungen galten nicht dem schwarzen Gold, sondern einem weit höheren Gut, den Seelen der armen, irrenden Indios. „In den Secciones des Don Julio Arana haben wir überall freie Hand. Er ruft nach uns, ist froh, wenn wir ihm helfen, die Indios heranzubilden", sagte der Padre Provincial und fuhr mit dem Zeigefinger den Grenzen der Aranakoloriie nach. „Aber wie steht es mit den Urwaldgebieten nördlich und östlich? überall ^stoßen die Kautschüksucher vor, viele der zweifelhaften Handelsfirmen treiben eine Art Sklavenwirtschaft in jedem Gebiet, das ihnen zufällt." „Wenn endlich die Grenzen einmal festliegen wüiden", warf Padre Pablo ein. „Darauf können wir nicht warten", entschied der Padre Provincial. „Es wird noch Jahre dauern, bis sich Peru, Ecuador und Columbien mit Brasilien ; gèeinigt haben. Schließlich können wir nicht die Hände in den Schoß legen und warten, bis auch der letzte Indio in jedem Weißen einen Ausbeuter, einen Feind und Eindringling sièht, den er mit allen Mitteln bekämpfen muß. Je eher wir in Neuland vorstoßen, umso leichter wird es uns, zu retten, zu bewahren." „Eben darum weise ich immer wieder auf die Gegend um den Rio Begas hin", warf einer der Missionare ein. „Hierher hat sich noch keiner der Suchtrupps gewagt, wir haben sichere Kunde, daß die Mayanos nicht’ so unzugänglich sind wie einige andere Stämme jener Gegend. Auch von Menschenfresserei ist , uns nichts bekannt. Ich glaube, wir könnten es wagen, und ich glaube auch zu wissen, wer dafür der richtige Mann wäre." Padre Provincial lächelte. „Dein Eifer verrät dich, Padre Andreu. Du und kein anderer sollst die Arbeit übernehmen. Ich lasse dich nicht gern ziehen, gar zu viel wäre noch in den südlicheren, friedlicheren Gebieten zü tun. Aber wir müssen vorstoßen, wenn uns nicht irgend solch eine Räuberbande zuvorkommen soll. Das schwarze Gold, das Kautschukfieber hat all unser friedliches Wirken, die Arbeit vieler Jahre in Gefahr gebracht. Der jähe Zusammenprall der unberührten wilden Indios mit den auf Erwerb und Geld bedachten Weißen schafft widerliche Zustände, Verhältnisse, die jede Missionsarbeit zum Scheitern bringen können." Sorgenvoll nickten die Padres zu diesen Worten des erfahrenen Padre Provincial. Aber zugleich bekamen ihre Augen harten Glanz, die Fäuste ballten sich. Nein, sie gaben sich nicht geschlagen, diese Männer, die mehr als einmal ihr Leben einsetzten, denen der Gedanke an ihre heilige Pflicht über alle Schwäche' und Anfechtung hinweghalf. Seit Jahr und Tag arbeiteten und kämpften sie, wirkten unter Einheimischen und Zugewan-derten, warben um die Seelen der Indios, überall stießen sie auf Verwilderung der Sitten, auf versteckte und offene Ablehnung, aber auch auf Anerkennung und Hilfe, wo v sie es oft am wenigsten er- warteten. Der Goldrausch, die Jagd nach Kautschuk drohte nun freilich ihr Missionsgebiet in einen tollen Hexenkessel zü verwandeln. Aber mit umso größerem Eifer und Einsatz machten sie sich ans Werk. Es mußte gelingen, Ordnung zu schaffen, gesetzlose Zustände zu beseitigen, die Indios vor dem drohenden Untergang zu bewahren. 