3xlm lv _ , 1ti1u Folge 181/182. Wahlfolge 1919. — Hebvuav 1919. (Seite 4249-42%.) Oüupelheff.) Schule im» Vaterland Zeitschrift für bodenständige Ängciiderüehniig nnd Votksbildnng in Dentschüsterreich. P'zugsgelmfjr einschl. bet »8l6ttei"6K(6iDt., 7 Fr.) lahrl. Einzelnummer 60 h (60 Pf, 70 Lt.). Postspari. Nr. 58.213 ©ejleitet Keschästlichesaurschlietzlich oii die „Verwaltung der Blätter für den Abtei, lungsunterrlcht in Wien 8, Pfeilgasse 46". Dr. Rudolf Perrr. bandschriftenu.Bücher an ben Schriftleiter. Wien 7, Naiserstr. 76. —„Schule nnb Vaterlanb" kann gesäubert nicht bezogen werben. Schriftleitungsschlich ber vorliegenben Folge am 6. Feber 1919. TIROL IIII111 Hl Deutsche Grenze von Tirol ] Ladiner xxxxx Demarkationslinie Was verlangt Italien? |?as Gebiet bis zum Reschen-Sciieideck, Brenner-Pali und zum Toblacher Feld! (Grenzlinie xxxxxxxxxxxxxxxx) Damit greift Italien tief hinein in rein deutsches Land. Wenn Italien 'iiese Forderung durchsetzt, verliert Deutsch-Tirol 215.353 Volksangehörige vom »geschlossenen« deutschen Stamm. Fast */, Million Deutsche auf alter deutscher Erde unter italienische Herrschaft gebracht, schafft eine unbezwingbare Irredenta und damit eine ständige Gefahr ttir den Frieden! Italien will den <Äe waltfrieden! d. h. außer der Einverleibung von Italienisch-Tirol noch Ladinisch-Tirol und einen großen Teil von Deutsch-Tirol. üeutschösterreich will den Verständigungsfrieden! d. h. das Selbstbestim-^ungsrecht der Völker. Eine unter neutraler Kontrolle stehende Volksabstimmung möge über die staatliche Zugehörigkeit entscheiden! Was itetit uns bevor? Zwei schicksalsschwere Ereignisse werden in nächster Zeit die Zukunft Deutschösterreichs bestimmen: a) der Beschluß des Friedenskongresses, b) der Ausgang unserer Wahl für die Nationalversammlung. Über beide Angelegenheiten wird zurzeit viel gesprochen und trotz der Papierknappheit noch mehr geschrieben — und es fällt schwer, aus denk Gewirr von Meinungen heraus feste Linien zu gewinnen, geschweige denn in dasselbe ein klares System zu zwängen. Und doch muß für den, der einerseits nach dem Entscheide a) die breite Masse voll Zuversicht ins neue Werden führen und für den Entscheid b) rüsten soll, ein aus unbefangener Beurteilung der Dinge gebotener Plan zur Hand sein, auf daß der Tätige zielsicher sein Handeln einrichte und für den Staat und den Stand das Beste erstrebe. Der Leser entwinde fid) zunächst den Einflüsterungen von rechts und von links und lasse sich durch nachfolgende Schlüsse geleiten! Zu a): Der Friedenskongreß. Was die Monate her durch den Zeitungswald schwirrte und in der Gesellschaft des langen und des breiten mit prophetischer Voraussicht erörtert wurde, ist müßige Erklügelung oder haltloses Geschwätz. 3n Wirklichkeit sieht ja die Welt ganz anders aus als im Leitartikel. Niemals wie jetzt verschiebt sich der politische Schwerpunkt von einem Tage zum ändern-Was heute aufgegeben wurde, kann morgen erreichbar sein und umgekehrt. Am schlimmsten ist neben dem, der dem augenblicklichen Stande voll vertraut, der daran, über den das Gefühl die Herrschaft gewonnen hat: er stürzt mit einem Male in die reale Welt und sieht seine Träume in ein Nichts zerstieben. Wir stehen vor der Tür, hinter der die Prüfungskommission berät und das Urteil zusnmmenfaßt. Mit Bangen harren wir des Bescheides, der uns vom Vorsitzenden werden soll. Ein Augenblick für's Leben! Er hat uns alle mehrfach gequält und durchzittert. Nun wird er Völkern und Staaten zuteil. Unter den Harrenden befindet sich Deutschösterreich. Darüber dürfen wir uns nämlich keiner Täuschung hingeben, daß der kommende Friede ein „diktierter" sein wird. Das alte „ Vae victis!“ gilt trotz all der Beschönigungen und Jdealschwärmerei von Völkerversöhnung und Gerechtigkeit auch für unsere Tage. Ob jedoch das Schicksal so grausam an uns heranbrauscn werde, wie es die Scharfmacher ankündigen, ist noch sehr in Frage gestellt, denn schon webt der Zwist im Lager der Sieger. Auch das war in der Geschichte wiederholt da. Es wird überhaupt gut sein, wieder einmal das Büchlein, aus dem wir Zahlen und Namen lernten, und was man dann „historisches Wissen" nannte, hervorzuholen und nachzublättcrn, wie es unter ähnlichen Umständen in früheren Epochen ausging: dann wird man der kommenden Wirklichkeit zunächst kommen: denn neu ist nur die Form, immer wiederkehrend jedoch der Inhalt. Daß auf die Fricdenskommissäre klärend eingewirkt wird, wie es in der Tat mit dem und jenem steht, daß manch ein Visitkärtlein den Gewichtigen in die Nocktasche gesteckt wurde, um ihre Gunst und Fürsprache zu erwirken, daß die Folgen einer zu harten Beurteilung entsprechende Beleuchtung erfuhren, glauben wir: aber dennoch können wir uns des Einen nicht entschlagen: Wir haben das E.ramen nicht bestanden, wir müssen auf Schlimmes gefaßt sein. Soll es uns' bis zur Verzweiflung beugen? Dürfen die Machthaber so weit gehen? Nein! Sie säen sonst einen neuen Krieg. Das haben wir an Serbien, dem der magyarische Terror das Leben unterband, wahrgenommen. Wenn wir uns also auf das Ergebnis des Friedenskongresses einstellen wollen, um es als gegeben hinzunehmen und die Gemüter aufzurichten, so werben wir uns schon jetzt die Formel vorsagen: Die Entente wird uns die Lebensmöglichkeit im eigenen Interesse lasse»: denn Hinsiechen führt zur Fäulnis und in der Fäulnis ist Gift, das auf die Umgebung übergreift. Die Engländer und die Amerikaner sind viel zu praktisch und vorausblickend, um der Menschheit eine Beule ins Fleisch zu setzen: sie werden den Taumel der „ändern" dämpfen. , Können wir, jeder zu seinem Teil, zum bestmöglichen Ausgange etwas bei-agen? Immerhin! Wenn der Einzelne in seinem Kreise auf Grund unumstöh-•pjer Daten und Schlüsse wirkt, so ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß O'er und dort ein Tröpflein Wahrheit in das Lager der Gegner durchsickert und r. Klärung beiträgt. Wenn jeder vermeint, sein Wort gelte nichts, an der Sache nichts zu ändern, es sei zu spät, man sei zu nichtig u. a., nun so bleibt es aturlich beim Stande, wie ihn die Deutschenhasser konstruierten. Für den vor- ^egenden Fall gilt das Wort: „Schlechter kann es nicht werden, wohl aber es,er!" So mancher ist in der Lage, durch Verbindungen ein Körnlein ins ndere Lager zu schmuggeln. So tu er es, es gilt der groszen Sache! Auf ’feben jn /• $ solch positive Arbeit mehr wert als das bloße Räsonnieren und nutzlose politisieren. Ich spicke die vorliegende Folge mit einschlägigem Stoff, um die seineinte Kleinarbeit zu ermöglichen. . . Zu b): Die Wahlen in die Nationalversammlung. Es liegt mir ferne, zum J|tei1 einer Partei einen Ertlärungsaufsatz zu schreiben, soll doch unsere Zeitschrift Oer die Gruppen und Erüppchen hinweg nur das eine Ziel verfolgen: das Wohl cutid)östcrrcichs und seiner Schule. Was steht nun dem entgegen? Der Überstürz nd ber Rücksturz. Wollte man das, was als ungereiftes Produkt der Zeit „Neu-^naltung" heißt, durch die Propagierung zur Kontinuität gestalten, so arbeitete hin der Zerstörung bestehender Werte in die Hände, ohne sodann einen voll- Utigen Ersatz, von einer Erhöhung des Gutes gar nicht zu reden, vor sich zu L?Cn_- Das, was man im Drange der Ereignisse „Reform" nennt, ist vielfach , U(tschritt; zum allerwenigsten lasse man sich durch Erzeugnisse betören, die wahllos pworstürzen. Damit soll dem Niederbrechen veralteter Einrichtungen keineswegs .pphalt getan (unser Blatt kann der Vorwurf des faulen Stillstehens wohl nicht '.e'fen), sondern lediglich zur Besonnenheit gerufen werden. Das Eine ist Gesetz: ober große Gedanke führt bei gewaltsamer Durchringung zu utartungen. Sie tobten vor kurzem durch ganz Deutschland. Ist darob der o?ße Gedanke zu dämmen? Doch keineswegs! Rur der Entartung gilt unser l'Dalt!" Wehe, wenn sie sich zur Richtung verdichtet! Wie sich's außen zeigt, v. Zeigt es sich innen: Der Sturm zertritt das Veraltete und bricht dem Neuen Jc offene Bahn. Im Sturm schreitet voran die begeisterte Schar, die nur das Pjü will. Bald schließt sich ihr jedoch ein Heer von Begleitern an, denen es l(l,t um das Ideal, sondern um das Gaudium und Schlimmeres zu tun ist. Bleibt die Kerntruppe zurück und stoßen bloß die Flügel vor, so wird das, was Ve Bewegung schuf, verschüttet und der Effekt heißt „Zerstörung". So ist es mit j nt äußeren Aufmarsch und so mit der inneren Gestaltung. Gegen diese Neben-jjjnponenten muß jeder Klarsehende und Vaterlandsliebende Stellung nehmen. einem die Stimme gibt, d e m es um nichts a I s u m s Nieder-oißen zu tun ist, weil er j a aufzubauen nicht versteht, der hilft Mete völlige Vernichtung besiegeln. Ein Spartacus in Deutschöster-brächte das arme Land an den Abgrund. In Deutschland ist dem Zerstörer ,le Entente nicht entgegengetreten, weil sie die Verseuchung der eigenen Armeen ofürchtete: in Österreich, dem kleinen Lande, würde dieses Bedenken entfallen; tr bekämen fremde Truppen herein und sänken in die Knechtschaft. Die Über-,cfotnx darf nicht zur Entartung werden! Darum kann ins Volks->aus nur der Besonnene, der Klarsehende, der Schaffende eintrete», der in der /Oge ist, an Stelle des beseitigten Stückes sofort ein neues, und zxvar besseres, 5u fetzen. (v. . Dem Übersturz steht der Rücksturz gegenüber. Wir haben in der Weltgeschichte ■“Oifpiclc genug, die lehren, daß in Zeiten des plötzlichen Wandels die Reaktion ?!ff Lauer ist. Eben weil das zu rasche Schreiten zu Ermüdung führt, kann der öse Geist, der im Dunkel waltet, auf leichte Art den Schwerpunkt nach seiner pfte ziehen. Die geheimen Mächte sieht man zurzeit nicht: aber alsbald können Po am Werke sein, so der günstige Augenblick winkt. Schon um ihretwillen sollten 55lr der Erschlaffung der Geister und der Wirrnis Vorarbeiten. Wer den wahren "Ort sch ritt will, muß den Tollstürmenden gleichermaßen b e- kämpfen wie den U e b e r g a n g s h e m in ende n. Jur Lichtung führt nur t>ct sichere, auf deutlicher Führte getane Schritt. Man merkt es am Wandern bald-welches Tempo er hält. Wer viel spricht, tänzelt durch die Welt, ohne das zu erreichen: wer scharf spricht, dabei aber nicht logische Pfade aufdeckt, tri» zwar machtvoll auf den Plan, stürmt aber planlos dahin: nur wer klar red» und in seinen Darlegungen die gerade Linid der Gedankenfolge verrät, ist dck gewiegte Führer. Dem gelte unser Vertrauen! In Folge 180 (Dezember 1918) wurden auf Seite 4163 die Eigenschaft"" eines echten und rechten Volksbeauftragten erörtert. Der geehrte Leser möge st» Punkte Nachlesen und vor allem den dritten beachten! Der zu Wählende fcl ein Mann des Volkes, das heiht, er werde aus der Schar der Wühler 9e‘ hoben! Vom Heimischen weis; man genau, weh Sinnes und weh Handelns "r ist: der Herbeigebrachte, der Fremde,, bleibt uns ewig fremd. Von ihm weih i»st nicht, ob er standhält, wenn die Lockung naht oder der Sturm braust. Völlig^ Aufgehen für die Angelegenheiten der Wähler verbürgt nur der, der von dck h e i m i sch en Scholle stammt. Unsre Wahl — unser Wohl! Das ist das Leitwort für die nächsten Woche» Noch nie hat eine Neubeschickung des Volkshauses solche Bedeutung gehabt ®"' diesmal. Die Männer und die Frauen, die Mitte Februar einziehen, sind bc rufen, als Baumeister des neuen Vaterlandes zu wirken. Sie werde" vorerst den Grund besehen, den ihnen der Friedenskongreh umgrenzt, und soda»" die vier Eckpfeiler einrammen. Einer von ihnen heißt „Schule". Wählen to,r schlechte Meister, so bauen sie schlecht und vergessen des Pfeilers, der unsere" Namen trägt. Die Lehrerschaft hält heute in vielen Teilen des Vaterlandes das Zünglei" der Wage in der Hand, hat ihr doch die emsige und erfolgreiche Arbeit währe»" des Krieges das volle Vertrauen des Volkes gebracht: sie vermag also den Wahle" geradezu eine Wendung zu geben. Von diesem Einflüsse mache sie reichlich Gebräu®-Heute ist Politik nicht mehr bloh das Necht einer Kaste, sondern geradezu Pfli®' jedes Vaterlandsfreundes, weil sonst ein Teil zum Terror des Ganzen wird. Del; Lehrer entziehe sich am allerwenigsten dieser Pflicht! Er führe in den Versann» lungen das Wort und gebe der Gesinnung des Volkes Richtung! Treugenosse»-auf. zeigt die Mündigkeit des Standes in der Stärke unseres Wollens! „Unff Wahl ist unser Wohl!" Das gilt für jeden Einzelnen, für den Stand und fül die Zukunft des Vaterlandes. Peerz Oolkspädagogik. 2. Was ilf das: i-Spartacus» - »Bolschewismus»? (Sine Rede an das Bolk.) In alter Zeit, das weih jeder, gab es Sklaven, das ist: Menschen, die ma» verkaufen und so behandeln konnte wie ein Stück Vieh. Keine Freiheit, kein Reckst, kein Lohn für Arbeit: das war das Los der Sklaven. Ihre Hüter konnten stc peinigen nach Belieben: niemand war da, sie zu schützen. Ein trauriges, mensche»^ unwürdiges Los! Es ist klar, dah unter den Sklaven viele waren, die bei günstiger Gelegenheit entflohen oder sich zusammenrotteten, um das Ioch der Herren, in deren Dienste» sie schmachteten, abzuschütteln. Aber, was half's! Die 'Sklaven besahen ja feilst Waffen: kaum hatten sie sich erhoben, so wurden sie auch schon geschlagen. Di" Rache war jedesmal so fürchtbar, dah sie es auf lange hinaus nicht wagten, na® der Freiheit zu ringen. Da kam aber einmal doch eine ganz besonders günstige Gelegenheit, di" Fesseln zu brechen: obendrein fand sich unter den Bedrückten ein mutiger Mannnamens Spartacus. der nichts fürchtete und dabei das Zeug besah, die Leidens genossen zusammenzuhalten, mit Waffen zu versehen und gegen die grausame» Herren zu führen. Es kam zu einem grohen Sklavenaufstande in Rom. , Die Machthaber vermeinten, die Rebellion mit ein paar Haufen wohl-«waffneter Trupps Soldaten niederzuringen. Allein es gelang ihnen nicht. Da ■ atb ihnen bange; sie rüsteten größere Haufen aus und bezwangen schließlich die tA?öen' ^ns Bericht über die Besiegten war entsetzlich: Stundenweit sah man echts und links von der Straße, die aus Rom hinaus nach dem Süden zieht, nr Kreuz nach dem ändern; an jedem hing einer der Sklaven, die sich erhoben "en. — Seit dieser Zeit kam es nie mehr zu einem größeren Aufstande. Wer das hört, wird für die Armen, die eigentlich nichts erringen wollten is ihre Rechte als Menschen. Mitleid fühlen und dem Geschick zürnen, daß es . tz Herren zum Siege verhalf. — Diesen Unwillen haben in jüngster Zeit Leute. 65 keineswegs um die Befreiung aus einer Knechtschaft, sondern im Gegen-~ : um die Unterwerfung der Friedlichen zu tun ist. schlauerweise ausgenützt — die f J’urturuskutc in Deutschland. Sic rechneten so: Bon Spartacus und seinen Schick-lsgenossen weiß die Welt; mit ihm und den Betroffenen fühlt jeder Rechtlich-ntende: also legen wir uns den Namen bei und das Mitgefühl geht auf uns > er< jeder, der uns nicht in die Karten sieht, vermeint: „Die Armen! Es ergeht jieu sicherlich ähnlich wie dem Namensträger in alter Zeit; also lassen wir '^ »chalten, ja helfen wir ihnen!" — Freilich, daß es zu unserer Zeit nicht ehr Sklaven im Sinne völliger Unfreiheit gibt, das weiß sogar der Seppl; ^ ej: man kann ja auch an Sklaven des Geistes, das heißt an Menschen um. bloß Steuern zahlen, aber nichts zu reden haben, nicht mitberaten ud mitbeschließen sollen. Diesen Schein wollten die Spartacusleute in Berlin er-^ecken. Das Stücklein gelang ihnen; aber zuguterletzt ging die Geschichte für sie schlimm aus. Jene Spartacusleute im Altertum haben ihr Schicksal nicht ^ment. wohl aber die im Jahre 1918 und 1919. Diesen war es um nichts C5 um die Herrschaft, um Raub und Plünderung zu tun. Was sie als „gerechte ' Qche" vorschützten, war bloß ein Aushängeschild; in Wahrheit wollten sie und 0|teu sie das erste Wort führen und ehrlich erworbenes Hab und Gut aufteilen. ^ Bisher nannte man die Gruppe derer, die sagen: „Es ist nicht recht, daß er Eine viel besitzt, der Andere wenig; alle müssen gleichviel ihr Eigen nennen!" Kommunisten. Das gesamte Vermögen soll gemeinsam sein. Sowie zurzeit jeder ^,e gleiche Menge Brot und Fleisch nach der Karte erhält, so soll es auch mit e|tt Besitztum sein. Die großen Güter sollen aufgeteilt, die Ersparnisse eingezogen nl) den Besitzlosen zugewendet werden. Auf den ersten Blick sieht die Sache verlockend aus und so mancher wird ,Ü^kufen: „Das wäre ja nur gerecht!" Für den Augenblick scheint es so; bei 'Meter Betrachtung jedoch ergibt sich folgendes: Wenn wir alle Schätze einziehen aufteilen, dann schwindet jede Lust am Erwerb und am Sparen. Der Eine sich: ,,Jch brauche mich nicht zu rackern, denn der Teil vom ganzen Gewinn u ^ Lur ohnedies zu!" Ein Zweiter denkt also: „Was nützt mir alle Müh' dd Sorg' und die redliche Arbeit: ich muß ja den Lohn mit den Faulenzern »"en!" Der Leser merkt, die Sach' hat einen Haken. Und darum hat auch der ^'uniunismus, der sich in Berlin „Spartacus" nannte und in Rußland „Bol-^wismus" heißt, einen Haken. nirf, trotzdem darf man über die Gesellschaften, die sich die Namen beilegen. so ohneweiters den Stab brechen: ein gutes Korn steckt nämlich in ihrem Greben. Es soll das große Kapital gelockert und unter das Volk gebracht werden. ^ der Tat gleichen die. die sich tagein tagaus rackern und mühen, ohne einen y.^bienst zu erringen, der auch nur das Notwendigste deckt, den Sklaven in Rout; c[.er deswegen alles über den Haufen zu werfen, zu sengen und zu brennen, zu Wundern und zu morden, das ist nicht die Art, zu seinem Rechte zu kommen. n a Zerstört man ja Güter, die der Allgemeinheit zugute kommen sollen! Darum shUo jeder Vernünftigdenkende ein solches Vorgehen verurteilen. Auch ist zwischen ii» das Eigen entziehen will. Spartacus Bolschewismus Kommunismus: alle drei — groben Idee» zur Menschenbeglttckung entsprungen, sind vom geraden Wege abgewichen und baruiü gefährliche Strömungen der Zeit. Man wird gelegentlich der Wahlen achtha^ müssen, wer auf der breiten Fährte schreitet und wer im Gewirr, aus dem &11 Vernichtung der menschlichen Ordnung droht. Der Lehrer als Führer des Dolfes. 2. Die Wahl in die Nationalversammlung. Nun soll es sich erweisen, ob wir die uns durch die Zeit gestellte Ausgabe zu lösen ®(I' mögen oder nicht, das heistt, ob wir mehr bedeuten als die Lehrer des A-b-c und des 1 * und die Listenführer für Brot, Getreide und Futter und die Leiter von Vereine» und Sefteti1 hier und dort. Deutschösterreich rüstet zur Wahl. Das; wir uns von unserem Wahlrecht ni*‘! abzwacken lassen, ist selbstverständliche denn die Zeiten sind vorüber, da der oder jener Bo"1' einem Lehrer zuzurufen wagte: „Entweder Sie wählen mit mir oder Sie wählen nicht!" Wahlpflicht ist heilige Pflicht. Näheres in dem Ruf an die Intelligenz.) Nicht so klar und feststehend ist jedoch das Postulat der Aufklärung des Volte- Vormals nannte nian es „unerlaubte politische Agitation": heute heistt es „Volksunterweisung Es stünde einem Lehrer schlecht an, wenn er von Haus zu Haus liefe und den und jenen ä<> Äragen fasste oder wen» er sein Amt in der Schule zur Wahlwerbung missbrauchte; es ihm aber ebenso von allen, die die ruhige Entwicklung des Staatslebens wünschen, als PJanS* der Erfüllung seiner Mission angerechnet werden, sofern er mit seinem Licht abseits stünde seine Gemein dem ziellosen Umherirren im Dunkeln übergehe, beziehungsweise sie der DemagoS'' auslieferte. Der Volksschullehrer muss Lehrer der Jugend und des Volkes zugleich fein. Arzt heilt ja auch nicht bloss die .Franken bis zu einem gewissen Alter und der Priester lehrt nicht allein die Jungen, sondern auch die Erwachsenen. Die Schulbehörde, die diese Logik bezweifelt, gehört der Vorkriegszeit an; ihr Dasein ''j nach Wochen gezählt. Es steht Nr. 1 sohin fest, dah der Lehrer als 3?'o 11 s a v o stc sein Amt mit vollem E r n st o n t r c t e n m u st. Dazu verpflichtet ihn zweierlei: a) das Wohl des Staates, b das Wohl de Standes u>> der Schule. — Der Staat befindet sich dermalen im Stadium sprunghafter Entwicklung. ® wissen es vom Altmeister Ratke her, welch ein Schaden durch solches Werden entstehen Wie die Pflanze nur allmählich sich entfaltet und wie bei ihr jedweder gewaltsame Eingriff M bitter rächt, so ist es auch beim Staatswesen. Die Pädagogik erweist ihre Gesetze bei : Problemen in der gleichen Weise. Wir müssten schlechte Lehrer sein, wenn wir mit verschränk^ Armen zusähen, das; ob der unzeitgemäßen Reifesteigerung das Gebilde „Deutschösterreich" ctt dortte. In dem Rufe an die Intelligenz ist dargelegt, auf welche Weise im politischen Leb' die Unnatur und damit der Schade hintangel,alten werden kann. Ich möchte mich nicht uNÜ fangen, als Prediger der freien Gesinnungsbetätigung die Wahl eines Kollegen nach der W® tung der Partei zu beeinflussen; wohl aber will ich jenen, die unschlüssig sind, den Weg ^ Vermittlung aufdecken oder sie wenigstens aus ihrer Indifferenz reisten. Das tatenlos Imwinkel stehen, indes jeder Stand isn Dienste des grasten Ganzen ro i1 ^ i st ein Armutszeugnis; es schleudert uns wieder in die Tage des „S ck)" Meisters" zurück. Das 'Zweite, was uns auf die Bühne bringen soll, ist die Rücksicht auf das Interesse **! Standes. Wir haben jetzt alles zu gewinnen oder viel zu verlieren. Wenn wir als polit" wagbare Masse gelten, wird unseren Forderungen ohneweiters stattgegeben werden. Es ist jd dah der Staat nunmehr der Schule in erster Linie wird gedenken müssen, denn von unten auf erfolgt seine Verjüngung, — ob aber dabei angesichts so vieler Intelligenzstellenlosen auch den Lehrern das ihnen gebührende Pfund zufällt, steht sehr in Frage. Schon munkelst man von der Einstellung von Offizieren und anderen in die Schulen. Also „Lehrer" in Hülle »nd Fülle! Da heiht es auf der Hut sein! Auch ist eine Reaktion nicht völlig ausgeschlossen, wenn die Reform zu rasch schreitet und sich erschöpft. Bei allem ist ein Rückschlag nur hintaN-^uhalten, sofern die Lehrerschaft richtunggebend in die Schranken tritt, und dies vor allem gelegentlich der Wahl. Gelegenheit zur Betätigung bietet sie im kleinsten Orte. Wenn der Lehrer nichts anderes 'ut, als dah er jede Wählcrversammlüng besucht, um im Falle des Umkippens cinzugreifen, um aufklärend zu wirken, um falschen Propheten entgegenzutreten, um jedesmal den Standpunkt km: Schule zu verfechten: so hat er schon einen Grohteil seiner Pflicht erfüllt. Will er ein Adriges hinzufügen, nun, dann lege et das, was er in der Versammlung sagte, im Lokalblatt u>eder, damit sein Wort auch die aüfnehmen, die nicht zugegen waren, oder er verbreite Auf- rufe, die seine Gesinnung wiedergeben und im Volk die rechten Entschlüsse lockern. (Eine Stoff-auelle bilden die nachfolgenden Briefe an die Arbeiterschaft, an die Bauernschaft und an die Intelligenz. Sie sind keineswegs Werbebriefe nach der Partcischablone, sondern Aufklärungs-Treiben zum Zwecke klarer Erfassung der Dinge.) Eines kann und muh jedem gelingen: die Aufmunterung zur Wahl. "^et Brief an die Bauernschaft begründet die Notwendigkeit einer regen Wahlbeteiligung. Sie Gleicht das Kräfteverhältnis der Parteien aus und verbürgt somit die Ruhe im Lande. So ^Ibstverständlich nun »ach so eindringlichen Mahnungen auch die Abgabe des Stimmzettels ist, üroh die Bequemlichkeit und politische Gleichgültigkeit weiter Kreise, die nicht durch eine Itraffe Organisation zur Wahlurne gedrängt werden. Den Mangel an Einsicht und Zucht muh ^et Lehrer beheben. „Auf zur Wahl, ob Ihr nun den oder jenen wählt!" Mit diesem Mahnrufe fa!!e er den oder jenen der Lässigen beim Rockzipfel. Eine Massenbeteiligung sichert ^ e n Bestand des Ausgleiches der M a ch t. Wen» unsere Parole „Wir wollen unsere politische Reife erweisen!" von Stadt zu Stadt, 00,1 Dorf zu Dorf in Wirkung tritt, sind wir in wenig Monden ein Stand von Bedeutung: 'ft sie leerer Schall, so kann es kommen, dah uns Schlimmeres beschieden wird, als die Zeit ÖOr dem Kriege es bot. * Rede an die Arbeiterschaft Deutschösterreichs. Die Zukunft des Staates sprießt aus der Arbeit. Darüber lst jedermann im klaren. Das alte Reich ist an schlechter Regiererei, aber aUeh an Faulenzerei zugrunde gegangen. Die Schwächsten waren obenauf, d'e Ungeschicktesten und Bequemsten am Ruder; also mußte das Schiff scheitern. Erfahrung macht weise. Das stimmt für den Einzelnen und fürs Ganze. Wir haben alle miteinander durch den unglücklichen Krieg viel Lehrgeld gezahlt. Aber so mußte es kommen! Solange man nur Ratschläge erteilt und warnt und weissagt, glaubt es die Welt nicht; sie will und muß durch Schaden klug werden. Ging’s nach seiner Größe, so müßten wir mit einem Male überaus gescheit geworden sein. Daß es leider nicht in dem erwünschten Ausmaße der Fall ist, kann jeder täglich wahrnetimen. In einem Punkte allerdings ist es besser geworden: Es erkennen alle, die es mit dem neuen Vaterlande redlich meinen, daß alles Heil bloß in der Arbeit zti sUchen ist. Wer sie verabscheut, wer auch in sö harter Zeit müßig geht uhd sich Vom armen, armen Deutschösterreich erhalten läßt, trotzdem er durch irgendeine Betätigung seinen Hausstand erhalten könnte, ist ein Schmarotzer am Staate, ein Feind des Vaterlandes und darum ein Mensch, der flicht auf Achtung Anspruch erheben kann. Das gilt für den Afbeifef m der Werkstatt, für den Taglöhner, für den Beamten, für den Millionär, für Hochgeborene und Niedergeborene, kurz für alle, die schaffen können, aber nicht schaffen wollen. Die Arbeit ist was Mannhaftes, was Heiliges; die Faulheit ein Zeichen von Unmännlichkeit, von menschlicher U n w ü r d e. Wer darauf erwidert: „Ich will arbeiten, gebt mir Arbeit und gebt mir den gerechten Lohn!“, dem kann geholfen werden. Überall im Lande sind Vermitt.lungsbureaus, überall ruft man nach rüstigen Händen und nach tüchtigen Köpfen. Nur der Bequeme sieh t^ nichts und hört nichts, weil er nicht sehen und nicht hören will. Die Ausrede: „Man findet keine Arbeit“, ist darum ebenso faul, wie der es ist, der sie uns entgegenhält. Das allerdings ist richtig, daß in der Sache, hauptsächlich in bezug auf die Invaliden, noch viel mehr Vorkehrungen getroffen werden könnten; man müßte in allen Bezirksstädten Ausschüsse begründen, die sich fürs erste damit befassen, möglichst viel Arbeitsstellen ausfindig zu machen und sie völlig kostenfrei an Stellensuchende bekanntzugeben, fürs zweite hinter den Angestellten als Beschützer zu walten, damit sie nicht von den Arbeitgebern ungehörig ausgebeutet werden. Ein Anfang wurde in Oberösterreich und in Nordböhmen gemacht; die Einrichtung hat sich überaus gut bewährt. Jeder Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde rasch beigelegt. Die Schuld ist oft auf beiden Seiten zu suchen. Der Unternehmer möchte in kurzer Zeit große Gewinne erzielen, dem kann nicht genug geschaffen werden; der Angestellte, der im Kriege das Arbeiten verlernt hat, mag nicht recht anbeißen, das rüstige Schaffen paßt ihm nicht, er muß sich's erst wieder gewöhnen. Tritt da nicht jemand vermittelnd dazwischen, so ist der Streit fertig, die Arbeit ruht und statt des Segens, den sie beiden Teilen bringen soll, beginnt der Unmut aufzuflammen und alles zu vernichten, was wir aus dem furchtbaren Weltbrande noch gerettet haben. Was im Kleinen notwendig erscheint, die Vermittlung zwischen dem Unternehmer und dem Arbeiter, das ist auch im Großen unerläßlich, bei den Industriebetrieben. Es ist bei uns zu Lande niemals zu einer klaren Verständigung zwischen Besitzer und Arbeiter gekommen", darum gab es Mißtrauen auf beiden Seiten. Die Arbeiter vermeinten, nichts anderes zu sein als die Verdiener für die Herren, in deren Betrieben sie standen; die Industriellen hinwiederum sahen im Arbeiter immer nur den unzufriedenen, grollenden Mann. Das alles hätte sich vermeiden lassen, wenn man Folgendes erwogen und allgemein bekanntgegeben haben würde: Der Arbeiter und der Unternehmer — beide haben- ein Anrecht auf den Gewinn, der erstere, weil er die Ware zutage fördert, also den Handel ermöglicht, der zweite, weil er mit seinem Hab und Gut, mit seiner Erwägung, mit seinen Beziehungen und dem Risiko das Unternehmen schuf und hielt. Es gehört eben zu allem und jedem eine Arbeitsteilung; der eine gibt den Kopf her, der andere die Beine und die Hände. Einer für sich allein ist nichts. Die alten Römer sahen das schon vor mehr denn 2000 Jahren ein. Als nämlich einmal die arbeitende Klasse sich erhob und beschloß, nichts mehr mit den Besitzern zu tun zu haben, sondern auf eigene Faust zu schaffen, da erschien unter den Streikenden ein weiser Mann und sprach zu ihnen also: „Hört! Einmal verschworen sich die Glieder des Körpers gegen den Magen; sie wollten für den Faulpelz, der bequem im Bauche liegt und nichts anderes verrichtet, als sich täglich füllen zu lassen, nicht mehr tätig sein. Was geschah? Der Magen trocknete ein und mit ihm gingen die Glieder, ging der ganze Körper zugrunde.