Dezemlier. 156. Kest. (Seile 3785 vis 3812.) 1916. Schule und Vaterland * Zeitschrift für bodenständige Jugenderziehung und Volksbildung in Österreich-Ungarn. Schriftleiter: Dr. Itudolf H'ccrz. Feldpost 11. Inhalt: a) Schule und Saterland. 1. Österreichs Lehrerhelden.... 3785 2. Vom toten Kaiser................ 3786 3. Das Kriegswaisenkind 3787 4. Zur Frage der „Erneuerung des österr. Schulwesens" . . . 3788 5. Die Erziehung zum Gehorsam 3789 6. Aufgaben und Entwicklung des (deutschen) Schulwesens nach dem Kriege............................ 3790 7. Kriegserdkunde.................. 3793 8.14—20 . . . .................... 3794 9. Ein Kapitel über den Krieg vor 200 Jahren . . 3795 10. Jugendfürsorgegeschichtlein . . 3796 11. Zum Kampf um die Staatsvoltsschule .................... 3797 12. Kleine Mitteilungen............. 3798 A4 S -b A4 t±3_ A4 S >53 m A4 33* -13 153 A4 4— €3 <3$ 4-4 A4 G4 b) Ukätter für den Ävleilungs-nnierrichi. 13. Landwirtschaft — Landschule . 3799 14. Die ©intlässige und ihre Wertung durch die Lehrer................... 3800 15. Das leidige Vergessen des Lehrstoffes ........................... 3801 16. Einige Rufzeichen für moderne Zeichner in der Landschule . . 3802 17. Stoffe für den freien Aufsatz 3804 18. Die Fehlerverbesserung der schriftlichen Schülerarbeiten im Lichte der Schaffenden Arbeit 3805 19. Splitter......................... 3805 20. Lose Gedanken.................... 3806 21. Die Wechselrede 3806 22. Zur künftigen Ausgestaltung unseres Standes.................... 3807 23. Eine neue Frage für unsere Wechselrede........................ 3808 24. Ein Nachtrag zum Artikel „Stoffe für die Stillbeschäf-lignng" . 3808 25. Briefkasten.................. 3809 26. Kleine Mitteilungen..............3810 27. In der Dolomitenfront von Stellung zu Stellung................3811 28. Polack-Ecke......................3812 Monatlich 1 Kest. Ausgavstelle: Verlag der „Blätter für den Avlcilnngsunterrichl" in Laivach Iahrespreis der 12 Hefte 6 K (6 M, 6 K.). Druck von Josef Pavlicck in Gottschee (Kram). 75 Auszeichnungen! Gegründet 1790. 75 Auszeichnungen! L.ÄO.Hardtmnths I Q lm»||ll|f|||ih L.AC.Hardtmuths Kohinoor I X. I. «2MIM IM Farbslifte.. ..Zeichenstifte VX \ßm I IUI UIIIIUIII Pastellstifte Schulstifte etc, WIEN IX. Budweis in Böhmen. Färbifle Kreiden Für Schulzwecke anerkannt bestes Fabrikat. Durch jede Papierhandlung zu beziehen. Die Reformkreide staubt nicht, färbt nicht ab und schont die Schul-tafeln. In den meisten Schulen Österreichs mit dem besten Erfolge eingeführt. Vom n.-ö. Landeslehrervereine empfohlen. Probesendung: 100 Stück K 2. Wiederverkäufer erhalten entsprechenden Rabatt. Franz Hoschkara, Kreidefabrik, Waidhofen a. d. Ybbs. Gruße an unsre tapfere ----- Äriuee. — Sonderheft. Unter der Ulitwirkung von d Nitarbeitern (Rosegger. Dr. Sylvester, v. 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Schule und Vaterland Zeitschrift für bodenständige Zugenderziehung und Volksbildung in Österreich-Ungarn. Bezugigebühr einschl. bet - , ., „Blätter" 6 K <6 7 5) Geleitet Beschäftliche« ausschließlich lährl. Einzelnummer 60 h von an die „Verwaltung bet (60 Pf, 70 eil. T)r -Mllboff ^Cfrt Blatter für ben «btellungä= Postspark. Kr. 58.218. «’*• SH,0(UF » ecrV unterricht In Laibach". Hanbfchristeit unb Bücher an ben Schriftleiter, Felbpost 11 obert Mies ln Blihmen. — „Schule unb Daterlanb" kann gesondert nicht bezogen werben. Oesterreichs Lehrerhelden in dem Großen Kriege 1914-16. 24. Franz Höfel geboren am 28. August 1881 zu Schurz bei Königinhof, wirkte feit 1907 als Lehrer in Starkstadt, Wekelsdorf und zuletzt in Ruppersdorf. Am 21. Juni 1915 rückte er in die Reihen der Vaterlandsverteidiger ein, kam als Kadett-Aspirant auf den russischen Kriegsschauplatz und wurde daselbst zum Kadetten befördert. Mit seiner Truppe nach Tirol versetzt und hier zum Fähnrich ernannt, kämpfte er tapfer gegen den Feind, bis ihn am 8. Juli 1916 die tödliche Kugel traf. Auf dem Friedhofe in Norditalien wurde der Held begraben. Sein Pflichteifer, seine lauteren Charaktereigenschaften sichern ihm ein ehrendes Andenken bei allen, die ihn kannten. Der tote Kaiser. Wien, 50. November >y;6. Vor zwei Stunden haben wir den guten alten Kaiser begraben. Als die Sonne ihre letzten Strahlen auf den Neuen Markt zu Wien warf, verschwand vor unfern Augen der Sarg, der das Teuerste barg, in das Dunkel der Gruft. Wer es so recht ermaß, daß wir und unsere Väter unter dem einen Kaiser heranwuchsen, wer es fühlte, daß mit dem Worte „Kaiser" immer nur der eine, der mit dem milden Blick, mit der Vatermiene, gemeint war, der mußte zu sich sagen: „Ist es denn möglich, daß dieser Unsterblich-Scheinende nun plötzlich Abschied nimmt für ewig?" Eigenartig I Wie ein Fels im Meere stand die Erscheinung die Jahrzehnte hindurch, so wir durch die Geschichte schreiten. Und dieser Fels sollte mit einemmale verschwinden 7 Der Verlust läßt allemal erst so recht den Wert erkennen. Auch hier. 2111 die Liebe und die Eingabe, all das Vertrauen zum treuen Hüter, all die Zuversicht, sie fahnden nach einem Halt. Wohl ist er gegeben und die Vorsehung hat ihm eine neue starke Stütze verliehen; allein in der Zeit, da der von uns schied, der bisnun unser Hort gewesen, tritt so recht das persönliche hervor. Wir fühlen es im Kerzen: „Wir haben unfern alten Kaiser über alles geliebt." — Ein Stück Liebe entsprang der Dankbarkeit. Insonders wir Lehrer werden es dem zu seinen Ahnen, zu seinen Lieben Heimgegangenen niemals vergessen könne», was er zum Besten unseres Standes getan. Durch keinen Entschluß, trotz aller Anstürme das 2tcichs= volksfchulgesetz inkrafttreten zu lassen, ist der österreichische Lehrer erst auf einen würdigen Platz gestellt worden. Die Zeit des „Schulmeisters" war vorüber oder sollte doch vorüber sein. Wenn der Wille des Monarchen nicht sogleich und allerorts genau erfüllt wurde, wahrlich, an ihm, dem freunde der Bildung und des Fortschrittes, lag es nicht; schwache Regierungen haben es auf dem Gewissen. Er war davon überzeugt, daß die, die sein Volk erziehen und führen, ein menschenwürdiges Dasein fristen und in der Gesellschaft die gebührende Stelle einnehmen sollten. Das erwies eine Audienz, die mir im Jahre st)00 gewährt wurde. Ich wirkte damals in Görz und vertrat bei dem Jubiläum des Landes die Lehrerschaft aller drei Nationen. ZITan wollte mich anfangs nicht vor den Herrscher lassen, denn „Lehrer" sah man doch nie im Kreise der Glückwünscher. 2lls jedoch der gute Kaiser von seinem Jugendfreunde vernommen hatte, daß ihm auch die Bildner des Volkes huldigen wollen, da ward die Tür geöffnet. Wir (ein italienischer, ein slowenischer 2lmtsbruder und ich) traten ein. Allsogleich eilte der Monarch auf uns zu und sprach: „Ei, die Lehrer! Das freut mich, daß auch Sie bei mir erscheinen!" — Als ich die Huldigung der Lehrerschaft vorgetragen und dabei angeschlossen hatte, welch wichtige Stellung der Schule bei der pflege echter vaterländischer Gesinnung zukomme und wie sehr es geboten erscheine, zur vollen Auswirkung seiner Kraft den Lehrer besser zu stellen und hiebei vor allem die Scheidung der Bezüge nach Kronländern aufzuheben, da horchte der Kaiser auf und sprach: „Ja, das muß eintretenI Die Lehrer des ganzen Reiches müssen gleichgestellt werden." _— Die nächste Wirkung der Audienz war die Vorlage eines Gesetzentwurfes, nach dessen Annahme für die Grafschaft eine Erhöhung um durchschnittlich 200 Kronen platzgriff. — Die Begebenheit zeigt, daß der verstorbene Kaiser der Lehrerschaft vom Kerzen zugetan war. Nicht minder ist es der Erbe. Am Jänner d. I. hatte ich Gelegenheit, in seinem Gefolge zu einer Höhenstellung in den Dolomiten hinanzubrausen. Überall, wo ein Häuflein Beherzter, die auch der Kanonendonner und das Granatengeheul