Mittwoch, den 19. AprU 1871. X. Jahrgaitg. Die Mardurger Zeitung" erscheint int Haus cheint jeden Sonntag. Mittwoch und Freitag. Preise — fiir Marburg: ganzjährig 6 fl., halbjährig 3 fl., vierteljährig I fl. 60 kr; für gustelinng monatlich l0 kr. — mit Postversendung: ganzjährig 3 fl., halbjährig 4 fl., vierteljährig fl. InsertionSgebiihr 6 kr. pr. Zeile. Fischzucht und Landwirtßschast. (Nuß „Ieckeiß landwirthschaftlichem Wochenblatt.") Die Latldlvirthschaft ist in vielkn Gegenden Oeslerreichs bereits auf dem Punkte der Ueber-produttioa des VetrtidebaueS angelangt, und dadurch steht sich heute wohl jeder denkenk'e Land-tvirth zur ernsten Erwägung veranlaßt, lvelche Hilfsquellen im Haushalte der Natur er suchen soll, um die besondtts durch den gesteigerten Werth der Arbeit und die allgemeine Konturrenz sinkende Rente der Bodenproduktion zu heben. Gleich, uitig wird überall die Klage über die hohen yleischpreise laut, und tagen in den größeren Städten, vorzüglich in Wien, Kommissionen, um die Ursachen der Theuerung zu erforschen und billigeres Aleisch zu schuffen. Die Ursachen dieser Mißverhältnisse liegen aber sehr nahe und beru-Heu vorwiegend auf dem Umstände, daß in Oester' reich zu viel Getreidebiu. zu wenig Viehzucht, am wenigsten ober Fischzucht betrieben lvird. Es ist im Interesse der Land- und BoltS-wirthschast. sowie auch des Staates zu bedauern, daß die künstliche Fischzucht als wichtigster land-wirthschaftlicher Nebenzweig bis jetzt noch nicht jene Veachtung in den lietheiligten Kreikn fand, weläe sie im vollen Mave verdient. Zu ihrem Mißgeschilke trägt viel bei, daß selbe nicht von praktischen Personen, dencn die zähe Ausdauer, der grundsül^liche Fleiß eigen ist. ergriffen wurde. Wissenschaftliche Beisuche. Versuche zum Zeitver« treib und Vergnügen oder zur Befriedigung der Eitelkeit genügen keinesfalls den Anforderungen, die man an eine Sache stellt, welche seit tausend Jahren alle hundert Jahre einmal aus dem Schlummer gerüttelt, aber stets nur schüchtern und nachlüftig versucht wird; es ist eben die zähe Ausdauer, das Gefühl des volkswirthschaftlichen Berufes nothwendig, um die Feinde und Verächter der künstlichen jj^ischzucht zu überzeugen. Die künstliche Fischzucht ist ein landwirth-jchajtllch r Rebtnzlvrlg von heivorragkndster ^^^e-deutung. Blkte taufende Laudwirthe besitzen Ge-ivässer. Teiche, Tiimpel, ivelche sie zu nichts An« derem. als zum Tränkeu und Schwemmen des Btehes benutzen und nicht berücksichtigen, daß sie einen doppelten Zweck erreichen können, d.ip das Wass»r nebstdem auch zur Flschz^ucht verivendet »Verden kann. Unzählig sind die Fälle, wo Land-wirihe iM Besitze des Wassers sind, ivelches in jedem Jahre Mtndcsiens so viel Produziren könnte, um die Steuern damit zu bezahlen; allein sie lassen das Wasser abstießen oder verdunsten, ohne daraus den vorzüglichsten Nutzen zu ziehen. ES ist eben überall die traurisie Thalsache sichtbar, daß die Einsicht fehlt, wie das Wasser bei gehöriger Benutzun^i mehr zu produziren im Tlande ist, als das beste Ackerfelt, welches im günstigsten Falle jahrlich nur 4 Ztr. Fleisch per Joch liesert, während wir au» einem Äoch Teichfläche 20 Ztr. Fische gewinne« können. DaS bedeutende Moment aber, welches zu Gunsten der rationellen Fischzucht angefüh.t und zur Berücksichtigung empfohlen werden k^nn. ist die That'ache, daß in denjenigen Gegenden, wo die Fischzucht und Fi. slherei am ausgedehntesten betrieben wird und die Filchnahlung auch dem Aermsten zu Gebote steht, die mittlere Lebensdauer der Völker solcher Gegenden. welche an Fischarmuth leidcn. bedeutend übersteigt. Daß Flschipetien zu den gesundesteti Nahrungsmitteln der Mknschen gehören, ist über allen Zweifel erhoben; daS ivußten schon die allen Römer, bei ivelche» die Fischkultur auf der höchsten Slufe stand. 