“ Der kluge Römer zog aus der Geschichte die weise Lehr', daß gleicherweise die Wirtschaft zugrunde gehen müßte, wenn die Unternehmer und die Arbeiter sich voneinander trennen würden, Der eine braucht den ändern, weil bei jedwedem Werk zwei notwendig sind: JEiner, der es ersinnt und leitet, und einer, der es durchführt. In Rußland hat man in den letzten zwei Jahren den Versuch gemacht, einen großen Teil der Industrieunternehmungen zu „sozialisieren“, das heißt den Arbeitern völlig auszuliefern, so daß sie nicht allein in der Fabrik tätig waren, sondern auch den gesamten Geschäftsbetrieb innehatten. Was zeigte sich alsbald? Ein großer Rückgang im Gewinn. Die Regierung mußte an hundert Betriebe auflassen, so daß Tausende von Arbeitern brotlos wurden, und die restlichen Unternehmungen unterstützen, um sie über Wasser zu halten. Das wird erklärlich, wenn man bedenkt, daß jemand, der Jahre hindurch bei den Maschinen stand, nun nicht auf einmal auch das Bureau regieren und alle nötigen Handelsbeziehungen, Absatzgebiete und günstige Einkaufsstellen erkunden und ausnützen kann. So was lernt sich nicht über Nacht. Über einen tüchtigen Generaldirektor, der das zwanzigfache Einkommen eines Werkmeisters hat, wag man in Neid und Zorn ersticken — es nützt nichts; er ist nun einmat der Mann, der das ganze Unternehmen zum Gewinn bringt; er verdient darum seine hohe Besoldung, weil ohne ihn jeder Einzelne im Betriebe weniger oder nichts verdiente. In den oberen Stellen macht es der Eifer; der muß gestachelt und belohnt werden. Wenn wir alle gleich hoch bezahlten, wird keiner sich den Kopf sonderlich zerbrechen, weil er ja weiß, daß seine Leistungen nicht außerordentlich anerkannt werden. Wir sahen das bei der Zeitvorrückung der Beamten. Warum hat unsere innere Verwaltung so elend abgeschnitten? Weil sich jeder Gehalt und Rang „ersitzen“ konnte, ob er Was leistete oder nicht. Nach dem Verbrauch an Hosenstoff ward das und der Verdienst bewertet. — Wenn es einmal mit der Arbeit in Betrieben so weit käme, verfaulte jeder Eifer und gäb’s keinen Gewinn mehr. Wofür der alte Staat Orden und Titel verlieh, gibt das Unternehmen bare Münze; darin liegt die Begründung für hohe Gehälter. Mit dem Versuche, die Betriebe zu sozialisieren, hat auch Deutschland gebrochen. In der Ventzki-Aktiengesellschaft hatten die Inhaber den Arbeitern und Beamten die ganze Leitung des Unternehmens unter der Bedingung überlassen, daß der Gewinn samt und sonders unter die Arbeiterschaft aufgeteilt werden solle. Anfangs gab es großen Jubel, denn all die Millionen, die nach der Meinung der Angestellten in den Sack des Unternehmens flössen, sollten nun ihnen zugute kommen. Bald jedoch erhoben süch einige besonnene Männer und beschlossen, zuvor einmal in den Büchern nachzusehen, wie das Geschäft laufe. Sie erkannten, daß sie es bei allem Eifer nicht auf d i e Höhe bringen konnten, um den Arbeitern die bisherigen Löhne sicherzustellen. Daher verzichteten sie auf die Leitung und legten sie in die Hände des Herrn Ventzki zurück. So hatten sie wenigstens die Gewißheit, daß der Verdienst keine Kürzung erfahre. — Ein Gleiches ereignete sich in Braunschweig, wo die Maschinenfabrik Amme, Giseke und Konegen die Sozialisierung freigab, aber die Beamtenschaft und die Vertreter der Arbeiter nach kurzer Zeit erklärten, sie wünschten die frühere Einrichtung, weil sonst der Unterhalt von sehr vielen Angestellten gefährdet sei. Aus den angeführten und ähnlichen Fällen geht hervor, daß ein völliges Ausschalten der bisherigen Ordnung in den Betrieben für die Instandhaltung und damit für die Sicherstellung des Arbeitslohnes von großem Nachteil wäre. Ebenso ist aber auch klar, daß die Ausbeutung der Arbeitskraft weiter nicht geduldet werden kann. Wie oben im Kleinen gezeigt wurde, daß es notwendig sei, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein gerechtes, freundschaftliches Verhältnis zu schaffen, so wird es auch im Großen sein müssen. Der Vermittler sei der Staat! Er muß darauf Bedacht nehmen, jede Ungerechtigkeit hintanzuhalten; er soll aber auch Sorge tragen, daß der Arbeiter auf seinen Verdienst sicher rechnen könne. Es muß Sache des Unternehmers sein, mit soviel Kapital zu beginnen, daß nicht plötzlich abgebrochen und die Arbeiterschaft der Verdienstlosigkeit ausgeliefert werden muß, und Sache des Arbeiters, bis zu einer gerechten Grenze 4268 einen allfälligen Ersatz für das Risiko und die geistige Arbeitsleistung der Leitung des Unternehmens anzuerkennen. Geht der Gewinn über die Billigkeitsgrenze hinaus, dann ist er entweder als Teilhaberertrag an die Arbeiter abzugeben oder für Wohlfahrtseinrichtungen zu verwenden (Arbeiterheime, Arbeitererholungsstätten, Schulen, Horte, Lesehallen usw.). Das steht für die nächste Zeit fest: Der Kapitalist im Sinne der Ausbeutung der Arbeitskraft muß bekämpft werden, gleicherweise aber auch die gänzliche Sozialisierung der Arbeit, insbesondere in unvermittelter Art. Es wird zweifellos die Zeit kommen, daß alle, die arbeiten, auch am Unternehmen richtunggebend und gewinnend teilnehmen, daß es Unternehmungen geben wird, in denen von unten bis oben nur Arbeiter und Beamte zu entscheiden und zu verteilen haben werden. Allein mit einem Schlage kann das nicht sein. Dies sagen nicht nur die, die unbeeinflußt abseits stehen, sondern die bedeutendsten Führer der Sozialdemokratie, wie Bauer, Eisner und andere selbst. Jedwed Ding braucht seinen Übergang, auch dieses. Wer mit einem Ruck alles ändern will, erreicht das Gegenteil vom Erstrebten; er zerstört Bestehendes, ohne etwas Gleichwertiges, geschweige denn etwas Besseres an die Stelle zu setzen. Gegen diese Stürmer wendet sich der Unwille aller klugen Menschen, ob sie nun zu dieser oder jener Partei gehören. Ein gänzlicher, momentaner Bruch mit dem Bestehenden ist Tollheit, und dies vor allem bei Unternehmungen. Wir sollen in der Zeit, da uns der Krieg ein Trümmerfeld zurückgelassen hat, ehestens an den Wiederaufbau, an neuen Erwerb, an die Belebung des Handels denken und nicht zetern dieweil, wem das Geschäft, wem der Gewinn gehört, ehe wir beides noch haben. Kein rechter Mann kann an solchen verrückten Dingen teilhaben. Der Klarsehende urteilt so: Die Zeit ist anders geworden, lassen wir ihr getrost die Entwicklung; es wird das, was wir gewaltsam erreichen wollen, sich von selbst ergeben, weil es durch die Verhältnisse geboten erscheint. Heute mögen sich die Großindustriellen sträuben wie sie wollen — es wird zur Teilhaberschaft der Arbeiter am Gewinn und an der Leitung kommen; heute mögen aber auch die Arbeiter poltern und begehren nach Belieben, es nützt nichts — die Sozialisierung von Betrieben kann schadlos erst durchgeführt werden, bis wir aus dem Übergange sind und die Erneuerung allmählich aufgebaut haben. So steht es um die große Sache des Erwerbes durch Arbeit. Wer nach der Seite des Bolschewismus hin schreitet, zerstört Bestehendes und erschüttert dadurch die Sicherheit des Einkommens der Arbeiter; wer dem uneingeschränkten Kapitalismus huldigt, nährt den Unwillen und lähmt damit den Eifer. Beide Richtungen sind, zu weit auseinandergezogen, schlecht, doch vom guten, wenn man sie einander allmählich nähert. Es ist richtig, daß bei Zuhörern aus dem Kreise der Arbeiterschaft der den Trumpf in der Hand und daher die Beifallsklatscher auf seiner Seite hat, den den höchsten Lohn und dabei die geringste Arbeit verspricht, verspricht, und alsbald ist der schöne Traum zerronnen wie Seifenblasenschaum. Vom Wortmachen bis zum Worthalten ist eben ci:i weiter Weg. Die deutschen Wahlen haben erwiesen, daß trotz all der Verhetzungen der gesunde Sinn redlichen Erwerbes ohne überspannte Forderungen die Oberhand behalten hat. Ein gut bürgerliches Regiment, vereint mit einem vernünftigen Sozialismus, wird Deutschland aus dem Schutt aufbauen und alsbald zur Blüte bringen. 'Hoffentlich ist uns die gleiche Mischung beschert. Umstürzler und falsche Prediger können wir bei unserer Not nicht brauchen. Was uns aus der schweren Heimsuchung retten kann, das ist rüstige Arbeit, die von klugen Unternehmern geleitet und zum möglichsten Gewinn geführt wird. — Dieses [neinandergreifen von verschiedenen Gesell-schäftsschichten bei gemeinsamer Arbeit ist nicht allein bei der Eingangs erwähnten Arbeitsvermittlung und des im Anschlüsse daran erörterten Verhältnisses in Betrieben unerläßlich, sondern auch vor allem für die Verwaltung des Staates von großer Wichtigkeit. Wenn in einer Republik bloß die eine Klasse von Menschen herrschen will oder ausschließlich eine Partei, so kann das niemals von Gutem sein. Der ausgeschaltete Teil tut dann nicht mit, ja er stört; er harrt des Augenblickes, da sein verhaltener Groll zum Ausbruche kommen kann. Länder, in denen die Macht in den Händen einer einzelnen Partei liegt, können niemals zur Ruhe kommen; in ihnen gärt es unaufhörlich und eine blutige Revolution löst die andere ab. Der Großbetrieb, den wir „Deutschösterreichischer Staat“ nennen, zeigt zurzeit das rechte Bild des versöhnlichen Regiments; darum war unser Land bisher von Aufständen verschont. So soll es bleiben! Auch die neuen Wahlen mögen das Gleichgewicht „Bauer Bürger — Arbeiter“ schaffen! Dann wird immer Friede walten und uns der Wohlstand bald erblühen. Soferne jedoch eine der Gruppen das Steuer allein in die Hand nimmt und die anderen bloß im Schleppdampfer mitreisen läßt, gibt es Unwille und der Streit um Macht und Recht nimmt kein Ende. Aus diesem Grunde ist es begreiflich, daß alle Parteien, vielleicht nicht sosehr im eigenen Interesse, als vielmehr in dem des Staates, bestrebt sind, möglichst viele Volksvertreter aufzubringen, um solcherweise dem Überwiegen einer Gruppe entgegenzuwirken. Denn ist einmal eine Partei zu stark, so mag sie sich noch so entgegenkommend zeigen, man glaubt ihr’s nicht; das Mißtiauen ist da und mit der friedlichen Zusammenarbeit ist es vorüber. Aus diesem Grunde heißt es, rechtzeitig Vorbeugen, daß nach irgendeiner Seite hin zu viele mit der Vertretung im Volkshause betraut werden. — Bei uns in Deutschösterreich liegen die Dinge einfach: Der Bauer will sein Recht, weil er ja große Staatspflichten zu erfüllen hat — die Herbeischaffung von Lebensmitteln und einen großen Teil der Steuern; der Bürger, mit ihm der Fabrikant, wollen ihr Recht, weil sie den Großteil der Staatsausgaben decken; der Arbeiter will sein Recht, weil er die Erzeugnisse aufbringt, die dem Staate durch einen regen Handel Geld verschaffen. Keiner mag daher auf seine Macht verzichten; im Gleichmaß wollen sie alle drei an der Regierung teilhaben und ihre Angelegenheiten vertreten. Darauf wird der achten müssen, der seinen Stimmzettel zur Wahl trägt. Er mag nur seiner Einsicht folgen, entweder dahin oder dorthin, nur folge er nicht dem Schreier, dem Polterer, der das Schönste vom Siebenten Himmel herab verspricht ; der alles im Handumdrehen besser machen will, ist zumeist bloß ein Schwätzer, ein Zerstörer. Nicht zurückblicken, aber auch nicht Hals über Kopf vorwärtsstürmen und den rechten Weg verlieren! Das muß für den Ruhigdenkended Parole sein! Überblicken wir das Ganze, was im Vorstehenden ausgeführt ist, so ergibt sich: 1. Vorerst alles heran an die Arbeit! Den rüstig Schaffenden, den Invaliden, den geistig Arbeitenden, alle, alle, auch das Gigerl im Kaffeehause! Arbeitszwang für die, die Kraft besitzen, aber sie nicht nützen, sondern in den Tag hineinleben! 2. Gründung von Arbeiterschutzgesellschaften zur Vermeidung unbilliger Ausbeuterei, aber auch zur Aneiferung für Lässige. 3 Die Vermischung von Kapitalismus und Sozialismus durch allmähliches Aneinanderrücken und Durchdringen. Kapital zum Schutz der Lohne, aber nicht zur Anhäufung ohne Nutznießung seitens der Schaffenden. Vermeidung einer zu raschen, unbedachten Sozialisierung, die zur Lockerung von Betrieben führen und die Sicherheit des Einkommens der Arbeiter gefährden würde. 4. Das Gleichgewicht der drei Klassen „Bauer, Bürger, Arbeiter“ im Volkshause zur Erhaltung des Friedens im Innern und zur ruhigen Entwicklung des jungen Staates. 5. Die Abwehr zersetzender Kräfte, die eine gesunde Staatswirtschaft stören. Niemand muß so wie der Arbeiter auf die Beachtung aller fünf Punkte bedacht sein, weil ja der Ausfall des einen oder des anderen seinen Bestand in Gefahr bringen würde. Wenn nicht „alle“ arbeiten, lastet auf dem einen zu viel, auf dem ändern zu wenig; wenn nicht Eintracht zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer herrscht, bricht das Unternehmen zusammen und die Löhne sinken; wenn nicht das Kapital zur Hand ist, gibt es keine Kredite, keine neuen Betriebe, so und so viele finden nicht Beschäftigung und die Löhne werden gedrückt; wenn der Arbeiter nicht allmählich in die Leitung der Betriebe eindringt, kommt es wieder zur unumschränkten Herrschaft des Kapitals; wenn im politischen Leben nicht alle Personen gleichmäßig an der Regierung teilnehmen, schwankt der Friede im Lande und die Arbeit ruht, die Not greift um sich; wenn der Sturm durch die Straßen rast, ist an einen Wohlstand nicht zu denken und es müssen Tausende hungern, weil Hundert sich an Plünderungen gütlich getan haben. Dies alles kann kein Vernünftiger widerlegen. Es ist gesagt und geschrieben worden nicht etwa im Dienste einer Partei oder einer Unternehmung, sondern im Dienste des Vaterlandes. Die Zukunft Deutschösterreichs sprießt aus der Arbeit. Darum muß die Arbeit geschützt und gewertet werden! * Brief an die Bauernjcbaft in Deutfcböfterreicb. (Uer heutigentags die Zeitung lieft oder Uerfammlungen befuebt, in denen politifiert wird, dem kommt es vor, als hält’ er ein Mühlrad im Kopfe. Statt dass die Völker nach den vier Jahren des Kampfes (ich der Ruhe freuen würden, schlagen fie einander die Köpfe ein oder zanken über dies und jenes. Da geht es um Länderbrocken, dort um Nahrungsmittel, hier um Geld und durch das ganze Land hindurch darum, wer mehr zu reden, wer zu befehlen und wer zu gehorchen und dabei fchön brav Steuern zu bezahlen habe. Obendrein weif; man nicht einmal, wohin man gehört; die einen ziehen bitt, die ändern hott; die wollen für fich allein ein Königreich oder eine Republik werden, und wenn das Landei auch nicht gröfjer ift als zwölf Stunden im Geviert, jene neigen zu Deutschland hin, um unter feinem Schuhe gefiebert zu fein. UJer um des fjimmelswilleu hat da recht, wem foll man glauben? niemandem, lieber üolksgenoffel Leg deinen Kopf einmal recht in die zehn Singer, halt mit zweien dir die Ohren zu, damit dir niemand was bineinfehwähe, und lies und lies und frag dich dann: „IVobin geht mein flieg0“ — 6s foll dir nämlich im nachstehenden klipp und klar gefagt werden, wie es mit allein fleht. Dach welcher Seite du dich dann wendest und was du unternimmst, das ift deine Sache. Leute, die dem Bauersmann Ratschläge erteilen oder ihm gar mit viel Aorten einreden, er folle dies oder jenes tun oder laffen, vermeinen, er fei nicht klug genug, fich die Sache selber zu überlegen und dann zu handeln; Schwäher dieser Art weife der biedere Candmann aus feiner Stube! Zu ihnen möchte er nicht gehören, fondern was der Schreiber diefer Zeilen will, ift nichts anderes, als den braven Leuten, die die Jahre her aufrichtigen Erklärungen in Hunderten von Uerfammlungen gelaufcbt haben, darzulegen, wie alles liegt und was man von dem und jenem zu halten habe. Zum ersten ? Aas foll der Kampf an den Grenzen Deutfchö st erreich s? — Den Länderhunger der Nachbarn stillen! Unfere ehemaligen Mitbewohner rechnen (ich zu den Siegern, obwohl fie mit uns vereint für das alte Vaterland gekämpft haben; fie wollen aus dem, was von Österreich-Ungarn übriggeblieben ift, ein Stück nach dem ändern reihen. Dabei vergeben [ie, dass hinter ihnen der gute „Freund“ lauert, der ihnen dafür doppelt soviel in aller „Brüderlichkeit“ abnimmt. Die Südslawen bedrohen unseren Besitz und verlieren dabei die herrlichen Städte und Landstriche am llleer; die Tschechen wollen das ganze Deutschböhmerland und die deutschen Gebiete von Mähren und Schlesien in ihren Bereich bringen, während ihnen im Ost ein gefährlicher Feind er= l(eht. Das Gleiche gilt von Südtirol, wo die Italiener über zweihunderttausend Deutsche vom putschen Stamm losreifjen wollen. Gin zweiter Andreas Hofer würde aufstehen und die herzhaften Männer um sich sammeln und blutig wie anno 1S09 würde der Sturm aufflammen. >0 kann Wilson, der Weltbeglücker, sich den Frieden der Uölker nicht gedacht haben, so darf CS auch nicht bleiben! Wir warten die Entscheidung in Ruhe ab; fällt sie gegen uns Deutsche aus»' dann bricht der Brand von neuem aus. Das steht fest. — Ztlhl Zweiten! Was soll der Kampf im Innern Deutschösterreichs? handelt sich wieder einmal um eine Wahl. Wir. sind an sie schon gar nicht mehr gewöhnt; daher kommt uns alles, was mit ihr über Land reist, so merkwürdig vor: die vielen Auf jufe, die langen Zeitungsartikel, die zahllosen Slugzettel, die Uersammlungcn, die Redner, die Wortgefechte, die Unruhe in Dorf und Stadt usw. Wo man geht und steht, hört man nichts jd.s: „Ihr müsst den wählen und keinen anderen! Dieder mit dem M.! Hoch der D.!“ ”*cht einmal im eigenen Hause hat man seine Ruhe; die Werber lösen einander ab, einer 9ibt dem anderen die Klinke in die Hand; dabei sehen sie einander voll Ucrdruss an. — Oer Seppl denkt bei sich: „Sind das verrückte Leut'! Weshalb zerreiben sie (ich so über die Sach’?! Ich lass' alles geh’n, wies geht; was kümmert mich die ganze Wahl!“ . .. beppl, das ist nicht recht, so darf ein deutschösterrcichischer Staatsbürger nicht reden! Auf der einen Seite beschwert sich der Bauer darüber, das; blos; die Herren in der Stadt kommandieren, ohne ihn zu fragen; auf der anderen Seite will er jedoch nicht mittun. Wer 4,1 der Regierung teilhaben will, muH aus seiner Stube heraus ins öffentliche Leben und £um mindesten bei der Wahl mitstimmen. Wird deswegen auch nicht er nach Wien ins Uolks-haus geschickt, so hat er doch GinfluH auf die Regierung genommen, weil durch seine Stimme nicht der M., sondern der 11, der nach dem Sinne des Wählers ist, in die grohe national J^rsammlung eintritt. heute hat kein Kaiser und kein anderer hochmögender Mann zu bestimmen, was geschehen (oll, sondern das Uolk selbst hat (ein Schicksal ganz und gar in Hand. Wenn also einer von seinem Rechte zu wählen, nicht Gebrauch macht, zeigt er, daß er der Uolksregierung nicht würdig ist. Das wäre so, als ob einer, dem erlaubt wurde, 4ul einem Grund zu fechsen, das nicht tut, sondern anderen den Nutzen überlässt. Man Würde ihn einen Loren nennen und auslachen. Dicht anders ist es mit dem Rechte der Wahl. — Etwas Neues ist diesmal das, das; auch die Frauen wählen. Recht (o! Sie Naben den Krieg empfunden wie die Männer, vielleicht noch härter; (ie haben in den meisten Fällen die vier Jahre her die ganze Feldarbeit besorgt, sie haben (ich gemüht, dem Staate zu helfen — warum sollten (ie da nicht auch was mitzureden haben?! Zweifellos werden die Frauen vollzählig zur Wahl kommen, um zu zeigen, wie hoch sie chre neue Würde einschätzen. Welch eine Schande für die Männer, die bisher allein regieren durften, wenn die Frauen mehr Eifer für das Geschick des Uaterlandes an den Lag legen 4ls das starke Geschlecht! Die Wahl ist diesmal was besonders Wichtiges; darum hat sie jeder auszuiiben! Zwm Dritten: Was hängt von der Wahl ab? — Alles! Kommen nicht die Richtigen Männer ans Ruder, dann steuert das Schifflein „Deutschösterreich“ schlecht und jeder fühlt dies am eigenen Leibe, hohe Abgaben, dabei geringer Uerdienst, Ceuerung auf alle Zeit, Unsicherheit, Raub und Plünderungen, Kämpfe ohne Ende. Rufiland diene uns als Warnendes Beispiel und Deutschland vor (einer Wahl! Wenn Parteien in die Hohe kommen, 9ie ehrlich erworbenes Hab und Gut nicht anerkennen, sondern alles aufteilen wollen; wenn mir an hohe Löhne, aber nicht daran gedacht wird, ob sich dabei die Unternehmungen halten können; wenn die eine Gruppe von Mensche» blofi Steuern zahlt, damit andere 9ut leben: dann ist es aus mit einer glücklichen Zukunft, dann gehen wir Zuständen entgegen, wie sie in Russland wüten. Keiner ist mehr des Lebens, geschweige denn seines Besitzes sicher; der Jammer nimmt sohin kein Ende. — Das alles lässt (ich vermeiden, Wenn jeder, dem das Recht des Wählens zusteht, davon Gebrauch macht. Es ergibt (ich dann von selbst eine Mischung von Uolksvcrtretcrn, dass weder die eine Partei noch die ändere zu stark in den Uordergrund tritt und darum in allen Dingen alles durch Ueber- einkonimen geregelt wird. Der Bauer scheue nicht den UJeg zum CJUabllokal; es könnte ihn sonst das Stündlein, das er dabei opfert, Zeit (eines Lebens reuen! (Deiche Partei ist die richtige? — Diese Trage ist schwer zu beantworten-71 Ile Parteien verspreche» mehr, als sie halten können. Ulan wird gut tun, sich weniger die Partei als vielmehr die Männer und die Trauen gut anzusehen, die uns im Uolkshause vertreten wollen. ÜJenn es die rechten sind, werden sie schon wissen, wie sie zu schalten und zu wallen haben. Gebt vor allem nur dem die Stimme, den Ihr kennt und von dem Ihr versichert seid, das; er für die Ordnung im Staate eintrilt! Schön reden kann bald einer, aber halten wird's nur der, von dem man es von altersher weih, dass er „ein Mann des Mortes" ist. Doch vieles könnte man anführen, was zurzeit jeder wissen (oll, auch der hias. bei den Schafen; allein, wollt’ man es klarlegen, so würde der Brief zu lang werden und dem Leser kam’ dann am €nde wieder das Mühlrad in den Hopf. Davor möchte ich ihn bewahren. Gin andermal mehr, heute zum Abschiede nur das eine noch ans herz gelegt: Dicht hinter dem Ofen bleiben, dieweil die anderen wählen! jede Stimme ist wertvoll, fl»’ 16. Tebruar wird über Deutfchösterreichs Zukunft entschieden werden. 21it die Intelligenz von Deutsch Österreich. Noch sind alle, die dem großen Geschehen des Weltkrieges mit Aufmerksamkeit und Vorausblick gefolgt sind, ob des jähen Sturzes der Dinge in einer Art Betäubung, die lähmend auf das Denken und das Schaffen wirkt und schon fordern uns Probleme heraus, die auf eine weite Zukunft hinaus für den jungen Staat richtunggebend fei» werde». <£s ist in der Tat eine harte Zumutung des Schicksals, von einem zermürbten, zertretenen Volk, das sich zurzeit in einer Erschlaffung befindet, ernste Entscheide voll Bedeutung zu verlangen. Und doch muß es fein! Wir müssen aus dem bösen Traum in das unerbittliche Leben, in die grausame Wirklichkeit schreiten, soll nicht der Erfolg für uns und die Nachfahren uns unter den Fingern entwischen. So tritt denn an jeden, der erkennt, wieviel in den nächsten Wochen auf dem Spiele steht, die strenge Forderung heran, sich der sprichwörtlichen „bürgerlichen" Lethargie zu entwinden und dem Tagesereignis mit offenem Aug' und rascher Tat zu folgen. Was hierin als nächste dringliche Angelegenheit sozusagen vor der Tür steht, da-ist die Wahl in die Nationalversammlung. Es kann nicht Zweck der nachfolgenden Zeilen fein, zu den zahllosen Aufrufen einen neuen zu fügen und aus dem Speicher alle lockende» Versprechungen zu holen, auf daß der Herr Wähler und die Frau Wählerin ohne Zaudern die Stimme dieser oder jener Partei zuwende, sondern was die Erörterungen verfolgen, ist: "Klarstellung der Dinge aus dem Chaos von Mitteilungen heraus, Zielrichtung für die Interessen der Intelligenz und Itlethode der Auswirkung Bei den bisherigen Wahlen stand man klarumrisienen Programmen und dem entsprechend scharf gekennzeichneten Fraktionen gegenüber. Heute ist ihnen zum Teil sowie allem, was der Hebergang zeugte, mehr oder weniger der Stempel der Unklarheit, des Ineinanderfließens der Programme aufgeprägt. Wenn man Vertreter der Parteien, Haupt fachlich der kleineren, fragt, was sie von den Konkurrenten scheidet, so haben sie Blühe, ein paar unscheinbare Hlerfmale zusammenzuklauben. Zttan denke bloß einmal an die Sonderheiten der bürgerlichen Gruppen! Aber selbst die großen Parteien treten mit „Flügeln" auf den Plan. Wie soll angesichts dieser Verschiedenheiten ein Wähler die Fährte finden, die seiner Gesinnung entspricht! — Vor dem Kriege waren die Bestimmungsstücke zumeist formaler Natur und das ganze Hmundauf der Wahl betraf nationale» Gewinn. Diese Zielsetzung ist mit dem Augenblicke belanglos geworden, da aus de» Trümmern des alten (Österreich Völkerstaaten erstanden sind. Wir sind mit einem Schlage ein nationalhomogenes Gebilde geworden. So kann also der Teilungsgrund nicht mehr der der früheren Wahlen sein. Aus dem Nationalitätenkampfe schreitet der Klassenkamps-Die alten Stände „Bürger, Bauer, Handwerker" sind wieder erwacht. Wenn man tut» nimmt, daß zwischendurch die Prinzipien des Sozialismus,. der christlichsozialen Weitaus-fassung und der bürgerlich-freiheitlichen Tendenzen greifen, so tritt bereits eine 5X5 Färbung heraus. B7ag man auch geltend machen, das politisch-soziale Ziel könne in alle» Gruppen vertreten sei», so daß diese nach 3 Leiten hin zerschnitten erscheinen, so ändert an der Kompliziertheit des Problems wenig, eine präzise Abgrenzung besteht nicht. Gs wird sohin bei der Wahl nicht die Theorie der Parteischeidung, sondern vielmehr die Praxis ihrer Betätigung den Ausschlag geben. Ein gesundes Staatswesen kennt nur 2 große parteiwese»: Majorität und Minorität. Sie stehen einander gegenüber; die Minorität beobachtet und reguliert das Wirken Majorität, will diese sich erhalten, so muß sie zu „Konzessionen" bereit sein, bis die Awellierung eintritt. In diesein Zeitpunkte beginnt die Fäulnis. Es taucht daher wieder enie auffrischende Aeußerste Linke auf, der reinigende Kampf hebt an. Verfällt eine Majorität ins Terrorisieren, so zeugt dies von Unfähigkeit zu regieren; die Partei wird utch einen putsch beseitig und stirbt ab. Aus dieser allgemeinen Betrachtung, die mit Axiomen rechnet, ergibt sich für unfern '»all folgendes: p Das Dreiparteiensystem muß sich in wichtigen Fragen in ein Zivei-parteiensysten, auf lösen. 