nicht aus der Heimathütte zu scheuchen vermochten, zum Empfange bereitstand, ließ der kaiserliche Prinz halten, um mit den biedern Älplern einige Worte zu wechseln. Mitten im Kampfgebiete hatte sich auch ein alter, alter (Einflafftgcr, von dem ein Schüler bereits Tandesfchulinspektor war, roit etwa zwölf Kindern eingefunden. Der Thronfolger trat auf ihn zu mit den Worten: r.Das ist schön, daß auch die Jugend gekommen ist! Ihre Schule ist einklafsig, nicht wahr?" Als der Greis bejahte, fetzte der junge General fort: „Und Sie unterrichten trotz der Gefahr? Das ist rührend! Ja, an Bildung darf auch in Kriegsnöten nichts verloren gehen!" — In dieser Rede spiegelt sich der Geist dessen wieder, den nunmehr ' die Schatten decken. <£s wird das Wort wahr, das ein Heerführer zu mir sprach: „Die Habsburger sind im Grundzug alle gleich: Siebe, unendliche Siebe, Treue, Pflichtbewußt* fein. Nehmen Sie den jüngsten Prinzen unter die Supe, Sie werden die Eigenschaften herausfinden I" — So eröffnet sich denn uns in der Stunde, da wir vom guten alten Kaiser Abschied nehmen, der tröstliche Ausblick, daß fein Geist auf den jungen Herrscher übergeht und das große Werk der Volksbildung vollendet. Wer das Auge zur Wand der Schulstube hinanwendet und bedenkt, daß der, der mehr denn ein Halbjahrhundert in die wechselnden Generationen eingezogen ist, nun nicht mehr unter den Sehenden weilt, dem wird es weh im Herzen. Soll er, um de» Schmerz zu stillen, den Rahmen neu füllen? Nein! Saßt den edel» Dulder auf dem Kaiserthrone auch weiter vor dem Auge des Kindes! Hängt jedoch darunter zur einen Seite das Bildnis des jugendfrischen Herrschers, zur ändern das der Canöesmutter und sprecht: „Schüler! Der gute alte Kaiser ist nicht mehr; aber wir wollen ihn liebbehalten für immer! Was er uns geboten, sichert fein Erbe, unser durchlauchtigster Kaiser Karl, und, sorgend für die armen Kinder, an feiner Seite die edle Kaiserin Zita. Weiht ^ranz Josef ein dankbares Andenken, dem neuen K a i f e r abereuer ganzes Sinnen und Können!" H'eerz. Das Kriegerwaisenkind. Draußen ist Winter und Sturm und Schnei’n, In meiner Stube ist Sonnenschein; In den Fenstern Geranke frisch und grün; Hyazinthen und brennrote Tulpen blüh’n. Ist Haß und Kummer rings in der Welt, Unsre Augen sind von Freude erhellt; Sie sind voll Glück und Kinderlachen Wie Frühlingsjauchzen und Lenzerwachen. Und raset draußen der Krieg übers Feld Und erschüttert Sterben und Grausen die Welt Bei uns geht die Liebe aus und ein, Ist Gnadenzeit und Sonnenschein. Eine Lehrerin, die ein Kriegerwaisenkind bei sich aufnahm. 3788 Zur Frage der „Erneuerung des österreichischen Schulwesens“. 3. Noch ruht alles Werden im Schoß der dunkeln Zukunft. Ob das Bestehende Veränderungen erfährt, ob es diese Sturmzeit überdauert, füglich sein Daseinsrecht bekräftigt — wer weiß es schon? Noch regen sich wenig Hände am Neubau. Zögernd nur, behutsam sachte schreitet man zur absolut notwendigen Neuorientierung in National- und Staatsfragen. Fest zugegriffen hat der Verein „Freie Schule“. Mit klar gegliederten, knapp sachlichen Forderungen trat er vor die Öffentlichkeit. Die zukünftige Gestaltung des österreichischen Schulwesens muß zur Volks-, noch mehr zur wichtigsten Staatsangelegenheit werden. Mit der Inangriffnahme des Ausbaues, mit der Schaffung einer erfolgversprechenden Grundlage darf nicht gezögert werden. Erneuerungsbestrebungen sind immer zu begrüßen. Sie rütteln auf, sie rufen die Geister wach. Gedanken und Meinungen prallen aufeinander, im Für und Wider finden sich die Streiter. Die hingeworfenen Ideen werden von allen Seiten betrachtet, zergliedert, geklärt — und aus der Hülle löst sich der gesunde, brauchbare Kern. Reformen sind notwendig, im „Erneuern“ verjüngt sich das Leben. Im besonderen gilt dies für das Gebiet der Pädagogik, der Schule. Da die moderne Pädagogik die Forschung in ihre Dienste zog, gleichzeitig dem Leben im Schulbetriebe alle Rechte vorbehielt, muß sie den Ergebnissen und Forderungen derselben notgedrungen Rechnung tragen, sich anpassen. Der Standpunkt des Festhaltens am Althergebrachten hat, wenn überhaupt, namentlich im Schulwesen keine Berechtigung. Der Rückstand schädigt Volk und Staat. Bewegte Zeiten schärfen den Blick, das Versäumte, das Notwendige drängt sich dem Bewußtsein auf und fordert Abhilfe. So mußte auch das bestehende Schulwesen in der immer mehr und mehr durchgreifenden Erkenntnis seiner Bedeutung unter die Lupe. Vor einem halben Jahrhunderte fast (1869) wurde unser gegenwärtiges Schulgesetz geschaffen. Eine Schöpfung in fortschrittlichem Sinne, verlor es durch die Schulgesetznovelle vom Jahre 1883, die einschneidende Bestimmungen schuf, an innerem Wert. Seitdem regieren seine Paragraphen, unbekümmert um die Zeit und das wechselnde Leben. Die kampfdurchtobte Gegenwart soll nun dem Bedürfnis nach „Neugestaltung des Schulwesens“ zum Durchbruche verhelfen. Sie soll zur Dringlichkeitssache werden, die keinen Aufschub leidet; gilt es doch des Volkes bestes Gut, die Schule. Eine durchgreifende Änderung, entsprechend den Lehren und Erfahrungen der Vergangenheit und Gegenwart, wird eintreten müssen, eine Umwertung, die der Zukunft dient; es müssen die Grundlagen geschaffen werden, die bürgen, daß das Ziel aller Erziehungstätigkeit, gesunde und tüchtige Menschen heranzubilden, nicht bloß Ziel bleibt, sondern auch tatsächlich erreicht werde. — Die restlose Lösung dieser Erzieheraufgabe müßte naturgemäß dem Staate die größten Vorteile sichern. Vorteile bedingen aber auch Pflichten. Sie erfüllt der Staat, wenn er die Gestaltung und Erhaltung des gesamten Schulwesens als seine Aufgabe betrachtet. Diese Forderung im Erneuerungsvorschlage wurde bereits zur wohlbegründeten Hauptforderung des Großteiles der österreichischen Lehrerschaft. Sie wird zur Grundbedingung einer gedeihlichen Entwicklung des ganzen Schul- und Erziehungswesens. — Hat der Staat erst das Gebiet der Schule zum Arbeitsfeld erkoren, dann darf und wird er nicht zögern, die Erziehung seines Volkes derart zu gestalten, daß Tüchtigkeit der Gesamtheit durch zielbewußte Ertüchtigung der Jugend aller Schichten erlangt werde. Fichte sagt: „Dasjenige Volk, welches bis in die untersten Schichten hinein die tiefste und vielseitigste Bildung besitzt, wird zugleich das mächtigste und tüchtigste sein.“ Dem Begabten, Fähigen müssen ohne Rücksicht auf soziale Verhältnisse alle Schulen und Berufe offen stehen. Dann werden die Kräfte des Volkes in vollem Maße dem Staate und dem Gemeinwohle dienen und nicht ungenützt, weil ungeweckt, verkümmern. Der Ruf „Bahn frei dem Begabten!