3n lpäterer Zeit wäre« eS hauptsächlich die Klöster, »vrlche die Teichivirlh-schalt bis zur neueren Zeit kultivirten; die Klo-sterbeivoliner sind eben ftelS für ihr leibliches Wohl bedacht, das beweist ihre durchschnittlich lan^^c Lt-benSdauer. Ein nicht geringer Nachtheil für die bessere Bewirllischaslung des WasserS ist eS. daß man immer von „fiinstlicher" Fischzucht spricht und schreibt, deiin das Wort „künstlich" ruft gewöhn-lich die Antwort „Charlaianerie^' hervor, und vor der Kunst auf dem lnndlrirthschaftlichen Gebiete schrtcken Taujeade zurück, zumal die Landleute, welche in ihrem WirkuiigStrelse von der Kuiu'l und vom Versuchen nichts ivifsen wollen; und ist eS von größter Wichtigkeit, den lleinstcn wie sen größten Grundbesitzer von de,n praktischen Nutzen, von der allgemeinen Wirkung. wUche die künstliche Fischzucht für Produzenten und Ko»-»ninenten zur Folge haben »nuß. zu überzeugen. Nennen wir diesen Produktionszweig also „die ratioiielle Beivirthschaftung des Wassers." Die Bezeichtlung „künstlich" könnte im strengsten Sinne nur aus die Befruchtung angeivendet lverdcn, ob« wohl man auch diesfalls nur der Natur zu Hilfe kommt; der sonstige Verlaus, die ganze Cntlvick' lungsprozedur voin Ei bis zutn Speisefisch ist nichts anderes, alS ein natürliches Grundprinzip für die Lebensbedingungen eineSj-den Geschöpfes. Alle h.,ben daS gleiche ^Ledürfniß nach Nahrung, und Jedermann tveiß. daß V0il der Menge und Gült der Nahrung das Wohlbehagen, das vorzügliche Gedeihen eineS jeden Geschöpfes abhängt. ^/'erschaffen ivir also den Fischen einen Wohnsitz. welcher ihrer Nutur. ihrem Lebensgesetze ent-spricht, geben ihtien hinlängliche Nahrung, welche ihrem Vertilgung^- unk» Berdaiiungbvermögen mundgerecht sind, trennen tvir Freund und Feind, schützen itiir die nützlichen Arten und Galtungen vor Raubjüchtigen. ütierwachen uno pflegen wir die ^ileichgesinnteit. gleichgearleten sriedlichen Be-ivohner des Wassers, tvx jedes andere nützliche Thier, so lösen ivir dadurch d.^s ganze schreiende und geftirchlete Prinzip der „künstlichen" Aijch-znchl. r.jprktive der rationellen Bewirlhschastung des W^^sskrs. (Schluß folgt.) Am Heschichte des Zages. DaS Abgeordn elenhaus Hut gestern auf der Ministerdank ein neues Mitglied gesunde» — den Minisler aus Gal-zie». den Polen Grocholsti Dir Farlie dicscS Mintilers kuinen unsere A^grordlielen bercils. eS ist ihnen daher oiese Frage an daS — Schicksal erspart. Aber die Bc-dingungcn, unter ivelchen Grocholeki sie Berufung angenommen? Ist er vielleichl gar der Minister für Galizien? Die tiächsten Tkge werden Auskunft bringen »ind »vir licschivürcn die At>gc. ordneten, ihre Köpfe mil der Lösung dieses NäihselS Nicht zu zerlnechen — daS undankbare Volk wäre eilies so schrecklichen Opferlodeö >iar nicht lvürdig. B isttlarck hat in Kanst^lilinopel mitthel' len lassen. sallS die Angriffe auf die Sicherhell der DeulschtN in Rulnänien sich wiederholen, so iverde «r seine Ärschiveideil an die Pfvile seltist