2.) Der Terror ist zu verhindern, weil er einerseits nicht zu regieren Ersteht, anderseits durch seinen Sturz, der unvermeidlich ist, Erschütterungen des Staats« ^sens verursacht. Die Wahrheit dieses Fundamentalsatzes haben wir an Frankreich, auf Balkan und in letzter Zeit in Rußland und Deutschland erfahren. — Die Auswüchse l.e£ Terrors rütteln noch an unsere» Toren und werfen ihre Schatten in die Zukunft tzwaus: Bolschewismus, Spartacus! Wie ist nun der Terror zu verhindern? Durch das Gleichgewicht der Karteien I Man erwäge bloß: wenn vormals eine der politischen Fraktionen überwiegend ?atö, konnte noch immer durch den Kaiser eine Gewaltherrschaft, wenigstens in einzelnen Mten, abgewendet werden; das ist heute nicht mehr möglich, die ausgleichende Hand Mt. Also ergibt sich gegebenenfalls der Terror als die unumschränkte Macht der Majorität. Gäbe es kein anderes Mittel, ihn hintanzuhalten, so müßte uns vor der Zukunft bange sein. Gottlob ist eines zur Hand. In Deutschösterreich liegen die Dinge nämlich so, daß im Falle te9et Beteiligung an der Wahl ein „gleichschwebendes" Kräfteverhältnis zu erwarten ist, zu-. dann, wenn die bürgerliche Partei als Z w i s ch e n p e n d e l wirksam in Erscheinung tritt. Eon ihr, bzw. von ihrer Stärke, wird es vor allem abhängen, ob der Parteikampf wie dermalen sich in ruhigen Bahnen bewegt oder in wilde Formen ausartet. Der 5ja!fiil ist der: Im allgemeinen ist das typisch-bürgerliche Element im Absterben. Die Msachen zu erörtern, erscheint überflüssig; wichtig ist es vielmehr, den guten Kern zu fetten — nicht seinetwegen, sondern, wie erwähnt, zur Erhaltung des Gleichgewichtes, uns vor dem Terror bewahrt. Mit seinem alten Programm es erhalten zu wollen, einen Kadaver zu beleben sich bestreben; es muß, will es zeitgemäß feilt, das soziale Kontent, dem die beiden dominierenden Parteien einen breiten Raum gewähren, in den Vordergrund rücken. Ob mit der Mischung gut bürgerlicher und sozialistischer Gesinnung starkes Postament zu gewinnen ist, das wird sich erst zeigen. Vorläufig muß die Mrgexpartei als Relais eingeschoben werden. Aus diesem Grunde soll jeder, der nicht beiden großen Zentren verpflichtet ist, dafür eintreten, daß die Zwischenschaltung sich lUhlbar mache. Vorläufig wird sich die vormals führende Partei mit dieser Rolle zufrieden ^ben müssen; sie ist übrigens, wie wir aus der Betrachtung erkennen, nicht die undank-^ste. Das Bewußtsein, Extreme mit ihren bösen Folgen zu verhindern, ist erhebender , 5 die quälende Frage: „werden wir als Majorität im rechten Maß bleiben, gerecht '"i gut regieren und uns halten?" , , Wenn man das politische Leben Deutschösterreichs von hoher warte herab vorurteils-!*?*, und ohne persönliche Strebungen überschaut und dabei in niemandes Sold steht, er« 'cheint es überaus chaotisch und augenblicklich noch ganz übergangsmäßig; man kann sohin "»e Gestaltung lediglich aus der Theorie konstruieren. Freilich ist Theorie auch nichts Anderes als abstrahierte Praxis. Demnach wird sie bei strenger Folge der Schlüsse nicht Wgehen. Sie stellt vor allem eines fest: Der Sozialismus ist zur Kraftkomponente. vMetes Zeitalters geworden. Zu dämmen ist sie nicht, sondern lediglich in die rechten ‘chitcit zu leiten. Hält man sie auf, so stürmt sie wie der Wildbach durch die Barrieren nd reißt alles nieder. In den wortteilen „-sozial" und „-demokratisch" gibt sich übrigens ,,e Erkenntnis für die Kraftkomponente kund. Zweierlei kann uns vor chrer gemalt-wnen Auswirkung bewahren: a) die Schwächung., an den Ufern, b) die Zügelung des 'mtclstroms. wenn die Führer es verstehen, den Ubersturz zu verhindern, die Entartung rechtzeitig in das Hauptlager zurückzunehmen, dann wird das, was heute viele mit Schrecken erfüllt, in organischer Entwicklung zur Verwirklichung eines langgc-träumten Ideales führen. Vorläufig ist für diese Ausreife noch keine Gewähr geboten, hat doch das Sattd höchster Disziplin das Aeberfchäumen nicht zu dämmen vermocht; also muß das erste Mittel heran, die regulierende Mittelpartei, das bürgerliche Element. Es wird zweifellos im Verlaufe aufgesogen werden, allein trotzdem für die nächste Zeit von ausgleichen-der Wirkung fein. Sohin erwächst für jeden Vertreter der Intelligenz die Pflicht, soweit es mit seinem politischen Gewissen vereinbar ist, die bürgerlichen Gruppen und Grüppchen, die schließlich doch in eine einzige bürgerliche partei werden aufgehen müssen, zu stärken d. h; den Wahlakt zu vollziehen. Der Terror ist was Schlimmes, er kann von jeder partei ausgehen; ihn zu verhindern, ist Pflicht der Friedliebenden und Staatserhaltenden, p. Forderungen der Wählerschaft. Wir sind im Begriffe, ein uns zusagenderes Staatswesen einzurichten und ' auszubauen. Aber wieder ist das Parteileben Trumpf und die Volkswirtschaft Nebensache. Wohl wird in vielen schönen, allgemein gehalterten Worten das Beste versprochen, nicht aber die Gewähr geboten oder der Weg gezeigt für die Erfüllung der schönen Versprechungen. Dagegen fehlt es wieder nicht an Zankäpfeln zwischen den Parteien, die mit den augenblicklichen Notwendigkeiten — Brot und Neuaufrichtung des Wirtschaftsleben* — gänzlich unvereinbar sind. Wir erkennen hierin nur das nackte Bestreben, zu Macht und Herrschaft zu gelangen. Verschiedenen Machteinflüssen waren wir aber in der Vergangenheit nachgerade genug ausgeliefert und erschiene uns die volle Würdigung und Beachtung der persönlichen „Freiheit“ begründet in dem Gesetze der „Gleichheit“ sowie in dem gegenseitigen Verhältnisse der „Brüderlichkeit“ — Begriffe, die eine der Parteien als Hauptziel ihrer Bestrebungen vertritt — zur Abwechslung einmal wünschenswerter. Den Umständen angemessen erklären sich alle Parteien als „demokratische“. Wie bequem sind doch solche Fremdwörter, die den Verhältnissen entsprechend verschiedenartig ausgelegt werden können, gegenüber den deutschen Wörtern, die dem geraden Wesen des Deutschen entsprungen, offe11 und unzweideutig die Sache bezeichnen! Uns Wählern würde es besser gefallen, wenn man mehr vom Volksstaate spräche, der auch hinsichtlich der Verfassung und Verwaltung volksmäßig, das ist entsprechend dem Volks- und Wirtschaftsleben ausgebaut ist. Die Vorherrschaft eines Standes, einer Parte1 oder des Geldsackes — wie in den „demokratischen“ Weststaaten — lehne11 wir als gemeinschädlich ab. Wir wollen nicht bloß bei den Wahlen unsere Meinung gehört wissen, sondern über manche Dinge selbst unmittelbar ab' stimmen. Die Tatsache, daß heute so wie früher schöne Versprechungen gemacht werden, die dann eine parteimäßige Auslegung erfahren können oder zum Teile gänzlich beiseite gelegt werden dürften, gestattet uns keine11 freudigen Ausblick in die Zukunft und veranlaßt uns, Grundlagen für die Erfüllung des Versprochenen und jene Gebiete aufzuzeigen, die wir uns Vorbehalten wollen. Von jedem Wahlwerber, ob dieser oder jener Partei angehörig, müsse11 wir verlangen, daß er in der Reichsvertretung (Nationalversammlung) dafib eintrete, daß vor allem anderen folgendes beschlossen und zum Gesetz erhoben werde: 1. Der Aufbau der künftigen Vertretungskörperschaften vorwiegend nad1 volkswirtschaftlichen Gruppen (Berufe und Stände) nach dem Grundsätze der Gleichmäßigkeit. Die Parteienvertreter bilden als besondere Gruppe11 ein Viertel oder höchstens ein Drittel der Körperschaften. Die Volksabstimmung bei der Festsetzung der S taatsform, der wähl des Staatsoberhauptes und seines Stellvertreters (Kanzler), in Glaubensund sonstigen allgemeinen Volksfragen, sobald grundlegende Änderungen notwendig sind, ferner in Fällen von allgemeiner Wichtigkeit, in denen in den Vertretungen keine Einigkeit erzielt wird. Der Sache entsprechend soll die Volksabstimmung eine allgemeine oder teilweise sein können. ' 3. Die Wahl der dauernden Leiter sonstiger oberer Staatsämter ;auf Grund von Vorschlägen der in Betracht kommenden Berufsgruppen durch o>e Reichsvertretung. 4. Die Wahl der ständigen Staatsvertreter (Außenvertreter, Gesandte, Botschafter) auf Grund des Vorschlages der parteipolitischen Gruppe durch die Reichsvertretung. (Nur die zeitweiligen obersten Amtsleiter und ^taatsvertreter sollen vom Staatsoberhaupte ernannt werden.) 5. Die Übernahme sämtlicher öffentlicher Angelegenheiten (aller Verkehrswege, Schulen, Krankenhäuser usw.) durch den *aat bei gleichzeitiger Unterstellung der in den einzelnen Verwaltungs-Gebieten befindlichen Angelegenheiten unter die Aufsicht der dort befindlichen Vertretungskörperschaften. (Hiedurch soll nicht nur der Gemeinsinn der Bürger neu belebt, sondern jedem Steuerträger auch die Verantwortlichkeit ‘Ur die Auslagen zum Wohle der Gesamtheit übertragen werden, nebstdem aber der klare Blick in die Verwaltung des sonstigen Staatshaushaltes gestattet sein.) ö. Die Übernahmealler Schade n s- u n d Unfallsvergütungen s°wie der Altersversorgung sämtlicher Bürger durch den Staat unter u"eitestgChender Heranziehung (Verstaatlichung) der Versicherungsanstalten Und gegen leicht erschwingliche Gebühren, die mit den Steuern eingehoben "erden. 7. Die Verantwortlichkeit der Großbetriebe aller Art gegenüber der Allgemeinheit in bezug auf ihre zweckdienliche Ausnützung und Verwertung der Waren und Erzeugnisse. An der Stellungnahme zu diesen Punkten kann jeder Wahlwerber, jede ! artei zeigen, ob sie wahrhaft volksfreundlich gesinnt sind oder nicht. Nach ’hrer Erledigung wäre das Hauptaugenmerk dem Frieden zuzuwenden. Die Zweckmäßige und dauernde Erledigung der volkswirtschaftlichen Notwendigkeiten könnte um so eher erfüllt werden, je früher die in Punkt 1 geforderten gemischt gruppierten Vertretungen auf den Plan treten, die überdies noch Ie Schaffung beruflicher Kammern — die ein schlagender Beweis für die Unzulänglichkeit der parteipolitischen Körperschaften sind überflüssig ^achten. Wir Lehrer, die wir schon durch unsere Berufstätigkeit, aber auch außerdienstlich durch die Übernahme verschiedener Ämter auf die Volkswirtschaft ’ W'hlunggebcnd Einfluß nehmen, sollen unausgesetzt und mit allem Nachdrucke auf die Einführung der nach volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten aufgebauten v ertietungskörperschaften *) hinwirken. Nur diese vermögen den Bestand des X°lksstaates zu sichern, die volksmäßige Verwaltung und volksdienliche Ein-jwhtungen zu begründen und die Beständigkeit des Volks- und Wirtschaftslebens aufrecht zu erhalten. Immer schon hat das zersetzende und zerstörende arteileben das größte Unheil für einzelne wie auch für die Allgemeinheit angerichtet, während ein geordnetes Wirtschaftsleben Wohlstand und Zufriedenheit ins Volk brachte. Und dieses ist solange unmöglich, solange die verschiedenen Gruppen nicht gehörig vertreten sind, nicht rechtzeitig Mißständen hnd Auswüchsen entgegentreten können und nur von einzelnen Parteien verbeten werden, die doch immer Sonderziele haben, denen sich die Vertretenen *) Hierüber siehe: „Staatsschule und Volkswirtschaft“, Jahrgang 1917, Heft 163/164 U|,d Unser außerordentliches Schaffen und die Neugestaltung Österreichs“, Heft 165/166 desselben Jahrganges. unterordnen müssen, und niemals die Belange aller Volksschichten zur Zufriedenheit aller vertreten können. In welch hoher Blüte stand doch das Volks- und Wirtschaftsleben des deutschen Volkes vor dem Dreißigjährigen Kriege, da die Angehörigen des Handels- und Gewerbes in mächtigen Vertretergruppen, den Innungen, vereinigt waren und ihre Angelegenheiten nach festen Grundsätzen ordneten und nach außen hin vertraten! Und wie nur wurden das Volkswohl und das geordnete Leben durch den dreißigjährigen, blutigen Kampf der religiösen Parteien zerrüttet! Nie mehr konnte sich das Volk — besonders bei uns in Österreich — zu jenem geordneten dauernden Wohlstand emporraffen, da wir die Parteikämpfe — zu denen sich schließlich noch die Sprachenstreitigkeiten gesellten — als trauriges Überbleibsel aus jener trüben Zeit herüber bekamen. Hiemit soll aber keineswegs dem alten Kurienparlamente das Wort geredet werden, in welchem ebenfalls nicht alle Stände entsprechend vertreten erschienen, vielmehr soll auf Grund des allgemeinen gleichen Wahlrechtes, das dann erst so re,cht zur Geltung kommt, jedem Stande, beziehungsweise Berufe, das gewährt werden, was man den Völkern einräumen will, nämlich das Recht der Selbstbestimmung. Und dies ist doch nur gerecht und billig! Die anderen arbeitenden Berufsstände werden eben auch nur dann gegenüber den in der Sozialdemokratie vereinigten Arbeitern, die für sich und die arbeitenden Stände schon viel erreicht haben, sowie gegenüber den Vertretern der Geldmacht mit Erfolg bestehen können, wenn auch sie eine standesgemäße Vertretung erhalten. Damit wächst aber auch der Block, der sich den volksschädlichen Auswüchsen der Geldmacht gegenüberzustellen hat; gleichzeitig würde der Kampf gegen diese in gemäßigtere Grenzen gebracht, was gewiß nur vom Vorteile für die Allgemeinheit wäre. Und wie überaus wichtig wäre es gerade jetzt, wenn die geistig und körperlich arbeitenden Schichten des Volkes einander näher und auf eine einheitliche Richtung gebracht werden würden; denn der Neuaufbau des Wirtschaftslebens kann nur dann mit Aussicht auf guten Erfolg vor sich gehen, wenn alle Stände in gleicher Weise daran teilnehmen, ein einheitliches Ziel alle leitet und alle gesellschaftlichen Meinungen, die uns weder Brot noch sonstige Lebensbedürfnisse bringen, vor den wirtschaftlichen Notwendigkeiten auf eine fernere Zeit zurückgestellt werden! Ständevertretungen sind aber auch der Allgemeinheit gegenüber verständlicher und ihr näherliegend, auch sind sic der Teilnahme der Frauen würdiger als die in heißem Kampfe um die Vormachtstellung zusammengeschmiedeten parteipolitischen Körperschaften — und wir können versichert sein, nicht nur zahlreiche Anhänger für die Sache zu gewinnen, sondern bei erfolgreichem Eintreten für sie den Dank des Großteiles des Volkes zu ernten! Sch. Brief an den Herrn prof. Dr. Johannes Kübtiel in Leipzig. Verehrter Herr Amtsgenosse! 2a Ihlcl [echten Zuschrift oun her Weihnacht her gebe» Sie bem Wunsche Ausorud, es möge nunmehr, da die politischen Schranken fallen und verzopfte Rücksichten glücklich überwunden sind, der geistige Verkehr zwischen hüben und drüben sich reger und inniger gestalten, auf bah der Ausbau der deutschen Schule von allen Deutschen ohne Unterschied ins Werk gesetzt werde. Offen gestanden, hat es mich bereits vor dem Kriege zuweilen eigentümlich berührt, bah wir uns bei unserem Ringen um Reformen vereinsamt sahen und das Fachschrffttum Deutschlands auf unsere Bestrebungen so wenig Rücksicht nahm. Mit der gleichen Stiefmütterlichkeit ward auch die Aufnahme unserer Erzeugnisse bedacht: was aus Österreich kam, konnte sich auf dem Büchermärkte jenseit der Grenzpfählc nur schwer einen Platz erobern, wiewohl so manch tüchtiger Gedanke unserer Schulmänner es verdient hätte, in die pädagogische Schatzkammer eingestellt zu werden. Sagen wir's rund heraus: Es trat die Überlegenheit in dieser Sache sowie in manch anderer häuptsächlich in Niederdeutschland zu offenkundig hervor. Das wird nun wohl anders werden. Sosehr wir Deutschösterreicher uns nämlich auch zum grohcn deutschen Stamm hin- 9(zogen fühlen und in ihn aufgehen wollen, io würde uns dennoch die alte Methode unserer Peiseitestellung arg ernüchtern. Sie, verehrter Herr Amtsgenosse, überhaupt Sachsen und Bayern, wachen eine löbliche Ausnahme,- aber sagen Sie es den anderen, die nicht von Ihrer Art sind, 6a6 ihre Zurückhaltung nicht wenig dazu beitragen würde, den Zusammenschluss aller Deutschen 3U hemmen. Man darf nämlich nicht vergessen, dah bei uns viele geheime Ni ächte am Werke sind, bcn Anschluß Deutschösterreichs an die deutsche Volksrepublik zu vereiteln. Die Gründe sind bei Ausschaltung des Gefühlsmotives nicht schlankweg von der Hand zu weisen. Hören Sie, was aufgebotcn wird: 1. Deutschs st erreich fei wirtschaftlich von den neugebildeten Patio-ualstaaten derart abhängig, datz es ohne sic nicht bestehen könne. Ich für Meinen Teil stimme dem vollständig bei, sofern man sich Deutschösterreich isoliert, also auch ,0sgeI6ft von der deutschen Republik, denkt. Dann mühte es als abgeschnürter Rumpf verkümmern. Ist es jedoch ein Teil des groben deutschen Wirtschaftsgebietes, so darf uns um seine Zukunft nicht bange sein. Es ist übrigens nicht ausgemacht, dah diesfalls zu den slawischen Nachbarstaaten und zu Ungar» trotz allem nicht rege Handelsbeziehungen aufrechterhaltsn werden konnten. Die Natur der Dinge weist darauf. Das Gebiet der vormaligen Österreichisch-ungarischen Monarchie war und bleibt eine Völkersymbiose: sonst wäre bei der Verschiedenheit der Völker und der Ungeschicklichkeit von Regierungen das Habsburgerreich schon längst zuvor auseinander» 9«fallen. Es hat sich bis zum Völkersturm erhalten, weil die natürlichen Lebensbedingungen für c,n Zusammenwirken gegeben waren. Ich bin auch felsenfest überzeugt, dah die gemeinsame wirtschaftliche Linie, unbeschadet der politischen Zugehörigkeit, wieder gefunden werden wird, weil wir nun einmal ans der geographischen Einheit ebensowenig herauskönnen wie aus unserer Haut. 2. Als weiteres Bedenken gegen den Anschluh wird geltend gemacht, dah das Reich urüben völlig zerrüttet sei, also keinen sicheren Halt bieten könne. Ich '(he diesbezüglich nicht so schwarz. Spartacns u. a. kann doch nur eine Übergangserscheinung >em. Freilich ist deswegen den Gemäßigte» schwer entgegenzutretcn, die da sagen: „Nun, so wurten wir zu, bis sich Deutschland besonnen und gefestigt hat!" Der Niedcrbruch war eben uuch zu furchtbar, so dah man den Glauben in deutsche Kraft verlor. Bei uns sah man die grausamen Dinge kommen, hatte uns doch die Mißwirtschaft an allen Ecken und Enden vor-leitet: aber von ihnen, die noch immer aufrecht gingen und Ordnung hielten, Hütte man ^«1 jähen Fall doch nicht erwarte» können. Darum der Glaubenssturz aus sieben Himmeln, ^as wird sich wenden, sobald Deutschland zur Ruhe gekommen ist und wieder den alten Zug 6cr Disziplin zeigt. 3. Mit besonderem Nachdruck wird auf die drückenden Bedingungen, die Deutschland seitens des Friedenskongresses auferlegt werden dürsten, verwiesen. ~er Einwand ist hinfällig, denn ob wir zur deutschen Republik gehören oder nicht, man wird uns deswegen nicht schonender behandeln. Mitgehangen, mitgefangen! 4. Was ich eingangs nach einer Seite hin berührte: die manchvrtige Zurücksetzung wird allgemein ins Treffen geführt; vor allem fürchtet inan auch die (Erstickung der (utsch österreichischen Industrie durch die des Reiches. Mir will es scheinen, dah l'iese Gefahr geringer ist als die unserer wirtschaftlichen und innerpolitischcn Schwäche, wenn Nicht von auswärts ein kräftiger Impuls einwirkt, der uns zu regerem Schaffen anspornt, beziehungsweise es uns Vormacht. Bei Deutschösterreich ist dem Wesen nach weniger das „deutsch" °ls vielmehr das „österreichisch" geblieben, das heiht: die Unentschlossenheit, der mangelnde Mut zu Unternehmungen und die unzureichend gewiegte Technik bei der Inangriffnahme von Betrieben, ^azu die Verwaltung des Staates! Wenn da nicht eine Blutkreuzung platzgreift, werden wir trotz aller Verbesserungs- und Verwaltungsreformen im alten Geiste arbeiten, weil nun einmal durch Jahrhunderte hindurch ein bestimmtes System praktiziert wurde, das nicht im Handumdrehen geändert werden kann. Sofern nicht das Erempel wirkt und nicht neue Kräfte eingestellt werden, bleiben wir im Sumpf. Von diesem Gesichtspunkte aus wäre der eheste Anschluh begrüßen, weil wir sonst in den Nachtrab geraten und auf dem Weltmärkte kein leeres Plätzchen mehr vorfinden. 4268 Es steht allster allem Zweifel, datz der Gewinn der Angliederiing gegenseitig wäre: darum und vor allem aus idealen Gründen sollte die Initiative von Deutschland-herüber s i ch stärker äustern! Dermalen ist sie zu gering: es gewinnt daher den An- schein, als wäre den Brüdern im Reiche an uns nicht viel gelegen. Diese Stimmung mu$ sich wenden. Sie, verehrter Herr Amtsgenosse, der Sie seit Jahren Hand in Hand mit uns beim Neubau des hierländischen Erziehung?- und Unterrichtswesens tätig sind, könnten wenigstens auf unserem Fachgebiete eine darauf abzielende Bewegung einleiten und solcherart die Lehrerschaft, in deren Hand ja ein gutes Stück Volksstimmung liegt, zum Ganzen schließen helfen. Der Austausch von Zeitschriften, von Büchern, die Einladung zu Beratungen, das Vertiefen persönlicher Beziehungen, die Mitarbeit bei unseren Unternehmungen, wie Sie dies vorbildlich tun: das wären Momente, die Deutschösterreichs und Deutschlands Lehrerschaft und damit auchwenigslens anbahnend, die Einwohner samt und sonders einander näher brächten. Ich habe Ihnen die bei uns gangbaren Bedenken gegen den Anschluß mitgeteilt, damit sowohl draußen als auch bei uns ehestens Klarheit geschaffen und die natürliche politische Vet“ einig,mg, die deswegen nicht haargenau auch eine wirtschaftliche sein muß, durchgeführt werde. Kehren Sie bald wieder einmal bei unserer Gemeinde ein und bringen Sie andere mit: wir werden die Volks- und Arbeitgenossen herzlich willkommen heißen! Ihr Peer z. Kleine Mitteilungen. Direktor Hans Huemer, unser g. Mitarbeiter, hat am 15. Jänner die Leituni? der n. ä. Landeserziehungsanstalt in Eggenburg niedergelegt und ist in den Ruhestand übergetreten. Über das Leben dieses hervorragenden Erziehers geht uns nachstehende Skizze zu: „Huemer entstammt einer alten Lehrerfamilie. Nach Absolvierung von vief Klassen der Unterrealschule in Waidhofen a. d. Ybbs und der Lehrerbildungsanstalt in St. Pölten wirkte Direktor Huemer als Volksschullehrer von 1880 bis 1886 in Wall' see a. d. Donau, dann bis 1902 in Ybbs, von 1902 bis 1908 als Übungsschullehrer am n.-ö. Landeslehrerseminar in Wr.-Neustadt. Am 26. Februar 1908 wurde er zum Direktor der n.-ö. Landeserziehungsanstalt in Eggenburg ernannt und trat am 1. April den schwierigen Posten an. 38 Jahre hat Direktor Huemer im Schuldienste zugebracht. Von der einfachen Landvolksschule in eine städtische Volks- und Bürgerschule empor-steigend, dann als Übungsschullehrer mit der Heranbildung der werdenden Lehrer betraut, übernahm Direktor Huemer, durch reiche Erfahrung wohl vorgebildet und mit großen pädagogischen Kenntnissen ausgerüstet, das beschwerliche Amt der Leitung einer der größten Erziehungsanstalten. Durch seine allseitige Umsicht und Herzensgüte, durch seine Freundlichkeit und Gefälligkeit erwarb er sich die Zuneigung seiner ihm unterstellten Hilfskräfte. Den Zöglingen war er ein liebevoller Vater, ein besorgter warm-fühlender Schulfreund. Für sein verdienstvolles Wirken wurde er durch Verleihung' des Kriegskreuzes II. Klasse für Zivilverdienste und mit dem goldenen Verdienstkreuze ausgezeichnet, ebenso erhielt derselbe wiederholt die belobende Anerkennung vom Unterrichtsministerium und Landesschulrat. Möge dem verdienstvollsten Wirken ein langet Ruhestand beschieden sein, besonnt mit vollster Zufriedenheit und bester Gesundheit! Tirol in Gefahr! Das auf dem Titelblatte abgedruckte Kartenbild wurde im Aufträge des Staatsamtes für Äußeres vom Schriftleiter entworfen. Es hat den Zweck, der feindlichen Propaganda entgegenzutreten. Als Ansichtspostkarte, die im Dreifarbendruck ausgeführt ist, soll es den Weg ins Ausland nehmen und im Inlande bezeugen, wie sehr man um deutschen Besitzstand ringt. Durch das Entgegenkommen des er- wähnten Staatsamtes ward es ermöglicht, jedem unserer Abnehmer ein Stück der Karte kostenlos zukommen zu lassen. Wem es glückt, das Aufklärungsmittel über die Grenze zu bringen, auf daß die Teilnehmer der Friedenskonferenz den wahren Sachverhalt kennen lernen, erwirbt sich für die uns allen gemeinsame Sache ein großes Verdienst. Die Tiroler Karte erschien in 100.000 Stücken, und zwar mit deutscher, englischer und französische! Beschreibung. — Karten für andere Streitgebiete sind im Druck. Amtliche Verdeutschungen in Deutschösterreich. Die Wiener Postdirektion, die schon wiederholt unnütze Fremdwörter aus dem Dienstverkehr entfernt hat, ordnet in einem Erlasse an die ihr unterstehenden Ämter den Gebrauch einer größeren Anzahl deutscher Ausdrücke im Postdienst an. Neben schon früher eingeführten Verdeutschungen, die neuerlich eingeschärft werden, weil die alte schlechte Gewohnheit des Welschens "och immer nicht überwunden ist (Postkarte für Korrespondenzkarte. Eil- für Expreß-, Eingeschrieben für Rekommandiert, Postlagernd für poste restante u. a.), seien besonders hervorgehoben: Abschnitt (Coupon) bei Postanweisungen, Bezugschein (Aviso), Ersatz (Duplikat), Formblatt, Vordruckblatt (Formular), Angabe (Deklaration), k'raft-ioserklärung (Amortisation), Nämlichkeit (Identität), Schließfach (letter box). Neue Fachnusdrücke, die von Amts wegen eingeführt werden, sind durchwegs gut deutsch, so Aufl ragsblatt, Flachdrucksachen, Gegensiegelung, Mischsendung, Postauftragsschein, Holleudrucksachen, Stammkarte (erster Teil der Doppelpostkarte), Vorzejgegebühr u. a. m. 7" *m neuen deutschösterreichischen Freistaate wird hoffentlich weiter aufgeräumt werden. Maatsrat und Nationalversammlung legen guten Willen an den Tag und gedenken auch die sprachliche Mithilfe unserer Zweigvereine heranzuziehen. Erfreuliche Sprachreinheit zeigt u. a. die neue Geschäftsordnung für die Landesversammlung (Landtag) des Landes Meiermark. Zu verdeutschen bleibt noch provisorisch, Stenograph und dessen Ableitungen, Kontrollkommission und pauschaliert. Wohl nur durch Versehen sind an vereinzelten Mellen Präsident (Präsidialkanzlei) und Session stehen geblieben. Dafür gibt es statt Protokoll Verhandlungsschrift, statt Bureau Leitung, statt Debatte Wechselrede, statt Generaldebatte allgemeine Beratung und statt Spezialdebatte Einzelberatung. Nun müssen "Ee kräftig dahin wirken, daß die deutschen Ausdrücke im schriftlichen Verkehr allgemein gebraucht werden. (Deutscher Sprachverein.) Arme Jugend! Die Blutuntersuchungen des Prof. O. M e y rieh ergaben folgendes: Die Zahl der Blutarmen nahm etwas ab. Überall aber, wo schwere körper- liche oder geistige Arbeit von Jugendlichen verlangt wurde, büßten sie mit einem Minder an Bluteisengehalt. Besonders Lehrerinnenseminare wiesen einen hohen Hundertsatz von Blutarmen auf. Recht nachteilig sind Masern und Würmer. Die frühe Er-"erbstätigkeit der weiblichen Jugend hat sehr geschadet. Die Grippe scheint anzu- ueuten, daß man etwas mehr auf Kalkzufuhr bedacht sein sollte. Düngung der Zimmerpflanzen. In erster Linie kommt der Dünger unserer Hausiere, soweit er bequem zu erhalten oder in der eigenen Wirtschaft vorhanden ist, in betracht, da in diesem die benötigten Dungstoffe (Stickstoff, Phosphorsäure und Kali) |n der zweckdienlichsten und chemisch wirksamsten Form gebunden sind. Insbesondere lst dies bei Schaf-, Ziegen-, Kuh-, Kaninchen-, Tauben- und Hühnerdünger der FaJI. I" entsprechenden Behältern mit Wasser angesetzt, geben sie einzeln oder gemischt "ach etwa achttägiger Gärung ein vorzügliches Düngemittel, das den Pflanzen zwar zunächst nur‘in kleinen Mengen, mit dem Fortschreiten und der Üppigkeit des Wachstums aber häufiger und auch in größeren Mengen verabreicht werden kann; auch ein Aufguß von chemisch reinen Hornspänen, oder diese trocken unter die Erde gemischt, bilden ein ausgezeichnetes Düngemittel. (Deutsche Schulpraxis.) Honig ist ein altes Arzneimittel, das in keinem Hause fehlen sollte. Bekannt, ist vr als Linderungsmittel bei allen Krankheiten der Atmungsorgane. Auch beim Auftreten von Diphtheritis hat er bedeutende Erfolge aufzuweisen. (Mein ■ Sonntagsblatt.) Krieg den Fliegen! Eingehende Studien brachten das Ergebnis, daß für eine Eliege durchschnittlich die Zahl der am äußeren Körper anhaftenden Bakterien rund IVi Million beträgt. Verschleppt werden durch Fliegen: Cholera, Diphtheritis, Milzbrand, Pocken, Pest, Ruhr, Tuberkulose, Unterleibtyphus. Vertilgung der Fliege in I laus und Hof ist eine zwingende Notwendigkeit. (Mein Sonntagsblatt.) Erfindungsgeschichte sollte in keiner deutschen Schule fehlen. Nicht nur Mhlachten, auch Geisteskämpfe haben unsere Geschichte und das ganze Volk gemacht, besonders in der angewandten Chemie marschierte Deutschland an der Spitze. Nicht achtlos kann der Lehrer an all diesen Großtaten vorübergehen, sondern er, wird die Geschichte der Erfindungen zu einem Wegweiser der deutschen Kultur machen. (Deutsche Schulpraxis,). Gemüsebau. Ihn pflegen wird auch im heurigen Jahre unsere eifrigste Aufgabe sein müssen. Die erste Arbeit, die wir im Gemüsebau zu leisten haben, ist die Aussaat, das Auspflanzen, beziehungsweise die richtige Wahl der Sorten und bei der teueren Samenbestellung auch das Anschaffen der richtigen Menge. Auskunft darüber gibt einwandfrei das im Verlage von „Mein Sonntagsblatt“ in Neutitschein heraus- gegebene „Merkblatt für den Gemüseanbau“, das unseren Lesern bei direkter Bestellung bei „Mein Sonntagsblatt“ in Neutitschein in einzelnen Stücken kostenlos zur Verfügung steht; bei Mehrbedarf stellt sich das Gemüsemerkblatt gegen vorherige Einsendung des Betrages wie folgend: 10 Stück 50 h — 40 Pfg., 100 Stück K 2.50 - - M. 2.10, 1000 Stück K 20.