“ darf nicht verhallen, will der Staat die schweren Verluste an Menschen, die mitten aus dem Schaffen gerissen wurden, vollwertig ersetzen. — Die Einheitsschule öffnet den Weg zu wahrer, durchgreifender Volksausbildung; ihre Er-, bezw. Einrichtung fordert das Reichs- und Volksinteresse. — Das Verlangen nach Fürsorgetätigkeit im vorschulpflichtigen Alter und nach Fürsorgeeinrichtungen für schulpflichtige Kinder, denen die Liebe und Pflege der Eltern fehlt, ist im Ermessen des Wertes eines gesunden, normal entwickelten Geschlechtes vollauf begründet. Im gesunden, gekräftigten Körper wohnt der Trieb zur Arbeit, der Drang nach Tätigkeit. Die Mitarbeit der Allgemeinheit in der Sorge für das körperliche Gedeihen unseres Nachwuchses — geregelt durch gesetzliche Bestimmungen — ist erforderlich. Sie festigt die Volksgesundheit und ist der Damm, der die Verbreitung schon unheilvoll um sich greifender Volkskrankheiten wirksam zu hindern vermag. — Ein Gebot eiserner Notwendigkeit ist, daß sich die Sorge des Staates für die sittliche Jugenderziehung auch auf die Schulmündigen bis zum vollendeten 18. Lebensjahre erstrecke. In diesen für die sittliche Entwicklung des Menschen gefährlichsten Altersstufen dürfen sie nicht jedem erziehlichen Einfluß entzogen bleiben; zu groß sind die Schäden, die unserer Jugend, den künftigen Bürgern, durch den Entfall jeglicher Erziehung und Weiterbildung über die gegenwärtig festgesetzte Schulzeit hinaus zugefügt werden. Die Erhaltung und Festigung der durch die unterrichtliche und erziehliche Tätigkeit der Volksschule geweckten Kräfte wird eine wesentliche Hebung der Volkstüchtigkeit zur Folge haben. Die Forderung nach Fortbildungsunterricht zum Zwecke der geistigen und sittlichen Ertüchtigung der Schulentwachsenen muß Erfüllung finden, soll die klagendste Lücke unserer Volkserziehung verschwinden. Daß auch die Lehrerbildung einer Anpassung an die fortschreitende Zeit mit ihren veränderten Verhältnissen und höheren Anforderungen bedarf, steht außer Frage. Eine Erneuerung wird von der Gesamtlehrerschaft lebhaft gewünscht. Das Ministerium für Kultus und Unterricht beschäftigt sich bereits mit der dringenden Angelegenheit und soll nach der Mitteilung eines Olmützer Blattes einen Entwurf der Reform fertiggestellt haben. Die Lehrerbildungsanstalten sollen um einen fünften Jahrgang erweitert werden. Landwirtschaft, Orgel-und Klavierspiel als nichtobligate, die zweite Landessprache als obligater Gegenstand, außerdem einzelne Materien der oberen Mittelschule eingeführt werden. Der Stein wäre wenigstens im Rollen! Die Forderung nach Ausgestaltung des Schulbetriebes in der Art, „daß nicht durch Drill die Selbsttätigkeit erstickt wird, sondern daß umgekehrt auf Grundlage einer allgemeinen Bildung eigenes Denken, Entschluß- und Handlungsfähigkeit erzielt wird“, läßt sich wohl kaum durch Gesetze, Verordnungen, Lehrpläne u. dgl. durchsetzen. Die im Kinde ruhenden Kräfte und Fähigkeiten so zu entwickeln, daß sie den Erwerb von Kenntnissen, selbständiges Handeln und Arbeiten, eigenes Denken und Anwenden ermöglichen, ein Glied der Gesellschaft schaffen, das sich bewußt in die Gemeinschaft einfügt und Mitarbeit leistet *n ihrem Dienste, bedingt eine Unterrichtsreform: Die Heranziehung der Kinder zur Selbsttätigkeit, zur geistigen Mitarbeit im Erstreben des Lehrzieles der Unterrichtsstunde, rechnungtragend dem Betätigungstriebe. Da ist der gesunde, erfolgversprechende Weg, den zu führen allein die Erziehertüchtigkeit, die Lehrerpersönlichkeit vermag. Die Arbeitsliebe, die Arbeitsbegeisterung des Lehrers erneuert im Unterrichte. Sie ist „gesetzlich“ nicht zu schaffen. — Vieles ließen die Erfahrung und die Not der Gegenwart zur Gesundung unseres Schulwesens erforderlich erscheinen. Nun muß vor allem der Wille zur Erneuerung Wurzel fassen, entwickeln wird er sich. Die Erkenntnis des Wertes, der in einer umfassenden, vertieften Volksbildung liegt, wird sich mehr und mehr klären und zur Tat führen; die Straße zur kulturellen Höhe unseres Volkes baut in unentwegter Kleinarbeit die Schule. Hans Zach. Kinwcis: Der grundlegende Aussatz zu dieser Sammelrede findet sich im 151. Hefte, auf S. 3687. Rege Teilnahme dringend erbeten. D. Sch. Die Erziehung zum Gehorsam. (Beitrag zur militär. Vorbereitung der Jugend.) Wenn man im jetzigen furchtbaren Weltkriege an den einzelnen Fronten oft lange Schützenlinien ohne einen Vorgesetzten im wirksamen Gewehrfeuer finden kann und es sich ganz von selbst versteht, daß jeder einzelne Soldat da aushält, wohin ihn der Dienst gestellt hat, auch dann, wenn kein befehlender Vorgesetzter mehr da ist, so war dies der unbedingte Gehorsam, den jeder einzelne freiwillig, gleichsam unbewußt, darbrachte. Der Befehl, das vom Feinde besetzte Dorf zu stürmen, kann ein taktischer Fehler sein, aber weil Tausende von Soldaten ihre ganze Leistungskraft an diesen Kampf setzen, gelang er und die Tapferkeit der Soldaten hatte trotzdem den Sieg erfochten. Wieder war es der unbedingte Gehorsam, der sie zum Siege führte. Es liegt eben im Gehorsam eine Macht, die groß genug ist, alle Hindernisse zu beseitigen. Ein deutsches „Hurra!“, so recht in die Ohren gellend, haben unsere Feinde noch nie ausgehalten. Dieser Schlachtruf drückt in überwältigender Weise aus: Wir wollen und müssen siegen. Die größten Heldentaten gingen oft aus dem freien Entschlüsse des einfachen Soldaten hervor, dem niemand einen Befehl geben konnte, weil eben niemand mehr da war, der hiezu berechtigt gewesen wäre, der allein der inneren Stimme folgte, die Gehorsam als freiwillige Ehrengabe da fordert, wo es niemand verlangen konnte. In der Bewertung des Soldaten gibt den Ausschlag: das Herz, die Gesinnung. Unsere Soldatenerziehung hatte bisher das große Ziel im Auge: Den Mann so an den Gehorsam zu gewöhnen, daß er ihm zur zweiten Natur werde. Wenn es nun dermalen zu unserer größten Freude und zu ebensolchem Stolze bisher so ist, so haben wir aber die heiligste Pflicht, alle Hebel in Bewegung zu setzen, an der Erziehung zum unbedingten Gehorsam besonders der schulmtindigen Jugend wie der Schulkinder tatkräftigst weiter zu arbeiten, daß cs auch in Hinkunft so bleibe. Auf diese Weise liefern wir dem Vaterlande den kostbarsten Wehr sch atz. Die Jugend muß zum unbedingten Gehorsam erzogen werden. Das soll unsere durch große Konsequenz zu lösende Hauptaufgabe sein. Es darf nicht sklavische Unterordnung verlangt werden, sondern jener treue, zuverlässige Gehorsam, dessen Voraussetzung ein unbedingtes Vertrauen zu der Person des befehlenden Vorgesetzten ist. Das große Geheimnis der Erziehung zum Gehorsam ist es, auch das kleinste Abweichen vom Wege der Pflicht nicht zu dulden. Wer da meint, bei kleinlichen Versäumnissen die Augen zudrücken zu dürfen, um als Gegenleistung bei wichtigeren Anlässen um so größeren Eifer zu verlangen, der irrt. Reicht das Wort — die Rute fort; reicht der Blick — spar’-das Wort. Nur keine Nachsicht! Der Erzieher muß die Energie haben, alles durchzusetzen. Wer seinen eigenen Dienst als eine Schule des Gehorsams ansieht, für den bekommt auch das scheinbar Kleinliche Wert. — Die Kinder sind früh an den Gehorsam zu gewöhnen. Der Erzieher erwäge wohl die Art des Befelilens, der Belehrung, Ermahnung, Warnung und Strafe! Er gebe selbst das beste Beispiel, denn echter Gehorsam wächst nur auf dem Boden der Ehrfurcht. Wir Lehrer selbst müssen in erster Linie gelernt haben, an die gewissenhafte Pflichterfüllung den letzten Hauch daranzusetzen. (Sehr richtig! D. Sch.) Die grüßte Kraft des Menschen ist der Wille, der Gehorsam ist geeignet, dem Willen seine Spannkraft zu geben; er führt zum Sieg! Ferdinand Barta, Lehrer an der deutschen Schule in Neumarktl, Oberkrain. Aufgaben und Entwicklung des (deutschen) Schulwesens nach dem Kriege. (Vom Univ.