richten, als die olierhrrrliche Macht, ivelcher die moralische Verantwortlichkeit zukomme. Die Pforte erklärte, sie übernehme bereitivillig die Verantwortung unter der Vorausfetzun,,. daß ihr auch die Anwendung der Mittel gestattet sei. um in Rumänien die Ordnung erhalten zu können. Die a usstän d isch en P a ri ser schla-gen sich tapfer. Im Widerspruche mit sen Be» richten über Fortschritte der Versailler erklärt Thiers, l'aö die Regierung aus dem Systeme d,s Zu« ivartens beliarre — um so bedeutende Streitkräfte zu sammeln, daß ein Widerstand unmöglich und minder blutig «verde, um ferner den Irregeleiteten Zeit zu gönnen, zur Vernunft zu-rückznkehren. Diese plötzliche Milde ist zn ausfallend. um nicht Verdacht zu erregen wider eine Regierung, auf deren Befehl Wehrlose und Ge-sesselte erschossen worden. Nermischte Itachtlchten. (Eine Rede Friedrich Hecker's.) Zu St. Louis in Nordamerika - haben die Deut-scheu den Sieg und Frieden ihres Mutterlandes gefeiert und ist bei dieser Gelegenheit auch Friedrich Hecker als Redner aufgetreten; der Republi-kaner mit dem lveißen Haar und dem jugendlich fcnrigen Herzen prieS u. A. das einmüthige Zusammenhalten aller Dkutfcheu; er sagte: „Bon dort, wo der Lotus blüht, am heiligsn Ganges, von dem Sitze einer versteinerte» Kultur des Reiches der Mitte, von dort, wo unter deu MaoriS die deutsche Hütte steht, von den Palmengärten und Kaffeeiväldern Brasiliens, von den Anden Chilis und Perus, von den Pampas, wo der La Plata seine breiten Gewässer in den Ocean ausströmt, von der Netva und auS den Gebieten, wo der Halbmond deS Propheten glänzt, von dort, wo die Sterne und Streifen der Volks-freihkit wehen, von allen Zonen und Klimaten. von allüberall her ein begeistertes „Heil dir und Sieg mein Vaterlazid." von allüberall her reichen gabengkfüllte Hände nach der alten Heimat. Zerstreut in alle Welt und doch Eine Fainilie. DaS sind nicht in der Fremde verloren gegangene Stämme. Ueberall htn trägt dieS Volk die La-ren und Penaten, die Sitte und denBranch, die häiislichen Tugenden und zeugende Krast seiner Väter, pslanzt sich fest bei allen Stäinmen und Völkern der Erde. DaS ist die neue germanische Wanderung. daS ist der neue germanische Weltgang. ein stetiger, immer mehr sich verästender Strom und Vach, zusammenhängend mit seinem Ursprung, snner Quelle. DaS Gesühl der Zugehörigkeit. welches sich kundgab bei diesein Kriegs-gantl, wie ein einziger gemeinsamer Herzschlag erbebt es in uuS. tönt eS wie die Glocken eines gotliischen deutschen Domes, welche den Aufer-stehungStag einläuten. DaS Gefühl der Zusammengehörigkeit allein hat Nationen groß und stark gemacht. Mit der ReichSeinigung wird eS. in mächtigen Proportionen sorlschreitend, sich entwickeln und Resultate gebären, unberechenbar und wundergleich." (Zur Haltung Oesterreichs im d e n t s ch -f r a n z ö f i s ch k n Kriege.) Bei Friedrich Beck in Wien ist unter dem Titel: „Graf Andrassy und seine Politik" ein Büchlein erschienen, dessen Zweck eigentlich auf eine Ver-himinelung des ungnrischen Ministerpräsidenten gegenüber dem Grusen Neust hinausläuft, ivelches aber dennoch ein neiieS Licht verbreitet über die österreichische Neulralilat wälirend deS srt,nzösisch- dtutsche« Krieges. Die schwankende Haltung deS Wiener Kabiaets in der ersten Zeit dieses Krieges hatte den Grafen Andrassy bewsgen. sosort nach Schluß des ungarischen Reichstages in einem