— M. 17.— portofrei. Wo war der liebe Gott während des Weltkrieges? Diese Frage, die der Abgeordnete Adolf H o f f m a n n gelegentlich der vorjährigen und diesjährigen Beratung des Kultusetats/stellte, beantwortet W. Kuhaupt im ersten Oktoberheft des von J. E. Freiherrn v. Grotthuß herausgegebenen „Türmers“ (Stuttgart, Greiner & Pfeiffer). Gegenüber dem Pessimismus Schopenhauers und der Kausalitätslehre der modernen Naturphilosophie hebt der Verfasser den sittlichen Gedanken innerhalb des großen Weltgeschehens hervor, in dem wir stehen: Dieser Weltkrieg wird allen Völkern das Schicksal bereiten, das sie verdienen; er ist ein Gericht, durch das alle hindurch müssen, ohne Wahl und Unterschied. Der Weltkrieg ist, wie die Alten sagten, ein Werk der Nemesis divina, die ihrer nicht spotten läßt, die „die Wache hält im Weltall und kein Vergehen ungezüchtigt läßt“. Die strafende göttliche Gerechtigkeit wirft in diesem Kampfe ohnegleichen jedes Volk auf die Wage des Weltgerichts, und heute heißt es schon von vielen: „Gewogen und zu leicht befunden.“ An dieser Wage gibt es keine Falschgewichte und keine Irr-tümer der Registrierung; jedes Volk rückt gemäß seinem „Eigengewicht“, gemäß seinem inneren Werte schnell oder langsam je nachdem der Stelle zu, an die es gehört, und im geschichtlichen Urteil kommender Geschlechter wird manches Volk einen anderen Platz einnehmen als in den zweifelhaften Schätzungen der in Vorurteilen befangenen Menschen von gestern und heute. Was aber von den Völkern gilt, das gilt auch von den Personen, die auf der Schaubühne dieses gewaltigen Kampfes auftreten und schon aufgetreten sind: das gilt von einem Hindenburg und Lord Kitchener, von einem Poincare, Grey, Lloyd George, einem Wilson, Clemenceau, d’Annunzio, einem Bratianu und Venizelos, einem Zar Nikolaus und Kaiser Wilhelm II. Alle steigen und sinken nach Maßgabe ihres Eigengewichts, und je weiter sich die Dinge gestalten, um so klarer werden wir erkennen, daß die Würfel Gottes immer auf die richtige Seite fallen. Diese Scheidung der Geister und Völker ist uns die sichere Gewähr für das Walten einer sittlichen Weltordnung; hier stoßen wir unverkennbar auf die Fußspuren des lebendigen Gottes, der auch im Weltkriege da war, wo er immer gewesen ist und immer sein wird. Indessen, wir brauchen nicht erst in 'das obere Stockwerk der Welt der Werte emporzusteigen, um die Fußspuren Gottes zu entdecken, auch im Gerüst und Gebälk der unteren Naturwelt, wo nur meßbare und zählbare Bewegung herrscht, zeigt sich das Wirken und Walten einer ewigen Vernunft. Wir möchten den sehen, der uns beweisen wollte oder könnte, daß Sonnen, Planeten und Monde und die' Ordnung ihrer Bewegungen blindem Zufall ihr Dasein verdanken, der uns beweisen könnte, daß die Oberfläche unseres Erdgestirns und der Wechsel ihrer Erscheinungen, der reiche Wechsel von Meeren und Kontinenten, von Flüssen, Gebirgen, Inseln, Wäldern, Tälern, Wiesen und Hügeln ohne \Villen, Zweck und Absicht zustande gekommen sei, der uns erklären könnte, wie blinde Kräfte aus einem zusammenhanglosen Gewirr von Stoffteilchen wunderbare Organismen, Pflanzen, Tiere, Menschen, sehende Augen, hörende Ohren gebildet haben. Ist die Welt nichts anderes als ein unbegrenztes Energiemeer, . in dem die Wogen mechanischen Geschehens in unablässiger Folge dumpf und eintönig aufeinanderschlagen, in dem es nur Spannungen und Entspannungen im Sinne des „energetischen Gefälles“ gibt; ist sie etwas, in dem keine Dauer ist, in dem ewiger Wechsel das Beständige darstellt, in dem jedem Werden ein Entwerden, jedem Plus ein Minus folgt, dann •st der Mensch, der zu dieser Einsicht kommt, die elendeste der Kreaturen, dann steht über seiner Geschichte ein erschütterndes Umsonst! Einer meiner Bekannten äußerte sich gelegentlich einer Unterhaltung über den Ausgang und das Ende dieses schrecklichen Wcltbrandes in folgender Weise: ..Es wäre zum Aufschreien, wenn unsere Tapferen da draußen umsonst geblutet Und gelitten hätten, wenn unser Hindenburg umsonst seine Siege erfochten, umsonst feindliche Festungen, die als uneinnehmbar galten, zerbrochen, umsonst tief in Feindesland eingedrungen wäre, wenn wir geschwächt und verarmt ohne Gewinn aus diesem ^‘ngen hervorgingen." Wäre es aber nicht viel bitterer und schmerzlicher, wenn unsere Brüder ihr Blut vergossen hätten, bloß um eine geschichtliche Spannung zur Entspannung zu bringen, wie es deren unendlich viele gegeben hat und noch unendlich viele geben wird? Wäre es nicht ein unerträglicher Gedanke, wenn dieses Leben, Ringen und Kämpfen nur ein nutzloses Wogen und Wallen, ein planloses Auf und Ab ohne Ewigkeitswert und Ewigkeitsziel wäre ? Wer erkannt hat, daß unser Planet und das Leben auf ihm nicht Zweck, sondern ni,r Mittel ist, daß Sinn und Ziel aller räumlichen Bewegung im Überräumlichen liegt, Wetn die Geschichte mehr ist als ein dumpfer, verworrener Traum der Menschheit, für dcn erübrigt sich die Frage: „Wo war der liebe Gott während des Weltkrieges?“ Die Schule im Volksstaat. Das Lesebuch bedarf gründlicher Umarbeitung. Man raucht einen auf dem Boden der Reichsidee stehenden, arbeitsfreudigen Lehrerstand. Unerläßlich sind Reformen auf dem Schulgebict, und zwar: Trennung des Unterrichtsministeriums vom Kultusministerium, Durchführung der reinen Staatsschule, Errichtung Ber nationalen Einheitsschule. _ (Deutsche Schulpraxis.) Wie bei uns. Kurt Wehn e r entwirft ein klares Bild von dem langen Bildungsgänge des Volksschullehrers und der kargen Besohlung. Mehr als alle Worte sprechen Me ausgezeichneten Abbildungen, die erkennen lassen, daß die Lehrerbildung unmittelbar die des Akademikers reicht, der Gehalt aber nur wenig über den des Unterbeamten "aus und sich mit dem des Mittelbeamten in keiner Weise messen kann. Wie ein furchen aber betrachtet man die Stufenleiter: die Lehrerbesoldung, wie sie sein sollte. S°Bte. (Neue Bahnen.) Zeitgemäße Gedanken. Gute fromme Werke machen noch keinen guten frommen Mann, aber ein guter frommer Mann macht gute fromme Werke. Man muß Wohltaten üben, die über das Pflichtgemäße hinausgehen. Gib stets „mit treuem Herzen". Rede B'r nicht ein, daß du Gutes tust, wenn du das Leiden anderer zum Grunde — deines Vergnügens machst. Willst du wohltun, so überwinde dich und opfere! Wo Ehrgeiz die Triebfeder ist, kann da Dankbarkeit wachsen ? W. Kluge. (Deutsche Schulpraxis.) Volksbildungsschulen. Im Dorfe Wcißach in Schwaben wurde für die Fort-Mldung aller Kreise eine Volksbildungsschule errichtet. Jeder Kurs dauert ?V» Wochen Während der Monate Jänner und Februar. Der Unterricht fällt in die Zeit von 12 Uhr 18 5 Uhr 20 Min. Teilnehmer kann jedermann sein, der das 17. Lebensjahr überschritten hat. Gelehrt werden: Rechnen, Buchführung, Deutsch, Heimatkunde, Bürger-, Maats-, Gesetzeskunde, Kultur- und Lebenskunde, Literatur, Gesang und Körperpflege. trteilt wird der Unterricht von Lehrern, Ärzten, Geistlichen und Verwaltungsbeamten. (Deutsche Schulpraxis.) Die Bodenreform. Von Adolf Damaschke. (Gustav Fischer, Jena.) — Alle Strebungen dieser Art sind mit dem Namen Damaschke innigst verknüpft. Unend-ücher Fleiß, tiefes Verständnis und überzeugende Gerechtigkeit schrieben das Buch, eine Anklage gegen die Bodenwucher darstellt. — Wir bauen einen neuen Staat. le Grundlegung Damaschkes darf nicht übersehen werden — leset darum, Lehrer, as Buch, und gleich Schuppen wird es von Euren Augen fallen. Die Bretter weg! n freies Volk will auch ein freies Land! M. Was ist der Staat? Der Staat ist der rechtlich organisierte Gesamtwille oder lL' rechtlich organisierte Macht der Gesellschaft. Der Staat ist utanfänglich, seine urzel ist die Familie. Er ist die Ordnung, der organisierte Gesamtwille. Polizei. erwaltung, Heer usw. sind nur‘ Staatsmittel. (E. Krieck, „Neue Bahnen“.) Die Selbstversorgung der Landfrau. (Agnes Holtzmänn. Verlag Die Land- frau, Ootha.) — Ich meine, auch die Stadtfrau wird nach diesem Büchlein gerne greifen. Nicht als ob es lauter Neues brächte, es kehrt vielmehr zu den Zeiten des „Sieb- zigsten Geburtstages“ zurück. Aber wir eitlen Modernen sind in Dingen unerfahren, die Bausteine sind für unser täglich’ Leben: Seifenbereitung, Ölgewinnung, Malz — weiß Gott, wann uns die Industrie von solcher Sorge befreien wird! Viele Frauen werden für das Heftchen dankbar sein. M. G. Freytags Völkerkarte von Europa, bearbeitet und mit erläuterndem Text versehen von Dr. Arthur H a heil a n d t, Privatdozent für Ethnographie, wird von der Kartogr. Anstalt (i. Frey tag & Berndt, Wien VII., Schottenfeldgasse 62, im richtigen Augenblick, gebracht. Die sehr hübsch in vielfachem Farbendruck hergestellte Karte (für K 5.00 M. 4.— bei Voreinsendung des Betrages von der obigen Anstalt sowie jeder Buchhandlung franko erhältlich) kennzeichnet außer den bisherigen politischen Grenzen auch die Gebiete, in welchen jedes der vielen Völker Europas seßhaft ist. Die vielfach über die alten Staatengrcnz.cn greifenden, sich ineinander schiebenden Wohnsitze der Völker geben in der beide Momente zum Ausdrucke bringenden Darstellung ein anschauliches Bild der Verhältnisse und tragen zum Verständnis des heute so oft ge- brauchten Wortes „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ wesentlich bei. Dem gleichen Zweck dienen in bester Weise zwei andere Erscheinungen desselben Verlages: Freytags Völker- und Sprachenkarte von Österreich-Ungarn, 1: 11 _■ Mill., 70:92 cm groß, Preis und Bezugsquelle wie oben, und Freytags Völker- und Sprachenkarte von Mittel-Europa, 1:3 Mill., 80: 100 cm groß, Preis und Bezugsquelle wie oben, die beide in größerem Maßstabe, daher eingehender und mehr in Einzelheiten gehend, über die im Titel be- zeichneten engeren Gebiete unterrichten. Berufsberatung. Bisher wurden schulentwachsene Jugendliche zumeist von ihren Eltern beraten, und dies wird vielleicht für die Mehrzahl der Fälle auch weiterhin so bleiben, ln schwierigeren Fällen aber wenden sich schon seit je die Eltern an den Lehrer, den Geistlichen, den Arzt mit der Bitte um Rat, welchen Beruf ihr Kind ergreifen solle. Nun steht dem Klassenlehrer gewiß reichliches Material zur Verfügung, auf Grund dessen er ein richtiges Urteil über Befähigung und Charaktereigenschaften des Kindes zu geben vermag, anderseits gewährleistet auch der Arzt viele wesentliche Vorbedingungen für eine sachgemäße Berufsberatung; so weiß er über die körperliche Gesundheit des Kindes, seine nervöse Veranlagung, Gebrechen dauernder oder vorübergehender Natur und über etwaige ererbte Anlagen Bescheid, sowie er auch, besonders auf Grund etwaiger Krankenkassentätigkeit, Einblick in die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vieler Berufe hat. Schon hieraus sehen wir, daß ein Zusammenarbeiten von Eltern, Lehrer und Arzt wünschenswert, in vielen Fällen sogar unbedingt nötig ist Als Träger der Berufsberatung sind vor allem Bürgerschul lehrkräfte in Aussicht genommen, die für diese Arbeit besonders geeignet sind, hiefür vorgebildet, besoldet und von ihrer Unterrichtstätigkeit verhältnismäßig entlastet werden sollen. (15. Jahr.) Folge 181/182. Iänner-Febrr 1919. für den ^sHbleilungiSunierrichL Monatschristzur Forderung des deutfchösterr. Landschulwesens. Syugsgebütjc einschl. von „Schule und Vaterland" 11 K (6 M.. 7 5r.) jährlich. Einzelnummer Go h (60 Pf., 70 Et.). Postspari. Nr. 58.213. Geschäftliches ausschliePich an die „Verwaltung der Blätter für den Abteilungsunterricht in Wien 8, Pseilgasse 46". Sanbichtlften und Bücher an den Schriftleiter: Wien 7, Kaiserstrabe 76. — Die „Blätter für den Abteilungsunterrlcht" können gesondert nicht bezogen werden. Von der Volksfeinde zum Volkswohl. Die zünftigen Diplomaten haben das Reich nach außen hin ruiniert, die künftige', Politiker nach innen. Hätte man die Männer walten lassen, die mit gesundem Sinn und geradem Wesen ins Volkshaus gewallt kamen, so wäre es niemals zum völligen Auseinanderbrechen des alten Habsburgerreiches gekommen: >ie hätten rechtzeitig den verschiedenen Völkern des bunten Staates eine freie Auswirkung gemährt und so die Spannung allmählich gelöst, die später unter Krachen bie Spangen politischer Schmiedekunst zerbrach. Die Meister vom Fach waren weniger auf das Wohl des Ganzen als vielmehr auf ihr eigenes Bestehen bedacht: mit Mittelchen verschiedenster Art, wobei das deutsche Volk in Österreich ein Opfer ums andere bringen mutzte, um das geloderte Gefüge auf Befristung zu erhalten, suchten sie ihre Stellung zu stützen. ,,Hinter mir die Sintflut!" Das war Parole ">r Minister und Ministerkandidaten. So kam es zur plötzlichen Lösung; darunter baden die am meisten zu leiden, die willig ihre Schultern für die Emporgetragcnen boten. — Soll diese oder eine ähnliche Kaste weiter die Politik in den Händen haben? Wer es mit dem Staate ehrlich meint, kann dazu nicht ja sagen. Die den Karren verfahren haben, mögen tausendmal einen besseren Kurs versprechen, man glaube es ihnen nicht: die Politik des Pakelns kann sich niemals zur Politik des ehrliäien Makelns wandeln! Neue Männer heran, neue Kräfte und von den alten gerade nur solche, die besser handeln wollten, aber nicht handeln durften. — Als ich einmal mit unserem verewigten Lipka vor dem Parlamente auf- und abging und ihm eine Vorlage, betreffend die Reform der österreichischen Landschule, naherückte, iah er midi staunend an und meinte: „Ro, da sieht man, das; Sie nock) nick-r Abgeordneter waren! Wie stellen Sie sidi denn die Einbringung eines derartigen Antrages vor? Direkt darf ich ja nicht spred)en, will ich es mir nid)t mit der Partei verderben und indirekt, durch die Partei, geht es and) nidjt; man hat in kein Interesse für die Schule. In jeder Partei regieren ein paar Bonzen: wenn die nicht wollen, heitzt es schweigen. Dieses Haus da vor uns ist ja nidjt ein Volkshaus, sondern eine Krämerbude!" Ich kam dann zu einem der Bonzen und legte ihm in einstündiger Rede den Plan einer Landschulreform dar. Unter anderem erhitzte id> mich auch für den Gedanken, datz gerade das deutsckie Volk eine tüchtige Volkssckiule brauche, um das durch Qualität der Bildung zu ersetzen, was ihm an Volkszahl abgehe, um durä, ein geregeltes System im Unterrichte mit Abteilungen der Tyrannis des Geistes vorzubeugen, um die natürliche Erstarkung des Denkens zu fördern usw. Der Bonze nickte beifällig: allein es blieb beim alten, er trank sein Schöpplein Bier und vergas; darüber der österreichischen Landschule . . . Könnte solche Gleichgültigkeit für eine Einrichtung, von der drei Viertel des gesamten Volkes mit geistiger Rüstung versehen werden, den Mann erfüllen, der durck, die Schule des Bauers geschritten ist? Dock, niemals! Nur wer selbst in der Einklassigen saK. kennt ihren Wert und ihre Mängel. Hiebei denke ich an drei Hofräte. Der erste sagte: „Die Einklassige ist ein Unding; sie mutz abgeschafft werden!" Der zweite: „Ich satz selbst in der Einklassigen. Sie ist was Wunderbares, aber auch was Schweres. Nur Meister können sie führen." Der dritte: „Die Einklassige — nun, das ist ja einfach: Man stopft acht Klassen in ein Zimmer und arbeitet, wie man kann!" — Der erste Hofrat hatte eine schlechte Einklassige, der zweite eine musterhafte besucht, der dritte kannte sie nicht. Die drei Beispiele belehren uns über die Zukunft der Volksschule, insbesondere über die der Landschule. Wer schlechte Lehrer hatte oder kannte, wird sich von ihr wenden: wer vom Meister geleitet wurde, wird sie fördern: wer sie nicht kennt, weil ihn Hofmeister gängelten, wird von ihr mit Gleichgültigkeit reden. Aus dem Erörterten ergibt sich für uns die „weise Lehre", bei der Aufstellung von Wahlwerbern in erster Linie über das Herkommen des Mannes (der 1 Frau) klar zu werden. Der Städter wird niemals unser Anwalt sein, und wenn schon, so nicht aus tiefwurzelnder Überzeugung: der Bauer, den schlechte Lehrer ins Leben geleiteten, der also geringes Missen besitzt, wird, abgesehen von mangelnder Befähigung für das wichtige Amt eines Volksvertreters, mit Geringschätzung der Schule gedenken: voll wertet sie nur der. den sie zu was brachte, der aus ihr mit reichen Kenntnissen kam, oder einer, der mit ihr als Orts- oder Bezirksschulratsmitglied in Berührung war und sie hiebei schützen lernte. — Ein angesehener Rechtsanwalt, der als Ortsschulaufseher in einer Dreiklassigen des öfteren hospitierte, sprach so zu mir: „Ich sage Ihnen, vor dem Lehrer K. habe ich mehr Respekt als vor einem Hochschulprofessor!" Ja. Vertreter der Intelligenz dieses Schlages können uns helfen: sie verdienen auch die Stimme und die Werbekraft des Lehrers der Landschule. Drei Kategorien sind es also, die unserer Volksschule die Zukunft eröffnen: a) die durch eine gute Elementarschule Geschrittenen, b) die mit einer guten Elementarschule Vertrauten, c) die Lehrer selbst. — Nicht, weil wir für uns die soziale Position erringen, sondern vor allem mit Rücksicht darauf, datz wir mit einer guten Schule dem Staate beim Neubau helfen wollen, müssen wir darauf Bedacht nehmen, datz in unserem Wirkungsbereiche ein Vertreter der genannten Gruppen ins Volkshaus komme. Ohne gründliche Volksschulbildung fehlt der Sockel zum Volkswohl! Peer z. Die Aufmerksamkeit als Grundproblem für den Abteilungsunterricht. Vom Schulleiter F. Walde in Kitzbühel. Vorbemerkung: Das Problem der Aufmerksamkeit gehört zu den wichtigsten, aber auch zu den schwierigsten der modernen Pädagogik. Wer es in seinen Tiefen erfassen will, studiere nachstehende Schriften: 1. Dohrn: Das Problem der A. — 2. Dürr: Die Lehre von der A. (Überaus geistvoll!' — 3. Feilgenhauer: Untersuchungen über die Geschwindigkeiten der Aufmerksamkeitswanderungen. — 4. Freemanu und Franke: Untersuchungen über den Aufmerksamkeits umfang. — 5. Grimm: Über Störungen der A. — 6. Herbart: De attentionis mensura causisque primariis. — 7. Kerrl: Die Lehre von der A. (Einseitig, aber praktisch.) — 8. Krakowski C.: Die Aohängigkeil des Umfanges der A. — 9. Lobsien: Einige Untersuchungen über die Ablenkung der A. — 10. Lorenz: Unterschiedsschwellen im Sehfelde bei wechselnder A.-Verteilung. 11. Motora: Ein (Experiment zur Einübung der A. — 12. Obst: Die Wichtigkeit der A. — 13. Oehler: Die A. der Kinder beim Unterricht. — 14. Pretzier: Wie lange können unsere Kinder aufmerksam sein? — 15. Ribot: Die Psqchologie der A. (Neben dem tiefgründigen Buche Dürrs die gedankenreichste Schrift über N.) — Für den Abteilungsunterricht bildet das Aufmerkfam-keitsproblem die wissenschaftliche Grundlage. Gelingt es uns, die willkürliche A. zu stacheln, die unwillkürliche zu zügeln oder für beide Erleichterung zu schaffen, so ist der Weg zur gedeihlichen Lösung gefunden. Die Schriftleitung. Es gibt eine freiwillige, die durch das Interesse geweckt, von selbst entsteht, und eine willkürliche Aufmerksamkeit, die vorsätzlich, oft mit Anstrengung verbunden, sich uninteressanten Gegenständen zuwendet. Wenn die Schüler den Geschäftsleuten glichen, die auch den uninteressantesten Gegenständen des Gewinnes wegen die ganze Aufmerksamkeit schenken können, würde die willkürliche Aufmerksamkeit bei ihnen leichter ausgebildet werden. So kann die willkürliche Aufmerksamkeit der Schüler 1111 r auf ganz kurze Zeit, meist nur gebieterisch vom Lehrer gefordert werden. Der geschickte Lehrer versucht durch Abwechslung, durch neue Fragen und dergleichen die Schüler anzuregen und ins Gebiet des Interesses zu ziehen, nm diese Aufmerksamkeit etwas länger festzuhalten, der ungeschickte Lehrer will sie erzwingen, durch Befehl, Drohungen, Bitten und lange Auseinandersetzungen über die Wichtigkeit und Notwendigkeit des zu behandelnden Gegenstandes und erzielt bei nervöser Abnützung unbefriedigende Resultate. Auf mannigfaltige Art sucht der geschickte Lehrer die Aufmerksamkeit der Schüler rege zu erhalten und bemüht sich, dabei selbst lebendig bei der Sache zu bleiben. Der Höhepunkt der Aufmerksamkeit wird aber erst erreicht, wenn die Erregung, welche von außen her cintritt, durch die von innen, den Zentren des Gedächtnisses und der Phantasie ausgehenden verstärkt wird. Weder das Alte noch das Neue ist an sich interessant. Das Alte in dem Neuen ist es, was die Aufmerksamkeit erweckt. Auf dem Schulkasten meines Schulzimmers hatte ich einen Ziegel. Die Schüler haben diesem gewöhnlichen Gegenstände keine besondere Beachtung geschenkt. Eines Tages hob ich ihn herab, ließ ihn von einem Schüler nach Länge, Breite und Dicke messen, die Maßzahlen vergleichen, den dreifachen Umfang mit der Kreide bezeichnen, die Flächen, Kanten und Ecken zählen und die Farbe angeben. Was sieht man am Ziegel? 1. Teil. Im Laufe des Unterrichtes wurde durch Fragen, Erklärungen, Beweisen ermittelt, daß der Ziegel ein Körper, daß er schwer, porös und hart ist; daß er aus Lehm geformt und gebrannt wurde, wozu er benötigt wird, daß er verwittern (zerfallen) kann und dergleichen mehr. II. Teil. Was weiß man vom Ziegel? Das Interesse an dem altbekannten Gegenstände hat sich fortzu immer lebhafter entwickelt und jeder Schüler wollte nach dem Unterrichte den nun so interessanten Backstein näher besichtigen und angreifen. An der vorderen Wand meines Schulzimmers hängt stets ein Rechen- behelf, eine von mir angefertigte Stellenwerttabelle. Zwischen zwei darunter angebrachte Leistchen können Pappstreifen, mit Zahlen oder Maßen versehen, geschoben werden. M. H.T. Z.T. i T. H. 3 e z h- t- zt. : ht. I m m. 7 5 8 i Die Zahl 753 soll mit 10 multipliziert werden, das heißt jede Ziffer soll eine zehnmal höhere Stelle bekommen. Schiebt man den Streifen um eine Stelle vor, so hat man dies bewerkstelligt. Die leergewordene Einerstelle wird mit 0 bezeichnet. Schriftlich: 753x 10. /// 7530 Zur Veranschaulichung und Einprägung der Maß- und Gewichtsbenennungen, bei Verwandlung benannter Zahlen, bei Erklärung der Dezimalen usw. ist mir dieses Lehrmittel unentbehrlich geworden, da die Aufmerksamkeit der Schüler bei dessen Verwendung geweckt und durch die Mannigfaltigkeit der Anwendung angeregt, erhalten bleibt. Ein ähnliches Lehrmittel: Ich habe an dem Brette mit den Leisten, das dem Setzkasten beigegeben, in der Mitte ober einer Leiste ein viereckiges Loch ausschneiden lassen und hinter dem Brette eine runde Pappscheibe, mit den Selbstlauten am Rande versehen, angebracht, die seitwärts oder unten etwas vorragt, um sie drehen zu können. Die Schüler lesen nun die in der Öffnung erscheinenden Selbstlaute oder in Verbindung mit den rechts oder links oder beiderseits der Öffnung aufgestellten Mitlauten. Das Verbinden der Laute, wird dadurch schneller und besser geübt und die Aufmerksamkeit der Schüler besonders angeregt und erhalten. Im Gedächtnisse der Schüler liegt ein Wörter- und Sätzeschatz. Grabt nur danach! Es wird zum Beispiel die Umstandsbestimmung behandelt. Viele verschiedene, nicht ein Ganzes behandelnde Sätze im Sprachbuche werden zerzaust und nach Umstandsbestimmungen abgesucht. Die Schüler sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Lehrer: Wie sagst du? Vater unser, der du bist in dem Himmel — Gib uns heute — Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er wohin? Du singst: Er ging an meiner Seite — er liegt mir vor den F ii ß e 11 — Zu Mantua in Banden — Droben steht die Kapelle — schaut still ins Tal hinab — Was du heute kannst besorgen — usw. Die Schüler kennen das Zifferblatt der Uhr, ihre zehn Finger, sie wissen, daß der Tag 24 Stunden hat, der Februar 28 Tage usw.; alles dies wird kostbares Material bei Erlernung des Einmaleins nach der Anschauung. Sie wissen: 9=10—1, 9-j-9 = 18; 18 ist um 1 Zehner größer und um 1 Einheit kleiner als 9, 27 ist um 1 Zehner mehr und um 1 Einheit weniger als 18, folglich: 23-j-9= 1 Z. mehr, 1 E. weniger = 32. 48 -f- 9 — 7 und 50. 