2. Die Goméros kommen Jokar ist auf der Jagd. Er ist der Sohn des Kaziken der Mayanas, des. Häuptlings eines Stammes, der in den Wäldern am Rio Begas lebt. Jokar ist ein hochgewachsener sehniger Indiobursche. Das schwarze straffe Haar, das in der Sonne rötlich- schimmert, hat er mit einem Bastband nach hinten gebunden. Gesicht, Arme und Beine hat er kunstvoll ! mit roten und schwarzen Farben bemalt, so daß von seiner eigenen rotbraunen Haut nicht viel zu erkennen ist. Quer durch die Nasenscheidewand trägt er ein zugespitztes Stäbchen und die Löcher in seinen Ohrläppchen Schmücken Büschel bunter Papageienfedern. Der junge May an a trägt ein Lendentuch aus zähem Bast. In der Rechten hält er die Bodoqdera,. das Blasrohr. Es ist mehr als mannslang, außen mit Kautschuk verstrichen. Jetzt holt er mit der Linken einen strohhalmdünnen Pfeil aus dem' Köcher und hebt das Blasrohr. Dabei läßt er kein Auge von den großen Baumhühnern, die hoch über ihm in der Krone einer Cascarilla locken.-Er steckt den Pfeil in die Röhre und setzt das Ende an den Muiid. Mit aller Kraft seiner Lungen jagt er das kleine, mit Curare vergiftete Geschoß zu den Hühnern empor. Ein erschrecktes Gocken und mit klatschenden Schwingen stürzt eines der Hühner herab. Die armlangen, gelbroten Blätter der Cascarilla haben sich noch nicht wiedér beruhigt, als auch schon der zweite Pfeil sein Ziel trifft. Jokar lacht und betastet, wohlgefällig die fette Beute. Dann bindet er sie mit einer Lianenranke zusammen und wirft sie sich über die Schulter. Eine Weile folgt er der Fährte eines starken Jaguars, der offensichtlich auf der Wildschweinjagd hier vorbeigewech- selt ist. Dann aber bleibt er plötzlich wie vom Blitz getroffen stehen und lauscht atemlos gespannt auf ein fernes, rhythmisches Dröhnen. Irgendwoher aus der Tiefe der Wälder kommt es, geisterhaft unwirklich, aber Jokar weiß es zu deuten. Das Maguare ruft, die große, hohle Baumtrommel, mit der sich die Indiostämme auf ünglaubliche Entfernungen Botschaften zusenden. Von jenseits des Flusses kommt das Dröhnen, die meiischenfressenden Tetetes teilen ihren friedlicheren Nachbarn mit, daß sie einen Boten zu ihnen senden, der große Neuigkeiten zu melden hat. Sie tun es nicht ohne Grund, denn gar zu leicht würde ein Tetete, im Stammesgebiet der Mayanes betroffen, einen Giftpfeil in die Brüst erhalten. Die beiden Stämme sind nicht gut aufeinander zu sprechen, seitdem die Tetetes Jokars Bruder, den stärken Nuu getötet und' aufgefressen haben. Der junge Mayana -hat im Augenblick die Jagd vergessen, obschon die Schweinefährten, vor denen er steht, ganz frisch sind und das Grunzen brechender Sauen in der Nähe zu hören ist. Seine Augen funkeln vor Neugier. Eine Botschaft von den Tetetes bedeutet sicherlich eine große Neuigkeit. Jokar will kein Wort davon versäumen. In schnellem Lauf bricht er durch die Büsche, überspringt gestürzte Stämme, schwingt sich an Lianenranken über sumpfige Senken. Immer mehr verblassen die Farben der Bemalung bei diesem ungestümen Lauf und als der Häüptlingssöhn den Dorfplatz erreicht, auf dem sich bereits die Alten zur Beratung versammeln, ‘ist von seiner bunten Pracht nicht mehr viel übrig geblieben. In Perlen steht ihm der Schweiß auf Gesicht und Brust, er keucht, versucht vergeblich, mit der seinem Rang zukommenden Würde aufzutreten. Im Vorbeigehen wirft er seiner Mutter, einer runzligen verbrauchten Alten die Hühner zu. Dann tritt er zu den Männern und läßt sich hinter dem-Kaziken, seinem Vater, auf die Fersen niedef. Murmelnd und halblaut unterhielten sich die