tai-serlichen Luftschlosse bei Wien längeren Aufcnt-lialt zu nehmen, um in nnunterbrochenem Berkehr mit de« Minister des Akuß?rn zu bleiben; die erwähnte Schrift sagt hieriiber: „Vielleicht gelingt eS einem künftigen Ge« schichsschreiber. den Schleier zu lüften und über die Beziehungen mischen Hetzendorf und dem „Kaiserfti^A" in Schönbrunn nähere Ausschlilffe zu geben. Bielleicht entdeckt der zukünftige Forscher in de« jetzt verschlossenen HauS-. Hos- und StaatsArchiv die Irrgänge einer vielge-priefe ueu Staats Weisheit; vielleicht wüßte Herr v. Schtveinitz un» Nähere» über mündliche Drohungen und im Keime erstickte Noten zu erzählen. Wir find nicht so glücklich. auS den Bureaus und geheimen Quellt« der leitenden StoatSattorea zu schöpfen, und müffen uns daher auf Bermuthuugen und Andeutungen be-Ichräakea. Auffallend müßte allerdings in der kurzen geit, welche zwischen Wörth und Sedan lag, so Manches erscheinen. So z. B. die un« gewohnte Arbeitseinstellung der vielgr erkennen den Be-„Gott" als die Idee der absoluten BoUen-öung für eine Forderung der menschlichen Ber-nunst. DaS Sittengesej^ der „Botschaft" lautet: Die Gebote der Freiljeit sinl!: Sei mäßig, sei grlassen, sti wqhrijast, sei reinlich, sei fleißig, sei sparsam u. s. w." Dr. TaulchmSki ersucht, die SlaLthalterci möge diese Anz.i^e zur Kenntniß nehmen. Marburger Berichte (Tod in Folge schwerer Kö rper-Verletzung.) Der GrundbesiKer Johann F. in Sanritsch, der mit seiner Ehkgaltin Theresia lange schon in Unfrieden gelebt, hat dieselbe kürzlich derart mißhandelt, daß sie einige Tage später an den Verletzungen starb. (Todtschla g.) Der Grundbestjjer Jgnaz Tschech in Wisch. Bezirk Marburg, gerieih am Ostermontage AbeadS mit drei Bauernsöhnen aus Tschermla in heftigen Wortstreit und blutige Schlägerei. Zgnaz Tschech. schlver Venvundet, begab sich auf den Heimweg: Morgens Früh traf man ihn bewnßlos auf der Straße liegen; er lvurde in ein nahes HauS gebracht, wo er verschied. Der Hauptthäter ist flüchtig; seine Mitschuldigen befinden sich in gerichtlicher Haft. (gür W. Göritz.) Dem Verein „Har-monie" in RadterSburg. welcher bekanntlich zu Gunsten der brandbeschädigten Goritzer einen Glückshafen veranstaltet, ist die weitere Ausgabe von 3000 Loosen zu l0 kr. bewilligt und mit Rücksicht auf de» wohlthätigen Ziveck die Lottogebühr von 10^^/^ erlaffcn worden. (Wa sser bauteu.) Die LandeSstelle hat angevtdnkt, daß der Berschließungbau am linken Drauufer bei Großsonnlag mit aller Raschheit zu Ende geführt werde. (Wichtiger Fuud.) Kürzlich ivurden vou mehreren Knaben, die hier am rechten Drauufer spielten, in einem Felsen dreihundert Stück Por-zelanpfeifchen — weiß und bemalt — gefunden. Da diefe Pseifcn wahrscheinlich gestohlen und von den Thätern versteckt worden, so hat daS Uater. juchungSgerichl die uöthigen Schritte zur Ermitt-lui»g deS Beschädigten eingeleitet. (E i ue M u st e r g e m ei u d e.) Die Gemeinde Groß-Klein im Sulmthale hat ungeachtet ihrer geringen Mittel bereits eine Baumschule gegründet und eine Büchersammlung angelegt, »velche ste ßig b.nützt wird. Ein Sonderausschuß »st beauftragt, allgemeine Verbesserungen und na-mrntlich die Berichönernng der Ortschaft vorzu-berulhen. Mehrere Liegenschaften sollen auge-k.»uft werden zur Herstellung eineS Dorfplatzes und ftkundlicher Anlagen. (Auch eine Osterfeier.) Eine der Hu» ßarenschwadrone«. ivelche von hier nach