67 j- 9 = 6 und 70. Die Fähigkeit, beständig aufzumerken ist von Natur aus nicht allen Menschen gegeben. Glücklich der, welcher dieses Gut besitzt, (ln hohem Grade kann es durch Übung kaum erlangt werden.) Er arbeitet schneller und bei weniger Verbrauch nervöser Energie. (Weil aber die gesamte geistige Leistungsfähigkeit eines Menschen die Resultante aus dem Zusammenwirken aller seiner Fähigkeiten ist, muß bei dessen Beurteilung nicht die eine oder andere seiner Fähigkeiten ausschlaggebend sein.) Einer der wichtigsten Erziehungspunkte wird die Übung der willkürlichen Aufmerksamkeit bleiben. Ablenkungen durch verschiedene Störungen werden am besten durch Gegenanziehung bekämpft, um das, was Ablenkung erzeugt, in Vergessenheit zu bringen. Drastische Mittel, wie Klatschen, Klopfen mit dem Stabe oder Buche auf dem Tische und dergleichen wirken nur vorübergehend, Tifter angewendet gar nicht. Ein Bauer, der es Vortrefflich verstand, bei seinen Kindern Interesse und Liebe zur Arbeit zu erwecken, verglich den geschickten Lehrer mit einem Fuhrmanne, der mit Geduld und wenig Zuchtmittel weit besser und leichter vom Platze käme, als der, welcher in Ungeduld fortwährend die Peitsche schwinge. Leider gibt es auch Schüler, welche schlecht erzogen, unfolgsam, willenlos, von Haus aus Abneigung zum Lernen besitzen und die Geduld des Lehrers vollständig zur Neige bringen. Sie sind die Störenfriede der Klasse, das Kreuz des Erziehers, weshalb noch immer der Volksspruch zutreffend ist: „6X6 gibt 36, ist der Lehrer noch so fleißig“---------------------------------------------- Solche Schüler müssen zur Arbeit erst erzogen, ich möchte sagen, erst gewonnen werden. Sie bilden die Gruppe der Nachexerzierer und verbleiben in derselben, bis sie, gebessert und genügend vorbereitet, wieder zur Korona gezählt zu werden verdienen. Ist der Unterricht noch so leichtfaßlich und anregend gestaltet, am Ende haben die Zerstreuten keinen blauen Dunst von der Sache. Während nun die Aufmerksamen, die Fleißigen selbständig üben, werden die Faulen und schwerfällig Denkenden hervorgeholt und in den Sattel gehoben. Auf diese Weise entsteht auch in Stadtschulen, wo nicht Förderklassen bestehen, ein Abteilungsunterricht. Die Anforderungen, die Erziehung und Unterricht an den Lehrer stellen, werden bisweilen unterschätzt. Die zur Erholung und Vorbereitung zugemessene schulfreie Zeit ist es, um die man den Lehrer beneidet, wenn man sein Wirken in der Schule nur nach der Unterrichtsstundenanzahl handwerksmäßig taxiert. Die unausgesetzt in Anspruch genommene Aufmerksamkeit des Lehrers muß sich auch der Erziehung der Schüler zu freien Menschen zu-wenden. Die Gewohnheit, wie nur möglich unter dem Begriffe des Guten zu handeln, muß den Schülern an erzogen werden. Der Erzieher, der zuviel in Abhängigkeit gestellt, seine volle Aufmerksamkeit nicht in den Dienst der Schule stellen kann, ist kein freier Mensch. Als solcher ist er bei Ausübung seines Berufes befangen, mangels an nötiger Vorbereitung zum bloßen Schulehalter herabgesunken oder durch Pedanterie gehemmt, ein willenloses Werkzeug geworden. Zielbewußt tritt der freie Lehrer in die Klasse und wenn nach schulfreien Tagen oder bisweilen auch am Morgen das Gesetz der Trägheit sich bei den Schülern nachweisen ließe, setzt er mit Berechnung die geistige Maschine der Kinder langsam in Bewegung, wiederholt, stellt leichte Fragen, Weckt die Schüler auf, spornt ihre Aufmerksamkeit an und sichert das Fundament zum weiteren Aufbau. Nur kurze Zeit nimmt er die gespannte Aufmerksamkeit der Schüler in Anspruch, um dann gleich zur Übung zu schreiten. Die Aufmerksamkeit in der kurzen Zeit kann und muß der Lehrer, wenn der Stoff nicht an und für sich schon so viel Interesse weckt, daß ein Gebot überflüssig wird, von alle n Schülern energisch verlangen. Da wird so mancher Schüler nur scheinheilig aufmerksam und zum Schlüsse verraten, daß er die Gedanken nicht ganz bei der Sache hatte; also nicht fleißig aufmerkte. Durch einen Wink oder einen Anruf werden solche Schüler aus dem Strome der geistigen Verirrung herausgezogen, damit nicht die Körner (nach dem Gleichnisse vom Säemanne) in die Dornen oder auf felsigen Boden fallen. Ntu Schüler mit ausdauerndem Fleiße verdienen die erste Fleißnote. Die Fleißnote ist tonangebend und gilt als Wegweiser bei Beurteilung eines Schülers. Die Eltern sollten an der Fleißnote, die gewissenhaft gegeben, den Maßstab finden, nach welchem sie Lob oder Tadel ihren Kindern bei Überreichung der Scluilnachricht erteilen. Es gibt leider Eltern, die der Schule wenig Interesse abgewinnen oder angeblich keine Zeit hätten, ihre Aufmerksamkeit dem schulbesuchenden Kinde auch nicht einmal fünf Minuten wöchentlich zu widmen. Wovon das Herz voll ist, geht der Mund über. So erzählen die Kinder gerne zu Hause, was sie gelernt haben. Finden Sie keine Beachtung oder bisweilen gar unsanfte Zurückweisung, so entwickelt sich Gleichgültigkeit, die, höchstens durch den Ehrgeiz, wenigstens in der Schule unter den Mitschülern etwas zu gelten, nicht ganz einwurzelt, chronisch wird. Der Intellekt, die geistige Kraft der Schüler sollte auch von Zeit zu Zeit beurteilt werden und der Grad der Begabung in einer Spalte der Ausweise einen Platz zugewiesen erhalten. In dem Falle, wo ein Schüler trotz minderer Fleißnote gute Fortgangsnoten erhält, kann man leicht auf seine Begabung schließen. Wenn zwei Schüler gleich gute Klassifikation erhalten, so ist nicht immer anzunehmen, daß sie auch gleichtalentiert sind. Sehr fleißige Schüler erhalten auch bei minderer Begabung erstklassige Noten, die, wenn der Fleiß nachläßt, rapid verschwinden. Sonderbar ist es, daß manche Leute, die nur wenig „Gehör“ besitzen, mit Vorliebe singen oder pfeifen, während oft musikalisch Begabte ihre Fähigkeit nicht ausnützen wollen. In Anbetracht der Vielseitigkeit der menschlichen Anlagen und der verschiedenartigen Charaktereigenschaften ist das Lehren eine große Kunst und der Lehrer muß vor allem ein Künstler auf seinem Gebiete sein, der nicht nach der Schablone arbeitet. Er muß den Weg suchen und finden, auf welchem er das Ziel leicht und bestimmt erreichen kann und bestrebt sein, die höchste Vollkommenheit in Unparteilichkeit, Sachlichkeit und Gerechtigkeit zu erreichen. Der junge Staat möge daher seine besondere Aufmerksamkeit der Volksschule, der Erbauerin des Fundamentes aller Bildung, zuwenden und den Lehrer zum freien Menschen machen, ihn vor Erhaltungssorgen schützen, damit er in seinem Berufe ungehemmt zum Wohle des Volkes mit Schaffensfreude wjrken kann. Des Lehrers Takt und Schliff in der Gesellschaft. 3. In der Wählerversammlung. Die erregte Stimmung zeigt uns den wahren Menschen und die wahre Bildung. Ob nun die Reizung des Nervensystems einem seelischen Zustande oder der Einwirkung eines mechanischen, beziehungsweise chemischen Prozesses entspringt, ist ziemlich belanglos: in der Auslösung laufen beide Vorgänge in den gleichen Punkt aus: in völlige Selbstentrechtung. Darüber sind wir uns doch im klaren, daß das zuchtlose Gefühlsleben sich hemmungslos in Erscheinungen äußert, die uns vom Tiere nicht allzu weit entfernen. Das Werk der Erziehung ist es nun, dem motorischen Ausdruck entweder durch eingefleischte Gewohnheiten oder durch die Disziplin des Geistes Hemmungen entgegenzustellen, die den Ausschlag des Gefühlspendels entweder gänzlich hintanhalten oder doch schwächen. Somit gibt die Selbstbeherrschung den Grad der Erziehung an. Bei niemandem ist die Theorie so bedeutsam wie beim Erzieher. Wenn er der Sklave der Wallung ist, wie soll dann der Zögling ihr Herr sein?! Und Zögling ist in dem Fall, der hier erörtert werden soll, das Volk. Soweit das Problem. Wie zeigt es sich in der Praxis des vorliegenden Gegenstandes: in der Wählerversammlung? Ein temperamentvoller Redner tritt auf: er stürmt mit seinen Ausführungen über jedwede Logik, über jedwede Sachlichkeit, über männlichen Anstand, über Tatsachen skrupellos hinweg: Lüge. Verdrehung, Sophistik: alles steht in seinen Diensten. Den Zuhörer erfaßt der Grimm ob solcher Unverfrorenheit und Gemeinheit: sein Inneres zischt auf. alsbald drahtet die lochende Seele an die Hände (die Finger ballen sich zur Faust), an die Füße (sie werden zu gleitender und stoßender Bewegung gereizt), an den Herzmuskel (er preßt das Blut in die Adern, hauptsächlich in die des Kopfes), an die Lungen (sie blähen sich und wollen den Brustkorb sprengen), zu den Augen (ihr Rollmuskel kommt in Tätigkeit), zu den Lippen (sie zucken und vibrieren), zu dem Kaumuskel (die Zähne pressen sich aneinander), an den Kehlkopf (seine Stimmbänder drohen zu zerreiben, sie wollen die Auslösung der längst bereitgehaltenen Sprechbewegung) — kurz: alles, was motorisch ist. zu deutsch: in Bewegung gesetzt werden kann, wird inzitiert (aufgepeitscht), es braucht nur des Auflassens der letzten Schranke psychischer Beherrschung und die Spannung löst sich nach allen Seiten mit Vehemenz (Heftigkeit), das heißt: die Faust schlägt auf den Tisch oder schnurstracks in den Redner hinein, die Füße scharren und stampfen, das Blut „schießt" in den Kopf und schwellt die Zornader, die Brust wogt, die Augen funkeln, die Lippen beben, die Zähne knirschen und lassen der wütenden Rede Raum — die Flut inneren Grolls ergießt sich über den Redner. Das ist der physiologische Vorgang bei einem in schrankenloses Poltern geratenen Zuhörer in einer Wählerversammlung. Viele nennen den starken Ausdruck „Männlichkeit", weit mehr heißen ihn jedoch psychische Schwäche. Die Letzteren haben nach der eben entwickelten Theorie recht. Der Wutschnaubende ist von wahrer Bildung und edelm Menschentum toett entfernt; zum wenigsten kann er als Muster eines Volkserziehers oder gar eines Nolksführers gelten. Der physischen Komponente völlig Verfallene vermeinen ihr Tun damit zu entschuldigen, das; sie sagen: „Ich kann nicht aus meiner Haut, ich bin nun einmal so!" Solange diese Äußerung nicht einen Krankheitszustand zur Grundlage hat. ist sie nicht stichhältig, ebenso die nicht, die da lautet: „Der Teufel hol' das Muckertum; heraus muß alles, was drinnen ist!" ^a. sachlich zweifellos, doch nicht in der Form, die uns, die Psychologen, die Vorbilder, die geistig Disziplinierten, nach unten hin graduiert leinreiht). Auf das Wie kommt es an. mein Freund! Welche Pflicht erwächst sohin für uns Lehrer, sofern die Wählerversamm mngen in hochgehende Wogen leidenschaftlicher Ausbrüche gerät? Doch die der Selbstzucht, der Dämmung ungeordneter Eedankenreihen oder gar roher Gefühlsäußerungen. Wenn wir in Sachlichkeit und Logik den Ausführungen des Demagogen entgegentreten und trotz des „bestimmten" Tones den vornehmen Ausdruck wählen, die Sprache nicht ins Kreischen stürzen lassen, erweisen wir den Vollbesitz «er Gegenkomponente, zu deutsch: wahre Bildung. Ich habe der Erörterung weiter nichts hinzuzufügen. P. Für das Studium fremder Sprachen. „Mit jeder Sprache mehr, die du erlernst, befreist Du einen bis daher in dir gebundenen Geist.“ Rückert. Bekanntlich hat man ehedem den Bildungswert, den das Studium fremder Sprachen in sich birgt, maßlos überschätzt. Heute ist man vielfach ins gerade Gegenteil verfallen. Während die Eiferer seinerzeit an den Lateinschulen Deutschlands den Schüler, der sich seiner Muttersprache im Schulleben bediente, mit harter Strafe belegten, behaupten sie heute, daß der Sprachunterricht „verdumme", und möchten ihn am liebsten völlig aus unseren Schulen verbannt wissen. Als ob ein Einsichtiger im Ernste leugnen könnte, daß durch die Kenntnis fremder Sprachen dem Menschen Wissensgebiete aufgeschlossen werden, die ihm ohne sie fremd geblieben wären. Gewiß! Wir besitzen meisterhafte Übertragungen der Schriftwerke der großen Engländer, Franzosen, Russen, Italiener und können sie also in deutscher Sprache auf uns einwirken lassen. Daß die größte Übersetzungskunst uns ein Buch eines Zeitgenossen fremder Zunge nie so nahebringen kann, als wenn wir es in seiner Sprache lesen, das kann freilich nur der verstehen, der die Freuden des unmittelbaren Lesers und Studierenden kennt. Wie man sich aber den ».Bund der Nationen“, der doch auf ein gegenseitiges Sichverstehen gegründet sein muß, vorstellen kann, wenn man ängstlich darauf bedacht ist, seine Kinder von dem besten Mittel zur Verständigung, von der Kenntnis der Sprache des Nachbars, fernzuhalten, das ist mir ein Rätsel. Schon die praktischen Erwägungen allein müßten uns dahin bringen, unsere Kinder dem eifrigen Studium wenigstens einer fremden Sprache zuzuführen. Nun sagt man nicht mit Unrecht, daß die Kenntnis der deutschen Sprache bei uns auch im Kreise der sogenannten Gebildeten arg darnieder läge und daß es nur wenige gäbe, die sich mit Fug und Recht rühmen können, die deutsche Sprache vollauf zu beherrschen, wobei man nur an die vielen Umgangssprachen zu denken braucht. Man verweist auf die Abgründe von Unkenntnis des Deutschen, die uns ein flüchtiger Blick in manche unserer Tageszeitungen auftut und leitet daraus ab, daß unsere Schulen genug daran zu tun hätten, die Kenntnis der deutschen Sprache zu vertiefen. Das ist gewiß richtig! Aber gerade diese Verwilderung der Sprache, die Mißachtung ihrer Grundgesetze, ihre Durchsetzung mit falsch verstandenen, unrichtig angewandten Fremdwörtern, alles das stammt daher, daß sie uns oft von Leuten •dargeboten wird, die in ihrer Jugend überhaupt keinem ernsten Studium oblagen: weder dem der deutschen, noch dem einer anderen Sprache. Wer eine fremde Sprache wirklich erlernt, muß notgedrungen gleichzeitig seine Muttersprache studieren. Die Vergleiche drängen sich ihm auf; was er bisher, vielleicht lediglich auf sein Sprachgefühl hin, also unbewußt, richtig gesprochen und' geschrieben hat, findet nun seine sprachgcsetzliche Begründung. Aber auch seine bisherigen Sprachsünden müssen ihm aufs Gewissen fallen, natürlich vorausgesetzt, daß er nicht nur plappern lernt, sondern die fremde Sprache ernsthaft studiert. Dabei ist es gar nicht wesentlich, ob man eine fremde Welt- oder nur eine Landessprache erlernt; das Studium der einen wie der anderen bringt unmeßbaren Gewinn für die Muttersprache. Daß der Volksschullehrer ein genauer Kenner seiner Muttersprache, die er seine Schüler zu lehren hat, sein soll, bedarf wohl keines Beweises. Da der Vertiefung dieser Kenntnis die Erlernung einer zweiten Sprache ungemein forderlich ist, sollte man gerade ihm hiezu Gelegenheit geben. Das geschah nun leider bisher nicht, wenigstens nicht an den meisten deutschen Lehrerbildungsanstalten Österreichs, und das war ein arges Versäumnis. Der schlechte Ruf. den die österreichischen Lehrerbildungsanstalten bei allen ihren Kennern im Inlande und draußen im Deutschen Reiche bisher genossen haben, ist nicht zum geringen Teile gerade auf diesen Mangel zurückzuführen. Hoffentlich bringt die geplante Neugestaltung der Lehrerausbildung auch in diesem Belange die dringend nötige Besserung. Welche Sprachen soll der deutschösterreichische Volksschullehrer neben seiner Muttersprache erlernen? Diese Frage ist natürlich nicht leicht zu beantworten. Die Anhänger des klassischen Sprachstudiums halten die Erlernung des Lateinischen für unerläßlich; ihre Gegner reden einer lebenden Weltsprache das Wort, wobei heute, wie mich dünkt, das Englische über das Französische die Oberhand gewinnt, weil es ja auch tatsächlich die verbreitetste Weltsprache ist. Politische und wirtschaftliche Erwägungen lassen es für den Deutschösterreicher als in hohem Grade wünschenswert erscheinen, daß er, außer einer zweiten Weltsprache, wenigstens einer nachbarlichen Landessprache mächtig sei. Ich sage ausdrücksich ,,einer“ Landessprache; denn da man vom Lehrer ohnedies fordert, daß er in allen möglichen Sätteln gerecht sei (Landwirtschaft, Obstbaumzucht und Imkerei, Jugendspielleitung, Gemeirtdeschreiberei, Führung aller erdenkbaren gemeinnützigen Anstalten, Handfertigkeits- und Arbeitsunterricht, vor allem aber Kirchenmusik), kann man billigerweise nicht auch noch verlangen, daß er überdies ein Mezzofanti sein müsse. Wie soll nun derjenige, dem während seiner Studienjahre die Gelegenheit zur Erlernung einer fremden Sprache nicht geboten war, deren Studium betreiben? Aus eigener Erfahrung möchte ich den alten Diesterwegschen Satz: „Zu gleicher Zeit studiere nur ein Fach“ besonders unterstreichen. Wer etwa zwei oder gar mehrere fremde Sprachen gleichzeitig studieren will, muß schon sehr begabt sein, wenn er nicht Schiffbruch leiden will. Und dann: Beginne das Sprachstudium so jung als möglich. Es ist viel Gedächtnis-arbeit dabei zu leisten und die gelingt dem Zwanzigjährigen bei weitem leichter als dem Vierzigjährigen. Jeder macht ja diese Erfahrung an sich selbst. Wörterreihen, die man als Schuljunge erlernte (ich erinnere nur an die deutschen Vorwörter oder an die Genusregeln des Lateinischen), haften unverlierbar im Gedächtnis, obwohl man sie vielleicht dreißig Jahre nicht mehr geübt hat. Dagegen bemerkt man zu seinem großen Ärger, daß man Wörterreihen, ja selbst einzelne Ausdrücke, die man sich vor wenigen Wochen anscheinend gut einprägte, im Gebrauchsfalle nicht zur Verfügung hat und immer aufs Neue wiederholen muß, bis sie endlich sitzen. Dennoch möchte ich nicht so weit gehen, wie ein mir bekannter Universitätsdozent, der den angeblich wissenschaftlich begründeten Satz verfocht, daß man eine fremde Sprache nicht mehr erlernen könne, wenn man das 40. Lebensjahr überschritten hat. 1 cli für meine Person halte dafür, daß man zum Lernen nicht k: 7-u alt sein kann, wenn nur Fleiß und Ausdauer nicht fehlen! Über die beim Selbststudium einer Sprache zu benützenden Werke gehen die Ansichten sehr auseinander. Sicher ist, daß man gut daran tut, jenen Büchelchen, die sich vermessen, ihre Leser binnen wenigen Wochen eine fremde Sprache lesen, schreiben und sprechen zu lehren, vorweg mit Mißtrauen zu begegnen. Das Erlernen einer Sprache bis zu dem Grade, daß man sich ihrer mit ziemlicher Gewandtheit mündlich und schriftlich bedienen kann, ist kein Kinderspiel. Und ohne Bücherstudium, ohne Studium der Sprachlehre geht’s nicht ab.*) Die Praxis in allen Ehren! Sie ist unbedingt erforderlich; sie bringt uns so weit, daß wir die fremde Sprache gebrauchen können; aber sie tut es nicht allein. Das sehen wir an zahlreichen Mitbürgern fremder Muttersprache, die oft schon ein Menschenalter unter uns leben, deutsch verstehen, deutsche Briefe und Zeitungen lesen und deutsch, freilich in ihrer Art, sprechen. Über ein Radebrechen unserer Sprache kamen sie nie hinaus, weil ihnen die Schulung in der Sprachlehre fehlt. Umgekehrt aber wird jeder, der wenigstens die Grundlehren des Aufbaues der fremden Sprache inne hat, es am leichtesten zu einer gewissen Vollkommenheit in ihr bringen, wenn er möglichst bald den mündlichen und schriftlichen Verkehr mit gebildeten Fremden sucht und pflegt. Hiebei ist die Scheu, sich durch einen noch unbeholfenen Gebrauch der fremden Sprache lächerlich zu machen, ganz und gar unangebracht. So wenig wir etwa einen Magyaren, der in der Absicht, von uns zu lernen, sich in mangelhaftem Deutsch an uns wendet, darob verlachen werden, ebensowenig wird er dies unserem fehlerhaften Magyarisch gegenüber tun. Wer sich die Mühe gibt, eine fremde Sprache zu erlernen, bezeugt damit schon eine gewisse Wertschätzung für dessen Volkstum und kann daher des freundlichen Entgegenkommens sicher sein. Der Weltkrieg hat die Menschheit durcheinander gewirbelt und Völker in Berührung gebracht, die sich dies nie hätten träumen lassen. Gewiß hat in diesen Zeiten niemanden, der eine zweite lebende Sprache beherrschte, die für ihre Erlernung seinerzeit aufgewandte Zeit und Mühe gereut. Wohl aber mag mancher beklagt haben, daß man ihm in seiner Jugend die Gelegenheit zum Sprachenstudium nicht gab. Wie in bezug auf alle Wissensgebiete haben wir deutschösterreichischen Lehrer hierin leider vollauf berechtigten Grund, mit unseren Bildungsanstalten unzufrieden zu sein. Niemand schätzt ja diese Anstalten tiefer ein, als ihre Absolventen es tun, die die Unzulänglichkeit der erhaltenen „wissenschaftlichen“ Ausbildung am eigenen Leibe verspüren. Für die Zeit nach dem Kriege sind bereits zahlreiche Vorschläge zu Verbesserungen in unserem Schulwesen erstattet worden. Wie schon erwähnt' soll ja auch unser Lehrerbildungswesen endlich neugestaltet werden. Ob man nun auf dem Standpunkte des Regierungsentwurfes steht, der die Bildungsanstalten beibehalten, aber umgestalten will, oder ob man die Auffassung vieler ernsten Schulmänner teilt, die dahin geht, daß die Bildungsanstalten überflüssig sind, daß vielmehr Universitätskurse den Zweck weit besser erfüllten: ohne daß man den jungen Lehrer ins Studium einer Fremdsprache eingeführt hat, wird man ihn fürder nicht mehr ins Leben hinausschicken können. B Nachbemerkung: Für Deutschösterreich ist keine Reform wichtiger als die der 33ilbunjs« anstalten für Lehrer und Lehrerinnen. Denn will man sich wirtschaftlich erraffen, so muh man die allgemeine Volksbildung heben: will man die heben, so muh man der Bildner gedenken. So nimmt *) Dem stimme ich als Einer, der im Mannesalter fremde Sprachen lernte, vollauf bei. Das Umplappern von einem Idiom zum ändern mag bei Kindern zutreffen; bei den Großen jedoch muß vorerst ein Gerüst geschaffen und das Studium durch die Apperzeption geleitet werden. P. also das hochwichtige staatliche Problem seinen Ausgang in der Lehrerschule. Obige Ausführungen sind ein wertvoller Beitrag zu der Neugestaltung. Mögen nun auch andere Mitarbeiter kommen und ihre der Zeit angcpahten Forderungen Vorbringen! D. Sch. Richtlinien zur Neugestaltung des deutschöster-reichischen Schulwesens. Die Hauptleitung des mederösterreichischen Landeslehrervereines hat in der Sitzung vom 12. Dezember 1918 nachstehende Grundsätze beschlossen: 1. Verstaatlichung des gesamten Schul- und Erziehungswesens einschließlich der Anstellung und Besoldung der Lehrerschaft. Mit dieser obersten Forderung stimmt der n.-ö. L.-L.-V. mit der immer wiedertehrendcn Tendenz von „Schule und Vaterland" überein. Solange Schule und Lehrerschaft nicht vollständig im Besitze des Staates sind, ist an ein Besser-werden nicht zu denken. Leser, welche den Punkt 1 der Forderungen des n.-ö. L.-L.-V. in Versammlungen und Gesprächen vertreten wollen, mögen die einschlägigen Artikel auf S. 3641, 3870, 3955 , 4089, 4187 , 4201 unserer Zeitschrift heranziehen. 2. Volle achtjährige Schulpflicht. Es ist zu begrüßen, daß der n.-ö. L.-L.-V. sich bei diesem Postulat ohne Einschränkungen und Zugeständnisse glatt ausgesprochen hat. Daran wird festzuhalten sein? Alle Erleichterungen und Kombinationen, die auf nichts als die Verkürzung und damit auf den Rückschritt abzielen, sind sofort zu streichen! Dazu braucht es nicht erst ein neues Gesetz: eine Verordnung tut es auch. Deutsch- österreich wird nur durch intellektuelle Grundlegung der Arbeit, ob sie nun auf dem Acker, im Walde oder in der Fabrik besorgt wird, bestehen können. Nimmt man uns das Instrument des Geistes, so nimmt man uns alles. 3. Oberste Leitung durch ein Staatsamt für Volkscrziehung. Versachlichung der Schulverwaltung. Ernennung der Schulaufsichtsorgane auf Vorschlag der Lehrerräte. Schaffung einer Abteilung für Pädagogik und Schulpolitik an dem Staatsamt. a) Staatsamt für Vo lks er Ziehung. Endlich einmal ein umfassender Titel! Wenn ihm entsprochen wird, dann sind wir auf der Linie Pestalozzis. Es ist ganz merkwürdig, wie Titel im geheimen auf die Gestaltung der Sache wirken: sie sind das Gesicht, nach dem sich das Wesen allmählich einstellt. Bei uns war es in der Tat so. daß das Ministerium für „Unterricht" eben nur das mar, was es vorgab ein Amt zur Aufsicht über den Unterricht, aber sonst nichts. Wer zuerst das A-b-c abgehaspelt, zuerst das 1X1 und soundsoviel Gedichte und Lieder eingepaukt, Regeln imprägniert. Einteilungen ins Gehirn geschlagen, Namen und Zahlen verankert hatte, der war ein Meister: ob dabei die Jugend im Denken zerbrach, ob das Interesse erstickte, ob im Kinde der Mensch gedieh oder nicht — das lag außer dem Bereiche des Zensus, das war eben nicht mit schulmeisterlicher Elle zu messen. Was nützten bei solch einer Grundtendenz, die sich schon im obersten Titel kundgab, alle schönen Erlässe, was nützte der § 1, den die Wenigsten in seiner Tiefe erkannten, was nützten die Konferenzen und Sentenzen — man betrieb geistige Mastkur und nannte das „Unterricht"! Ein Zweites, was der Titel als Neuerung bringt, ist die Weitung des Einflusses der Schule über das Gebiet der Jugenderziehung hinaus: das Volk soll erzogen und gebildet werden. Damit greifen wir ins Volle und treten aus der Schule ins Leben. Unsere Zeitschrift hat hiefür sehr oft das Wort genommen, ja in ihrem ersten Teile „Schule und Vaterland" bereits den Anfang mit der praktischen Durchführung des Gedankens gemacht. b) Versachlichung der Schulverwaltung. Es war in der Tat gar zu possierlich, in unserem Ministerium für Kultus und Unterricht weder auf der einen noch auf der anderen Seite auch nur annähernd in gleichem Verhältnisse äu den Verwaltungsdeamten Fachvertreter anzutreffen. Als ich vor Jahren einem mir wohlgesinnten höheren Funktionär, der in freien Stunden ein offenes Wort vertrug, das diesbezügliche Streben der Lehrerschaft nach Selbstregierung bekannt gab, meinte er: ,,Jm Grunde haben sie ja recht, aber nur unter der Voraussetzung, daß das Unterrichtsministerium für den .Unterricht' da ist. Vorläufig er scheint es bloß als Verwaltungsbehörde: ergo gehören in dasselbe Verwaltungs beamte." Als ich hernach die Frage stellte, wer nach dieser Umgrenzung dann die Methode zu regeln, Neuerungen zu erproben und in die Wege zu leiten, die Lehr Planreformen anzuregen und anderes den Schulbetrieb und die Erziehung Betreffende zu hüten habe, meinte er. das sei Sache der Inspektoren. Selbstverständlich gab ich mich auch mit dieser Erklärung nicht zufrieden. Schluss der Debatte: ,,Es hat sich bisher bewährt quieta non movere!" Ich habe den Fall keineswegs hervorgeholt, um nach Art der Gunsthascher an der Vergangenheit Kritik zu üben, sondern mit der Absicht, beide Seiten: Versachlichung und Verwaltung, ins Licht zu rücken. Ohne tüchtige Verwaltungsbeamte werden wir auch in Zukunft nicht auskommen können, denn die absolute Schuldemokratie würde zum Chaos führen; aber ein vernünftiges Gleichmaß muss gefunden werden. Der n.-ö. L.-L.-V. gibt int Schlußsätze „Schaffung einer Ab keilung für Pädagogik und Schulpolitik am Staatsamt" diesbezüglich die Richtlinie. e) Ernennung der Schulaufsichtsorgane auf Vorschlag der Lehrerräte. Über diesen Punkt war mit den Offiziösen überhaupt nicht zu reden. Sie wallten auf: „Ha, da würden die ärgsten Schreier, die in der Regel bie schlechtesten Pädagogen sind, an die Spitze kommen!" Das mag für die Zeit, in der die Eiferer der Grimm erfasste, ^gestimmt haben: in Hinkunft jedoch ist die Kandidatur der Terroristen nicht zu fürchten. Sobald nämlich die Schule ver staatlicht ist und der Lehrer mit dem Eros der Staatsbeamten marschiert, wird er sich ganz seiner Aufgabe, der Volksbildung, zuwenden und darum nicht die Lauten wählen, sondern die, die in der Stille Großes verrichten und des Standes Leuchten sind. Die Lehrerschaft hat ein gar gutes Empfinden für die Tüchtigkeit der Fachgenossen. Eines ist sicher: Wenn die Lehrerräte die Inspektoren vorschlagen, so werden weit weniger Mittelmäßigkeiten ans Ruder kommen, als wenn politischer Handel die Auswahl trifft. (Stiitd fortgesetzt.) Kritische Stimmen aus dem Leserkreise. I. Du bist ja nur ein Lehrer! Die allgemeine Stimmung macht nunmehr ihre Wende; ein frischer Zug streicht über die Trümmer und weckt neues Schaffen . . . Man kann sich ihr ohne Rücksicht auf die Umgebung und ohne Scheu, hausend in der stillen Klause, widmen . . . Ein Flug durch das Frageblatt und man bleibt an einem I’unkte haften, sinnt, prüft, ordnet seine Gedankenreihe und ... in der Linzer ,,Tages-Post“ steht gedruckt: „A u s h i 1 f s 1 e h r e r e 1 e n d. Eine Aushilfslehrerin schreibt uns: Wie soll eine Aushilfslehrerin leben, die verwaist und vermögenslos ist und mit einer Monatsrenumc-ration von K 99 ihr Auskommen finden muß? Sie zahlt für den Mittagstisch im Gasthaus monatlich K 76, der Wäscherin durchschnittlich K 15. K 8 bleiben für die anderen Mahlzeiten, für alle Markenartikel (Brot und Mehl und alles übrige K 7.20). Die Besorgung von Wäsche und Kleidung ist eine Unmöglichkeit, die Beschaffung voh Schuhen (ein Paar K 160), ein illusorischer Begriff. Nicht einmal an eine Schuhreparatur fein Dcppler K 27) ist bei diesem Einkommen zu denken. Bei jedem Dienst Wechsel wird die Renumeration vorläufig eingestellt. Man ist im fremden Orte nur auf die Güte seiner Mitmenschen angewiesen, bis man oft erst nach zwei Monaten die neue Zahlungsanweisung erhält, ln welchem Ansehen stehen aber Lehrerinnen bei Eltern und Kindern, wenn sie gezwungen sind, Schulden zu machen und wie lange wird ihnen "wohl Kredit gewährt? Das traurigste Los ist das der Aushilfslehrer. Es wäre endlich Zeit, daß ihnen, deren Beruf so viel Kraft, Mühe und Geduld erfordert, ihr sorgen- volles Dasein erleichtert würde. — Wir können diese Schilderung nur bestätigen. Möge sich bald eine Landes Versammlung finden, die solche Notschreie nicht überhört.“ Die „Blätter“ wollen „in solchen Zeitläuften die Geister rufen“? „Jeder, auch der Jüngste unserer Amtsgenossen, ist willkommen!