-Prok. Dr. Aloys Fischer, München.) (Schluß zu den Ausführungen im 155. Heft.) Die Jugend nach dem Kriege wird sich in einer eigenartigen Lage befinden: um den Aufgaben gerecht werden zu können, die der Friede bringt, wird sie lernen müssen, angespannt und hingegeben, wahrscheinlich noch fleißiger, gründlicher, vielseitiger als die deutsche Jugend je vor dem Krieg gelernt hat. Deutschland geht einer Zeit entgegen, die an seine Kräfte die höchsten Anforderungen stellt, denn der Friedensschluß wird nicht einen wirklichen Völkerfrieden bedeuten, sondern nur den Übergang vom Waffenkampf zu dem unblutigen Krieg des Wettbewerbs auf dem Weltmarkt, der letzten Endes von der besten Warenqualität gewonnen wird, zur Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Kulturauffassungen und Zielbestimmungen des Menschengeschlechts, in der nur bestbegabte und bestgebildete Völker und Individuen Aussicht haben, sich der Geistesfreiheit zu erfreuen, die mit Worten von allen anerkannt wird, in Wahrheit aber durch die vielfache Verflechtung geistigen Lebens mit Wirtschafts-, Rechts- und Machtverhältnissen einem mißliebigen Gegner ebenso beengt werden kann wie seine koloniale oder industrielle Expansion. Und in diesem Wettbewerb wird Deutschland nach dem Krieg zunächst weniger günstig gestellt sein als vorher; dafür sorgt der Mangel an Rohstoffen, der Wirtschaftsbund unserer Feinde und die überaus geschickte Verleumdung des Deutschen in der ganzen Welt, dafür sorgt auf dem Gebiet des Kampfes um Geist und Inhalt der Kultur der heute schon vorbereitete Zusammenschluß der anglo-amerikanischen Welt, welche die „Meinung der Welt“ zum Schiedsrichter erheben will, der dem einzelnen Reich vorschreibt, was es darf und nicht, vielleicht auch seinen Glauben, seine Sittlichkeit und Kunst normiert, und selbstverständlich im stillen gewiß ist, daß eben England und Amerika die „Meinung der Welt“ sei es repräsentieren, sei es — wie schon in diesem Krieg - „machen“ können. Deutschland muß alle seine Kräfte anspannen, und dieser Zwang wird sicher auf unsere Schulerziehung zurückwirken. Andererseits lernen wir doch aus dem Krieg gerade den Wert der körperlichen Gesundheit und müßten also nach einer gewissen Entlastung, Schonung der lernenden Jugend streben. Die deutsche Jugend wird sich in einem Dilemma zwischen wachsender Beanspruchung und gleichzeitig wachsender Notwendigkeit der Schonung der körperlichen Grundlagen alles Schaffens befinden; aus dieser Zwangslage gibt es nur einen Ausweg: die planmäßige körperliche Erziehung von der Geburt bis zum Waffendienst; und die Notwendigkeit zu solcher Körperbildung besteht in gleicherweise für Knaben und Mädchen. Auch mit dieser Folgerung ist eine Grundaufgabe der deutschen Erziehung nach dem Krieg festgelegt. Ich kann nicht im einzelnen ausführen, welche Wege die körperliche Erziehung gehen soll; nur die grundsätzlichen Gesichtspunkte möchte ich heraussteilen. Keine Altersstufe, keine Schulart ist von der Verpflichtung ausgenommen, für die körperliche Ertüchtigung auf ihre Weise mitzusorgen. Wie schon in der frühen häuslichen Pflege auch das Kinderturnen betrieben werden kann, ist leider bei uns noch wenig bekannt; was das Spiel im Kindergarten bedeutet, wird mehr gewürdigt. Da Schulturnen in der Fülle seiner Formen der Frei-, Ordnungs-, Gerätübungen, möglichst unter freiem Himmel, das Spielen von „Schule wegen“, das Wasserturnen, das Wandern, Leichtathletik und Sport verteilen sich auf die Altersstufen von Volksschule bis Hochschule, verbinden und ergänzen sich mannigfaltig. Wichtig ist für unser Schulwesen, daß es das Turnen durchweg als Pflichtfach anerkennt, mit der vielfach noch üblichen geringen Wertung desselben bricht und die für gründliche körperliche Durchbildung erforderliche Zeit dem Turnen einräumt. Auf die Wahl der Übungen, den Gang im Turnunterricht, die Forderung von Spielnachmittagen usw. einzugehen, das muß der ärztlichen und turnfachverständigen Überlegung überlassen bleiben. Nur ein Punkt bedarf, weil er gerade im Krieg erst strittig geworden ist und in Zukunft sicher noch erörtert werden muß, der Beleuchtung, nämlich der Abschluß der körperlichen Ausbildung der männlichen Jugend durch eine militärische Vorbereitung. Über ihre Notwendigkeit — nicht in der Ausnahmezeit des Krieges, sondern nachher, im Frieden — sind die Meinungen noch geteilt. Eine große Partei, darunter auch Vertreter des Offizierskorps, glaubt, daß die allgemeine körperliche Erziehung völlig zureiche auch als Vorbereitung auf den Waffendienst, sie legt im übrigen auf Gehorsam, Opfersinn und andere moralische Qualitäten das Hauptgewicht in der Propädeutik für den Heeresdienst, Eigenschaften, wie sie vor allem durch unsere Schulzucht angebahnt werden. Eine kleine Anzahl von Gegnern hält die speziell militärische Jugendvorbereitung nicht nur für überflüssig, sondern für schädlich. Die Jugend nehme gerade die schlechten Eigenschaften an, das Prahlerische, Rohe, Äußerliche, das sich beim Soldaten ausbilden kann; die „Soldatenspielerei“ beeinträchtige die Lernarbeit der Jugend, das Pflichtbewußtsein der Schule gegenüber, und tue dadurch sogar der echten Wehrgesinnung Abbruch. Eine dritte Gruppe will radikal durch ein Reichsjugendwehrgesetz für die militärische Vorbereitung Sorge getragen wissen, damit „die Zahl der Militärdiensttauglichen erhöht und die Ausbildung im Heer selbst erleichtert wird". Eine vierte Gruppe geht scheinbar weniger weit — sie verzichtet auf eine gesetzliche Vorbereitungspflicht — in Wirklichkeit aber viel weiter, indem sie das gesamte System der körperlichen Jugenderziehung auf den militärischen Dienst hin anlegt, andere Formen der Körperbildung als darin enthalten oder als weniger berechtigt ablehnt und neben den Erziehungseinflüssen in Haqs, Schule und Fachunterricht einen Einfluß des Militärs für die ganze Dauer der Erziehung gesichert wissen will. Eine letzte Gruppe endlich, zu der ich mich selbst bekennen möchte, will unterscheiden und vermitteln: sie betrachtet die körperliche Erziehung durchaus im Rahmen des gesamten Erziehungsplans, als Teilaufgabe, sie sieht und erkennt verschiedene Stile der Körperbildung und betont, daß die einzelnen Stufen des Jugendalters nicht für jedes System der Körperbildung geeignet sind, sie will unter allen Umständen die Erziehung im ganzen nicht durch ungeeignete Maßregeln oder die Überbetonung eines Teiles beeinträchtigen lassen, kann sich aber dem Gedanken nicht verschließen, daß die 18- und 19jährigen entweder durch einen früheren Beginn der Dienstzeit oder durch eine, den Abschluß der körperlichen Erziehung bildende Dienstvorbereitung einige Ahnung von Aufgaben und Leistungen des Soldaten erhalten sollen. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die Frage der Notwendigkeit gar nicht allein vom Boden der Erziehung aus und von den Pädagogen allein entschieden werden kann. Wir werden darauf zu hören haben, ob unsere Heeresleitung der Ansicht ist, daß für Deutschlands künftige Sicherheit eine Vorbereitung der Jugend erforderlich ist, oder ob das bisher übliche System der Mannschaftsausbildung genügt. Und ich möchte zur Beleuchtung unserer Lage auch hier wieder einige Zahlen nennen. In Frankreich z. B. gab es im Jahre 1907 rund 3000 Volksschulschießvereine und 2000 Vereine zur Schießausbildung höherer Schüler. Und Frankreich stellt in diesem Krieg die Soldaten, welche nicht nur die größte Bravour unter unseren Feinden aufweisen, sondern weitaus am verwendungsfähigsten sind. In Frankreich werden seit Jahren an den Lehrerbildungsanstalten Kurse zur Schießausbildung der Lehrerschaft abgehalten. Gewiß, der Deutsche ist ohne Jugendwehr kein schlechterer Soldat als der Franzose; es fragt sich nur, ob er mit Jugendwehr nicht noch besser sein könnte, als er jetzt ist. Es fragt sich zum mindesten, ob wir in einem künftigen Krieg es wieder darauf ankommen lassen wollen, Ersatzreserven und ungediente Mannschaft abgekürzt ausbilden zu müssen, oder ob wir durch eine Jugendwehr dafür Sorge tragen wollen, daß jeder einige Ahnung von dem hat, was der Soldat leisten muß. Denn der Soldat muß heute viel mehr können, selbständiger und persönlich durchgebildeter sein als je früher. Auch in England hat neben der Begünstigung der Leibesübungen durch die allgemeine Volkssitte gerade die militärische Jugendwehr große Fortschritte gemacht und dürfte nach dem inzwischen erfolgten Übergang Englands zur Wehrpflicht in Zukunft noch mehr Bedeutung erlangen. Japan vor allem „militarisiert“ sein Volk von Kindesbeinen an, in ganz anderer Weise als sonst ein Staat. Wenn man sich Deutschlands geographische und politische Lage vergegenwärtigt, wie sie auch nach einem siegreichen Ausgang des Krieges und auch im Falle eines dauernden Bündnisses mit seinen jetzigen Freunden sich gestalten wird, so möchte man die Jugendwehr als einen Zwang, eine Maßregel der Volksnotwehr