Grop-tvardein gegogen. hielt während der Oftertage unter dem Kommando deS OberstlieutenantS Baron Lederer in NagyRecze (Szalaer Gespann» schaft) Rast. Ueber die besondere Heiligung der Ostern bei Gelegenheit dieser Einquartierung wird auS Galawbok dem „Hon" geschrieben: Ragy. Recze »st im vorigen Herbste ein Opfer dee Flam-men geivorden. duher konnte die Muilnschaft mit den Pserden nur untergebracht werden, nachdem der ivesttzer deS Schlosses. Ladislaus Inkey, daS-seltie dem Militär zur Verfügung gestellt. Am Ostermontag brach ein Theil der Mannschaft auf. die nöthigen Vorspanne tvaren bestellt. Baron Ladislaus 3nkey halte aber auch für seinen eigk-nen Gebrauch Wagen begehrt, doch die Bewoh-ner zeigten an dem helligen Festtage keine besondere Luft, über die vorgeschriebene Zahl Vorspann zu stellrn. Der Oberstlieutenant lirß daher durch leine Soldaten die Pfeide gewaltsam auS dkn Ställen fühen und einen widerstrelitnden Bürger unter persönlicher Leitung auf eine Prügrlbaiik niederziehen und so durchwalken, daß er wohl mehrere Wochen an seinen Wunden krank danit-derliegen dürfte, ivenn er Uicht ein größeres Ueliel heimgetragen. (Außerordentliche Sitzung der Gemeindevertretung vom 15. April.) Der Borsitzende Herr Bürgermeister Dr. M. Reiser erklärt, »varnm er die Versammlung einberufen. Eine neungliedrige Abordnung der Bürgerschaft sei nach Wien gereist, um an dem Leichenlie-gängnih des Vice-Admirals Wilhelm von Tegett-hoff sich zu betheiligen. Die Abordnung habe n. A an den Kaiser telegraphirt und um die Be. willigung nachgesucht, dem Verstorbetlen hier ein Denkmal errichten zn dürfen; die Antwort habe zustimmend gelautet. Der Antrag. behufS dieftr Errichtung ein Komite von zivanzlg Mitgliedern auS allen Kreisen der Stadtbevölkerung zu ivählen, wird angenommen ; den Zlvanziger-AuSschuß bilden die Herren: Dr. Reiser. Generalmajor Marburg, Brandstetter, Dt. Kotzinuth, A. von Kriehuber, Ferdinand Graf Z^randiS. Ferdinand Baron Rast, Marco. Johann Tirstmayr. Dr. Duchatsch. Kirl Reuter, Ober-Inspektor Puchelt. Dr. Sernetz. Professor Rieck. Dr. Schmiederer, Heinrich von Gasteiger, Seldl. BezirkSh'Uptmann Seeder, Roman Pach-ner d. j. und Direktor Eßl. Dieser Ausschuß hat fich blos mit der Beschaffung der erforderlichen Geldmittel zu befassen, und wird beauftragt, an verschiedenen Orten dcs Reiches Zwcigkomite's zu gründen — zur Bethel-ligung an diesem patr»otischen Unternehmen soll in öffentlichen Blätlern ein Aufruf erlaffen werden. Die künftlerlsche Ausführung ist Sache eines besonderen Ausschusses, der mit Genehmigung deS Kaisers später gewählt wird. Herr Dr. Kotzmuth erstattet Bericht über die Audienz, welche die Abordnung tvegen des Gerichtshofes in Marburg beim Justizminister gehabt. Dr. Habietinek sei überrascht geivesen, daß man diese Frage in Anregung bringe; von Seite d:r Abordnung habe man ihm aber entgegnet. daß die Organisation deS Gerichtswesens schon so lange dauere, und warum eiu Gerichtshof für Marburg eine Nothwendigkeit fei. wor-aus der Minister dieS Ansuchen nicht mehr fon-derbar gefunden. Die Abordnung habe auch detont, daß, wdnn die neue Organisation nicht batd inS Leben trete, die Gemeinde genöthigt wäre, die Frage wieder anzuregen. Herr Dr. Reiser habe den Minister auf den schlechten Zustand der Arreste aufmerksam gemacht und daß die Zeit bald abgelaufen sei. sür welche die Gemeinde die fraglichen Lokale dem Aerar