“ Ich bitte Sie, Herr Bürgermeister der Blättergemeinde, werden Sie doch solch ideale Jünglinge und Jungfrauen finden ? Sie stellen den Antrag, den 75% Landschulen möge auf die Beine geholfen werden und stellen diesen zur Wechselrede. Ich stelle den Antrag, dem 100% hungernden Lehrstande möge in erster Linie durchgreifend geholfen werden, und zwar sofort. Was nützt mir der herrlichste Unterricht, aüfgebaut auf Können und Wissen, sorgfältig zergliedert, gestuft und gefestigt? Meine Schüler erwachsen, entwachsen der Schule, rauchen und trinken, wählen und werden gewählt, und dann ? Sie verwenden das Wissen, das Können, das ich ihnen verschafft, gegen mich, gegen den Lehrstand. Sie können reden und reden nun gegen mein Wohl;-sie können schreiben und schreiben nun gegen mein Wohl; sie können gut rechnen und rechnen mir nun Schundlöhne vor. Bäume aus meiner Baumschule, gezogen mit Liebe, gehegt und gepflegt, mußte ich ihnen vom Schulgarten liefern. Für mich tragen sie keine Früchte; an Fremde werden sie verkauft. Milch, Eier, Fett liefert mein Volk viel lieber dem Schleichhändler, Beamten und Kaufmanne. Der Erste kann gut zahlen, der Zweite kann ihm da und dort nützen, der Dritte liefert ihm Ware ohne Bezugsschein. Und was gibt das Volk dem Lehrstunde? Es schickt ihm die Kinder, damit er sie lehre das Lesen, Schreiben und Rechnen. Ideal soll der Lehrstand auch weiterhin bleiben, des Volkes Kinder zu noch erfolgreicherem Kampfe rüsten? Noch besser sollen sie gegen den Lehrstand reden, schreiben und noch schundigerc Hungerlöhne ihm ausrechnen lernen ? Seine ehemaligen Schüler sammeln sich im politischen Leben zu Parteien, wählen für diese oder jene Partei. Dann stimmte diese Stimme des Volkes im Landtag, im Reichsrat gegen das Wohl des Lehrstandes. „Das Reich bricht finanziell zusammen, wenn wir die Lehrer den Staatsbeamten gleichstellen“, las man in den Zeitungsberichten. Haben diese, die der Lehrstand zum Kampfe gerüstet, diese Stimmen des Volkes, einmal gegen ein Beamtengehaltsgesetz sich absolut ablehnend verhalten? Ja, das sind Beamte und du bist nur der Lehrer! Mein Volk will, was ich verdiene, ganz einfach nicht zahlen! 75°/o Landschulen, und frage sie, wie sie sich heute zur Lehrergehaltsregulierung stellen? Frage dies Volk, diese 75%! Trostreiche Antwort wird dir nicht! Und der Lehrstand soll wieder sinnen, prüfen, ordnen; soll Sonntagsschule, Abendkurse, Fortbildungsschule, Fachschule errichten und halten; soll wieder „sein Volk“ zum Kampfe rüsten, ihm Waffen schmieden und schärfen, damit es noch tiefere Wunden ihm schlage. Soll der Lehrstand wieder die Sünden anderer büßen? Er nur allein? Wirtschaftet das Land oder der Staat ab, der Lehrstand muß dies büßen! Beamte; Doktoren und Priester konnten der Volksschule nicht entbehren. Der Lehrer der Volksschule legte den Grund zum Besuche der Mittel- und Hochschule. Und ihr Dank ist? Gering schätzen sie dich. Für sie bist du nur ein Lehrer; du gehörst nur zum Lehrstande. Höhere Gewalt gab ihnen Gewalt über dich. Höhere Gewalt kann dir den Bauer, den Beamten, den Priester, den Handwerker als Vorgesetzten bestellen. Vogelfrei ist dein Stand. Du, Lehrstand, darfst dir den Bezirks-, Landesschulinspcktor nicht selbst bestimmen, nicht selbst wählen. Du bist nur der Lehrer. Deine Qualifikation darfst du nicht wissen, sie ist strenges Amtsgeheimnis. Der Beamte, der Schreiber und Diener der Bezirksbehörde, der Bauer und der Hand- werker im Bezirksschulrat, der Wirt, der Pfarrer und der Krämer im Ortsschulrat, sie alle können die Qualifikation lesen. Für sie alle ist sie kein Amtsgeheimnis. Du bist nur der Lehrer; was geht dich deine Qualifikation an? Sinne, hausend in der stillen Klause, über „Neue Fragen“! Jeder ist Herr über dich; du bist nur der Lehrer. Jedes Pfarramt führt über die Lehrkräfte der einzelnen Schulen eine eigene Liste. Darin findest du, wenn der Zufall dir gefällig war, wie oft du zur Beichte gehst, was du im Wirtshaus sprichst, welche Zeitung du hältst, welcher Partei du angehörst, ob du in häuslichem Frieden lebst, ob du die Mitglieder des Ortsschulrates auch demütig grüßest und so Interessantes noch mehr. Dies entscheidet dann über dein Vorwärts. Alle Stände entscheiden über dein Wohl, nur du mußt schweigen, dich demütigen. Bist ja nur der Lehrer, das notwendige Übel. Die Geringschätzung lassen sic dich stündlich, täglich fühlen in Wort und Schrift, auf der Straße, in der Gemeindestube, im Wirtshause — trotz „Takt und Schliff des Lehrers“ —, in der Kanzlei, im Landtag, im Reichsrat, in der Besoldung. Überall, überall bist du nur “c r Lehrer, gehörst du nur zum Lehrstand. Während des Krieges ist man oft zu dir gekommen, da man dich brauchte. Man Mißbrauchte dich zu patriotischen Reden und Gesten, zum Vertriebe der Abzeichen, zum Hammeln von Hadern, Gold, Papier, Schwammerln, Geld, Brennesseln, Kriegsanleihen, Wolle, Knochen, Wäsche, Eingesottenem, zur gewaltsamen Erweckung der patriotisch- dynastischen Gefühle und dergleichen Kleinigkeiten. Dann wurdest du zu den verschiedensten Kommissionen vergewaltigt. Und die Belohnung? Vor mir liegt' der Erlaß. '•Aus den eingelangten Berichten der Schulleitungen entnehme ich, daß anläßlich der ungeordneten .... Sammlung Nachmittage frei gegeben wurden. Dies ist unstatthaft. - • • Zudem ist der Erfolg dieser Sammlung als sehr gering zu bezeichnen . . .“ Ja, lieber Lehrstand, deine Arbeit war noch zu wenig! Der Beamte diktierte, du gehorchtest. Oer blutjunge Konzipist tadelte noch deine Arbeit. Er bekam dafür eine Auszeichnung, hohe Teuerungs- und Anschaffungsbeiträge, Steuerfreiheit. Und du? Tadel, Hungerkrankheit und Steuererhöhung. Du bist ja nur der Lehrer. Der Beamte erhielt neüe Schuhe für die Kanzleiarbeit und du für die vielen Gänge von Haus zu Haus Fußtritte mit diesen neuen Schuhen. Gewiß ist es dringend notwendig, die 75«,° Landschulen zu heben. Aber noch bringender ist die materielle Besserstellung der Lehrer. Die Not pocht nicht mehr an die Türen der Lehrerstuben, sie hat schon Einzug gehalten, sie wütet in den Lehrerfamilien Hilft dir wirklich jemand, hilft dir wirklich „dein Volk“? Nichts 'uhrt sich! Nur abgenagte Knochen wirft man dir hin. Im oberösterreichischen Landtag ZLl Linz konntest du im Jänner 1919 von einem Manne deines deutschen Volkes hören: -•Wenn die gegnerischen Parteien dem Budget die Zustimmung verweigern, können -Wir* den Lehrern die Teuerungsbeiträge nicht mehr auszahlen.“ So dankt dir heute n°ch das Volk, das du gebildet, deine Arbeit. So wird dir das Volk, diese 75%, auch fernerhin deine Arbeit vergelten! Für sie alle sind wir nur Lehrer! Nun gut so! Auf zur Abwehr! Wie der kohn, so die Arbeit! Das sei unsere nunmehrige Losung! Wenn „Schule und Vaterland", die „Blätter“ es mit der Hebung der Volks- bildung wirklich ernst nehmen, so sollen sie in erster Linie das Wohl des Lehrstandes Mit allen Mitteln betreiben. Der Lehrstand ist ja doch von allen, die einstens *ür die habsburgische Dynastie, für das „Österreich wird ewig stehn“, für eigenes Mofratwerden oder Ministersein so geschwärmt haben, so nichtswürdig ausgesogen Worden, daß man sich doch endlich einmal auch seiner materiellen Besserstellung Widmen soll. Aus den körperlich siechen Lehrern auch in der neuen Zeit wieder Schinden zu wollen, ist eines edlen Menschen sehr unwürdig. Gebt dem Lehrstand die Kraft zu neuem Schaffen und dann wird er auch schaffen; auch der Einsame draußen im Dorfe, hausend in der stillen Klause! Vorwärts! T. J. Briefkalten. Der IaHresschlust bringt jedesmalig Zuschriften mancherlei Art ins Haus, freundlich« und uufreundliche, höfliche und unhöfliche. Es ist eine Art Bilanz, die die Leser mit ihrem Schrift *°*ter machen. Darf sie auch umgekehrt ins Werl gefetzt werden? Wenn man nach der Gunst 0°n Abnehmern geizen must, keinesfalls. Wohl mit, dast ich nicht zu denen gehöre, die vom "Geschäft" leben! Also kann ich, darf ich die Gegenrechnung aufzeigen. — Ein „alter" Leser beklagt Üch über den zu politischen Zug des ersten Teiles der Zeitschrift. „Als die .Blätter' noch allein Misflogcn und nur Poesie des Schullebens brachten, war es halt besser, schöner!" so seufzt er und ... kündigt. Diesem Kunden oder vielmehr „Kundiger" will ich vor allem das Konto präsentieren: Lieber Amtsgenost! Auch ich würde lieber iit dem 'Blättermilieu der Vorkriegszeit schwelgen. •kMch da ich um mich alles anders sehe, als es damals war, da wir um unser 'Heim den -kkosenstranch ranken liesten, so rüttle ich mich aus dem seligen Traum und lebe der realen Gegenwart. Könnten Sie es gutheißen, ixrs eine Zeitschrift, die es »ich zur Aufgabe gestellt hat, die Bcrufsintercssen in die gegebenen Verhältnisse cinzuordnen, über das Geschehe» des Augenblicks hinüberschlitte und die Leser mit einer Atmosphäre anfächelte, die aus einer anderen Welt weht? Lassen Sie uns nur einmal über die harte Zeit hinwegkommen mit dem harten Zoit und Sinn und es soll, wenn Frühlingslüfte durch die Schulstube streichen, auch wieder die Poesie einkehren, an der Sie sich vormals labten! Jetzt aber heißt es ringen, um aus dem Rauschen des Überganges das herauszugreifen, was dem. Stande und der Schule frommt, t Prof. E. R. Einen Posten aufzugeben, da alles nach Arbeit jagt, da Hunderte stellenlos umherirren, wäre leichtfertig. Jeder bleibe im gesicherten Nest! Lehrer K. Z. Ihre Verehrung für den Waldviertel-Dichter ist rührend. Auch mich ergriff es, als ich vo.n einer Höh' hinabsab gegen de» Tann, durch den der Gottbegnadete gewandelt ist. — Lehrer G. P. in R. 1. Ist wieder einmal alles in alter Mode, dann kommen wir mit Methode. 2. Aus dem Chaos alte Einzelnummern zu Haschen, erscheint ausgeschlossen. 3. Christbaumartikel, Schülerarbeiten . . • für die ernste Zeit zu kleinlich. Greifen Sie höher, greifen Sie tiefer! «Volkswirtschaft, Standcs-torderungen, stäatsfördernde Gedanken: das »nutz heran zum Bau des Vaterlandes! Lehrer V. L. in L. Der brieflichen Beantwortung sende ich die Mahnung nach: Ganz modern dürfen Sie noch nicht sein: es prüft noch ein Großteil der alten Garde. Wir schweben von einem zum ander». Also mit den Füßen auf dem Boden der Vorkriegszeit, mit den Händen hinein- gegriffen ins neue Weben! Wenn Sie sich an die „Ratschläge für die Bürgerschullehrerprüfung" unserer Zeitschrift halten, werden Sie nach jeder Richtung so tief schürfen, daß Ihnen weder der eilte noch der andere was anhaben kann. Für die Neujahrswünsche nach allen Seiten hin besten Dank und Gegengruß! Obrl. R. K. in T. lBayern». Bei uns läßt man noch immer nur die Mamelucken emporkvmmen: die Jungmannschaft soll schweigen. A. T. in G. Vor- läufig können Ihre wohlgemeinten Ratschläge auf Verbesserung der Lesebücher und Lehrpläne nicht verwirklicht werden: noch wellt der alte Einfluß das Neue hinweg. Erziehungsrat Hugo Heller, einer aus den Reihen bildungsbeflissener Lehrer, wurde an der Universität in Prag zum Dr. ptiil. promoviert. Dr. Heller ist der Organisator der Jugendfürsorge in Deutsch .höhmen, einer der -kraftvollsten Vertreter unseres Standes. Aufklärungsschriften über das bedrohte Deutschtum sind durch die Vermittlung des Schriftleiters kostenlos erhältlich. Vorläufig lind erschienen: Nt. 1. Dr. Richard Pfaundler: Die Ansprüche Italiens auf Deutschsüdtirol. Nr. 2. Dr. Richard Pfaundler: Die Staatsgrenze Deutschösterreichs auf dein Gebiete Steicrmarks. Nr.3. Dr. Richard Pfaundler: Die Staatsgrenze Deutschösterreichs auf Kärntner Gebiet. Nr. 4. Prof. Dr. Rudolf Laun: Die tschecho-slowakischen Ansprüche auf deutsches Land. Nr. 5. Dr. Emanuel Schwab: Die Jglauer Sprachinsel soll deutsch bleiben! Prof. I. R. in R. Mitarbeiter er- halten die Zeitschrift trotz der Bedrängnis kostenlos. Die neue Verwaltung ist zu eifrig und saßt auch die, die frei passieren. — E. B. Wie ich mir mein Leben zu gestalten denke? Ringen, so lange es geht, für Schule und Stank und das arme, arme Vaterland! Und wen» ich zusammenbreche, mit dem Selbsttrost scheiden, ein Steinchen zum Aufbau herbeigetragen zu haben. Obrl. I. K. in E. Es zeugt von großer Kurzsichtigkeit und niedriger Gesinnung, wenn in Tagen, da es gilt, mit vereinter Kraft dem Stande Vorteile zu sichern, die Sache gefährdet wird, weil man der Person das Bißchen Auswirkung nicht gönnt. Das deutsche Volk hat durch unselige Zerklüftung und persönliche Eifersüchtelei so unendlich zu leiden — solle» diese, unseren Stand beherrschenden bösen Eigenschaften noch weiter wuchern und uns zerfleische»?! ~ Ein Teil der Handschriften blieb im Jugoslawischen Staate^ Er kann erst zurückgestellt werden, bis einmal der Postoerkehr wieder geregelt ist. — Prof. Dr. M. F. in L. „Ein dein Zuge der Zeit angepaßtes Auflatzbuch mit tiefer schürfender Belehrung über das Wesen und die Arten des bildlichen Ausdruckes" besitzen wir nicht. Zu seiner Verfassung gehört ein gut Stück Sprachkönnen und ein tüchtiges psvchologisches Wissen und noch vieles, vieles andere, das »ich so selten vereint findet. Trunk teilt mit, daß er ein einschlägiges Werk unter der Feder .habe. Ei» Brentano-Heft, das ob seines gediegenen Inhaltes von allen aufstrebenden Geister» gelesen werden soll, ist kürzlich durch die Monatshefte für Päd. Reform (Schriftleiter: Dr. E. Burger ausgegebcn worden. Zu unseren diesmaligen Beilagen. 1. Die Karte „Tirol" ist zur Verbreitung ins Ausland bestimmt, falls diese nicht möglich ist. für den Unterricht. 2. Die leere Postkarte soll Urteile für die Wechselrede und über die Führung der Zeitschrift bringen. (Eheste Zusendung erbeten.) 3. Die Flugschriften mögen als Stoffauellen dienen. Sie wollen nicht mehr und nicht weniger sein. Wer sie gelesen hat und der Verbreitung als würdig erachtet, lasse sie wandern von Hand zu Hand: wem sie nicht behagen, heize mit ihnen den Dfen. 2n jedem Falle kommen sie also gelegen. — Unser Mitarbeiter Prof. Felbinger wurde Juni Vezirksschulinspektor für die Bezirke Neudeck und Graslitz ernannt. Ein gutes Zeichen des neuen Kurses, datz ein so gewiegter, Methodiker zur Führung des Schuldetriebes bestellt ist. Wien. Meine Papierkorbbereicherung hat Sie 20 Heller gekostet. Verschwendung! — Schulleiter H. E. in H. Uber, lieber Freund, wie können Sie, der Volkspsychologe, so sprechen! 3» 5hm Idylle mag ja der Strom der Zeit nicht sonderlich fühlbar sein: aber an uns, die n»r mitten im Leben stehen, rauscht er mächtig vorüber. Sie haben das alte Österreich nie geliebt? Sagen Sie doch das nicht! Wir alle hatten cs ins Herz geschlossen — freilich nicht mit seiner schwächlichen Politik und nicht mit der ungeschickten Verwaltung. Aber, forschen Sie nach: Waren Sic nicht erschüttert, als das alte Donaureich zerfiel? Und was mit ihm dem Deutschtum verloren ging, wird erst die Zukunft lehren. Hält' es einen Bismarck in Wien gegeben, wir wären gut deutsch geblieben und dabei st a r k österreichisch geworden. — H. S. N. Was nennen Sie Schwenkung? Weil ich nun nicht mehr zum alten, sonder» zum neuen Regiment stehe? Das ist selbstverständlich! Wenn Ihr Direktor wechselt, so mache» Sie es auch nicht anders: Sie dienen doch nicht ihm, sondern der Schule, der Direktion! Merkwürdige Logik. den Begriff mit dem Konkretum verwechselt! — „Blätterfrennd": Geduld, Geduld, mein Lieber! Sobald wir politisch das erreicht haben, was zurzeit erreichbar ist, sollen Sie die „Blätter" in Gehalt und Form haben wie vordem! Auch die Buben und die Mädels kommen wieder auf das Titelblatt. Jugoslawien hat sie derweilen interniert. — Dr. R. L. i» I. Aein, persönliche Parteipolitik will ich mit der Zeitschrift nicht betreiben! Was ich tun kann, ist das (Eintreten für Standesinteresse» und für die Ruhe im Staat. Alles andere würde uns oorgjften. — Herr Direktor H. Huemer in Eggenburg, R.-Ö., lätzt gelegentlich seines Scheidens aus dem ausübenden Lehrdienste den Mitgliedern unserer Arbeitsgemeinde, und zwar vor allem denen seiner näheren Umgebung, für all die ihm entgegengebrachte Freundschaft vielmals danken. Die nächste Folge bringt einen pädagogischen Reisebericht unseres verehrten Mitarbeiters. Lehrer I. T. in H. Nicht, weil mein Donnerwetter den Bonzen bekehrte, freut mich der Erfolg, wndern im Hinblick auf Ihr Wirken, das nun wieder im Sonnenschein rüstigen Schaffens gedeihen kann. — Falsche Nummerierung der Seitenzahl. F. 180 begann statt mit Seitenzahl 4217 mit U53; die g. Leser werden eingeladen, die Richtigstellung in der Weise zu besorgen, dasj die Folge mit 4248 schlicht. — Ei» Spatzvogel meint in einer Zuschrift an die Verwaltung, wegen der 6 K Rückstand, der erbeten wurde, zahle es sich nicht aus, an ihn „Euer Hochwohlgeborcn!" zu schreiben. Der Mann mitzt die Grütze der Schuld nach dem Grade der Höflichkeit. Auch ein ®tntzsta6! — Um den Anlab gleich auszunützen, stelle ich neuerdings den Antrag: Erlassen wir einander die unnötigen Formen! Es braucht in der Anschrift gerade blotz der Geschlechtsunterfchicd 3Uin Ausdruck zu kommen, sonst nichts. Einverstanden? — „Alte Freundschaft". Wie, die Jungmannschaft, die im Schützengraben stand, schwenkt ab, will zur Rotte der Schreier? Das drückte den Stand ins Niveau der Strotze. Ach Gott, im Feld ward manches besprochen und be schlossen; nun sieht es im Hinterland so ganz anders aus! Gegen wen sollen wir wettern, wenn die gefallen sind, denen Kritik und Groll galt?! Mutz um jeden Preis rebelliert werden?! — „Welcher Partei gehören Sie an?" Die Frage wurde in letzter Zeit gar oft an mich gerichtet. Was sollte ich antworten? Wenn man's recht nimmt, will voch eigentlich jede Bartei dasselbe; nur die Fähnchen haben verschiedene Farben. Damit sich die eine Gilde von der anderen unterscheide, fahndet man nach Schattierungen, nach Besonderheiten. Vergleicht man iedoch die einzelnen Aufrufe, so sind 90°/° des Inhaltes gemeinsam; der schiebt den Schwerpunkt hierhin, jener dorthin. Im Grunde wollen alle treuen Deutschösterreicher, und zu ihnen Sehöre auch ich, folgendes: den Aufbau des Vaterlandes durch Arbeit, freie Gesinnung und Ueie Entfaltung. Wir ahnen es ja heute noch nicht, wie sich das neue politische Lebe» formen wird. Mit neuen Menschen ziehen neue Ideen ins Volkshaus ein: es werden allmählich Ee dankenkomplere hervortreten, die uns bisher noch fremd waren. Hauptsache bleibt also, datz die Gewählten Denker sind. Alles andere wird sich geben. — Die vorliegende Wahlfolge erscheint her Tagesereignisse wegen als Doppelheft im Umfange von 48 Seiten. Die Wechselrede. Zur 1. Frage: Soll bic Schulpflicht der Kinder in der Landschule mit dem 6. over mit dem 7. Lebensjahre beginnen? 1. Urteil: Einsender: H. Kenner, Lehrer in Tautendorj-Ciars (N.-Ü.): Ob die Schulpflicht mit dein 6. oder mit dem 7. Lebensjahre beginnen soll, hängt in erster Linie mit dem Schul jahrsbeginn zusammen. Das sechsjährige Kind verlangt den Frühlingsschulanfang, da es bis zum beschwerlichen Winterschulweg den Schulgang bereits gewöhnt ist. Dies kommt natürlich nur für jenen großen Teil der Landschulen in Betracht, deren Kinder stundenweit übers Feld zur Schule haben. — Für den Beginn der Schulpflicht mit dem 7. Lebensjahre sprechen mehrere entscheidende Gründe. Die geistige Reife und das Fassungsvermögen wären da vor allem zu nennen. Der weite Schulweg würde auch beim Herbstbeginn nicht so sehr ins Gewicht fallen und es könnte dadurch in dieser Hinsicht mehr Einheit erzielt werden. Die lästigen Sommerbefreiungen müßten aufhören. Dabei darf nicht der unbedingte Billigkeitssinn des Bauers für seine Arbeitskräfte außeracht gelassen werden. Ich spreche für sieben, besonders dann, wenn die Möglichkeit der nötigen Beaufsichtigung bis zu dieser Zeit vorhanden ist. Zur 5. Frage: Welche Stoffe haben in den neuen Lesebüchern für d e u t s ch ö il e r-r e i ch i f ch e Landschulen P l a lz zu finden? 1. Urteil: Einsender: General d. /. Albin Frh. v. Tetiffenbach, Graz: Die Lesebücher müßten nach amerikanischem Muster verfaßt werden. In Amerika werden die Kinder durch die Schule zur Selbstsorge angeleitet. Da braucht es keine Warnungstafeln und Posten an allen Ecken und Enden, weil sich jeder, auch der Mann aus dem Volke, durch eigenen Witz zurechtfindet. — Wichtig sind weiter Winke und Lehren über Körperpflege, Schonung der Gesundheit, Benehmen, planvolles Vorgehen bei Unfällen, bei Aufläufen. Kurz: das Leben, wie es ist, muß hinein in die Lesebücher, damit es die Jugend rechtzeitig kennen lerne! 2. Urteil: Aus der Unterredung mit einem hochstehenden Schulmanne: Hoffentlich schafft man nicht wieder Lesebücher, die ^auf Wien passen und dann wie eine Zwangsjacke den übrigen Schulen, auch den entlegensten, über die Ohren gezogen werden. Dies war unser alter Fehler. Man schrieb e i n Lesebuch, gab es in mehrfacher Gruppierung heraus und versorgte mit ihm alle Schulen, ob sie nun in der Stadt lagen oder in dem Dorfe draußen. Das konnte unmöglich klappen. Stadt und Land haben doch wesentlich andere Bedürfnisse und Einschläge. Danach ist ein Lesebuch für Wien, eines für Stadtschulen und eines für Landschulen mit völlig anderem Stoff und anderer Gruppierung zu schaffen. Drei Kommissionen unter einer gemeinsamen Oberleitung: anders ist die Sache zeitgemäß nicht zu machen. Die in Verhandlung stehenden Fragen lauten: a) Neue Fragen: 1. Soll die Schulpflicht der Kinder i» der Landschule mit b c m 6. oder mit d e m 7. Lebensjahre beginnen? 2. Was muh in die L a n d s ch u l - Lehrpläne hinein, was aus ihnen heraus? 3. Arbeitsschule der Vorkriegszeit als Schule überhaupt oder Lernschule in Verbindung mit der Wirtschastsschule? 4. Fortbildungsschule der aus der Volksschulpflicht Entlassenen mit zwei ?! ach Mittagen in der Woche ä 3 Stunden durch 2 Iahre oder Sonntagsschule mit dem gleichen Stunden aus m ah durch 3 2ahre? 5. Welche Stoffe habe» in den neuen Lesebücher» für deutschösterreichisch« Landschulen Platz zu finden? konkrete Vorschläge, bim. Einsendung von Scfcftüdcn.) 6. Durchgehende gemischte »lassen oder Spaltung in den oberen Schuljahren bei drei- und in e h r k l a l s i g e » Schulen nach »naben und Mädchen ""terEinführungdesHalbtagsunterrichtesmitvermehrter Stunde n.z a h l? b) Alte, noch nicht z» Ende geführte Fragen: 7. Prügelstrafe unter keiner Bedingung oder Prügelstrafe unter Vor behalt? 8. Sonderschule» für Schwachbegabte, Schwachsinnige und Disziplinlose »der nicht? 9. Der Ortsschulrat oder a n seiner sl a t t bloß ein Wirtschaftsdeirat für die ® 4) ulen des Landes? 10. Schiilerfeiern oder nicht? 11. Schulbeginn im Herbst oder im Frühling? 12. Schulsparlassen oder Schulau leitnng zum Sparen? c) Bolkspädagogische und wirtschaftliche Fragen. 13. Nach welcher Richtung hin hat die Volksaustlärung derzeit vor allem 511 wirken? 14. Welche Einnahmequellen in der Umgebung des Schnlortes liegen brach? 15. W i e könnte die bestehende Produktion der verschiedenen Erwerbs-iweige gehoben werden? 2lus den Lehreralbum. 3. ,,2» der Formlosigkeit zeigt sich die echte Demokratie!" Mit dieser These will D. durch die Welt wandern. Er kennt kein Herkommen mehr in Sitte und Gewandung, in Umgang und Rücksicht. Steckt wirklich in der Pose die 2dee und in der zügellosen Naturwüchsigkeit das wahre Wesen der Sache? 4. „Gottlob, die Zeit der »ratzfütze ist vorüber: man kann aufrecht gehen, ohne Schaden iu nehmen!" So spricht E., der Genosse D.s. und strafft die Beine und reckt den Nacken. Gerade ist der Sinn, gerade das Handeln, gerade Figur und Form, aber regellos Und he alle nicht Traun, E. hat als Gebildeter das Rechte getroffen. Kleine Mitteilungen. Worte Wilhelm Wundts zur Einheitsschule. „Statt daß Begabung und Fleiß die Anwartschaft zur Bildung, die zureichende Bildung die Befähigung zum Beruf verleiht. >md der Beruf endlich mit dem zu seiner Ausübung erforderlichen Besitz ausgestattet wird, vermittelt der Besitz den Zugang zur Bildung und diese den zu Beruf und Einfluß. Es sind nur zwei Mittel denkbar, die in diesem Fall einer solchen Umkehrung des natürlichen Verhältnisses Vorbeugen könnten. Das eine besteht in der Unentgeltlichkeit aller Schulgattungen von der Volksschule bis zur Universität; das andere in der größeren Strenge der Anforderungen, die an den Übergang von einer niederen zu einer höheren Stufe des höheren Lehrganges gestellt werden. Im Interesse sowohl der Einheitlichkeit der Volksbildung, wie im Hinblick auf die tatsächlich erst auf den höheren Stufen eintretende Differenzierung der Berufsbedürfnisse würde zu diesem System noch gehören, daß alle höheren Stufen auf der allgemeinen Volksschule sich aufbauten, von der aus je nach Maß und Richtung der Begabung der Übergang in die höhereh Schulen erfolgen würde." Achtung! Was von außen an Störungen in die Schule getragen wird, ist hemmend für Erziehung und Unterricht. Der Krieg hat die Schule erschüttert, der Lehrer war nicht mehr Lehrer und der Schüler ist — Gelegenheitsarbeiter. Das Leben von draußen muß in die Schule. Was in dem Lehrplan Gegenwartswert hat, ist Pflichtstoff; über dem Zeitgemäßen darf aber das Notwendige nicht vergessen werden! Verzichte auf alles Minderwertige und schreite in der Hauptsache vor! Reiniger in der „Volksschule“. Lud w. Richters Zeichnungen. Comenius-Bücherei. 1. Verlag Grethlein, Leipzig. Hrsg. von Franke. — Eine reich ausgestattete Einleitung zieht zahlreiche Stellen aus Richters Tagebuch-zur Verdeutlichung heran und bringt uns den Maler als Menschen näher. Die Comenius-Bücherei erwarb sich ein Verdienst, diesen innerlichtiefen, deutschen Maler dem Volke vertraut zu machen. Gerade in unseren Tagen wird die wunde Seele an diesem abgeklärten Meister Gesundung suchen und finden. v Für Geist und Gemüt der Elementaristen. Emil Zeißig. Verlag Klinkhardt, Leipzig. M. 4.—. — Ein Meister hat das Buch geschrieben, der die Seele des Kindes belauscht hat und sie nun versteht. Nicht ein weichliches Kindischwerden, sondern das Begreifen des Kindes atmet aus dem Buche, das vornehmlich Anfängern großen Nutzen bringen wird. Die seelische Entwicklung des Kindes von der Geburt bis zum 6. Lebensjahre. F. Schindler. Verlag Gollmann, Troppau. — Eine kurze, aber ebenso verständliche wie treffliche Einführung in die Entwicklung der Seele. Das Heft verzichtet auf jedes Beiwerk und wirkt dadurch wie selten ein anderes aufklärend durch Beobachtung und Deutung. Perlen aus dem Schatze deutscher Dichtung. W. Reuter. Verlag Herder, Freiburg i. B. — Vom Hildebrandslied angefangen durchwandern wir alle Perioden der deutschen Dichtung. Es ist ein Buch, nach dem man gerne greift und das in keiner Hausbücherei fehlen sollte, da es Trost, Stolz und Erbauung zu gleicher Zeit bietet. Kindertümliche Faustskizzen für den naturkundlichen Unterricht in der Volksschule. Von Arno Gürtler. Verlag Wunderlich, Leipzig. — Ein prächtiges Heft, das Tafelbilder entwirft, die Wirken müssen. Auch der weniger geschickte Zeichner wird Mut finden, die unbedingt notwendigen Zeichnungen zu entwerfen. Mit der Naturkunde geht Sprache Hand in Hand. Entwelschung. E. Engel. Verlag Hesse & Becker, Leipzig. — Der Name kennzeichnet das Werk. Voll Begeisterung geschrieben, weckt es Begeisterung. An 101.000 Fremdwörter finden ihre Verdeutschung; die meisten sind wohlgelungen und oft aus Klassikern geholt. Ich möchte das Buch nicht mehr entbehren; es zeigt einem, wie häufig ein wesenloses Fremdwort durch den deutschen Ausdruck geklärt wird in Sinn und Bedeutung; man lernt die Tiefe der Muttersprache aufs neue. Spielendes Lernen. Ein Vorkursus im Elementarunterricht. R. Wagner. Verlag Wunderlich, Leipzig. M. 1.60. — Das Buch geht den Weg der Psychologie: Gesinnungs-, Anschauungs- und Arbeitsunterricht. Vom Märchen nimmt es den Anfang, da es ja den Inhalt der Kindesseele bildet. An die darauf folgende Lautschulung reiht sich Schreiben und Lesen, Rechnen und Gesang. Eine treue Arbeit. Berufswahl. Eine harte Sprache führt E Hylla über die psychische Eignung zum Lehrberuf. Als Gründe, den Lehrberuf zu ergreifen, erscheinen das Streben nach gesellschaftlichem Aufstieg, gute geistige Begabung, geringe Eignung für körperlich stark anstrengende Berufe. „Mit allen oder einigen dieser Gründe verbindet sich endlich, gelegentlich eine mehr oder minder starke Neigung des Knaben zum Lehrberuf.