empfinden. Schon unsere Lage zwischen mächtigen Nachbarn zwingt uns dauernd, den Schutz unserer Grenzen und die Schlagfertigkeit unserer Armee nicht aus dem Auge zu verlieren. Der militärisch-politische Druck auf uns wird im kommenden Frieden noch größer werden, als er vorher war; unsere geographische Lage zwischen Romanen und Slawen wird ein Teil unseres Schicksals auch in Zukunft sein, und diese Lage wird immer erfordern, gerüstet zu sein. Aus solchen Erwägungen heraus möchte ich die Notwendigkeit einer militärischen Jugendvorbereitung anerkennen. Das Problem, das m. E. dabei vorliegt, ist die richtige Form und Begrenzung, die Eingliederung in das Ganze der Erziehung zu finden. In dieser Hinsicht wird man scharf zwischen den verschiedenen Abschnitten der Jugendentwicklung unterscheiden müssen. Während es sich für zehn- und zwölfjährige Schüler höchstens um militärisch orientiertes Turnen und das im Gelände sich entfaltende Kriegsspiel handeln kann, ist vom vollendeten 17. Lebensjahre an im allgemeinen körperliche und geistige Reife genug vorhanden, um solche Formen der Vorbereitung beizubehalten, wie sie sich im Krieg in unseren Jungsturmriegen, Turnerlandsturmregimentern usw. bewährt haben. Soweit die Jugend dieser Stufe noch in Schule oder Lehre der geregelten Erziehung unterliegt, ist dafür Sorge zu tragen, daß der Pädagoge nicht ohne Einfluß auf die militärische Jugendvorbereitung bleibt, wie überhaupt eine rein soldatische Organisation ohne Mitwirkung der Erzieher in Gefahr geraten kann, unjugendgemäß zu werden. Das Detail der militärischen Jugendvorbereitung wird man augenblicklich ohnehin nicht festlegen können, weil noch gar nichts darüber bekannt ist, wie die Grundsätze der Mannschaftsausbildung durch die Kriegserfahrungen verändert werden. Wir müssen uns damit begnügen, ihre Notwendigkeit zuzugeben, und dürfen versichert sein, daß sie nach dem 17. Lebensjahr keinerlei Gefahren für die Erziehung einschließt, die nicht bei richtiger Behandlung vermieden werden können. Und wir müssen dringend wünschen, daß al le Jugendlichen von ihr erfaßt werden, und nicht, wie es bei dem jetzigen System der Freiwilligkeit und der Organisation durch Vereine und Schulen der Fall ist, bloß ein Viertel oder die Hälfte. Als ein geschlossener Aufbau muß die körperliche Erziehung in der Kinderstube begonnen, durch die Schulen fortgesetzt und, etwa mit erreichter Wehrfähigkeit, in die Vorbereitung auf den Heeresdienst übergeleitet, mit ihr abgeschlossen werden. Für ein Mehr an freiwilliger körperlicher Ausbildung im Wandern und in den vielen Arten des Sports bleibt dabei auch noch Zeit; Sache der Schule, der öffentlichen Organisation der deutschen Erziehung überhaupt ist es nur, das Wesentlichste allen Schülern und Jugendlichen zu sichern. Kommt es zu einer militärischen Jugend Vorbereitung, so ist auch die Prüfung der Frage nicht mehr von der Hand zu weisen, ob die Berechtigung zum Einjährigendienst nicht einer Neugestaltung fähig ist. Es ist der Gedanke nicht von der Hand zu weisen, daß zwischen der Berechtigung zum einjährigen Dienst und der Befähigung zum Reserveoffizier ein Unterschied besteht; auch bisher ist ja ein großer Teil der Einjährigen nicht zum Offizier qualifiziert worden. Gibt man den Unterschied zwischen diesen beiden Dingen zu, so ist nicht mehr einzusehen, warum der Besuch höherer Schulen und ein dabei erworbenes Maß von Kenntnissen die Vergünstigung einer Dienstverkürzung begründen solle, Bewährung im rein militärischen Dienst dagegen nicht. Für den Truppenführer allerdings kommen ja Eigenschaften in Betracht, die im allgemeinen häufiger sich bei Höhergebildeten finden; aber das Einjährigeninstitut braucht an sich nichts mit der Ausbildung und Anwartschaft zum Reserveoffizier zu tun zu haben. Aber vielleicht sind solche Überlegungen durch die von unserer Heeresleitung in der Stille gefaßten Beschlüsse bereits gegenstandslos geworden, vielleicht wird die Ausbildung des Soldaten so umgestaltet, daß das Einjährigenwesen in seiner bisherigen Gestalt Geschichte wird. Wir haben als die erste Aufgabe der Erziehung nach dem Krieg die Sicherung unserer Volkskraft erkannt; Kinderfürsorge, Verbesserung unserer Mädchenerziehung, körperliche Ertüchtigung sind einige der wichtigsten Folgerungen, die sich aus ihr ergeben; eine letzte Konsequenz sind Maßnahmen zur Sicherung der Qualität des Volkes, eine Auslese, die den Aufstieg der Begabten und Tüchtigen aus allen, auch den unbemittelten Schichten gewährleistet. Nach dem Krieg wird es besonders nötig sein, daß jeder auf den Posten kommt, auf den ihn Gott hingedacht hat, als er seine Kräfte und Fähigkeiten schuf. Das Problem der Auslese ist hauptsächlich ein solches der höheren Schule, verknüpft mit der Frage der Erziehungskosten, der Prüfungen und Berechtigungen. Eine gewisse Auslese für unser höheres Bildungswesen und durch dasselbe hat nie gefehlt; aber sie gab uns keine Gewähr, daß sie tatsächlich alle Talente und Begabungen fand und förderte. Die Aufgabe, welche der Schule der Zukunft in dieser Beziehung obliegt, läßt sich am besten durch die Gegenüberstellung von zwei Grundsätzen der Auslese klarmachen. Bisher war die Auslese im Prinzip negativ, d. h. sie lief darauf hinaus, Untüchtige und Ungeeignete von vornherein von den höheren Schulen fern/uhalten, oder nach und nach aus ihnen wieder auszuscheiden. Aufnahmeprüfungen, Zrnsurwesen. Versetzungsprüfungen waren die Hauptmittel der Auslese. Ich lasse dahingestellt, ob einzig die e langien Kenntnisse und Fertigkeiten ein brauchbarer Maßstab für die Auslese sind; jedenfalls waren es im bisherigen System vorzugsweise intellektuelle Werte, nach denen die Auslese getroffen wurde, und die Auslese selbst setzte erst ein, wenn die Laufbahn der höheren Schule angefangen war. Es ist bekannt, daß in den letzten Jahren vor dem Krieg die Klagen über den Rückgang der Leistungen unseier höheren Schulen zugenommen haben, daß die negative Auslese vielleicht nicht immer so streng gehandhabt wurde, wie dies nötig ist, wenn das Niveau unserer gebildeten Berufe nicht sinken soll. Der Krieg wird hier den Anlaß geben, uns auf den Zweck der Auslese zurückzubesinnen Wir we den auf die negative Auslese nicht verzichten dürfen; im Gegenteil, gerade in Zukunft wird es notwendig, die Ausschaltung untüchtiger Elemente durch Steigerung der Ansprüche rücksichtslos durchzuführen, um so unsere höheren Schulen von den vielen ungeeigneten Elementen zu entlasten, die eben een Versuch machen, mitzukommen, weil sie zunächst das Schulgeld bezahlen können oder die von vomh. rein nur ein Teilziel anstreben. Es wird dabei freilich notwendig werden, die Maßstäbe unserer Ausle-e zu revidieren, weniger Kenntnisse als Fähigkeiten und mehr noch Kräfte und Eignungen zu prüfen, neben der Bewährung in der Schule und ihren Fächern auch dem frei sich entwickeln en Talent, soweit es noch von gar keiner Schule gepflegt wird, den sittlichen Kräf en Ein laß einznräu" en nd die Auslese mehr auf die psychologische Analyse der Gesamtpersnnhchkeit als auf die Quantmerung der intellektuellen Leistung zu gründen. Die negative Auslese sichert uns also vor dem E nmtt ungenügend begabter oder psychisch ungeeigneter Elemente in die gebildeten Berufe Sie fordert eine Ergänzung durch positive Auslese, die begabte und geeignete Kinder veranlaßt, s ch den höheren Schulen zuzuwenden, wenn sie oder ihre Angehörigen dies Ziel nicht von sei st ins Auge fassen, ihnen die Mittel dazu verschafft, wenn sie nicht darüber verfügen. Die positive Auslese ist nicht ohne ein System sozialpolitischer Maßnahmen möglich, ohne Vermehrung der Schulgeldfreiheit, Verbringung der Schüler aus ungeeigneten häuslichen Verhältnissen in Freiplätze, Internate, Jugen.ihemie, und erfordert