überlasten habe ^ dieses werde bald kein Gebäude mehr zu solchem Ztvecke finden Der Minister sei darüber erstaunt gewesen und scheint von dieser Seite der iSrrich-tung des GerichShoseS keine Schwierigkeit mehr entgegenzustehen. Diese Audienz sei nothlvendig geivesen. da wir erfahren, daß eine bekannte Per-sönlichkeit die Pettlmer gefragt, warum Pettau denn gar nichts thue, daß der Gerichtshof dorthin übertragen »verde. Die Genteinde habe darum AllrS aufzubieten, um zu »hrem Ziele zu gelan-gen. Die Errichtung des Gerichtshofes se» eine Nothwendigkeit. dam't die Rechtssicherheit nicht noch mehr gefährdet lysrde, Herr Mareo erinnert, baß dieser Gegenstand in der Geme nde schon oft behandelt worden; man habe von Dr. Herbst die freundliche Zusage erhalten, daß d^r GerichtSliof unbedingt nach Marburg komme, lvenn die Ltrasprozeßordnung nea georonrt werde — seither habe darüber nichtS mehr Verlautet. Wenn noch ein GerichiShof für das Untelland errichtet werde, so könne dieS nur hier stattfinden, von einem anderen Orte könne nicht die Rede sein. DaS gegenivartige Justizministerium möge vielleicht nicht geneigt sein, unserem Verlangen zu entsprechen, aber »venn die NolariatSordnung zur Berathung koinmt und be schllissen ivild, daß die Notare nicht mehr die Ke. schäste der GerichtSkomlnissare übernehmen dürfen. dann kttöchten ivir sellen, ivie die Rcchtcpflege gehandh'cht »»»erden soll, w^nn schon jetzt die Ge-jchästSübelliäusung der Gerichte so große Nachtheile bringt. DaS Ministerium »verde unbedingt gezlvungen sein, hier einen Gerichtshof zu errich- ten. Von Seiten der Gemeinde dürfe man diese Angklcgenhi'il jpr nicht auS den An^^en lassen. Hrrr Dr. Kotzmuth ersuch», Allrs, wa» bisher in dikscr Frage geschelien, in der Denkschrift ans Ministerium wieder zu berühren, d.'mit der Iuslizminister sich übcrzeugen kSune. Herr Karl Rruler bringt zur Krnntniß. daß der Zustizminister erklärt habe. Pettau wtrde nicht itt Betracht kommen und wenn je ein zweiter Gerichtshof bestimmt würde, so würde M-rburg zum Sitze gewählt. Die Abordnung habe dem »riiherett Unterrichtsminiftkr Dr. Strem^'yer ge-dankt für seine Bemühungen, daß die Ober Realschule so rasch inS Leben gerufen worden. In Abwesenheit d,S Kaisers habe sich die Deputation beim Erzherzog Aldrecht vorgestellt und daS Bei-ltid über den Tod deS Bize AdmiralS ausgedrückt ; der Erzherzog habe auS strategischen Gründen br-dauert, daß die Bahn nicht in gerader Linie von Marburg nach Pettau gebaut worden. Die grntie deS Herrn Bürgermeisters, ob die Versammlung durch diesen Bericht über die Deputation brfriedigt sei und nachträglich die Ge nehmigung ausspreche, wlrd einstimmig bejaht. (Schadenfeuer.) Am 16. d. M. Nachmittag 3 Uhr brath bum Iägerlvirth in St. Magdalena Feuer auS: die Stallung. drei Klafter vom Wohnhause entfernt, brannte ganz, lich ab; sechzig Metzen Erdapfel und zwanzig Gin MaskenöaS. Bon I. Temme. (Fortseßung.) „Marianne Lohmann." verthold Rosenftcin sagte nichtS mehr. Er war bleichtr und bleicher geworden und faßte trampfhalt nach dem Herzen, alS »venn eS ßch krampfhaft zusammrnzikhe. So stand er eine halbe Minute. Dann verließ er langsam daS Zimmer. Draußen fand er feinen alten Diener. „Führe mich, Meier!" Er nahm den Arm deS DienerS. „Wohin, Herr Berthold 7" ^Du wirst es sehen." „BaS fehlt Ihnen, Herr Berthold?" „Du wirst auld das sehen." Sie verließen daS Wirthshaus. Berthold