“ Ausgesprochene Berufsneigung finden wir also nur in geringen Fällen und es stimmt uns nachdenklich, wenn der Brüsseler Seininarlehrer Jonckheere berichtet, daß von 35 darum befragten Schülern nicht einer den Lehrberuf aus innerer Neigung ergriffen habe. Es wate dankenswert, auch bei uns eine derartige Erhebung zu pflegen. („Deutsche Schule“.) Von der Pflicht, gute Zeitschriften durchzuhalten. Gute Zeitschriften haben es heute schwerer als je zuvor. Ihre Herstellungskosten sind auf das Mehrfache gestiegen, ihre Einnahmen schon durch das Ausbleiben der gewöhnten und daher in die Berechnung miteingestellten Geschäftsanzeigen, um das Mehrfache vermindert. .Die Arbeit der Redaktion wie der technischen Herstellung ist, wenn nicht durch Tod oder Verwundung auf den Schlachtfeldern, so durch Einberufungen und anderen Kriegs- oder Zivildienst so erschwert, dall mitunter das Erscheinen eines Heftes zu den kleinen Wundern gehört. Dazu die Papiernot mit der dem schlichten Fachmann-Kopf nicht immer verständlichen Weisheit der übergeordneten Papierverwalter. Aber auch auf rein geistigem Gebiete kämpft der Schriftleiter, der nicht fragt: was will die Mehrzahl?, sondern: was will die Minderzahl, die nicht der Unsinn ist? jetzt ununterbrochen einen schweren Kampf. Denn die Kriegspsychose geht immer noch um und sucht, wen sie zum Abfall bringe. Ferner: der freundliche Leser, der für Kartoffeln oder ttt Kohlrüben „notgedrungen willig“ sein Mehr draufzahlt, wird unfreundlich, wenn er von seinem Blatt weniger Papier und mit allerlei Mängeln erhält, und unwillig zum Bestellen, denn er „brauchPs ja schließlich nicht“. Er braucht’s doch, wenn er mit seiner Zeitschrift zusammenpaßt, denn dann strebt er mit ihr gleich, und sich aus solcher Gemeinschaft lösen, bedeutet den Verzicht auf die Kräfte, die aus eben der Gemeinschaft mit ähnlich Fühlenden, Geistesverwandten zufließen. (Avetiarius, „Deutscher Wille“.) Endlich ein Anfang! Seit Jahren predigen wir in unserer Zeitschrift den Zu- sammenschluß aller Kategorien der Lehrerschaft von der Volksschule angefangen bis zur Hochschule hinauf, auf daß es zu einem starken Block und damit zu einer Machtentfaltung komme. Die Versuche scheiterten vor allem an der Mittelschule. Nun scheint sie, wie der nachfolgende Bericht es zeigt, aus ihrer Abgeschlossenheit herauszutreten und Hand in Hand mit der Lehrerschaft an Volks- und Bürgerschulen das Allgemeininteresse der Schule zu vertreten. Zu dem Gegenstände bringt die „Fr. Schztg.“ einen Bericht aus Mies. Er lautet: Im Volksschulgebäude in Mies fand unter dem Vorsitze des Obmannes Anton Ossadnik aus Eihotten in Anwesenheit des Regierungsrates Dr. Georg Deschmann, des Gymnasialdirektors P. J. Knobl, des Bezirks-schulinspektors Franz Ritterer, mehrerer Professoren des Gymnasiums und der Lehrerbildungsanstalt und zahlreicher Heimkehrer die ordentliche Hauptversammlung statt. In derselben hielt Prof. Alfred Grimm (Mies) einen ausführlichen Vortrag „über den Zusammenschluß aller Lehrer der Volks-, Fach-, Mittel- und Hochschulen“. Aus den trefflichen Ausführungen ging hervor, daß sich keine dieser Berufsarten materiell und sozial gehoben hat. Bei Beamten mit nur Mittelschulbildung und Professoren mit Hochschulbildung ist nur ein Unterschied einer Rangstufe; die vier Jahre Hochschule sind nur eine Rangstufe wert! Ein Professor der achten Rangstufe in Wien bezieht um 200 K mehr als ein junger Straßenbahnarbeiter — dagegen hat ein älterer Straßenbahnarbeiter das Doppelte eines solchen Professors! Professoren der Hochschulen bleiben gegen Zahlungen von Bank-Werksbeamten weit zurück. Der Zusammenschluß aller Lehrpersonen wurde angenommen und Herr Prof. A. Grimm mit der Durchführungsleitung betraut. Prof. Weps (Mies) verlangt eine stramme Organi- sation, Inspektor Ritterer den baldigsten Zusammentritt des provisorischen Lehrerrates. (Die tapfere Tat von Mies wird hoffentlich baldigst allgemeine Nachahmung finden. Zu diesem Zwecke sei die Kunde weitergegeben! Zunächst lade einmal jeder Lehrerverein unter Hinweis auf Mies die an den umliegenden Mittelschulen wirkenden Lehrkräfte zur Versammlung ein! Sind einmal die Herren beisammen — nun, dann läßt sich leicht eine Brücke bauen! D. Sch.) Zur Einheitsschule. Die höhere Schule hat, vom Standpunkte der Psychologie und Pädagogik gesehen, die Pflicht, ihre Arbeit auf das zu gründen, was die Volksschule in den ersten drei oder vier Jahren aufgebaut hat. Die Lehrer höherer Schulen setzen mit ihrer Tätigkeit an der Stelle ein, wo die Volksschullehrer aufgehört haben. Wenn eine Kluft zwischen dem Endpunkte der Volksschularbeit und- dem Anfangspunkte der Schultätigkcit der höheren Bildungsstätte besteht, so liegt kein Recht vor, von ■einem allmählichen, naturgemäßen Aufbau und Fortschritt im Unterrichtswesen zu sprechen. Daß das Gymnasium von Volksschülern oft eine reine Terminologie fordert, entspricht dem Wesen der Volksschule nicht. Nicht alle Volksschüler treten in die Mittelschule ein und auch diesem wendet sich die Sorge der Schule zu. (Die Volksschule.) Unterhaltende Rechenstunden. Helene Wunsch. Verlag Gerolds Sohn, Wien. — Dem Rechner ist die Tatsache nichts Neues, aber er wird gerne nach dem Büchlein greifen, den Unterricht zu beleben und kn den kleinen Köpfen das Suchen nach dem Wie zu entfachen. Das Büchlein ist in zwangloser Folge nach 21 Abenden gereiht; man gibt sich der rechnenden Plauderei gerne hin. Durch Dornen und Dickicht. (Bilder aus der wechselvollen Lebenswanderung eines Schulmannes.) 1. Buch: Unterlehrerlahre. i. Fahrt ins Leben. „Ich geruhe in Gnaden, Sie hiemit zum provisorischen Unterlehrer in M. mit dem Iahresgehalic von 400 fl. zu ernennen. Sie werden angewiesen, Ihren Posten ehestens mit Glanz onzutreten und sich nach Ihrer Ankunft in M. sofort in meiner Stammbube bei E. einzufinden!" In der Tat, ein sonderbares Dekret, dazu auf einer Postkarte, mit Bleistift geschrieben. Wer es weih, das; der Aus-uitb Ansteller mein lieber Freund S., der nur mit einem Jahre Vorsprung ausgeritten war, und also bereits im Berufe stand, gezeichnet hatte, wird die Abfassung verstehen. Bruder S. war im Nachbarorte von M. angestellt, da ihm das stille Dorf nicht behagte, verbrachte er die freie Zeit in der Stadt M. Unter tausend Menschen lebte es sich doch vergnüglicher als unter hundert. Und S. war ein fideler Gesell, dem die Karten durch die Finger flogen und manch ein lustig' Lied in der Kehle stak. Er bracht' es zwar heraus zum Gotterbarmen, mit einem Gekreisch, als kam' es aus dem tiefsten Magengrund; allein los muhte er es werden — um jeden Preis, und zwar Tos im heiteren Kreis. — S. war ein treuer Kamerad. Als er erfuhr, daß unser Herr der. Heerscharen in der Bildungsanstalt, Direktor K., mein Gesuch um die Stelle in M. mit dem Vermerk abgelassen hatte: „P. ist zu selbstbewußt, eignet sich darum nicht zum Lehrer!" griff er mit seinem ganzen Zorn ein, belehrte die Herren vom Ortsschulrat, daß mau gerade den freien Flug und nicht den Knechtsinn vorziehen müsse, und predigte von Haus zu Haus, von Kreis zu Kreise: „Den P. müßt Ihr kriegen, der ist nicht einer von den Muckern!" — So gut es nun auch S. mit mir meinte, es half nichts: der „k. k." Bezirksschulrat konnte sich unmöglich für jemanden entscheiden, den eine „k. k." Direktion nicht empfahl. — Doch S. gab das Spiel nicht verloren; er trug das Lob im Städtle weiter mit sich umher und polterte gegen Verknöcherung und Kriecherei. Und es gelang: Der tapfere Ortsschulrat bestand auf seinem Entschluß mit dem Hinweise, daß bisher bestellte Lieblinge der Direktion zwar brave, folgsame Lehrer waren, aber sich im öffentlichen Leben nicht betätigt und wenig gesellschaftliche Gelenkigkeit erwiesen hätten. Der Bezirksschulrat konnte daraufhin nicht anders, als mich in Abwesenheit des Vorsitzenden, der solch eine Untat nicht mitmachen und mitverantworten wollte, zum prov. Unterlehrer in M. zu ernennen. Die Kunde hievon hatte sich, rasch verbreitet und S., der Sieger, sich beeilt, mir die Bestellung in der Form des Postkarten-Dekretes mitzuteilen. Mit welchem Hoffnungsgefühle ich mich nach Erhalt einer ausführlichen Darstellung über die Schwierigkeiten meiner Ernennung auf die Reise machte, kann jeder nachempfinden, der einmal einen Posten an trat, den die Mißgunst umwob. Doch ich wagte es, ich fuhr, es war Mitte Oktober 1890, gegen M. Bis Sch. brachte mich die Eisenbahn: hierauf ging cs im Postkarren weiter, in der Talsohle dahin, die sich, 800 Meter über dem Meeresspiegel, in die Tauern hineinzog. Die Nacht brach ein und ein eisiger Hauch legte sich in den Karren, der einem Modell aus Kaiser Maximilians Zeiten glich. Sinnend saß ich auf dem Jnnensitz und dachte voraus ins Leben. Dies Stück Erde, das dir jetzt die Schatten verhüllen, wird deine Welt sein, wird zum Boden werden, auf dem deine Ideale sprießen sollen Dieweil ich so träumte, waren wir vor ein Gasthaus an der Straße geraten; da muhte natürlicherweis gehalten werden. Ich wollt' nicht aus meiner Klause, — allein da pochte es alsbald am Wagenfenster: „Heda, sitzt da drinnen nicht der neue Unterlehrer?!" — Ich erschrak. Wir waren ja noch zum mindesten eine Stunde von unserem Ziel entfernt. Sollte meine unangenehme Berühmtheit schon bis hie-her gedrungen sein? — — Der Heisere Rufer liefe mir nicht lange Zeit zur Ueberlegung, sondern öffnete stracks den Wagenschlag und gebot kategorisch: „Baumein Sie nur berein in die gute Stube, ein warmer Trunk im Frost wird Ihnen wohlbekommen!" Im Stillen überlegend: „Am Ende ist der Mann ein Mitglied des Ortsschulrates, eine gewichtige Persönlichkeit!" lies; ich's geschehen, das heißt mich am Rockzipfel in den Qualm ziehen. Durch den Nebel hindurch sah ich mehrere der Kumpane um einen großen Tisch fitzen. Ehe ich noch meinen Gruß entbieten konnte, hatte mein gestrenger Mentor schon das Wort genommen. Er sprach also: „Meine Herren! Das ist der neue Unterkehrer von M., mit Namen ; R. P., 19 Jahre alt, gebürtig in P., j hat seine Prüfung gut gemacht, sich aber durch zu wenig Genickekastizität die Mißgunst seines Gvttsobersten zugezogen. Wir hoffen und wünschen, daß Herr P. so bleibe und mit uns gar oft ein Gläschen leere!" Bei den letzten Worten stürzte sich der Redner in einen Schoppen, als wollte er in ihn versinken. Hab' in froher Stunde auch manch' kräftigen Zug getan; aber was der vermochte, durch dessen Gnade ich soeben in die Runde deriZecher ausgenommen ward, grenzte an bacchantisches Heldentum der Urväterzeit. Freilich zeigte sich die Meisterschaft auch in der Wirkung: Der tapfere Mann geriet ins Schwanken und faselte hernach auf der Weiterfahrt allerlei von seinem gewaltigen Einfluß bei meiner Ernennung, von der hohen Protektion, die er mir auch fürder wolle angedeihen lassen, und derlei mehr. Wie es sich später herausstellte, war der gnadenreiche Mann Schreiber letzten Grades bei der Bezirkshauptmannschaft. Es war spät abends, als wir im Städtle ankamen. Da und dort stach ein Licht aus dem Dunkel der Nacht. „Wie mag der Ort aussehen? Wirst du hier das finden, was das Sehnen sucht: die volle Entfaltung der Kraft? Welchen Kurs wird dein Leben nehmen? Was werden die Bewohner, die um dich gerungen, von dir erwarten?"________ Der Wagen hielt. Ehe ich mich noch aus den Decken, die der fürsorgliche Postillon, der vermeinte: „Sö sein für unser Klima z' schwach! Lang werd'n Sö's nit vertrog'n!" — um mich gewunden hatte, dröhnte schoil eine Stimme durch die breite Einfahrt des Posthofes: „Habt's ein Bier bracht?" — Der Kutscher: „Na, Herr Dotier, aber den neuch'n Herrn Unterlehrer Hab' nt er da!" Der Gebieter: „Ist auch was! Heraus mit ihm, wir wollen das Wunder seh'»!" Und draußen war ich — im Leben! Der kühne Schritt aus dem Postkarren war mein erster Tritt in dett Beruf. Der hünenhafte Doktor der Medizin, ein pompöser Vierziger, henkelte mich ein wie eine Strohpuppe und schleppte mich schnür-stracks in das Ertrazimmer; hinterher kreischte die Postwirtin: „Herr Lehrer, werden Sie mein Amterl in Musik unterrichten und in Geschicht' und in Geographie | und im Rechnen und im Zeichnen und ! und und. „Silentium, Mama R.," donnerte der Medicus; „zuerst gehört der Herr Lehrer uns; er soll zeigen, wie er seine Prüfung bei Eambrinus bestanden!" Bei diesen Worten waren wir auch schon in der Stube der Oberzehntausend . . . „Meine Herren, unser funkelnagel neuer Herr Lehrer P. rücket vor; ich heiße ihn in unserer Runde willkommen!" So sprach Dr. K. und ließ sich mit Dröhnen auf seinen Stammplatz nieder. Mir armem Jüngling, den die Anstalt für das Eramen, beim ersten Erscheinen seinen Mann zu stellen, nicht vorbereitet hatte, ward es schwindlig, als ich aller Augen auf mich geheftet sah und im Augenblick nicht wußte, was nun gesellschaftlich geboten sei. In dieser Not schoß mir ein helfender Gedanke durch den Sinn: Der Tanzmeister hielt vor dem Hüpfen jedesmalig eine klein: Vorlesung über Anstand. Hiebei kehrte die Wendung wieder: „Wenn man in eine neue Gesellschaft eintritt, hat man sich von einem zum ändern vor-zustellen." Dieser Fundamentalsatz war der Blitz, der mir den Weg erhellte. Und er war ein rettender Blitz, wohlwollendes Murmeln in der Runde bestätigte es. — Za, damals, als ich die Direktion bat, mir beit Besuch des Tanzkurses zu erlauben, gab es Tadel über Tadel und bitteren Hohn: „Das ist nichts für zukünftige Lehrer! Verbieten kann ich es nicht, aber empfehlen noch weniger! Tun Sie, was Sie wollen!" - Ich trat in den Kurs ein; im nächsten Halbjahr hatte ich mein Stipendium verloren — — heute hundertfach zurückgewonnen. (Wird fortgesetzt.) Eine Abstimmung. Liebwerte Arbeitsgenossen! An der Wende von der alten zur neuen Zeit mutz auch zwischen uns Klarheit geschaffen werden. So haben wir es bei grötzeren Veränderungen ja immer gehalten: Die Leser wurden ausgerufen, ihr Urteil abzugeben, ob sie die Fortführung der Zeitschrift im jeweils eingeschlagenen Kurse wünschen oder nicht. Danach hat die Schriftleitung sodann den Kompah gestellt. Mit diesem Verfahren haben wir seit fünfzehn Jahren das Ideal der Selbstverwaltung vertreten. Eine Abstimmung erwähnter Art wird hiemit wieder einmal eingelcitet, das heitzt jeder Abnehmer wird eingeladen, auf der beigeschlossenen Postkarte seiner Meinung und Zielrichtung Ausdruck zu verleihen. Wir werden die Frage diesmal teilen müssen, weil ja die Zeitschrift zur Doppelzeitschrift geworden ist und seit der letzten Abstimmung auf Gebiete Übergriff, die vordem abseits lagen. In erster Linie betrifft dies den Teil „Schule und Vaterland". Er ist aus der Erwägung heraus entstanden, datz ein nach Recht und Macht ringender Stand nur dann an Bedeutung gewinnt und sohin absehbar sein Ziel erreicht, wenn er auf dem Byden der Zeitpolitik steht und als Wertfaktor gewogen wird. Das ist Dicsterwegsche Methode. Rach D. mutz die Lehrerschaft im öffentlichen Leben was bedeuten, um was zu erreichen: dazu ist notwendig, datz sie zunächst enggeschlossen sei. Das ist indes blotz die erste Stufe: die zweite erhebt sich darüber hinaus, aus dem Vereinsleben ins politische Leben. Der Orga- nismus der Lehrerschaft mutz mit tausend Armen die Probleme der Zeit erfassen und lösen helfen: ec muh im grotzen Getriebe zur Beachtung gelangen, sei es nun aus Schätzung oder ans Furcht. Petitionen vermochten vielleicht noch in der Zeit des Gnadentums den einen oder den anderen Machthaber, so er gerade in guter Stimmung war, zu bewegen: heute ist es blotz die M q rt) t, die »n s und anderen hilft. Diese Macht wird sich vor allem in der Beeinflussung der Masse erweisen. Der Krieg hat die Lehrerschaft in den Kleinbetrieb des Staates gestellt: handelte es sich doch um die Auswirkung der Staatsnotwendigleite» in den äutzersten Enden drautzen, wo die Arbeit, die aus dem Zentrum erregt wird, nicht mehr auf Unterstellen übertragen werden kann, sondern als Tat durchgeführt werden mutz. Das weitz und fühlte man oben und unten. Kurz: Der Lehrer ist näher an den Staat und näher an das Volk herangekommen. Mag sein, datz ihm dies zuweilen übel bekam und noch manch böses Wort einträgt ich zähle diesbezüglich zu den Leidensgenossen) — im Grunde war und ist es für den Stand jedoch ei» unendlicher Vorteil, datz man einmal so recht zum Bewutztsein k a m, was wir können, wenn mir wollen, und was alles mit uns st e i g t und fällt. Kein weitblickender Schulmann, der nicht blotz durch die Amts-, sondern auch durch die Lebeusbrille sieht, wird Vorstehendes in Abrede stellen können, keiner aber auch vermeine», der Erfolg falle uns von selbst in den Schotz, man brauche blotz nach ihm zu langen. Ein grohcr Teil der Lehrerschaft ist noch dem Gleichmut, der Eigenbrödelei verfallen. „Auf mich kommt es nicht an!" oder: „Mögen die anderen sich 'rumschlagen, ich halt' mich ferne, ich liebe die Ruhe!" oder: „Es könnte übel gedeutet werden!" und derlei macht die Runde und mindert die Standeskraft. Vertreter dieser Grundsätze müssen stetig gerüttelt und solche, die arbeiten möchten, aber nicht immer den nötigen Baustoff zur Hand haben, gerüstet werden. Diesem Zwecke dient „Schule und Vaterland". Die Zeitschrift kennt nur eine Partei, die nämlich, die für Stand und Vaterland alles aufzuweuden sich bestrebt: dem Stande frommt der Fortschritt, dem Vaterland die Arbeit. Das sind die beiden Pole unseres Schaffens. Wohl sind die Blätter der Lehrer Organisationen mehr oder weniger von Stoffen durchsetzt, die unser Blickfeld streife» oder durchqueren: allein sic dienen der Idee nicht grundsätzlich und nicht allseitig, am wenigsten durchaus objektiv, weil ihnen ja der schützende Verein die Farbe gibt. Wie soll es solcherart zu einem grotzen politischen Standesganzen kommen! Als Verfechter einer Reichsocganisation der Lehrerschaft habe ich es seit meinen Unterlehrerjahren vermitzt, datz kein Blatt diesem Gedanken diente. Mit Freude begrüßte ich später eine von Deutschland herüber ins Leben gerufene Monatschrift für Schulpolitik, wiewohl sie alsbald persönlich wurde und zu allererst mich aufs Korn nahm. Das konnte in mir den Glauben an die Rotmenbigfeit eines Schulblattes mit politischer Tendenz mbcs nicht erschüttern. Als die genannte Zeitschrift cinging, war für mich das Ziel gegeben: sie muhte in einer neuen Form erstehen! Ohne persönlichen Verdruß ging es auch diesmal Nicht ab. Solange er mir von oben ward, rührte er mich wenig, damit und mit darauffolgenden Zurücksetzungen aller Art hatte ich ja zu rechnen: aber da er auch aus den Greifen der Brüder tam, muhte ich nachdenklich werden und mich fragen: „Bist nun du der Blinde oder ist es der, der dich begeifert?" Darauf erbitte ich Antwort. Hat der B. recht, wenn er sagt: „Wozu Politik, wozu der Schritt aus der Schulstube hinaus, wozu Predigertum für die Massen?", 10 Ziehe ich „Schule und Vaterland" ein und werde wieder Methodiker und Erzähler. Die zweite Frage betrifft unsere „Blätter für den Abteilungsunterricht''. Sie haben sich dem Milieu der Zeit angepaht und sind „ernst" geworden. Wer den Schriftleiter näher kennt, wird wissen, dah sich damit nicht sein runzeliges Alter widcrspiegclt: er ist trotz der Furchen fröhlich geblieben: bloß das Gesicht der Not ist cs. das den „Blättern" die strengere "'Stimmung gibt. So einer indes vermeint, den Ton schlage der Schriftleiter allein an, so weih er nicht, dah die Musik, die von innen kommt, von außen hereingetragen wurde. Der rechte Redakteur 'ft der, der wie eine Auffangstange die Wellen sammelt und dann abgibt. Die Beiträge zeigen an. welche Saite in der Leserschaft erklingt: mit ihrem Ton wird von der Schriftleitung aus beantwortet. Bei der zweiten Frage muh besonders ein Abschnitt zur Abstimmung gebracht werden: »Des Lehrers Takt und Schliff in der Gesellschaft." Es wird gegen ihn in letzter Zeit wieder einmal Sturm gelaufen. Mögen die Leser entscheiden, ob mit Recht oder , 'Nit Unrecht! Die Wechselredc tritt neuerlich auf den Plan. Sie war der Nährquell unserer "Blätter". Hoffentlich hilft sie tapfer mit am Neu bau des Schul- und Erziehungswesens. Unsere Gemeinde ist eine A r b e i t s g c m e i n d e. Darum soll jeder heran, der 'listig zu schaffen vermag! Es muh aber auch alle die Arbeit erquicken! Also sichte man sie! Was wertvoll ist, werden alle gerne erfassen: was uns stört oder wenig nützt, soll ausgcschiedcn werden! Es wäre töricht, das eigensinnig zu schützen, dem die Zeit den Stempel der Veraltung aufgedrückt hat. Treugruh nach allen Seiten! P e e r z. Auskunftei. 2. Ein Absolvent der Realschule plant in späterer Zeit sich als selbständiger Apotheker "iederzulassen. Welche Studien und Prüfungen sind hiezu erforderlich und über welchen Stoff erstrecken sich dieselben? Wann könnte derselbe nach vollendetem Studium eine Apotheke an kaufen und wie hoch würde sich der beiläufige Preis einer kleineren Apotheke samt Konzession '» normaler Zeit stellen? Liegt eine Vermutung nahe, dah auch die Apotheken verstaatlicht werden sollen? — Welchen Beruf würden Sie Obgenannten sonst anempfchlen? Sind Hochschul-ftudien heutzutage überhaupt noch rentabel? Eingelaufene Ratschläge und eigene werdet dein Fragesteller am 20. Februar zugemittelt werden. 3. Was so» aus meinem Sohne werden, der die Kadettenschi,le mit doppelter Auszeichnung absolvierte? (Obrl. E. E. in 3.) Zunächst versuche er es mit dem Berufe, dem er sich zugewandt. Man wird angesichts des Länderhungers unserer Nachbarn trotz all der völkcrvcrsöhnlichen Grundsätze leider nicht in Sicher beit bestehen können. — Gibt es hier kein Ankern, dann rasch zur Bahn oder zur Post oder als Praktikant in ein Amt. Zum dritten empfehle ich die Handels- oder die Gewerbeschule. Wer was Besseres weih, möge unverweilt an die Schriftleitung schreiben, damit sic Herrn Obrl. G. in Kenntnis setze. Herausgeber und verantwortlicher Schriftleiter: Rudolf Peerz. — Buchdruckerei Bruno Bartelt, Wien. fln alle Schulleitungen und Lehrpersonen r Gefertigter hat ein Unternehmen begründet, das es sich zur Aufgabe macht, die verschiedensten Schulen, insbesondere die Landschule», mit gediegensten und billigsten Lehrmitteln zu versehen, sowie auch guten Wand- und Hausschmuck unter das Volt zu verbreiten. Der Zweck ist: Einerseits den Lehrern die mühevolle Arbeit in dieser Hinsicht möglichst zu erleichtern, anderseits den Kindern die Vorteile praktischer Lehrmittel zunutze zu machen: und weiter will damit erreicht werden, das; die Geschmacks- und Edelsinnbildung im Volke durch Anschauung trefflicher Bilder, schönster Kunsterzeng nisse gefördert wird, eine Notwendigkeit, die in diese» materiellen Zeitläuften von größtem Belange ist. Die Schulleitungen und Lehrpersonen werben gebeten, von diesem Anerbieten recht ausgiebigen Gebrauch zu machen zum Nutzen ihrer Schule» und Gemeinden. Alle Anfragen über Lehrmiltelwesen und über zielsichere Behelfe für die Lehrerfortbildung werden unentgeltlich erledigt. Als Einführung in die verebrlicheu Interessentenkreise erlaube ich mir, folgende Lehr- und Lernmittel, Wandbilder usw. zum Kaufe anzubiete» und versichere ich meine vorehelichen Besteller der sorgfältigste» Bedienung. Die äußerst günstigen Preise ermöglichen es jeder, auch der ärmsten Schule, Wertvolles für den Unterricht zu erwerben, und gebe ich mich der angenehmen Zuversicht hin, daß dieser Aufruf an keiner Bildungsstätte unbeachtet verhallen wird. Ich empfehle daher nachstehendes Verzeichnis der freundlichen Überprüfung und bitte, die Aufträge so rasch als möglich zu erteilen, da unter den gegenwärtigen Transportschwierigkeiten immerhin mit einiger Verzögerung zu rechnen ist, die von unliebsamster Wirkung werden könnte. Hochachtungsvoll Karl Vrodschöll, Mauerkirchen, Oberösterreich, Verwertungsslelle für Erfindungen, Förderstelle für modernes Bildungswesen. 1. Wandbilder für den ersten Rechenunterricht. Farbige Künstlersteinzeichnungen von Schlüter und Schüttler. Ausgezeichnet geeignet für den elementaren Reche» und Anschauungsunterricht, dabei ein hübscher' künstlerischer Wand schmuck für jede Schule. Die ganze Sammlung, bestehend aus vier Wandtafeln (70:100 cm) und vier Wandfriesen 30:100 cm) kostet samt Anleitung und Rechenbuch franko nur K 18. . 2. Der kleine Rechner. Von Hans Weyrauch. Praktische Arbeitsbehelfe zur Selbst betätignng der Schüler beim Rechenunterrichte im Zahlenraume von 1—10, 10—20 und 21 100. Mit diesem Lehr- und Lernmittel wurden beste Nechen- erfolge auf der Elementarstufe erzielt. — Preis der vollständige» Ausstattung, enthaltend Legetäfelchen, Legestäbchen, Schulmünzen aller Werte usw. nebst Anleitung, in Karton postfrei K 5.20. 3. Mertbilder für die kleinste» Leser. Von A. Hanfe. Eine reizende Fibel in Westentaschenformat, die jedem A-b-c-Schützen große Freude bereitet und eine schätzbare Beihilfe bei den häuslichen Leseübungen darstellt. Dazu ungemein billig! - Ein Musterbrief mit vier „Merkbildern" kostet franko K 1.50, 50 St. kosten postfrei IC 13—, 100 St. K 21.—. 4. Geschichtliche Wandbilder für Schule und Hans. Sehr zeitgemäß! 5. Heiinatbilder und Bilder zur Heimatkunde. Prächtige Kunstlersteinzeichnuiige» von schönen und interessanten Heimatlandschaften. (Über die Wandbilder stehen Sonderangebote zur Verfügung.) Dazu das wertvolle Buch von Prof. H erg et: 6. Betrachten künstlerischer Bildet in der Schule. Für jeden Lehrer von unschätz- barem Nutzen. Preis netto K 4.32. Paffende Geschenke: 7. Für Knabenhandarbeit: Der Linolschnitt. Von Roth. -- Preis netto K 3.60. 8. Für Handarbeitslehrerinnen: Das schaffende Arbeiten der Mädchen m Verbindung mit dem Zeichnen. Von Haberfellner. — Preis netto K 7.20. 9. Bleistiftschoner „Dreischlitz", originell, gediegen und billig. — 50 St. postfrei K 10.—, 144 St. postfrei K 25.-. Brief an die Bauemfebaft in Deut{cbö|ferreicb. Gier heutigentags die Zeitung lieft oder Uerfammlungen befuebt, in denen politisiert wird, dem kommt es vor, als bätt’ er ein Mühlrad im Kopfe. Statt das» die Uölker »ach den vier fahren des Kampfes ficb der Ruhe freuen würden, fcblagen sie einander die Köpfe ein oder zanken über dies und jenes. Da gebt cs um Länderbrocken, dort um nabrtmgs-ntittel, hier um Geld und durch das ganze Land hindurch darum, wer mehr zu reden, wer zu befehlen und wer zu gehorchen und dabei febön brav Steuern zu bezahlen habe. Obendrein weis; man nicht einmal, wohin man gehört; die einen ziehen bitt, die ändern holl; die wollen für (ich allein ein Königreich oder eine Republik werden, und wenn das Lande! auch nicht gröber ift als zwölf Stunden im Geviert, jene neigen zu Deutschland bin, um "nter seinem Schutze gesichert zu sein. GJer um des Bimmelswillen hat da recht, wem Ml man glauben? niemandem, lieber Uolksgettosfc! Leg deinen Kopf einmal recht in die 2el,n Singer, halt mit zweien dir die Obren zu, damit dir niemand was hineinscbwäöe, und lies und lies und frag dich dann: „Globin gebt mein üdeg°“ — Gs soll dir nämlich "» nachstehenden klipp und klar gesagt werden, wie es mit allem steht. Dach welcher Seite du dich dann wendest und was du unternimmst, das ist deine Sache. Leute, die dem Bauersmann Ratschläge erteilen oder ihm gar mit viel Glorien einreden, er solle dies oder lenes tun oder lassen, vermeinen, er sei nicht klug genug, sich die Sache selber zu über legen und dann zu handeln; Schwätzer dieser Jlrt weise der biedere Landmann aus seiner Stube! Zu ihnen möchte er nicht gehören, sondern was der Schreiber dieser Zeilen will, ist nichts anderes, als den braven Leuten, die die sjahre her aufrichtigen Erklärungen in Hunderten von Versammlungen gelauscht haben, darzulegen, wie alles liegt und was man von dem und jenem zu halten habe. Zum ersten: GJ as soll der Kampf an den Grenzen Deutschöster -Uicbs? — Den Länderhunger der Nachbarn stillen! Unsere ehemaligen Mitbewohner rechnen sich zu den Siegern, obwohl sie mit uns vereint für das alte Vaterland gekämpft haben; sie wollen aus dem, was von Ö,terreicb=Ungarn übriggeblieben ist, ein Stück nach dem ändern reihen. Dabei vergessen sie, dass hinter ihnen der gute „Sreund“ lauert, der •bnen dafür doppelt soviel in aller „Brüderlichkeit“ abnimmt. Die Siidslawen bedrohen unseren Besitz und verlieren dabei die herrlichen Städte und Landstriche am Meer; die Tschechen wollen das ganze Deutschböhmerland und die deutschen Gebiete von Mähren und Schlesien in ihren Bereich bringen, während ihnen im Ost ein gefährlicher Jeind er lieht. Das Gleiche gilt von Südtirol, wo die Italiener über zweibuuderttausend Deutsche vorn deutschen Stamm losreiben wollen. Gin zweiter Andreas Bofer würde aufstehen und die herzhaften M tmer um sich sammeln und blutig wie anno 18'9 würde der Sturm aufflammen. So kann GJilson, der GJeltbegliicker, sich den Frieden der Völker nicht gedacht haben, so darf «s auch nicht bleiben! Glir warten die Entscheidung in Ruhe ab; fällt sie gegen uns Deutsche aus, dann bricht der Brand von neuem aus. Das steht fest. — Zum Zweiten! Glas soll der Kampf im Innern Deutschösterreichs? 