Alten. Auf allen Gesichtern stand Besorgnis, selten . genug brachte ein Tetete etwas Gutes nach Coroqui Da kam er auch schon gelaufen, ein schmächtiger, junger Bursche. Seine klugen, lebhaften Augen huschten hierhin und dorthin, nichts entging ihm, trotz der Eile, mit der er sich näherte. Jetzt warf er sich vor dem Kaziken auf den Boden. Garseto erhob sich von der Wildschweinschwarte, auf der er gesessen hatte und machte ihm einen Schritt entgegen. „Steh auf und sage uns, was dir dein Kazike aufgetragen hat", sprach er mit Würde. Und. zu seinem Sohne wandte er sich mit den Worten: „Sei ein einziges großes Ohr, denn heute wirst du von den weißen Männern hören, die dein Auge noch nie gesehen hat und deren Fuß noch nie unser Dorf betrat." Jokar konnte ein spöttisches Lächeln nicht unterdrücken. Pah, was die Alten nur immer mit diesen weißen Männern hatten, die noch keiner gesehen, und die trotzdem durch all ihre Reden spukten, gleich den Waldgeistern, mit denen die Brujos, die Zauberer, die Kinder schreckten. Der Bote kam langsam wieder zu Atem. Auf einen Wink des Kaziken setzte er sich, wobei er sich bemühte, das Halsband aus Menschenzähnen, das er trug, zum Klirren zu bringen. Insgeheim verachtete er die Mayanes um ihrer friedlichen Gesinnung willen. Erst als alles still geworden war, fing er an zu sprechen. ;, Gestern, als sich die Sonne.' wie ein müder Mond in den Wäldern versteckte, kamen zu uns Männer, Frauen und Kinder von den Dörfern im Osten. Sie waren gelaufen Tag und Nacht und noch immer stand der Schreck in ihren Gesichtern. Die Weißen waren zu ihnen gekommen, hatten ihre Dörfer umstellt, alle mit ihrem Donner niedergeschlagen, die sich ihnen widersetzten. Nur wenigen gelang die Flucht. Alle andern aber müSsen für die Weißen in den Wäldern Kautschuk suchen. Sie haben keine Zeit mehr für die Jagd, für Tänze, für Schlaf und Essen. Immerzu sausen die Peitschen und zerschneiden jedem die Haut, der nicht genug Balata aus den Wäldern bringt. Sie haben die Männer jedes Dorfes gezählt und ihre Namen auf dünne Blätter geritzt. Jeden Tag sehen sie auf diesen Zeichen nach und erraten daraus, wer von ihnen in die Wälder flüchtete. Mit ihren Hunden jagen sie den Flüchtigen nach und töten sie auf weite, Entfernung mit dem Donnerzauber, gegen die unsere Brujos machtlos sind. Und jetzt, Garseto, vernimm die Warnung, die dir der große Kazike der Tetetes sendet. Vom Putumayo her nahen weiße Männer diesseits und jenseits des Flusses, der das Gebiet unserer Stämme scheidet. Sie trachten darnach, die Tetetes und die freien Mayanes zu Sklaven zu machen. Gleich den Huitotos, den Fayajenas, den Yauyanes sollen auch wir geknechtet werden. Der große Kazike ruft euch zum Kampf. Taucht die Spitzen eurer Pfeile, eurer Speere in das Gift, härtet die Keulen am Feuer, zieht den Eindringlingen entgegen und tötet sie, denn sonst werden sie euch, eure Weiber und Kinder töten oder zu Sklaven machen und in die Wälder treiben.