erhebliche Mittel. Aber gerade jetzt fühlen wir alle, daß wir durch Beih lfe zu solchen Werken weniger eine Christenpflicht der Barmherzigkeit, als eine Bürgerpflicht gegen Vo k und Vaterland erfüllen; wir müssen im eigenen Interesse unseres Staates Sorge tragen, daß jede Kraft auf die Stelle kommt, auf die sie Gott gedacht hat, als er sie schuf. Aus Gründen der nationalen Wohlfahrt müssen wir die Maßnahmen schaffen bezw. vermehren, die den Aufstieg der Begabten aus minderbemittelten Schichten gewährleisten, müssen die negative Auslese durch eine positive ergänzen. Kriegserdkunde. Wenn wir die Forderungen der Lehrerschaft betreffs der Erdkunde unserer Zeit zusam-menfassen, so ergibt sich etwa folgendes Bild. Grundlegung jedes erdkundlichen Unterrichtes ist die Heimatkunde. Kunde kommt von kennen — damit ist der Lehrgang eindeutig bestimmt. Die Landschule kann hieraus den größten Nutzen ziehen. In freier Natur werden die geographischen Begriffe gewonnen und in abgezogener Darstellung zur Heimatkarte umgestaltet. Als Folgerung ergibt sich die Überlassung vorzüglicher Einzelkarten (Schillert, Bezirk) für Schulzwecke um billiges Geld. Nirgends sollte eine deutliche Reliefkarte fehlen, wie sie zeitweise hervorragende Zeitschriften in guter Erkenntnis ihrer Anschaulichkeit zur Wertung der Ge- 3794 ländeachwierigkeiten der einzelnen Kriegsschauplätze bringen. Schon in der Volksschule übe man an Meßtischblättern genaues Kartenlesen, das durch Ausflüge in Werktätigkeit umgesetzt werde: unter der Führung eines Schülers mögen sich die Knaben an Hand der Karte und des Kompasses mit Hilfe des Lehrers üben im „Schätzen, Berechnen und Messen von Längenmaßen,“ die zugleich als Zeitmaße erprobt werden sollen. Bei der Behandlung fremder Staaten treten politische Probleme in den Vordergrund, so daß sich die Geologie mit sehr knapper Darstellung bescheiden muß. Daß dadurch der rein geographischen Betrachtung der Fremde keinerlei Abbruch geschieht, dafür bürgt die rückhaltlos anerkannte Wirtschaftsgeographie, die uns ferne Länder nach dem Maße der Heimatkunde durchforschen und verstehen lehrt und durch stete Beziehung auf das Vaterland Namen, die an sich unverständlich sind, mit bewußtem Inhalte erfüllt. Mit Recht sagt Matthias: „Dasjenige Volk hat in Zukunft für seine Machtstellung am meisten zu hoffen, in welchem Heimatsinn und Vaterlandsinn sich eng vereinigen mit der Erkenntnis fremder Völker, ihrer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten, ihrer Sitten und Einrichtungen, ihrer Vorzüge und Fehler.“ In diesem Sinne erwächst der zukünftigen Erdkunde die Pflicht, die Welt vom eigenstaatlichen Standpunkte aus zu betrachten, zu erfassen und unseren Bedürfnissen im weitesten Maße nutzbar zu machen. F. Meixner d. J. 14 — 20. (Wechselrede.) 1. Daß für die der Schule entwachsene Jugend mehr geschehen muß, als bisher geschah, wird jeder wahre Volksfreund einsehen. Bei den Knaben beginnen die Flegeljahre und wenn die Jungens vom 14. Jahre an sich selbst überlassen bleiben, gehen sie im Strudel der Ungebundenheit verloren. Auch die Mädchen dürfen mit 14 Jahren nicht der Wildbahn preisgegeben und die schönsten Jahre der Charakterbildung nicht dem blinden Zufall überlassen werden. Gerade in dieser Zeit erschließt sich dem Mädchen das rechte Verständnis für seinen späteren Pflichtenkreis und in dem phantastisch angelegten Mädchenalter braucht es dringend Führung und Leitung. Auch für dieses Lebensalter gelten noch die Worte Brentanos: „Wie so arm ist ein Kind — An dem Scheideweg geboren! Heut geblendet — morgen blind, — Ohne Führer gelit’s verloren.“ Ich beantrage also erstens die Einführung von Fortbildungsschulen als Pflichtschulen und für die Mädchen auf dem Lande die H a u s h a 11 u n gs s c h u 1 e n, deren Besuch ebenfalls zur Pflicht gemacht werden muß. In diesem Alter verlassen Knaben und Mädchen so gerne die heimatliche Scholle und strömen der Stadt zu, nicht ahnend, daß ihnen dort vielfach physischer und moralischer Untergang droht. Diesem Zug in die Stadt muß gesteuert werden. Sehr wahr sagte Ministerialdirektor a. D. Dr. Thiel in Berlin: „Nicht durch Zwang kann man die Menschen auf dem Lande halten, sondern dadurch, daß man das Gute der modernen Zeit auch auf das Land trägt.“ Man versorge die Bevölkerung mit gutem Lesestoff! An geeigneten Büchern für Knaben und Mädchen im Jünglings- und Jungfrauenalter fehlt es nicht. Darum zweitens Bibliotheken gründen und drittens für ländliche Volksunterhaltung sorgen! Unser Landvolk ist an echten Volksfesten sehr arm geworden, die Volksunterhaltung ist auf eine tiefe Stufe herabgesunken. Alkohol und Sinnlichkeit spielen die Hauptrolle. Volksfreunde aller Stände bemühten sich, namentlich in Deutschland, das arbeitende Volk in Stadt und Land wieder für edlere Genüsse empfänglich zu machen. Bei der heran wachsenden Jugend muß vor allem begonnen werden und es muß ihr Freude beigebracht werden am Bewegungsspiel auf dem Dorfanger, an Wanderungen, Reigen, Gesang und Theaterspiel. Außer solchen Sommerfesten im Freien wären viertens Volks-Unterhaltungsabende von Bedeutung. Jedem Abende soll eine eigene Idee zugrunde liegen, z. B. das Volkslied, Märchen und Sagen, Geschichtliches, Vorträge, Gesänge, Lichtbilder, szenische Vorführungen usw. Diese Volksunterhaltungsabende würden durch ihr wochenlanges Vorbereiten der Langweile des Dorfes steuern, die Jugend vor manchem losen Streiche bewahren, den vorhandenen Intelligenzen ein dankbares Betätigungsfeld bieten. Passende Stücke müßten in den Volksdialekt übertragen werden, richtige Spielplätze in den Dörfern und Jugendheime sollten errichtet werden. Wenn wir Lehrpersonen alles das oder doch etwas davon in unserm Wirkungsorte 3795 zustande brächten, so wäre es um die Erziehung der Jugend nicht schlecht bestellt und sicherlich würden die Klagen über die zunehmende Verrohung derselben allmählich verstummen. Lehrerin F. Moll in Häselgehr, Tirol. Ein Kapitel über den Krieg vor 200 Jahren. (Ein Beitrag für die Schulchronik.) 1706 gab der berühmte Kanzelredner Abraham a Sancta Clara in Wien das seltsame Buch Hui und Pfuj der Welt“ heraus. Es ist ein stattlicher Schweinslederband, der auf mehr als 600 Seiten (Schreibheftgröße) schöne Bilder, lateinische und deutsche Gedichte, inhaltsreiche Betrachtungen und Fabeln enthält. Diese betreffen die verschiedensten Dinge, u. zw. die Gestirne, Elemente, Naturreiche, Niederschläge usw. Die letzten Aufsätze handeln von Kometen, Krieg, Hunger, Pest, Erdbeben u. dgl. Über den Krieg läßt sich der schwäbische Verfasser also vernehmen: . Der Krieg. Wir sind durch so harte Streich annoch nicht zum Guten weich. Der Trummein Brummeln-Ton, das Schallen der Trompetten, Der Pauken Billigung verscheuet Fried und Kuh. Die Fürsten mögen sich jetzt mit Helmen fretten; Der trüget Pfeil und Tartsch und jener Schwerdter zu. Die Menschen selbsten sind sich hässig, dort und hie, Die Wahlstadt ist die Welt, das Volk ein Opfer-Vieh. Wer wollte nicht dabey die Eisen-Zeiten kennen: Der Kopf steckt unter Stahl und Eisen, daß uns graust. Die Schauben-Knaben sieht man schon mit Degen rennen Und Mann und Jüngling führt das Eisen in der Faust. Wie kommt’s, daß Gott die Welt mit Eisen peitscht und presst? Weil sich ihr Eisen-Sinn nicht anderst ziehen lässt. Es weiß fast ein jeder, daß der Krieg nichts anders seye, als ein Streit mit Wöhr und Waffen; den ersten Krieg hat Lucifer selbsten angefangen, und weil er einen ungerechten Krieg geführt, also hat er billich verloliren, und ist vom Ertz-Engel Michael überwunden worden, von selbiger Zeit an ist die Welt fast nie ohne Krieg gewesen; ungeacht der Krieg eine Mutter alles Unheils. Nulla Salus bello: In den Krügen zu Kana in Galiläa ist durch das erste sichtbare Wunderwerk