6s handelt sich wieder einmal um eine Glahf. Glir sind an sie schon gar nicht mehr gewöhnt; daher kommt uns alles, was mit ihr über Land reist, so merkwürdig vor: die vielen Aul htfe, die langen Zei ungsartikel, die zahllosen 5!ugzettel, die Versammlungen, die Redner, die Wortgefechte, die Unruhe in Doif und Stadt usw. Glo man geht und steht, hört man nichts als; „ihr mW den wählen und keinen anderen! Dieder mit dem M.! Boch der D.! Dicht einmal im eigenen Bause hat man seine Ruhe; die Glerber lösen einander ab, einer gibt dem anderen die Klinke in die Band; dabei sehen sie einander voll VerdruH an. — Der Seppl denkt bei sich: „Sind das verrückte Cent’! (Deshalb zerreiben sie sich so über die Sach'?! Ich lass’ alles gehn, wie’s geht; was kümmert mich die ganze Glahl!" ... Seppl, das ist nicht recht, (o darf ein deut[cbö(terreid)i|cher Staatsbürger nicht reden! Au der einen Seite beschwert (ich der Bauer darüber, dass bl oft die Herren in der Stadt kom mandieren, ohne ihn zu fragen; auf der anderen Seite will er jedoch nicht mittun. UAr an der Regierung teilhaben will, must aus (einer Stube heraus ins öffentliche Heben und zum mindesten bei der Wahl milstimmen, Wird deswegen auch nicht er nach Wien ins Uolks haus geschickt, (o hat er doch Einflust auf die Regierung genommen, weil durch (eine Stimme nicht der M., sondern der H., der nach dem Sinne des Wählers ist, in die groste national Versammlung einlritt. Beute hat kein Kaifer und kein anderer hochmögender Mann zu bestimmen, was geschehen (oll, sondern das Volk selbst hat (ein Schicksal ganz und gar M der Band. Wenn also einer von seinem Rechte zu wählen, nicht Gebrauch macht, zeigt er. dast er der Uo ksregierung nicht würdig ist. Das wäre so, als ob einer, dem erlaubt wurde auf einem Grund zu feebfen, das nicht tut, sondern anderen den Hüben iiberlästt. Man würde ihn einen Horen nennen und auslachen. Dicht anders ist es mit dem Rechte dcr Wahl. — Etwas Heues ist diesmal das, dast auch die Frauen wählen. Recht so! St< haben den Krieg empfunden wie die Männer, vielleicht noch härter; sie haben in der meisten Fällen die vier Jahre her die ganze Feldarbeit besorgt, sie haben (ich gemüht dem Staate zu helfen — warum sollten sie da nicht auch was mitzuredm haben?-Zweifellos werden die Frauen vollzählig zur Wahl kommen, um zu zeigen, wie hoch stc ihre neue Würde eiuschäben. Welch eine Schande für die Männer, die bisher allein regieret durften, wenn die Frauen mehr Eifer für das Geschick des Uaterlandcs an den Hag leget als das starke Geschlecht! Die Wahl ist diesmal was besonders Wichtiges; darum hat sie jeder auszuüben I Zum Driften: Was bängt von der Wahl ab? — Alles! Kommen nicht die richtigen Männer ans Ruder, dann steuert das Schifflein „Deutschösterreich“ schlecht und jeder fühlt dies am eigenen Ceibe. Bobe Abgaben, dabei geringer Uerdienft, Heuerung auf alle Zeit, Unsicherheit, Raub und Plünderungen, Kämpfe ohne Ende. Russland diene uns ah warnendes Beispiel und Deutschland vor seiner Wahl! Wenn Parteien in die Böbe kommen die ehrlich erworbenes Bab und Gut nicht anerkennen, sondern alles aufteilen wollen; wen» nur an hohe Höhne, aber nicht daran gedacht wird, ob sich dabei die Unternehmungen halten können; wenn die eine Gruppe von Menschen bloss Steuern zahlt, damit andere gut leben: dann ist es aus mit einer glücklichen Zukunft, dann geben wir Zuständen eilt gegen, wie sie in Russland wüten. Keiner ist mehr des Hebens, geschweige denn seiner Besitzes sicher; der Jammer nimmt (obin kein Ende. — Das alles lässt sich vermeiden wenn jeder, dem das Recht des Wählens zusteht, davon Gebrauch macht. Es ergibt (i* dann von selbst eine Mischung von Uolksvertretern, dast weder die eine Partei noch die andere zu stark in den Uordergrund tritt und darum in allen Dingen alles durch Ueber entkommen geregelt wird. Der Bauer scheue nicht den Weg zum Wahllokal; es könnte ihn sonst das Stündlein, das er dabei opfert, Zeit (eines Hebens reuen! Welche Partei ist die richtige? — Diese Frage ist schwer zu beantworten-Alle Parteien versprechen mehr, als sie halten können. Man wird gut tun, (ich weniger die Partei als vielmehr die Männer und die Frauen gut anzufeben, die uns im Uolkshause vertreten wollen. Wenn es die rechten sind, werden sie schon wissen, wie sie zu schalten und zu walten haben. Gebt vor allem nur dem die Stimme, den Ihr kennt und von dem Ihr versichert seid, dass er für die Ordnung im Staate eintritl! Schön reden kann bald einer, aber halten wird’s nur der, von dem man es von altersber weist, dast er „ein Mann des Wortes“ ist. Hoch vieles könnte man anführen, was zurzeit jeder wissen (oll, auch der Bias bei den Schafen; allein, wollt’ man es klarlegen, so würde der Brief zu lang werden und dem Eeser käm’ dann am Ende wieder das Mühlrad in den Kopf. Davor möchte ich ihn bewahren. Ein andermal m.-hr. Beute zum Abschiede nur das eine noch ans Berz gelegt: Hiebt hinter dem Ofen bleiben, dieweil die anderen wählen! Jede Stimme ist wertvoll. Am 16. Februar wird über Deutschösterreichs Zukunft entschieden werden. E. D. £?:i;thrit)b mit der Ansehung gut bürgerlicher und sozialistischer Gesinnung ein starkes postantent zu gewinnen ist, das wird sich erst zeigen. Vorläufig muß die Bürgerpartei als Relais eingeschoben werden. Aus diesem Grunde soll jeder, der nidit den beiden großen Zentren verpflichtet ist, dafür eintreten, daß die Zwischenschaltung sich fühlbar mache. Vorläufig wird sich die vormals führende Partei mit dieser Rolle zufrieden geben müssen; sie ist übrigens, wie wir aus der Betrachtung erkennen, nicht die undankbarste. Das Bewußtsein, Extreme mit ihren bösen Folgen zu verhindern, ist erhebender als die quälende Frage: „Werden wir als Ulajorität im rechten Blaß bleiben, gerecht sein, gut regieren und uns halten?" Wenn man das politische Leben Deutschösterreichs von hoher Warte herab vorurteilsfrei und ohne persönliche Strebungen überschaut und dabei in niemandes Sold steht, erscheint es überaus chaotisch und augenblicklich noch ganz übergangsmäßig; man kann sohin eine Gestaltung lediglich aus der Theorie konstruieren. Freilich ist Tbeorie auch nichts anderes als abstrahierte Praxis. Demnach wird sie bei strenger Folge der Schlüsse nidit fehlgehen. Sie stellt vor allem eines fest: Der Sozialismus ist zur Kraftkomponeüte unseres Zeitalters geworden. Zu dämmen ist sie nicht, sondern lediglich in die rechten Bahnen zu leiten. Ifält man sie auf, so stürmt sie wie der Wildbach durch die Barrieren und reißt alles nieder. Zn den Wortteilen „-sozial" und „-demokratisch" gibt sich übrigens die Erkenntnis für die Kraftkomponente kund. Zweierlei kann uns vor ihrer gewaltsamen Auswirkung bewahren: a) die Schwächung,, an den Ufern, b) die Zügelung des Nittelstroms. Wenn die Führer es verstehen, den Überstürz zu verhindern, die Entartung rechtzeitig in das lfauptlager zurückzunehmen, dann wird das, was heute viele mit Schrecken erfüllt, in organischer Entwicklung zur Verwirklichung cines langgeträumten Zdeales führen. Vorläufig ist für diese Ausreife noch keine Gewähr geboten, hat doch das Land höchster Disziplin das Ueberschäumen nicht zu dämmen vermocht; also muß das erste Nittel heran, die regulierende Nittelpartei, das bürgerliche Element. Es wird zweifellos im Verlaufe aufgesogen werden, allein trotzdem für die nächste Zeit von Ausgleich e n-der Wirkung fein. Sohin erwächst für jeden Vertreter der Zntelligenz die Pflicht, soweit es mit seinem politischen Gewiss«: vereinbar ist, die bürgerlichen Gruppen und Grüppchen, die schließlich doch in eine einzige bürgerliche Partei werden aufgehen müssen, zu stärken d. H. den Wahlakt zu vollziehen. Der Terror ist was Schlimmes, er kann von jeder Partei ausgehen; ihn zu verhindern, ist Pflicht der Friedliebenden und Staatserhaltenden, p. Buchdruckerei Bruno Bartelt, ölest, XVTU., • if i *, Rede an die Arbeiterschaft Deutschösterreichs. Die Zukunft des Staates sprießt aus der Arbeit. Darüber ist jedermann im klaren. Das alte Reich ist an schlechter Regiererei, aber auch an Faulenzerei zugrunde gegangen. Die Schwächsten waren obenauf, die Ungeschicktesten und Bequemsten am Ruder; also mußte das Schiff scheitern. Erfahrung macht weise. Das stimmt für den Einzelnen und fürs Ganze. Wir haben alle miteinander durch den unglücklichen Krieg viel Lehrgeld gezahlt. Aber so mußte cs kommen! Solange man nur Ratschläge erteilt und warnt und weissagt, glaubt es die Welt nicht; sie will und muß durch Schaden klug werden. Ging’s nach seiner Größe, so müßten wir mit einem Male überaus gescheit geworden sei». Daß es leider nicht in dem erwünschten Ausmaße der Fall ist, kann jeder täglich wahrnehmen, ln einem Punkte allerdings ist es besser geworden: Es erkennen alle, die es mit dem neuen Vaterlande redlich meinen, daß alles Heil bloß in der Arbeit zu suchen ist. Wer sic verabscheut, wer auch in so harter Zeit müßig geht und sich vom armen, armen Deutschösterreich erhalten läßt, trotzdem er durch irgendeine Betätigung seinen Hausstand erhalten könnte, ist ein Schmarotzer am Staate, ein Feind des Vaterlandes und darum ein Mensch, der nicht auf Achtung Anspruch erheben kann. Das gilt für den Arbeiter in der Werkstatt, für den Taglöhner, für den Beamten, für den Millionär, für Hochgeborene und Niedergeborene, kurz für alle, die schaffen können, aber nicht schaffen wollen. D i e Arbeit ist was Mannhaftes, was Heiliges; die Faulheit ein Zeichen von U n nl ä n n 1 i c h k e i t, von menschlicher IJ n w ii r d e. Wer darauf erwidert: „Ich will arbeiten, gebt mir Arbeit und gebt mir den gerechten Lohn!“, dem kann geholfen werden. Überall im Lande sind V c r m i tt 1 u n g s b u r e a u s, überall ruft man nach rüstigen Händen und nach tüchtigen Köpfen. Nur der Bequeme sieht nichts und hört nichts, Weil er nicht s e li e n und nicht h ö r e » w i 11. Die Ausrede: „Man findet keine Arbeit“, ist darum ebenso faul, wie der es ist, der sie uns entgegenhält. Das allerdings ist richtig, daß in der Sache, hauptsächlich in bezug auf die Invaliden, noch viel mehr Vorkehrungen getroffen werden könnten; man müßte in allen Bezirksstädten Ausschüsse begründen, die sich fürs erste damit befassen, möglichst viel Arbeitsstellen ausfindig zu machen und sie völlig kostenfrei an Stellensuchende bekanntzugeben, fürs zweite hinter den Angestellten als Beschützer zu walten, damit sie nicht von den Arbeitgebern ungehörig ausgebeutet werden. Ein Anfang wurde in Oberösterreich und in Nordböhmen gemacht; die Einrichtung hat sich überaus gut bewährt. Jeder Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde rasch beigelegt. Die Schuld ist oft auf beiden Seiten zu suchen. Der Unternehmer möchte in kurzer Zeit große Gewinne erzielen, dem kann nicht genug geschaffen werden; der Angestellte, der im Kriege das Arbeiten verlernt hat, mag nicht recht anbeißen, das rüstige Schaffen paßt ihm nicht, er muß sich’s erst wieder gewöhnen. Tritt da nicht jemand vermittelnd dazwischen, so ist der Streit fertig, die Arbeit ruht und statt des Segens, den sie beiden Teilen bringen soll, beginnt der Unmut aufzuflammen und alles zu vernichten, was wir aus dem furchtbaren Weltbrande noch gerettet haben. Was im Kleinen notwendig erscheint, die Vermittlung zwischen dem Unternehmer und dem Arbeiter, das ist auch im Großen unerläßlich, bei den Industriebetrieben. Es ist bei uns zu Lande niemals zu einer klaren Verständigung zwischen Besitzer und Arbeiter gekommen; darum gab es Mißtrauen auf beiden Seiten. Die Arbeiter vermeinten, nichts anderes zu sein als die Verdiener für die Herren, in deren Betrieben sie standen; die Industriellen hinwiederum sahen im Arbeiter immer nur den unzufriedenen, grollenden Mann. Das alles hätte sich vermeiden lassen, wenn man Folgendes erwogen und allgemein bekanntgegeben haben würde: Der Arbeiter und der Unternehmer — beide haben ein Anrecht auf den Gewinn, der erstere, weil er die Ware zutage fördert, also den Handel ermöglicht, der zweite, weil er mit seinem Hab und Gut, mit seiner Erwägung, mit seinen . Beziehungen und dem Risiko das Unternehmen schuf und hielt. Es gehört eben zu allem und jedem eine Arbeitsteilung; der, eine gibt den Kopf her, der andere die Beine und die Hände. Einer für sich allein ist nichts. Die alten Römer sahen das schon vor mehr denn 2000 Jahren ein. Als nämlich einmal die arbeitende Klasse sich erhob und beschloß, nichts mehr mit den Besitzern zu tun zu haben, sondern auf eigene Faust zu schaffen, da erschien unter den Streikenden ein weiser Mann und sprach zu ihnen also: „Hört! Einmal verschworen sich die Glieder des Körpers gegen den Magen; sie wollten für den Faulpelz, der bequem im Bauche liegt und nichts anderes verrichtet, als sich täglich füllen zu lassen, nicht mehr tätig sein. Was geschah? Der Magen trocknete ein und mit ihm gingen die Glieder, ging der ganze Körper zugrunde.“ Der kluge Römer zog aus der Geschichte die weise Lehr’, daß gleicherweise die Wirtschaft zugrunde gehen müßte, wenn die Unternehmer und die Arbeiter sich voneinander trennen würden. Der eine braucht den ändern, weil bei jedwedem Werk zwei notwendig sind: Einer, der es ersinnt und leitet, und ein er, der es d u r c h f ii h r t. In Rußland hat man in den letzten zwei Jahren den Versuch gemacht, einen großen Teil der Industrieunternehmungen zu „sozialisieren“, das heißt den Arbeitern völlig auszuliefern, so daß sie nicht allein in der Fabrik tätig waren, sondern auch den gesamten Geschäftsbetrieb innehatten. Was zeigte sich alsbald? Ein großer Rückgang im Gewinn. Die Regierung mußte an hundert Betriebe auflassen, so daß Tausende von Arbeitern brotlos wurden, und die restlichen Unternehmungen unterstützen, um sie über Wasser zu halten. Das wird erklärlich, wenn man bedenkt, daß jemand, der Jahre hindurch bei den Maschinen stand, nun nicht auf einmal auch das Bureau regieren und alle nötigen Handelsbeziehungen, Absatzgebiete und günstige Einkaufsstellen erkunden und ausnützen kann. So was lernt sich nicht über Nacht. Über einen tüchtigen Generaldirektor, der das zwanzigfache Einkommen eines Werkmeisters hat, mag man in Neid und Zorn ersticken — es nützt nichts; er ist nun einmal der Mann, der das ganze Unternehmen zum Gewinn bringt; er verdient darum seine hohe Besoldung, weil ohne ihn jeder Einzelne im Betriebe weniger oder nichts verdiente, ln den oberen Stellen macht es der Eifer; der muß gestachelt und belohnt werden. Wenn wir alle gleich hoch bezahlten, wird keiner sich den Kopf sonderlich zerbrechen, weil er ja weiß, daß seine Leistungen nicht außerordentlich anerkannt werden. Wir sahen das bei der Zeitvoniickung der Beamten. Warum hat unsere innere Verwaltung so elend abgeschnitten? Weil sich jeder Gehalt und Rang „ersitzen“ konnte, ob etwas leistete oder nicht. Nach dem Verbrauch an Hosenstoff ward das und der Verdienst bewertet. — Wenn es einmal mit der Arbeit in Betrieben so weit käme, verfaulte jeder Eifer und gäb’s keinen Gewinn mehr. Wofür der alte Staat Orden und Titel verlieh, gibt das Unternehmen bare Münze; darin liegt die Begründung für hohe Gehälter. Mit dem Versuche, die Betriebe zu sozialisieren, hat auch Deutschland gebrochen. In der Ventzki-Aktiengesellschaft hatten die Inhaber den Arbeitern und Beamten die ganze Leitung des Unternehmens unter der Bedingung überlassen, daß der Gewinn samt und sonders unter die Arbeiterschaft aufgeteilt werden solle. Anfangs gab es großen Jubel, denn all die Millionen, die nach der Meinung der Angestellten in den Sack des Unternehmens flössen, sollten nun ihnen zugute kommen. Bald jedoch erhoben siich einige besonnene Männer und beschlossen, zuvor einmal in den Büchern nachzusehen, wie das Geschäft laufe. Sie erkannten, daß sie es bei allem Eifer nicht auf die Höhe bringen konnten, um den Arbeitern die bisherigen Löhne sicherzustellen. Daher verzichteten sic auf die Leitung und legten sie in die Hände des Herrn Ventzki zurück. So hatten sie wenigstens die Gewißheit, daß der Verdienst keine Kürzung erfahre. — Ein Gleiches ereignete sich in Braunschweig, wo die Maschinenfabrik Amme, Giseke und Konegen die Sozialisierung freigab, aber die Beamtenschaft und die Vertreter der Arbeiter- nach kurzer Zeit erklärten, sie wünschten die frühere Einrichtung, weil sonst der Unterhalt von sehr vielen Angestellten gefährdet sei. Aus den angeführten und ähnlichen Fällen geht hervor, daß ein völliges Au ss c halten der bisherigen Ordnung in den „Betrieben für die Instandhaltung und damit für die Sicherstellung des Arbeitslohnes von großem Nachteil wäre. Ebenso ist aber auch klar, daß die Ausbeutung der Arbeitskraft weiter nicht geduldet werden kann. Wie oben im Kleinen gezeigt wurde, daß es notwendig sei, zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein gerechtes, freundschaftliches Verhältnis zu schaffen, so wird cs auch im Großen sein müssen. Der Vermittler sei der Staat! Er muß darauf Bedacht nehmen, jede Ungerechtigkeit hintanzuhalten; er soll aber auch Sorge tragen, daß der Arbeiter auf seinen Verdienst sicher rechnen könne. Es muß Sache des Unternehmers sein, mit soviel Kapital zu beginnen, daß nicht plötzlich abgebrochen und die Arbeiterschaft der Verdienstlosigkeit ausgeliefert werden muß, und Sache des Arbeiters, bis zu einer gerechten Grenze einen allfälligen Ersatz für das Risiko und die geistige Arbeitsleistung der Leitung des Unternehmens anzuerkennen. Geht der Gewinn über die Billig-keitsgrenze hinaus, dann ist er entweder als Teilhaberertrag an die Arbeiter abzugeben oder für Wohlfahrtseinrichtungen zu verwenden (Arbeiterheime, Arbeitererholungsstätten, Schulen, Horte, Lesehallen usw.). Das steht für die nächste Zeit fest: Der Kapitalist im Sinne der Ausbeutung der Arbeitskraft muß bekämpft werden, gleicherweise aber auch die gänzliche Sozialisierung der Arbeit, insbesondere in unvermittelter Art. Es wird zweifellos die Zeit kommen, daß alle, die arbeiten, auch am Unternehmen richtunggebend und gewinnend teilnehmen, daß cs Unternehmungen geben wird, in denen von unten bis oben nur Arbeiter und Beamte zu entscheiden und zu verteilen haben werden. Allein mit einem Schlage kann das nicht sein. Dies sagen nicht nur die, die unbeeinflußt abseits stehen, sondern die bedeutendsten Führer der Sozialdemokratie, wie Bauer, Eisner und andere selbst. Jedwed Ding braucht seinen Übergang, auch dieses. Wer mit einem Ruck alles ändern will, erreicht das Gegenteil vom Erstrebten; er zerstört Bestehendes, ohne etwas Gleichwertiges, geschweige denn etwas Besseres an die Stelle zu setzen. Gegen diese Stürmer wendet sich der Unwille aller klugen Menschen, ob sie nun zu dieser oder jener Partei gehören. Ein gänzlicher, momentaner Bruch mit dem Bestehenden ist Tollheit, und dies vor allem bei Unternehmungen. Wir sollen in der Zeit, da uns der Krieg" ein Trümmerfeld zurückgelassen hat, ehestens an den Wiederaufbau, an neuen Erwerb, an die Belebung des Handels denken und nicht zetern dieweil, wem das Geschäft, wem der Gewinn gehört, ehe wir beides noch haben. Kc-in rechter Mann kann an solchen verrückten Dingen teilhaben. Der Klarsehende urteilt so: Die Zeit ist anders geworden, lassen wir ihr getrost die Entwicklung; es wird das, was wir gewaltsam erreichen wollen, sich von selbst ergeben, weil es-durch die Verhältnisse geboten erscheint. Heute mögen sich die Großindustriellen sträuben wie sie wollen — es wird zur Teilhaberschaft der Arbeiter am Gewinn und an der Leitung kommen; heute mögen aber auch die Arbeiter poltern und begehren nach Belieben, es nützt nichts — die Sozialisierung von Betrieben kann schadlos erst durchgeführt werden, bis wir aus dem Übergänge sind und die Erneuerung allmählich aufgebaut haben. So steht es um die große Sache des Erwerbes durch Arbeit. Wer nach der Seite des Bolschewismus hin schreitet, zerstört Bestehendes und er- schüttert dadurch die Sicherheit des Einkommens der Arbeiter; wer dem im- / eingeschränkten Kapitalismus huldigt, nährt den Unwillen und lähmt damit den Eifer. Beide Richtungen sind, zu weit auseinandergezogen, schlecht, doch vom guten, wenn man sic einander allmählich nähert. Es ist richtig, daß bei Zuhörern aus dem Kreise der Arbeiterschaft der den Trumpf in der Hand und daher die Beifallsklatscher auf seiner Seite hat, den den höchsten Lohn und dabei die geringste Arbeit verspricht. Aber man frage ihn nur, wie er es anstellen wird, das zu halten, was er Verspricht, und alsbald ist der schöne Traum zerronnen wie Seifenblasenschaum. Vom Wortmachen bis zum Worthalten ist eben ein weiter Weg. Die deutschen Wahlen haben erwiesen, daß trotz all der Verhetzungen der gesunde Sinn redlichen Erwerbes ohne überspannte Forderungen die Oberhand behalten hat. Ein gut bürgerliches Regiment, vereint mit einem vernünftigen S o z i a 1 i s m u s, w i r d D e u t s c h 1 a n d a u s d e in Schutt aufbauen und alsbald zur Blüte bringen. 'Hoffentlich ist uns die gleiche Mischung beschert. Umstürzler und falsche Prediger können wir bei unserer Not nicht brauchen. Was uns aus der schweren Heimsuchung retten kann, das ist rüstige Arbeit, die von klugen Unternehmern geleitet und zum möglichsten Gewinn geführt wird. — Dieses Ineinandergreifen von verschiedenen Gesell-schaftsschichten bei gemeinsamer Arbeit ist nicht allein bei der eingangs erwähnten Arbeitsvermittlung und des im Anschlüsse daran erörterten Verhältnisses in Betrieben unerläßlich, sondern auch vor allem für die Verwaltung des Staates von großer Wichtigkeit. Wenn in einer Republik bloß die eine Klasse von Menschen herrschen will 'oder ausschließlich eine Partei, so kann das niemals von Gutem sein. Der ausgeschaltete Teil tut dann nicht mit, ja er stört; er harrt des Augenblickes, da sein verhaltener Groll zum Ausbruche kommen kann. Länder, in denen die Macht in den Händen einer einzelnen Partei liegt, können niemals zur Ruhe kommen; in ihnen gärt es unaufhörlich und eine blutige Revolution löst die andere ab. Der Großbetrieb, den wir „Deutschösterreichischer Staat“ nennen, zeigt zurzeit das rechte Bild des versöhnlichen Regiments; darum war unser Land bisher von Aufständen verschont. So soll es bleiben! Auch die neuen Wahlen mögen das Gleichgewicht „Bauer — Bürger — Arbeiter“ schaffen! Dann wird immer Friede walten und uns der Wohlstand bald erblühen. Sofcrne jedoch eine der Gruppen das Steuer allein in die Hand nimmt und die anderen bloß im Schleppdampfer mitreisen läßt, gibt es Unwille und der Streit um Macht und Recht nimmt kein Ende. Aus diesem Grunde ist es begreiflich, daß alle Parteien, vielleicht nicht sosehr im eigenen Interesse, als vielmehr in dem des Staates, bestrebt sind, möglichst viele Volksvertreter aufzubringen, um solcherweise dem Überwiegen einer Gruppe entgegenzuwirken. Denn ist einmal eine Partei zu stark, so mag sie sich noch so entgegenkommend zeigen, man glaubt ihr’s nicht; das Mißtiauen ist da und mit der friedlichen Zusammenarbeit ist es vorüber. Aus diesem Grunde heißt es, rechtzeitig Vorbeugen, daß nach irgendeiner Seite hin zu viele mit der Vertretung im Volkshause betraut werden. — Bei uns in Deutschösterreich liegen die Dinge einfach: Der Bauer will sein Recht, weil er ja große Staatspflichten zu erfüllen hat — die Herbeischaffung von Lebensmitteln und einen großen Teil der Steuern; der Bürger, mit ihm der Fabrikant, wollen ihr Recht, weil sie den Großteil der Staatsausgaben decken; der Arbeiter will sein Recht, weil er die Erzeugnisse aufbringt, die dem Staate durch einen regen Handel Geld verschaffen. Keiner mag daher auf seine Macht verzichten; im Gleichmaß wollen sie alle drei an der Regierung teilhaben und ihre Angelegenheiten vertreten. Darauf wird der achten müssen, der seinen Stimmzettel zur Wahl trägt. Er mag nur seiner Einsicht folgen, entweder dahin oder dorthin, nur folge er nicht dem Schreier, dem Polterer, der das Schönste vom Siebenten Himmel herab verspricht; der alles im Handumdrehen besser machen will, ist zumeist bloß ein Schwätzer, ein Zerstörer. Nicht zurückblicken, aber auch nicht Hals über Kopf vorwärtsstürmen und den rechten Weg verlieren! Das muß für den Ruhigdenkenden Parole sein! Überblicken wir das Ganze, was im Vorstehenden ausgeführt ist, so ergibt sich: 1. Vorerst alles heran an die Arbeit! Den rüstig Schaffenden, den Invaliden, den geistig Arbeitenden, alle, alle, auch das Gigerl im Kaffee-hause! A r b e i t s z w a n g. für die, die Kraft besitzen, aber sie nicht nützen, sondern in den Tag hineinleben! 2. Gründung von Arbeiterschutz ge Seilschaften zur Vermeidung unbilliger Ausbeuterei, aber auch zur Aneiferung für Lässige. 3 Die Vermischung von Kapitalismus und Sozialismus durch allmähliches Aneinanderrücken und Durchdringen. Kapital zum Schutz der Löhne, aber nicht zur Anhäufung ohne Nutznießung seitens der Schaffenden. Vermeidung einer zu raschen, unbedachten Sozialisierung, die zur Lockerung von Betrieben führen und die Sicherheit des Einkommens der Arbeiter gefährden würde. 4. Das Gleichgewicht der drei Klassen „Bauer, Bürger. Arbeiter“ im Volkshause zur Erhaltung des Friedens im Innern und zur ruhigen Entwicklung des jungen Staates. 5. Die Abwehr zersetzender Kräfte, die eine gesunde Staatswirtschaft stören. Niemand muß so wie der Arbeiter auf die Beachtung aller fünf Punkte bedacht sein, weil ja der Ausfall des einen oder des anderen seinen Bestand in Gefahr bringen würde. Wenn nicht ,,a 11 c“ arbeiten, lastet auf dem einen zu viel, auf dem ändern zu wenig; wenn nicht Eintracht zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer herrscht, bricht das Unternehmen zusammen und die Löhne sinken; wenn nicht das Kapital zur Hand ist, gibt es keine Kredite, keine neuen Betriebe, so und so viele finden nicht Beschäftigung und die Löhne werden gedrückt; wenn der Arbeiter nicht all- mählich in die Leitung der Betriebe eindringt, kommt es wieder zur unumschränkten Herrschaft des Kapitals; wenn im politischen Leben nicht alle Personen gleichmäßig an der Regierung teilnehmen, schwankt der Friede im Lande und die Arbeit ruht, die Not greift tim sich-; wenn der Sturm durch die Straßen rast, ist an einen Wohlstand nicht zu denken und es müssen Tausende hungern, weil Hundert sich an Plünderungen gütlich getan haben. Dies alles kann kein Vernünftiger widerlegen. Es ist gesagt und geschrieben worden nicht etwa im Dienste einer Partei oder einer Unternehmung, sondern im Dienste des Vaterlandes. Die Zukunft Deutschösterreichs sprießt uns der Arbeit. Darum muß die, Arbeit geschützt und gewertet werden! Buchdruckerei Bruno Bartelt, Wien XVIII., Theresieng. 3.