“ Bei den letzten Worten des Boten hatte ein Murmeln die Reihe der Alten durchlaufen, während die Jungen sich kaum mehr zurückzuhalten vermochten. Noch ehe der Kazike, wie es sich gehörte, Antwort gab, gellte der Kriegsruf durch das Dorf. Sogar einige der Alten ließen sich von dem Ungestüm mitreißen. Der Kazike wußte sich schließlich wieder Gehör zu verschaffen, indem er mit dem Lanzenschaft unter die Schreier fuhr. Waren die Mayanas kleine Kinder, die keine Achtung vor dem Rat der Alten mehr zeigten? Jetzt erhob sich auf einen Wink des Kaziken Ifke, der Zauberpriester des Dorfes. „Hast du nicht erfahren können, warum die weißen Eindringlinge zu uns gekommen sind? Ist das Land, in dem sie bisher wohnten, zu eng für sie geworden, wie dies auch bei uns nach kinderreichen Jahren vorzukommen pflegt?" Der Tetete machte eine Geste der Verlegenheit. ;, Einige der Männer, die am großen Strom mit den Weißen lange zusammengelebt haben, erzählen von großen weißen Zauberpriestem, die zu uns gekommen sind, damit wir es nach diesem Leben recht gut haben sollen. Aber das glauben wir Tetetes nicht. Weit wahrscheinlicher dünkt es uns, daß sie gekommen sind, um Felle, Reiherfedern und Kautschuk zu sammeln. Und damit sie uns zwingen können, ihnen zu dienen, haben sie ihren' Donnerzauber mitge-bracfat, der auf zehn Pfeilschußweiten tötet. Die Flüchtlinge, die mit wundgeschlagenem Rücken zu uns gekommen sind, erzählen von ihrer Unersättlichkeit. Sie haben nie genug. Der Kautschuk liegt in Bergen in ihren Hütten und trotzdem treiben sie Männer und Frauen täglich wieder auf die Suche.“ Ifke, dessen Augen bei der Erwähnung weißer Zauberpriester unheimlich zu funkeln begannen, beruhigte sich wieder. Vielleicht konnte' er den Stamm von der weißen Plage befreien, indem er den Goméros Krankheit und Tod durch seine Zauberei entgegensandte. Unwillkürlich reckte er sich. Sollte es ihm endlich gelingen, den hochmütigen Kaziken zu übertreffen, der ihn so oft fühlen ließ, daß er nur wenig von seinen Künsten hielt. Ifke erhob sich, um sogleich mit dem Geisterbann zu beginnen. Da blieb er plötzlich wie angewurzelt stehen. Zwischen den Hütten, die den Dorfplatz säumten, traten die Fremdlinge, die Weißen hervor. Der Schrei einer Frauenstimme gellte, die Hunde heulten, das ganze Dorf verwandelte sich in ein Tollhaus. Männer liefen nach den Waffen, Frauen griffen nach ihren spielenden Kindern und wollten entfliehen. Aber schon rasten einige junge Burschen, die versucht hatten, in die Wälder zu entkommen, wieder zurück. Das Dorf war umstellt. Jokar, der Häuptlingssohn, hatte einige junge Burschen um sich gesammelt. Mit ihnen stand er kampfbereit den Weißen ge-genüber. Trotz seines Mutes und seiner Unerschrockenheit lief ihm immer wieder ein Zittern über den Rücken, wenn er in diese bärtigen Gesichter sah. Mit dem sicheren Instinkt des Wilden spürte er, daß sich diese Feinde nicht einschüchtern ließen, wachsam, kampfbereit drangen sie vor. Und jetzt rief ein Indio, der zwischen ihnen stand, laut nach dem Kaziken, dem Häuptling. (Fortsetzung folgt) \ ,,ljfn 'Brüderberufe •für So lautet die Missionsgebetsmeinung für Monat März. Der Tätigkeit der Missionsbrüder mißt die Kirche eine solche Bedeutung bei, daß sie einen^Monat lang um Mehrung der Brüderberufe beten läßt. Wer von unseren jungen Lesern sich berufen glaubt, sein Leben als Missionsbruder dem Reiche Gottes zu weihen, wende sich in Deutschland an das Missiorishaus Josefstal, Ellwangen (Jagst), Württ. oder an' das Missionshaus Mellatz, Post Opfenbach über Lindau (Bodensee), in Österreich an das Missionshaus Maria Fatima, Unterpremstätten bei Graz. Eintrittsalter: Von der Schulentlassung bis zum 30. Lebensjahr