Christi auf Erden etwas guts gewesen: Aber in Kriegen, wo Mars und Bellona das Braut-Volk, ist nichts als Übels zu finden: Zur Kriegs-Zeit ist gar kein Faß nacht, wol aber ein lauterer Ascher-Mittwoch, weil alles in Aschen gelegt wird: zur Kriegs-Zeit wird das Vieh hinweggetrieben, ausser das Elendthier bleibt im Land: Zur Kriegs-Zeit wird der Acker verwüstet, entgegen der Gottes-Acker angebaut; Zur Kriegs-Zeit wird alles Geld hinweggeraubt, ausser Fersengeld. Zur Kriegs-Zeit hören alle Berge auf, und sieht man allerseits nichts, als ein Jammerthal: Zur Kriegs-Zeit werden alle Lust-Gärten zerstört, und bleibt nichts anders stehen, als die Schwerdt-Lilien; zur Kriegs-Zeit haben die Leut wenig Brocken zu essen, aber harte Brocken genug zu schlucken: Zur Kriegs-Zeit findet man die Häuser lälir mit Lebendigen, entgegen die Felder voll mit Todten: Zur Kriegs-Zeit ist die Wassersucht in Augen, die Schwindsucht im Beutel, die Dürrsucht im Leib, das Elend im Land, und die Klag allerseits: Zur Kriegs-Zeit der vorhero mit stattlichen Pferden versehen gewesen, muß mit einem hölzernen Hand-Klepper vorlieb nehmen; der vorhero in linden Feder-Bettern gelegen, muß sich mit einem grüfion^Leylach auf der Erden begnügen lassen: Der zuvor aus silbernen Geschirren getrunken, mußjsich mit einem Angster behellfen: Zur Kriegs-Zeit, der zuvor voller Traid ohne Leyd, befind sich nachmals voller Leyd, ohne Traid. Dahero billich der David aus den von Gott vorgestellten Straffen, lieber die Pest erwählt als den Krieg. Ungeacht aus dem Krieg so viel Übels erwächst, so ist doch, vermög Heiliger Schrifft, ein gerechter Krieg gar nicht zu verwerffen: Wie dann Gott mehrmalen dem Moysi, dem David, dem Josue, dem Gedeon und anderen mehr den Befehl gegeben, sie sollen tapfer die Waffen ergreiffen, und wider ihre Feind ausziehen: Gott hat durch den Propheten Samuel dem König Saul andeuten lassen: Er wisse gar wol, was die Amalekiter dem Volck Jsrael für Schmach und Ungebildt haben angethan, da selbes aus Egypten zöge, er solle 8796 demnach mit seiner Mannschaft ins Feld ziehen, diese boßhaffte Gesellen beherzt angreiff'en, und alles umbringen, auch sogar der kleinen Kinder nicht verschonen. Wann der Krieg etwas böses und Unrechts wäre, so hätte unfehlbar unser Herr dem Haubtmann von Kaphar-naum eingerathen, er solle das Soldaten-Leben quitiren. Weil er aber solches nit gethan, so folgt, daß der Krieg in sich selbsten nichts Übels seye. Wie Joannes des Taufler bey dem Fluß Jordan den Tauff, der Buß eiffrigst geprediget, da sind allerley Leut und Stands-Personen hinausgangen, und hat ihn ein jeder befragt, was er thun mäste, damit er das ewige Leben erhalte? Unter anderen sind auch die Soldaten erschienen, und haben bey dem Joannes diesem Buß-Prediger den heilsamen ltath gesucht; ihnen aber hat er nicht geschafft, sie sollen den Krieg meiden, die Waffen hinweg legen, an statt des Harnisch ein Cilicium tragen, lieber ein Pilgram-Stab, als ein Partisan in die Hand nehmen, an statt der l’asteye auf den Berg Sion steigen usw. Nichts dergleichen hat er ihnen auferlegt, sondern sie bloß mit diesen Wordten verabschaidt, tliut niemand Überlast noch Gewalt, und seyet mit euerem Sold zufrieden. Auf solche Weiß hat der H. Joannes den Krieg ebenfalls nicht verworffen, das unbilliche Rauben hat er ihnen nicht zugelassen, wol aber das rechtmässige Kriegen. Zehen Ursachen werden aus heiliger Schrifft gezogen, welche da einen billichen Krieg zu führen erfordert werden, unter ändern ist auch diese, wann einem ein Land oder Reich ohne Fug und Recht, sondern gewaltthätiger Weiß genommen wird. F. M. d. Ä. Jugendftirsorge-Geschichtlein aus dem Leben.1 Von Rudolf Peerz. 1. Die einsame Lehrerin. Sie hat nun an die dreißig Jahre im Amte gewirkt und tausende von Kindern ins Leben geleitet. Da sie das, was einst ihr Herz erfüllte, als schönen, unerfüllten Traum aufgeben muß, will sie in der schweren Zeit des Krieges ein fremdes, ein verlassenes Kind bei sich aufnehmen und ihm Mutter sein. Ihr Wunsch ist alsbald erfüllt. Eines Tages hält vor dem Heim der Guten ein Wagen. Ein Priester entsteigt ihm und hernach ein blondes sechsjähriges Mädchen. Der Vater ist im Kampfe gefallen, die Mutter hat der Kummer verzehrt; nun steht die arme Waise allein in der Welt. „Komm, Herzenskindchen,“ ruft ihm die Lehrerin zu, „du sollst die Sonne meines Lebens sein!“ 2. Der Hagestolz. Sinnend sitzt er über der Zeitung, die er nun an ein dutzendmal durchblättert hat. Draußen liegt schwerer Nebel auf der Flur; den fürchtet Dr. F., denn er kriecht ihm in die Brust und erzeugt Katarrhe. „Hättest dir doch in den jungen Jahren ein Heim gründen sollen!“ So brummt F. vor sich hin. Und wieder nimmt er die zerknitterte Zeitung zur Hand. Er liest nun auch das, worüber vorher sein Auge glitt: „Kriegspatenschaft!“ Was mag das sein? „Alleinstehende wohlhabende Damen und Herren werden gebeten, für Unterhalt und Erziehung von Kriegerwaisen aufzukommen.“ „Ei, das paßt ja auf mich wie angegossen!“ So spricht Dr. F. ernst zu sich, nimmt ein Papier zur Hand und meldet sich als Pate für einen verlassenen Waisenknaben. „Der Bub soll meinem Leben, einen Inhalt geben! Dem armen Jungen will ich Sorge und Vermögen weihn!“ Spricht’s, schließt den Brief, greift zum Stock und eilt zur Post. 3. Der Großbauer. „Geh, Huberbauer, stemm dich nicht, nimm das arme Bilabl bei dir auf! ’s hat für unser Vaterland die Eltern verloren. Geh, tu ein gutes Werk! Ob jetzt in deine Schüssel acht Löffel langen oder neun, das ist gleich. Und Arbeitsleut brauchst ja auch! Der Bub wird dir einmal tüchtig helfen können. Geh, schlag ein!“ 1 Aus der Schrift „Die Sorge um das kommende Geschlecht". Verlag des k. k. Kriegshilfsbüros in Wien I, Hoher Markt 5. (Preis 60 h.) 3797 Der Huberbauer bedacht’ sich nicht lange; er ergriff die Rechte des Herrn Lehrers und sprach: „Vom Herzen gern; schickt mir’s Btlabl! Der Vater war ein braver Mann; so wird sein Kind wohl nicht schlecht sein können.“ 4. Das Testament. Die hochbetagte Frau M. fühlte ihr letztes Stiindlein nahen. Da rief sie den Pfarrer zu sich und sprach also: „Hochwürden, ehe ich von dieser Welt scheide, möchte ich mein Hab und Gut einem wohltätigen Zwecke zuwenden! Raten Sie mir!“ Da hub der Priester an: „Frau M., ’s muß ja deswegen nicht ernst werden; aber wenn Sie’s schon wollen, daß Ordnung gemacht wird, so möchte ich Ihnen das Schicksal der armen Kriegerwaisen ans Herz legen. Die brauchen die Hilfe guter Menschen am notwendigsten. Bestimmen Sie, daß ihr Haus ein Erziehungsheim werde und Ihr Geld zur Erhaltung der Darinwohnenden Verwendung finde! Dadurch graben Sie Ihren Namen in Hunderte junger Herzen und bleiben im Andenken der Gemeinde, so lange die Erinnerung an den großen Krieg dauert, d. h. für ewige Zeiten!“ Die Dahinschlummernde sagte „Amen“ und setzte mit zitternder Hand unter das vorgelegte Schriftstück ihren Namen. 5. Das kinderlose Ehepaar. Glücklich waren sie bisnun, die beiden, die innige Liebe zusammengeführt; allein eines fehlte: der kleine Störenfried im Hause, ein junges Leben, in das die zwei hätten aufgehen können. Da kam der Krieg. Er riß tausende glücklicher Väter zuboden und brachte unendliches Leid ins Land. So manches Würmchen, das aus einer ärmlichen Hütte heraus in die Welt der Wirklichkeit gekrochen war, verdarb, so manches rang mit der Not. In dieser schweren Zeit nahmen die Zwei ein verlassenes Kriegskind bei sich auf; sie wurden ihm Erhalter, Eltern. Es gedieh, es reifte zum Jüngling, zum Manne, es ward eine wertvolle Kraft des Staates . . . „Sieh, Mütterchen,“ so wandte sich der Alte im Silberhaar zu seiner Treugenossin, „es war doch gut, daß wir damals in der ehernen Zeit unser Heim belebten! Nun haben wir dem Vaterlande unser Tribut abgetragen und uns die Jahre her eine freudige Sorge bewahrt.