Rosenstein w^,r seit dem Tage, lvo die Gouvernaute Marianne Lohmann sein elter-llchts Haus verlassen hatte, stiller und stiller und trünter und elender geworden. Sein Bater hatte die A^rzte gefragt. Die Aerzte hatten offen erklärt, er leide an der Auszehrung -, er trage den Keim des TodeS in der Brust z er sei um so weniger zu retten, als zu dem körperlichen Leiden sich offenbar ein tiefer, innerer Gram hinzugesellt habe. Ihr ein ziger j)tath war. den Kranke» nach srinen Wün-schen zu zttstreuen; der Bater habe ja das Geld dazu Der Bater fragte den kranken Sohn nach s'inen Wünschen. Kelsen war der einzige Wunsch deS Krankcn. „Wohin?" „Ohne Ziel ii« der Welt herum." Herr Rosenstein l>atte daS Geld dazu. Ei ließ seinen Sohn reisen. Der Krltnke mußte nur allein rcisen. BloS ein nlter Diener des HauseS wurde ihm mitgegeben. Der alte Herr Rosenstein selbst konnte lhn nicht begleiten Mehr als seinen Sohn liebte er doch sein Geld, mithin sein Geschäft. Die Madame Nosenstein liebte nur wissen-schtistliche Bildung und den Ton der feinen Welt. Die Geschwister deS Kranken liebten nur sich selbst. Belttiold Rosenstein reiste mit dem alten treuen Diener durch die Welt, wenn auch nicht ohne Ziel. Meßen Hafer verkohlten. Das Vieh wurde vom Cigenthümer selbst gerettet. (Tegetthoff-Dcntmal.) DerZvan ^iger-AuSschuß hat sich am Sonntag um II. Uhr Vormittag konstituirt und folgende Wahlen getroffen: Obmann: Herr Bürgermeister Dr. M. Reiser. Obmann-Stellvertreter: Herr Bezirkshaupt-mann Seeder. Ktssier: Herr Iohan-, Girstmayr Schriftführer: die Herren: Professor Rieck. Karl Reuter, Ferdinand Baron Rast. Marco und Dr. Schmiederrr. ES wurde beschloffen, sich telegra-phisch an den Kaiser zu wenden mit der Bitte, das Protektortit übernehmen zu wollen. Herr Professor Rieck hatte den Entwurf, betreffend den öffentlichen Aufruf, verfaßt und wurde derselbe genehmigt; die Drucklegung erfolgt, sobald die Antwort deS KaiserS eingelangt ist. — Bon der „Militärtanzlei Sr. Majestät deS Kaisers" ist gestern Bormittag nachstehendes Schreiben augekommen : „An Seil'e Hochwohlgeboren. Herrn Dr. Reiser. Biirgermeister in Marburg. 3m Allerhöchsten Auftrage habe ich die Ehre, Eu?r Hochwohlgcboren liekannt zu geben, daß Seine Majestät der Kaiser Sich nicht abgeneigt fühlen, das mittelst Telegramm vom 16. d. M. erbetene Allerliöchste Protektorat über den zu Marburg entstandenen Ausschuß zum Zwecke der Errichtung eiaeS Tegetthoff MonumenteS A g. Kenilletp». Die Gesundheit freilich suchle er nicht. Er erkannte seinen Zustand. Aber die Gouvernante Marianne Lohmann hatte auch ihm nicht entdeckt, wohin sie stishen wolle, und nachher nicht, ivohin sie entftohen war Und wenn er nun auf seinen Kreuz- und Querzügen an einen stillen und sreundlichen oder au einen melancholischen Plaß tam. an den eine Dame Mit Gram und Kummer in dem tief verwundeten Herzen sich hätte zurückziehen können, um still und unerkannt ihrem Grame und dem Wohlthun zu leben — Marianne Lohmann war durch Leo Sillens Geschenk, daS sie auS der Hand deS tranken Berthold nicht hatte zurückweisen können, vor jeder eigenen LebenSsorge geschützt — dann suchte der kranke, junge Reisende in jedem ^hale. in jedem Garten, hinter jedl Die Frau mußte ihm viel von der Todten erzähle» und sie erzählte ihin. wie die Todte so gut und so brav, so fromm und so edel, und so mildthätig und so unglücklich und so still und ergeben