“ (5 weitere Geschichtlein folgen.) Zum Kampf um die Staatsvolksschule.1 3. Die große Kaiserin erklärte die Schule als Politikum. Unter diesem Worte verstand man nach dem damaligen Sprachgebrauche das, was man heute unter dem Worte Staatsangelegenheiten versteht. Ob die Erörterung von Staatsangelegenheiten die Zensur zuläßt, ist fraglich. Heute ertönt der Ruf nach einer Staats Volksschule, nachdem das Reichs volksschulgesetz nahezu 50 Jahre besteht! Es ist dies der beste Beweis dafür, daß die Volks schule bisher kein Politikum im Sinne der erhabenen Kaiserin war, sondern ein Spielball der Politik und der Politiker. Durch das Volk zur Macht war die Losung. Das Reichs volksschulgesetz wurde zu Tode gedoktert. Wohin zum Teile die Absicht der Politiker hinzielte, zeigte die Vorgeschichte des Völkerringens, zeigen die abgeschlossenen und noch laufenden Untersuchungen gegen gewesene politische Machthaber. Wir iinden demgemäß die Gegner der Staatsvolksschule dermalen dort, wo sich die Schule als politisches Schacherobjekt derart einlebte, daß deren Umgestaltung in ein Staatsobjekt geradezu ausgeschlossen erscheint. Die Gegner teilen sich in zwei Gruppen: 1. Gegner der Sache, 2. Gegner der Gegner. Letztere fürchten, daß die Gegner des Staatsgedankens die Oberhand gewinnen und die Schule in ihrem Sinne zur Staatsschule machen könnten; erstere sind so lange Gegner der Staatsschule, so lange nicht sie das Machtwort im Staate haben. Gegner der Staatsvolksschule weisen auf die staatlichen Mittelschulen als abschreckendes Beispiel hin. Sie übersehen hiebei eines: Vor Jahrzehnten schossen in gemischtsprachigen Gegenden Kommunal mittelschulen wie Pilze aus dem Boden, standen unter direkter politischer Agitation. Der Großteil dieser Anstalten wurde vom Staate übernommen, um die Gemeinden vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruche zu bewahren. Hiebei änderte der Fuchs wohl den Balg, aber nicht den Schalk. Diese Erfahrung läßt es begreiflich finden, daß die Gegner der Staatsvolksschule in den Worten Staat und Volk in Zusammensetzung mit dem Worte Schule wenn nicht Gegensätze so zu mindest einen Widerspruch 1 Ausgauqsarfikel im 149. Heft. finden. Sie können es nicht fassen, daß sich der Staatsgedanke durchringen wird, daß sich dieser durchringen muß, daß das Volk sich dem Staate unterordnen wird, und nicht umgekehrt. Das ist der springende Punkt. L. Kleine Mitteilungen. 19.) Der Kamps gegen die gtenvahtfofung der Jugend erfordert die eifrige Mithilfe der gefunden Öffentlichkeit, vor allem aber Polizeivorfchristen, die durch entsprechende Maßregeln ihre Gültigkeit darzutun vermögen. Sonst lachen die Belangten mit dem Major Mark Twains: „Sie verbieten mir das Rauchen, gut! Doch ich schere mich darum nicht. Oder haben Sie ein gesetzliches Mittel, mich daran zu verhindern?" Die Wahrheit über diesen Punkt enthüllt Dr. Tumlirz, wenn er sagt, nicht Verbote, sondern Entziehung des Verbotenen werde raschen und sicheren Wandel schaffen. 20.) Areie AZ ab» dem Hakent! Für den Ausstieg begabter ärmerer Schüler muß gesorgt werden. Das Stipendienwesen löst die Frage in unbefriedigender Weise. Deshalb soll das Schulgeld für die höhere Schule nach dem Einkommen der Eltern abgestust werden. Die höhere Schule möge sich auf die Volksschule ausbauen. Dr. Seyfert in der „Deutschen Schulpraxis". 21.) Mdagogili des Kaffes. Die englische Regierung hat im August d. I. durch Erlaß verordnet, daß die Kinder über die deutschen Greuel- und Barbarentaten unterrichtet werden müssen. Stoff gibt die englische Sensationspreffe. Es soll also das Heranwachsende Geschlecht durch bösartige Verleumdungen mit Völkerhaß vergiftet werden. (Wie stellen wir uns zu der Sache? D. Sch.) Der Türmer. 22.) Hin Ilreiheitssänger im Halare. Über einen echten Dichter des Weltkrieges unterrichtet uns Prof. Dr. Burger. Ein Tiroler ist es, ein Professor am Innsbrucker Seminar, Bruder William. Erklären kann man ihn nicht, Bruder Willram will erlebt fein. Nur eines seiner Gedichte lies, und du bist in seinem Bann. Das ist eben das hehre Vorrecht des wahren Sängers: Was uns Erdenmenschen unausgesprochen auf dem Herzen liegt, was uns durchbebt in heißer Sehnsucht, der wir keine Gestalt zu leihen vermögen, das ruft der Dichter mit klaren Worten ins All und sein Volk jubelt seine Worte nach, da sie zum Ausdruck seiner Seele werden: zu Volkes Trotz und Kraft, Liebe, Leben und Gebet. Und nennt ihn Dr. Burger mit Stolz einen Tiroler, so heißen wir ihn voll bewundernder Verehrung einen ganzen Österreicher, bis über ein Weilchen das gesamte deutsche Volk Bruder Willram kurz den seinen nennen mag. Bruder Willrams Poesie ist kein Beschreiben, kein Ablauschen, nein, sie ist wahre Wirklichkeit. In seinen Liedern schlägt das deutsche Herz so stark und so treu, so rein und innig, stahlfest und doch voll leiden Wehes. — Unser herrliches Volk ist noch das alte geblieben, Arndt und Körner, Schenkendorf, Liliencron, sie leben noch und unser Vaterland liegt im Zukunstsscheine vor uns. M. 23.) j>l6ni). Am 14. November feierten wir den 200. Todestag des Philosophen Leibniz. Der Große ist im Volke noch zu wenig bekannt. Er war Idealist in dem Sinne, daß jeder Kulturwert der gesamten Menschheit zugutekomme. Und er war Realist, der die Dinge im voraus beurteilte, wie sie kommen mußten. Von ganzer Seele aber war er Deutscher: Er mahnt zur Einheit, er warnt vor Nachahmung des französischen Geistes in Sitte und Sprache, er kehrte sich gegen die platte Nützlichkeitsmoral Englands, die zu einer europäischen Revolution (sieh Weltkrieg!) führen werde. Er machte dem Kaiser volkswirtschaftliche Vorschläge (Volksernährung, Versicherungskassen, Hebung der Industrie). Er erkannte den Wert Ägyptens als eines Vorwerkes Indiens, als Band zwischen Asien und Afrika. Wir sehen, Leibniz eilte seiner Zeit zwei Jahrhunderte voraus. Hochland. 24.) Arsachen des Aeutschenhaffes. Die französischen Schulen allein sind die Ursachen, die es Veniselos möglich machten, die öffentliche Meinung in Griechenland gegen dessen Interesse den Engländern und Franzosen dienstbar zu machen. Jedes Jahr werden ungefähr 4000—5000 junge männliche Griechen durch die französischen Schulen zu blinden Anbetern Frankreichs erzogen und wird ihnen ein nur selten auszulilgcndes Gift gegen Deutschland und alles Deutsche eingeimpst. Deutsche Politik. 25.) Ukutstatiffili. Englische Beobachter schätzen die Zahl der Kanonen aus beiden Seiten während der Somme-Schlacht auf 4000 Stück; bis Ende September rechnen sie einen Verbrauch von 25 bis 26 Millionen Schuß aus. Die Engländer geben amtlich als Verluste für das Vierteljahr der Schlacht an eigenen und Kolonialtruppen: 314.530 Mann, 13.301 Offiziere. Briand hat im Heeresausschuß der französischen Kammer für die nämliche Zeit 400.000 als Verlustziffer angegeben. Es dürften hier die Verluste bei Verdun mit inbegriffen sein. Das ergibt nahezu dreiviertel Mill. Menschen Gesamtverlust oder 8000 Mann täglich. 26.) Jung Österreich. Diese von uns bereits empfohlene Zeitschrift (Folge 151) bietet in ihren neuesten Nummern trefflichen zeitgemäßen Stoff mit wirkungsvollem vaterländischen Pildungseinschlag. Was in „Schule und Vaterland" den Lehrenden als Richtungsziel vorgestellt wird, findet in „Jung Österreich" den Widerhall für die Lernenden. (Ausgabstelle Wien 7, Neustiftg. 54. Jahresprcis 4 K. Probenummern mit Berufung auf Sch. u. V. kostenlos.) 1916 IDezemver). ^ V CI l I £ (13. Jahr.» Aolge 156. für Öen Ebteilungsunterricbi Monatschrift zur Forderung der österr. Landschulwesr»,. «emafgehilbr einschl. von „Schule und Vaterland" »n Schriftleiter: «elchüsUIche« aullnildllch (»w. 7A., jährlich. »In,ei- an die „V-rwaltun« der Nummer S0t>