gewesen sei. Und so sei sie gestorben, welkend ni,d immer mehr lzinwelkend. über immer still und frtundlich und schön, bis ein sanfter Tod sie erlöst hat)?, llnd auch im Tode sei sie so schön geblikben. „Kannte sie den Namen Beithold?" fragte der Kranke die Frau. „Berthold Rosenstein! Wohl, wohl! Sie zu ubernehmen. Seine Majestät geruhen jedoch. Sich eine definitive Entschließung bis auf Wei-teres noch vorzubehalten. Euer Hochwohlgeboren wollen so gefällig sein, mich ehestens mit einem ausführlichen Berichte beziehungsweise Programm über das beabsichtigte patriotische Uaternehmeu zu versehen. Wien am 17. April 1871. Beck m./p., Oberst." Heute sind die Herren: Dr. Reiser. Ferdinand Graf Brandis und Alois von Kriehuber nach Wien gereist, um perfönlich dem Kaifer zu danken und nach einer mündlichen Darlegung der Sache die Bitte um definitive Uebernahme deS Protektorats zu stellen. Die Herren ReichSräthe Brandstetter und Seidl werden sich in Wien die-ser Abordnung anschließen. L-tzte Voft. Di- j«»g.^chechischeVartet erwartet von »»r schw««,»risch»» will »»« ««»rag» »«» Ansrüstnng de» Bundeshee-re» ist Sache des «nnves - zur »ttmmnng vorlegen. von Parts erttilrt, dvß nur ans drei Wochen Mvndvorrath noch vorhan oen sei» sprach oft von ihm, von feiner Güte, von seinem braven Herzen. Sie sprach mit ihrem ganzen Herzen von ihm." Der Kranke bat, ihm den Sarg öffnen zu lassen. Es wurde ihm gewährt. Er sah lange daS schönste, weißeste, ruhigste Bild deS Todes an. Dann winkte er, daß man den Sarg wieder zumache. Er hatte fest gestanden. Seine Augen waren trocken geblieben, trocken und klar. Als der Deckel wieder auf den Sarg gelegt, die Nägel wieder eingeschlagen, die Schraube» wieder angezogen wurden, da sah man ihn auf ein-mal zittern, leife nur, als lvenn Todesschauer ihm langsam rieselnd durch den Körper zögen; dann wurden seine Gesichtszüge starr, seine Auge« wie verglaset. Er schwankte. Der alte, treue Diener fing ihn auf. „Er stirbt!" rief er. „Zum Arzt!" Man holte den Arzt. Er legte den Sterbenden auf doS Bett, in welchem Marianne Lohmann gestorben »var. „Begrabt mich mit ihr!" sagte Berthold Ro-senstein noch. Er war todt. Er hatte gefunden, waS er gesucht hatte; da tvar ihm daS müde und kranke Herz gebrochen. Dem treuen Diener waren die letzten Worte des Todten heilig. Er telegraphirte den Tod des jungen Mannes an deffen Bater und bewirkte, daß die Beerdigung der beiden Leichen aufgefchoticu wurde. Er hatte ja Geld zu feiner Verfügung. Am dritten Tage kam der aüe Herr Rosenstein an. Auch ihm war der Wunsch seines Kin-des heilig. Ein einziger Zug geleitete die beiden Särge zum Grabe. CS war ein großer Zug. Jetzt folgten sie alle dem Sarge der Diebin, denn Herr Rosenstein war reich. Aber AlleS Vermochte sein Geld nicht. Marianne Lodmann begruben sie zuerst aus dem christlichen Kirchhofe. Dann mußte der Jude Berthold Rosenstein auf dem jüdischen Kirchhofe begraben lverden. Auch im Tode durften die Beiden nicht bei» sammen sein. Mehr als Geld vermögen Fanatismus und Intoleranz! (Schluß folgt). >R«rbI>rg, Ib. April. tVochenmarkt«k> ericht.) veizei» fl. b.40. Korn si. 4.10. Strste fl. 3.20. Hafer 1: Antrag des BrzirkSauSschusses. es »verde dnlelbe zur Ausnahme cints Darlehens zur Deckung jener V,dürfniss? des Be;irtm> in Uioii, I»08tii»8so 14. Verantwortliche Redaktion, Kirnck und ilierlntt i>on lkdnar!^ Janjchitz in Marburg. «. 8t. v.